w i«^ QHZI/ HZkT College oC $i)l'siician£i anli ^urgeonsi IShxwcv Digitized by the Internet Archive in 2010 with funding from Open Knowledge Commons http://www.archive.org/details/dasmikroskoptheoOOhart DAS MIKROSKOP. Theorie, Gebrauch, <.. Geschichte und gegenwärtiger Zustand desselben von P. H a r t in g, Professor in Utrecht. Deutsche Originalausgabe, vom Verfasser revidirt und vervollständigt. Aus dem HoUändisbhen übertragen von Dr. Fr. .WiUL Theile, Urossherzoglich Sächsischem Medicinalrathe. llartiiig's rräparirtiscli. 'it 410 in den Text einoedruckten Holzschnitten und einer Tafel in Farbendruck. BRAUNSCHWEIG, lUirCK UND VERLAG TOX FRIEDRICH VIEVVEG UND .SOHN. 18 5-9. 1=3 ■—3 Ankündigu.H. JlLarting's berühmtes Werk über das Mikroskop. einem Sa^i kundisen wie Professor Theile übersetzt, und vom ;ser selbst f.. . . UJ die deuts cheBearbeitung wesentlich verbessert nd vervo.i ständigt, bedarf wohl keiner besondern Empfehlung. Bei der auss^ ordentlichen Bedeutung, welche das Mikroskop für wissenschaftliche l- tersuc' • n.. ,. ^ . . ^ ^^^ ^^^ ^gj Verbr men u Botan wird ein .er i blos bei Ana rzten, Chemike ibenden erlan^x ^asHarting'sc "den »jcgehstand so erschöpieuuc* .tci-^, . » "^le nicht verfehlen können, nach den verschiedensten Seiten hin die verdie . " Anerkennung zu finden. Wenn die grossen Leistungen des Mikrosk sich auf dessen richtige Benutzung stützen, so wird die gründlich und erschöpfende Anleitung zu solcher Benutzung aus der Fel zur Umkehrung der Bilder; das pankratische Mi- kroskop 195 Umkehrung durt'h Prismen 196 Dioptrische Umkehrung des Bildes 197 Bildumkehrende Oculare 200 8» Kap. Beleuchtung der mikroskopischen Objccte 204 Das durchfallendp Licht 205 Spiegel 208 Sammellinse 210 Diaphragmen 211 Aplanatischer Beleuchtungsapparat 215 Das auflFallende Licht 216 Beleuchtung durch totale Reflexion 218 Beleuchtung durch ganz schief auffallendes Licht 222 Sonnenlieht 224 Künstliches Licht 228 Polarisirtes Licht 233 Nutzen einer verschiedenartigen Beleuchtung 236 O.Kap. Die Vergrösserung der Mikroskope im Allgemeinen und die Mittel, dieselbe zu bestimmen 238 Eintiluss der Accommodation auf die Grössenwahrnehmung 238 Mittlere Sehweite 239 Messen der Vergrösserung 244 Berechnung der Vergrösserungen 247 10. Kap. Das optische Vermögen des Älikroskops 249 Begrenzungsverraögcn 250 Durchdringungsvermögen 251 11. Kap. Prüfung des optischen Vermögens eines Mikroskops .... 254 Prüfung der Aberrationsverbesserung 255 Oeffnungswinkel eines Linsensystems 260 Politur und Homogeneität der Linsen 267 Luftblasen in Linsen 268 Verwitterung der Linsenoberflächen 269 Krystallisation des Canadabalsams zwischen zwei Linsen 271 Lichtstärke eines Mikroskops 273 Färbung des Gesichtsfeldes bei durchfallendem Lichte 274 Centrirung der optischen Mittel . . • . 275 Ausdehnung und Ebenung des Gesichtsfeldes 278 Mikroskopische Probeobjecte 280 Schüppchen von Insecten 280 Diatomeen 289 Nobert s Probeplättcheu 291 Cautelen bei Anwendung der Probeobjecte "... 293 Dioptrische Bildchen als PrüfungsoVijecte 294 Grenzen der mikroskopischen Wahrnehmbarkeit 29^ iMikroskopische Unterscheidljarkeit 300 Erkennbarkeit der Form 303 Prüfung des optischen Vermögens an organischen Substanzen .... 309 Täuschung beim Prüfen des optischen Vermögens 311 Zweites Buch. Gebrauch des Mikroskops. E r s t e r A b s 0 h n i 1 1. Die mikroskopische Untersuchung im Allgemeinen 315 Körperliche Eigenschaften des Mikroskopikers 316 Die Augen 316 Die Hände 321 Psychische Eigenschaften des Mikroskopikers 324 XIV Inhaltsverzeichniss. Seite Wahrheitsliebe des Mikroskopikers 325 Geistige Ruhe desselben 327 Deutung des Gesehenen 329 Regeln für die mikroskopische Beobachtung 330 Erlernen der mikroskopischen Beobachtung 333 Veranlassungen zu mikroskopischen Irrthümern 335 Zweiter Abschnitt. Die mikroskopische Wahrnehmung und deren Eigenthümlichkeiten . 330 Wahrnehmung bei durchfallendem Lichte 339 Wirkung der Kugelform 340 Rrechungsvermögen der Medien, worin sich die Objecte befinden . . . 342 Erkennen von Faltungen und Oeffnungen, von hohlen und soliden Kör- perchen 346 Diffractionserscheinungen 349 Flächeuhaftes Sehen 350 Unterscheidung der Erhöhungen und Vertiefungen 352 Färbung der Objecte 353 Bewegungen hei der mikroskopischen Beobachtung 354 Dritter Abschnitt. Zubereitung der mikroskopischen Objecte 359 Zimmer zur Beobachtung 360 Präparirtisch 361 Schneidende Instrumente 363 Schärfen der Messer 366 Pineetten und Haken 368 Glastäfelchen 369 Glasschneideapparat 370 Deckplättchen 371 Präparirtröge 373 Mittel zur Befestigung der Objecte 377 Glasstäbchen 377 Pipetten, Saugpinsel, Spritzüasehc 378 Durchschnitte der Objecte 379 Trocknen thierischer Gewebe 382 Erhärtung der Theile durch chemische Mittel 385 Doppelmesser, -Lancettc. -Meissel, -Säge 388 Hobel 390 Behandlung mit Säuren 390 Schlifi'präparate 391 Isolirung der Theile 392 Befeuchtung der Theile 394 Entfernung einzelner Bestandtheilc 395 Pulverisiren mineralischer Körper 396 Bedeckung und Comprimirung der Objecte 397 Beschränkung der Bewegung bei mikroskopischen Objecten 399 Beobachtung der Cyclose 400 Beobachtung des Blutumlaufs 401 Sichtbarmachung schnell bewegter Objecte 404 Gefässinjection 407 Saftwege der Pflanzen 421 Sichtbarmachung durch FarbstofTe 423 Abdrücke von Oberflächen 425 Vierter Abschnitt. Die physikalischen und chemischen llülfsmittel zur Bestimmung mi- kroskopischer Objecte 426 Schwere 426 Specifisches Gewicht •' 127 lulutltsvcrüeirliniss. X.V Seite Durclücitcu eines elektrischen Stroms -128 Erhöhte Temjkcratur 429 Ermittelung des Breehungsvermögens der Körper 431 Mikroehemische Untersuchung 437 Nöthigc Reagentien 438 Capillare Einwirkung der Reagentien 439 Mikrochemische Filtration 440 Auswaschen und Verdunsten 441 Krystallographische Untersuchung 442 Formen der Präcipitate 447 Kystallformen von: Jod 449 Salpetersaures Natron, Chlornatrium. Chlorkalium 450 Fluorkieselnatrium 451 Bimeta-antimonsaures Natron, Chlorammonium 452 Schwefelsaures Ammoniak, phosphorsaures Ammoniak 453 Phosphorsaures Natronammoniak, oxalsaures Ammoniak ..... 454 Saures weinsteinsaures Kali , doppelt oxalsaures Kali , kohlensaurer Kalk 455 Schwefelsaurer Kalk, phosphorsaurer Kalk 457 Oxalsaurer Kalk 458 Phosphorsaure Bittererde 460 Phosphorsaure Ammoniakbittererde 461 Harnstoff 462 Salpetersaurer Harnstoft' 463 Oxalsaurer Harnstoff, Harnsäure 464 Harnsaures Ammonium , harnsaures Natron , Hippursäure , Benzoe- säure 466 Milchsaures Zinkoxyd, Kreatin 467 Kreatinin, Taurin, Cystin 468 Stearin, Stearinsäure, Margarin 469 Margarinsäure. Cholestearin 470 Neurostearin 471 Protein Verbindungen 471 Amylum 475 Cellulose 476 Zucker 477 Oelige und fettige Körper 480 Aetherische Oele und Harze 482 Schleim .482 Galle 484 ^ Harnstoff 484 Cystin 485 Kreatin, Kreatinin, Harnsäure 486 Hippursäure, Milchsäure 487 Kohlensaure Salze 488 Schwefelsaure Salze, Chlorwasserstoffsäure 489 Phosphorsaure Salze 490 Ammoniaksalze, Kalisalze 491 Natronsalze, Kalksalze 492 Magnesiasalze 493 Eisen 494 Mikrochemische Untersuchung des Harns 496 Morphologische Reagentien 498 Fünfter Abschnitt. Das Messen mikroskopischer Objecte 502 Anfertigung eines Mustermaasses 504 Bezeichnung der mikrometrischen Maasse 505 Verschiedene gebräuchliche Maasse . ; 506 Glasmikrometer 507 Schraubenmikrometer 511 XVI lnhaUsvel•zeir■hni^s. Seite Messen durch den Schiebercirkel 516 Messen heim Bildniikroskope , 519 Messen heim Doppelsehen 52ü Rediictionstafel der mikrometrischen Maasse ~. . . . . 524 Flächenmessung 540 Sechster Abschnitt. Das Zeichnen mikroskopischer Gegenstände 543 Anforderungen an die mikroskopische Zeiclinung 544 Hülfsmittel zum mikroskopischen Zeichnen 546 Photographische Abbildungen 549 Netze, Glaspapier zum Zeichnen 553 Siebenter Abschnitt. Aufbewahrung mikroskopischer Präparate 555 Im trocknen Zustande 555 In Flüssigkeiten 556 Verkitten 560 Tndieator oder Finder 562 Drittes Buch. Geschichte imd gegenwärtiger Zustand des Mikroskops und der Hülfsapparate bei mikroskopischen Untersuchungen. Einleitung 569 Erster Abschnitt. Die itn Alterthuui benutzten Vergrösserungsniittel 572 Glasschleifen und Linsenschleifen bei den Alten 572 Brenngläser und Vergrösserungsgläser bei den Alten 575 Spuren optischer Werkzeuge 577 Hohlspiegel 57^ Zweiter Abschnitt. Spätere Ge.schichte der Linsen und Erfindung der Brillen 57lt Alhazen Ben Alhazen. Vitello 579 Koger Baco 580 Alexander de Spina 583 Armati der erste Brillen verfertiger 584 Rasche Verbreitung der Brillen 5x4 Dritter Abschnitt. Erfindung des zusammengesetzten Mikroskops und erste Benutzung der einfachen Linse zu wissenschaftlichen Untersuchungen .... 585 Fontana 586 Galilei 586 Drebbel 586 Hans und Zacharias Janssen als wahre Erfinder 588 Prüfung der Ansprüche von Galilei 589 Prüfung der Ansprüche Drebbel's 592 Zeit der Erfindung 593 Veranlassung zur Erfindung 596 Erste Benutzung des Mikroskops 597 rnhaltsverzeicliniss. XVU Seite Vierter Abschnitt. Das einfache dioptrische Mikroskop 599 Microscopia pulicaria 599 Microscopium parastatictini von Kivclier 601 Mikroskopbüchschen 601 Leeuwenhoek 601 Vossius, S. Musschenbroek i 604 Cuno, Hartsoeker 605 J. Musschenbroek 606 Cirkelmikroskop 608 Glaskügelchen statt Linsen benutzt 608 Anfertigung von Glaskügelchen 611 Wilson C13 L. Joblot 616 Lieberkühn 617 Lyonet 619 Cuff 620 ' Mazzola 621 Verbesserungen der Linsen 621 Doublets 623 Triplets 628 Fischleimlinsen 630 Wassertropfen und andere Flüssigkeiten als Linsen benutzt 630 Fischaugenlinsen 632 Edelsteinlinsen i . . . 632 Einrichtung der Lupen 636 Lupenträger 640 Einfache Mikroskope der neuen Mikroskopverfertiger 643 Rückblick auf das einfache Mikroskop 654 Fünfter Abschnitt. Das zusammengesetzte dioptrische Mikroskop 657 Hans und Zacharias Janssen 657 Fontaua, Galilei 658 Rob. Hocke, Eustachio Divini 659 Campani, Salvetti 660 Binoculäre Mikroskope 660 Linsensysteme bei Sturm, Grindl 662 Parabolische und hyperbolische Linsenflächen 664 Sphärische Aberration nach Gregory und Huygens 6G4 Tortona 666 Philippus Bonannus 667 Joblot ^ ." . . 669 Marshall 670 Hertel 671 Culpeper und Scarlet, Cuff 672 Steiner 674 Benj. Martin 675 Adams 678 Jones 679 Brandes, Duc de Chaulnes 680 Theoretische Verbesserungen von Euler 681 Dellebarre 682 Hoffmann, Tiedemann, Wagener, Elkner, Jiinker, Weickert 685 Herman und Jan van Deyl, Hendrik Hen 686 Canzius in Delft 687 Achromatismus der Objective 688 van Deyl 693 Frauenhofer 695 XVITT Inbaltsverzeichniss. Seife Selligue und Chevalier »i97 Amici 699 Charles Chevalier in Paris C99 Oberhäuser (und E. Hartnack) in Paris 702 N. P. Lerelxiurs in Paris 711 Brunner in Paris 712 Nachet in Paris 714 G. B. Amici in Modena (jetzt in Florenz) 718 Pacini . •. ." 726 Merz in München 727 Simon Plössl in Wien 730 Schick in Berlin 732 Pistor und Martins in Berlin 733 Nobert in Greifswalde (jetzt in Barth) 734 Carl Kellner in Wetzlar 736 Belthle in Wetzlar 738 Ben^che und Wasserlein in Berlin 738 KriegsmanH in Magdeburg, Meyerstein in Göttingen. Matthiessen in Altona 740 Hensoldt in Sonneberg, Krüss in Hamlnirg 741 Andrew Pritchard in London 741 Andrew Ross in London 745 Hugh Powell and Lealand in London 749 Smith and Beck in London 752 .3. B. Dancer in Manchester 756 Samuel Varley 756 Field in Birmingham 758 Mikroskopverfertiger in Nordamerika 760 Bildumkehrung 761 Umgekehrtes Mikroskop (Microscopium inversum) 769 Multoculäre Mikroskope 773 Rückblick auf das zusammengesetzte Mikroskop 781 Mögliche Yerljesserungen 785 Verbreitung der aplanatischen Mikroskope 792 Sechster Abschnitt. Da? einfache katoptrische Mikroskop 794 Siebenter Ab.schnitt. Das katadioptrische Mikroskop 796 Newton. Barker 797 Smith in Cambridge 798 S. J. Rienks in Friesland 798 Amici 799 Pritchard und Cuthbert 801 Pott 803 TuUey »^03 Brewster f^O.') Cavalleri, Barnabita 800 Dopplers katadioptrisches Haus s07 Achtor Abschnitt. Da.s Rildniikroskop öl lu Erfindung der Latcrna magica 811 Fahrenheit, Erfinder des Sonnenmikroskoijs 812 Die jetzigen Sonnenmikroskope 817 Sonnenmikroskope zum Zeichnen 819 Photographie 822 Hydrooxygenmikroskop 823 Photoelektrisches Mikroskop . . 820 liilialts\'o)-y.iMclnnss. Xi A Seite Neunter Abschnitt. Apparate und Hiilftiinittel zur inikroskopipcheii Untersuchung .... 828 1. Kap. Heleuchtungsapijai-ate 829 Beleuchtmigsspiegel . 830 . Excentrisclio Beleuchtuno; • 8.31 Monochromatiselu' Beleiichtun<;' , 8.87 Diaphragmen 840 Beleuchtung mit aunallcndcni Lichte 84.') Beleuchtung mit pohirisirtem Lichte , 848 Gaslanii)c 8.51 2. Kap. Apparate und Hülfsinittcl /, u m Tragen unfl Festhalten der Objecte 853 Thierliüclisen 854 Federnde Zangen 855 Kleine Tröge oder Zellen 857 Apparate zum Beobachten der Circulation 858 Apparate für Wasserpflanzen 860 Compressorien 862 Mikroskopischer Roller und mikroskopischer Spanner 866 Klemmapparate 867 Magnetiscliei; Objecttisch 868 3. Ka]). Einrichtungen zur mechanischen Bewegung der Objecte im Gesichtsfelde '. . . . 871 Bewegliche Objecttische 871 Drehbare Objecttische 874 4. Kap. Apparate zum Messen und Zeichnen der Objecte 876 Mikrometer , 877 Nobert's Probetäfelchen 881 Schraubenmikrometer 887 Mikrometerfäden 890 , Wollastons Mikrometer 891 Brewster's Mikrometer 893 Welcker's Mikrometer 894 Hodgson's Verbesserung 895 Doppelbildmikrometer (Eirometer) 896 Dickenmesser 898 Dikatopter 900 Camera lucida 901 Focimeter 903 Goniometer 904 5. Kap. Apparate und Hülfs mittel zum Schutze der Linsen bei mi- krochemischen Untersuchungen . . 908 Goring's und Kaspail's Protectoren 909 Plössl's Electricitätsentlader 910 (5. Kap. Werkzeuge zur Anfertigung mikroskopischer Präparate . 911 Pincetten 912 Mikrotome 913 7. Kap. Methoden zur Aufbewahrung mikroskopischer Präparate . 917 Leeuwenhoek's Sammlung 918 Flüssigkeiten zum Aufbewahren der Objecte 920 Indicatoren 923 Erstes Buc h Theorie und allgemeine Beschreibung des Mikroskops. Hartiiig's Mikroskop. Begriff und Eintheilung der Mikroskope. JDas Wort Mikroskop ist eine Collectivbezeichnung; man be- 1 greift darunter eine Anzahl optischer Instrumente, die, wie verschieden auch sonst ihre Einrichtung, ihre Wirkungsweise und ihr Gebrauch sein mag, doch darin übereinstimmen, dass sie kleine Gegenstände in einem vergrösserten Maassstabe zur Wahrnehmung bringen. Man kann mehrere Arten von Mikroskopen unterscheiden. 2 A. Nimmt man Rücksicht darauf, wie die beabsichtigte Ablenkung der Lichtstrahlen in einem Mikroskope zu Stande kommt, so unterschei- det man; a. dioptrische, in denen die Lichtstrahlen gebrochen werden; b. katoptrische, in denen die Lichtstrahlen reflectirt werden; c. katadioptrische, in denen Brechung und Reflexion der Licht- strahlen stattfindet. B. Nimmt man auf die Art und Weise Rücksicht, wie der betrach- tete Gegenstand oder dessen Bild wahrgenommen wird, so unterscheidet man folgende Mikroskope: a. Einfache, d. h. solche, mit denen der Gegenstand ohne vor- gängige Umkehrung des Bildes in der ursprünglichen Richtung gesehen wird, mögen dioptrische oder katoptrische Hülfsmittel dabei benutzt wer- den. Es giebt daher dioptrische sowohl als katoptrische einfache Mi- kroskope. b. Zusammengesetzte, mittelst deren das auf dioptrischem oder auf katoptrischem Wege erhaltene und bereits vergrösserte, aber verkehrte Bild eines Gegenstandes durch ein einfaches Mikroskop in noch stärkerer Vergrösserung wahrgenommen wird, wobei das Bild ein ver- kehrtes bleibt. Es giebt daher zusammengesetzte dioptrische Mikroskope, und die katadioptrischen Mikroskope gehören natürlich immer zu den zusammengesetzten. Zusammengesetzte katoptrische Mikroskope daoe- gen kennt man noch nicht. c. Die Bildverkehrung aufhebende, mit denen das zuerst verkehrt sich darstellende Bild durch eine besondere Einrichtung wie- derum in die gleiche Lage mit dem Objecte gebracht wird. Diese Ein- richtung ist entweder dioptrischer Art, und man kann das Mikroskop dann als ein doppelt zusammengesetztes ansehen, oder sie ist katadiop- 1* 4 pjintheiluiig der ^Ilkroskope. trischer Art. wenn die Geradstellung des Bildes durch eine zweimalige vollständige Reflexion der Lichtstrahlen, bevor dieselben zum Auge ge- langen, erreicht wird. d. Bildmikrosko pe. Unter diesem allgemeinen Namen kann man die verschiedenen Arten von Mikroskopen zusammenfassen, deren Einrichtung darauf beruht, dass das vergrösserte Bild eines stark be- leuchteten Objectes im dunklen Räume auf einem Schirme aufgefangen und hier beobachtet wird. Zur Beleuchtung kann jedes Licht dienen, sobald es die ausreichende Stärke zu dem beabsichtigten Zwecke besitzt- Hierher gehören die Sonnen-, Lampen-, Gas-, photoel ektrischen ]\likroskope. Zur Vergrösserung können katoptrische Hülfsmittel be- nutzt werden, in der Regel jedoch gehören diese Mikroskope zu den dioptrischen. Bei älteren wie bei neueren Autoren kommen noch andere Benen- nungen vor. So hat man polydynamische Mikroskope, die als Mikro- skop und zugleich auch als Teleskop dienen können, Universalmikro- skope, welche diesen Namen davon führen, dass sie mehrere Zwecke erfüllen sollen, dass sie namentlich zugleich als einfaches und als zusam- mengesetztes Mikroskop dienen sollen, desgleichen pankratische Mi- kroskope oder solche, bei denen durch ungleiche Entfernung der Linsen die Vergrösserung willkürlich grösser oder kleiner genommen werden kann. Man hat ferner Taschenmikroskope, Wassermikroskope, botanische Mikroskope, polarisirende Mikroskope u. s. w. Alle diese Namen beruhen aber auf ganz untergeordneten Beziehungen und sie könnten ins Endlose vermehrt w^erden, wenn man für jede besondere mechanische Einrichtung oder für jeden bestimmteren Zweck eines Mi- kroskops auch eine besondere Benennung nöthig erachtete. Die optische Zusammensetzung und die Wirkungsweise ist bei jedem Mikroskope die Hauptsache, und alle bisher bekannt gewordenen Mi- kroskope lassen sich unter einer der vier genannten Hauptarten unter- bringen. Manche Autoren, ältere wie neuere, haben das Wort Mikroskop durch Engyskop (iyyvg, nahe, und öy.OTtsa, ich untersuche durchs Ge- sicht), ersetzen wollen, als Gegensatz von Teleskop. Diese Gegenübei*- stellung mag logisch richtiger sein, man wird aber deshalb den gebräuch- lichen Namen, der überdies ganz verständlich ist und den Zweck des Instruments klar angiebt, noch nicht durch einen anderen ersetzen wol- len- Man könnte gewiss mit gleichem Rechte von den Astronomen ver- langen, dass sie ihr Teleskop Makroskop nennten. Einer ausführlicheren Betrachtung der , Mikroskope selbst wird zum bessern Verständniss des Nachfolgenden zweckmässig eine Ueber- sicht der Gesetze vorausgehen , denen das Licht gehorcht , wenn seine Strahlen durch eine spiegelnde Oberfläche, oder aber durch den Ueber- tritt in ein anderes Medium von ihrer ursprünglichen Richtung abgelenkt werden. Erster Abschnitt. Allgemeine katoptrische und dioptrische Grundsatze. Erstes Kapitel. Richtung der Lichtstrahlen und deren Reflexion durch spiegelnde Oberflächen. Von allen Punkten eines leuchtenden oder erleuchteten Körpers 5 gehen Lichtkegel aus, deren Spitzen sich auf der leuchtenden Oberfläche befinden. Im ursprünglichen Zustande weichen demnach alle Strahlen eines solchen Kegels auseinander, derselbe besteht aus sogenannten di- vergirenden oder auseinanderfahrenden Strahlen. In dem Maasse, als die Entfernung des leuchtenden Körpers zu- 6 nimmt, wird die Spitze der Lichtkegel kleiner und kleiner, und ihre zu- sammensetzenden Strahlen nähern sich allmälig immer mehr dem Pa- rallelismus. In diesem Falle befinden sich die Himmelskörper. Voll- kommen parallele Strahlen kommen freilich nicht von denselben; bei dem grossen Abstände jedoch ist die Abweichung vom Parallelismus so ausnehmend gering, dass man unbedenklich davon absehen kann. Wei- terhin wird der optischen Hülfsmittel Erwähnung geschehen, wodurch Lichtstrahlen, die eine andere Richtung haben, parallel gemacht werden können. Ursprünglich divergirenden oder parallelen Lichtstrahlen kann 7 wiederum eine solche Richtung vescliafft werden, dass sie sich einander nähern. So gerichtete Strahlen heissen dann convergirende. Betrachten wir jetzt, was geschieht, wenn Lichtbündel, deren 8 Strahlen auf eine der drei genannten Arten gerichtet sind, auf eine spie- Firr. 1. gelnde Fläche treffen. Ist es eine ebene Fläche, wie AB (Fig. 1), dann werden alle auf- fallenden Strahlen ai, cd, ef unter dem nämlichen Winkel reflectirt, unter welchem sie auf die Oberfläche AB auffallen. Die Winkel abg, cdg^ efij^ welche die auffallenden Strahlen mit den Einfallslothen hg^ dg und fg bilden, sind gleich den Winkeln a'hg^ I C Reflexion paralleler mul dherglrcndcr Strahlen. c'dg und e'fg, welche die reflectirten Strahlen a'6, c'd und e'f mit den nämlichen Einfallslothen bilden, oder allgemein aupgedrückt: der Re- flexionswinkel ist gleich dem Einfallswinkel. i) Sind die auffallenden Strahlen einander parallel, wie in Fig. 1, dann behaupten auch die reflectirten Strahlen den Parallelismup. Sie folgen aber jetzt in umgekehrter Richtung auf einander; denn der Strahl aÄ, ursprünglich an der oberen Seite des Lichtbündels befindlich, liegt nach stattgefundener Reflexion an dessen unterer Seite. 10 Denken wir uns die auffallenden Lichtstrahlen nicht parallel, sondern divergirend, dann müssen sie nach dem oben Mitgetheilten unter verschiedenen AViukeln reflectirt werden, da ein jeder die spie- gelnde Oberfläche unter einem anderen Winkel triflt. Werden (Fig. 2) ^. „ die vom Punkte a kommen- dtfu divcjgirenden Strahlen ah^ac und ad von der Ober- fläche des Spiegels AB re- flectirt, so bekommen sie die lüclitiiiigen e3, fc und gd welche mit den Einfallslothci /(/', hc und hd gleiche W^in- kel bilden wie die ursprüng- lichen Strahlen, und wie die Verlängernngen e'h.fc und g'd dieser ursprünglichen Strah- len mit den verlängerten Ein- fall.ilothcn /('i, Ji'c und h'd. Die V'eilängcrungcn der leflec- tirten Strahlen würden ein- ander hinter dem Spiegel in einem Punkte n' treffen, der eben so weit von der liinterfläclic von AB entfernt ist, als a von dessen Vorderfläche absteht. Divergirende Strahlen erfahren also durch die Reflexion keine Abänderung in dem Grade der Divergenz, nur allein ihre Richtung ändert sich. ]| Das Nämliche gilt, nur im umgekehrten Sinne, von conver- gircnden Strahlen. Denken wir uns einen Lichtkegel (Fig. 2) mit eh^ fc und gd als zusammensetzenden Strahlen, so würden sich dieselben, wenn ihnen kein Kiu'per im Wege stände, im Punkte a' vereinigen. Werden dieselben aber von der spiegelnden Fläche AD aufgefangen, so werden sie alle reflectirt und vereinigen sich im Punkte a, in gleichem Abstände von AB aber auf der entgegengesetzten Seite. 1'2 Es fällt nun nicht schwer, einzusehen, was geschehen muss, wenn die Lichtstrahlen nicht auf eine ebene, sondern auf eine concave Fläche auffallen, wclciie einen Abschnitt einer Kiigeloberfläche darstellt. Fi- ?,. Keflcxioii Aon concavon sphiuischon Fliiclicii. 7 Wenn ab, hc und cd (Fig. 3) Dnrcliselmittc ebener Spiegel sind, welche die Oberflilche der Kngel, deren Mittelpunkt in o liegt, in je Einem Punkte b(!riiliren, dann sind die Ra- dien oj\ og und oh Einfallslothe auf den genannten Flächen. Denken wir uns nun auf die Be- rührungspunkte /, f] und h die Strah- len //, lg und Ih auftreffend, so wer- den die Reflexionswinkel ofp und ohp den Einfallswinkeln ^/o und Uio gleich sein müssen, der Strahl lg aber, wel- cher mit dem Radius oder dem Ein- fallslothe 0(7 zusammenfällt , wird in der nämlichen Richtung rellectirt werden. Demnach vereinigen sich alle drei Strahlen im Punkte /?, und aus einfachen geometrischen Principien folgt, dass dieser Punkt den Radius og halbiren muss. Denken wir uns nun ferner einen concaven sphärischen Spiegel egi aus einer unendlichen Anzahl ebener spiegelnder Oberflächen zusam- mengesetzt, so ist klar, dass alle parallel auffallenden Strahlen sich bei- nahe in dem nämlichen Punkte vereinigen werden. Man bezeichnet denselben als den B reu npunk t paralleler Strahlen oder als den Hauptbrennpunkt des Spiegels, und die Entfernung zwischen p und g nennt man die Brennweite, die mithin immer dem halben Radius jener Kugel gleich ist, von deren Oberfläche ein Segment im Spiegel sich darstellt. Treffen divergirende Strahlen auf einen concaven Spiegel , so sind verschiedene Fälle möglich. a. Der leuchtende Punkt liegt wei- ter von der Spiegelfläche entfernt, als der Mittelpunkt der Kugel, von deren Oberfläche ein Segment im Spiegel sich darstellt. In diesem Falle (Fig. 4) werden die Strahlen Z/, lg und Ih sich ebenfalls in einem Punkte vor dem Spie- gel vereinigen ; da aber jetzt die Winkel Ifo und Z/io, welche die Strahlen Z/ und Lh mit den Einfallslothen bilden, kleiner sind als bei parallelen Strahlen, so müs- sen die entsprechenden Reflexionswinkel ofp' und ohp' ebenfalls kleiner sein, und folglich werden die reflectirten Strahlen f'P'i OP' ui^d ^^P' einander in einem Punkte p' treffen, der sich dem Mittelpunkte o FiV. 4. 13 Fii 8 Reflexion von concaven sphärischen Flächen. näher befindet. Hieraus folgt, dass der Brenn- oder Vereinigungspunkt solcher divergirenden Strahlen stets zwischen dem Hauptbrennpunkte p und dem Mittelpunkte der Kugel gelegen ist. Auch ist es klar, da?s die Entfernung zwischen p' und o um so geringer sein wird, je mehr sich der leuchtende Punkt dem Mittelpunkte o nähert. b. Liegt der leuchtende Punkt im Mittelpunkte o selbst, dann fällt auch der Vereinigungspunkt der Strahlen in diesen Mittelpunkt. c. Befindet sich der leuchtende Punkt innerhalb des Raumes zwi- schen dem Mittelpunkte o und dem Hauptbrennpunkte, z. B. in p' (Fig. 4), dann werden sich die reflectirten Strahlen jenseits des Mittelpunktes in l vereinigen, weil auch hier wieder die Reflexionswinkel Ifo und Iho und die Einfallswinkel p'fo und p'h o einander gleich sein müssen. Auch ist es klar, dass, je näher der leuchtende Punkt dem Hauptbrennpunkte des Spiegels kommt, der Vereinigungs- punkt der Strahlen sich um so mehr davon entfernen wird, und liegt der- selbe, wie jy in Fig. 3, in diesem Hauptbrennpunkte selbst, dann wer- den die reflectirten Strahlen Z/, lg und Ih einander parallel gehen. d. Befindet sich endlich der leuchtende Punkt p' (Fig. 5) zwischen dem Hauptbrennpunkte und dem Spiegel, dann gehen die reflectirten Strahlen Ifilg und Ih divergirend aus- einander, ohne sich zu vereinigen. Der Punkt aber, wo ihre Verlänge- rungen /u, gv und hv hinter dem Spie- gel sich vereinigen würden, heisst der scheinbare Brennpunkt. 14 Convergirende Strahlen haben den Brennpunkt immer zwischen dem Hauptbrennpunkte und der spiegelnden Oberfläche. Denken wir uns nämlich (Fig. 5) einen aus converglrenden Strahlen bestehenden Lichtkegel, mit //und Ih als Grenzstrahlen, auf den Spiegel auffallend, so werden die Einfallswinkel Ifo und Iho mit den Reflexionswinkeln o/p' und ohp' gleiche Grösse haben müssen. Je stärker die Strahlen convergireii, um so mehr werden diese Winkel an Grösse zunehmen, und um PO mehr wird sich p' als Vereinigungspunkt der reflectirten Strahlen der Spiegelfläche nähern. Hingegen wird dieser V'ereinigungspunkt sich vom Spiegel um so nieiir entfernen, je mehr die Convergenz der auflTal- lenden Straiilen abnimmt. Kiemais aber wird er die halbe Entfernung zwischen o und g überschreiten, es müssten denn die auflallenden Strah- len zu convergiren aufhören und parallel oder divergirend werden, wie in Fig. 3 und 4, Bilder durch Hohlspiegel. j) Es wurde bisher für divergirende Strahlen der einfachste Fall 15 angenommen, dass sich nämlich der leuchtende Punkt innerhalb einer Linie befindet, welche mit der Axe der Kugel zusammenfällt und gerade durch die Mitte des Spiegels geht. iJieäe Linie heisst die Axe des HohL-äpiegels. Werden nun aber Hohlspiegel in optischen Instrumen- ten, also auch in Mikroskopen benutzt, dann kommt es hauptsächlich darauf an, dass von irgend einem Objecte ein Bild entsteht, was nur durch Mitwirkung aller von dem Objecte kommenden Strahlen möglich ist: es müssen daher auch jene ausserhalb der Axe gelegenen Strahlen nicht minder berücksichtigt werden, als die Axenstrahlen. Wenn von einem leuchtenden Punkte c (Fig. 6) Strahlen auf die p.^ g Oberfläche des Spiegels ab fallen, der o zum Mittelpunkte hat, so wird der Strahl ca in der Richtung af reflectirt werden, denn dem Einfallswinkel cao muss der Reflexionswin- kel oaf gleich sein. Aus dem nämlichen Grunde wird der Strahl cb in der Richtung bf reflectirt werden, und dem Einfallswinkel cbo ist der Reflexionswinkel ob/ gleich. Befindet sich dann in d ein anderer leuch- tender Punkt, so müssen natürlich die Strah- len da und db in den Richtungen ae und be reflectirt werden. Die von c ausgehen- den Strahlen treff'en in /, die von d ausge- henden in e zusammen , und wenn von allen anderen Punkten eines zwischen c und d befindlichen Gegenstandes Strahlen kommen, die irgendwo in der Linie ef ihren Vereinigungspunkt haben, so wird hier ein verkehrtes Bild vom Gegenstande cd entstehen. Liegt der Gegenstand in einer ebenen Fläche, dann wird das Bild desselben in einer nach einem Kegelschnitte, gebogenen Fläche zu liegen kommen, aus Gründen, welche weiterhin ausführlicher angegeben wer- den sollen, wenn von Erzeugung des Bildes durch gewölbte Linsen die Rede sein wird. Für die relative Lage des Bildes und des Objectes gelten die 16 nämlichen Regeln, welche vorhin (§. 13) für die relative Lage des Strahlenvereinigungspunktes und des leuchtenden Punktes in der Axe, von wo aus sie divergiren, angegeben worden sind. Ausserdem ist auch die Grösse des Bildes im Verhältniss zu jener des Objectes von dieser relativen Lage abhängig. Betrachten wir hier wiederum die verschiedenen möglichen Fälle, so kommen wir durch das früher Mitgetheilte auf folgende Sätze: a. Liegt das Object cd (Fig. 6) ausserhalb des Mittelpunktes o und zwar so, dass die Axe des Spiegels durch seine Mitte geht, dann wird das Bild davon zwischen dem Mittelpunkte o und dem Hauptbrenn- punkte p liegen. Das Bild ist in diesem Falle stets kleiner als das Ob- 10 Bilder rlurch Hohlspiegel. ject, lind zwar lun so kleiner, je weiter das Object vom Spiegel entfernt ist; dnbei nähert es sich immer mehr dem Hauptbrennpunkte, ohne je damit zusammen zu fallen *). b. Liegt die Mitte des Objectes in o und seine beiden Enden befin- den sich in gleichem Abstände vom Spiegel, dann treffen Bild und Ob- ject zusammen. c. Befindet sich das Object in der Axe zwischen o und /), etwa in ef (Fig. G), dann wird ein verkehrtes Bild jenseits des Mittelpunktes o entstehen, und die Entfernung dieses Bildes wird um so grösser sein und es wird das Object um so mehr an Grösse übertreifen , je näher dem Hauplbrennpunkte das Object sich befindet. d. Liegt die Mitte des Objectes im Hauptbrennpunkte p, dann kann gar kein Bild entstehen, weil die reflectirten Strahlen parallel werden. e. Nähert sich das Object e/ (Fig. 7) dem Spiegel noch weiter, T^. so dass es sich zwischen dem rig. 7. TT . 1 11 Hauptbrennpunkte p und der spiegelnden Oberfläche befindet, dann wird kein wahres Bild vor- der lialb des Spiegels entstehen können. Die von e kommenden Strahlen ea und eb werden in den Richtungen ac' und bd re- flectirt werden, da die Winkel c'ao und obd den Winkeln oae und oi^ie gleich sein müssen. Aus den nämlichen Gründen aber werden die vom anderen Ende / ausgehenden Strahlen fa und fb in den Richtungen ac und bd' reflectirt werden. Mithin divei'- giren alle Strahlen, welche re- flectirt worden sind. Denken wir uns aber ein Auge in der Richtung der reflectirten Strahlen befindlich, so wird dieses ein vergrös- sertes Bild des Objectes hinter dem Spiegel sehen. Denn verlangern wir die Linien ac' und bd, nämlich , dann ist die Länge der Abweichung (bei einem massigen Oeffnuno-s winken = - • — Die alsbald folgende kleine Tafel ist nach der genaueren, auch für grössere Oeffnungswinkel brauchbaren Formel l == P p cos (p 2 p sin^l (f) — ^ — berechnet, cos fp worin l die Länge der Abweichung, ;, den Brennpuuktsabstand, (p den halben Oeffnungswinkel bezeichnet und sin m = — ist 2i' Sphärische Aberration bei Hohlspiegeln. 13 auf einer Seite für die von c kommenden Strahlen abgebildet. Man bemerkt aber sogleich, daps statt des Einen Bildes mehrere hintereinander liegende Fio-. 10. Bilder, Cd', &'d" und c"'d"' entstehen müssen, deren Entfernung in umgekehr- tem Sinne zunimmt, wie bei den Ver- einigungspunkten in Fig. 9, während sie zugleich grösser und grösser wer- den. Da diese Bilder einander theil- weise decken und die Strahlen nach ihrer Vereinigung wieder divergiren, so muss auf einem in z befindlichen Schirme ein Bild ohne scharfe Umrisse entstehen , dass verwirrt und undeut- lich ist. Ein Beispiel mag darthun , wie 21 sehr diese Undeutlichkeit mit der grösseren Oeffnung des Spiegels zu- nimmt. Bei einem Spiegel , dessen Flächenkrümmung einen Radius von 40""" hat, wo also der Hauptbrenn- punkt 20™"" absteht, treffen folgende Wertheaufdie Länge der Abweichung: Spiegel von 60 Millimeter Durchmesser 10,2368 Millimeter .. 40 .. .. 3,0940 >. 30 " .. 1,5742 » 20 » » 0,6560 » 10 .. .' 0,1581 5 .. .. 0,0392 4 .. » 0,0251 3 .. .. 0,0141 .. 2 .. .. 0,0063 1 « .. 0,0016 Man ersieht hieraus, dass, wenn hier der Durchmesser des Spiegels von 60""" auf 30™"", also auf die Hälfte sinkt, die Aberrationsgrösse nur noch etwa ^/e der früheren ist. Fällt der Durchmesser bis auf 1/121 dann hat sich die Aberrationsgrösse schon auf 1/261 gemindert, und ist der ur- sprüngliche Durchmesser nur noch i/go, dann beträgt die Aberrations- grösse nur noch ^/eses der früheren Aberration. Für solche Strahlen also, welche 1/2 bis l"*" von der Axe auf den Spiegel treffen, ist die Aberration so gering, dass sie ganz übersehen werden darf. In dem an- genommenen Falle entspricht ein Spiegelabschnitt von 1""™ Durchmesser einer Oeffnung von etwa l,5o. Auch noch bei einem Durchmesser von 3""", der einer OeflFnung von fast 5,5<> entspricht, hat die Aberration keine solche Grösse, dass sie sehr bemerkbar werden könnte. Wird in- 14 Ellipti.sche Spiegel. dessen diese Grenze überschritten, dann nimmt die sphärisclie Aberration rasch dergestalt zu, dass ein mittelst eines solchen weiteren Spiegels gewonnenes Bild sogleich ganz verwirrt und unklar werden würde. Die concaven sphärischen Spiegel katoptrischer und katadioptrischer Instrumente dürfen deshalb nur eine kleine OefFnung besitzen, was der Lichtstärke des Bildes Eintrag thut. Dies ist besonders deutlich bei jenen Spiegelchen, welche zur Verfertigung von Mikroskopen benutzt werden; bei einer kurzen Brennweite und einem kleinen Oeffnungswinkel erlauben dieselben auch nur einen so kleinen Durchmesser, dass sie nur für niedrige Vergrösserungen benutzbar sind, weil den Bildern die Licht- stärke fehlt. 22 Betrachtet man Fig. 9, so findet man bald, dass, wenn der Spie- gel ab anders gekrümmt wäre, als nach der Oberfläche einer Kugel, es möglich sein raüsste, dass alle parallele Strahlen nach stattgefundener Reflexion sich im Punkte os vereinigten. Wirklich lehrt auch die Be- rechnung, dass eine parabolische Krümmung diese Eigenschaften besitzt. Für Spiegel in Mikroskopen verdient jedoch eine andere Krümmung noch den Vorzug, nämlich das EUipsoid. 0;] Die katoptrischen Eigenschaften einer ellipsoidischen Ober- fläcl« werden durch Fig. 11 erläutert. ^15 ist die grosse Axe einer Fio-. 11. Ellipse, durch deren Umdrehung ein EUipsoid entsteht, und a^, cd^ fe und st sind Durchsclmitte von Spiegeln, deren Krümmungen vej'schiedenen Elliptische Spiegel. 15 Abschnitten des Ellipsoids entsprechen. Wenn nun in einem der beiden Brennpunkte x oder y ein leuchtender Punkt sich befindet, dann werden alle von diesem ausgehenden Strahlen sich vollständig im anderen Brenn- punkte vereinigen. Der Brennpunkt eines elliptischen Spiegels ist folglich der Funkt, wohin man ein Object, von dem ein vergrössertes Bild verlangt wird, am passendsten bringt. Die Strahlen, welche von einem anderen Punkte als vom Brennpunkte kommen, vereinigen sich nicht mehr in einem be- stimmten Punkte, vielmehr giebt es so viele Vereinigungspunkte, als der Spiegel ReflexioDSpunkte hat, wie aus der folgenden Befrachtung her- vorgeht. Befindet sich für den Spiegelabschnitt ah ein Gegenstand gh im nächstgelegenen Brennpunkte a?, dann werden, nach dem Vorstehenden, die von seiner Mitte sc kommenden Strahlen in y sich sammeln. Zieht man nun (was, um Verwirrung zu vermeiden, in der Figur weggelassen ist) bei a und b Berührungslinien, errichtet auf diesen Perpendikel, und macht die Reflexionswinkel den Einfallswinkeln gleich, so ergiebt sich, dass die von a und 3 reflectirten Randstrahlen in g' und h' sich vereinigen. Dort wird man also ein vergrössertes und verkehrtes Bild des Gegen- standes erhalten, dessen Ebene mit jener des Objectes parallel liegt. Befindet sich für den nämlichen Spiegelabschnitt ab ein Gegenstand ^Ä in dem entfernteren Brennpunkte ^, oder befindet sich, was ja das Nämliche ist, für den Spiegelabschnitt st ein Gegenstand gh in x^ dann wird im letzteren Falle in y ein verkleinertes und verkehrtes Bild g"h" ent- stehen, oder: das Object g'h' wird für den Spiegelabschnitt ab das Bild- chen gh geben. Auch hier liegt die Ebene des Bildes parallel mit der Ebene des Objectes. Anders verhält es sich mit jenen Bildern , welche von den übrigen Abschnitten der spiegelnden Oberfläche reflectirt wer- den. So werden die Randstrahlen für den Spiegelabschnitt fe in g'" und h'" sich vereinigen, so dass das Bild in der Axe des Ellipsoids liegt oder senkrecht auf dem Objecte gh steht. Bild und Object haben in diesem Falle durchaus die nämliche Grösse. Für den Spiegelabschnitt cd wird das vergrösserte Bild g"" h"" in schiefer Richtung liegen, und ebenso ergiebt sich, dass für jeden anderen Spiegelabschnitt das Bild eine ganz besondere Richtung annehmen und zugleich grösser oder kleiner sein muss, je nach der Proportion, welche zwischen der Entfernung von der Mitte des Objectes bis zur Mitte des Spiegelabschnittes und von hier bis zum anderen Brennpunkte besteht. Mit anderen "Worten : das Bild g' h' wird eben soviel mal grösser als g h sein, als Äx in Ay enthalten istj g"" h"" wird um soviel grösser als gh sein, als ly grösser ist als Ix; g'" h'" und gh werden aber gleiche Grösse haben, weil ky und kx einander gleich sind. Die entfernteren, nach B zu befindlichen Spiegelabschnitte müssen offenbar Bilder liefern, die immer kleiner und kleiner werden, bis sie bei D das Minimum errei- IG Elliptische Aberration. ehen und auf der anderen Seite der spiegelnden Fläche von B nach A zu wieder an Grösse zunehmen. Wir betrachteten bisher nur die Randstrahlen, welche durch die Spiegelabschnitte ab ^ cd, cf, u. s. w. reflectirt werden. Da aber jeder solcher Spiegel einen Abschnitt der ganzen ellipsoidischen Oberfläche dar- stellt und da, ausser vom Rande, auch von allen anderen Punkten des Spiegels Strahlen reflectirt werden, welche sich zu Bildern vereinigen, so ergiebt sich aus dem Vorstehenden, dass die Bilder nicht vollkommen auf einander treffen, sondern sich alle in der Richtung und Grösse von einander unterscheiden, und dass sie eigentlich nichts als den Mittelpunkt gemeinschaftlich haben. Bei den elliptischen Spiegeln kommt also noch eine Abweichung vor, die zwar der Art nach von der sphärischen Aberration verschieden isti in der Wirkung aber insofern damit übereinstimmt, dass die Ränder des Bildes sich niemals ganz scharf formen können. Diese elliptische Aberration, wie wir sie nennen können, hat aber weit weniger zu be- deuten als die sphärische, namentlich für Mikroskope, da hier die Objecte immer sehr klein sind, ihre Grenzen also dem Brennpunkte immer sehr nahe fallen, wo die Aberration = Null ist. Auch kann man dadurch, dass man einen passenden Abschnitt der ellipsoidischen Oberfläche zum Spiegel nimmt, diese elliptische Aberration noch beschränken, also eine grössere Spiegelöff'nung nehmen. Hierauf und auf andere dazu gehörige Punkte werde ich weiterhin, bei den katadioptrischen Mikroskopen, näher zurückkommen. Die vorstehende Erklärung der Wirkungsweise elliptischer Spiegel ist mit einigen Modificationen der Schrift von Doppler (Ueber eine we- sentliche Verbesserung der katoptrischen Mikroskope. Prag 1845) ent- 24 25 Zweites Kapitel. Brechung der Lichtstrahlen und Wu"kung der Linsen. Nachdem die Gesetze der Lichtreflexion, soweit es der Zweck dieser Schrift verlangt, besprochen worden sind, ist jetzt zu untersuchen, was vorgeht, wenn das Licht aus einem durchsichtigen Medium in ein anderes übergeht, und welchen Einfluss die Form dieser Medien auf die Richtung der Lichtstrahlen ausübt. Bekanntlich ändert sich die Richtung eines Lichtstrahles, wenn er in ein Medium tritt, dessen Dichtigkeit von jener des Mediums, worin er sich bisher bewegte, verschieden ist. Die Gesetze dieser veränderten Vis. 12. Brecliungsexponeiiten. 17 Richtung oder Brechung der Lichtstrahlen sind sehr einfach und werden durch Fig. 12 erlänteit. AB CD sei der Durchschnitt einer dicken Platte von Glas oder einer anderen Substanz, welche dichter als die Luft ist. Jeder Strahl, der gleich lo senkrecht auf die Oberfläche fällt, wird ungebrochen hindurch- gehen und auf der ge- genüber befindlichen Flä- che bei p wieder heraus- kommen; alle anderen Strahlen dagegen, wel- che in schiefer Richtung auf jene Oberfläche tref- fen, werden beim Ueber- gange aus der Luft ins Glas von ihrer Richtung abweichen und nach dem Einfallslothe op hinge- lenkt werden, wobei sie übrigens in der nämli- chen Ebene verharren. Der Strahl ao wird in der Richtung oa' seinen Weg fortsetzen, bo in der Richtung ob\ oo in der Richtung oc'. Man sieht, dass die Ablen- kung der Strahlen von der ursprünglichen Richtung um so stärker ist je schiefer sie auftreffen, denn der Winkel coc' ist merklich kleiner als bob' und dieser wiederum kleiner als aoa'. Wenngleich nun aber der Grad der Brechung nach der mehr oder minder schiefen Richtuno- der einfallenden Strahlen ein verschiedener ist, so haben doch die Linien de und d'e\ fg und fg\ hi und h'i' gleiche Länge, nämlich jene Linien, welche von Punkten aus, wo die Strahlen den um den Mittelpunkt o ge- zogenen Umfang eines Kreises schneiden, senkrecht auf den Perpendikel gezogen werden. Mit anderen Worten, die Sinus der einzelnen Einfalls- winkel aol^ bol^ col, welche die Strahlen ao^ bo und co mit dem Ein- fallslothe lo bilden, stehen in einem bestimmten Verhältniss zu den ein- zelnen Brechungswinkeln a'op^ b'op und c'op^ welche die gebrochenen Strahlen a' o^ b' o und c' o mit dem Einfallslothe op bilden. Für den angenommenen Fall, dass nämlich die Strahlen aus der Luft in gewöhnliches Glas übergehen, ist dieses Verhältniss unge- fähr wie 2 : 3 oder wie 1 : 1,5, d. h. die Linien de^ fg und hi sind andert- halbmal länger als d' e\ f g' und hü'. Dieses Verhältniss zwischen dem Sinus des Einfallswinkels und dem Sinus des Brechungswinkels, welches für eine und dieselbe Substanz unter gleichen Umständen stets das näm- liche bleibt, kann als gleichbleibendes Maass für das Brechungsvermö- gen dieser Substanz benutzt werden. Man bezeichnet dies Verhältniss Harting'a Mikroskop. o 26 •n 18 Brechung paralleler Striiblcu. «leshalb als Brecliungsexponent, der für das als Beispiel benutzte Glas 1,5 ipt, für Wasser 1,330, für atmo.-^phäripclie Luft 1,000^94. Folgendes sind die Brechnngsindices für einige Substanzen, welche bei der Verfer- tigung von Mikroskopen in Betraclit kommen: Kronglus von verschiedener Zii.sap.iniensetziing 1,500 bis 1,534 Flintglas .. >. „ 1,6.64 bis 2,028*) Boraxglas oder borsaures Blei 2,065 Bergkrystull 1,563 Beryll 1,598 Topas 1.610 bis 1,652 Saphir 1,794 Granat 1,815 Diamant 2,489 Canadabalsain 1,532 bis 1,549. Tritt ein Lichtstralil aus einem dichteren Medium in ein dün- jieres, dann ist der Brechungswinkel gr()sser als der Einfallswinkel, der Strahl wird mithin vom Einfallslothe abgelenkt. So werden in Fig. 12 die Strahlen c' o^ h' o und a' o beim Uebergange aus Glas in Luft in den Richtungen oc^ ob und oa fortgehen, und in Fig. 13 wird der Strahl ao, nachdem er in der Richtung ob durch eine Glasplatte mit parallelen Flächen getreten ist, beim Uebergange in die Luft wiederum in der Linie bc fortgehen, welche mit ao parallel ist. Das Nämliche wird geschehen, Fig. 13. Fio-. 1-1. wenn die Strahlen durch mehrere durchsichtige Körper, welche mit pa- i'allelen Flächen an einander grenzen, hindurchgehen, bevor sie wieder in die Luft fjelangeii. Fig. 14 sei der Durclischnitt einer Flintglas- *) Nnch Merz (Die neueren Verbesserungen am Mikroskope. 1844) variirt der ürecliungsindox des Flhitglascs von 1,588 bis 1,GG4. l'vccliuno- (li\ eriilruiieU'i- Slrahlen. 19 plfittc uiicl einei' lü-uiiglat^platte, die einander in nv bciiihrcn. Der ins Flintglas eintretende Strahl ad wird dem Einlallslothc stark zugcbi-oclieii werden, beim Uebergange in das schwächer brechende Kronglas Ixü o wird er etwas von dem Elinfallslothe abgelenkt, und wenn er aui' der gegenüber bernuUichen Fläche wiederum in die Lnl't anstritt, dann wird er in der Richtung bc fortgehen, parallel mit der ursprünglichen Ricli- tung ad. Aus dem Mitgetheilteu folgt, dass parallele Strahlen, welche durch ein von parallelen Flächen begrenztes Medium hindurchgegangen sind, parallel bleiben werden, wenn sie auf der gegenüber liegenden Fläche wiederum in die Luft übergehen. Sind in Fig. \o die einlallen- den Strahlen ao und de parallel, dann sind es auch die gebrochenen Strahlen bc und fg. Blickt man daher durch eine Glasplatte nach einem entfernteren Gegenstande, so hat die "Veränderung, welche in der Rich- tung jener Strahlen, die nicht senkrecht auf die Oberfläche treffen, zu Wege gebracht wird, nur die Folge, dass der Gegenstand, von welchem die Strahlen konrnnen, sich scheinbar an einer anderen Stelle befindet. Ein in c und g befindliches Auge wird einen Gegenstand, von dem die Strahlen ao und de kommen, in der Richtung c a' und g d' wahrnehmen. Wenn aber die auffallenden Strahlen divergirende sind, dann beschränkt sich der Einfluss eines Mediums mit parallelen Oberflächen nicht auf die einfache Abänderung der scheinbaren Richtung des 01)- jectes. In Fig. 15 sei AB wiederum der Durchschnitt einer Glasplatte, und von dem leuch- tenden Punkte a gehe ein Lichtke- gel aus. Die äus- sersten Strahlen dieses Kegels, a h und ac, werden beim Uebergange ins Glas am stärk- sten gebrochen werden, weil sie unter den spitzigsten Winkeln auf die Oberfläche treffen. Nach dem Wiederaustritte aus dem Glase werden sie in der Luft in den Richtungen /Z und gs fortgehen, deren Verlängerungen in o zusammen- treffen. Die mehr nach innen, nahe der Axe ap, auf die Oberfläche des Glases fallenden Strahlen ad und ae gehen auf der anderen Seite in der Richtung hm und in fort, deren Verlängerungen sich in r treffen. Für ein Aiige, welches die von a kommenden Strahlen nach dem Durchtritte durch die Glasplatte aufnimmt, werden dieselben nicht nur scheinbar von einem Punkte kommen, welcher näher dem Glase oder selbst in dem Glase liegt, sondern der leuchtende Punkt wird sich als eine Reihe über einander in der Axe befindlicher leuchtender Punkte darstellen. Denkt man sich nun statt des einzelnen leuchtenden Punktes ein Fiir. 15. 28 %) 20 Grenzwinkel der Brechung. Object, von dem eine Menge Lichtkegel ausgehen, so wird in gleicher Weise eine Reihe sich deckender Bilder des Objectes entstehen, die au die Deutlichkeit des Sehens einen ähnlichen Einfluss ausüben, wie es von der sphärischen Aberration bei Spiegeln (§. 20) angegeben worden ist und wie e? weiterliin von den Linsen wird nachgewiesen werden. Dieser Einfluss einer Glasplatte auf den Gang der Strahlen, welche von sehr nahen Objecten kommen , werden wir später als einen Grund kenneu lernen, weshalb die Dicke der Glasplatten, womit mau die mi- kroskopischen Objecte bei der Betrachtung zu bedecken pflegt, keines- wegs ohne Einfluss auf die Deutlichkeit des Bildes ist. 30 Tritt ein Lichtstrahl aus Glas in Luft, z. B. in Fig. 16 die Strahlen ao, bo und co^ so folgt aus dem Bisherigen, dass die gebrochenen Strahlen oa', ob' und oc' sich immer weiter vom Einfallslothe lo entfernen werden, je grösser der Einfallswinkel wird. Aus der Figur ersieht man nun deutlich, dass für Strahlen, die in Glas oder in einem anderen dichteren Medium verlaufen , eine bestimmte Grenze da sein muss, wo sie noch in die Luft übergehen können. Vergrösserte sich nämlich der Winkel coe^ etwa bis fo e, dann würde der gebrochene Strahl an der Oberfläche nach/' verlaufen und der Brechungswinkel lof hätte 90**. Dieser grösstmögliche Winkel (in Fig. 16 foe) heisst der Grenzwinkel. Seine Grösse wechselt natürlich im Verhältniss zum Brechungsindex; er ist um so kleiner, je grösser dieser ist. Für Kronglas mit dem Bre- chungsindex 1,.533 ist der Grenzwinkel = 40^ 43 ' , für Flintglas mit dem Brechungsindex 1,6 ist er = 38^ 41'. ^^ Jeder noch schiefer auffallende Strahl, z. B. in Fig. 16 der Strahl inse, als der leuchtende Punkt vor der Linse. Bei noch weiterer Entfernung des leuch- tenden Punktes nähert sich der Vereinigungspunkt der Strahlen mehr und mehr dem Hauptbrennpnnkte o'. Rückt dagegen der leuchtende Punkt dem anderen Hauptbrennpunkte o näher, dann rückt der Vereinigungs- punkt der Strahlen immer weiter und weiter und die Strahlen verlieren Brcchniio; durcli K;;'rfcln. immer mehr an Com'ergenz, bis sie eiid!i<;li, von o ausgoliend , sich nii-- geiids mehr vereinigen, sondern parallel werden. Strahlen endlich, die gleich a' a' a' a' (Fig. 28) convergirend -10 auf eine gewölbte Linse aulFallen , werden dadurch nur noch stärker convergirend und vereinigen sich in einem Punkte a zwischen dem Haupt - brennpunkte o und der Linsenoberfläche. Sind die Strahlen noch stär- ker convergirend, wie z. B. h' h' h' h\ dann liegt ihr Vereinigungspunkt auch nocli näher hinter der Linse in b. Alles, was bisher über den Gang der Lichtstrahlen durch con- 41 vexe Liiisen angegeben worden ist, gilt ebenso von ihrem Durchgange durch Kugeln. Da dieselben aber im Verhältniss zu Linsen von Spei- cher Krümmung eine ansehnliche Dicke haben, so muss natürlich ihr Haupt- Iirennpunkt auch der Oberfläche viel näher liegen, z. B. o in Fig. 30. Pio-. 30. Würden nicht bei Glaslinsen, v^^ie wir gesehen haben, in Folge der zweiten Brechung beim Uebergange in die Luft die Strahlen noch stär- ker convergirend, weshalb eben bei einer planconvexen Linse derBrenn- punkt im Umfange der Kugel liegt, zu der die Linsenoberfläche sich als Abschnitt verhält, dann würde der Brennpunkt für eine gläserne Kugel ebenfalls in den Kugelumfang fallen. Dazu konunt es aber nicht, weil die Strahlen hier durch das Glas allein gebrochen werden, bevor sie den Umfang der Kugel erreichen. Um die Wirkung der Linsen und der Kugeln bequemer vergleichen y.v. können, habeich in der folgenden Tabelle die Brennweiten für Kugeln aus den nämlichen Substanzen zusammengestellt, für welche in der vori- gen Tabelle die Brennweiten der Lin.sen angegeben wurden. Es wird dabei die nämliche Krümmung voi-ausgesetzt und dass der Radius der Kugel in 10 Tlieile getheilt ist. Es beträgt dann die Entfernung der Brennpunkte *) : Vom Mittelpunkte der Kugel. Gewinmliches Glas . . . 15,00 . . . Kronglas 14,3 G . . . Flintglas 13,33 . . . Saphir 11,39 . . . Granat 11,29 . . . Diamant 8,47 ... Von der Oberfläche der Kugel. 5,00 4,3 G 3,33 1,39 1,29 . . — 1,53 '^^ Berccluiet nach der Formel p :^= (1 - V, n) r , wo n den Brechung;sindex, r den n ~ \ halben Durehmesser, p den Abstand des Bri^nnpnnktes von der Oherlläche he- iiciehnet. 28 Bilder durch Linsen. 42 Bei Vergleichung der Linsen und Kugeln ergiebt sich somit deut- lich der Vorzug der ersteren vor den letzteren, da die Kugeln bei der nämlichen Krümmung der Oberfläche immer den Brennpunkt der Ober- fläche weit näher haben. Auch sieht man, dass diese Annäherung bei stark brechenden Substanzen dergestalt zunimmt, dass für eine Diamant- kugel der Brennpunkt selbst innerhalb der Kugel liegen würde. Von Objecten, die vor einer Linse befindlich sind, gehen selbst- verständlich fast alle Strahlen von Punkten aus, die sich ausserhalb der optischen Axe befinden. Die Strahlen vereinigen sich dann in einem Punkte auf der entgegengesetzten Seite von der optischen Axe. Ist AB (Fig. 31) eine Linse, deren Brennpunkt in o liegt, dann werden die vom Objecto ab aus c kommenden Strahlen, die also von einem Punkte der Axe ausgehen, sich auch wieder in einem Punkte der Axe, Fig. 31. nämlich in c' vereinigen, und die von a kommenden Strahlen haben in a', die von b kommenden in b' ihren Vereinigungspunkt. Da nun alle vom Objecte zwischen a und b ausgehenden Strahlen sich wieder irgendwo zwischen a' und b' treff'en müssen, so entsteht dort ein Bild des Gegen- standes und zwar ein verkehrtes. Von den Vereinigungspunkten aus setzen die Strahlen ihren Weg wiederum divergirend fort, wie es in der Figur angedeutet ist. In dem angenommenen Falle befindet sich das Object noch inner- halb der doppelten Brennweite der Linse, und das Bild wird um so viel grösser, als die Linie em oder der Abstand des Objectes vom optischen Mittelpunkte der Linse in der Linie vic' enthalten ist, das heisst in dem Abstände zwischen dem Mittelpunkte der Linse und dem Mittelpunkte des Bildes*). Bringt man das Object dem Hauptbrennpunkte näher, dann nimmt nicht nur der Abstand des Bildes, sondern auch das Bild selbst an *) Der Abstand des Bildes ist eleich °^ •, wo a die Entfernung des Objectes, p ^ a — p aber die Brennweite der Linse bedeutet. Krümmung der Bilder. 29 Grösse zu. Durch grössere Entfernung des Objectes rückt die Stelle des Bildes der anderen Oberfläche der Linse näher, und sobald seine Entfernung der doppelten Brennweite gleich kommt, sind Object und Bild gleich weit von der Linse entfernt und auch gleich gross. Bei noch grösserer Entferniing des Objectes wird das Bild kleiner und nähert sich mehr und mehr der Linsenoberfläche. Wäre z. B. in Fig. 31 b' a! das Object, so würde ah dessen Bild sein. Käme endlich das Object in den Hauptbrennpunkt o oder noch innerhalb desselben, dann würden alle Strahlen parallel oder divergirend werden und es könnte gar kein Bild mehr entstehen. Die eben gegebene Darstellung bedarf, um ganz richtig zu sein, 43 noch einer Modification, die namentlich für die Theorie des Mikro- skopes wichtig ist. Liegt das Object, von dem die Strahlen ausgehen, in einer geraden Ebene, wie sie (Fig. 32) im Durchschnitte ah dargestellt Fig. 32. ist, dann wird sein Bild nicht in einer geraden, sondern in einer nach ei- nem Kegelschnitte gebogenen Ebene liegen, deren Durchschnitt h' a' ist. Es folgt dies daraus, dass die ausserhalb der . Axe pp' gelege- nen Punkte des Objectes, nämlich /, e, a und g, h, b, sich in desto grös- serer Entfernung vom optischen Mit- telpunkte m befinden, je entfernter sie vom Punkte j? sind, wo die Axe die Ebene schneidet: fm ist grösser als pvi^ em grösser als /m, am grös- ser als ew, und die Entfernungen ^m, fem, und bm auf der anderen Seite nehmen in dem nämlichen Verhältniss an Grösse zu. Da nun das Bild der Linse um so näher rückt, je weiter sich der leuchtende Punkt vom optischen Mittelpunkte entfernt, so kann es un- möglich in der geraden Ebene d' c' zu liegen kommen, weil sonst die am entferntesten gelegenen Punkte des Objectes, a und ä, den Vereinigungs- punkten df und & entsprechen würden, und md' und mc' grösser sind als mp'. Dies widerspricht aber dem so eben aufgestellten Gesetze, dass das Bild der Linse um so näher ist, je weiter das Object von derselben weg- rückt. Den Punkten a und h entsprechen demnach andere Punkte b' und a', die sich näher dem optischen Mittelpunkte befinden als der in der Axe i\0 Krümmung der UilJer. gelegene ^'ereiuigungspunkt p\ und das Nämliche gilt in abnehmendem Grade von den übrigen Punkten e, / u. s. w., deren Strahlen in /', e'u.s.w. zusammenkommen. Die Linie, wodurch alle diese Punkte verbunden wer- den , ist mithin eine krumme, und es nimmt ihre Krümmung in dem Maasse stärker zu. als ihre Punkte weiter von der Axe abliegen. Auf gleiche Weise lässt sich darthun, dass das Bild des in der ge. raden Linie d'c' liegenden Objectes auf die gekrümmte Linie cd fallen wird, und zugleich ergicbt sicli auch daraus, dass, wenn die gekrümn">te Linie cd den Durchschnitt der Ebene bedeutet, worin das Object gelegen ist, dessen Bild in der geraden Ebene liegen muss, deren Durchschnitt d'c' ist. Wird demnach das Bild eines ebenen oder geradlinigen Gegen- standes auf eine"m platten Schirme aufgefangen, dann kann es nur nahe der Axe scharf begrenzt sein, da auf die entfernteren Theile Strahlen- kegel fallen, die bereits vereinigt waren und nun wieder divergiren. Nä- hert man das Object der Linse, so kann man zwar hierdurch die Bilder dieser entfernteren Punkte in grösserer Schärfe zur Ansicht bringen, aber nur auf Kosten jener in der Nähe der Axe gelegenen Theile, weil als- dann auf diesen Theil des Schirms nur convergirende, noch nicht ver- einigte Strahlen fallen. Um also ein scharf begrenztes Bild zu erhalten, müsste dasselbe auf einer gekrümmten Fläche aufgefangen werden, die mit der Krüm- mungsebene, worin die Vereinigungspunkte liegen, ganz correspondirt. Dann aber würde an den verschiedenen Punkten des Bildes nicht die gleiche A^'ergrösserung vorkommen. Die verhältnissraässige Grösse des Bildes nämlich wird bestimmt durch das Verhältniss zwischen der Ent- fernung des leuchtenden Punktes vom optischen Mittelpunkte und der Entfernung dieses optischen Mittelpunktes vom Vereinigungspunkte der Strahlen; mit anderen Worten, im vorliegenden Falle ist das Verhältniss wie pm:mp'^ fmwif'^ em:me'^ am:ma' u. s. w. Man sieht also leicht ein, dass, wenn die Punkte /', e', a' u. s. w. sich der Linse in dem Maasse nähern, als /, e, a u. s. w. sich davon entfernen, die Vergrösserung auch mit dem grösseren Abstände der Punkte von der Axe abnehmen muss, und dass also das in b' a' aufgefangene Bild in p' am meisten, in a' und h' am wenigsten vergrössert sein wird, und somit das ganze Bild nicht genau allen verschiedenen Theilen des Objects entspricht, sondern etwas Verschobenes bekommt. Man gewahrt dies am besten mittelst einer Linse mit einem Focus von 1 bis 2 Centimeter, die in der gehörigen Entfernung über ein aus viereckigen Maschenräumen zusammengesetztes Stückchen Gaze gehalten wird: die Carres nach dem Rande des Feldes zu erscheinen alsdann verbogen. Uebrigens ist es klar, dass in dem Maasse, als das Object sich wei-v ter vom optischen Mittelpunkte entfernt, die Ebene, worin das Bild liegt, sich mehr und mehr einer geraden nähern wird. Ihre Krümmung wird also im Allgemeinen abnehmen, sowie die Brennweite der Linse zu- nimmt, und umgekehrt wird sie zunehmen, wenn die Brennweite abnimmt; ßrecbuiig durch Zerstreuuiigsliiiseii. 31 bei der niinilichen Linse aber wird die Krümmung dieser Ebene diircii Annäherung des Objectes zunehmen, und durch dessen Entl'ernung von der Linse abnehmen. Wenden wir uns nun zum Verlaufe der Lichtstrahlen in Zer- 44 Streuungslinsen, so müssen wir wiederum im Auge behalten, in wel- cher Richtung die Strahlen gingen, bevor sie die Linse erreichen. Der Stralil ea (Fig. 33), welcher mit der optischen Axe p q paral- lel geht, wird, wenn er die concave Oberfläche der biconcaven Linse AB erreicht, dem Einfallslothe ab zugebrochen werden, und wenn er bei c in die Luft kommt, so wird er sich vom Einfallslothe cd entfernen und nach a' fortgehen. Alle übrigen mit der Axe parallelen Strahlen nehmen eine ähnliche Richtung an, und es werden also die parallelen Strahlen durch eine Zerstreuungslinse divergirend gemacht. Dabei zeigt Fi„. 33_ sich das Gesetz, dass alle gebrochenen Strahlen solche Richtungen bekommen, vermöge deren ihre Verlängerungen in einem Punkte o vorderhalb der Linse zusammentreffen. Diesen Punkt nennt man den Zerstreuun gspnnkt für parallele Strahlen. Man hat ihn auch, aber weniger passend, den Brenn- punkt genannt. Die Stelle dieses Punktes hängt, gleich jener des Brennpunktes einer Sammellinse, vom Krümmungsgrade der Linse und vom Brechungsvermögen ihrer Substanz ab. Hat man Zerstreuungslinsen aus Glas mit einem Brechungsindex von fast 1,5, so kann man annehmen, dass bei einer biconcaven Linse mit gleicher Krüm- mung beider Seiten die Entfernung des Zerstreuungspunktes der Länge des Radius gleichkommt, und dass bei einer planconcaven Linse diese Entfernung dem doppelten Radius gleichkommt. Gehen die Strahlen von einem in der Axe gelegenen Punkte x 45 (Fig. 34) aus, so treffen sie divergirend auf die Linse, und beim Durch- F'g- 34. gange durch dieselbe werden sie noch stärker divergirend. Ihre Verlänge- rungen treffen sich dann in einem Punkte a, der immer zwischen dem Zer- streuungspunkte 0 und der Linse gele- gen ist. Bei convergirenden Strahlen hat 46 man drei Fälle zu unterscheiden: a) Haben sie eine Richtung, wie a' c u. s. w. in Fig. 33, so dass ihre Ver- längerungen gerade im Zerstreuungspunkte o zusammentreffen würden, dann verlassen sie die Linse auf der anderen Seite als parallele Strahlen * 32 OefFnungswinkel ; sphärische Aberration. b) Sind sie noch stärker convergirend, so dass ihre Verlängerungen, wie in Fig. 34, sich im Punkte a schneiden würden, zwischen dem Zer- streuungspunkte 0 und der Linsenoberfläche, dann mindert sich in Folge der Brechung ihre Convergenz, sie vereinigen sich aber noch in einem Punkte X. c) Haben endlich die Verlängerungen der convergirenden Strahlen, wie in Fig. 35, ihren Vereinigimgspunkt jenseits des Zer- streuungspunktes 0 in a, dann werden dieselben, in Folge der Brechung, divergirend, und zwar um so stärker, je entfernter a von o liegt. 47 Jede Linse lässt um so mehr Licht durch , je grösser ihre Ober- fläche ist, d. h. je mehr ihre Oeffnung zunimmt. Oeffnungswinkel nennt man jenen Winkel, welcher durch zwei Linien eingeschlossen wird, die, von gegenüberliegenden Punkten des Linsenrandes ausgehend, im Brennpunkte der Linse zusammentreff"en. So ist in Fig. 36 aob der Fig. 3G. Fig. 35. Oeffnungswinkel der Linse ab. Je kleiner dieser Winkel wird, je mehr also der Durchmesser der Linse abnimmt, desto mehr verlieren die Bil- der an Licht und Helligkeit; denn für zwei Linsen, die gleiche Krüm- mung, aber ungleiche Durchmesser besitzen, ist das Verhältniss der Licht- stärke gleich den Quadraten dieser Durchmesser. Eine Linse von 5""" Durchmesser wird mithin nur V4 . = 1 : 14,0 » >. 1,650 » = 1 : 35,4 » » 1,686 » =ir 1 : 00 *). Man ersieht hieraus, dass, wenn eine Substanz einen grösseren Bre- chungsindex hat, die Krümmung der einen Fläche im Verhältniss zur anderen sich stärker abflachen muss, soll die daraus gefertigte Linse eine möglichst geringe Aberration haben. Bei einem Brechungsindex von 1,686 muss de Radius der einen Fläche unendlich gross sein, oder mit anderen Worten, eine Linse der besten Form ist in diesem Falle plan- convex. Wird der Brechungsindex • noch grösser, wie bei manchen Sorten Flintglas, beim Saphir, Granat, Diamant u. s. w., dann sollte die eine Fläche selbst concav, die Linse also ein convergirender Meniskus sein. 3. Bei Linsen von gleicher Brennweite und gleicher Oeffnung ist die sphärische Aberration um so geringer, je stärker das Brechungsver- mögen der benutzten Linsensubstanz ist. Es folgt dies schon daraus, dass die Krümmung der Oberfläche bei Linsen von gleicher Brennweite schwächer ist, wenn die Substanzen, woraus sie verfertigt sind, einen grösseren Brechungsindex besitzen. Beides wird deutlicher aus der fol- genden kleinen Tabelle ersichtlich, worin für Linsen mit 10™™ Brenn- ) Die Berechnung ist nach den Formeln ^ ^ 2 (n - 1) ' C'^ « + -. - P _ 2 (ri — 1) (n + 2) j*. (2 M 4- 1) n ^ A -j- n — 2ir ^ gemacht, wo R und r die beiden Radien, n den Brechungsindex und p die Brennweite der Linse bezeichnen. 3* 3C Verbesserung der sphärischen Aberration. weite die Länge der Aberration bei parallel autiallenden Strahlen zusam- mengestellt worden ist *). Durch- Biconvexe Glaslinse mit gleicher Li n s e n der besten Form. messer der Linsen- Öffnung. Krümmung beider Flä- chen. GlMslinse. Flintglas- linse. Saphirlinse. Diaraant- linse. n 1= 1,5 n =: 1,5 71 = 1,G5 n = 1,794 n = 2,439 lOmm 4,17-™ 2,G8-"^ 1,85""" 1,45-- 0,73"- 8 2,C7 1,72 1,18 0,93 0,C4 G 1,.50 0,9G 0,G7 0,52 0,20 4 0,G7 0,43 • 0,30 0,23 0,12 2 0,17 0,11 0,07 0,00 0,03 Durch diese Zahlen wird dargethau, wie wichtig es sein würde, wenn statt Glas eine andere stärker brechende Substanz zur Anfertigung von Linsen benutzt werden könnte. Eine Diamantlinse könnte eine doppelt so grosse Oeffhung haben als eine Glaslinse, also eine viermal grössere Lichtstärke gewähren, ohne dass die Aberration merklich stärker wird. 4. Besteht eine Linse nicht aus Einer Glassorte, ist sie vielmehr eine Yerbindun;^ von zwei oder mehr Linsen ans verschiedenen Glas- sorten von vmgleicLem Brechungsvermögen, dann lässt sich ein solches Verhältniss zwischen der Form unii dem Brechungsvermögen dieser ver- schiedenen Linsen herstellen, dass eine merkliche Verbesserung der sphä- rischen Aberration dadur< h erreicht wird. Bei Betrachtung der Mittel, wodurch die chromatische Aberration sich beseitigen lässt, wird mehr darüber angegeben werden. 5. Endlich giebt es noch ein Mittel, den schädlichen Einflu-ss der sphärischen Aberration zu mindern, wenn man nämlich zwei oder drei Linsen mit verhältnissmässig schwachen Krümmungen zu einem Systeme von Linsen verbindet, welches gleich einer einzigen stärker gekrümmten Linse wirkt, dabei aber den Linsen eine entsprechende Form giebt und *) Die allgem"ine Formel zur Berechnung der Aberration ist: npx"" /n_ (2n + 1)(h — 1) (« -4- 2) C» — J)\ (h — l;"'^ \p- nrp ?i'r- ) 2 (h — Ij' \p- nrp ' jj'r'- wo n den JBrechungsindex bezeichnet, r den halben Durchmesser der Linse, p die Bremr.vcite, r dnt Radius der Krümniung. welche d -m Objccte zugekehrt ist. Für die Berechnung d"r möglich kleinsten Aberration bei Linsen von bester n (-i 71 — 1 ) x'^ Form ist die Formel Chromatische Aberration. 37 sie besonders in genauen Abstand eine von der anderen bringt. Davon wird später nocii die Rede sein, wenn von den Linsensystemen und deren Benutzung in Mikroskopen im Besonderen gehandelt wird. Eine andere Unvollkommenheifc der Linsen, wodurch noch mehr als durch die sphärische Aberration ein nachtheiliger Einfluss auf die Schärfe der Bilder entsteht, beruht darin, dass verschiedenfarbige Licht- strahlen ungleich gebrochen werden und dadurch ebenfall.-i eine Abwei- chung bedingen, die man als chromatische Aberration zu bezeich- nen pflegt. Das weisse Licht kann man als eine Zusammensetzung aus einer un- endlichen Menge von Strahlen ansehen, deren jeder beim Durchgange durch lichtbrechende Medien in einem verschiedenen Grade von der ur- sprünglichen Richtung abgelenkt wird. In dem Bilde, welches entsteht, wenn man ein Bündel Sonnenstrahlen durch ein Prisma gehen lässt (Fig. 39), unterscheidet man zwar nur sieben Hauptfarben, nämlich Roth, Fiff. 39. 53 Orange, Gelb, Grün, Blau, In- digo und Violet, die man ge- wöhnlich als Sti'ahlen bezeich- net: die am stärksten brech- baren befinden sich am violet- ten Ende v , die am wenigsten brechbaren am rothen Ende r. Es besteht aber jeder dieser Strahlen wieder aus einer zahl- losen Menge von Strahlen mit gradweise zunehmender Brechbarkeit, und dazu kommen noch die so- genannten unsichtbaren Strahlen, die thermischen und die chemischen. Da die Farbenfelder nirgends bestimmt abgegrenzt sind, so be- nutzt man nach Frauenhofer's Vorgange einzelne dunklere Streifen in dem sogenannten Sonnenspectrum , die stets die nämliche Stelle ein- nehmen, als feste Punkte, .um die verschiedene Brechbarkeit der Strahlen zu bestimmen. Sieben von diesen Streifen, welche zumeist in das Auge fallen, sind von Frauenhofer durch eben so viele Buchstaben B^ C . . . . H bezeichnet worden. Bestimmt man ihre relative Stellung in dem Sonnenspectrum, welches durch Prismen von verschiedenen Substan- zen erhalten wird, so findet man die Brechungsindices jener Strahlen, welche unmittelbar an diese dunklen Streifen grenzen. Die also erhal- tenen Strahlen drücken aber das Farbenzerstreuun gs vermögen oder Dispersionsvermögen der brechenden Medien aus. Bei Kronglas mit dem mittleren Brechungsindex 1,5342 und bei Flintglas mit dem mittleren Brechungsindex 1,6490 haben die verschie- denen Strahlen folgende Brechungswerthe : 54 i 38 Farbenzerstreuung- Kronglas. Aeusserstes Ende von Roth . . B 1,5258 Mitte von Roth C 1,5268 Orange D 1,5296 Grenze zwischen Gelb und Grün E 1,5330 Grenze zwischen Grün und Blau F 1,5361 Indigo G 1,5417 Violet H 1,5466 Flintglaa. 1,6277 1,6297 1,6350 1,6420 1,6483 1,6603 1,6711 Man ersieht aus diesen Zahlen auf der Stelle, dass Flintglas ein w^eit stäikeres Dispersionsvermögen besitzt als Kronglas. Zieht man nämlich den Brechungsindex für B von jenem für H ab, so erhält man für das hier gebrauchte Kronglas 0,0208, während diese Differenz für das Flinglas 0,0434, also mehr denn das Doppelte beträgt. 5d Dividirt man diese Zahlen durch den um 1 verminderten mitt- leren Brechungsexponenten , so erhält man die Dispersion dieser Sub- stanzen, Dieselbe ist für das benutzte Kronglas .\ „ = 0,039 und für 0,5342 das Flintglas '^ ,^^ = 0,067. Auf diese Weise hat man die Farben- 0,6490 dispersion für folgende Substanzen gefunden: Krouglas von verschiedener Constitution . . . 0,036 bis 0,039 Flintglas » » » ... 0,050 bis 0,067 Boraxglas (boraxsaures Blei) 0,074 Topas 0,024 Saphir 0,026 Granat • . . 0,027 Beryll 0,037 Diamant . ■ 0,038 Canadabalsam 0,045 Vergleicht man diese Zahlen mit den früher (§. 26) angegebenen Brechungsexponenten dieser Substanzen, dann bemerkt man sogleich, dass das Dispersionsverrnögen mit dem Brechungsvermögen keineswegs gleichen Schritt hält. 56 Untersuchen wir jetzt, bevor weiter gegangen wird, welchen Ein- fluss die Farbendispersion auf jene Bilder haben wird, welche durch Linsen aus einem einzigen homogenen Stoffe entstehen. Auf die bicon- vexe Linse AB (Fig. L) falle weisses Licht, dessen Strahlen derAxep^ parallel sind. Nur die Grenzstrahlen des auffallenden Lichtbündels, näm- Chromatische Aberration. 89 lieh ab und cd^ sind abgebildet. Nun wird der weisse Strahl ab m dem Momente, wo er bei b ins Glas tritt, in die zusammensetzenden verschie- denfarbigen Strahlen zerlegt werden : die rothen Strahlen, als die wenigst brechbaren, werden nach aussen liegen und die Axe irgendwo in r schnei- den und zwar jenseits o, des mittleren Brennpunktes der Linse; die vio- letten Strahlen, als die stärkst brechbaren werden nach innen zu liegen kommen und die Axe diesseits o in u schneiden. Zwischen den rothen und violetten Strahlen befinden sich dann die übrigen farbigen Strahlen, die irgendwo in der Axe zwischen r und v für sich zusammentreffen. Das Nämliche wird auch mit dem Strahle cd geschehen, und — wenn wir für den Augenblick vom Einflüsse der sphärischen Aberration absehen — mit allen Strahlen, welche die Oberfläche der Linse zwischen b und d treff'en, so dass alle rothen Strahlen ihren Brennpunkt in r, alle vio- letten Strahlen ihren Brennpunkt in v haben werden , und zwischen r und V noch so viele Brennpunkte sich befinden werden, als Strahlen von verschiedener Brechbarkeit im weissen Lichte enthalten sind. Die Entfernung zwischen r und v heisst die Länge der chromatischen Aberration. Nach dem, was vorhin über das verschiedene Disper- eionsvermögen verschiedener Substanzen mitgetheilt wurde, ist es klar, dass diese Länge, je nach der Verschiedenheit der brechenden Substanz, woraus die Linse besteht, verschieden ausfallen wird, dass sie z. B. bei einer Flintglaslinse ungefähr doppelt so gross sein wird, als bei einer Kronglaslinse von gleicher Brennweite. Den Einfluss der chromatischen Aberration auf die durch Lin- 57 Ben entstehenden Bilder erläutert Fig. IL Die weissen Strahlen von dem Objecte aJ, welche durch die Linse gebrochen und zerlegt werden, vereinigen sich nicht in a'b' zu einem weissen oder farblosen Bilde, son- dern es bilden die rothen Strahlen das rothe Bild a"'h"\ die violetten Strahlen das violette Bild a"h". Zwischen diesen beiden wird aber noch eine eben so grosse Anzahl verschieden gefärbter Bilder liegen , als Strahlen von verschiedener Brechbarkeit in dem vom Objecte ausgehen- den Lichte enthalten sind. Das rothe Bild ist das grösste, da es am meisten von der Linse entfernt ist. Kommt nun ein Schirm in b'" a'" zu stehen, so erhält man dort nicht ein einzelnes rothes Bild, weil auch die übrigen hinter einander liegenden Bilder sich als Zerstreuungsbilder auf dem Schirme darstellen werden; und da durch die Vereinigung aller verschiedenen Farben des Sonnenbildes wiederum weisses Licht entsteht, so ist auch der Sammelplatz aller Bilder, d. h. der mittlere Theil des gesammten Bildes, farblos, und nur der Rand ist blau, weil dieser durch das Difllisionsbild der nach erfolgter Kreuzung wiederum divergirenden Strahlen gebildet wird. Befindet sich der Schirm in b" a'\ dann hat das Bild einen rothen Rand. Hält man ihn an die zwischenliegende Stelle h' a\ dann werden zwar die farbigen Ränder verschwinden, aber auch dann noch wird das aus Zerstreuungsbildern zusammengesetzte Bild ver- wirrt und undeutlich sein. 40 Einfluss der Aberrationen auf die Bilder. Verwirrung und Undeutlichkeit nimmt in Folge der 1 Fig. 40. 58 Diese sphärischen Aberration noch mehr zu; denn deren nothwendige AVirkung besteht darin, dass die Menge der besonderen farbigen Bilder, aus denen inso-esammt Zerstreuungsbilder hervorgehen, noch beträchtlich zunimmt. Wenn nämlich zur Linse AB (Fig. 40) vom Objecte ab Strahlen gelangen, so werden jene, welche die Linsenoberfläche zunächst der Axe in 1 treffen, sich zu Bildern von den verschiedenen Farben vereini- gen, die zwischen 1 und 1 liegen, jene dagegen, welche nahe dem Rande in 2 auf- treffen , werden in gleicher Weise zwi- schen 2 und 2 zu einer Anzahl von Bildern sich vereini- gen. Das Nämliche gilt von allen anderen Punkten der Linsen- oberfiäche, und dem zu Folge wird die Zahl der Bilder zwischen dem Vereinigungspunkte der äussersten violetten Strahlen vom Linsenrande und dem Vereinigungspunkte der äussersten rothen Strahlen, welche nahe der Axe durchgehen, in der That eine unendlich grosse. Wenn daher die chromatische Aberration für sich allein eine regel- mässige Aufeinanderfolge von rothen, gelben, grünen Bildern u. s. w. herbeiführen würde, so wird diese Ordnung durch die hinzutretende sphärische Aberration gestört, so dass alle Reihen gefärbter Bilder in einander greifen. Nur werden natürlich die äussersten Grenzen immer durch ein rothes und durch ein violettes Bild eingenommen. 59 Es wird durch diese Darstellung klar geworden sein, welchen nachtheiligen Einfluss beide Arten von Aberration auf die genaue Wahr- nehmung durch optische Instrumente äussern müssen, und wie wichtig es ist, dass ^dieser Einfluss, wenn auch nicht ganz beseitigt, so doch mög- lichst verringert werde. Aus den kleinen Tabellen in §. 26 und §.54 ersieht man, dass das Brechungsvermögen und das Fax'benzerstreuungs vermögen keineswegs gleichen Schritt halten. Saphir, Granat und Beryll z. B. besitzen ein weit stärkeres Brechungsvermögen als Glas, aber ein geringeres Disper- sionsvermögen. Der Diamant hat gleiches Dispersionsvermögen wie Kron- glas, während die Brennweite einer Diamantlinse nur reichlich 1/3 so gross ist, als bei einer Glaslinse mit gleicher Krümmung. Daraus ergiebt sich wiederum der grosse Vorzug der Edelsteinlinsen vor Glaslinsen. Indessen stehen auch Mittel zu Gebote, um bei letzteren der Wir- kung der chromatischen Aberration zu begegnen, mit denen wir uns jetzt beschäftigen wollen. Vcrbesscrmin; der chromatischen Aberration. 41 Fi2. 41. Aus dem Mitgelhcilten ist ersichtlich, dass die farbigen Strah- 60 len des weissen Lichts zur Wahrnehmung gelangen, weil sie beim Durch- gange durch brechende Medien in verschiedenem Grade gebrochen wer- den, also den Parallelismus , den sie im weissen Lichte hatten, verlieren und divergirend werden. Gelingt es daher, den Parallelisnius wieder herzustellen, dann vereinigen sich die i'arbigen Strahlen auch wieder zu weissem Lichte. Das einfachste Beispiel, wie dies geschehen kann, hat man in der Verbindung zweier Prismen aus Kronglas und aus Flint- glas (Fig. 41). Ist hier Ä ein Kronglasprisma, so würde ein Strahlenbiindel UV bei st eben so ein ge- färbtes Bild geben, wie in Fig. 39. Ist nun aber ein zweites Prisma B an- gesetzt und zwar aus Flint- glas, dessen Dispersions- vermögen stärker ist als das von Kronglas, dann werden die beiden Strah- len c und d beim IJebertritte aus dem einen Prisma ins andere etwas ge- brochen werden, der violette Strahl jedoch stärker als der rothe, und dadurch nimmt ihre Divergenz ab. Besteht nun zwischen den Brechungs- winkeln der beiden Prismen ein richtiges Verhältniss, welches dem ver- schiedenen Dispersionsvermögen der beiden Glassorten entspricht, dann werden die rothen und violetten Strahlen beim Uebergange in die Luft bei e und / einander parallel sein, und zugleich werden sie wegen des stärkeren Brechungsvermögens von Flinfglas eine andere Richtung an- nehmen als das ursprüngliche Strahlenbündel uv. Um deutlich zu machan, was geschehen muss, um das Näm- 61 liehe bei Linsen zu erreichen, wird es zweckmässig sein, vorher zu un- tersuchen , wie Zerstreuungslinsen auf verschiedenfarbige Strahlen ein- wirken. Wenn auf die planconcave Linse AB {Fig.HI.) die parallelen weis- sen Strahlen ab und cd fallen, dann werden die violetten Strahlen, als die brechbarsten, nach l und l' gehen, die weniger brechbaren rothen Strahlen aber nach m und m'. Der Zerstreuungspunkt der rothen Strah- len wird in r liegen, jener der violetten in u, diesseits des mittleren Zer- streuungspunktes 0. Man ersieht sogleich, dass hier die relative Lage- rung der Strahlen von verschiedener Brechbarkeit gerade umgekehrt ist wie bei Sammellinsen (Fig. L), wo der rothe Strahl nach oben und aussen liegt. Das Nämliche findet auch statt, wenn convergirende weisse Strah- len auf eine Zerstreuungslinse fallen. Wenn ab und cd (Fig IV.) con- vergirende Strahlen sind, die sich in / vereinigt haben würden, falls 42 Verbesserung der chromatischen Aberration. nicht die Linse AB eingeschoben wäre, so werden sie, aus der Luft kom- mend, durch die Zerstreuungslinse nach o gebrochen werden, dergestalt indessen, dass die stärkst brechbaren violetten Strahlen in y, die wenigst brechbaren rothen Strahlen in r sich vereinigen werden, d. h. wenn in V und r Bilder entständen, dann würde das violette das von der Linse entferntere, das rothe das der Linse nähere sein, also gerade umgekehrt wie bei Sammellinsen (Fig. L und II.)- Diese die Fai'benfolge umkehrende Wirkung der Zerstreuungslinsen tritt aber natürlich nur dann hervor, wenn das Medium, aus welchem die Strahlen kommen, ein schwächeres Brechungs- und Dispersionsver- mögen für die verschiedenen Lichtstrahlen besitzt, als jenes, woraus die Zerstreuungslinse besteht. Wenn auf die biconvexe Kronglaslinse AB (Fig. V.) die Lichtstrahlen ab und cd fallen, so würden die rothen und violetten Strahlen, wenn sie durch das Glas gegangen und dann beim Uebergange in die Luft gebrochen worden sind, ihren Vereinigungspunkt in r und in v haben. Wird nun eine planconcave Linse CD angefügt, die eine gleiche Krümmung besitzt, als die ihr zugewendete Oberfläche der convexen Linse, dann werden die Strahlen, falls diese Linse eben- falls aus Kronglas besteht, ihren Weg unverändert durch das Glas fort- setzen: es wirken die beiden vereinigten Linsen ganz wie eine plancon- vexe Linse aus einem homogenen Medium. Nur die Vereinigungs- punkte der Strahlen werden verrückt werden und jetzt in r' und in v' liegen. Anders gestaltet sich die Sache, wenn die Zerstreuungslinse ein stärkeres Dispersionsvermögen besitzt als die Sammellinse. Die Zer- streuungslinse wirkt dann in der nämlichen Weise, wie sie es bei Strah- len thut, die aus der Luft kommen, nur in schwächerem Grade, weil die Ungleichheit des Dispersionsvermögens verschiedener Glassorten gerin- ger ist als zwischen Luft und Glas. Wenn demnach die Zerstreuungslinse aus Flintglas verfertigt wird, dessen Dispersionsverraögen doppelt so gross ist als bei der biconvexen Kronglaslinse, dann werden die durch die Linse AB (Fig. VI.) gebroche- nen Strahlen nicht mehr den Weg verfolgen wie in Fig. V., vielmehr von demselben etwas abweichen, sobald sie in die stärker brechende Flintglaslinse CD gekommen sind. Dies wird aber nicht bei allen Strah- len in gleicher Weise stattfinden, sondern am stärksten bei den violetten, am wenigsten bei den rothen, Ist der Einfluss der concaven Flintglas- linse gross genug, dann geben die verschieden gefärbten Strahlen die divergirende Richtung auf, die sie in Fig. V. besassen, und werden con- vergirend, ja es kann sogar geschehen, dass der Einfluss der Flintglas- linse jenen der Kronglaslinse so weit übertrifft, dass die beiden Linsen zusammen zwar eine Sammellinse darstellen, der violette Strahl aber den rothen schneidet, und ihre Brennpunkte in v und r zu liegen kommen. Man hat dann eine Sammellinse, durch welche der Gang der farbigen Achromatische Doppellinsen. 43 Strahlen gerade umgekehrt ist, wie bei einer Saitimellinse, die nur aus Einer Glassorte besteht. Offenbar wird nun zwischen den beiden in Fig. V. und VI. darge- stellten Extremen noch ein mittlerer Zustand möglich sein, wie er in Fig. VII. dargestellt ist, wo nämlich die Kronglas- und Flintglasliiise, was Form und Dippersionsvermögen betrifft, in einem so genauen Verhältniss zu einander stehen, dass der Punkt, wo die farbigen Strahlen einander treff'en, genau der mittlere Brennpunkt / der Linse ist, und das dort ent- stehende Bild farblos erscheint oder nur seine natürlichen Farben zeigt. Eine solche Vereinigung von Linsen nennt man eine achroma- tische Doppellinse. Zwischen beiden Linsen befindet sich gewöhnlich Canadabalsam , dessen Brechungsvermögen jenem des Kronglases ziem- lich nahe kommt und dessen Dispersionsvermögen in der Mitte zwischen beiden Glassorten steht. Dadurch wird eine Reflexion an den Ober- flächen beider Linsen vermieden, wodurch ein Lichtverlust entstehen würde. Früher hat man auch achromatische Linsen aus drei verschiedenen Linsen zusammengesetzt; doch kommen dergleichen jetzt nicht mehr in Betracht, Im vollsten Sinne des Worts indessen kann eine solche Dop- 62 pellinse niemals achromatisch sein, weil das Verhältniss der Dispersion im Krön- und Flintglase niemals bei allen gefärbten Strahlen vollkom- men das nämliche ist. Man kann dies schon an denSonnenspectra wahr- nehmen, welche durch Prismen aus einer der beiden Glassorten erhalten werden. Es zeigt sich nämlich, dass die brechbarsten Strahlen, blau, indigo, violet, in jenem Spectrum, welches durch ein Flintglasprisma er- halten wird, nicht blos absolut, sondern auch relativ einen grössern Raum einnehmen, als in dem durch ein Kronglasprisma erhaltenen Spectrum. Wir sahen vorhin (§.54), dass die Totaldispersion einer bestimmten Sorte Kronglas = 0,0208, jene einer Sorte Flintglas = 0,0434 ist. Diese beiden Zahlen verhalten sich wie 1 : 2,09 zu einander. Blieb dieses Verhältniss bei allen einzelnen Strahlen das nämliche, dann müsste man immer die nämliche Zahl erhalten, wenn die partiellen Dispersionen jedes bestimmten Abschnittes des Sonnen spectrums für Flintglas und Kron- glas mit einander dividirt werden. Den Werth dieser partiellen Disper- sionen erhält man, wenn man alle besonders bestimmten Brechungs- exponenten der farbigen Strahlen der Reibe nach von einander subtrahirt, gleichwie das Totaldispersionsvermögen dadurch bestimmt wird, dass man den Brechungsindex der rothen Strahlen in B von jenem der violetten Strahlen in H abzieht. Führt man diese Berechnung für die beiden ge- nannten Glassorten aus, so erhält man folgende Diffierenzzahlen : 44 Secundäres Farbenbild; unvollkommener Achromatismus. Kronglas Flintglas. B — - C 0,0010 0,0020 = 1 :2,00 C — D 0,0028 0,0053 = 1 1,89 D — E 0,0032 0,0070 = 1 2,19 E — F 0,0031 0,0063 =z 1 2,03 F — G 0,0056 0.0120 = 1 :2,15 G — H 0,0049 0,0108 = 1 :2,21 Keine dieser Zahlen stellt das allgemeine Verhältniss der Total- dispersion, nämlich 1 : 2,00 dar, sondern im Flintglasspectrum ist Roth und Orange {B bis Z>) verhältnissmässig kleiner, Gelb (Z) — Ei) ist grösser, Grün {E — F) wieder kleiner, Blau, Indigo, Violet dagegen (i^ bis H) grösser als im Sonnenspectrum des Kronglases. Da nun das Verhalten der Partialdispersionen in keinem Falle jenem der totalen oder der mittleren Dispersion zweier Glassorten gleich ist, so folgt hieraus, dass, wenn auch durch die Verbindung einer Kronglas- linse mit einer Flintglaslinse eine vollkommene Vereinigung der rothen und der violetten Strahlen erreicht werden kann, diese Vereinigung für die übrigen farbigen Strahlen noch nicht hergestellt ist. Diese bilden, wenn sich die Strahlen von extremer Bi'echbarkeit vereinigt haben, im- mer noch ein rückbleibendes oder sogenanntes secundäres Farbenbild. 63 Vollkommener Achromatismus der Linsen ist demnach nicht zu erreichen; bei ihrer Verfertigung ist nur dahin zu streben, dem Achro- matismus möglichst nahe zu kommen, einmal durch Erwählen von Glas- sorten, bei denen die Partialdispersionen möglichst wenig unter einander differiren, und zweitens dadurch, dass den Linsen eine Form gegeben wird, die sich nach den mathematischen Berechnungen als die beste be- währt hat, um jenem Ziele nahe zu kommen. Durch diese Berechnungen, auf welche hier nicht weiter eingegangen werden kann, hat die Verfer- tigung achromatischer Objectivgläser für Teleskope einen hohen Grad von Sicherheit erlangt. Bei den Objectivgläsern für Mikroskope ist dies, wegen der Kleinheit derselben, nicht der Fall. Das meiste kommt hier noch auf die praktische Uebung des Mechanikus und auf dessen Geduld an, wenn er aus einem grossen Vorrathe von Kronglas- und Flintglas- linsen jene aussucht, welche beim Probiren am besten zu einander pas- sen. Das ist einer der Hauptgründe, weshalb ein Mechanikus, der be- reits eine Anzahl Mikroskope verfertigte, viel vor jenem voraus hat, der nur erst wenige verfertigte und dessen Linsenvorrath daher in der Regel kleiner sein wird als bei dem ersteren. Es folgt aus dem Mitgetheilten soviel, dass, wenn eine achromatische Doppellinse möglichst gut verfertigt ist und die Grenzstrahlen des Sonnen- spectrums, die rothen und violetten, sich vereinigen, dennoch an den Rän- dern der Bilder jederzeit noch Spuren der unvereinigten mittleren farbi- gen Strahlen wahrgenommen werden. Die Ränder werden daher in die- sem Falle einigermaassen grünlichgelb erscheinen. Diese Farbe ist dem Auge unangenehmer als das Hellblaue, und das ist einer der Gründe, Ueberverbesserte und unterverbosserte Linsen. 45 Fig. 42. Fio-. 43. wurum man beim Anfertigen mikroskopischer Objectivlinaen der Flint- glaslinse ein kleines Uebergewicht zu geben pflegt, damit nämlich der Kand des Bildes einen zarten blauen Saum bekommt. Man nennt dies eine ü bei' verbesserte Doppellinse. Ist noch ein zarter rother Saum vorhanden, dann heisst sie eine unterverbesserte. Die Verbindung von Flintglas und Kronglas di'^,nt aber nicht blos dazu , die chromatische Aberration zu verbessern , durch sie wird auch zugleich, wie früher (§. 52) angedeutet wurde, die sphärische Aber- ration gemindert. Das wird deutlich werden, wenn wir auch hier wie- der Zerstreuungslinsen und Sammellinsen mit einander vergleichen. Die biconvexe Linse ^Z? (Fig. 42) vereinigt die Randstrahlen aor in n, die näher der Axe auffallenden Strahlen bh in m. Der Punkt n ist der Linse näher als der Punkt m. Fallen auf eine Zerstreuungslinse CD (Fig. 43) die convergirenden Strahlen aa tmd hh^ die keiner sphärischen Aberration unterliegen sollen und sich insgesammt genau in 0 erreichen würden, dann werden die stärker gebrucheuen Randstrahlen aa in ?z, die weniger gebrochenen Strahlen hh in m zusammen- treffen müssen. Die Vereinigungspunktc m und n haben also uiuge- gerade die kehrte Lage wie in Fig. 42. Denkt man sich nun eine Zerstreu- ungslinse vor einer Sammellinse, so wird, falls beide aus der nämlichen Glassorte bestehen , die Richtung der Strahlen natürlich keine Veränderung erleiden, ausgenommen, dass ihr Vereinigungspunkt weiter von der Linsenoberfläche rückt; die relative Richtung der Randstrahlen und der Axenstrahlen bleibt ganz die nämli- che. Ist aber die Sammellinse aus Kronglas, die Zerstreuungslinse aus Flintglas, dann werden die Strahlen beim Uebergange in die dichtere Flintglaslinse eine Brechung erleiden, und da es eine Zerstreuungslinse ist, so wird zu gleicher Zeit ein Streben hervortreten, die relative Rich- tung der Randstrahlen und der Axenstrahlen umzukehren. Man begi'ftift leicht die Möglichkeit, dass bei einer bestimmten Form beider Linsen die einander gegenüberstehenden Neigungen derselben sich das Gegengewicht 46 Aplanatische Doppellinseti. halten, so dass durch die vereinigte Wirkung beider der Brennpunkt der Randstrahlen mit jenem der Axenstrahlen zusammenfällt. Ist in einer solchen Doppellinse zugleich die chromatische Aberration so viel möglich verbessert, dann nennt man sie eine aplanatische. Eine vollkommene Beseitigung der sphärischen Aberration in- dessen ist durch dieses Mittel eben so "^enig zu erreichen , als die voll- ständige Auf hebung der chromatischen Aberration, weil die Zerstreuungs- linse auf die Randstrahlen immer einen grösseren Einfluss ausübt, als auf die näher der Axe durchgehenden Strahlen. 64 Auf einen anderen Punkt dabei hat Li st er (Phil. Trans. 1830 p. 187) noch aufmerksam gemacht. Eine Doppellinse, die beim Durch- gange paralleler Strahlen vollkommen frei ist von beiden Aberrationen, wird es nicht mehr sein, sobald die Strahlen eine andere relative Rich- tung annehmen. Eine andere Doppellinse, die vollkommen aplanatisch ist, wenn von einem bestimmten Punkte ausgehende divergirende Strah- len auf sie fallen, wird weniger aplanatisch sich verhalten, wenn der leuchtende Punkt sich in einem anderen Abstände von der Linse befindet. Ist z. B. AB (Fig. 44) eine Doppellinse, durch welche die vom Punkte Fiiz. 44. a ausgehenden Strahlen ohne sphärische Aberration hindurchgehen, so wird für diesen bestimmten Punkt der Einfallswinkel acd, welchen der Strahl ac mit dem Einfallslothe cd bildet, in einem bestimmten Verhält- nisse stehen zu dem Austrittswinkel e/gr, welchen der Strahl nach dem Durchgange durch die Linse mit dem Einfallslothe ef bildet. Dieses Verhältniss des Einfallswinkels zum Austrittswinkel ändert sich aber, so- bald der Punkt a der Linse näher rückt: der Einfallswinkel wird grös- ser, der Austrittswinkel kleiner, und damit erleidet auch der gegenseitige Einfluss, welchen die Linsen in Betreff der sphärischen Aberration auf einander ausüben, eine Veränderung. Der Einfluss der concaven Flint- glaslinse wird überwiegend, und es entsteht somit eine überverbes- serte Aberration. Rückt der leuchtende Punkt der Linse immer näher, bis er in b an- Apianatische Brennpunkte. 47 kommt, dann ist der Austrittswinkel kml (um Verwirrung zu vermeiden, ist er auf der anderen Seite gezeichnet) gerade um so viel kleiner als der Einfallswinkel blii^ als bei der früheren Lage in a der Einfallswinkel dem Austrittswinkel an Grösse nachstand. In diesem Falle wiegt der Eintiuss der einen Linse jenen der anderen wiederum auf, und für den Punkt b wirkt die Doppellinse gleich aplanatisch wie für den Punkt a. Bei stärkei'er Annäherung an die Linse wird das Verhältniss zwi- schen den beiden Winkeln wieder abgeändert, die Aberration bleibt aber nun eine unterverbesserte. Das Nämliche gilt auch für den Fall, wo der leuchtende Punkt jenseits a zu liegen kommt. Für jede aplanatische Doppellinse giebt es also nur zwei Punkte, wo die Beseitigung der Aberration eine möglichst vollkommene ist. Lister hat diese beiden Punkte als aplanatische Brennpunkte be- zeichnet. Weiterhin werden wir sehen, welche Anwendung hiervon bei der Verfertigung von Mikroskopen zu machen ist. Es wird sich alsdann auch zugleich herausstellen, dass, wenn man zwei oder mehr aplanati- sche Linsen zu einem Linsensysteme verbindet, eine noch vollkommenere Beseitigung der Aberration erreicht werden kann, als dies je durch eine einzige Doppellinse möglich ist. Zweiter A b s c li n i 1 1. Optische Kraft des menschlichen Auges und ihre Grenzen. 65 Sobald das Auge über das Mikroskop zn stehen kommt und hindurch sieht, machen beide zusammen nur einen einzigen optischen Apparat aus. Eine Theorie des Mikroskops und des mikroskopischen Sehens ist deshalb nicht möglich ohne gründliche Kenntniss der Organi- sation des Auges und der Art und Weise, wie die Gesichtsbilder auf der Netzhaut entstehen. Da aber das Sehen mit blossen Augen in allen phy- siologischen Handbüchern abgehandelt wird, und die Bekanntschaft da- mit beim Lesen vorausgesetzt werden darf, so übergehe ich es hier mit Stillschweigen. Eine Frage indessen bedarf hier einer ausdrücklichen Untersuchung, welche Grenzen nämlich das Sehen mit blossem Auge unter verschiede- nen Umständen findet. Die Beantwortung dieser Frage ist schon darum wichtig, weil sie mit der anderen, späterhin besonders zu erörternden Frage in directer Beziehung steht, wo das optische Vermögen des Mikroskopes seine Grenze findet; sie ist aber auch noch aus einem anderen Grunde von Bedeutung, weil nämlich mancherlei Umstände, welche auf die Wahr- nehmung der Objecte durch das blosse Auge einen günstigen oder un- günstigen Einfluss üben, auf die Wahrnehmbarkeit der mikroskopischen Ob- jecte einen ganz ähnlichen Einfluss äussern. oa Bekanntlich besitzt das Auge die Fähigkeit, sich der Entfer- nung anzupassen, in welcher die Objecte sich befinden. Dieses Accom- modationsvermögen hat aber seine Grenzen, und diese sind nicht die nämlichen für verschiedene Augen. Manche können ihre Augen nur für solche Stralilen accommodiren, die mit einem verschiedenen Grade von Divergenz auffallen , andere können abwechselnd parallele und divergi- Normale Sehweite. 49 rende Strahlen in ihi' Auge aufnehmen und zu einem scharfen Netzhaut- bilde vereinigen; noch andere besitzen dieses Vermögen zwar für paral- lele Strahlen, aber nicht mehr für solche, die mit stärkerer Divergenz von näher liegenden Gegenständen ausgehen, weil sie Presbyopen sind. Endlich kommt selbst der Fall vor, dass das Auge für convergirende Strahlen sich zu accoramodiren im Staude ist, also hyperpresbyopisch wird. Man redet häufig von einer bestimmten Entfernung des Auges, bei welcher das Sehen am deutlichsten ist. Diese Entfernung hat man wohl selbst die Brennweite des Auges genannt, und wir werden weiterhin sehen, dass sich auch die Berechnung des Vergrösserungsvermögens der Mikroskope darauf stützt. In der Wirklichkeit findet sich aber solch ein bestimmter Augeuabstand nicht vor, so wenig als in der Camera obscura eine bestimmte Distanz zwischen dem Objecte und der Linse vorkommt. Es ist daher immer ein vergebliches Bemühen, wenn man diese sogenannte normale Sehweite oder den normalen Deutlichkeitsabstand bestimmen will; für ein Auge, welches durch das Accommodationsvermögen befähigt ist, genaue Netzhautbilder von Gegenständen zu erhalten, mögen diese 10 Meter oder mögen sie nur ^/lo Meter entfernt sein, ist die Sehweite von 10 Metern eben so normal wie jene von i/jo Meter. Die normale Sehweite bewegt sich also immer zwischen bestimmten Grenzen, und diese sind ganz identisch mit jenen des Accommodationsvermögens. Um die normale Sehweite zu ermitteln , hat man sich vornehm- 67 lieh solcher Verfahrungsweisen und Apparate (der Optometer nämlich) bedient, die sich alle auf den Seh einer 'sehen Versuch stützen, wonach ein Gegenstand, z. B. eine Nadel, die sich nicht in der gehörigen Entfer- nung befindet, doppelt gesehen wird, wenn man durch zwei kleine Oefi- nungen darauf hinblickt, deren Entfernung von einander kleiner ist als der Durchmesser der Pupille. Man hat ein doppeltes Bild des Gegen- standes, wenn das Auge soweit davon entfernt ist, dass auf der Netzhaut ein Diffusionsbild entsteht, und einfach erscheint der Gegenstand, wenn er gerade weit genug entfernt ist, dass die Vereinigungspunkte der Strah- len auf die Netzhaut fallen. Aus den gleichen Gründen wird ein weisser Faden, der über eine schwarze Leiste gespannt ist und durch jene zwei kleinen Oeffhungen angeschaut wird, doppelt erscheinen, und die beiden scheinbaren Fäden kreuzen einander an einem bestimmten Punkte, der dann die Entfernung der normalen Sehweite bezeichnen soll. Auf diese Weise *) habe ich bei *) Diesem Optometer habe ich vor dem mehr zusammengesetzten Stampfer'schen den Vorzug gegeben, weil durch Anwendung des letzteren das Auge weit mehr angegriffen wird und auch der Punkt schwerer wahrzunehmen ist, wo die beiden Bilder zusammenfliessen. Deshalb erhält man auch mit diesem Optometer in der Regel zu niedrige Werthe. So erhielt z. B. A bei zehn Beobachtungen als Minimurn 0,137 und als Maximum 0,1C7 Meter Entfernung, als Mittel aber 0,1495 Meter. Hartiiig's Mikroskop. * 50 Normale Sehweite. fünf Personen, die alle mit mikroskopischen Untersuchungen vertraut, also ans Genausehen gewöhnt waren, folgende Bestimmungen aufgenommen, und zwar an jenem Auge, dessen sie sich vorzugsweise zur mikroskopi- schen Beobachtung bedienen. Ä und Ab bezeichnen dieselbe Person, Ab ist aber mit der Zerstreuungsbrille bewaffnet, die er als Myope ge- wöhnlich zu tragen pflegt. Die Zahlen sind in der Tabelle in der näm- lichen Folge eingetragen, in welcher die Messungen stattfanden, und sie bezeichnen Theile des Meters: A Ah B Max. 0,175 0,414 Max. 0,433 0,165 Max. 0,446 Min. 0,310 0,164 0,388 0,341 0,166 Min. 0,364 0,331 0,162 0,385 0,394 0,161 0,368 0,351 Min. 0,145 0,432 0,401 0,157 0,397 0,372 0,162 0,414 0,355 0,160 0,396 0,430 Mittel 0,1617 0,4004 0,3718 C D E 0,302 0,275 0,192 0,822 Max. 0,322 0,191 0,306 0,300 Min 0,146 Min. 0,224 0,305 0,245 0,306 0,272 Max. 0,328 0,280 0,265 0,285 0,332 0,270 0,280 0,323 0,250 0,295 0,303 0,235 0,295 Max. 0,341 Min. 0,232 0,297 Mittel 0,3039 0,2726 0,2554 Ich habe diese Zahlen absichtlich vollständig mitgetheilt, damit man sehen könne, wie sehr veränderlich der Accommodationszustand des Au- ges ist, und wie wenig mau sich selbst auf das Mittel aus einer grossen Anzahl solcher Messungen verlassen kann. Ein solches Mittel kann niemals als feste Basis für eine Berechnung benutzt werden, weil der wahrscheinliche Fehler zu gross ist. Höchstens können solche Mit- Grenzpunkte der Accomniodatlon. 51 telwerthe als Annäherungswerthe benutzt werden , wodurch einiger- maassen der individuelle Zustand des Auges und die Entfernung, in wel- cher dasselbe deutlich zu sehen gewohnt ist, sich ausdrückt. In diesem Sinne werde ich davon auch weiterhin Gebrauch machen. Eine richtigere Vorstellung hiervon sowie vom Accommodations- 68 vermögen des Auges würde man bekommen, wenn es möglich wäre, die Grenzen zu bestimmen, wo sich Objecte befinden müssen, wenn sie ein klares Bild ohne alle Diffusion auf der Netzhaut erzeugen sollen. Für jenen Punkt, der nach dem Auge zu als dieser Grenzpunkt sich darstellt, ist die Sache allerdings mit ziemlicher Sicherheit auszuführen. Bringt man das eine Ende eines Maassstabes gegen das Auge und schiebt nun auf demselben einen Gegenstand, z. B. eine Nadel, hin und her, so wird man nach dem Auge hin alsbald einen Punkt ausfindig machen, wo die Nadelränder nicht mehr ganz scharf erscheinen. Das Bild fällt dann nicht mehr auf die Netzhaut, sondern hinter dieselbe, und auf die Netzhaut treffen nur convergirende Strahlen. Der Moment aber, wo dies beginnt, ist leicht wahrnehmbar, weil das Diffusionsbild in solchem Falle rasch an Grösse und Ausbreitung zunimmt. Dieser erste Grenzpunkt oder Nähepunkt hatte bei den Perso- nen, auf welche sich die im vorigen Paragraphen enthaltene Tabelle be- zieht, folgende in Metern ausgedrückte Werthe: A Ab B C D E 0,100 0,175 0,135 0,120 0,168 0,125. Vergleicht man mit diesen Zahlen die mittlere Sehweite, so ergiebt sich allerdings wohl im Allgemeinen, dass einem Auge mit geringer mittlerer Sehweite ein Object auch stärker genähert werden kann, ohne dass dem- selben das Accommodationsvermögen entsteht; indessen verhält es sich doch nicht ganz ohne Ausnahme auf solche Weise. Wenn die Bestimmung des Nähepunktes keinerlei Schwierigkeiten 69 bietet, so verhält es sich anders mit dem zweiten Grenzpunkte oder dem Fernpunkte, wo überhaupt ein solcher vorhanden ist, bei Augen nämlich, die nur für divergirende Strahlen von nicht sehr entfernten Gegen- ständen accommodirt werden können. Entfernt man einen Gegenstand immer weiter vom Auge, so wird er zuletzt zwar in vielen Fällen auf einen Punkt kommen, wo die von ihm ausgehenden Strahlen sich nicht mehr auf der Netzhaut, sondern vielmehr vor der Netzhaut zu einem Bilde vereinigen, so dass nur divergirende Strahlen darauf fallen., wo- durch ein Diffusionsbild entsteht. Das Auffinden dieses Punktes fällt aber deshalb sehr schwer, weil der Gegenstand durch das Fernerrücken immer kleinere und kleinere Bilder im Auge erzeugt, die scheinbar noch die nämliche scharfe Begrenzung haben, wie früherhin, wo der Vereini- gungspunkt genau auf die Netzhaut fiel. Könnte man jedoch ein solches Netzhautbildchen eines entfernteren Gegenstandes mit einem Vergrösse- 4* 70 52 Irradiation. rungsglase betrachten, so dass es gleich gross erschiene, wie das Bild des innerhalb der Grenzen des Accommodationszustandes befindlichen Ge- genstandes, dann würde es ohne Zweifel durch seinen nebelartigen Rand in den meisten Fällen als ein Diffusionsbild sich zu erkennen geben. Die Sache lässt sich einigei'maassen deutlich machen, wenn man das Bild, welches durch eine vor einem Gegenstände gehaltene Linse geformt wird, auf einem Schirme auffängt. Befindet sich der Gegenstand zu- nächst in solcher Entfernung, dass das Bild auf dem Schirme vollkom- men scharfe Ränder besitzt, so wird man, wenn die Entfernung verklei- nert wird, auf der Stelle ein Diffusionsbild wahrnehmen, dessen Undeut- lichkeit rasch sich steigert, weil das Bild zugleich auch grösser Avird. Rückt man dagegen den Gegenstand weiter von der Linse, so hat man eine Zeit lang noch ein ziemlich scharfes Bild, das allmälig immer klei- ner wird; und wenn man es dann durch ein Vergrösserungsglas auf die frühere Grösse zurückbringt, so hat es nebelartige Umrisse. Dass für Augen, die gerade nicht myopisch sind, wii'klich ein solcher zweiter Grenzpunkt des Accommodationsvermögens existirt, wird sich weiterhin deutlich herausstellen. Aus dem Mitgetheilten ist aber ersichtlich, dass seine Bestimmung auf die für den Nähepunkt an- o-egebene Weise nur dann möglich ist, wenn dieser Fernpunkt sich nicht zu weit entfernt vom Auge befindet, also nur bei einem ziemlich be- deutenden Grade von Myopie. Für A lag derselbe bei unbewaffnetem Auo-e in einer Entfernung von 0,270 Meter. Es konnte demnach Ä durch .sein Accommodationsvermögen in der Strecke von 0,100 Meter bis 0,270 Meter mit vollkommenster Deutlichkeit sehen. Durch die Zer- streuungsbrille verrückte er den ersten Punkt auf 0,175 Meter. Jetzt ge- lang es ihm aber nicht mehr, den Fernpunkt zu bestimmen, obwohl durch die Brille nicht die geringste Veränderung in seinem Accommodations- vermögen erzeugt worden sein konnte. Sehr weit entfernte Gegen- stände, z. B. den Mond am hellen Himmel, sieht er mit ganz scharfen Rändern. Auf eine Besonderheit des Netzhautbildchens muss hier noch auf- merksam gemacht werden, da sie den Schlüssel giebt zur Erklärung einiger Gesichtserscheinungen. Blickt man auf einen Gegenstand, der stark leuchtet oder erleuchtet ist, so erscheint derselbe immer grösser als ein gleich grosser Gegenstand , der weniger oder gar kein Licht aus- strahlt oder reflectirt. Diese Erscheinung ist unter dem Namen der Ir- radiation bekannt und erklärt sich aus der seitlichen Ausbreitung des die Netzhaut treffenden Eindrucks. Das wirkliche Netzhautbild kann also ein sehr kleines sein im Verhältniss zu dem Stücke der Netzhaut, die an dem Eindrucke participirt. Das Bild eines Fixsterns z. B. ist fast als ein mathematischer Punkt zu betrachten und doch wird es vom Auge in einer gewissen Ausdehnung wahrgenonmen. Je nachdem die Lichtmenge, welche Von einem Gegenstande ausstrahlt, geringer ist, wird auch die L'radiation abnehmen; inuner aber findet sie in einem Kreuzungspunkt, Gcsichlawinkcl. 53 stärkeren oder scliwächeren Grade statt und sie muss deshalb den Mo- menten zugezählt werden, die eine Beschränkung im Unterscheidungs- vermögen des Auges bedingen, ungeachtet gerade hierdurch seine Per- ccptionsfähigkeit für schwache Eindrücke" sich steigert. Neben der Beschränktheit des Accomodationsvermögens und der 71 Irradiation giebt es noch andere allgemeine Ursachen, wodurch das Wahrnehmungsvermögen des Auges beeinträchtigt wird. Zuvörderst kommt hier die wirkliche und die scheinbare Grösse der Gegenstände in Betracht, welche letztere durch den Ge- sichtswinkel gemessen wird, unter welchem man die Gegenstände sieht. Gesichtswinkel oder Sehwinkel heisst jener Winkel, welcher durch die von den Enden eines Gegenstandes ausgehenden und sich in einem Punkte im Innern des Augapfels kreuzenden Strahlen gebildet wird. Jener Punkt heisst der Kreuzun gspunkt der Richtungsstrahlen oder Richtungslinien, und er bezeichnet eigentlich die mittlere Entfer- nung zweier nahe bei einander gelegenen Punkte, die den Namen der Knotenpunkte führen. Nach den Untersuchungen von Listing (Beitrag zur physiologischen Optik. 1845. S. 17) und von Volkmann (Wagner's Handwörterbuch der Physiologie. Art. Sehen, Bd. III. Abthlg. 1. S. 289) liegt der Kreuzungspunktgleich hinter der Krystalllinse, also etwas vorder- halb des Mittelpunktes oder Drehpunktes des Augapfels. Volkmann fand seinen mittleren Abstand von der Vorderfiäche der Hornhaut =9,93""", von der HinterJääche der Linse =0,93™", von der Netzhaut = 14,02""". Moser (Dove's Repertorium d. Physik, Bd. 5, S. 364) fand die bei- den Knotenpunkte 7,98 und 8,19""" von der Hornhaut entfernt; das Mit- tel hieraus oder die Entfernung des Kreuzungspunktes ist 8,085""" , und dann beträgt die Entfei'nung von der Netzhaut 15,865""'. Listing setzt die letztere in runder Zahl = 15"". Es versteht sich aber von selbst, dass dieser Abstand ein veränderlicher ist, nicht bloss bei verschiedenen Individuen, sondern auch nach dem wechselnden Accommodationszustande des Auges, daher auch diese Zahlen nur als annähernde betrachtet wer- den können. Dass die Grösse des Netzhautbildchens von dem Gesichtswinkel ab- 72 hängig ist, unter welchem man den nämlichen Gegenstand wahrnimmt, ist aus Fig. 45 (a. f. S.) ersichtlich. Befindet sieh der Gegenstand zwischen a und ^, dann ist aob der Gesichtswinkel, und das Netzhautbildchen liegt zwischen b' und a'. Bringt man den nämlichen Gegenstand in eine dreimal geringere Entfernung von dem Kreuzungspunkte nach cd^ dann ist der Gesichtswinkel cod sowohl wie das Netzhautbildchen d'c' dreimal grösser als wo der Gegenstand in ab befindlich war. Besässen nun alle Augen ein gleiches Accoramodationsvermögen und wäre die Netzhaut stets gleich empfänglich für Gesichtseindrücke, dann würde auch die kleinste Grösse, bei welcher Gegenstände noch wahrgenommen werden können, für alle Augen gleich sein. Dies ist in- 54 Kleinste sichtbare Objecte. dessen nicht der Fall, vornehmlich deshalb, weil die Grenzpunkte des deutlichen Sehens für jedes Auge verschieden sind. Fig. 45. 73 I^iö Frage nach den kleinsten noch mit blossem Auge wahrnehm- baren Objecten ist nicht ohne Bedeutung für die Theorie des Mikro- skops. Ihre Beantwortung wird uns weiterhin auch als Maassstab die- nen , um die Wirkung dieses Instruments zu beurtheilen. Nur ist diese Beantwortung nicht leicht mit vollkommener Genauigkeit möglich, da es an Mitteln fehlt, den Durchmesser eines Gegenstandes dergestalt stufen _ weise zu vermindern, dass der Moment, wo er verschwindet, mit Be- stimmtheit sich festsetzen Hesse. Ich werde im Folgenden die Resultate zweier bezüglichen Versuchs- reihen mittheilen. Bei der ersten Reihe wurden kleine undurchsichtige Objecte benutzt und zwar von verschiedener Grösse, die einigerraaassen wenigstens die Grenzen ihrer Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit für die Au- gen verschiedener Personen zu bestimmen erlaubten. Bei der anderen Versuchsreihe wurden statt wirklicher Objecte nur deren dioptrische Bild- chen benutzt, die den grossen Vorzug vor den wirklichen Objecten vor- aus haben, dass ihre Grösse willkürlich abgeändert werden kann. 74 Zuerst wurden Pollenkörnchen von verschiedenen Pflanzen zwi- schen zwei vollkommen gereinigte Glasblättchen in der Weise einge- schlossen, dass die einzelnen Körnchen isolirt waren; alle Körnchen wa- ren aber ziemlich kugelrund, weiss und undurchsichtig. Die nachfolgen- den Bestimmungen wurden bei durchfallendem Lichte aufgenommen, weil die meisten mikroskopischen Beobachtungen bei diesem Lichte angestellt werden, und weil man bei ihm auch weniger Gefahr läuft, durch Irra- diationserscheinungen beirrt zu werden, als bei auffallendem Lichte. Um stets den gleichen Beleuchtungsgrad zu haben, wurden alle Beobachtungen beim Lichte einer Argand' sehen Lampe angestellt, die hinter einem matt geschliffenem Glase stand, 1 Meter von dem Objecte entfernt. Die Entfernung dieses letzteren vom Auge war eine solche, bei welcher der Beobachter dasselbe am besten sehen konnte. Die Grösse der Objecte ist auf Tausendtheile des Millimeters berechnet. Kleinste sichtbare Objecte. 55 Mittlere Sehweite in Metern. Nähepunkt in Metern. Wahrnehmbare Objecte. Nichtwahrnehmbare Objecte. A 0,1G2 0,100 23 Mnim. = 7,^,5 •""" — Ab 0,400 0,175 4G .. = 'Als 41 Mmm. = 724,1"'" B 0,372 0,135 40 » = %5 37,5 » = 727 C 0,304 0,120 37,5 -. = %7 32 » = 731,3 D 0,273 0,1C8 4G » = %,,5 41 » = %,.. E 0,255 0,125 25,5 » = 739,2 23 » = 7«,5 Für die Augen der fünf Persoiien, welche diese Versuche anstellten, stellte sich also 1/21,5 bis 743,5""' ^^^ ^i® Grenze der Wahrnehmbarkeit runder oder kugelförmiger Körperchen heraus. Vielleicht ist die letztere Zahl selbst noch etwas zu gross, da sie den Durchmesser der kleinsten zur Untersuchung gekommenen Pollenkörnchen angiebt. Nicht immer correspondiren grössere Kleinheit der wahrnehmbaren Objecte und stär- kere Annäherung des Nähepunktes mit einander; bei C und D zeigt sich ein umgekehrtes Verhältniss, was beweist, dass hier in der Empfindlich- keit der Netzhaut eine Verschiedenheit obwaltet. Als Regel darf man aber allerdings annehmen, dass die Fähigkeit, kleinste Objecte wahrzu- nehmen, mit der Accommodationsfähigkeit für kleine Entfernungen zu- nimmt. Da nun Myopische im Allgemeinen diese Art der Accommoda- tion im stärksten G-rade besitzen, so vermögen sie auch kleine Objecte viel schärfer zu unterscheiden, als Personen, deren Augen diese Fähigkeit , in einem geringeren Grade besitzen. Es ist darum wohl mit Sicherheit anzunehmen, dass ein stärker myopisches Auge, als das von ^, auch noch kleinere Gegenstände wahrnehmen kann. Hueck (Die Bewegung der Krystalllinse. Leipzig 1841, S. 7) gedenkt des Falles, wo für ein Auge der Nähepunkt 20""™, der Fernpunkt 74°"" betrug. Ein solches Auge würde, vorausgesetzt, dass es sich sonst in einem guten Zustande befin- det, einen fünfmal kleineren Gegenstand, als das Auge von A, noch zu erkennen im Stande sein, also einen Gegenstand von nur 1/217"" Durch- messer, oder einen solchen, der merklich kleiner wäre als ein Blut- körperchen. In der "Wirklichkeit geht aber das Wahrnehmungsvermögen des 75 blossen Auges noch weiter. Körper, die im Verhältniss zu ihrer Dicke sehr lang sind, wie Draht oder Haare, werden mit grösserer Leich- tigkeit gesehen, als viereckige oder runde Körperchen von gleichem Durchmesser. Der Grund dieser Verschiedenheit ist in dem simultanen Eindrucke zu suchen, den die Netzhaut dann auf vielen Punkten ihrer Oberfläche empfängt, also in der Summe der -vdelen Partialeindrücke. In der That habe ich keine derartig geformten natürlichen Objecte ausfin- dig machen können, die nicht mit blossem Auge zu sehen wären. Ein L 50 Kleinster Gesichtswinkel. Spinnewebfaden von V^^^;""" Durchmesser in dem Rohre eines Mikroskops, dessen Gläser weggenommen waren, einem durch eine Argand'sche Lampe beleuchteten matten Glase so gegenüber gestellt, dass gar keine Reflexion*) an den Rändern des Fadens stattfand, wurde noch deutlich von Allen wahrgenommen. In dieser Dicke hat man also noch nicht die Grenze für die Fähigkeit, draht- oder haarförmige Körper mit blossem Auge wahrzunehmen**). 76 Der Gesichtswinkel***) ist natürlich ein sehr kleiner, unter wel- chem solche kleine Objecte gesehen werden. Die früheren derartigen Beobachtungen von Jurin, Smith, j\[ayer findet man zusammengestellt bei Priestley (History and present State of discoveries relating to vision^ light and colours. 1772, p. 678). In neuerer Zeit haben Treviranus (Beiträge z. Anat. u. Phys. der Sinneswerkzeuge S. 31), Valentin (Physiologie Bd. 2, S. 331), Harris {Machenzie' s Physiology of Vision p. 146) und besonders Hu eck (Bewegung der Krystalllinse S. 14 und Müller's Archiv 1840. S. 82) Beobachtungen über die kleinsten Gesichts- winkel angestellt. Wenn dadurch keine übereinstimmenden Resultate er- zielt -worden sind, so liegt dies einestheils daran, dass jenes Werkzeug, welches zu den Beobachtungen benutzt werden rauss, das Auge nämlich, so verschiedenartig ist, anderntheils auch daran, dass das Resultat durch Nebenumstände, namentlich durch die Art der Beleuchtung, mehr oder weniger erheblich abgeändert wird. 77 Es scheint mir deshalb nicht unpassend zu sein, wenn ich im Fol- genden die Resultate einer Reihe eigener Untersuchungen über diesen *) Sobald Reflexion stattfindet, wird der Faden in Folge der Irradiation viel sicht- barer. Jedermann weiss, wie leicht ein Spinnewebfaden im Sonnenlichte erkannt wird. Den erwähnten Faden, wenn er sich gerade in der Axe des Roh/s be- fand, konnte A noch bei 0,192 Meter Entfernung sehen. Kam er aber 7™™ seit- lich von der Axe za stehen, wo dann Reflexion an seiner Oberfläche stattfand, so konnte diese Entfernung auf 0,.5G0 Meter vergrössert werden. *) Jn meiner Schrift: Recherches microm^triques S7ir le divdoppement des tissvs et des organes humnins. 1845, p. 2 , gab ich an. ein Spinnewebfaden von '/700'""' Dicke sei noch sichtbar. Da ich damals nicht, wie .ietzt, alle Sorgfalt verwendet hatte, um Reflexion und die hierdurch bewirkte Irradiation zu vermeiden, so ist oben nur die mit Ausschluss der Irradiation bewirkte Wahrnehmung angegeben. In- dessen zweifle ich nicht daran, dass noch viel feinere Fäden sichtbar sind. *) Die Grösse so kleiner Gesichts%vinkel in Secunden, die hier allein in Betracht kommen, lässt sich, wenn die Entfernungen und die Grösse des Objects in Tau- sendtheilen des Millimeters ausgedrückt werden, auf sehr einfache Weise nach der Formel ^ 1C2000 d ^ ^ - „ „ , r '^ berechnen, wo Q den Gesichtswinkel, a die Entfernung des Objects von der Horn- haut, d den Durchmesser des Objects und b die Entfernung des Kreuzungspunk- tes der Richtungsstrahlen von der Hornhaut bedeutet. Es gründet sich diese Formel, die ich meinem verstorbenen Freunde Wenckebach verdanke, auf die Annahme, dass bei sehr kleinen Bogen die Tangente und der Bogen beinahe gleich lang sind. Kleinster Cresichtswinkel. 57 I Punkt rnittheile. Zu diesem Zwecke zweier Reihen von Körperchen bestimmt ICörperchen von ziemlich kugelförmiger li^en solche Objecte, bei denen die 25 bis ^chiedenes Uebergewicht über die Breite lieser Körper mit vorwaltender Länge :i ij;egeben worden. wurden zunächst die Grössen die erste Reihe begreift lauter Gestalt, die zweite Reihe dage- 30"'"' betragende Länge ein ent- hat. Wo nöthig, ist die Dicke n drei verschiedenen »Stellen an- a) Kugelförmige Objecte. H=: Durchmesser in Tausend- 1 iheilen des Millimeters. [ Farhe. a .3 'S Mittlerer. 1. Körnchen von Perlsago Weiss 1540 14G0 1500 = 1% """ 2. rollenkörnchen von Lavatera alba . . . Weiss 181 175 178 = %,r 3. '? 1 , Mirabilis Jalappa . . Gelb 174 171 172,5 = V-o,s 4. „ 1 )i )) • • Gelb IGl IGl 161 = 76,8 "5. ,, , ,) 51 • • Gelb 143 140 141,5 = y,. fi. „ , Lavatera alba . . . Weiss 143 140 141,5 r= Vr.i 7. )) , Mirabilis Jalappa . . Gelb 141 132 136,5 = %,3 8. ») ) , Cucurbita Pepo . . . Gelb 134 130 132 = %,, 0. M , Mirabilis Jalappa . . Gelb 118 117 117,5 = %,, 10. „ , Dipsaciis pilosus . . Weiss 80 78 79 = Vn,. 11. r . Canna indica . . . Gelblichweiss Gl GO 60,5 = Vi,,, 12. ,, , Salvia bracteata . . Gelblichweis s Gl 50 55,0 ^=: /lg 1^. „ , Phlox paniculata . . Weiss 48 45 46,5 = %,,, 14. )> ,, Campanula rapuncu- loides Weiss 42 40 41 = %.:4 15. „ , Dahlia MarTcii . . . Gelb 43 37 40 1= %, IG. Sporidie von Li/ copodium clavatum . . . Gelb 39 3G 37,5 = %7 17. Folienkörnchen ^ i^on JEr^thrina crista galli Gelb 33 31 32 = /3l,3 18. n „ Delphinium hirsutum . Gelb 29 2G 27,5 = Vse,. 19. „ „ Antirrhinum majus . Weiss 35 IG 25,5 r=: /39,2 20. 11 „ Clematis cylindrica , Weiss 24 22 •.-^3 = V,,,, 58 Kleinster Gesichtswinkel. b) Objecte, bei denen die Länge ein entschiedenes Uebergewicht über die Breite hat. Durchmesser in Tausendtheileu des Millimeters. 'S ö Mittel. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. IC. Messingdraht Desgleichen Desgleichen Desgleichen Haar vom Löwen „ „ Leoparden „ „ Menschen „ von der Katze „ vom blauen Fuchse . . . • . Faden vom Seidenwurme *) .... Haar vom hlauen Fuchse ,, „ Kaninchen „ „ Mus laniger Desgleichen Faden eines Schraubenmikrometers **) Spinnewehfaden***) 87 CO Gl 42 33 IG 13 10 13 82 78 G8 43 36 20 14 17 12 279 227 194 91 84 G8 G3,4 46,3 37,0 25,3 17,7 14,7 13,7 13 9,5 2,1 Vis Vi. Vi« 1/ /■iO /sg 78 Mit diesen beiden Objectreihen wurden nun die Beobachtungen in fol- gender Art angestellt. Bei auffallendem Lichte wui'den die Objecte auf einen schwarzen Grund gelegt. In den meisten Fällen jedoch wurde, wie aus den Tabellen ersichtlich ist, durchfallendes Licht benutzt. Zur Beleuch- tung des Gesichtsfeldes wurde, die in den Tabellen angedeuteten Fälle ausgenommen, eine Arg and' sehe Lampe benutzt, deren Flamme so ge- regelt wurde, dass ihre Lichtstärke für jede Beobachtungsreihe die näm- liche war. Die Flamme war durch ein matt geschliffenes Glas gedeckt, und in einiger Entfernung von diesem stand ein Diaphragma mit einer 3 Centimeter grossen Oeffnung vor der Mitte der Flamme. Die Noth- wendigkeit eines solchen gleichförmigen Beleuchtungsgrades wird sich *) Grösster Durchmesser 29 Mmm., kleinster Durchmesser 23 Mmm. **) Grösster Durchmesser 10 Mmm., kleinster Durchmesser 8,8 Mmm. ••*) Grösster Durchmesser 2,5 Mmm., kleinster Durchmesser 1,9 Mmm. Kleinster Gesichtswinkel. 59 alsbald herausstellen. Das Object war zwischen zwei reine Glasblättchen eingeschlossen und befand sich auf einer passenden Unterlage in gleicher Höhe mit der Oeffnung des Diaphragma. Vor dem Objecte befand sich das horizontale Rohr eines Mikroskops, aus dem die Gläser herausge- nommen waren, in der Weise, dass das Object in der verlängerten Axe des Rohrs gelegen war, welche Verlängerung zugleich durch die Mitte des Diaphragma und der Flamme ging. Der Beobachter hatte noch ein anderes Rohr vor dem Auge, welches stets auf das Object gerichtet blieb, und entfernte sich langsam von diesem, bis dass es ganz ver- schwand. Hierauf bewegte er sich wiederum vorwärts, bis er eine Spur des Objects wahrnahm, und nun wurde dessen Entfernung vom Auge geraessen. Aus dem bekannten Durchmesser des Objects und der ge- fundenen Entfernung wurde dann der Gesichtswinkel berechnet, indem noch 10°"" hinzugerechnet wurden für die Entfernung vom Kreuzungs- punkte im Auge bis zur äusseren Oberfläche der Hornhaut. Die erste Tabelle giebt die Beobachtungen über Sichtbarkeit der in der ersten Objectreihe verzeichneten runden oder kugelförmigen Kör- perchen. Die Entfernungen, in denen dieselben eben noch wahrgenom- men werden, sind in Metern ausgedrückt, die Gesichtswinkel aber in Se- cunden. Beobachter sind die bereits früher (§. 67) angeführten Individuen Ä, Ab, B, C, D und E. Es hat aber A mit allen 20 Objecten ohne Aus- nahme experimentirt, während die Versuche der übrigen sich nur auf einige von diesen 20 Objecten erstreckten. Deshalb werden die letztern gleichsam anhangsweise beigefügt. Die zweite Tabelle enthält die Beobachtungen über Sichtbarkeit der in der zweiten Objectreihe verzeichneten Körper, die 100 bis 12000 mal so lang als breit sind. Die Beobachtungen sind beim durchfallenden Lichte einer Argand'schen Lampe angestellt, die sich in 1 Meter Ent- fernung von den Objecten befand. Die Entfernung des Auges ist hier ebenfalls in Metern und der Gesichtswinkel in Secunden ausgedrückt. r,o Kleinster Gesichtswinkel. 02 a - julicht h ein weisse pier !Ct.irt. sc ce 3 c^ 3 M -*i^niM.--t"t^oao ■M 00 0 CC 0 0 • 3 S 1 COO05r-35'>4a0 1 , , , i-i CO «C 00 t^ et . & < ■^•*"*CCtJ 0 0 0 0 -ö ^ -^ ll -c 2 ^ , . ^ 1 C^ , ^1 1 . ö ^ , , « , , 00 , Ol 1 0-. •" •" »* •- 1 •- •- 1 •■ S •S S 1 .-1 1 1 lO 1 1 1 ■* t-H 1 1 CO 1 1 00 1 eo 1 t~ _£5 u c CO -^ c~ 0 >n •»!< CO !>!•>) (M :j 0 1? 0 'J5 " I^ ^ *^ ■■" »==1 OD ^ 3 .- i 13 g '■:> 0 Oi 1^ CO 0 eo 0 ^ 3 ^ br SP 1 0 1 1 - > 0 '■5 3 "^ cT d~ o^o" '0 00 0 ■t; M '3 .2 3 ^ t» ^ / a, 1 1 1 1 -^ CO 00 -M f- CO 1 « 1 L.~__.n^>o cs^-o^u^if5_m 1 1 1 1 C»l_ CO_ CO CO IM^ CO_ 1 X 3 "ti w; cT 0" 0' 0 0" 0" o" o" 0 0 0 0 o'o" ,-^ 0 X ^ "3 •ä fe 3 iO kO lO »Ä iC lO »i^ lO iO iO iC u 5 - 2 0 00 'Tl 1-1 rl .-1 CO 'M l- Ol OlftCOi-HOt^Mt^lft eo 0 1- t^ --0 T)l -»jt C5 CO r-i t- CDO-^- 0 . " o OS CO 1>- CO c-^ CC 1 » 1 1 ^1 O " CO o -* in -* CO -f -+ C) CO CO '^.^ s cn "^ o o o o QC o QC CC 12 ■"S '5 S J,n ^ a 3 <1 in in^ 1 c- 1 -*_ CO !M 1 CN 1 1 1 l 1 5 -"^ CO o c^ ^ o O o O " c i 1 1 1 « ^1 1 1 1 1 1 5f in~ ^ 1 co" 1 1 1 1 '^ OT .n '^ ■^ '^ CO CO •* o 02 o , J^ i -S CT- irt lO >n o o (M in ,_ n in 1 T-i I 1 1 -t-^ -r; T-H CD c^ CO >o -* CO_ l^i 1 1 1 5 '"5 CO o O o <£ o o" o - a -^ « lO in in in_ in in^ in_ in U cc "• ^ o CO G^ T— 1 rH CO t^ OS o in" co~ t— 1 o t^ - ^ o ^ I>- CD ^ CO ^ t— CO in '^ -* 'Ci* CO ^ - S cT _j f— 1 !M c^ •* CO t^ o o 1— t -M CO •^ in CS O <-~ t^- ö 'S" « R a ß 5; R R ft R ß s Ä ^ O '■/r. 55 G2 K Jeinster Gesichtswinkel. ö 1 , , , >- ."S |1 . in o o_ cb_ ^ i-^ 1 ö 1 \ 1 1 o" ^^ (?r ift" 1 l lO ■*" 1 ^•" 1 1 k; (N S ä 'ä 1 IS o o in o CN O 00 t- F— J CO ^ tß ^ 1 ■^ c> in 00 , , CS a> 1 '^ , 1 1 1 1 1 -. 2- ■-J. o 1 1 cs^ es^ 1 ^.- 1 1 E ■- 1 1^ r-T <£ O O o CO CO t- , c^ 1 1 1 '^ ■^ O oT So^ ^ o^ cd" oT otT t^ in o in CO~ eo" eo" im" *r 1 1 (M U CO o fi 1 a> o ■<*< o o o o o in 00 o 00 -* o ■r ijf 1 ^ ^ o O CO j^ CT o- £ 1 ü o o o o o o o o o o c- in c^ 53 t£ &D lO in o , •* 1 <=^ 00 C5 CS ;_ =t 1 cs^ (M, o^ CS -( OH o" 2 1 (V .» © in in o O o o in o O •* 00 lO I-t ^— ' w CO QO CS (M >-( t^ CO o in ,-c 00 Oi o (N *^ ü « tD ä= t~ co_ o ^^ !-<_ C5_ 00_ 05_ eo^ tH O oo^ o> o> lO. I 's .^ a c ^ CO cö" CO cb oo 0* f- ö in cb ^ 00 00 ^- in w *J- ^ ^ -±^ ■- H CO t^ lO t» 05 O CS ), die nicht myopisch sind. Diese auf den ersten Blick einander widersprechenden Thatsachen lassen sich meines Erachtens so erklären, dass das Accommodationsvermögen nicht eigentlich dahin wirkt, das Auge in einen Zustand zu versetzen, wobei das Bild genau und scharf auf die Netzhaut fällt, sondern nur jenen Zustand herbeiführt, wobei das Object am besten wahrgenommen wird. Es kann also ein Object so klein sein, dass ein vollkommen scharfes Bild desselben keinen Eindruck auf die Netzhaut zu machen vermag, und wenn man es dem Auge soweit nähert, dass sein eigentliches Bildchen etwas hinter die Netzhaut kommt, kann die letztere durch ein Bündel convergirender Strahlen, dessen Durchschnitt das Bildchen an Grösse überti-ifft, derge- stalt getroffen werden, dass noch ein Eindruck dadurch zu Stande kommt. So kann also ein Object doch noch gesehen werden, dessen scharfes Netzhautbildchen wegen seiner Kleinheit nicht mehr wahrnehmbar ist. Es erklärt sich hieraus auch noch eine andere Erscheinung, cy die ein jeder bei solchen Beobachtungen an sich selbst wahrnehmen kann. Ist nämlich der Blick auf einen Gegenstand gerichtet, der klein genug ist, dass seine Sichtbarkeitsdistanz noch innerhalb der Grenzen des Ac- commodationsvermögens liegt, und entfernt man sich langsam weiter von diesem Gegenstande, dann verschwindet derselbe nicht auf einmal aus dem Gesichte, sondern vor dem Verschwinden wird er 'erst breiter und 5* G8 Kleinste Netzhautbildchen. nebelartig, d. h. er erzeugt ein DifFusionsbild auf der Netzhaut. Da dies nun schon in einer Entfernung geschieht, bei welcher sich noch ein voll- kommen scharfes Bild grösserer Gegenstände auf der Netzhaut bilden kann, so sieht man hieraus wiederum deutlich, dass das Auge den em- pfangenen Eindruck gleichsam festzuhalten sucht, indem es den Ver- einigungspuukt der Strahlen etwas verrückt, und dass die grössere Exten- sion des alsdann entstehenden Diffüsionsbildes doch noch einen Eindruck ermöglicht, obwohl in der Empfänglichkeit der Netzhaut für das vollkom- men scharfe aber kleinere Bildchen bereits die äusserste Grenze erreicht wurde. Durch diese Wahrnehmungen lernen wir eine beachtenswerthe Eigenthümlichkeit in der Benutzung des blossen Auges zum Sehen kennen, für die wir weiterhin in der mikroskopischen Wahrnehmung eine Bestäti- gung finden werden. 88 Angenommen, das Bildchen liegt in dem Augenblicke, wo der Ge- sichtswinkel am kleinsten ist, genau auf der Netzhaut, so wird man aus der bekannten Grösse des Objects, aus dessen Entfernung vom Kreuzungs- punkte der Richtungsstrahlen und aus des letzteren Entfernung von der Netzhaut leicht die Grösse des kleinsten noch sichtbaren Netzhautbild- chens berechnen können, und zwar durch ein einfaches Regeldetriexempel, wie man aus Fig. 45 (S.54) ersieht. Der Durchmesser des Netzhautbildchens de nämlich ist = — j— ä' ^"^^ "^ die Entfernung des Auges vom Objecte, b die Entfernung vom Kreuzungspunkte bis zur Hornhaut, e jene vom Kreu- zungspunkte bis zur Netzhaut und d den Durchmesser des Objects be- zeichnet. Solche Berechnungen haben Hueck (MüUer's Archiv 1840, S. 86), Valentin (Lehrb. d. Phys. Bd. 2, S. 427), Volkmann (Neue Beiträge zur Phys. des Gesichtssinnes, S. 202 u. Wagner's Handwörter- buch, Art. Sehen, S. 333 — 33.5) und Andere ausgeführt, und durch Ver- gleichung des gefundenen Durchmessers mit den die Netzhaut zusam- mensetzenden Elementen stellte sich heraus, dass die kleinsten wahrnehm- baren Netzhautbildchen viel kleiner sein können, als diese Netzhautelemente. Aus einigen Daten in den Tabellen sind folgende Durchmesser der entsprechenden Netzhautbildchen nach dieser Methode berechnet, wobei der Abstand des Kreuzungspunktes von der Netzhaut im Mittel zu 14 Mil- limeter angenommen worden ist. Kleinste Netzhautbildchen. C9 Durchmesser Durchmesser des des Objects Netzhautbildchens in Mmni. in Mram. Tabelle I. A. Nr 18 g 27,5 1,58 V mm „ A. 18 e 27,5 1,89 ^^^ /s.io 11 B. 10 79 2,03 ^^^ /490 1) B. 15 40 2,G4 ^= /38O 11 c. 12 55,5 1,G2 ^-^ Azo '1 C. 13 4G,5 2,59 ^^= /spo 11 c. 14 41 3,30 /3OO 11 c. 15 40 4,G7 ^^ All 11 c. IG 37,5 5,00 ^=^ . /200 11 II. A. IG 2,1 0,15 ^^^ Aeee 11 II. Ab. 13 13,7 0,21 ^^^ Aaoo 11 II. B. 10 25,3 0,1G ^^^ A250 11 II. B. 13 13,7 0,59 ^^ A530 11 II. B. 14 13,0 0,6G ^ AbOO Aus dem früher Mitgetheilten ergiebt sich aber, dass dergleichen Berechnungen niemals genau sein können: denn erstens ist der Abstand des Kreuzungspunktes nicht für alle Augen der nämliche und derselbe unterliegt ausserdem durch die Wirkung des Accommodationsvermögens nothwendigerweise eine]' Stellverrückung, und zweitens muss die Annahme, dass das Bildchen sich genau auf der Netzhaut befand, nach den vorgän- gigen Bemerkungen in allen jenen Fällen, wo die Rechnung vorgenommen wurde, als eine unrichtige angesehen werden. Auch würde ich es für überflüssig erachtet haben, diese Ergebnisse hier aufzuzeichnen, wenn nicht gerade cius deren Vergleichung unter ein- ander ersichtlich wäre, dass die Basis, worauf die Berechnung beruht, unmöglich eine genaue sein kann. Bei B und C wird man nämlich be- merken, dass nicht die kleinsten sogenannten Netzhautbildchen eine etwa gleiche Grösse haben, vielmehr gerade die allerkleinsten Objecte (Tab. I. Nr. 13, 14. Tab. II. Nr. 13 bis 16) immer grössere und grössere Bildchen erzeugt haben. Dies erklärt sich nun sehr einfach aus dem be- reits Angeführten, dass die Stelle des wahren Bildchens solcher sehr kleinen Objecte sich eigentlich hinter der Netzhaut befindet. Der gefun- dene Durchmesser ist also nicht jener des Bildes, sondern des durch das convergirende Strahlenbündel getroffenen Netzhautabschnitts, und das sind wirklich die alleinigen Fälle, wo man die Grösse des den Ein- druck aufnehmenden Netzhauttheils mit Sicherheit berechnen kann, vor- 70 Kleinste Netzhautbildchen. ausgesetzt nämlich, dass man die Stelle des Kreuzungspunktes genau kennt. Nimmt man dies an, so ergiebt sich, dass der Durchmesser jenes Netzhauttheils, welcher den Eindruck aufnimmt, vom Durchmesser der Elementartheile der Netzhaut nicht so sehr abweicht, als Viele glauben. Die Nervenfasern der Netzhaut sind ^/looo bis ^/soo™" dick, und die stabförmigen Körper der dahinter liegenden Schicht, die wahrscheinlich mit den Nervenfasern zusammenhängen, sind noch etwas dicker. 89 Aber auch angenommen, das» jener Netzhauttheil , welcher den Eindruck empfängt und fortleitet, kleiner sein kann, als der Durch- messer seiner Nervenfasern, so liegt etwas Unwahrscheinliches darin, dass eine einzelne Faser, welche zwei oder mehr verschiedene Eindrücke empfängt, dieselben auch isolirt zum Bewusstsein sollte bringen können. Dies führt uns auf die Frage nach den Grenzen des Unter Scheidungs- vermögens des Auges. OiFenbar müssen diese Grenzen von jenen des eigentlichen Sicht- barseins verschieden sein. Denn wenn ein einzelnes Object ein Dif- fusionsbildchen erzeugt, so wird dieses Object noch wahrnehmbar sein können, wenn jenes Bildchen auch ziemlich breit geworden ist; befinden sich dagegen zwei solche Diffusionsbüdchen auf der Netzhaut, so fliessen diese schnell zusammen, und man glaubt nur ein einzelnes Object zu sehen. Deshalb machte es sich nöthig, auch hier die für verschiedene Augen bestehenden Grenzen aufzusuchen, und dies ist in zwei Beobachtungs- reihengeschehen, die in der nachstehenden dritten Tabelle verzeichnet sind. Zur ersten Reihe dienten verschiedene Sorten eines Messingdraht- geflechtes, das ganz matt, ohne den mindesten Glanz war. Auch bei diesen Versuchen wurde dem durchfallenden Lichte einer Argand'schen Lampe der Vorzug gegeben, und im Ganzen wurde auf dieselbe Weise vertähren, wie es weiter oben (§. 78) für die Bestimmung der Sichtbar- keitsentfernung angegeben worden ist. Unterscheidbarkeit der Gesichtseindrücke. 71 ^ [ -Silvia 1 \ S9P Ö5_ UO itimf sehe •der mm. Dral CO '-' '"' "" a<) ■^ 1 , , ^ , ^ 6 If 1 DCer 022,3 Ma rchmessei en 250 M •icke des 91 Mmm. .2 / -uaqosBpj o_ 0 •sgSnY sap 0 10 CO 0 0 00 05 ^"o1" Snuniaj^ug 0" C5 0 - t- 0 0 s .. dis 1 [ -siqujQ ^ f- 3h 3h *i cc Auf 1 n Centimen 338,6 Maschen; Durchmesser dei Maschen 255 Mm; Dicke des Drah 194 Mmm. 1 ) '^P in (M 10" (M r-T CO rS 1 0 / •naqosB]^ ^ 05^ ^ ih co_ 6 00" CO (m" CO od" •saSny sap -* 0 0 00 0 m CO Snnn.i9jiug 0 0 oo_ 1-1 i-T 00_ (N d if 1 nCentimeter 90,4 Maschen; urchmesser der chen 489 Mmm.; cke des Drahts 227 Mmm. ^ 1 -s^qtjja •| \ sap eo_ cT CO 0 0 crT 0 (M .u / •naqos'Bj\[ S lap 0 CO CO oT m •saSny sap IM CO 00 (M in Sunn-iaj^ng 0 0 »9_ C3 i-T .— " / 0 1 ntimetei clien ; ier der J Mmm. Drahts mm. 1 ) sap Ö iO~ CM c!d_ - CO cn 0 i-H »0 lO 0 in in *^ ^ r^ ^ •saSny sap Snnniajjng CD 0 CO in Ol CO CD 0 a ?^ 03 "S ^ 0 M 05 d 'S ^ « Si-^ Vi ■+3 oä -r! CS ^ T1 ,£3 oS 0 Vi g.^ 3 s Jn S 'Ö d d a> ä>g CS d 1^ y ^ ^0 0 1 ffi) ^ ^ » 149,3 = VW 01,7" 59,2 123,4" 118,4 Aus diesen Beobachtungen lässt sich die Folgerung ziehen, dass, wenn positive und negative Gesichtseindrücke mit einander wechseln, ohne dass die eine oder die andere Art ein entschiedenes üebergewicht hat, dieselben leichter von einander zu unterscheiden sind, als zwei po- sitive Gesichtseindrücke für sich allein. Dies erklärt sich sogleich aus der starken Irradiation und der Verschmelzung der Lichtbilder als Folge der stärkeren Erregbarkeit der Netzhaut bei einem sonst ganz schwarzen Gesichtsfelde. Dass diese Unterscheidbarkeit durch Verstärkung des durchfallenden Lichts noch abnehmen werde, ist zu deutlich, als dass es Unterscheidbarkeit der Form. 81 nöthig wäre, es nocli durch ausdrückliche Beobachtungen nachzuweisen. Als Beispiele können die Doppelsterne dienen, die ganz den nämlichen Eindruck machen, wie die beschriebenen Bildchen zweier runder Oeff- nungen, wodurch Licht fällt. Die Sterne 8 und 5 Lyrae, welche 3,27" auseinander stehen, erscheinen im Allgemeinen auch dem schärfsten Auge nur als ein einziger Stern. Die beiden in a Capricorni enthaltenen Sterne stehen 6,30" von einander, und werden nur von ungemein guten Augen als getrennt erkannt. Selbst der kleine Stern, welcher bei ^ des grossen Bären steht und 11" davon entfernt ist, wird nur selten in unserer At- mosphäre wahrgenommen. (Mädler's Astronomie S. 447.) Die Frage nach den Grenzen des Gesichtsvermögens umfasst auch 95 noch die andere Frage, wie klein die Objecte werden können, ohne dass die Erkennung der Form darunter leidet. Die folgenden Versuche wurden mit viereckigen undurchsichtigen Objecten auf erhelltem Grunde angestellt: Entfernung des Auges. Wahrnehmung der vier- eckigen Körper. Gesichts- winkel. 170" 250 170 Mmm. = V^^""" 260 „ = 1/3,8 20G" 212 Vergleicht man diese Data mit den Grenzen der Sichtbarkeit runder Objecte (§ 92), so ergiebt sich, dass die Form eines Gegenstandes schon lange vorher nicht mehr wahrnehmbar ist, bevor derselbe aufhört sicht- bar zu sein. Viereckige Körper müssen, um erkannt zu werden, etwa fünfmal grösser sein, als sie zu sein brauchen, wenn es sich blos darum handelt, dass sie gesehen werden. Dass andere mehr polygonale Körper von runden sich noch schwerer unterscheiden lassen als viereckige, be- darf keines besonderen Beweises, da man im Allgemeinen als Regel auf- stellen kann, ein Object, über dessen Form mit Sicherheit geurtheilt werden soll, müsse um so grösser sein, je mehr Winkel und Seiten die dem Auge zugekehrte Oberfläche besitzt. Mit blossem Auge nehmen wir die Objecte gewöhnlich bei auffal- lendem Lichte wahr, und das Netzhautbild besteht dann aus einem Ge- misch positiver und negativer Gesichtseindrücke. Ueberdies sind diese Bilder nicht einfach schwarz oder weiss, sondern in der Kegel sind sie verschiedenartig gefärbt. Dass die verschiedenen Farben durch ihren Gegensatz auf die Sichtbarkeit der Körper einen sehr merkbaren Einfluss ausüben, ergiebt sich aus den Versuchen Plateau's (^Sur quelques pro - prietes des impressions produites par la lumiere^ p. 25). Dieser befestigte Ha rti 11 g's Mikroskop. g 96 82 Sichtbarkeit verschiedener Farben. weisse, gelbe, rothe und blaue Papierstreifchen, die einen Centimeter Breite hatten, auf eine vertical stehende schwarze Tafel und entfernte sich dann von dieser, bis er die Streifen nach einander verschwinden sah. Durch Berechnung erhielt er dann für jeden der farbigen Streifen fol- genden Gesichtswinkel, unter dem sie noch sichtbar waren. Gesichtswinkel im im 8 chatten. S onnenschcin. Weiss .... 18" 12" Gelb .... 19 13 Roth .... 31 23 Blau .... 42 2G Bei auffallendem Lichte werden also die Grenzen der Sichtbarkeit bestimmt ebensowohl durch die Form des Objectes, als durch dessen Fär- bung im Verhältniss zur Färbung des Gesichtsfeldes. Wäre es ein weisses Gesichtsfeld gewesen statt eines schwarzen, dann würde die Sichtbarkeitsdistanz der Farben gerade in umgekehrter Ordnung auf ein- ander gefolgt sein. 97 Bei durchfallendem Lichte kommen andere Eigenthümlichkeiten vor. Durch das Object werden hierbei eine Menge Lichtstrahlen aufge- fangen, die ohne seine Zwischenlagerung zur Netzhaut gelangt sein wür- den: der Eindruck wird deshalb um so stärker, die Sichtbarkeit des Ob- jects um so entschiedener sein, je grösser die Anzahl der von der Netz- haut abgehaltenen Strahlen ist, wodurch daselbst ein Schattenbildchen erzeugt wird. Es sind aber nicht blos die wirklich undurchsichtigen Körper, die auf solche Weise wahrgenommen werden können. Auch die durchsich- tigsten festen und flüssigen Körper, ja unter besonderen Umständen selbst die Gase, erzeugen bei durchfallendem Lichte einen Gesichtseindruck. Der Grund hiervon liegt zunächst darin, dass viele Körper nur für einige Strahlen des weissen Lichtes durchsichtig sind und andere Strahlen ab- sorbiren, wodurch sie alsdann gefärbt erscheinen. Sodann kommt aber auch das Brechungs- und Reflexionsvermögen dieser Körper in Betracht, wodnrch die Lichtstrahlen eine Ablenkung von der ursprünglichen Richtung erfahren, so dass einige gar nicht ins Auge gelangen. Eine Folge dieser Ablenkung ist es, dass einTheil der durchsichtigen Körper dunkel erscheint. Da die Grösse der Ablenkung zu einem guten Theile von der besonderen Form abhängig ist, welche ein Körper besitzt, so hat die Form auch einen grossen Einfluss auf die Einfluss der Strahlenrichtuno; auf die Sichtbarkeit. 83 Sichtbarkeit. So wird z. B. eine dünne Glasplatte nur eben erkannt werden an den Rändern, von denen wir, falls das auffallende Licht aus- geschlossen ist, keine Lichtstrahlen empfangen; ist aber die nämliche Glasmasse zu einer Kugel umgeschmolzen, dann wird man nur die Mitte dieser Kugel erhellt sehen, und im Umfange bemerkt man einen breiten dunkeln Rand. Aber nicht blos die Form, sondern auch die Richtung, in welcher wir' ein und dasselbe Object betrachten, übt ihren Einfluss aus. Ein Glas Würfel, der eine seiner Flächen dem Auge zukehrt, wird viel weni- ger gut gesehen werden, als wenn einer von seinen Winkeln so gerichtet ist. Der Grund davon ist klar. Im ersteren Falle treten fast alle Strah- len, welche die vorderste Fläche erreichten, in der nämlichen Richtung wieder nach aussen, im zweiten Falle dagegen werden sie nach allen Rich- tungen hin gebrochen oder reflectirt, so dass ein Theil der Flächen schwarz erscheint. Wenn man eine farblose Glasplatte mit parallelen Flächen hätte, deren Seitenflächen vollkommen rechtwinkelig und glatt wären , welche Forderungen freilich in der Wirklichkeit niemals vollkommen erreichbar sind, und man Hesse auf eine solche Platte parallele Strahlen lothrecht fallen, so würde ein dahinter befindliches Auge keine Spur dieser Platte sehen. Es würden alle Strahlen durch die Platte und längs derselben hingehen (Fig. 46), ohne eine Abänderung der Richtung zu erfahren. Fie- Fig. 47. Fig. 46. len aber parallele Strahlen in schiefer Richtung auf die nämliche Glas- platte, oder träfe ein Bündel divergirender Strahlen auf dieselbe (Fig. 47), dann würden die Ränder sichtbar werden, weil die hier auffallenden Strahlen theils nach a und h gebrochen, theils nach c und d reflectirt 6* 84 Einfluss der Brechung und Reflexion auf die Sichtbarkeit. werden, so dass -weder die gebrochenen noch die reflectirtcn Strahlen das Auo-e erreichen. Dies ist der Hauptgrund . weshalb viele durchsichtige Körper bei künstlichem Lichte schwärzere Ränder zeigen als beim Ta- geslichte. Später wird sich die Anwendbarkeit dieser Beobachtungen auf die Beleuchtung mikroskopischer Gegenstände herausstellen. Im Allgemeinen darf man annehmen, dass. je eckiger imd unregel- mässiger die Gestalt eines durchsichtigen Körpers ist, desto mehr auch die Strahlen dadurch in allen Richtungen zerstreut werden. Daher rührt es, dass kleine Partikelchen sehr durchsichtiger Körper, z. B. pulverisir- tes Glas, das abgeschliffene Pulver des Diamanten u. s. w. fast ganz un- durchsichtig sind. Daher rührt es auch, dass die dünnsten Kreideplätt- chen undui'chsichtig sind, obwohl die kleinen Partikelchen, woraus die Kreide besteht, das Licht recht gut durchlassen. 98 Diese Zerstreuung findet aber nicht blos bei durchfallendem Lichte statt, auch die Strahlen des auffallenden Lichtes werden an zahl- losen Stellen in allerhand Richtungen reflectirt und zerstreut, und dies ist der Grund, weshalb das Pulver solcher Körper weiss erscheint. Das Nämliche nimmt man auch bei der Luft wahr. Ist dieselbe stark zer- theilt, z. B. dui'ch Schütteln mit Seifenwasser, dann werden die kleinen Kügelchen weiss erscheinen. Schliesst man dann das auffallende Licht aus und betrachtet die nämlichen Luftkügelchen nur bei durchfallendem Lichte, so wird man an allen einen breiten schwarzen Rand wahrneh- nehmen, in der nämlichen Form und aus dem nämlichen Grunde, wes- halb mau an einer Glaskugel einen derartigen Rand bemerkt. Selbst sehr kleine Verschiedenheiten im Brechungsvermögen der Medien werden vom Aiige noch wahrgenommen. Die kleinsten Spuren einer ungleichen Mengung in einer gläsernen Linse, die sich als Adern oder Streifen darstellen, die Trennungsgrenze zweier Flüssigkeiten mit verschiedenem Brechungsindex, z. B. Wasser und Schwefelsäure, Wasser und Aether u. s. w., erkennt man ohne Mühe. Ja selbst die wogenden Bewegungen in der Luft, die über einer ei-wärmten Fläche, z. B. über einem Ofen aufsteigt, weil sich die erwärmte Luft mit der kälteren umge- benden mengt, werden durch starkes durchfallendes Licht, wie Sonnen- licht, wahrnehmbar, weil die warme Luft und die kalte Luft nicht ganz das nämliche Brechuugsvermögen besitzen.' Dass auch bei auffallendem Lichte ein geringer Unterschied im Gange der reflectirtcn Strahlen dem Auge nicht entgeht, sehen wir bei den mancherlei linnenen, kattunen und seidenen Stoffen (Damast, Köper u. s. w.), bei denen lediglich durch den wechselnden Lauf der Fäden, die bald in dieser, bald in jener Richtung dem Auge zugekehrt sind, allerlei Zeichnungen sichtbar werden. Das stärkere oder schwächere Hervortreten dieser Zeichnungen aber ist, wie Jedermann weiss, von der Art und AVeise abhiingig. wie das Licht auf solche Stoffe auftrifft. 99 Da nun das Brechungs- und Reflexionsvermögen der farblosen durchsichtigen Körper der einzige Grund ist, weshalb sie bei durchfallen- Dauer der Gesichtselndrlicke. 85 dem Lichte sichtbar sind, so versteht es sich von selbst, dass das umge- bende Medium den allerbedeutendsten Einfluss auf deren Sichtbarkeit ausüben muss. ,Je mehr die ßrechungsindices der Substanz, woraus ein Object besteht, und des Mediums, durch w^elches die Strahlen gehen müssen, um das Auge zu erreichen, von einander differiren, um so grös- ser ist auch die Zahl jener Strahlen, die in Folge der Brechung nicht hiueingelangen können. Daher rührt es, dass man im Stande ist, den nämlichen Köi'per mehr oder weniger durchsichtig zu ma- chen. Glaspulver z. B. mit dem Brechungsindex 1,5 ist in Luft mit dem Brechungsindex 1,000294 fast ganz undurchsichtig; in geringerem Maasse erscheint es so unter Wasser mit dem Brechungsindex 1,336; noch durchscheinender wird es unter Alkohol (1,374); in Terpentinöl endlich, dessen Brechungsindex (1,478) jenem des gewöhnlichen Glases nur we- nig nachsteht, kann es kaum noch gesehen werden. Eine Kronglaslinse wird in Terpentinöl nur mit Mühe wahrgenommen, und ein dünnes Glas- plättchen sieht man gar nicht mehr darin. Später werden wir sehen, wie wichtig die Anwendung dieser Thatsachen auf die mikroskopische Beobachtung ist. Es versteht sich von selbst, dass jeder Gesichtseindruck einer XOO bestimmten Zeit bedarf, um wahrnehmbar zu sein. Dass dieser Zeitraum jedoch ein äusserst kurzer sein kann, ergiebt sich aus der Sichtbarkeit des elektrischen Funkens, der so rasch verschwindet, dass ein damit be- leuchteter Körper, der in schneller Drehung begriffen ist, still zu stehen scheint. Nach den Versuchen von Wheatstone (Phil. Transact. 1835., IL p. 583) ist ^/loooooo Secunde ausreichend, um einen Gesichtsein- druck hervorzubringen. Kann man nun in diesem Betracht die Fähig- keit des Auges , Gesichtseindrücke aufzunehmen , als eine fast unbe- schränkte bezeichnen, so verhält es sich ganz anders mit dessen Fähig- keit, die in der Zeit auf einander folgenden Eindrücke zu unterscheiden. Jeder Gesichtseindruck nämlich, der einmal entstanden ist, hat eine gewisse Dauer und besteht noch eine Zeit lang fort, auch nachdem das leuchtende Object, wodurch er hervorgerufen Avurde, bereits verschwun- den ist. Daher rührt es, dass eine Reihe von Gesichtseindrücken, welche sehr schnell auf einander folgen, nicht mehr gesondert wahrgenommen werden können. Die Speichen in den Rädern eines schnell sich bewe- genden Wagens z. B. können wir nicht mehr unterscheiden. Die nieder- fallenden Regentropfen und Hagelkörner erscheinen dem Auge streifen- förmig, und ein glühender Körper, der schnell herum gedreht wird, wird als feuriger Kreis wahrgenommen. Auch manche physikalische Spiel- zeuge, die stroboskopischen Scheiben, Horner's Daedaleum u. s. w., fin- den ihre Erklärung in dieser Fortdauer der Gesichtseindrücke. Es ist schon im Voraus zu erwarten, dass die Dauer jedes Gesichts- eindruckes eine verschiedene sein und vom Eindrucke selbst abhängen muss. Dies wird auch einigermaassen durch die Versuche von Plateau (a. a. 0. S. 9.) bestätigt, der verschieden gefärbte Papiei'streifen auf 8G Dauer der Gcsichtseindriicke. einem schwarzen Grunde befestigte und durch ein Räderwerk schnell umdrehte. War die Schnelligkeit der Umdrehung bekannt, so konnte dann die Zeit bestimmt werden, welche nöthig war, damit der gefärbte Papier- streifen noch als solcher erkannt wurde. Es ergaben sich bei diesen Versuchen für Weiss .... 0,35 Secunden Gelb .... 0,35 Roth .... 0,34 Blau .... 0,32 Man ersieht hieraus, dass der Gesichtseindruck am kürzesten an- dauert bei jenen Farben, deren Sichtbarkeit nach den oben mitge- theilten Versuchen Plateau 's (§. 96) unter gleichen Umständen am geringsten ist. Im Allgemeinen lässt sich also als Regel aufstellen, dass die Unterscheidbarkeit der zeitlich auf einander folgenden Gesichtsein- drücke in dem Maasse zunimmt, als ihre Stärke abnimmt. Uebrigens sind die hierbei gefundenen Verschiedenheiten nicht sehr hervortretend, und sie würden vielleicht grösser ausfallen, wenn man in der Beobach- tung def Objecte mehr Modificationen eintreten Hesse. Ohne gerade be- weisende Versuche für seine Behauptung anzuführen, giebt Young {A course of lectures on natural philo sophy ^ Vol. I, p. 455) an, die Dauer der Gesichtseindrücke wechsele von 0,01 bis 0,50 Secunde, und sie sei um so länger, je stärker der Eindruck war. Man wird sich aber nicht weit von der Wahrheit entfernen, wenn man als Mittel annimmt, dass unter gewöhnlichen Umständen 1/3 Secunde zwischen zwei auf einander folgenden Eindrücken liegen muss, wenn sie gesondert zum Bewusstsein gelangen sollen. 101 Dass auch im Zustande des Auges selbst noch besondere Ur- sachen enthalten sein können, wodurch die Grenzen des Gesichtsver- mögens in stärkerem oder schwächerem Maasse eingeengt werden , ist hinlänglich bekannt. Die Betrachtung solcher Ursachen, welche in er- heblichen pathologischen Zuständen der das Auge zusammensetzenden Theile enthalten sind, darf hier als überflüssig erscheinen, da sich Nie- mand mit mikroskopischen Untersuchungen beschäftigen wird, dessen Augen sich nicht in einem gesunden Zustande befinden. Doch auch das gesundeste Auge unterliegt dem störenden Einflüsse einzelner Erschei- nungen, die im Auge selbst ihren Sitz haben, und die von solchen, wel- che mit diesen Erscheinungen unbekannt sind , leicht auf Rechnung ausserhalb des Auges gelegener Körper geschrieben werden. Die Erscheinungen, welche hier gemeint sind, kann man unter der allgemeinen Bezeichnung der entoptischen zusammenfassen. Sie sind aber keineswegs von der nämlichen Beschafl'enheit bei verschiedenen Per- sonen ; deshalb muss jeder Beobachter diejenigen, welche seinem Auge eigenthümlich sind, kennen zu lernen suchen. 102 Wären die Medien, aus denen das Auge zusammengesetzt ist, vollkommen durchsichtig und hell, so würde auf der erhellten Ober- Entoptischc Gesii;litscrschoIiiungen. 87 fläche der Netzhaut nirgends ein Schattenbild entstehen können, so lange nicht ein ausserhalb des Auges befindliches Object ein solches erzeugte. Die vollkommenste Durchsichtigkeit der Augenmedien, wenn sie über- haupt vorkommt, wird jedoch nur höchst selten angetroffen, und da die Netzhaut von allen Objecten, die ihr den Zutritt der Lichtstrahlen be- einträchtigen, ein Schattenbildchen empfängt, so werden, wie von den ausserhalb des Auges befindlichen Objecten , ebenso auch von jenen im Auge selbst vorkommenden auf der Netzhaut Schattenbildchen erzeugt werden, mögen dieselben nun wirklich undurchsichtig sein, oder mögen sie in Folge der Brechung der Lichtstrahlen deren Ablenkung bewirken. Dergleichen Schattenbilder von inneren Objecten sind freilich nur schwach ausgeprägt und deshalb oftmals nicht wahrnehmbar; unter besonderen Umständen indessen treten sie deutlich hervor, so dass der damit nicht bekannte Beobachter einer Selbsttäuschung unterliegen kann. Sie treten vorzüglich in dem Falle auf, wenn das Auge durch eine kleine OefFnung sieht, z. B. durch Teleskope oder Mikroskope. Da aber diese Erschei- nungen zu der sonstigen optischen und mechanischen Einrichtung dieser Instrumente in gar keiner Beziehung stehen, so kann jeder, der sich auf gehörige mikroskopische Thätigkeit vorzubereiten wünscht, vor Allem den störenden Einfluss dieser Körperchen im eignen Auge kennen lernen. Am besten erlangt man diese Kenntniss auf folgende Weise. Man 103 sticht mit einer feinen Nadel ein kleines Löchelchen von etwa Yio°"" Durchmesser in ein undurchsichtiges Kartenblatt, und hält dasselbe so dicht vor das Auge, dass die OeflFnung bedeutend vergrössert sich dar- stellt; indessen auch nicht zu dicht, weil die Erscheinungen alsdann we- niger scharf hervortreten. Hierauf richtet man das Auge auf eine stark erhellte Oberfläche, z. B. auf eine von der Sonne beschienene weisse Wand, oder auf ein Blatt Papier, oder auf die matt geschliffene Kugel einer Arg and 'sehen Lampe. Man wird dann die Oeffnung zuerst als ein schwach erhelltes Gesichtsfeld wahrnehmen, und indem man das Auge abwechselnd schliesst und öffnet, wird man zugleich wahrnehmen, dass dieses Gesichtsfeld grösser oder kleiner wird, jenachdem die Pupille sich erweitert oder verengert. Der dunkele Rand, wodurch das Gesichts- feld begrenzt wird, ist in der That nichts anderes, als das Schattenbild der Iris auf der Netzhaut. Auf letzterer zeigen sich auch Schattenbild- chen aller anderen Körperchen, die sich zwischen ihr und der kleinen Oeffnung befinden. Da alle diese Bildchen somit von Objecten kommen, die unter einem sehr grossen Gesichtswinkel wahrgenommen werden, so müssen sie nothwendiger Weise im Vergleich zu den sie erzeugenden Objecten eine sehr ansehnliche Grösse haben. Man erkennt dies in dem Falle, wenn ein sehr feines Geflecht oder ein anderer kleiner Ge- genstand vor die Oeffnung gehalten wird, desgleichen auch aus dem Schatten, der von den Cilien auf der Netzhaut entsteht, wenn dieselben durch Zukneifen des Auges vor die Oeffnung gebracht werden, wobei man auch zugleich mit wahrnehmen wird, dass die Cilien des oberen Au- 88 Entoptische Gesichtserschelnungcn. genlids nach aufwärts gerichtet sind. Der Grund davon liegt darin, daas die kleine OefFnung, die als ein leuchtender Punkt angesehen werden kann, sich im Brennpunkte des Auges oder in dessen Nähe befindet, und dass die Lichtstrahlen, welche von da ins Auge treten, gleich denen aus dem Brennpunkte einer Linse oder eines Linsensystems (§• 39) parallel oder selbst etwas divergirend werden; es kommt demnach nicht zu einer Kreuzung und das Schattenbild hat gerade die umgekehrte Stel- lung als ein gewöhnliches Netzhautbild. Natürlich gilt diese Umkehrung auch von allen übrigen auftretenden Schattenbildern sowie von ihrer Be- wegungsrichtung, und es scheinen die Objecte zu sinken, wenn sie wirk- lich sich heben, und umgekehrt scheinen die Schattenbilder der sich sen- kenden Objecte gehoben zu werden. 104 Die auffallendste und dabei am meisten störende unter diesen Erscheinungen ist jene, welche unter dem ganz unpassenden Namen der Mouches volantes bekannt ist. Nur bei wenigen Augen wird diese Er- scheinung gänzlich vermisst; doch tritt sie in einem Auge stärker hervor als in einem anderen, und selbst von einer und der nämlichen Person wrird sie zu verschiedenen Zeiten stärker und schwächer wahrgenommen. Gar nicht selten kommt es vor, dass diese 3fouches volantes auch schon beim gewöhnlichen Sehen mit zerstreutem Lichte wahrgenommen werden; doch werden sie immer deutlicher gesehen, wenn man durch kleine Oeff- nungen blickt. Nicht immer haben sie die nämliche Gestalt. Die Grund- form besteht übrigens meistens in runden Ringen, die im Inneren hell sind und einen dunkeln, manchmal farbigen Rand besitzen. Sie haben scharfe Umrisse, woraus zu entnehmen ist, dass die Körperchen, durch welche die Erscheinung zu Stande kommt, nicht weit von der Netzhaut entfernt sein können. Donders hat den hinteren Theil des Glaskör- pers als die Stelle nachgewiesen, wo die Körperchen liegen, durch wel- che diese Form der Mouches volantes erzeugt wird; er und Janssen ha- ben dort auch runde Körperchen von Veo bis Yso""" Durchmesser ent- deckt, d. h. von einer Grösse, die nach der Berechnung genau zur Grösse ihrer auf der Netzhaut entstehenden Bildchen passt. Diese sehr verbrei- tete Form der Mouches volantes hat grosse Aehnlichkeit mit jener der menschlichen Blutkörperchen, wenn sie bei massiger Vergrösserung be- trachtet werden. Manchmal stellen sie sich in verschiedenen Schichten dar, was daran erkenntlich ist, dass eine Schicht vor der anderen deut- licher wahrgenommen wird; sie können mithin nicht alle gleich nahe der Netzhaut liegen. Oftmals sind diese Ringelchen zu grösseren und klei- neren Gruppen vereinigt. Manchmal kommt auch eiiie perlschnurartige Vereinigung vor, und diese Form macht wieder den Uebergang zu den doppelten Streifen oder Fasern, die mehr oder weniger scharf begrenzt sind und nicht selten Schlingen bilden. Endlich sieht man oftmals Grup- pen der erstgenannten Ringelchen, die mit einem faserigen Anhängsel versehen sind. Diese Form ist es wohl, welche von Manchem als sperma- tozoidenförmig bezeichnet worden ist. Entoptische Gesichtserscheinungen. 89 Bei einer gemeinschaftlich mit Schroeder van der Kolk ange- stellten Untersuchung habe ich Fasern entdeckt, von denen die eine oder die andere der genannten Formen offenbar herrührt. Sie kommen in der die Glasfeuchtigkeit umschliessenden und durch Fortsätze sie in Fächer thcilenden Membran vor, hängen aber nur locker damit zusammen, sind zum Theil gegliedert oder perlschnurföi-rnig und haben grosse Neigung zur Schlingenbildung. Alle diese Körperchen bew^egen sich im Gesichtsfelde, auch unab- hängig von der scheinbaren Bewegung, welche von der veränderten Richtung der Gesichtsaxe herrührt. Davon kann man sich leicht über- zeugen, wenn man, während die Oeffnung im Kartenblatte auf die näm- liche Stelle gerichtet bleibt, die Augenaxe rasch nach oben oder nach unten richtet und dann wieder mit dem Auge durch die Oeffnung blickt. Eine Anzahl jener Körperchen, welche diese Erscheinungen hervorrufen, ist dann beweglich geworden , und ihre Schatten werden in der Regel als sinkend sich darstellen, zum Beweise, dass die Körperchen selbst eine steigende Bewegung machen, also specifisch leichter als die Glasfeuch- tigkeit sind. Von diesen Mouches volantes unterscheiden sich durch die Lo-l()5 calität gar sehr andere Erscheinungen, die man im Gesichtsfelde erblickt, wenn man durch eine kleine Oeffnung sieht. Da nach dem Angegebe- nen alle Modificationen der Pellucidität in den Medien durch Schatten- bilder auf der Netzhaut sich kund geben, so erkennt man auch das klein- ste Fleckchen und Streifchen auf der Hornhaut, jede sonst ganz unwahr- nehmbare UnvoUkommenheit der Kry stalllinse, ferner Körperchen, die im Humor aqueus oder im Corpus vitreum schweben, die Fettpartikelchen aus den Meibom'schen Drüsen, die nach vorgängigem Zukneifen der Au- genlider als glänzende Tröpfchen mit breiten Schattenrändern auf der Ober- fläche der Hornhaut scheinbar herabsinken , in der Wirklichkeit aber in die Höhe steigen, die kleinen Runzeln, welche bei einem Drucke auf den Augapfel auf der Hornhaut entstehen u. s. w. Achtet man auf den Gang der Lichtstrahlen, so ist es selbst möglich, für jene Körperchen, welche Schattenbilder hervorrufen, ihr Vorkommen vor oder nahe der Iris, oder auch hinter der Iris mit vollkommener Sicherheit nachzuweisen. Doch haben alle diese Einzelnheiten mehr Interesse für den praktischen Augen- arzt als für den mikroskopischen Beobachter. Dritter Abschnitt. Allgemeine Beschreibung der Mikroskope. 106 In den vorhergehenden Abschnitten sind die Principien ent- wickelt worden, deren Anwendung nun folgen muss. Dem Plane gemäss, den ich mir vorgezeiclinet habe, wende ich mich jetzt zur allgemeinen Betrachtung der verschiedenen Art und Weise, wie Linsen sowohl als Hohlspiegel zu Mikroskopen sich herrichten lassen. Man erwarte daher nicht, eins dieser Instrumente hier speciell beschrieben zu finden, da einer solchen Beschreibung, wenn sie entsprechend sein soll, zugleich auch eine kritische Basis zukommen muss, die sich auf die vollkommene Kenntniss der Art und der Bestimmung jedes Instruments und seiner Ent- wickelungsgeschichte, wenn ich mich so ausdrücken darf, zu stützen hat. Ihre besondere Beschreibung verspare ich deshalb für einen späteren Ab- schnitt, und dorthin verweise ich demnach immer, wenn der Leser eine Einrichtung oder einen Apparat nicht angegeben findet, dessen Beschrei- bung ihm vielleicht hierher zu gehören scheint. Im ersten Abschnitte Hess ich die Betrachtung der Richtungsände- rnng der Lichtstrahlen durch katoptrische Medien Vorausgehen und dann die Aenderungen durch dioptrische Medien nachfolgen , weil für die er- steren einfachere Gesetze bestehen als für die letzteren. Da aber dioptri- sche Mikroskope gegenwärtig bei weitem die meiste Verbreitung ha- ben, so wollen wir hier die umgekehrte Ordnung befolgen, und zunächst die Wirkung der Linsen und der Linsensysteme betrachten, wenn sie in der Lupe oder im einfachen Mikroskope zur Anwendung kommen. Man- ches von demjenigen, was hier besproclien werden wird, ist aber auch so aufzufassen, dass es im Allgemeinen auch auf die übrigen Mikroskope Anwendung findet. 91 Erstes Kapitel. Die Lupe und das einfache dioptrische Mikroskop. Das Auge besitzt die Fähigkeit, Gegenstände, die sich in ver- schiedenen Entfernungen befinden, mit gleicher Deutlichkeit wahrzuneh- men. Auch haben wir im Vorhergehenden gesehen, dass die Grösse des Netzhautbildchens, welches von einem und demselben Objecte entsteht, durchaus von dem Gesichtswinkel bedingt ist, unter welchem dasselbe gesehen wird, das heisst also von der Entfernung des Objectes. Bringen wir irgend einen kleinen Gegenstand dem Auge immer näher und näher, so seheint uns derselbe deshalb immer grösser und grösser zu werden. Dies ist ein Beweis dafür, dass dem Auge selbst ein Vergrösserungsvermögen zukommt, und wenn das Accommodationsvermögen eine unbegrenzte Annäherung des Objects ans Auge gestattete, dann würde der Gebrauch von Lupen und Mikroskopen wirklich ganz überflüssig sein. Wegen der grossen Wichtigkeit dieses Punktes für das mi- kroskopische Sehen wollen wir etwas genauer auf denselben eingehen. Wir haben gesehen, dass es für jedes Auge einen gewissen Grenzpunkt giebt, diesseits dessen ein Object nicht mehr deutlich und scharf wahrge- nommen werden kann, weil alsdann die Vereinigungspunkte der Strahlen hinter die Netzhaut fallen. Dem Fernsichtigen liegt dieser Nähepunkt entfernter, als zum gewöhnlichen Sehen wünschenswerth ist; er verbes- sert diesen Fehler des Accommodationsvermögens durch eine Brille mit convexen Gläsern, wodurch den in das Auge dringenden Lichtstrahlen etwas mehr Convergenz zu Theil wird, so dass das Bildchen nun wie- derum auf die Netzhaut fallen kann. In Betreff sehr kleiner Objecte können aber alle Menschen als Fernsichtige gelten. Zu deren Wahrneh- mung bedarf also das Auge nur einer convexen Linse, die im Stande ist, auch für den Fall, wo das Object dem Auge ganz nahe ist, die stark divergirende Richtung der Strahlen dergestalt abzuändern, dass sie fast parallel oder doch nur wenig divergirend ins Auge gelangen. Ist diese den Strahlen ertheilte Richtung nun übereinstimmend mit jener der Licht- strahlen von Körpern, die sich in einer dem deutlichen Sehen entspre- chenden Entfernung befinden, dann wird ein ebenso deutliches Bild des Yig, 48. Objectes auf der Netzhaut entstehen , wie von diesen Körpern. Man erkennt dies deutlich bei einer Verglei- chung von Fig. 48 u. Fig. 49 (a. f. S.) In Fig. 48 fällt das Bild auf v hinter die Netzhaut, weil die Strah- len des Objectes a zu stark 107 108 Fig. 49. 92 Wirkung einer I^inse. divergirend ins Auge gelangen. Ist dagegen, wie in Fig. 49, die Linse AB zwischen da? Object und das Auge eingeschoben, dann tritt eine derartige Divergenz der Strahlen ein, wie sie stattfinden würde, wenn sich das Object nicht in a, sondern irgendwo in ^, in einer dem deut- lichen Sehen entspre- chenden Entfernung be- fände. Deshalb fällt nun das Bildchen in v gerade auf die Netzhaut. Von der Richtigkeit dieser Auffassung kann man sich ganz einfach überzeugen, indem man eine kleine Oeffnung in ein Kartenblatt macht und diese in geringer Entfernung vom Auge hält. Die Oeffnung wii'd sich vergrössert darstellen. Den Rändern fehlt es aber so sehr an aller Schärfe und Bestimmtheit, dass es nicht gelingt, die Form derselben zu erkennen ; denn die dreieckige oder viereckige Oeffnung wird fast eben so rund sich darstellen, als wäre sie mit einer Stecknadel oder Nähnadel gemacht worden. Bringt man nun eine Linse mit passendem Focus zwi- schen Auge und Karte, dann tritt die Gestalt der Oeffnung ganz deut- lich hervor und ihre Ränder erscheinen scharf. Gleichwohl erscheint sie um nichts grösser als früherhin, vielmehr selbst etwas kleiner; das Diffusionsbild nämlich, welches bei Abwesenheit der Linse auf der Netz- haut entstand, nahm wirklich einen grösseren Raum ein, als das scharfe wahre Bild, welches durch die genaue Vereinigung der Strahlen zu Stande kommt. AYeit davon entfernt also, das Bild auf der Netzhaut zu vergrössern, bringt eine Linse, welche dicht vors Auge gehalten wird, eine Verkleinerung desselben hervor, und sie wirkt vornehmlich dadurch vortheilhaft , dass sie dem Netzhautbildchen die Reinheit imd Bestimmt- heit verschafft, die ohne Einschiebung der Linse fehlen würden. Diese Wahrnehmung ist deshalb interessant, weil sie uns mit Be- stimmtheit darthut, wie gross der noch bei Vielen obwaltende Irrthum ist, als ob die Vortrefflichkeit eines Mikroskopes von dessen Verg^-össe- rungsvermögen abhinge. Dadurch wird die eigentliche Bestimmung die- ses Instrumentes gänzlich verkannt, die dahin geht, diffuse Netzhautbilder in scharfe und reine Bilder umzuwandeln. Bei Benutzung des einfachen Mikroskops kommt die Vergrösserung selbst grossentheils auf Rechnung des Auges, und es besitzt dasselbe in dieser Beziehung, wenn man die Sache von theoretischer Seite ansieht, ein unbeschränktes Vermögen. Indessen wird derjenige, der nicht näher als bei 200°"" Entfernung scharf sieht, sich wohl hüten, Dinge, die er genau ansehen will, bis auf 50""" zu nä- hern, wo er sie viermal grösser sehen würde ; denn durch Erfahrung weiss Lupe. 93 er , dass , wenn die Grösse auf solche Weise vermehrt wird , die Deut- lichkeit des Gesichtseindruckes mehr verliert als gewinnt. Um näher darzuthun, auf welche Weise eine einzelne Linse 109 uns die Gegenstände vergrossert vorführt, verfolgen wir den Gang der Strahlen von einem Objecte bis zur Netzhaut. Wenn ah (Fig. 50) ein Fig. 50. Object ist, welches sich vor einer Linse AB befindet, dann werden von allen Punkten desselben, wie a, c, 5 u. s. w., Strahlenkegel ausgehen, deren Strahlen, nachdem sie durch die Linse gebrochen worden sind, nur noch in einem geringen Grade divergiren, so dass sie von den ent- fernter liegenden Punkten a", c", b" herzukommen scheinen. Ist die Entfernung dieser Stelle der mittleren Sehweite dieses Auges entspre- chend, dann werden die durch die Linse gebrochenen Strahlen, nachdem sie ins Auge eingetreten sind, sich wiederum in a'o'b' zu einem Netzhautbildchen vereinigen, welches, wie das immer geschieht, im Verhältniss zum Objecte umgekehrt ist. In jedem Strahlenkegel ist ein Strahl enthalten, der gerade durch den Kreuzungspunkt geht. Hier sind es die Strahlen ana\ crc' und bth\ die sich in o schneiden. Durch Einschiebung der Linse AB scheint also das Object in eine grössere Entfernung gebracht worden zu sein, wo die Schenkel des Gesichtswinkels a"o 3" weiter auseinander weichen, und deshalb erscheint das Object vergrossert *). Dass aber die Vergrösserung nicht blos von einer Annäherung des Objectes zum Auge herrührt, sondern dass auch die Linse zur Vergrös- serung des Gesichtswinkels und mithin des Netzhautbildchens beiträgt, entnimmt man deutlich aus der Figur. Wäre die Linse A B nicht vorhanden, dann würde der Gesichtswinkel *) Durch ein einfaches Verfahren kann Jeder die Ueberzeugung sich verschaffen, dass das scheinbare Bild irgend eines durch eine Linse betrachteten Objectes weiter vom Auge entfernt ist als das Object selbst. Hält man nämlich eine Linse mit einer nicht zu grossen Brennweite über den Rand einer Tafel oder eines Buchs und versucht dann mit dem Finger oder einem anderen Körper ge- gen diesen Rand zu stossen, so wird man immer finden, dass man in einiger Entfernung von der Stelle des Objectes anstösst. y4 Lupe. durch die Richtungslinien befstimmt werden, die man vom Kreuzungs- punkte 0 nach den Endpunkten a und b des Objectes zieht. Bei ein- geschobener Linse wird der Gesichtswinkel durch die Richtungslinien oa" und ob" bestimmt, welche nach den beiden Endpunkten des scheinbaren Bildes a"b" gezogen werden. Nun ist aber offenbar der Winkel a"oh" grösser als der Winkel aob ^ mit anderen Worten also, die Linse macht den Gesichtswinkel, also auch das Netzhautbildchen, grösser *). *) Da sich meines Wissens nirgends eine genaue Theorie der einfachen Linse oder der Lupe findet, so ^\ird folgende mathematische Entwickelung, die ich meinem Col- legen van Rees verdanke, vielen Lesern erwünscht sein. Mit Bezug auf die in Fig 50 vorkommenden Buchstaben ist in der Linie -// c R o , die Bezifferung so gewählt, dass c' die Netzhaut, o den Kreuz ungspunkt, K den optischen iNlittelpunkt der Lupe, c den Ort des Objectes, c" jenen des scheinba- ren Bildes bezeichnet. Ist dann ferner d der Durchmesser des Objectes, d" » » » scheinbaren Bildes, d' » » » Netzhautbildchens, a ^ c" o die mittlere Sehweite, vom Krenzungspunkte an gerechnet, b == Tio die Entfernung der Lupe vom Kreuzungspunkte, c =: c'o die Entfernung der Netzhaut vom Kreuzungspunkte, p die Brennweite der Lupe, so haben wir d":d = c"R:cR. p c" R Nach einer bekannten Formel ist aber cJ? = -S;' — ; . und so erhalten wir statt der vorigen Gleichung d" -.d^l oder, da c"iü = a — b ist. c-'R -^p- d":d mithin c"R -j- p ' a — b -\- p ' a — b-\- p P Da ferner die Richtungslinien a"oa' und b" ob' (Fig. 50), wodurch die Grösse des Netzhantbildchens bestimmt wird, in o sich kreuzen, so haben wii d' : d" = oc' : oc'\ also d' := cd" a a — b -\- p cd a p V a J P Bei dieser Bestimmung des Durchmessers des Netzhautbildchens sind b, r, f/, p gegebene Grössen, die nur von den Maassen des Auges, sowie von der Lage und vom Focus der Lupe abhängig sind, an denen daher auch die Kurz- sichtigkeit oder Fernsichtigkeit des Auges nichts ändert. Nur auf die mittlere Sehweite a, d. h. auf die Entfi-rnung des deutlichen Sehens, üben diese einen Krümmung des scheinbaren Bildes. 95 Das scheinbare Bild kann aber nicht in einer geraden Ebene liegen, 110 weil die Objectpunkte a, h u. s. w., welche aussei'halb der optischen Axe sich befinden, vom Mittelpunkte der Linse entfernter sind, als der Punkt c, wo diese Axe das Object schneidet. Befindet sich nun die Mitte des Objeotes in der passenden Entfernung von der Linse, dass die davon ausgehenden Lichtstrahlen ihren Vereinigungspunkt gerade auf der Netzhaut haben und dort ein scharfes Bild erzeugen, dann liegen die Enden a und h des Objectes nicht in der entsprechenden Entfernung, sondern sie sind weiter davon abstehend , weshalb ihre Vereinigungs- punkte nicht auf die Netzhaut, sondern vor diese fallen. Demnach kom- men divergirende Strahlen auf die Netzhaut, wie es in der Figur an- gegeben ist. Dort entstehen die Diffusionsbildchen, die etwas grösser aus- fallen werden als die wahren Bildchen, die man auch von den Enden des Objectes erhalten kann, wenn man dasselbe der Linse etwas nähert, obwohl nicht ganz so scharf, wie vom Mitteltheile des Objectes. Da nun aber in diesem Falle die Mitte des Objectes der Linse zu sehr genähert ist, so dass der Vereinigungspunkt der Axenstrahlen hinter die Netzhaut fallen würde, so treffen auf die Netzhaut convergirende Strahlen und er- zeugen ein Diffusionsbildchen. Dass das scheinbare Bild gekrümmt sein muss, ergiebt sich daraus, dass die Strahlen, welche von der Mitte c des Objectes ausgehen, nach dem Durchtritte durch die Linse stärker divergiren (§. 39) als jene, wel- che von den Enden a und h kommen, weil diese letzteren sich entfernter vom optischen Mittelpunkte befinden. Die Verlängerungen der gebro- chenen mittleren Strahlen werden daher auf der entgegengesetzten Seite näher der Linse einander treffen, nämlich in ä, als jene der Randstrahlen, deren Vereinigungspunkte in a" und h" befindlich sind. Man sieht zu- Einfluss. Um zu erforschen, wie dieser Einfluss sich äussert, wollen wir drei Fälle unterscheiden. Y) p ■=: h^ d. h. die Brennweite der Lupe ist gleich der Entfernung der cd Lupe vom Kreuzungspunkte. Dann ist d' = — . Der Einfluss der Kurzsich- P tigkeit oder Fernsichtigkeit verschwindet in diesem Falle gänzlich, das Netzhaut- hildchen ist bei Myopen und Presbyopen gleich gross. 2) p ist grösser als h. Der Bruch , also auch d' wird um so grös- ser sein, je kleiner der Nenner a ist. In diesem Falle ist also das Netzhaut- bildchen beim Kurzsichtigen grösser als beim Fernsichtigen. 3) Tp ist kleiner als h. Der Bruch wird hier negativ, d' also wird um so kleiner, je kleiner a ist. Demnach ist hier das Netzhautbildchcn beim Kurzsichtigen kleiner als beim Fernsichtigen. Man sieht leicht ein, dass der letztgenannte Fall der gewöhnliche ist, ja so- gar der allein mögliche bei stark vergrösserndcn Lupen, deren Brennweite p weniger als lO"*"" beträgt, während Ro oder ö stets grösser ist, als der Abstand von der Hornhaut und vom Kreuzungskunkte, also mehr als lO""™ beträgt. 90 Krümmung des scheinbaren Bildes. gleich, dass die Krümmung des scheinbaren Bildes entgegengesetzt ist, wie von einem wahren Bilde (§. 43). Man kann also wohl der Reihe nach die verschiedenen Theile eines in einer geraden Ebene gelegenen Übjectes durch eine Linse scharf wahrnehmen, nicht aber zu gleicher Zeit; und nicht allein erscheinen die verschiedenen Theile des Objectes mit ungleicher Deutlichkeit, auch die Gestalt des scheinbaren Bildes stimmt nicht vollständig mit jener des Objectes überein. Am deutlichsten tritt dies hervor, wenn man ein Netz oder eine Gaze betrachtet, die aus viereckigen Räumen oder Maschen zusammengesetzt ist. Bringt man dessen Mitte in eine solche Entfer- nung von der Linse, dass sie am schärfsten wahrgenommen wird, so sieht man statt der rechtwinkligen Maschen, wie sie in Fig. 51 darge- stellt sind, das in Fig. 52 abgebildete Netz, dessen Maschen nur in der Fig. 51. Fig. 52. Mitte nahezu quadratisch sind, immer mehr und mehr verdreht krümmten Linien nach einwärts Fig. 53. nach der Peripherie des Feldes zu aber werden, aber so, dass die Bogen der ge- sehen, mithin die entgegengesetzte Rich- tung haben, als in dem nämlichen Netze, wenn dasselbe wie in Fig. 53 als Luft- bild gesehen wird. Ist dagegen die Fläche, worin das Object befindlich ist, dergestalt gebo- gen, dass alle Punkte des letzteren sich in jener Entfernung vom optischen Mittelpunkte der Linse befinden, wel- che erforderlich ist, damit die Vereini- gungspunkte aller Strahlen gerade auf die Netzhaut fallen, dann wird man die gesammte Oberfläche des Objectes zu gleicher Zeit gleich scharf wahrnehmen. Man bezeichnet dies mit dem Namen des Gerades Gesiuhkslcld; Vergrösserung der Liut;en. 97 geraden G esi chtsfeld es. Bedient man sich einfacher Linsen, so kann ein solches gerades Gesichtsfeld natürlich nur selten auf voUkonunene Weise erlangt werden, weil die Objecte fast immer in einer geraden Ebene sich befinden. Da indessen das Gesichtsfeld hier meistens klein ist, und nur jener Tlieil des Bildes, der die geringste Krümmung hat, auf der Netz- haut sich ausdrückt, so stört diese Un Vollkommenheit nicht gerade sehr bedeutend. Uebrigeus werden wir gleich sehen , da^s es Mittel giebt, das einfache Mikroskop auch in dieser Beziehung zu verbessern. Nach dem, was weiter oben (§. 39) über den verschiedenen Gang 111 der durch eine Sammellinse gebrochenen Strahlen mitgetheilt wurde, je nachdem das Object im Hauptbrennpunkte, oder vor oder hinter dem- selben befindlich ist, fällt es nun nicht schwer, die Stelle zu bestimmen, wo ein Object sich befinden muss, damit seine Strahlen nach dem Durch- tritte durch die Linse die bestimmte Richtung annehmen, welche nöthig ist, damit ihre Vereinigungspunkte auf die Netzhaut treffen. Für ver- schiedene Augen muss aber nothwendiger Weise hier eine Verschieden- heit sich geltend machen, da die Entfernung, in welcher man gewöhn- lich deutlich sieht, die also dem gewöhnlichen Accomniodationszustande des Auges entspricht, für Jedermann eine andere ist. Bei einem Fern- sichtigen, dessen mittlere Sehweite z. B. 40 Centimeter ist, werden die ins Auge eintretenden Strahlen auffallend weniger divergirend werden müssen als bei einem anderen, der kurzsichtig ist und für gewöhnlich auf 10 Centimeter Entfernung scharf und deutlich sieht. Bei beiden wird das Object zwischen dem Hauptbrennpunkte und der Linse liegen müssen, der erstere indessen wird dasselbe dem Hauptbrennpunkte näher bringen müssen als der letztere. Im Allgemeinen gilt als Regel, je fern- sichtiger Jemand ist, um so mehr muss das Object dem Brennpunkte der Linse genähert sein , und wenn die Entfermmg des deutlichen Sehens eine, unendlich grosse wäre, so dass das Auge parallel auffallende Strah- len am besten sähe, dann raüsste das Object gerade in den Brennpunkt kommen. Dies kommt aber nur äusserst selten vor und keineswees als die Regel, wie von manchen Autoren mit Unrecht angegeben worden ist. Aus allem bisher Angeführten ei'giebt sich, dass die durch eine 112 Linse erreichte Vei'grösserung niemals eine absolute ist, sondern stets nur eine relative, da sie bedingt ist von dem Auge, welches durch die Linse sieht. Wer gewohnt ist, alles, was er deutlich sehen will, 10 Centimeter vom Auge zu halten, ist auch daran gewöhnt, alle dergleichen Objecte viermal grösser zu sehen, als ein anderer, der die Dinge am liebsten 40 Centimeter vom Auge hält. Die mittlere Sehweite des Auges ist es also, die bei der Berechnung, wie Mikroskope vergrössern, jedesmal zu Grunde gelegt werden muss. Streng genommen sollte die Entfernung des Nähepunktes zu dieser Bestimmung genommen werden, weil bis zu die- sem hin das Auge vollkommen im Stande ist, durch blosses Accommodations- vermögen die Bilder mit Schärfe auf die Netzhaut zu bringen ; da indes- Ilartiiig's MiUrosUiip. • 98 ' Vergrosseruiig der Linsen. sen der Zustand, worin das Auge alsdann sich befindet, stets ein gezwun- gener und ungewohnter ist, so erscheint es zweckmässiger, die Vergrösse- rung für jene mittlere Sehweite zu berechnen, welche dem gewöhnlichen Zustande des Auges beim Sehen am meisten entspricht. Dass aber diese auch sehr verschieden ist, weiss Jedermann. Da nun diese Verschieden- heit auch von Einfluss ist auf den Ort, welchen das Object im Verhält- niss zur Linse einnimmt, so ergiebt sich, dass die von vielen gegebene Vorschrift, man solle, um die Vergrösserung aufzufinden, die mittlere Sehweite des Auges durch die Brennweite der Linse theilen , nicht ganz genau sein kann. Dies ergiebt sich schon daraus , weil man bei diesem Verfahren zu der durchaus falschen Folgerung kommen würde, Linsen, deren Brennweite grösser ist als die mittlere Sehweite, wirkten nicht vergrÖssernd, sondern verkleinernd. Ein genaues Resultat erhält man aber, wenn man beiderlei Entfernungen zusammenzählt und die Summe durch die Brennweite dividirt. Ein paar Beispiele mögen zur Erläuterung dienen. Für A, dessen mittlere Sehweite = Ißi!™'" gefunden wurde (§. 67), giebt eine Linse von 10™"" Brennweite eine Vergrösserung von — — oder 17,2. Für B dagegen, dessen mittlere Sehweite = 372'"™ gefunden wurde (§. 67), 382 vergrössert die nämliche Linse — — oder 38,2mal. * 10 Berechnet man die Grösse der Netzhautbildchen für Augen mit un- gleicher mittlerer Sehweite, so ergiebt sich hieraus, dass auch das abso- lute Maass der Vergrösserung durch eine und dieselbe Linse verschieden ausfallen kann. Gesetzt, die Grösse des Objectes wäre 1"™, die Entfer- nung des Kreuzungspunktes von der Hornhaut betrüge lö™" und von der Netzhaut 14""™, dann wird das Netzhautbildchen im Auge des kurzsich- tigen A 1,384""" und in jenem des fernsichtigen B 1,393°"° gross sein. -.,n Wenn sich das Object nicht in dem Brennpunkte befindet, sondern diesseits desselben, so muss die Brennweite um eine bestimmte Grösse verkleinert werden , wenn man die wahre Entfernung des Objectes von der Linse finden will. Man findet dieselbe, wenn man das Quadrat der Brennweite mit der Summe der mittleren Sehweite und der Brennweite dividirt. In den eben angeführten Beispielen ist also die Entfernung für ^ _ 10 — i^ = 9,42"^°^, für B = 10 — ^ = 9,74'°°'. Das Ob- 1/2 ob2 ject ist also bei. 5 0,32™"' weiter von der Linse, oder mit anderen Wor- ten vom Auge entfernt als bei A *). *) Mathematisch ausgedrückt ist die Vergrösserung m = oder , vras das P Niinüiehe ist. — -I- 1 , die Emfernung des Objectos von der Linse aber ist P z=z p — — ^ , wo V die mittlere Sehweite und p die Brennweite bezeichnet. Bestiinmuug der Brennweite von Linsen. 99 Die vergrössernde Kraft einer Linse lässt sich, wie wir saiien, leiciit 114 berechnen, wenn man ihre Brennweite kennt. Nach dem oben Angege- benen (§. 38) lässt sich diese Brennweite berechnen, wenn das Brechungs- vermögen des Mediums, woraus die Linse besteht, und wenn die Krüm- mung ihrer Oberfläche bekannt ist. Bei Linsen indessen, wie sie ge- wöhnlich in Mikroskopen angewendet werden, ist es nicht möglich, die Form mit hinreichender Grenauigkeit zu bestimmen, dass sie der Berech- nung zu Grunde gelegt werden kann. Hier muss also ein anderes Ver- fahren eingeschlagen werden. In Fällen, wo keine vollkommene Ge- nauigkeit erforderlich ist und wo die Brennweite noch 1 Centimeter oder mehr beträgt, kann man sich damit begnügen, das Sonnenbild durch die Linse auf einen Schirm auffallen zu lassen und die Entfernung zu messen, bei welcher dieses Bildchen am kleinsten und am schärfsten sich dar- stellt. Man addirt zu dieser Entfernung noch jene von der Linsenober- fläche bis zum optischen Mittelpunkte, bei biconvexen Linsen mit glei- chen Krümmungen also die halbe Dicke der Linse, und die so erhaltene Entfernung kann man als die wahre Brennweite betrachten, weil die Sonnenstrahlen nahezu parallel sind. Statt der Sonne kann man auch jeden anderen leuchtenden Körper, z. B. die Flamme einer Kerze, benutzen. Misst man die Entfernung der Linse vom Bilde sowohl wie von der Flamme, multiplicirt die erhaltenen Werthe mit einander und dividirt das Product durch die Summe beider, so ist der erhaltene Quotient die gesuchte Brennweite für parallele Strah- len. Ist also a die Entfernung von der Linse bis zum leuchtenden Ob- jecte, h die Entfernung von der Linse bis zum Bilde, dann ist die _ . ah Brennweite p = ; — -. a -\- h Ist die Brennweite sehr verkürzt, dann reichen die erwähnten Metho- 115 den nicht mehr aus und man muss sich dann auf andere Weise zu helfen suchen. Goring {Micrographia^ containing practical essays etc. by C. B. Goring and Andrew Pritchard. 1837, p. 35) hat sich eines Verfahrens be- dient, welches auch durch Mo hl (Mikrographie oder Anleitung zur Kenntniss und zum Gebrauche des Mikroskopes, 1846, S. 15) anempfoh- len worden ist. Die Linse nämlich, deren Brennweite bestimmt werden soll, benutzt man als Ocular eines Teleskops, und mit einem Ramsden- schen Dynameter misst man die stattfindende Vergrösserung. Zuerst be- stimmt man die Brennweite des Objectivglases oder des Spiegels, zu welchem Ende man, um den Brennpunkt für parallele Strahlen zu finden, das Bild der Sonne auff"angen kann. Dividirt man dann die Brennweite des Objectivglases mit der Vergrösserung, welche das Dynameter angiebt, so ist der Quotient die gesuchte Brennweite der Linse, welche als Ocular eingesetzt war. Hätte man z. B. die Brennweite des Objectivglases oder des Spiegels = 2,5 Meter gefunden, und der Rahmen des davor befind- lichen Dynaraeters hätte eine Oeffnung von 81,6"'"", das mit dem Dyna- meter gemessene Bild aber hätte 1,55'"'" Durchmesser, dann vergrössert ' 7* 100 Bestimmung der Brennweile von Linsen. Q -1 p das Fernrohr — ^— = 52,Ginal, und die als Ocular gebrauchte Linse 1,55 , 2500 ,^ ^„„, o hat — r — = 47,5™™ Brennweite. 52,6 Diese Methode muss nothwendiger Weise sehr genaue Resultate ge- ben. Indessen passt sie nicht mehr bei Linsen mit sehr kurzer Brenn- weite, die dem zu Folge auch nur eine kleine Oeffnung haben; denn diese lassen zu wenig Licht durch, als dass sie noch als Oculare benutzt werden könnten. Hat man aber für Eine Linse die Brennweite mit grosser Genauigkeit bestimmt, dann kann diese Bestimmung dazu benutzt werden, die Brennweite anderer Linsen zu finden. Man gebraucht näm- lich jene Linse, deren Brennweite gefunden worden ist, als Objectiv- glas eines zusammengesetzten Mikroskops , in dessen Ocular ein Mi- krometer eingefügt ist. Durch dieses Mikroskop betrachtet man nun ein anderes Mikrometer und untersucht, wie viele Maasstheile des ersten Mikrometers auf einen Maasstheil des letzteren kommen. Oder man lässt auch das Mikrometer im Ocular weg und zählt blos, wie viele Maasstheile des als Object benutzten Mikrometers im Gesichtsfelde des Mikroskops liegen. Gebraucht man nun eine andere Linse, deren Brennweite bestimmt werden soll, als Objectivglas in dem nämlichen Mikroskope (wobei natürlich Sorge getragen werden muss, dass die Ent- fernung des optischen Mittelpunktes der Linse vom Ocular immer so viel möglich die nämliche ist) und zählt man alsdann ab, wie viele Maass- theile des Objectmikronieters im Gesichtsfelde oder in einem Maasstheile des Ocularmikrometers enthalten sind, dann lässt sich hieraus mit Leich- tigkeit berechnen, wie die vergrössernde Kraft der beiden Linsen sich zu einander verhält. Angenommen z. B. mit der Linse, deren Brenn- weite bekannt ist, würden 50 Einheiten an dem nach einem bestimmten Maasse eingetheilten Mikrometer im Gesichtsfelde wahrgenommen, und mit drei anderen Linsen, die statt ihrer der Reihe nach als Objectivlinsen gebraucht werden, würden 100, 10 und 5 Einheiten in der Breite des Gesichtsfeldes wahrgenommen, dann verhält sich die vergrössernde Kraft der ersten Linse zu jener der- drei anderen Linsen wie 50 : 100, 50 : 10 und 50 : 5 (0,5 : 1, 5:1, 10 : 1), d. h. von den drei geprüften Linsen ver- grössert die erste nur halb so viel als die Probelinse, die zweite aber vergrössert fünfmal und die dritte zehnmal mehr. Da nun die vergrös- sernde Kraft in gleichem Verhältniss zunimmt, als die Brennweite ab- nimmt, so würden, wenn die Brennweite der Probelinse mit dem Dyna- meter = 47,5""" gefunden worden wäre, die Brennweiten der drei unter- suchten Linsen 05™'", 9,5™™ und 4,75™™ betragen. 116 Es giebt aber noch einen anderen Weg, die Brennweite so kleiner Linien zu ermitteln, der eben so genaue Resultate liefert als die Anwendung des Dynameters und dabei den Vortheil gewährt, dass er sich eben so gut bei Linsen mit sehr kurzer Brennweite benutzen lässt, wie bei jenen mit länf^erer Brennweite. Dazu ist es nöthiff, dass man mittelst der Bestiininung der Brennweite von Linsen. 101 Linse, deren Brennweite bestimmt werden soll, das Bild eines als Object benutzten Mikrometers auf einem Schirme auffangt, der sich in einer bekannten Entfernung davon befindet. Am besten benutzt man dazu das später zu besclireibende tragbai-e Sonnenmikroskop, oder auch sonst ein gewöhnliches Sonnenmikroskop. Wer übrigens keins von beiden besitzt, der kann auch das Rohr eines gewöhnlichen zusammengesetzten Mikro- skopes nehmen, aus dem das Ocular weggenommen und durch ein mat- tes Glas ersetzt woi'den ist, und als dessen Objectiv die Linse dient, de- ren Brennweite bestimmt werden soll. »Sind die Linsen nicht gar zu klein, so kann man zur Beleuchtung auch die Hydrooxygengastiamme oder Kalk benutzen, ja bei grösseren Linsen selbst die Flamme einer ge- wöhnlichen Arg and' sehen Lampe. Hat man ein ganz scharfes Bild des Mikrometers auf dem Schirme, so misst man die Grösse der Thei- lungseinheiten und daraus erkennt man dann unmittelbar die Vergrösse- rung, welche durch die Linse bei dieser Entfernung zu Stande kommt. Um nun hieraus die Brennweite zu berechnen, muss man zunächst die Entfernung des Objectes, hier also des Miki'ometers von der Linse ken- nen. Diese wird dadurch gefunden, dass man den bekannten Durch- messer des Objectes mit der Entfernung zwischen Bild und Linse multi- plicirt und das Product mit dem Durchmesser des Bildes dividirt. Ein Object z. B. mit 0,5""" Durchmesser soll auf einem Schirme, der in 250""" Entfernung aufgestellt ist, ein Bild von 110""" Grösse er- zeugen, dann ist der gesuchte Abstand des Objectes von der Linse 250 .05 = — = l,lo6""". Diese Entfernung ist indessen nicht die wahre 110 ° Brennweite der Linse, sondern etwas grösser; denn wenn ein Gegen- stand ein Bild hervorbringen soll, so muss er sich ausserhalb des Haupt- brennpunktes der Linse befinden (§. 42). Um aus der gefundenen Ent- fernung die wahre Brennweite zu berechnen , multiplicirt man die Ent- fernung des Bildes von der Linse mit der Entfernung des Objectes von der Linse, und dividirt das Product durch die Summe der beiden Entfer- nungen. Darnach wäre die Brennweite der Linse in dem angeführten 250.1,136 „ T. ,T . . Falle = — -. ^ ■■ ^ ^ „ = 1,131"'"'. Der Unterschied zwischen dem Ab- 2 0 1 , 1 o D stände des Objectes von der Linse und der wahren Brennweite ist aber so ausnehmend gering (hier nur 0,005™"'), dass man ihn hier ganz ver- nachlässigen kann. Für die Bestimmung der Brennweite stark vergrös- sernder Linsen genügt es vollkommen, wenn man bei der Berechnung den erstem Abstand zu Grunde legt *). *) Ist der Durchmesser des Objectes = h, jener des Bildes = d, die Entfernung des Bildes vom Mittelpunkte der Linse =r b, und die Entfernung des Objectes vom Mittelpunkte der Linse zzz a, dann ist a = -y, nnd die wahre Brennweite ab 102 Bestimmung der Vergrösserung einer Linse. Kommt es blos darauf an, die Vergrö?serung der Linse in einem einfachen Mikroskope ausfindig zu machen und wird dabei keine gar zu grosse Genauigkeit erfordert, so genügt es, die Grösse des Bildes auf dem Schirme für jene Entfernung, die man als die normale mittlere Seh- weite annimmt, zu messen, z.B. für 25 Centimeter oder für irgendeine an- dere Entfernung, die man bei Berechnung der Vergrösserungen zu Grunde zu legen vorzieht. X17 Kommt aber der Schirm auch genau in die Entfernung, die man dem Augenabstande entsprechend annimmt, für welchen alle Vergrösse- rungen bestimmt werden sollen, so darf man nicht vergessen, dass die dafür gefundene Zahl nur annäherungsweise genau ist. Ein Object, das man durch die Linse betrachtet, muss sich innerhalb des Brennpunktes befinden, dagegen muss das Object, wenn in einem Sonnenmikroskope oder in einem anderen Mikroskope ein Bild davon entstehen soll, stets etwas ausserhalb des Brennpunktes zu stehen kommen. Daher rührt es, dass der Werth der auf letzterem Wege erhaltenen Vergrösserung immer etwas zu niedrig ausfällt. Ich will dies auch wieder durch ein Beispiel erläutern. Wir sahen so eben, dass ein Object, welches 0,5°™ Durchmesser hat, mit einer Linse von 1,131""" Brennweite bei einer Entfernung von 25 Centimeter ein Bild erzeugt, das 110™™ Durchmesser hat. Es vergrössert also diese Linse, wenn sie in einem Bildraikroskope gebraucht wird, -—- = 220mal. Berechnet man aber nach der früher (§. 112) besprochenen Methode die vergrössernde Kraft dieser nämlichen Linse, wenn sie zu einem einfachen Mikroskope benutzt wird, so erhält man für eine mittlere Sehweite von 25 Centimeter -^- — oder eine 222malige Vergrösserung. Man ersieht hieraus, dasa, wo es auf grosse Genauigkeit ankommt, wenn man z. B. das Vergrösserungs vermögen zum Behufe von Messungen kennen muss, man sich nicht lediglich auf das gefundene Verhältniss zwischen den Durchmessern des Objectes und des Bildes verlassen darf. jjg Das einfachste Verfahren, um die vergrössernde Kraft von Linsen sowohl als von Mikroskopen im Allgemeinen (Bildmikroskope ausgenom- men) zu bestimmen, wodurch bei einiger üebung und Geduld sehr ge- naue Resultate erhalten werden können , besteht darin , dass man mit Einem Auge durch das Mikroskop nach einem Gegenstande sieht, dessen Grösse bekannt ist, z. B. auf die Theihingen eines Glasmikrometers, und mit dem anderen Auge auf einen zur Seite des Mikroskops in der Ent- fernung des deutlichen Sehens befindlichen Maassstab oder auf einen Cir- kel, womit man den Durchmesser des scheinbaren Bildes nimmt. Später werde ich auf dieses Verfahren zurückkommen und dann zugleich die Vorsichtsmaassregeln angeben, die dabei zu beobachten sind. |iQ Hat man durch dieses oder ein anderes Verfahren das Vergrösse- rungsvermögen einer Linse für eine bestimmte mittlere Sehweite gefun- Entfernung zwischen Auge und Linse. 103 den , so lässt sich hieraus wieder seinerseits die Brennweite berechnen. V Es ist nämlich die Brennweite p = , wo u die mittlere Sehweite 771 1 und m die gefundene Vergrösserung bezeichnet, d. h. sie wird durch den Quotienten ausgedrückt, den die mittlere Sehweite zum Dividenden, die um eine Einheit verminderte Vergrösserung zum Divisor hat. So würde z. B. eine Linse, die bei einer Deutlichkeitsentfeinung von 162 """ 162 17,2 Male vergrössert, eine Brennweite von -rz-z r= 10™"' haben. Bei alle dem, was bisher über die Vergrösserung durch Linsen mit- 120 getheilt wurde, ist der Fall vorausgesetzt worden, der in Wirklichkeit niemals in Vollständigkeit eintritt, dass die Linse ganz ans Auge gehalten wird und dass dieselbe ausserdem auch keine Dicke besitzt. Dass der Abstand zwischen Auge und Linse auf die Vergrösserung von Einfluss ist, ergiebt sich schon aus dem früher Mitgetheilten, wornach die Vergrös- serung zum Theil im Auge selbst begründet ist und mithin die Ver- grösserung beim Gebrauche der nämlichen Linse verschiedenartig aus- fallen muss, sobald sich die Entfernung des Auges vom Objecte abändert. Man braucht nur Fig. 50 (S. 93) zu betrachten, um zu sehen, dass der Gesichtswinkel a" oh" grösser werden würde, wenn die Linse AB zu- gleich mit dem Objecte näher dem Auge gebracht würde. Uebrigens aber kann man sieh von der Richtigkeit der Sache auf sehr einfache Weise überzeugen. Am besten nimmt man dazu eine Linse, die 2 bis 3 Centimeter Brennweite hat. Man hält eine solche Linse dicht vor das Auge und blickt durch sie auf die Buchstaben eines Buches, welches in solcher Entfernung gehalten wird, dass die Buchstaben deutlich und scharf her- vortreten. Entfernt man dann das Auge, während die Linse immer gleich weit vom Buche bleibt, so werden die Buchstaben scheinbar grösser, weil ein Diffusionsbild auf der Netzhaut entsteht, dem das frühere scharfe Bild an Grösse nachsteht. Sollen bei dieser grösseren Entfernung des Auges die Buchstaben wiederum gleich scharf und deutlich hervortreten wie früher, so muss man die Linse dem Buche etwas näher bringen; die Ver- grösserung wird dann nicht mehr so bedeutend sein wie früher. Hieraus folgt nun, dass es nicht ohne Einfluss auf die vergrössernde Kraft einer Linse ist, wie dieselbe eingefasst wurde, und dass man als allgemeine Regel aufstellen darf, die mechanische Einrichtung zum Ein- schliessen einer für ein einfaches Mikroskop bestimmten Linse müsse der Art sein, dass die möglichste Annäherung der Linse ans Auge gestattet wird. Wenn daher in allen jenen Fällen, wo die Linse nm* die Bestim- mung hat, ein Bild des Objectes zu liefern, also in zusammengesetzten dioptrischen Mikroskopen, in Sonnenmikroskopen u. s. w., es ganz einerlei ist, ob die Röhren, in welche Linsen gefasst werden, kurz oder lang sind, wenn nur ihre Ränder den Strahlen nicht den Weg abschneiden, so ist 104 (Tcsichtsl'eld. es dagegen bei den Linsen der einfachen Mikroskope ein dringendes Er- fordernids, dass ihre Röhren so abgeplattet als möglich und etwas aus- gehölilt sind. In der That sieht man auch bei allen neueren einfachen Mikroskopen diese Form verwendet. 121 Aber nicht blos der Vergrösserung halber, sondern hauptsächlich auch aus einem anderen Grunde verdient diese Form den Vorzug. Je näher nämlich an die Linse das Auge gehalten wird, um so grösser ist das Gesichtsfeld. Wird an (Fig. 54) durch die Linse xz betrachtet, pjo-. 54. während das Auge in a' befindlich ist, so wird das Object aa vollständig über- sehen, denn die Strah- len ax und 02, welche den Endpunkten des- selben entsprechen, werden nach dem Durchtritte durch die Linse nach a' gebro- chen und erreichen also das hier befind- liche Auge. Eiitferut pich dieses weiter von der Linse nach h\ so kann es die beiden Enden des Objectes aa nicht mehr wahrnehmen, denn selbst die äussersten von diesen Punkten ausgehenden Stralden , welche noch auf die Linse treffen, gehen in der Richtung xa' und za' links und rechts am Auge vorbei; die übrigen Strahlen aber, welche von den nämlichen Punkten a ausgehen, erreichen das Auge noch weniger, da sie parallel mit za' nach ay und av gebrochen werden. Das in b' befindliche Auge sieht nur noch den Abschnitt bb vom Objecte aa^ denn die Strahlen xb' und zb\ welche den Punkten bb entsprechen, sind die am meisten von der Mitte entfernten, die das Auge noch erreichen können. Alle zwi- schen a und b liegenden Punkte sind für das Auge unsichtbar. Das in c' befindliche Auge endlich erblickt nur jenen zwischen c und c befind- lichen Abschnitt des Objectes u. s. w. Hieraus ergiebt sich nun, dass die durcli eine Linse sichtbare Fläche oder, mit anderen Worten, das Gesichtsfeld um so grösser sich darstellt, je kürzer die Entfernung zwischen Auge und Linse ist, und am grössten dann, wenn beide einander unmittelbar berühren. Yl'l Die Grösse des Gesichtsfeldes ist aber ausserdem noch von der Oeffnung der Linse abhängig. Diese zu bestimmen, genügt es bei Linsen, die noch einen massigen Dui'chmesser besitzen, diesen Durch- messer der Linse oder den Durchmesser ihres unbedeckten Theiles zu messen. Bei sehr kleinen Linsen nniss dazu ein anderer Weg einge- schlagen werden. Am besten kommt man zum Ziele, wenn man parallele Lichtstrahlen, z. 13. von der Sonne, luid bei sehr kleinen Linsen concen- Fitr- 55. OefFnung der Linsen. 10.5 trirtes ptiralleleP Licht auf die Linse fallen lässt, wie a und b in P'ig. 55. Diese werden sich hinter der Linse im Brennpunkte p kreuzen, und wenn dann in einiger Entfernung von der Lin?e ein Schirm aufgestellt wird, so entsteht auf diesem ein vergrössertes I^ild der Linsenölf- nung, oder i;igent1ich ein Diffusioii.'bild der Sonne. Wird der Öchirni in der Ent- fernung jj'? vom Kreu- zungppunkte gehal- ten, so hat man in cd den Durchmesser des vergrösserten Bil- des. Der .Versuch muss natürlich in eiaem dunkeln Räume angestellt werden. Die Räuder des solchergestalt auf dem Schirme aufgefangenen Licht- kreises sind freilich nicht ganz scharf; ist indessen die Entfernung nicht zu gross, dann lässt sich der Durchmesser noch mit ziemlicher Genauig- keit feststellen. Aus der Figur ersieht man aber deutlich, dass dieser Durchmesser um so viel Male grösser ist denn jener der Linse, als die Brennweite op in der Distanz pq vom Brennpunkte bis zum Schirme enthalten ist. Hat man also vorher nach dem oben (§. 116) angegebenen Verfahren die Brennweite bestimmt, so lernt man durch eine einfache Berechnung den Durchmesser der Linsenöffnung kennen. Die Grösse des Oeffnungswänkels, hier also ÄpB, lässt. sich eben- falls durch Berechnung leicht ausfindig machen*). Für praktische Zwecke, w^enn es nicht auf die äusserste Genauigkeit ankommt, kann man sich damit begnügen, den gefundenen Durchmesser der Linse so wie deren Brennweite (oder, wenn beide sehr klein sind, Multipla derselben) auf ein Papier zu bringen und dann die Linien 4 cZ undi5c durch den Brenn- punkt p zu zieheu. Der Winkel cpd^ der dem Winkel ApB gleich ist, kann dann mit einem Gradbogen gemessen werden. Beträgt z. B. die Brennweite der Linse 10""", die Entfernung vom Schirme 50""", der Durchmesser des Lichtkreises 44""", *) Ist der Ocffnungswiiikel = Q,, der Durchmesser der Linse z=i cl, die Brennweite z= p, die Entfernung von der Linse bis zum Schirme = o, der Durchmesser des erbaUcnen Kreises endlich =z 6, dann ist rf = und tanq. V, Q =; -r — • a — p ■ 2 p lOG Lichtstärke der Linsen. 44. 10 dann ist dex' Durchmesser der Linse — — oder 11"". Trägt man DU — ±\) diese Data auf genannte Weise aufs Papier über, so wird man einen Oeft- nungswinkel von etwa bS^ erhalten. 123 Neben der vergrösserndeu Kraft und dem Gesichtsfelde ist bei der Verwendung von Linsen zu einem einfachen Mikroskope noch auf einen anderen Umstand zu achten, nämlich auf das Maass der Lichtstärke oder der Helligkeit, welche die dadurch betrachteten Objecte besitzen, oder mit anderen Worten auf die Lichtmenge, welche durch die Linse zum Auge gelangt. Beim gewöhnlichen vSehen hängt die Helligkeit eines Sehobjectes zunächst von dem Beleuchtungsgrade desselben ab, zweitens aber auch von der Oeffnung der Pupillen. Je mehr Strahlen nämlich von einem leuchtenden Punkte ins Auge gelangen können, um so heller erscheint derselbe. Erweitert sich die Pupille, so wird mehr Licht hindurchtreten, und da die Erweiterung in einer Ebene stattfindet und gleichmässig nach allen Richtungen, so nimmt die Lichtmenge im quadratischen Verhältniss des Pupillendurchmessers zu oder ab. Durch eine Pupille z. B. von 4°"° Durchmesser dringt viermal mehr Licht, als wenn dieselbe auf "2"" Durchmesser verengt ist. Das Nämliche gilt von Linsen, die zwischen dem Auge und einem Objecte befindlich sind. Bei so kleinen Linsen, wie die, wovon hier die Rede ist, kann man ohne erheblichen Irrthum annehmen, dass der Durch- messer der Linse gleich ist jenem des Strahlenbüschels, welches auf die Linse fällt, und hieraus folgt wieder, dass die Lichtstärken zweier Linsen sich wie die Quadrate ihrer Durchmesser verhalten. Um nun einen Maassstab für die Erhellung der Objecte zu haben, welche durch eine solche Linse gesehen werden, vergleicht man damit die Erhellung der nämlichen Objecte beim Betrachten mit blossem Auge: nach dem Gesagten verhält sich die Erhellung eines mit blossem Auge betrachteten Objects zu dessen Erhellung, wenn es durch eine Linse ver- grössert gesehen wird, wie das Quadrat des Pupillendurchmessers zum Quadrate des Linsendurchmessers. Ist der Linsendurchmesser gleich dem Pupillendurchmesser, dann ist die Erhellung des durch die Linse gesehenen Objectes, wenn man von dem geringen Verluste beim Durch- gange durch die Linse selbst absieht, gleich der Erhellung des nämlichen Objectes beim Betrachten mit blossem Auge; in dem Maasse aber, als die Vergrösserung der Linse zunimmt, ihr Durchmesser oder ihre Oeffnung also abnimmt, vermindert sich auch die Erhellung in starkem Maasse. Zur Erläuterung diene folgende von Littrow (Dioptrik, S. 379) berech- nete Tabelle, worin der Pupillendurchmesser zu 0,1 Par. Zoll (etwa 2,7""") angenommen wird , der Durchmesser der Linsen aber für den Fall berechnet ist, wo beide Flächen so gekrümmt sind, dass die ge- ringste sphärische Aberration eintritt. Die Vergrösserungen sind für Lichtstärke der Linsen und Kucfln. 107 eine Sehweite von 8 Par. Zoll berechnet. Sie würden sich etwas anders herausstellen, wenn sie nach der im §. 112 angegebenen Methode be- rechnet wären und nicht einfach dadurch, dass man die Sehweite durch die Brennweite dividirt, wie es Littrow gethan hat. Vergrösse- rung. BrenmvL'ite in Pariser ZoUen. Durchmesser der Liuscn- öffnung in Pariser Zollen. Grad der Erhellung. S 1,000 0,100 1,000 10 0,800 0,080 0,800 •20 0,400 0,040 0,400 40 0,200 0,020 0,200 CO 0,133 0,013 0,183 80 0,100 0,010 0,100 100 0,080 0,008 0,080 120 0,0G0 0,00G 0,0G0 140 0,057 0,000 0,057 IGO 0,050 0,005 0,050 Man ersieht hieraus, dass die Helligkeit gleichmässig mit der Brenn- weite abnimmt. Eine Linse, welche zwanzigmal stärker vergrössert, als eine andere, bewirkt auch eine zwanzigfache Abnahme der Lichtstärke desObjectes. Daraus ergiebt sich aber die Nothwendigkeit, dass man bei Anwendung kleiner Linsen die Lichtstärke der Objecte künstlich ver- mehren muss. Uebrigens ist der Grad der Helligkeit auch nach der Form der Linsen ein verschiedener. Linsen von der besten Form und biconvexe Linsen mit gleicher Krümmung beider Oberflächen verhalten sich nach Littrow in Betreff der Helligkeit zu einander etwa wie 8:7, wenn die Länge der sphärischen Aberration bei beiden gleich ist. Benutzt man Glaskugeln statt der Linsen, so wird man finden, dass bei gleicher Vergrösserung die Helligkeit bei den Glaskugeln etwas grösser ist. Dies ergiebt sich aus der Vergleichung der folgenden von Euler (Dioptrica, Cap. 1. Probl. 4) berechneten Tabelle mit der vor- stehenden. Vcrbcssening der sphärischen Aberration. Vcrgrösse- VllllSI. Brounvveite Durchmesser in Pariser Zollen. der Kugel in Paris r Zollen. 10 •20 .SO 40 .-JO GO 0,232 0,11G 0,077 0,0.58 0,046 0,038 1,13G 0,.5G8 0,378 0,284 0,22:-; 0,188 Grad der Erhellung. 0,998 0,499 0,333 0,249 0,199 0,lGr, J24 Wenn nun iiber diese grö.ssere Helligkeit den Glaskugeln einen \'"or- zug vor den Linsen zu geben scheint, so wird dieser Vortheil wiederum mehr als aufgewogen durch den Nachtheil, den ihre so kurze Brennweite und die damit zusammenhängende Kleinheit des Gesichtsfeldes (§. 41) mit sich führt. In früherer Zeit, wo das zusammengesetzte Mikroskop noch nicht die Stufe der Vollkummenheit erreicht hatte, aul' der wir es jetzt finden, und auch späterhin, als gute aplanatische Mikroskope noch hoch im Preise standen, waren kleine stark vergrössernde Glaskiigelchen, die gleich Linsen beim einfachen Mikroskope verwendet wurden, ganz passend, weil man dadurch eine Reihe von Vergrösserungen erhalten konnte, die weit über jene der gesehlifl'enen Glaslinsen gehen. Gegen- wärtig jedoch, wo man für eine verhältnissmässig kleine Summe ein gutes Mikroskop bekommen kann, wird es Niemand mehr einfallen, seine Zuflucht zu solchen Glaskügelchen zu nehmen, deren Benutzung viel zu beschwerlich ist, obwohl man durch dieselben, wenn sie gut gefertigt sind, sehr bestimmt und scharf beobachten kann. Ich will deshalb hier nichts über ihre Anfertigung erwähnen, und was sonst über sie mitzu- theilen wäre, soll im dritten Buche seine Stelle finden. Weiter oben sind mit der nöthigen Ausführlichkeit die beiden Haupt- gebrechen der Linsen betrachtet worden, die sphärische Aberratioia und die ch ro mati s che Aberration, wobei zugleich der Mittel gedacht wurde, die zu ihrer Beseitigung dienen. Die chromatische Aberration ist beim Gebi'auche der Linsen im einfachen Mikroskope weniger zu besor- gen als die sphärische; auch übt sie auf die Helligkeit des Netzhautbild- chens einen weit geringeren Einfluss, als wenn die nämlichen Linsen als Objectivc eines zusammengesetzten Mikroskopes Venutzt werden. Für Lupen und einfache Mikroskope ist es daher von geringem Belange, ob achromatische Linsen benutzt werden, es müsste denn, wie es freilich immer der Fall ist, zugleich auch die sphärische Aberration durch die Vereinijrung von Krön- und Flintglas verbessert werden. Verbesserung der sphärischen Aberration. 109 Die sphärische Aberration lässt sich aber, wie iriilier (§§. 49 bi.^ 52) angeführt wurde, noch auf mehrfache andere Wei?en verbessern. Wir haben diese Verbesserungen hier kürzlich in ilu-er Anwendung beim ein- fachen Mikroskope zu betracliten. 1)^ Die sphärische Aberration lässt sich auf ein jMinimum reduciren, wenn den beiden Oberflächen der Linse ein passender Krümmungsgrad ertheilt wird. Bei Kronglas mit dem Brechungsindex l,r,34 ist die° sphä- rische Aberration, wie wir gesehen haben (§. 52), am schwächsten, wenn die Radien beider Oberflächen sich wie 1 : 8,6 zu einander vei'halten, und mit der Zunahme des Brechungsindex wächst auch die Differenz dieses Verhältnisses. Da nun. eine planconvexe Kronglaslinse in ihrer Gestalt einer Linse von der besten Form schon sehr nahe kommt, so folgt hieraus, dass solche Linsen immer den Vorzug verdienen vor jenen, die auf beiden Seiten gleichmässig gekrümmt sind. Ausserdem muss die weniger gekrümmte Fläche, bei planconvexen Linsen also die platte Oberfläche, dem Objecte zugekehrt sein. 2) Hat die Linse eine zu grosse Oeffnung, so muss diese verkleinert werden, weil die sphärische Aberration immer mehr zunimmt, je näher dem Linseurande die Strahlen durchgehen. Dies lässt sich auf verschie- dene Art erreichen. Das älteste und gebräuchlichste Verfahren besteht darin, dass man ein durchbohrtes Plättchen oder ein Diaphragma über der Linse anbringt, wodurch die Randstrahlen abgehalten werden. Das Diaphragma kann auch nach Wollaston zwischen zwei mit ihren platten Flächen einander zugekehrten planconvexen Linsen liegen (Fig. 56), die zusammen eine biconvexe Linse darstellen. Das nämliche Ziel würde erreicht werden, wenn man (Fig. 57) nach Browser 's Vorschlage in eine Glaskugel in der Richtung ihres grössten Umfanges eine tiefe ring- förmige Grube schleift. Ferner sind hier die versd-iedenen Arten von Cylinderlupen zu nennen, zu denen auch die Vogelaugenlinsen (Fig. 58) und die Stanhope'schen Lupen (Fig. 59) gehören, welche letzteren Fig- 56- Fig. 57. Fig. 58. Fic 59. ausserdem noch so eingerichtet sind, dass der Brennpunkt der einen gewölbten Oberfläche auf die gegenüber befindliche Fläche fällt, deren Krümmung zugleich dazu dient, alle Theile des Gesichtsfeldes in gleiche Entfernung vom optischen IVIittelpunkte zu bringen (§. 109). Alle diese Linsen haben, wie man sogleich beim Ausehen der Figureu entnimmt, den Zweck, die Randstrahlen nicht ins Auge gelangen zu lassen, was entweder durch ein zwischenliegendes Diaphragma erreicht 110 Verbesserung der sphärischen Aberration. wird, oder dadurch, dass ein Theil der Kugel, wovon die Oberflächen der Linse Segmente darstellen, weggenomraen wird. Später wird ge- nauer über diese verschiedenen Linsen und deren relative Zweckmässig- keit gehandelt werden. Es geniige hier zu bemerken , dass bei allen wegen der starken biconvexen Gestalt die sphärische Aberration nur un- vollkommen beseitigt werden kann, dass sie aber dafür den Vortheil eines ausgebreiteten Gesichtsfeldes bieten, weshalb auch die erste Sorte dieser Linsen von Wollaston den Namen der periskopischen er- halten hat. 3) Eines dritten Mittels, welches unter allen am meisten zum Ziele führen würde, wenn es praktisch sich anwenden Hesse, sei hier nur im Vorbeigehen gedacht. Dieses Mittel ist darin gegeben , dass man den Linsen hyperbolische Krümmungen ertheilt statt der gewöhnlichen sphä- risch gekrümmten Oberflächen. Bis jetzt ist es aber, ungeachtet mehr- facher Versuche, noch nicht gelungen, geschliffenen Linsen eine andere als die sphärische Form zu verschaff'en, und ich würde diesen Punkt sogar ganz mit Stillschweigen übergangen haben , wenn es nicht durch einen glücklichen Zufall wirklich geschehen könnte, dass geschmolzene Glaskü gelchen eine hyperbolische Krümmung bekommen. So wenig- stens erscheint mir die Sache erklärlich, dass man unter einer grösseren Menge solcher Glaskügelchen immer einige antretFen wird, die durch Helligkeit und Schärfe der erzeugten Bilder geschliffene Linsen, deren vergrössernde Kraft gleich gross ist, auffallend übertreff'en. 4) Indem man Linsen aus Substanzen anfertigt, die ein stärkeres Brechungsvermögen haben als Glas, kann man eine stärkere Vergrösse- rung erreichen bei gleichbleibender Aberration. Die Brennweite ge- wöhnlicher Glaslinsen verhält sich zu jener von Saphir-, Granat- und Diamantlinsen wie 1:0,63, 1:0,62 und 1:0,35 (§. 38). Da nun die vergrössernde Kraft in gleichem Maasse zunimmt, als die Brennweite sich verkürzt, so wird z. U. eine Diamantlinse fast dreimal so stark ver- grössern, als eine Glaslinse von gleicher Gestalt und mit der nämlichen sphärischen Aberration. Der relative Werth einer Glaslinse und einer Diamantlinse wird durch Fig. GO erläutert. D ist der halbe Durchmesser pjo- Q^J einer Diamantlinse , G der halbe Durchmesser einer Glaslinse. Der Hauptbrennpunkt beider Linsen liegt in F. Der Eandstrahl der Diamant- linse schneidet die Axe in d, der rlandstrahl der Glaslinse schneidet sie in g. Für die Diamantlinse ist also die Länge der Aberration dF^ für die Glaslinse g F. Dazu kommt noch, dass das Dispersionsvermögen des Diamanten jenem von Ki-onglas fast gleich kommt (§. 55). Deshalb ist bei einer Diamantlinse von gleicher Ocffnung und der nämlichen vergrössernden Edelsteinlinsen. 111 Kraft nicht allein die sphärische Aberration viel unbedeutender als bei einer Glaslinse, sondern eben so auch die chromatische Aberration. Die nämlichen Vorzüge, wenngleich in minderem Maasse, besitzen auch die Linsen aus Granat, Saphir und anderen Edelsteinen. Sind nun aber auch diese Vorzüge solcher Linsen unverkennbar, so ist doch nicht anzunehmen , dass sie die grossen mit ihrer Anfertigung verbundenen Mühen aufwiegen und dass sie den hohen Preis belohnen dürften, den sie mehr noch wegen der schwierigen Herstellung als wegen der Kost- barkeit des Materials haben würden. Diese Schwierigkeiten rühren be- sonders davon her, dass jenen Edelsteinen (mit Ausnahme des Granats, bei dem jedoch die Farbe hinderlich ist) eine doppelte Brechung zu- kommt, und dass demnach nur solche daraus verfertigte Linsen brauchbar sind, deren Axe mit der Axe der doppelten Brechung zusammenfällt, eine Bedingung, die sich nur mit grosser Mühe auf vollkommene Weise erfüllen lässt. Da man nun jetzt am aplanatisch zusammengesetzten Mi- kroskope ein Instrument besitzt, das in allen den Fällen, wo Edelstein- linsen wirkliche Vortheile würden bringen können, diesen Zweck wenig- stens gleich gut erfüllt, so darf man die Bestrebungen, das einfache Mikroskop durch solche Linsen zu verbessern, bereits als dem Gebiete der Geschichte angehörig ansehen. Einige Besonderheiten darüber wer- den deshalb im letzten Buche Erwähnung finden. 5) Die Vergrösserung lässt sich auch noch verstärken, ohne dass die sphärische Aberration in gleichem Verhältnisse zunimmt, wenn man nicht eine einzelne Linse gebraucht, sondern zwei, drei oder mehr Linsen zu einem Systeme vereinigt, so dass sie zusammen einer stärker gekrümm- ten Linse entsprechen. Solche Vereinigungen führen den Namen Doublet (Doppellinse), Triplet u. s. w. Der Nutzen derselben ist zu entschieden, als dass wir nicht einige Augenblicke bei ihren vornehmlichsten Eigen- schaften verweilen sollten. Die verschiedenen Arten von Linsen können auf mehrfache Art mit einander verbunden werden. Hier kommt nur der Fall in Betracht, dass zwei oder auch mehr Sammellinsen, welche die nämliche optische Axe mit einander ge- mein haben, in eine gegenseitige Entfer- nung von einander gebracht werden, die kleiner ist, als ihre Brennweite. Sind A und B (Fig. 61) zwei Linsen, deren Hanptbrennpunkte in / und /' sich befinden und deren gegenseitige Entfernung vio kleiner ist als v/\ so werden die parallel auffallenden Strahlen ze ze zunächst durch die erste Linset convergirend gemacht, und sie würden sich in / vereinigen, Fis. Gl. 125 112 Lin^jeusysteme. träfen sie nicht in den Dichtungen ie' und ie' auf die zweite Lin^e 5, wo sie bei i' noch mehr convergirend werden, so dass nun der Brenn- punkt beider vereinigten Linsen in /" liegt. Die Entfernung dieses Brennpunkte? und die vergrössernde Kraft des Systems ist verschieden je nach der wechselseitigen Entfernung der Linsen. Am kleinsten ist die Brennweite, wenn beide Linsen einander unmittelbar berühren. Sind es zwei plancouvexe Linsen, dann kommt ihre Vergrösserung jener einer biconvexen Linse gleich, deren beide Krümmungen den Krümmungen der nämlichen planconvexen Linsen ent- sprechen. Zw'ei einander ganz gleiche planconvexe Linsen, die mit ein- ander verbunden werden, sei es durch Aneinanderlegen ihrer beiden ebenen Flächen oder dadurch, dass die gewölbte Fläche der einen an die obere Fläche der anderen kommt, haben nur eine halb so grosse Brenn- w^eite und wirken deshalb doppelt so stark vergrössernd, als jede Linse einzeln für sich. Sind die Brennweiten verschieden, so wird die Brennweite des Sy- stems für den Fall, wo die gegenseitige Entfernung der Linsen = 0 ist, gefunden werden, wenn man das Product der beiden Brennweiten mit ihrer Summe dividii-t. Ein Doublet z. B. aus zwei dicht an einander liegenden Linsen bestehend, welche Brennweiten von 10 und 5""° 5 . 10 haben, wird eine Brennweite von ^ ^ ^^ = 3.33"" besitzen. o — — ±\) So lange die beiden Linsen einander unmittelbar berühren, ist es für ihre gemeinschaftliche Brennweite einerlei, in welcher relativen Stel- lung sie sich befinden, anders jedoch verhält es sich, sobald sie in einiger Entfernung von einander sind. In einem miki'oskopischeu Doublet heisst jene Linse, welche dem Objecte zugekeln-t ist, die vordere, und die andere nennt man die hintere. Haben beide eine verschiedene Brenn- weite, dann ist es nicht gleichgültig-, ob man die stärkste Linse zur vor- deren oder zur hinteren wiihlt. Im Allgemeinen wird die gemeinschaft- liche Brennweite gefunden, wenn man die Brennweite der vorderen Linse mit der Differenz zwischen der Brennweite der hinteren Linse und der Entfernung beider Linsen von einander multiplicirt, und dann das Product durch die Summe dieser Differenz und die Brennweite der vorderen Linse dividirt*). Rechnen wir die Brennweite der vorderen Linse = 5""", der hinteren Linse = 10"", ihre gegenseitige Entfernung aber 5 . 7 = 3"" , dann ist die Brennweite des Doublets -. '. ^ = 2,9 "". Wird aber die relative Stellung der beiden Linsen umgekehrt, so dass *) Ist p =1 Breunweite der vorderen Linse, p' = Brennweite der hinteren Linse, d = Abstand der beiden Linsen von einander, dann ist die gemeinschaftliche n (p' — (f) P P' , • Brennweite a =: , , t- • Ist rf ^ 0 , dann wird a = -^ — - , und ist P + Cp' — ^) p-{-p' p z:2 p\ dann ist 0 = Vs/'- Linsensysteme. 113 jene Linse die vordere wird, welche frülier die hintere war, und es bleibt die wechselseitige Entfernung der Linsen unverändert, dann istdieBrenn- 10. 2 weite des Doublets rrTj-- = 1,7'"'". Die Brennweite wird hierbei vom optischen Mittelpunkte der vor- deren Linse an gerechnet. Wollte man nun aber die vergrössernde Kraft des Doublets nach diesen Ergebnissen berechnen, so würde man in einen grossen Irrthum gerathen ; die dadurch gefundene Zahl der Vergrösserung würde viel zu hoch ausfallen und für die beiden relativen Stellungen der Linsen eine verschiedene sein. Man muss deshalb durch Berechnung die Brennweite einer äquivalenten einfachen Linse aufsuchen, d. h. einer Linse, die gleiche Vergrösserung mit dem Doublet besitzt. Diese findet man , wenn man das Product beider Brennweiten dividirt durch die Summe derselben, , weniger ihre wechselseitige Entfernung*). Im gege- benen Falle würde das Doublet einer Linse mit einer Brennweite von 5.10 ... , ■ ^ ^ — - = 4,17""" entsprechen, was bei einer mittleren Sehweite von o-|-10^ö 25 Centimeter eine Glmalige Vergrösserung giebt. Wenn man die Brennweite des Doublets von jener der äquivalenten Linse subtrahirt, so erhält man den Punkt zwischen beiden Linsen, den man dem optischen Mittelpunkte einer einfachen Linse entsprechend annehmen kann. Bei der ersten relativen Stellung der Linsen liegt derselbe 4,17 — 2,9 = 1,27""", bei der zweiten 4,17 — 1,7 = 2,47'"'" hinter dem optischen Mittelpunkte der vorderen Linse. Diese Beispiele werden genügen, um darzuthun, wie man durch Rechnung die Brennweite und die vergrössernde Kraft von Doublets bestimmen kann. Für Triplets gelten die nämlichen Vorschriften, wenn man sie als Vereinigung eines Doublets mit einer einfachen Linse ansieht. Es wird nicht nöthig sein, dies durch ein Beispiel näher darzuthun. Uebrigens finden die früher (§. 114 bis 116) angegebenen Methoden, die Brennweite einfacher Linsen durch Messung zu bestimmen, ihre voll- ständige Anwendung auf Linsen.systeme , wenn man nur festhält, dass man dadurch nicht die Entfernung des Brennpunktes für die vordere Linse findet, sondern nur jene für die äquivalente einfache Linse. Ein grosser Vorzug der Doublets und Triplets liegt darin, dass sie 126 starke Vergrösserung bewirken durch Vereinigung weniger stark ver- grössernder Linsen, die sich leichter mit gehöriger Genauigkeit anfertigen lassen, als einzelne Linsen mit sehr kurzer Brennweite. Den wichtigsten Vortheil indessen bringen solche Linsensysteme dadurch, dass sie den Einfluss beider Arten von Aberration vermindern, wie aus Fig. VIII zu P p' *) Die Brennweite der äquivalenten Linse ist = ~- r, wo die Buchstaben p-\-p'~d die nämliche Bedeutung haben, wie in der vorhergehenden Anmerkung. Hartiug's MikroäkDp. 8 114 Vorzüge der Doubleis und Triplets. entnehmen ist. Wenn nämlich von dem Objecte ah Strahlcnbündel ans- tehen, so werden jene, welche von entgegengesetzten Punkten zur Seite der optischen Axe kommen, einander kreuzen. An diesem Kreuzungs- punkte wird auch am vortheilhaftesten ein Diaphragma cd angebracht, wodurch die schief auffallenden Randstrahlen abgeschnitten werden. Ver- möge dieser Kreuzung werden jene Strahlen, welche in der ersten Linse A zunächst dem Rande durchgingen und deshalb dem Einflüsse der sphä- rischen Aberration zumeist unterlagen, in der zweiten Linse 3 zunächst der Axe durchgehen, und umgekehrt werden die in A zunächst der Axe befindlichen in B zunächst dem Rande auftreffen. Die entgegengesetzten Einflüsse beider Linsen auf den Gang der Strahlen heben somit einander grüsstentheils, wenn auch nicht vollständig, auf, denn es ist klar, dass dieser Gegensatz abnimmt in dem Maasse, als die Strahlen näher der Axe durch das Linsensystem gehen. Dass gleichzeitig auch eine Verbesserung der chromatischen Ab- erration einti'itt, ist daraus zu entnehmen, dass bei jedem Durchgange der Strahlen durch eine der beiden Linsen die Richtung der violetten Strah- len, weil sie die brechbarsten sind, die stärkste Abänderung erleidet, und diese Abänderung ist in der Linse B die entgegengesetzte von jener in der Linse A. In A nämlich liegen die rothen Strahlen nach der Peripherie hin, die violetten nach der Axe zu, \n B dagegen ist ihre relative Lage in Folge der Kreuzung gerade umgekehrt; da also nun die violetten Strahlen auf einen stärker brechenden Theil der zweiten Linse fallen, so werden sie wiederum den rothen Strahlen zugebrochen. Die farbigen Strahlen , wenn sie die Linse verlassen und in das Auge eindringen, werden daher auffallend weniger divergiren als früherhin, wenn auch ein vollkommen paralleler Verlauf, der zur Erreichung eines ganz farblosen Lichtes nöthig sein würde (§. 60), auf diese Weise niemals erzielt werden kann. I^ry Haben die verschiedenen Linsen, welche in die Zusammensetzung eines Doublets oder Triplets eingehen, gleiche Grösse, dann ist die Oeff- nung jeder einzelnen Linse auch zugleich die Oeffnungdes Linsensystems, wenn auch der Oeffnungswinkel des letzteren wegen der kürzeren Brenn- weite grösser ist. Sind aber die Linsen in Grösse verschieden, dann muss der Oeffnungsdurchmesser des Linsensystems jenem des Strahlen- bündels, welches die hinterste Linse trifft, gleich angenommen werden. Dieser Durchmesser sowolil als die Grösse des Oeffnungswinkels jener dem Systeme äquivalenten Linse lassen sich in gleicher Weise auffinden, wie es weiter oben (§. 122) für die einzelne Linse angegeben wurde. Schwierig ist es nur, don Punkt in dem Systeme genau zu bestimmen, von dem aus die Entfernungen gemessen werden müssen. Man findet ihn nach dem friilier Angegebenen (§. 125), wenn man die Brennweite des Systems von jener der äquivalenten Linse abzieht. Sind aber die Brennweiten der Linsen nicht selir verschieden von einander, dann darf man diesen Punkt ohne erlieblichen Fehler in der halbirten Entfernuno- Vorzüge der Doublets unrl Triplets. 115 zwischen der vordersten und hintersten Linse befindlich annehmen , und wenn das Bild der Oefl'nung in einer etwas grösseren Entfernung aufge- fangen wird, dann verschwindet ein Unterschied in dem Resultate fast gänzlich, von welchem Punkte des Systems man auch ausgehen mag. Dass in Folge der Verbesserung der Aberrationen ein Linsensystem eine viel weitere Oeffnung besitzen kann, als eine einfache Linse von gleich stark vergrössernder Kraft, das ergiebt die Vergleichung der fol- genden Zahlen, bei deren Berechnung die vonLittrow (Dioptrik, S. 378, 383 u. 386, und Gehler's Wörterbuch, Art. Mikroskop) gefundenen Werthe zu Grunde gelegt sind, und die das relative Maass der Oeffnung einer Linse oder eines Linsensystems ausdrücken, das noch statthaft ist, wenn die sphärische Aberration auf ein Minimum herabgebracht wird, nämlich: Bieonvexe auf beiden Seiten gleiche Linse 1,00 Linse von der besten Form 1,19 Doublet 2,06 Triplet 3,41 Die Quadrate dieser Zahlen bezeichnen zugleich die relative Helligkeit. Während also die Schärfe des Bildes die nämliche bleibt, kann das Dou- blet die einfache, das Triplet mehr als die zehnfache Helligkeit einer einfachen Linse von gleicher Brennweite besitzen *). Giebt man dagegen den verschiedenen Linsen gleiche Oeffnung, dann nimmt die Aberration umgekehrt wie diese Zahlen ab. Man hat es also in der Gewalt, in der Nettigkeit des Bildes sowohl als in dessen Helligkeit gleichzeitig eine bedeutende Verbesserung zu Stande zu bringen, und überdies nimmt mit der Oeffnung auch das Gesichtsfeld an Grösse zu. Endlich giebt es noch einen Grund, weshalb Linsensysteme vor ein- zelnen Linsen den Vorzug verdienen. Da nämlich die Brechung auf mehrere Oberflächen mit geringerer Krümmung sich vertheilt, so erscheint das Gesichtsfeld mehr geebnet, als es bei Anwendung einer einzelnen gleich stark vergrössernden Linse der Fall sein würde. Im Allgemeinen darf man annehmen, dass Linsen, welche zu Dou- loo blets oder Triplets vereinigt werden sollen, am besten planconvex sind und mit den flachen Seiten nach unten sehen, und es lässt sich im Vor- aus berechnen, welches die günstigste Stellung ist, um die stärkste Ver- besserung der Aberration zu erreichen, während zugleich ein gewisses *) Ganz genau ist dies allerdings nicht, da allemal, wenn Licht durch eine Linse geht, ein Theil der Strahlen reflectirt und absorbirt wird Legt man die Be- rechnungen von W. Ilcrschel (Phil. Transactions. 1800 p. G5) zu Grunde, so treten von 100 Strahlen, welche auf eine Linse von gewöhnlicher Dicke fallen, auf der anderen Seite wiederum 94,8 heraus. Dies giebt für ein Doublet 89,9 und für ein Triplet 8ri,2 Strahlen. Man ersieht aber hieraus, dass der Verlust ein sehr geringer ist im Verhältniss zu der grösseren Lichtstärke, einer Folge der grösseren Oeffnung, die man den Linsensystcmeu geben kann. 11 G Vorzüge der Doublets und Triplets. Maass von Helligkeit erhalten bleibt. Solche Berechnungen sind indessen in der Praxis nicht gut anwendbar : die Entfernungen sind zu kurz und die Linsen selbst zu klein , als dass es möglich wäre , ein Linsensystem ganz nach vorher berechneten Zahlenwerthen anzufertigen. So geschieht es, dass bei genauer Anfertigung von Doublets und Triplets es wirklich grösstentheils auf die praktische Uebung des Mechanikus und vornehm- lich auf seine Geduld ankommt, indem er durch wiederholte Versuche ein Urtheil über ihre gute Wirkungsweise sich bildet. Dazu kommt noch, dass die optischen Axen der verschiedenen Linsen vollkommen zusammen- fallen müssen, oder dass, wie man sich auszudrücken pflegt, das System gehörig centrirt sein muss, was bei der Kleinheit der Linsen eine unge- wöhnliche Sorgfalt in der Herstellung der Röhrchen verlangt, worin die verschiedenen Linsen gefasst sind. Pritchard versichert, dass er manchmal ganze Tage darauf hat verwenden müssen, ein auseinander- genommenes Doublet wiederum in Ordnung zu bringen. Ausser den beim einfachen Mikroskope zumeist gebräuchlichen, aus planconvexen Linsen bestehenden Doublets muss hier noch eines Doublets von eigenthümlicher Construction gedacht werden (Fig. 62), welches Fig. G2. J. Herschel zuerst angegeben hat. Es besteht aus einer biconvexen Linse von der besten Form, die mit einem convergirenden Meniscus verbunden ist. Die bezüglichen Krümmungen beider Linsen sind der Art, dass die Aberrationen auf ein Mini- mum herabgebracht sind. Zu starken Vergrösserun- gen scheint diese Combination weniger zu passen, weil die Krümmungen der Linsen den durch Berechnung gefundenen Werthen sehr genau entsprechen müssen, was bei kleinen Linsen unge- mein schwer zu erreichen ist : für Lupen dagegen und für manche andere Zwecke, die später zur Sprache kommen werden, ist ein solches Doublet sehr brauchbar, da es eine sehr weite OefFnung gestattet und folglich ein weites Gesichtsfeld hat. Endlich will ich noch bemerken, dass Doublets und Triplets nicht nur aus Glaslinsen können gefertigt werden, sondern auch aus Linsen, die aus Diamant oder anderem Edelgestein bestehen. Unterläge die An- fertigung solcher Linsen nicht zu grossen Schwierigkeiten, so würde man natürlich den daraus zusammengesetzten Systemen noch bei Weitem den Vorzug geben müssen vor den aus Glaslinsen zusammengesetzten. Beim gegenwärtigen Stande der Sachen muss man aber zugeben, dass so kost- bare Linsensysteme ein ganz überflüssiger Luxus sind und dass sie Der- jenige, der ein gutes aplanatisches Mikroskop besitzt, ganz entbehren kann. 129 Ueber die mechanische Einrichtung der Lupen und ein- fachen Mikroskope kann ich micli hier kurz fassen. Zwischen bei- den giebt es keinen wahren Unterschied. Nur belegt man mit dem Namen der Lupen gewöhnlich solche Instrumente, wo die Linse oder Mechanische Einrichtung des einlachen Mikroskops. 117 das Linsensystem nur massig vergrössert und wo die ganze Einrichtung eine einfachere ist. Was die Fassung der Linsen betrifft, so ergab sich schon aus dem früher Mitgetheilten die Nothwendigkeit, sie so einzurichten, dass sie die möglichste Annäherung des Auges zur Linse gestattet. Linsen mit schwacher Vergrösserung kann man mit der Hand halten, oder man kann sie an ein besonderes Gestell oder ein Stativ befestigen, mittelst dessen man sie in die gewünschte Entfernung vom Objecte bringen kann , falls man beide Hände zum Arbeiten zu gebrauchen wünscht. Die letztere Vorrichtung ist unerlässlich bei Linsen, die stärker sind, als man sie zum einfachen Mikroskope zu benutzen pflegt, und es muss ausserdem noch ein passender Beleuchtungsapparat angewendet werden, um Licht aufzu- fangen und die Objecte auf einem erhellten Grunde zu sehen, ohne ge- nöthigt zu sein, sie dem hellen Himmel oder einem anderen Lichte zuzu- kehx'en, wobei die verticale Stellung in mancherlei Beziehung, besonders aber beim Präpariren sehr hinderlich sein würde. Endlich muss zwischen dem Spiegel imd der Linse eine durchbohrte Platte angebracht werden, auf die man die Objecte legen kann. Die besondere Einrichtung der einzelnen Theile dieses Apparates wird späterhin ausführlich betrachtet werden; sie muss ganz davon ab- hängen, was man mit einer Lupe oder mit einem einfachen Mikroskope beabsichtigt. Ich muss aber hier sogleich bemerken, dass das zusammen- gesetzte Mikroskop, nachdem es so bedeutende Verbesserungen erfahren hat, bei allen Untersuchungen, wo starke Vergrösserungen nöthig sind, bei Weitem den Vorzug verdient, da es fast alle Vorzüge des einfachen Mikroskops besitzt, damit aber noch ein grösseres Gesichtsfeld, eine grössere Entfernung der Objecte, grössere Lichtstärke und mindestens eine gleich grosse Schärfe verbindet, und da überdies bei seinem Ge- brauche das Auge weniger angegriffen wird als durch sehr kleine Linsen, die doch zu starken Vergrösserungen mittelst des einfachen Mikroskops erforderlich sind. Nur in Einer Beziehung kann man auch jetzt noch dem einfachen Mikroskope zu Untersuchungen den Vorzug geben, da es nämlich wegen der kleineren Form bequem auf Reisen mitzunehmen ist, und für diesen Fall können stark vergrössernde Linsen oder Linsensysteme bei demselben von wesentlichem Nutzen sein. In den meisten übrigen Fällen kann man diese stark vergrössernden Gläser entbehren, denn der eigentliche Nutzen des einfachen Mikroskops besteht gegenwärtig noch hauptsächlich darin, dass es ein Htilfsmittel ist, um vergrösserte Objecte behufs näherer Untersuchung zu präpariren, was unter dem zusammengesetzten Mikro- skope wegen Umkehrung des Bildes immer sehr schwer hält und nur nach längerer Uebung ausführbar ist. Hat man auch bereits Mittel ge- funden, dieser Unvollkommenheit des zusammengesetzten Mikroskops abzuhelfen, so werden doch Viele noch lange Zeit hindurch dem einfachen Mikroskope hierbei den Vorzug geben. 118 Mechanische Einrichtung des einlachen Mikroskops. Wenn wir nun so dem einfachen Mikroskope seinen mehr beschränk- ten Kreis anweisen, so ist klar, dass seine Vei'grösserungen nicht über 50 bis 60 Mal hinaus zu gehen brauchen. Bei dieser Vergrösserung bleibt es noch gerade entfernt genug vom Objecte, dass man unter der Linse arbeiten kann, was bei einer stärkeren Vergrösserung bald unthun- lich wird, nicht nur wegen der geringen Entfernung zwischen Object und Linse, sondern auch, weil die Bewegungen der Hand nicht hinlänglich sicher und unsere Werkzeuge nicht fein genug sind, um mit Vortheil stärkere Vergrösserungen beim Präpariren zu benutzen. Halten wir diesen Zweck für das einfache Mikroskop fest, so ergiebt sich zugleich, dass seine ganze Einrichtung möglichst einfach sein muss. Alle combinirten und feinen Bewegungen, die beim zusammengesetzten Mikroskope vortheilhaft sein können, vermögen einem blo» zum Präpariren bestimmten einfachen Mikroskope keinen Vorzug zu verschaffen. Der Objecttisch muss zu diesem Zwecke gross, fest, ganz fi'ei und unbeweglich sein, so dass das Object nicht der Linse, vielmehr diese dem Objecte ge- nähert wird. Diese Annäherung wird besser durch ein Triebwerk als durch eine Schraube bewirkt, weil die Bewegung im ei'steren Falle eine raschere ist und doch mit ausreichender Genauigkeit stattfindet, da hier nur kleinere Vergrösserungen angewendet werden. Will man auch starke Vergrösserungen anwenden, so kann noch eine zweite feinere Be- wegung mittelst einer Mikrometerschraube angebracht werden. Als Beleuchtungsapparat ist ein ebener Spiegel für alle Fälle ausreichend, wo die Vergrösserung nicht über 50 und 60 Mal hinausgeht. In Aus- nahmefällen und wenn stärkere Linsen benutzt werden, können aber auch andere Beleuchtungsvorrichtungen passen , von denen später die Rede sein wird. Endlich muss die Gesammthöhe des Instrumentes, namentlich aber des Objecttisches, der Art sein, dass man bequem in sitzender Stel- lung damit arbeiten kann. Zweites Kapitel. Das Bildmikroskop. 130 Unter diesem allgemeinen Namen wollen wir verschiedene Instru- mente zusammenfassen, die alle darin übereinstimmen, dass das mittelst einer Linse oder einer Vereinigung von Linsen erzeugte Bild eines stark erhellten Objects in einem dunkeln Räume auf einem Schirme aufgefan- gen wird. Es gehören dazu das Sonnenmikroskop, das Lampen- mikroskop, das Gasmikroskop und das photoelektrische Mi- kroskop. Theorie des Bildmikroskops. 119 Ich halte es für zweckmässig, die allgemeine Betrachtung der Art und der Bestimmung dieser Instrumente hier folgen zu lassen, weil sie vermöge ihrer optischen Einrichtung einen Uebcrgang bilden zwischen dem einfachen und dem zusammengesetzten Mikroskope. Die Theorie der Bildmikroskope ist sehr einfach und bereits ganz 131 in dem oben (§. 42 und 43) Mitgetheilten und durch Fig. 31 und 32 Erläuterten enthalten, wo vom Entstehen der Bilder durch Linsen im Allgemeinen die Rede war. Dort stellten sich folgende Punkte heraus: 1) Hinter einer Linse entsteht immer ein Bild eines vor derselben befindlichen Objectes, wenn dieses Object sich in einiger Entfernung ausserhalb der Bi-ennweite befindet. Was von einer einzelnen Linse gilt, das passt auch auf eine Vereinigung von Linsen, wodurch eine gleiche Wirkung erzielt wird, wie durch eine einzelne Linse. 2) Das Bild hat die umgekehrte Lage vom Objecto. 3) Das Bild eines in gerader Ebene liegenden Objects kommt in eine nach einem Kegelschnitte gebogene Ebene zu liegen. 4) Das Bild ist grösser als das Object, sobald die Entfernung, in der es sich darstellt, grösser ist als die doppelte Brennweite der Linse. Da nun bei allen Bildmikroskopen die Entfernung, in welcher das Bild aufgefangen wird, sehr gross ist im Verhältniss zur Brennweite der Linse, so folgt hieraus einestheils, dass das Bild stark vergrössert sich darstellen muss, und aziderentheils, dass das Object dem Brennpunkte der Linse sehr nahe gebracht werden muss. Es lehrt z. B. die Berechnung, dass bei einer Linse von 5™™ Brennweite das Object 5,05"" entfernt von der Linse sich befinden muss, wenn das Bild in 0,5 Meter Entfernung sich gestalten soll. Ist diese letztere Entfernung == 2 Meter, dann muss das Object der Linse bis auf 5,012""" oder dem Brennpunkte bis auf Vss'"'" genähert werden. Da nun der auffangende Schirm mei- stens noch mehr als 2 Meter entfernt ist, so darf man mit ziemlicher Genauigkeit für die meisten Fälle annehmen, dass das Object wirklich im Brennpunkte der Linse befindlich ist, wo dann die Vergrösserung gleich sein würde der Entfernung des Schirms dividirt durch die Brenn- weite der Linse*). Hieraus folgt zugleich, dass die Vergrösserung in gleichem Verhältniss mit dem Näher- und Fernerstehen des Schirms ab- und zunimmt. Zu einem Bildmikroskope gehören drei wesentliche Theile: 1) Eine 132 Vorrichtung, um die Objecte in die gehörige Entfernung von der Linse oder vom Linsensysteme zu bringen. 2) Ein Apparat zur Beleuchtung des Objectes. 3) Ein im dunkeln Räume befindlicher Schirm, um dem Auge *) Genau ausgedrückt ist die Entfernung des Objectes vom optischen Mittelpunkte der Linse = , die Vergrösserung aber = ~, wenn b die Entfernung b—p p des Bildes von der Linse, und p die Brennweite der Linse bezeichnet. 120 Allgemeine Einrichtung des Bildmikroskops. das Bild sichtbar zu machen. — Diese Bestandtheile sind einzeln der Reihe nach zu betrachten. 133 Der erste Theil dieser Einrichtung ist der wesentlichste. In der Hauptsache entspricht er ganz denn einfachen Mikroskope, wenn nur der hierbei gebräuchliche Beleuchtungsapparat weggelassen wird. Da aber das Bildmikroskop nicht vollkommen die nämliche Bestimmung hat wie das einfache Mikroskop, so müssen in den verschiedenen Unter abtheil un- gen des Apparates einige Modificationen angebracht werden. Die nämlichen Linsen und Linsensysteme, welche beim einfachen Mikroskope in Gebrauch sind, finden auch hier Anwendung. Nur ist der Einfluss der chromatischen Aberration auf die Schärfe der Bildumrisse merkbarer, und deshalb erscheint es rathsam, hier nicht blos Doublets und * Triplets mit Linsen aus einer einzelnen Glassorte zu nehmen, sondern Systeme von achromatischen Doppellinsen anzuwenden, die auf die näm- liche Art zubereitet sind, wie jene im zusammengesetzten Mikroskope gebräuchlichen Linsen, mit dem Unterschiede jedoch, dass die Krön- und Flintglaslinsen nicht mittelst Canadabalsam vereinigt sein dürfen, weil dieser durch die Wärme, der die Linsen ausgesetzt werden, schmelzen und sich trüben würde. Auch dürfen solche Systeme nicht uberver- bessert sein, wie dies beim zusammengesetzten Mikroskope wegen der Aberration des Oculars nöthig ist, sondern sie müssen wo möglich voll- kommen aplanatisch sein. Ferner ist bei der Fassung der Linsen darauf zu sehen , dass die äussersten Randstrahlen nicht abgeschnitten werden, damit das Feld, worauf das Bild sich darstellt, möglichst gross sei. Auch bei Bildmikroskopen ist es gut, wenn die Linse nach dem Objecte hin bewegt wird und nicht das Object nach der Linse zu, weil im letzteren Falle der Grad der Beleuchtung, auf den hier besonders viel ankommt, immer auch eine Veränderung erleiden würde. Auch hier wird die Bewegung wieder am besten durch ein Triebwerk zu Stande gebracht. Da ferner der Objecttisch hier niemals zum Präpariren der Objecte be- nutzt wird, sondern nur zu deren Befestigung dient, so braucht derselbe nicht frei zu sein und nur die Grösse zu haben, die gerade nöthig ist, um die nöthigen Hülfsmittel zur Befestigung der Kästchen, Glasplättchen u. s. w. mit den Objecten anzubringen. lo4 Es mindert sich die Lichtstärke der Objectbilder in dem doppelten Verhältnisse der Quadrate der Durchmesser der gebrauchten Linsen und des Quadrats der Entfernung, in welcher sicli das Bild gestaltet. Daraus ergiebt sich die Nothwendigkeit, dass bei einem Bildmikroskope den Ob- jecten, oder, falls diese undurchsichtig sind, dem Gesichtsfelde eine sehr starke Beleuchtung zu Theil werden muss. Der Beleuchtungsapparat ist daher auch ein sehr wichtiger und stets der voluminöseste Theil eines Bildmikroskops. Jedes Licht, wie es auch erzeugt worden sein mag, kann zur Be- leuchtung der Objecte benutzt werden, wenn es nur einen hinreichendeo Grad von Intensität besitzt. Da man nun jetzt im Besitze verschiedener Bcleiichtungscinrichtungen. 121 Mittel ist, um ein starkes Licht zu erzeugen, so werden natürlich auch die Beleuchtungsapparate sehr verschiedenartig sein können. Bei geringen Vei'grösserungen kann das Licht einer Argand'schen Lampe benutzt werden, das man mittelst einer grossen Linse in concen- trirtem Zustande auf das Object leitet, und wirklich hat man in früherer Zeit solche Lampenmikroskope verfertigt. Dieselben sind aber jetzt ganz ausser Gebrauch, seitdem man durch andere künstliche Mittel ein viel stärkeres Licht zu erzeugen gelernt hat. Hierher gehört zuvörderst das Licht, welches entsteht, wenn Kalk 135 in eine Flamme von Wasserstoff- und SauerstofFgas gehalten wird, von welcher Beleuchtungsweise das Instrument auch den Namen Hydro- oxygengasmikroskop oder kurzweg Gasmikroskop führt. Man hat mancherlei Apparate ersonnen, die hierzu anwendbar sind und die später beschrieben werden sollen. Bequemlichkeit und Sicherheit der Anwen- dung sind die Haupterfordernisse, wodurch sich ihr relativer Werth be- stimmt. Jedes der beiden Gase muss in einem besonderen Gasbehälter eingeschlossen sein und sie müssen erst nahe der Stelle, wo sie vereinigt ausströmen, mit einander sich vermischen. Ein ferneres Erforderniss ist es, dass das Zuströmen der Gase und die Grösse der Flamme gehörig regulirt werden können, und dass der Kalkcylinder um seine Axe be- weglich ist, was am besten durch ein Uhrwerk erzielt wird. Das Licht wird ferner auf das nahe dem Vereinigungspunkte der Strahlen befind- liche Object concentrirt mittelst eines Hohlspiegels oder mittelst einer Linse von grossem Umfange, die wegen der Nähe der Lichtquelle eine kurze Brennweite haben müssen. Ist ein einzelner Hohlspiegel oder ist eine einzige grosse stark gewölbte Linse dazu nicht ausreichend, so kann deren Wirkung noch durch eine zweite Linse unterstützt werden. Beim photoelektrischen Mikroskope geht die Beleuchtung 136 von jenem Lichte aus, welches zwischen zwei Kohlenspitzen als Polen einer galvanischen Batterie entsteht. Die hierzu nöthige Vorrichtung ist einer der verschiedenen Apparate, die unter dem Namen der constanten Batterien bekannt sind, und durch welche zwei kegelförmig zulaufende Stückchen Kohle, die an den Polenden befestigt und einander genähert sind, zum Glühen gebracht werden. Ihr Licht wird dann, wie beim Gas- mikroskope, durch einen Hohlspiegel oder eine Glaslinse auf das Object concentrirt. Zur gehörigen Regulirung der Beleuchtung sind noch eine Reihe von Vorkehrungen nöthig, die später ausführlich besprochen wer- den sollen. Das Sonnenmikroskop ist das älteste unter den verschiedenen 137 Bildmikroskopen, und es übertrifft die beiden vorigen noch immer durch seine Lichtstärke. Nach den Versuchen, welche Fizeau (Bulletin de la Sog. (Tencouragement. Sept. 1845. p. 393 u. Dingler's polytechnisches Journ. 1846. C. S. 115) über die Zeitdauer anstellte, welche nöthig ist, um photographische Abbildungen von gleicher Stärke zu erhalten, war die Lichtintensitäfc 122 Das Öonnciimikroskop. der Sonne =1 des Kalks in der Hydrooxyengasflamrae . . . . =1/146 der Kohlenspitzen einer Bunsen'schen Batterie von 80 Elementen = ^4,2 der Kohlenspitzen einer Batterie von 138 Elementen = Y2,5 Wenn sich anch in diesen Zahlen die grössere Intensität des beim photoelektrischen Mikroskope benutzten Lichtes vor jenem beim Gas- mikroskope angewendeten herausstellt, so ergiebt sich doch zugleich, dass unerachtet des so umfänglichen Apparats das elektrische Licht zwischen den Kühlenspitzen dem Sonnenlichte doch noch nicht gleichkommt. Auch darf man nicht vergessen, dass beim Sonnenmikroskope die Lichtquelle sich in unendlicher Entfernung befindet, so dass es möglich ist, mittelst einer concentrirenden Linse im Brennpunkte alle Strahlen in einem sehr kleinen Räume zu vereinigen, wobei das Sonuenbild fast punktförmig wird, während bei jeder künstlichen Lichtquelle eine solche Vereinigung nur in einem viel beschränkteren Maasse zu erreichen ist. Die Entfer- nung dieser letzteren nämlich im Vergleich zu jener Entfernung, wo sich die Strahlen nach ihrem Durchgange durch die concentrirende Linse schneiden, ist immer eine sehr unbedeutende, wenn man das nämliche Ver- hältniss zwischen dem Sonnenabstande und dem Vereinigungspunkte der Sonnenstrahlen hinter einer Linse damit vergleicht. Das Bild einer künstlichen Lichtquelle ist deshalb immer nur ein massig verkleinertes, die Concentration des Lichtes an der betreffenden Stelle deshalb stets viel schwächer als vom Sonnenlichte. Daraus folgt soviel, dass, wenn es auch möglich wäre, künstlich eine Lichtquelle zu schaffen, deren In- tensität das Sonnenlicht erreichte oder selbst überträfe, es gleichwohl nicht möglich sein würde, das Licht so stark zu concentriren , dass es dem durch eine Linse concentrirten Sonnenlichte gleich käme. In der That ist das Sonnenmikroskop unter allen Bildmikroskopen noch immer das beste, und es würde alle anderen derartigen Apparate ganz überflüssig machen, wäre nicht die Unannehmlichkeit, dass man bei seiner Benutzung vom Zustande des Himmels abhängig ist. \^^ Der Beleuchtungsapparat des Sonnenmikroskops besteht aus einem beweglichen Spiegel zum Auffangen des Lichtes und aus einer Linse zu dessen Concentrirung. Es ist vortheilhaft, wenn diese Linse einen gros- sen Durchmesser etwa von 12 bis 15 Centimeter hat, nicht sowohl um das Licht zu vermehren, da man mit einer derartigen Linse so starkes Licht bekommt, dass die Objekte bei geringeren Vergrösserungen nicht in den Vereinigungspunkt der Strahlen gebracht zu werden brauchen, wo auch die Wärme für viele organische Körper zu gross sein würde, sondern weil man bei Anwendung einer kleineren Linse, wenn die gleiche Lichtstärke erzielt werden soll, die Gegenstände dem Vereinigungspunkte der Strahlen näher bringen muss, wo dann der Durchschnitt des Lichtkegels kleiner ist, und es mithin auch schwerer fällt, eine gleichmässige Beleuch- tung zu erreichen. Beleuchtung beim Sonnenmikroskope. 123 Jedem Sonnenmikroskope muss ferner eine Einrichtung zugefügt werden, mittelst deren man die Beleuchtung ermässigt oder verstärkt, je nachdem die angewandte Vergrösserung und die Art der dargestellten Objecto dies nöthig macht. Auf dreifache Art lässt sich dieses Ziel er- reichen : a) durch Abänderung der Entfernung zwischen Object und Beleuch- tungslinse ; b) oder indem man Linsen mit kürzerer oder längerer Brennweite in die Bahn der Strahlen einschiebt; c) oder dass man den Durchmesser des Strahlenkegels verkleinert, indem man in seiner Bahn ein Diaphragma anbringt, dessen OefFnung vergrössert und verkleinert werden kann. Das letztgenannte Verfahren ist zwar meines Wissens noch nicht in praktische Anwendung gekommen, scheint aber vor dem zweiten den Vorzug zu verdienen, weil hier keine graduelle Veränderung der Licht- stärke möglich ist, und ebenso vor dem ersten wegen der grösseren Genauigkeit und Leichtigkeit der Bewegung. Es kann ein solches Dia- phragma aus zwei rechtwinkelig ausgeschnittenen Kupferplatten bestehen, die zusammen eine quadratische Oeffhung haben und durch einen Trieb über einander gleiten. Der Spiegel hat nur den Zweck, die Unannehmlichkeit zu beseitigen, die damit verbunden sein würde, wenn man die Beleuchtungslinse stets der Sonne zugekehrt halten müsste. Um die Strahlen gehörig bei allen Stellungen der Sonne auffangen zu können, muss der Spiegel in zwei Richtungen sich bewegen lassen. Da die Sonne scheinbar in die Höhe steigt und sinkt, so muss der Winkel, den der Spiegel mit der Beleuch- tungslinse bildet, sich vergrössern und verkleinern lassen. Um aber auch zweitens der scheinbaren Bewegung der Sonne von Osten nach Westen folgen zu können, muss der Spiegel eine drehende Bewegung um die Axe des Beieuchtungsapparates besitzen, die zugleich auch Axe des gan- zen Mikroskops ist. Diesen beiden Bewegungszwecken entsprechen ver- schiedene mechanische Einrichtungen. Das vorzüglichste, aber freilich auch das kostbarste Mittel ist die Bewegung des Spiegels mittelst eines Heliostats. Der Spiegel muss ferner eine solche Grösse besitzen, dass seine Breite mindestens den Durchmesser der Beleuchtungslinse erreicht, und er muss gehörig lang sein, um auch bei einem tieferen Stande der Sonne noch ein Strahlenbündel aufzufangen, dessen Durchschnitt dem nämlichen Durchmesser gleichkommt. Den bisher beschriebenen Beleuchtungsapparaten muss noch 139 eine zweite Einrichtung zugefügt werden, um undurchsichtige Gegen- stände zu beleuchten. Auch dies kann wieder auf verschiedene Art ge- schehen ; immer aber wird dabei beabsichtigt, mittelst eines ebenen oder hohlen Spiegels, den man vor das Object stellt, das Licht vom Beleuch- tungsapparate aufzufangen und auf die vordere Fläche des Objects zu reflec- 124 Dunkler Raum; Schirm. tiren. Natürlich müssen diese Spiegel in der Weise angebracht werden, dass sie den Durchgang der Lichtstrahlen durch die Vergrösserungslinse nicht behindern. 140 Um den Einfluss der Wärme zu mindern, die, weil sie mit dem Lichte zugleich auf das Object concentrirt wird, nicht selten sehr nach- theilig auf dieses einwirkt, kann man mancherlei Substanzen in die Bahn der Strahlen bringen, von denen es bekannt ist, dass sie einen Theil der Wärmestrahlen absorbiren, dabei aber doch das Licht durchlassen. Durch genauere Versuche muss aber noch nachgewiesen werden, welche Körper für die Licht- und Wärmequellen, welche bei Bildraikroskopen in Be- trachtung kommen, als die besten zu erachten sind. Die Ergebnisse der, Melloni' sehen Versuche über die Permeabilität der Körper für Wärme- strahlen geben hierüber Winke, ohne jedoch maassgebend zu sein, weil die Permeabilität mit dem Grade der entwickelten Wärme sich verändert, wie man aus Melloni's Versuchen selbst ersieht. 141 Endlich gehört noch zu jedem Bildmikroskope ein dunkler Raum und ein Schirm, um das Bild sichtbar zu machen. Als dunkeln Raum benutzt man in der Regel ein verdunkeltes Zimmer; doch kann man sich für bestimmte Zwecke auch jedes anderen dunkeln Raumes bedienen, worin man das Bild in gleicher Weise wie in einer Camera obscura autfängt. Mehrerer tragbarer Apparate dieser Art wird später gedacht werden. Wird ein ganzes Zimmer als dunkler Raum benutzt, so kommt es darauf an, dass alles Licht, auch jenes vom Beleuchtungsapparate, ganz abgehal- ten wird. Beim Gasmikroskope und beim photoelektrischen Mikroskope wird deshalb die Lichtquelle mit einem dazu bestimmten kleinen Kasten umgeben, der mit einem Schornsteine versehen ist, damit die durch Verbrennung erzeugten Gase entweichen können. Auch ist es zweck- mässig, wenn der Kasten eine Oeffhung hat, die durch ein sehr dunkel gefärbtes Glas geschlossen werden kann, das aber doch noch erlaubt, das Licht zu sehen, damit es gehörig regulii't werden kann. Beim Sonnenmikroskope befindet sich der Spiegel ausserhalb des Zimmers und ein Futteral, welches die Beleuchtungslinse mit dem Ob- jecttische in Verbindung setzt, verhindert, dass das durch die erstere dringende Licht im Zimmer sich ausbreitet. Deshalb muss auch der Raum zwischen dem Objecte und der Vergrösserungslinse mögliclist ab- geschlossen sein, so dass nur soviel Platz übrig bleibt, um die Objecte auf dem Objecttische befestigen zu können. ^^'^ Als Schirm zum Auffangen des Bildes kann man bei allen Bild- mikroskopen die nämlichen Gegenstände verwenden. Bei grösseren Ent- fernungen benutzt man ein weisses leinenes oder kattunenes Tuch, das nicht zu grob ist und die gehörige Grösse haben muss, um das ganze erleuchtete Feld aufzunehmen. Eine weiss getünchte Mauer ist nicht so gut, weil dabei eine Abänderung in der Entfernung von der Linse nicht möglich ist. Zu kleineren Schirmen , die man bei einer geringeren Ent- fernung benutzen kann, ist ein glattes weisses Papier brauchbar, das Schirme-, Vergrösserung der Bildmikroskope. 125 auch wohl mit Leinöl oder Firniss getränkt sein kann, um das Bild auf der anderen Fläche sichtbar zu machen. Zu gleichem ZAvecke kann auch mit Vortheil eine matt geschliffene Glasplatte genommen werden, die in allen jenen Fällen den Vorzug verdient, wo man das Bild nicht blos sehen, sondern auch messen oder abzeichnen will. Für den letztgenann- ten Zweck eignet sich noch besser eine durchscheinende Platte von ge- wöhnlichem Spiegelglase, auf die man dann mit Terpentinöl durchtränk- tes Papier legt. Auf den ersten Blick muss es vortheilhaft erscheinen , wenn man einen Schirm benutzt, der nicht geradflächig, sondern gekrümmt ist, so zwar, dass seine Krümmung der Ebene entspricht, in welcher sich das Bild gestaltet (§. 43). Wäre aber auch die Herstellung eines solchen Schirmes nicht sehr mühsam, derselbe würde doch nur wenig zu benutzen sein, weil nach dem weiter oben Mitgetheilten die Vergrösserung des Bildes von der Mitte des Feldes aus nach der Peripherie zu abnimmt, und weil zweitens auch die Krümmung der Fläche für jede Entfernung und für jede in Anwendung gezogene Linse eine andere sein müsste. Was bisher über die Bildmikr-oskope gesagt worden ist, wird durch 143 Fig. 63 erläutert. Befindet sich das Object ab etwas ausserhalb des Fig. G3. Brennpunktes o des achromatischen Linsensystems cde, so bekommt man in b' a' ein vergrössertes und verkehrtes Bild desselben. Entweder muss aber die dem Linsensysteme zugewandte Fläche von ah beleuchtet wer- den, wo dann das Bild mit allen Farben des Objectes sich darstellt, oder letzteres muss von hinten beleuchtet werden, wo sich dann in b' a* ein Schattenbild abzeichnet. Ein solches Schattenbild ist in Fig. 63 dargestellt, wo die Linse AB dazu dient, entweder die Sonnenstrahlen tz und n?«, welche vom Spiegel CD reflectirt werden, oder die Strahlen pA und 12G Vergrösserung der Bildmikroskope. p5, welche von einem künstlichen Lichte in p ausgehen, auf der hinte- ren Fläche von ab zn concentriren, wo aber nur ein Theil des Strahlen- kegels aufgehalten wird und die übrigen Strahlen, nachdem sie das Lin- sensystem durchsetzt haben, zur Beleuchtung des Feldes dienen, dessen Durchschnitt in fg angegeben ist. Stellt dieses Feld eine gerade Ebene dar, so wird das Bild offenbar nur in n ein ganz scharfes sein. Y\\ Aus dem früher Entwickelten (§. 134) folgt, dass beim Bildmikro- skope zwei Hauptmittel zu Gebote stehen, um die Vergrösserung stärker zu machen: man kann den Schirm weiter entfernen, oder man benutzt Linsen oder Linsensysteme von kürzerer Brennweite. Das letztere Mit- tel verdient überall, wo es anwendbar ist, den Vorzug, weil mit dem Weiterrücken des Schirmes das Bild alsbald sehr an Deutlichkeit ver- liert. Ueberdies wird auch dadurch die Ebene, in welche das Bild zu liegen kommt, stärker gekrümmt, weil mit einem Weiterrücken des Schirmes eine Annäherung des Objectes an die Linse parallel gehen muss (§. 43). Es giebt aber noch zwei andere Mittel, die in einzelnen Fällen an- wendbar sind. Das erste besteht darin, dass man die Strahlen, bevor sie den Schirm erreichen, durch eine biconcave oder planconcave Linse ge- hen lässt. Eine solche Linse besitzt nämlich (§. 45) die Eigenschaft, divergirende Strahlen noch stärker divergirend zu machen, und da die Ver- grösserung des Bildes für eine bestimmte Entfernung ganz davon abhängt, in welchem Grade die verschiedenen Strahlenkegel, welche zur Erzeu- gung des Bildes beitragen, auseinander weichen, so muss durch eine solche Zerstreuungslinse die Vergrösserung offenbar zunehmen. Uebri- gens ist es vortheilhaft, wenn diese Linse gleich jenen des Linsensystems achromatisch, also aus Flint- und Kronglas zusammengesetzt ist. Man kann endlich in einiger Entfernung vorderhalb des Linsen- systems das gewöhnliche Ocular eines zusammengesetzten Mikroskops anbringen. Dadurch wird nicht nur eine stärkere Vergrösserung des Bildes erreicht, sondern dasselbe erhält auch wieder die ursprüngliche Richtung des Objects, was in manchen Fällen vortheilhaft sein kann. Auch erlangt man noch den Gewinn durch dieses Verfahren, dass man bei passender Wahl der beiden Linsen, die das Ocular zusammensetzen, die Krümmung des Bildes ganz zu beseitigen im Stande ist, wie weiter- hin bei Betrachtung des zusammengesetzten Mikroskops erhellen wird. Ein Nachtheil ist aber damit verbunden, nämlich eine Verkleinerung des Feldes und ein bedeutender Verlust an Liclit, eine Folge der wiederhol- ten Reflexionen beim Durchgange der Strahlen durch das Ocular. Beim Gasmikroskope und beim photoelektrischen Mikroskope ist demnach von diesem Mittel wenig zu erwarten ; aber auch beim gewöhnlichen Sonnen- mikroskope kann man von seiner Anwendung füglich abstehen. Beim tragbaren Sonnenmikroskope dagegen verdient eine solche Voi'richtung vor allen anderen den Vorzug; davon habe ich mich durch vielfachen Gebrauch eines solchen Apparates überzeugt, den ich späterhin ausführlich beschreiben werde. Nur will icii noch bemerken, dass bei Benutzung Vorzüge und Nachtheile der Bildmikroskope. 127 gewöhnlicher nicht aplanatischer Oculare die Linsensysteme, gleich de- nen im zusammengesetzten Mikroskope, überverbessert sein müssen, da- mit die entgegengesetzten Aberrationen einander gegenseitig auflieben. Benutzte man Linsensysteme , die für sich allein gebraucht ein sehr scharfes Bild geben, wie jene eines gewöhnlichen Sonnenmikroskops sein sollen, dann würde ein nicht aplanatisches Ocular dem Bilde viel von sei- ner Schärfe rauben. Bildmikroskope geben unter allen Arten von Mikroskopen die stärk- 145 sten Vergrösserungen. Es hält nicht schwer, bei Benutzung von Linsen mit kurzer Brennweite mittelst des Sonnenmikroskops Bilder zu erhalten, deren Durchmesser die Objecte 7 bis 8000 Male übertrifft. Eine Linse z. B,, welche im einfachen Mikroskope für eine mittlere Sehweite von 25 Centimeter 400 Male vergrössert, wird auf einem Schirme, der sich in der nämlichen Entfernung befindet, ein Bild erzeugen, dessen Durch- messer beinahe 400 Mal grösser ist als das Object (§. 117). Wird nun der Schirm in 1 Meter Entfernung gebracht, so ist die Vergrösserung be- reits eine 1600fache, bei 3 Meter Entfernung eine 4800fache, und bei 5 Meter eine SOOOfache. Bei einem gut eingerichteten und zweckmässig gehandhabten Sonnenmikroskope hat man auch noch hinreichendes Licht, um bei diesen ausserordentlichen Vergrösserungen und selbst bei noch weiter gehenden*) die Bilder der Objecte unterscheiden zu können. Bei einem Gasmikroskope dagegen, dessen Lichstärke eine viel geringere ist, kann man schon bei einer löOOfachen Vergrösserung wenig mehr vom Bilde erkennen, üeber die Grenzen des photoelektrischen Mikroskops kann ich nichts aus eigener Untersuchung bestimmen; nach dem, was weiter oben angegeben wurde, müssen sie aber zwischen den Grenzen des Son- nenmikroskops und des Gasmikroskops liegen. Diese starken Vergrösserungen erzexigen bei unkundigen Beobach- tern die Vorstellung, als biete sich in dieser Art von Instrumenten das ausgiebigste Hülfsraittel zu Untersuchungen, welches alle anderen Arten von Mikroskopen bei Weitem übertreffe. Zu dieser irrigen Vorstellung trägt auch das grosse Gesichtsfeld bei. Ein kleines Insect von etwa 1""" Länge wird sich bei einer lOOOmaligen Vergrösserung noch voll- ständig auf dem Schirme darstellen, und zwar als ein Ungeheuer von 1 Meter Länge. Dieses nämliche Insect kann mittelst eines zusammen- gesetzten Mikroskops, ja selbst mit einer einfachen Linse eben so stark vergrössert werden; man sieht aber dann nur einen kleinen Theil dessel- ben auf einmal, und die Vergrösserung, wenngleich sie in Wirklichkeit vollkommen dieselbe ist, erscheint dem Ungeübten durchaus nicht so stark, weil er die verschiedenen kleinen Theile, welche nach einander ins Gesichtsfeld treten, nicht zu einem Ganzen zu vereinigen vermag. Des- halb machen die Bildmikroskope auf das Publikum immer noch einen *) Bei Benutzung stark vergrössernder Glaskügelchen habe ich Vei-grüsserungen von inoOO Mal im Durchmesser erreicht. 128 Vorzüge und Nachtheile der Bildmikroskope. viel grösseren Eindruck, als die Beobachtung durch andere Mikroskope, obwohl diese zu wirklichen Untersuchungen bei Weitem besser sich eig- nen. Man muss selbst als Regel aufstellen, dass zu wissenschaftlichen Untersuchungen niemals ein Bildmikroskop allein benutzt werden darf, da dessen starke Vergrösserungen immer nur auf Kosten der Deutlich- keit in den Umrissen des Bildes erhalten werden. Den gewöhnlichen Fehlern der Linsen, der sphärischen und chromatischen Aberration, die sich zwar verbessern, aber niemals ganz beseitigen lassen und deren Ein- fluss in wachsendem Maasse zunimmt, wenn der Schirm entfernter ge- rückt wird, gesellen sich noch die mannigfaltigen Interferenzen der Licht- strahlen zu, die mit den hier angewendeten Beleuchtungsweisen noth- wendig vergesellschaftet sind. Dies hat zur Folge, dass man zeitig schon für die Entfernung des Schirmes eine Grenze findet, die nicht überschrit- ten werden kann, weil das Bild dadurch zwar an Grösse zunimmt, aber an Deutlichkeit verliert; daher man bei stärkerer Vergrösserung wirklich weniger in dem Bilde sieht als bei schwächerer. In dem Maasse, als man stärker vergrössernde Linsen oder Linsensysteme anwendet, rückt diese Grenze näher an das Object. Im Allgemeinen kann man anneh- men, dass in dem durch eine Linse oder ein Linsensjstem auf einem Schirme erzeugten Bilde selten etwas mehr wahrgenommen wird , als was man durch die nämlichen optischen Hülfsmittel bei gehöriger Aufmerksamkeit auch schon beobachten kann, wenn dieselben im einfachen ^Mikroskope zur Anwendung kommen. Wenn man daher auch mit einer Linse, die z. B. 100 Mal vergrössert, leicht eine lOOOmalige Vergrösserung errei- chen kann, indem der Schirm in 2,5 Meter Entfernung kommt, so hat dieses Bild doch nichts voraus vor einem zehnmal kleineren, welches in einer Entfernung von 25 Centimeter entsteht. Ist nun auch aus diesen Gründen die starke Vergrösserung der Bild- mikroskope nur geeignet, den Unkundigen zu täuschen, und können die- selben als Instrumente zu Untersuchungen kaum in Frage kommen, so haben sie doch den nicht unerheblichen Vorzug, dass sie vielen Zu- schauern auf einmal ein vergrössertes Bild vorzuführen vermögen. Bei Vorlesungen und bei öffentlichen Demonstrationen erweisen sich daher die Bildmikroskope sehr nützlich, zumal wenn die Zuschauer früher oder später Gelegenheit bekommen, die Einzelnheiten jedes Objectes durch an- dere und bessere Mikroskope genauer zu beobachten. Zusammengesetztes dioptrisches Mikroskop. 129 Drittes Kapitel. Das zusammengesetzte dioptrische Mikroskop. Vereinigt man die in den beiden vorhergehenden Kapiteln betrach- 146 teten Mikroskope zu Einem Instrumente, so erhält man das zusammen- gesetzte dioptrische Mikroskop- Betrachten wir dasselbe zunächst in seiner allereinfachsten Form, deren optische Zusammensetzung in Fig. 64 dargestellt wird. Gleich FijT. G4. ausserhalb des Brennpunk- tes der Linse CD befindet sich ein Object ai, von welchem Lichtkegel aus- gehen ; diese erzeugen auf der anderen Seite der Linse ein verkehrtes und vergrössertes Bild b' a'. Es ist ein in gekrümmter Fläche (§. 43) liegendes Luftbild, das gleich gut wie in einem Bildmikro- skope sichtbar sein würde, wenn man es an dieser Stelle mittelst eines Schir- mes auffinge. Um nun dieses Bild noch stärker vergrössert wahrzuneh- men, betrachtet man das- selbe durch ein einfaches Mikroskop, welches hier durch die Linse A B darge- stellt wird und mittelst de- ren die ins Auge eintreten- den Strahlen jenen Grad von Divergenz erlangen, den sie besitzen würden, wenn das Object in der richtigen Deutlichkeits- entfernung vz' sich be- fände. Die dem Objecte H a r t i n g ' s Mikroskop. g 130 Zusammengesetztes dioptrisches Mikroskop. zugekehrte Linse nennt man Objectivglas, Objectivlinse oder ein- fach das Objectiv, jene Linse aber, vor welche das Auge gehalten wird, heisst Augenglas oder Ocular. Aus Fig. 64 ist ferner zu entnehmen, dass, wenn der Durchmesser des Objectes ziemlich gross ist, sein Bild dann nicht mehr mit dem Ocu- lar übersehen werden kann. Dies folgt aus dem , was über das Ge- sichtsfeld des einfachen Mikroskops gesagt worden ist (§. 121). Nur die Strahlen des zwischen c und d enthaltenen Bildabschnittes, welcher dem Stück d' c' des Objectes entspricht, erreichen die Linse imd das Auge; die Strahlen dagegen, welche von den Strecken cb' und da' des Bildes kom- men, gehen links und rechts an den Rändern der Linse vorbei. Verlän- gert man nun die durch das Ocular gebrochenen Strahlen, welche von den Punkten c, z und d de? Bildes stammten, bis sie auf der anderen Seite der Linse AB wiederum zusammentreffen, dann werden diese zusammen mit den übrigen Vereinigungspunkten dort ein vergrössertes Scheinbild c" z" d" des Bildabschnittes czd geben; dieses Scheinbild liegt in einer ge- krümmten Ebene, deren Krümmung stärker ist als jene des wahren Bil- des b'a'. Es folgt dies daraus, dass schon ein in gerader Ebene gelege- nes Object, wie früher (§. 109) dargethan, ein Scheinbild mit aufwärts gerichteter Krümmung giebt, wenn es durch eine einzelne Linse betrach- tet wird. Da nun hier die Ränder c und d des Bildes noch entfernter vom optischen Mittelpunkte der Linse AB liegen, als wenn das Bild in einer geraden Ebene befindlich ist, so folgt hieraus, dass die Aufwärts- krümmung in diesem Falle noch bedeutender sein muss. Ein aus qua- dratischen Maschen bestehendes Netz wird sich so wie in Fig. 52 (S. 96) darstellen. 147 Der Unterschied des Doublets vom zusammengesetzten Mikroskope in dessen einfachster Einrichtung ist daher folgender. Beim Doublet ist der gegenseitige Abstand beider Linsen kürzer als die Entfernung des Vereinigungspunktes der Strahlen der vorderen Linse : entsteht dagegen zwischen zwei Linsen ein Bild, welches von der hinteren oder oberen Linse weit genug entfernt ist, um durch dieselbe vergrössert wahrgenommen werden zu können, so hat man ein zusammengesetztes Mikroskop. Die letztere Bedingung ist aber unerlasslich ; denn wenn das Bild zu nahe der vorderen Linse sich erzeugt, dann gelangen die Strahlen naher Objecte mit zu starker Divergenz ins Auge, und es entsteht kein Bild auf der Netz- haut, ausgenommen von solchen Objecten, die ziemlich entfernt von der vorderen Linse sind, d. h. man hat ein Teleskop statt eines Mikroskops. In der That haben beiderlei Instrumente in der Hauptsache ganz die nämliche Zusammensetzung und man kann das Teleskop ganz füglich ein Mikroskop für entfernte Gegenstände nennen. Auch ersieht man hieraus, wie es möglich ist, solche Instrumente, nämlich sogenannte polydy- namische Mikroskope, zu verfertigen, die abwechselnd als Mikroskop und als Teleskop dienen können; es bedarf dazu weiter nichts, als dass, während die optische Zusammensetzung ganz unverändert bleibt, die Ent- Vergrösserung des zusammengesetzten dioptrischen Mikroskops. 131 fernung zwischen dem Ocular und dem Objectivglase je nach der Ent- fernung des Objects verändert wird. Da nun das Bild stets um so weiter hinter der Linse entsteht (§. 42), je näher das Object dem Hauptbrennpunkte ist, so muss man, wenn das Bild in die gehörige Entfernung vom Augenglase kommen soll, damit die Strahlen den gleichen Grad von Divergenz besitzen, wie jene, wel- che von Objecten aus der Entfernung der mittleren Sehweite ausgehen, die Entfernung zwischen dem Objectiv- und Ocularglase für nahe Ob- jecte vergrössern, für entfernte dagegen verkürzen. Es folgt hieraus ferner, dass man es in seiner Gewalt hat, die ver- grössernde Kraft eines zusammengesetzten Mikroskops nach Willkür zu verstärken, indem man das Ocular vom Objectivglase entfernt und zu- gleich das Object näher an die Linse bringt, so dass das Bild stets in gleicher Entfernung vom Ocular bleibt. Dadurch nämlich wird das Bild immer grosser und grösser, ohne dass das Vergrösserungsvermögen des Oculars eine Veränderung erleidet, und wenn man daher die Stelle, wo sich das Bild vor dem Ocular formt, welter entfernt vom Objectivglase rückt, so wird auch die vergrössernde Kraft des Mikroskops in gleichem Verhältnisse zunehmen. Bei der Berechnung der vergrössernden Kraft eines zusammenge- 148 setzten Mikroskops von einfachster Einrichtung sind demnach zu berück- sichtigen : a. Die Brennweite des Objectivglases, weil davon die Stelle und die Grösse des Luftbildes abhängig ist. Das Bild ist bei einem wahren Mi- kroskope (mit Ausschluss der soeben mit einem Worte erwähnten poly- dynaraischen oder teleskopischen Mikroskope) stets grösser als das Ob- ject, und letzteres befindet sich also (§.42) immer zwischen dem Haupt- brennpunkte und der doppelten Brennweite der Linse. b. Die Brennweite des Oculars. c. Die mittlere Sehweite des Auges. Aus b und c lässt sich auf die oben (§§. 112 und 113) angegebene Weise zunächst die Stelle be- rechnen, welche das Luftbild einnehmen muss, um vergrössert und deut- lich durch das Ocular wahrgenommen werden zu können, und auch die Vergrösserung dieses Bildes lässt sich daraus berechnen. Kennt man nun d. die Distanz beider Linsen, dann weiss man auch, wie entfernt das Bild von der vorderen Linse ist, und mithin kennt man auch dessen Grösse. Diese letztere Entfernung nämlich hat man, wenn man von der Distanz der beiden Linsen die Entfernung des Bildes vom Ocular sub- trahirt, die Grösse des Bildes aber erhält man, wenn man die Differenz zwischen der Entfernung des Bildes und der Brennweite der Linse mit der Brennweite dividirt und den Quotienten mit dem Durchmesser des Objectes multiplicirt (§. 131). Die Gesammtvergrösserung erhält man dann, wenn man die Ver- 9* Bild . 0,5 = 14,05"°' gross, und die Vergrösserung ist mit- 6 132 Vergrösserung des zusammengesetzten dioptrischen Mikroskops. grösserung des Bildes mit jener durch das Ocular erreichten Vergrösse- rung multiplicirt. Erläutern wir dies wieder durch ein Beispiel. Man wünscht die Vergrösserung eines Objectes zu berechnen, wenn folgende Grössenver- hältnisse vorhanden sind: Durchmesser des Objects 0,5""" Brennweite des Objectivglases 6 » Brennweite des Oculars 30 » Distanz der beiden Linsen 200 » Mittlere Sehweite des Auges A (§. 67). . . 162 » Nach §.113 muss hier die Entfernung des Bildes vom Ocular 30 — ■ = 25,3"™ sein, und mithin liegt das Bild 200 — 25,3 162 -f 30 ' ' ^ = 174,7"" hinter dem Objectivglase, Bei dieser Entfernung ist das u hin eine 28,lfache. Das Ocular vergrössert (§. 112) ^ = 6,4 Mal, und mithin ist die Gesamratvergrösserung 28,1 . 6,4 = 179,84 Mal. Ein Object von 0,5"" Durchmesser, durch ein solches Mikroskop angeschaut, würde also für einen, der die angegebene mittlere Sehweite hat, einen Durchmesser von 89,92"" haben. Aeudert sich nun aber die mittlere Sehweite, so werden auch alle diese Zahlen andere. Führen wir z. B. die nämliche Berechnung für das Auge von B (§. 67) mit der mittleren Sehweite von 372"" aus, so erhal- ten wir für die Entfernung des Bildes vom Ocular 27,8"", für die Ent- fernung zwischen Bild und Objectivlinse 172,2"", für die Vergrösserung des Bildes die Zahl 27,7 und für dessen Durchmesser 13,85"", also et- was geringere Werthe als im vorigen Falle. Dagegen vergrössert das Ocular für B 13,4 Mal, und dadurch erreicht die Zahl der Gesamratver- grösserung den hohen Werth von 371,18. J49 Bis jetzt haben wir der Einfachheit halber angenommen, es werde das Auge dicht ans Ocular angehalten. Das ist nun aber in der Wirk- lichkeit niemals der Fall. Das Auge oder richtiger die Pupille muss dahin zu liegen kommen, wo alle aus dem Mikroskope heraustretenden Strahlen sich im kleinsten Räume vereinigen, damit sie alle von der Pupille können aufgefangen werden. Diese Stelle ist demnach jene, wo das Bild des als Object angenommenen Objectivs entsteht, während das Augenglas die brechende Linse ist. Deshalb muss auch die Distanz zwischen der Pupille und dem Ocular stets grösser sein als die Brenn- weite des letzteren. Nach dem früher Mitgetheilten (§. 120) muss aber damit auch eine Abnahme der Vergrösserung verbunden sein, und somit Vergrösserung des zusammengesetzten dioptrischen IMikroskops. 133 bedürfen die berechneten Werthe einer Correction. In dem angenomme- nen Falle beträgt die Distanz zwischen Objectiv und Ocular 200""", die 200.30 Brennweite des Oculars ist 30""", mithin liegt die Pupille ;,., q-tt = 35,3"'"' hinter dem Ocular. Für eine mittlere Sehweite von 162""" ist daher die Entfernung des scheinbaren Bildes vom Ocular 162 — 35,3 = 126,7""". Das Luftbild (wahre Bild), welches durch das Objectiv er- zeugt wird, ist dann 30 — ^^^^ , ,,^ = 24,3'""^ vom Ocular entfernt, lzb,7 -|- oO und der Abstand dieses Luftbildes vom Objectiv ist demnach 200 — 24,3 = 175,7"'"'. Berechnet man nach diesen Daten die Vergrösserung, so erhält man für das Objectiv eine 28,3fache, für das Ocular eine 5,2fache. Die Gesammtvergrösserung ist also 147,16 und nicht 179,84, welche letztere Zahl erhalten wird, wenn man die Stellung der Pupille ausser Acht lässt. Die mittlere Sehweite des Auges ist auch nicht ohne Einfluss auf 150 die Entfernung, in welcher sich das Object von dem Objective befinden muss, wenn das Bild an der gehörigen Stelle vor dem Ocular entstehen soll. Wenn nämlich die Distanz beider Linsen unverändert bleibt, dann wird der Kurzsichtige, dessen Auge eine stärkere Annäherung des Bil- des zum Ocular verlangt, dafür sorgen müssen, dass der grösseren Ent- fernung des Luftbildes vom Objectiv eine geringere Distanz zwischen Object und Objectiv entspricht. Diese letztere Distanz wird durch einen Quotienten ausgedrückt, worin das Product der Bildentfernung und der Brennweite durch deren Differenz dividirt wird ; für A beträgt sie im vorstehenden Falle '''^''' = 6,214»^ für B aber^iIM4 = 6.216™^. 174,7 _ 6 ' ' 172,2 — 6 Hat eine Objectivlinse nur 6""' Brennweite oder selbst noch weniger, dann ist der Unterschied (Vsoo"™) freilich nur gering und nur von gerin- gem Einfluss auf das Deutlichsehen solcher Personen, deren Augen eine verschiedene Sehweite besitzen. Auch lehrt die Erfahrung, dass bei zu- nehmender Vergrösserung durch Anwendung stärkerer Objective die Stel- lung des zusammengesetzten Mikroskopes für verschiedene Augen weni- ger verändert zu werden braucht, während dieses doch bei schwächeren Vergrösserungen sehr nöthig ist. Vertauschen wir z. B. das Objectiv von gmm Bi-ennweite mit einem anderen, welches 20""™ Brennweite hat, dann muss die Entfernung des Objectes von^^der Objectlinse 22,585"'"' für A und 22,628'"" für B betragen. Hier beträgt die Differenz etwa i^s""", was schon ganz merklich ist. Im Bisherigen ist die Theorie des zusammengesetzten Mikroskopes 151 schon in ihren Hauptzügen angegeben worden. Doch fehlt noch viel daran, dass ein Instrument von solcher meist einfacher Einrichtung sich zu genauen und sorgfältigen Beobachtungen eignen sollte. Seine Unvoll- kommenheiten lassen sich auf folgende drei Punkte zurückführen: 152 134 Collectivglas beim zusammengesetzten dioptrlschen Mikroskope. a. Sein Gesichtsfeld ist sehr klein, wie schon aus Fig. 64 zu ent- nehmen ist, wo nur ein Theil der Strahlen, welche vom Objecte auf das Objectiv treffen, das Auge erreicht. b. Die Ebene, in welcher das Scheinbild liegt, ist stark gekrümmt, und die Gestalt des Bildes stimmt daher nicht mit jener des Objectes. c. Ein solches aus zwei Linsen bestehendes Mikroskop theilt in ho- hem Grade alle die Mängel, welche eine Folge der sphärischen sowohl als der chromatischen Aberration sind. Betrachten wir daher jetzt die Mittel, welche angewendet werden, um das zusammengesetzte Mikroskop von diesen Unvollkommenheiten zu befreien und wodurch es schon einen Grad von Vollkommenheit erreicht hat, den man vor mehreren Jahren kaum noch hätte erwarten dürfen. Unter diesen Mitteln kommen auch solche vor, die schon seit langer Zeit im Gebrauche gewesen sind. Dazu gehört das Einschieben einer dritten Linse (Fig. 65), in solcher Entfernung von den beiden anderen, Fig. G5. CoUectlvglas beim zusammengesetzten dioptrischen Mikroskope. 135 dass das Bild des Objectes zwischen dieser eingeschobenen Linse und dem Ocular entsteht. Diese eingeschobene Linse bewährt sich in mehr denn Einer Hinsicht nützlich. Zunächst vereinigt sie die Strahlen wieder, welche, wie aus der Fi- gur zu entnehmen ist, vom Objecte ausgehen. Ohne die Linse EF würde das Bild in b'a' sich gebildet haben; durch diese Linse hingegen werden die Strahlenkegel Ch'D^ Da'C und alle übrigen, welche zur Formation des Bildes beitragen, nach innen gebogen, so dass ein anderes Bild b''a" entsteht. Dasselbe ist zwar kleiner als b'a' sein würde , allein es kann vollständig durch das Ocular AB übersehen werden, oder was das Näm- liche ist, das ganze Object ab liegt nun im G-esichtsfelde , nicht blos ein Theil desselben, wie d'c' in Fig. 64. Das Mikroskop wirkt daher weni- ger vergrössernd, nämlich um soviel als das Bild b"a" kleiner ist als b'a\ das Gesichtsfeld aber ist grösser geworden in Folge der Sammlung der Strahlen, wovon ein Theil unbenutzt verloren ging. Diesem zumeist ins Auge fallenden Nutzen verdankt diese eingeschobene Linse den Namen Saramelglas oder CoUectivgl as. Sodann nützt das eingeschobene Glas dadurch, dass die Lichtstärke des Bildes zunimmt. Alle Strahlen nämlich, die zur Bildung von b'a' gedient haben würden, werden in dem kleineren Bilde b"a" vereinigt, und da die Lichtstärke im umgekehrten quadratischen Verhältnisse der Durch- messer der Bilder zunimmt, so wird das Bild b"a"^ wenn es z. B. nur halb so gross wäre wie b'a'^ viermal heller sein, wenn wir zunächst von dem geringen Verluste in Folge der Reflexion und der Absorption absehen. Ferner wirkt das Collectivglas sehr vortheilhaft dadurch, dass es die Krümmung des scheinbaren Bildes beseitigt oder, wie man sich ge- wöhnlich ausdrückt, das Gesichtsfeld ebnet. Der Grund dieser Wirkung wird ersichtlich, wenn wir im Auge behalten, dass die Distanz zwischen dem mittleren Theile der Linse EF und der Mitte des Objec- tives CD kleiner ist, als zwischen den Rändern beider Linsen. Die Strahlen, welche von dem in der optischen Axe gelegenen Punkte c aus- gehen, treffen daher früher auf die Oberfläche der Linse ^F als jene, welche von den Punkten a und b am Umfange des Objectes ausgehen. Die nothwendige Folge hiervon ist, dass jenein der Nähe der Axe durch- tretenden Strahlen sich früher wieder vereinigen werden, nämlich in z"-, als jene Strahlen, welche in mehr schiefer Richtung auf die Linsenober fläche fallen, und deren äusserste Vereinigungspunkte deshalb etwas ent- fernter in h" und a" liegen werden. Somit hat das zweite Luftbild b"a" die entgegengesetzte Krümmung von dem ersten b'a\ und da nun hier- durch die Ränder h" und a" des zweiten Luftbildes dem optischen Mittel- punkte des Oculars AB näher sind, so muss nach dem oben (§. 109) Entwickelten, wenn die Krümmungen des Colleetivs luid des Oculars in einem gewissen Verhältniss zu einander stehen, jenes durch das Ocular wahrgenommene Scheinbild b'"a"' nicht gebogen, sondern in gerader 13G CoUectivglas beim zusammengesetzten dioptriächen Mikroskope. Ebene erscheinen. Ein Netz quadratischer Maschen wird sich so wie in Fig. 51 (S. 96) darstellen. Einen zwar weniger ins Auge fallenden, aber nicht weni^-er erheb- lichen Dienst leistet dann das CoUectivglas dadurch , dass es beide Ab- errationen verbessert. Dass eine solche Verbesserung statt haben muss, lässt sich in gleicher Weise darthun, als es §. 126 für die Verbindung zweier Linsen zu einem Doublet bereits geschehen ist. Zwischen dem Collectivglase und dem Ocnlar findet auch eine Kreuzung der Lichtstrah- len statt, und aus dem dort Angeführten entnimmt man deutlich, dass, da die violetten Strahlen immer auf stärker brechende Theile des Oculars treffen, die verschiedenfarbigen Strahlen sich immer mehr nähern müssen, so dass sie ins Auge in einer solchen relativen Richtung hineintreten, die sich dem parallelen Zustande oder dem des weissen Lichtes mehr nähert als wenn kein CoUectivglas vorhanden ist. Dasselbe gilt aber auch von der sphärischen Aberration; auch diese wird verbessert, weil, wie schon ans Fig. 65 zu entnehmen ist, jene Strahlen, welche im Collectivglase £i^ zunächst dem Rande durchgehen, das Ocular AB näher der Axe treffen, und umgekehrt. Die Aberrationen beider Linsen wirken dem- nach im entgegengesetzten Sinne, und bis zu einem gewissen Punkte hin können sie einander beiderseits aufheben. Die Theorie lehrt, dass diese Verbesserung am vollkommensten ist, wenn das CoUectivglas eine dreimal so grosse Brennweite hat als das Ocu- lar, und wenn ihre wechselseitige Distanz der Verdoppelung der Ocular- brennweite gleichkommt, so dass die Brennweite des Collectivs, die Distanz zwischen CoUectiv und Ocular und die Brennweite des Oculars sich wie 3, 2 und 1 zu einander verhalten. Wir werden später sehen, dass in den aplanatischen Mikroskopen diese Entfernungen einige Modi- ficationen erfahren können , entsprechend dem Grade der Verbesserung der Objective. 153 Da das Einschieben des CoUectivglases eine Verkleinerung des Bil- des mit sich bringt, so ergiebt es sich von selbst, dass das in §. 148 ange- gebene Verfahren, mittelst dessen man die Vergrösserung eines zusam- mengesetzten Mikroskopes, welches nur aus einem Objectiv und einem einfachen Ocular besteht, ausfindig macht, einer Abänderung bedarf. Man muss nämlich die Brennweite berechnen für eine einzige Linse, die eben so wirkt, wie die Vereinigung des Collectivs und Oculars. Kennt man die Brennweite einer solchen äquivalenten Linse und folglich auch ihre vergrössernde Kraft, dann lässt sich die Gesammtvergrösserung leicht ausfindig machen, wenn man so wie früher die Grösse des Luftbildes, welches ohne vorhandenes CoUectiv entstanden sein würde, mit dem Ver- gröaserungswerthe der äquivalenten Linse multiplicirt. Die Brennweite einer äquivalenten Linse ist = PP ^ TT ^^ 11 IX p-j-p' — d p die Brennweite des Collectivs, p' die Brennweite des Oculars und d die Distanz der beiden Linsen bezeichnet: mit anderen Worten, man Linsencombinationen. 137 niultiplicirt die Brennweiten des Collectivs und des Oculars mit einander, und in dieses Product dividirt man mit der Summe beider, weniger die Distanz beider Linsen. Rechnen wir z. B. die Brennv eite des Collectivs zu 30""", jene des Oculars zu 10™"" und beider Distanz zu 20"™, so ist die Brennweite der äquivalenten Linse — — j — -^- -—=15™", und ver- oO — r- iU Z\) hälfe sich zu jener des Oculars wie 3 zu 2. Daraus folgt dann, dass, wenn die Brennweiten und die Distanz der beiden Linsen das hier an- genommene Verhältniss haben, wobei die Aberrationen am stärksten ver- bessert werden, durch das Collectivglas das Bild gerade auf 2/3 verklei- nert wird, also auch das ganze Mikroskop nur ^/^ jener Vergrösserung gewährt, die es bringen würde, wenn das Collectivglas weggenommen und das Bild nur durch das Ocular betrachtet würde. Bringt man das Ocular und das Collectiv einander näher, so nimmt die vergrössernde Kraft zu. Wären die obigen Linsen einander bis auf 15™™ genähert, dann würde die Brennweite der äquivalenten Linse 12™" betragen. Ist ihre wechselseitige Distanz noch kleiner als die Brenn- weite des Oculars, dann übertrifft ihre Gesammtwirkung jene des Oculars allein. Bei einer Distanz von 5™™ z. B. würde die Brennweite der äqui- valenten Linse = 8,6™™ sein. Aber in einem solchen Falle liegt das Bild nicht mehr zwischen den beiden Linsen, sondern voi" dem Collectiv- glase, und es ist eigentlich eine andere Einrichtung des Oculars entstan- den, wovon später noch näher gesprochen werden soll. Wenn auch das Einschieben eines Collectivs bereits als eine bedeu- 154 tende Verbesserung angesehen werden muss, so ergiebt sich doch aus dem, was schon einige Male über die Vorzüge der Linsensysteme vor einzelnen Linsen gesagt worden ist, dass man die Verbesserung noch weiter treiben kann, wenn man statt der einzelnen Linsen passende Com - binationen wählt. Jedes der drei zusammensetzenden Gläser kann durch ein System von zwei oder mehr Linsen ersetzt werden, die zusammen wie eine einzige Linse wirken, deren Krümmungen und Abstände aber so eingerichtet sind, dass durch ihre vereinigte Wirkung die Aberratio- nen vermindert werden. In der That giebt es eine grosse Anzahl mög- licher Combinationen und viele davon sind aus theoretischen Gründen vorgeschlagen oder praktisch ausgeführt worden. Es würde uns zu weit führen, wollten wir auf jede einzelne näher eingehen; auch würde es hier nicht einmal ganz passend sein, weil eine Anzahl derselben bereits der Geschichte anheimgefallen ist. Die früheren Bestrebungen einer Verbesserung des zusammengesetzten Mikroskopes und die neueren unter- scheiden sich nämlich hauptsächlich darin, dass man früherhin durch die Stellung des Oculars und des Collectivs die Verbesserung zu erreichen suchte, während man jetzt eingesehen hat, dass die Art dieser Stellung auf die genaue Wirkung eines Mikroskopes allerdings nicht ohne Einfluss ist, es aber doch weit mehr darauf ankommt, dass schon das erste ver- grösserte Bild grossentheils frei von Aberrationen ist. Sind die Aberra- 138 Aplaualische Objectivsysteme. tionen einmal wirksam, so lassen sie sich allerdings wohl durch das Ocu- lar lind Collectiv noch etwas verbessern, doch immer nur auf eine sehr beschränkte Weise. 155 Ich wende mich jetzt zur Betrachtung der optischen Einrichtung der neueren Mikroskope , und hier kommt zunächst die Einrichtung ihres wichtigsten Tlieils, des Objectivs, in Betracht. Wir haben oben (§. 61) gesehen, dass durch die Vereinigung einer biconvexen Kronglaslinse mit einer planconcaven oder biconcaven Flint- glaslinse eine Doppellinse erhalten wird , durch welche die chromatische sowohl als sphärische Aberration eine entschiedene Besserung ei fahren, wenn beide Linsen in einem passenden Verhältniss zu einander stehen. Wir haben aber auch gesehen (§. 64), dass aus besonderen Gründen die Aberration durch diese Verbindung niemals vollständig aufgehoben werden kann. Eine solche achromatische Doppellinse verdient deshalb allerdings den Vorzug vor einer gewöhnlichen Linse, selbst vor einer Linse der besten Form, wenn sie für sich allein als Objectiv benutzt wird. Allein die Verbesserung der Aberration wird doch nur auf unvollkommene Weise damit erreicht und ausserdem ist es sehr schwer, solche achroma- tische Doppellinsen mit sehr kurzer Brennweite anzufertigen. Man würde deshalb die Vergrösserung hauptsächlich durch stärkere Oculare zu erreichen suchen müssen oder dadurch, dass man das Mikro- skop länger macht. In diesen beiden Mitteln hat man aber immer nur sehr unvollkommene Aushülfen und man erreicht dabei sehr bald Gren- zen, die nicht überschritten werden können, ohne dass die Schärfe des an Grösse allerdings noch zunehmenden Bildes so sehr verliert, dass man von seinen Einzelnheiten weniger wahrzunehmen im Stande ist, als bei einer schwächeren, dabei aber scharfen Vergrösserung. Wo demnach nur eine schwache Vergrösserung erforderlich ist, da sind einzelne achro- matische Doppelliusen immer noch anwendbar, weil sie den grossen Vor- theil gewähren, dass sie eine weite Oeffnung gestatten und also viel Licht durchlassen. Sobald aber eine irgend bedeutende Vergrösserung be- nutzt werden muss, dann verliert dieser Vorzug viel von seinem Werthe. Glücklicher Weise giebt es ein Mittel, um sowohl die vergrössernde Kraft der achromatischen Doppellinsen zu erhöhen, als auch die Aberra- tionen noch weiter zu verbessern: man muss sie nämlich zu Systemen vereinigen. W^as das erste betrifft, die zunehmende Vergrösserung näm- lich durch eine derartige Vereinigung, so gilt hier ganz das Nämliche, was früher (§. 125) über Doublets und Triplets im Allgemeinen gesagt worden ist. Ueber den zweiten Punkt dagegen, die weitere Verbesse- rung der Aberrationen, muss ausser dem dort Angeführten noch etwas Näheres zur Aufklärung mitgetheilt werden. 150 Weiter oben (§. 64) stellte es sich heraus, dass jede Doppellinse nur für zwei in der optischen Axe gelegene Punkte wirklich aplanatisch ist, und dass die von allen anderen dazwischen oder ausserhalb gelege- nen Punkten ausdrehenden Strahlenbündel überverbessert oder unterver- Apianatische Objectivsystemc. 139 bessert werden. Denken wir uns nun (Fig. 66), der entferntere aplana- tische Brennpunkt der Doppellinse A sei in a, so wird die Linse für das von dort ausgehende Strahlenbündel vollkommen verbessert sein , für jene Strahlen dagegen, welche von höher gelegenen Punkten (bis zu dem hier nicht in Betracht kommenden kürzeren aplanatischen Brennpunkte hin) ausgehen, ist sie überverbessert, und für jene von tieferen Punkten ausgehenden Strahlen unterverbessert. Bringt man dann vor diese Dop- pellinse eine andere Linse 5, und zwar dergestalt, dass die von ihrem kürzesten aplanatischen Brennpunkte h ausgehenden Strahlen an der auf- wärts sehenden Fläche bei c mit jenen Strahlen zusammentreffen, wel- che von dem entfernteren aplanatischen Brennpunkte der Linse A aus- gehen, dann heben die entgegengesetzten Aberrationen beider Linsen Fio-. CO. einander wechselseitig auf, und so geschieht es, dass ihre Vereinigung von Strahlen- bündeln, welche von verschiedenen Punkten der optischen Axe ausgehen, immer von Aberration frei ist. — Werden die beiden Doppellinsen einander mehr genähert, so dass z. B. A in A' zu liegen kommt, der entferntere aplanatische Brennpunkt dieser Linse also in a' sich befindet, dann wird das Strahlenbündel, welches nach dem Durchgange durch die Linse B mit jenem von a' kommenden Strah- lenbündel zusammenfällt, nicht mehr dem kür- zeren aplanatischen Brennpunkte h der Linse B entsprechen, sondern dem ferner liegenden Punkte h% der zwischen ihren beiden aplana- tischen Brennpunkten gelegen ist, und mithin wird das System alsdann überverbessert sein. Werden dagegen die Doppellinsen A und B weiter von einander entfernt, dann entsteht eine Unterverbesserung. Aus dieser zuerst von List er (Phllos. Transact. 1830. p. 198) gegebenen Erklärung über Verbesserung der Aberration in den aus achromatischen Doppellinsen bestehenden Sy- stemen ersieht man, dass bereits durch die Vereinigung von nur zwei solchen Linsen die Aberration grossentheils beseitigt werden kann. Zu stärkeren Vergrösserungen benutzt man aber mit Vortheil Systeme von drei Linsen, die dann wiederum in solche Distanz von einander ge- bracht werden, dass ihre besonderen Aberrationen gegenseitig einander aufheben. Nach Lister's Erfahrung ist es zweckmässig, durch die un- terste Linse ein etwas unterverbessertes Lichtbündel aufzufangen, das dann durch die mittlere Linse überverbessert wird. Li der Regel wird 140 Aplanatische Objectivsysteme. man daher auch bei Linpensystemen, welche aus den besten Werkstätten kommen, finden, dass die Flintglaslinse der untersten stärkst vergrös- sernden Doppellinse planconcav ist, während bei der zweiten, und falls es ein Triplet ist, bei der zweiten und dritten, oder wohl bei der dritten allein, auch die nach aussen gekehrte Oberfläche der Flintglaslinse etwas con- cav ist, PO dass die Doppellinse einen convergirenden Meniskus darstellt, an welchem der Eintluss der biconcaven Flintglaslinse etwas überwiegt. 157 ^^^ Aulfinden der gehörigen Entfernung zwischen den Doppellinsen ist, wie bereits bei Gelegenheit ihrer Anfertigung bemerkt wurde, mehr ein Werk der Geduld und des wiederholten, durch praktische Erfahrung unterstützten Versuchens, als einer vorgängigen Berechnung, die zwar allerdings einige beachtenswerthe Winke geben kann, niemals aber mit solcher Sicherheit und Genauigkeit auf die Anfertigung mikroskopischer Objective einzuwirken im Stande ist, wie bei teleskopischen Objec- tiven. Die Ursache davon liegt nicht in einem Mangel verlässlicher theoretischer Gründe, auf welche die Berechnungen sich zu stützen ha- ben, sondern darin, dass bei dem grossen Einflüsse, den die geringste Verschiedenheit in der Form und im gegenseitigen Abstände der Linsen auf deren Gesammtwirkung äussert, kein Arbeiter ein Linsensystem an- zufertigen vermag, welches den im Voraus berechneten Bedingungen vollkommen entspricht. Lister (a. a. O. p. 197) erzählt, dass er eine Kronglaslinse und eine Fliutglaslinse hatte, bei denen die gewölbte Ober- fläche der einen so genau in die Aushöhlung der anderen sich legte, dass an der Stelle der Vereinigung die bekannten Farben dünner Schichten sich zeigten, und als dann eine Schicht Canadabalsam zwischen beide Linsen gebracht Avurde, die so dünn war, dass diese Farben dadurch nicht weg- genommen wurden, so verursachte dies doch schon eine recht auffallende Veränderung im Grade der sphärischen Aberration. Wo nun solche ganz unbedeutende DiflFerenzen schon von Einfluss sind, da werden na- türlich auch die besten Berechnungen in der Ausführung nicht aus- reichen. Aus dem Angeführten lässt sich zugleich die Folgerung ziehen, dass Mikroskope, welche aus einer und derselben Werkstatt kommen, doch nicht vollkommen gleich unter einander sein können, wenn auch ihre äussere Form und die mechanische Einrichtung vollkommen die nämli- chen sind. Die Röhren, der Objecttisch, die Räder- und Schrauben- bewegungen, der Spiegel u. s. w. können alle nach feststehenden Model- len verfertigt werden und es ist dazu nicht mehr Zeit und Geduld erfor- derlich, als zu jeder anderen feinen Handarbeit; — bei Anfertigung von Doppellinsen und deren genauer Vereinigung zu Systemen lassen sich jedoch früher verfertigte Doppellinsen und Systeme kaum als Modelle benutzen. Man muss immer wieder von vorn mit Probiren anfangen, bis man die erzielte Wirkung erreicht, oder richtiger, bis der Arbeiter glaubt, die erlangte Verbesserung sei eine ausreichende im Verhältnisä zu dem Preise, den er für seine Mühe und ausdauernde Geduld empfängt. Construction der Linsensysteme. 141 Denn es braucht kaum gesagt zu werden, dass eine ganz vollkommene Verbesserung nicht erreicht werden kann und dass als das beste Linsen- system nur jenes zu erachten ist, worin die Verbesserung der beiden Aberrationen der vollständigen Beseitigung derselben j)m nächsten kommt *). Ich glaubte hier mit einigen Worten andeuten zu müssen, wie mühpam noch gegenwärtig das Verfertigen von Objectivsystemen ist und allem An- schein nach wohl stets sein wird, weil es mir vorgekommen ist, als seien unrichtige Vorstellungen darüber sehr verbreitet, indem man sich z. B. wundert, dass die kleineren und weniger theuer bezahlten Mikroskope des nämlichen Optikus nicht immer mit gleich guten Linsensystemen verse- hen sind, wie die grösseren aus der nämlichen Werkstätte. Bedenkt man aber, wie viel Zeit jedes einzelne System verlangt, wenn es auf einen verhältnissmässigen Grad von Vollkommenheit gebracht werden soll, dann muss man sich weit eher darüber wundern, dass um den geringen Preis, wofür solche kleine Mikroskope gegenwärtig zu haben sind, noch so gute Instrumente geliefert werden, und dass sie sich nicht noch weit auffallender unterscheiden von den grösseren und theureren, für welche der Optikus, wie sich von selbst versteht, seine bestgelungenen Linsen- systeme aufspart. Auch mag das Angeführte zur Erklärung dienen, warum in der Regel zwischen der Bestellung und dem Empfange eines Mikroskopes eine längere Zeit verstreicht, und zugleich einigermaassen zur Warnung, dass man den Optikus nicht zu sehr drängt. Denn für keine Zubereitung passt wohl das Festina lente mehr, als für die Anfer- tigung von Objectivsystemen. Es giebt zwei Hauptmethoden, nach denen die Linsen zu Systemen 158 verbunden werden. Die erste und ältere Methode ist die, dass die ein- zelnen Doppellinsen, nach ihrer Stärke gewöhnlich mit 1, 2, 3, 4 u. s. w. numerirt und auf einander geschraubt werden , so dass 1 -|- 2 , 1 -|- 2 -|- 3, 2 -j- 3 -j- 4 u. s. w. die passenden Combinationen sind, um ein System zu bilden. Besser jedoch ist die jetzt mehr und mehr in Ge- brauch kommende Methode, nach welcher jene Doppellinsen, die ein Sy- stem ausmachen, in andauernde Verbindung mit einander gebracht wer- den. Allerdings vermehrt sich hierdurch die Anzahl der einzelnen Lin- sen für eine gleiche Zahl von Combinationen und es steigt mithin der Preis des Apparates. Dies wird aber wiederum reichlich aufgewogen durch die grössere Vollkommenheit, die einem jeden für sich bestehen- den Systeme zu Theil werden kann, sowie durch die grössere Leichtig- keit im Wechseln der Objective. *) Als bei einem Besuche Oberhäuser's das Gespräch auch auf diesen Gegen- stand kam, theilte er mir mit, dass er Ein Linsensystem besässe, das er schon vor vielen Jahren angefangen und aus seinem stets zunehmenden Linsenvorrathe fortwährend zu verbessern sich habe angelegen sein lassen, und woran er noch immer verbessere. Er nannte dieses System mit Recht ein unbezahlbares. 142 Verhältniss zwischen aplanatischem Objectiv und Ocular. Was die verhältnissmässige Ordnung betrifft, in weicher die Linsen auf einander folgen, so nimmt man allgemein und mit Recht als Regel an, dass die stärksten, also die kleinsten Linsen dem Objecte zugekehrt sein müssen. Es verdient diese Stellung aus einem doppelten Grunde den Vorzug. Zunächst ist der Brennpunkt oder die Stelle des Objectes alsdann weiter von der untersten Linse entfernt (§. 125), und zweitens ist diese Stellung auch für die Helligkeit des Bildes die vortheilhafteste, wie man aus folgender Betrachtung leicht entnehmen kann. Bei der entgegengesetzten Stellung der Linsen nämlich würde ein grosser Theil der Strahlen, welche durch die erste grössere Linse hindurchgehen, durch die darüber befindliche kleinere Linse nicht durchgelassen werden kön- nen ; ist dagegen die kleinste Linse nach unten befindlich, dann können Fif die Oefi'nungen der auf einander folgenden Linsen sich dergestalt zu einander verhalten, dass alle Strahlen, welche die vordere Flä- che der dem Objecte zugekehrten Linse tref- fen , an der hintersten Fläche wieder heraus- treten, wie man aus Fig. 67 sogleich ersieht. In der That erlangen die aplanatischen Linsen- pysteme dadurch, dass sie eine grosse Oeffnung zulassen, den wesentlichsten Vorzug vor jenen Objectiveu, die aus einer einzigen Linse be- stehen; denn diesem Umstände vornehmlich verdanken unsere neueren Mikroskope, wie später gezeigt werden soll, jene Eigenschaft, die man mit dem Namen der durchdrin- genden oder penetrirenden Kraft be- legt hat. 159 Wenden wir uns jetzt zui' näheren Betrachtung der übrigen opti- schen Einrichtung, welche mit der Anwendung aplanatischer Linsen- systeme zu Objectiven im Zusammenhange steht. Ich habe schon weiter oben (§. 152) darauf hingewiesen, dass das Collectivglas und das Ocular nicht ganz ohne Einfluss auf die beiden Aberrationen sind. Schon daraus ist zu entnehmen, dass ihre vereinigte Wirkung eben sowohl einen nachtheiligen als einen vortheilhaften Ein- fluss auf die Schärfe des Scheinbildes auszuüben vermag, und dass mithin ein genaues relatives Verhältniss zwischen ihnen und dem Objectiv in Frage kommen muss, wenn es sich um die Erreichung des höchsten Grades von VoUkommehlieit handelt, deren das zusammengesetzte Mikro- skop fähig ist. Hier sind nun eine Anzahl Fälle möglich, die wir der Reihe nach betrachten wollen. Bei unseren neueren Mikroskopen ist in der Regel, um die Vertau- achung leichter zu machen, jedes Ocular mit dem zugehörigen Collectiv- glase in eine gemeinschaftliche Fassung eingesetzt, und das Ganze nennt man, freilich nicht ganz richtig, das Ocular. Verbältuiss zwischen aplanatischem Objoctiv und ücular. 143 Bei oberflächlicher Betrachtung erscheint e? am passendsten, wenn man, um beide Aberrationen vollständig aufzuheben, die Objectivsysteme sowohl als die beiden das Ocular zusammensetzenden Linsen möglichst a{)lanatisch macht, und deshalb auch für das Ocnlar achromatische Dop- pellinsen benutzt. Manche Ojjtiker haben auch solche aplanatische Ocu- lare zu ihren Mikroskopen verwendet, aber immer nur für massige Ver- grösserungen und mit einem sehr kleinen Gesichtsfelde. Aus dem Nach- folgenden wird sich aber ergeben, dass solche Oculare, wenn sie ab- wechselnd mit anderen gebraucht werden sollen , niemals ganz aplana- tisch sein dürfen, da gerade in den Aberrationen des Oculars ein Mittel geboten ist, die Aberrationen des Objectives zu beseitigen, wenn diese im entgegengesetzten Sinne statt haben. Um dies deutlich zu machen, muss ich daran erinnern, dass bei der sphärischen Aberration der Brennpunkt der Randstrahlen der Linse näher liegt, als jener der Axenstrahlen (§. 48), und dass bei der chromatischen Aberration der Brennpunkt der stärker brechenden violetten Strahlen sich näher der Linse befindet, als die Brennpunkte der übrigen farbigen Strahlen (§. 53). Soll nun durch das Ocular ein Scheinbild wahrgenom- men werden, welches so viel als möglich aus einer Vereinigung aller farbigen Strahlen besteht, dann muss die Ordnung der einzelnen auf ein- ander folgenden Bilder (§. 56 und 152) umgekehrt werden, d. h. jene Bilder, welche bei einem nicht verbesserten Objectivglase dem Ocular zunächst würden zu liegen kommen, müssen nun am weitesten von dem Ocular entfernt bleiben. Mit anderen Worten: das Objectivsystem, wenn es in einem zusammengesetzten Mikroskope zur Anwendung kommt, darf nicht vollkommen aplanatisch, es muss vielmehr etwas überverbessert sein. Zur Aufhellung des Gesagten diene Fig. IX. Es ist hier die opti- sche Einrichtung des von Huygens zuerst für Fernröhre empfohlenen Oculars *) dargestellt, dass aber jetzt allgemein bei den neueren Mikro- skopen in Anwendung kommt. AB ist das Ocular, CD das Collectiv; beide sind planconvex und ihre gewölbten Flächen sehen nach unten, was keineswegs gleichgültig ist. Für das Collectiv ergiebt sich die Nützlichkeit dieser Stellung aus der im §. 152 gegebenen Erklärung der Weise, wie dieses Glas der Krümmung des Bildes entgegenwirkt. Für das Ocular könnte es bei oberflächlicher Betrachtung zwar geeigneter erscheinen, wenn seine ebene Fläche dem Luftbilde zugekehrt wäre, weil dann die sphärische Aberration merklich geringer ist (§. 52). Dass dies aber hier keinen Vortheil bietet, davon kann sich jeder, der ein Mikro- *) In roherer Form, wo es aus zwei biconvexen Linsen besteht, heisst es Campa- ni's Ocular. Auch nennt man es das negative Ocular, im Gegensatz zum Ocular von Ramsden oder zum positiven Ocular, von dem später die Rede sein wird. 144 Verhältniss zwischen aplanatischem Objectiv und Ocular. skop mit einem solchen Ociilar besitzt, überzeugen, wenn er die oberste Linse umkehrt. Ist das Mikroskop gut, dann wird ihm das Resultat entgegentreten, dass das Feld kleiner, weniger geebnet und das Bild weniger scharf wird, weil bei einem richtigen Verhältniss zwischen den entgegengesetzten Aberrationen des überverbesserten Linsensystems und des nicht verbesserten Oculars die Bilder gerade in jene Entfernung vom Ocular zu liegen kommen, die nöthig ist, damit dieselben vereinigt auf die Netzhaut auffallen. Für die chromatische Aberration ist dies in der Figur angedeutet. Wäre nicht das Collectivglas CD angebracht, so würden durch ein überverbessertes Objectivsystem eine Anzahl farbiger Bilder entstehen, von denen a als das entfernteste und grösste violet, b als das nächste und kleinste roth sein würde. Das Collectivglas erzeugt keine Veränderung in der Ordnung der Bilder, nur liegen sie etwas nä- her bei einander in c und d. Ist nun die Distanz zwischen diesen farbi- gen Bildern und dem Ocular der Art, dass das violette Bild c etwas nach innen von u, der Brennweite desselben für violette Strahlen, liegt, und das rothe Bild d etwas nach innen von r, der Brennweite desselben für rothe Strahlen, dann werden die von den Bildern divergirend aus- gehenden farbigen Strahlen , nachdem sie durch die Linse gebrochen worden sind, als parallele ins Auge treten, d. h. also (abgesehen von den jederzeit übrig bleibenden Farben des secundären Spectrums [§. 62]) als weisses Licht. Auf ähnliche Weise lässt sich aucli nachweisen, dass die sphärische Aberration des Oculars gerade dazu dienen kann, die auf einander fol- genden Bilder zu vereinigen, welche durch ein für sphärische Aberration überverbessertes Linsensjstem erzeugt werden. Dazu wird nur erfor- dert, dass der Abstand der am meisten von einander entfernten Bilder der Länge der sphärischen Aberration des Oculars gleich sei, so dass das oberste und gri)sste Bild etwas innerhalb des Brennpunktes für den Randtheil des Oculars, das unterste oder kleinste Bild etwas innerhalb des Brennpunktes für den Mitteltheil desselben zu liegen kommt. Nach dem Durchgange der Strahlen durch das Ocular werden sich dann die früher gesonderten Bilder zusammen zu einem Bilde auf der Netzhaut vereinigen. 160 Aus dem eben Angeführten ergiebt sich soviel, dass man, wenn die durch das Ocular zu erreichende Verbesserung eine möglichst vollkom- mene sein soll, sein Ziel dahin richten muss, dass der wechselseitige Ab- stand der Extreme beider Bildarten genau entsprechend sei der Länge der beiden Aberrationen. Sind die Bilder zu weit von einander entfernt, dann behält das Objectivsystem einen überwiegenden Einfluss und die Lichtbüudel sind noch überverbessert, wenn sie das Ocular verlassen; ist dagegen die Aberrationslänge des Oculars grösser als der Abstand der Bilder, dann werden diese unterverbessert. Dabei darf man aller- dings nicht vergessen, dass die Längen der beiden Aberrationen nicht ganz gleich sind, so dass, wenn für eine das Maximum der Verbesserung Stellung der Oculargläser: Länge des Rohrs. 145 erreicht ist, die andere noch unterverbessert oder schon über verbessert sein kann. Doch lässt sich immer ein gewisses mittleres Verbältniss ausfindig machen, welches dem Zwecke am besten entspricht. Es würde nun eine sehr mühevolle Aulgabe sein, sollten das Ocular- und das Objectivsystem immer so genau zu einander passen, dass ihre wechselseitigen entgegengesetzten Aberrationen einander genau aufheben. Auch würde dann jedes Objectivsystem nur mit einem einzigen Oculare zu den besten Resultaten führen. Glücklicher Weise giebt es aber mehr denn ein Mittel, um hierin Abhülfe zu gewähren. Zuvörderst kommt hier der Einfiuss des Collectivglases auf den wechselseitigen Abstand der Bilder in Betracht. Nähert man es nämlich dem Ocular, dann werden die LultbilJer grösser, und zugleich nimmt der sie trennende Zwischenraum oder vielmehr die Dicke des Raumes, in dem sie sich bilden, an Grösse zu. Das Gegentheil tritt in dem F'alle ein, wenn die CoUectivliuse vom Ocular entfernt wird. Der Verfei'tiger eines Mikroskops hat es also in seiner Gewalt, durch wiederholte Ver- suche die gehörige Entfernung zwischen beiden Gläsern des Oculars aus- tiudig zu machen, bei welcher die vortheilhafteste Wirkung erzielt wird. Daraus ergiebt sich aber schon, dass ein Ocular, welches mit einem be- stimmten Linsensysteme ein ausnehmend scharfes Bild giebt, eine weniger gute Combination mit einem anderen bilden wird, das sonst ganz gut gearbeitet sein kann, bei dem aber die Ueberverbesserung etwas mehr oder weniger beträgt, es müsste denn (was freilich in der Regel nicht der Fall ist) das Ocular aus zwei in einander verschiebbaren Röhren bestehen, die eine für das eigentliche Ocular, die andere für das Collec- tivglas, so dass der Beobachter ihre wechselseitige Distanz selbst in der Weise abzuändern vermag, wie es für das benutzte System am passend- sten ist. Ein zweites Mittel bietet sich in der Veränderung des Abstandes zwischen Ocular und Objectiv. Es ^vurde oben (§. 147) nachgewiesen, dass durch Vermehrung dieser Entfernung die vergrössernde Kraft zu- nimmt, durch deren Verminderung dagegen abnimmt. Da nun mit der stärkeren und schwächeren Vergrösserung auch immer die wechselseitige Distanz zwischen den extremen Luftbildern zu- und abnimmt, so kann natürlich auch hierdurch den im vorigen Paragraphen gestellten Forde- rungen Genüge geschehen. Wird das nämliche Linsensystem und das nämliche Ocular benutzt, dann vermag die Aberrationsverbesserung auch nur für eine bestimmte Distanz zwischen jenen beiden ihr Maximum zu erreichen. Wird dann diese Distanz verlängert, so rücken die extremen Luftbilder weiter aus einander. Man kann nun zwar die frühere Distanz wieder herbeiführen, wenn man das Collectivglas vom Ocular entfernt; dadurch geht aber an der Vergrösserung wiederum verloren, was durch die frühere Verlängerung erreicht worden war. Es steht somit die Länge des Rohres bei einem zusammengesetzten Mikroskope in genauem Zu- sammenhange mit dem Grade von Ueberverbesserung der Objectivsysteme. Hartiug's Mikroskop. 10 14G Zerstreuungslinse zwischen Objectiv und Ocular. Je geringer diese Ueberverbesserung innerhalb gewisser nicht zu über- schreitender Grenzen ist, um so weniger wird das Scheinbild an Nettig- keit und Schärfe verlieren, wenn man das Rohr länger macht, und wenn man im Allgemeinen die Vergrösserung auf andere Weise, als durch einen ^Yechsel der Objective verstärkt. Ein drittes jlittel besteht darin, dass man in die Bahn der vom Ob- jectiv nach dem Ocular gehenden Strahlen eine Zerstreuungslinse ein- schiebt. Dass eine solche die Vergrösserung vermehrt, erhellt aus dem, was oben (§. 144) über ihre Anwendung bei Bildmikroskopen angeführt worden ist. Auch hat man es in der Gewalt, indem man sie näher dem Objectiv oder entfernter davon anbringt, diese Vergrösserung willkürlich zu vermindern oder zu vermehren. Hätte nun eine solche Linse keinen anderen Einfluss auf die Lichtstrahlen, als dass sie deren Convergenz zu mindern strebt, so würde ihre Benutzung ganz die nämliche Folge haben, als wenn man die Distanz zwischen Ocular und Objectiv vergrössert, und der Abstand der extremen Luftbilder würde sich in ganz gleicher Weise darstellen. Bei einer Zerstreuungslinse besteht aber eben so gut, wie bei einer Sammellinse, die chromatische und sphärische Aberration; nur wirken sie hier im entgegengesetzten Sinne wie bei einer Sammel- linse (§. 61). Eine concave Linse aus blossem Kronglase wird deshalb, wenn sie zugleich mit einem überverbesserten Objectivsysteme gebraucht wird, zur Folge haben, dass die Bilder weiter auseinander weichen, als wenn blos die stärkere Vergrösserung wirksam wäre. Die Anwendung einer solchen Linse wird daher in fast allen Fällen nur nachtheilig wirken. Auch von einer aus Krön- und Flintglas bestehenden Zerstreuungslinse, die möglichst genau achromatisch gemacht ist, darf man nur wenig Ge- winn erwarten, weil der stärkeren Vergrösserung ein Verlust an Licht- stärke inFolge der Reflexionen an den Oberflächen der Linse so wie beim Durchgange der Strahlen gegenüber steht. Dagegen kann eine etwas überverbesserte achromatische Hohllinse wirklichen Nutzen bringen, weil durch sie die Luftbilder näher aneinander rücken und sie daher anwendbar ist, um, wenn die Aberrationslänge eines Oculars imVerhält- niss zum Grade der Ueberverbesserung des Objectivsystems zu gering ist, das richtige Verhältniss zwischen beiden herzustellen. 161 Erst vor mehreren Jahren ist die Aufmerksamkeit bestimmter auf einen Punkt gelenkt worden, der die Frage, wie man bei einem Mikro- skope den mögliebsten Grad optischer Vollkommenheit erreichen könne, noch etwas complicirter gemacht hat. Man hat nämlich gefunden, dass die Dicke der Glasplättchen, deren man sich bei fast allen mikroskopischen Untersuchungen zur Bedeckung der Objecte bedient, einen nicht zu ver- nachlässigenden Einfluss auf die Schärfe der durchs Mikroskop wahrge- nommenen Bilder übt. Manche Mikroskopenverfertiger (Powell, Amici) kannten zwar schon aus Erfahrung den Einfluss der Deckplätt- chen und waren auf Mittel bedacht, denselben zu beseitigen, aber erst Mohl (Mikrographie, S. 1.57) hat sich ausführlich darüber verbreitet. Einfluss der Deckplättchen. 147 Finden nun gleich diese Deckplättchen auch bei allen anderen Arten von Mikroskopen Anwendung, so scheint mir doch hier der geeignetste Ort zu sein, um auf diesen Einfluss aufmerksam zu machen, zumal derselbe mit den verschiedenartigen bereits erwähnten Methoden zur Verbesserung der Aberrationen in unmittelbarem Zusammenhange steht, in welchen Methoden zugleich die Mittel gefunden werden, um diese Bedeckung mit Glasplättchen grösstentheils unschädlich zu machen. Weiter oben (§. 29) wurde schon dargethan, dass wenn Strahlen, welche von einem naheliegenden Punkte kommen, divergirend durch eine Glasplatte mit parallelen Flächen gehen, dieselben nach dem Durchtritte von einer unendlich grossen Anzahl über einander liegender Punkte zu kommen scheinen; ist dagegen statt eines einzelnen leuchtenden Punktes ein Object vorhanden, so wird die Folge sein, dass eine unendlich grosse Anzahl von Bildern einander zu decken scheinen, die alle höher liegen als das Object selbst. Das am weitesten entfernte oder am höchsten gelegene Bild wird dann durch die am meisten schief einfallenden Strah- len gebildet. Mit der Anwendung eines solchen Glasplättchens verbindet sich daher eine ähnliche Wirkung, wie die sphärische Aberration, und offenbar muss die hier berührte Abweichung und die davon bedingte Dicke der Bildanhäufung um so grösser sein, je dicker das Glasplättchen ist, welches zum Bedecken benutzt wird. Man kann sich den Einfluss dieser Abweichung auf die Luftbilder zwischen dem Collectiv und dem Ocular am besten vorstellen, wenn man daran festhält, dass jegliches von den besonderen Bildern, welche durch die Benutzung eines Deckplättchens hervorgerufen werden, nach dem Durchgange der Strahlen durch das Objectivsystem wiederum in eine Reihe über einander liegender Bilder zerfällt. Alle diese Reihen von Bildern greifen zwar in einander, aber so, dass jede folgende Reihe etwas tiefer liegt, daher dann schliesslich der Abstand zwischen dem zumeist nach oben und dem zumeist nach unten gelegenen Bilde grösser ist, als der- selbe ohne die Bedeckung mit einem Glasplättchen sein würde. In der relativen Stellung der Luftbilder, mögen diese nun durch ein überver- bessertes oder durch ein unterverbessertes Objectivsystem zu Stande kommen, bewirkt ein solches Deckplättchen keine Veränderung oder Umkehrung, sondern nur im Abstände derselben unter einander. Leicht kann man sich vom Vorhandensein dieser Abweichung über- zeugen. Freilich ist sie viel zu klein, als dass sie mit blossem Auge könnte wahrgenommen werden, und selbst bei massiger 20- bis 60 mali- gen Vergrösserungen ist ihr Einfluss noch nicht bemerkbar. Da aber die Dicke des bilderfüllten Raumes mit der Vergrösserung dieser Bilder zunimmt, so muss dieser Einfluss um so erheblicher ausfallen, je mehr die vergrössernde Kraft der benutzten Objective und Oculare zunimmt. Man betrachte z. B. bei einer 300- bis 400 maligen Vergrösserung das nämliche Probeobject zuerst ganz unbedeckt, dann aber, wenn ein Glas- plättchen von 1 bis 2™" Dicke darauf liegt. Wenn das ganz unbedeckte 10' 148 Einflnss der Deckplättchen. Object mit vollkommener Schärfe sich darstellt, so wird der Einfluss des Glasplättchens durch ein Trübsein und etwas Nebelartiges sich kund geben, welches davon herrührt, dass die nur mit Mühe wahrnehmbaren Einzelnheiten am Objecte, z. B. die Querstreifchen auf den Schüppchen vieler Schmetterlinge, sich jetzt gar nicht mehr unterscheiden lassen, oder doch wenigstens nicht mehr gleich deutlich wie früher. Das Gegentheil kann aber eben so gut eintreten , dass nämlich die Schärfe des Bildes durch die Bedeckung mit einem Glasplättchen nicht abnimmt, sondern eher zunimmt. Es bedarf dazu weiter nichts, als dass der Grad der Ueberverbesserung des Objectivsystems zu niedrig ist im Verhältniss zur Aberrationslänge des Oculars. Durch ein Deckplättchen von passender Dicke werden dann die Bilder weiter von einander ab- stehen und das richtige Verhältniss zwischen Ocular und Objectiv wird durch dasselbe hergestellt werden. Man ersieht hieraus, dass diese Glasplättchen, sobald sie zur An- wendung kommen, als ein nicht gleichgültiger Bestandtheil des optischen Appai'ats zu betrachten sind und dass ein gutes Mikroskop eine Einrich- tung haben muss, wodurch der Untersuchende in Stand gesetzt wird, den übrigen Theil dieses optischen Apparates so zu ändern als nöthig ist, damit derselbe mit den Deckplättchen von verschiedener Dicke, deren er sich bei seinen Untersuchungen bedient, in gehörige Uebereinstimmung gebracht werde. Dazu können nun alle jene Mittel benutzt werden, die wir schon als solche kennen gelernt haben, wodurch in dem relativen Stande der Luftbilder vor dem Augenglase eine Veränderung zu Wege gebracht wird. Ist also ein Mikroskop so eingerichtet, dass durch dasselbe unbe- deckte Objecte am schärfsten wahrgenommen werden, dann wird, sobald ein Deckplättchen zur Anwendung kommt, entweder die Verkürzung des Rohres, oder die Verlängerung des Abstandes zwischen Ocular und Col- lectiv, oder eine überverbesserte achromatische Zerstreuungslinse in der Bahn der Strahlen dem vorgesteckten Zwecke entsprechen. Dass die anzubringenden Modificationen je nach der grösseren oder geringeren Dicke der Deckplättchen verschieden sein müssen, wird aus folgendem von Mo hl (Mikrographie, S. 162) entnommenen Beispiele er- sichtlich werden. Ein Objectivsystem, welches mit dem schwächsten Ocular seines Arnici'schen Mikroskops 188 Mal vergrössert, fordert bei 5 Zoll 4 Linien Länge des Rohres ein Deckplättchen, dessen Dicke ohne auffallende Störung zwischen 1,2 und 1,6""" variiren kann; hat aber das Rohr 3 Zoll 11 Linien Länge, dann müssen die Deckplättchen 1,3 bis 1,8""" dick sein, und bei einem 2 Zoll 6 Linien langen Rohre sind Deckplättchen von 1,8 bis 2,3""™ Dicke nöthig. Hieraus folgt zugleich, dass die Dicke der Deckplättchen innerhalb gewisser Grenzen wechseln kann, ohne dass der störende Einfluss noch sehr bemerkbar wird. Ausser den bereits angeführten Mitteln steht noch eins zu Gebote, wodurch dem Einflüsse der Deckplättchen begegnet werden kann: man Einfluss der Deckpiättchen. 149 richtet nämlich das Objectivsystem so ein, dass seine Wirkung verbunden mit jener des Deckplättchens zusammen nöthig ist, um die geforderte Distanz der Luftbilder zu Stande zu bringen, so dass also das Deckpiätt- chen gleichsam einen Theil des Objectivsystems ausmacht. Dass dies geschehen kann, ist klar, da nach §.156 die Ueberverbesserung eines Linsensystems zunehmen wird, wenn die Linsen, woraus dasselbe zusam- mengesetzt ist, einander genähert werden, während diese Ueberverbesse- rung abnehmen und zuletzt selbst in eine Unterverbesserung übergehen wird, wenn man dieselben weiter aus einander rückt. Da nun ein Ob- jectivsystem mit geringer Ueberverbesserung durch Anwendung eines Deckplättchens einem Systeme mit stärkerer Ueberverbesserung gleich gemacht werden kann, so folgt hieraus, dass die nämlichen Linsen durch blosse Veränderung ihrer wechselseitigen Distanz zu Systemen verbunden werden können, die entweder ohne Deckpiättchen oder mit Deckpiättchen von verschiedener Dicke gebraucht werden müssen, wenn sie bei An- wendung eines bestimmten Oculars und bei einer bestimmten Länge des Mikroskops am vortheilhaftesten wirken sollen. Beim Anfertigen eines Mikroskops lassen sich daher ausser den bis- her genannteu Wegen noch zwei andere einschlagen, die auch zu dem genannten Ziele führen. Entweder kann man die Objectivsysteme so einrichten, dass der Beobachter selbst im Stande ist, durch Abänderung der wechselseitigen Distanz der Linsen immer die nöthigen Veränderun- gen anzubringen, oder man kann dem Mikroskope eine gewisse Anzahl Objectivsysteme beigeben, deren Linsen in fester Verbindung mit einan- der sind und die ausdrücklich für Deckpiättchen von verschiedener Dicke bestimmt und eingerichtet sind. Beide Wege hat man schon praktisch eingeschlagen. Der letztere ist zwar umständlicher für den Opticus, im Allgemeinen aber scheint er den Vorzug zu verdienen, da dem Beob- achter hierdurch viel Zeit erspart wird, und da es sicherer und bequemer ist, die Objectivsysteme ganz zu wechseln, als bei jeder neuen Beobach- tung durch Auf- und Niederschrauben der Linsen vorher genau den Ab- stand aufzusuchen, welcher der Dicke des benutzten Deckplättchens am besten entspricht. Es lassen sich aber auch beide Wege vereint ein- schlagen, indem man die Ilöhrchen, in welche die Linsen gefasst sind, so einrichtet, dass jedes System sowohl ohne als mit Deckpiättchen von bestimmter Dicke gebraucht werden kann, also die Stelle zweier beson- deren dafür bestimmten Systeme vertritt. Die hierzu sich eignende mecha- nische Einrichtung, wodurch eine in gewisse Grenzen eingeschlossene Verlängerung oder Verkürzung des Abstaudes zwischen den Linsen eines Objectivsystems erzielt wird, soll später beschrieben werden. Dass das Huy gens'sche Ocular, bei welchem das Luftbild zwischen 2ß2 das Collectiv und das Ocular fällt, im Allgemeinen als das passendste für ein aplanatisches Mikroskop zu erachten sei, wird durch die oben (§. 159) aufgestellte Theorie seiner Wirkungsweise in Verbindung mit überverbesserten Objectivsystemen klar dargethan. Die Optiker, welche 150 Ocular vou Ramsden. Mikroskope verfertigen, geben ihm auch in der Regel den Vorzug, wie schon daraus zu entnehmen ist, dass fast alle Oculare bei neueren Mi- kroskopen diese Zusammensetzung haben. Doch giebt es noch andere Einrichtungen des Oculars, die unter besonderen Umständen mitVortheil angewandt werden können und deshalb hier Erwähnung verdienen. Dahin gehört zunächst das Ocular von Ramsden oder das po- sitive Ocular. Manche, wie z. B. Littrow (Gehler's Wörterbuch. Art. Mikroskop, S. 2249) und ihm nachfolgend J. Vogel (Anleitung zum Gebrauche des Mikroskops, S. 29) haben sogar behauptet, es ver- diene dieses Ocular vor jenem von Huygens den Vorzug, und sie haben ihre Verwunderung darüber nicht bergen können, dass dasselbe nicht in allgemeinerem Gebrauche ist. Aus diesem Grunde erscheint es nöthig, die Vor- und Nachtheile beider Classen von Ocularen etwas näher zu betrachten, um die Fälle bestimmen zu können, wo jedes mit dem meisten V ortheil angewendet werden mag. Das Ocular von Ramsden besteht eben so, wie jenes von Huy- gens, aus zwei planconvexen Linsen; diese sind aber mit den gewölbten Flächen einander zugekehrt, und sie liegen zugleich näher bei einander so dass das Bild nicht zwischen ihnen entsteht, sondern in kleiner Ent- fernung vor dem untersten Glase, d. h. also zwischen diesem und dem Objectiv. Ein solches Ocular ist also eigentlich ein Doublet, dessen ver- grössernde Kraft einem einzigen stärker gekrümmten Ocular gleichkommt. Aendert man innerhalb gewisser Grenzen die Entfernung der beiden Linsen von einander, so ändert sich auch die Brennweite des Systems (§. 125), und damit zugleich die chromatische und sphärische Aberra- tionslänge. Man hat es daher mit diesem Ocular eben so wie mit der Huygen s' sehen Einrichtung in seiner Gewalt, durch Benutzung eines überverbesserten Objectivsystems die Dicke der Luftbilderschicht mit der Aberrationslänge des Oculars in ein entsprechendes Verhältniss zu bringen. Darin also stehen beide Oculararten einander ziemlich gleich. Die Einrichtung von Ramsden hat nun allerdings einige Vortheile. Während mit Huygens' Ocular das Bild zuerst durch das Collectivglas verkleinert (Fig. 65) und seine Vergrösserung hierauf nur durch das Ocular herbeigeführt wird, findet hier gar keine vorgängige Verkleine- rung des Bildes statt und die Vergrösserung ist die Folge der vereinigten Wirkung beider Linsen. Werden also Linsen von gleicher OefFnung und Krümmung, folglich auch von der nämlichen chromatischen und sphäri- schen Aberration zu einem Huygen s 'sehen und zu einem Ramsden'- schen Ocular vereinigt, so wird man durch letzteres eine merklich stärkere Vergrösserung bekommen, ohne dass die Aberrationen in gleichem Ver- hältniss zunehmen. Je mehr ferner zwei Linsen einander genähert wer- den, um so eher werden auch die seitlich auffallenden Strahlen durch beide Linsen gehen, und somit ist das Gesichtsfeld beim Ocular von Ramsden grösser. Diesen Vortheilen stehen indessen nicht unerhebliche Nachtheile Ocular von Ramsden. 151 gegenüber. Da das Bild sehr nahe der Oberfläche des unteren Glases liegt, so zeigen sich die geringsten Fehler der Politur, die kleinsten Risse oder Fäserchen auf seiner Oberfläche auch im Gesichtsfelde. Ist diese Oberfläche nicht axifs Sorgfältigste polirt und wird sie nicht immer ge- reinigt, so läuft man Gefahr, diese Unebenheiten für Theile des Bildes zu halten, das sich im Gesichtsfelde befindet. Wir sahen dann ferner (§. 152), dass es beim Ocular von Huy- gens durch ein passendes Verhältniss zwischen den Krümmungen des Collectivs und des Oculars möglich ist, die Krümmung der Ebene, worin das Bild liegt, durch das Collectiv so umzukehren, dass jenes durch das Ocular wahrgenommene Scheinbild in einer geraden Fläche sich darstellt. Beim Ocular von Ramsden kann so etwas nicht geschehen, weil eigent- lich kein Collectiv bei demselben vorhanden ist*). In allen Fällen also, wo es weniger auf ein grosses Gesichtsfeld ankommt, als auf die grösstmögliche Schärfe des Bildes im ganzen Ge- sichtsfelde, verdient das Ocular von Huygens den Vorzug. Die am wenigsten vergrössernden Oculare sollen demnach in der Regel diese Einrichtung besitzen. Bei stärkeren Ocularen, wozu bei der Huygens'- schen Einrichtung sehr convexe Oculare, die einen grossen Theil einer Kugel ausmachen, genommen werden müssen, würde das Ocular von Ramsden, da ihm bei gleicher Vergrösserung weniger Aberration zu- kommt, in Betrachtung kommen können, wäre nicht gerade diese Aber- ration, zusammenwirkend mit der entgegengesetzten Aberration des Ob- jectivsystems , für die Gesammtwirkung vortheilhaft. Hier muss die Wahl durch den Grad der Ueberverbesserung der Objectivsysteme be- stimmt werden. Aber auch bei schwachen Vergrösserungen und bei Anwendung von Objectivsystemen mit entferntem Brennpunkte, die mithin ein nur schwach gebogenes Luftbild erzeugen, kann ein R am sden'sches Ocular mit Vortheil zu dem Zwecke benutzt werden, ein grosses Gesichtsfeld zu bekommen, in jenen Fällen also, wo es sich mehr um eine allgemeine Uebersicht des untersuchten Objectes handelt, als um eine genaue Beob- achtung aller seiner Einzelnheiten. Dieses Ziel wird dann am besten *) Man darf dies aber nicht so verstehen, als müsse jedes Huygens'sche Ocular nothwendig ein mehr geradflächiges Feld haben als ein Ramsden 'sches. Ist bei dem ersteren das Uebergewicht des Oculars zu gross, dann wird die Krüm- mung viel stärker sein können, und bei einer vergleichenden Prüfung beider Ocu- lararten ist es mir wirklich vorgekommen, als ob selbst bei Mikroskopen aus den besten Werkstätten Oculare der ersten Art oftmals noch sehr auffallend mit dieser Unvollkommenheit behaftet wären. Indessen dieselbe kann doch beim Ocular vonHuygens ganz aufgehoben werden, nicht aber bei jenem von Rams- den, obwohl bei letzterem die vom Ocular selbst abhängige Krümmung viel geringer ist, wie man dies bei Doublets im Allgemeinen findet, und weil auch hier die gewölbten Oberflächen beider Linsen einander zugekehrt sind, so dass das Gesichtsfeld bei geringen Vergrösserungen noch ziemlich geradflächig sein kann_ 152 Ocular von Ramsden. erreicht, wenn beide Linsen, die einen ansehnlichen Durchmesser besitzen müssen, nahe an einander gerückt werden. Besser noch, als zwei planconvexe Linsen, dient zu diesem Zwecke das aplanatische Doublet (Fig. 62 und §. 128) von J. Herschel, wel- ches auch mit einem Collectivglase von geringer Krümmung verbunden werden kann, um das Gesichtsfeld mehr eben zu machen. Es wäre zu wünschen, jedes Mikroskop würde mit einem derartig eingerichteten Ocular ausgestattet. Carpenter {TodcCs Cyclop. of Anat. and Phys. Part. XXU, p. 342) fand, dass bei seiner Anwendung der Durchmesser des Gesichtsfeldes für eine mittlere Sehweite von 10 englischen Zollen 14 Zoll oder etwa 36 Centimeter betragen kann, mehr denn doppelt so viel, als das Gesichtsfeld bei Benutzung Huygens'scher Oculare zu be- sitzen pflegt. Endlich giebt es noch einen Fall, wo man dem Oculare von Rams- den vor jenem von Huygens den Vorzug geben muss, nämlich bei Ocularmikrometern von verschiedener Einrichtung. Wird ein Glasmi- krometer oder werden die beweglichen Fäden eines Schraubenmikrome- ters zwischen dem Collectivglase und dem Ocular angebracht , so dass man durch das letztere hindurch die Mikrometertheilungen oder die Fä- den deutlich wahrnimmt, dann wird ihr vergrössertes Scheinbild in einer sehr gekrümmten Fläche liegen, wie alle anderen Gegenstände, die man durch eine einzelne Linse betrachtet (§. 109). Die nahe dem Rande des Gesichtsfeldes befindlichen Abtheilungen werden sich bedeutend grösser darstellen, als jene in der Mitte. Alle Linien, die nicht gerade durch die Mitte de 5 Gesichtsfeldes gehen, und so auch die Fäden des Schrau- benraikrometers werden etwas nach aussen gekrümmt erscheinen. Das ist nun in viel geringerem Grade der Fall, sobald das Mikrometer vor einem Ramsden'schen Ocular sich befindet, und zwar aus den näm- lichen Gründen, weshalb das Gesichtsfeld beim Gebrauche von Doublets immer mehr geradfläcliig ist, als wenn nur eine einzelne Linse benutzt wird, die gleich stark vergrössert. Mit einem derartigen Ocular sieht man da- her alle. geraden Linien, die sich in seiner Brennweite befinden, auch fast vollkommen geradlinigt, und entfernt man sich nicht zu weit von der Mitte, so befinden sie sich auch in verhältnissmässiger Entfernung von einander, was natürlich zu Messungen unumgänglich nöthig ist. Ich würde hier noch jener Oculare Erwähnung thun müssen , die dazu bestimmt sind, das verkehrte Bild wiederum in die ursprüngliche Richtung des Objects zurückzuführen. Doch halte ich es für geeigneter, wenn ich über sie und die übrigen Mittel, die zu gleichem Zwecke an- gewendet werden, in einem besondern Kapitel handele. 163 Nachdem wir die Hauptbestandtheile jedes zusammengesetzten diop- trischen Mikroskops betrachtet haben, sowie das Verhältniss, worin die Objective und Oculare zu einander stehen, können wir jetzt die Frage beantworten, wie ein zusammengesetztes Mikroskop beschaflen sein müsse, Einrichtungen eines guten zusuinmengesctztcu dioptrisehen Mikroskop:^. 153 damit es den billigen Anforderungen Jener entspreche, die es zu wissen- schaftlichen Untersuchungen benutzen wollen. Das Haupterforderniss jedes Mikroskops ist die grösstrnögliche op- tische Vollkommenheit. Ein geübter Beobachter kaim mittelst eines Mi- kroskops, dessen mechanische Einrichtung sehr unvollkommen ist, noch vorzügliche Untersuchungen ausführen, wenn es nur gute Objective und Üculare hat. Ist dagegen der optische Apparat schlecht, dann kann we- der das Geübtsein des Beobachters, noch die Vortrefflichkeit des Mecha- nismus den geringsten Ersatz dafür bieten. Indem ich die allgemeinen Grundsätze, nach denen man den Grad der optischen Vollkommenheit der verschiedenen Mikroskope prüft, für ein späteres besonderes Kapitel aufspare, soll hier nur dasjenige aufge- zählt werden, was im Besonderen zur Einrichtung eines zusammenge- setzten Mikroskops erforderlich ist. Man kann aber hierbei von einem doppelten Gesichtspunkte ausge- lien, indem man sich nämlich die Frage stellt, welches die vollkommenste Einrichtung eines zusammengesetzten dioptrischen Mikroskops ist, das den gegenwärtigen Forderungen der Kunst entspricht, oder indem man fragt, wie ein solches Mikroskop eingerichtet sein muss, damit es für wissenschaftliche Untersuchungen genüge? Die Antwort auf beide Fragen würde natürlich gleichlautend sein, müsste man nicht die höchste Voll- kommenheit der Kunst zugleich auch mit dem höchsten Preise vergüten. Da ich mir nun unter den Lesern viele denke, für welche der letztge- nannte Punkt keineswegs gleichgültig ist, und da auch ausserdem die Brauchbarkeit eines Mikroskops durchaus nicht in gleichem Verhältniss mit seinem Preise sich steigert, so werde ich im Folgenden diesen Punkt nicht aus dem Auge verlieren. Den ersten und wichtigsten Theil bilden die Objectivsysteme. Was ihre Zahl betrifft, so kann man zur Noth mit drei Systemen von verschiedener Vergrösserung auskommen. Einige mehr, also etwa 5 bis 6, sind aber wünschenswerth , da man, wo möglich, die stärkeren Vergrösserungcn nicht durch den Wechsel der Oculare, sondern der Objective zu errei- chen suchen muss. Aus den weiter oben (§. 158) angeführten Gründen ist es vorzuziehen, wenn diese Linsen fest unter einander zu Systemen verbunden sind. In der Anfertigung stark vergrössernder Objectivsysteme haben es manche Optiker in den letzten Jahren sehr weit gebracht. Wer ein so vollkommen als möglich eingerichtetes Mikroskop verlangt, der kann jetzt sich Objectivsysteme anschaffen, die mit dem schwächsten für gewöhn- lich gebrauchten Ocular, wodurch die Bilder etwa 5 Mal vergrössert werden, bei einem etwa 20 Centimeter langen Rohre eine 600- bis 700- fache Vergrösserung geben. Das schwächste Objectiv kann dann wohl mit dem nämlichen Ocular eine 30- bis 40fache Vergrösserung bewir- ken, und zwischen diesen beiden Extremen liegen die Vergrösserungen 154 Einrichtungcu eines guten zusammengesetzten dioptrischen Mikroskops. mit den übrigen Objectivsystemen, soviel möglich in einer geregelten Folge. Wer sich ein Mikroskop bestellt und dabei die Objectivsysteme selbst wählt, der lasse sich dringend anempfohlen sein, dass er sich nicht blos auf die Anschaffung der stärkeren Systeme beschränkt, wozu viele ge- neigt sind, denen die Bekanntschaft mit mikroskopischen Untersuchungen noch abgeht. Wer sich des Mikroskops häufig bedient, wird nämlich fin- den, dass die stärksten Vergrösserungen nur selten in Anwendung kom- men, dass dagegen schwache und mittlere am häufigsten benutzt werden. Der Grund ist zum Theil darin zu suchen, dass die schwächer vergrös- sernden Objectivsysteme im Vergleich zu den stärkeren immer vollkom- mener sind ; denn die letzteren bestehen aus sehr kleinen Linsen und lassen sich niemals so vollkommen aplanatisch herrichten. Bei ihrer Benutzung gewinnt man daher niemals so viel, als ihre stärker vergrössernde Kraft zu versprechen scheint. Ausserdem kommen die stärksten Objectivsysteme dem Objecte sehr nahe, und die Beschaffenheit der letzteren ist deshalb oftmals ihrer Anwendung hinderlich. Bei einem Objectivsysteme, wel- ches mit dem schwächsten Oculare 600 bis 700 Mal vergrössert, ist diese Annäherung so bedeutend, dass man kaum gläserne Deckplättchen findet, die hinlänglich dünn sind, um benutzt werden zu können ; und doch hat man jetzt solche Plättchen, die nur 1/5 bis 1/7™™ Dicke haben. Endlich ist mit schwächeren Vergrösserungen auch noch der grosse Vortheil ver- bunden, dass der Beobachter dadurch in den Stand gesetzt wird, einen grösseren Theil des Objects auf einmal anzuschauen, und so den Zusam- menhang und die Verbindung der Theile unter einander mit einem Blicke zu übersehen. Dies ist weit besser, als wenn sie nach einander ins Ger Sichtsfeld kommen, weil es dann oftmals der lebendigsten Einbildung nicht möglich ist, die einzelnen zum Bewusstsein kommenden Gesichts- eindrücke späterhin zu einem zusammenhängenden Ganzen zu verbinden- Wenn daher Jemand, um die Kosten zu verringern, nur drei Sätze von Objectiven mit verschiedener Vergrösserung verlangt, so wird er besser thun, zunächst von dem eben genannten am stärksten vergrössern- den Satze abzustehen, und dafür einen etwas schwächer vergrössernden zu wählen, der etwa mit dem schwächsten Ocular 300- bis 350 Mal ver- grössert. Sind die beiden anderen Sätze so, dass der eine 30 bis 40, der andere 120 bis 150 Mal mit dem nämlichen Oculare vergrössert, so wh'd er beim Gebrauche seines Mikroskops nur selten in den Fall kom- men, ein weiter gehendes System von Objectiven zu wünschen. Aller- dings wohl ist es richtig, dass Fälle vorkommen, wo die Anwendung der stärksten bis jetzt verfertigten Objectivsysteme nöthig ist, um mit üeber- zeugung wahrzunehmen, was man durch etwas schwächere zum Theil gar nicht oder weniger deutlich erkennt, weshalb auch jene stärkeren bei einem ganz vollkommen ausgestatteten Instrumente nicht fehlen dürfen; allein die Anzahl der Fälle, in denen ihre Anwendung wirklich nutzbringend er- scheint, ist nur gering im Vergleich zu der grossen Menge anderer Einrichtungen eines guten znsammengeactzten dioptrischen MikrOfskops. 155 Fälle, wo sie ohne Beeinträchtigung der genauen Beobachtung gänzlich entbehrt werden können. Bei weitaus den meisten mikroskopischen Un- tersuchungen ist eine SOOfache Vergrösserung die äusserste Grenze, die man nur selten zu überschreiten braucht, und bei dieser Vergrösserung wird ein geübter Beobachter schon sehr viel entdecken, was einem we- niger geübten bei lOOOl'acher Vergrösserung entgeht. Es versteht sich übrigens von selbst, dass diese Behauptung nur für den gegenwärtigen Zustand der Mikroskope auf Gültigkeit Anspruch macht. Würde es der Kunst gelingen, die stärksten Objectivsysteme noch auf einen höheren Grad von Vollkommenheit zu bringen, dann wäre der Augenblick ge- kommen, wo Jeder, der mit den Forderungen der Wissenschaft gleichen Schritt zu halten wünscht, sich in der Noth wendigkeit befände, dieselben seinem mikroskopischen Apparate zuzufügen. Ein Umstand darf aber hier nicht aus dem Auge verloren werden, nämlich der weiter oben (§. 161) geschilderte Einfluss, den die Deck- plättchen auf die Schärfe des mikroskopisch wahrgenommenen Bildes äussern. Giebt es nun auch, wie wir gesehen haben, manche andere Methoden zur Verbesserung der hierdurch erzeugten Störung, so scheint doch das beste Mittel darin zu bestehen, dass man einige der stärker ver- grössernden Objectivsysteme ausdrücklich für die Benutzung mit Deck- plättchen von einer bestimmten Dicke einrichtet. Es wäre daher zu wünschen, dass bei der Anfertigung von Mikroskopen hierauf mehr Rücksicht genommen würde, als es bisher noch meistentheils zu gesche- hen pflegte. Die Art, wie die Linsen gefasst und unter einander verbunden sind, ist natürlich nicht ganz gleichgültig für die Tüchtigkeit und Brauchbarkeit aes Systems. Zuvörderst müssen sie soi'gfältig centrirt sein, so dass alle optischen Axen der verschiedenen Linsen genau in derselben geraden Linie liegen. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so muss nothwendig die Nettigkeit und die Form des Bildes darunter leiden. Dass die stärkste Linse des Systems dem Objecte zugekehrt sein muss, wurde schon früher (§. 107) angegeben. Zur Sicherung dieser Linse ist es dann wünschenswerth, dass von dem messingenen ßöhrchen, von dem sie umschlossen wird, ein schmaler Rand etwas nach unten über die Fläche vorspringt, um dadurch möglichst zu verhindern, dass die Linse beschädigt werde, wenn man das System unvorsichtiger Weise mit der unteren Fläche auf die Tafel legt, oder beim Gebrauche des Mikro- skops dem Objecte zu sehr nähert. Die Röhrchen müssen übrigens eine solche Form haben, dass der Ein- und Austritt der Lichtstrahlen keine Störung erleidet, und die Röhrchen der stärksten Objective, welche dem Objecte am meisten genähert werden, müssen nach unten kegelför- mig zulaufen. Diese Form^ welche bei vielen, aber doch noch nicht bei allen unseren jetzigen Mikroskopen angetroffen wird, erweisst sich nicht ohne Bedeutung beim Gebrauche des Mikroskops; man läuft dann weni- ger Gefahr mit der untersten Linse an das Object anzustossen, als wenn 15G Oculare. das ganze Linsensystem unten gleich bieit wie oben ist, wo man nur mit Mühe das drohende Anstossen wahrnehmen kann. Die Verbindung der Objectivsysteme mit dem Rohre des Mikro- skops wird gewöhnlich durch eine Schraube hergestellt. Ohne anderer früherhin gebräuchlicher Verbindungsweisen zu gedenken, die für eine ge- naue Centrirung weniger passen , muss ich hier noch die Bajonetverbin- dung nennen , die dem Zwecke gleich gut entspricht wie die Schraube und sich durch den rascher zu bewirkenden Wechsel auszeichnet; auch läuft man dabei nicht Gefahr, dass die Objectivsysteme aus der Hand gleiten und hinfallen, wie es beim Abdrehen der Schraubenverbindung leicht geschieht. Man muss sich deshalb wundern, dass diese Verbin- dungsweise nur noch bei wenigen Mikroskopen angetroffen wird. 164 Die Anzahl der Oculare kann nöthigenfalls bei einem Mikroskope noch geringer sein als jene der Objective. Unerlässlich zur Ausführung fast aller Arten von Untersuchungen erscheinen mir nur zweiHuygens'- sche Oculare, von denen das eine jenes durch das Objectivsystem erzeugte Bild 5 bis 6 Mal, das andere aber dieses Bild 8 bis 10 Mal vergrös- sert, bei einem ungefähr 20 Centimeter langen Rohre. Will man stär- kere Vergrösserungen , die in manchen Fällen nützlich sein können, namentlich bei genauen mikrometrischen Bestimmungen, so kann man noch ein Ocular hinzufügen, welches 12 bis 14 Mal vergrössert. Ocu- lare mit noch stärkeren Vergrösserungen darf man als ganz überflüssig und nutzlos ansehen. Denn wenn es gleich nicht schwer fällt, bei allen neueren Mikroskopen durch starke Oculare oder durch Verlängerung des Rohres eine Vergrösserung von 4000 bis 5000 Mal im Durchmesser zu erlangen, so gewährt dies doch nicht den geringsten Vortheil, wie aus den später ausführlich mitzutheilenden Thatsachen auf überzeugende Weise erhellen wird. Als eine wünschenswerthe, wenngleich nicht unerlässliche Zugabe eines Mikroskops erachte ich aus den vorhin (§. 162) angeführten Grün- den ein Ocular in der Form des H er schel'schen aplanatischen Doublets. Da durch seine Anwendung hauptsächlich ein grosses Gesichtsfeld er- langt werden soll, so braucht es nicht stark zu vergrössern, und es kann in dieser Beziehung sogar recht gut noch etwas unter dem schwächsten Huygens 'sehen Ocular stehen. Die beiden Linsen, aus denen ein Ocular besteht, werden durch ein kurzes Rohr vereinigt. Beim Huygens'schen Ocular befindet sich in diesem Ocular ein ringförmiges Diaphragma in jener Höhe, wo das Bild sich formt, also nahe der Brennweite des eigentlichen Oculars. Durch dasselbe werden die schief einfallenden Strahlen abgeschnitten, die der Nettigkeit des Bildes Eintrag thun würden. Ist das eigentliche Ocular kleiner als der Pupillendurchmesser, oder übertrifft es diesen nur wenig, dann muss seine obere gerade Fläche mit der Oberfläche des umgebenden Randes gleich sein, damit das Auge dem Ocular möglichst genähert werden kann, weil das Gesichtsfeld bei die- Länge des Rohrs. 157 ser Stellung am grössten ist. In dem Maasse aber, als der Durchmes- ser des Oculars jenen der Pupille übertrifft, wird man das Auge ent- fernter davon halten müssen, damit die von den Rändern des Gesichts- feldes kommenden Strahlen durch die Pupille ins Auge treten können. In diesem Falle ist es also gut, wenn das Ocular etwas unterhalb des Niveaus der oberen Oeffnung liegt. Die Verbindung der Oculare mit dem Rohre des Mikroskops be- wirkt man jetzt ganz allgemein durch Einschiebung, und wegen des leichter möglichen Wechsels verdient diese auch be?tinimt den Vorzug vor der früher häufig angewandten Schraubenverbindung. Dass die Länge des Rohres, wodurch das Objectiv und Ocular rnit 165 einander verbunden werden, nicht ohne Bedeutung ist für die gehörige Verbesserung der Aberrationen, also auch für die Schärfe des Bildes, ha- ben wir schon früher (§. 139) gesehen. Man würde es also im Allge- meinen für zweckmässig erachten dürfen, wenn der Opticus dem Rohi'e eine Länge gäbe, die am meisten in Uebereinstimmung ist mit dem Ver- halten der Objectivsysteme und Oculare zu einander. Für einzelne Fälle ist es aber vortheilhaft, wenn das Rohr aus zwei in einander verschieb- baren Röhren zusammengesetzt ist, so dass der Abstand des Objectivs vom Ocular eben sowohl verkürzt als verlängert werden kann. Diese Einrichtung ist in doppelter Beziehung nützlich. Zuvörderst ist dadurch ein wichtiges Mittel zu ferneren Verbesserungen geboten. Denn bei einem Mikroskope, zu dem verschiedene Objective und Oculare gehören, darf man unmöglich erwarten, dass ein und dieselbe Länge des Rohres auch am besten bei allen Combinationen ausreichen werde. Sodann kann eine Verkürzung des Rohres beim Gebrauche von Deckplättchen zu statten kommen. Eine vorausgegangene Untersuchung wird deshalb dar- über belehren können, bei welcher Länge des Rohres die optische Voll- kommenheit des Mikroskops in den verschiedenen Fällen den höchsten Grad erreicht, und dies kann weiterhin als Richtschnur dienen. Der zweite Vortheil dieser Einrichtung besteht darin, dass man es in der Gewalt hat, durch Ein- oder Ausziehen des inneren Rohres die Vergrösserung auf eine bestimmte Zahl zu bringen. Bei manchen mi- krometrischen Messungen ist dies sehr vortheilhaft. Einfacher ist es z. B., wenn man den Durchmesser des Bildes mit 500 dividirt statt mit 487 oder 513, oder mit 100 statt mit 93 oder 107. Auch ist es bei manchen Beobachtungen vortheilhaft, den wahren Durchmesser des Ge- sichtsfeldes auf eine bestimmte Grösse zu bringen, auf 1, 2, 3°^™ u. s. w. Beides kann geschehen, wenn man die Entfernung zwischen Objectiv und Ocular vergrössert oder verkleinert, und zwar auch ohne eine sehr in die Augen fallende Abnahme der Bildschärfe, wenn gewisse Grenzen dabei nicht überschritten werden. Am besten entspricht diesen Zwecken eine auf die innere Röhre eingeschnittene Theilung. Der Opticus oder auch der Besitzer des Mi- kroskops .>elb>t kann dann mit deren Hülfe eine Tabelle entwerfen, und 158 Mechanische Einrichtung des Mikroskops. darauf nach vorgängiger genauer Untersuchung des Instrumentes alle Einzelnheiten verzeichnen, die ihm späterhin bei den Untersuchungen zu Gute kommen. 166 Die bisher aufgestellten Grundsätze für die optische Einrichtung eines zusammengesetzten Mikroskops können auf Allgemeingültigkeit An- spruch machen, so dass sie auf jedes derartige Instrument im Besonderen sich anwenden lassen ; weit schwieriger ist es dagegen , für die übrige mechanische Einrichtung bestimmte Regeln aufzustellen. Hierbei kommt viel auf die besonderen Bedürfnisse des Beobachters an und für welcher- lei Untersuchungen er das Instrument vorzugsweise zu benutzen wünscht. Von zwei Älikroskopen , die in Betreff der mechanischen Einrichtung gleich vorzüglich sind, wird das eine zu einer bestimmten Untersuchung besser geeignet sein können, und für andere Untersuchungen wird man wiederum dem anderen den Vorzug geben. Es ist allerdings wohl möglich, dass ein und dasselbe Instrument einer grösseren Anzahl von Zwecken entsprechend eingerichtet werde ; allein eine solche Vereinigung verschiedener mechanischer Hülfsmittel, wo- durch das Instrument natürlich weit kostbarer wird, kann deshalb noch keineswegs in jeder Beziehung als ein Gewinn angesehen werden. Bei solcher Ueberladung mit Apparaten von allerlei Art, mit Gelenken und Bewegungen in allerlei Richtungen, gehen leicht andere wesentliche Vor- theile verloren, namentlich dieFestigkeit des ganzen Instruments und die geringe Höhe, welche gestattet, dass man im Sitzen damit arbeiten kann. Mo hl (Mikrographie, S. 89) sagt hierüber: »Je einfacher der Bau des Mikroskops ist, desto schneller und leichter wird man alle nöthigen Be- wegungen vornehmen; je complicirter sein Bau ist, desto mehr Ueberle- gung und Zeit kosten dieselben und desto mehr wird die Aufmerksam- keit während der Beobachtung zum Schaden derselben getheilt. Wer nicht die manuelle Geschicklichkeit hat, um mit einem einfach gebauten Mikroskope zu beobachten, wer für jede Bewegung, anstatt seine Finger zu gebrauchen, eine Schraube nöthig hat, der Ist ohnehin zum mikrosko- pischen Beobachter untauglich, denn er wird vergeblich ein brauchbares Präparat zu verfertigen sich bemühen.« Diese Worte enthalten vollkommene Wahrheit und können Jenen zur Beruhigung und Ermuthigung dienen, deren Mittel es nicht gestatten, für den Ankauf eines einzigen Instrumentes einige hundert Gulden zu verwenden, die aber gleichwohl den Zustand der Wissenschaft durch eigene Anschauung kennen zu lernen und das Ihrige zur Förderung bei- zutragen wünschen. Jeder Beobachter, der sich während einiger Jahre fleissig mit mikroskopischen Untersuchungen beschäftigt hat, wird am liebsten ein Instrument mit der allereinfachsten Einrichtung benutzen, und jedem, der sich darauf zu verlegen wünscht, glaube ich (wenn er auch nicht gerade auf die Kosten sehen muss) den auf Erfahrung ge- stützten Rath ertheilen zu müssen, einem solchen Mikroskope bei der Auswahl den Vorzug zu geben, welches ihn nöthigt, viele von den Be- Mechaaisclie Einrichtuug des Mikroskops; Objecttisch. 159 wegungen, die an anderen Instrumenten durch künstliche Mittel ausge- i'ührt werden, mittelst der Hand vorzunehmen. Nach ein paar Wochen wird er sich überzeugt haben, dass die bestangebrachten »Schrauben und Räder niemals mit einer geübten Hand wetteifern können. Viele Jahre hindurch habe ich ein Mikroskop benutzt mit einem Futteral aus Pappe, mit einem hölzernen Objecttische und mit einem in einen beinernen Ring gefassten Spiegel ; kleine Glaskügelchen dienten als Linsen, und die Röhrchen, worein diese gef'asst waren, wurden durch ein Triebwerk be- wegt, wie man es bei altmodischen englischen Lampen antrifft. Jetzt, wo einige der besten und kostbarsten Mikroskope zu meiner Verfügung stehen, kann ich fast alle Beobachtungen, die ich während jener Zeit mit diesem in mechanischer Hinsicht höchst unvollkommenen Instrumente angestellt habe, nur bestätigen , und wenn etwas hinzuzufügen ist , so kommt dies nicht auf Rechnung grösserer Vollkommenheit der mechani- schen Einrichtung, sondern die bessere optische Einrichtung der heutigen aplanatischen Mikroskope ist daran Schuld. Das Hauptziel der mechanischen Einrichtung eines Mikroskops be- steht darin, dass das Rohr, worin der optische Apparat enthalten ist, in die erforderliche Nähe oder Entfernung vom Objecte gebracht werde. Dieses Rohr muss deshalb dergestalt an das Gestell des Mikroskops be- festigt sein, dass seine Axe sich gerade über der Mitte des durchbohrten Objecttisches und dem Mittelpunkte des Beleuchtungsapparates befindet. Mittel, welche dazu dienen sollen, diese Stellung dergestalt abzuändern, dass das Rohr über verschiedene Punkte des Objecttisches gebracht wer- den kann, sind ganz überflüssig, nicht nur weil es einfacher ist, das Ob- ject allein zu bewegen, sondern weil jene Einrichtung auch dadurch schadet, dass sie eine gute Regulirung der Beleuchtung, worauf doch so viel ankommt, stört. Zum Behufe der Annäherung kann entweder das Rohr, oder es kann der Objecttisch beweglich gemacht sein. Beide Methoden haben ihre Vorzüge und ihre Nachtheile, und man trifft die eine wie die an- dere Einrichtung bei unseren gegenwärtigen Mikroskopen an. Wird der Objecttisch beweglich gemacht, dann behält das Mikroskop stets die nämliche Höhe, was für den Beobachter einige Bequemlichkeit bietet. Auch in dem besonderen Falle, von dem später ausführlich die Rede sein wird, dass man das zusammengesetzte Mikroskop gleichzeitig als trag- bares Sonnenmikroskop zu gebrauchen wünscht, ist es vorzuziehen, dass nicht das Rohr, sondern der Objecttisch auf und nieder bewegt wird. Da jedoch der erstgenannte Vortheil kaum in Betracht kommen kann und auch nur unerheblich ist, der zweite aber nur bei einer beson- deren Einrichtung sich geltend macht, so erachte ich es im Allgemeinen mit Mo hl und Gor in g am zweckmässigsten, dass der Objecttisch fest und unbeweglich ist, zumal derselbe alsdann allein jene Sicherheit dar- bieten kann, die in vielen Fällen, vornämlich beim Gebrauche des Schrau- benmikrometers, so wünschenswerth ist. Hierzu kommt noch, dass beim IGO Bewegung des Objecttisches und des Rohrs. Auf- und Niederbewegen des Objecttisches immer eine Veränderung mit der Beleuchtung vorgeht, es müsste denn der Beleuchtungsapparat am Objecttische selbst befestigt sein, was aber dessen Gewicht sehr ver- mehrt und deshalb wieder für die genaue Bewegung nachtheilig ist. Ist der Objecttisch feststehend, dann kann er so gjoss und so schwer gemacht werden, als man verlangt und als mau für die verschiedenen Apparate, die darauf gestellt werden sollen, nöthig erachtet. Auch ist ein solcher grosser Objecttisch recht bequem, um zu messen und um durch Doppelsehen zu zeichnen. Ist sorgfältig gearbeitet, dann können die optische Axe des Rohres und der Mittelpunkt des Spiegels während der Bewegung des ersteren o-enau centrirt bleiben, und damit fällt also auch der Grund weg, den Chevalier (Die Mikroskope und ihr Gebrauch, übersetzt von Ker- stein, S. 98) zu Gunsten der ünbeweglichkeit des optischen Apparates angeführt hat. Stellt man nun auch als Princip hin, dass in der Regel das Rohr des Mikroskops auf und nieder bewegt werden muss, so hat der Opticus doch noch die Wahl zwischen verschiedenen Methoden zur Ausführung dieser Bewegung. Ohne in Einzelnheiten einzugehen, wollen wir auch hier bei den vorzüglichsten stehen bleiben. Die wohlfeilste Einrichtung ist jene, wobei das Rohr in einem zweiten Rohre herauf- und herab- geschoben wird. Aber nur für unbedeutende Vergrösserungen lässt sich bei dieser Einrichtung hinreichende Genauigkeit erzielen, und es muss daher nothwendig noch ein zweites Bewegungsmittel hinzugefügt werden, am besten eine Mikrometerschraube. Deshalb gebe ich der Bewegung durch einen Trieb den Vorzug. Wenn das gezahnte Rad (das übrigens wegen der sanfteren Bewegung besser durch eine Schraube ohne Ende ersetzt werden könnte) und wenn die Stange (Säge) gut gearbeitet sind, und wenn ersteres eine Scheibe von grossem Durchmesser und geränder- tem Umfange hat, dann lassen sich die gröberen wie die feineren Bewe- gungen schnell und mit vollkommener Genauigkeit damit ausführen. Auch unterliegt ein solcher Trieb der Abnutzung weniger als eine Mi- krometerschraube. Vielleicht dürfte aber die letztere Denen anzurathen sein, die nicht viel mit dem Mikroskope umzugehen pflegen und deshalb eher Gefahr laufen, mit dem Objectivsysterae auf das Object zu stossen, wenn sie die Bewegung mittelst eines Triebwerks statt der stets lang- samer wirkenden Schraube ausführen. Deshalb werden auch raeisten- theils beiderlei Bewegungsarten an den Mikroskopen angebracht. Die Principien , nach denen der Beleuchfungsapparat eingerichtet sein muss, übergehe ich jetzt, da sie für alle Arten von Mikroskopen (die Bildmikroskpe ausgenommen) gelten, und verspare sie für eine spä- tere besondere Betrachtung. Iß7 ^"^ Manchen ist der horizontalen Stellung des Mikroskops vor der verticalen der Vorzug gegeben worden, ja es ist sogar behauptet wor- den (Brewster, Treatise on the Microscope p. K'f>), es würde am besten Der Fuss, die Aufbewahrung des Mikroskops. IGl sein, wenn man auf dem Rücken liegend in das nach oben gekehrte Mi- kroskoprohr blickte, weil nur in dieser Stellung die Flüssigkeit auf der Hornhaut gleichmässig nach allen Richtungen sich ausbreitete. Eine derartige Sorge sowohl als die Furcht, dass die übergebogene Stellung Blutandrang nach dem Kopfe bewirken werde, ist gewiss übertrieben, und die angeführten Gründe sind meines Erachtens nicht zureichend, die ünzweckmässigkeit einer verticalen Stellung des Mikroskops darzuthun. Sicherlich verdient dieselbe für die gewöhnliche Untersuchung den Vor- zug. Ist das ganze Mikroskop horizontal gerichtet, so können auf den alsdann vertical stehenden Objecttisch keine Flüssigkeiten gebracht wer- den, und kommt in das Rohr ein rechtwinkelig gebogenes Glasprisma, dann bleibt zwar der Objecttisch horizontal, es findet aber ein nicht un- bedeutender Verlust an Licht statt. Nur beim Benutzen der Camera lueida zum Zeichnen ist es wünschenswerth, dass das Rohr des Mikro- skops horizontal gestellt werden könne. Doch hierauf und auf die ver- schiedenen anderen katoptrischen Mittel, die dazu dienen können, die Richtung der Strahlen nach Willkür abzuändern, werde ich in einem fol- genden Kapitel zurückkommen. Was von der gesammten mechanischen Einrichtung eines Mikro- 168 skops gilt, dass nämlich alle Theile desselben stark und fest an einander schliessend sein müssen, damit nur solche Bewegungen daran vorkom- men, die man ihm absichtlich ertheilt, das gilt auch ganz besonders von seinem Fusse. Derselbe muss die nöthige Schwere und hinreichenden Umfang haben, dass der darauf ruhende Körper gegen das Umstürzen gesichert ist. Sonst ist es ziemlich gleichgültig, ob dieser Fuss aus drei oder aus vier Füssen oder Klauen besteht, die sich zusammenlegen las- sen, ob derselbe rund und trommelartig ist, oder ob der Kasten, worin das Mikroskop aufbewahrt wird, zugleich als Fuss dient. Für die Bequemlichkeit der Beobachtung scheint es mir übrigens wünschenswerth, wenn die jetzt gewöhnlich gebräuchlichen Kästen, in welche das Mikroskop liegend eingeschlossen wird, durch solche ersetzt würden, worin das Instrument stehen kann und die es gestatten, dass dasselbe schnell herausgenommen und nach beendigter Untersuchung wieder hineingestellt wird. Man würde dadurch das lästige Ausbreiten und Zusammenlegen des Fusses vermeiden, dessen Gelenke überdies da- durch auf die Dauer leiden. Man hat dann auch den nicht gering anzuschlagenden Vortheil, dass man das Mikroskop bei Seite setzen und dabei das Glastäf eichen , worauf ein Object befindlich ist, das erst in ein paar Stunden oder am folgenden Tage näher untersucht werden muss, wie etwa bei mikrochemischen Untersuchungen, auf dem Object- tische lassen kann. Sollte diese Bemerkung auch Manchen von geringer Bedeutung er- scheinen, sie ist es doch nicht für Jene, welche täglich von ihrem Mikro- skope Gebranch machen. Gleich mir pflegen schon Viele ihre Mikro- skope unter Glasbehälter zu stellen ; aber offenbar würde ein gehörig Harting's Milu-oskop. 11 1G2 Katoptrische und katadioptrische Mikroskope. eingerichteter aufiechtstehender Kasten dem Zwecke noch besser ent- sprechen. In dem Bisherigen glaube ich die Hauptpunkte berührt zu haben, die bei der allgemeinen Betrachtung der optischen und mechanischen Einrichtung eines zusammengesetzten Mikroskops in Frage kommen. Eine Menge von Apparaten, die zu verschiedenen Untersuchungen die- nen sollen und grossentheils nicht zu den unerlässlichen Erforder- nissen für den geübten Beobachter gehören, weil der gesunde Verstand dieselben nicht nur oftmals entbehrlich macht, sondern auch häufig durch bessere, wenngleich weniger zierliche Mittel ersetzt, werden späterhin genannt und beschrieben werden. Viertes Kapitel. Katoptrische und katadioptrische Mikroskope. 169 Wie der schädliche Einfluss der chromatischen Aberration Veranlas- sung war, dass man während eines längeren Zeitraums dem Spiegelteleskope vor dem dioptrischen Fernrohre den Vorzug gab, so führte der nämliche Grund auch zu mancherlei Versuchen , das dioptrische Mikroskop durch katoptrische und katadioptrische Instrumente zu ersetzen. Die Geschichte dieser Bestrebungen ist in mehrfacher Hinsicht interessant, wie aus einer Uebersicht derselben im dritten Buche sich herausstellen wird. Hier werde ich nur in den Hauptzügen die allgemeine Einrichtung der in diese Klasse gehörigen Instrumente schildern und zugleich die Aufmerk- samkeit auf jene Thatsachen hinlenken, auf welche bei der Vergleichung dieser Mikroskope unter einander und mit anderen Mikroskopen das Ur- theil sich stützen muss, um ihren relativen Werth für mikroskopische Untersuchungen festzustellen. 170 Da die Reflexion spiegelnder Flächen eben so, wie das Brechungs- vermögen durchsichtiger Körper ein Mittel an die Hand giebt, die Licht- strahlen willkürlich von ihrem Wege abzulenken, so ist es klar, dass Spiegel, welche eine bestimmte Form besitzen, gleich Linsen vergrösserte Bilder zu erzeugen im Stande sein werden. Da über die Theorie dieser Bilderzeugung durch Hohlspiegel das Nöthige schon oben (§. 15 bis 23) mitgetheilt wurde, so will ich hier nur bemerken, dass sich, wenn man Hohlspiegel statt der Linsen benutzt, sowohl katoptrische einfache Mi- kroskope (§. 16. e.), als katoptrische Bildmikroskope (§. 16. c.) und katoptrische zusammengesetzte Mikroskope herstellen lassen, welche den gleichnamigen dioptrischen Instrumenten ganz entsprechen. Ainici's katadioptrisches Mikroskop. , 1G3 Die Herstellung der zuletzt genannten, nämlich der katoptrischen zusammengesetzten Mikroskope, wo das Objectiv sowohl wie das Ocular durch Spiegel ersetzt werden müsste, ist zwar nicht unmöglich, da man den Zweck erreichen könnte , wenn man das Ocular aus zwei mit den spiegelnden Flächen einander zugewandten Spiegeln bildete, von denen der vordere durchbohrt ist; indessen ist sie doch bis jetzt unterlassen worden, weil mit dieser Einrichtung manche Schwierigkeiten verknüpft sein würden, welche durch den verhältnissmässig geringen Vortheil eines vollkommenen Achromatismus des Oculars nicht scheinen aufgewogen werden zu können. Beim zusammengesetzten Mikroskope hat man daher, unter Beibehaltung des gewöhnlichen dioptrischen Oculars, nur das Ob- jectiv mit einer katoptrischen Vorrichtung vertauscht, und so entstanden die verschiedenen Arten katadioptrischer Mikroskope, die hier besonders in Betrachtung kommen. Die Anzahl der theils wirklich ausgeführten, theils auch nur vor- 171 geschlagenen Einrichtungen dieser Art ist ziemlich gross, und würde wahrscheinlich durch noch andere Combinationen convexer, concaver und ebener Spiegel sich vermehren lassen. Indem ich ihre Aufzählung und Beurtheilung für die Folge verspare, werde ich hier nur ein paar jener Einrichtungen kurz besprechen, damit der Leser, welcher mit die- ser Art Mikroskope weniger bekannt ist, vorläufig eine Vorstellung von ihrer Wirkungsweise bekomme. Eine dieser Einrichtungen ist zuerst von Amici ausgeführt worden; Fig. 68 giebt in sehr verkürztem Maassstabe die optische Zusammen- setzung seines katadioptrischen Mikroskops. AB ist ein elliptischer Metallspiegel ; er ist der Scheitelabschnitt einer Ellipsoide , gegenüber Fig. G8. der grossen Axe, wie a 3 in Fig. 11(S. 14.), und er hat seine beiden Brenn- punkte in x und in y. Von einem in x befindlichen Objecte würde also (§. 23) in y ein Bild entstehen. In diesem Falle müsste nun aber das Object selbst nothwendiger Weise innerhalb des Mikroskoprohres sich befinden, welches den Spiegel mit dem Ocular in Verbindung setzt, und bei dieser Einrichtung würde es sehr schwer fallen, das Object gehörig 11* 104 Brewster's katadioptrisches Mikroskop. zu beleuchten. Deshalb ist in einiger Entfernung vom näheren Brenn- punkte iT, zwischen ihm und dem Hohlspiegel, ein kleines ebenes Spiegel- chen cd unter einem Winkel von 45'' angebracht. Die Distanz der bei- den Spiegel, verbunden mit der Distanz des Objectes, muss der Brennweite des grossen Spiegels gleich sein. Das kleine Spiegelchen fängt nun die Strahlen auf, welche von dem daminter befindlichen Objecte ab ausgehen und reflectirt sie nach dem Hohlspiegel ÄB^ so dass ein Bild a' b' ent- steht, dessen Mitte sich im anderen Brennpunkte y befindet. Dieses Bild gewinnt dann noch durch ein Ocular an Grösse, ganz in der Weise, wie dies beim gewöhnlichen zusammengesetzten Mikroskope der Fall ist. In der Figur ist ein Huygens'sches Ocular mit einem Collectivglase CD angenommen, wodurch ein etwas verkleinertes Bild a" b" entsteht; dasselbe befindet sich in der nöthigen Entferniing vom Ocular EF^ dass es durch dieses vergrössert gesehen werden kann. Man würde hier aber auch ein Ocular von Ramsden benutzen können, und vielleicht ist bei katadioptrischen Mikroskopen demselben vor jenem der Vorzug zu geben, weil dann das durch den Spiegel entstandene Bild nicht vorher verklei- nert wird und genau im zweiten Brennpunkte der Ellipse sich bilden kann. Die Benutzung aplanatischer Oculare, die bei dioptrischen zusam- mengesetzten Mikroskopen keine besonderen Vortheile bieten, würde bei dieser Art Mikroskope auch sehr passend sein, weil , wenn das Luftbild von chromatischer und von sphärischer Aberration frei ist, auch das Ocular von aller Aberration frei sein kann und selbst frei sein muss, da hier keine einander entgegengesetzten Aberrationen einander aufheben. Es ist ersichtlich, dass der Hohlspiegel AB mit dem ebenen Spiegel- chen cd vollständig die Stelle des Objectivs in einem zusammengesetzten Mikroskope vertritt, und die Stelle der vergrössernden Linse oder des Linsensystems in einem Bild- mikroskope. Es würde sogar nicht schwer fallen, jedes dioptrische Mikroskop derartig einzurichten, dass es auch mit katoptrischen Objectiven versehen in Gebrauch gezogen werden könnte. Hierzu würde sich indessen ein anderes katoptrisches Objectiv noch besser schicken, welches vonBrewster vorgeschlagen, aber meines Wis- sens noch nicht in Ausführung gebracht worden ist. Dasselbe ist in Fig. 69 dargestellt. Hier ist ebenfalls ein elliptischer Hohl- spiegel A B mit einem kleinen Doppler's katadioptrisches Mikroskop. 1G5 ebenen Spiegelchen in Verbindung gebracht; der erstere ist jedoch durch- bohrt zum Durchtritte der von einem Objecto ab kommenden Lichtstrah- len, welche auf das ebene senkrecht zur optischen Axe gestellte Spiegel- chen cd treffen. Ist dieses Spiegelchen in der gehörigen Entfernung zwischen dem Brennpunkte x und dem grösseren Spiegel AB angebracht, so muss natürlich in dem anderen Brennpunkte y ein Bild a' b' entstehen, und dieses kann dann, wie bei jedem anderen Bildmikroskope, auf einem Schirme aufgefangen oder durch ein Ocular in noch weiterer Vergrösse- rung beschaut werden. Aus den früher (§. 23) mitgetheilten Eigenschaften einer spiegelnden 172 ellipsoidischen Oberfläche ergiebt sich, dass in Fig. 1 1 ausser den Schei- telabschnitten a h oder s t auch noch andere Abschnitte dieser Ober- fläche als katoptrische Objective verwendet werden können. Von Dopp- ler wurde dazu der Abschnitt cd empfohlen, womit ein doppelter Vor- theil verbunden sein sollte : einmal nämlich kann dann das Object selbst in den Brennpunkt x kommen und dadurch die doppelte Reflexion von zwei Spiegeln vermieden werden , womit sich immer ein entschiedener Lichtverlust verknüpft, zweitens aber soll nach Doppler ein durch einen derartigen Spiegelabschnitt erhaltenes Bild jener Abweichung, welche wir als elliptische Aberration bezeichnet haben (§. 23), weniger unter- worfen sein. In der That ist der Zwischenraum zwischen den Bildern g' h' und g"" h"" von den Spiegelabschnitten ab und cd bedeutend grösser, als jener zwischen den Bildern g"" h"" und g'" h"' von den Spiegelabschnitten cd und /e, so dass man schliessen muss, die ellipti- sche Aberration sei um so grösser, je mehr der Spiegelabschnitt dem Punkte genähert ist, wo die grosse Axe der Ellipse die Peripherie trifft. Indessen stellt sich diesen Vortheilen der nicht unerhebliche Nachtheil gegenüber, dass der Spiegelabschnitt cd auffallend weniger vergrössert als der Scheitelabschnitt ab. Die Brennweite müsste daher in einem entsprechenden Verhältnisse verkürzt werden, und die gehörige Beleuch- tung würde dann rasch auf grosse Schwierigkeiten stossen ; oder man müsste die Vergrösserung dadurch verstärken, dass man der Ellipsoide, von deren Oberfläche der Spiegel einen Theil ausmacht, eine viel grössere Länge ertheilte, wodurch aber nicht blos der Durchmesser des Bildes, sondern gleichzeitig auch der Einfluss der elliptischen Aberration zuneh- men würde. Ob die Verwendung eines solchen Spiegelabschnitts, wenn auch, nicht ganz nach der unausführbaren und unpraktischen Idee Dopp- ler*s, der für ein katadioptrisches Mikx'oskop von solcher Zusammen- setzung ein ganzes Haus gebaut haben will, wirklich vor dem gewöhn- lich benutzten Scheitelabschnitte den Vorzug verdient, darüber kann blos die Ei'fahrung entscheiden, vorausgesetzt nämlich, dass es der Kunst gelinge, einen also geformten Spiegel zu schleifen, was zu bezweifeln indessen noch Gründe vorliegen. Ein katadioptrisches Mikroskop, welches die letztgenannte Einrich- 173 tung hätte, würde aber noch den Vorzug besitzen, dass die ganze Spie- IGG Katoptrische Objective. geloberfläche wirklich in Gebrauch käme und dass der Oeffnungswinkel zugleich auch das richtige entsprechende Maass der Lichtstärkedes Bildes gäbe. Bei den anderen Einrichtungen nämlich ist dies nicht der Fall, da ebensowohl bei der Oeffnung in der Mitte dea Spiegels, als bei dem ebenen Spiegelchen, welches den mittleren Strahlenbündeln den Weg versperrt, nur jene Strahlen, welche von seitlich gelegenen Abschnitten des Spiegels reflectirt werden, zur Zusammensetzung des Bildes beitra- gen. Für solche katoptrische Objective muss deshalb eine Reduction eintreten und man muss berechnen, wie gross die Oeffnung und folglich auch der Oeffnungswinkel eines äquivalenten Hohlspiegels sein würde, dessen ganze Oberfläche wirklich in Gebrauch kommt. Nehmen wir z. B. einen durchbohrten Spiegel und denken uns der Einfachheit wegen (was ohne auffälligen Irrthum geschehen kann) den Durchmesser des Lichtkegels, wo dieser auf den Spiegel fällt, dem Durchmesser des letzteren gleich. Der Fall ist dann so, dass aus dem kreisförmigen Durchschnitte des Lichtkegels ein ebenfalls kreisförmiger Abschnitt weggenommen ist, imd es wird die Oeffnung des äquivalenten Spiegels deshalb dem Durchmesser eines anderen Kreises entsprechen, dessen Inhalt jenem des übrig gebliebenen ringförmigen Abschnitts gleichkommt. Der Radius dieses Kreises oder der halbe Durchmesser der Oeffnung wird gefunden, wenn man aus der Differenz zwischen den Quadraten der Radien des grossen und des kleinen Kreises die Quadrat- wurzel zieht. Man findet alsdann durch Berechnung, oder indem man den nach diesem Verfahren gefundenen Durchmesser und die Brennweite nach einem vergrösserten Maassstabe auf das Papier bringt, in der Art wie dieses (§. 122) für die Auffindung des Oeffnungswinkels von Linsen angegeben worden ist , den Oeffnungswinkel des äquivalenten Hohl- spiegels *). Angenommen z. B., ein Hohlspiegel von 18""" Durchmesser habe eine Brennweite von 15"™, so wird man den Oeffnungswinkel = ßl^ 66' finden. Befindet sich aber in diesem Spiegel ein kreisförmiger unwirk- samer Theil oder eine Oeffnung von 6"™ Durchmesser, dann wird der zum wirklichen Gebrauche dienende Abschnitt einem Spiegel gleichkom- men, dessen halber Radius = 1^(81 — 9) = 8,49""' ist. Der ganze Durchmesser der Oeffnung ist dann 1 6,98""" und für die nämliche Brenn- weite erhält man dann einen Oeffnungswinkel von öS** 12'. 174 Vergleichen wir die dioptrischen Objective mit den allein brauch- baren elliptischen katoptrischen Objectiven, so zeigt sich eine Haupt- *) Ist der halbe Durchmesser des Spiegels = R, und der halbe Durchmesser sei- nes unwirksamen Theiles := ?•, dann ist der halbe Durchmesser des äquivalenten Hohlspiegels R = V(R^ — r^) ; und wenn die Brennweite = jo, der Oeffnungs- n Winkel =: Q, ist, dann ist fang, '/j Q = — • P Vergleichuug des katoptrischen und dioptrischen Mikroskops. 167 Verschiedenheit darin, dass die ersteren bei allen Abständen Bilder zu erzeugen im Stande sind, die letzteren dagegen einen einzigen bestimm- ten Abstand verlangen, bei welchem das Bild sich mit Schärfe darstellt. Da es nun bei Bildmikroskopen wünschenswerth ist, mit diesem Abstände wechseln zu können, so sind die katoptrischen Objective, wenn sie auch sonst in der Wirkung mit den dioptrischen übereinstimmten, weniger brauchbar. Bei katadioptrischen Mikroskopen ist dieses Hemmniss von weit ge- ringerer Bedeutung, und wenn man die Sache blos theoretisch betrachtet, so könnte man sehr geneigt sein, ihnen den Vorzug zu geben vor den diop- trischen Mikroskopen. Bei den ersteren hat man nämlich nichts vom Einflüsse der chromatischen Aberration zu fürchten, die bei den letzteren, wie wir gesehen haben, zwar einer grossen Verbesserung fähig ist, aber doch niemals vollkommen beseitigt werden kann. Auch ist die sphäri- sche Aberration, selbst bei Spiegeln mit sphärischer Krümmung, viel geringer als bei Linssn mit gleicher Oeffnung und Brennweite. Haben z. B. beide eine Grösse von 10 Theilen, so beträgt die Länge dieser Aberration : Sphärischer Hohlspiegel 0,31 Theile, Gleichseitig biconvexe Glaslinse (n = l,5) . . 4,17 » Linse von der besten Form 2,68 " Im günstigsten Falle beträgt also die Aberrationslänge bei einem Spie- gel nicht mehr als ^/g bis 1/9 jener Länge, die bei einer Linse von gewöhnli- chem Glase beobachtet wird. Uebrigens nimmt die Länge der sphärischen Aberration etwas ab, wenn Glas mit einem grösseren Brechungsindex zur Anwendung kommt (§. 52). Ueberdies lässt sich der Einflusss dieser Aberration vollkommen beseitigen, wenn man den Spiegeln eine genau elliptische Form giebt. Es bleibt «war alsdann noch die elliptische Aberration übrig; deren Ein- fluss ist indessen sehr unbedeutend im Vergleich zu jenem der beiden anderen Aberrationsarten, und in der Mitte des Gesichtsfeldes ist dieser Einfluss geradezu = Null. Wenn man aber auch zugeben rauss, dass diese Vortheile sehr er- heblich sind, so reichen sie doch noch nicht zu einem günstigen Ent- scheide hin, so lange nicht die praktische Ausführung mit der theoreti- schen Anschauung gleichen Schritt hält. Der Streit zwischen dioptri- schen und katoptrischen Mikroskopen ist durchaus der nämliche , wie zwischen dioptrischen und katoptrischen Teleskopen. Abwechselnd hat das eine oder das andere Princip die Oberhand behalten, je nachdem es der Kunst gelang, auf dem einen oder auf dem anderen Wege grössere Fortschritte zu machen, und es lässt sich nicht mit Bestimmtheit vorher- sagen, welche Einrichtung endlich den Sieg davon tragen wird. Mit grosser Wahrscheinlichkeit darf indessen soviel behauptet wer- den, dass die dioptrischen Mikroskope, zumal nach ihrer so erheblichen 168 Vergleichung des katoptrischen und dioptrischen Mikroskops. Vervollkommnung in der letzten Zeit, von den katoptrischen niemals voll- ständig werden verdrängt vs^erden. Die Verfertigung der letzteren eben- sowohl wie ihre Benutzung unterliegt grossen Schwierigkeiten, deren Be- seitigung sich nicht voraussehen lässt. Eine genau elliptische Gestal- tung ist nur mit grosser Mühe und Sorgfalt zu erreichen, namentlich bei Spiegelchen mit kurzer Brennweite. Goring (Micrographia p. 23, 25) berichtet, dass Cuthbert, der bis jetzt unter allen die besten katadiop- trischen Mikroskope verfertigt hat, manchmal eine ganze Woche hin- durch an einem einzelnen Spiegelchen arbeitete , bevor er demselben die gewünschte Form verschaffte. ]Sach ihm soll eine Formabweichung, die nicht mehr als Vioooooo "^^^^ beträgt, schon Einfluss auf die Kettigkeit des Bildes ausüben. Ist auch diese auf Schätzung beruhende Behaup- tung vielleicht etwas übertrieben, sie beweist doch wenigstens, dass Go- ring, dem man in Betreff der Mikroskope und namentlich in Betreff der katadioptrischen ^Mikroskope Kenntniss und Erfahrung nicht absprechen kann, sich vollkommen davon überzeugt hat, welche grosse Mühe die Anfertigung guter katadioptrischer Objective verlangt. Gelingt es nun aber auch, wie es wirklich gelungen zu sein scheint, katadioptrische Mikroskope herzustellen, die in optischer Hinsicht gleich vollkommen sind als die dioptrischen, die wir bis jetzt kennen, der Ge- brauch der erstereu würde dennoch mit Unbequemlichkeiten verbunden sein, die man nicht übersehen darf bei einem Instrumente, welches be- stimmt ist, um damit zu arbeiten, und das nicht als Kunst- und Prunk- stück in einen Kasten kommen soll, aus dem man es bei seltenen Gele- genheiten herausnimmt, um ein Paar eigends dafür bestimmte Objecte durch dasselbe betrachten zu lassen. Bei fast allen mikroskopischen Un- tersuchungen müssen die Objecte befeuchtet werden, nicht blos mit Wasser, sondern auch mit flüchtigen Säuren, Essigsäure, Salzsäure, Salpetersäure u. s. w. Wird das Object mit einem Glasplättchen bedeckt, dann haben die Glaslinsen eines dioptrischen Objectivs wenig oder gar nichts davon zu besorgen, dagegen würde ein metallenes Spiegelchen dadurch ganz und gar verdorben werden. Endlich giebt es noch einen Punkt, den wir bei dieser Vergleichung nicht mit Stillschweigen übergehen dürfen. Beim Gebrauche einer Glas- linse tritt eine sehr ansehnliche Menge von Lichtstrahlen auf der anderen Seite der Linse wiederum heraus. Schon früher führte ich an, dass nach den Berechnungen W. Herschel's (Phil. Transactions 1830. p. C5) von 100 einfallenden Strahlen 94,8 durch eine einfache Linse, 89,9 durch ein Doublet und 85,2 durch ein Triplet gehen werden. Derselbe fand nun aber, dass in Folge der Reflexion einer einfachen spiegelnden Me- tallfläche von 100 auffallenden Strahlen nur 67,3 reflectirt werden, und dass bei einer doppelten Reflexion, welche meistentheils bei katadioptri- schen Mikroskopen vorkommt, von jenen nur noch 45,2 Strahlen übrig bleiben. Die Resultate, zu denen Tulley (Goring and Pritchard, Micro- Vergleichung des katoptrischcn und dioptrischen Mikroskops. IGO graphia p. 111) bei seinen vergleichenden Versuchen gelangte, stimmen ziemlich hiermit überein. Die Helligkeit eines Newton'schen Spiegel- teleskops verhielt sich zu jener eines dioptrischen Teleskops mit einem Objectiv, dessen Oeffnung jener des Spiegels gleich w^ar, wie 1 : 2,56. Goring hat hieraus berechnet, dass die Lichtstärke eines Amici'schen katadioptrischen Mikroskops, dessen optische Zusammensetzung ganz mit jener eines Newton'schen Teleskops übereinstimmt, zur Ilelligkeit eines zusammengesetzten dioptrischen Mikroskops, welches mit nur Einem Ob- jectivglase versehen ist, sich wie 1 : 2,88 verhält, wenn der kleine ebene Spiegel, wie gewöhnlich, 1/3 vom Durchmesser des grösseren Spiegels hat, und wie 1 : 3,04, wenn (wie es bei den stärksten katoptrischen Ob- jectiven dieser Art nothwendig ist) der Durchmesser des kleinen Spiegels halb so gross ist, wie jener des grossen. Da sich nun, wie wir eben gesehen haben, die Helligkeit einer einfachen Linse zu jener des Tri- plets verhält wie 94,8 : 85,2, so folgt hieraus, dass bei gleichem Oeff- nungswinkel die Helligkeit eines katoptrischen Objectivs nach Amici's Construction zu jener eines aus drei Linsen zusammengesetzten Objectiv- systems unter gewöhnlichen Umständen sich wie 1 : 2,59 verhalten wird, und bei stärkeren Objectiven wie 1 : 2,73. Freilich hat wohl diese grosse Verschiedenheit in der Lichtstärke bei Mikroskopen nicht den grossen Einfiuss wie bei Teleskopen, weil jene den grossen Vortheil voraus haben, dass die Objecte stark beleuchtet werden können, und deshalb ist auch Goring der Meinung, dass die stärkere oder schwächere Lichtstärke der Mikroskope kein Moment sei, wonach ihre verhältnissmässige Brauchbarkeit beurtheilt werden dürfe. Darin kann ich ihm aber nicht beistimmen. Auch scheint diese Ansicht mit dem von ihm anerkannten Principe, dass das durchdringende Ver- mögen eines Mikroskops von der Grösse des Oeffnungs winkeis seines Ob- jectivs, mit anderen "Worten also von seiner Lichtstärke abhängig ist, nicht vereinbar zu sein. Jeder mikroskopische Beobachter weiss ja, dass eine stärkere künstliche Beleuchtung nicht hinreicht, die fehlende Hellig- keit des Instruments selbst ganz zu ersetzen, da bei durchfallendem Lichte die schwächsten Tinten oder jene, welche durch die am wenigsten un- durchsichtigen Theile eines Objectes bedingt sind, alsdann ganz verloren gehen, und da überdies hierbei eher Interferenzen entstehen, wodurch Verwirrung in den Gesichtseindruck kommt. Goring (1. c. p. 115) hat noch auf einen Umstand aufmerksam ge- macht, der sich in meiner Erfahrung vollkommen bestätigt hat, das ist nämlich der braune Teint des ganzen Gesichtsfeldes in einem katadioptri- schen Mikroskope, welcher dadurch entsteht, dass nicht alle Strahlen gleich- massig durch Metallspiegel refiectirt werden. Es ist diese Färbung dem Auge unangenehm, wenn sie auch kein hinreichender Grund ist, um des- halb allein vom Gebrauche katadioptrischer Mikroskope abzustehen; denn wenn man sie kennt, kann sie auf die Genauigkeit der Beobachtung keinen Einfluss ausüben. 170 Mittel zur Bewirkung von Reflexion. Als Endergebuiss dieser Vergleichung glaube ich aussprechen zu dürfen, dass, wenn es auch der Kunst nicht gerade unmöglich sein mag, einmal katoptrische Objective zu verfertigen, welche den besten dioptri- schen den Rang ablaufen, die Benutzung der ersteren doch stets eine sehr beschränkte bleiben wird. Sollte die Kunst es soweit gebracht haben, dann kann man einem dioptrischen zusammengesetzten Mikroskope auch wohl noch ein paar katoptrische Objective zufügen, die bei dafür pas- senden Objecten gebraucht werden. So weit aber die Sache jetzt sich übersehen lässt, wird auch im Verfolg der Zeit das dioptrische Mikro- skop, als das zu eigentlichen Untersuchungen dienende Instrument, den Ruhm, den es seit mehreren Jahren sich erworben hat, stets behaupten. Fünftes Kapitel. Die Hülfsmittel zu einer veränderten Richtung der Strahlenbündel und zum Projiciren der Bilder. 175 Für manche Zwecke, um z. B. das durchs Mikroskop Wahrgenom- mene zu messen, zu zeichnen u. s. w. , kann es vortheilhaft sein, wenn man die Strahlen , bevor sie ins Auge treten , in eine andere Richtung bringt, so dass die Ebene, in welcher sie sich bewegen, mit der ur- sprünglichen Richtungsebene einen Winkel bildet, ohne dass jedoch ihre relative Richtung unter einander hierdurch eine Veränderung erleidet. Man benutzt hierzu verschiedene katoptrische Mittel, die mehr oder weniger bei jeder Art des Mikroskops anwendbar sind und deshalb füg- lich zusammen in einem besonderen Kapitel betrachtet werden können. Sie zerfallen aber zunächst in zwei Klassen, nämlich: 1) Älittel, wodurch die Lichtstrahlen im Inneren des Mikroskoprohrs eine veränderte Richtung bekommen sollen; 2) Mittel, wodurch die bereits aus dem Mikroskope ausgetretenen Strahlen unter einem anderen Winkel ins Auge geführt werden sollen, so dass sie von einem ausserhalb des Mikroskops befindlichen Punkte zu kommen scheinen. 176 Zur Erreichung dieser Zwecke bietet sich ein doppelter Weg dar: man kann entweder ebene Metallspiegel benutzen, oder man kann das Princip der totalen Reflexion (§. 30) an der Grenze zweier durchsich- tiger Medien in Anwendung bringen. Die Erfahrung lehrt, dass der letztere Weg im Allgemeinen den Vorzug verdient, weil dabei ein geringerer Verlust an Licht stattfindet. Fio-. Reflectirende Glasprisiucn. 171 T>ei der ReHexion von einer metallischen spiegelnden Oberfläche werden nämlich von den senkrecht auflallenden Strahlen 33 Procent nicht reflec- tirt, w^ährend der Verlust beim Durchtritte durch eine nicht zu dicke weisse Glasplatte nur 8 Procent und selbst noch weniger beträgt. Wenn man daher den Strahlen innerhalb des Mikroskoprohrs eine 177 andere Richtung geben will, so benutzt man ganz passend Glasprismen, durch deren Form die Richtung bestimmt wird, in welcher die Strahlen weiterhin ihren Weg nach dem Auge fortsetzen werden. Die gebräuchlichste Form ist das rechtwinkelige Prisma, dessen Durchschnitt in Fig. 70 dargestellt ist. Treffen die parallelen Strahlen a, 5, c, (i, e senkrecht auf dieses Prisma, so werden sie, ohne eine Brechung zu erleiden, die Hypothe- nusenfläche AB erreichen, und zwar unter einem Winkel von 45'^. Da nun gewöhnliches Glas einen Grenz- winkel von etwa 40 ^ besitzt, so er- folgt an dieser Fläche eine voll- ständige Reflexion unter dem näm- lichen Winkel von 45^, die Strahlen bilden daher einen rechten Winkel mit der ursprünglichen Richtung und verlaufen nach a', b' ^ c\ d\ e'. Ist also ein solches Prisma mit der Fläche BC dem Auge zugekehrt, so wird man alle Objecte wahrneh- men, die ihre Strahlen nach der Oberfläche AB entsenden. Man sieht aber auch zugleich, dass die Gegenstände sich nicht mehr ganz in ihrer ursprünglichen Richtung darstellen. Wie bei jeder Reflexion (§. 9) findet auch hier eine halbe Umkehrung statt, wie aus der Figur zu ent- nehmen ist, worin die reflectirten Strahlen im Verhältniss zu den ein- fallenden in umgekehrter Ordnung auf einander folgen. Ein solches rechtwinkeliges Glasprisma lässt sich an allen Punkten des Rohrs zwischen dem Objectiv und dem Ocular anbringen; nur muss das Rohr, wie sich von selbst versteht, alsdann an dieser Stelle recht- winkelig umgebogen sein. Man sieht in Fig. 71 (a. f. S.), welchen Gang die Lichtstrahlen nehmen, wenn ein solches Prisma dicht oberhalb des Objectivs eines zusammengesetzten Mikroskops angebracht wird. Wäre das Prisma ABC nicht da, dann würden die divergirenden Strahlen- büschel, deren Begrenzung in a und b befindlich ist, in der Richtung der punktirten Linien a" und b" fortgehen; durch dieses Prisma werden sie nach a' und h' reflectirt, ohne dass der Grad ihrer Divergenz sich im Geringsten abändert, daher auch die Entfernung, in welcher das Bild entsteht, durchaus die nämliche bleibt. Der Nutzen eines solchen Prisma, wodurch man in den Stand ge- setzt wird, in horizontaler Richtung in ein Mikroskop zu sehen, ohne 172 Reflectirende Glasprismen. dass man den Objecttisch aufrecht zu stellen braucht, was auch die Art der meisten Untersuchungen nicht gestattet, lässt sich aus einem doppel- ten Gesichtspunkte betrachten. Zunächst finden es Manche mehr zusagend, wenn sie in ein horizon- tal gestelltes, statt in ein verticales Mikroskop sehen (§. 167J. Dieser Y\cr. 71. • Grund würde aber nur in dem Falle für das Prisma geltend gemacht werden können, wenn die horizontale Stellung auf die Schärfe des Bildes keinen schäd- lichen Einfluss übte. Ein solcher schädlicher Einfluss besteht aber, und zweierlei Ursachen können dabei zusammenwirken. Das Mi- kroskop verliert nämlich dadurch an Lichtstärke, und wenn der Verlust auch geringer ist als bei einem Metallspiegel, so ist er doch nicht so unbedeutend, dass er ganz ausser Acht gelassen werden dürfte. Ferner muss auch die allergeringste Abweichung der Oberflächen vollkommen ebe- ner Flächen schädlich wirken, da hierdurch in der ursprüngli- chen relativen Richtung der Strahlen eine Verwirrung entsteht. Dass aber das Schleifen einer voll- kommen ebenen Fläche zu den schwierigsten Aufgaben' zählt, weiss jeder Mechanicus, und es steht zu erwarten, dass auch die am sorgfältigsten gearbeiteten Prismen keine vollkommen ebene Flächen haben werden. Wie dem auch sei, die Erfahrung hat gelehrt, dass selbst das vortreff- lichste Prisma der Schärfe der Bilder einigen Abbruch thut, und deshalb kann man ein solches durchaus nicht als feststehenden Bestandtheil der optischen Einrichtung eines Mikroskops gelten lassen. Auch sind jene, welche sich desselben früherhin bedient haben, jetzt wiederum da- von zurückgekommen. Das Prisma kann aber auch zweitens in Anwendung gezogen wer- den, um, wenn die Strahlen in eine horizontale Richtung gebracht wer- den, im Stande zu sein, mittelst der Camera lucida und ähnlicher Vorkeh- rungen, von denen alsbald weiter die Rede sein wird, die Bilder messen und zeichnen zu können. In diesem Falle ist das Prisma nur ein transitori- scher Bestandtheil des Mikroskops, und in dieser Anwendung gehört es zu den brauchbarsten Beigaben des Mikroskops. Es ist aber zu diesem Zwecke ausreichend, wenn das Prisma in einem besonderen rechtwinkelig um- Reflectirende Glasprisuicii. 173 gebogenen Rohre entlialten ist, welches mit einem Ende in das Rohr des Mikroskops passt und an dem anderen Ende die Oculare aufnehmen kann. Offenbar bietet auch diese Einrichtung bei länger andauernden Un- tersuchungen, so wie beim Zeichnen, dem Beobachter einige Bequem- lichkeit. Indessen entspricht diesem Zwecke, wenn man nicht die Camera lucida anwendet, noch besser ein Prisma, welches, wie in Fig. 72, die Y\ir. 72. Strahlen in einer der Haltung des Kopfes besser entsprechenden Richtung reflectirt und bei dessen Gebrauche das Ocular un- gefähr einen Winkel von 45^ mit dem Rohre des Mikroskops macht. Benutzt man solche Prismen, nament- lich das erste, so ist es räthlich, während der Beobachtung das Licht abzuschliessen, welches zur Seite des Oculars in's Auge gelangen könnte; durch dasselbe würde die Pupille kleiner werden, also ein Strah- lenbüschel von kleinerem Durchmesser aus dem Mikroskope durchtreten lassen, und das Netzhautbild würde dann weniger Lichtstärke haben. Es genügt hierzu, das Ocular mit einer durchbohrten Scheibe zu umgeben; dieselbe kann aus Pappe be- stehen, die mit schwarzem Papier über- klebt ist. Werden reflectirende Prismen benutzt, dann kann man ein Mikro- 178 skop auch so einrichten, dass die vorderste Objectivlinse nach oben ge- Fig. 73. Fig. 74. 174 Reflectirende Glasplatten. kehrt ist, so dass man das Object darüber statt darunter bringen kann, was namentlich bei mikrochemischen Untersuchungen sich vortheilhaft be- währt, so wie in jenen Fällen, wo man Deckplättchen zu vermeiden wünscht. Dies kann entweder mittelst eines rechtwinkeligen Prisma geschehen oder mittelst eines solchen, welches durch wiederholte Reflexion das Strahlenbündel unter einem mehr oder weniger spitzen Winkel nach dem Ocular reflectirt. Beiderlei Fälle sind in Fig. 73 und 74 dargestellt. 179 Eine andere Klasse katoptrischer Mittel hat, wie erwähnt, den Zweck, die Richtung der ötrahleubündel zu verändern, wenn sie das Mikroskop verlassen haben, aber bevor sie noch ins Auge treten. Das einfachste Mittel dieser Art hat man in einer gewöhnlichen Glasplatte. Bringt man eine solche Glasplatte ^i? (Fig. 7.5) in einen Winkel von 450 zur Axe des Auges, so wer- 'S' ^" den die von einem Objecte p aus- gehenden Strahlen, die mit der Glasfläche ebenfalls einen Winkel von 45*^ bilden, nach dem Auge zu reflectirt werden, und man wird das Bild des Objectes in einer Richtung sehen, welche zur wahren Richtung des Objectes rechtwinkelig ist. Da nun die Glasplatte durchscheinend ist, so sieht das darüber gehaltene Auge auch zugleich die darunter befind- lichen Objecte: ist z. B. ef der Durchschnitt einer Fläche, dann wird ein Bild p' darauf wahrge- nommen werden, oder wie man sich gewöhnlich auszudrücken pflegt, das Bild p' wird darauf projicirt. Befindet sich nun an dieser Stelle ein Stück Papier, so wird man gleichsam eine Zeichnung des Bildes darauf wahrnehmen. Eine solche kleine Glasplatte kann nun unter dem genannten Win- kel über der Oeff"nung eines Oculars befestigt werden, was leicht mit etwas Wachs ausführbar ist; man wird dann die Bilder im Gesichtsfelde in einer Fläche wahrnehmen, die mit dem Rohre des Mikroskops parallel liegt. Bei verticaler Stellung des Mikroskops liegen die Bilder ebenfalls in verticaler Fläche ; liegt das Rohr dagegen horizontal, dann sieht man die Bilder ebenfalls in horizontaler Ebene. Da nun die letztgenannte Ebene zum Zeichnen und Messen den Vorzug verdient, so muss das Rohr bei diesen und den meisten übrigen derartigen Apparaten horizon- tal gestellt werden , und hierzu eignet sich am besten das rechtwinkelige Prisma. Noch zweckmässiger ist es aber, unmittelbar in gleicher Höhe mit dem Glasplättchen selbst und zur Seite des Mikroskoprohrs ein solches Reflectirende Glas- und Glimmerblättchen. 175 ii a mm p ■ 0 rechtwinkeliges gläsernes Prisma anzubringen (Fig. 76). Das Mikro- skop kann alsdann seine gewöhnliche verlicale Stellung behalten, denn Y\n. 70. "^^^ i*^ V befindliche Bleistift oder an- dere Objecte ausserhalb des Mikroskops werden zugleich mit dem Objecte o im Gesichtsfelde wahrgenommen werden. Diese Einrichtung lässt sich füglich an einem Ringe befestigen, den man nach Bedürfniss mit dem Ocular in Verbindung setzt oder wieder weg- nimmt, und dabei ist es räthlich, das Prisma A um eine Axe beweglich zu machen, so dass die reflectirende Fläche unter verschiedene Winkel gebracht werden kann. Benutzt man nun aber, wie in 180 Fig. 75, als Reflexionsmittel ein Glas- plättchen, dann wird nur ein kleiner Theil der unter einem Winkel von 45" darauf fallenden Strahlen reflectirt werden. Legt man einige Un- tersuchungen Fresnel's zu Grunde, so würde dieser Bruchtheil sogar nur i/i8 des einfallenden Lichtes sein, und die übrigen i'/jg würden ihren Weg durch das Glas fortsetzen. Neben diesem Lichtverluste kommt aber auch noch eine andere Unannehmlichkeit vor. Die Licht- strahlen nämlich, welche an die Unterfläche ah kommen, erleiden dort noch eine zweite Reflexion. Da nun aus der Figur ersichtlich ist, dass die an beiden Oberflächen reflectirten Strahlen keineswegs zusammenfal- len, so sieht das Auge ausser dem Bilde f' noch ein daneben liegendes mehr verschwimmendes Bild p", welches durch die Reflexion an der unteren Fläche entstanden ist. Letztere Unannehmlichkeit lässt sich auf doppelte Weise beseitigen. Zuvörderst könnte man ein Glasplättchen von so geringer Dicke gebrau- chen, dass der Rand des zweiten Bildes nicht mehr sichtbar ist, weil er beinahe mit jenem des ersten Bildes zusammenfällt. Die dünnsten ge- schliffenen Glasplättchen reichen aber hierzu noch nicht aus. Auch wenn man Deckplättchen nimmt, die nur 1/5"" dick sind, wird man noch immer einen doppelten Rand um die Bilder wahrnehmen. Besser ent- spricht dem Zwecke ein ebenes Glimmerblättchen. Glimmer lässt sich leicht in Blättchen spalten, die nur Y20 bis ^30"" dick sind; bei solcher Dünne aber bemerkt man nicht mehr die doppelten Ränder an den Bil- dern. Wirklich habe ich gefunden, dass ein solches Glimmerblättchen von etwa 10 bis 12 Quadratmillimeter, welches mit etwas Wachs über der Oeffnung des Oculars unter einem Winkel von 45 " festgeklebt wird, die kostbarere Camera lucida und andere Apparate der Art in sehr vielen Fällen entbehrlich macht. Man kann aber auch den nämlichen Zweck dadurch erreichen, dass 181 182 17Ö Camera lucida. man statt eines Glasplättchens von gewöhnlicher Dicke ein solches an wendet, welches dick genug ist, dass die Strahlen, welche von der unte- ren Fläche reflectirt werden, nicht zugleich mit jenen von der oberen Fläche in die Pupille eintreten können. Das Glas muss dann 5 bis 6""" dick sein. Wäre ABcd in Fig. 75 der Durchschnitt einer solchen Glas- platte, und AB die obere, cd die untere Fläche, so ist aus der Figur deutlich zu entnehmen, wie die von der unteren Fläche reflectirten Strahlen seitlich von der Pupille auftrefFen, das Bild im Auge also nur von jenen Strahlen gebildet wird, welche von der oberen Fläche reflec- tirt werden. Aus dem bisher Erwähnten folgt, dass man bei dem einen wie bei dem anderen Verfahren immer einen grossen Theil des auf die spie- o-elnde Oberfläche fallenden Lichtes verliert, weil daselbst keine voll- ständige Reflexion stattfindet. In vielen Fällen wird man allerdings wohl damit auskommen; hat aber das Bild im Gesichtsfelde des Mikro- skops wenig Lichtstärke, dann ist es besser, man benutzt Wollaston's i,,- 7, Camera lucida. weil in dieser nicht mehr Licht verloren geht, als beim Durchgange durch Glas im Allgemeinen. Sie ist in Fig. 77 im Durchschnitte dargestellt. ABCD ist ein kleines gläsernes Prisma, an dem B recht- winkelig ist, C aber 135*^ beträgt. Die Strah- len, welche von einem in p befindlichen Ob- jecte kommen , werden dann zweimal voll- ständig reflectirt, bei a und bei 6, und erreichen das Auge in der Richtung, als ob das Object in jy' befindlich wäre. Kommt die Oberfläche BD vor die OefFnung eines Oculars, dann wird das Bild unter einem rechten Winkel auf eine darunter befindliche Fläche projicirt. Es giebt noch andere Methoden , mittelst deren man das nämliche Ziel erreichen kann, die aber zum Theil auf einem anderen Principe be- ruhen. In Fig. 78 ist a der Durchschnitt eines kleinen runden Metall- spiegels, der nach seinem Erfinder der Sömmering'sche Spiegel ge- nannt wird; er hat ungefähr 2"" Durchmesser, ist also kleiner als die Pupille. Wird derselbe unter einem Winkel von 45^ einem Objecte zu- gekehrt, dann treten die reflectirten Strahlen unter gleichem Winkel ins Auge. Da aber die Pupille etwas grösser ist als das Spiegelchen, so sieht das Auge gleichzeitig auch die Objecte, die in der nämlichen Rich- tung liegen; denn von der Fläche de werden jene Strahlen, welche von den Punkten b^ c u. s. w. ausgehen, zugleich mit den durch das Spiegel- chen reflectirten Strahlen, an dessen Randern sie vorbeigehen, das Auge erreichen, und durch die Pupille zur Netzhaut gelangen. Es wird also hier, gleichwie in den anderen Fällen, das Bildchen p' projicirt, und ein Söinmcrring'scher Spiegel. 177 solches Spiegelchen kann bei einem Mikroskope gleichwie eine Camera lucida benutzt werden. Oberhäuser hat auch hier das Princip der totalen Reflexion mit Vorthcil benutzt, und das Spiegelchen mit einem sehr kleinen rechtwin- keligen Prisma vertauscht. Es erhellt dies aus Fig. 70, wo a der Durch- FiiT. 78. Ficr. 79. Fio;. 80. schnitt des Prisma ist. Die reflectirende Hypothenusenfläche ist hier ebenfalls kleiner als die Pupille, die Wirkung und die Anwendung im Uebrigen auch ganz gleich wie beim Sömmerring'schen Spiegelchen, und somit findet das über den Gang der Strahlen Gesagte auch hier vollkommene Anwendung. Noch eine andere Einrichtung ist hier zu erwähnen, die zuerst von 183 Amici angewendet wurde und im Princip zwar von der vorigen etwas abweicht, aber doch vollkommen das nämliche Ziel erstrebt. Sie ist Fig. 80 dargestellt, und besteht aus einem rechtwinkeligen gläsernen Prisma , sowie aus einem runden durch- bohrten Spiegelchen, dessen Durchschnitt in ab dargestellt ist. Dieses Spiegelchen bildet mit der Axe des Mikroskops einen Winkel von 45 »; der obere Rand des Prisma und der un- tere des Spiegelchens greifen aber etwas über einander. Dieses Prisma nun ist dergestalt angebracht, dass ein Strahl, welcher von einem in der Fläche ef gelegenen Punkte p' kommt, \)e\d eine totale Reflexion erleidet, dann wiederum durch das Spiegelchen Harting's Mikroskop. 12 h 178 Amici's Camera lucida; Doppeltsehcn. nach dem Auge reflectirt wird und durch die Pupille tritt, zugleich mit jenem Strahle in der optischen Axe, der von p durch die Oetfnung c im Spiegelchen tritt. Diese Vorrichtung unterscheidet sich also darin von der vorigen, dass das Auge durch die Oeffnung des Spiegelchens unmittelbar das Gesichtsfeld des IMikx-oskops übersieht. Eine Projection der wahrgenom- menen Bilder findet also nicht statt, aber die in der Fläche ef befindli- - chen Objecte, die Hand des Zeichners, das Papier u. s. w. werden auf das Gesichtsfeld projicirt. So wird also das Endziel, beide zu gleicher Zeit in der nämlichen Fläche zu sehen, ebenfalls erreicht, und dabei bie- tet diese Einrichtung noch den Vortheil, dass man bequemer in einer sitzenden Stellung arbeiten kann. 184 Die Anwendung aller dieser Apparate und ähnlicher, die im dritten Buche beschrieben werden sollen, erfordert einige Vorsichtsmaassregeln, wenn ihre Wirkung möglichst vollkommen ausfallen soll. Wenn ich weiterhin vom Zeichnen und Messen mikroskopischer Objecte im Beson- deren handeln werde, soll auch zugleich auf die Vorkehrungen aufmerk- sam gemacht werden, welche bei der Anwendung für diese bestimmten Zwecke zu treffen sind. Hier sei nur soviel bemerkt, dass die Fläche, auf welche das Bild projicirt wird, immer nur wenig Licht zu reflectiren braucht, damit die Pupillaröffnung möglichst gross ist. Findet also die Projection auf ein darunter liegendes weisses Papier statt, so muss man mit der Hand oder durch einen anderen Gegenstand einen Schatten dar- auf fallen lassen. Eine schwarz gefärbte Oberfläche, z. B. von einer Schiefertafel, entspricht im Allgemeinen am besten, und da man darauf zugleich mit einem Griffel zeichnen kann, so wende ich dieselbe vor- zugsweise an. 185 Endlich glaube ich hier noch ein Verfahren erwähnen zu müssen, wodurch zwar die Richtung der Strahlen keine Veränderung erleidet, wodurch man aber ziemlich den nämlichen Zweck erreicht, wie durch die bereits angegebenen katoptrischen Hülfsmittel, nämlich das Projici- ren der Bilder , welche von dem einen Auge wahrgenommen werden, auf jene Bilder, welche das andere Auge sieht. Man nennt dies das Doppeltsehen. Hält man einen undurchsichtigen Gegenstand, einen Finger z. B., in einiger Entfernung vor das eine Auge, so dass dadurch ein etwas entfernter Gegenstand diesem Auge verdeckt wird, so wird man ihn noch mit dem zweiten Auge gewahren, und bei einer bestimm- ten Richtung des letzteren wird es den Anschein haben, als sähe man den Gegenstand durch den Finger hindurch. Bei einiger Uebung wird man so etwas auch durchs Mikroskoj) sehen. Beobachtet man mit einem Auge das Object im Gesichtsfelde und blickt mit dem anderen auf einen zur Seite des Mikroskops befindlichen Körper, z. B. auf einen Bleistift, einen Cirkel u. s. w., so werden sich diese Körper zugleich mit dem Ob- jecte im Gesichtsfelde zu zeigen scheinen. Schaut man z. B. mit dem Unken Auge ins Mikroskop, und es befindet sich auf dessen rechter Seite Doppel! sehen; multoculiire Mikroskope. 179 ein Stück Papier, dann sind Gesichtsfeld und Papier auf einander proji- cirt, und auf letzterem wird man die Umrisse der Bilder zeichnen kön- nen, die sich im ersteren befinden. Dieses Doppeltsehen erfordert allerdings einige Uebung. Man kann sich aber dieses Verfahren bald aneignen, und ich kann es angehenden Beobachtern nicht genug empfehlen, einmal deshalb, weil Bilder dadurch auf die einfachste Weise projicirt werden, und dann auch deshalb, weil nur bei diesem Verfahren durchaus kein Licht verloren geht. Besonders der letzgenannte Vortheil ist sehr erheblich; denn bei allen früher er- wähnten Methoden ist man, wenn die Vergrösserungen nur etwas bedeu- tender sind, genöthigt, die Objecte stark zu beleuchten, und dadurch wird die Wahrnehmung ihrer feinsten Bestandtheile sehr beeinträchtigt. Beim Doppeltsehen braucht man deshalb nicht besorgt zu sein; die ein- zige Vorkehrung, um die Illusion vollständiger zu machen, besteht darin, dass man der Oberfläche , auf welche das Bild projicirt werden soll, am liebsten eine Färbung ertheilt, die möglichst mit jener des Gesichtsfeldes übereinstimmt. Verschiedenfarbiges Papier, das man auf den Object- tisch legt, entspricht diesem Vorhaben am besten. Sechstes Kapitel. Mittel zur Theilung der Strahlenbündel. Multoculäre. Mikroskope. In zweifacher Hinsicht kann es wichtig sein, Mittel zu besitzen, wo- ^86 durch man die Strahlenbündel, welche von einem Objecte ausgehen, in zwei oder mehr Büschel zu trennen vermag, deren jedes ein Bild für sich hervorbringt, das man durch ein besonderes Ocular vergrössert wahr- nehmen kann. Zuvörderst kann dann das nämliche mikroskopische Ob- ject von mehr denn Einem Beobachter auf Einmal angeschaut werden, zweitens aber wird der einzelne Beobachter, der mit beiden Augen durch zwei Oculare sieht, wodurch er vollkommen gleiche Bilder des vergrös- serten Objectes empfängt, durch Vereinigung beider Gesichtseindrücke zu einem Gesammteindrucke eine Vorstellung von der körperlichen Form der Objecte bekommen, die ihm, wenn er nur mit Einem Auge darauf blickt, aus bekannten Gründen nicht entstehen kann. Schon vor längerer Zeit haben Einzelne die erheblichen Vortheile eingesehen, die sich daraus ergeben würden. Die früheren darauf ge- richteten Bestrebungen werden im dritten Buche Erwähnung finden. Hier wollen wir nur andeuten, dass man zwei Mikroskope zu vereinigen strebte, deren Objectivgläser in schiefer Richtung dem nämlichen Objecte 12* 180 Multoeularc Mikroskope. zugekehrt wurden, während die wechselpcitige Distanz ihrer Oculare der Distanz zwischen beiden Augen des Beobachters entsprach. Es versteht sich von selbst, dass diese Einriclitung nur bei Objectiven von verhält- nissniässig grosser Brennweite anwendbar und deshalb nur in beschränk- tem Maasse brauchbar ist. Auch hatten die ersten Versuche keinen nach- haltigen Erlolg, und erst vor Kurzem haben Riddell {American Journ. of Sc. and Arts. 1853. June p. 266) in Amerika, Nachet in Frankreich und Wenham {Quarterly Journ. of Microscopic Science. 1853. Oct. Nr. V. Transact. p. 10) in England Mittel ersonnen und in Ausführung gebracht, wodurch das vorgesteckte Ziel auf eine weit vollkommenere Weise erreicht werden kann. Ohne mich an die Zeitfolge zu binden, in welcher die verschiedenen darauf berechneten Methoden erfunden und bekannt ge- macht wurden, wnll ich sie hier nach einander vom theoretischen Stand- punkte betrachten und auch jene mit aufnehmen, die ich selbst mit mehr oder weniger glücklichem Erfolge versucht habe. 187 An die früheren bereits angedeuteten Bestrebungen reiht sich zu- nächst das folgende Verfahren an. Werden zwei ganz gleiche aplanatische Linsen oder Linsensysteme A und B (Fig. 81) dergestalt neben einander gestellt, dass ihre Axen einen gewissen Winkel mit einander bil- den, dann werden von einem darunter lie- genden Objecte hinter oder über den beiden Linsen zwei Bilder a'b' und a"b" entstehen. Jedes dieser Bilder wird gleich gross wäe das Object sein, wenn die Linsen um die doppelte Brennweite davon entfernt sind. Betrachtet man nun diese Bilder durch zwei zusammengesetzte Mikroskope, woran C und C' die Oculare, D und D' die Objective darstellen, so kann man, indem man dem Rohre dersel- ben die gehörige Länge giebt und den Winkel mo7i der Convergenz der Augen- axen anpasst, mit beiden Augen zugleich auf den nämlichen mikroskopischen Ge- genstand blicken. Wären nun die Bil- der a'b' und a"b" so rein und scharf, dass man annehmen dürfte, sie vergegenwärtig- ten das Object ab selbst, dann könnte man bei beiden Mikroskopen Objectiv- systeme von kurzer Brennweite gebrau- chen, wie man beim gewöhnlichen zusam- mengesetzten Mikroskope zu thun pflegt. Wir sind aber noch weit davon entfernt, dass unsere jetzigen aplanatischen Linsen und Linsensysteme die Objecte in solcher Weise darstellen und Hinoculiire Mikroskope. 181 dass man hoH'en dürfte, auf diesem Wege das Ziel zu erreichen. Selbst dann, wenn man zur Erzeugung der Bilder Linsensysteme benutzt, die eine ziemlich lange Brennweite von 1 bis 2 Centimeter haben, ist der Unterschied zwischen den Bildern und dem Objecte zu Folge einiger Versuche, die ich ausdrücklich darüber angestellt habe, zu gross. Es lässt sich daher dieses Mittel nicht mit Erfolg zur Darstellung binoculä- rer Mikroskope verwenden. Dies ist um so mehr zu bedauern, weil eine solche Einrichtung besser als irgend eine andere den Anforderun- gen des wirklichen stereoskopischen Anschauens mikroskopischer Objecte scheint entsprechen zu müssen. Vielleicht können aber spätere Verbes- serungen in der Anfertigung von Linsen dazu führen. Ehe ich weiter gehe, wird es nöthig sein, im Allgemeinen etwas über die Theorie der binoculären Mikroskope mitzutheilen, jener näm- lich, wo die von einem Objecte ausgehenden Strahlenbüschel in zwei getheilt werden, deren jedes ein eigenes Bild erzeugt. Es ist dies um so nöthiger , damit man den Grund und die Bedingungen kenne, wes- halb die körperliche Form der Objecte in diesem Falle einigermaassen anders zu sein scheint, als wenn man mit blossem Auge durch ein ge- wöhnliches Stereoskop sieht. In Fig. 82 sollen A und B die beiden Hälften einer Linse vorstel- fjjr. 82. ^^^ 'ind abcd soll ein Object von einer bestimmten Dicke sein. Die beiden Linsenhälften werden dann Strahlen von der ganzen Oberfläche ab bekommen: von der Seite ac werden keine Strahlen zur Hälfte B gelangen, wohl aber zur Hälfte A^ und umgekehrt empfängt B allein jene Strahlen, welche von dd aus- gehen. Wenn also auch die beson- deren Bilder eines mikroskopischen Objectes, welche durch die einzelnen Theile einer Linse erzeugt werden, grösstentheils einander gleich sind, und wenn namentlich in beiden alle jene Strahlen enthalten sind, welche von der gerade im Focus liegenden Oberfläche ausgehen, so verhält es sich doch anders mit den Rändern, also mit jenen Theilen des Objectes, woran man dessen Körperlichkeit erkennt. Deshalb fehlt dem Bilde immer jener Theil, von welchem keine Strahlen zum Linsenabschnitte gelangen, der das Bild formt. Be- trachten nun beide Augen zu gleicher Zeit die zwei verschiedenen Bil- der, deren jedes durch eine Linsenhälfte entstanden ist, dann werden diese bei gehöriger Convergenz der Augenaxen auf einander projicirt und zu einem Gesammtbilde vereinigt werden, woran die Merkmale der Körperlichkeit, nämlich Höhe und Tiefe, in höherem Maasse vorkommen als an jedem einzelnen der beiden Bilder. Man würde hier vielleicht den Einwurf erheben können, dass in jenem Bilde, welches durch die ganze 188 182 Spaltung des Objectivs. Linse gebildet wird, bereits alle Theile enthalten sein müssen, welche einem jeden einzelnen Bilde angeliürig sind, und dass man daher schon mit Einem Auge ein mikroskopisches Object stereoskopisch müsse sehen können, was doch nicht der Fall ist. Man halte aber dabei fest, dass das Projiciren der Bilder auf einander eine active Handlung ist, die sich dem Bewusstsein durch eine deutliche Wahrnehmung der Körperlichkeit des Objectes offenbart, und insofern dem stereoskopischen Sehen mit beiden unbewaffneten Augen entspricht, wo der nämliche Gegenstand durch jedes Auge in einer etwas verschiedenartigen Richtung gesehen wird, beiderlei Wahrnehmungen aber zu einer einzigen zusammenschmel- zen und den Eindruck des Körperlichen machen. IS9 Es giebt eine nicht geringe Anzahl von Mitteln, wodurch die er- zielte Spaltung des Strahlenbündels erreicht werden kann. Wir wollen der Reihe nach bei jedem derselben verweilen. Ein Verfahren hält gleichsam die JSIitte zwischen dem bereits be- schriebenen und dem folgenden, jenes nämlich, wo man das Objectiv durch einen senkrechten, seine Mitte treffenden Schnitt in zwei Hälften theilt. So lange die beiden Hälften dann noch in der ursprünglichen Stellung an einander anliegen, wird nur ein einziges Bild entstehen; verschiebt man aber beide Hälften, oder neigen dieselben unter einem be- stimmten AVinkel gegen einander, dann erhält man durch jede Objectiv- hälfte ein besonderes Bild, und die beiden Bilder können möglicher Weise dergestalt aus einander weichen , dass man jedes durch ein besonderes Ocular zu betrachten im Stande ist. Hat nun auch diese Spaltung des Objectivs in zwei Hälften, wie wir später sehen werden, zu einzelnen bestimmten Zwecken eine nütz- liche Anwendung gefunden, so ist doch nicht zu erwarten, dass man da- von jemals Gebrauch machen werde beim Anfertigen binoculärer Mikro- skope mit einigermaassen stark vergrössernden Linsensystemen. Die praktische Ausführung muss an der Schwierigkeit scheitern, so kleine Linsen, wie die unserer gegenwärtigen Objectivsysteme, zu durchschnei- den; auch müssten diese Hälften ausserdem noch ganz genau unter ein- ander centrirt sein. I9Q Das einzige Mittel zur Erreichung des erstrebten Ziels bietet sich darin dar, dass man das Strahlenbündel nach dem Eintritte ins Mikro- skop zwingt, sich in zwei Büschel zu theilen, wovon das eine nach rechts, das andere nach links geht, so dass jedes für sich ein gesondertes Bild giebt, welches durch jedes der beiden Oculare aufgenommen werden kann. Auf zwei Wegen ist dieses Ziel erreichbar, auf dem dioptrischen und auf dem katoptrischen. Wir wollen nach einander beide betreten, und den Werth der verschiedenen Einrichtungen von theoretischer und praktischer Seite würdigen. J9I Die dioptrischen Mittel, obwohl sie später in Gebrauch gezogen worden sind, wollen wir hier zunächst berücksichtigen. Spaltung des Strahlenbündels durch Prismen. 183 Betrachtet man ein Object durch ein mit Facetten versehenes Glas, so gewahrt man eben so viele Bilder als Facetten da sind. Jede Facette wirkt nämlich wie ein Prisma und lenkt den vom Objecte darauf fallen- den Theil der Strahlen ab. Bringt man daher irgendwo über das Ob- jectiv eines zusammengesetzten Mikroskops eine Vereinigung von Pris- men, die dergestalt an einander gefügt sind, dass die Kanten der bre- chenden Winkel nach innen gekehrt sind, dann wird das Strahlenbündel, welches aus dem Objectiv kommt, sich in eben so viele bildformende gesonderte Strahlenbüschel theilen, als brechende Oberflächen da sind. Bevor nun aber die getrennten Bilder der mikroskopischen Wahr- nehmung zugänglich werden, ist noch ein Haupthinderniss aus dem Wege zu räumen. Jene durch Strahlenbrechung entstandenen Bilder nämlich wei'den von den Farben des Spectrums umsäumt und deshalb fehlt ihnen ganz und gar die Bestimmtheit der Contouren , die zu einer genauen Beobachtung unerlässlich ist. Wenham, der zuerst auf die Idee kam, zur Anfertigung eines binoculären Mikroskops dieses Mittel in Anwen- dung zu ziehen, hat dieser ünrollkommenheit auf folgende Weise ab- geholfen. Er setzte zwei Kronglasprismen mit einem Flintglasprisma auf die Weise wie in Fig. 83 mit einander in Verbindung. Zwischen Fla. 83. die Oberflächen der Prismen ist Canada- balsam gebracht. Aus dem Früheren (§. 60) erhellt nun, dass der Achro- raatismus der Bilder nicht gestört wer- denwird, wenn zwischen den Brechungs- winkeln beider Arten von Prismen und dem Dispersionsvermögen des Glases, woraus sie bereitet sind, ein gehöriges Verhältniss besteht. Man ersieht aber auch aus der Figur, dass man sich die ganze Combination eigentlich als zwei an einander gefügte Doppelprismen (ae und fc das eine, he imd jd das andere) denken kann, von denen jedes die Hälfte der aus dem Objectiv di- vergirenden Strahlen empfängt und in schiefer Richtung nach oben leitet ; hier treff"en dann die Strahlen auf die beiden Oculare , deren Axen natürlich mit den Axen der Strahlenkegel zu- sammenfallen müssen und sich mithin in einer entsprechenden schiefen Stellung befinden. Der Winkel, den die Axen beider Strahlenkegel mit einander bilden, hängt einerseits von der Form der Prismen ab, andererseits vom Brechungsindex der benutz- ten Glassorten. Im Allgemeinen darf man annehmen, dass dieser Winkel 150 big 180 betragen muss, um der gewöhnlichen Richtung der Augenaxen 184 Katoptrische Spaltung der Strahlenbiindel. zu entsprechen. Um der Ungleichheit in der Entfernung beider Augen bei verschiedenen Personen Rechnung zu tragen, sollte man jedes der beiden Oculare in ein besonderes Rohr einsetzen können, das in einem anderen weiteren Rohre sich auf und abschieben lässt. Bei grösserer Distanz beider Augen müsste aber die Entfernung der Oculare und des Objectivs von einander zunehmen, bei kleinerer Entfernung müsste sie abnehmen. 192 Die katoptrische Einrichtung zur Spaltung der Strahlenbündel kann auf verschiedene Art gemacht werden. 1) Man bewirkt (Fig 84) zwei Reflexionen auf vier spiegelnden Oberflächen c d und ab^ ed und /^, die abwech- selnd so gestellt werden, dass sie mit der Axe des Objectivs L Win- kel von 450 und 1350 bilden, also zwei und zwei ein- ander parallel sind. Alsdann werden die Axen der bei- den reflectirten Strahlenkegel mit der Axe des ur- sprünglichen Strahlenkegels pa- rallel bleiben, und ihr gegenseitiger Abstand wird von jenem der Spiegel- flächen ab und /^ abhängen. Man kann die- ses Ziel , wie es Riddell zuerstge- than hat, dadurch erreichen , dass man vier rechtwinkelige Glasprismen abli und ckUU dline und igf (Fig. 84 und Fig. 85) benutzt, von denen die beiden mittleren, des besseren An- einanderschliessens wegen, an den Kanten senkrecht abgeschliffen sind. 2) btatt der vier rechtwinkeligen Prismen braucht man auch blos zwei rautenförmige, abldc imd edlgf (Fig. 8G), zu nehmen, die ottenbar den nämlichen Zweck erfüllen, gleichwie Katoptrische Spaltung dt-r Sirahlenbündcl. 185 3) ein einzelnes Stück Glas, wclohes in der nämlichen Form ge- schliffen wird. Wenn der gegenseitige Abstand der refiectirendeii Oberflächen veränderlich sein nmss, wie in den eigentlichen binoculüren Mikrcskopen, so wird die Anwendnng von vier freien Prismen den Vorzug verdienen; wo aber dieser Abstand immer nnverändert bleiben kann, wie bei einem Mikroskope, wodurch zwei Beobachter gleichzeitig sehen sollen, da ist eine der beiden anderen Formen vorzuziehen, weil man alsdann weniger Licht durch die wiederholte Reflexion verliert. Man brauchte auch nur (Fig. 87) zwei rechtwinkelige Prismen so FiV. S7. zu stellen, dass ihre Hypothenusenflächen einen mehr oder weniger spitzen Winkel mit einander bilden : die Strahlen werden dann in zwei neuen Richtungen reflectirt werden. Für ein binoculäres Mikroskop ist indessen diese Einrichtung schon deshalb weniger passend, weil die Prismen, wegen der erforderlichen schiefen Stellung, ungemein gross sein müssten, um alle Strahlen aufzufangen und zu reflectiren, und dazu kommt noch, dass wegen des schiefen Lichteinfalls ein nicht ganz unerheblicher Antheil durch Refle- xion verloren gehen würde. Jedenfalls verdienen solche Prismen den Voi-zug, deren für den Ein- und Austritt der Strahlen bestimmte Flächen senkrecht auf der Axe der Strahlenbündel stehen. Bei einem Mikroskope, durch welches zwei Beobachter gleichzeitig sehen sollen, scheint mir jene in Fio-, 88 Fiff. 88. im Durchschnitte dargestellte Form der Prismen den Vor- zug zu verdienen, da man hierbei nur eine einzige Re- flexion in jedem Prisma hat, und der Winkel, unter wel- chem die Strahlen reflectirt werden, ein solcher ist, dass der Kopf beim Durchsehen durch das Miki-oskop in einer bequemen , etwas vorn über- geneigten Stellung sich befin- det. Man würde sogar durch noch mehr verminderte Nei- gung der Spiegelflächen den Winkel, unter welchem die Strahlen aus- treten, so weit verkleinern können, dass eine solche Einrichtung in einem binoculären Mikroskope zu gebrauchen wäre. Nur müssten die Röhren eines solchen Instruments eine übermässige Länge haben, und deshalb ist eine solche Einrichtung hierzu doch weniger Ijrauchbar. Uebrigens besteht noch ein Unterschied zwischen dieser Einrichtung 18G Katoptrische Spaltung der Strahlenbündel. und der zuerst erwähnten: bei der wiederholten Reflexion der Strahlen in der nämlichen Ebene erleidet die relative Stellung der Theile, aus denen das umgekehrte Bild zusammengesetzt ist, keine Veränderung, während dagegen eine einzige Reflexion eine halbe Umkehrung zur Folge hat. Indessen ist dieses nur von geringer Bedeutung für die Beobachtung. Betrachtet man Fig. 88, so sieht man auf der Stelle, dass die bei- den an einander gelegten Prismen, wenn sie die Strahlen unverändert ohne Farbenzerstreuung durchgehen lassen sollen , Theile eines gleichschen- keligen dreiseitigen Prisma abe sein müssen, woran die Neigungswinkel a und c einander gleich sind, und ac oder die Basis des Prisma den Durch- schnitt der reflectirenden Fläche darstellt. Der Winkel, welchen der reflectirte Strahl mit der Spiegelfläche bildet, ergänzt die Winkel a und c immer auf 90*'. Denn da die Winkel ega und ehe rechte Winkel sind, und gae = eck ist, so ist der der Winkel a oder c auch = 90^ — gea oder hec. Der Winkel dei^ den der reflectirte Strahl ed mit der Ver- längerung des einfallenden Strahls e f bildet, ist dem Winkel bei b gleich. Denn in dem Viereck gbhe sind die Winkel egb und ehb rechte, und so- mit ist die Summe der beiden anderen geh -\- gbh = ISO^; da aber geh -|- dei ebenfalls ^= 180*', so müssen die Winkel dei und gbh einander gleich sein. In dem Maasse nun, als der Reflexionswinkel geh grösser wird, werden auch die Winkel a und c an Grösse zunehmen müssen und der Winkel b wird sich verkleinern. Man hat es so ganz in seiner Ge- walt, den Strahlen alle gewünschten Richtungen zu geben durch verän- derte Gestaltung der Prismen, wenn ihre Durchschnitte nur immer gleich- schenkelige Dreiecke oder Theile derselben sind. Unter diesen verschiedenen Prismenformen giebt es aber eine, die sich durch eine besondere Eigenschaft auszeichnet, jene nämlich, wo der Durch- schnitt des Prisma nicht blos gleichschenkelig, sondern auch gleichseitig ist. Da alle Winkel dann 60*^ haben, so müssen bei einem solchen Prisma die Strahlen unter einem Winkel von 30" mit der reflectirenden Ober- fläche, oder von 60^ mit dem Perpendikel reflectirt werden. Zugleich folgt aber auch aus dem bereits Angeführten, dass man ein solches Prisma als aus zwei gleichschenkeligen dreiseitigen Prismen zusammengesetzt ansehen kann , an denen die aufwärts gerichteten Seiten gleichzeitig als Spiegelflächen wirken können. Ein einzelnes so geformtes Prisma, wenn es, wie Fig. 89, über ein Objectiv kommt, ist also im Stande, den aus dem Objectiv kommenden Strahlenkegel in zwei zu theilen, und man er- reicht damit also gleich gut das Hauptziel, als wenn man zwei Prismen von anderer Form mit einander vereinigt. Das Hauptverdienst dieser Einrichtung, die wir Nachet verdanken, besteht also in ihrer Einfachheit. Denn es wäre ein Irrthum, zu glauben, ein anderer Vortheil sei noch darin gelegen, dass ein geringerer Verlust an Licht einträte, als bei zwei combinirten Prismen, weil die mittlei'en Strahlen, welche an der Stelle der Vereinigung in mehr oder weniger starkem Maasse reflectirt werden. ■ Katoptrische Spaltung der StTahlenbiindcl. 187 in diesem Falle ungehindert durchgehen. Da? verhält sich freilich so; aber wie die Vereinignngsebene zweier Prismen, so wirkt an einem ein- Fjo- 89. zelnen gleichseitigen dreiecki- gen Prisma der obere Rand. Es mag diese Kante noch so scharf geschliffen sein, immer werden einige der durch die Mitte des Prisma gehenden Strahlen dort zurückgehalten werden. Durch ein einzelnes solches Prisma über dem Objectiv hat man also schon ein Mikroskop, wodurch gleichzeitig zwei Beob- achter sehen können. Da aber die Haltung des Kopfes dabei etwas beschwerlich ist, so kann, wenn man es vorzieht, auf der Bahn der Strahlen zu beiden Seiten noch ein zwei- tes Prisma angebracht werden, wodurch die Strahlen eine bessere Rich- tung bekommen. Giebt man jedem dieser zuo-efüften Prismen eine solche Stellung, dass-die Reflexionsebene mit jener des unteren Prisma einen Winkel von 90° bildet, dann ist das Bild auch ganz in die gerade Lage gebracht, vfeil jede der beiden Reflexionen eine halbe Umkehrung bewirkt hat. Bei einem binoculären Mikroskope kann Nachet's Ausführung (Fig. 90) angewendet werden, der drei gleiehgrosse gleichseitige drei- Fig. 90. eckige Prismen benutzt, von denen die beiden seit- lichen B und C bestimmt sind, die Strahlen in senk- rechter Richtung nach oben zu jedem der beiden Augen zu bringen. Vor- theilhafter ist es aber viel- leicht, wenn man diesen seitlichen Prismen eine schwache Neigung giebt, welche der Convergenz der Augenaxen entspre- chend ist. Da ferner die oberen und inneren Flä- chen dieser Prismen nicht vollständig zum Durchlassen von Strahlen in Gebrauch kommen, so kann man an jedem Prisma einen Theil der einwärts gerichteten Kante, etwa bis zu den Linien ab und cd, ohne Schaden wegnehmen; es wird da- durch der Vortheil erreicht, dass die über den Prismen B und C befind- 188 Katoptrische Spaltung der Strahlenbündel. liehen Rohre nicht ungebührlich weit zu sein brauchen. Endlich ver- steht es sich von selbst, dass der Apparat eine solche Einrichtung haben muss, um den wechselseitigen Abstand beider Prismen und damit auch der Ocularrohre auf eine der relativen Augendistanz verschiedener Beob- achter entsprechende Weise abändern zu können. Werden dergleichen Prismen in einer Horizontalebene combinirt, so lässt sich das Strahlenbündel auch noch in eine grössere Anzahl geson- derter Büschel spalten. Um dies deutlich zu machen, betrachten wir zunächst den Fall, wo zwei solche Prismen auf die Weise wie in Fig. 91 Fi^r. 91. neben einander gestellt sind. Im unteren Theile der Figur sieht man die Prismen mit einer ihrer senkrechten Seiten; darüber aber ist ihre horizontale Projec- tion abgebildet. Die geneigten Flächen müssen dann die dop- pelte Länge der senkrechten ha- ben, so dass die Vereinigung der Grundflächen ein Quadrat bildet für den kreisförmigen Durch- schnitt des Strahlenkegels. Es Fio;. ö2. Piff. 93. Fiff. 94. Katoptrischc Spaltung der Strahlcnbündcl. 189 tritt dann eine Thcilung in zwei Strahlenbiischel ein. Bringt man nun drei solche Prismen in der Weise an einander, dass ihre Kanten sich be- rühren, so wird jedes Prisma das Nämliche leisten; dabei wird aber, wie man leicht einsieht, der ganze mittlere Theil des Lichtbündels unverän- dert durch den offenen dreieckigen Raum hindurchgehen, der sich sol- chergestalt bilden würde. Dem hat Nach et dadurch vorgebeugt, dass er die eine Hälfte an jedem Prisma so weit abschleift, dass sie, alle zu- sammengefügt, ein gut schliessendes Ganzes darstellen. In Fig. 92 ist durch aof, bb und cq ein Prisma in seiner ursprünglichen Form angegeben; zugleich aber werden durch die punktirten Linien ad^ ac\ de' auf der einen und ac', ae, c'e auf der anderen Seite die Umrisse der senkrechten Flächen ade' und ac'e angedeutet, bis zu denen die eine Hälfte des Prisma abgeschliffen wird. Der Winkel dc'e ist dann gleich 120^. Von der spiegelnden Oberfläche acca ist das Dreieck ac'a übrig geblieben, so dass das Prisma, von oben und von der Seite angesehen, wie in Fig. 93 erscheint. Die Vereinigung von drei solchen Prismen ist Fig. 94 dargestellt. Da jeder der drei Winkel c', c" und c"' = 1200 ist, so stellt die Vereinigung der drei Prismen ein geschlossenes Ganzes dar, und zwar von oben angesehen in der Form einer dreiseitigen Hohlpyra- raide, an deren Seitenflächen ac'a^ ac"a^ ac"'a die Strahlenbüschel re- fiectirt werden ; die unter einem Winkel von ßO** dagegen geneigten Flächen ahba^ ab'b'a^ ab"b"a aber lassen dieselben hindurchtreteu. Entspricht der Winkel c' einem anderen aliquoten Kreisabschnitte, so würde man durch Combination von dergleichen Prismen die Theilung des Strahlenbündels natürlich noch weiter treiben können. Bei einem Winkel von 90° z. B. werden vier Prismen an einander gefügt werden können und so weiter. Indessen ist man bis jetzt nicht über die Drei- zahl hinaus gegangen, nur bis dahin hat Na eh et die Bilder auf diesem Wege vervielfältigt. Auch versteht es sich von selbst, da mit jeder Spaltung auch ein entsprechender Verlust an Licht gepaart ist, dass diese Spaltung keine unbegrenzte sein kann. Dazu kommt noch die Schwierigkeit, die Grenzflächen der verschie- denen Prismen so genau an einander zu fügen, dass dort so wenig Licht als möglich verloren geht, die sich natürlich mit der Zahl der einzelnen Prismen steigert. Aus diesem Grunde habe ich bei einem Mikro- skope für vier Personen, das ich mir habe anfertigen lassen, folgender Einrichtung, die sich auch zugleich durch grössere Einfachheit empfiehlt, den Vorzug gegeben. Man kann nämlich statt einer Vereinigung von Prismen auch eine aus Einem Glasstücke geschliffene Pyramide nehmen. Der Durchschnitt einer solchen Pyramide wird stets ein gleichseitiges Dreieck sein müssen, wie sich aus folgender Betrachtung ergiebt. In Fig. 95 (a. f. S.) sei ein halb von der Seite gesehenes gleichseitiges drei- kantiges Prisma dargestellt, dessen Wirkung oben geschildert wurde Seine Grundfläche ecdf ist ein regelmässiges Viereck. Gesetzt nun, von diesem Prisma würden zu beiden Seiten zwei gleich grosse Stücke 190 Katoptrische Spaltung der StrahlcnbünJcl. abgeschnitten, so dass eine regelmässige vierseitige Pyramide mit der Grundfläche ecdf und der Spitze g übrig bliebe, so werden von der also erhaltenen Pyramide zwei Seiten- F'g. 9ä. flächen {gef und gcd) die übrig ge- bliebenen Theile der schiefen Spiegel- flächen des Prisma sein und so, wie früherhin, die darauf fallenden Strahlen reflectiren und durchlassen. Da nun aber aus der Construction folgt, dass die beiden anderen einander gegenüber stehenden Flächen {^gce und gfd) der Pyramide den beiden ersteren vollkom- men gleichen, so findet hier das Näm- liche statt, und folglich theilt sich das ganze auf die Unterfläche einfallende Lichtbündel in vier Lichtbüschel. Was nun von einer vierseitigen Pyramide gilt, dass passt eben so gut auf alle anderen Pyramiden mit einer gewissen Anzahl Seitenflächen deren Durchschnitt ein gleichseitiges Dreieck ist. Immer werden die Strahlen, die auf einer der Flächen reflectirt werden, auf der gegenüber- liegenden Fläche unverändert nach aussen treten. Theoretisch bietet also die Herstellung von Mikroskopen mit sechs, acht, zehn Ocularen keine Schwierigkeit; nur versteht es sich von selbst, dass die praktische Ausführung bei zu grosser Vervielfältigung der Bilder alsbald auf un- übersteigliche Grenzen treff"en dürfte. Auf eine Eigenthümlichkeit der Bilder, welche von den solcher- gestalt reflectirten Strahlen erzeugt werden, muss ich hier noch aufmerk- sam machen. Dieselben können nämlich nicht alle vollkommen gleich sein, weil die Reflexionswinkel nicht in der nämlichen Ebene liegen. Alle Bilder erleiden eine halbe Umkehrung, und da nun das Object un- verändert seinen Platz behält, so muss die Richtung, in welcher das Bild diese halbe Umkehrung macht, mit der veränderten Richtung der Re- flexion sich stets verändern. Nur die Bilder sind einander ganz gleich, welche durch gerade gegenüber liegende Spiegelflächen hervorgebracht werden. Wenn man will, kann man aber diese Ungleichheit ganz be- seitigen, indem man in die Bahn der Strahlen nochmals Prismen bringt, deren Reflexionsflächen mit den ersteren Winkel von 90" bilden. Da- durch wird die ursprüngliche Richtung wiederum hergestellt, welche das Object selbst hat. Freilich wird aber hierdurch der Preis der Einrich- tung nur noch gesteigert. Aus allem Bisherigen ergiebt sich die Möglichkeit, die Strahlen- büschel willkürlich zu vervielfachen, mag man dazu eine Vereinigung von Prismen oder eine Pyramide mit einer entsprechenden Flächenzahl anwenden, oder mag man das bereits getheilte Strahlenbündel weiterhin noch dadurch theilen, dass man die Strahlen zum zweiten Male über reflectirende Flächen vertheilt. Man sieht daher leicht ein, dass die Schwächung der Lichtstürkc durch die Spaltung der Lichtbüiidel. 191 Theilung eine beliebige Anzahl Male sich wiederholen lässt und auf mancherlei hier nicht näher zu erörternde Weisen verändert werden kann. Als Beispiel erwähne ich hier blos eine solche wiederholte Theilung mittelst über einander liegender Reihen rechtwinkeliger oder entsprechen- der rautenförmiger Prismen, wie es Fig. 96 zeigt. Nur würde es bei Fig. 90. einer solchen Combination vortheilhaft sein können, wenn die Prismen der obersten Reihe rechtwinkelig über den untersten ständen, so dass die Oculare an die Eckpunkte eines Quadrats kämen. Mikroskope, wodurch ein und dasselbe Object gleichzeitig von 193 mehreren Augen wahrgenommen werden kann, lassen sich also auf diop- trischeni sowohl als katoptrischem Wege in mehr denn einer Weise her- stellen. Aber nur die Erfahrung kann darüber entscheiden, welche von den verschiedenen Methoden praktisch am besten ausführbar ist und am sichersten zum Ziele führt. Diese Erfahrung ist bis jetzt noch zu spar- sam, um bereits ein Urtheil fällen zu können. Doch vermag man schon jetzt mit vieler Wahrscheinlichkeit die Sphäre abzugrenzen, innerhalb deren das Princip der Strahlenbündeltheilung sich anwenden lässt. Ein Hauptgrund, weshalb man diese Theilung nicht zu weit treiben darf, liegt in der Schwächung der Lichtstärke der Bilder. Sie ist nicht blos die nothwendige Folge der Theilung selbst, auch beim Durchtritte durchs Glas und beim Erreichen der brechenden Oberflächen geht noch ein Theil der Strahlen verloren. Freilich kann man, indem man die Beleuch- tung verstärkt, diesen Verlust zum Theil wieder ausgleichen; vollständig ist dies aber niemals möglich. Die Spaltung des Strahlenbündels, welches aus der OefFnung einer Linse heraustritt, kommt nämlich einer Verklei- nerung der Oeffnung dieser Linse gleich; wir werden aber weiterhin sehen, dass das optische Vermögen eines Mikroskops guten Theils von der Grösse des Oeff'nungswinkels der Objective abhängt. Dazu kommt 192 Mechanische Einrichtung des niultoculären Mikroskops. noch, dass trotz ulier Sorgfalt in der Bearbeitung der benutzten Prismen lind wie rein und homogen auch die dazu verwendeten Glasmassen sein mögen, dennoch gar sehr zu besorgen steht, sie werden einen, wenn auch geringen EinHusS auf die Nettigkeit und Schärfe der Bilder ausüben. Ueberdies uuiss auch aus früher (§. 29) entwickelten Gründen der Durch- tritt der divergirenden Strahlen durch so dicke Glasmassen , wie hier erforderlich sind, schon an und für sich einen schädlichen Einfluss aus- üben , welcher der Vergrösserung der sphärischen Aberration gleich- kommt, es müssten denn die Objectivsysteme entsprechend eingerichtet sein durch Anbringen einer Modification, wie sie beim Gebrauche dicker Deckplättchen erforderlich ist. Wo demnach ein Mikroskop zur eigentlichen Untersuchung mühsam wahrnehmbarer Einzelnheiten benutzt wird, da wird man wohl niemals einem solchen den Vorzug geben, dessen optisches Vermögen in dem Maasse abnimmt, als die Bilder sich vervielfältigen. Dagegen können solche Mikroskope , durch welche zwei, drei oder selbst vier Beobachter das nämliche Object gleichzeitig sehen, sich sehr nützlich bewähren bei Demonstrationen, namentlich solcher Gegenstände, zu deren Sichtbar- machung kein zu grosses optisches Vermögen erfordert wird. Ein sol- ches Instrument hat in manchen Beziehungen sogar einen Vorzug vor einer gleichen Anzahl einzelner Mikroskope, weil man in der nämlichen Zeit den gleichen Gegenstand einer grossen Anzahl von Personen zur Ansicht bringen kann, und weil der Lehrer, der gleichzeitig auch durch ein Ocular sieht, im Stande ist, niclit nur die Aufmerksamkeit auf den bestimmten Theil des Objectes zu lenken, der sich im Gesichtsfelde be- findet, sondern auch durch Verscihiebung des Objectträgers der Reihe nach alle verschiedenen Theile ins Gesichtsfeld zu bringen. Da der letztgenannte Umstand bei der Demonstration von grossem Gewicht ist, so erscheint es wünschenswerth, dass bei jedem derartigen Instrumente ein Ocular nahe genug dem Objecttische sich befindet, um diesen bequem mit den Händen erreichen zu können. Dass die mechanische Einrichtung eines solchen Mikroskops je nach seiner optischen Zusammensetzung verschieden ausfallen muss, versteht sich von selbst, und halte ich es auch für ganz überflüssig, darüber hier in Einzelnheiten einzugehen. Nur das sei noch erwähnt, dass jedes Ocular mit einer besonderen Einrichtung versehen sein muss, um die Entfernung zwischen dem Objectiv und dem Ocular etwas zu verlängern oder zu verkürzen, je nach der verschiedenen mittleren Sehweite der Beobachter. Das einfache Ineinanderschieben zweier Röhren wird hier der Erschütterung wegen nicht genügen; die nöthige Festigkeit wird viel- mehr durch ein Triebwerk erreicht werden müssen. In BetretT der mechanischen Einrichtung wird man aber die Frage aufweifen können, ob es nicht möglich sei, um unnöthige Kosten zu ver- meiden, ein einzelnes Mikroskopgestell mit den dazu gehörigen Objecti- ven dergestalt einzurichten, dass man es nach Willkür durch Aufschrau- Stereoskopische Beobachtung mittelst des binocularen Mikroskops. 198 ben besonderer Stücke als gewöhnliches zusammengesetztes Mikroskop oder als Mikroskop für mehrere Beobachter benutzen kann. Das kann in der That geschehen; an einem der Mikroskope, die ich im täglichen Gebrauche habe, können jetzt, nachdem ein paar kleine Veränderungen daran vorgenommen worden sind, auch jene Apparate angebracht werden, deren man zur Beobachtung mit zwei oder mit vier Augen bedarf. Es ist aber dazu eine eigene Form des Gestells nöthig; jene der jetzt am meisten gebräuchlichen Mikroskope ist dazu weniger passend , weil die- selbe nicht gestattet, dass die Prismen nahe genug über das Objectiv kommen. Sollte aber der Wunsch, dem gewöhnlichen Mikroskope einen solchen Apparat beizufügen, häufiger rege werden, dann wird die Ein- sicht der Optiker auch wohl die Mittel ausfindig machen, diesen Wunsch zu erfüllen. Was das eigentliche binoculäre Mikroskop betrifft, so ermangele ich ausreichender eigener Erfahrung, um ein Urtheil darüber zu fällen, ob ein solches Instrument zur stereoskopischen Wahrnehmung mikroskopi- scher Objecte von Nutzen ist oder nicht. Ich habe nur Einmal Gelegen- heit gehabt, durch ein solches Mikroskop zu sehen, und da war ich nicht im Stande, die beiden Gesichtsfelder zu Einem zu vereinigen. Indessen kann dies auf Rechnung einer wirklichen Verschiedenheit meiner beiden Augen kommen, und dann auch wohl noch auf den Umstand, dass durch einen vieljährigen fast ausschliesslichen Gebrauch des rechten Auges bei mikroskopischen Beobachtungen dieses letztere, wenn ich so sagen darf, zu sehr daran gewöhnt geworden ist, die Bilder mikroskopischer Gegen- stände allein aufzunehmen. Ich fürchte indessen, dass viele mikroskopi- sche Beobachter sich in gleichem Falle mit mir befinden, und dass auch sie nur mit Mühe die Beobachtung gleichmässig auf beide Augen zu ver- theilen sich gewöhnen werden. Vielleicht kann aber auch Uebung in den Stand setzen, die anfängliche Mühsamkeit zu überwinden, bei denen wenigstens, deren Augen kein zu verschiedenes Accommodationsvermögen haben. Besteht diese Verschiedenheit nur in einem massigen Grade, dann lässt sich dadurch helfen, dass eins von den Ocularen etwas hin- eingeschoben oder herausgezogen wird. Da aber hierdurch zugleich die Vergrösserung verändert wird und zum stereoskopischen Sehen Bilder von gleicher Grösse erfordert werden, so versteht es sich von selbst, ■ dass diese Verbesserung auf sehr enge Grenzen beschränkt ist. Bei Beurtheilung dessen , was man vom binoculären Mikroskope zur Erkennung der körperlichen Form zu erwarten hat, kommt vor allem ^^ auch die Tiefe des Gesichtsfeldes in Betracht. Allerdings kann beim mikroskopischen Sehen durch Anstrengung des Accommodationsvermö- gens die Tiefe, bis zu welcher das Auge durchzudringen vermag, etwas vermehrt werden und daher auch für verschiedene Augen etwas differireu. Doch kann diese Differenz nur eine geringe sein. Ich erachte deshalb die Mittheilung der nachverzeichneten Messungen, wozu mein rechtes Auge benutzt wurde, nicht für überflüssig. Harting's Mikroskop. 13 I 194 Tiefe des Gesichtsfeldes. Bvennwf'ifc Vergrösserimg des Tiefe des Gesichtsfeldes des Mikroskops bei benutzten 25 Centimeter mitt- Objectivs. lerer Sehweite. wahre. scheinbare. 40,5'""^ 39 0,144™"' 5,ß2"'n> 12,1 150 0,070 10,50 9,07 200 0,058 11,G0 4,00 452 0,041 18,53 2,G7 C80 0,029 19,62 1,47 1240 0,014 17,3G 1800 0,010 18,00 Die Messungen wui'den in der Weise ausgeführt, dass zuerst ein Object (ein Flügelschüppchen von Pieris brassicae) genau in den Focus gebracht, dann aber daraus soweit entfernt wurde, dass sein allgemeiner Umriss und seine Form eben noch erkennbar waren, obschon die Ränder bereits in einer weit kürzeren Entfernung ihre Schärfe verloren hatten. Diese Entfernung, die wahre Tiefe des Gesichtsfeldes, wurde an einer Kreiseintheilung abgelesen, die an der Schraube zur feinen Einstellung angebracht war. Um die scheinbare Tiefe zu bekommen, wurde die gefundene Grösse der wahren Vertiefung mit der Vergrösserungszitfer multiplicirt. Aus der kleinen Tabelle ist ersichtlich, dass die auf solchem Wege gefundene scheinbare Tiefe bei den stärkeren Vergi'össerungen ansehn- licher ausfällt, als bei den schwächeren. Der Grund ist wohl hauptsäch- lich darin zu suchen, dass zu allen Bestimmungen das nämliche kleine Object diente, dessen Form natürlich bei stärkeren Vergrösserungen leichter zu erkennen ist, als bei schwächeren. Jedenfalls darf man dar- aus schliessen, dass die stärkeren Vergrösserungen der stereoskopischen Wahrnehmung verhältnlssraässig kleinerer Körper nicht gerade nachthei- lig sind. Im Allgemeinen ersieht man aber, dass die Tiefe des Gesichts- feldes im Mikroskope allerdings gering ist; aus den Zahlen der letzten Columne ergiebt sich, dass sie einer Tiefe von höchstens 18 bis 19™"' im Gesichtsfelde des blossen Auges gleichkommt, wenn dasselbe nach Ob- jecten in einer Entfernung von 25 Centimeter sieht, oder mit anderen Worten, dass ein Auge, welches für diese Entfernung accommodirt ist, nur jene Gegenstände wird wahrnehmen können, die höchstens 18 bis 19""" dick sind, während ihm alle ausserhalb jenes bestimmten Raumes befindlichen Objecto gar nicht oder nur als nebelartige Massen erscheinen. Umkohrunc; der Rildor. 19'' Diese Vergleichnng ist schon ausreichend, um darzuthun, dass wir vom Gebrauche des binoculären Mikroskops als stereoskopisches Werkzeug keine zu grossen Erwartungen hegen dürfen. Endlich dürfen wir noch einen Umstand nicht ganz unerwähnt lassen. Riddell fand beim Gebrauche seines katoptrischen binoculären Mikro- äkops, dass concave Theile eines Objectes sich manchmal convex dar- stellten, convexe dagegen ausgehöhlt. Wenham beobachtete das Näm- liche bei seinem dioptrischen binoculären Mikroskope. Es scheint dem- nach diese pseudoskopische Erscheinung mit der Einrichtung des Instruments in keinem Zusammenhange zu stehen*), vielmehr zur Klasse der optischen Täuschungen zu gehören, deren Quelle in dem die Wahrnehmungen auf- nehmenden und combinirenden Verstände zu suchen ist. Die Hauptver- anlassung zu dieser falschen Verstandesoperation mag wohl darin liegen, dass es jenen Theilen des Objectes, welche sich etwas zu weit ausserhalb des Focus befinden, durchaus an Schärfe fehlt. Verhält sich die Sache so, dann wird dieser pseudoskopische Irrtimm bei dicken Objecten am stärksten hervortreten und bei dünneren weniger zu befüi'chten stehen. Siebentes Kapitel. Mittel zur Umkehrung der Bilder; das pankratische Mikroskop. Die Umkehrung, welche alle Bilder im zusammengesetzten Mikro- 195 skope erfahren, hat auf die Richtigkeit der Beobachtung allerdings gar keinen Einfluss; gleichwohl ist dieselbe sehr störend in jenen Fällen, wo man genöthigt ist, die Objecte unter dem Mikroskope zu präpariren. Durch viele Uebung lässt sich dieser störende Einfluss wohl zu einem grossen Theile beseitigen, doch muss ich daran zweifeln, dass jemals Jemand bei dieser Umkehrung der Bilder unter dem zusammengesetzten Mikroskope gleich gut arbeiten lernt, wie unter dem einfachen Mikro- skope und der Lupe. Wer nicht tagtäglich die einmal mit grosser Mühe erworbene Fertigkeit unterhält, wird immer finden, dass die Bewegungen der Hände und Finger nur dann mit der grössten Festigkeit, Siclierheit *) Nach et schreibt mir zwar, dass diese pseudoskopische Erscheinung bei seinem binoculären Mikroskope nicht vorkommt und schreibt dies dessen eigeuthüm- hcber Einrichtung zu, wobei die Strahlen von rechts nach links und umgekehrt geworfen werden. Doch vermag ich darin durchaus keinen Gruud für diese verschiedenartige \Yirkungsweise zu linden. 13» 19C Umkehrung des Bildes durch Prismen. und Feinheit ausgeführt werden, wenn sie in jener Richtung erfolgen, woran wir durch Vergleichung zwischen den Gesichtseindriicken und den Gefühlseindrücken von Kindheit an gewöhnt sind. Eine Verbesserung dieser Unvollkommenheit des zusammengesetzten Mikroskops ist daher nicht ohne Bedeutung; eine solche ist aber ohne Opfer nicht herbeizuführen. Mit der gewöhnlichen Anzahl von Gläsern ist diese Wiederumkehrung der Bilder nicht zu erreichen, sondern es müssen zu diesem Zwecke immer mehr Oberflächen von Gläsern in die Bahn der Strahlen kommen. Da nun aber mit jeder neuen Glasober- fläche ein Verlust an Lichtstärke gepaart geht, so folgt von selbst, dass man durch ein solches bildumkehrendes Mikroskop den Gegenstand nie- mals so scharf wahrnimmt, wie durch ein anderes, worin sich die Bilder in verkehrter Richtung darstellen. Daher die Regel, dass man in den Fällen, wo es auf Genauigkeit und Schärfe der Beobachtung ankommt, niemals von den verschiedenen Mitteln zur Wiederumkehrung des Bildes Gebrauch macht. Gehören sie nun aber auch nicht zu den ständigen Theilen der optischen Einrichtung, so sind sie doch als temporäre Be- standtheile, die man nach Willkür gebrauchen und wieder wegthun kann, von grossem Nutzen. 196 Es giebt zwei Methoden, wie man eine Wiederumkehrung der Bilder herbeiführen kann: die eine beruht auf katoptrischen Principien, die an- dere auf dioptrischen, und für beide giebt es verschiedene Modificationen, namentlich aber für die zweite. Wir haben bereits gesehen (§.177), dass ein rechtwinkeliges Prisma (Fig. 70 u. 71), oder auch ein solches, wie das in Fig. 72 dargestellte, wenn es in die Bahn der Lichtstrahlen kommt, eine lialbe Umkehrung der Bilder bewirkt, ganz so, als wenn wir in einen gewöhnlichen Spiegel sehen, wo alles, was zur Linken ist, rechts erscheint und umgekehrt, während dagegen Oben und Unten unverändert bleiben. Um das Bild umzukehren und beim zusammengesetzten Mikroskope also wiederum in die ursprüngliche Lage zu bringen, brauchte man nur eine zweite Reflexion eintreten zu lassen und zwar auf einer Fläche, welche rechtwinkelig auf der ersten Reflexionsfläche steht. Man würde also ein zweites recht- winkeliges Prisma mit einer dem rechten Winkel angehön'gen Fläche der- gestalt über das Ocular bringen können, dass die Hypothenusenfläche rechtwinkelig auf jeuer des ersten Prisma steht. Finge man dann von der Seite her die Strahlen auf, welche durch die zweite dem rechten Winkel angehörige Fläche nach aussen treten, so würde man ein vollständig um- gekehrtes, also zur normalen Lage umgekehrtes Bild sehen. Die Stellung freilich, dass man in horizontaler Richtung von der Seite her in ein Mikroskop sieht, würde sehr lästig sein, wenigstens gar nicht geeignet, das PräpariPen auf dem Objecttische zu erleichtern. Man kann aber dieses nämliche rechtwinkelige Prisma auch noch auf eine andere Weise benutzen, die dem vorgesteckten Zwecke besser entspricht. Dioptrische Umkehrung des Bildes. 197 Wird es nämlich 30 gestellt, wie A in Fig. 97, dass die Hypothenusen- fläche UV mit der optischen Axe des Mikroskops parallel ist, dann wer- p. g,^ den die Strahlen a, 6, c, d beim Eintritte in das- selbe gebrochen und hierauf bei d\ c', b\ a! an der Hypothenusenfläche reflectirt werden, so dass sie nach a", b"^ c", d" gehen. In dieser Stellung kann nun ein solches Prisma in dem Rohre des Mikroskops oder vor dem Ocular angebracht werden, und wenn in diesem Mikroskope schon ein reflectirendes Prisma voi'handen ist, dann kann der Beobachter in der nämlichen Richtung wie früher sehen, d. h. horizontal, wenn das Prisma ein rechtwinkeliges ist, oder unter einem bestimmten Winkel , etwa von 45" , wenn die Reflexion, wie in Fig. 72, unter einem solchen Winkel stattfindet. Es können auch zwei recht- winkelige Prismen in der Stellung wie A und B in Fig. 97 dicht über einander im Rohre eines verticalen Mikroskops oder vor dem Oculare ange- bracht werden, so dass bei der Umkehrung des Bil- des auch die verticale Stellung imverändert bleibt. Auf diese Art ist es also möglich , nicht nur das Bild wiederum in die Richtung zubringen, welche das Object ursprünglich hatte, sondern zugleich auch die Vortheile zu sichern, welche die verticale oder nur wenig davon abweichende Stellung des Mikroskops für das Präpariren auf dem Objecttische darbietet. Auch bleibt die Verbesserung der Aberrationen die nämliche, weil keine grössere Anzahl convexer Glasoberflächen in Anwendung kommt. Nur haben dergleichen Prismen die nämliche i^chtheilige Wirkung auf den Gang der Strahlen, wie die Benutzung sehr dicker Deckgläser haben würde. Benutzt man übrigens als oberes Prisma ein solches, wie das in Fig. 72 abgebildete, dann kann man den Strahlen auch einen Winkel verschaffen, der für die Haltung des Kopfes vortheilhafter ist. Wir komn^en jetzt auf die dioptrischen Methoden. Sind sie auch 197 dem eigentlichen Wesen nach nicht verschieden, da bei allen das Ziel dahin geht, durch Einschieben einer Linse oder mehrerer Linsen eine Um- kehrung des Bildes zu Stande zu bringen, so wollen wir doch der Deutlich- keit halber zwei Hauptklassen unterscheiden, je nachdem die Umkehrung schon nahe dem Objectiv oder aber erst im Ocular bewirktwerden soll. Bei jeder Entfernung, wenn sie nur grösser ist als die Brennweite, kann man hinter einer Linse das Bild eines davor stehenden Objectes entstehen lassen. Das Nämliche gilt daher auch vom Objectiv eines zu- sammengesetzten Mikroskops. Bringt man das Object nicht ganz nahe 1 jgg Pankriitischcs Mikroskop. dem Brennpunkte des übjectivs, wie es geschehen muss, wenn sein Bild vor das Ocular fallen soll (§. 146), entfernt man dasselbe vielmehr weiter und weiter vom Objectiv, so rückt das Bild der gegenüber liegenden Fläche immer näher und zugleich wird es allmälig kleiner, bis beide o-leich weit vom optischen Mittelpunkte entfernt sind, nämlich um die doppelte Brennweite des Objectivs, wo dann das Luftbild und das Object o-leiche Grösse haben; wird aber das Object noch entfernter gerückt, dann wird das davon komftnende Bild kleiner. Betrachtet man nun das umgekehrte Luftbild, gleich als wäre es ein Object, durch ein zusammen- gesetztes Mikroskop, dann wird das scheinbare Bild in der ursprünglichen Richtung des Objects erscheinen. Auf dieses Princip stützt sich die Einrichtung des Mikroskops, wel- ches den Namen des pankratischen {%av^ alles, und XQarSLV, mächtig sein) erhalten hat, weil man durch blosse Stellverrückung des Luftbildes die Vergrösse- rung in ziemlich weiten Grenzen vermehren und vermindern kann. Zur Verdeutlichung mag Fig. 98 dienen. A und B ist ein ge- wöhnliches Doublettensystem aus aplana ti- schen Linsen, dem man natürlich den Vor- zug vor einer einzelnen Linse giebt, weil es hier von hoher Wichtigkeit ist, dass das Luftbild in allen seinen Theilen möglichst vollkommen einem wahren Objecte gleiche. DieUeberverbesserung dieses Systems braucht deshalb auch nur unbedeutend zu sein. Das Object ab^ wenn es in gehöriger Entfernung vom Brennpunkte 2^ befindlich ist, wird als- dann in b' a' ein umgekehrtes Bild erzeugen. Fällt nun dieses Bild vor ein zweites Objec- tivsystem C vmd Z), so wird ein neues Bild a" h" entstehen , welches die ursprüngliche Stellung des Objects hat. Fängt man dann die- ses Bild auf einem Schirme auf, so hat man ein bildumkehrendes Bildmikroskop, oder betrachtet man dasselbe durdh ein gewöhn- liches Ocular, so hat man ein bildumkehren- des zusammengesetztes Mikroskop. Ist das System CD das Objectiv eines zusammengesetzten Mikroskops, so muss na- türlich für das nämliche Auge die Entfernung des Bildes h' a! von der Unterfiäche der Doppellinse D unverändert bleiben. Damit nun die Vergrösserung verändert werden könne, muss jedes der beiden Systeme AB Pankratisches Mikroskop. 199 und CD in ein besonderes Rohr gefasst sein, die über einander glei- ten. Wird der Abstand beider Systeme von einander vergrössert, so wird auch das Bild h' a' an Grösse zunehmen, umgekehrt dagegen ab- nehmen, wenn man die beiden Systeme einander näiiert; fallen endlich die Brennpunkte beider zusammen, so dass sich kein Bild mehr dazwi- schen formt, dann ist die Vergrösserung natürlich Null. Die Entfernun- gen der Brennpunkte beider Systeme bestimmen also einerseits die Grenze der Bewegungsausdehnung, die andere Grenze aber wird ebensowohl durch die Unbequemlichkeit bestimmt, welche mit einer zu grossen Länge des Instruments verbunden ist, als dadurch, dass die Bilder bei zuneh- mender Vergrösserung an Schärfe verlieren. Um das Angeführte durch ein Beispiel zu erläutern, nehmen wir an, das zusammengesetzte Mikroskop, bei welchem das System CD die Stelle des Objectivs vertritt, soll für sich allein gebraucht den Durchmesser eines Objects 25 Mal vergrössern. Wir nehmen ferner an, die Brenn- weite des vorderen Systems betrage 10""" und beide über einander glei- tende Rohre haben eine Bewegungsextension von SO™", so dass das Bild bei stärkster Annäherung beider Systeme 15""" und bei stärkster Entfernung beider von einander 50"""^ hinter den optischen Mittelpunkt des Systems AB fällt. Für den ersten Fall wird dann das Bild (§. 131) — ^ 0,5 so gross als das Object sein, und die gesammte Vergrös- serung ist = 25 . 0,5 oder 12,5. Die Entfernung vom Objecte aber ist = -— ^ =30"'". Im anderen Falle wird das Bild — -- — = 4 Mal 15 — 10 10 grösser sein als das Object, und die Gesammtvergrösserung ist dann 25 . 4 =z 100, das Object aber ist , d. h. 12,5"" vom optischen Mittelpunkte des vorderen Systems entfernt. Zwischen 12,5 und 100, als den beiden Extremen, liegen dann die übrigen Vergrösserungen. Es ist klar, dass jedes gewöhnliche zusammengesetzte Mikroskop temporär in ein pankratisches umgewandelt werden kann, wenn man statt eines gewöhnlichen Objectivsystems ein pankratisches System anwendet. Um ein grosses Gesichtsfeld zu bekommen, wodurch das Arbeiten auf dem Objecttische bequemer wird, verdient in einem solchen Falle ein Ramsden'sches Ocular den Vorzug vor einem Huy gens'schen. Ein solches pankratisches Objectiv müsste daher als eine sehr wün- 198 ochenswerthe Zugabe bei jedem zusammengesetzten Mikroskope erschei- nen, gäbe es nicht noch eine andere Methode, welche dem Hauptzwecke, der Umkehrung der Bilder nämlich, wenigstens eben so gut entspricht und noch den VortheU hat, dass die Einrichtung weniger kostspielig ist, weil dazu gar keine achromatischen Doppellinsen erforderlich sind. Man kann nämlich die Umkehrung in das Ocular versetzen, gleichwie man es 200 Bildumkelirende Oculare. beim Teleskope zu thun pflegt . wenn dieses zur Beobachtung irdischer Objecte eingerichtet wird. Das Ocular kann hierzu auf mehr denn eine Weise benutzt werden. Am einfachsten ist die Einrichtung, welche Fig. 99 dargestellt ist. Die Linse A ist ein gewöhnliches Collectivglas , welches wie in jedem ande- ren Falle (Fig. 65 EF^ die Strahlen, welche vom Objectiv kommen, zu einem verkehrten Bilde ba vereinigt. Befindet sich nun das Object in Fi er. 99. Fi er. 100. der erforderlichen Entfernung vom Objectiv. su wird dieses Bild in eine solche Entfernung von der zweiten Linse B kommen, dass in nicht zu weiter Entfernung dahinter in a' b' ein zweites, jetzt aber umgekehrtes Bild entsteht, welches durch das Ocular C vergrössert angeschaut wer- den kann. Ein solches bildumkehrendes Ocular, wie es Fig. 99 darge- Bildumkehrendc Ocularc, 201 stellt ist, kann man sich demnach so denken, als bestände es aus einem gewöhnlichen Huygens' sehen Ocular A und B nebst einem Augen- glase C. Dabei sind aber noch verschiedene Modificationen möglich. Statt das umgekehrte Bild durcli das letztere Glas allein zu betrachten, kann man es durch ein Huygens'sches Ocular betrachten, oder wegen des grösseren Feldes noch lieber durch ein Rarasden'sches Ocular*), wie es Fig. 100 dargestellt ist, wo a' b' das umgekehrte Bild darstellt, welches sich vor der vorderen Linse eines Oculars dieser letz- teren Art befindet. Hieraus ergiebt sich denn auch, dass jeder, der bei seinem Mikroskope zwei Oculare besitzt, sein Instrument in ein bild- lunkehreudes verwandeln kann, wenn er mit Hülfe eines vereinigenden Rohrs das eine Ocular in eine gewisse Entfernung oberhalb des anderen bringt. Allei'dings werden sich alsdann die Bilder nicht in der Schärfe und so frei von Aberration darstellen, wie beim Betrachten durch Ein Ocular**); das ist aber auch weniger nöthig bei dem praktischen Zwecke, den man vor Augen hat, die Objecte nämlich zum Behufe einer näheren genauen Untersuchung zu präparireu. Das pankratische Princip kann übrigens hier auch in Anwendung kommen : wenn man in Fig. 99 die Linse C\ in Fig. 100 das zweite Ocular CD von der Linse B entfernt, dann nimmt die Vergrösseruug zu, und sie nimmt dagegen ab, wenn man die Linsen einander nähert. Verbindet man jedoch gewöhnliche Oculare unter einander, dann wird der Unterschied bei einem gleichen Maasse der Verlängerung nicht so bedeutend sein , als wenn ein pankra- tisches Objectiv genommen wird, weil die Brennweite der nichtverbes- serten Linsen der ersteren länger sein müssen. Einen Punkt wird man aber dem entgegensetzen können, dass die Umkehrung des Bildes zwischen die Gläser des Oculars verlegt werde, das ist nämlich die grössere Länge, welche das Mikroskop dadurch be- kommt. Gewiss würden manche, die es versuchen wollten, nach der eben gegebenen Anweisung ein zweites Ocular in einiger Entfernung oberhalb des ersten anzubringen, die Erfahrung machen, dass ihr Instru- ment dadurch zu lang wird und sie Mühe haben werden, gehörig dadurch zu beobachten und gleichzeitig mit den Händen auf dem Objecttische zu arbeiten. Diese Unannehmlichkeit ist aber nicht sowohl in dem Prin- cipe des bildumkehrenden Mikroskops begründet, als in der ungewöhn- *) Wahrscheinlich wird ein Herschel'sches aplanatisches Doublet dem Zwecke hier noch besser entsprechen. **) Nach der Theorie muss die Aberrationsgrösse im quadratischen Verhältniss der in einem Ocular benutzten Gläserzahl abnehmen, wenn diese in den gehörigen Abständen von einander sind , so dass also die Aberration eines aus vier Gläsern bestehenden Oculars viermal schwächer sein mdsste, als wenn das Ocular nur aus zwei Gläsern besteht. Das ist aber einer von jenen Fällen, wo die Er- fahrung mit der Theorie in Widerspruch ist oder deren Postulate nicht ganz erfüllen kann, da, wenn zur Zusammensetzung eines Oculars mehr als zwei Lin- sen verwendet werden, jede der Zweizahl hinzugefügte Linse nicht allein die Lichtstärke vermindert, sondern auch die Nettigkeit des Bildes beeinträchtigt. 202 Bildumkehrendc Ocularc. liehen Höhe, bis zu welcher viele Optiker ohne Noth ihre Instrumente ausführen. Bei solcher Veranlassung lernt man auch den Vortheil kennen, den es, hat, wenn man das Rohr des Mikroskops verkürzen kann (§. 165). Folgendes Beispiel zeigt, dass man alsdann mit gewöhnlichen Ocularen recht gut ein bildumkehrendes Mikroskop von nur massiger Länge be- kommen kann. Von einem Amici'schen Mikroskope, das ich täglich gebrauche, kann die Hälfte des Rohrs weggenommen werden. Ge- schieht dies, und wird ausser einem Huygens'schen Ocular noch ein solches vonRamsden mit einem Verlängerungsrohre aufgesetzt, wodurch das Mikroskop ein bildumkehrendes wird , so hat das ganze Instrument bis zum Tische 32 Centimeter Höhe und man kann noch bequem im Sitzen daran arbeiten. Auch unterliegt es keinem Zweifel, dass sich, wenn bei entsprechender Verkürzung des Rohrs stärkere Linsen ins Ocu- lar genommen werden, bildumkehrende Mikroskope darstellen lassen, die noch weit kürzer sind. Im Ganzen genommen scheint mir das letztere Verfahren *) vor dem ersteren den Vorzug zu verdienen, weil es einfacher, weniger kost- spielig und doch gleich entsprechend ist. Das pankratische Objectiv giebt allerdings wohl einen grösseren Spielraum für die Vergrösserung; dieser Vortheil kommt indessen nur wenig in Betracht, da man zu den geringsten Vergrösserungen, bei denen man präparirt, doch immer lieber eine Lupe gebrauchen wird, und da bei den stärkeren Vergrösserungen, z. B. über 50 Mal, die Bewegung unserer Hände nicht mehr fest und sicher genug ist, um dieselben mit Erfolg gebrauchen zu können. Des- halb erachte ich es wünschenswerth, wenn die Optiker häufiger, als es bis jetzt geschah, ihren Mikroskopen ein bildumkehrendes Ocular bei- fügten, das, wie wir oben sahen, dergestalt könnte eingerichtet werden, dass es aus zwei Ocularen besteht, die sich auch einzeln für sich anwen- den lassen. Eine solche Zugabe kann den Preis eines Mikroskops bei- nahe nicht erhöhen, und sie würde viel zweckmässiger sein, als die An- fertigung sogenannter Dissection smikrosko pe, welche nach den oben entwickelten Principien eingerichtet sind, und die, wenn sie auch dem eigentlichen Zwecke, wozu sie bestimmt sind, vollkommen entsprechen, den Besitzer nöthigen, sich ausserdem noch ein anderes Mikroskop zur genaueren Untersuchung anzuschaffen. Man vergesse nie, dass bei einer Wissenschaft, welche materielle Hülfsmittel zur Betreibung erfordert, nichts besser dazu beiträgt die An- *) Ich muss noch bemerken, dass bei katadioptriscben Mikroskopen die Umkeh- rung des Bildes auf dioptrische Weise lediglich durchs Ocular erreicht werden kann: man braucht nur durch das katoptrischc Objectiv ein Bild sich formen zu lassen und dieses dann durch ein gewöhnliches dioptrisches zusammengesetz- tes Mikroskop zu betrachten. Man würde so ein katadioptrisches pankratisches Objectiv bekommen. Bikluinkfhiung. 203 zahl ihrer Jünger zu vermehren, al.« wenn man die materiellen Hülf's- mittel nicht blos möglichst gut, sondern auch möglichst wohlfeil herstellt. Nicht ganz leicht ist die Frage zu beantworten, ob man kiinftigliin 199 das einfache Mikroskop ganz wird entbehren können, da jetzt das zu- sammengesetzte Mikroskop nicht blos wegen der grösseren Schärfe und Avegen anderer Tugenden als Instrument zum Beobachten den Vorzug ver- dient, sondern es auch gelungen ist, dasselbe von dem einzigen daran haftenden Gebrechen, der Umkehrung des Bildes nämlich, zu befreien. Wahrscheinlich werden viele, die ein bildumkehrendes zusammengesetztes ]\Iikroskop besitzen und mit dessen Gebrauch vertraut sind, die Frage mit Ja beantworten, und man muss gestehen, dass das einfache Mikroskop wirklich dadurch in vielen Fällen entbehrlich gemacht wird, indem das grössere Gesichtsfeld und die grössere Entfernung der Objective vom Objecte nicht zu verkennende Vortheile sind. Andere dagegen werden mit Mohl (IVEikrographie S. 227) dem einfachen Mikroskope immer den Vorzug geben , weil dabei der Kopf vorn über gebeugt wird und das Auge während des Arbeitens dicht über den Händen bleibt. Viel kommt natürlich hierbei auf die Gewohnheit an. Mehr dürfte ins Gewicht fallen die geringere optische Vollkommen- heit des bildumkehrenden Mikroskops im Vergleich zu dem einfachen, zumal wenn dieses mit Doublets versehen ist. In der That will es mir nicht wahrscheinlich vorkommen, dass jenes in dieser Beziehung jemals mit letzterem werde in die Schranken treten können, einmal wegen der grossen Menge reflectirender Oberflächen, dann aber auch deshalb, weil eine vollkommene Verbesserung der Aberrationen wegen der grösseren Zusammensetzung hier schwerer zu erreichen scheint, als beim gewöhn- lichen zusammengesetzten Mikroskope , zumal wenn das pankratische Princip in Anwendung gebracht wird, da mit jeder Veränderung im wechselseitigen Abstände der Linsen auch eine Veränderung im Grade der Aberrationsvei'besserung gepaart geht (§. 160), Freilich muss man zugeben, dass bei den schwachen Vergrösserungen, wobei doch die Bild- nmkehrung allein passend erscheint, dieser Einfluss nicht sehr merkbar ist, und dass überdem, wenn man sich mit einem kleineren Spielräume im Wechsel der Vergrösserung begnügt, es nicht schwer fällt, den bild- nmkehrenden Apparat so einzurichten, dass die Bilder eine ausreichende Schärfe haben für den Zweck, wofür die ganze Einrichtung bestimmt ist. Indessen bleibt dem einfachen Mikroskope in Einer Beziehung stets der Vorzug gesichert: es nimmt nur wenig Raum ein und ist auf Reisen sowie bei wissenschaftlichen Excursionen ein bequem tragbares Instru- ment. Deshalb wird es für jenen, der seine Thätigkeit nicht auf das enge Studirzimmer einschränkt, vielmehr die Natur mitten in der Natur selbst Studiren will, stets unentbehrlich bleiben. 204 Bedürfniss der Beleuchtung. Achtes Kapitel. Beleuchtung der mikroskopischen Objecte. 200 Bei den meisten mikroskopischen Beobachtungen ist die Anwendung eines Apparates zur Beleuchtung der Objecte erforderlich, einestheils, damit man dieselben unter Beibehaltung der hox'izontalen Lage des Ob- jecttisches auf einem helleren Hintergrunde sehen könne, anderntheils deshalb, damit mau bei der Untersuchung durchsichtiger wie undurch- sichtiger Körper das durchfallende oder auffallende Licht je nach den Umständen modificirt einwirken lassen könne. Der Beleuchtungsapparat ist deshalb stets ein sehr wichtiger Theil jedes Mikroskops. Man darf zwar nicht erwarten , durch eine gute Be- leuchtung ein schlechtes Mikroskop jemals in ein gutes umwandeln zu können; aber die Wirkung eines Mikroskops, dessen übrige optische Ein- richtung auch noch so vollkommen ist, wird stets mehr oder weniger unvollkommen bleiben , wenn dabei die Hülfsmittel fehlen , die Beleuch- tung der Objecte auf die ihrer besonderen Eigenthümlichkeit am meisten entsprechende Weise zu bewirken. Dass durchsichtige und undurchsichtige Objecte ihre besondere Be- leuchtung verlangen, versteht sich von selbst; jeder mikroskopische Be- obachter wird aber auch ausserdem finden, dass die Art der Objecte noch in anderer Beziehung auf den Beleuchtungsmodus bestimmend einwirkt, (Jass manche Objecte ein starkes , andere wieder ein schwaches Licht verlangen, dass zur vollkommensten Darstellung hier paralleles, dort di- vergirendes oder convergirendes Licht, und bei noch anderen Objecten schief einfallendes Licht erforderlich ist. Hieraus ersieht man schon, dass der Beleuehtnngsapparat mehrfachen Zwecken entsprechen muss, und dass auf seiner zweckmässigen Einrichtung die Bi'auchbarkeit eines Mi- kroskops wesentlich mit beruht. Vergleicht man die Miki'oskopc aus verschiedenen Werkstätten unter einander, so wird man finden, dass in der Einrichtung und Verfertigung der Oculare und Objective eine ziemliche Uebereinstimmung sich kund giebt, dass aber in Betreff der Beleuchtungsapparate sich noch viele Ver- schiedenheiten zeigen. Diese Verschiedenheit kann nur dem Umstände zugeschrieben werden, dass das Grundprincip, welches jeden einzelnen Optikus bestimmt, an sich selbst und für einzelne Fälle vollkommen richtig sein kann, aber meistens zu einseitig und zu ausschliesslich ange- wendet wird, mit Vernachlässigung anderer Grundprincipien, die auf andei'e Fälle gleich gut passen. Die Beweise dafür wird man im dritten Buche finden, wo die Apparate genauer beschrieben werden; hier beschränke ich mich darauf, die Kegeln aufzustellen, die für eine gute Beleuchtung Beleuchtung bei durchlallendem Lichte. 205 der mikroskopischen Objecte im Ange behalten werden müssen, und zwar von einem allgemeinen Standpunkte ausgehend, dessen Richtigkeit durch die Theorie wie durch die Erfahrung bestätigt wird. Zuerst und vorzugsweise betrachten wir die Beleuchtung bei durch- 201 fallendem Lichte, weil diese bei mikroskopischen Untersuchungen am meisten in Anwendung kommt. Sie erfordert auch aus dem Grunde noch eine ausführlichere Berücksichtigung, weil beim gewöhnlichen nicht mi- kroskopischen Sehen das Auge weniger an diese Beleuclitungsart gewöhnt ist, da man bei weitem die meisten Gegenstände von oben beleuchtet wahrnimmt. Wenn das alleinige Mittel, um Gegenstände auch mit blossem Auge zu sehen, darin bestände, dass man dieselben auf einen erleuchteten Hin- tergrund bringt, wobei die Netzhaut Schattenbildchen von denselben er- hält, so müssten nach der Natur der Sache bei der Beleuchtung der Ob- jecte, mögen sie mit blossem Auge oder mittelst des Mikroskops betrachtet werden, die nämlichen Bedingungen erfüllt werden. Was früher (§. 97) über das Sehen mit blossem Auge bei durchfal- lendem Lichte gesagt wurde, kann daher ohne Weiteres auf das mikro- skopische Sehen bei der nämlichen Beleuchtungsart übertragen werden. Ein Unterschied besteht aber dabei, der nicht unerwähnt bleiben darf. Beim einfachen und beim mikroskopischen Sehen wird man im Allge- meinen ein Object in Vollständigkeit dann am besten wahrnehmen, wenn die Lichtstrahlen gleichmässig auf alle Punkte der Fläche auffallen, worin sich das Object befindet; sollen aber Einzelnheiten daran wahrgenommen werden, so ist es oftmals vortheilhaft , wenn man das Licht in solcher Richtung auffallen lässt, dass ein Theil anders als ein anderer Theil da- von getroffen wird. Beim gewöhnlichen Sehen kehren wir deshalb den Gegenstand in solcher Richtung dem Lichte entgegen, Avobei die Einzeln- heiten am deutlichsten wahrnehmbar werden. Es handle sich z. B. um eine Glasplatte, in der sich wegen unvollkommener Mengung sogenannte Streifen befinden. Bei einer bestimmten Stellung der Platte werden diese vielleicht nicht wahrzunehmen sein, weil die dadurch bewirkte Abweichung der Strahlen alsdann zu gering ist, als dass ein Schattenbild auf der Netzhaut entstehen könnte; hält man aber die nämliche Glasplatte in etwas veränderter Stellung dem Lichte entgegen , dann zeigen sich die Streifen deutlich, weil die Abweichung der Lichtstrahlen, eine Folge des verschiedenen Brechungsvermögens in den verschiedenen an einander grenzenden Schichten, jetzt gross genug ist, um einen Eindruck auf die Netzhaut zu machen. Haben wir ein derartiges wenn auch kleineres Glasplättchen unterm Mikroskope, oder betrachten wir, was das Nämliche ist, zwei sich nicht vollständig mischende Flüssigkeiten von verschiedenem Brechungsvermögen, etwa Schwefelsäure und Wasser, dann kann es wohl geschehen, dass von den hier wirklich vorhandenen Streifen bei einer gewissen Richtung des durchfallenden Lichtes nichts wahrzunehmen ist. 20C Richtung des Lichte«;. Fig. 101. Bei der Einrichtung des Mikroskops läppt sich nun die Stellung der Ob- jecte nicht in gleicher Weise verändern, als es beim Sehen mit blossem Auge möglich ipt, und deshalb mups hier die Sache umgekehrt werden, d. h. durch den Beleuchtungsapparat mups hier dem Lichte die günstigste Richtung behul'p der Wahrnehmung de? Objectes verpchafft werden. Lässt man auf die poeben als Beispiel angeführte Glasplatte oder auf die zwei gemengten Flüssigkeiten das Licht in schiefer Richtung auffjillen, dann können die Zeichen der unvollständigen Mengung zum Vorschein kommen. Derartiges nehmen wir in zahlreichen anderen Fällen wahr. Ein dünner Körper, z. B. ein Streifen Papier, dessen schmale Kante dem Auge zugekehrt ist, wird leichter wahrnehmbar, sobald er dem Lichte gegenüber ist und einen Schlagschatten wirft. So ist es auch nur bei schief einfallendem Lichte möglich , einzelne schwer wahrzunehmende Einzelnheiten durchsichtiger mikroskopischer Objecte, z. B. die Quer- streifchen auf den Schüppchen mancher Schmetterlinge, die Streifen und Punkte auf den Schalen vieler Diatomeen u. s. w. zu unterscheiden. Denn sind diese Streifen und Punkte durch Verdickungen und Vertie- fungen erzeugt, po wird, wie man aus Fig. 101 leicht entnimmt, ein Theil jener in schiefer Richtung auf ihre Seiten fallenden Strahlen vom Wege abgelenkt werden und folglicii nicht ins Mikroskop eintreten. Bei ganz undurchsichtigen Gegen- ständen ist es nur das Auffangen der Lichtstrahlen, wodurch ein Object sichtbar wird. Hier kann demnach die verhältnissmässig verschiedene Rich- tung der zur Beleuchtung dienenden Strahlen nur einen geringen Einfluss üben. Die meisten Körper inde.>sen, welche unter dem Mikroskope bei durchfallendem Lichte untersucht wer- den, sind mehr oder weniger vollkommen durchscheinend, und nur weil sie auf die einfallenden Lichtstrahlen dioptrisch und katoptrisch ein- wirken, geschieht es, dass ein Theil dieser Strahlen nicht zum Auge gelangt, so dass dann die Körper sichtbar werden. Nun ist es klar, dass es nicht einerlei sein kann, ob parallele, divergirendeoder convergirende Strahlen auf solche Körper treffen, nicht minder aber auch, dass man keiner dieser drei Richtungen einen entscliiedenen Vorzug geben darf, da es durchaus von der Form der Oberflächen bedingt ist, ob die Ob- jecte bei einer dieser Richtungen am deutlichsten hervortreten. Ein ganz dünne? Krystallplättchen z. B., dessen platte Oberfläche dem Auge des Beobachters zugekehrt ist, wird nicht mehr sichtbar sein, wenn es (Fig. 102) durch parallele und senkrecht von unten her auffallende Strahlen f^etrolfen wird. Dasselbe wird aber noch wahrgenommen werden Richtung des Lichtes. 207 . können, wenn divergirende Strahlen (Fig. 103.) auf seine Oberfläche treffen, weil dann die schief auffallenden Strahlen stärker gebrochen oder reflec- Fi, je nach dem Brechungsindex des benutzten Glases, die Strahlen schief genug bekommt, dass sie nach stattgefundener Bre- chung unter einem Winkel von weniger denn 41 o (und das ist ungefähr der Grenzwinkel für gewöhnliches Glas) auf die Oberfläche der Linse oder einer durch Canadabalsam oder Terpentin damit verbundenen Glas- platte gelangen. Die hierdurch erhaltene Beleuchtung ist mithin sehr Beleuchtung durch totale Keflexion. 221 schwach, zumal da hierbei noch angenommen wird, die Linse sei wirklich eine Halbkugel, was doch in der Wirklichkeit sehr schwer zu erreichen ist; die Schlichen, worin die Linsen geschliffen werden, gestatten dies nicht. Die Linsen werden daher immer dem Radius der Kugel an Dicke nachstehen, und folglich wird immer jener Theil daran fehlen, wo die Strahlen am stärksten gebrochen werden. Man kann aber dadurch das Ziel erreichen, wenn man zwei beinahe hemisphärische Lin- sen so wie in Fig. 1 1 2 an ein- ander stossen lässt. Die durch die untere Linse D bereits con- vergirend gemachten Strahlen gelangen dann zur obern klei- neren Linse C und werden da- durch noch stärker convergi- rend. Um die nicht hinlänglich convergirenden Strahlen aus- zuschliessen , wird eine schwarze Scheibe, die etwas grösser ist als die obere Linse, zwischen beide Linsen gebracht. Das günstigste Verhältniss zwischen den Radien beider Linsen schien mir etwa wie 2 : 5 zu sein. Hat der Radius der oberen Linse 4, jener der unteren 10°"", dann können die Objectplatte und das Deckplättchen zusammen 2 bis 2,5"™ dick sein. Noch vortheilhafter als diese Verbindung würde jene sein, wo die unterste Linse, wie in Fig. 113, ein Meniscus mit einer sehr schwachen PjV. 113. Krümmung der oberen Fläche wäre, so dass ebenfalls die Strahlen, welche auf den Randtheil treffen, in die Luft kommen und dann die zweite Linse erreichen. Nur steht zu bezweifeln, dass diese Verbesserung eine so weit- greifende sein sollte, um den grösseren Kostenaufwand zu verlohnen. Was nun die praktische Brauchbarkeit dieser ver- schiedenen Methoden im Vergleich mit den früher beschriebenen anbe- langt, so ist ihre Anwendbarkeit auf eine geringere Anzahl von Fällen beschränkt. Benutzt man schief auffallendes, durch eine Linse concen- trirtes Licht, dann ist die Grösse der Objecte ganz unbegrenzt, und mit reflectirenden Hohlspiegeln können noch Objecte beleuchtet werden, die den Durchmesser der untersten Linse des Objectivsystems erreichen; da- gegen sind die zuletzt betrachteten Methoden nur dann anwendbar, wenn die im Gesichtsfelde befindlichen Objecte sehr klein sind, da es klar ge- nug ist, dass durch etwas grössere Objecte die Strahlen vom Deck- plättchen werden abgehalten werden, und zwar um so mehr, je dünner das benutzte Deckplättchen ist. Aus Fig. 114 und Fig. 115 (a. f. S.) entnimmt man deutlich, wie wegen Gleichbleibens des Reflexionswinkels die Entfernung ab eine grössere sein muss, wenn das in diesen Fi- guren dargestellte Deckplättchen dicker ist. Für sehr kleine Objecte, 222 Beleuchtung durch ganz schief autYallendes Licht. wie Diatomeen, Schüppchen von Schmetterlingsflügeln u. s. w., wenn sie ziemlich ausgebreitet im Gesichtsfelde liegen, ist aber diese Beleuch- pjg 1^4 Pj^ 1J5 tungsraethode eine sehr pas- sende, und sie hat vor den übrigen den bedeutenden Vor- zug voraus, dass sie gleich gut bei den schwächsten wie bei den stärksten VergrössQ- rungen anwendbar ist. Mit dem zuletzt beschi'iebenen Linsensystem kann ich die Objecto stark genug beleuchten, dass sie bei einer 500maligen Vergrösserung beschaut werden können, und mit den vollkommeneren Einrichtungen Wen- ham's, wo die sphärische Aberration imbedeutender ist, werden die Ob- jecto wahrscheinlich ein noch besseres Licht bekommen. Nur erscheinen die also beleuchteten Objecto immer einigermaassen wie in einen Licht- nebel gehüllt, so dass sie keinen so scharfen Gegensatz mit dem dunke- len Hintergrunde bilden. So verhält sich's nicht blos beim Gebrauche des Linsensystems, sondern Wonham giebt auch das Nämliche von sei- nen Hülfsmitteln an, und somit scheint diese Un Vollkommenheit imzer- trennlich von der Methode zu sein. AVahrscheinlich ist daran die Diffusion schuld, welche das reflectirte Licht in den Objecten sowohl als im um- gebenden Medium erfährt, so dass unregelmässig zerstreute Lichtstrahlen nach allen Seiten geworfen werden und das umgebende Feld erleuchten. Ist aber auch diese UuvoUkommenheit einigermaassen der Beobachtung hinderlich, so wird dennoch diese Beleuchtungsmethode in jenen Fällen, wo keine andere Beleuchtung möglich ist, nützliche Dienste leisten kön- nen, so dass sie als eine Verbesserung der mikroskopischen Untersuchung angesehen werden darf. 210 Es giebt noch eine Beleuchtungsweise, die zuerst von Reade (Ge- ring and Pritchard, Micrography p. 227) und später auch von Car- peuter (Todd's Cyclop. of Anat. and Phys. Art. Microscope p. 352) gelobt wurde, und die hier ihre Stelle finden mag, weil sie einigermaassen die Mitte hält zwischen den Beleuchtungen mit durchfallendem und mit auffallendem Lichte. Es wird nämlich der zur Beleuchtung bei durch- fallendem Lichte erforderliche Apparat benutzt, wie denn das Verfahren überhaupt nur bei durchsichtigen Objecten anwendbar ist. Die Aehnlich- keit mit der Beleuchtung bei auffallendem Lichte liegt eben darin, dass nicht das Gesichtsfeld beleuchtet wird, sondern die Objecto selbst gleich- sam liclitausstrahlend auf einem dunklen Hintergrunde gesehen werden. Es besteht aber diese Beleuchtungsweise darin, dass man entweder durch eine seitlich von der Axe des Mikroskops unter dem Objocttische ange- brachte Kerze , oder durch eine stark excentrische Stellung des Spiegels das Licht in ganz scliiefer Richtung auf das Gesichtsfeld kommen lässt, wo- bei dieses noch ganz vordunkelt erscheint, die Strahlen aber verschiedene Beleuchtung durch ganz schief auffallendes Licht. 223 Brechungen und Reflexionen erleiden und ein hierdurch diffundirtes Licht durch das Mikroskop zum Auge gelangt. Ist (Fig. 116) A die unterste Fljr. iiG. Linse eines an das Mikroskop befestigten Objectivsystems, de der durchbohrte Object- tisch, auf dem sich ein Object v befindet, und sind a, 3, c die vom Spiegel oder von der Flamme kommenden Strahlen, dann werden a und b seitlich an der Linse vor- beigehen und nur c wird in der Richtung der optischen Axe v q reflectirt und tritt ins Mikroskop hinein. Man sieht daher die Objecte in ihren eigenthümlichen Farben, und das Gesichtsfeld ist dabei ganz schwarz. Wirklich bekommt man dadurch hübsche Bilder und sehr durchsichtige Objecte, In- fusorien selbst lassen sich auf diese Weise noch ganz gut beobachten. Ich muss aber den Werth dieser Methode für wissen- schaftliclie Untersuchungen bezweifeln ; man wird dadurch schwerlich etwas entdecken, was nicht eben so gut oder besser bei durchfallendem Lichte oder bei auffallendem Lichte gesehen werden kann. Auch ist sie, wie Mohl (Mikrographie S. 144) richtig hervorhebt, nur bei schwachen Vergrösserungen anwendbar, weil bei zu starker Annäherung des Ob- jectes zum Objectiv das Licht, wie man bei Betrachtung der Figur sieht, ganz oder zu einem guten Theil ins Mikroskop tritt, so dass das Ge- sichtsfeld dann nicht mehr verdunkelt gehalten werden kann. Indessen ist diese Methode späterhin durch Wenham verbessert worden, und namentlich hierzu empfahl er zuerst den parabolischen Re- flector (Fig. 117), von dem schon oben die Rede war. Dieser Reflector Fig. 117. AB^ aus Spiegelmetall verfei'- tigt und von Paraboloidform, hat die Wirkung, dass alle pa- rallele Strahlen, welche von un- ten her auf seine Wandungen fallen, in dem Brennpunkte o sich kreuzen, wo auch das Ob- ject befindlich ist. Somit er- scheint auch hier das Object in Beleuchtung auf einem schwar- zen Hintex'grunde. Um die Ab- haltung des Lichtes noch be- stimmter zu erreichen, befindet sich in einiger Entfernung unter der Ob- jectplatte eine schwarz gefärbte Scheibe ab. Das nämliche Ziel lässt sich mittelst des gläsernen Paraboloids er- reichen, wovon im vorigen Paragraphen die Rede gewesen ist, und eben 224 Sonnenlicht und Tageslicht. so, jedoch wegen der sphärischen Aberration nicht ganz so vollkommen, mittelst einer beinahe halbkugeligen Linse (Fig. 118), deren Mitte mit Fiff. 118. einem schwarzen Scheibchen bedeckt ist, so dass nur die ganz schiefen am Rande auffallenden Strahlen zum Ob- ^^^^^^^^^^^^^^ jecte kommen können. Eine solche |^^HSS^^^|^B||^S^| Linse erhöht den Preis eines Mikro- skops nur unbedeutend, und darf als eine sehr nützliche Beigabe angesehen werden, da sie nicht nur bei schwachen Vergrösserungen für den genannten Zweck dienlich ist, sondern bei stär- keren auch dazu gebraucht werden kann, die Objecte bei durchfallendem Lichte, also in einem beleuchteten Gesichtsfelde zu sehen , als würden sie ringsum von sehr schief auffal- lenden Strahlen getroffen, wodurch manche Einzelnheiten noch deutli- cher hervortreten , als wenn eine Beleuchtungslinse mit kleinem Oeff- nungswinkel in Verbindung mit centralen Diaphragmen angewandt wird. 211 Neben der passenden Einrichtung des Beleuchtungsapparates selbst übt auch die Art des Lichtes, das zur Beleuchtung genommen wird, einen grossen Einfluss. Man kann das Sonnenlicht dazu benutzen, aber auch verschiedenartiges künstliches Liebt. Beide haben ihre Vorzüge und Nachtheile, und es sind einige Vorsichtsmaassregeln nöthig, wenn sie mit grösstem Vortheil angewandt werden sollen. Directes Sonnenlicht ist nur in Einem Falle gut zu benutzen, um nämlich undurchsichtige Objecte durch auffallendes Licht zu beleuchten. Hier muss man ihm in den meisten Fällen vor jedem anderen Lichte den Vorzug geben. Zur Beleuchtung durchsichtiger Objecte ist es unbedingt zu verwerfen, auch wenn es, nach dem Vorschlage von Chevalier (Die Mikroskope u. ihr Gebrauch S. 67), durch gefärbte Gläser so geschwächt ist, dass das Auge durch die Beobachtung nicht angegriffen wird. Ich habe wie Mo hl (Mikrographie S. 147) gefunden, dass Probeobjecte bei solchem Lichte nicht so deutlich erkannt werden, wie bei gewöhnlichem Tageslichte. Bei schwach durchscheinenden Objecten, z. B. bei ganzen Blättern, an denen man die Bewegung des Milchsaftes wahrnehmen will, könnte man in Versuchung gerathen, die Beobachtung bei direct durch- fallendem Lichte anzustellen, wie es Schultz auch wirklich empfohlen hat. Man misstraue aber stets den Resultaten einer solchen Beobachtung: das durch eine hell durchscheinende Masse fallende Sonnenlicht bewirkt durch die mannigfache Interferenz immer ein Geflimmer, und dieses wird sehr leicht für Bewegung gehalten. Auch haben unsere jetzigen Mikro- skope Lichtstärke genug, dass solche Beobachtungen, bei schwächeren Vergrösserungen wenigstens, bei gewöhnlichem Tageslichte vorgenommen werden können, und späterhin werden wir dann auch noch verschiedene DiCluses Sonnenliehl. 2"25 Hiilfsniittel kennen lernen, um die Durchsichtigkeit der untersuchten Gegenstände bedeutend zu vermehren. Ist nun aber aucli das directe Sonnenlicht unbi'auchbar, so eignet sich andererseits das auf die eine oder die andere Weise zerstreute oder diffus gemachte Sonnenlicht ganz vorzüglich zu mikroskopischen Unter- suchungen. Auf doppelte Art lässt sich das Sonnenlicht in einen solchen Zustand versetzen: 1) Man lässt dasselbe durch halbdurchsichtige Körper gehen, die einen Theil des Lichts absorbiren oder reflectiren, und einen anderen Theil durchlassen, der dann zur Beleuchtung des Gesichtsi'eldes dient. 2) Man fängt das Licht auf, welches durch eine beleuchtete weisse Oberfläche reflectirt wird. Nun ist es keineswegs gleichgültig, welches von diesen beiden Mit- teln man zur Beleuchtung mikroskopischer Gegenstände wählt. Die Er- fahrung lehrt, dass das erstgenannte Verfahren im Allgemeinen verwerflich ist: davon kann man sich leicht überzeugen, wenn man ein Stück weisses Papier unter den Objecttisch des Mikroskops bringt, und dasselbe von unten her mittelst des Spiegels stark durch die Sonne beleuchtet. Man wird dann finden, dass das Gesichtsfeld allerdings vollkommen beleuchtet ist, nichts desto weniger aber alle durchscheinenden Objecte nur sehr unbestimmt sichtbar sind. Der Grund davon liegt in der zii grossen un- regelmässigen Zerstreuung der Lichtstrahlen beim Durchgange durch die Fasern des Papiers, so dass fast kein Strahl unverändert seinen ursprüng- lichen Weg fortsetzt und zur Sichtbarmachung des Objects beiträgt. Das Nämliche tritt ein, wenn man andere halbdurchscheinende Körper, etwa eine dünne Schicht weisses Wachs oder Milch, in die Bahn der Strahlen bringt. Das Gesichtsfeld kann noch so gut erhellt sein, und dennoch fällt die Beobachtung immer ganz unvollkommen aus. Glas, das an einer seiner Oberflächen matt geschliffen ist, entspricht dem Zwecke allerdings besser als die genannten Körper ; eine solche Oberfläche kann man näm- lich so ansehen, als bestände sie abwechselnd aus rauh geschliffenen, also diffun dir enden Punkten und dazwischen liegenden hellen Zwischenräu- men, durch welche die Strahlen in der ursprünglichen Richtung treten. — • Donders (Nederl Lancet 5. Jaarg. 2. Serie p. 309) fand es sehr vor- theilhaft, matt geschliffene Scheiben in das Fenster einzusetzen, durch welches der Mikroskopspiegel sein Licht erhält. Ich kann dies vollkom- men bestätigen, namentlich für den Fall, dass das Fenster nach Süden gelegen ist, und die Sonne daher bei hellem Himmel während eines grossen Theils des Tages ins Zimmer scheint. Richtet man den Spiegel nach einer solchen Scheibe, die von hinten durch die Sonne beschienen wird, so hat man in der That eine gleich gute Beleuchtung mit diffusem Lichte, als wenn das durch eine weisse Wolke reflectirte Sonnenlicht darauf fiele. Um sich aber auch die Benutzung des directen Sonnen- lichts zu sichern, ist es gut, wenn man die matt geschliffenen Scheiben nicht permanent in den Rahmen einfügt. In dem Zimmer, worin ich zu arbeiten pflege, habe ich die Einrichtung getroffen, dass diese Scheiben Havtii\S''s Mikroskop. 15 22G Diffuses Sonnenlicht. in besonderen Rahmen längs der anderen durchsichtigen Fensterscheiben auf- und abgeschoben werden können, und mittelst einer über eine Rolle laufenden Schnur lassen sie sich zur gewünschten Höhe hinaufziehen und wiederum senken. Man muss aber aus verschiedenen matt geschliffenen Gläsern eine passende Wahl treffen, weil nur bei einem richtigen Ver- hältniss zwischen dem diffundirten und dem direct durchdringenden Lichte der gewünschte Erfolg erreicht wird. Dabei vergesse man nicht, dass nur Eine Glasoberfläche matt geschliffen sein darf; sind es beide, dann wirkt die Glasscheibe ganz so wie die weiter oben genannten Körper. Wir lernen hierdurch eine interessante Eigenthümlichkeit der mikro- skopischen Beleuchtung kennen , dass nämlich nur der diffus gemachte Theil des Lichtes zur Beleuchtung des Gesichtsfeldes dienen muss, so dass dessen Farbe am stärksten mit jener des Objects contrastirt, also hellweiss sein muss, wenn das durchsichtige Object farblos ist, damit die Schatten schwarz ausfallen, dass aber das bereits diffuse Licht zum eigent- lichen Sichtbarmachen de? Objects selbst nichts beiträgt. Es können dazu nur solche durchfallende Strahlen dienen, die nicht unregelmässig zer- streut werden, und deshalb entspricht das von weissen Oberflächen reflec- tirte Licht dem Zwecke besser, als das durch halbdurchsichtige weisse Körper durchfallende Licht, da in den ersteren gewöhnlich eine grössere Menge regelmässig reflectirter Strahlen enthalten ist, als in dem letzteren. Unter allen das Sonnenlicht reflectirenden weissen Oberflächen ver- dienen zuverlässig weisse Wolken den Vorzug. Es ist schon weniger gut, wenn man den Spiegel auf den blauen unbewölkten Himmel i'ichtet; denn wenn auch diese Farbe dem Auge sehr angenehm ist, so treten da- bei die feinen Einzelnheiten der Bilder nicht so scharf hervor, weil der Gegensatz nicht so entschieden ist. Brücke (Sitzungsberichte der Kais. Akad. 1856. Bd. 21. Hft. 2. S. 430) hat noch auf eine andere Eigenthümlichkeit aufmerksam gemacht, in deren Folge das blaue Licht des Himmels eine schädliche Wirkung haben kann. Aus den Untersuchungen von Stokes undHelmholtz nämlich hat sich ergeben, dass organische Gewebe nicht ganz frei von innerer Dispersion sind. Haben n-un, wie das beim Lichte des blauen Himmels der Fall ist, die Strahlen von grosser Brechbarkeit ein starkes Uebergewicht, dann können die Objecte, durch welche das Licht dringt, selbst leuchtend werden, und dadurch nimmt die Deutlichkeit des negativen Bildes ab. Um dieser nachtheiligen Eigenschaft abzuhelfen , empfiehlt Brücke eine Lamelle Canarienglas oder Uranglas, das man leicht im Handel bekommt, auf den Objecttisch zu legen; dieses ist im Stande, nicht allein die blauen und violetten Strahlen für das Auge wegzunehmen, sondern sie auch in Strahlen von längerer Schwingungsdauer umzuwan- deln. Er benutzte Tafeln von 2 bis 3""" Dicke und von mittlerer Farbe, meint aber, dass mit Vortheil Tafeln von 3 bis 4""" Dicke benutzt wer- den könnten. — Ich selbst habe dieses Mittel bis jetzt noch nicht ver- sucht. Es lässt sich übrigens vermuthen, dass auch andere Körper, die Djl'i'uses Sonnenliclit. 227 (las nämliche Vermögen besitzen, z. B. eine Auflösung von schwefelsaurem Chinin, die nämlichen Dienste leisten werden. Sind keine Wolken am Himmel, dann kann man das Sonnenlicht vortheilhaft durch künstliche Mittel im diff'undirten Zustande reflectiren, und es lassen sich hierzu verschiedene Wege einschlagen. So kann der Spiegel gegen eine von der Sonne beschienene weisse Wand gerichtet werden, gegen ein helles weisses Papier oder gegen eine andere glatte weisse Fläche. Unter manchen Umständen, wenn das Object selbst ge- färbt ist, kann es aiTch vortheilhaft sein, das von einer gefärbten Ober- fläche kommende Licht aufzufangen. Der Spiegel kann ferner nach Goring's Rathe mit einer Gypsplatte bedeckt werden, oder, was fast eben so gut ist, mit einem Stück sehr weissen Papier, worauf man dann das Sonnenlicht fallen lässt. Varley {TodcCs Cyclop. of Anat. andPhys. Art. Microscope p. 251) hat zu dem nämlichen Zwecke angerathen, den Spiegel mit Pulver von kohlensaurem Natron oder von weissem Glas zu bestreuen. Man halte aber fest, dass alle diese Hülfsmittel nur dann am Platze sind, wenn das durch die Wolken diff"us reflectirte Licht fehlt. Kann man den Spiegel solchem Lichte zukehren, so verdient es stets den Vorzug, iind zwar um so mehr, weil dann das Mikroskop selbst ganz in Schatten ge- stellt werden kann. Zwar fehlt es den Bildern nicht an Nettigkeit, wenn das Instrument in der Sonne steht, wenn nur das Sonnenlicht selbst nicht unmittelbar aufgefangen und unverändert reflectirt wird; das Auge des Beobachters ist aber alsdann zum genauen Sehen weniger geeignet, weil auch alle umgebenden Gegenstände stark beleuchtet sind, so dass seine Pupille stark verengt ist und weniger Licht durchlässt. Sind weisse Wolken am Himmel, dann stellt man das Mikroskop am besten in einiger Entfernung von einem Fenster auf, welches nach Norden (Nordost oder Nordwest) geht. Wünschenswerth ist es aber, dass sich in einem zu mikroskopischer Beobachtung bestimmten Zimmer noch ein anderes Fen- ster nach Süden vorfinde, weil man alsdann, wenn der Himmel auch un- bewölkt ist, bei diffusem weissen Lichte beobachten kann. Können nur an einer Seite des Zimmers Fenster sein, dann ziehe ich es selbst vor, wenn sie nach Süden gehen, weil man durch gehörig angebrachte Schirme im Stande ist, nach Willkür das directe Sonnenlicht von allen Punkten, wo es hinderlich ist, abzuhalten. Denn nur zu häufig, namentlich bei der Beleuchtung undurchsichtiger Objecte, bewährt sich seine Benutzung sehr vortheilhaft, und sein gänzlicher Abschluss in einem nur nach Nor- den freien Zimmer muss daher als ein ungünstiger Umstand erscheinen. Von Manchen ist der Rath gegeben worden, bei mikroskopischen Untersuchungen das ganze Zimmer zu verdunkeln mit Ausnahme einer kleinen OeflTnung, durch welche das Licht auf den Spiegel fällt. Für ein solches Verfahren lässt sich nur der Umstand anführen, dass in einem solchen fast dunkeln Räume die Pupille sehr weit geöff'net ist und folg- lich auch mehr Licht eindringen läast. Früherhin, als man genöthigt 15* 228 Künstliches Licht. war, die Oeffnung der Linsen sehr zu verkleinern, konnte dieses Verfah- ren auch noch Vortheile gewähren. Bei unseren jetzigen Mikroskopen dagegen ist es nicht nur ganz überflüssig, sondern geradezu schädlich, weil, wenn der Durchmesser der Pupille zu gross wird, ein Theil der Strahlen in zu schiefer Richtung eindringt, so dass das Netzhautbildchen weniger scharf ausfällt, als wenn es blos durch Strahlen erzeugt wird, die etwas näher der Axe durchgehen. Sollte es aber wegen geringer Lichtstärke des Bildes nöthig sein, den Zutritt andern Lichts von der Pupille abzuhalten, so genügt hierzu die über das Ocular gehaltene Hand meistens vollkommen. AVichtiger ist die Abhaltung des auffallenden Lichts, wenn man bei durchfallendem Lichte beobachtet; sie ist sehr nöthig und zwar um so mehr, je schwächere Vergrösserungen man anwendet. Diese Lichtabhal- tung erreicht man meistens auf hinreichende Weise, wenn ein Schirm so gestellt wird, dass sein Schatten auf das Object fällt. Noch besser er- reicht man dieses Ziel durch eine Art Rino^ oder Futteral von hinläng-- lieber Weite, dass das Objectiv bei seiner Annäherung zum Objecte nicht behindert wird. 212 Die Beleuchtung durch Tageslicht verknüpft sich nothwendiger Weise mit einer Unvollkommenheit, das ist die Unbeständigkeit der Beleuchtung als Folge des veränderlichen Zustands des Himmels. Durch vorbeizie- hende Wolken, die eine verschiedenartige Lichtmenge reflectiren, wech- selt der Grad der Beleuchtung manchmal jeden Augenblick, zum grossen Schaden der Beobachtung, weil das Auge dann das eine Mal mehr, das andere Mal weniger Licht empfängt und nicht zu der Ruhe kommt, welche zu jedem scharfen Gesichtseindrucke erforderlich ist. Auch geschieht es bei uns nicht selten, dass die Sonne Tage lang durch einen dichten und dunkeln Wolkenschleier verdeckt ist und das hindurch schimmernde Licht kaum ausreicht, um bei schwachen Vergrösserungen etwas zu beobachten. Man müsste dann aber mühsamere Untersuchungen, die eine stärkere Vergrösserung und mehr Licht verlangen, aussetzen, wenn man nicht das Sonnen- oder Tageslicht durch künstliches Licht ersetzen könnte. Der Hauptvorzug des letzteren, wodurch es dem Tageslichte offenbar den , Rang abläuft, liegt wirklich in seiner Beständigkeit oder Gleichförmig- keit. Freilich hat man auch gegen seine Anwendung mehr oder weniger begründete Einwürfe erhoben. Am bedeutendsten fällt wohl der Einwurf ins Gewicht, dass, wie Mo hl (a. a. 0. S. 150) angiebt, mikroskopische Präparate bei Tageslicht angefertigt werden müssen, und es nach ihm wohl Niemand einfallen wird, -sich mit dem Präparate ins dunkle Zim- mer einzuschliessen, um im Lampenlichte einen schiechten Ersatz für das Tageslicht zur Beobachtung desselben zu suchen.« Gern gestehe ich die Richtigkeit dieser Bemerkung zu. wo es sich um schwer anzu- fertigende Präparate handelt, um sehr feine Durchschnitte , um das Bios- legen der Theile unter der Lupe u. s. w. ; doch muss ich auch hinzufügen, Kunsllichcs Licht. 229 (lass ziemlich viele mikroskopische Präparate sich ganz gut bei künstlichem Lichte anfertigen lassen, und dass namentlich die Zubereitung thierischer Stoffe und Gewebe zur mikroskopischen Untersuchung bei guter künstlicher Beleuchtung in den meisten Fällen mit der nämlichen Leichtigkeit wie beim Tageslichte erfolgen kann, wie eine vieljährige Erfahrung mich belehrt hat. Ich setze dies um so lieber hierher, weil viele von denen, in deren Händen ich das Mikroskop so gerne als ein allgemein gebrauchtes In- strument zu sehen wünsche, die praktischen Aerzte nämlich, durch ihre Thätigkeit sich meistens ausser Stand befinden, vom Mikroskope anders als zur Abendzeit Gebrauch zu machen. Sie dürfen sich überzeugt hal- ten, dass alle sie intevessirende Untersuchungen eben so gut, wenn nicht besser, bei künstlichem Lichte wie bei Tageslichte ausführbar sind. . Andere gegen das künstliche Licht erhobene Beschuldigungen be- ziehen sich mehr auf seine unpassende Anwendung, als auf die Beleuch- tungsart an und für sich. So hat man ihm zur Last gelegt, dass es die Augen in stärkerem Grade ermüdet. Dies ist allerdings der Fall, sobald eine zu starke Beleuchtung in Anwendung kommt ; trägt man aber Sorge, das Licht so zu reguliren, dass die Beleuchtung des Gesichtsfeldes nicht über das erforderliche Maass hinausgeht, wobei die Bilder gehörig gese- hen werden, dann läuft man in dieser Hinsicht gar keine Gefahr. Ich habe mehrmals 6 bis 8 Stunden hinter einander bei künstlichem Lichte mikroskopische Untersuchungen vorgenommen, ohne eine Ermüdung der Augen zu spüren. Andere mögen es vielleicht nicht so lange aushalten; denen wird aber auch bei Tageslicht die Anstrengung des Auges bald beschwerlich fallen. Man hat ferner am künstlichen Lichte die gelbe Färbung getadelt. Auf die Genauigkeit der Beobachtung indessen kann diese F'ärbung kei- nen Einfluss haben, ausser wo es auf Erkennung von Farben ankommt. Ueberdies lässt sich hierin durch passende Wahl des künstlichen Lichts schon etwas abhelfen. Die Flamme einer Talgkerze ist röthlichgelb, jene einer Wachskerze mehr rein gelb. Beide eignen sich aber nicht zur Benutzung, nicht blos der Farbe halber, sondern weil die Flamme durch jeden Luftstrom bewegt wird. Besser entspricht schon eine Argand'- sche Lampe, namentlich wenn sie eine Zugröhre hat, wodurch das Licht weisser wird, ebenso auch die Flamme von Lampen mit Terpentinöl und Alkohol oder Camphinelampen, sowie die mit Unrecht sogenannten Lam- pen mit flüssigem Gase. Eine helle Gasflamme, von einer gläsernen Röhre umgeben, entspricht dem Zwecke am allerbesten. Das elektri- sche Licht zwischen Kohlenspitzen und das Licht einer Flamme von Hy- drooxygengas auf Kalk zeichnen sich zwar durch ihre weisse Farbe aus, nur ist deren Darstellung zu mühsam, als dass sie bei gewöhnlichen Un- tersuchungen zu benutzen wären. Man kann ferner das Gelbe oder Röthliche des künstlichen Lichts in Weiss umwandeln, wenn man in die Bahn der Strahlen solche Medien bringt, welche die abundanten rothen und gelben Strahlen im Lichte ab- 230 Aufsuchen des complementären Blau. sorbiren und nur solche durchlassen, deren relative Menge möglichst je- ner der verschiedenartig gefärbten Strahlen entspricht, aus denen das weisse Licht der Sonne zusammengesetzt ist. Dies geschieht dadurch, dass man die Strahlen durch eine Glasplatte oder durch eine Feuchtig- keit gehen lässt, die zu der Farbe der Flamme complementär, nämlich blau ist*). Das Blau muss nun aber, je nach der Flammenart, wiederum verschieden nüancirt sein, da nicht jedes blaue Glas oder jede blaue Flüs- sigkeit dem Zwecke entspricht; durch besondere Prüfung muss die pas- sende Nuance vorher bestimmt werden. Verschiedene Wege können dazu führen. So hat ein Ungenannter (Dingler's polyt. Journ. 1844. Bd. 92, S. 398) den Polarisationsappa- rat empfohlen. Auf die Objectplatte eines polarisirenden Mikroskops bringt man einige Krystalle, die dem zweiaxigen Systeme angehören; namentlich eignen sich dazu recht gut jene Krystalle, welche beim Ver- dunsten einer Auflösung von chlorsaurem Kali auf einem Glasplättchen ent- stehen. Man dreht dann den Analysator dergestalt, dass einer von den Krystallen oder ein Theil desselben in der gelben Färbung erscheint, die der Flamme eigenthüralich ist. Wird derselbe hierauf um einen Winkel von 90 0 gedreht, so erscheint der nämliche Krystall in der complemen- tären blauen Farbe. Versucht man indessen diese Methode, so wird man finden, dass es sehr schwer hält, genau jenes Gelb zu ermitteln, welches jenem der Flamme entspricht. Ueberdies haben auch nur we- nige einen Polarisationsapparat bei ihrem Mikroskope, und deshalb ist folgendes Verfahren, dessen Idee ich meinem Collegen van Rees ver- danke, einfacher und zugleich auch besser. Wenn man durch das näm- liche Object zwei Schatten werfen lässt, einen vom Tageslichte, den an- deren von künstlichem Lichte, so sind diese Schatten bekanntlich gefärbt und zwar so, dass die Farbe des einen zu der des andern complementär ist. Lässt man nun durch eine OefFnuug in einem dunkelen Zimmer das Tageslicht auf ein weisses Papier fallen, vor welchem eine Latte oder etwas dergleichen gehalten wird, und man stellt in passender Entfernung eine Flamme oder eine Lampe auf, so bemerkt man auf dem Papiere einen gelben Schatten vom Tageslichte und einen blauen Schatten vom künstlichen Lichte. Ersterer zeigt die Farbe der Flamme , letzterer de- ren complementäre Farbe. Bringt man dann in die Bahn der Strahlen ein Medium (eine Glasplatte oder eine Flüssigkeit), dessen Farbe mit dem complementären Blau stimmt, so werden, bei gehöriger Entfernung des Schirmes, die beiden Schatten zugleich schwarz erscheinen. Auch auf eine mehr directe Weise lässt sich das passende Medium *) Dieses Verfahren wurde von Griffith {Aiinals of natural history. XII. p. 481) empfohlen. Die Grundsätze übrigens, von denen er dabei ausging und seine Erklärung von der Wirkung der blauen Medien sind ganz falsch, wie Mo hl (Mikrographie S. 152) dargethan hat. Künstliches Licht. 231 ausfindig machen , wodurch ein künstliches Licht weiss gemacht werden kann. Man bringt dasselbe zu dem Ende in einen Kasten mit einer kleinen OefFnung und stellt diesen vor ein Fenster, das verschliessbar ist, aber so, dass eine kleine Oeffnung übrig bleibt zum Eintritte des Tageslichtes. Das durch beide Oeffnungen fallende Licht fängt man auf einem Stücke weissen Papiers auf und dann hält man nach einander ver- schiedene blau gefärbte Medien zwischen die OefFnung im Kasten und das Papier, bis man jenes ausfindig macht, wobei die Farbe des Lich- tes auf dem Papiere sich in beiden Fällen ziemlich gleich darstellt, näm- lich weiss. In der Regel wird es vortheilhaft sein, wenn man die Wahl blos auf solche Glassorten richtet, die sehr hellblau gefärbt sind. Benutzt man eine blaue Flüssigkeit, so muss diese in einem Glasgefässe mit flaclien parallelen Wänden enthalten sein. Am passendsten erschien mir dazu eine sehr verdünnte Auflösung von schwefelsaurem Kupferoxydammo- nium. Dabei ist noch ein Punkt zu beachten. Hat man ein Medium, wie etwa eine Glasplatte, gefunden, das nach der stattgefundenen Untersu- chung die complementäre Farbe der Flamme besitzt, und man legt nun Abends diese Glasplatte auf den Objecttisch des Mikroskops, so wird das Gesichtsfeld nicht weiss, sondern stets bläulich sich darstellen. Dies ist nur Wirkung des Contrastes : die Flamme sowohl als alle dadurch beleuch- teten weissen Körper sind gelb gefärbt, und wenn man nun nach wirklichem weissen Lichte sieht, so tritt dieses mit der blauen coniplementären Farbe auf. Es ist daher nicht ausreichend, wenn man weisse Strahlen zur Be- leuchtung des Gesichtsfeldes im Mikroskope benutzt; alles Licht, auch ausserhalb des Mikroskops, muss auf gleiche Weise entfärbt werden. Das geeignetste Mittel hierzu würde sein, wenn man die Flamme vollständig mit einem Glase von der passenden Farbe umgäbe. Da man sich aber dergleichen nur schwer verschaffen kann, so kann man sich damit begnü- gen, eine ziemlich grosse Glasplatte oder ein mit Flüssigkeit gefülltes Gefäss dicht vor die Flamme zu bringen. Verfährt man dabei etwas vorsich- tig, so ist es möglich, dem Gesichtsfelde auf diese Weise einen Farben- tint zu verschaffen, der nicht allein dem Auge sehr angenehm ist, son- dern auch wirklich kaum von jenem des Tageslichts unterschieden wer- den kann. Man hat endlich dem künstlichen Lichte das Funkeln und Flimmern zum Vorwurfe gemacht. Dieser Tadel passt aber nur für den Fall, dass bei Anwendung des künstlichen Lichts jene Sorge verabsäumt wird, die man auch beim Sonnenlichte nicht ausser Acht lassen darf, nämlich nicht das direct ausstrahlende Licht aufzufangen, sondern das vorher diffun- dirte. Die Regel muss sein, dass man dies niemals verabsäumt, ausser bei der Beleuchtung undurchsichtiger Objecte durch auffallendes Licht, wo, wie bereits erwähnt, auch beim Sonnenlichte diese Vorsorge nicht erfordert wird. 232 Künstliches Licht. Das Diffundiren des Sonnenlichts wird, wie wir gesehen haben, am besten durch Reflexion von weissen Oberflächen erreicht. Das Näm- liche kann auch beim künstlichen Lichte geschehen, und namentlich er- hält man eine ausnehmend schöne Beleuchtung, wenn das zwischen Koh- lenspitzen sich bildende elektrische Licht, oder wenn das Licht der auf Kalk treffenden Hydrooxygengasflamme durch eine weisse Oberfläche re- flectirt wird. Dem gewöhnlichen Lampen- oder Gaslichte fehlt aber die nöthige Intensität, um auch bei ihnen dieses Princip zur Anwendung bringen zu können, ausser bei schwachen Vergrösserungen. Bei ihnen ist es des- halb besser, wenn man vor die Lichtquelle ein matt geschliffenes Glas bringt, das nach dem im vorigen Paragraphen Angegebenen nur an Einer Fläche matt gemacht sein darf. In der Regel genügt es schon, wenn man die Flamme mit einer gewöhnlichen runden Kugel umgiebt. Noch besser ist es, man bringt zwischen den Spiegel und den Objecttisch eine matt geschliffene Glasplatte; nur ist es nicht gleichgültig für das Resultat, in welchem Grade die Oberfläche matt ist, da hiervon die relative Menge des unregelmässig zerstreuten und des regelmässig durchfallenden Lichts bedingt ist. Man wird deshalb wohl thun, wenn man aus mehreren Glasplatten, die mehr oder weniger matt geschliffen sind, jene aus- sucht, welche bei desfalsigen Versuchen dem Zwecke am besten zu ent- sprechen scheint. AVerden diese verschiedenen Vorschriften beobachtet, so kann man alle schädlichen Eigenschaften des künstlichen Lichts beseitigen , jene aber sichern , wodurch ihm ein unbestreitbarer Vorzug vor dem Tages- lichte zuerkannt werden muss, nämlich seine grössere Beständigkeit und seine leichtere Regulirung. Es bleibt nur noch übrig, nachzuweisen, dass seinen Strahlen auch die verschiedenen relativen Richtungen verschafft werden können, welche je nach der Art und der verschiedenen Form der Objecte gefordert werden. Die Nähe der Lichtquelle bringt es mit sich, dass die unmittelbar aufgefangenen oder durch den Planspiegel reflectir- ten Strahlen divergirende sind. Mittelst der oben (§. 205 und 206) be- schriebenen Einrichtung können sie convergirend gemacht werden, und offenbar lässt sich der Grad der Divergenz und Convergenz dadurch mo- dificiren , dass man die Linse entfernter oder näher der Concavität des Spiegels stellt. Der nämliche Apparat kann auch dazu benutzt werden, das Gesichtsfeld durch parallele Strahlen zu erleucliten; nur muss dann die Entfernung der Linse von dem Spiegel grösser sein, als die Summe ihrer beiden Brennweiten. Man findet die Stelle für die Linse, wenn man auf einer matt geschliffenen Glasplatte oder auf einem beölten Pa- piere das Bild der Flamme in der Entfernung auffängt, in der es sich am schärfsten darstellt. Bekommt dann die Linse eine Stellung, bei wel- cher das Bild der Flamme in ihrem Brennpunkte liegt, dann sind die durch die Linse gehenden Strahlen parallel. Noch auf eine andere Weise lassen sich die divergirenden Licht- strahlen in parallele umwandeln, sobald nämlich, wie es bei den meisten Künstliches Licht. 233 Mikroskopen der Fall ist, die Brennweite des Spiegels grösser ist, als seine Entfernung von dem Objecttische. Man braucht dann nur eine Linse dergestalt vor die Flamme des künstlichen Lichts zu bringen, dass das Flammenbild gerade in den Hauptbrennpunkt des Spiegels kommt, des- sen Brennweite man deshalb vorher bestimmt haben muss. Die durch den Hohlspiegel reflectirten Strahlen werden dann (§. 13) parallel sein gleich denen des Tageslichts, die von einem Planspiegel reflectii't wer- den. Dabei ist es aus leicht begreiflichen Gründen wünschenswerth, dass sich im Brennpunkte des Spiegels ein verkleinertes Bild des künstlichen Lichts befindet, und um nicht genöthigt zu sein, letzteres in zu grosse Entfernung zu bringen, ' wodurch "die Intensität des Lichts abnelimen würde, muss eine Linse mit kurzer Brennweite genommen werden, die aber doch zugleich einen grossen Durchmesser hat, damit ihre Oberfläche viel Licht bekommt. Da es hier aber weniger auf die ganz genaue Form ankommt, so kann dazu auch ganz füglich eine biconvexe gegossene Linse oder ein sogenanntes Ochsenauge genommen werden. Auch eine Glas- kugel mit Wasser gefüllt, wie die Schuhmacher zu gebrauchen pflegen, kann hier schon benutzt werden. Wäre es nöthig, so kann man vor die grössere Linse oder Kugel noch eine kleinere Linse bringen, wodurch die Strahlen noch stärker convergii'end werden und sich zu einem noch kleineren Bilde vereinigen. Ein drittes Mittel endlich, um die divergirenden Strahlen des künst- lichen Lichts parallel zu machen, bestellt darin, dass eine Zerstreuungs- linse von passender Brennweite in die Bahn der Strahlen kommt. Zu dem Ende kann man den in Fig. 107 dargestellten Beleuchtungsappärat nehmen, worin aber die Sammellinse CD durch eine Zerstreuungslinse er- setzt wird, die so zu stehen kommt, dass der Zerstreuungspunkt sich ge- rade im Vereinigungspunkte der verlängerten, durch denHohlspiegel con- vergirend gemachten Strahlen befindet. Das Gesichtsfeld wird alsdann durch parallele Strahlen beleuchtet werden (§. 46). Schliesslich erwähne ich noch in Kürze die Benutzung des polari- 213 sirten Lichts bei mikroskopischen Untersuchungen, indem ich in Betreff" einer ausführlichem Beschreibung der benutzten Apparate auf das dritte Buch, und hinsichtlich der Theorie der Polarisationserscheinungen selbst auf die Hand- und Lehrbücher der Physik verweise. Jedes Mikroskop , das einfache wie das zusammengesetzte imd das Bildmikroskop, kann ohne grosse Mühe in ein polarisirendes Mikroskop umgewandelt werden, indem man die nämlichen Mittel anwendet, die in allen Polarisationsapparaten, auch ohne Vergrösserung, in Gebrauch sind. Die Auswahl ist hier bekanntlich ziemlich gross. Man kann das Licht auffan- gen, welches durch ein auf der einen Seite geschwärztes Glas unter einem Winkel von 320 25 reflectirt wird; oder man kann einen doppelt bre- chenden Krystall von Kalkspath nehmen, indem man einem der beiden Strahlenbündel den Weg versperrt; ferner ein sogenanntes Nicol'sches 234 Polarisirendes Mikroskop. Prisma, welches dergestalt aus einem solchen Kalkspathkrystalle herge- stellt wird, dass nur eins von den Strahlenbündeln, welche durch die doppelte Brechung entstehen, durchgelassen, das andere aber reflectirt wird; auch ein Satz Glasplatten, der unter einem Winkel von 350 steht, oder ein Turmalinplättchen, welches der Axe des Krystalles parallel ge- schliffen ist, können zur Polarisation des Lichtes verwendet werden. Für die meisten Zwecke ist es ziemlich gleichgültig, welchem von diesen Mitteln man den Vorzug giebt, da sie alle, bei gehöriger Einrich- tung, im polarisirenden Vermögen einander ziemlich gleichstehen. Beim Mikroskope kommt aber vor Allem die Lichtmenge in Betracht, die bei der Anwendung verloren geht, und deshalb ist weder der schwarze Spie- gel , noch das immer braun oder grün gefärbte Turmalinplättchen hier mit Vortheil zu benutzen. Nur beim einfachen Mikroskope ist man ge- nöthigt, zum letzten Mittel zu greifen, weil durch die übrigen Polarisa- tionsmittel das Feld zu sehr verkleinert wird. Um nun die von der Polarisation bedingten Erscheinungen sichtbar zu machen, muss erstlich das Gesichtsfeld durch polarisirtes Licht erleuch- tet werden, und es muss zweitens dies polarisirte Licht durch ein an- deres Polarisationsmittel ins Auge hineingelassen werden. Man hat also auch hier, wie bei jedem anderen Polarisationsapparate, einen Pola- risator und einen Analysator. Gesetzt, man giebt für beiderlei dem Ni- col'schen Prisma den Vorzug, so muss in einem zusammengesetzten Mi- kroskope Ein solches Prisma dicht unter die OeflPnung des Objecttisches kommen, so dass dessen Axe mit der optischen Axe des ganzen Instru- mentes zusammenfällt. Das zweite Prisma kann dann entweder in das Mikroskoprohr zwischen Objectiv und Ocular oder zwischen das letztere und das Auge kommen. Die letztgenannte Stellung ist aber nicht zu wählen, weil das Gesichtsfeld dadurch sehr verkleinert wird; dieses ist vielmehr am grössten, wenn das zweite Prisma dicht über dem Objectiv steht. Hat man aber ein Nicol'sches Prisma von ziemlich grossem Durchmesser, so kann man dieses auch, ohne zu grosse Vei'kleinerung des Gesichtsfeldes, unmittelbar unter das Ocular bringen, so dass es mit letzterem vereinigt ist. Dadurch hat man den Vortheil, dass man durch blosses Herumdrehen des Oculars alle Polarisationserscheinungen nach einander beobachten kann. Liegt der Analysator gleich über dem Ob- jectiv, dann muss entweder das ganze Mikroskoprohr sich herumdrehen lassen, oder der Polarisator unter dem Objecttische. Es ist klar, dass jedes Bildmikroskop auf eine solche Weise in ein polarisirendes Mikroskop sich umwandeln lässt; es ist dazu weiter nichts nöthig, als dass man zwischen den Beleuchtungsapparat und das Ob- ject einen Polarisator, und unmittelbar hinter das Objectiv einen Ana- lysator bringt, die um die Axe des ganzen Instrumentes sich drehen lassen. Stehen die beiden Polarisationsebenen rechtwinkelig auf einander, dann ist das Gesichtsfeld dunkel; sind sie parallel, dann ist es hell. Pohirisirendcs Mikroskop. 235 Wenn man also den Polarisator oder den Analysator um einen Winkel von 90° dreht, dann kann man abwechselnd ein erhelltes und ein dun- keles Feld sehen; in den zwischenliegenden Stellungen aber empfängt dasselbe einen Theil des Lichts. Je dunkelcr das Feld in der einen Stellung und je heller es sich in der anderen zeigt, um so vollkommener ist die Polarisation. Wünscht man nun den Einfluss zu untersuchen, dem das polarisirte Licht unterliegt, wenn es einen durchsichtigen Köj'per durchsetzt, so wird der letztere auf gewöhnliche Weise auf den Objecttisch gelegt. Ist das Gesichtsfeld vorher verdunkelt worden, so dass keine Lichtstrahlen ins Auge gelangen, und man bringt jetzt ein Object in die Bahn der Strahlen, z. B. einen zweiaxigen Krystall, der die Eigenschaft hat, das Licht zu depolarisiren, so wird dasselbe auf schwarzem Grunde beleuch- tet sich darstellen. Da aber diese Eigenschaft nicht in gleichem Maasse bei allen farbigen Strahlen wirksam ist, und zugleich auch die Dicke des Objects mit in Betracht kommt, so sieht man dasselbe nicht weiss, son- dern gefärbt. Die Farbe ändert sich, wenn der Polarisator oder der Ana- lysator gedreht wird ; die verschiedenen Farben, aus denen das weisse Licht besteht, folgen geregelt auf einander, und wenn beide Polarisations- flächen parallel sind, da? Gesichtsfeld also hell ist, dann hat das Object die complementäre Farbe zu jener, die es zeigte, als das Gesichtsfeld schwarz war. Hat das Object eine andere Dicke, dann ist auch bei der nämlichen relativen Stellung des Polarisators und Analysators seine Farbe eine an- dere. Daher kommt es, dass, wenn Krystalle, welche das Licht depola- risiren, während der Beobachtung an Grösse zunehmen, z. B. durch Ver- dunstung der Flüssigkeit, worin sie aufgelöst waren, ihre Farbe sich auch verändert, und dass, wenn man eine Anzahl Krystalle der nämlichen Sub- stanz gleichzeitig durch das polarisiren de Mikroskop betrachtet, verschie- dene Farbenschattirungen an derselben wahrzunehmen sind. Es kann selbst vorkommen, dass einem Krystalle oder einem anderen Körper das depolarisirende Vermögen abgeht, blos weil derselbe zu dünn ist. Für diesen Fall giebt Chevalier (a. a. 0. S. 151) den Kath, den Krystall auf ein Glimmerblättchen zu legen. Das Glimmerblättchen erscheint dann, je nach seiner Dicke, verschiedenartig aber gleichmässig gefärbt, und das darauf liegende Object hat eine andere Farbe, weshalb es eben sichtbar wird. Manchmal wird auch die Lage des Objects nicht der Art sein, dass die Depolarisation dadurch gefördert wird; wenn daher die Beschaffen- heit des Objects es zulässt, so muss man dasselbe in verschiedene La- gen zu bringen suchen. So können in einem Tropfen eine Anzahl kleine Krystalle der nämlichen Substanz vorhanden sein, von denen einige das Licht depolarisiren und sich gefärbt darstellen, andere dagegen nicht. Er- zeugt man nun eine Strömung in der Flüssigkeit, so das? die Krystalle sich herumwälzen und abwechselnd verschiedene Flächen dem polarisirten 23G , Nutzen einer verschiedenartigen Beleuchtung. Lichte darbieten, so wird man sie bald gefärbt, bald wieder ungefärbt wahi'nehmen; ist daher das Gesichtsfeld schwarz, so verschwinden sie jetzt und kommen dann wiederum zum Vorschein. Die Einwirkung der Körper auf den polarisirten Lichtstrahl zählt sicherlich zu den interessantesten Erkennungsmitteln ihrer elementaren Zusammensetzung. Nicht blos Krystalle, auch mehrere organische Sub- stanzen, pflanzliclie wie thierische, üben diese Einwirkung aus. Ich habe schon früher (§. 97) angeführt, dass die ganz durchsichtigen Körper bei durchfallendem Lichte niu' deshalb uns sichtbar werden, weil die Lichtstrahlen entweder gebrochen, oder reflectirt, oder theilweise absor- birt werden. Es kann nun recht gut der Fall eintreten, dass die einan- der zunächst gelegenen Theile eines Objects auf diese Weise nicht mehr als von einander verschieden erkannt werden können, weil sie im Bre- chungs-, Reflexions- und Absorptionsvermögen einander ganz gleich sind; wenn aber ihre Einwirkung auf das polarisirte Licht verschieden- artig ist, so kann dann hierdurch ihre Zusammensetzung aus besonde- ren Bestandtheilen sich kund geben. 214 Bei mikroskopischen Untersuchungen entbehren wir manche von den Hülfsmitteln , die uns bei anderen Untersuchungen zu Gebote stehen. Von den verschiedenen Sinnesorganen, deren Zusammenwirken so ge- wichtig ist, um uns von den Dingen ausser uns eine klare und richtige Vorstelhing zu verschaffen, bleibt uns hier nur der Gesichtssinn übrig, und wenn irgendwo, so ist es hier deshalb nöthig, die Gesichtsvorstellung so vollkommen als möglich zu maclien, indem man eine grosse Anzahl auf verschiedene Weise empfangene Gesichtseindrücke vereinigt. Ein Beobachter, der einen Gegenstand nur in Einem besondern Zustande der Beleuchtung durch ein Mikroskop geschaut hat, besitzt davon eine gleich unvollständige Vorstellung, wie ein durchziehender Reisender von einer schönen Landschaft, auf die er blos im Vorbeigehen einen Blick geworfen hat, und in der sich, je nachdem sie von der Morgen- oder Abendsonne beschienen, oder durch die Mittagssonne im vollen Glänze bestrahlt wird, oder aber mit schwarzem Gewölk bedeckt ist, abwech- selnde neue Schönheiten dem Auge darstellen. Eine gute Benutzung des Beleuchtungsapparats ist gewiss eins der besten Merkmale, um den geübten mikroskopischen Beobachter vom we- niger geübten unterscheiden zu können. Während der letztei'e, weil er die stärkste Beleuchtung auch für die beste hält, bis zum Thränen in einem See von Licht arbeitet, worin alle feineren Einzelnheiten des Bildes gleiclisam ertränkt shid, wird jener dagegen das Licht soviel zu massi- gen suchen, als es die Art des Objects verlangt: er wird abwechselnd parallele, convergirende oder divergirende Strahlen einwirken lassen, und nachdem er es zuerst bei centrischer Beleuchtung betrachtet hat, wird er erforschen, welchen Einfluss ein schief einfallendes Licht übt. Auch wird er sich nicht auf die Untersuchung bei durchfallendem Lichte beschrän- Nutzen einer verschiedenartigen Beleuchtung. 2ii7 ken, sondern auch auffallendes Licht anwenden, selbst bei durchsichtigen Objecten, da er hierdurch Gelegenheit bekommt, einige Einzelnheiten bes- ser zu sehen und ihre nähere Beschaffenheit zu erkennen. So wird er dann, namentlich bei schief auffallendem Lichte, Vertiefungen und Erhö- hungen an der liieiitung der Schatten sicherer von einander unterschei- den können; auch wird er dann nicht Gefahr laufen, kleine Luftblasen oder Fettkügelchen für eine schwarze undurchsichtige Substanz, verästelte Piginentzellen für Knochenkörperchen zu halten. Endlich wird er, nachdem er die gewöhnlichen Beleuchtungsarten alle durchgenommen hat, manchmal noch ein grosses Ilülfsmittel im po- larisirten Lichte finden, um in die innerste Bildung des Körper einzu- dringen und Verschiedenheiten zur Ansicht zu bringen, die auf keine an- dere Weise sich erkennen lassen. Sich stützend auf die Kenntniss der ewigen Gesetze, denen das Licht gehorcht, und von dessen Strahlen gleichsam Gebrauch machend zur Zergliederung der Körper, da wo ihn das Skalpel im Stiche lässt, hat der Beobachter auf diese Weise von einem und demselben Objecte eine Reihe von Gesichtseindrücken bekommen. Jeder von diesen Eindrücken kann an sich selbst vollkommen richtig sein, aber doch zu einer ganz falschen Vorstellung von der Beschaffenheit des Objects Veranlassung geben; werden aber alle Eindrücke, die zum Bewusstsein gelangt sind, durch den Verstand geordnet, unter einander verglichen und zu einem zusammenhängenden Ganzen verbunden, dann darf er mit gutem Grunde hoffen, dass das Endresultat der Untersuchung wirklich Wahrheit ist. Umfasst es aber noch nicht die ganze Wahrheit, so darf er sich doch wenigstens das Zeugniss geben, eifrig darnach gestrebt und die Ilülfs- mittel erschöpft zu haben, welche der gegenwärtige Stand der Wissen- schaft darbietet. 238 Einfluss der Accommodation auf die (irössenwahrnelimung. Neuntes Kapitel. Die Vergrösserung der Mikroskope im Allgemeinen und die Mittel, dieselbe zu bestimmen. 215 Schon mehrmals (§§. 112, 148, 153) war von der Vergrösserung der Mikroskope die Rede und von den Mitteln, dieselbe aus den Brennweiten der Linsen und der mittleren Sehweite zu berechnen. Das geschah aber mehr in der Absicht, die Wirkungsweise der verschiedenen Mikroskop- arten aufzuklären, als weil etwa diese Methoden die empfehlenswerthesten wären; denn obwohl sie bei gehöriger Genauigkeit genaue Resultate lie- fern, so sind doch andere Methoden, durch welche die Vergrösserung auf mehr directe Weise bestimmt wird, leichter ausführbar und minde- stens gleich genau. Diese wollen wir deshalb hier ausdrücklich betrach- ten , namentlich in soweit es sich um die Vergrösserung der einfachen und der zusammengesetzten Mikroskope handelt; denn für Bildmikroskope ist der einzige directe Weg der im §. 131 angegebene. Zuvörderst muss ich aber den Leser wiederum an das bereits (§§. 112 und 148) Gesagte erinnern, dass die Vergrösserung eines Mikroskops nie- mals eine absolute, sondern immer nur eine relative ist, dass also das nämliche Mikroskop für das Auge eines Beobachters stärker vergrössernd ist, als für das Auge eines anderen, weil nämlich die Entfernung, in welche man die Objecte zu bringen pflegt, die deutlich gesehen werden sollen, keineswegs für alle Individuen die nämliche ist. Selbst wenn man die Grösse der Netzhautbildchen im Vergleich zur Grösse der Objecte zur Berechnung der Vergrösserung benutzen wollte, würde sich doch noch (§. 148) für jedes Auge eine Verschiedenartigkeit her- ausstellen. Es wird aber nicht unpassend sein, wenn über diesen Punkt hiei noch Einiges angeführt wird, und wenn die Vergrösserungskraft der Mi- kroskope im Zusammenhange mit der physiologischen Beschaffenheit des Auges betrachtet wird. 216 Sieht man durch eine Linse oder ein zusammengesetztes Mikroskop auf einen Gegenstand, so projicirt man das wahrgenommene Scheinbild a\if eine Fläche, die sich in einer bestimmten Entfernung vom Auge be- findet. Hierzu ist also erforderlich, dass der Accommodationszustand des Auges der Art ist, wie er sein würde, wenn das Auge auf der Netzhaut ein scharfes Bild von Objecten erzeugte , die sich wirklich in solcher Entfernung befänden. Während der Beobachtung durch ein Mikroskop ist aber das Auge durchaus nicht ein ganz passives Instrument, gleichsam ein Schirm, der nur die Bilder auffängt; vielmehr kann sein Accummodationsvermögen Mittlere Sehweite. :i3y eben so wirksam sein, wie beim gewöhnlichen Sehen, und folglich ist auch die Entfernung der Fläche, auf welche das Scheinbild projicirt wird, gleich dem Accommodationszustande selbst veränderlich. Hieraus folgt ferner, dass der nämliche Beobachter durch das nämliche Mikroskop die Objecte jetzt stärker und dann wieder schwächer vergrössert wahrneh- men kann, je nach dem Accommodationszustande des Auges im Augen- blicke der Beobachtung. Dass dem so sei, davon kann man sich leicht überzeugen, wenn man Jemand, der ein gutes Gesicht hat, aber selten durchs Mikroskop sieht, das nämliche Object zu verschiedenen Zeit im Mikroskope sehen lässt. Vergleicht er dessen Grösse mit einem ihm bekannten Maasse, so werden seine Angaben nicht selten gar sehr unter einander differiren. So ersuchte ich Jemand, der gut zeichnet, auf einem Papiere die Grösse der Felder eines Glasmikrometers zu zeichnen, wie ihm dieselben im Felde des Mi- kroskops zu verschiedenen Zeiten sich darstellten. Bei einer 36maligen und einer 302maligen Vergrösserung und einer mittleren Sehweite von 25 Centimeter ergab sich Folgendes: a. Wahrer Durchmesser der Felder = Yso ^iigl- Zoll oder 0,508™" Durchmesser der gezeichneten Felder = 4,5 bis 6,7 bis 8,5 und 11,5"". b. Wahrer Durchmesser der Felder = Ysoo engl. Zoll oder 0,0508""; Durchmesser der gezeichneten Felder = 5,2 bis 7 bis 9,6 und 11™". So ist also die sogenannte mittlere Sehweite nicht blos für verschie- dene Augen verschieden, auch für das nämliche Auge bleibt sie nicht un- veränderlich (§. 67); und wie das Accommodationsvermögen des Auges sich zwischen bestimmten Grenzen bewegt, so gilt dies auch für dasVer- grösserungsvermögen eines Mikroskops bei einem und demselben Auge. Ist ein Object in der gehörigen Entfernung unter das Mikroskop gebracht worden, so dass man dasselbe vollkommen deutlich sieht, und man blickt dann auf ein sehr entferntes Object, zu dessen Wahrnehmung sich das Auge für Strahlen accommodiren muss, die fast parallel sind, so wird man, wenn man unmittelbar darauf wieder durchs Mikroskop sieht, das Object zuerst viel undeutlicher wahrnehmen als früherhin, weil die aus dem Mikroskope kommenden Strahlen zu divergirend sind, als dass sie sich auf der Netzhaut zu einem scharfen Bilde sollten vereinigen können. Nach einiger Zeit wird aber das Auge wiederum in den früheren Zu- stand zurückgekehrt sein und ein scharfes Bild sich darstellen. Das Umgekehrte kann aber auch stattfinden, dass man nämlich, indem man die Entfernung des Objectes in etwas verändert, auch in dem Grade der Divergenz, mit welcher die Strahlen das Mikroskop verlassen, einige Veränderung bewirkt, und so mit dem temporären Accommodationszu- stande des Auges einen Einklang bewirkt. Das Auge und das Mikroskop machen also zusammen ein Ganzes aus, dessen Verband nicht gestört wird, wenn einer der zusammensetzen- 240 Mittlere Sehweite. den Theile kleine Veränderungen erfährt, sobald mir eine entsprechende Veränderung im andern eintritt. Die Frage, ob es für jedes Auge eine bestimmte mittlere Sehweite und also auch ein bestimmtes Vergrösserungsvermögen des Mikroskops giebt, kann darum in dieser Allgemeinheit nur verneinend beantwortet werden. Etwas anders muss aber die Antwort ausfallen, wenn man da- bei auf die Personen selbst Rücksicht nimmt, die das Mikroskop gebrau- chen. Von Jugend auf sind diese gewohnt, beim Lesen oder beim Schrei- ben oder bei feinen Handarbeiten die Gegenstände, die sie genau sehen wollen, in eine gewisse Entfernung vom Auge zu halten; ist auch diese Entfernung keine genau bestimmte, so schwankt sie doch nur innerhalb enger Grenzen. Dieser Entfernung der Objecte hat sich ihr Auge am leichtesten accommodirt, und durch Gewohnheit ist sie ihm die natür- lichste geworden. Befindet sich das Auge in der Ruhe, ist es z. B. ge- schlossen oder sieht es in einen leeren Raum , dann hat es diesen Ac- commodationszustand. Blickt nun ein solches Auge durch ein Mikro- skop, ohne dass sich ein Object in passender Entfernung von der Linse befindet, so ist das Gesichtsfeld für dasselbe anfänglich auch ein leerer Raum ; das Auge wird also im Zustande der Ruhe verharren, und das Accommodationsvermögen wird weder für eine weitere noch für eine kürzere Entfernung angestrengt, werden. Wird dann das Object allmälig der Linse genähert, so wird Jener, der nicht gerade gewohnt ist, durch ein Mikroskop zu sehen, das Accommodationsvermögen, ohne sich dessen bewusst zu sein, wirken lassen, und die Folge wird sein, dass er das Scheinbild einmal in dieser, ein anderes Mal in jener Entfernung und dabei in verschiedener Vergrösserung zu sehen glaubt. Bei einem, der an mikroskopisches Sehen gewöhnt ist. bleibt dagegen das Accommoda- tionsvermögen auch während der Annäherung des Objects in der Regel ganz passiv; das Auge wartet gleichsam, bis die Strahlen jenen Grad von Divergenz erlangt haben, mit der sie von Objecten kommen, die sich in seiner gewöhnlichen mittleren Sehweite befinden. Daher kommt es, dass für den geübten mikroskopischen Beobachter das Vergrösserungsvermö- gen andauernd fast das nämliche bleibt. Aus dieser Betrachtung ergiebt sich auch, dass man bei der Berech- nung der Vergrösserung nicht von der Entfernung des Nähepunktes des Auges (§. 68) ausgehen darf, wie Manche (Goring, Brewster) ge- wollt haben; denn ist das Auge für Gegenstände in dieser Entfernung accommodirt, so befindet es sich nicht in Ruhe, sondern in einem Zu- stande wirklicher Spannung, die nicht lange anhalten kann. Es ist aber möglich und sogar wahrscheinlich, dass bei sehr schwie- rigen mikroskopischen Untersuchungen das Auge sich vorübergehend auch für eine geringere Entfernung als die gewöhnliche accommodirt, wodurch die Netzhautbildchen etwas grösser werden und folglich noch Einzelnheiten zur Beobachtung gelangen können, die dem Auge beim ge- wöhnlichen Accommodationszustande entgehen. Wahrscheinlich rührt es Mittlere Sehweite. 241 davon her, dass sogar Jemand, der täglich einige Stunden auf mikrosko- pische Untersuchungen verwendet, ohne dadurch eine Ermüdung des Au- ges zu empfinden, alsdann , wenn es sich um die Untersuchung ganz kleiner Objecte handelt, die an den äussersten Grenzen der Sichtbarkeit befind- lich sind, nach einiger Zeit eine unangenehme, manchmal selbst schmerz- hafte Spannung im Auge empfindet, die zur Unterbrechung der Untersu- chung nöthigt. Stellen wir also den Satz auf, dass beim Berechnen des Vergrösse- rungsvermögens der Mikroskope von der gewöhnlichen mittleren Seh- weite ausgegangen werden muss, so ergiebt sich doch zugleich, dass man, indem man das Sehvermögen des blossen Auges mit jenem des Mikro- skops vergleicht, nicht vergessen darf, wie das Gebiet beider zum Theil zusammenfällt. Gesetzt, ein Auge mit einer mittleren Sehweite von 200""™ und einem Nähepunkte von 100"" sieht durch eine Linse, welche für die genannte mittlere Sehweite zweimal vergrössert, so wird der nämliche Beobachter, auch ohne die Linse, den nämlichen Gegenstand mit gleicWr Deutlichkeit zweimal grösser sehen, wenn er denselben auf 100"™ von seinem Auge hält. Es ist nur der Unterschied, dass er im erstern Falle mit Bequemlichkeit und ohne alle Anstrengung den Gegen- stand sieht, während er im zweiten Falle genöthigt ist, sein Auge in einen ungewöhnlichen Zustand zu versetzen: in beiden Fällen ist aber der Grad der Divergenz der nämliche, mit welcher die Strahlen ins Auge treten. Wenn nun auch von einer genau bestimmten Vergrösserung eines 217 Mikroskops nicht die Rede sein kann, so ist es doch wünschenswerth, dass man in Zahlen nach einem gewissen Maasse ausdrücken könne, wie eine Linse oder eine Vereinigung von Linsen das Vermögen des Auges steigert, kleinere Körper wahrzunehmen, die man mit blossem Auge nicht sieht. Bei einfachen Linsen hat man diesen Maassstab in der Brenn- weite; bei Doublets und Triplets würde die Brennweite der äquivalenten Linse (§. 125) dazu benutzt werden können. Beim zusammengesetzten Mikroskope lässt sich die Vergrösserung ebenfalls durch die Brennweite einer äquivalenten Linse ausdrücken , die man durch Berechnung oder durch directe Bestimmung auffinden kann, wenn man nach Gorin g {Micro- graphia p. 68) das zusammengesetzte Mikroskop als Ocular eines Tele- skops gebraucht und mit Hülfe eines Dynameters die Vergrösserung in der Weise bestimmt, wie dies weiter oben (§. 115) für eine einzelne Linse angegeben worden ist. Der Maassstab, den die Brennweite abgiebt, ist jedoch bei weitem nicht so zuverlässig, als es auf den ersten Blick vielleicht scheinen mag. Er würde es nur alsdann sein, wenn beim Sehen durch eine und dieselbe Linse in jedem Auge scharfe Netzhautbildchen von gleicher Grösse ent- ständen. Diff'erirte dann auch die relative Vergrösserung, weil ein Beob- achter von den nämlichen Körpern kleinere Netzhautbildchen wahrzuneh- men pflegt, als ein anderer, so würde doch die absolute Vergrösserung, jene Hartiug's Mikroskop. 16 242 Mittlere Sehweite. der Netzhautbildchen nämlich, durch eine bestimmte Zahl sich ausdrücken lassen. Eine solche Gleichheit in der Grösse der Netzhautbildchen fin- det aber, wie wir bereits gesehen haben, nicht statt. Im Gegentheil min- dert sich die absolute Vei'grösserung in dem Maasse, als die relative zu- nimmt, und umgekehrt. Wenn mau daher die Vergrösserung eines Mi- kroskops durch die Brennweite ausdrückt, so ist man immer noch genö- thigt, für jedes Auge im Besonderen zu berechnen, wie die Vergrösse- rung für dasselbe unter bestimmten Umständen sich verhält. 218 Untersuchen wir jetzt, ob das gewöhnlich befolgte V^erfahren, wor- nach die Vergrösserung nach der allgemein festgesetzten mittleren Seh- weite berechnet wird, besser zum Ziele führt. Hier stossen wir sogleich auf eine Schwierigkeit, deren Beseitigung sehr wünschenswerth wäre, weil viele Verwirrung dadurch entsteht; es fragt sich nämlich, welcher Augeuabstand als allgemeine mittlere Seh- weite angenommen werden soll? Darüber herrscht noch immer viel Willkür : einige wollen die Vergrösserung für einen Augenjbstand von 5 englischen Zollen berechnet haben •> andere setzen 8 rheinische Zolle, noch andere 10 Pariser Zolle dafür fest, und endlich -werden von noch anderen 25 Centiraeter angenommen. Mir ist sogar einmal der Fall vorgekommen, dass die Vergrösserungen eines horizontal gestellten Mi- kroskops für eine mittlere Sehweite von 37 Centimeter berechnet waren, weil dies die zufällige Höhe des Rohrs über der Tafel war! Selbstverständlich übt diese Verschiedenheit einen sehr bedeutenden Einfluss auf die Vergrösseruugsziffer, da diese in gleichem Verhältniss grösser wird, als die Entfernung der Ebene zunimmt, auf welche das Bild projiclrt wird. Eine Vergrösserung, die für eine mittlere Sehweite von 5 englischen Zollen eine SOOmalige wäre, ist ungefähr eine 900malige, wenn die Sehweite zu 37 Centimeter angenommen wird. Ist nun auch die letztgenannte Entfernung sicherlich eine viel zu grosse, und muss andererseits die erstere als zu klein bezeichnet werden, um als allgemeiner Maassstab zu gelten, so ist doch kein genügender Grund vorhanden, um zwischen den übrigen gebräuchlichen Vergrösse- rungen eine entscheidende Wahl zu treffen, da sich die Ziffer der mitt- leren Sehweite unmöglich mit Bestimmtheit angeben lässt. Auch ist es ziemlich gleichgültig, welchen Augenabstand man wählt, wenn nur bei Angabe der Vergrösserung niemals versäumt wird, denselben anzuführen. Vielleicht verdient die Sehweite von 25 Centimeter den Vorzug wegen der Beziehung zum metrischen Maasse , welches doch früher oder später wahrscheinlich alle anderen Maasse verdrängen wird. Aus diesem Grunde habe ich mich bisher an diese Sehweite gehalten, und auch wei- terhin werde ich die Vergrösserungen für diese Entfernung berechnen. Uebrigens lässt sich aus der Vergrösserung für eine bestimmte mittlere Sehweite leicht die Vergrösserung für eine andere Sehweite herleiten; die Vergrosserungszittern verhalten sich nämlich zu einander wie die Mittlurc Sehweite. 24;i Sehweiten. Für eine doppelte Sehweite ist die Vergrösserung auch doppelt so gross. Eine 3 50malige Vergrösserung für eine Seliweite von 25 Centi- meter ist für eine Sehweite von 20 Centimeter ^ ^ = 280 Male. Zur 25 Bequemlichkeit des Lesers fügeich hier noch die Vergrösserungen für die ver- schiedenen zur Berechnung benutzten Sehweiten in fülü;ender Tafel bei: 5 englische 8 rheinische 10 Pariser ■25 Centimeter. Zoll oder 12,7 Zoll oder 20,9 Zoll oder 27,1 Centimeter. Centimeter. Centimeter. 1000 508 83G 1084 950 483 794 1030 900 457 752 97G 850 432 711 919 800 40G GG9 8G5 750 381 G27 813 700 35G. 585 759 G50 330 553' 704 GOO 305 502 G50 "■ 550 279 4G0 59G 500 254 418 542 450 223 37G 488 400 203 334 434 350 179 293 379 300 152 251 325 250 127 209 271 •200 102 1G7 217 150 7G 125 1G3 100 51 84 108 75 38 G3 81 50 25 42 54 20 13 21 27 10 5 8 11 Noch Ein Punkt darf aber nicht aus den Augen gelassen werden, dass nämlich die VergrösserungszifFern , wenn sie auch für eine und die- selbe mittlere Sehweite berechnet sind, streng genommen doch nur für das Auge desjenigen, der die Bestimmung ausführte, vollkommen gültig sjnd. Es folgt dies schon aus demjenigen, was oben (S. 94 Note) über die Wirkung des einfachen Mikroskops bei verschiedenen Augen angege- IG* 244 Messen der Vergrösserung. ben worden ist, und was eben so gut auf jede Combination von Linsen passt, also auf das zusammengesetzte Mikroskop. Wo es demnach auf eine sehr genaue Kenntniss des Vergrösserungsvermögens eines Mikro- skops ankommt, z. B. bei den verschiedenen mikrometrischen Methoden, da muss jeder Beobachter dasselbe für sein Auge bestimmen. 219 Wenden wir uns zu den Methoden selbst , deren man sich zur Be- stimmung der vergrössernden Kraft der Mikroskope bedienen kann. Alle kommen darin iiberein, dass sie auf der Vergleichung zwischen der Grösse des auf die Entfernung der allgemeinen Sehweite projicirten Scheinbildes und der Grösse des bildliefernden Objeetes, z. B. einer Mikrometerthei- lung, beruhen. Der Mittel zur Projection des Scheinbildes ist in einem früheren Ka- pitel (§. 179) Erwähnung geschehen, und es ist ziemlich gleichgültig, wel- chen von diesen Mitteln man den Vorzug giebt. Wer sich im Doppelt- sehen (§. 185) hinlängliche Fertigkeit erworben hat, der kann jedoch die verschiedenen hierzu bestimmten Instrumente entbehren , da diese Me- thode bei weitem am einfaclisten ist und vor den übrigen Projections- mitteln den Vorzug hat, dass das Bild unmittelbar ohne Reflexion und Lichtverlust gemessen wird ; daher sie auch noch bei den stärksten Vei-- grösserungen anwendbar ist, wo die Camera lucida, das Sömmerring'- sche Spiegelchen u. s. w. nicht ausreichen. Was Genauigkeit betrifft, so steht das Doppeltsehen keiner dieser Methoden nach, wenn nur hin- längliche Uebung vorausgegangen ist. Um die Vergrösserung mit Genauigkeit bestimmen zu können, müs- sen einige Dinge in Obacht genommen werden, die wir der Reihe nach betrachten wollen. Zuvörderst fragt es sich, welches Object von bekannter Grösse dazu benutzt werden soll. Diese Frage scheint leicht beantwortet wer- den zu können, und doch liegt ein erschwerender Umstand darin, dass die Glas- und Schraubenmikroraeter , welche aus verschiedenen Werk- stätten kommen, bei weitem nicht genau übereinstimmende Maasse an- geben. Ich habe darüber ausführlicher in meinen Recherches microme- triques p. 7 gesprochen und werde später, wenn vom Messen mikroskopi- scher Objecte gehandelt wird, näher darauf zurückkommen; dort wird sich herausstellen, dass man in dieser Beziehung gar viele Verschieden- heiten antrifft, die von einem wesentlichen Einflüsse auf die Vergrösse- rungsziffern sein müssen. Diese Zahlen wei'den nämlich um so grösser ausfallen, je kleiner der absolute Werth der gebrauchten Mikrometer- theilung ist. Wenn z. B. die Maasseinheiten zweier Mikrometer sich wie 10: 11 verhalten (und solche Differenzen kommen in der Wirklich- keit vor), so wird eine Vergrösserung von 400 Malen am ersten Mikro- meter, für das zweite, bei der nämlichen Seliweite, eine 440fache sein. Jede Reihe von Grössenbe^timmungen, wobei eine bestimmte mikrome- trische Theilung zu Grunde gelegt i>t . kann demnach nur für das zur Messen der Vergrösserung. 245 Bestimmung benutzte Mikrometer als richtig anerkannt werden. Bei Glasmikroraetern, welche aus der nämlichen Werkstätte kommen, und von denen man also annehmen darf, dass sie mit der nämlichen Theil- maschine angefertigt worden sind, darf man einen Schritt weiter gehen und annehmen, dass der absolute Werth des Maasses immer der gleiche ist. Man darf sich dann etwas allgemeiner ausdrücken, und von einer Vergrösserung in Millimetern nach Oberhäuser, in Wiener Zollen nach Plössl, oder in englischen Zollen nach Dollond u. s. w. reden. Auch sind die Theilungen eines und desselben Mikrometers unter einander niemals vollkommen gleich. Dies ist namentlich bei Glasmi- krometern der Fall, und deshalb ist es durchaus erforderlich, dass man nach einander die Scheinbilder einer gewissen Anzahl dieser Theilungen misst, um einen Mittelwerth zu bekommen, welcher der Wahrheit näher kommt. Um so mehr ist dieses nöthig, je weiter die Vergrösserung geht, weil man dann genöthigt ist, auch kleinere Theilungen zu messen. Bei einem guten Schraubenmikrometer fällt der Unterschied in den mit verschiedenen Theilen der Schraube genommenen Maassen im All- gemeinen geringer aus, und ein Object, dessen Durchmesser vorher mit grosser Genauigkeit dadurch bestimmt wurde, z. B. der Abstand zwischen zwei Streifchen eines Glasmikrometers, kann weiterhin ganz zweckmässig benutzt werden, um die Vergrösserung zu ermitteln. Beim Gebrauche eines Glasmikrometers hat man ferner auch auf die Dicke der mit dem Diamant gezogenen Striche Rücksicht zu nehmen. Bei guten Glasmikrometern ist diese Dicke allerdings unbedeutend, doch immer noch ansehnlich genug, dass sie bei etwas stärkeren Vergrösse- rungen nicht vernachlässigt werden darf. Die Mitte jedes Striches be- zeichnet eigentlich die wahre Stelle, wo jede neue Abtheilung anfängt; beim wirklichen Messen ist es aber gerathener, die Ränder der Striche als Anfangspunkte zu betrachten, wenn man nur, wie es sich von selbst versteht, immer den nämlichen Rand dazu nimmt, sei es der rechte oder sei es der linke. Aus dem einen und dem anderen ergiebt sich, dass es seine eigenen Bedenken hat, wenn man die stattfindende Vergrösserung durch die Theilungen von Glas- oder Schraubenmikrometern bestimmt; wo es da- her auf eine grosse Genauigkeit ankommt, da wäre es wünschens werth, ein anderes Mittel ausfindig zu machen, das besser zu dem vorgesteckten Ziele führt. Dieses Mittel besteht darin, dass man einen dünnen Metall- draht viele Male (einige hundert Male) um einen dickeren Draht windet, dergestalt, dass jede Windung genau an der vorhergehenden anliegt, wovon man sich mittelst des Mikroskops überzeugen muss. Nun misst man genau, welche Länge die von den gesammten Windungen eingenom- mene Strecke hat und zählt die Anzahl der Windungen, am besten durch Abwickeln auf der Drehbank. Man erhält dann die Dicke des Drahtes, wenn man die Gesammtlänge der an einander liegenden Windungen durch die Anzahl dieser Windungen dividirt. Ist man hiei'bei mit aller Sorgfalt 240 Krümmung des Gesichtsfeldes, verfahren, so kann man sich dadurch einen bestimmten Maassstab verschaf- fen, der mit grösserer Zuverlässigkeit als irgend eine andere Mikrometer- theilung zur Bestimmung des Vergrösserungsvermögens benutzt werden kann. Belegende Beispiele dafür werde ich späterhin mittheilen. Zu einer genauen Bestimmung der Vergrösserung ist dann zwei- tens nöthig, dass man auf die verschiedenartige Vergrösserung in der Mitte und an den Rändern des Gesichtsfeldes Rücksicht nimmt, welche Grössendifferenz durch die Krümmung des Bildes bedingt wird. Im ein- fachen Mikroskope ist diese Krümmung stets zugegen (§. 109), und sie lässt sich niemals vollständig beseitigen. Im zusammengesetzten Mikro- skope ist dies zwar möglich durch ein richtiges Verhältniss zwischen dem Collectiv glase und dem Augenglase (§. 152), dieses Verhältniss ist aber keineswegs auch immer das beste, um die Aberrationen auf die voll- kommenste Weise zu verbessern, und da die letzgenannte Verbesserung Avichtiger ist, als die Erlangung eines ganz ebenen Gesichtsfeldes, so wird dieses letztere oftmals der grösseren Schärfe des Bildes in der Mitte des Gesichtsfeldes zum Opfer gebracht. Fast immer ist dann auch hier die Vergrösserung am geringsten, und nach den Rändern hin nimmt sie allmälig zu. Bei der Bestimmung der vergrössernden Kraft muss man daher hier- auf Rücksicht nehmen und die Messungen nur an jenen Theilen des Bil- des vornehmen, die sich nicht zu weit ausserhalb des Mittelpunktes des Gesichtsfeldes befinden. Hat man ein Ocular von Huygens, so kann man der Sicherheit wegen auf das Diaphragma, welches zwischen beiden Gläsern befindlich ist, einen Ring legen, der das Feld bis zur gewünsch- ten Grösse verkleinert. Drittens ist sorgfältig darauf zu achten, dass die Entfernung des Auges von der Fläche, auf welche das Scheinbild projicirt wird, immer genau gleich sei und gleich bleibe der Sehweite, die als die allgemeine angenommen worden ist. Es kann aber geschehen, dass die Einrichtung des Instrumentes nicht erlaubt, das Scheinbild gerade in dieser Entfer- nung zu messen. So wird z. B. in vielen Fällen die Entfernung vom Ob- jecttische bis an die obere Fläche des Oculars kleiner sein als die mittlere Sehweite , und man wird dann einen zu geringen Durchmesser erhalten, wenn man durch Doppeltsehen das auf den Objecttisch projiciite Bild misst. Man kann denselben aber dann leicht auf jenen Durchmesser re- duciren (§. 218), den das Bild gehabt haben würde, wenn die Oberfläche des Objecttisches sich genau in der Seliweiteentfernung befunden hätte. Für mikrometrische Zwecke ist es auch wünschenswerth, dass man die Vergrösserungen kennt, welche, ohne dass man auf die SehAveiteentfer- nung Rücksicht nimmt, dem Abstände des Objecttisches oder des Tisches, worauf das Mikroskop steht, entsprechen. Viertens muss das Auge während des Messens möglichst unbeweg- lich gehalten werden ; denn wenn sich das Auge um seine Queraxe be- wegt, so ändert sich auch die Stelle des Scheinbildes. iMcssuiig 1111(1 Rercchnmig der VcrgrÖsscrnng. 247 Fünftens endlich ist es durchaus nicht gleichgültig, auf welche Weise die Messung ausgeführt wird. In der Regel empfiehlt man, das Scheinbild auf einem getheilten Maassstabe aufzufangen, und verlangt man die Vergrösserung nur nahezu kennen zu lernen, dann kann man sich damit begnügen. Bei einer nur einigermaassen genauen Bestimmung da- gegen muss man einen Cirkel benutzen, dessen Spitzen fein genug sind, um auch Theile eines Millimeters damit messen zu können. Gewöhnlich benutze ich dazu einen Doppelcirkel , dessen lange Schenkel das mit den kurzen gefundene Maass verfünffachen. Ein guter gewöhnlicher Cirkel ist aber auch brauchbar, wenn man nur weiterhin das Maass mit Hülfe einer gehörig feinen Scala ermittelt, auf der z, B. noch Zehntheile des Millimeters angegeben sind. Hat man keine solche Scala, so kann man dadurch zum Ziele kommen , dass man auf einem Papiere eine ge- rade Linie zieht und auf diese das gefundene Maass zehnmal überträgt. Der zehnte Theil der GesammtUlnge ist dann natürlich das gesuchte Maass. Benutzt man zur Protection eins von den katoptrischen Hülfsmitteln, dann hat man nicht nöthig, das Bild direct mit dem Cirkel zu messen; bequemer ist es dann, dasselbe auf einer Schiefertafel aufzufangen, und seine Begrenzungen mit der feinen Spitze eines Griffels darauf zu zeich- nen. Eine Anzahl solcher aufgezeichneter Maasse kann weiterhin nach einander mit dem Cirkel bestimmt werden , und daraus lässt sich dann der mittlere Werth herausfinden. Hat man auf die vorher angeführte Weise das Feld eines zusam- mengesetzten Mikroskops mittelst eines in das Ocular eingesetzten Ringes verkleinert, so kann man auch den Durchmesser des Scheinbildes dieses Feldes messen und dann zählen, wie viele Abtheilungen eines Mikro- meters darin enthalten sind. Dieses Verfahren ist aber weniger genau, als wenn man das Scheinbild des als Maassstab benutzten Objectes selbst direct misst, weil der Rand des Feldes natürlich nicht allemal genau auf die Grenze einer Mikrometertheilung fällt. In einem zusammengesetzten Mikroskope ist die Vergrösserung 220 gleich dem Producte, welches erhalten wird, wenn man die Zahl der Objectivsysteme mit jener der Oculare multlplicirt. Es ist aber nicht nöthig, dass man diese Vergrösserungen alle einzeln bestimmt; kennt man die Vergrössernngswerthe eines einzelnen Objectivsystems mit den verschiedenen Ocularen, und jene eines einzelnen Oculars mit den ver- schiedenen Objectivsystemen, dann lassen sich die Vergrössernngswerthe der übrigen Combinationen leichter durch Rechnung auffinden. Gesetzt, man will die Vergrösserungen eines Mikroskops mit sechs Objectivsystemen und vier Ocularen kennen. Es giebt dann vierund- zwanzig verschiedene Vergrösserungen. Doch braucht man nur neun zu bestimmen, denn die übrigen fünfzehn lassen sich daraus berechnen. Man hat z. B. gefunden, dass das schwächste Ocular mit den sechs Objecti- 248 Berechnung der Vergrösserungen. ven 35, 82, 140, 283, 375 und 490 Male vergrössert, und dass das Ob- jectivsystera Nr. 3 mit den verschiedenen Ocularen 140, 217, 322 und 431 Male vergrössert. Die vergrössernde Kraft des schwächsten Ocu- lars, dessen vergrössernde Kraft mit den übrigen Objectivsystemen auch bekannt ist, verhält sich dann zu jener der übrigen Oculare wie 1 : 1,55 : 2,3 : 3,08. Multiplicirt man die Zahlen der zuerst aufgeführten Reihe mit diesen unveränderlichen Coefficienten , so bekommt man die Ver- grösserungen der Objectivsy Sterne mit jedem Ocular. Der Coefficient für das Ocular Nr. 3 ist z. B. 2,3 ; mit Weglassung der Bruchtheile trefiFen daher auf dasselbe die Vergrösserungswerthe 81, 189, 322, 651, 863, 1127. 221 Bei manchen Untersuchungen, z, B. beim Zählen von Objecten oder von Theilen eines Objects, die sich in einem bestimmten Räume befin- den, ist es wünschenswerth, dass man den wahren Durchmesser des Ge- sichtsfeldes und dessen quadratischen Inhalt kennt, da dieser gleich ist dem Theile der Oberfläche eines Objectes, das sich unterm Mikroskope befindet. Diese Bestimmung kann gleichzeitig mit jener der Vergrösse- rung stattfinden, und es ist vortheilhaft, wenn man die Resultate auf der Tafel der Vergrösserungszahlen mit verzeichnet. Hierzu wird nur er- fordert, dass man den Durchmesser vom Scheinbilde des Feldes in der Sehweiteentfernung bestimmt. Da aber, wenn katoptrische Mittel zur Projection benutzt werden, immer nur ein Theil des Feldes übersehen wird, so kann zu diesen Bestimmungen nur das Doppeltsehen in Anwen- dung kommen. Auch hier genügt eine kleine Anzahl von Messungen, da die scheinbare Grösse des Feldes blos vom Oculare abhängt. Man braucht dasselbe daher nur für die verschiedenen Oculare zu messen, und die gefundenen Werthe mit den Vergrösserungen zu dividiren. Für das schwächste Ocular des eben als Beispiel gewählten Mikroskops ist z. B. der scheinbare Durchmesser des Gesichtsfeldes = 172"" gefunden worden. Mit dem schwächsten Objectivsysteme ist demnach sein wahrer 172 Durchmesser = = 4,91"", imd mit den übrigen Objectivsystemen ö D für das nämliche Ocular 2,10, 1,23, 0,61, 0,46 und 0,35"". Den quadratischen Inhalt des Gesichtsfeldes bekommt man dann , wenn mau das Quadrat des Halbmessers mit 3,142 multiplicirt. Ist der Durch- messer des Feldes:^ 4,91"", so ist dessen quadratischer Inhalt = 2,455 . 2,455 . 3,142 = 18,925 Quadratmillimeter. Tüchtigkeit des Mikroskops. 249 Zehntes Kapitel. Das optische Vermögen des Mikroskops. Es ist ein sehr verbreiteter Irrthum, zu glauben, das Hauptverdienst 222 eines Mikroskops bestehe in dessen vergrössernder Kraft. Auch pflegen Unkundige , wenn von einem Mikroskope die Rede ist, zuerst die Frage aufzuwerfen, wie weit dessen vergrössernde Kraft geht. Dieser Irrthum entspringt aus einer ganz unvollkommenen und selbst unrichtigen Vor- stellung von der eigentlichen Bestimmung dieses Instrumentes. Bei Ab- schätzung der relativen Tüchtigkeit eines Mikroskops kommt in der That dessen Yergrösserungsziffer nur eine untergeordnete Bedeutung zu, und bei der Wahl zwischen zwei Mikroskopen hat man nicht darnach zu fragen, welches von beiden am stärksten vergrössert, sondern vielmehr darnach, welches der beiden Instrumente bei der schwächsten Vergrösserung die nämlichen Objecte gleich gut erkennen lässt, oder, was dasselbe ist, wel- ches von beiden bei gleicher Vergrösserung an dem einen oder dem an- deren Objecte die meisten und am schwierigsten wahrnehmbaren Ein- zelnheiten erkennen lässt. Wo das optische Vermögen eines Mikroskops geprüft werden soll, da ist mithin ein anderer Maassstab anzuwenden, und einen solchen hat man an den Bildern der Objecte, welche durch das Mikroskop gesehen werden. Dass der Grad der Vergrösserung dieser Bilder dabei nur we- nig in Betracht kommt, erkennt man alsbald, wenn man ältere Mikro- skope mit jenen aus der neueren Zeit vergleicht. Unter den ersteren findet man solche, die 600 bis 700 Male und noch mehr vergrössern. Untersucht man aber die nämlichen Objecte durch sie und durch unsere neueren Mikroskope, so zeigt es sich, dass das eigentliche optische Ver- mögen der älteren Instrumente bereits bei einer 80 bis lOOmaligen Ver- grösserung von den neueren erreicht, vielleicht gar übertroffen wird. Fra- gen wir nach dem Grunde dieser grösseren Vorzüglichkeit, so lassen sich zwei Momente dafür auffinden, die zwar nicht unabhängig von einander sind, von denen aber jedes für sich einen bestimmten Einfluss ausübt, nämlich 1) die Verbesserung der Aberrationen, und 2) die grössere Oeff- nung, welche den Objectiven deshalb verschafft werden kann. Einzeln- heiten über den Einfluss dieser beiden Momente auf das optische Ver- mögen der Mikroskope sind näher zu besprechen. Was früher (§§. 49 iind 56 bis 58) über die Wirkung der sphärischen 223 und chromatischen Aberration gesagt wurde, hat dargethan, dass die nothwendige Folge derselben eine mangelnde Schärfe der Umrisse ist oder, um es mit einem Worte auszudrücken, eine Nichtbegrenzung der Bilder. Durch die chromatische Aberration entstehen farbige Ränder, "250 Begrenzungöveriiiögeu ; Durcbdriuguiigsvcrmögen. und auch wenn sie fehlt , wie bei den Bildern durch sphärische Hohl- spiegel, haben die Ränder doch etwas Nebelartiges, weil man nicht ein einziges Bild sieht, sondern eine Schicht Bilder von verschiedener Grösse. Wären beide Aberrationen vollständig aufgehoben, so würden auch die Bilder vollkommen begrenzt sein. Nun kann man freUich bei keinem einzigen dioptrischen oder katoptrischen Instrumente, das zur Bilderzeu- gung bestimmt ist, diesen höchsten Grad von Vollkommenheit erreichen, es lässt sich aber doch eine Annäherung an diese Vollkommenheit er- zielen, und je grösser die Verbesserung der Aberration ist, um desto besser begrenzt werden die durch das Instrument wahrgenommenen Bil- der sich darstellen. Jene Seite des optischen Vermögens eines Instru- mentes, wobei es sich um diese Verbesserung der beiden />berrationen handelt, kann mann daher mit dem Namen Begrenzungsvermögen oder definirende Kraft (^defining power^ belegen. Man könnte auch eben so gut von einem Vermögen der Sichtbarmachung reden, denn es werden Im Allgemeinen um so kleinere Objecte noch wahrgenommen werden können, je schärfer deren begrenzende Umrisse sind. Davon muss ein anderes Vermögen wohl unterschieden werden, welches mit der Grösse des Oeffnungs winkeis des Objectivsystems gleichen Schritt hält, und das man in der Regel als Durchdringungsvermögen oder pe- netrirende Kraft {pejietratinrj poLoer) bezeichnet, ein Namen, der, wie sich bald herausstellen wird, eigentlich unrichtig ist und besser durch die Bezeich- nung Unterscheidungsver m ögen ersetzt werden würde. Nachdem nämlich William Her sc hei {PMlos. Transact. 1800 p. 49) zuerst auf den erheblichen Einflns? aufmerksam gemacht hatte, den die Grösse der Oeffnung bei Spiegelteleskopen auf das Wahrnehmbarmachen kleiner, oder richtiger gesagt, entfernter lichtschwacher Körper am Himmel aus- übt, weshalb er die Kraft des Teleskops, dieselben sichtbar zu machen, aisein denRaiim durchdringendes Vermögen bezeichnete, ist dann von Goring und nach diesem von vielen Anderen derselbe Namen auf jenen Antheil des optischen Vermögens eines Mikroskops übertragen wor- den, der die Folge ansehnlicher Vergrösserung des OefFnungswinkels ist, wie sie durch Verbesserung der Aberrationen in den aplanatischen Systemen möglich geworden war. Man darf jedoch nicht aus den Au- gen verlieren, dass beiderlei Instrumente nur dann vollkommen vergleich- bar sind, wenn man durch beide positive Lichtbilder erhält. Das ist beim Teleskope der Fall, wenn dasselbe nach leuchtenden Gegenständen am Himmel gekehrt ist, und beim Mikroskope, wenn man Gegenstände bei auffallendem Lichte betrachtet. Es bedarf keines Beweises, dass die Sichtbarkeit dann mit der Lichtstärke des Bildes zunimmt, und folglich mit der Grösse des Oeffnungswinkels des Objectivs. Unter Dur chdringungs vermögen des Mikroskops hat man aber eigentlich etwas ganz anderes verstanden, nämlich die Fähigkeit dessel- ben, unterscheidbar feine Strichelchen und Pünktchen zur Wahrnehmung zu bringen, die sich ganz nahe bei einander befinden, und die, wenn sie auch Durchdringungsvermögen. 25 1 an und für sich nicht undurchsichtig sind, doch besonders sichtbar wer- den, sobald die sie treffenden Strahlen sich in verschiedenen Richtungen zerstreuen, also nicht ins Mikroskop eintreten, so dass durch diese Stri- chelchen und Pünktchen negative Netzhautbildchen entstehen. Die be- sten Beispiele dafür liefern die Längs- und Querstreifen auf den Schup- pen der Schmetterlinge und besonders die feinen Zeichnungen auf den Kieselschalen vieler Diatomeen. Es ist nun ganz richtig, dass dieses Vermögen, falls die Correction der Aberrationen unverändert bleibt, mit der Grx'össe des Oeffnungswin- kels ganz gleichen Schritt hält; unrichtig dagegen ist es, vsrenn man dies einer Zunahme der Lichtstärke zuschreiben will, welche mit der Ver- grösserung des Oeffnungswinkels gepaart geht. Davon kann man sich auf doppelte Weise überzeugen. Man stelle zwei einander ganz gleiche Mikro- skope neben einander, mit Objectiven von gleicher Brennweite und glei- chem Oeffnungswinkel, mit gleichen Ocularen und Beleuchtungsapparaten, mittelst deren das Gesichtsfeld nach Willkür schwächer und stärker beleuch- tet werden kann, und bringe dann nach einander das nämliche Object un- ter jedes der beiden Mikroskope, z, B. eine Naviculacee oder noch bes- ser das Probetäf eichen von Nobert. Ist nun das optische Vermögen beider Instrumente vollkommen gleich und das Gesichtsfeld gleich stark beleuchtet, so wird man natürlich durch beide gleich deutlich und unter- ' scheidbar die feinen Strichelchen und deren Interstitien sehen. Sobald man aber auf das Objectiv des einen Mikroskops einen Ring, etwa aus schwarzem Papier, legt und dadurch die Oeffnung des Systems verklei- nert, werden die Strichelchen und deren Interstitien undeutlicher und verschwinden zuletzt ganz, wenn man immer breitere und breitere Ringe nimmt und die Oeffnung immer kleiner macht. Dabei nimmt allerdings auch zugleich die Lichtstärke des Bildes des Gesichtsfeldes ab, aber das Unsichtbarwerden der Strichelchen kann davon doch nicht herrühren. Denn wenn man durch eine Modification des Beleuchtungsapparates das Ge- sichtsfeld wiederum gleich stark beleuchtet , als dasselbe in dem neben- stehenden Mikroskope beleuchtet erscheint, so wird man beobachten, dass diese Lichtverstärkung auch nicht den geringsten Einfluss übt. Wäre dies der Fall , dann würde das sogenannte Durchdringungsvermögen eines Mikroskops um so grösser werden , je mehr man die Beleuchtung ver- stärkte; es verhält sich aber gerade umgekehrt, d. h. um solche feine Strichelchen zu sehen, muss man einen nur massigen Beleuchtungsgrad benutzen. Der Grund dieser Seite des optischen Vermögens eines Mikroskops liegt deshalb nicht in der Lichtstärke der Bilder, wovon das Durchdrin- gungsvermögen des Teleskops bedingt ist, sondern lediglich darin, dass, jenachdem das Bild durch ein Objectiv erzeugt wird, welches einen grös- seren Oeffnungswinkel besitzt, dasselbe aus der Vereinigung einer grös- seren Anzahl Strahlenbündel bestehen wird, deren Axen einen immer grösser werdenden Winkel mit der optischen Axe des Instrumentes bil- 252 Durchdringuugsvermögen. den. Vornehmlich also durch die Randstrahlen werden solche feine Stri- chelchen sichtbar. Der Beweis dafür lässt sich geben, wenn man statt der erwähnten ringförmigen Diaphragmen auf die oberste Linse des Ob- jectivs undurchsichtige Scheibchen von verschiedener Grösse legt, wo- durch die centralen Strahlen abgehalten und nur die Randstrahlen frei durchgelassen werden. Man wird finden, dass die Lichtstärke dadurch zwar abnimmt, das Durchdringungsvermögen jedoch sich nicht mindert, ja sogar nicht selten zunimmt, wenn nämlich das Gesichtsfeld früherhin zu hell beleuchtet war und dadurch die schwachen negativen Bilder der feinen Strichelchen weniger hervortreten. Ganz die gleiche Wirkung haben auch die centralen Diaphragmen im Beleuchtungsapparate (§. 206), die ebenfalls das Licht vermindern und dessen ungeachtet ein gewichtiges Hiilfsmittel sind, um solche feine Strichelchen wahrnehmbar zu machen. Früher sahen >\ar nun, dass dies eine Folge der Beleuchtung durch schief auffallende Strahlen ist, es sei denn, dass das auf das Object geworfene Bündel aus divergirenden oder aus convergirenden Strahlen besteht, und dann ist es klar, dass durch eine grössere Oeffnung des Objectivs auch ein grösserer Theil der aus- wärts liegenden, also schiefen Strahlen des Lichtbündels zu treten ver- mag, mit anderen Worten, dass an der Erzeugung des Bildes des Ge- sichtsfeldes durch das Objectiv die schiefen Strahlen um so mehr und überwiegend Antheil nehmen, je grösser die Oeffnung ist. Da nun ge- rade die am meisten schief auffallenden Strahlen am weitesten von ihrer Bahn abgebrochen werden, wenn sie auf kleine Verdickungen oder Ver- tiefungen in einem sonst durchsichtigen Körperchen treffen, so kann es nicht fehlen, dass durch die zunehmende Menge der schiefen Strahlen im Bilde die localen Verdickungen oder Vertiefungen sich um so deut- licher als Strichelchen oder als Pünktchen darstellen müssen. 224 In einem optisch ganz vollkommenen Mikroskope müssten das be- grenzende und das durchdringende Vermögen gleichen Schritt halten. Die Erfahrung lehrt aber, dass dies mit unseren gegenwärtigen Mikro- skopen nicht der Fall ist. Der wesentliche Grund davon ist darin zu suchen, dass die Correction der Aberrationen, namentlich der sphärischen Aberration, in den aplanatischen Linsensystemen nicht gleichraässig für die centralen und für die peripherischen Abschnitte stattfindet. Sobald nun die Oeffnung der Objective eine bestimmte Grenze überschreitet, kann zwar das durchdringende Vermögen noch zunehmen, das begren- zende Vermögen dagegen erfährt eine Abnahme. Die Ränder der Ob- jecte, die man bei durchfallendem Lichte betrachtet, werden ausserdem immer blasser und blasser, einestheils deshalb, weil das Bild im Brenn- punkte des Oculars aus nicht ganz genau zusammenfallenden einzelnen Bildern zusammengesetzt ist, anderentheils deshalb, weil, wenn Ein Strich in zwei oder mehr dünnere zerfällt, jeder einzelne weniger wahrnehmbar sein wird, als die frühere Vereinigung dieser Striche. Jede organische Compensation zwischen Begrenzungs- und Durchdringuugsvermögen. 253 Haut, wie die Wand einer Zelle u. s. w., hat zwei Oberflächen, eine äussere und eine innere. Hat nun ein Mikroskop ein ausreichendes durchdringendes oder unterscheidendes Vermögen, dann werdea sich die Ränder der beiden Oberflächen als besondere Streifen mit einem hellen laterstitium darstellen, und es versteht sich von selbst, dass jeder von diesen Streifen viel dünner und deshalb schwerer wahrnehmbar sein wird, als wenn das sie trennende Interstitium nicht zur Wahrnehmung ge- langt. Daher kann es geschehen, dass gerade in Folge dieses grösseren unterscheidenden Vermögens sehr dünne und durchscheinende Objecte nicht mehr wahrnehmbar sind, sobald die dadurch entstehenden negati- ven Netzhautbildchen zu klein werden, während, wenn zwei oder mehr derselben zusammenfallen, diese einen zur Erkennung ausreichenden Ein- druck auf den Sehnerven machen. Da aus dieser Betrachtung folgt, dass das Vermögen der Sichtbar- machung eines Mikroskops leiden kann, wenn man die Vermehrung des Unterscheidungsvermögens zu weit treibt, und da ersteres für die meisten praktischen Zwecke der Mikroskopanwendung das meiste Gewicht hat, so erscheint es nicht räthlich, sich zu ausschliesslich auf die Vergrösserung des OefFnungswinkels der Linsensysteme zu verlegen, wie es in den letz- ten Jahren, zumal in England, der Fall war. Es muss dai'in ein gewis- ses Maass eingehalten werden, das sich blos durch die Erfahrung be- stimmen lässt. Dabei hat man sich dann auch zu hüten, dass man die Tüchtigkeit eines Mikroskops nicht allzu einseitig nach dem Maassstabe abschätzt, den eine einzelne Classe von Probeobjecten an die Hand giebt. Diese und andere Mittel zur Untersuchung des optischen Vermögens eines Mikroskops werden in einem folgenden Kapitel ausführlicher be- sprochen werden. Man könnte noch die Frage aufwerfen, ob es nicht möglich sei, ein Mikroskop so einzurichten, dass man nach Willkür und je nach der be- sondern Art der Objecte sein begrenzendes oder sein unterscheidendes Vermögen verstärken kann. So etwas würde durch zwei verschiedene Sätze von Objectiven ausführbar sein, deren einer ein grösseres begren- zendes , der andere ein grösseres unterscheidendes Vermögen besässe. OfFenbarmüsste aber der Preis eines Mikroskops dadurch sehr erhöht werden, da es gerade die stärksten also auch theuersten Systeme wären, die man in Doppelzahl zu besitzen wünschen müsste. Auch erscheint es nicht unmöglich, dass man dieses Ziel noch auf eine andere Weise erreicht, indem man nämlich bei solchen Linsensystemen, die ein grosses unter- scheidendes und dafür ein zu geringes begrenzendes Vermögen besitzen, die Oeffnung temporär vei'kleinert. Schon eine passende Benutzung des Beleuchtungsapparates kann dabei mehr oder weniger zu Gute kommen. Ist der Durchmesser des Lichtbündels, welches auf die unterste Linse des Objectivs fällt, kleiner als der Durchmesser dieser Linse, so wird dadm-ch nur jener Theil der Linsenöff'nung verwendbar gemacht, durch welchen die Lichtstrahlen eintreten. Der Nutzen der ringförmigen Dia- 254 Prüfung eines Mikroskops. phragnoen beruht zum Theil auf solcher Verkleinerung des Lichtbündel- durchraessers. Eine zweite und noch zuverlässigere Methode ist aber die, dass man die Oeffnung der dem Objecte zugekehrten Linse des Objectivsystems verengert, indem man unmittelbar auf dieselbe eine kleine Platte legt mit einer Oeffnung, deren Axe genau mit jener der Linse ziisammenfällt. Man würde es auch so einrichten können, dass eine um eine Spindel sich drehende kleine Platte mit Oeffnungen von verschiedener Grösse über die Linse wegbewegt werden könnte *), so dass , wie es schon bei den grösseren Diaphragmen im Beleuchtungs- apparate ausgeführt ist, die genaue centrische Stellung jeder Oeffnung in der Platte durch einen kleinen Zahn in der drehenden Scheibe be- stimmt würde, sowie durch eine kleine in dieser Stellung fixirende Fe- der. Es ist mir unbekannt, ob man Linsensystemen mit sehr grossem Oeffnungswinkel bereits eine solche verbessernde Einrichtung gegeben hat; der Nutzen derselben unterliegt aber wohl keinem Zweifel. Elftes Kapitel. Prüfung des optischen Vermögens eines Mikroskops. 225 Nach dieser allgemeinen Betrachtung über die Einrichtung und die Wirkung der verschiedenen Mikroskope können wir jetzt zur speciellen Auseinandersetzung der Regeln übergehen, welche bei der Beurtheilung des optischen Vermögens eines Mikroskops zu beachten sind, sowie zur Besprechung der hierzu dienlichen Mittel. Folgende Punkte kommen dabei in Betracht, die wir der Reihe nach untersuchen wollen : 1) Der Grad des Aplanatismus oder der Verbesserung beider Arten von Aberration. 2) Die Brennweite und die Grösse des Oeffnungs winkeis, und zwar beim einfachen Mikroskope der Linse oder des Linsensystems, beim zu- sammengesetzten dioptrischen Mikroskope des Objectivs, beim katadioptri- schen Mikroskope des Spiegels. 3) Die grössere oder geringere Vollkommenheit der Politur an den Oberflächen der Linsen und Spiegel, sowie die Homogeneität der Sub- stanz der Linsen. *) Am besten ^vürde diese drehbare Scheibe natürlich eine solche Stellung bekom- men, dass sie sich gerade unter der untersten Objectivlinse befindet. Wie dünn aber auch eine solche Platte gearbeitet wird, es steht zu besorgen, dass, wenig- stens bei den am stärksten vergrössernden Systemen, welche dem Objecte sehr genähert werden, diese Stellung sich nicht geben lässt. Prüfung der Aberrationsvevbesseruiig. 255 4) Die Lichtstäi'ke des Mikroskops ohne den Beleuchtungsapparat und mit demselben, sowie die Färbung des Gesichtsfeldes. 5) Die Genauigkeit der Centrirung an den verschiedenen Theilen des optischen Apparates. 6) Die Ausdehnung des Gesichtsfeldes und die mehr oder weniger starke Ebennng desselben. 7) Das begrenzende oder sichtbarmachende Vermögen. 8) Das durchdringende oder unterscheidende Vermögen. 9) Das vergrössernde Vermögen. Um den Grad der Verbesserung beider Aberrationen zu 226 untersuchen, kenne ich kein geeigneteres Verfahren als jenes , welches zuerst von Lister, späterhin aber von Goring und auch von Mohl empfohlen worden ist. Es wird nämlich das Bildchen eines Fenster- rahmens, der sich in einem Quecksilbertropfen abspiegelt, als Object be- nutzt. Zu dem Ende bringt man ein paar kleine Quecksilbertropfen, wie man sie erhält, wenn Quecksilber mit Wasser in einer Flasche geschüttelt wird, auf eine matt geschwärzte kleine Tafel, und stellt das Mikroskop 3 bis 4 Meter vom Fenster entfernt auf. Auf jedem Tropfen, der durchs Mikroskop betrachtet wird, hat man dann ein Bildchen des Fensters, das grösser oder kleiner ist, je nach der Grösse des Tropfens und seiner Entfernung vom Fenster. — Zu dem nämlichen Zwecke wurde von Moser (Repertor. d. Fhys.Bd. V, S. 399) ein Quecksilberfaden in einem feinen Haarröhrchen empfohlen , der auch wirklich ganz gut dazu ge- nommen werden kann und noch den Vortheil bietet, dass er auf einer Objecttafel befestigt und mit einem auf einem Papierringe ruhenden Deckplättchen bedeckt sich aufbewahren lässt und immer bei der Hand ist, wenn man den Aberrationszustand des Mikroskops prüfen will. Nur muss man ein ganz dünnes, vor dem Glasgebläse ausgezogenes Röhrchen dazu nehmen, und bei der Beurtheilung auch die Dicke der Wandung mit in Anschlag bringen, die hier natürlich gleichen Einfluss übt wie ein Deckplättchen. Betrachtet man nun ein so entstandenes Bild durch ein Mikroskop, das keine chromatische Aberration besitzt, etwa durch ein katadioptri- sches Mikroskop, das ausserdem noch einen elliptischen Spiegel hat, um die sphärische Aberration aufzuheben, so wird man dasselbe, wenn es in der gehörigen Entfernung ist, scharf begrenzt sehen, ohne eine Spur von Lichtnebel um dasselbe. Das ganze Gesichtsfeld erscheint vollkommen schwarz, mit Ausnahme des Bildchens in demselben. Wird dann die Entfernung des Mikroskops vom Bildchen verändert, so verschwindet das letztere fast auf Einmal und es entsteht ein runder Lichtkreis, der zwar nicht scharf begrenzt ist; doch breitet sich auch jetzt noch kein Licht- nebel über das Gesichtsfeld aus. In der Wirklichkeit konmit eine so vollkommene Beseitigung der sphärischen Aberration niemals vor, weder bei katoptrischen noch bei 25G Prüfung der Aberrationsverbesserung. dioptrigchen Mikroskopen; sie können aber nach dem Früheren (§§. 64 and 160) in dieser Hinsicht überverbessert oder unterverbessert sein. In beiden Fällen zeigt sich ein Lichtnebel um das Bildchen, und durch Ver- änderung der Entfernung lässt sich entdecken, ob die Aberration unter- oder überverbessert ist. Besteht Unterverbesserung, so werden, wenn das Bildchen aus seiner richtigen Stellung nach unten bewegt wird, eine Zeitlang dessen Umrisse noch sichtbar sein, während sich gleichzeitig der obengenannte Lichtkreis bildet. Nähert man dagegen das Bildchen dem Mikroskope, so verschwindet es auf einmal. Gerade das Gegen- theil beobachtet man, wenn die sphärische Aberration überverbessert ist: das Bildchen verschwindet auf einmal, wenn es entfernter rückt. Bei dioptrischen Mikroskopen werden diese Erscheinungen etwas zusammengesetzter, weil man hier auch zugleich mit den Wirkungen der chromatischen Aberration zu thun hat. Der Grad von Unter- oder U<3berverbepperung der letztern lässt sich aber durch die nämlichen Hülfsmittel bestimmen. Befindet sich das Bildchen in der gehörigen Ent- fernung, bei welcher es am schärfsten hervortritt, dann werden sich an dessen Rändern deutliche prismatische Farben zeigen, sobald kein achro- matisches Mikroskop gebraucht wird. Nähert man dann das Bildchen dem Mikroskope, so dass es sich bis zu dem bereits erwähnten Licht- kreise ausbreitet, so wird man an diesem einen ziemlich breiten rothen Saum bemerken, der nach der Peripherie hin ins Gelbrothe übergeht ; rückt man das Bildchen weiter vom Mikroskope weg, dann bekommt der Licht- kreis einen violetten Saum. Wird das Bildchen auf die nämliche Art mittelst eines guten achro- matischen Mikroskops untersucht, dann wird man wenige oder gar keine Spuren prismatischer Farben an demselben bemerken. Wenn aber dann an der richtigen Entfernung desselben A^eränderungen vorgenommen wer- den, so bilden sich zwar auch noch gefärbte Säume an dem Lichtkreise ; diese sind aber schmaler, als bei einem nicht achromatischen Mikroskope. Vollständig fehlen sie indessen niemals, und das kann auch gar nicht vor- kommen, einmal weil eine achromatische Doppellinse und eben so ein System solcher Linsen nur bei einem bestimmten Abstände des Objectes vom Mikroskope von chromatischer Aberration frei sein kann (§. 64), zum anderen aber deshalb, weil auch bei möglichst vollkommenem Achro- matismus noch die Farben des secundären Spectrums übrigbleiben (§. 62). Wenn also auch die Verbesserung die möglichst vollkommene würde, immer würden noch farbige Säume entstehen, so wie das Bildchen wei- ter rückt oder sich mehr nähert. Man kann also nur aus dem Mehr oder Weniger der sich bildenden Farben auf die mehr oder weniger vollstän- dige Beseitigung der chromatischen Aberration schliessen. Ist diese un- terverbessert, dann werden sich die rothen und blauen Säume, wenn schon in schwächerem Grade, unter den nämlichen Umständen zeigen, wie bei einem nichtverbesserten Mikroskope, während bei stattfindender üeberverbesserung ihre Ordnung sich umkehrt, also beim Fortrücken des Prüfung der Aberrationsverbesserung. 257 Bildchens ein rother Saum entsteht, und ein blauer bei dessen Annäherung. Hat das Mikroskop eine sehr kurze Brennweite, dann fällt es schwer, dass man das Fensterbildchen in dem Quecksilbertropfen noch zur An- sicht bringt, weil dann die Strahlen durch den Rand des Röhrchens, welches die Linsen einschliesst, in ihrer Bahn behindert sind. In die- sem Falle kann man nach Goring's Rathe statt Quecksilbertropfen kleine Luftbläschen nehmen, die man leicht erhält, wenn man eine dickflüssige Masse, wie Eiweiss, Canadabalsam mit Terpentinöl gemengt, oder eine Gummilösung u. s. w. schüttelt. Solche Luftbläschen wirken wie kleine Zerstreuungslinsen und erzeugen so Scheinbilder von allen Objecten, de- ren Strahlen durch den Beleuchtungsspiegel reflectirt werden. Natür- lich muss man hierzu einen Planspiegel gebrauchen. Da man aber diese Bilder nicht auf einem dunkeln Grunde sieht, gleich jenen der Queck- silberkügelchen , vielmehr auf einem hellen Hintergrunde, so eignen sie sich weniger dazu, den Grad der Aberrationsverbesserung zu untersuchen, da namentlich die Charaktere der sphärischen Aberration an ihnen weit weniger hervortreten. Aus diesem Grunde verdienen die Quecksilber- kügelchen immer weitaus den Vorzug, und nur dann, wenn man sehr starke Linsen und Objective zu prüfen hat, ist man genöthigt, zu den Luftbläschen seine Zuflucht zu nehmen *). Es sind auch noch andere Methoden anempfohlen worden, nament- lich zur Prüfung der sphärischen Aberration. Goring benutzte dazu eine "emaillirte Platte mit weissen Ziffern auf einem schwarzen Hinter- grunde. Mo hl trug auf eine Glasplatte eine dicke Schicht ostindische Tinte auf, • und zeichnete da hinein mit einer Nadel kleine Ringe und andere Figuren, die dann bei durchfallendem Lichte betrachtet wurden. Ist die sphärische Aberration vollständig aufgehoben, so werden in bei- den Fällen die Ränder der weissen Ziffern wie der Streifen und Kreise sehr scharf hervortreten, ohne dass man seitlich einen Lichtnebel im schwarzen Theile des Gesichtsfeldes bemerkt. Nähert oder entfernt man das Mikroskop, so breitet sich das Bild aus; aber wenn auch seine Rän- der dabei mehr und mehr an Schärfe verlieren, so zeigt sich doch auch je{zt noch kein umgebender Lichtnebel. Besteht Unterverbesserung, so bemerkt man beim Abwärtsrücken des Objects einen starken Lichtnebel, der sich nach innen und aussen ausbreitet, und durch diesen Nebel sieht man noch eine Strecke weit die ursprüngliche Figur hindurchschimmern. Bei Annäherung zum Mikroskope zeigt sich dieser Lichtnebel nicht, aber das Gesichtsfeld bleibt schwarz. Ist die sphärische Aberration überver- bessert, so wird man beim Annähern und beim Fernrücken gerade die entgegengesetzten Erscheinungen beobachten. Es ist klar, dass noch manche andere Mittel zu gleichem Zwecke *) Die durch Luftbläschen entstehenden Bilder lassen sich noch auf eine andere Weise dazu verwenden, die Grenzen des optischen Vermögens eines Mikroskops zu bestimmen, worauf ich später zurückkommen werde. Harti ng's Mikroskop. 17 258 Prüfung der Aberrationsverbesserung. benutzt werden können ; bei allen weissen Gegenständen auf schwarzem Hintergrunde und bei allen Oeffnungen in einem sonst schwarzen Ge- sichtsfelde, wodurch weisses Licht fällt, zeigen sich gleiche Erscheinun- gen wie die oben genannten. Ich erwähne deshalb hier nur noch Ein Mittel, das mir besonders geeignet erschienen ist, weil es sich auch bei den stärksten Vergrösserungen noch anwenden lässt, wo die künstlich erzeugten Figuren oder die mit einer Nadel auf der geschwärzten Glasplatte ge- zogenen Striche eine zu grosse Breite besitzen, als dass die Wirkungen der sphärischen Aberration daran noch deutlich erkennbar sein sollten. Die weissen Figuren oder Striche müssen dann sehr fein sein, und sol- che verschafft man sich leicht, wenn man ein Glasplättchen einige Augen- blicke in die Flamme einer Kerze oder einer Lampe hält, bis sich eine nicht zu dicke Kohlenschicht darauf abgesetzt hat. Bringt man dieses Plätt- chen noch erwärmt unters Mikroskop , dann erblickt man zuerst eine gleichmäsäige schwarze Oberfläche; beim Abkühlen aber theilt sich die- selbe allmälig in eine grosse Menge kleiner unregelmässiger Polygone, die meistens von geraden Linien begrenzt werden. Dadurch entstehen helle Interstitien von verschiedener Breite, an denen man auf die ange- gebene Weise den Grad und die Art der Verbesserung der sphärischen Aberration prüfen kann. Prüft man verschiedene Mikroskope nach diesen Methoden, so wird man natürlich auch zu verschiedenen Resultaten gelangen. Die Art des Instruments übt aber darauf einigen Einfluss. So werden die aus einer und derselben Glassorte verfertigten Instrumente, ebenso auch die aus Edelsteinen bestehenden Doublets und Triplets eines einfachen Mikroskops stets als unterverbesserte sich kund geben, in Betreff der sphärischen sowohl als der chromatischen Aberration. Anders verhält es sich mit aplanatischen Linsensystemen. Ich habe schon früher (§§. 159, 160) erwähnt und die Gründe dafür angegeben, dass diese überverbes- sert sein müssen, wenn sie zu einem zusammengesetzten Mikroskope ver- wendet werden sollen. Auch wird man bei allen solchen Linsensyste- men, die aus guten Werkstätten kommen, diese Ueberverbesserung an den obigen Charakteren erkennen können. Benutzt man sie aber im zusammengesetzten Mikroskope in Verbin- dung mit Ocularen, so wird man jetzt die Charaktere der Unterverbesse- riing und dann jene der Ueberverbesserung wahrnehmen, ja es kann selbst der Fall vorkommen, dass, während eine der beiden Aberrationen überverbessert ist, die andere noch unterverbessert sich darstellt. Auch können die beiden Verbesserungen wirklich nicht vollkommen gleichen Schritt halten, imd nur eine Annäherung zu einem genauen mittleren Verhältniss ist innerhalb gewisser Grenzen möglich. Ziehen wir die Erfahrung zuRathe, so ist eine schwache Unter- oder Ueberverbesserung der chromatischen Aberration weniger schädlich, als eine unvollkommene Verbesserung der sphärischen Aberration. Deshalb kommen die Cha- raktere der letzteren bei der Beurtheilung eines Mikroskops besonders in Prüfung der Aberrationsverbesscrung. 25? Betracht. Ihre Unterverbesserung wie ihre Ueberverbesserung beein- trächtigen in gleichem Maasse das begrenzende Vermögen des Mikro- skops, weil das Bild dadurch stets getrübt und nebelartig wird. Ein schwach gefärbter Saum ist weniger schädlich, und da ein bläulicher Rand dem Auge angenehmer ist als ein röthlicher oder gelblicher, so wird man einer schwachen Ueberverbesserung dieser Aberrationsart in der Regel den Voi'zug geben. Ich erinnere aber an die verschiedenen Verfahrungsweisen (§. 160), wodurch man in einem zusammengesetzten dioptrischen Mikroskope die Verbesserung der beiden Aberrationen bis zum höchsten Grade der Voll- kommenheit zu steigern vermag. Es steht natürlich nicht zu erwarten, dass ein Mikroskop, auch wenn es aus der besten Werkstätte kommt, bei allen Combinationen in gleichem Maasse von Aberrationen frei sein werde,' es müsste denn vom Verfertiger selbst mit Mitteln zu weiterer Correction ausgestattet sein. Ist dies, wie gewöhnlich, nicht der Fall, so kann man zunächst durch genaue Prüfung ermitteln, welche Combinationen zumeist von Aberrationen frei sind, und andererseits kann man auch das Mikro- skop durch kleine Modificationen, z. B. durch Verkürzung oder Verlän- gerung des Rohrs, für die übrigen Combinationen merklich verbessern. Auch vergesse man nicht, wenn man diesen Theil der optischen Einrichtung eines Mikroskops beurtheilen will, den früher (§. 161) bespro- chenen Einfluss der Deckplättchen mit in Rechnung zu bringen, da diese bei der Untersuchung nicht zu entbehren sind und der Beobachter des- halb im Stande sein muss, entsprechend ihrer verschiedenen Dicke die nöthigen Verbesserungen anzubringen. Betrachtet man Objecte mittelst eines aplanatischen Mikroskops, so 227 nimmt man an den Rändern der Bilder eine Erscheinung wahr, die man sich wohl hüten muss für ein Zeichen unvollkommener Aberrationsver- besserung zu halten, da sieh dieselbe gerade um so deutlicher darstellt, je vollkommener diese Verbesserung ist; daher sie gerade zur Charak- teristik dieser Verbesserung gehört. Ist nämlich das Object in der ge- hörigen Entfernung vom Mikroskope, so dass seine Ränder scharf be- grenzt sind, so gewahrt man um sie einen dünnen Lichtsaum, der durch eine schattenartige, manchmal farbige feine Linie begrenzt wird. Der Grund dieser Erscheinung liegt in der Beugung der Lichtstrahlen, die an den Rändern des Objects vorbeigehen, und in der dabei stattfinden- den Interferenz, die zwar stets vorhanden ist, aber nur dann zur Er- scheinung kommt, wenn die Bilder in Folge der Verbesserung nicht mehr als eine Schicht von einer gewissen Dicke, sondern zu einem Gesammt- bilde vereinigt von der Netzhaut aufgefangen werden. Dieser feine Lichtsaum ist zwar in manchen Fällen, zumal wo es sich um genaue mi- krometrische Bestimmungen handelt, etwas hinderlich, niemals aber in einem sehr hohen Grade. Es ist aber gut, wenn darauf aufmerksam ge- macht wird, weil diejenigen, denen diese Erscheinung unbekannt ist, der 17* 260 Oeffnungswinkel eines Linsensystems. Gefahr ausgesetzt sind, diese zarte Linie für die Begrenzung eines dün- nen Häutchens zu halten. Ganz lässt sich dieselbe nicht beseitigen, am wenigsten durch achromatische Beleuchtungsapparate, die man ausdrück- lich dafür empfohlen hat. 228 Dßr zweite Punkt, der bei der Beurtheilung eines Mikroskops in Frage kommt, ist die Brennweite desselben und die Grösse des Oeffnungäwinkels , unter welchem die vom Objecte ausgehenden Strahlen ins Mikroskop treten. Ueber das Auffinden der Brennweite von Linsen und Linsensystemen brauche ich hier nicht in Einzelnheiten einzugehen; in den §§. 115, 116 und 125 sind die hierzu nöthigen Anweisungen enthalten. Was den Oeffnungswinkel eines Linsensystems betrifft, so ist aus Fig. 119 deutlich zu entnehmen, dass derselbe durch die Linien op und 20 g^ welche vom Brennpunkte p nach den Rändern der ^^* vordem Linse C gezogen werden, nicht bestimmt wird, es müsste denn diese Linse gerade einen solchen Durch- messer haben, dass alle auf sie treffenden Strahlen, nach- dem sie durch die beiden anderen Linsen gebrochen worden sind, sich in dem Strahlenbündel rs befinden, welches auf der obern Seite austritt und aus parallelen Strahlen besteht. Lässt man nämlich auf die obere Linse A eines solchen Linsensystems ein Bündel paral- leler Strahlen fallen , dann werden nur die Abschnitte ab, cd und ef der beiden anderen Linsen von den con- vergirenden Strahlen getroffen werden, die sich weiter- hin im Brennpunkte p kreuzen. Der wahre Oeffnungs- winkel ist daher nicht opg, sondern ep/. Man kann gleichzeitig diesen Winkel und die Brennweite bestim- men , indem man ein Bündel Sonnenstrahlen auf die obere Linse fallen lässt, und dann den Durchmesser des erleuchteten Feldes 7nn und dessen Entfernung vom Brennpunkte p misst. Nennt man den Durchmesser des Objectivs o, jenen des erleuchteten Feldes Z, des letztern Entfernung vom Brennpunkte d, und den Oeff- nungswinkel op, so ist 2 Tang. 1/2 f = ' ■ , da man d wegen der Kleinheit des Sonnenbildchens im Brenn- punkte dasselbe als einen einzigen Punkt betrachten kann. Sobald man aber ein solches Linsensystem mit einem Oculare zu einem zusammengesetzten Mikroskope verbindet, tritt eine Aenderung im Werthe des Oeffnungs winkeis ein, iind er ist sogar, wenn auch in sehr engen Grenzen, für verschiedene Augen, die durch das Mikroskop sehen, ein veränderlicher. Für ein Auge nämlich, welches zum Scharf- Oeffnungswinkel eines Linsensystenis. 261 sehen auf einen unendlichen Abstand accommodirt sein muss , wird sich das Object in solcher Entfernung von der vordem Objectivlinse befinden müssen, dass das Lichtbündel, welches aus dem Oculare ins Auge tritt, aus parallelen Strahlen besteht. In der Regel wird dies aber nicht der Fall sein, wenn das durchsehende Auge sich in Ruhe befindet und für eine geringere Entfernung accommodirt ist, in welcher dann die Projec- tion des Scheinbildes stattfindet. Die aus dem Oculare heraustretenden Strahlen sind dann mehr oder weniger convergirende. Um aber einen allgemeinen Maassstab zu haben, darf man diese Strahlen als parallel an- nehmen; alsdann kann man, wie es Robinson (Proceedings of the Royal Irish Academy 1854. VI. p. 38) gethan hat, den Oeffnungswinkel des ganzen Mikroskops auch auf die gleiche Weise bestimmen, wie bei einem Objectivsysteme. Da nun die parallelen Strahlen, welche durchs Oeular eintreten, sich auf der andern Seite im Mikroskoprohre kreuzefi, so be- kommt die oberste Linse des Objectivsystems divergirende Lichtstrahlen. Folglich werden die Strahlen darin weniger convergiren als im erstem Falle, und eiii grösserer Theil der untern Linse, etwa it in Fig. 119, kommt in Anwendung. Während aber hierdurch die Grösse der wirk- lich nutzbaren Oeffnung zunimmt, nimmt jene des OeflFnungswinkels selbst wiederum dadurch ab, dass 2, der Vereinigungspunkt der Strahlen, weiter entfernt ist als der Hauptbrennpunkt des Objectivsystems. Aus dieser Betrachtung ergiebt sich also: a) dass bei einem Lin- sensysteme, welches als Objectiv eines zusammengesetzten Mikroskops gebraucht wird, die Grösse der nutzbaren Oeffnung zunimmt; b) dass man den Oeffnungswinkel des Objectivs nicht, wie es vielfach geschieht, jenem des ganzen zusammengesetzten Mikroskops gleich annehmen kann, weil alle Linsen des letztern zusammen ein System bilden, dessen Brennpunkt nicht mit jenem des Objectivs allein zusammenfällt, und diese Differenz um so grösser ausfallen wird, je länger das Rohr ist und je mehr das Oeular für sich allein vergrössert; c) dass diese Differenz bis zu einem gewissen Punkte durch Nutzbarmachung eines grösseren Theils der Oeffnung der untersten Linse compensirt werden kann, so dass die Schenkel der beiden Lichtkegelwinkel e^/ und izt fast parallel sind und die beiden Winkel deshalb fast einander gleich sein können. Bevor wir die praktische Brauchbarkeit dieser Methode näher prü- fen, müssen wir noch einer andern gedenken, die schon vor vielen Jah- ren von Lister (^Phü. Trans. 1830. p. 191) empfohlen wurde und seit- dem sehr allgemein in Gebrauch gekommen ist. Ihr Princip wird durch Fig. 120 (a. f. S.) erläutert, wo A das Oeular, B das Objectiv eines zu- sammengesetzten Mikroskops darstellt. Ein Bündel paralleler Strahlen r s, die auf das Oeular treffen, werden sich in a vereinigen und von da di- vei'giren; ein Theil derselben wird durch das Objectiv gehen, sich dann im Brennpunkte p kreuzen und weiterhin ein erhelltes Gesichtsfeld bil- den, dessen Durchmesser in mn dargestellt ist. Lässt man Lichtstrah- len den umgekehrten Weg nehmen, so würden sie der nämlichen Rieh- 2G2 OeffniiTigswinkel eines Linsensystems. tung folgen. Bringt man nämlich einen leuchtenden Gegenstand, die Flamme einer Kerze oder Lampe, in beliebigen Abstand vom Objectiv- systeme, so werden keine Strahlen ins Mikroskop treten, so lange sich Fig. 120. derselbe ausserhalb des Lichtkegels mp n be- findet, etwa zwischen t und m. Rückt man aber die Flamme in der Linie im fort, so wird in dem Augenblicke, wo sie nach m kommt, durch das Objectiv ein Strahl nach a gelangen, so dass das Gesichtsfeld halb er- leuchtet und halb verdunkelt sich darstellt. Schreitet dann die Flamme von m nach n ^^^^^^H fort, so erhellt sich das ganze Gesichtsfeld. I^^^^^^l Sowie sie jedoch in n ankommt, gelangt wie- H^^^^H derum nur ein Randstrahl nach a und das H^^^^H Gesichtsfeld ist auf der einen Seite erleuch- ^^^H^^l tet, jetzt aber auf der entgegengesetzten als ^^^^^^B vorher. Bewegte man also die Flamme längs ^^^^^^H eines in Grade getheilten Kreises, so würde der Oeffnungswinkel epf =. mpn durch den Bogen mn gemessen werden. Offenbar lässt sich aber das nämliche Ziel auf einfachere Weise dadurch erreichen, wenn man nicht die Flamme, sondern das Mikroskop einen Kreisbogen beschreiben lässt, so dass der Brennpunkt p in der Axe liegt, um welche die Drehung geschieht, und zwar in gleicher Höhe mit der Flamme, wenn sich das Mi- kroskop in einer horizontalen Ebene bewegt. Ein Mikroskop also, welches horizontal ge- stellt und dann zugleich um eine senkrechte Axe gedreht werden kann, lässt sich zur Wiukelmessung benutzen, wenn man es auf einen in Grade getheilten halben Kreisbogen stellt, dessen Mittelpunkt in der Drehungsaxe liegt. Als Zeiger kann eine Nadel oder ein anderer spitziger Körper dienen, den man mittelst eines Fadens am Mikroskopkörper dergestalt aufhängt, dass er sich über der Theilung befindet. Das Objectiv wird bis zu sei- ner Brennweite von der Drehungsaxe gebracht, und wenn das Mikroskop- rohr, wie gewöhnlich, zu kurz ist, so kann man sich hierzu verlängernder Hülfsröhren bedienen. Eine besondere dazu bestimmte mechanische Einrichtung hat Go- ring (Microscopical IlUistrations p. 292) angegeben, die wesentlich darin besteht, dass das Mikroskop, dessen Oeffnungswinkel gemessen werden soll, in horizontaler Richtung mittelst zweier Stützen auf einer messinge- nen Platte ruht, die sich selbst wieder auf einer andern Messingplatte mit Gradeintheilung herumdrehen kann ; und zwar mittelst einer Spindel, Oeffnimgswinkel eines Linsensystems. 2G3 in deren Verlängerung eine feine Nadel befindlich ist, auf welche das Mikroskop scharf eingestellt wird. Eine Abänderung dieses Verfahrens hat Wenhani {Quart. Journ. of microscop. Sc. 1854. VI. p. 134 und VIII. p. 209) darin eintreten lassen, dass das horizontal gestellte Mikroskop nach einem entfernten Gegen- stande, etwa nach der Flamme einer Lampe gerichtet wird, gleichwie bei Lister 's Methode. Die Strahlen werden aber dann nicht sogleich durch das Auge aufgenommen, sondern vor das Ocular kommt noch eine Linse in solcher Entfernung, dass das Flammenbildchen durch diese Linse vergrössert gesehen wird. Wenn man dann das Mikroskoprohr wieder in einer horizontalen Ebene herumdreht, so wird, nach Wenham, der OefFnungswinkel durch den Bogen gemessen werden, welchen das Mikroskop bis zu den beiden Punkten durchläuft, wo das Bildchen der Flamme nur noch zur Hälfte sichtbar ist. Zur Erläuterung dient Fig. 121, Fig. 121. worin der Einfachheit halber, gleichwie in Fig. 120, das Ocular nur durch eine einzige Linse vertreten wird. Ist Ä das Ocular, B das Ob- jectiv und C die hinzugefügte Linse, so werden von einer in a oder b befindlichen Flamme hinter dem Objectiv verkleinerte Bilder in a' oder b' entstehen. Von hier aus divergiren die Strahlen und vereinigen sich dann wieder auf der andern Seite des Oculars zu zwei Bildchen a" oder 3", welche durch die Linse G wie durch ein einfaches Mikroskop be- trachtet werden, so dass die Strahlen durch diese Linse fast parallel heraustreten. Liegt nun der Brennpunkt des ganzen Systems mit Ein- schluss der vorgesetzten Linse C in p, so werden die Bildchen der Flam- men nicht mehr sichtbar sein, sobald die Eandstrahlen der von ihnen ausgehenden und das Objectiv treffenden Strahlenkegel durch p treten, mit anderen Worten also, das Bild einer Flamme wird nicht mehr sicht- bar sein , wenn das Mikroskop gedreht wird, bis sich die Flamme ausser- halb des Kegels ap b befindet. Man ersieht aber auch zugleich, dass die Methode von Wenham nicht ganz gleiche Resultate liefern kann, wie jene von Lister. In den beiden Fällen hat man nämlich ein verschiedenes System von Linsen, und damit vex'bindet sich eine andere Lage des Hauptbrennpunktes und mithin auch efhe Verschiedenheit des Oeffnungswinkels selbst. Nach Wenham's Methode wird man in der Regel einen etwas grössern Oeff- 2C4 Oeffnungswinkel eines Linsensystems. nungswinkel bekommen; doch habe ich bei genauer Vergleichung beider Verfahrungsarten gefunden , dass der Unterschied in der Wirklichkeit sehr gering ist, bei sehr grossen OefFnungs winkeln kaum l" beträgt, und somit, wie gleich erhellen wird, eigentlich noch innerhalb der Gren- zen der Fehler liegt, die sich bei dieser Methode nur sehr schwer voll- ständig vermeiden lassen. Wenham's Verfahren hat aber den grossen Vorzug, dass sich dadurch mit grösserer Sicherheit die Grösse des wirk- lich nutzbaren Theils der Oeffnung vom Objectivsysteme bestimmen lässt. In den letzten Jahren hat man sich nämlich auf einmal zu ausschliesslich auf die Verfertigung von Linsensysteraen mit einem sehr grossen Oeff- nungswinkel verlegt, dabei aber die nicht minder wichtige Anforderung an ein gutes Mikroskop, die Correction beider Aberrationen, namentlich der sphärischen , etwas vernachlässigt. Es ist gewiss beachtenswerth, dass es der Kunst gelungen ist, Objectivsysteme mit Oeffnungs winkeln herzustellen, die m.an vor wenigen Jahren noch für unerreichbar hielt; indessen lehrt eine vorurtheilslose Untersuchung solcher Systeme mit Oeffnungswinkeln von 150°, 160^, 170*', ja selbst noch mehr, dass mit dieser Vergrösserung der Oeffaung eine Verstärkung im optischen Ver- mögen des Mikroskops nicht immer gleichen Schritt hält. Man muss da- her nicht blos den Oeffnungswinkel als Ganzes messen, sondern auch je- nen Theil dieses Winkels, wodurch der wirklich nutzbare Theil der Oeff- nung des Objectivs repräsentirt wird, da der übrige RandtheU, von dem keine scharfen Bilder entstehen können, eher als schädlich denn als nutz- bar anzusehen ist. Dies wird aber durch Wenham's Methode ermög- licht. Wenn man nach derselben das vor dem Oculare entstandene Flammenbildchen durch eine Linse betrachtet, so wird dieses vollkommen scharf und in seiner wahren Gestalt sich darstellen, so lange es durch jenen Theil des Objectivs hervorgebracht wird, worin die Aberrationen gehörig verbessert sind. Ein Objectiv wird also um so besser sein, einen je grössern Bogen das zur Messung gebrauchte Mikroskop beschreiben kann, ohne dass das Bildchen der Flamme etwas von seiner Schärfe ver- liert. Wird dasselbe aber beim weitern Drehen des Instruments immer undeutlicher, nebelartig und verbogen, so ist dies ein Beweis, dass die Randtheile der Linsen einen schädlichen Einfluss darauf ausüben und dass es mithin besser sein würde, die Oeffnung so weit zu verkleinern, dass jene durch die Randtheile gehenden Strahlen ausgeschlossen bleiben. So finde ich z. B. bei einem Linsensysteme, welches einen Oeffnungs- winkel von 1480 hat und selbst bei 150° noch einen Lichtschein durch- lässt, dass die eigentlich nutzbare Oeffnung nur 120" beträgt, da nur innerhalb der hierdurch umschlossenen Grenzen die Flamme scharf und rein erscheint. Noch eine andere Methode habe ich hier wenigstens im Vorbeigehen zu erwähnen, da sie auf einem falschen Principe beruht, nämlich jene von Gillett {Philos. Magaz. 1854, Mai, p. 368) empfohlene. Dieser nimmt zwei horizontalliegende und mit den Objectivsystemen einander Oeffnungswinkcl eines Linsensystems. 205 zugewandte Mikroskope. An dem einen ersetzt er das Ocular durch einen Hohlkegel und davor stellt er die Flamme einer Lampe; das Licht tritt dann durch das Objectiv nach aussen, und nach erfolgter Kreuzung im Vereinigungspunkte der Strahlen breitet es sich zu einem Lichtkegel aus. Diesen Lichtkegel fängt er im andern Mikroskope auf, welches um eine verticale Axe gedreht werden kann, wie bei der Methode von Lister. Der durchlaufene Bogen, worin das Gesichtsfeld erleuchtet ist, soll dann das Maass für den Oeffnungswinkcl des Objectivsystems ab- geben, durch den das Licht eingefallen ist. Wenham hat hiergegen mit Recht angeführt, dass man auf solche Weise zu ganz unrichtio-en Resul- taten kommt und dass man dadurch eher ein Maass für die Oeffnungs- winkcl beider Objectivsysteme zusammen erhält. Später hat Gillett seine Methode zwar insofern verbessert, dass er abwechselnd die rechte oder die linke Hälfte vom Objectiv seines Messmikroskops mittelst eines davor gehaltenen Deckelchens abschliesst, je nachdem rechts oder links von der Axe gedreht wird; viel sicherer würde es aber sein, wenn ein Deckelchen mit einem engen Spalt benutzt würde. Sicher würde man auch das Objectiv und das Ocular ganz weglas- sen und blos ein Rohr nehmen können, au dessen Ende eine Platte mit einem verticalen Spalte sich befindet. Wird diese in einem Kreisbogen bewegt, so wird noch Licht durch den Spalt fallen, so lange sich dieser innerhalb des Lichtkegels befindet. Ein entsprechender Apparat würde sich ohne sonderliche Mühe herstellen lassen. Auch noch auf andere Weise lässt sich dieses Ziel erreichen. Auf einem Blatt Papier oder auf einer Messingplatte wird ein Halbkreis gezogen und in Grade eingetheilt, so dass die Enden des Bogens auf den Vorderrand fallen. Zwischen einige aus dünnen Metalldrähten bestehende und längs des getheilten Bogens vertical angebrachte Klammern kommt dann ein Streifen durch- scheinendes Papier, so dass die Biegung des Papiers der Bogenkrüm- mung möglichst entspricht. Dieser kleine Apparat kommt aber auf eine Unterlage, die gerade so hoch ist, als die Axe des horizontalen Mikro- skops und zugleich eine solche Stellung hat, dass der Mittelpunkt im Kreu- zungspunkte der Strahlen befindlich ist. Dann wird genau die Hälfte des Lichtkegels auf das Schirmchen von durchsichtigem Papier fallen und die Grösse des Winkels lässt sich wirklich ablesen. Wo es sich um den Oeffnungswinkcl eines Linsensystems oder eines ganzen zusammengesetzten Mikroskops handelt, da wird man kein diver- girendes künstliches Licht, sondern Sonnenlicht einfallen lassen, und dann hat man an den beiden letztgenannten Methoden ein Hülfsmittel, um auf directem Wege das Resultat zu erlangen, wozu man nach Robinson' s Methode nur durch eine kleine Rechnung kommt. Dem Wesen nach laufen sie also auf das Nämliche hinaus. Der praktischen Anwendung bietet sich auch die gleiche Schwierigkeit dar durch die nicht scharfe Begrenzung des Lichtkreises, zumal bei Linsensystemen mit sehr grosser Oeffnung. Doch ist dies nicht sowohl ein Einwurf gegen die Methode, 266 Oeffnuugswinkel eines Linsensystems. als vielmehr die nothwendige Folge der Unvollkommenheit des Linsen- systems selbst. Bei einem ganz vollkommenen Mikroskope würde der Lichtkegel fast gleich hell am Rande wie in der Mitte sein, und seine Gren- zen würden sich somit leicht mit Genauigkeit bestimmen lassen. Diesem Grade von Vollkommenheit nähern sich unsere jetzigen Mikroskope nur dann, wenn Objective von ziemlich grosser Brennweite und mit einem kleinen OeflFnungswinkel genommen werden. Untersucht man stärkere Objective mit grösserem OefFnungswinkel, so wird man in der Regel fin- den, dass die genaue Grenze mehr und mehr unbestimmt wird: die Mitte des Feldes ist am hellsten , und diese erhellte Mitte wird von einem we- niger erleuchteten Rande umgeben , der sich weiterhin in das dunkele, gar nicht erleuchtete Feld verliert. Bei solchen Linsensystemen ist des- halb eine genaue Bestimmung der Grösse des OefFnungswinkels nicht möglich. Die nämliche Schwierigkeit lastet aber in Wirklichkeit auf je- der anderen Methode, und es ist in der That lächerlich, wenn man, wie es Manche gethan haben, die Grösse des OefFnungswinkels solcher Sy- steme bis auf Bruchtheile eines Grades angiebt. Auch nach Lister's Methode kann man nur bei nicht starken Objectiven mit ziemlicher Ge- nauigkeit den Punkt bestimmen , bis zu dem das Mikroskop bewegt wer- den muss, wenn das Feld halberleuchtet erscheinen soll. Bei Systemen mit sehr grossem Oeffnungswinkel gelingt das nicht. Man sieht dann, wie das Gesichtsfeld allmälig dunkeler wird, bis zuletzt gar kein Licht mehr ins Mikroskop tritt. Dieses allmälige Abnehmen der Erleuchtung spricht schon für unregelmässige Brechungen und Reflexionen, die an den Rändern der Linsen stattfinden, gleichwie das Verdrehte und Nebel- hafte der Bilder, was bei Wenham's Methode bemerkbar ist. Daher kommt es auch, dass Robinson, der seine Messungen in dem noch er- leuchteten Theile des Gesichtsfeldes vornahm, bei Objectivsystemen aus den besten englischen Werkstätten den wirklich nutzbaren Oeffnungs- winkel auffallend kleiner fand, als er sich nach Lister's Methode heraus- stellt, wie aus der nachfolgenden Zusammenstellung erhellt. Es war nämlich der Oeffnungswinkel bei Robinson Li st er y.6 Engl. Zoll Brennweite. 110,8" 160» /n " if 11 109,3« 129» /l4 1» n »1 114,6» 156» /l2 " 11 " 122,8« 170» Schliesslich ist also aus der vorhergehenden Untersuchung zu ent- nehmen, dass, wenn man die Grösse der Oeffnung von Linsensystemen Politur und Homogeneität der Linsen. 2ü7 bestimmen will, es nicht allein darauf ankommt, dass man wisse, unter welchem Winkel noch Licht ins Mikroskop gelangen kann, sondern be- sonders auch darauf, wie gross die wirklich nutzbare OefFnung ist. Dazu kann die Methode von Wenham wie jene von Robinson dienen, letz- tere jedoch mit noch mehr Sicherheit, weil man dabei mit Einem Blicke das ganze Lichtgebiet des Systems übersieht. Einen andern Vortheil gewährt sie auch noch dadurch, dass Unvollkommenheiten in den Glä- sern des Objectivs, kleine Narben, Schrammen, Luftbläschen u. s. w. ihre Anwesenheit im Lichtfelde durch dunkele Stellen kundgeben. Endlich will ich noch erwähnen, dass bei solchen Objectiven, die für Deckplättchen von verschiedener Dicke mit einem Correctionsapparate versehen sind, der OefFnungs winke! verschieden ausfällt je nach der ge- genseitigen Entfernung der beiden vorderen Linsen. Bei der geringsten Entfernung, die dann besteht, wenn das System für die dicksten Deck- plättchen eingerichtet ist, hat man den grössten Oeffnungswinkel, und umgekehrt ist dieser am kleinsten, wenn beide Linsen am weitesten von einander abstehen beim Betrachten ganz unbedeckter Objecte. Es muss dann drittens auf den G-rad von Vollkommenheit in der 229 Politur der Oberflächen der Linsen und Spiegel geachtet werden, sowie auf die Homogeneität ihrer Masse. In Betreff der Politur sind erheblichere Mängel schon mit blossem Auge oder unter einer Lupe zu erkennen. In den Objectiven eines zu- sammengesetzten Mikroskops treten diese Unvollkommenheiten am besten hervor, wenn man die einzelnen Doppellinsen als Oculare benutzt, beson- ders wenn das Gesichtsfeld durch ein sehr schwaches Lampenlicht be- leuchtet wird. Nur selten wird es vorkommen, dass eine solche Linse die Probe vollkommen besteht, und sich nirgends eine Spur von Fleck- chen oder Schrammen zeigt. Bei dieser Beurtheilung muss man aber einen Unterschied machen zwischen einer allgemein unvollkommenen Politur, die sich unter den genannten Umständen durch dicht bei einan- der liegende schattenartige Linien und Flecken verräth, wodurch das ganze Gesichtsfeld eingenommen und nebelartig gemacht wird, und zwi- schen den grösseren Unebenheiten, welche sich als dunkele Flecken und Streifen darin darstellen. Ist die Politur sonst gut, so schaden letztere in einem Objective viel weniger, als wenn die gesammte Politur unvoll- kommen ist, wenn auch tiefere narbenartige Flecken und Schrammen fehlen. Eine nur geringe Anzahl der letzteren ist in der That nicht sehr nachtheilig, da dem Bilde hierdurch nur ein kleiner Theil der zu- sammensetzenden Strahlen entgeht; eine Objectivlinse kann sogar gebro- chen sein, ohne dass die Beobachtung dadurch sehr behindert wird. Da- gegen fallen solche tiefere Narben und Schrammen bei den Ocularen und ebenso auch bei den Linsen, die als einfaches Mikroskop gebraucht wer- den , sogleich ins Auge , weil sie sich wegen der Nähe des Auges ver- grössert darstellen. Es versteht sich aber von selbst, dass man sich bei 208 Adern und Luftblasen in Linsen. einer solchen Untersuchung hüten rauss, zufällige Verunreinigungen der Gläser, wie kleine Stäubchen und Fäserchen, die auch als Schattenbild- chen und Streifchen im Gesichtsfelde erscheinen, mit einer unvollkomme- nen Politur zu verwechseln. 230 Bekanntlich zeigen sich an dem zu optischen Zwecken bestimmten Glase, namentlich dem Flintglase, leicht die Folgen einer unvollkommenen Men- gung in der Form von Adern oder Streifen (^Striae). Ist eine Linse mit solchen Unvollkommenheiten behaftet, dann passt sie nicht zu optischen Instrumenten, weil die verschiedenen Abschnitte des Glases ein ungleiches Brechungsvermögen besitzen und somit keine Möglichkeit vorhanden ist, dass durch solches Glas ein reines Bild zu Stande gebracht werde. Da indessen zu den Objectiven der Mikroskope so kleine Stückchen Flint- glas erforderlich sind, so ist es wohl eher möglich, homogene Flintglas- linsen herzustellen, als dies bei den grossen Objectivgläsern von Tele- skopen der Fall ist. Man hat daher bei Mikroskopen diese UnvoUkom- menheit nur wenig zu fürchten; man darf sich darauf verlassen, dass der Opticus nur reine, von Streifungen ganz freie Stückchen Glas zum Schlei- fen der Linsen verwendet haben wird. Mir ist wenigstens diese Unvoll- kommenheit in mikroskopischen Objectivlinsen noch nicht vorgekom- men. Einmal sah ich sie in ziemlich starkem Maasse in einer Flintglas- linse, die mit einer Kronglaslinse zusammen das Ocular eines altern Mi- kroskops bildete. Man sah die Streifungen schon gleich mit blossem Auge, noch deutlicher aber traten sie hervor bei Beleuchtung mit einem schwachen Lampenlichte; ich zweifele daher nicht, dass eine solche Un- vollkommenheit in einer kleinen Objectivlinse sich auf diese Weise und zugleich auch durch eine | Unreinheit des Bildes werde „ zu erkennen geben. 231 Häufiger, als diese Streifen, beobachtet man kleine Luftblasen. Grössere noch leicht mit blossem Auge wahrnehmbare braucht man frei- lich nicht zu fürchten; sicherlich werden zum Schleifen von Linsen nur solche Glasstücke genommen werden, worin dergleichen nicht vorkom- men. Hingegen ist es gar nichts Seltenes, dass man in Linsen, sogar aus den ersten Werkstätten, kleine Luftbläschen antrifft, die sich nur durch eine genaue Untersuchung zu erkennen geben. Verwendet man solche Linsen bei schwacher Beleuchtung als Oculare, dann stellt sich je- des Luftbläschen als ein dunkeler runder Fleck dar. Am deutlichsten treten sie aber hervor, wenn man die Linse bei massiger Vergrösserung und bei durchfallendem Lichte betrachtet; jedes Luftbläschen erkennt man dann leicht an dem breiten scharf begrenzten schwarzen Rande und dem hellen mittlem Theile. Das Vorkommen von Luftbläschen gehört na- türlich immer zu den Unvollkommenheiten der Linsen; indessen schaden ein paar ganz kleine, die nur durchs Mikroskop wahrnehmbar sind, nicht besonders, wenn sie in den Objectivlinsen sich befinden. Der Nettigkeit Verunreinigung der Linsenoberfläche. 209 und Schärfe des Bildes geschieht dadurch nicht der geringste Abbruch; die Strahlen erfahren aber eine starke seitliche Abweichung durch diese Bläschen, ganz so, als wären es dunkele Linsentheile, und somit verklei- nert sich durch sie der nutzbare Theil der Linsenöflfhung. In Ocular- linsen, zumal im eigentlichen Oculare, und beim Ramsden'schen Oculare in beiden Gläsern ist die Anwesenheit von Luftblasen weit hinderlicher, als in den Objectivlinsen, da sie wegen der Nähe des Auges hier sogleich als dunkele Fleckchen im Gesichtsfelde wahrgenommen werden. Die bisher genannten Mängel der Linsen können schon bei solchen 232 vorkommen, die nur eben die Werkstätte verlassen haben; es giebt aber auch noch andere, die erst im Verlaufe der Zeit entstehen und mit jenen nicht zusammengeworfen werden dürfen. Die Reinheit der Linsenober- fläche kann nämlich auf mehr denn Eine Art leiden, durch mechanische und durch chemische Ursachen. Die beste Politur kann mit der Zeit durch Ritzen verdorben werden, die durch unvorsichtige Behandlung ent- standen, besonders wenn scharfe Substanzen zum Reinigen genommen w^urden; oder es können Flüssigkeiten oder Dämpfe nachtheilig auf die Oberfläche einwirken, wenn sie damit in Berührung kommen und, wie z. B. Hydrothionsäure, auf einzelne Bestandtheile des Glases, namentlich bei Flintglas, einen chemischen Einfluss üben. Wenn aber auch keiner der gewöhnlichen schädlichen Einflüsse die Linsen trifft, dieselben vielmehr immer mit der grössten Sorgfalt behan- delt werden, so können nichtsdestoweniger noch Mängel daran auftreten, bei deren Betrachtung wir einige Augenblicke verweilen müssen. Wenn Mikroskope eine geraume Zeit hindurch nicht gebraucht wor- den sind, so wird man die Oberfläche der Gläser immer mehr oder we- niger matt finden. Oftmals rührt dies blos von lose anhängenden Mole- keln her, die sich mittelst eines Pinsels oder eines feinen Leinwandläpp- chens leicht wegwischen lassen. Auch kommt nicht selten ein eigener Schimmel, Hygrococis fenestralis Kütz., an der Oberfläche von Linsen, wie von Glas im Allgemeinen vor, der sich meistens ohne Mühe abwi- schen lässt. Manchmal hängt aber der Staub oder der Schimmel so ge- nau mit dem Glase zusammen, dass einfaches Abwischen nicht ausrei- chend ist. Man kann dann mit Wasser benetzen, und wenn dieses nicht hilft, mit Alkohol, der aber nicht in das mit Canadabalsam erfüllte Inter- stitium der Linsen eindringen darf. Gelingt es auch nach wiederholten Versuchen, die aufliegende Schicht zu entfernen, so findet man doch nicht selten, dass die Linsenoberfläche noch etwas matt bleibt, weil sie verwittert ist. Man erkennt dies nicht allein an der unvollkommenen Durchsichtigkeit, sondern bei auffallendem Lichte erscheinen auch dünne Schichten gefärbt, besonders deutlich, wenn man die Linse durchs Mi- kroskop betrachtet, wobei man zugleich wahrnimmt, dass ihre Oberfläche etwas rauh und schieferartig ist. Hat sich dieser Linsenfehler in etwas stärkerem Grade entwickelt, 270 Das Verwittern oder Anlaufen der Linsen. so wird die Linse dadurch ganz unbrauchbar und nur durch frisches Schleifen und Poliren wiederum benutzbar. Ohne mich über die Art. dieses Fehlers in genauere Erörterungen einzulassen, will ich auf die Preisschriften von Muncke und Frauenhofer (^Natuurk. Verhandl. van de Holl. Maatsch. der Wetensch. te Haarlem 1820. X. p. 93 u. 137) ver- weisen, wo sich viele interessante betreffende Thatsachen zusanmienge- stellt finden. Ich bemerke hier blos, dass mau als Hauptursache dieses Unscheinbarwerdens die Neigung mancher Glassorten anzusehen hat, Wasserdünste auf ihrer Oberfläche zu verdichten, wodurch ein viel stär- keres Anhaften der zufällig darauf vorhandenen Molekeln entsteht, die nach einiger Zeit so innig wird, dass es nicht möglich ist, dieselben wie- derum zu entfernen, ohne zu gleicher Zeit die äusserste Schicht der Glas- oberfläche mit wegzunehmen. Diese Attractionskraft des Glases für den in der Luft enthaltenen Wasserdunst ist manchmal sehr stark entwickelt. So gehört z. B. zum Beleuchtungsapparate des Mikroskops eines meiner Freunde eine Linse, die in so hohem Grade mit diesem Fehler behaftet ist, dass ihre Ober- fläche fast anhaltend befeuchtet sich darstellt. Diese Eigenschaft ist aber vorzugsweise, wenn nicht allein, von der chemischen Zusammensetzung der Glasmasse bedingt. Im Besonderen wird sie durch einen zu grossen Kaligehalt befördert, während sie sich durch einen Zusatz von Kalk oder von einem Metalloxyde vermindert. Daher kommt es auch, dass Flint- glas weniger an diesem Fehler leidet, der dagegen häufiger bei anderen Glassorten angetroffen wird*). Hat sich dieser Fehler einmal gebildet, so ist er schwer zu besei- tigen. Es giebt aber Mittel, ihn entfernt zu halten, und dazu gehört vor Allem ein sorgfältiges Reinhalten der Linsenoberflächen. Viele hegen die Meinung, es sei den Linsen schädlich, sie immer von Staub zu rei- nigen; sie fürchten durch das Reinigen der Politur Eintrag zu thun. und benutzen höchstens einen Pinsel zum Abstreifen der Oberflächen. Diese Besorgniss beruht gewiss nur auf einem Irrthume. Ein wiederholtes, ja tägliches Abwischen der Linsen mit einem weichen halbverbrauchten Leintuche schadet demselben nicht im mindesten, während die darauf liegen bleibenden Staubtheilchen auf die Dauer sehr nachtheilig ein- wirken. Die erste Regel also, um jenes Anlaufen der Linsen zu verhüten, ist die, dass man sie gehörig rein hält. Dies gilt nicht blos für ein Mi- kroskop, welches viel gebraucht wird, sondern auch für ein solches, wo- *) Dem scheint es einigermaassen zu widersprechen, dass bei den Objectivcn der Teleskope dieses Unscheinbarwerden in der Regel zuerst an der Oberfläche der Flintglaslinse beobachtet wird. Vielleicht kommt dies daher, dass bei Teleskopen die Flintglasliuse nach innen befindlich ist und deshalb selten abgewischt wird. Bei Mikroskopen, wo die Flintglaslinse des Objectivs nach auswärts gekehrt ist. habe ich diese noch niemals unscheinbar angetroffen, wohl aber die Oberfläche der Kronglaslinse, die vermüge ihrer Lage schwerer zu reinigen ist. Das Verwittern oder Anliinfen der Linsen. 271 mit nur selten Beobachtungen angestellt werden. Man glaube nur nicht, dass ein noch so gut schliessendes Kästchen die Linsen vor der Feuch- tigkeit der Luft oder vor dem in der Luft schwebenden Staube schützt. Vom Gegentheile kann man sich an Mikroskopen überzeugen, die einige Jahre lang nicht in Gebrauch gezogen wurden. Ungeachtet des besten Schlusses werden die Linsen mit einer Staubschicht bedeckt sein , die sich oftmals zwar mit Leichtigkeit entfernen lässt, unter der aber auch wohl eine ganz unscheinbar gewordene Oberfläche zum Vorschein kommt. Muncke wie Frauenhofer haben Mittel angegeben, wodurch der Neigung des Glases zu diesem Fehler begegnet werden soll. Muncke empfiehlt, die Oberfläche des Glases mit einer dünnen Oelschicht zu be- decken. Am besten nimmt man dazu ein mit etwas Terpentinöl befeuch- tetes Tuch, und nachher wischt man die Linse mit einer trockenen Partie des Tuches so ab, dass keine Spur vom Oele mehr übrig bleibt. Es wird dann immer noch eine ganz dünne Schicht zurückbleiben, die nicht ganz verfliegt, sondern durch Einwirkung der Luft schnell harzartig wird, und. aus den Beobachtungen Waideler's (Poggendorff's Annal. 1843. Bd. 59. S. 255) über das Vermögen der Oberflächen, Dämpfe zu con- densiren, erklärt es sich, wie eine mit einer ganz dünnen Oel- oder Harz- schicht bedeckte Oberfläche der Anziehung gegen den Wasserdunst ver- lustig wird. Das von Frauenhofer vorgeschlagene Mittel soll die chemische Zusammensetzung der obersten Glasschicht verändern, derselben nämlich einen Theil des im Uebermaass vorhandenen Kali entziehen. Zu dem Ende soll man die Linsen ein paar Stunden in Schwefelsäure legen. Nach seinen Angaben ist es aber geratl*en, keine zu starke Schwefelsäure dazu zu nehmen, sondern eine mit dem gleichen Gewichte "Wasser verdünnte, da sehr concentrirte Schwefelsäure, wie die Nordhäuser, die Obei'fläche augenblicklich angreift, den Glanz vermindert und ein ähnliches An- gelaufensein zu Stande bringt, wodurch dünne Schichten ebenfalls ge- färbt erscheinen. Zugleich hat man darin ein Mittel, die Geneigtheit einer Glassorte zum Verwittern zu entdecken; denn nach Frauenhofer wird Glas in gleichem Verhältniss durch starke Schwefelsäure angegrif- fen, als es zur Entwickelung jenes Fehlers disponirt ist. Von anderer Art als der eben betrachtete Fehler, wegen der Gleich- 233 heit der Wirkung aber leicht damit zu verwechseln, ist ein zuweilen bei achromatischen Doppellinsen vorkommender Fehler, der darin besteht, dass sich in der Schicht von Canadabalsam zwischen beiden Linsen kleine Krystalle absetzen. Bringt man eine solche Linse unters Mikroskop, so erkennt man die- sen Fehler leicht an dem Sitze sowohl, als an den genannten kleinen Krystallen. Das Aussehen der letzteren ist aber nicht immer das gleiche, vielmehr verschieden je nach der Dicke der Schicht, in welcher sie sich gebildet haben. Nach meiner Erfahrung kommen drei Ilauptformen vor. 272 KrystalHsation des Canadabalsams zwischen Linsen. die man nicht selten vereinigt antrifft, weil die gewölbte Oberfläche der Kronglaslinse nicht immer genau an die concave Oberfläche der Flint- glaslinse anschliesst, die Dicke der Balsamschicht also am Rande eine andere ist als in der Mitte. Die erste Form sind ziemlich regelmässige sechseckige Täfelchen oder kurze mit den Endflächen der Glasoberfläche zugekehrte Prismen, die entweder einzeln da sind, oder gruppenweise zusammen liegen. Diese am stärksten entwickelte Form kommt da vor, wo die Balsamschicht am dicksten ist. Die zweite mehr verbreitete Form sind dendritische Figuren, bald mehr gefiedert, wie die bekannte Salmiak- krystalligation , bald mehr sternförmig, mit einem grössern sechseckigen Kernkrystalle in der Mitte, von wo aus die Astbüdung sich weiter aus- gebreitet zu haben scheint. Als dritte Form endlich nimmt man da, wo die Balsamschicht sehr dünn ist, runde oder elliptische Ringe wahr, die aus ganz kleinen Krystallkörnchen bestehen, während in der Mitte in der Regel ein etwas grösserer Krystall oder auch mehrere grössere Krystalle sich befinden. Diese drei Hauptformen kommen sodann noch in verschie- denen Uebergängen vor, wodurch es deutlich wird, dass ihrem Entstehen nur äussere Umstände zu Grunde liegen, und die Substanz, die sich aus dem Canadabalsam absetzt, immer die nämliche ist. Es lässt sich schwer mit einiger Genauigkeit angeben, was das für eine Substanz ist. Aus einer chemischen Einwirkung des Canadabalsams auf einen der Glasbestaudtheile und einer Verbindung damit kann sie nicht entstehen; denn werden beide Linsen von einander getrennt und die mit dem Balsam bedeckten Oberflächen mit Alkohol oder Aether be- handelt, so lösen sich alle Krystalle zugleich mit dem übrig gebliebenen Balsam auf, und die Glasoberfläche «erscheint glatt und unangegriffen. Man muss deshalb annehmen, dass diese Krystallchen durch einen oder auch durch mehrere Bestandtheile des Canadabalsams selbst entstehen, vielleicht durch eine der darin enthaltenen Harzsäuren *). Die wesentliche Ursache dieses Linsenfehlers liegt also im Cauadi- 8chen Balsame, dessen Einschiebung aber zu viele Vortheile darbietet, als dass man ihn deshalb weglassen sollte, zumal das Entstehen dieser Kry- stalle keineswegs die nothwendige Folge davon ist. Bei vielen achro- matischen Doppelliusen habe ich nach 10 bis 12 Jahren noch keine Spur dieser Krystallbildung entdecken können, während sie sich bei manchen anderen, die erst später angefertigt worden waren, in grosser Menge *) Für diese letztere Annahme spricht, was mir durch meinen Collegen van Rees mitgetheih worden ist, dass nämlich die Seeofficiere, wenn dieser Fehler in den Objectiven ihrer Teleskope sich zeigt, etwas Pulver aufstreuen und abbrennen, wodurch die Trübung in der Regel verschwinden soll. Wenn ich nun auch die- ses heroische Mittel bei Mikroskopobjectiveu nicht anrathen mag, so lässt sich doch wohl seine Wirkung auf die Wärmeeutwickelung aus dem abgebrannten Pulver reduciren, wodurch die kleinen Krystalle geschmolzen werden, so dass ie sich wieder mit der übrigen Masse vermischen oder wenigstens in eine durch- sichtige Schicht umgewandelt werden. Lichtstarke eines Mikroskops. 273 zeigten. Dies rührt wahrscheinlich von der Art des benutzten Canada- balsams her, der bekanntlich in mehreren Sorten in den Handel kommt, die selbst verschiedenen Ursprungs sind. Wiinschenswerth wäre es, dass eine chemische Untersuchung über diesen für die praktische Optik so wichtigen Punkt etwas mehr Licht verbreitete. Zur Verbesserung dieses Fehlers bietet die bereits erwähnte Lös- lichkeit in Alkohol und Aether ein bequemes Mittel. Hat man die Lin- sen auseinander genommen, so kann man diese Krystallchen und damit auch die entstandene Trübung dadurch entfernen, und bringt man dann eine neue Schicht Canadabalsam zwischen die Linsen, so ist die Doppel- linse wiederum gleich brauchbar wie früherhin. Es ist aber rathsam, dass man diese einige Sorgfalt erfordernde Arbeit einem geschickten Arbeiter überträgt , und zwar am besten einem solchen , der Mikroskope zu verfertigen pflegt. Viertens kommt bei der Beurtheilung eines Mikroskops dessen 231 Lichtstärke in Betracht. Es ist aber hier jene Lichtstärke oder Helligkeit gemeint, welche nicht vom Beleuchtungsapparate abhängig ist. Freilich fällt es nicht schwer, durch lichtconcentrirende Linsen oder Hohlspiegel das Gesichtsfeld so stark zu erhellen, dass dieses dem Auge in zwei Mikroskopen gleich erhellt sich darstellt; aber gleichwohl kann das eine alsdann eine viel grössere Lichtstärke besitzen als das andere, da, wie bereits früher dargethan wurde, eine solche stärkere Beleuchtung der Objecte die fehlende wirkliche Helligkeit nicht zu ersetzen vermag. Auf diese Helligkeit oder Lichtstärke sind nun folgende Momente von Ein- fluss: 1) Die OeflTnung der Linsen oder Spiegel. Beim einfachen Mikro- skope kommt dabei das Verhältniss zwischen dieser OefFnung und der Pu- pillenöffnung in Betracht (§. 123); beim zusammengesetzten Mikroskope und beim Bildmikroskope nimmt diese Helligkeit im quadratischen Ver- hältniss des Durchmessers der Objective oder deren äquivalenter Linsen oder Spiegel zu. 2) Die Brennweite, weil bei gleicher Oeffnung aber küi-zerer Brenn- weite auch der Oeffnungswinkel grösser ist, also ein grösserer Antheil der vom Objecte ausgehenden Lichtstrahlen in das Mikroskop tritt und zur Zusammensetzung des Bildes beiträgt. Da aber im Allgemeinen die Oeffnung der Linsen und Hohlspiegel mit deren Brennweite abnimmt, ohne dass eine entsprechende Zunahme des Oeffmmgswinkels damit pa- rallel geht, so folgt hieraus, dass mit der Verkürzung der Brennweite oder, was ja daraus folgt, mit der Zunahme der Vergrösserung in der Regel auch eine Abnahme der Lichtstärke sich vergesellschaftet. Ver- gleicht man verschiedene Mikroskope in dieser Beziehung unter einan- der, so muss dies Avohl im Auge behalten werden. 3) Die zur Erzeugung der Bilder benutzten Mittel, die entweder ka- toptrische oder di(jptrische sein köiuien. In dem Kapitel über katop-v Ilartiiig's Mikroäkop. 18 274 Lichtstärke eines Miliroskops. Irische und katodioptrische Mikroskope ist darüber ausführlich gehandelt und dargethan worden, dass sie, wenn sonst auch alle Umstände gleich sind, in Lichtstäi'ke den dioptrischen Mikroskopen nachstehen. 4) Die Menge der reflectirenden Oberflächen bei Linsen oder bei Spiegeln. Je geringer die Zahl dieser Reflexionsflächen ist, um so groS' ser ist bei sonst gleichen Umständen die Menge der Strahlen, welche ins Auge gelangen. 5) Endlich der Politurgrad der Linsen und Spiegel, und die Homo- geneität der Substanz, woraus erstere bestehen, worüber das Nöthige im §. 229 mitgetheilt worden Ist. Wird auf diese verschiedenen Punkte Rücksicht genommen und jeder einzeln nach den gegebenen Vorschriften an einem Mikroskope untersucht, so hat man in der That alle Daten beisammen, um dessen Lichtstärke zu beurtheilen. Eine directe Bestimmung durch photometi'i- sche Mittel ist schwierig, weil diese IMittel noch sehr unvollkommen und hier wenigstens nicht recht anwendbar sind. Will man indessen vei'- schiedene Instrumente mit einander vergleichen, dann kann man so ver- fahren, wie es Tulley für Teleskope und nach diesem Goring (^Micro- graphia p. 114) für Mikroskope empfohlen hat. Es werden nämlich die zu vergleichenden Mikroskope Abends dem nämlichen Punkte des Him- mels zugekelirt. Zu dem Ende muss der Beleuchtungsapparat wegge- nommen und das Rohr selbst in die erforderliche Stellung gebracht wer- den, oder wenn man die verticale Stellung beibehält, so muss durch flache Spiegel das Licht aufgefangen und reflectirt werden. Jenes Mi- kroskop nun, worin das Bild eines im Gesichtsfelde befindlichen Objects bei zunehmender Dunkelheit am frühesten verschwindet, besitzt natürlich die geringste Lichtstärke. Ueber die Einrichtung des Beleuchtungsapparates im Allgemeinen braucht deshalb hier nicht in Einzelnheiten eingegangen zu werden, weil die nöthigen Anweisungen zur Beurtheilung seiner Zweckmässigkeit schon in dem speciell darüber handelnden Kapitel verzeichnet sind. Ich bemerke demnach hier blos, dass sie eine hinlängliche Verstärkung in der Beleuchtung des Gesichtsfeldes bei durchfallendem Lichte gestatten muss, um selbst bei einem dunkel bewölkten Himmel eine 400- bis 500- malige Vergrösserung noch bequem beobachten zu können. Nach Mohl's Vorschlag kann man dabei jenen Grad von Helligkeit, den gewöhnliches weisses Papier beim Tageslichte gewährt, als Maassstab benutzen. Für auffallendes Licht muss man die Grenzen nicht so weit ausdehnen; auch kommt man selten in den Fall, dieses bei einer Vergrösserung anzuwen- den, welche über 200 bis 300 Male hinausgeht. Einen Punkt will ich aber hier nicht mit Stillschweigen übergehen. nämlich die Färbung des Gesichtsfeldes bei durchfallendem Lichte. Wird weisses Licht, wie es gewöhnlich durch eine weisse Wolke reflectirt wird, zur Beleuchtung benutzt, dann kann das Gesichtsfeld natürlich nur in weisser Färbung sich darstellen, sobald alle Strahlen in gleichem I Färbung des Gesichtsfeldes. 275 Maasse durchgelassen oder reflectirt werden. Das ist aber keineswegs immer vollkommen der Falk Bei manchen Mikroskopen nimmt man selbst eine sehr merkliche Farbenniiance wahr, die sich dann auch den dadurch wahrgenommenen Bildern der Objecte mittheilt. Bereits früher (§. 174) ist angeführt worden, dass das Gesichtsfeld der katadioptrischen Mikroskope eine bräunliche Farbe hat, während es bei dioptrischen Mi- kroskopen nicht selten gelblich, grünlich oder bläulich ist. Es ist diese Färbung oftmals so schwach, dass sie der Beobachtung entgeht, bis man nach einander durch zwei Mikroskope sieht, die eine entgegengesetzte Färbung hervorbringen. Der Grund derselben in den zusammengesetz- ten dioptrischen Mikroskopen ist nicht schwer nachzuweisen. Das Kron- glas hat in der Regel etwas Bläuliches oder Grünliches, das Flint- glas oftmals etwas Gelbliches; je nachdem nun eine von diesen Farben überwiegt, wird das Gesichtsfeld eine entsprechende Nuance annehmen. Wenn auch die Schärfe der Bilder nicht darunter leidet, so ist doch diese Färbung immer als ein Fehler anzusehen, weil man dabei der Ge- fahr ausgesetzt ist, über die wahre natürliche Färbung der Objecte sich zu irren. Zumal die gelbe Färbung ist sehr hindeiiich, wie ich aus Er- fahrung weiss, da eins von den Mikroskopen, die ich gewöhnlich benutze, mit diesem Färbungsfehler behaftet ist. Das Grünliche oder Bläuliche ist dem Auge nicht so unangenehm. Jeder Beobachter wird aber wohl daran thun, wenn er sein Mikroskop in dieser Beziehung genau prüft, urairrthümern vorzubeugen, die besonders dann eintreten könnten, wenn chemische Reagentien unterm Mikroskope angew^endet werden, z. B. Sal- petersäure, um die Anwesenheit von Protein aus der gelben Farbe der Xanthoproteinsäure zu erschliessen, oder Jod und Schwefelsäure, um aus der blauen Färbung die Anwesenheit von Cellulose zu erkennen. Ein Punkt von der höchsten Wichtigkeit beim Anfertigen aller op- 235 tischen Instrumente ist die genaue Centrirung, welche darin besteht, dass bei einer einfachen Linse die optische Axe genau durch die Mitte beider Oberflächen geht, bei zusammengesetzten Instrumenten aber die Axen aller Linsen und Spiegel, welche dazu gehören, in der nämlichen geraden Linie liegen. Diese genaue Centrirung ist aber auch eine recht schwere Aufgabe, namentlich wegen der Kleinheit der Linsen, die beim Mikroskope in Anwendung kommen. Noch schwieriger wird die Auf- gabe, wenn die Linsen zu Doppellinsen, und diese wieder zu Systemen vereinigt werden. Denn wenn auch alle die verschiedenen Doppellinsen mit der grösstmöglichen Genauigkeit hergestellt und ihre Abstände voll- kommen so eingerichtet sind, dass es zur vollständigen Aufhebung der Aberrationen kommt, so wird doch offenbar das durch ein solches Lin- sensystem entstehende Bild niemals ein scharf begrenztes sein können, sobald die Centrirung unvollkommen ist. Eine geringe Abweichung muss hier noth wendiger Weise schon sehr nachtheilige Folgen haben. Gerin- gere Folgen hat es, wenn in einem zusammengesetzten Mikroskope die 18* 27G Centrirung optischer Apparate. Axe des Oculars nicht ganz mit jener des Objectivs zusammenfällt, weil das durch letzteres erzeugte Bild gewöhnlich einen grösseren Raum ein- nimmt, als für das Gesichtsfeld des Oculars erforderlich ist, welches nach einander über verschiedene Punkte des Bildes gebracht werden kann, die man bei gleichzeitiger Veränderung des Abstands zwischen Objectiv und Object mit ziemlich gleicher Schärfe wahrnehmen kann. Davon kann sich jeder die Ueberzeugung verschaffen, der ein Ocular etwas zur Seite der Axe über dem Mikroskoprohre hält. Sind dage- gen die Gläser des Oculars nicht gehörig unter einander centrirt, dann muss auch in dem zur mittleren Sehweite projicirten Scheinbilde die nämliche Verwirrung entstehen, wie in dem ursprünglichen Bilde durch ein nicht gehörig centrirtes Objectivsystem. Die Hauptsache ist demnach, dass zuerst jede einzelne Linse und Doppellinse genau centrirt ist, sodann aber auch die zusammensetzenden Linsen der verschiedenen Systeme, beim zusammengesetzten Mikroskope also jene der Objective sowohl als der Oculare, gehörig unter einander centrirt sind. So schwer das Centriren an sich ist, fast eben so schwierig ist es, sifh durch den Versuch von dessen Genauigkeit zu überzeugen. An grösseren Linsen, die nicht gefasst sind, kann man sich davon überzeugen, wenn der Rand der Linse überall gleich dick ist. Bei Linsen von klei- nem Durchmesser und bei solchen, die schon in Ringe oder Röhrchen gefasst sind, muss man andere Mittel anwenden. In den optischen Werk- stätten ist nach Prechtl (Praktische Dioptrik §. 69) folgendes Verfahren gebräuchlich, das zwar hauptsächlich für das Centriren der Teleskopen- gläser bestimmt ist, aber grösstentheils auch auf Mikroskope Anwendung finden kann. Die Linse wird dergestalt auf einer Drehbank befestigt, dass sie so viel möglich centrisch steht, und dann stellt man in einiger Entfernung davon eine Kerze auf. Die Flamme der Kerze wird durch beide Oberflächen der Linsen reflectirt, so dass man zwei Bilder gewahrt; es fällt aber nicht gerade schwer, es dahin zu bringen, dass beide genau auf einander fallen, oder dass das kleinere sich in der Mitte des grösse- ren befindet, wenn man die Flamme hin und her bewegt, bis man den Punkt ausfindig macht, wo dieses eintritt. Ist nun die Entfernung der Flamme ziemlich gross, dann werden die Bilder zu leuchtenden Punkten, und misst man von da aus, wo sich der leuchtende Punkt an der vorderen Oberfläche zeigt, die Entfernung bis zum Umfange (was daher auch ohne die Befestigung auf die Drehl)ank geschehen kann), so muss diese Ent- fernung überall durchaus die nämliche sein. Noch genauer fällt übrigens der Versuch aus, wenn man die Linse auf der Drehbank sich herumdre- hen lässt: die Centrirung ist dann genau, wenn beide einander deckende Bildchen unverändert dieselbe Stelle einnehmen. Will man die Centrirung der Oculare und Objectivsysteme eines zusammengesetzten Mikroskops untersuchen, so kann nlan auf folgende Weise verfahren. Irgend ein kleines Object, z. B. ein Schüppchen von Ccntrirnn^ optischer Ai)parate. 277 einem SchiriettcrlingsHügel, bringt man in der gehörigen Entfernung unter das Mikroskop und zwar so, dass das eine Ende desselben den Rand des Gesiclrtsfeldes oder den Kreuzungspunkt zweier im Ocular ausgespannten Fäden berührt, hierauf aber dreht man nach einander die verschiedenen Linsen um ihre Axe mittelst der Schrauben, die zu ihrer Befestigung dienen. Ist die Centrirung genau, so wird jenes Bild, das wegen des veränderten relativen Abstandes der Linsen etwas an Schärfe verliert, doch immer die nämliche Stelle im Gesichtsfelde einnehmen; bei unge- nauer Centrirung dagegen erleidet dasselbe während der Linsennmdrehung eine Ortsveränderung im Gesichtsfelde, so dass der ursprünglich mit dem Rande in Berührung stehende Theil sich bald innerhalb, bald ausserhalb desselben befindet. Unterwirft man Mikroskope dieser Prüfung, so wird man wohl nie- mals eins antreffen, welches dieselbe durchaus vollkommen zu bestehen vermag. Namentlich gilt dies von den das Objectiv zusammensetzenden Linsen. Man darf nämlich nicht vergessen, dass jede Abnormität einer genauen Centrirung beim Umdrehen sich genavi so viel Mal vergrössert, als das Object selbst, welches durchs Mikroskop beobachtet wird. Eine Differenz von Vioo"" wird daher bei einer öOOmaligen Vergrösserung im Bilde sich als eine Differenz von 5""" darstellen. Hieraus ergiebt sich aber, dass selbst bei der sorgsamsten Bearbeitung stets Mängel in der Centrirung verbleiben müssen, die sich auf die genannte Weise kund geben. Das Einzige, was man billiger Weise erwarten kann, besteht darin, dass diese Mängel auf ein möglichst geringes Maass zurückge- bracht sind. Hieraus ergiebt sich zugleich Folgendes. Wenn zwei Linsensysteme gleich sorgfältig centrirt sind, so dass die Abstände der optischen Axen der verschiedenen Linsen in beiden Systemen ganz gleich sind, dann wird der Einfiuss dieses Abstandes oder mit anderen Worten der Mangel der Centrirung am stärksten in jenem Systeme hervortreten, welches die kür- zeste Brennweite und mithin die stärkste vergrössernde Kraft hat. Ohne Zweifel liegt darin eine der vorzüglichsten Ursachen, warum stark ver- grössernde Systeme den weniger vergrössernden in Betreff des begren- zenden Vermögens stets nachstehen. Ich muss noch bemerken, dass durch die Einrichtung, welche jetzt vielfältig den Objectivsysteraen gegeben wird, indem man nämlich die verschiedenen Doppellinsen fest unter einander vereinigt, was in derThat auch manche nicht zu verkennende Vortheile hat (§. 158), die Prüfung auf genannte Weise in der Regel lanmöglich gemacht wird. Bemerkt man aber an einem solchen Systeme bei der Beobachtung von Objecten Spuren eines unvollkommenen begrenzenden und' durchdringenden Ver- mögens, und hat man sich zugleich durch vorgängige Prüfung davon überzeugt, dass dies keiner der übrigen im §. 225 aufgezählten Ursachen beigemessen werden kann, so kommt man dann auf negativem Wege zu dem Schlüsse, dass wahrscheinlich die Centrirung eines solchen Systems 278 Ausdehnung und Ebeuung des Gesichtsl'eldes. nicht o'enau genug ist, es sei denn, der Fehler liege iSereits in den Dop- pellinsen selbst, oder es wäre auf deren Vereinigung nicht die gehörige Sorgfalt verwendet worden, was in einem solchen Falle schwer mit Be- stimmtheit ausgemacht werden kann und was auch nur dem Optikus selbst zu wissen von Nutzen ist, dem während der Zusammensetzung Mittel genug zu Gebote stehen , um sich von der Genauigkeit der Centrirung zu überzeugen. 236 Als sechster Punkt, worauf bei der Untersuchung eines Mikro- skops geachtet werden muss, wurde oben die Ausdehnung des Ge- sichtsfeldes und der Grad seiner Ebenung bezeichnet. Was den ersten Punkt betrifft, so sind oben (§. 221) bereits die Me- thoden angegeben, wie sich der scheinbare sowohl ala der wahre Durch- messer des Gesichtsfeldes bestimmen lässt, und noch weiter oben (§. 121) sind die Ursachen angegeben worden, von denen die Grösse des Gesichts- feldes beim einfachen Mikroskope abhängt. Beim zusammengesetzten Mikroskope wird seine Ausdehnung allein durch das Ocular bestimmt, sobald wenigstens, wie es doch fast immer der Fall ist, die Länge des Rohres, d. h. die Entfernung zwischen Objectiv und Ocular, gross genug ist, damit das durchs Objectiv entstehende Bild einen grösseren Kaum einnimmt, als man durchs Ocular zu übersehen im Stande ist. Von einem ganz ebenen Gesichtsfelde kann nur bei einem zusam- rnengesetzten dioptrischen Mikroskope (§. 152), so wie bei einem kata- dioptrischen die Rede sein, wenn beide mit einem Hu y gen s 'sehen Ocular versehen sind. Das beste Hülfsmittel, ein Mikroskop in dieser Beziehung zu untersuchen, ist ein in viereckige Felder getheiltes Glasmikrometer, welches als Object dient. Ist das Gesichtsfeld ganz eben , dann wird das Mikrometer so wie in Fig. 51 (S. 96) sich darstellen; ist dagegen, wie es in der Regel geschieht, der Einfluss des Collectivglases zu gering, dann wird man an den viereckigen Feldern etwas auswärts gebogene Grenzlinien wahrnehmen wie in Fig. 52. Der Fall, dass das Objectiv- glas einen überwiegenden Einfluss ausübt, wo dann eine entgegengesetzte Krümmung gleichwie in Fig. 53 sich zeigen müsste, kommt wohl selten vor, da so etwas nur eintreten könnte, wenn die Brennweite des Collec- tivglases im Verhältniss zu jener des eigentlichen Oculars sehr kurz wäre, wodurch ebensowohl eine Abnahme der Vergrösserung als eine Zunahme der Aberrationen eintreten müsste. Hat man kein in vierseitige Felder getheiltes Mikrometer, so kann man auch noch auf andere Weise erforschen, in wie weit die Krümmung der Bilder beseitigt ist. Besteht nämlich der Fehler, so wird jede Linie , die vollkommen gerade erscheint , wenn sie durch die Mitte des Gesichtsfeldes verläuft, sich nicht mehr so darstellen, sondern mehr und mehr gebogen verlaufen, je näher dem Rande des Gesichtsfeldes sie ge- bracht wird, wie aus Fig. 52 zu entnehmen ist. Aus derselben ersieht man auch, dass die Vergrösserung in der Mitte des Gesichtsfeldes eine Ebcnung des Gcsichtsieldcf. 279 .andere ist als an dessen Rande. Misst man daher ein Object mittelst Doppeltsehen, und man erhält am Rande des Gesichtsfeldes einen grösse- ren Dnrchmesser des Bildes, als in dessen Mitte, so darf man hieraus ebenfalls auf eine Krümmung des Gesichtsfeldes schliessen. Eine bedeutendere Krümmung des Gesichtsfeldes ist immer als ein Fehler zu betrachten, weil man alsdann nur einen kleinen Theil des Objects auf Einmal mit Schärfe wahrnehmen kann, und weil auch zweitens das liild immer etwas Verdrehtes hat, was von der wahren Gestalt des Objects abweicht. Gleichwohl wird man finden, dass selbst die besten Mikro- skope mehr oder weniger mit diesem Fehler behaftet sind. Würde näm- lich auch das Ocular dergestalt eingerichtet, dass vermöge der Brenn- weiten sowohl als des wechselseitigen Abstandes beider Gläser ein ganz ebenes Gesichtsfeld entsteht, so würden diese Verhältnisse doch nur höchst selten gleichzeitig auch die geeignetsten zum Aplanatismus des Mikro- skops sein; und da es nun jedenfalls empfehlenswerther ist, wenn die Bilder wenigstens in einem Theile, namentlich in der Mitte des Feldes die grösstmögliche Schärfe besitzen, als wenn sie an allen Punkten des- selben gleich gut, aber freilich mit einem geringeren Schärfegrade wahr- genommen werden können , so pflegen die Optiker bei der Herstellung von Mikroskopen die Ebenung des Feldes meistens zu opfern, um eine grössere Verbesserung der Aberrationen in der Mitte des Feldes zu er- langen. Man muss hierauf Bedacht nehmen, da aus diesem Grunde bei mühsamen Untersuchungen die Objecte inmier vorzugsweise in die Mitte des Gesichtsfeldes gebracht werden müssen. Deshalb ist es aber auch wichtig, dass der Beobachter durch vorgängige Untersuchung seines Mi- kroskops sich davon überzeugt habe, bis wohin sich der Raum im Ge- sichtsfelde erstreckt, innerhalb dessen die Bilder noch keinen merkbaren Verlust an Schärfe und Deutlichkeit erfahren, und aus dem Mitgetheilten ergiebt es sich von selbst, dass dieser Raum in gleichem Maasse mit der Ebenung des Gesichtsfeldes zunimmt. Wenn nach den dafür aufgestellten Vorschriften die Prüfung eines 237 Mikroskops ausgeführt wird, so lässt sich allerdings mit ziemlicher Sicher- heit über dessen Tüchtigkeit und über die daran haftenden Mängel ein Urtheil fällen ; gleichwohl ist eine directe Untersuchung des optischen Vermögens immer noch unerlässlich. Nach den früheren Auseinander- setzungen begreift dieses optische Vermögen drei Hauptmomente, nämlich die Vergrösserung , die Begrenzung und die Unterscheidting. Was die Vergrösserung anbelangt, so sind die nöthigen Vorschriften, um dieselbe zu bestimmen, schon in einem besondern Kapitel gegeben worden, und es ist hier nichts hinzuzufügen. Ueber das begrenzende und unterscheidende Vermögen ist auch be- reits (§.222) gehandelt worden, und es wurden im Allgemeinen die Mittel angegeben, wie man ein Mikroskop auf dieselben zu prüfen hat; doch ist es nöthig, hier wenigstens noch in einige Einzelnheiten darüber cinzu- 280 Mikroskopische Probeobjecte. treten. Wenn auch sehr viele Objecte sich dazu eignen, das unterschei- dende und begrenzende Vermögen eines Mikroskops zu prüfen, so ist doch die Anzahl derer gering, die mehr allgemein dazu gebraucht werden und diese Bevorzugung auch grossentheils verdienen. Diese Objecte hat man mit dem Namen Probeobjecte belegt, und es ist jedem mikro- skopischen Beobachter anzuempfehlen, sich wenigstens mit einigen bekannt zu machen und die Art und Weise, wie sie sich durch ein gutes Mikro- skop darstellen, dem Gedächtnisse einzuprägen, weil solche Kenntniss ihm einen ziemlich sichern und leicht anwendbaren Maassstab an die Hand giebt, um die Tüchtigkeit eines Mikroskops zu beurtheilen. unter diesen Probeobjecten verschafft man sich am leichtesten die kleinen Schüppchen, welche auf der Haut vieler Insecten, besonders auf den Schmetterlingsflügeln vorkommen. Bereits bei Leeuwenhoek {^Zevende vervolg der Brieven. Delfi 1702. p. 448) findet sich angegeben, dass auf den Flügelschüppchen vom Schmetterlinge der Seidenraupe eine Anzahl parallel laufender Streifen wahrzunehmen ist, die nur bei starker Vergrösserung sichtbar werden. Später hat man sich davon überzeugt, dass dergleichen Streifen auf den Schuppen fast aller Insecten vorkom- men, deren Sichtbarkeit aber bei den verschiedenen Thieren ditferirt, so dass man damit eine Reihenfolge von Probeobjecten herstellen kann, worin die Schwierigkeit des Erkennens immer mehr zunimmt. Jacquin in Deutschland, besonders aber Gering in England haben auf ihre Brauch- barkeit für diesen Zweck hingewiesen und einige Insecten genannt, deren Schüppchen vor anderen dazu sich eignen ; andere Autoren haben dann späterhin noch einige hinzugefügt. Bevor ich zu deren Aufzählung übergehe, erachte ich es nöthig, über die allgemeine Beschaffenheit dieser Theile etwas zu sagen, weil daraus erklärlich wird, wie sie unter besondern Umständen sich darstellen, und weil sie zu mancherlei irrigen Ansichten Veranlassung gegeben haben, indem einfach optische Täuschungen als wirkliche Wahrnehmungen be- schi'ieben wurden. Die Insectenschuppen bestehen immer aus zwei Schichten, gleich den weit grösseren Schuppen der Fische, mit denen sie in der That die grösste Aehnlichkeit haben. Die obere oder äussere Schicht enthält eine Anzahl Streifen, die parallel verlaufen, oder aber divergirend, wenn der obere Rand des Schüppchens breiter ist als seine Basis; diese Streifen stellen sich bei hinlänglicher Vergrösserung als etwas erhabene Rippchen dar, welche durch zwei parallele Linien begrenzt werden. Man nennt sie Längsstreifen, weil sie von der Basis nach dem oberen Rande des Schüppchens verlaufen. Auf den Schmetterlingsschuppen bemerkt man daneben noch Querstreifen, die immer weit schwerer zu erkennen sind als die Längsstreifen und rechtwinkelig zu diesen stehen. Die Existenz dieser Querstreifen wird von Brewster (^Treatise o?ithe Microscopep. 170) geleugnet; nach ihm sollen an den Längsstreifen kleine Zähne vorkom- men, gleichwie an den Fasern der Krystalllinse, Wirklich haben auch Schüppuhcn der Schmetterlingsfliigcl. 281 diese Streifen bei einer gewissen Stellung des Mikroskops etwas Ge- zahntes. Da nämlich die Längsstreifen etwas erhaben sind im Verhält- niss zu den unmittelbar damit zusammenhängenden Querstreifen, welche etwas abwärts gekrümmt sind, so geschiclit es, dass bei einer gewissen Stellung des Mikroskops, wo die Vereinigungsstelle beider Streifenarten deutlich sichtbar wird, die tieferen Partien der Streifen nicht wahrgenom- men werden und erst dann zum Vorschein kommen, wenn das Object dem Mikroskope etwas näher gerückt worden ist. Um sich von der Rich- tigkeit dieser Angabe zu überzeugen und um im Allgemeinen die Natur dieser Schüppchen zu untersuchen, wähle man nicht solche, wo die bei- den Klassen von Streifen schwer zu erkennen sind und die man deshalb vorzugsweise als Probeobjecte benutzt, sondern solche, wo die Streifen die gehörige Dicke haben und die Interstitien gross sind. Ganz gut passen dazu die Schüppchen vom blauen Theile an den Oberflügeln von Papilio Ulysses. Die Dicke der Längsstreifen beträgt hier 1,2 Mmm, und sie haben den bedeutenden Abstand von o,9Mmm von einander; die Quer- streifen aber haben 0,9 Mmm Dicke und 3,4 Mmm Abstand. Ein solches Schüppchen erscheint schon bei einer massigen Vergrösserung ganz als ein Netzwerk von fast viereckigen Maschen , deren Reihen aber nicht überall einander genau entsprechen, sondern oftmals auch alterniren. Dies beweist zugleich, dass die Querstreifen nicht in einer besondern Schicht unter einer darüber befindlichen Längsstreifenschicht liegen, und dass der Grund, warum beiderlei Streifen nicht gleichzeitig mit gleicher Schärfe gesehen werden können, mir darin zu finden ist, dass, wie schon erwähnt, die Querstreifen abwärts gekrümmt sind. An den genannten Schuppen nimmt man dann ferner wahr, dass bei jener Stellung des Mikroskops, wobei die oberen Ränder der Längsstrei- fen ganz scharf hervortreten, diese durch gerade parallele Linien begrenzt werden; nähert man aber das Mikroskop etwas mehr, so dass die Maschen anfangen sichtbar zu werden, dann bemerkt man, wie die durch sie ge- formten Winkel sich etwas abrunden, dergestalt, dass an der Vereinigung des Querstreifens mit dem Längsstreifen eine schwache Verdickung ent- steht. Hieraus erklärt sich dann eine andere Erscheinung, die zu Täu- schung Veranlassung gegeben hat. Von den Schüppchen von Pieris brassicae^i die zu den schwierigeren Probeobjecten gehören, giebt Che- valier {Die Mikroskope u. s. w. S. 104) eine Beschreibung, der zu Folge keine Querstreifen daran sichtbar sind und die Längsstreifen aus Reihen von Kügelchen bestehen, die sich in kleinen Entfernungen von einander befinden; er bildet sie auch entsprechend dieser Beschreibung ab und bemerkt sogar, dass die körnige Bildung dieser Streifen der wahre Prüf- stein für ein Mikroskop sei, da er sie blos durch seine besten Mikroskope als solche wahrnimmt. Nach Goring {Microscopic Cabinet p. 160) und nach Mo hl {3Iihrocjraphie. S. 180) dagegen haben diese Schüppchen die nämlichen längs- und querlaufenden, durch parallele Linien begrenzten Streifchen, wie andere Schuppen, und Mo hl spricht sich selbst dahin 282 Schüppchen der Schinetterlingsfliigcl. aus, dass in Che valier's Beschreibung ein schlechtes Zeugniss für seine Mikroskope niedergelegt ist. Das ist nun aber nicht der Fall: denn es hängt ganz von der Art und Weise der Beleuchtung ab, ob längslaufende und quere Streuen mit parallelen Grenzlinien sich zeigen, oder ob nur die ersteren erscheinen und dann aus Kügelchen zu bestehen scheinen. ]\Iittel?t eine? vorzüglichen Mikroskops und bei 400- bis öOOmaliger Ver- grösserung gewahrt man sie wirklich auf die letztere Weise bei centri- scher Beleuchtung mit divergirenden Lichtstrahlen, die unter einem ziem- lich spitzen Winkel auf das Object fallen. Werden dagegen zur Beleuch- tung schief auffallende oder convergirende Strahlen benutzt, dann kommen beiderlei Arten von Streifen, durch parallele Linien begrenzt, zum Vor- schein und die scheinbaren Kügelcheu verschwinden. Die Erklärung fällt nach dem Frühern keineswegs schwer. Die Streifen auf den Schup- pen von Pieris brassicae^ namentlich die queren, gehören wirklich zu den schwer wahrnehmbaren Objecten und man sieht sie nur, wenn das Licht auf bestimmte Weise einüillt; fällt das Licht auf andere Weise ein, so sieht mau nichts davon, abgerechnet die oben genannten etwas dickeren Stellen, wo die Längs- und Querstreifen zusammenhängen. Diese dicke- ren Partien wirken dann wie Reihen kleiner Linsen und erscheinen, gleich als wären es Linsen, mit dunkeln Umrissen. In der Wirklichkeit sind sie nicht rund, sondern eckig ; indessen bei solcher Kleinheit ist es- nicht mehr möglich, die Form deutlich zu erkennen, und alle kleinen Körperchen erscheinen mehr oder weniger rundlich. Uebrigens erblickt man dergleichen Kügelchen auch an den Längsstreifen der meisten an- deren Schmetterlingsschüppchen, wenn die Beleuchtungsart dabei günstig ist und der obere Rand dieser Streifen sich nicht gerade im Brennpunkte befindet. An den Schüppchen von Lepisma saccharinuni , Petrobius ma- ritimus, Podura plumbea u. s. w., avo keine Querstreifen zwischen den längslaufenden vorkommen, bemerkt man niemals eine solche Zusammen- setzung aus Kügelchen. Unter der bisher beschriebenen obern Schicht der Insectenschüpp- chen befindet sich noch eine zweite, die nur unter besondern Umständen sichtbar wird. Am besten gewahrt man diese an den Schüppchen von Insecten, die längere Zeit sehr trocken aufbewahrt wurden. Dadurch werden sie sehr brüchig und es trennen sich zugleich die beiden Schichten, so dass man bei der Untersuchung auf einzelne Schüppchen zu stossen pflegt , an denen ein grösserer oder kleinerer Theil der unteren Schicht blos liegt. Es unterscheidet sich diese Schicht durch grössere Durch- sichtigkeit von der obern und oftmals ist sie augenscheinlich blos häutig und structurlos; nicht selten aber erblickt man darin auch deutliche pa- rallele Streifen, die oftmals ebenso verlaufen, wie die viel deutlicheren längslaufenden Streifen der obern Schicht, in anderen Fällen aber auch mit diesen einen mehr oder weniger spitzen Winkel bilden. Diese Zusammensetzung der Schüppchen aus zwei gestreiften Schich- ten erklärt wieder einige optische Erscheinungen, die an denselben vor- Schüppchen der Schmetterlingsflügcl. 283 kommen. Da die beiden Schichten sich nicht gleichzeitig in die erforder- liche Entfernung vom Mikroskope bringen lassen, tun mit Bestimmtheit gesehen zu werden, so schimmern die Streifchen der untern Schiciit durch jene der obern hindurch, wenn das Mikroskop eine Stellung hat, wobei das Bild der oberen Streifen scharf und deutlich hervortritt. Das undeutliclie Bild der imtern Schicht wird also auf das deutliche Bild der obern projicirt und hierdurch entsteht eine eigenthümliche Verwirrung im Ge- sichtseindrucke. Das einfachste Beispiel der Art bilden die Schüppchen von Lepisma saccharinum. Die Streifen beider Schichten schneiden einander unter spitzem Winkel, und dies hat zur Folge, dass überall, wo sich un- mittelbar unter einem dickeren Streifen der überliegenden Schicht ein dünnerer der unterliegenden befindet, schief stehende schattenartige Stellen an der erstem zum Vorschein kommen, wodurch der Streifen ein Aussehn bekommt, als wäre er strickartig gedreht. Aus der Projection der Bilder beider Schichten auf einander erklärt es sich denn auch, weshalb die Streifen in manchen Fällen schattenartig wogend oder im Zickzack verlaufend sich darstellen, wobei sie dann nie- mals scharf begrenzt, aber in der Regel merklich breiter als die wahren Streifen erscheinen. Es sind ganz die nämlichen Streifen, wie man sie auch in Moire oder in gewässerten Stoffen sieht, und denen auch ganz die nämliche Ursache zu Grunde liegt. Am deutlichsten sieht man sie, wenn zwei Di'ahtnetze übereinander gehalten werden; hier kann man wahrnehmen, dass Breite, Richtung und wogender Verlauf der Streifen sich nicht nur mit der Entfernung beider Netze von einander ändern, sondern auch mit der Richtung des Auges und mit dessen Entfernung von den Netzen. Liegen zwei oder mehr recht durchscheinende Schüppchen auf einander, dann kann man die nämliche Erscheinung wahrnehmen; aber auch an einzeln daliegenden Schüppchen kommt sie bisweilen vor und zwar am deutlichsten an ^QWQnYon Poduraplumhea. An den kleinsten von diesen Schüppchen sieht man sogar nichts anders, als solche im Zickzack verlaufende Streifen; hier ist also die Wirkung noch sichtbar, obwohl man von deren Ursachen nichts mehr wahrnimmt. Untersucht man nämlich die grösseren Schuppen, so erkennt man auch hier zwei Schichten, und dass beide parallele und gerade verlaufende ungemein dünne Streifen mit sehr schmalen Interstitien besitzen; im Gegensatze zu dem aber, was man an den Schuppen der meisten anderen Insecten beobachtet, haben diese Streifen in beiden Schichten die nämliche Dicke und schneiden ein- ander spitzwinkelig. Ob hier ebenfalls Querstreifchen vorkommen, habe ich nicht mit Bestimmtheit erkennen können. Vielleicht sind die schiefen in der Diagonalrichtung verlaufen- den feinen Streifen, die unter besonderen Umständen auf den Schüppchen einiger Lepidoptern, wie Pieris brassicae ^ Tinea vestia- nella u. s. w. erscheinen, auf eine ähnliche Weise zu erklären. Wenig- stens hat dies für mich mehr Wahrscheinlichkeit, als die Meinung von Mohl (a, o. O. S. 188), der sie als das Resultat wellenförmiger 284 Schüppchen der Schmetterlingsflüjrel. Falten betrachtet, welche die Längsstreifen an einzelnen Stellen in schiefer Projection sehen lassen. Verhielt sich die Sache also, dann miisstc man sie durcli alle wirklich guten ^likrosknpe wahrnehmen können, was doch nicht der Fall ist. Goring {Micrograpliia ^ p. 133) hat bereits ange- geben, dass diese Art von Streifen durch ein aplanatisches dioptrisches Mikroskop nur sehr undeutlich wahrgenommen werden, während er die- selben mit einem katadioptrischen Instrumente immer ganz deutlich er- kannte. Ein stärkeres optisches Vermögen des letzteren wird aber hier- durch nicht dargethan, wie daraixs zu entnehmen ist, dass ich diese schiefen Streifchen am besten durch stark vergrössernde Glaskiigelchen sehe und viel weniger deutlich durch ein aplanatisches Mikroskop, mittelst dessen die wirklich vorhandenen Längs- und Querstreifen entschieden schärfer hervortreten. Dadurch wird die Vermuthung gerechtfertigt, dass die Art des Instrumentes hierbei einen ähnlichen Einfluss ausübt, als die Richtung und der Abstand des beobachtenden Auges beim Betrachten von Zickzacklinien, die durch zwei über oder vor einander gehaltene Drahtnetze entstehen, und dass also diese Streifen dadurch zu Stande kom.men, dass die Bilder der unteren und oberen Schicht auf einander projicirt werden. Möglicher Weise könnten aber auch diese Streifchen wirklich exi- stiren und der tieferen Schicht der Schüppchen angehören. An den eigenthümlich geformten, oben gespaltenen Schuppen, die an der Ober- fläche der Flügel von Papüio polycaon vorkommen, sind die Längsstreifen der oberen Schicht sehr deutlich; durch dieselben schimmern, ähnlich wie bei Lepisma^ die stärkeren divergirend verlaufenden Längsstreifen der tieferen Schicht, und bei einer passenden Stellung des Mikroskops und einer scharfen 400maligen Vergrösserung sieht man zwischen den Längs- streifen querlaufende Streifchen, die einander unter spitzem Winkel schneiden oder kreuzen. Folglich ist es nicht unwahrscheinlich, das? hier zweierlei Arten von Querstreifchen vorhanden sind, deren eine der oberen, die andere der unteren Scliicht angehört, und dass also auch in anderen Fällen, wo solche schiefverlaufende Streifchen wahrgenommen werden, diese wirklich der unteren Schicht angehören und deren Quer- streifen darstellen. Aus dem bisher Gesagten ergiebt sich, dass man bei Benutzung dieser Schuppen zu Probeobjecten stets vor einigen optischen Erschei- nungen auf der Hut sein muss, die sonst leicht zu einem Irrthume Ver- anlassung geben. Worauf es hierbei eigentlich ankommt, das ist die Unterscheidung der längslaufendcn und querlaufenden Streifen; denn weder die im Zickzack, noch die in der Diagonalrichtung verlaufenden Streifen kommen hier in Betracht, insofern die ersteren positiv einer optischen Täuschung zugeschrieben werden müssen, über die Beschaffen- heit der letzteren aber noch nichts mit Sicherheit bekannt ist. An jedem Schüppchen hat man demnach eine feine, mikrometrische Theilung, deren Unterscheidbarkeit natürlich um so schwerer fällt, je zarter die Streifen Schüppchen der Schinetterrmgsflügel. 285 und je kleiner die Interstitien sind. Da ferner, wenn beide Streifenarten da sind, die queren gewöhnlich schwieriger sich erkennen lassen als die längslaufenden, so hat man an Einem solchen Schüppchen eigentlicli zwei verschiedene Probeobjecte: die Längsstreifen kann man für die schwäche- ren, die Querstreifen für die stärkeren Vergrösserungen benutzen. Auch wird man in der Regel finden, dass die (,>uerstreifen am breiteren Theile der Schüppchen deutlicher gesehen werden als am schmäleren nahe der Basis. In der folgenden kleinen Tabelle sind Dicke und Abstände der Strei- fen in der Mitte einiger dieser Probeobjecte verzeichnet. Allerdings stehen die Schüppchen nicht immer einander an Grösse so gleich, dass diese Zahlen für alle von dem nämlichen Thiere kommenden Schüppchen gelten könnten; da aber (wenn nicht das Gegentheil angegeben ist) immer Schüppchen von mittlerer Grösse zur Messung gewählt wurden, so hat man an den Zahlen dieser Tabelle doch einen Maassstab, der bei der Unterscheidung der Streifen zu Grunde gelegt werden kann. Die Maass- einheit, auf welche die Zahlen hinweisen, ist das Mikromillimeter. La agsstre ifen. ^1 Qucrstrei s a § s a 3 S c 2 2 03 « H.S w i w a.s 1,4 1,0 3,3 0,5 0,7 8,3 1,3 1,4 3,7 0,5 0,7 1,5 1,5 3,3 0,4 0,5 0,8 1,3 4,8 0,4 0,7 0,8 1,7 4,0 0,4 0,G 0,7 0,9 G,2 0,G 0,7 0,G 0,9 7,0 0,5 1,0 0,7 1,1 5,5 0,5 0,5 0,G 0,G 8,4 0,4 0,G 0,5 1,1 G,2 0,3 0,G 0,3 0,5 12,3 s c H ^ Nr. 1. Lepisma saccharimnn. a. Grössere „ „ b. Klehiere „ 2. Sphinx Elpenor „ 3. Colias rhamni „ 4. Morplio Menelaus „ 5. Bovihyx dispar „ G. Argi/nnis cynxia „ 7. Lycaena Argus, a. Gelbe .... „ „ „ b. Braune . . . „ 8. Tinea vestianella „ 9. Pieris brassicae „ 10. Podura plumbea . 8,3 10,1 9,0 10,0 7,7 G,G 10,0 10,0 10,1 Nr. 1. Die Schüppchen, welche den ganzen Körper von Lepisma sac- charinvm bedecken und den perlmutterartigen Glanz bewirken, sind in Grösse und P^orm von einander verschieden und passen deshalb nicht gut zu einem comparativen Probeobjecte, wozu sie sich sonst wugen ihrer k 28C Schüppchen der Schmetterlingsflügel. Durchsichtigkeit und vollkommenen Favblosigkeit sehr gut eignen. Man kann aber zwei Ilauptformen derselben unterscheiden: die eine (a) giebt sich durch eine keilförmige Gestalt und sehr deutliche Längsstreifen zu erkennen, die andere (b) besitzt mehr eine rundliche Form, mit blasseren und dichter bei einander stehenden Streifen. Die Streifen der ersteren erkennt man schon bei den geringsten Yergrösserungen (30 bis 40 !Male) eines guten Mikroskops, jene der zweiten Form sind erst bei einer 100- bis 150fachea Vergrösserung recht gut sichtbar*). Nr. 2. Die Schüppchen von Sphinx Elpenor^ vom röthlich gefärbten Theile der Unterfläche der Vorderflügel stammend, lassen die Längs- und Querstreifen schon bei massiger Vergrösserung deutlich erkennen. Nr. 3 kommt von der Unterfläche der Vorderflügel. Die Schüppchen Nr. 4 von der oberen Fläche der Flügel sind bei durchfallendem Lichte gelblich, bei auflallendem Lichte blau gefärbt. Die Schüppchen von Nr. 5 stammen von der oberen Fläche der Vorderflügel. Die unter die- sen di'ei Nummern verzeichneten Probeobjecte sind schwerer zu erkennen, als die Objecte Nr. 1 a und Nr. 2. Um die Querstreifen in der ganzen Länge der Schüppchen zu sehen, sind schon 200-bis 250malige Vergrösse- rungen erforderlich; die Längsstreifen aber erkennt man schon bei schwächeren Vergrösserungen. Nr. G. Die Schüppchen von den perlmutterfarbigen Theilen der Vorderflügel von Argynnis Cynxia gehören zu den besten comparativen Probeobjecten, weil sie in Grösse und Form untereinander tibereinstim- men. Die Längsstreifen lassen sich schon bei einer massigen Vergrösse- rung deutlich erkennen ; zur Wahrnehmung der Querstreifen ist wegen der grossen Durchsichtigkeit der Schüppchen eine 3 OOmalige Vergrösserung bei guter Beleuchtung erforderlich. Nr. 7. Auf der Oberfläche der Vorderflügel \on Lycaena Argus^om- men drei Arten von Schüppchen vor: a) Solche, die bei auffallendem Lichte blau, bei durchfallendem hellgelb erscheinen. Diese sind unter- einander gleich an Grösse und an Gestalt. Die Längsstreifen eignen sich besonders zur Prüfung massiger Vergi-össei'ungen; die Querstreifen dagegen sind sehr schwer sichtbar, weil die Schüppchen sehr durchsichtig und die Streifen sehr schwach sind. Bei einer zweckmässig eingerichteten Beleuchtung von 300 bis 350 Mal sind sie jedoch zu erkennen, nur ge- hört noch ein hoher Grad von durchdringendem Vermögen dazu, wenn sie in der ganzen Länge des Schüppchens genau wahrgenommen werden sollen, b) Solche, die bei auiTallendem Lichte hellbraun, bei durchfallendem graubraun erscheinen. Sie sind weniger durchsichtig als die vorigen, und haben auch nicht in gleichem Maasse gleiche Grösse *) Die Vergrösserungsziffern, welche bei diesen Probeobjecten angeführt werden, beziehen sich auf ein aplanatisches zusammengesetztes Mikroskop mit dem schwäch- sten gewöhnhch benutzton Oculare, welches, bei etwa 20 Centimeter Länge des Rohrs, die Bilder 5 bis G Mal vergrössert. Schüppchen der Schmetterllngsflügel. 287 unter einander. Die Längsstreifen sind ziemlich eben so. deutlich wie bei den vorigen ; die Querstreif'en stehen weit dichter bei einander, wer- den aber, weil sie dunkeler sind, etwas leichter wahrgenommen , jedoch nicht unter einer SOOmaligen Vergrösserung. c) Eigenthümlich gei'ormte kleine eirunde Schüppchen von gelblicher Farbe bei auf- und durchfallendem Lichte. Sie unterscheiden sich von den vorigen und von denen der mei- sten übrigen Schmetterlinge dadurch, dass ihnen eigentliche Längs- und Querstreifen fehlen. An deren Statt nimmt man Reihen dunkeler scharf begrenzter runder Punkte wahr, deren jeder ein helles Pünktchen in der Mitte hat. Jeder solche Punkt ist die Basis eines sehr kurzen kegelför- migen spitz zulaufenden Härchens, welches sichtbar wird, wenn man die Schüppchen mit einem Glas oder Glimmerblättchen bedeckt, durch dessen Gewicht die Spitzen einiger Härchen seitwärts gebogen werden. Diese dunkelen Punkte sind 1 bis 1,6 Mmm gross, und stehen 2,5 bis 3,1 Mmm von einander entfernt. Sie eignen sich zur Prüfung des begrenzenden Vermögens bei massigen Vergrösserungen. Jeder Punkt muss sich dann scharf begrenzt darstellen und bestimmt abgeschieden von den be- nachbarten. Nr. 8. Auf den Schüppchen von der Oberfläche der Vorderflügel der Tinea vestianeUa sind die Längsstreifen schwerer zu erkennen, als bei den vorhergehenden Probeobjecten; dagegen sind die Querstreifen wegen geringerer Durchsichtigkeit leichter zu erkennen, als bei Nr. 6 und bei Nr. 7 a, trotzdem dass sie näher bei einander stehen. Es kommen übrigens bei diesen Schüppchen zu grosse Verschiedenheiten vor, als dass man sie bei der Vergleichung verschiedener Mikroskope als Maassstab benutzen könnte. Nr. 9. Die Schüppchen von Pieris hrassicae sind zu diesem Zwecke tauglicher. Beim Männchen dieses Schmetterlings kommen zwei oder drei Arten von Schüppchen vor; als IProbeobject müssen blos solche ge- nommen werden, deren Gestalt von jener der meisten anderen Insecten ganz abweichend ist. Sie sind nämlich an der Basis breiter als am ent- gegengesetzten Ende und herzförmig ausgeschnitten ; zwischen den beiden Lappen der Basis befindet sich das rundliche Stielchen, mittelst dessen jedes Schüppchen in seiner bestimmtenEpidermishöhle auf denFlügeln eingepflanzt ist. Ausserdem unterscheiden sich diese Schüppchen von den übrigen des nämlichen Schmetterlings durch ihre grosse Durchsichtigkeit. Sie ge- hören zu den schwierigeren Probeobjecten. Die Längsstreifen lassen sich allerdings ohne grosse Mühe erkennen; damit aber diese sowohl als die Querstreifen scharf begrenzt und in der ganzen Länge des Schüppchens wahrgenommen werden, ist ein Mikroskop erforderlich, welches eben so- wohl ein grosses durchdringendes, als ein gutes begrenzendes Vermögen besitzt. Nr. 10. Die Schüppchen von Podura plumbea sind ein noch schwie- rigeres Probeobject. Die breiteren zickzackförmigen schattenartigen Streifen auf denselben sind allerdings ohne grosse Mühe wahrnehmbar, 288 Schüppchen der Schmetterlingsflügel. wenigstens auf den grösseren Schuppen ; die Streifen dagegen, welche in beiden einander deckenden Schichten vorkommen und wodurch die Zick- zacklinien entstehen, sind wegen der grossen Durchsichtigkeit dieser Schüppchen nur durch ein sehr gutes Mikroskop deutlich zu erkennen. Zum vergleichbaren Maassstabe eignen sie sich aber weniger als die Schüppchen von Pieris hrassicae^ weil sie in Grösse zu sehr unter einander differiren und weil die Streifen der grösseren Schüppchen weit leichter zu erkennen sind als an den kleineren. Die beiden letztgenannten Probeobjecte können zur Prüfung stärkerer Vergrösserungen von 300 bis 400 Mal und darüber benutzt werden. Diese Liste von Insectenschüppchen Hesse sich noch durch viele an- dere vermehren, die auch als Probeobjecte benutzt werden könnten. Man wird aber mit den obengenannten und selbst mit einer geringeren Anzahl, z. B. Nr. 1, 6, 8 und 9 vollkommen ausreichen, um das optische Ver- mögen eines Mikroskops zu untersuchen. Der Vollständigkeit halber lasse ich jedoch noch einige folgen, die man anempfohlen hat. Gering führt noch die Schüppchen von Petrobius maritimus an, die mit jenen von Lepisma saccharimmi ziemlich übereinstimmen, desgleichen die Schüppchen am Körper von Alucita pentadactxjla und hexadactyla. Bei den beiden letzteren sind die Längsstreifen nach Mo hl nicht in der ganzen Länge des Schüppchens sichtbar und sie erfordern schon eine massig starke Vergrösserung (100 bis 160 Mal), um sichtbar zu werden. Mo hl em- pfiehlt besonders als Probeobject die Flügelschüppchen vom Weib- chen der Tlipparchia Janira, die er durch Amici kennen lernte. Bei ei- ner geringen Vergrösserung sind die Längsstreifen schon sichtbar; um aber die Querstreifen gut und bestimmt zusehen, ist nach Mo hl ein vor- zügliches Mikroskop mit SOOmaliger Vergrösserung nöthig. Noch weit schwieriger sind aber die Schüppchen von der Oberfläche der Flügel des Männchens der Hipparchia Janira zu untersuchen: die Längsstreifen sind hier nur bei einer sehr starken und scharfen Vergrösserung und bei schief einfallendem Lichte sichtbar, und von den Querstreifen, die ohne Zweifel auch vorhanden sind, vermochte er gar nichts wahrzunehmen. Neuerer Zeit hat man, zumal in England, die Kieselpanzer ver- schiedener Diatomeen als Probeobjecte benutzt, namentlich von verschie- denen Arten Navicula Ehrenb., wozu auch die Unterarten Pinnularia und Pleurosignia Smith gehören. Namentlich zählen verschiedene Arten PLeurosigma mit den S förmig gekrümmten Kiesclpanzern zu den besten Probeobjecten. Bei hinreichender Vergrösserung und gehöriger Beleuch- tung, am besten durch schief einfallendes Licht, sieht man zarte Streifen auf diesen Kieselschalen, die meistens in einer mehr oder weniger schie- fen Richtung verlaufen. Gewöhnlich, wenn nicht immer, sind es zweierlei Streifchen, die sich unter einem fast rechten Winkel kreu} CO Durchmesser des sichtbaren Bildes: system. Runde Oeffnung. Spalt. Nr. 1. 2. 3. 4. Nr. 1. 50 154 20G 374 0,502 Mmm. z= Ving.,»"' 0,150 = %,,, 0,103 = %,,, 0,098 z= %„^„, 0,0532 Mmm. = %88oo"^°^ 0,0177 = y,,,oo Man ersieht, dass ungeachtet der ungünstigen Umstände, wobei nur ein sehr schwaches Licht durch die Oeffnung drang, die positiven Ge- 300 Mikroskopische Unterscheidbarkeit. Sichtseindrücke doch weit feiner wahrnehmbar sind als die negativen, wie dies auch schon beim Sehen mit blossem Auge angegeben wurde. Dass in diesen Zahlen noch lange nicht die äussersten Grenzen der Sichtbarkeit ausgedrückt sind, folgt aus den mit blossem Auge angestellten Beobach- tungen, welche darthaten, dass eine Oeflfnung, durch welche Sonnenlicht fällt, 11 Male kleiner sein kann, als jene, welche bei dunkel bewölktem Himmel beobachtet wird. Verhält sich, wie es doch wahrscheinlich ist, die Sache bei mikroskopischer Beobachtung ähnlich, so würde unter Be- nutzung einer 374 maligen Vergrösserung und durchfallenden Sonnen- liclits eine runde Oeffnung noch sichtbar sein, auch wenn sie weniger als Vnoooo'""' misst. Ich habe es wirklich nicht vermocht, positive Lichtbildchen von solcher Kleinheit zu erzeugen, dass die Sichtbarkeitsgrenzen bei durch- fallendem Sonnenlichte erreicht worden wären, und das ist auch der Grund, warum in der letzten Columne die Sichtbarkeitsgrenzen einer Spalte bei schwachem durchfallenden Lichte bei den beiden stärkeren Vergrösserungen nicht ausgefüllt worden sind. Die Vergleichung mit den Zahlen der vorigen Columne lehrt jedoch, dass eine Spalte 8 bis 9 Male leichter sichtbar ist, als eine runde Oeffnung, weshalb man dann annehmen darf, bei 374maliger Vergrösserung werde eine Ysoooo'""" mes- sende Spalte bei dem schwachen benutzten Lichte noch sichtbar sein. Angenommen dann, dass bei durchfallendem Sonnenlichte die Wahr- nehmbarkeit um das llfache wächst, so würde eine Spalte, die weniger als VssoDOo""" niisst, noch sichtbar sein können. 243 Um die Unterscheidbarkeit der Gesichtseindrücke durchs Mikroskop zu bestimmen, habe ich mich der nämlichen Objecte wie bei der Prüfung durchs blosse Auge bedient, nämlich eines Drahtgeflechts und zweier runder Oeffnungen in einem geschwärzten Plättchen. Wie bei den früheren Versuchen, wurde das Licht eines bewölkten Himmels benutzt. Es Avurden aber folgende Resultate erhalten. Mikroskopische Unterscheidbarkeit. 301 Unterscheidbarkeit der Maschen eines Drahtgeflechts. Durchmesser der Blhler eben noch zu Linsen- system. OcuUir. unterscheidender • > Drähte. Interstitien. Nr. 1 Nr. 1 50 0,970 Mmm. = '/inso""" 1,532 Mmm. = Voss'""' » 2 90 0,921 = y,,,, 1,455 = %3, » 3 117 0,918 =: /looo 1,450 = %,„ Nr. 2 1 154 0,349 =: %87o 0,551 = y,3,. » 2 277 0,329 = /ao4o 0,520 = Vig^o » 3 3G2 0,330 = %c,8o 0,531 = Vi882 Nr. 3 1 20G 0,w93 = /3410 0,4G3 = %,,„ » 2 371 0,288 = V3440 0,455 == %,o, » 3 484 0,301 = 73320 0,47G = %^o„ Nr. 4 1 374 0,257 = %8<,o 0,414 = %,,, » 2 G75 0,274 = V,,,, 0,433 = %3i„ » 3 877 0,267 = Va^o 0,422 = y,3,„ Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, dass das Gleiche wie von den Sichtbarkeitsgrenzen so auch von den Unterscheidungsgrenzen gilt: eine vermehrte Vergrösserung, welche durchs Ocular herbeigeführt wird, bx'ingt nur geringe Vortheile. Bessere Dienste scheinen stärkere Oculare bei der Unterscheidung zweier positiver Gesichtseindrücke zu leisten, wie man aus folgender Tabelle entnehmen kann. 302 Mikroskopische Unterscheidbarkeit. Unterscheidbarkeit zweier runder Oeffnungen. cjj Durchmesser der Bilder eben noch zu Linseu- systera. Ocular. s O :0 unterscheidender > Oeffnungen. Interstitien. Nr. 1 Nr. 1 50 1,175 Mmm. = 7352°"" 2,350 Mmm. = 7,-26"'"' » 2 90 0,895 = Vi 1,8 1,790 = 7559 » 3 117 0,835 = Vn,e 1,G70 = 7598 Sr. 2 1 154 0,344 = %,„, 0,G88 = Vi,5o » 2 277 0,319 = 73, 3« 0,038 = 7i5S8 » 3 3G2 0,294 = 73,00 0,588 = 7ie,8 Nr. 3 1 206 0,301 = 73326 0,601 = 7i6e3 » 2 371 0,298 = 73350 0,597 = 7i,7, ■" 3 484 0,293 = 73,18 0,585 = V1709 Nr. 4 1 374 0,310 = 73210 0,G20 = 7ie,o » 2 G75 0,294 = 73,10 0,587 = 7i,o5 » 3 877 0,292 = 73,30 0,583 = 7i„5 Es geben sich übrigens in den vorstehenden Tabellen verschiedene Unregelmässigkeiten kund, die sich leicht daraus erklären, dass die un- bedeutendste Veränderung im durchfallenden Liclite von grossem Einflüsse sein muss. Gerade deshalb sind sie aber zu unsicher, um einen bestimm- ten Schluss zu erlauben. Nur soviel ist klar, dass wie beim Sehen mit blossem Auge, so auch beim mikroskopischen Beobachten zwei positive Gesichtseindrücke schwerer zu unterscheiden sind, als wenn viele posi- tive und negative Gesichtseindrücke mit einander wechseln. Weiterhin wird es sich aber herausstellen, dass die mikroskopische Beobachtung einigermaassen im Vortheile ist. 244 Endlich kommt auch noch die Erkennbarkeit der Form der Körper durch das Mikroskop in Betracht. In der folgenden Tabelle sind die dafür gefundenen Grenzen zusammengestellt. Erkennbarkeit der Form. Erkennbarkeit eines Vierecks. 303 Linsen- system. Ocular. Vergrüsse- rung. Verlullt) Durchmesser des noch Sichtb als Viereck erkennbaren Erkenn Bildes. F liss zwischen arkcit und barkeit der orraen. Nr. 1 Nr. 1 50 7,000 Mmm. =: Viij™"» * 1 2,89 » 2 90 4,048 = %,r 1 3,23 » 3 117 4,103 = %,o 1 2,54 Nr. 2 1 154 1,870 = %3. 1 3,80 » 2 277 1,35^ = 7732 1 3,21 » 3 3G2 1,280 = y^so 1 3,20 Nr. 3 1 200 1,520 = %58 1 4,32 » 2 371 1,053 = %,o 1 3,03 .. 3 484 0,909 =: Viioo 1 2,74 » 4 G08 0,895 = V,,,, 1 1,87 Nr. 4 1 374 0,981 = Vio.o 1 4,00 » 2 G75 0,800 = y,25o 1 3,0C » 3 877 0,705 = y^aio 1 3,07 » 4 1122 0,728 z= y,,,, 1 2,05 » 5 1830 0,750 = y33o 1 . 2,28 Man ersieht aus diesen Zahlen, dass die Erkennbarkeit der Form nicht ganz den nämlichen Regeln folgt, wie die blosse Sichtbarkeit der Objecte. Die Grenzen der letztern werden wenig oder gar nicht erwei- tert, wenn man die Vergrösserung durch Oculare steigert, offenbar aber ist eine derartige Vergrösserung voi'theilhaft, wenn esauf'Formerkennuug ankommt. Daher rühren die grossen Verschiedenheiten zwischen den Verhältnisszahlen in der letzten Columne, wobei man übrigens bis auf wenige Ausnahmen bemerkt, dass die Grenzen der Formerkennung den Sichtbarkeitsgrenzen um so näher kommen, je stärker das benutzte Ocu- lar ist. Dass aber auch hier eine bestimmte Grenze vorhanden ist, welche nicht gut überschritten werden darf, ergiebt sich daraus, dass bei einer 1830maligen Vergrösserung (Ocular Nr. 5) das Bild, dessen Form noch erkennbar war, grösser sein musste, als bei einer 1120 maligen (Ocular Nr. 4). Die letztgenannte Vergrösserung ist demnach die stärkste, die bei jenem zur Untersuchung benutzten Mikroskope unter Umständen noch verwendet werden darf, während man in der Mehrzahl der Fälle da, wo es blos aufs Sehen und Unterscheiden ankommt, mit weit schwächeren Ver- grösserungen auskommen kann. 304 Optisches Vermögen des Mikroskops. 245 Im Vorhergehenden ist alles aufgeführt, was nötliig ist, um das eigentliche optische Vermögen eines Mikroskops mit jenem des blossen Auges in Vergleichnng zu setzen. Es versteht sich aber von selbst, dass man bei dieser Vergleichung von der nämlichen gemeinschaftlichen mitt- leren Sehweite ausgehen muss, für welche die Vergrösserungen berechnet sind, d. h. von 25 Centimeter. Unter den Gruppen von Beobachtungen, die mit blossem Auge angestellt und §. 94 u. flg. mitgetheilt worden sind, findet sich immer eine, die bei jener Entfernung ausgefühi't worden ist, und diese ist den in der folgenden Tabelle zusammengestellten Be- rechnungen zu Grunde gelegt worden. &J0 Optisc g ra o lies Vern ügcn des Mikroskops. -^OOI^OlCOiOfMO 'isuiaoA c^co^-* '^'^■^ '"t,'^ ■♦* ' ^ oo^ooooo'oo" .T05 rH OO O O t- tH O IM HO O '•O 00 •Suu->i.in^s.iOA 8qi^!R-'lA\. o_ 'O^ t-_ CO^ l>-_^ oo_ o t-_ o^ oc i^ co^) t>r u^J" -id<^ 32 t- CO Ttl ^o .o M IM CO CO CO CO 4J ■TS U Ö Zwei runde Oeff- nungeu bei durch- fallendem Lichte. 5 t^CO-#OiOOOCOCO (>■)_ O <>)_ -^ .-H CO (>I_ CO -:)<_ ooooooo~oo 0,35 Verl. 0,G3 Verl. 0,71 Verl. •.oUU'sf.i'BusaaA 9qoipi.UA\. lOCOCOOOOt^CCCO«^ co~co~cr5i3"eoco"i^cr^ c; 00 00 i-H CO o -* lO ira (M (N (N ■>) (N (M 240,7 253,7 255,0 DrahtgeÜecht mit viereckigen Maschen. •lsni.T9A C'-^iOOOOOOOrH.^H-:}' (M>ocri(Mio«ocO':ot>. ocToooo'ooo' 1 O C5 '^ , 1 1 '^'^'^ 1 1 o o cT •Suu:5[.l'BlS.X9A oqoiH.TtAV lO « !>-_ t>-^ ^^ O^ 00_ O .^ !.--;_ 00^ C3_ Cro"crO cTÖ" 1 •.§nn-5[a'B:)sa9A 1 9qo|l^JlAV (Xi00tHC5CO(NC0iOI>. o" o" io~ i>r ctT o" 'd'" icT (m' (>»COCOOt-i(N-^-t) Durchmesser der kleinsten sichtbaren Bildchen in Luft. Wasser. a. Glaskügelchen . . . Desgl b. Hohles Glaskügelchen Desgl c. Glasfaden Desgl d. Glasröhrchen .... Desgl e. Glastäfelchen .... Desgl f. Glimmerplättchen . . Desgl 154 374 154 374 154 374 154 374 154 374 154 374 0,554 Mmm. z= Vigos""" 0,289 = y3,oo 15^20 = /ggo 0,525 = yooo 0,102 = yosoo 0,052 = yio3oo 0,205 = y.ooo 0,149 = %6oo 3,000 ' = y333 2,144 = %o« 1,820 = y,,o 0,988 = yoio 0,tI58 Mmm. = ^5.20""" 0,43G = V2.U0 1,321 = y;„ 0,878 = yi,o 0,1G8 = yjoäo 0,097 = yo2oo 0,352 = %8,o 0,25J = /agoo 4,072 = y,33 2,970 = yaa, 2,2G3 = y,4.2 1,412 = y,08 Um die Sichtbarkeit durchsichtiger Objecte mit jener undurchsich- tiger Objecte bequemer in Vergleichung bringen zu können, setze ich hier den Durchmesser der kleinsten sichtbaren Bildchen der letzteren nach der Tabelle im §. 241 her: Runde Objecte bei 154facher Vergrösserung 0,492 Mmm = V2040'"'" „ „ „ 374 „ „ 0,246 = V4070 Lange „ „ 154 „ „ 0,049 == 1/20500 )•) 1? 11 374 ,, ,, 0,027 ^ 737000 Aus diesen Beobachtungen lassen sich verschiedene nicht unwichtige Folgerungen ziehn: 1) Man ersieht, dass ein vollkommen durchsichtiges kugeliges Kör- perchen, das nicht hohl ist, in der Luft einem ganz undurchsichtigen nur 310 Prüfung des optischen Vermögens an organischen Substanzen. wenig an Sichtbarkeit nachsteht. Selbst unter Wasser sind noch sehr kleine Körperchen der Art sichtbar. Hieraus dürfen wir schliessen, dass z. B. Fettkii gelchen von \2000"™ Durchmesser unterm INIikroskope noch sichtbar sein können. Der Verlust an Sichtbarkeit im Vergleich zu einem ganz undurchsichtigen Körper beträgt hier weniger als 0,5. 2) Sobald das runde Körperchen hohl ist, verliert es viel an Sicht- barkeit. Eine von Wasser umgebene organische Zelle, deren Wand im Verhältniss zum Durchmesser gleich dick wäre, als das hier benutzte hohle Glaskügelchen (b), würde, den nämlichen Brechungsindex voraus- gesetzt, nicht mehr sichtbar sein, sobald sein Durchmesser unter V1140'"'" fiele. Wäre diese Zelle ein ganz undurchsichtiges Körperchen, dann könnte sie etwa 0,6 Male kleiner werden, ehe sie unsichtbar würde. 3) Bei fadenförmigen durchsichtigen Körpern ist der Verlust an Sichtbarkeit bemorklicher als bei runden. Aus den für Nr. c erhaltenen Resultaten darf man schliessen, dass eine organische Faser von noch nicht ^/io20o"™ Dicke unter Wasser nicht mehr zu erkennen ist, das heisst also dann, Avenn sie noch 3,7 Male dicker ist, als ein die Grenzen der Sichtbarkeit erreichender undurchsichtiger draht- oder fadenförmiger Körper. 4) Nach den für Nr. d erhaltenen Resultaten würde ein organisches Röhrchen in Wasser bereits bei einem Durchmesser von Vggoo""" unsicht- bar werden, also bei einer 10 Mal grösseren Dicke als jene, bei welcher ein undurchsichtiger Faden die Sichtbarkeit verliert; es müsste denn die relative Dicke der Röhrchenwand grösser sein, als bei dem benutzten Glasröhrchen. 5) In einem noch bedeutendem Maasse nimmt die Sichtbarkeit tafel- förmiger durchscheinender Körperchen ab, wie es sich für Nr. e heraus- stellte. Vorausgesetzt, runde und viereckige Körper haben die nämlichen Sichtbarkeitsgrenzen , dann muss z. B. ein durchsichtiges Krystallplätt- chen, bei dem Dicke und Breite in dem angegebenen Verhältniss von 1 : 15,7 stehen, wertn es in Wasser liegt und noch gesehen werden soll, 12 Male grösser sein, als ein undurchsichtiges in Wasser liegendes Plätt- chen. Daher kommt es auch, dass die meisten Krystalle in dem Mo- mente, wo sie sichtbar werden, bereits ziemlich gross sind, so dass man ihre Form fast in dem nämlichen Augenblicke erkennt, wo sie sichtbar werden. (Vgl. meinen Aufsatz in der Tydschr. v. Not. Gesch. en Fhys. 1843: Ueber Entstehung^ ursprünrßiche Form und nachfolgende Verände- rungen der präcipirten organischen und anorganischen Substanzen^ im Be- sonderen über die Erscheinungen hei der Krystallbildung.') Gehören die Krystalle zu jenen, welche beim ersten Erscheinen plattenförmig sind, dann können diese Plättchen freilich sehr dünn sein. Das noch erkenn- bare Bildchen des Glasplättchens unter Wasser hat bei 374maliger Vergrösserung nur eine Dicke von '/5300""" "fid in der Luft nur von V740o'""' 6) Ein organisches Häutchen ist im Allgemeinen nicht so voUkom- Täuschung beim Prüfen des optischen Vermögens. 311 men durchscheinend, als ein Glas- oder Ki'ystal! plättchen; seine Wahr- nehmbarkeit wird durch kleine anhängende Molekeln, durch Unebenheiten, durch Falten u. s. w. befördert. Dannit correspondiren einigermaassen die unter Nr. f verzeichneten Resultate. Das Glimnierblättchen war 3,6 Mal dünner als das Glastäfelchen e; aber wegen seiner unvollkonn- menen Durchsichtigkeit waren noch Bilderchen davon wahrnehmbar, die reichlich 2 Mal kleiner waren als die kleinsten Bilder des GlastUfel- chens. Dabei war die Dicke 7,7 Mal geringer; sie betrug 740400""" bei dem in Wasser befindlichen, und Vötsto'""' bei dem in der Luft betrach- teten Plättchen. Uebrigens brauche ich wohl kaum zu bemerken, dass alle vorstehen- den Zahlen nur als Beispiele und als Annäherungswerthe zu betrachten sind und kein genaues Maass der Sichtbarkeit ausdrücken, da diese für jedes Mikroskop und für jedes Object immer wieder variirt. Endlich muss ich hier noch eine Bemerkung beifügen, die sich an 247 eine mit dem blossen Auge zu machende und §. 87 beschriebene Beob- achtung anschliesst, dass nämlich die allerkleinsten sichtbaren Objecte oder Bildchen nicht mehr vollkommen scharf, sondern etwas difFus wahr- genommen werden. Man kann die Sache auch so ausdrücken, dass ein mikroskopisch betrachtetes Object, welches wegen seiner Kleinheit der Sichtbarkeit verlustig wird, sobald es sich in jener richtigen Entfernung vom Mikroskope befindet, bei welcher ein scharfes Netzhautbild dessel- ben entsteht, doch noch erkannt werden kann, sobald diese Entfernung etwas abgeändert wird und nun ein zwar diffuses, aber doch etwas grös- seres Netzhautbild entsteht. Daher kommt es, dass manche wegen ihrer grossen Durchsichtigkeit schwer wahrnehmbare Objecte, z. B. die Epi- thelialzellen der Luftröhre und deren Kerne, etwas deutlicher sich dar- stellen bei solcher Entfernung, wo ihre Ränder nicht ganz scharf erschei- nen, sondern etwas verwischt, dabei aber breiter. Auch wird man bei der Annäherung zum Mikroskope oftmals beobachten, dass im Gesichtsfelde Streifchen und Fleckchen vorkommen, die noch eine ziemliche Breite be- sitzen, so lange sie nicht in der gehörigen Entfernving vom Mikroskope sich befinden und deshalb leicht wahrgenommen werden; sie rühren aber gleichwohl von so kleinen Körperchen her, dass sie in dem Augenblicke, wo die richtige Entfernung für Bildung eines scharf begrenzten Netzhaut- bildchens erreicht ist, dem Auge sich beinahe entziehen. Ganz anders verhält es sich mit der Unterscheidung zweier Gesichts- eindrücke. Hier hilft die grössere Ausbreitung der Diffusionsbildchen auf der Netzhaut nicht allein nichts, vielmehr ist sie sogar schädlich. Um auf das eben angeführte Beispiel mit den Epithelialzellen zurückzukom- men, so können deren feine Cilien nur dann deutlich wahrgenommen werden, wenn das Bild einer jeden Cilie scharfe Grenzlinien hat, und aus diesem Grunde werden sie in dem Momente am deutlichsten erkannt, wo das Bild am kleinsten ist. Zweites Buch. Gebrauch des Mikroskops. 20" Erster Abschnitt. Die mikroskopische ITntersuchimg im Allgemeinen. Jede mikroskopische Untersuchung hat zum Zweck, Objecte oder 248 Bewegungen sichtbar zu machen, die wegen ihrer Kleinheit dem blossen Auge nicht wahrnehmbar sein würden. Die ersteren sind glänze Körper oder Theile von solchen; die letzteren sind die Folge sich äussern- der Kräfte, die entweder den Objecten selbst oder deren Umgebung inne- wohnen. Dem mikroskopischen Beobachter, das Wort in der weitesten Be- deutung genommen, liefert demnach die gesammte Natur die Unter- suchungpobjecte; oder, um die Sache anders auszusprechen, jeder Natur- forscher, welche besondere Seite der Forschung er auch gewählt haben mag, muss mikroskopischer Beobachter sein. Chemiker und Physiker, Geologen und Mineralogen, Botaniker und Zoologen, alle stossen bei ihren Untersuchungen auf Grenzen, wo ihr Gesichtssinn nicht mehr aus- reicht. Ein neues Gesichtsfeld thut sich vor jedem derselben auf, ein neues Gebiet eröffnet sich ihrer vorwärtsstrebenden Wirksamkeit, sobald sie das Mikroskop zur Hand nehmen und mit ihrem Blicke dorthin zu dringen vermögen, wo das unbewaffnete Auge Formen oder Bewegun- gen wahrzunehmen ausser Stande ist. In der grossen Mehrzahl der Fälle zerfällt die mikroskopische Unter- 249 svichung in zwei Acte: 1) die Zubereitung der Objecte, wodurch sie in jenen Zustand versetzt werden, dass sie die zur mikroskopischen Beob- achtung nöthigen Eigenschaften besitzen ; 2) die eigentliche Beobach- tung. Damit ist der Weg vorgeschrieben, welcher in diesem Buche eingeschlagen werden muss. Doch werde ich mir dabei Abweichungen von der gedachten logischen Reihenfolge erlauben, wie sie mir nöthig erscheinen, um eine grössere Deutlichkeit bei Betrachtung der hierher gehörigen Gegenstände zu erreichen. 310 Eigenschaften des Mikroskopikers. 250 Vorher wird es jedoch zweckmässig sein, auf die Frage einzugehen, welche Eigenschaften derjenige besitzen muss, der sich des Mikroskops zu wissenschaftlichen Untersuchungen bedienen will. Zuvörderst mag aber von den körperlichen Eigenschaften die Rede sein. Von denen, die sich einen Theil der Naturwissenschaften zum Studium erwählt haben , werden allerdings nur wenige körperlich so verwahrlost sein, dass sie aus diesem Grunde vom Gebrauche des Mikroskops abstehen müssten, und damit ihre Vernachlässigung eines Instruments entschuldigen dürften, dessen erspriessliche Dienste ihnen nicht unbekannt sein können. Mau muss jedoch auch zugeben, dass jene, welche sich speciell mit der Untersuchung des Kleinen in der Natur beschäftigen und täglich ein paar Stunden das Mikroskop handhaben, bestimmte körperliche Eigenschaften in einem voUkommneren Grade be- sitzen müssen, als einer, der das Mikroskop nur von Zeit zu Zeit und mehr im Vorübergehen zur Hand nimmt. Uebrigens darf nicht vergessen werden, dass einzelne derartige Eigenschaften durch Uebung sehr ge- stärkt und verbessert werden können. Die wichtigsten körperlichen Erfordernisse jedes mikroskopischen Beobachters sind aber gute Augen und gute Hände. Dass er auch sonst, um längere Untersuchungen ausführen zu können, eine gute Con- stitution besitzen muss, dass er namentlich nicht an Congestionen zum Kopfe, an keiner erhöhten allgemeinen Reizbarkeit des Nervensystems leiden darf, versteht sich wohl von selbst und bedarf keiner weiteren Aus- einandersetzung, da man sich kaum eine geistige Thätigkeit denken kann, auf welche ein krankhafter Zustand des Körpers nicht einen störenden Einfluss üben sollte. Der Ausdruck gute Augen und gute Hände verlangt aber noch eine nähere Bestimmung: Augen, wie sie der Seemann braucht, oder Hände, die einem Zimmermann tüchtige Dienste leisten würden, sind noch keine guten für denjenigen, der sich ihrer zu mikroskopischen Un- tersuchungen bedienen will. Ich will bei dieser Gelegenheit auch mit angeben, wie diese Organe zur Ausführung mikroskopischer Untersuchun- gen am besten vorbereitet und geübt werden können. 251 Ganz gute Augen müssen folgende Eigenschaften in sich ver- einigen. 1) Die durchsichtigen Medien, nämlich Hornhaut, Humor aqiieus^ Linse und Humor vitreus, müssen möglichst durchsichtig sein, so dass die Lichtstrahlen fast ohne Verlust bis zur Netzhaut gelangen. 2) Das Accommodationsvermögen muss es ihnen möglich machen, sehr entfernte Objecte, deren Lichtstrahlen fast parallel verlaufen, wie sehr nahe Gegenstände , deren Strahlen stark divergirend auf die Horn- haut fallen, mit gleicher Leichtigkeit und gleich scharf und deutlich zu erkennen. 3) Ihre Netzhaut muss füi- die schwächsten Eindrücke empfang- Die Augen des Mikroskopikers. 317 lieh, dabei aber von jener krankhaften Irritabilität frei sein, in deren Folge leicht sogenannte Nachbilder entstehen, welche für die nachfolgen- den Eindrücke störend sind. 4) Endlich müssen sie ohne ein besonderes Gefühl von Anspannung oder Ermüdung eine geraume Zeit lang zur Aufnahme scharfer Gesichts- eindrücke verwendet werden können. Solche vollkommene Augen kommen indessen nur selten vor. Na- 252 mentlich ist das Accommodations vermögen in der Regel ein sehr be- schränktes, so dass derjenige, welcher entfernte Objecte gut sehen kann, dieselben weniger gut wahrnimmt, wenn sie nur wenige Zolle vom Auge entfernt sind. Das letztere ist aber, wenn auch keine unerlässliche Forderung, so doch ein grosser Vorzug desjenigen, der mikroskopische Untersuchungen anstellt. Je näher er die Objecte den Augen bringen kann, ohne dass Diffusionsbildchen auf der Netzhaut entstehen, um so mehr wirken seine Augen selbst schon als Mikroskop und zwar als ein solches, welches die besten Instrumente dieser Art übertrifft, sowohl in der Grösse des Gesichtsfeldes als im durchdringenden und begrenzenden Vermögen, worüber zu vergleichen ist, was oben (§. 245) über die Gren- zen des optischen Vermögens des blossen Auges und des Mikroskops angeführt worden ist. Darin liegt es, dass ein Myope im Allgemeinen zu mikroskopischen Untersuchungen geschickter ist als ein Presbyope. Namentlich muss der Fernsichtige beim Anfertigen feiner mikroskopischer Präparate sogleich zur Lupe greifen, während es dem Kurzsichtigen hierbei sehr zu statten kommt, dass er kleine Objecte in geringer Entfernung von seinem Auge noch scharf wahzunehmen im Stande ist. Auch können myopische Augen in der Regel eine längere Anstrengung besser vertragen, vorausgesetzt natürlich, dass sie nicht mit anderen Gebrechen behaftet sind, die bei Myopie manchmal vorkommen. Der Myopische bringt also von Natur eine besondere Anlage mit zu jenen Verrichtungen, welche mit den meisten mikroskopischen Unter- suchungen verknüpft sind. Wem jedoch diese glückliche Anlage abgeht, der vermag durch Uebung diesem Mangel grossentheils abzuhelfen. Es ist bekannt gemig, dass alle Sinnesorgane durch Uebung an Schärfe ge- winnen, und dass sie immer geschickter werden zu jener Art von Thätig- keit, wozu sie vorzugsweise in Gebrauch kommen. Der Seemann, der von Jugend auf immer nach dem Horizonte hinschaute, hat dadurch all- inälig die Fähigkeit erlangt, seine Augen leicht und ohne Anstrengung parallelen Strahlen zu accommodiren. Ebenso wird derjenige, der mit feiner Handarbeit beschäftigt ist (und dazu gehört ein grosser Theil von den Verrichtungen des Mikroskopikers), allmälig finden, dass seine Augen immer mehr befähigt werden, für geringe Entfernungen sich zu accommodiren. Auch noch aus einem andern Grunde werden die Augen durch an- 318 r^ewrihnung des Auges ans mikroskopische Sehen. haltende Uebnng mehr und mehr zu mikroskopischer Beobachtung ge- eignet. Ich habe bereits oben (§. 216) darauf aufmerksam gemacht, dass die Augen von Personen, die nicht daran geAvöhnt sind, nicht in den Zustand von Ruhe kommen, welche erfordert wird, wenn sie eine län- gere Zeit hindurch ohne Ermüdung durchs Mikroskop sehen sollen. Im gewöhnlichen Leben pflegen wir nicht die Entfernung der Objecte nach dem Accommodationszustande des Auges zu bestimmen , vielmehr diesen Accommodationszustand nach der Entfernung der Objecte zu bemessen. Hier ist dies auch nicht hinderlich, da meistens zwischen den aufeinan- derfolgenden Gesichtseindrücken Momente des Ausruhens liegen, wo das Auge sich wiederum von seiner Anstrengung erholen kann. Anders stehen die Sachen, wenn wir das Auge eine Zeit hindurch zu anhalten- der mikroskopischer Untersuchung verwenden. Wenn hier der Unge- übte, ganz unwillkürlich und unbewusst, sein Accommodationsvermögen ebenfalls wirken lässt, und Gesichtseindrücke aufzunehmen oder festzvi- halten sucht von Objecten , die sich in verschiedener Entfernung befinden, so fühlt er in Folge dieser anhaltenden Thätigkeit des Auges alsbald eine Ermüdung in demselben, wodurch er genöthigt wird, das mikrosko- pische Sehen einige Zeit hindurch auszusetzen. Der geübte Beobachter dagegen benutzt seine Retina nur als Schirm, worauf er die Bilder der Objecte auffängt, und die übrigen Theile des Auges bleiben in voller Ruhe ; was sonst durch das Accommodationsvermögen zu Stande gebracht wird, das überträgt er ganz und gar auf sein Instrument, welches dadurch nicht ermüdet wird. Hieraus folgt auch, dass der häufige Gebrauch des Mikroskops kei- neswegs, wie es viele annehmen, dem Gesichtsorgane nachtheilig ist, dieses vielmehr allmälig dadurch immer geschickter wird, genaue und längere Anstrengung erfordernde Beobachtungen auszuführen. Aiich wird jene Ansicht durch die Erfahrung hinlänglich widerlegt. Leeuwen- hoek, der zu s-^'nen Untersuchungen nur kleine Linsen benutzte, durch die das Auge natürlicher Weise in einem weit stärkeren Grade angestrengt wird , als durch das zusammengesetzte Mikroskop , setzte seine Unter- suchungen bis über das achtzigste Jahr hinaus noch täglich fort, ohne dass seine Augen dadurch einen Schaden erlitten zu haben scheinen. 253 Damit soll nun aber nicht behauptet sein, dass mikroskopische Beob- achtungen, die unter gewissen ungünstigen Umständen angestellt wer- den, nicht sollten schädlich sein können. Im Gegentheil, jeder mikro- skopische Beobachter muss seine Augen schonen und sich vor allen sol- , chen Einflüssen hüten , deren nachtheilige Einwirkung auf die Augen bekannt ist. Er ist vielleicht hierzu mehr genöthigt als ein anderer, weil ihm das Gesichtsorgan das einzige Mittel ist zur Gemeinschaft mit der kleinen Welt, die er sich zum Gegenstande seiner Forschungen erwählt hat. Es bedarf deshalb einiger Vorsichtsmaassregeln, um das Auge in gutem Zustande zu erhalten. Vornehmlich sind alle zu starke Gesichts- Vermeidung zu grellen Lichtes und des Lichtcoutrastes. 319 eindrücke zu vermeiden. Anfänger mit dem Mikroskope begehen mei- stens alle den Fehler, dass sie die Objecte oder richtiger das Gesichts- feld zu stark beleuchten. Dass die Sichtbarkeit der Objecte dadurch nicht gefördert wird, darauf habe ich schon mehr denn einmal aufmerk- sam gemacht (§. 214); zudem wird auch die Netzhaut dadurch zu stark gereizt, un4 der Ueberreizung folgt später eine Abstumpfung. Wirkte ein zu starker Reiz ein, wie etwa in dem Falle, wenn zur Beleuchtung des Gesichtsfeldes directes Sonnenlicht augewendet wird, dann dauei't der Gesichtseiudruck als Nachbild fort, und durch das trau- rige Beispiel einiger Naturforscher (Fechner, Plateau), die sich mit den hierbei auftretenden Erscheinungen beschäftigten , ist es bekannt genug, wie gefährlich ein derartiger oftmals wiederholter überreizter Zustand der Retina dem Gesichtsorgane ist. Aber nicht blos eine zu starke Beleuchtung muss beim Gebrauche *i54 des Mikroskops vermieden werden, auch vor jedem zu starken Contraste von Licht und Dunkelheit hat man sich zu hüten. War das Auge einige Zeit hindurch im Dunkeln , dann ist die Pupille stark erweitert, und ein Beleuchtungsgrad, den das Auge unter gewöhnlichen Umständen sehr gut zu ertragen vermag, wirkt dann schädlich, weil ein breiteres Licht- bündel durch die Pupille eindringt. In dieser Lage befindet sich jener, der eine Argand'sche Lampe benutzt und das von oben und seitlich herkommende Licht mittelst eines Schirmes abjiält. Man will dadurch das Licht melfr auf die Tafel concentriren , an der man arbeitet; man erreicht dies aber nur unvollkommen durch die weisse Farbe, womit die innere Fläche eines solchen Schirmes in der Regel angestrichen ist. Der eigentliche Grund, warum der von einer solchen Lampe unmittel- bar bestrahlte Raum scheinbar besser beleuchtet ist, liegt in dem Con- traste mit dem übrigen Zimmer, worin man sich befindet : das Auge aber, welches bald dem dunkleren Zimmer, bald wieder der hellen Tafel oder dem beleuchteten Gesichtsfelde des Mikroskops zugekehrt ist, muss die schädlichen Folgen der immer wiederkehrenden abwechselnden Expan- sionen und Contractionen der Pupille empfinden. Bei jeder künstlichen Beleuchtung stelle man sich das Ziel, die natürliche Beleuchtung mög- lichst nachzuahmen; wie die Sonne ihre Strahlen gleichmässig nach allen Richtungen entsendet, so soll es auch mit unserem künstlichen Lichte geschehen. Deshalb ist aber auch der Gebrauch aller Lampen, die nur in einer bestimmten Richtung ihr Licht ausstrahlen und die von manchen Optikern ihren Mikroskopen ausdrücklich beigefügt werden, unbedingt zu verwerfen. Eine ähnliche, ja vielleicht selbst noch schädlichere Wirkung übt das Tageslicht, welches durch eine enge Oeffnung in ein sonst dunkel gehaltenes Zimmer eingelassen wird. Früher benutzte man allgemein Mikroskope, denen wegen des mangelnden Aplanatismus nur eine kleine Oeffnung gegeben werden durfte; da konnte Spallanzaui's Rath, der 320 Das mikroskopische Sehen strengt nicht an. — Offenhalten beider Augen. späterhin auch von anderen wiederholt worden ist, man solle in einem solchen ganz verdüsterten Zimmer arbeiten, nicht ganz verwerflich er- scheinen. Gegenwärtig aber, wo die Mikroskope so sehr verbessert sind, dass sie, ohne an begrenzendem Vermögen zu verlieren, ein breites Lichtbündel durchtreten lassen können, gewinnt der Beobachter nichts durch das dunkel gehaltene Zimmer, und er läuft nur Gefahr, seine Augen unwiederbringlich zu verderben. Mandl (^Traite pratique du mi- eroscope. Par. 1839. p. 55) berichtet, dass einer seiner Bekannten sich jener Beleuchtungsweise bediente , aber nach einiger Zeit heftige Schmer- zen in den Augen bekam und gleichzeitig an Schwäche des Gesichts litt, wodurch er genöthigt wurde , vom ferneren Gebrauche des Mikro- skops ganz abzustehen. '255 Wenn auch, solche Beispiele zur Warnung dienen müssen, dass man bei mikroskopischen Untersuchungen die Augen nicht solchen Einflüssen preisgeben darf, die ihnen nachtheilig werden können , so will ich es doch nochmals wiederholen, dass die mikroskopische Beobachtung an und für sich dem Auge keinen Schaden bringt, so wenig als die Be- nutzung des blossen Auges zum gewöhnlichen Sehen deshalb als etwas Schädliches bezeichnet werden darf, weil es Menschen giebt. die ihr Gesicht dadurch verloi'en, dass sie geradezu in die Sonne sahen oder auf eine von der Sonne beschienene Schneefläche. Nur mache man sich's zur festen Regel, eine mikroskopische Unter- suchung nicht fortzusetzen, sobald man nur eine Spur von Ermüdung oder von Schmerzen im Auge fühlt. Ein Anfänger mit dem Mikroskope wird zuerst die Zeichen davon bald an sich wahrnehmen, braucht sich aber dadurch nicht abschrecken zu lassen : der Ursache dieser schnelle- ren Ermüdung des Auges, nämlich der unwillkürlichen Wirkung seines Accommodationsvermögens, ist schon vorhin gedacht worden. Bei jeder neuen Benutzung des Instruments wird er, falls nämlich seine Augen sich nicht in einem krankhaften Zustande befinden, die Erfahrung machen, dass er die Beobachtung immer länger ohne Anstrengung fortsetzen kann, und zuletzt wird er, wenn er die nöthige Vorsicht gebraucht, eben so wenig dadurch angestrengt werden , als wenn er seine Augen zum Schreiben, zum Lesen, zum Zeichnen u. s. w. benutzt. 256 Beim mikroskopischen Sehen wird nur Ein Auge benutzt. Man gewöhne sich aber, das andere Auge immer offen zu behalten; bei eini- ger Uebung thut dies dem Gesichtseindrucke, den jenes durchs Älikro- skop sehende Auge erhält, durchaus keinen Eintrag, und es ist damit der Vortheil verbunden, dass das andere für gewöhnlich ganz unthätige Auge unter besonderen Umständen, nach der in §. 185 angegebenen Methode des Doppelsehens, zum Zeichnen oder zum Messen benutzt werden kann. Ueberdies hat das Zukneifen des einen Auges immer eine Spannung in den Lidern des andern Auges zur Folge, die nicht lange Hände des Mikroskopikers. 321 ausgehalten werden kann. Rathsam ist es auch, dass man nicht aus- schliessend immer das nämliche Auge zum Beobachten nimmt, sondern mit den Augen wechselt. Man läuft sonst Gefahr, dass allmälig das - Zusammenwirken beider Augen beim gewöhnlichen Sehen unvollkommen von statten geht, was für die Erkennung der körperlichen Formen, d. h. für das stereoskopische Sehen, mit Nachtheilen verbunden ist. Als das zweite wichtige somatische Erforderniss für denjenigen, der 257 sich mit mikroskopischen Untersuchungen beschäftigen will , nannte ich gute Hände. Die Instrumentenmacher haben sich freilich wohl viel Mühe gegeben , dieselben entbehrlich zu machen ; sie haben allerlei Räder- und Schraubeneinrichtungen erdacht, wodurch auch die rohesten und wenigst geübten Hände in Stand gesetzt werden, den unterm Mi- kroskop befindlichen Objecten die feinsten Bewegungen mitzutheilen. Hat man doch sogar vorgeschlagen (Purkinje in Wagner's Wörterb., Art. Mikroskop), durch Schrauben bewegte Messer chen und Scheerchen auf den Objecttisch zu bringen, um damit feine Zergliederungen unterm Mi- kroskope vorzunehmen. Will ich nun auch nicht in Abrede stellen, dass solche mechanische Hülfsmittel dem Geübten bisweilen zu statten kommen können, so ist ihr wirklicher Nutzen doch ein sehr eingeschränkter, und niemals können sie den Abgang guter zum Arbeiten brauchbarer Hände ersetzen. Selbst die beste Schraube bewegt ein Object nur in Einer Richtung, während die Finger durch zahlreiche Muskeln befähigt sind, Bewegungen in allen möglichen Richtungen auszuführen. Es müssen diese Bewegungen zwar in gleichem Maasse verkürzt und verlangsamt werden, in welchem die Vergrösserung zunimmt; dazu ist aber nichts als Uebung nöthig. Die mechanischen Mittel, die Muskeln nämlich besitzen wir, wir müssen sie aber auf passende Weise zu gebrauchen erlernen. Zuvörderst muss man sich die Fertigkeit zu eigen machen, die Ob- 258 jecte im Gesichtsfelde des Mikroskops gleichmässig und ohne Erschütte- rung mittelst der Hände zu bewegen. Anfangs wird dies dem beginnen- den Mikroskopiker schwer fallen, namentlich beim zusammengesetzten Mikroskope, wo alle Bewegungen umgekehrt wie die wahren sein müssen, und wenn der Objecttisch seines Mikroskops mit einem beweglichen Schlitten versehen ist, so wird er immer in Versuchung kommen, nach dessen Schrauben zu greifen. Er lasse sich aber dadurch nicht ent- muthigen. Bei einiger Ausdauer werden die Finger bald die Fertigkeit erlangt haben, seinem Willen ganz nachzukommen; dabei werden sie den künstlichsten Schlittenapparat in Allseitigkeit der Bewegung übertreffen, in der Genauigkeit der Bewegung ihm aber gleichkommen. Um sich auf eine geregelte Weise darin zu üben, ist es gut, wenn man mit den schwächsten Vergrösserungen anfängt und irgend ein Ob- ject an eine bestimmte Stelle des Gesichtsfeldes zu bringen sucht, wenn Harting's Mikroskop. 21 322 Uebung der Hände. man etwa den Rand des Objects mit dem Rande des Gesichtsfeldes in Berührung bringt, oder mit einem im Oculare ausgespannten Spinnweb- faden. Auch ist das Beobachten mancher Infusorien und Rotatorien eine sehr gute Uebung , weil es nicht leicht ist , ein solches frei im Was- sertropfen schwimmendes Thierchen fortwährend im Gesichtsfelde zu behalten; auch ganz kunstreich angebrachte Schrauben reichen hierzu nicht aus, während es die Finger, auch bei ansehnlicher Vergrösserung, noch auszuführen im Stande sind. 259 Zweitens müssen Hände und Finger dazu dienen, Präparate anzu- fertigen oder Zergliederungen auf dem Objecttische des Mikroskops aus- zuführen. Beim zusammengesetzten Mikroskope liegt in der Umkehrung des Bilfdes ein schwer zu überwindendes Hinderniss. Auch bezweifele ich, dass jemals einer damit eben so gut arbeiten lernt, als wenn die Bilder der Objeote sich in der naturgemässen Richtung befinden. Glück- licher Weise ist dies auch nicht so nöthig. Zu den feinsten Zergliede- rungen reicht eine Vergrösserung aus, die höchstens eine 50- bis GOfache ist; wollte man noch stärkere Vergrösserungen anwenden, so würden dazu brauchbare Zergliederungsinstruraente abgehen. Bei der angege- benen Vergrösserung bleibt aber eine einfache Linse oder ein Doublet noch in gehöriger Entferung vom Objecte, um dasselbe mit feinen Na- deln und Messern behandeln zu können. Ausserdem besitzen wir auch an dem bildumkehrenden Mikroskope ein für solche Zergliederungen ganz ausreichendes Instrument. Arbeitet man unter dem Mikroskope oder unter der Lupe , so kommt es hauptsächlich auf eine feste Hand an, d. h. darauf, dass keine unwill- kürlichen Muskelerzitterungen in der Hand stattfinden. Dies verlangt mehr Uebung und ist weit schwerer, als die soeben erwähnte Bewegung der Objecte auf dem Objecttische; davon kann sich jeder überzeugen, wenn er den Versuch macht, die Spitze einer Nadel ganz still und un- beweglich im Brennpunkte eines Mikroskops zu halten. Man wird stehen, dass die Nadelspitze sich in einer fortwährenden zitternden Bewegung befindet, die ihr von der Hand mitgetheilt wird. Es scheint diese zit- ternde Bewegung untrennbar mit jeder Muskelcontraction verbunden zu sein, ihre vollständige Beseitigung demnach zu den Unmöglichkeiten zu gehören; indessen lässt sie sich vermindern und dadurch beinahe un- schädlich machen. Zuvörderst nimmt sie durch jede ungewöhnliche Kraftanstrengung zu : durch Heben einer schweren Last , durch die schnellen Bewegungen der Arme und Hände beim Sägen, Feilen u. s. w. werden diese Organe oftmals noch viele Stunden hindurch zu jeder ferneren Arbeit ganz un- bi'auchbar. Wer daher unterm Mikroskope eine Zergliederung vorneh- men will, der darf nur dann daran gehen, wenn seine Arm- und Hand- muskeln sich von einer früheren, grössere Kraftanstrengung erfordernden Thätigkoit vollkommen erholt haben. Man wird sogar finden, dass feine */ Uebung der Hände. 323 Präparate am besten gerathen, wenn man sie am Morgen, kurze Zeit nach dem Erwachen, anfertigt, weil während des Schlafs das Gleich- gewicht sich wiederum hergestellt hat, welches durch die während des Tags vorgenommenen Beschäftigungen, auch wenn dieselben keine beson- dere Kraftanstrengung erfordern , allmälig in einem mehr oder wenio-er hohen Grade verloren geht. Sodann kann jeder an sich selbst erproben, dass die durch jenes unwillkürliche Muskelzittern erzeugten Bewegungen um so ausgedehnter sind, je entfernter der bewegte Theil von einem festen Stützpunkte ge- legen ist.. Versucht man im Stehen , ohne dass die Arme oder Hände irgendwo gestützt sind, eine Nadelspitze in den Brennpunkt des Mikro- skops zu halten, so wird man wahrnehmen, dass die Nadelspitze starke Bewegungen macht. Diese werden sich alsbald vermindern, sobald man in die sitzende Stellung übergeht, oder wohl gar den Ellenbogen und Vorderarm aufstützt, und auf ein Minimum werden sie reducirt, wenn auch die Hand auf einer festen Unterlage ruht. Die Sache erklärt sich einfach. Das Muskelzittern pflanzt sich von einem Theile des Körpers auf den anderen fort, beim Stehen demnach von den Beinen auf den Rumpf, von da auf die Arme, auf die Hände und endlich auf die Finger- spitzen; an diesen letzten muss mithin die Bewegung am ausgiebigsten sich darstellen, weil sie das Resultat der Muskelerzitterungen des ganzen Körpers ist. Bricht man nun die Bewegung an irgend einem Punkte dieser Bahn, so pflanzt sie sich nur von diesem Punkte aus weiter fort, und somit ist es klar, dass die Fingerspitzen dem Zustande vollkommener Ruhe um so näher kommen werden , je näher sie sich dem Stützpunkte befinden, welcher die Fortpflanzung der Muskelerzitterungen hindert. Deshalb muss man es sich zur Regel machen, nicht nur alle feineren mechanischen Trennungen im Sitzen vorzunehmen, sondern dabei auch die Arme und Hände durch passend angebrachte Unterlagen zu unter- stützen. Manchmal kann es sogar gut sein, wenn man noch unter das letzte Glied des Mittelfingers, der mit dem Daumen und dem Zeigefinger zum Festhalten und Leiten des zur Trennung benutzten Instruments dient, eine kleine Rolle bringt, welche das Glied unterstützt, ohne doch dessen Bewegungen hinderlich zu sein. Es versteht sich aber von selbst, dass ein Anfänger, wenn er diesen Vor- 260 Schriften auch getreulich nachkommt, doch noch nicht sogleich im Stande sein wird, sehr mühsame Zergliederungen, etwa von sehr kleinen Insec- ten, unter dem Mikroskope auszuführen. Es muss Uebung hinzukommen, und diese erwirbt man sich am besten, wenn man allmälig vom Leichte- ren zum Schwereren fortschreitet. Er beginne daher mit der Anfertigung solcher Präparate, zu denen die Beihülfe des Mikroskops noch nicht er- forderlich ist, indem er etwa dünne Schnitte von ziemlich harten Körpern macht, von Knorpeln, Hörnern, Nägeln, den meisten Pflanzengeweben u.s.w. Dann geht er zu Präparaten über, zu deren Darstellung die Benutzung 21* 824 Psychische Eigenschaften des Mikroskopikers. einer nur wenig vergrössernden Lupe in der Regel ausreicht. Die Ana- tomie der Insecten, der Mollusken und anderer kleiner Thier£ bietet hier der Uebung ein reiches Feld, indem er zu immer kleineren Objec- ten fortschreitet und zugleich bei stets zunehmenden Vergrösserungen arbeitet, wo dann nach einiger Zeit ein Floh, eine Milbe, ja selbst eins von den grösseren Infusoi'ien unter dem Mikroskope fast mit gleicher Leichtigkeit zerlegt wird, wie die Section eines vierfüssigen Thieres oder eines Vogels mit unbewaffnetem Auge vor sich geht. 261 Nachdem wir die wichtigsten somatischen Eigenschaften betrachtet haben, welche derjenige, der sich mit mikroskopischen Untersuchungen beschäftigen will, besitzen oder doch zu erwerben suchen muss, kommt nun die Beantwortung der Frage nach den psychischen Eigenthüm- lichkeiten, die ihn auszeichnen sollen, an die Reihe. Manche dürften vielleicht der Ansicht sein, als ob die Betrachtung dieser letzteren nicht hierher gehörte, weil alle Vermögen und Eigen- schaften der Seele, welche von einem Mikroskopiker gefordert werden, auch keinem andern Naturforscher fehlen dürfen, so dass dann schliesa- lich die Beantwortung der vorstehenden Frage mit der Antwort auf die mehr allgemeine Frage zusammenfallen würde : welche psychischen Eigenthümlichkeiten werden von jenem erwartet, der die Erforschung der Natur und ihrer Erscheinungen sich zum Ziele gesetzt hat? Diese letztere Frage begreift zwar die erstere in sich, das Umgekehrte findet jedoch nicht statt. Schon die Wahrnehmung, dass der eine sich mehr zu diesem, der andere mehr zu jenem Theile der Naturforschung hinge- zogen fühlt, ist Beweis dafür, dass in der verschiedenartigen Gemüths- und Geistesrichtung die Bedingungen zu diesen verschiedenen Neigungen enthalten sind. Auch darf die besondere Natur der Objecte, mit deren Untersuchung man sich beschäftigt, nicht aus dem Auge verloren wer- den, da dieselben bald die Einwirkung einer bestimmten geistigen Thätig- keit, bald wieder einer anderen beanspruchen, und da in der Eigen- thümlichkeit jeder Untersuchung immer besondere Veranlassungen zu Irrthum enthalten sind, den zwar kein Naturforscher immer und zu allen Zeiten entfernt zu halten hoffen darf, den aber möglichst zu verhüten stets seine höchste Pflicht ist. Aus diesen Gründen erachte ich die folgende kurze Angabe über die psychische Beschaffenheit eines mikroskopischen Beobachters hier nicht für unpassend, um so mehr, da dieses Buch ganz besonders für solche bestimmt ist, die erst anfangen, sich auf die Naturwissenschaf- ten zu verlegen, und alle die Klippen noch nicht kennen, an denen sie Schiffbruch erleiden können. Lerne dich selbst kennen, muss einem jeden zugerufen werden, der sich einen besonderen Zweig des Wissens erwählt und den ersten Schritt auf dem neuen Wege thut; denn wer sich selbst und die Wissenschaft kennt, der wird unschwer an den KLlip- pen vorbeisegeln. Wahrheitsliebe des Mikroskopikers. 325 Wahrheit, reine unverfälschte Wahrheit ist die Wissenschaft. Die 262 erste und wichtigste Forderung an jeden Naturforscher, also auch an den Mikroskopiker, ist die unwandelbare Wahrheitsliebe. Die \Vahrheit dieser Sätze wird von allen anerkannt, und dennoch lehrt die tägliche Erfahrung, dass immer dagegen gesündigt wird. Ich rede hier nicht von jenen, die absichtlich betrügen; ihre Anzahl ist gewiss klein , und es kann auch nicht mein Ziel sein, sittliche Besserung zu bewirken; sie mögen die Unwahrheiten, die sie anderen mit Wissen und Willen, aus welchen Gründen es auch geschehen mag, als Wahr- heiten auftischen, vor ihrem eigenen Gewissen verantworten. Ich habe es nur mit der grösseren Zahl jener zu thun, die, wenn sie auch die Wahrheit zu lieben vermeinen, in Irrthümer verfallen, die sie hätten vermeiden können. Diese Irrthümer sind unwillkürliche und darum leichter zu verzeihen; sie sind aber der Wissenschaft nicht weniger schädlich, als vorbedachte Lügen, ja manchmal noch mehr als diese, wenn aus dem Tone, in welchem die Mittheilung gemacht wird, zu er- sehen ist, dass der Beobachter wirklich in gutem Glauben ist. Die Wahrheitsliebe geht noch etwas weiter; sie umfasst auch das ernstliche Streben, jedem Versuche zum Irrthume zuvorzukommen. Dieselbe ver- langt auch, namentlich bei den auf Induction beruhenden Naturwissen- schaften, eine strenge Kritik: das Zuverlässigere muss vom Unsiche- ren, das Wahre vom Wahrscheinlichen, das Wahrscheinliche vom blos Möglichen unterschieden werden. Dies wird oftmals nicht genugsam im Auge behalten von jenen, die ihre Untersuchungen dem Publikum vor- legen. Es sollen z. B. zwei Beobachter sich mit der Entwickelungs- geschichte eines und desselben Gewebes, Organes oder Thieres beschäf- tigen; beide können nun vielleicht vollkommen die nämlichen That- sachen beobachten, und es können dennoch ihre Ansichten über die Art und Weise, wie die Entwickelung erfolgt, ganz von einander abweichen, weil der eine die beobachteten Thatsachen auf diese Weise, der andere auf jene Weise an einander reiht. Wem unsere heutige Physiologie nicht unbekannt ist, der wird sich leicht mehrere Beispiele dieser Art vergegenwärtigen können; ich erinnere nur an die auseinander gehenden Ansichten, welche über Bildung und Entwickelung der thierischen und pflanzlichen Zelle aufgestellt worden sind. Diese Discrepanz darf aber nicht in Verwunderung setzen; noch niemand hat die Bildung einer Zelle wirklich gesehen, oder das Entstehen eines Gewebes dadurch, dass Zellen in Röhren , in Fasern u. s. w. sich umwandeln. Wir sehen nur das bereits Bestehende, und darüber kann man in vielen, ja in den mei- sten Fällen zu jener empirischen Gewissheit kommen, die in den Natur- wissenschaften gleichbedeutend ist mit der Wahrheit. Sobald wir uns indessen weiter wagen, sobald wir aus dem vorliegenden Verhalten auf vorausgegangene oder auf nachfolgende Zustände Schlüsse ziehen, dann gehen die positiven Resultate directer Beobachtung und die Schlüsse unserer subjectiven Auffassung in einander über; wir stehen dann auf 32C Benutzung der Analogie. dem Boden der Hypothese, die sich in diesem Falle, unerachtet aller Wahrscheinlichkeit, nicht anders als durch that lächliche Wahrnehmung zur Wahrheit erheben kann. Das Nämliche gilt auch von. dem vielfach sich geltend machenden Bestreben, aus einer im Verhältniss zu der grossen Menge von Natur- gegenständen immer nur kleinen Anzahl beobachteter Thatsachen zu fol- gern, dasjenige, was in dem einen Falle beobachtet wird, müsse auch in einem anderen ähnlichen Falle stattfinden. Wir können allerdings die Schlüsse aus Analogie nicht entbehren und sie sind selbst ein sehr wich- tiges Mittel zur Vervollkommnung der Wissenschaft, da sie uns den Weg anzeigen, der weiterhin eingeschlagen werden muss. Man soll aber nie vergessen, dass sie nur auf einen höheren oder geringeren Grad von Wahrscheinlichkeit Anspruch machen können, dass es mit dem Lichte, welches einer gut beobachteten Thatsache entströmt, oftmals eben so geht, wie mit dem eigentlichen Lichte, dessen Stärke im quadratischen Ver- hältniss der Entfernung von der Lichtquelle abnimmt. Von keiner Classe der Naturforscher ist wohl mehr gegen diesen Satz gefehlt worden, als von den Mikroskopikern. Vielleicht gerade die Kleinheit ihrer Untersuchungsobjecte und das unübersehbare Feld, das sie noch vor sich haben, daneben dann die jedem Naturforscher einwoh- nende Neigung, Zusammenhang und Einheit in den Erscheinungen aufzu- finden, mag sie vorzugsweise vor anderen dieser Gefahr aussetzen. Man erinnere sich z. B. der vielen Irrthümer, welche sich in die Wissenschaft einschlichen und zum Theil noch bestehen durch die übertriebene Sucht, Uebereinstimmung in der Bildung der Thiere und Pflanzen herauszufinden. Niemand wird es verkennen, dass dieses Suchen nach Analogien seine sehr nützliche Seite hat. Nur eile man der Wissenschaft nicht voraus und suche schon ein Dach auf das Gebäude zu bringen, dessen Grund- lagen noch erst gelegt werden müssen. Man trifft Beobachter, denen eine Eiche oder ein anderer zufällig in der Nähe ihrer Wohnung stehender Baum der Repräsentant aller Dicoty- ledonen ist, oder die ein paar Beobachtungen, welche sie an dieser oder jener Palmsorte angestellt haben, auf alle Monocotyledonen übertragen, oder die daraus, dass dieses oder jenes Organ beim Kaninchen oder beim Hunde eine bestimmte Zusammensetzung hat, auf eine vollkommen gleiche Zusammensetzung bei allen Säues, was bereits früher §. 97 bis 99 darüber angegeben worden ist. Es sind daher nur diese beiden Umstände in ihrem Verhalten zu den mikroskopischen Objecten in Betrachtung zu ziehen. 275 Von allen Formen wirkt die Kugelform am stärksten auf die Ab- weichung der Lichtstrahlen ein. Beispielshalber mögen nur Luftbläschen sowie Ocl- oder Fettkügelchen genannt werden, weil dies zugleich sehr gewöhnliche mikroskopische Objecte sind: beide zeigen scharfe Contouren, sind dunkel in der Nähe des R-indes, und nur ihre Mitte ist hell. Zum Verständniss können die Figuren 1'22 und 123 beitragen. Li Fig. 122 ist Ficr. 122. Fig. 123. Lk-ht.strahlen. durch ein Luftbläschen tretend. iaolitstrahlen, durch ein Uelkügelcheu tretend. Wirkung der Kugelform. 341 eine Luftblase dargestellt, welche von einem stärker brechenden Medium AB, von Glas, Wasser \i. dergl. eingeschlossen wird. In Fig. 123 soll ein Fett- oder Oeltröpfchen von einem schwächer brechenden Medium Aß umgeben sein. Es ist in den Figuren angegeben, welchen Weg die senkrecht auffallenden parallelen Strahlen abcde nehmen werden, wenn sie durch das Luitbläschen oder durch das Fetttröpfchen gedrungen sind. Nur der mittelste Strahl c setzt in beiden Figuren seinen Weg ohne Brechung fort und erreicht das Auge; die an der Peripherie auffallenden Strahlen dagegen weichen zu sehr von ihrer Bahn ab (nur im Fett- tröpfchen im umgekehrten Sinne als bei dem Luftbläschen), als dass sie in das Auge gelangen könnten. Die Peripherie oder die Ränder erschei- nen deshalb dunkel, und der dunkle Rand ist um so grösser, je mehr sich das Brechungs vermögen von jenem des umgebenden Mediums unter- scheidet. Deshalb ist bei den Luftbläschen dieser dunkele Theil am breitesten, weil das Brechungsvermögen von "Wasser und Luft mehr ditferirt als von Wasser und Fett. Ausserdem entsteht auch noch beim Luftbläschen, wenn dasselbe seine Kugelform behalten hat, ein Scheinbild von jedem unter dem Objecttische befindlichen oder im Spiegel sich reflectirenden Körper, welches sich demnach unterhalb des Luftbläschens befindet und nur dadurch sichtbar wird, dass man das Objectiv demsel- ben mehr nähert. Bei ganz runden Oel- und Fettkügelchen dagegen nimmt man ein wahres Bild wahr, das sich aber oberhalb der Ober- fläche des Kügelchens befindet. Luftbläschen und Fettkügelchen sind deshalb ohne Mühe von einan- der zu unterscheiden. Doch auch alle anderen kugelförmigen durchsich- tigen Körperchen machen sich in dieser Weise bemerklich. So besitzen z. B. viele anorganische Substanzen, wie kohlensaurer Kalk und andere, die Eigenschaft, unter begünstigenden Umständen kleine, ganz runde Kügelchen zu bilden (s. Harting, Etüde microscopique des precipites et de leurs me'tamorphoses im Bulletin de Neerlande. 1840), die mit Fettkügelchen sehr viel üebereinstimmung zeigen. In einem solchen Falle kommt man jedoch alsbald ins Klare, wenn man auf das Plättchen, womit das Object bedeckt ist, einen schwachen Druck ausübt. Kugelförmige Körperchen aus einer festen Substanz bleiben dabei unverändert oder sie bersten; Luftbläschen und Oeltröpfchen oder Fettkügelchen werden dadurch abge- plattet, der frühere schwarze Rand verschwindet ganz, man erkennt nur noch die Contouren, das übrige aber ist hell geworden, weil die Licht- strahlen durch die ebenen Oberflächen unverändert zum Auge gelangen. 0 Manchmal sind Luftbläschen, Fettkügelchen oder andere das Licht 276 stark brechende Substanzen in Höhlungen enthalten, und wenn mehrere solche Höhlen über einander liegen, so dass sie einander zum Theil decken, dann bemerkt man nichts mehr von dem hellen Räume, der sonst in den Kügelchen und Bläschen sichtbar ist, vielmehr erscheint das Ganze dunkel und schwarz, weil kein einziger Lichtstrahl seinen Weg unge- 342 Brechungsvennögcn der Medien bei mikroskopischen Objecten. brochen fortsetzen kanu. Unter den vegetabilischen Geweben kouunt dies z. B. bei den luftf ührenden , noch im Gefässbündel enthaltenen Spiralgefässen vor, sowie bei den Athmungshöhlen unterhalb der Stoniata; von aiumalischeu Geweben sind hier zu nennen die mit Luit gefüllten Markzellen der Haare und der Federn, die Talgdrüschen der Ilaare, die Meibom'schen Drüsen der Augenlider u. s. w., in denen fettige Sub- stanzen eingeschlossen sind. Dass man es hier niclit mit wirklichen schwarzen Massen zu thun hat, davon überzeugt man sich sogleich, wenn das durchfallende Licht mit autfallendem vertauscht wird : fettige Sub- stanzen zeigen dann ihre eigenthümliche Farbe, die meistens gelbweiss ist, fein zertheilte Luft aber erscheint hellweiss und in Folge der stärke- ren Reflexion glänzend. Uebrigens müssen in derartigen Fällen oftmals chemische Mittel angewendet werden, von denen später die Uede sein wird. 277 Das eben angeführte Beispiel, dass nämlich abgeplattete Luftbläscheu und Fettkügelchen im Vergleich zur kugelförmigen Gestalt derselben weniger wahrnehmbar sind, thut schon klar dar, dass die Sichtbarkeit der Objecte bei durchfallendem Lichte zum guten Theil durch ihre Form bestimmt wird; aber auch die Verschiedenheit im Brechungsvermögen des umgebenden Mediums ist darauf von Einfiuss. Dieser Punkt erfor- dert eine nähere Betrachtung wegen seiner grossen Wichtigkeit bei mikro- skopischen Beobachtungen. Betrachtet man verschiedene Objecte unter Wasser durchs Mikroskop, so wird man alsbald finden, dass manche, wenn sie auch gleichgestaltet sind mit den übrigen, nichtsdestoweniger durch dunklere Contouren sich auszeichnen. Sehr in die Augen fallend ist dieser Unterschied z. B. zwischen den sogenannten elastischen Fasei'n und den Fasern des Bindegewebes, der Sehnen u. s. w. , zwischen denen sie wahrgenommen werden. Ein etwas geübter Beobachter erkennt die erstere Art von Fasern sogar augenblicklich an dieser Eigenschaft. Elastische Fasern sind deshalb schon bei einer Vergrösserung zu unterscheiden^ wo von gleich dicken Bindegewebsfasern noch keine Spur zu sehen ist. Wäre nun eine Flüssigkeit ausfindig zu machen, deren Brechungsvermögen gerade um so viel von jenem der Bindegewebsfasern differirte, als das Brechungsverniögen des Wassers von jenem der elastischen Fasern ditfe- rirt, dann würden ohne Zweifel die ersteren darin gleich scharf und deutlich gesehen werden, als die letzteren jetzt im Wasser erscheinen. Die li^ntdeckung einer solchen Flüssigkeit, die zugleich den organischen Geweben keinen Schaden brächte , würde ein sehr grosser Gewinn für die mikroskopische Beobachtung sein; es ist mehr als wahrscheinlich, dass wir dadurch würden in den Stand gesetzt werden, Besonderheiten wahrzunelunen, welche dem Auge jetzt entgehen, weil die Dilferenz zwi- schen dem Brechungsvermögen der untersuchten Körper und des Wassers, als der am schwächsten brechbaren unter den bekannten Flüssigkeiten, Rrechungsvermoffen der jMcdien bei inikroskopiachen Objeutun. 313 zu gering iat und somit die Lichtstrahlen keine merkliche Ablenkung erfahren. Das einzige, was in dieser Hinsicht geschehen kann, besteht darin, dass man die Gegenstände in der Luft, d. h. trocken untersucht. Oft- mals freilich ist dieses Hülfsmittel nicht anwendbar, weil die meisten organischen Substanzen durch Eintrocknen ihre Form zu sehr verändern ; es giebt aber Fälle, wo wir uns desselben mit Nutzen bedienen können. Dass wirklicli auf diese Weise Besonderheiten zur Ansiclit kommen kön- nen, die sonst nicht in die Augen fallen, davon liefern die Schüppchen der Insecten, namentlich die als Probeobjecte benutzten (§. 237), ein sprechendes Beispiel. Dieselben werden gewöhnlich trocken und in der Luft liegend untersucht, wo man dann die früher beschriebenen längs- laufenden und querlaufenden Streifen unterscheidet. Werden sie jedoch mit Wasser befeuchtet, so entdeckt vdan von den letzteren oftmals keine Spur mehr, und die ersteren sind viel undeutlicher geworden. Das Nämliche finden wir auch, nur in umgekehrter Weise, bei der Untersuchung mancher organischer Substanzen, die sich dazu eignen. So sind z. B. die zarten und sehr durchsichtigen Cilien mancher Infusorien viel besser sichtbar nach dem Eintrocknen, ebenso die feinen Streifen auf den Kieselpanzern mancher Diatomeen. Das Nämliche gilt von den Spermatozoen, namentlich jenen der Tritonarten, die einen eigenthüm- lichen Anhang besitzen, der spiralig um den Körper gewunden ist. Dieser Anhang ist eine ganz dünne zarte Membran und unter Wasser so durchsichtig, dass man ihn alsdann nur mit einem ganz vorzüglichen Mikroskope wahrnehmen kann. Sind aber diese Spermatozoen auf ein Glasplättchen aufgetrocknet, dann ist jener Anhang sehr leicht zu erkennen. Gleichwie es sehr wichtig sein würde, wenn wir eine Flüssigkeit 278 benutzen könnten, deren Brechungsindex unter jenem des Wassers steht, so ist auch die Anwendung von Flüssigkeiten, welche das Licht stärker brechen als Wasser, deshalb sehr wichtig, weil wir dadurch in den Stand gesetzt werden, einzelne Objecte durchsichtig zu machen, die in Luft oder Wasser gar nicht oder doch wenigstens in zu schwachem Maasse durchsichtig sind, als dass ihre zusammensetzenden Theile gut zu unter- scheiden wären. Glücklicherweise bietet sich hier eine ziemliche Aus- wahl, und es kommt blos darauf an, eine Flüssigkeit zu wählen, welche dem Zwecke am besten entspricht, dass nämlich die Durchsichtigkeit ge- nugsam erhöht wird, ohne den Besonderheiten, die sichtbar gemacht wer- den sollen, Abbruch zu thun, und dass jene Flüssigkeit zugleich auch dem zu untersuchenden Objecte keinen Schaden bringt. Für organische Körper im feuchten Zustande können mehr oder weniger concentrirte Auflösungen von Gummi, von Eiweiss, von Zucker, von Glycerin und von manchen Salzen in Anwendung kommen; für trockne Körper, wo man zugleich eine grosse Durchsichtigkeit herbeizuführen wünscht, kön- 341 Benutzung verschiedenartig brechender Medien, nen fette und ätherische Oele, wie Olivenöl, Terpentinöl, Anisöl. vene- tianisciier Terpentin und Canadabalsam in Frage kommen. Wir wollen die Sache auch wiederum durch ein Beispiel klar machen. Die Folienkörnchen der Pflanzen sind, wenn man sie trocken, d. h. in der Luft betrachtet, so ganz undurchsichtig, dass man von ihrer inneren Zusammensetzung durchaus nichts unterscheiden kann. Durch Befeuch- tung mit Wasser werden viele halbdurchsichtig, und man kann dann eiuen aus kleinen Körnchen bestehenden Inhalt, die sogenannte Fovilla, erkennen. DieseDurchsichtigkeit nimmt noch zu, wenn stärker brechende wässerige Flüssigkeiten genommen werden, etwa eine concentrirte Lösung von Chlorcalcium, wo dann die Structur mancher Pollenkörnchen, nament- lich der kleineren Arten, schon sehr gut erkennbar wird. Noch deut- licher wird die Structur durch Schwefelsäure, die hier ohne Nachtheil genommen werden kann, weil die äussere Membran der Pollenkörnchen dadurch nicht angegriffen wird. Bringt man sie endlich in Terpentinöl, dann werden sie alle so glasartig durchsichtig, dass jetzt vom körnigen Inhalte nichts mehr zu erkennen ist, dagegen aber nun die zwei oder drei Häute, aus denen sie bestehen, die Poren, die zellenartigen Zeich- nungen oder sonstige Erhabenheiten an der äusseren Membran mit grosser Klarheit und Deutlichkeit wahrgenommen werden. In der That kommen noch viele andere Fälle bei der mikroskopischen Untersuchung vor, wo es nur durch Anwendung stärker brechender Medien möglich wird , in einem Körper etwas anderes als eine dunkle Masse zu entdecken. Das Gefüge der Korallen, der Molluskenschalen, vieler Mine- ralien, z. B. der mit Foraminiferen erfüllten Kreide u. s. w., würde nie- mals gut zu erkennen sein, wenn uns blos Luft und Wasser zu Diensten ständen. Nur glaube man nicht, jene Medien, welche die stärkste Sicht- barkeit herbeiführen, seien auch jedesmal die passendsten. Gleichwie durch Terpentinöl der Inhalt der PoUcnkörnchen unsichtbar wird, so verschwinden nicht selten durch solche Medien scheinbar einige Bestand- theile, die in einer Flüssigkeit von geringerem Brechungsvermögen sicht- bar geblieben sein würden. Wenn es daher die Beschaffenheit des LTnter- suchungsobjects zulässt, so wende man in einer Reihenfolge immer stär- ker brechende Flüssigkeiten an, und es wird sich alsdann oftmals zeigen, dass Einzelnheiten, von denen in der einen Flüssigkeit keine Spur wahr- zunehmen ist, in einer anderen ganz deutlich hervortreten. 279 Noch andere Fälle kommen vor, wo gleichzeitig mit einer chemischen Umwandlung innerhalb der Körper eine Veränderung stattfindet, die ihren Einfluss auf die Lichtstrahlen übt, so dass nun einzelne Theile weit eher sichtbar werden, ja manchmal erst hierdurch zum Vorschein kommen, wo früher keine Spur von ihnen aufzufinden war. Das einfachste Beispiel der Art hat man an den Blutkörperchen der Reptilien und Fische, an denen man während des Lebens, so lange das Blut noch durch die Ge- fä«8e strömt, aber auch noch in den ersten Augenblicken nach dem Aus- Chemische Einwirkungen. 345 tiütte des Blute*) aus den Gei'ässen kaum etwas von dem darin enthalte- nen Kerne wahrnehmen kann. Allmälig indessen sieht man diese Kerne immer deutlicher und deutlicher zum Vorschein kommen, bis sie zuletzt gleich scharfe Contouren haben, als die Blutkörperchen selbst. Was hier lediglich durch innere Umsetzung der Materie geschieht, das kann in vielen Fällen auch zu Stande kommen, wenn chemisch wirkende Mittel zugesetzt werden. So besitzen die meisten Säuren die Eigenschaft, das lichtbrechende Vermögen jener Substanz, woraus die Kerne der animali- schen wie vegetabilischen Zellen bestehen, bedeutend zu erhöhen, so dass Kerne, die wegen der blassen Contouren früherhin nur mit Mühe zu unterscheiden waren, durch Zusatz von Säuren scharfe und dunkle Rän- der bekommen, ja dass selbst in vielen Zellen, worin vor dem Zusätze einer Säure durchaus nichts Kernartiges zu entdecken war, die Kerne dann mit grosser Klarheit hervortreten. Auf die Zellmembranen, nament- lich der thierischen Zellen, üben manche Säuren eine ganz entgegen- gesetzte Wirkung: durch ihren Zusatz nimmt das lichtbrechende Ver- mögen ab, und sogar wohl in einem solchen Givade, dass endlich jede Spur desselben verschwunden ist. In derartigen Fällen, ja im Allgemeinen in allen Fällen, wo nichts 280 durchs Mikroskop gesehen wird, ist der Beobachter auch sehr geneigt zu dem Schlüsse, die Dinge existirten nicht. Wenn sie früher vorhanden waren und später verschwanden, dann erklärt man dieselben für aufge- löst in der Flüssigkeit, die zugesetzt wurde. Aus dem oben Mitgetheil- ten ersieht man aber, wie voreilig ein solcher Schluss sein kann: die Fovilla der Pollenkörnchen z. B. wird durch das Terpentinöl nicht auf- gelöst, wenn sie auch dadurch ganz unsichtbar wurde, denn nach der Verdunstung des ätherischen Oels kommt sie wiederum unverändert zum Vorschein; ebenso wird in vielen Fällen, wo die Zellmembranen durch Zusatz von Säuren unsichtbar geworden sind, eine Neutralisirung der Säure ausreichen, um dieselben wiederum zur Ansicht zu bringen. Hieraus ist nun als allgemeine Regel zu entnehmen, dass, wenn in dem Gesichtsfelde des Mikroskops nichts gesehen wird , dies noch nicht zu dem positiven Schlüsse berechtigt, es sei auch nichts darin vorhanden, sondern nur zu dem Schlüsse, dass entweder das lichtbrechende Ver- mögen eines etwa vorhandenen Körpers von jenem des umgebenden Mediums zu wenig differirt, oder dass derselbe eine solche Form hat, vermöge deren die Strahlen, welche das Gesichtsfeld erleuchten, keine Ablenkung erfahren. Man bringe z. B. einen Tropfen einer sehr concen- trirten Auflösung von Chlorcalcium oder von salpetersaurem Kalke auf ein Objecttäf eichen, und an die Unterfläche eines Deckplättcliens bringe man einen Tropfen einer ebenfalls concentrirten Solxition von kohlensau- rem Kali oder kohlensaurem Natron. Legt man letzteres auf das erstere, so dass die beiden Tropfen zusanunenkommen, so entsteht natürlich ein Niederschlag aus kohlensaurem Kalke. Gleichwohl wird von diesem 34C Erkennung von Faltungen, OefTuungeu, hohlen und soliden Korpenhen. ' nichts wahrgenommeu werden, wenn man das also zubereitete Plättchen unters Mikroskop bringt. Dies hat aber darin seinen Grund, dass das Präcipitat in diesem Falle ein vollkommen durchsichtiges Häutchen ist, welche? ausgebreitet daliegt, so dass kein einziger Lichtstrahl, welcher hindurchgeht, von seiner Richtung abweicht. So wie aber das Deck- plättchen etwas hin und her geschoben wird, bilden sich Faltungen in diesem Häutchen, die sich dunkel darstellen, wenn die Lichtstrahlen durch die gekrümmte Oberfläche dringen, und daran erkennt man dann das Vorhandensein des Häutchens auf 'der Stelle. Dergleichen kommt bei mehreren organischen Häuten vor, bei der Linsenkapsel, bei der Membrana hyaloidea^ die wegen ihrer Durchsichtigkeit nur an den Faltun- gen oder an den Rändern zu erkennen sind. Das Nämliche beobachtet man aber auch an den Wandungen vieler Zellen, deren Membran manch- mal so durchsichtig und scheinbar homogen ist, dass nur die Ränder d.er3elben sichtbar werden. 281 Hieraus ergiebt sich, dass Fälle vorkommen können, in denen es unmöglich ist, eine wirkliche Oeffnung von der dieselben umgebenden Membran zu unterscheiden; die Geschichte der Mikroskopie lehrt aber wirklich, dass es oftmals sehr schwer fällt, darüber zu vollkommener Gewissheit zu kommen. Hieraus erklärt sich z. B. die irrige Ansicht, nach welcher die Blutkörperchen Ringe sein sollten, und ebenso sind die verschiedenen Annahmen über die Beschaffenheit der getüpfelten Zellen und Gefässe der Pflanzen darin begründet. Das beste Mittel, welches in solchen Fällen angewendet werden kann und wodurch auch meistens jede Ungewissheit gehoben wird, ist dieses, dass man Substanzen zusetzt, wodurch die vorhandenen Membranen stark gefärbt werden. Am meisten wird Jodtinctur zu diesem Zwecke benutzt. Doch rauss ich in Betreff dieser Mittel auf einen späteren Absclinitt verweisen. 282 Bei den mikroskopischen Untersuchungen drängt sich nicht selten die Frage auf, ob ein Körperchen aus einer coutinuirlichen Membran be- steht und hohl ist, oder ob es nicht hohl ist. Es handelt sich also z. B. darum, Zellen oder Bläschen von Kügelchen, Röhren von Fasern zu unterscheiden. Manchmal fällt diese Entscheidung nicht gerade schwer. Wenn wir deutlich zwei scharfe Grenzlinien wahrnehmen, von denen die eine das Object vom umgebenden Medium trennt, die andere aber die innere Fläche vom Inhalte scheidet, wie es bei den meisten Pflanzenzellen vorkommt, dann brauchen wir uns in der Regel gar nicht zu bedenken. Ich sage in der Regel, denn es kommen Fälle vor, wo man durch schein- bare Bläschen oder Röhrchen in Irrtlmm geführt werden kann, die allein dadurch sich bildeten, dass zwei sich nicht mit einander mischende Flüs- sigkeiten in einen Zustand versetzt wurden, wobei die eine als Inhalt, die andere als Hülle sich verhält. Ein Beispiel dafür liefert jene Sub- stanz, welche durch Compression aus den gequetschten Röhrchen des Erkennung hohler und solider Körperehen. •"'■l^ Gehirns, des Rückenmarks oder der Nerven ausHiesst; dieselbe besteht aus fettigen und albuniinösen Theilen und bildet doppelt contourirtc Kiigel- chen und Fasern, zum Theil von so regelmässiger Gestalt, dass sie wirk- lich grossentheils Bläschen und Röhrcheu gleichen und auch als solche beschrieben worden sind. Die doppelten Contouren entstehen hier da- durch, dass die äussere Schicht eine fettige Substanz ist, die innere Schicht eine albuminöse. Man kann sich von dem Vorgange leicht überzeugen, wenn man auf die Bildung dieser scheinbaren Bläschen und Röhrchen achtet, während die Substanz aus den Primitivröhren ausströmt. Wenn man sie aber zwischen dem Objectglase und dem Deckplättchen hin und her rollt, so theilen sie sich, ohne dass eine Spur eines Häutchens auf- tritt, und es kommen immer wieder andere, nur kleinere Theilchen zum Vorschein, die gleich den ersteren doppelte Contouren erkennen lassen. Nicht selten wird aber das Urtheil darüber, ob ein Object hohl ist oder nicht, noch durch andere Umstände erschwert. Vor Allem können zwei Dinge hinderlich sein. Zuerst nämlich kann das Brechungsvermögen des Inhalts von jenem der Substanz, woraus die Membran besteht, zu wenig differiren. Wir sehen das unter andern bei den Fettzellen, die sich ganz wie Fettkügelchen ohne eine umkleidende Membran ausnehmen; wir sehen es aber auch an den Nervenprimitivröhren im ersten Augen- blicke, wo sie aus dem lebenden Körper genommen werden, indem sich die doppelten Contouren an ihnen erst dann zeigen, wenn gewisse Ver- änderungen ihres Inhalts eingetreten sind, wodurch ihr Brechungsindex eine Veränderung erleidet. Zweitens aber kann auch das ganze Object zu klein, oder es kann die Membran selbst zu dünn sein, als dass man über das Vorhandensein der letzteren durch die blosse Wahrnehmung ins Klare konnnen könnte. In solchen Fällen muss man dann zu anderen Hülfsmitteln seine Zuflucht nehmen. Manchmal hilft hier ein Druck, der entweder blos mittelst eines Deckplättchens oder mittelst des später, zu beschreibenden Compresso- riums ausgeübt wird. Ist schon eine OefFnung zugegen, wie bei den durchschnittenen Primitivröhren der Nerven, dann entleert sich der In- halt aus der umgebenden Hülle, oder wenn Luft eingeschlossen ist, so kommt diese in der Form von Bläschen zum Vorschein. Wenn die zu untersuchenden Körperchen eine gewisse Festigkeit besitzen, wie etwa Amylumkörnchen, so zerspringen dieselben durch den Druck zwischen zwei Glasplättchen in wahre Stücken, wodurch der thatsächliche Beweis geliefert ist, dass es feste Körperchen sind und keineswegs Bläschen, wie es von Manchen behauptet worden ist. Wahre Zellen bersten auch bisweilen, z, B. die aus dem Ovarium genommenen thierischen Ovula; ist der Inhalt derselben ausgedrückt, so bemerkt man die Membran leicht an den Rändern des Risses, oder an den sich bildenden Falten und Runzeln. Indessen kommt es nicht selten vor, dass man auf diesem Wege zu keiner Gewissheit gelangt; denn die Membranen vieler organischen Zellen sind ungemein ausdehnbar, so dass 3-48 Erkennung hohler und solidci- Körperchcn. sie sich, ohne zu bersten, ganz plattdrücken lassen, was man auch bei festen Körpern, die aus einer weichen Substanz bestehen, zu beobachten Gelegenheit findet. Manchmal ist mit gutem Erfolge das bekannte endosmotisciie Ver- mögen der Membranen zu benutzen, um über ihr Vorhandensein ins Klare zu kommen. Wahre Zellen oder Röhren werden in einer Flüssig- keit, welche wässeriger ist als ihr Inhalt, nach allen Dimensionen oder doch nach einigen Richtungen aufschwellen, wenn nicht dieser Inhalt austreten kann, wie bei durchschnittenen Nervenröhren, Harnkanälchen u. s. w. Wäre die umgebende Flüssigkeit dagegen nicht so wässerig als der Inhalt, dann tritt das Umgekehrte ein, nämlich ein Zusammen- schrumpfen der Membran. Auf diesem Wege lässt sich z. B. die Exi- stenz einer wahren Hülle der Blutkörperchen darthun. Bei lufthaltigen Röhrchen oder Canälchen wird das Vorhandensein der Höhlen durch die capillare Aufsaugung von Flüssigkeiten erwiesen, wobei es zur Austreibung der Luft oder zu deren Absorption durch die Flüssigkeit kommt. Das beobachtet man z. B. bei den Tracheen der Insecten, deren feinste so dünn sind, dass sie bei den stärksten Vergrös- serungen nur als ganz zarte Streifchen erscheinen. Ferner können auch chemisch wii'kende Mittel zu Hülfe genommen werden, von denen es bekannt ist, dass sie auf den Inhalt eine andere Wirkung äussern als auf die muthmassliche Hülle. Lässt man z. B. Aether und Alkalien auf das Fettgewebe einwirken, so kann man die Membranen der das Fett umschliessenden Zellen zur Ansicht bringen. Manchmal fällt es schwer, Bläschen oder Zellen von dünnen Platten zu unterscheiden, wenn deren Inhalt allmälig vertrocknet, die Zelle dadurch einschrumpft und, weil sie aus dem Zusammenhange mit den übrigen Zellen gerissen ist, abgeplattet sich darstellt. In diesem Falle helfen Mittel, welche wiederum eine Ausdehnung des Inhalts herbeiführen, so dass die Zelle ihre frühere Gestalt bekommt. Epithelialgebilde, die mit Essigsäure oder besser noch mit einer Auflösung von Aetznatron behan- delt werden, Nägel, Hörner u. s. w. sind derartige Beispiele. Es giebt noch ein Moment, das man oftmals für genügend erachtet, um daraus auf die zellige Natur eines Körperchens zu schliesaen, wenn nämlich andere kleinere und regelmässig geformte Körperchen darin vorkommen, nämlich kleinere Zellen oder Kerne, welche durch die äussere Fläche hindurch können wahrgenommen werden. In vielen Fällen ist dieser Schluss auch ein ganz begründeter; nur vergesse man nicht, dass er sich blos auf Analogie mit anderen als wahre Zellen er- kannten Körperchen stützt, und dass auch in ganz festen Körperchen ein Kern vorkommen kann, der vermöge des verschiedenen Aggregations- zustandes das Licht auf andere Weise durchgehen lässt als die äusseren Lagen, und dadurch sich als verschieden von diesem zu erkennen giebt. Einige Präcipitatkörperchen, namentlich Kupferoxyd und kohlensaurer Kalk, können als Beweis dafür dienen. Ein eingeschlossener Kern oder Diffractionserscheinungcn. -54 9 auch mehrere begründen demnach nur die Wahrscheinlichkeit der zelligen Beschaffenheit; um diese jedoch ganz festzustellen, muss ausserdem noch die Anwesenheit einer Membran durch eins der genannten Mittel oder auf sonst eine Weise dargethan werden. Es ist hier auch auf ein paar Erscheinungen aufmerksam zu machen, 283 welche mit dem Gange der Lichtstrahlen durch die Objecte und längs der Objecte im Gesichtsfelde in nothwendigem Zusammenhange stehen und die schon mehrmals bei solchen, die mit derartigen Erscheinungen nicht bekannt waren, zu Irrthümern Veranlassung gegeben haben. Ich habe zunächst die feinen Linien im Auge, welche durch Diffraction und die dabei stattfindende Interferenz entstehen und deren schon §. 207 mit einem Worte gedacht worden ist. Die Erscheinimg selbst kann Jeder an einem guten Mikroskope leicht wahrnehmen, und zwar um so eher, je besser das Mikroskop ist; denn die grössere Sichtbarkeit dieser Diffractionslinien hält gleichen Schritt mit der Verbesserung der Aberrationen, und wenn die Ränder der Bilder selbst schärfer hervortreten, so werden auch diese Linien be- stimmter wahrgenommen. Um sich ganz vertraut mit ihnen zu machen, was das beste Mittel ist, um nicht dadurch irregeführt zu werden, bringe man Objecte mit dunkeln und scharfen Rändern unter das Mikroskop ; Luftbläschen eignen sich z. B. recht gut hierzu. Man wird dann um den Rand einen kleinen hellen Lichtsaum bemerken, der selbst wieder von einer dunkeln Linie begrenzt wird, fast so, als wenn das Object mit einem dünnen Häutchen umgeben wäre, wofür es auch nicht selten angesehen und selbst demge- mäss beschrieben und abgebildet wurde; ein Irrthum, der um so verzeih- licher ist, weil der Abstand der dunkeln Diffractionslinie vom Rande des Objects durch stärkere Vergrösserung zunimmt, ganz eben so, wie eine Membran dadurch sich dicker darstellen würde. Manchmal nimmt man nicht blos eine, sondern zwei oder drei, ja selbst vier solche Linien wahr, was ja bei den gewöhnlichen Diffractionserscheinungen ebenso beobachtet wird, und bei starken Vergrösserungen gewahrt man an den Rändern dieser Linien auch wohl prismatische Farben. Die Linie übri- gens, welche dem Rande des Objects zunächst sich befindet, ist immer die dunkelste. Es bedarf einer entsprechenden Beleuchtung, um diese Linien gut zu sehen. Es ist nicht richtig, wenn man angegeben hat, sie entständen vorzugsweise durch starke Beleuchtung; im Gegentheil ver- schwinden sie dadurch, wenn sie bei einer schwächeren Beleuchtung des Gesichtsfeldes sichtbar waren. Sie folgen in dieser Beziehung ganz der nämlichen Regel, wie alle sehr durchsichtigen und das Licht nur wenig brechenden Körper. Vergeblich versucht man auch, sie durch eigens dazn constrnirte Beleuchtungsapparate (§. 207) verschwinden zu machen, da in dem Momente, wo sie aufhören würden sichtliar zu sein, auch die am schwersten wahrnehmbaren wirklichen Objecte nicht mehr 350 Diffractions- und Interferenzerscheimingcn. sichtbar sein würden. Es scheint mir dies auch durchaus nicht nöthig zu sein, da diese Linien etwas Eigenthiimliches haben, was sich zwar nicht gut in Worte fassen lässt, was aber für einen etwas geübten Beob- achter vollkommen ausreicht, um nicht irregeführt zu werden. Schon ihr allgemeines Vorkommen sichert hinlänglich dagegen. Ueberdies sind sie nur bei durchfallendem, nicht aber bei auffallendem Lichte sicht- bar, was Jeder leicht begreiflich finden wird, der mit der Theorie der DifTractionserscheinungen bekannt ist: bei durchfallendem Lichte bilden die Objecte im Gesichtsfelde Schattenbildchen, bei auffallendem Lichte dagegen entstehen wahre Lichtbilder. In der abwechselnden Anwen- dung beider Beleuchtungsweisen bietet sich somit für viele Fälle eiu Mittel dar, den wahren Ursprung dieser Linien zu erkennen. Es können diese Diffractionslinien überall entstehen, wo Lichtstrah- len an den Rändern eines Körpers vorbeigehen. Wenn sich nun viele kleine Körperchen nahe bei einander im Gesichtsfelde befinden, dann berüliren sich die gegenseitigen Diffractionslinien oder fliessen in einan- der; da sie aber bei Beleuchtung mit diffusem Lichte immer sehr schwach sind, so kommt in einem solchen Falle nur wenig davon zur Wahrneh- mung. Anders gestaltet sich die Sache, sobald ein Object nur in gerin- gem Grade durchsichtig ist und dasselbe aus diesem Grande durch direct von unten darauffallendes Sonnenlicht beleuchtet wird. Zwischen den verschiedenen kleinen Theilen, aus denen dasselbe besteht, erleiden die Strahlen alsdann vielfache Interferenzen, und diese sind deutlich sichtbar. Man kann sich aber die Erscheinung so vorstellen, als wären alle diese Theilchen von Diffractionslinien umgeben, die jedoch nicht schwarz sind, sondern stets prismatische Farben zeigen. Indem diese Linien theilweise mit den benachbarten ziisammenfliessen, bekommt das Ganze ein solches Aussehen, als ob es Kügelchen oder zahlreiche in einander geschlungene Fasern oder Röhrchen wären. Auch bei künstlichem Lichte, das nicht vorher diffus gemacht und zu sehr concentrirt wurde, nimmt man, wenn- gleich in schwächerem Grade, eine derartige Erscheinung wahr. Bekannt- lich ist von älteren Mikroskopikern die wirkliche Existenz dieser schein- baren Kügelchen, Fasern und Röhrchen behauptet worden. Hält man die Regel fest, niemals Objecte dadurch durchscheinend machen zu wollen, dass man sehr starkes Licht durchfallen lässt, und vermeidet man namentlich das directe Sonnenlicht, dann ist man derartigen Irrthü- mern nicht ausgesetzt. 284 Gehen wir jetzt zu einer anderen Eigenthümlichkeit der mikro- skopischen Beobachtung über, die dem Anfänger das Deuten der Ge- sichtseindrücke etwas erschwert, während sie für den Geübten ein wich- tiges Hülfsmittel ist, um das Gefüge der mikroskopischen Objecte zu er- kennen: ich meine nämlich den Umstand, dass man dnrch das Mikroskop nur Flächen, aber keine Körper deutlich sieht. Streng genommen ist diese Eigenthümlichkeit mehr die Folge einer Flächenhaftes Sehen. 351 quantitativen als einer qualitativen Verschiedenheit zwischen dem Sehen mit blossem Auge imd dem mikroskopischen Sehen: auch das Auge sieht blos solche Objccte, welche sich in vollkommen gleicher Entfernung von demselben befinden, also in Einer Fläche gelegen sind, in dem nämlichen Augenblicke vollkommen deutlich; denn für jede andere Entfernung wird ein verschiedenartiger Accommodationszustand erfordert, und von Objecten, deren Abstände nicht dem jeweiligen Accommodationszustande entsprechen, entstehen blos Diffusionsbilder auf der Netzhaut. Ist übrigens die Ungleich- heit der Abstände nicht sehr gross, dann wird der Unterschied in der Schärfe der Netzhautbilder ein ganz unmerklicher, und das um so mehr, je fern- sichtiger Jemand ist. Ein Myope oder auch ein Presbyope, der durch eine Brille mit convexen Gläsern sieht, wird einen etwas grösseren Gegen- stand , z. B. ein theils von vorn , theils von der Seite gesehenes Haus schon nicht mehr als Ganzes überall gleich deutlich erkennen. Diese Grösse der Objecte nun, deren körperliche Form noch deutlich erkannt werden kann, nimmt im geraden Verhältniss ab mit der Sehweite des Auges, oder, was hier auf das Nämliche hinausläuft, mit dem Sehen durch stärker vergrössernde Linsen. Die Entfernung, worin zwei Ob- jecte sich befinden müssen, wenn beide noch gut gesehen werden sol- len, wird deshalb immer kleiner und kleiner und das Gesichtsfeld nähert sich mehr und mehr einer wahren Fläche, in dem Maasse als eine stär- kere Vergrösserung in Anwendung kommt. Hieraus ergeben sich einige nicht unwichtige Folgerungen. Es ist nämlich klar, dass bei verschiedenen Vergrösserungen das Object keineswegs immer in gleicher Weise, nur mehr oder weniger vergrös- sert gesehen wird. Wirklich schaut man es auch anders. Wird z. B. bei schwacher Vergrösserung ein organisches Gewebe betrachtet, das aus mehreren durch einander hindurchschimmernden Schichten besteht, so kann man in dem nämlichen Momente alle diese Schichten in ihrer relativen Lage übersehen, wenn auch nicht alle mit gleicher Deutlich- keit; bei starker Vergrösserung dagegen lässt sich nur Eine Schicht über- sehen, und es werden bei veränderter Entfernung des Objects abwech- selnd die tieferen oder höheren Schichten der Wahrnehmung entrückt. Wir lernen hierdurch aus der Anwendung starker Vergrösserungen noch einen nnderen Vortheil ziehen, als denjenigen, der in der Vergrösse- rung an und für sich gelegen ist. Wir zerlegen ein Object dadurch gleichsam in mehrere Schichten, die, wenn sie alle durch einander hin- durchschimmern, einen verwirrten Gesichtseindruck hervorbringen, wenn sie dagegen einzeln und successiv übersehen werden, sich deutlich unter- scheiden lassen. Wir können ferner dadurch erkennen, ob ein Object sich auf oder in einem andern oder unter demselben befi^ndet; wird aber die auf- und niedersteigende Bewegung mittelst einer feinen Schraube ausgeführt, die mit einer Scala versehen ist, dann lässt sich mit deren Hülfe sogar ziemlich genau die Dicke oder die senkrechte Entfernung der Objecte im Gesichtsfelde bestimmen. 3ö2 Erhöhungen und Vertiefungen. Ueberall hingegen, wo es auf ein Erkennen der stereometrischen Form der Objecte ankommt und diese nicht zu den ganz kleinen gehö- ren, verdienen schwache Vergrösserungen den Vorzug. Wenn es sieb z. B. um die Form mikroskopischer Krystalle handelt, so verdienen die schwächsten Vergrösserungen stets den Vorzug, bei denen Flächen, Win- kel und Ecken sich deutlich erkennen lassen. 285 Erhöhungen und Vertiefungen lassen sich nicht immer gleich auf den ersten Blick durchs Mikroskop unterscheiden, vielmehr kann hierbei sehr leicht eine Sinnestäuschung oder richtiger eine Irrung des VerätaiH-- des unterlaufen, so dass eine Erhöhung für eine Vertiefung gehalten wirii oder umgekehrt. Es kann bei durchfallendem wie bei auffallendem Lichte vorkommen und wird dadurch veranlasst, dass eine Erhöhung sowohl wie eine Vertiefung sich durch einen Schlagschatten zu erkennen giebt, der sogar in beiden Fällen vollkommen gleich sein kann. Beim Sehen mit blossem Auge wird in einem solchen Falle, ohne dass wir uns in de) Regel dessen bewusst sind, aus der Richtung des Schattens im Verhält- niss zu jenem des Lichts, unter welchem der Gegenstand steht, der Schluss gezogen, dass es entweder eine Vertiefung oder eine Erhöhung sein muss, wodurch der Schatten erzeugt wird. Beim mikroskopischen Sehen da- gegen fehlt uns dieser Maassstab mehr oder weniger, und so kommt es, dass man das nämliche Object jetzt erhaben und dann wieder vertieft zu sehen glaubt, und beim zusammengesetzten Mikroskope entsteht diese Täuschung um so leichter, weil das ganze Bild hier verkehrt erscheint, die Schatten also auch gerade in entgegengesetzter Richtung fallen, d. h. bei einer Erhöhung der Lichtquelle zugewendet, bei einer Vertiefung da- gegen von der Lichtquelle abgewendet sind. Hält man indessen dieses fest, dann braucht man vor dieser Täu- schung keine Sorge mehr zu haben, da man die Sache in den meisten Fällen augenblicklich übersieht, wenn man in dem Abstände des Objects eine Veränderung eintreten lässt, es müsste denn die Erhöhung oder die Vertiefung ganz unbedeutend sein, wo es nöthig werden kann, das Object in einer Richtiuig zu betrachten, die senkrecht zu der früheren ist. So erkennt man z. B. die napfförmige Vertiefung der Blutkörperchen augen- blicklich, sobald man auf deren Rand sieht. Die Tüpfelchen auf vielen verholzten Zellen, die nichts sind als kleine Vertiefungen oder verdünnte Stellen der Zellwand, lassen sich auf den ersten Blick nicht wohl unter- scheiden von ähnlichen Tüpfeln an vielen Pflanzenhaaren, wo es kleine Ht'ickerchen sind. Sobald man indessen die ersteren auf einem senki'ech- ten Durchschnitte der Zellwand und die letzteren am Rande der Haare zur Beobachtung bekommt, fällt jeder Zweifel über ihre wahre Natur dahin. 286 Auch die Färbung der Objecte erleidet beim mikroskopischen Sehen einige Veränderungen, tue nicht unerwähnt bleiben dürfen. Es ist schon weiter oben (S. 274) darauf hingewiesen worden, dass bei manchen Färbung der Objecte. 353 Mikroskopen die Bilder im Gesichtsfelde eine eigenthümliehe Färbung an- nehmen, die man nicht mit der wahren dem Objecte zukommenden Färbung verwechseln darf. Sodann darf man auch bei der Beurtheilung der Far- ben nicht aus dem Auge verlieren, ob die Beobachtung bei auffallendem oder bei durchfallendem Lichte stattfindet, was beim gewöhnlichen Sehen nur selten in Betracht kommt, weil hier die Objecte fast immer vollstän- dig oder doch zum Theil durch auffallendes Licht beleuchtet sind, wo- durch die Färbung bestimmt wird. Bekanntlich giebt es aber mehrere Substanzen, die eine andere Färbung zeigen, je nachdem sie das Licht "^ectiren oder durchgehen lassen. Oftmals, jedoch nicht ohne Ausnahme, sind diese Farben complementäre. So finden wir es auch bei manchen Fliigelschiippchen von Schmetterlingen {Morpho Menelaus^ Lycaena Argus), die bei auffallendem Lichte blau, bei durchfallendem Lichte gelb erschei- nen, während dagegen andere {Papüio Ulysses) im durchfallenden Lichte roth sind. So besitzen auch manche thierische Gewebe, die unter ge- wöhnlichen umständen mit weisslicher oder gelblichweisser Fäi-bun»- sich darstellen, eine bräunliche Farbe (recht auffallend z. B. das Zahn- email) oder bisweilen auch einen grünlichen Teint, wenn sie bei durch- fallendem Lichte durchs Mikroskop betrachtet werden. Manche Objecte sind bei durchfallendem Lichte sehr lebhaft gefärbt, gelb, grün, roth, blau, und zwar durch Interferenz der Lichtstrahlen. Ln Besondern kommt dies bei solchen vor, die, gleich den meisten Dia- tomeenschalen, an ihrer Oberfläche dicht bei einander stehende Streifen, Pünktchen und andere feine Zeichnungen besitzen. Diese Färbungen treten am stärksten hervor bei schwachen Vergrösserungen und sie ver- schwinden vollständig , sobald man das Object bei auffallendem Lichte betrachtet. Die Vergrösserung übt ferner noch einen eigenthümlichen Einfluss aus. Sie treibt nämlich die gefärbten Theile gleichsam aus einander, und wirkt somit ähnlich wie Wasser, womit eine gefärbte Flüssigkeit ver- dünnt wird. Blutkörperchen z. B. haben bei schwacher Yergrösserung eine entschieden rothe Farbe, werden aber bei starker Vergrösserung so blass, dass man, diesen Einfluss aus den Augen lassend, sie leicht für farblos halten könnte. Die geibS Farbe der Xanthoproteinsäure, welche entsteht, wenn Salpetersäure auf Proteinsubstanzen einwirkt, wird auch besser bei einer schwachen Vergrösserung erkannt als bei einer starken. Ich will noch bemerken, dass die Farben im Allgemeinen weniger gut zu unterscheiden sind bei durchfallendem Lichte, welches auf die ge- wöhnliche Weise durch Reflexion des hellen Himmels vom Spiegel erhal- ten wird, als wenn man den Spiegel mit einem weissen Papiere oder einer Gypsplatte bedeckt und auf diese die Sonnenstrahlen fallen lässt. Auf eine ganz besondere Weise macht sich die Wirkung der Ver- grösserung bei der Färbung dünner Schichten bemerkbar. An einer Glasplatte, deren Oberfläche nur eben oxydirt ist, bemerkt man unterm Mikroskope bei auffallendem Lichte ganz schillernde Farben. Sehr schön nartiiipr'ä Jlikvoskop. 23 354 Bewegungen bei der mikroskopischen Beobachtnng. tritt dieser Einfluss auch hervor, sobald auf einen Wassertropfen, der sich auf der Objecttafel befindet, mittelst einer Nadelspitze ein klein wenig Terpentinöl gebracht wird. Das Terpentinöl breitet sich über den Tro- pfen aus , und wenn auch mit blossem Auge noch keine Spiu" von Fär- buno- zu entdecken ist, so zeigen sich doch unterm Mikroskope bei auf- fallendem Lichte die lebhaftesten Farbennüancen in einem beständigen Wechsel und in anhaltender Bewegung, in Folge der Verdunstung des Terpentinöls. 287 In dem Maasse, als die Vergrösserung wächst, steigern sich auch alle Bewegungen, zwar nicht in der Weise, dass sie innerhalb einer ge- wissen Zeit rascher auf einander folgten , aber so , dass die Bewegung sich über eine grössere Strecke verbreitet und dadurch augenfälliger wird. Mikroskopische Beobachter, die in einer durch Wagen befahrenen Strasse wohnen, erfahren dies öfters auf eine sehr störende Weise, indem die Erschütterung sich bereits im Gesichtsfelde des Mikroskops kund giebt, wenn der Wagen auch noch ziemlich entfernt ist. und dann noch länger anhält, nachdem er schon vorüber ist. Hier ist nichts anders zu thun, als dass ein zu mikroskopischen Untersuchungen besser geeignetes Zimmer gesucht wird. Es theilen sich aber auch die Erschütterungen des Bodens dem Tische mit, worauf das Instrument steht, und diese Stö- i'ung kann man dadurch beseitigen, dass man den Tisch an die Wand anlehnt, oder dass man ihn auf eine Unterlage stellt, die mit dem übri- gen Boden ausser Berührung ist. Neben den von aussen herbeigeführten Bewegungen kommen aber auch noch die Bewegungen der Objecte in Betracht, die man durchs Mi- kroskop sieht. Bei zunehmender Vergrösserung werden dieselben eben- falls beschleunigt, und hier findet der so eben geraachte Unterschied zwischen Beschleunigung in der Zeit und Beschleunigung im Räume >eine Anwendung. Die paar Millimeter zum Beispiel, welche ein In- fusorium in einer Secunde zurücklegt, Averden durch eine tausend- malige Vergrösserung in eben so viele Meter umgewandelt, und da der Durchmesser des Gesichtsfeldes immer nur einen sehr kleinen Theil jenes Weges darstellt, so ist der Zeitraum, während dessen das Thier sich darin befindet, ein so kurzer, dass kein nur etwas genauerer Gesichts- eindruck möglich ist. Deshalb ist man genöthigt, entweder nur kleinere Vergrösserungen anzuwenden, oder die Bewegungen des Thieres zu be- schränken, was am fiiglichsten durch einen leichten Druck mittelst eines Deckplättchens geschieht, oder noch besser mittelst des Compressoriums. Anders verhält es sich mit den ganz kleinen und periodisch auf ein- ander folgenden Bewegungen, z. B. mit jenen der Cilien. Die von der Bewegung durchlaufene Strecke nimmt ebenfalls mit der Vergrösserung zu, ohne dass jedoch die Wahrnehmbarkeit dadurch beeinträchtigt wird, weil die Cilien immer im Gesichtsfelde bleiben. Sind die sich bewegen- den Härchen nicht bei einer starken Vergrösserung sichtbar, dann sind Bewegungen hei der mikroskopischen Beobachtung. 3'>i> sie es sicherlich auch nicht bei einer schwächern, die gleiche Schärfe nämlich bei beiden vorausgesetzt. Der Grund , weshalb man die sich bewegenden Theilchen nicht sieht, was auch ebenso mit den schnell be- wegten Blutkörperchen in den Haargef'ässen der Fall ist, liegt darin, dass die einzelnen Gesichtseindrücke zu rasch auf einander folgen , worüber §. 100 zu vergleichen ist. Es wäre zu wünschen, dass man, ohne die Bewegung selbst zu vermindern, deren Beobachtung dergestalt einrichlen könnte, dass der empfangene Eindruck festgehalten, der nachfolgende aber nicht dadurch gestört würde. In einem spätem Abschnifte wird es sich zeigen, in wie weit dieses Ziel erreichbar ist. Ich will hier noch auf ein paar Bewegungen aufmerksam machen, ^§8 die den wenig Geübten leicht täuschen können, insofern er ihre Veran- lassung wo anders sucht. Dahin gehöi'en die Bewegungen, welche durch Vermengung zweier ungleichartiger Flüssigkeiten entstehen, zumal wenn eine davon sehr flüchtig ist, wenn also z. B. Alkohol oder Aether dem Wasser zugesetzt werden. Alle kleinen Körperchen, die sich in einer der beiden Flüssig- keiten befinden, werden alsdaim in starke Bewegung versetzt; es ent- stehen aber niemals regelmässige Strömungen, sondern es kommt nur mehr zu kleinen, rasch auf einander folgenden Stössen. Erfolgt die Be- wegung in sehr kleinem Räume, hat man z. B. dem Durchschnitte eines mit Wasser befeuchteten Pflanzengewebes Jodtinctur zugesetzt und einige von den präcipitirten Jodkrystallen sind in eine angeschnittene Zell- höhle gelangt, dann kommt es zu einer ungemein raschen Bewegung, das Theilchen wird von einer Wandung zur andern geschleudert und es hält dieser Tanz so lange an, bis die Vermischung der beiden Flüs- sigkeiten vollständig erfolgt oder bis der flüchtige Bestandtheil ganz ver- ' dunstet ist. Noch auffallender sind die drehenden Bewegungen kleiner Körper- chen, die in einem nach bestimmten Verhältnissen bewirkten Gemenge von Wasser und Alkohol in der Nähe von Luftbläschen sich befinden. Solche drehende Bewegungen können unter einem Deckplättchen, selbst wenn durch Gel an den Rändern alle Verdunstung behindert ist, stun- denlang anhalten. (E. H. Weber in PoggendorfFs Annal. Bd. XCIV, S. 447, und Karting ebend. Bd. XCVII, S. 51.) Bei der Untersuchung schleimiger Substanzen begegnet es nicht selten, dass sich dieselben unter einem Deckplättchen in flüssigere und weniger flüssige Elemente theilen und die ersteren nun zwischen den aus halbflüssiger Substanz bestehenden Inseln vStrömungen bilden. Eine .solche Strömung hält oftmals längere Zeit an, auch wenn das Object- täfelchen ganz horizontal liegt, weil die schleimige Substanz dem Drucke des Deckplättchens einigen Widerstand leistet, allmälig aber sich doch mehr ausbreitet und dadurch die Strömung unterhält. •23* 350 Molekularbewegung. Endlich giebt es noch eine Art von Bewegung, die nur an sehr kleinen Körperchen beobachtet wird und deshalb nur unterm Mikroskope wahrnehmbar isit, nämlich die sogenannte Molekularbewegung. Wer mikroskopische Untersuchungen beabsichtigt, der sollte sich bald mit dieser Erscheinung bekannt machen, denn die Erfahrung hat gelehrt, dass schon manche sich dadurch haben irre führen lassen und eine eigen- thümliche organische Bewegung darin erkannten, während sie doch bei allen sehr kleinen Körperchen, organischen wie anorganischen, vorkommt, und als eine allgemeine Eigenschaft der Materie anzusehen ist. Ueber die eigentliche Ursache der Erscheinung will ich mich hier nicht weiter auslassen; folgende Thatsachen glaube ich indessen nicht unerwähnt las- sen zu dürfen. Erstens ist die von vielen getheilte Ansicht, als rührte diese Bewe- gung von einer Verdunstung her, durchaus unbegründet, denn es dauert dieselbe fort, wenn auch jegliche Verdunstung abgeschnitten ist. Mehr- fach sah ich diese Molekularbewegung noch nach Monaten unverändert fortbestehen , wenn die Flüssigkeit mit den kleinen Molekeln zwischen zwei Glasplättchen sich befand, die auf später anzugebende Weise unter einander verkittet waren. Schwieriger fällt es, mit Sicherheit auszu- machen, ob sie auch durch Strömungen in der Flüssigkeit hervorgebracht wird, die von einer verschiedenartigen Temperatur ihrer verschiedenen Theile ausgehen. Indessen halte ich dies für sehr unwahrscheinlich, weil dann doch früher oder später Gleichgewicht und Ruhe eintreten müss- ten. Auch entstehen durch absichtlich zugeführte höhere Temperatur in der Flüssigkeit zwar Strömungen, wodurch ganze Gruppen von Molekeln fortgerissen werden, ohne dass jedoch in der eigentlichen Molekularbe- wegung irgend ehie Veränderung sich kundgiebt. Zweitens ist die Stärke und die Dauer dieser Bewegung ebensowohl vom absoluten Gewichte der Körperchen selbst, als vom specifischen Gewichte der sie zusammensetzenden Substanz abhängig. Von der näm- lichen Substanz bewegen sich die kleinsten Körperchen am stärksten und am längsten, und nur bei jenen, deren specifisches Gewicht ziemlich mit jenem der Flüssigkeit übereinstimmt, worin sie sich befinden, kann die Bewegung Monate lang anhalten; denn sie hört auf, sobald die Kör- perchen auf das Glastäfelchen gesunken sind. Bei Körperchen von grös- serem specifischen Gewichte, wohin die meisten metallischen Nieder- schläge gehören, hält die Bewegung immer nur kürzere Zeit an, ja oft- mals gewahrt man gar keine Bewegung, wenngleich die Körperchen selbst ganz klein sind. Drittens übt die Form der Körperchen gar keinen Einfluss auf die Bewegung. Dieselbe kommt ebensowohl bei runden Fettkügelchen und Pigmentkörnchen vor, als bei kleinen Krystallen und bei den unregel- mässig geformten Kohlentheilchen verbrannter pflanzlicher Körper. In eigenthümlicher Weise sieht man diese Bewegung z. B. an den platten, nadeiförmigen, kleinen Krystallen, aus denen der raetallglänzende Ueber- Thierisohe und pflanzliche Bewegung. 357 ziig an der Iris der Fische und an anderen Theilen besteht. Diese Kry- stallchen sind so durchsichtig und dünn, dass sie nur bei starker und scharfer Vergrösserung mit durchfallendem Eichte erkennbar sind. Be- trachtet man aber den Tropfen Wasser, worin sie schweben, bei auffallen- dem Lichte, dann bemerkt man schon bei sehr schwacher Vergrösserung ein anhaltendes Flimmern wie von gelben, grünen oder rothen Fünk- chen, welche durch Reflexion von der Oberfläche dieser kleinen, in be- ständiger Bewegung befindlichen Krystalle entstehen. Schliesslich muss ich noch die allgemein gültige Warnung ausspre- 289 chen, dass bei der Deutung der im Mikroskope beobachteten Bewegun- gen Vorsicht beobachtet werde. Viele Beobachter, darunter auch ganz ausgezeichnete, sind nur zu geneigt, jede^augenscheinlich selbstständige Bewegung als eine thierische zu betrachten. Es kommt dies daher, dass man sich nicht von der Idee frei machen kann, welche von der ersten Jugend an durch die unbewaffneten Sinnesorgane Eingang gefunden hat, Ruhe sei der charakteristische Zustand aller unorganischen Körper so- wie der Pflanzen , so lange sie nicht von aussen einwirkenden Kräften unterliegen, dem Thierreiche dagegen gehörten die Körper an, welche durch innere inwohnende Kräfte in andauernde Bewegung versetzt wer- den. Da es aber im strengen Sinne des Worts keinen absolut todten Körper giebt, in dem gar keine inneren Kräfte, wenn auch nur in sehr geringem Grade, wirkten, so ist die absolute Ruhe eine Unmöglichkeit; es ist daher auch nicht zu verwundern, wenn wir mittelst der bewaffne- ten Sinnesorgane dort Bewegung entdecken, wo wir dergleichen früher gar nicht vermuthen durften. Für die sogenannte anorganische Substanz bietet uns die Molekularbewegung ein Beispiel. Bei den Pflanzen ge- hört die innere Bewegung nicht minder zu den Bedingungen ihrer Exi- stenz, als bei den Thieren. Sobald die Umwandelung und der Umtausch der Bestaudtheile, die Bewegung der Säfte innerhalb der einzelnen Zelle sowie von einer Zelle zur andern aufhören , stirbt der Pflauzentheil ab. Auch ist es hinlänglich bekannt, dass bei Pflanzen noch andere Bewe- gungen vorkommen, die von besonderen Ursachen abhängig sind und mit den allgemeinen Lebenserscheinungen in keinem nothwendigen Zii- sammenhange stehen. Zudem ist durch Untersuchungen dargethan wor- den, dass den Pflanzen das Vermögen der Ortsbewegung auch nicht durchaus abgeht. Die Sporidien vieler Algen schwimmen ganz auf die nämliche Weise im Wasser herum , als die zu den Thieren gerechneten Monaden, und sie haben die nämlichen Bewegungsorgane wie diese, näm- lich Cilien. Ein charakteristisches Merkmal der thierischen Bewegung, wodurch jeder Beobachter Pflanze und Thier von einander zu unterscheiden ver- möchte, lässt sich meines Erachtens nicht aufstellen. Zwar werden nur wenige, die z. B. die ungemein kleinen, nur bei starker Vergrösserung sichtbaren Vibrionen in eiweisshaltigen Flüssigkeiten sehen, ein Beden- 358 Thierische und ptiianzliche Bewegung. ken tragen, dieselben für Thierchen zu erklären, wenn auch deren Klein- heit nicht erlaubt, etwas von inneren Organen darin wahrzunehmen. Wir müssen aber eingestehen, ilass es sich hierbei weniger um eine wissen- schaftliche als um eine moralische Ueberzeugung handelt: allen Thieren schreiben wir einen Willen zu, und in den beobachteten Bewegungen glauben wir die Aeusserungen dieses Willens zu erkennen. Wie un- sicher hier jede Definition wird und wie dieselbe ganz von der subjecti- ven Auffassung des Beobachters abhängig ist, braucht kaum erinnert zu werden. Ueberdies giebt es zahllose Fälle, wo man in einem vollstän- digen Zweifel bleibt, der sich auch mit Benutzung aller übrigen Unter- scheidungszeichen nicht lösen lässt. Da ist es deshalb immer besser, ein bestimmtes Urtheil zurückzuhalten, statt sich positiv über die vege- tabilische oder animalische Natur solcher Körper auszusprechen. Viel- leicht wird es sich später klar erweisen, dass es keine eigentlichen Gren- zen zwischen den beiden grossen Abtheilungen giebt, welche in der or- ganischen Natur, und zwar hauptsächlich nach der Beobachtung mit blossem Auge, angenommen zu werden pflegen. Sobald das Mikroskop zur Hand genommen wird, muss man nicht nur gewärtig sein, viele Dinge in anderer Weise und unter anderen Um- ständen zu sehen, als man es mit blossem Auge gewohnt ist, sondern auch darauf vorbereitet sein, dass alles, was bei einem beschränkteren Gesichtskreise bisher als unumstössliche Wahrheit gegolten hat, in dem Maasse, als dieser Gesichtskreis sich erweitert und eine grössere Anzahl Objecte umfasst, als Vorurtheil und Irrthum sich herausstellt. Dritter Abschnitt. Zubereitung der mikroskopischen Objecte. Nur wenige Dinge lassen sich ohne alle vorgängige Zubereitung 290 unterm Mikroskope untersuchen; die meisten sind dazu entweder nicht durchsichtig genug, oder zu gross, oder zu beweglich. Es muss daher der undurchsichtige Körper in den durchsichtigen Zustand übergeführt wer- den, den grossen Körper darf man blos in seinen Theilen untersuchen, und die zu rasche Bewegung mancher Körper rauss beschränkt werden, damit sie gehörig beobachtet werden können. Auch werden manche Objecte oder deren Theile nur dadurch sichtbar, dass man dieselben auf besondere Weise behandelt, indem man sie entweder mechanischen oder chemischen Einflüssen aussetzt, oder indem man ihre Wahrnehmbarkeit auf andere Weise erhöht; die feineren Gefässe z. B. füllt man mit leicht erkennbaren Substanzen an. Es soll nun in diesem Abschnitte möglichst genaue Anweisung ge- geben werden, wie der mikroskopische Beobachter je nach der Verschie- denheit der Umstände und der Fälle handeln kann, wenn er den Zweck seiner Untersuchung auf die sicherste und leichteste Weise erreichen will. Nur erwarte man nicht Vorschriften zu finden für alle nur mög- lichen Fälle, die während der Untersuchung eintreten können; auch er- Avarte man nicht eine Beschreibung aller Instrumente, die nur irgend für besondere Untersuchungen ausgedacht worden sind. Auch die ausführ- lichste Beschreibung der anzuwendenden Methoden muss immer unge- nügend bleiben, da sich unmöglich alle verschiedenen Umstände voraus- sehen lassen, die bei mikroskopischen Untersuchungen der verschiedensten Art vorkommen können. Wenn aber auch jemand bei seinem Mikroskope alle Apparate besässe, welche jemals zum Behufe einzelner Untersuchun- gen angefertigt worden sind, er würde doch noch die Erfahrung machen, 3üO Wahl und Einrichtung des Zimmers zu niikrosk. Beobachtungen. dass sie für alle vorkommenden Fälle nicht ausreichen. Wenn ii'gend wo, so findet hier das bekannte Wort von Franklin Anwendung, ein Naturforscher müsse mit dem Bohrer sägen können, mit der Säge aber bohren. Beim Abfassen der nachfolgenden Anweisungen stelle ich mir daher auch am liebsten solche vor, deren Mikroskop eine ganz einfache Einrichtung besitzt und nur mit dem allernöthigsten zu Untersuchungen erforderlichen Apparate ausgestattet ist. Eine genauere Beschreibung verschiedener Instrumente nebst Anweisung ihres Gebrauchs zu den be- stimmten Zwecken, welche ihre Erfinder angegeben haben, wird im dritten Buche vorkommen. Hier ist es vorzüglich meine Aufgabe, nach- zuweisen, wie dergleichen Instrumente entbehrlich werden können. Der verständige Leser wird aber selbst das Fehlende ausfüllen. 291 Zuvörderst kommt die Beschaffenheit und die Einrichtung des Zim- mers in Betracht, wodurch sich dasselbe zum Anfertigen von Präparaten und zur Vornahme mikroskopischer Beobachtungen eignet. Eigentlich kann jedes Zimmer mit einem Fenster, das nach dem Freien gerichtet ist, dazu benutzt werden. Hat man indessen die Wahl zwischen ver- schiedenen Zimmern oder bei der Herstellung eines im Besondern zu mikroskopischen Untersuchungen bestimmten Observatoriums, dann kön- nen folgende Principien maassgebeud sein, und zwar aus den zum Theil schon ii'üher (§. 211 und 283) entwickelten Gründen. Am besten ist es, wenn das Zimmer, auf zwei Seiten ein Fenster oder ein Paar Fenster besitzt, die nach Norden und nach Süden gerich- tet sind. Sind die Fenster nur nach Einer Seite, dann verdient die Richtung nach Süden den Vorzug, und durch passend angebrachte Schirme juuss dafür gesorgt werden, dass das Sonnenlicht von aussen abgehalten wird, da wo dasselbe hinderlich sein könnte. Die Wände des Zimmers sind am besten weiss; für die Tische da- gegen , auf denen gearbeitet wird , verdient die schwarze Farbe den Vorzug. Das Zimmer muss ferner eine solche Lage haben, dass die Wände und der Boden so wenig als möglich durch vorübergehende Wägen er- schüttert werden. Deshalb vermeidet man ein Zimmer nach einer stark besuchten Strasse und wählt lieber ein solches, dessen Fenster auf einen Garten gehen. Um jeder Erschütterung vorzubeugen, ist es daher gut, wenn die zum Tragen der Mikroskope bestimmten Tische entweder an die Wand befestigt sind, oder aber mit den Füssen auf besonderen Stützen ruhen, die mit dem übrigen Boden nicht verbunden sind, wie es in Fig. 124 dargestellt ist. Das ist namentlich wünschenswerth in einem Zimmer, welches jcu mikroskopischen Demonstrationen benutzt wird. Um den bei mikroskopischen Untersuchungen oftmals sehr hinder- lichen in der Luft schwebenden Staub möglichst zu verhüten, sollte die Decke mit Leinwand überzogen, der Boden aber nicht mit einem Tep- Tisch zur Anl'ertigung mikroskopischer Präparate. 361 piche bedeckt, sondern aus gut schliessenden Brettern geformt und dabei dunkel gefärbt sein, weil es dann leichter ist, ein kleines Object, welches durch Zufall auf den Boden fiel, wieder zu finden. Die Heizung des Zimmers sollte, wo es möglich ist, durch Röhren geschehen, in welche Luft oder erwärmtes Wasser geleitet wird, wobei dann das eigentliche Heizungslocal sich ausserhalb befindet. Denn wenn die Heizung auf gewöhnliche Weise durch Oefen oder Kamine stattfin- det, so schweben in der Luft des Zimmers immer viele Aschen- und Kohlentheilchen. Was die Grösse des Zimmers, die Zahl der Tische u. s. w. an- langt, so kommt natürlich die nähere Bestimmung in Betracht, ob das- selbe nur für eine einzelne Person oder ob es zu öffentlichen Demonstra- tionen bestimmt ist. Da im letzteren Falle von Zeit zu Zeit auch das Bildmikroskop in Anwendung kommt, so muss die Wand vier bis fünf Meter vom gegenüberliegenden Fenster entfernt sein, damit der Schirm in die gehörige Entfernung kommen kann; natürlich muss dann auch die Breite des Zimmers dem erleuchteten Felde auf dem Schirme entsprechen. Für eine einzelne Person dagegen ist das kleinste Zimmerchen ausrei- chend, wo ein Tisch, ein Stuhl und ein Kasten für die nöthigen Geräth- schaften Platz haben. Vortheilhaft ist es, wenn man einen kleinen Tisch ausdrücklich zur Anfertigung von Präparaten sich einrichtet. Seit mehreren Jahren be- diene ich mich eines solchen mit Vortheil, mit einer Einrichtung, wie sie in Fig. 124 (s. folg. S.) dargestellt ist. Er ist länglich viereckig, hat in der Richtung ah eine Breite von 0,8 Meter und misst 0,6 Meter in der Rich- tung ac. Eine zweite Platte d befindet sich 0,45 Meter unterhalb der oberen; dieselbe ist an den vier Füssen des Tisches befestigt und trägt in der Mitte einen Spiegel e von 0,20 Meter Durchmesser, der wie ein gewöhnlicher Mikroskopspiegel sich in einem Bügel bewegt und nach allen Richtungen gedreht werden kann. Der Stab, worauf der Bügel ruht, hat unten eine Schraube, wodurch er dergestalt an das zweite Tischblatt befestigt ist, dass der Spiegel sich bequem wie um eine Axe drehen kann und nach Willkür sich auch ganz wegnehmen lässt, sobald nämlich an die Stelle des Spiegels ein Mikroskop kommen soll, welches auf später anzugebende Weise als Sonnenmikroskop benutzt wird, um damit photographische Abbildungen zu zeichnen. Damit das Licht auf den Spiegel fällt, wird das Stück n im oberen Tischblatte, dem Sitze des Beobachters gegenüber, weggenommen. In der Mitte des oberen Tischblattes, gerade oberhalb des Spiegels, ist eine viereckige OefFnung von 0,15 Meter Länge angebracht. In diese Oeffnung kann ein gleich grosser und 3 Centimeter tiefer Trog eingesetzt werden, der auf einem Falze ruht, mit Seitenwänden von Blech imd einem Boden von dickem Spiegelglas. Es ist dieser kleine Trog zu Zergliederungen bestimmt, die am besten unter Wasser vorgenommen werden, und wozu der unten stehende Spiegel das nöthige durchfallende Licht gewährt. Sonst kann 3G2 Tisch zur Antertigung mikroskopischer Präparate. statt des kleinen Trogs ein Stück dickes Spiegelglas oder eine hölzerne Platte, die gleich dem ganzen Tische schwarz gefärbt ist, in die Oeffnung Fig. 124. Harting's Präparirtisch. eingelegt werden, so dass deren Oberfläche mit dem übrigen Tischblatte im gleichen Niveau ist. Darauf können mehrere Ringe zu liegen kom- men von 4 bis 8 Centimeter Durchmesser, die mit einem Spiegelglase bedeckt werden, oder in die man Uhrgläser von verschiedener Grösse bringt, um Objecte hinein zu thun. Es können diese Ringe aus Blech bestehen; oben haben sie einen umgeschlagenen Rand, und von unten her ist der Rand doppelt, auch wohl zu grösserer Festigkeit mit Blei gefüllt. Ein solcher Ring ist unter q abgebildet. Zur Seite der Oefl^- nung können dann mehrere Lupenträger kommen, die entweder in da- für bestimmten Oeffnungen stehen, oder die, wie^, auf hinlänglich schwe- ren, mit Blei gefüllten Füssen ruhen. Auch kann hier füglich ein bild- umkehrendes oder ein anderes zusammengesetztes Mikroskop zu stehen kommen, indem seitlich von der viereckigen Oeffriung eine kupferne Säule h mit einem Querarme i in die Tafel eingelassen wird, die sich um eine Spindel drehen lässt. Der Querarm ist mit einem Ringe k oder mit einer kurzen Röhre versehen, worin das Rohr des Mikroskops m auf- Schneidende Instrumente. 303 und niedergeschoben werden kann^ was hier ganz ausreichend ist, da man nur bei geringen Vergrösserungen davon Gebrauch machen darf. End- lich hat der Tisch noch ein paar Schubfächer II, zum Theil in Fächer abgetheilt, um einige Gläser mit den gebräuchlichsten Reagentien auf- zunehmen. Ich wende mich jetzt zu den Instrumenten, welche zum Seciren 292 bestimmt sind, wobei ich jene übergehe, welche auch zu gröberen Sec- tionen benutzt werden, weil ich den Leser mit diesen hinlänglich ver- traut annehmen darf. Von schneidenden Instrumenten sind erforderlich: 1. Zwei bis drei kleine Scalpelle von verschiedener Grösse und Form. Jene, deren ich mich bediene, sind Fig. 125 in ihrer wahren Grösse dargestellt und bedürfen keiner besondern Beschreibung. 2. Sehr brauchbar ist ein gebogenes lanzettförmiges Messer, wel- ches Fig. 126 dargestellt ist. Auf der Hohlseite (4) ist es ganz eben, auf -■ Fig. 125. der convexen Seite (-ß) aber ist es in der Mitte dicker. In C sieht man dasselbe vom Rande. 3. Ein Rasirm'esser mit einer breiten und dünnen Klinge. Da das Rasirmesser sehr häufig in G ebrauch kommt, so ist es gut, mehrere in Be- reitschaft zu haben, um das während einer Untersuchung stumpf gewordene Messer mit einem andern vertauschen zu können. 4. Doppelmesser. Va- lentin^s Doppelmesser ist Fig. 127 (s.f. S.) abgebildet, bei A von der Seite, bei B vom Rande. Es be- steht aus zwei doppelschneidigen, mit den ebenen Flächen einander zuge- kehrten Klingen. Gleich den Blättern einer Schieberpincette können diese Klingen durch den Stift a, welcher sich in der Rinne c auf- und abschie- ben lässt, an einander gebracht werden, wobei ein anderer Stift Z>, der an der einen Klinge angenietet ist und in einer entsprechenden Oeffnung der andern gleitet, die Bestimmung hat, beide Klingen in der nämlichen Stellung zu erhalten. Gerber' s Doppelmesser ist Fig. 128 (s. f. S.) dargestellt. Im We- sentlichen stimmt es mit dem vorhergehenden überein. Nur sind die Klingen anders geformt und es fehlt der zuletzt erwähnte Stift daran. Ich habe mir Doppelmesser mit etwas anderer Einrichtung anfertigen lassen, wie sie Fig. 129 (s. f. S.) dargestellt ist. Die beiden Blätter des Scalpelle. Lanzettförmiges Messer. 3G4 Doppelmesser. Messers sind gewöhnliche Scalpelklingen und so mit einander vereinigt, dass ihre Schneiden einander immer mehr genähert sind, als die Rücken- Fie. 127. ■ Fi"-. 128. Viilentin's Doppelmesser. Gerb er 's Dojipelmesser. Harting's Doppelmesser. ränder, wie es in dem Durchschnitte d angegeben ist. Das ist ein wich- tiger Punkt, worauf beim Anfertigen von Doppelmessern wohl zu achten ist; denn wenn der Abstand für alle Punkte der nämliche ist, dann bleibt bei einem Durchschnitte das abgetrennte Stückchen zwischen den beiden Blättern stecken. Aus dem nämlichen Grunde muss auch das Intersti- tium beider Klingen an der Spitze grösser sein, als an der Basis, wie es auch in B angedeutet ist. Beide Klingen sind bei c nach aussen gebo- gen, und sie werden einander durch eine Schravibe a genähert. Die eine der beiden Klingen ist mit dem Hefte in fester Verbindung, die zweite kürzere Klinge aber ist mit der ersteren durch eine Schraube b verbunden. Wird die Schraube a weggenommen , dann kann die kürzere Klinge zur Seite geschlagen werden, und es lassen sich die Klingen gehörig reinigen oder nöthigenfalls auch schleifen. Zwei andere Instrumente von ähnlicher Art, jedoch von etwas an- derer Form und Bestimmung, sind Fig. 130 und Fig. 131 (s. f. S.) darge- stellt: in der ersteren eine Art Doppellancette, in der zweiten eine Art DoppelmeisSl. Ausser in der Form der Klingen unterscheiden sie sich auch noch darin von Doppelmessern, dass ihre Spitzen sich allmälig ein- ander nähern. Ganz überflüssig erscheint übrigens eine nähere Beschrei- bung dieser Abbildungen, welche die Instrumente in der halben Grösse darstellen. Schceron. 3G5 Fie. 130. Fie. 131. Ueber den Gebrauch dieser Doppelmesser und über die Fälle, wo sie mit wahrem Nutzen zu brauchen sind , wird später das Nöthige angeführt wer- den. 5. Eine oder zwei feine Scheeren. Bei manchen fei- nen Zergliederungen von In- secten, Mollusken u. s. w. sind dergleichen durchaus nicht zu entbehren. Die Scheere hat den grossen Vor- zug vor dem Messer, dass sie die Gewebe durchschnei- det, ohne sie zu zerren oder aus der Stelle zu verrücken. Statt der gewöhnlichen Scheere kann man auch mit Yortheil das von Strauss- D u r c k h e i ra ( Tratte pratique et theorique d'anat. compara- tive, 1842, Vol. I, p. 152) beschriebene Mikrotom be- nutzen, womit man leichter Doppellancette. Doppelmeisel. und sicherer in allen Richtungen schneiden kann, als mit einer gewöhn- lichen Scheere; denn bei letzterer wird die Haltung der Hand immer mehr oder weniger durch die Haltung der in den Griffen steckenden Finger bestimmt, und ein genaues und festes Schneiden ist deshalb nur in einer bestimmten Anzahl von Richtungen möglich. Unter dem Namen Mikrotom sind auch noch andere Instrumente beschrieben worden, die aber nicht in unmittelbarer Beziehung zur mikroskopischen Untersuchung stehen und von denen erst später die Rede sein wird. Das Mikrotom von Strauss-Durckheim, welches Fig. 132 (s. f. S.) in halber Grösse darge- stellt ist, gleicht in der Hauptsache einer gewöhnlichen anatomischen Pincette, deren Blätter aber in zwei kleine Scheerenklingen ausgehen. Ihre Bewegung wird durch eine Schraube a geregelt, welche in dem einen Zangenarme der Pincette befestigt ist und durch eine Oeffnung des an- dern Zangenarmes tritt, wo sich eine Mutter h befindet, welche auf die Schraube passt; dadurch kann man, bevor man schneidet, die Distanz der Zangenarme, also den zu durchlaufenden Raum, nach Willkür grösser oder kleiner machen. Um aber auch die Bewegung nach innen, so weit man es wünscht, beschränken zu können, ist an jener Schraube eine zweite Mutter c zwischen den beiden Zangenarmen angebracht. Da end- lich das Schleifen der Scheere schwer fallen würde, wenn die beiden Zangenarme wie bei einer gewöhnlichen Pincette fest an einander gelö- 3CC Scheeren. Nadeln. thet wären, so ist die Verbindung durch eine Schraube bei d hergestellt, um die Pincette aus einander nehmen zu können. Mit orleifhem Vortheile kann FijT. 132. Fig 133. Mikrotom von Strauss-Durckheim. Mikrotomische Scheere. man auch die in Fig. 133 in hal- ber Grösse dargestellte Scheere gebrauchen, deren beide Griffe durch eine elastische Feder d^ die bei e an den einen Griff be». festigt ist, auseinander gehalten werden. Die Schraube a und die beiden Schraubenmuttern c und b entsprechen durchaus den näm- lichen Theilen in Fig. 132. Von / bis g müssen die Griffe feilen- artig rauh sein, um das Rutschen zwischen den Fingern zu ver- hüten. Die beiden zuletzt beschrie- benen Instrumente werden übri- gens wie eine Schreibfeder ge- fasst. 6. Nadeln, die bei sehr vielen mikroskopischen Untersuchungen ganz unentbehrlich sind. Mit ein paar gewöhnlichen Nähnadeln, die in hölzerne oder beinerne Griffe eingelassen sind, kann man schon viele der wichtigsten Zergliederungen unter dem Mikroskope ausführen. Sechssei- tige oder achtseitige Griffe sind den runden vorzuziehen, weil sie weniger Fi (T. 134 135, 13G, 137. zwischen den Fingern rollen. Die Nadeln dürfen nicht zu lang sein, weil dann die Bewegung an Sicherheit verliert. Am besten ist, wie in Fig. 134, eine Länge von 5 bis 6 Centimeter. Für manche Zwecke ist es gut, eine Nadel mit umgebogener Spitze (Fig. 135) zu haben. In anderen Fällen passen Nadeln, die in eine kleine zweischneidige spitzige Klinge (Fig. 136) ausgehen, oder die sich am Ende scalpelförmig (Fig. 137) etwas verbreitern. Zur Herstellung von Präparaten aus har- ten Substanzen sind endlich noch erforder- lich : 7. eine feine Säge aus einer Uhrfeder; 8. eine oder mehrere Feilen von massiger Nadeln. Feinheit. 293 Auch ein Wort über das Schärfen oder Schleifen der Messer dürfte hier am Platze sein. Wenn dieselben durch anhaltenden Gebrauch zu Sohürffin der Messer. 307 sehr gelitten haben, so versteht e-j sich von selbst, dass man sie zum In- strnmentenmacher schicken muss, der sich auch immer mit dem Schleifen oder Schärfen der Scheeren und Sägen zu befassen hat. Plat sich aber nur die Schärfe eines Messers abgestumpft, dann muss man selbst im Stande sein , diese wieder herzustellen. Das ist anscheinend etwas ganz leichtes , aber nur wenige verstehen es gut. Die meisten schleifen ihre Messer nicht flach , sondern convex , so dass die Schneide zwar scharf, zugleich aber auch keilförmig ist, und dadurch geht der Vortheil einer dünnen platten Klinge verloren , die namentlich beim Anfertigen von Durchschnitten von grosser Bedeutung ist. Dieses unregelmässige Schleifen hat einen doppelten Grund, zuerst nämlich ein unpassendes Halten des Messers während des Schleifens, wobei richtiger Weise Rücken und Schneide gleichzeitig mit der schlei- fenden Fläche in Berührung sein müssen, zweitens aber die Benutzung von Wetzsteinen, deren Oberfläche anfangs zwar ganz eben ist, während des Gebrauchs aber mehr und mehr ausgehöhlt wird. Ein Messer, wel- ches auf einer solchen ausgehöhlten Fläche geschliffen wird, muss natür- lich immer gewölbt werden. Man vermeidet diesen Uebelstand, wenn man zur schleifenden Fläche ein Stück Spiegelglas nimmt, das sich nur wenig abnutzt und eintreten- den Falls alsbald durch ein anderes ersetzt werden kann. Als Schleif- pulver dient aber ein fein geschlemmtes Tripelpulver. Letzteres verschaffet man sich dadurch, dass man eine Quantität Tripelpulver in ein ziemlich hohes Cylinderglas thut, Wasser übergiesst, das Gemenge dann gehörig umrührt und einige Augenblicke stehen lässt, bis sich die gröberen Theile gesetzt haben. Dann giesst man die überstehende Flüssigkeit ab, damit sie gesondert sich absetzt ; der Niederschlag aber wird getrocknet und in einer gut schliessenden Schachtel vor Staub geschützt. Verfährt man übrigens mit dem Rückstande auf gleiche Weise noch ein oder ein paar Mal, so kann man sich Tripelpulver von verschiedener Feinheit verschaf- fen. Etwas von dem feinsten Tripelpulver wird aber mit ein paar Tropfen Olivenöl auf die Oberfläche des Spiegelglases ausgebreitet und alsdann wird das Messer unter einem allmälig gesteigerten Drucke , wobei der Rücken und die Schneide immer zugleich mit der Schleiffläche in Berüh- rung sein müssen, kreisförmig hin- und herbewegt. Um der Schneide eines Messers die grösste Feinheit und Schärfe zu verschaffeen, muss dasselbe weiterhin noch auf einen Streichriemen kom- men, und wenn es nicht zu stumpf ist, kann man sich damit allein be- gnügen. Bekanntlich giebt es mancherlei Arten von Streichriemen. Feine Riemen, die mit dem einen Ende an eine Wand befestigt und an dem andern mit der Hand gehalten werden, desgleichen solche, welche man durch Schrauben oder sonst auf eine Art anspannt , sind zu verwerfen : sie biegen sich während des Streichens nach unten und machen daher die Klinge immer convex. Besser ist ein Riemen aus weichem Leder, der auf einer hölzernen TJnterlage befestigt wird. Auf diesen Riemen wird 308 Pincetten. Häkchen. Unterlage. ein Gemenge einer fettigen Substanz mit einem feinen Pulver, etwa ge- schlemmtes Colcothar vitrioli^ gestrichen. Als besonders passend kann ich aber dazu den erst in neuerer Zeit dazu verwandten sogenannten Diamant- staub empfehlen. Durch diesen erhalten die Messer eine ungemein scharfe Schneide. Beim Hin- und Herstreichen auf dem Riemen hat man nicht blos darauf zu sehen, dass das Messer ganz flach gehalten wird und immer mit allen Punkten in Berührung ist, sondern dass auch beim Umdrehen der Rücken des Messers stets dem Riemen zugekehrt bleibt. Endlich muss die Bewegung beim Aufsetzen auf den Riemen in der Richtung der Diagonale ausgeführt werden. Fig. 138. F 139. 294 Zum Fassen kleiner Objecte, die sich nicht mehr mit den Fingern halten lassen, dienen Pincetten oder Zängelchen. Gewöhnlich befindet sich ein solches in zwei feine Spitzen auslaufendes Zängelchen von Mes- sing bei jedem Mikroskope, und es bedarf daher keiner besondern Be- schreibung desselben. Zu Sectionen verdient aber in der Regel eine kleine Pincette aus Stahl den Vorzug, deren Spitzen an der Innenfläche feilenartig eingekerbt sind. Oftmals ist es auch nöthig, dass während der Zergliederung eine'« Thieres einige Theile desselben in Spannung gehalten werden. Bei grös- seren Thieren werden zu solchem Zwecke die bekannten Haken benutzt. Bei kleineren Thieren, wie z. B. Insecten, und ebenso bei zarten Orga- nen, z. B. beim Auge, können recht gut feine Nadeln dazu genommen werden, die man an der Spitze hakenförmig um- biegt. Oftmals ist schon das Gewicht einer sol- chen Nadel ausreichend, um die gewünschte Span- nung zu erzielen: reicht es aber nicht aus, so kann man um den Kopf der Nadel einen Faden befestigen, der mit einem kleinen Gewichte ver- sehen ist (Fig. 138); dieses Längt dann frei über den Rand des Gefässes herab, worin sich der Ge- genstand befindet, und zieht den betreffenden Theil an. Um nöthigenfalls die Richtung des Zuges noch zu modificiren, kann man ein Stückchen Stanniol oder etwas dergleichen auf den Faden in dem Gefässe legen, oder diesen durch ein un- tergelegtes Körperchen unterstützen. Auch ein Häkchen, wie man bei manchen Augenoperationen benutzt (Fig. 139), lässt sich in Häkehen, einzelnen Fällen vortheilhaft anwenden. h Nadel, zur Span- nung von Theilen vorgerichtet. 295 Alle Objecte verlangen eine Unterlage, auf der sie entweder unmit- telbar unter das Mikroskop gebracht , oder auf der die vorher nöthigen Zurichtungen vorgenommen werden. Die Mannigfaltigkeit der Objecte Grösse der GlasstäCelchen. 309 und der Zurichtung derselben macht es schon begreiflich, dass nicht im- mer die nämliche Unterlage benutzbar ist, dieselbe vielmehr sich immer nach dem beabsichtigten Zwecke zu richten hat. Im allgemeinsten Gebrauche sind aber Giastäfelchen, die man immer in grösserer Anzahl bereit liaben muss. Sie sollen aus gutem und nicht zu dünnem Spiegelglase bestehen, glatt geschliffene Ränder und dabei eine passende Länge und Breite besitzen. Ich benutze meistens solche von 22'"'" Breite und 66 ""^ Länge; doch muss man auch für einzelne Fälle breitere haben*). Begnügt man sich damit, immer nur frisch zubereitete Objecte zu beobachten, so kann man sich von jedem Glaser eine ausreichende An- zahl solcher Glastäfelchen anfertigen lassen. Will man dagegen auch *) In der jüngsten Zeit knüpft sich ein besonderes Interesse an die Frage, welche Grösse und Gestalt die zu Präparaten bestimmten Glastafeln haben sollen. Mehr- fach werden mikroskopische Präparate als Handelsartikel angefertigt, und es haben sich auch vielfach Vereine gebildet, die unter anderen Zwecken auch den verfolgen, durch Austausch Sammlungen mikroskopischer Gegenstände zu be- gründen. Solche Vereine sind die Microscopical Society zu London, der Verein für Mikroskopie in Frankfurt, und ähnliche Vereine in Giessen, in Dresden und in Leipzig. Da es nun für eine gut geordnete Sammlung der Nettigkeit halber wün- schenswerth ist, dass alle Präpai-ate auf Glastafeln von gleicher Grösse und Ge- stalt aufbewahrt werden, so hat mau die Frage aufgeworfen, welche Grösse und welche Form der Glastafeln die passendste sein dürfte? Die Antwort auf diese Frage ist natürlich sehr verschieden ausgefallen, so dass, wer schon eine Prä- paratensammlung hat, sehr geneigt sein mrd, den Glastäfelchen, von denen er bisher Gebrauch machte, den Vorzug zu geben. So steht denn zu befürchten, dass man sich hierüber so wenig allgemein vereinigen wird, wie über die Ein- heit des Maasses und des Gewchts, für dessen Wünschbarkeit sich doch noch schlagendere Gründe anführen lassen, als für die Gleichförmigkeit der Präparate eines mikroskopischen Cabinets. Die Microscopical Society hat als Grundmaasse für die Glastafeln ihrer Mit- glieder angenommen: 3 engl. ZoU (72™™) Länge und 1 engl. Zoll (24 """) Breite. Zwar etwas kleiner, aber sonst von gleicher Form sind die Glas täf eich en , auf denen ich mehrere Tausende von Präparaten bewahre. In beiden Fällen ver- halten sich Länge und Breite zu einander wie 3:1. Diese Form ist gewählt, damit, wenn in der Mitte das Präparat liegt, bedeckt durch das vierseitige Deck- plättchen, zu beiden Seiten noch ein gleich grosser Raum übrig bleibt, der für die Etiquette und für die Nummer bestimmt ist. Ein ganz anderes Verhältniss zwischen Breite und Länge haben die Glas- täfelchen des Giessener Vereins. Sie sind nämlich nur 48""™ lang und 28'"'" breit, haben also etwa ein Verhältniss wie 1,7:1,0. Der Hauptvortheil bei die- ser Form ist, dass solche Täfelchen auf dem Objecttische des Mikroskops, falls dieser nicht gar zu klein ist, herumgedreht werden können. Wegen der grösse- ren Breite bleibt noch Raum genug übrig, um zur Seite des Präparats mit einem Schreibediamanten, oder auch mit Tinte, auf ein aufgeklebtes Stückchen Papier die nöthige Charakteristik zu verzeichnen. Da nun auch die Vereine in Dresden und in Leipzig sich bereit erklärt haben, von dieser Form weiterhin Gebrauch zu machen, so ist zu verrauthen, dass dieselbe in Deutschland wenigstens allge- meineren Eingang finden werde. H.art iu^'s Miki-oskoi). 24 Harting's Glasschneideapparat. 370 Glasschneideapparat. eine Sammlung mikroskopischer Präparate anlegen, so dass man voraus- sichtlich Hunderte oder Tausende von solchen Gläschen braucht, so ist es gut, wenn man sich dieselben selbst zuzubereiten im Stande ist. Ich will daher hier die Beschreibung eines Apparates zum Glasschneiden beifügen, dessen ich mich schon seit vielen Jahren für diesen Zweck bedient habe. Derselbe ist übrigens ganz einfach, so dass ihn jeder Zimmermann oder Schreiner herstellen kann, so wie er Fig. 140 abgebildet ist. Es stellt pj j^Q nämlich ah c d eine kleine Ta- I, fei von gutem trockenen Eichen- holze vor, 0,5 Meter lang, 0,2 Meter breit und 1 Centimeter dick. Die Mitte derselben trägt eine Leiste e f mit einer eingesägten Rinne; diese soll die Bewegung des Diamanten leiten und muss deshalb hin- längliche Breite haben, um das platte Stahlstück, worin dieser gewöhnlich ge fassist, aufzunehmen. Die Ränder dieser Rinne müssen ganz gerade und eben sein. Die Leiste liegt nur bei e und / auf der Holztafel auf; in der Strecke von m bis n bleibt sie so weit von der letzteren abstehend, dass auch das dickste Glas, welches man durchschnitten wünscht, eingeschoben werden kann. In solcher Entfernung von der Mitte der Leiste, welche der Breite der gewünschten Glastäfelchen gleichkommt, befindet sich eine zweite kürzere Leiste gh^ die der ersteren parallel verläuft. Ferner sind an der anderen Seite die beiden rechtwinkelig verbundenen Leistchen i q und i o angebracht, und an der ersteren sitzt noch ein dünneres Leistchen sp, welches, gleichwie die Strecke mn, die Oberfläche der Tafel nicht be- rührt; doch ist hier das Ende p nicht unterstützt, weil dieses der Kürze halber nicht nöthig ist, und weil es auch beim Gebrauche hinderlich sein würde. Der Abstand des Leistchens io von dem nach vorn sehen- den Rande des Leistchens sp muss etwa 2 Millimeter weniger betragen, als der Abstand von g h bis zur Mitte der auf m n befindlichen Rinne ; der Abstand von i o bis zu dieser Rinne dagegen ist gleich der gewünsch- ten Länge der Objecttäfelchen. Auf der also eingerichteten Schneide- tafel kann man mittelst eines guten Glaserdiamants die Objecttäfelchen und Deckplättchen anfertigen. Man nimmt dazu Stückchen Spiegelglas, die man als Abfall von Spiegeln leicht für weniges Geld von jedem Spiegelfabrikanten erhält. Hat das Glas keinen geraden Rand, so hat man zunächst einen solchen herzustellen, indem man die Tafel als Lineal benutzt. Dann bringt man die Glasplatte dergestalt unter die Leiste e/, dass ihr gerade geschnittener Rand an die Leiste gh stösst, hält den Diamanten in die Rinne und bildet nun einen Riss auf dem Glase. Der also geformte Streifen wird abgebrochen, und indem man neuerdings auf Deckplättchen. 371 gleiche Weise verfährt, erhält man lauter Streifen, die vollkommen gleiche Breite haben. Will man breitere Streifen, so setzt man den Diamanten nicht in der Rinne ein, sondern man hält ihn an den Rand der Leiste ef. Sind die Streifen an dem einen Ende rechtwinkelig abgeschnitten, dann werden sie nach einander in kleinere Plättchen getheilt, indem man sie der Leiste i q parallel legt, so dass ihr Ende an i o stösst. Objecttafeln von der verlangten Länge bekommt man, wenn der Diamant bei m in die Rinne gesteckt wird; um dagegen Deckplättchen zu schneiden, wird der Diamant längs sp hin geführt. So oft ein Schnitt verrichtet worden ist, wird der Glasstreifen nach dem i'reien Theile v hingeschoben und das Stück am Rande der Holztafel zwischen o und r abgebrochen. Das Mattschleifen der Ränder bewirkt man am schnellsten auf einem runden Schleifsteine , der durch ein Rad gedreht vfird. In dessen Er- mangelung kann man aber auch sehr gut ein Stück dickes Spiegelglas und Tripelpulver mit Wasser nehmen. Zu Ende des Schleifens wird dann das Tripelpulver vom Glase abgespült und letzteres allein zur Schleifoberfläche verwendet. Weiter oben (§. 161) haben wir gesehen, däss es gut ist, 296 wenn man Deckplättchen von verschiedener Dicke hat. Benutzt man Spiegelglas, so kann man sich eine Reihe von Deckplättchen anlegen von 3 ™°^ oder auch noch mehr Dicke bis zu 2/3 mm herab. Diese sind zwar bei den meisten Objecten und bei Objectivsystemen von nicht zu kurzer Brennweite sehr gut brauchbar: man bedarf aber auch noch einer Anzahl noch dünnerer Deckplättchen. Man bekommt jetzt aus den Mi- kroskopwerkstätten solche Deckplättchen , die nur 1/5 ™™, ja nur 1/7 *»"" dick sind. Das dünne Deckglas, woraus sie geschnitten sind, kommt auch in Platten im Handel vor, und aus solchen Platten kann man sich mittelst des Lineals und Diamants Stückchen von der g'ewünschten Grösse und Form schneiden. Will man runde oder elliptische Deckplättchen ausschneiden, so em- pfiehlt sich die Methode von L. Beale (Quart, microsc. Journ, I, p. 54). Er benutzt nämlich einen messingenen Ring (Fig. 141), z. B. einen ge- Fio-. 141. wohnlichen Gardinenring, der sich auch in die elliptische Form biegen lässt, wenn man so geformte Deckplättchen zu haben wünscht. Zu beiden Seiten des Ringes sind zwei Messingdrähte angelöthet, um Beale's Ring zum Schneiden von Glasplättclien. -^^j^ ^^^j' ^^^^ Glase festzuhal- ten, woraus das Deckplättchen geschnitten werden soll. Man führt dann den Diamant längs der Innenseite des Ringes. Um das Deckplättchen weiterhin aus dem umgebenden Glase lösen zu können, ist es räthlich, von dem gezogenen Kreise aus mit dem Diamanten Striche nach aussen 24* k 372 Deckplättchen. zu führen, wo dann die dazwischen liegenden Theile des Glases sich leicht ausbrechen lassen. In Ermangelung von Glas kann auch Glimmer benutzt werden. Der Glimmer kommt im Handel in dicken Stücken vor, und in diesem Zu- stande ist er in der Regel mehr oder weniger röthlich oder gelblich ge- färbt; in den dünnen Plättchen indessen, deren man sich zum Bedecken der Objecte bedient, pflegt diese Färbung ganz zu verschwinden. Am besten ist es, man verschafft sich einen Vorrath rohen Glimmers und spaltet diesen selbst in dünne Plättchen. Dieses Spalten wird unter de- stillirtem Wasser vorgenommen , und man kann das platte Heft eines Scalpells dabei benutzen , um die Blätter ohne Beschädigung der Ober- fläche von einander zu trennen. Beim Trocknen werden sie vor Staub geschützt und dann zwischen Papier aufgehoben. Sollen sie als Deck- plättchen dienen, so lassen sie sich leicht mit einer Scheere zuschneiden. Man nimmt aber nur die ganz durchsichtigen Partien, welche möglichst frei von Rissen und sonstigen Ungleichheiten sind. Wenn ein Object ganz dicht ans Mikroskop gebracht werden muss, oder wenn dasselbe so zart ist, dass es selbst durch den schwächsten Druck eines Glas- oder Glimmerplättchens verletzt wird, dann kann man noch die sogenannte Glashaut benutzen. Eine Glasröhre wird nämlich an dem einen Ende ziigeschmolzen, das geschlossene Ende wird alsdann stark erhitzt und hierauf treibt man mit einer gewissen Kraft durch das offene Ende Luft ein: es bildet sich eine grosse Glaskugel, deren Wände so dünn sein können, dass sie kaum \/iooo"'" messen. Die Dünnheit und Durchsichtigkeit dieses Glashäutchens lassen nichts zu wünschen übrig; ein Uebelstand haftet demselben aber an, dass es nicht ganz eben, son- dern stets etwas gekrümmt ist. Bei seiner grossen Zartheit legt es sich übrigens um die Objecte, und da man nur kleiner Stückchen bedarf, so ist die gebogene Fläche nicht gerade in hohem Grade hinderlich. Zum Aufbewahren von Objecten ist es seiner grossen Zerbrechlichkeit halber nicht zu benutzen. 297 Zu sehr vielen Untersuchungen sind Gefässe erforderlich, theils um die Objecte darin zu zergliedern, theils um sie, von der einen oder der andern Flüssigkeit umgeben, unters Mikroskop zu bringen. Zu dem erstgenannten Zwecke kann man irdene Teller oder kleine Schüsseln, für kleinere Gegenstände aber auch Uhi-gläser mit Nutzen verwenden. Da- mit die letzteren feststehen, bringt man sie in die entsprechende Oeffnung einer kleinen Tafel aus Holz oder Kork, deren Ränder zum Ueberfluss noch mit etwas Wachs bestrichen werden können. Für ganz kleine Ge- genstände benutzt man dicke Glasplatten, an denen eine oder auch meh- rere muldenförmige Höhlen ausgeschliffen sind. Darin liegen aber die Objecte niemals in einer geraden Fläche, die doch zur Erlangung eines reinen Bildes im Gesichtsfelde erforderlich ist, und deshalb hat man in letzterer Zeit mit Recht Glasringen (Fig. 142) den Vorzug gegeben. Anl'ertigung von Präparirtrögen. 373 oder auch mit runder Oeffnung versehenen Glasplatten, die mittelst Fig. 142. Kautschukfirniss oder mit- telst Seeleim {inarine rjlue) auf Objecttafeln befestigt werden. Die Ringe, be- sonders aber die Platten, sind eine sehr brauchbare Beigabe des Mikroskops. Präparhtrog mit Glasring. Man kann sich dieselben auch selbst anfertigen , die Ringe nämlich dadurch , dass man sich der- gleichen von Glasröhren auf der Drehbank abschneidet und ihre Ränder dann auf die früher erwähnte Weise glattschleift, die durchbohrten Glas- platten dadurch, dass man ein messingenes Rohr von der erforderlichen Weite an einem Bohrapparate befestigt und denselben unter Benutzung von Tripelpulver und Wasser wirken lässt. Auf eine der drei folgenden Arten kann man sich indessen mit we- niger Mühe recht brauchbare kleine Tröge oder Hohlgeschirre verschaffen, a. Kautschuktröge. Im Handel kommen jetzt Kautschukplatten von verschiedener Dicke vor. Die dünnsten sind etwa 1™™ dick; aus ihnen kann man Platten von beliebiger Dicke formen, da die Platten bei einiger Erwärmung leicht an einander kleben. In ein viereckiges, hin- reichend grosses Stück einer solchen Platte wird eine Oeffnung gemacht, wozu man sich einer Scheere bedienen kann, oder die man mittelst eines passenden ringförmigen Meiseis und eines Hammers herausschlägt. Um dann den Kautschukring auf einer Glasplatte zu befestigen, kann man den im Handel vorkommenden und in England verfertigten Seeleim neh- men, der durch Erwärmung flüssig wird. Ich benutze aber hierzu schon seit vielen Jahren folgenden Leim, der den Zweck gleich gut erfüllt und leicht herzustellen ist. Zu 15 Theilen Terpentinöl setzt man 1 Theil fein zerschnittene Guttapercha und löst dieselbe bei massiger Wärme und unter beständi- gem Umrühren darin auf. Die Lösung wird hierauf dui'ch ein Tuch ge- gossen, um die Unreinigkeiten zu trennen, die immer in der rohen Gutta- percha vorkommen. Der reinen Solution wird dann 1 Theil Schellack zugesetzt, das sich bei massiger Wärme und unter beständigem Umrüh- ren darin auflösen muss. Man fährt aber so lange mit Erwärmen fort, bis ein auf eine kalte Platte gegossener Tropfen beinahe erhärtet. In diesem Zustande eignet sich der Leim zum Gebrauche. Muss er später- hin wieder geschmolzen werden, so setzt man ihm vor dem Erwärmen etwas Terpentinöl zu. Um den Kautachukring mittelst dieses Leims auf das Glas zu kleben, verfährt man auf folgende Weise. Der Ring kommt auf den Tisch und auf denselben wird die Glastafel so gelegt, dass sie überall gleichweit den Ring überragt. Mittelst eines Pinsels streicht man nun den warmen Leim da, wo der unterliegende Ring durchscheint, auf die Glastafel, aber Runder Guttaperchatrog.' Fig. 144. 374 Anfertigung von Präparirtrögen. nur iu dünner Schicht, weil sonst das Ueberflüssige weiterhin an den Rändern heraustreten würde. Hierauf wird der unterliegende Ring auf die mit Leim bestrichene Partie der Glastafel aufgesetzt und die Glas- tafel über Feuer leicht erwärmt; schliesslich aber setzt man das Ganze, und zwar den Ring nach unten gekehrt, auf ein kaltes Stück Spiegelglas, bis der Leim erkaltet und hart geworden ist. b. Guttaperchatröge. (Fig. 143 und 144.) Die Guttapercha kommt jetzt ebenfalls in Lamellen von verschiedener Dicke im Handel vor. Diese sind oftmals nicht ohne Weiteres zur Anfertigung kleiner Fie. 143. Tröge verwendbar, weil die Guttapercha nach eini- ger Zeit an der Luft sich blättert und bröckelig wird. Dieser ünvollkommenheit lässt sich aber abhelfen, wenn man die Guttapercha in kochendes Wasser taucht, wodurch die frühere Biegsamkeit wiederkehrt. Bei der Anfertigung von Guttaperchatrögen vcrtalirt man am besten in folgender Weise. Aus Ovaler Guttaperchatrog. der Guttaperchalamelle wird mit einer Scheere ein länglich viereckiges Stück ausgeschnitten, nicht ganz so breit als die Glastafel, welche zur Unterlage dienen muss. Dieses Stück taucht man ebenfalls in kochendes Wasser , legt es noch nass auf die ebene, ebeniälls nass gemachte Oberfläche eines Stückes Holz, und schlägt mittelst Hammer und Hohlmeisel, dessen Durchmesser ein Kreis oder eine Ellipse ist, den mittleren Theil heraus. Der so er- haltene Guttapercharing, der nur eine Dicke von 3 bis 4 Millimeter zu haben braucht , wird nun zum zweiten Male in kochendes Was- ser getaucht, dann an der Unterseite rasch, aber sorgfältig getrocknet, so dass keine Spur von Wasser mehr vorhanden ist, und jetzt wird er, noch ziemlich warm und weich, auf das dafür bestimmte Glastäfelchen gelegt. Wird nun mit einer zweiten geraden Glasplatte, die mit Wasser befeuchtet ist, einige Augenblicke auf die Oberfläche ein gleichmässiger Druck ausgeübt, so ist der kleine Trog fertig, weil die trockene, erwärmte Guttapercha von selbst der ebenfalls trockenen Ober- fläche der Glastafel anklebt. Nöthigenfalls kann man dieses Ankleben noch dadurch unterstützen, dass man die Theile über einer Alkohollampe schwach erwärmt. Solche Guttaperchatröge kann man viele in einem kurzen Zeiträume ;infertigen. Sie haben fast eben so gerade Ränder, als die viel kostspie- ligeren Glasringe und erfüllen ihren Zweck gleich gut wie diese. Anfertigung von Präparirtrögen. 375 c. Wenn auch die Tröge aus einer dieser beiden Substanzen fast für alle Zwecke vollkommen ausreichen , so giebt es doch Fälle , wo Glaströge den Voi'zug verdienen. Diese kann man sich aber auch leicht auf folgende Weise verschaffen. Zuvörderst muss man ein paar Glasstreifen haben von passender Breite , mit parallelen Rändern und rechtwinkelig abgeschnittenen Enden , so dass sie gehörig an einander liegen und zusammen ein Rectangel bilden, etwa wie Fig. 145. Zu die- sem Behufe zieht man auf einem Papiere (Fig. 146) mehrere Linien aa so weit von einander entfernt, als die Glasstreifen breit sein sollen, also Fig. 145. Viereckiger Glastrog. Fig. 14G. Linürtes Papier zur Bildung von Glasstreifen. etwa 3 '""1. Senkrecht auf diese Linien werden dann andere Linien b b gezogen, deren Zwischenraum der gewünschten Länge der Glasstreifen entspricht. Dieselben müssen natürlich von zweierlei Grösse sein, wenn man ziemlich quadratische Tröge haben will. Die Abstände der Linien nimmt man dann so, dass ein kürzerer Abstand immer mit einem längeren abwechselt. Diese Vorsicht erscheint aus dem Grande nicht überflüssig, weil das meiste Spiegelglas an der einen Seite dicker ist als an der an- deren ; wenn daher der kleine Trog eine möglichst gleiche Oberfläche bekommen soll, dann müssen zu seiner Zusammensetzung immer Streifen benutzt werden, die sich möglichst nahe bei einander befinden. Mit einem solchen liniirten Papiere, einem Lineal und einem. Dia- manten fällt es nicht schwer, die nämlichen Linien auch auf Glas zu zie- hen. Indessen muss beim Auftragen beider Classen von Linien darauf gesehen werden, dass sie auf die entgegengesetzten Oberflächen der Glas- tafel kommen. Werden nämlich Querlinien über senkrechte Linien hinge- zogen, so läuft man Gefahr, dass an den Winkeln kleine Glassplitter ausspringen. 37(i Anlcrtigung von Präparirtrögcn. Besitzt man eine solchergestalt getheilte Glasplatte, dann kann man mittelst des oben beschriebenen Guttaperchaleims in kurzer Zeit eine grosse Anzahl Tröge aus den abgebrochenen Glasstreifen zusammensetzen. Man nimmt vier einander nahe befindliche Glasstreifen, zwei längere und zwei kürzere, bringt aui' die eine Fläche derselben sowie dahin, wo zwei Streifen an einander stossen, etwas von jenem Leime und reiht die- selben auf einer Objecttafel zu einem Viereck zusammen. Damit sich der Leim noch besser ausbreitet, wird das Ganze dann leicht erwärmt und uöthigenfalls werden die Streifen noch etwas an einander angedrückt. Nach erfolgter Abkühlung ist ein solcher kleiner Trog für alle Fälle brauchbar, ausser wenn Alkohol, Aether oder flüchtige Oele hineinkom- men; denn diese würden den Leim lösen. Ebenso versteht es sich von selbst, dass sie nui" bei gewöhnlicher Temperatur Anwendung finden können. Uebrigens müssen diese Glaströge sowohl wie die Kautschuk- und Guttaperchatröge immer so aufbewahrt werden , dass der kleine Trog nach unten sieht, um das Einfallen von Staub zu verhüten. Grössere Glaskästchen zum Zergliedern von Objecten oder zur Auf- nahme grösserer Gegenstände, die man unter Wasser betrachten muss, lassen sich auf ähnliche Weise herstellen, wozu es indessen keiner be- sonderen Anweisung bedarf. In den meisten Fällen soll aber blos Was- ser in solche Kästchen kommen, und der grösseren Festigkeit halber ist es demnach besser, ihre Wandungen aus Blech zu machen und darin einen Boden aus dickem Spiegelglase mittelst einer mit Mennige an- gemachten Stopflfärbe zu befestigen. Der Sicherheit halber können dann die Ränder noch mit Guttaperchaleini angestrichen werden. Zur Anfertigung sehr seichter Glaströge hat L. Beale (Quart. Journ. I, p. 56) noch ein gutes Verfahren augegeben, welches darauf be- ruht, dass, wenn ein dünnes Deckglas mit Seeleim befestigt ist, Sprünge in demselben sich nur bis zum Befestigungspunkte ausbreiten. Auf einen von den gläsernen Ringen, die zur Anfertigung tieferer Tröge benutzt werden, klebt man mit Seeleim und unter Wärmeanwendung eine kleine Platte von dünnem Dcckglase auf. In dieselbe bohrt man mit einer drei- kantigen Feile ein Loch und erweitert dieses, bis die Oeffnung in dem dünnen Glasplättchen ebenso gross geworden ist, als jene in dem Glas- ringe. Durch Erwärmung löst man dann das durchbohrte Plättchen von dem Ringe ab, und nun kann man es unmittelbar auf eine Glasplatte befestigen. Statt iler kleinen Tröge benutzt Welcker (Ueber die Aufbe- wahrung mikroskopischer Objecte, 1856, Seite 10) eine Zwischen- lage von Wachs, die je nach der Dicke des Objects ungleich dick ist. Er nimmt nämlich eine kleine Wachsrolle, die am Ende meiseiförmig abgeschnitten ist, erwärmt sie an einer Spirituslanipe, so dass das Wachs langsam, ohne Tropfen zu bilden, auf die vier Ecken an der Untenfläche des Deckplättchens fliegst und dort gleichsam vier Füsschen bildet. Wird hierauf das Deckplättchen auf das Object gelegt, welches sich auf einer Bel'estigung der Objecto zum Zergliedern. Glasstäbchen. 377 Glastal'el in einer Flüssigkeit befindet und angedrückt-, so breitet sich das Wachs etwas aus und die überscliüssige Flüssigkeit fliesst weg. Wirklich lassen sich durch dieses einlache llüllsmittel in vielen Fällen die verschiedenen Arten von Trögen recht gut ersetzen, wenn nicht eine zu grosse Dicke der Präparate hinderlich ist, wie es bei den meisten in- jicirten und nass aufbewahrten Geweben der Fall ist, Zum Behufe mancher Zergliederungen ist es nöthig, das Object zu 298 befestigen. Hierzu dienen Korkplatten, auf denen das Object mit Nadeln befestigt wird. Sind die Theile des Objects sehr fein und, wie es gewöhnlich der Fall ist, weisslich oder hell, dann ist es räthlich , die Oberfläche der Korkplatte mit einer russhaltigen, gleichmässig schwarz gefärbten Wachsschicht zu bedecken, oder noch besser ist es, dieselbe nach Strauss-Durckheim mit schwarzer Seide zu überziehen. Viele feine Zergliederungen von Insecten, von Eingeweidewürmern u. s. w. müssen unter Wasser vorgenommen werden und dann müssen die Korkplatten auf Bleitafeln befestigt sein, wozu man gewöhnliches Pech benutzen kann. Für manche Fälle kann man auch mit Vortheil ein anderes Hülfs- mittel benutzen, das zuerst, so viel mir bekannt, von Strauss-Durck- heim empfohlen worden ist, nämlich ein Gemenge von Gyps und Was- ser, in einem Verhältniss , dass es nach ein paar Minuten zur Erstarrung kommt. Grössere Gegenstände kann man in einen solchen Gypsbrei le- gen, so dass sie durch ihr Gewicht oder durch einen schwachen Druck darin einsinken und in der also gebildeten Höhle, Sobald das Gemenge einmal erstarrt ist, eben so fest liegen, wie die Auster an ihre Schaale angeheftet ist. Bei kleineren Gegenständen und solchen, an deren Ober- fläche Auswüchse oder Haare vorkommen, ist weiter nichts nöthig, als dass man etwas von jenem Brei auf eine Glasplatte bringt und den Ge- genstand darauflegt. -Auch kann der Gyps nöthigenfalls auf verschie- dene Art gefärbt werden. Um ihn schwarz zu färben, kann man das Gemenge statt Wassers mit Tinte versetzen. Muss aber die Zergliede- rung unter Wasser vorgenommen werden, so setzt man zu diesem Zwecke lieber Russ zu. Bei der Zergliederung zarter Embi'yonen empfiehlt Rusconi {Ann. des Sc. nat. 1841, Awü\ dieselben auf eine der genannten Weisen in vorher geschmolzenem Wachse zu befestigen. Zu den Hülfsmitteln bei mikroskopischen Untersuchungen gehören 299 ferner auch mehrere G lasstäb clien, die man sich leicht dadurch ver- schaffen kann, dass man aus einer Glastafel Streifen von 2 bis 3 Milli- meter Breite und 10 bis 15 Centimeter Länge schneidet und deren En- den in der Löthrohrflamme abstumpft, oder dass man gleichlange Ther- mometerröhren an beiden Enden zuschmilzt. Diese Stäbchen werden vielfach benutzt, namentlich um Flüssigkeiten tropfenweise auf die Ob- 300 378 Pipetten; Spritzflasche. jecttafel zu bringen. Hierzu schicken sie sich besser als andere Hülfs- mittel, weil sie so leicht gereinigt werden können. Für manche Zwecke eignen sich auch Pipetten, um z. B. eine Portion einer Flüssigkeit aufzunehmen, worin sich ein einzelnes Object oder ein paar Objecte, wie kleine AVasserthierchen , Infusorien u. s. w., befinden, die man zu isoliren Avünscht, oder wenn man ein Uebermaass von Flüssigkeit in einem Troge oder sonst wo entfernen will. Manchmal sind jedoch die Flüssigkeitsmengen, mit denen man ar- beitet, zu gering, als dass ihre Aufnahme durch eine gewöhnliche glä- serne Pipette, und wäre sie noch so fein, geschehen könnte. Man kann dann einen Pinsel nehmen, (Fig. 147), an dem man nach Strauss- Fig. 147. Durckheim die oberflächliche Haarschicht zum Theil abge- ^ schnitten hat; der Pinsel bekommt dadurch eine feinere Spitze und er saugt mehr Wasser auf als ein durchweg dünnerer Pinsel. Ein solcher Pinsel muss allemal erst nass gemacht werden, bevor man ihn in Gebrauch nimmt; das überflüssige Wasser aber drückt man zwischen den Fingern aus. Zu dem genannten Zwecke kann man auch ein fest zu- sammengerolltes Stückchen Fliesspapier nehmen, dessen Ende man in den Tropfen hält, der entfernt oder vermindert wer- den soll. Eine häufig vorkommende Arbeit, namentlich bei mikro- chemischen Untersuchungen, ist das Abspülen eines Objects mit Wasser. Dazu lassen sich die eben beschriebenen Pipet- ten benutzen; noch besser eignet sich aber dazu eine Spritz- flasche, die man sich leicht herstellen kann. Man braucht baugpmse . ^^^^ ^^^^ dünne Glasröhre mit enger OeflTnung, etwa eine massig weite Thermometerröhre , mittelst eines durchbohrten Korkes auf einer kleinen Flasche dergestalt zu befestigen, dass ein Ende der Röhre gerade unter der Oberfläche des Korkes in das Fläschchen hineinragt. (S. Fig. 124, r.) Nimmt man ein solches Fläschchen, welches zur Hälfte oder zum dritten Theil mit Wasser gefüllt ist, umgekehrt in die Hand, so dehnt sich die Luit durch die Wärme der Hand aus und treibt das Wasser aus der OefFnung hervor. Natürlich kann man solche Spritz- flaschen, wie für Wasser, so auch für andere Flüssigkeiten einrichten. Zu Alkohol, Aether, Oel, wässrigen Solutionen kann immer ein Kork ge- nommen werden; bei Säuren und Alkalien dagegen muss man einen be- sonderen Pfropf von Kautschuk oder von Guttapercha anfertigen. Letzte- res eignet sich besonders dazu, weil es durch Erwärmung jede Form anniinmt. Man kann aber auch Spritzflaschen nehmen, wie sie gegenwärtig unter den Glaswaaren zu chemischem Gebrauche überall zu finden sind. In ein kleines cylindrisches Fläschchen mit enger Oeffnung ist der wei- tere Theil eines Pipettenrohrs eingeschliflen , dessen Spitze bis nahe auf Spritzilaschcn ; Anfertignrig von Durchschnitten. 379 den Boden des Fläschchens reicht. Auf den Hals der Pipette passt ein eingeschlifiener gläserner Stöpsel. Beim Ciebrauche wird ein Theil der Pipettenkugel mit der im Fläschchen enthaltenen Flüssigkeit gefüllt, ent- weder durch Saugen oder indem man die Kugel erwärjnt, wodurch die Luft zum Theil ausgetrieben wird und die Flüssigkeit in der Pipette aufsteigt , wenn diese hineintaucht. Ist die Kugel der Pipette theilweise gefüllt, so wird die Flüssigkeit durch die Wärme der Hand tropfenweise ausgetrieben, indem die rückständige Luft sich ausdehnt. (S.Fig. 124, o.) Derartige Spritzflaschen passen besonders bei der Benutzung von Säuren. AVegen ihrer Zerbrechlichkeit sind jedoch diese sonst ganz zweck- mässigen Spritzflaschen nicht gut brauchbar. In dieser Hinsicht, und wo die Anwendung eines Tropfens der Flüssigkeit hinreicht, verdienen andere Flaschen den Vorzug, die jetzt nuch allgemein unter den che- mischen Glaswaaren verkäuflich vorkommen und deren eine Fig. 124 2 abgebildet ist. Die bis hierher aufgeführten Instrumente und Hülfsnüttel reichen für die Mehrzahl der mikroskopischen Untersuchungen aus. Sonst noch erforderliche sollen bei der Beschreibung der nun folgenden mikroskopi- schen Zubereitungen mit angeführt werden. Alle Zubereitungen, denen Objecte zum Behufe der niikrosko})ischen 301 Untersuchung unterliegen, haben den Zweck, dasjenige siclitbar zu machen, was ohne jene Zubereitung nicht sichtbar ist. In der Mehrzahl dei" Fälle ist jenes Nichtpichtbarsein nur die Folge davon, dass die Ob- jecte undurchsichtig sind und diese Undurchsichtigkeit rührt wiederum von ihrer zu grossen Dicke her. Sehr vielen Körpern, namentlich allen organischen, kommt im strengen Sinne des Wortes die Undurchsichtigkeit, d, h. die Undurchdringlichkeit für Lichtstrahlen, keineswegs zu; der ein- zige Grund ihrer in gewissem Betrachte scheinbaren Undurchsichtigkeit ist darin zu suchen, dass die kleinsten sie zusammensetzenden Theilchen eine solche Form besitzen, vermöge deren die aus einem andern Medium eintretenden Lichtstrahlen augenblicklich in verschiedenen Richtungen gebrochen und reflectirt werden; daher ist eine Schicht auch nur von einiger Dicke ihrem ferneren Fortgange hinderlich. Das ganze Geheimniss, den inneren feineren Bau der Objecte sicht- bar zu machen, läuft daher darauf hinaus, dass man sie in Schichten zerlegt, die fein genug sind, dass bei dem bestimmten Medium, worin das Object sich befindet, die Lichtstrahlen durch dasselbe bis zum Auge des Beobachters gelangen können. Die Anfertigung dünner Durchschnitte gehört zu den häufigsten Arbeiten, die dem Mikroskopiker vorkommen, daher es jedem Anfänger nicht genugsam empfohlen werden kann, dass er sich die nöthige Fer- tigkeit darin aneignet. Man hat freilich mancherlei weiterhin zu be- schreibende Instrumente für diesen Zweck ausgedacht. Bei allen findet sich hauptsächlich eine durch eine feine Schraube bewegte Einrichtung, 380 Anfertigung von Durchschnitten. worin die Objecte befestigt werden, deren vorragende Partie sich über einer durchbohrten Platte befindet und mittelst eines scharfen Messers, welches sich über die Platte bewegt, scheibenförmig abgeschnitten wird. Mittelst der Schraube, wodurch das Object höher oder tiefer gestellt werden kann, lässt sich die Dicke der Scheibe reguliren. Wenn nun aber auch nicht geläugnet werden kann, dass sich mit einem derartigen Apparate Durchschnitte herstellen lassen, die eine gleichmässigere Dicke haben als die aus freier Hand gewonnenen, so ist es doch eben so sicher, dass sie für die eigentliche mikroskopische Untersuchung wenig oder gar keinen Nutzen gewähren. Ihre eigentliche Bestimmung kann nur die sein, Cabinetsstücke anzufertigen, die man wegen der Zierlichkeit der Form und des Gefüges sogenannten Liebhabern zeigt, z. B. Durch- schnitte von Pflanzenstengeln und ähnlichen Gegenständen, die sich schwer in hinlänglich dünnen Schnitten und dabei zugleich durch die ganze Breite des Gegenstandes herstellen lassen. Nur ein Fall ist mir bekannt, wo ein solches Instrument für wissenschai'tliche Zwecke benutzbar ist, wenn es sich nämlich darum handelt, die Elementartheile, welche inmitten anderer in einem Gewebe vorkommen, numerisch zu bestimmen. Man muss alsdann sehr genau die Dicke des genommenen Durchschnittes kennen, und diese Bedingung ist nur mittelst eines solchen Instrumentes zu erfüllen, welches mit einer Mikrometerschraube und einem Index versehen ist und wo das Messer auch nicht aus freier Hand geführt wird, sondern in einer dazu bestimm- ten Rinne läuft. Bringt man z. B. die später zu beschreibende Methode, nach welcher die Objecte im Gesichtsfelde gezählt werden, zugleich mit einem derartig eingerichteten Instrumente in Anwendung, so ist man im Stande, die Anzahl der Ganglienzellen in verschiedenen Abschnitten eines in Chromsäure oder in Alkohol erhärteten Rückenmarks zu zählen. Der Druck, welcher angewendet werden muss, um den Durchschnitt durchsichtig zu machen , bringt in diesem Falle keinen Schaden, Denn allerdings können nur durch diesen Druck die Ganglienzellen, welche früherhin eine etwas höhere oder tiefere Lage hatten, in die nämliche Ebene gebracht werden. Bei wissenschaftlichen Untersuchungen bietet nun aber das Anfer- tigen von Durchschnitten aus freier Hand einen bestimmten Vortheil, weil gerade die partielle Trennung eines Theils manchmal Einzelnheiten des Gefüges deutlicher erkennen lässt, als wenn das Object ganz durch- schnitten wurde. Auf einem solchen partiellen Längsdurchschnitte eines Pflanzenstengels erkennt man z. B. manchmal sehr deutlich, dass die Punkte vieler getüpfelten Gefässe, wenn sie auch manchmal durch ver- dünnte Stellen der Membran erzeugt werden , doch oftmals wahre OefF- nungen sind. Man sieht es namentlich dann, ^enn durch den Schnitt ein Theil eines solchen Gelasses der Länge nach getrennt wird und die- ser Theil sich am Rande des Durchschnitts befindet. Auf solche Weise überzeugt man sich leicht vom Vorhandensein einer Höhle in den Knor- Durchschnitte mit dem Kasirmesser; Ciummisolution. 381 pelzeilen durch die einspringenden Vertiefungen an den unebenen Rän- dern des Durchschnitts, und so noch in vielen anderen Fällen. Das am häufigsten gebräuchliche Instrument zur Anfertigung von 302 Durchschnitten ist ein Rasinnesser. Man benutzt dasselbe bei allen sol- chen Theilen, die dem Schnitte einen massigen Widerstand entgegen- setzen, wie fast alle pflanzlichen Theile, Knorpel, getrocknete oder erhär- tete thierische Gewebe. Viele der letzteren gestatten aber auch im fri- schen imd weichen Zustande mittelst eines Rasirmessers ziemlich dünne Schnitte zu machen, wenn dasselbe nur gehörig scharf ist. Meistens hält man den Gegenstand, von dem man einen Durch- schnitt will, nach oben gekehrt und schneidet dann nach sich zu. Wei- che organische Körper von hinreichender Grösse fasst man zwischen Daumen und Zeigefinger; den Mittelfinger der nämlichen Hand hält man aber so, dass das Rasirmesser beim Führen des Schnitts darüber hingleitet. Manchmal ist der Körper zu dünn oder zu biegsam, als dass sich auf diese Weise Durchschnitte davon machen Hessen. Es ist dann bes- ser, man legt ihn auf eine Korkplatte und führt den Schnitt nach unten. Bei Körpern, die an und für sich feucht sind, ist es räthlich, vor dem Ausführen des Schnittes das Messer zu befeuchten: der angefertigte Schnitt lässt sich dann leichter ohne Quetschung vom Messer abheben, und ausserdem werden auch beim Durchschneiden mit einem trockenen Messer die feinen zusammensetzenden Theile leichter beschädigt, als wenn man mit einem benetzten Messer schneidet. Sind die Körper gross genug, dass sie leicht in der Hand gehalten 303 werden können, so braucht man sie nicht auf andere Weise zu befestigen. Bei sehr kleinen Gegenständen muss man aber zu verschiedenartigen Be- festigungsmitteln seine Zuflucht nehmen, die je nach der Art des zu un- tersuchenden Körpers abgeändert werden müssen. Die häufigste Anwendung kann dabei eine Gummilösung finden aus gleichen Theilen Wasser und Pulver von reinem arabischen Gummi. Ein Tröpfchen einer solchen Solution bringt man auf ein Objectgläschen und legt das Object hinein. Ist die Gummilösung durch Verdunsten des Wassers erhärtet, dann ist der Körper genugsam befestigt, um Durch- schnitte davon zu machen. Sind die Körper sehr klein, dann mengt man sie mit der Gummisolu- tion, und nachdem dieselbe getrocknet ist, macht man Schnitte. Legt man diese Schnitte alsdann in Wasser, so löst sich das Gummi auf, und die kleinen, zum Theil durchschnittenen Objecte bleiben zurück. Auf diese Art kann man leicht Durchschnitte von Amylumkörnern, von Pol- lenkörnchen und ähnlichen kleinen Körpern bekommen. In anderen Fällen kann man mit der Giimmisolution noch folgendes Hülfsmittel in Verbindung bringen. Will man z. B. Durchschnitte von 382 Gummisolution; Trocknen thierischer Gewebe. Haaren, von Fischschuppen u. s. w., so vereinigt man eine gewisse Menge derselben mittelst einer Gummisolution , die Haare bündeiförmig , die Schuppen aber zu einer Lage von gewisser Dicke. Nun macht man in einen gewöhnlichen Korkstöpsel eine Rinne, die weit und tief genug ist, um das Haarbündel oder die Schuppen läge leicht aufzunehmen. Hierauf wird ein Draht um den Kork gewunden, so dass die Ränder der Rinne gegen einander gedrückt und die Objecte dazwischen festgehalten wer- den. Lässt man hiernach das Ganze trocknen, so kann man aus dem Korke und den darin steckenden . Theilen Durchschnitte von grösster Feinheit machen. Der A-^orzug dieser Methode besteht darin, dass der Kork selbst dem Messer eine grosse Schnittfläche bietet. Will man endlich von grösseren dünnen, plattenförmigen Gegen- ständen, wie Blasen, thierischen Häute u. s. w. , vertikale Durchschnitte, so klebt man dieselben mit Gummi auf eine Platte von Kork oder von Holz und macht auf gewöhnliche Weise Durchschnitte , die sich dann in Wasser von ihrer Unterlage lösen. Pflanzenblätter, die der Schneide einen ausreichenden Widerstand bieten und bei denen es einerlei ist, wo der Durchschnitt erfolgt, braucht man nur einige Male um sich selbst zu wickeln , dann bieten sie dem Schnitte eine hinlänglich breite Oberfläche. 304 l^ei thierischen Geweben ist die grosse Weichheit oftmals hinderlich, gehörig dünne imd durchsichtige Durchschnitte davon zu bekommen. Deshalb ist man schon lange auf verschiedene Mittel bedacht gewesen, solche Gewebe fester und härter zu machen, so dass das durchdringende Messer einigen Widerstand erfährt. Das älteste und in den meisten Fällen auch zugleich vortheilhafte- ste Mittel ist dieses, dass man solche Gewebe bei massiger Wärme trock- nen lässt und in getrocknetem Zustande Durcfischnitte macht. Bringt man diese dann in einen Tropfen Wasser, so saugen sie dasselbe auf, sie dehnen sich aus und nehmen meistens wieder ganz die Form wie in fri- schem Zustande an. Man hat aber dabei auf folgende Punkte zu achten: 1. Niemals trockne man zu grosse Stücke eines Organs, weil die Austrocknung dadurch verzögert wird und zugleich zu besorgen steht, es möchte bei dem Wärmegrade , dem das Gewebe ausgesetzt werden rauss, in den tieferen Partien Verderbniss eintreten. Stücke von 5 bis 8 Millimeter Dicke sind am passendsten und bieten auch nach dem Ein- schrumpfen durchs Trocknen noch eine hinlänglich breite Schnittfläche. 2. Das Trocknen muss bei einem passenden Wärmegrade vorge- nommen werden. Bei zu niedriger Wärme erfolgt das Trocknen zu lang- sam und das Gewebe geht in Fäulniss über; bei zu hoch gesteigerter Wärme coagulirt das darin entlialtene Eiweiss. Im Allgemeinen kann man annehmen, der Wärmegrad darf 50^ C. nicht überschreiten. 3. Enthält der Theil Fett, so wähle man zum Trocknen ein Stück, welches möglichst rein von Fett ist ; dasselbe schmilzt in der Wärme, Trocknen thierischer Gewebe, 383 durchdringt das Gewebe, nachdem das Wasser verdunstet ist, und so kann sich der Theil späterhin nicht wieder gehörig im Wasser ausdehnen, wenn die genommenen Durchschnitte nicht vorher mit Aether ausgezo- gen werden. Ist es nicht möglich, einen fettfreien Theil zum Trocknen zu verwenden, so muss man eine dünne Schicht bei einer Temperatur unter dem Schmelzpunkte des Fettes trocknen, also bei höchstens 40^ C., da 50*^ C. der Schmelzpunkt für die reine Margarine ist, die im Men- schenfette immer mit der schon bei gewöhnlicher Temperatur flüssigen Elaine verbunden vorkommt. 4. Als Wärmequelle kann man im Sommer die Sonnenstrahlen ver- wenden, im Winter dagegen ist künstliche Wärme erforderlich. Da aber die Gegenstände, wenn sie in der Luft hängen, durch den auflällenden Staub innner verunreinigt werden, so gebe ich dem Fig. 148 abgebildeten Fig. 148 A B ^ Kartings Trockenapparat. Apparate den Vorzug, mit dem auch zugleich eine entspi-echende Tem- peraturregelung möglich ist. Bei A ist der ganze Apparat abgebildet, bei B nur ein Theil desselben im Durchschnitte ; die Buchstaben be- zeichnen aber bei A und B die nämlichen Theile. Es ist abcd der Durch- 384 Trocknen thierischer Gewebe. schnitt eines runden Behälters, der oben offen ist. Bei ef befindet sich ein zweiter Boden, der lose auf einem dazu bestimmten Rande aufliegt. Der Raum zwischen ef und o d enthält feinen Sand. Auf ef liegt das runde Fussstück gh mit dem Pfeiler ik in der ISIitte. An diesem Pfeiler, etwa am ersten Drittel seiner Höhe, ist der runde Kasten Im befestigt, der mit trocknem Chlorcalcium gefüllt wird. Am oberen Ende des Pfeilers ik befindet sich eine runde Platte op mit ein paar Häkchen am Rande, welche dazu bestimmt sind, die zu trocknenden Theile mit Drähten daran aufzuhängen. Theile, die auf Glastäfelchen ausgebreitet sind, kann man auf die Platte selbst legen. Eine das Ganze bedeckende Glasglo- cke, in deren Halse sich ein Thermometer t befindet, ruht auf dem zwei- ten Boden ef. Der ganze Apparat wird von einem passenden Fussstücke getragen; dasselbe besteht aus drei Säulen und einem Widerhalter. Zur Wärmeentwickelung dient eine Argand'sche Lampe. Alles ist aus starkem Blech gemacht, nur der Boden cd ist aus Messing*). Oftmals benutze ich auch, namentlich wenn es keiner künstlichen Wärme bedarf, jenen Apparat, der in allen chemischen Laboratorien im Gebrauch ist, um Substanzen über Schwefelsäure zu trocknen. Er stimmt in mancher Beziehung mit dem oben beschriebenen Apparate überein ; er hat aber einen cylindrischen Behälter aus Eisen und eine doppelte Wand, um Quecksilber aufzunehmen. Innen steht ein weites cylindrisches Glas, in welches die Schwefelsäure kommt, und darauf liegt ein Deckel aus Drahtgeflecht. Auf letzteren kommen die Objecte auf Glastäfelchen zu liegen. Das Ganze wird dann noch mit einer Glasglocke bedeckt, de- ren Rand zwischen den beiden Wandungen des eisernen Behälters in das Quecksilber taucht. 305 I^t nun auch das mit Sorgfalt ausgeführte Trocknen das zumeist an- wendbare Mittel, um den Geweben die zur Anfertigung von Durchschnit- ten geeignete Härte zu ertheilen, so sind doch auch wieder Nachtheile damit verbunden; zudem ist dieses Mittel nicht in allen Fällen anwendbar. Unter den Nachtheilen ist zuerst der zu nennen, dass die einmal getrock- neten Theile, wenn sie späterhin wieder in Wasser gelegt werden, ihr früheres Volumen, wie im frischen Zustande, nicht vollkommen wieder er- langen. Bei den Muskeln fand ich (Recherches micrometriques p. 59) den Durchmesser der getrockneten und durch Wasser wiederum aufgeweichten Primitivbündel zu jenem der frischen Primitivbündel = 1 : 1,31. Man- che getrocknete thierische Gewebe, z. B. die Hornhaut, die Wandungen der Venen und Arterien nehmen dagegen, wenn sie in Wasser wiederum aufgeweicht werden, einen grösseren Raum ein als im frischen Zustande. *) Der nämliche Apparat kann auch zum Ausbrüten von Eiern benutzt werden. Es wird dann der Pfeiler ik mit dem Chlorcalciumbehälter u. s. w. weggenommen, und die Eier, gehörig in Baumwolle gewickelt, kommen in den offenen Theil des Behälters ah cd. Darüber aber kommt ein Deckel (C), der bei v mit einer OefT- nang für das Thermometer versehen ist. Erhärtung durch Weingeist. 385 Ein zweiter Nachtheil ist der, dass manche Elementartheile , z. B. die Primitivfasern der Sehnen und Bänder, beim Trocknen so stark zusam- menkleben, dass sie späterhin, wenn sie von Wasser durchweicht werden, nicht mehr gesondert zum Vorschein kommen. Muss man nun auch zu- geben, dass dieses Zusammenkleben in der Regel nicht stattfindet, da viele von den feinsten Elementartheilen , die Primitivfasern der Muskeln, die Nervenröhren u. s. w., beim Trocknen keine sehr in die Augen fallende Veränderung erleiden, so ist es doch wünschenswerth, auch andere Er- härtungsmethoden in Gebrauch zu ziehen, um die auf verschiedenen We- gen erhaltenen Resultate mit einander vergleichen und dadurch zu einem zuverlässigen Schlüsse gelangen zu können. Zunächt kommen hier alle jene Flüssigkeiten in Betracht, welche das Eiweiss coaguliren oder unlösliche Verbindungen mit demselben bil- den können : Alkohol, Sublimatsolution, Salpetersäure, Chromsäure. Na- türlich ist es nicht einerlei, welche von diesen Flüssigkeiten angewendet wird; die Zusammensetzung des zu untersuchenden Gewebes und die allgemeine W^irkungsweise der einzelnen Flüssigkeiten geben hier den Ausschlag. Auch darf man nicht vergessen, dass jene Flüssigkeiten phy- sikalische, und chemische Veränderungen in den Geweben herbeiführen; daher man immer auf der Ilut sein muss, Kunstproducte in den zusam- mensetzenden Theilen als einen natürlichen Zustand zu betrachten. Verdünnter Weingeist von 10^ bis 15^ bringt unter diesen Flüssigkeiten die wenigsten Veränderungen hervor, und namentlich kann derselbe mit Nutzen bei vielen Organen angewendet werden , die zum grösseren Theil aus Fasern zusammengesetzt sind. Die Gewebe werden zwar dadurch nicht eigentlich hart, aber doch so fest, dass man mit Hülfe eines scharfen Rasirmessers ziemlich dünne Schnitte herzustellen im Stande ist, z. B. vom Uterus , von den Ovarien u. s. w. Will man stär- ker erhärten, so kann man einen stärkeren Weingeist nehmen ; nur schrum- pfen die Theile dann mehr oder weniger zusammen. Indessen lässt sich dies grösstentheils verhüten, wenn man die von Stilling empfohlene Methode befolgt, welche darin besteht, dass man den zu erhärtenden Theil zuerst in gewöhnlichen verdünnten Weingeist bringt, nach einiger Zeit aber in stärkeren und endlich in den stärksten, soviel möglich was- serfreien Alkohol. Die Zeit, wie lange jede dieser Flüssigkeiten in An- wendung kommen muss , hängt natürlich ganz vom Umfange des Theils ab, und deshalb lassen sich keine positiven Vorschriften darüber aufstel- len. Bei dieser Methode erlangen Gehirn und Rückenmark eine solche Härte, dass man daraus gleich dünne und durchsichtige Schnitte bekom- men kann, wie aus getrockneten Theilen. Es läuft aber dieses Verfah- ren auch wirklich auf eine Art Trocknung hinaus , denn es coagulirt nicht bloss das Eiweiss, sondern der Alkohol nimmt zugleich das im Ge- webe enthaltene Wasser auf. Während aber durchs blosse Trocknen die Elementartheile zusammenfliessen und das Gewebe dadurch ganz formlos und unkenntlich wird, bleiben sie hier gehörig von einander ge- Hartiug's Wikrosküp. 25 380 Erhärtung durch Weingeist, Sublimat, Salpetersäure. sondert, so dass man sie in ihrer relativen Lagerung ganz gut erkennen kann, wenngleich sie natürlich durch die Alkoholeinwirkung etwas von der feineren Stx'uctur verloren haben. Zur Untersuchung des Rückenmarkes hat auch Clarke die Erhär- tung durch Weingeist empfohlen, die genommenen Schnitte behan- delt er dann mit einer Mischung aus 1 Theil Essigsäure und 3 Theilen Weingeist. Eine viel grössere Durchsichtigkeit erzielt er aber auf fol- gende Weise. Die Schnitte werden erst in eine Mischung von Essigsäure und Weingeist gelegt und nach ein paar Stunden in blossen Weingeist, worin sie eben so lange bleiben, hierauf aber bringt man sie in Terpen- tinöl, welches den Weingeist in der Form dunkeler Kugeln oder Tro- pfen austreibt und die Schnitte durchscheinend macht, die man zuletzt mit Canadabalsam bedeckt. Das bei diesem Verfahren vorschwebende Ziel, nämlich Beförderung der Durchsichtigkeit des Präparats, wird dadurch freilich erreicht, nur ist der Nachtheil damit vergesellschaftet, dass gerade in Folge dieser grossen Durchsichtigkeit viele feinere Einzelnheiten sich der Wahrnehmung entzie- hen. Es eignet sich aber dieses Verfahren ganz gut dazu, bei einer geringen Vergrösserung eine allgemeine Uebersicht über das Gefüge zu verschaffen. Zur Untersuchung der feinern Textur ist es übrigens erspriesslicher, man befeuchtet die in Weingeist erhärteten Schnitte mit einer Auflösung von Chlorcalcium, deren sich Schroeder van der Kolk zuerst zu diesem Zwecke bedient hat. Doch ist dabei immer eine massige Com- pression des Präparats erforderlich. Auch Glycerin habe ich dazu manch- mal mit Vortheil benutzt. Thierische Gewebe schrumpfen auch in einer Sublimatsolution zusammen. Ueberdiess werden sie aber dadurch so undurchsichtig, selbst bei grosser Verdünnung der Solution, dass man nur selten zu diesem Erhärtungsmittel greift. Nur in einem Falle verdient der Sublimat vor anderen Flüssigkeiten den Vorzixg, wenn man nämlich die Capillaren mit den noch darin enthaltenen Blutkörperchen untersuchen will , weil unter ' allen Substanzen der Sublimat, soviel mir bekannt, die geringsten Ver- änderungen in den Blutkörperchen erzeugt. Es darf aber die Solution nur Yioo bis Y50 Sublimat enthalten. Salpetersäure ist auch in manchen Fällen brauchbar, z. B. zur Untersuchung der Krystalllinse. Doch muss die concentrirte Säure vor- her mit 4 bis 5 Theilen Wasser verdünnt werden, und die Krystalllinse zieht man, bevor man Durchschnitte macht, wiederum mit Wasser aus, um die Säure zu entfernen, weil sonst durch diese die Messer würden angegriffen werden. Auch zur Zergliederung sehr kleiner Embryonen kann die Salpetersäure nach Rusconi {Annales des Sc. natur. Avril 1841) benutzt werden. Man befeuchtet die Embryonen mit einer mit 8 Thei- len Wasser verdünnten Säure. Auf die Chromsäure haben zuerst Jacobi und dann Hannover (Müller's Archiv 1840, S. 549) aufmerksam gemacht; dieselbe ist für Erhärtung durch Chromsäure, kohlensaures Kali. 387 viele Fälle sehr brauchbar. Im sehr verdünnten Zustande, wo die Chromsäuresolution eine strohgelbe Farbe hat, ist sie zum Härten des Rückenmarks , des Gehirns u. s. w. zweckdienlich. Ist sie etwas con- centrirter, so vermag sie eiweisshaltige Flüssigkeiten, die in Höhlen ein- geschlossen sind, z, B. die Glasfeuchtigkeit des Auges, zu coaguliren, so dass es möglich wird, die Häute zu entdecken, wodurch solche Höhlen fächerig abgetheilt werden. Nur kommt noch der Umstand in Betracht, dass alle von der Chromsäure durchzogenen Organe eine gelbgrüne Fär- bung bekommen. In einzelnen Fällen ist dies allerdings vortheilhaft, namentlich wird die Sichtbarkeit sehr dünner Membranen dadurch befördert. Dickere 'J'heile verlieren aber dadurch viel von ihrer Durchsichtigkeit. Mit der letztgenannten Unvolikommenheit sind die beiden Flüssig- keiten nicht behaftet, welche von Purkinje und später auch von Pap- penheim (Simon's Beiträge zur phys. u. pathol. Chemie u. Mikrosko- pie, 1843, S. 499) zur Erhärtung thierischer Substanzen empfohlen wur- den, nämlich das kohlensaure Kali und der Holzessig. Beiden kommt die Eigenschaft zu, dass sie weiche thierische Gewebe knorpel- artig hart machen, und sie würden sich ganz gut zu diesem Zwecke be- nutzen lassen , wenn der Grund dieses Festwerdens nich gerade in einer chemischen und physikalischen Veränderung gelegen wäre, welcher die Elementartheile durch Einwirkung dieser beiden Flüssigkeiten untei'liegen. Bei den mit diesen Substanzen angestellten Versuchen habe ich mich davon überzeugt, dass 1 Theil kohlensaures Kali auf 4 Theile Wasser zur Erhärtung der Gewebe im Allgemeinen ganz ausreichend ist, indem man ganz dünne Schnitte von den damit behandelten Theilen be- kommen kann, und dass diese Solution nicht mehr mit Vortheil ange- wendet wird, wenn das Verhältniss der beiden Bestandtheile nicht we- nigstens wie 1 : 8 ist. Untersucht man die Einwirkung dieser ziemlich concentrirten Solution auf die Gewebe, so findet man, dass viele Elemen- tartheile, namentlich Bindegewebe, Sehnen, Haut, Nervenröhren, Blut- gefässwandungen u. s. w. wenig oder gar nicht dadurch angegriflPen werden. Alle jene Theile dagegen, die grösstentheils aus Proteinverbin- dungen bestehen, die Primitivfasern der willkürlichen und unwillkürlichen Muskeln, der Inhalt fast aller Zellen u. s. w. erfährt dadurch eine starke Ausdehnung , so dass die faserigen Theile ganz verschwinden und die Zellmembranen durch die starke Ausdehnung verdünnt und schwer er- kennbar werden. Die Erstarrung der Organe durch kohlensaures Kali rührt daher gerade von dem Aufschwellen der proteinhaltigen Elemen- tartheile her, und der Grad von Erhärtung, in welchen ein Organ ver- setzt wird, hält gleichen Schritt mit dem Proteingehalte. Man begreift aber leicht, dass dies nicht in allen Fällen vortheilhaft sein kann. Wenn daher auch das kohlensaure Kali zwischendurch anwendbar ist, so kann es doch nicht ohne Unterschied als allgemeines Erhärtungsmittel em- pfohlen werden ; denn um einzelne Elementartheile deutlich zu sehen, muss man dabei stets die genaue Beobachtung anderer zusammensetzen- 25* 388 Erhärtung durch Holzessig. Doppelmesser. der Theile des nämlichen Organs opfern. Es wird übrigens kaum no- thig sein . die Fälle einzeln aufzuzählen, wo dieses Mittel wirklichen Nutzen bringen kann: die vorstehende kui'ze Skizze der Einwirkung auf die wichtigsten Elementarbestandtlieile der weichen thierischen Gewebe enthält hierzu bereits die nöthige Anweisung. Ich füge nur noch hinzu, dass Schnitte aus Theilen, welche mit kohlensaurem Kali durchzogen wa- ren, sorgfältig mit Wasser ausgespült und auch mit Wasser unters Mi- kroskop gebracht werden müssen, weil das starke lichtbrechende Vermö- gen der Kaliäolution die Elementartheile sonst zu durchsichtig macht, so dass sie nur schwer wahrzunehmen sind. Die andere von Purkinje empfohlene Flüssigkeit, der Holzessig nämlich, scheint mir für die meisten Untersuchungen thierischer Gewebe ganz und gar nicht zu passen. Sie bekommen zwar damit die nöthige Härte und werden nach dem Trocknen selbst hornartig, was bei dem kohlensauren Kali nicht geschehen kann, weil dieses die Wasserdünste aus der Luft anzieht. Damit vergesellschaftet sich aber eine Umände- rung fast aller Elementartheile , namentlich der leimgebenden Gewebe, des Bindegewebes, der Haut, der Sehnen, der Bänder. Auch verschwin- den die Zellenwandungen grösstentheil? gänzlich, und das stärkere Her- vortreten der Kerne ist keineswegs ein Ersatz dafür. Die Ursache der Erhärtung ist hier also in gewisser Beziehung die umgekehrte, wie bei Einwirkung des kohlensauren Kalis. Letzteres bewirkt ein Aufschwellen der protein haltigen Bestandtheile ; der Holzessig dagegen dehnt alle zu den leimgebenden Geweben gehörigen Theile stark aus, ohne die protein- haltigen ganz zu verschonen, und so sind die dadurch hervorgebrachten Umänderungen zu bedeutend, als dass nach seiner Anwendung über die normale Structur eines Organs noch ein Urtheil gefällt werden könnte. 306 Aus der vorstehenden Uebersicht der verschiedenen Hülfsmittel, mittelst deren man Durchschnitte von weichen Geweben bekommt, er- sieht man, dass weder das Trocknen noch die Behandlung mit einer er- härtenden Flüssigkeit für alle Fälle passend erachtet werden kann, und dass jede Methode ihre besonderen Vortheile und Nachtheile hat. Man wird daher bei einzelnen Untersuchungen am besten verfahren, wenn man sich nicht auf eine einzige Methode beschi'änkt, sondern nach der Art des Objects eine bestimmte Auswahl trifft, oder auch mehr als eine Me- thode in Anwendung bringt, und dann schliesslich die immer nur theil- weise brauchbaren Resultate der verschiedenen Beobachtungen unter einander vergleicht, um zu einem durchgreifenden Schlüsse zu gelangen. Ain besten wäre es aber, wenn man ein Mittel hätte, aus ganz fri- schen Geweben hinlänglich dünne Schnitte anzufertigen. Dazu sind nun die Doppelmesser von Gerber und Valentin bestimmt, welche wei- ter oben (S. 364) beschrieben wurden, zugleich mit den von mir daran angebrachten Veränderungen. Zuverlässig ist das Doppelmesser in manchen Fällen ein sehr brauchbares Instrument; nur darf man nicht Doppelmcs.spr; Doppollaiioettc ; Doppel miMsel; Doppelsäge. 389 glauben, dass es nberall und immer anwendbar ist. Sind die Theile sehr weich , wie das Gehirn und Rückenmark, so hat es mir niemals ge- lingen wollen, damit Schnitte zu bekommen, die, ohne dass zugleich Com- pression angewendet wurde , vollkommen durchsichtig gewesen wären. Bei ziemlich festen, zumal faserigen Organen, wie etwa der Uterus, ist es aber ganz am Platze. Die gehörige Benutzung des Doppelmessers erfordert besondere Rücksichten. Sind beide Klingen mittelst der Schraube in die Stellung gebracht worden, welche man für die passende erachtet, so taucht man dieselben in Wasser, so dass ihre Innenfläche ganz nass wird. Man fängt mit dem hintersten, der Hand zugekehrten Theile des Doppel- messers zu schneiden an, weil hier das Interstitium der beiden Klin- gen am kleinsten ist, und zieht das Messer mit einem Schnitte unter snnftem Drucke gegen sich; denn wollte man beim Schneiden hin- und herfahren, so würde der bereits zwischen beide Messer gefasste Theil dadurch zerrissen wei-den. Durch Lockern der Schraube entfernt man hierauf die beiden Klingen von einander und den an der einen Klinge haftenden Schnitt spült man mit etwas Wasser ab. Die auf S. 365 beschriebene Doppellancette ist gut zu gebrauchen, Avenn nahe der Oberfläche eines Organs, wo das Doppelmesser nicht ge- hörigen Widerstand finden würde, Durchschnitte genommen werden sol- len. Dieselbe kann aber auch in den meisten anderen Fällen benutzt werden, und sie ist im Besonderen zu gebrauchen, wenn die Theile locker unter einander zusammenhängen, so dass sie diirch die schneidende Be- wegung des Messers leicht aus ihrer Stelle verrückt werden können. Denn mit der Doppellancette werden die Durchschnitte ausgestochen und nicht ausgeschnitten. Der daselbst ebenfalls erwähnte Doppelmeisel wird besonders benutzt , um Durchschnitte aus härteren Gebilden zu gewinnen , aus Knorpel, aus den meisten Pflanzenorganen u. s. w. Bei seiner Anwen- dung kommt das zu durchschneidende Object auf eine Korkplatte zu lie- gen und der Doppelmeisel wird dann unter einer schaukelnden Bewe- gung hin eingedrückt. Was soeben vom Doppelmesser angegeben wurde, das gilt auch von der Doppellancette und dem Doppelmeisel; ihre Blätter müssen nämlich, bevor sie in Gebrauch kommen, mit Wasser benetzt werden. Um von sehr harten Geweben, wie Knochen, Zähne u. s. w., Durch- schnitte zu bekommen, wird auch eine Doppelsäge Anwendung finden können. Ich selbst kann aus eigener Erfahrung nichts darüber sagen; aber nach einer mündlichen Mittheilung von Bruch, der ein solches In- strument besitzt, entspricht dasselbe seinem Zwecke recht gut. Es versteht sich von selbst, dass diese verschiedenen Instrumente 307 nur dann Anwendung finden können, wenn das Organ eine gewisse Dicke besitzt, so dass es bei der Trennung hinreichenden Widerstand leistet. 390 Ersatz des Doppelmessers; Hobel, Soll dagegen ein oberflächlicher Schnitt genommen werden , was oftmals gerade sehr wichtig ist, weil man alsdann deutlich die Stelle übersieht, von welcher der Schnitt kommen soll , so sind diese Instrumente ganz unbrauchbar. Ist ein gewöhnliches Scalpell oder ein Rasirmesser wegen der Weichheit des Gewebes in einem solchen Falle nicht zu benutzen, so kann man ganz gut eine Lanzette nehmen , oder noch besser das unter Fig. 126 (S. 363) abgebildete Instrument. Die Spitze desselben wird vor- her mit Wasser befeuchtet, flach unter die Oberfläche eingestochen und parallel derselben fortgeschoben; löst sich dann der abgetrennte Lappen nicht von selbst, so hilft man mit einer Scheere nach. Die Fälle, wo dieses Verfahren mit Vortheil in Anwendung gebracht werden kann, kommen in der feinen Anatomie der thierischen Organe sehr häufig vor, und mir scheint ein solches Messerchen für derartige Untersuchungen weit weniger entbehrt werden zu können als das Doppelmesser, dessen Benutzung sich immer nur auf einige wenige Fälle beschränken wird. 308 Unter den zur Anfertigung von Durchschnitten benutzten Instrumen- ten nenne ich hier der Vollständigkeit halber noch den Hobel, der von Pappenheim (Simon's Beiträge u. s. w. l)-!43, S. 498) empfohlen wor- den ist. Natürlich eignen sich dafür nur solche Theile, die an und für sich hornartig oder künstlich erhärtet sind. Der Hobel gewährt den Vortheil, dass man sehr grosse Schnitte damit erhalten kann und dass sich eine Reihe auf einander folgender Schnitte in kurzer Zeit damit her- stellen lässt. Die Fälle indessen, wo er vor anderen Instrumenten den Vorzug verdient, werden nicht gerade häufig vorkommen, zumal da, wie Pappenheini selbst zugesteht, die damit gewonnenen Schnitte sich nicht wohl eignen, die feinsten Details wahrzunehmen, was doch bei den mei- sten mikroskopischen Untersuchungen als die Hauptsache zu betrach- ten ist. 309 Gleichwie bei vielen weichen Gegenständen wegen des geringen Widerstandes, den sie dem Messer bieten, Vorkehrungen und Hülfsmittel nöthig sind, um Durchschnitte zu bekommen, so giebt es wieder andere, wie Knochen, Zähne, Korallen, Muschelschalen, Fossilien u. s. w. , die wegen ihrer Härte und der damit verbundenen Zerbrechlichkeit sich nur schwer in feinen Schnitten darstellen lassen. Bei diesen rauss man wieder zu anderen Hülfsmitteln greifen, und diese sind doppelter Art. Enthält das Gewebe eine hinreichende Menge organischer Substanz, die nach dem Ausziehen der anorganischen Bestandtheile noch im Zu- sammenhange verbleibt, z. B. Zähne und Knochen , weniger dagegen Korallen und Muscheln, so kann man die Körper durch Salpetersäure oder Salzsäure von den anorganischen Restandtheilen befi'eien; nur darf man nicht zu concentrirte Säuren nehmen, weil durch eine zu rasche und kräftige Einwirkung der Zusammenhang der Theile leicht gelöst wird. Behandlung mit Säuren; Schliffpräparate. 391 Hat die dabei stattfindende Gasentwickelung nach einigen Stunden auf- gehört, dann wird die Säure abgegossen und durch Wasser ersetzt, was man ein paar Mal wiederholt. Es ist dies deshalb nöthig, weil der sal- petersaure Kalk oder das Chlorcalcium als zerfliessende Salze das Trock- nen an der Luft unmöglich machen würden. Ist der Körper durch wie- derholtes Auswaschen mit Wasser davon befreit, dann kann er auf ge- wöhnliche Weise getrocknet werden und man kann mittelst eines Rasir- messers oder Scalpells Schnitte davon nehmen. Nach einer andern Methode sucht man durch Schleifen hinreichend dünne und durchsichtige kleine Plättchen herzustellen. Zu dem Ende schafft man sich erst mittelst einer Feile eine ebene Fläche an dem Kör- per und alsdann sägt man mit einer feinen Säge eine Lamelle von einer gewissen Dicke ab. Je dünner die Lamelle ist, um so weniger Zeit hat man nachher auf das Schleifen zu verwenden ; doch kommt es dabei dar- auf an, aus welcher Substanz der Körper besteht. Von Knochen und Zahnwurzeln lassen sich Lamellen sägen, die nur wenig dicker als Schreib- papier sind, von Zahnkronen, Korallen, Muschelschalen u. s. w. nmss man dagegen viel dickere Lamellen absägen, weil diese sonst dabei zer- brechen. Das Schleifen nimmt man auf einem feinkörnigen Schleifsteine vor, oder noch besser auf einem ebenen Spiegelglase mit angewässertem Tri- pel, indem man mit einer gröberen Sorte anfängt, und erst die eine, dann die andere Fläche vornimmt, bis die Lamelle dünn genug gewor- den ist. Ist die Glasplatte abgespült worden, so nimmt man dann eine feinere durch Schlämmen gewonnene Tripeisorte, und sorgt immer für hinreichendes Wasser auf der Glasoberfläche. Zuletzt schleift man die dünne Lamelle noch einige Zeit blos auf der jetzt matt gewordenen Glastafel, ohne Tripel, damit die kleinen durch den Tripel bewirkten Schrammen und Furchen verschwinden. Meistentheils, namentlich bei Zahn- und Knochenschliffen, ist es am vortheilhaftesten , wenn man aus freier Hand schleift, die Lamelle also nicht besonders befestigt, sondern einfach mit der Spitze des Zeigefingers über die Schleiffläche führt. Bei diesem Verfahren kann man während des Schleifens über die Dicke der Lamelle urtheilen, und mau kann sie von Zeit zu Zeit unter das Mikroskop bringen, um zu sehen, ob man den nöthigen Grad von Durchsichtigkeit bereits erlangt hat, oder ob man noch weiter schleifen inuss. Auch hat man es dann in der Gewalt, wenn die Lamelle an einer Stelle dicker ist, durch stärkeren Druck an dieser Stelle nachzuhelfen. Zum Schutze des Fingers kann man ein Leinwand- läppchen darum legen, oder noch besser einen alten weichledernen Hand- schuh anziehen. Ist jedoch die Lamelle gar zu klein oder ist die Substanz derselben gar zu zerbrechlich, z. B. die Schalen von Weichthieren, dann muss man dieselbe mittelst Siegellacks auf einen Gi'iff von passen- der Form aufkleben. Nach dem Schleifen wird dann die Lamelle mit- telst Alkohols von dem Siegellack gelöst. 392 Schlififpräparate ; Isolirung der Theile. Von fossilen Körpern , deren iucrustirende Masse hauptsächlich aus kohlenpaureni Kalke besteht, kann man auf diese Weise ohne sonderliche Mühe dünne Lamellen bekommen. Ist hingegen das incrustirende Ele- ment Kieselsäure, dann verlangt die Darstellung durchsichtiger Lamellen so viel Zeit und Mühe, dass man besser thut, die Arbeit einem Diamant- schleifer zu übertragen, wenn ein solcher zu haben ist. Nach Mohl's (Miki'ographie S. 259) Empfehlung soll man in einem solchen Falle eine dünne Messingscheibe auf eine Drehbank befestigen, dadurch mit Hülfe von Tripel eine dünne Lamelle des Körpers abschneiden, die man dann auf eine Glasscheibe befestigt, mit feinem Tripel schleift und endlich po- lirt. Ich selbst habe darüber keine Erfahrung. 310 Ein Hauptpunkt, auf den es zum Gelingen jeder anatomischen Un- tersuchung mehr oder weniger ankommt, ist der, dass die zu untersu- chenden Körper von den benachbarten und umgebenden gehörig isolirt werden ; hierauf beruht eigentlich die ganze praktische Anatomie. Es ist natürlicher Weise nicht möglich, hierüber allgemeine Vorschriften zu geben, denn je nach der Beschaffenheit des zu untersuchenden Körpers müssen verschiedenartige jMethoden eingeschlagen werden, die man gröss- tentheils auch nur durch eigene üebung erkennen kann. Wenn daher auch die feinere Anatomie der kleineren Thiere, derlnsecten, der Weich- thiere, der Entozoen, der Infusorien u. s. w., ganz der mikroskopischen Untersuchung anheimfällt, so gestattet doch der mehr allgemeine Cha- rakter dieses Werkes nicht, hier in Besonderheiten einzugehen über die verschiedenen zu befolgenden Methoden, wodurch ihre Organe zum Be- hufe der Untersuchung gehörig blosgelegt werden können. Ich verweise nur auf das, was oben (S. 377) über die Art und Weise der Befestigung solcher Körper gesagt worden ist, um beide Hände für Messer, Nadeln, Scheeren u. s. w. frei zu haben, und füge nur noch hinzu, dass in einem solchen Falle immer unter Wasser zergliedert werden muss, weil die Theile sich darin bequemer ausbreiten lassen, und dass man je nach den Umständen das blosse Auge, die Lupe, das einfache oder das bildumkeh- rende Mikroskop benutzen kann. Will man einen abgetrennten Theili um ihn unter stärkerer Vergrösserung zu sehen, unter das zusammenge- setzte Mikroskop bringen, so legt oder hält man ein Objecttäfelchen un- ter die Oberfläclie des Wassers, schiebt das Object darauf und bringt dieses nun leicht in die Lage, welche sich zur mikroskopischen Unter- suchung am besten eignet. In dieser Lage verbleibt es aber, wenn das Objecttäfelchen mit dem aufliegenden Objecte aus dem Wasser genom- men und das überflüssige Wasser entfernt wird. In gleicher Weise müs- sen dünne thierische Häute, Durchschnitte zarter Gewebe u. s. w., auf die Objecttäfelchen gebracht werden; denn ohne dieses Hülfsmittel gelingt es selten, dieselben ohne Quetschung gehörig auszubreiten. Isolirung der Elementartheüe. 39'H Bei sehr vielen mikroskopischen Untersuchungen, namentlich bei 311 den Untersuchungen thierischer Gewebe, hat man einen doppelten Zweck : zuerst will man das Gewebe im Ganzen übersehen, nämlich den Zusam- menhang der dasselbe zusammensetzenden Elementartheüe, und zweitens will man die Bildung dieser Elementartheüe selbst kennen lernen. Den erstgenannten Zweck kann man selbst wieder auf zweierlei Art erreichen: ist die Durchsichtigkeit, wie bei häutigen Gebilden, gross genug, dann bringt man einen kleinen Theil davon unmittelbar unter das Mikroskop; ist dieses aber nicht der Fall, so nimmt man dünne Schnitte vom Körper. Mittelst dieser allgemeinen Untersuchung kommt man aber in der Regel noch nicht dazu, dass man die zusammensetzenden Elementartheüe gut wahrnimmt; denn diese liegen zu gedrängt auf einander, um sie deutlich genug zu unterscheiden. An Quer- und Längsschnitten von Muskeln, von Nerven u. s. w. wird man z. B. recht gut erkennen können, wie die Primitivbündel und die Primitivröhren verlaufen, wie das Bindegewebe die Bündel umgiebt, oder wie die Blutgefässe, wenn diese injicirt sind, sich zwischen den Theilen verbreiten; um aber den Bau der Primitiv- bündel und der Primitivröhren selbst zu erkennen, muss man sie noth- wendig getrennt und für sich allein daliegend haben. Das Gewebe muss deshalb aus einander gezerrt werden. Man legt zu diesem Ende einen kleinen Theil desselben auf ein Objecttäfelchen , befeuchtet es mit Was- ser und zerrt es mit ein paar Nadeln aus einander, entweder mit blossem Auge oder auch nöthigenfalls unter der Lupe, wenn z. B. die Malpighi- schen Körperchen der Nieren oder die Ganglienzellen der Nerven u. s. w. isolirt werden sollen. Um die zusammensetzenden Elemente der Pflanzengewebe kennen 312 zu lernen, kann es bisweilen ebenfalls gut sein, die Theile zu isoliren. In den meisten Fällen indessen ist ihr Zusammenhang zu fest, als dass man sie, wie die thierischen Theile, mit ein paar Nadeln aus einander zerren könnte. Manchmal kommt uns die Natur dabei zu Hülfe, indem die äussersten Schichten, wodurch die Zellenwände unter einander zusam- menhängen, verschwinden. Das tritt z. B. beim Reifwerden vieler Früchte ein, wo diese Lage aus Pectose besteht; dieselbe wird allmälig in eine der löslichen Substanzen umgewandelt, welche zu dieser Reihe gehören. Auch bei beginnender Verwesung, namentlich bei der trock- nen Verwesung, hat man häufig Gelegenheit, die Elementartheüe isolirt und sonst fast ganz unverändert zu beobachten. Meistens jedoch muss man zu künstlichen Httlfsmitteln greifen, die sich wieder nach der be- sondern Art des Gewebes zu richten haben. Das einfachste Mittel ist, dass man das Gewebe mit Wasser kocht; bei vielen Parenchymgeweben, die aus grossen dünnwandigen Zellen be- stehen, ist dieses Kochen ausreichend. Die Lockerung der Zellen wird befördert, wenn man dem Wasser eine vegetabilische Säure oder ein ätzendes Laugensalz zusetzt. Es lässt sich übrigens nicht für alle Fälle 394 Tsolirung der Elementavtheile; Beleuchtung der Objecte. bestimmen, wie viel Kali oder Natron dazu erforderlich ist; je weiter die Ver- holzung der Zellenwand fortgeschritten ist, um so gesättigter müssen die Auflösungen sein. Die Cellulose wird durch diese Behandlung mit Al- kalien nicht angegriffen und Jässt sich auch weiterhin noch durch Zusatz von Jodtinctur kenntlich machen, die Pectose und die Cutosc dagegen verschwinden. Bei verholzten Geweben kommt man am schnellsten zum Ziel, wenn man sie mit Salpetersäure kocht, entweder allein mit blosser Sal- petersäure (Brogniart), oder mit etwas chlorsaurem Kali versetzt (Schultz). Dünne Schnitte werden dadurch schon innerhalb weniger Secunden so aufgelockert, dass sie bei der geringsten Berührung zerfal- len. Wenn daher die Flüssigkeit in einem kleinen Kolben soeben ge- kocht hat, so giesst man sie mitsammt den darin enthaltenen Durchschnit- ten in eine reichliche Quantität Wasser aus, dann aber fischt man die Schnitte mit einem untergeschobenen Glasplättchen auf und kann sie nun mit ein paar Nadeln aus einander zerren. Bei dieser Be- handlung findet offenbar eine Oxydation der Cutose in den oberfläch- lichsten Schichten statt , wodurch die verholzten Zellen mit einander in Verbindung stehen. Man bemerkt ein schwaches Aufbrausen in dem Gewebe, und sobald dieses eintritt, muss man mit der Säureein- wirkung aussetzen. TriffY man hierbei den rechten Moment, so ist das Gefüge der Zellenwände wenig oder gar nicht verändert worden, die Cellulose aber hat eine chemische Umwandlung in Pyroxyliue erfahren. Auch sind die Zellenwände dadurch weit weniger lichtbrechend ge- worden. Es versteht sich aber von selbst, dass Beobachtungen an solchen durch chemische Hülfsmittel isolirten Zellen immer mit der Betrachtung der blos mit Wasser befeuchteten Gewebe gepaart gehen müssen, weil man sonst leicht Gefahr läuft, Kunstproducte als wirklich vorhandene Bestandtheile des Objects anzusehen. 313 Wenn nun auch das Wasser unter den verschiedenen Flüssigkeiten die allgemeinste Anwendung findet, so darf man doch nicht vergessen, dass dasselbe keineswegs ausschliesslich und in allen Fällen den Vorzug verdient. Weiter oben (S. 34o) habe ich schon angegeben, dass das Ge- füge vieler Körper sich nur dann erkennen lässt, wenn sie in stärker brechende Medien kommen. Ganz besonders kommt aber hier der Ein- fluss in Betracht, welchen das ^Vasser vermöge der Endosmose auf die Form mancher zarten, häutig begrenzten organischen Körper ausübt, und ich erinnere deshalb an die weiter oben aufgestellte Regel, dass die or- ganischen Körper so viel möglich in jenem Zustande unter das Mikro- skop gebracht werden müssen, worin sie sich während des Lebens be- fanden. Da nun jene Flüssigkeiten, welche die Tlieile umspülen oder in den Theilen enthalten sind, stets wässerige Solutionen von Eiweiss. Zucker, Gummi u. s. w. darstellen, niemals dagegen reines ^^'a3ser sind. Befeuchtung der Objecte. 395 so werden auch derartige Solutionen oftmals den Vorzug vor reinem Wasser verdienen. Aus Erfahrung kennt man aber schon mit ziemlicher Sicherheit die meisten Fälle, wo jene Einwirkung des Wassers auf die Elementartheile zu fürchten ist und wo andererseits auch nicht die ge- ringste Veränderung durch dieselben hervorgerufen wird. So kann man bei fast allen Untersuchungen von Pflanzengeweben unbedenklich reines Wasser verwenden ; nur bei sehr jungen , in den ersten Entwi- ekelungsstadien befindlichen Theilen ist es rathsamer, eine sehr ver- dünnte Zucker- oder Gummisolution (1 auf 50 Theile Wasser) zu be- nutzen. Unter den thierischen Theilen sind es alle echten Fasergewebe, d. h. das Muskel-, Sehnen-, Band-, Bindegeweben, s. w-, auf welche das Wasser keinen merklichen Einfluss äussert; auch wirkt es nicht auf die platten bandförmigen Fasern der Krystalllinse, nicht auf die Knorpelzel- len, wenngleich die Intercellularsubstanz des Knorpels das Wasser reich- lich aufsaugt, und dadurch ausgedehnt wird, wie man recht auffallend an Durchschnitten der knorpeligen Luftröhrenringe sehen kann. Dass die härteren thierischen Gewebe, wie Knochen, Zähne, Schuppen, Haare, Federn u. s. w., durch Zusatz von Wasser keinerlei Veränderung erleiden, braucht wohl kaum besonders bemerkt zu werden. Zu den Elementartheilen , worauf Wasser einen schädlichen , die Form mehr oder weniger zerstörenden Einfluss ausübt, können im All- gemeinen alle jene gezählt werden , welche aus einem sehr zarten Um- hüllungshäutchen und einem eingeschlossenen Inhalte bestehen, und wo der letztere organische Substanzen in ziemlich concentrirtem Zustande führt, im Allgemeinen also alle jüngeren dünnwandigen Zellen und Röh- ren. Man muss aber dabei noch einen Unterschied machen. Das Was- ser übt nur einen geringen Einfluss auf alle Epithelialzellen, auf die Pig- mentzjllen, die Leberzellen, die Capillaren, falls diese nicht zu den aller- feinsten gehören. Eingreifender wirkt es auf die Nervenprimitivröhren, namentlich auf jene vom Rückenmark und Gehirn. Die Blutkörperchen aber und die Elemente der Netzhaut bekommen fast unmittelbar nach der Befeuchtung mit Wasser eine von der früheren ganz abweichende Gestalt; die ersteren darf man daher nur in Blutserum unter- suchen , und die letzteren darf man nur mit der Glasflüssigkeit des nämlichen Auges befeuchten , wenn sie keine Veränderungen erleiden sollen. Nicht gar selten tritt der Fall ein, dass in den angefertigten Präpa- 314 raten pflanzlicher oder thierischer Gewebe Substanzen vorkommen, durch deren Menge die Untersuchung des eigentlichen Gewebes sehr erschwert wird, und die deshalb vor Allem weggeschafft werden müssen. Die wichtigsten derartigen Körper sind Luft, Amylum, Milchsaft, Fett und Krystalle verschiedener Salze. Die Luft, welche die meisten Intercellularräume und die Gefässe an- füllt, ist in ihrem Brechungsvermögen ganz verschieden von der umge- ^9(\ Entfernung von Luft, von Körnern. Pulverigiren miner. Körper. benden Flüssigkeit, und deshalb bildet sie schwarze Streifen oder grös- sere schwarze Massen von verschiedenartiger Form und Ausbreitung. Um das erste Entstehen solcher Intercellularräume und Gefässe zu er- kennen, krinn das Vorkommen von Luft in denselben recht gut benutzt werden ; später jedoch, wenn jene Räume und Gefässe sich bereits gehö- rig entwickelt haben, wird eine genaue Beobachtung erst dann möglich, wenn die Luft auf andere AVeise daraus entfernt worden ist. Das ein- fachste und niemals versagende Mittel besteht darin, dass man die ge- machten Durchschnitte ein paar Stunden in ausgekochtem Wasser liegen lässt. Wünscht man indessen eine schnellere Entfernung der Luft, dann kann man sich auch auf andere Weise helfen. Wenn die Natur des Ge- webes solches gestattet, so genügt es oftmals schon, wenn man mit dem platten und schmalen Scalpellstiele etwas auf das mit Wasser befeuchtete Präparat schlägt. Auch das Eintauchen des Durchschnitts in starken Alkohol ist gut. Nur passt dieses ]\Iittel nicht bei jüngeren Geweben, weil da? Eiweiss dadurch coagulirt und die Undurchsichtigkeit zunimmt. Wenn die Zellen zahlreiche Amylumkörner oder Krystalle enthalten, die beim theilweisen Durchschneiden der Zellenwände sich in der umge- benden Flüssigkeit ausbreiten und dadurch die Deutlichkeit der Beobach- tung stören, so muss man dieselben zu entfernen suchen, indem man das Präparat in Wasser abspült, oder, wenn es dazu gar zu dünn ist, indem man es auf ein Objecttäfelchen bringt, welches dann schief gehalten wird, während man tropfenweise Wasser darüberlaufen lässt. Manch- mal kann es auch gut sein, wenn man mit verdünnten Mineralsäuren be- netzt, oder mit einer Solution von Aetzkali oder Natron. Durch diese Mittel schwellen die Amylumkörner so stark auf und sie werden dabei so durchsichtig, dass sie sich der Sichtbarkeit entziehen. Nur darf man nicht vergessen, dass dadurch einige Veränderungen in den Zellenwan- dungen selbst entstehen können. 315 Hat man mineralische Substanzen, Gesteine, Felsarten u. s. w., zu untersuchen, worin Ueberbleibsel kleiner Organismen vorkommen, wie Entomostraceen, Foraminiferen, Diatomeen n. s. w., so ist es meistens nö- thig, dass dieselben erst gepulvert werden. Bewirkt man nun aber dieses Pulverisiren durch Stossen in einem Mörser, oder durch Abkratzen mit einem Messer, oder auf andere mechanische Weise, so läuft man Gefahr, die zarten K;ilk - oder Kieselschalen auch mit zu zerbrechen. Dies ver- hütet man durch folgendes Verfahren, welches ich Herrn A. G. W. van Riemsdyk verdanke und dessen ich mich schon einige Male mit gutem Erfolge bedient habe. In einer Quantität kochenden Wassers wird so viel schwefelsaures Natron aufgelöst, als das Wasser aufzunehmen ver- mag. Man wirft dann die Steinstückchen hinein, die man in Pulverform bringen will und lässt die Solution sich ruhig und langsam abkühlen. Besitzt das Gestein hinreichende Porosität, so dass Flüssigkeit eindrin- gen kann, so wird durch das spätere Krystallisiren des Salzes der Zu- Pulverisiren ruiner. Körper; Bedeckung und Coinprimirung der Objecte. 397 sammenhang gelöst und der Stein zerfällt theilweise oder auch ganz in Pulver. Dieses Pulver besteht nun noch au3 gröberen und feineren Theilen und lässt sieh weiterhin durcli Schlämmen mit Wasser noch in verschieden feine Theile trennen, worin sich die organischen Reste nach Maassgabe ihres verschiedenen specifischen Gewichtes sammeln und leicht wieder erkennen lassen. Zur mikroskopischen Untersuchung wird etwas von dem noch feuchten Pulver mittelst eines Pinsels auf ein Ob- jecttäfelchen ausgebreitet; man lässt es trocknen, bringt dann Canada- balsam darauf und hält das Täfelchen noch einige Augenblicke über eine Alkoholflamme, damit sich der Balsam gehörig ausbreitet. Will man das noch übi'ige Pulver aufbewahren, so ist es rathsam, um das Zusammenbacken und zugleich auch das Entstehen von Schim- mel zu verhüten, man giesst etwas Weingeist auf die noch feuchte Masse und hebt sie dann in einem gut schliessenden Fläschchen auf. Ist nun ein Körper soweit zubereitet, dass er zur mikroskopischen 316 Beobachtung sich eignet, dann rauss ein Deckplättchen (§. 295 u. 296) darauf kommen, und zwar aus zweierlei Gründen: einmal nämlich, da- mit nicht die Flüssigkeit verdunstet und das Objectiv dadurch beschlägt, zweitens aber auch, damit die Oberfläche des Objects eine ebene Fläche bildet. Bei der Wahl des Deckplättchens muss man sich durch folgende Umstände bestimmen lassen: a. durch den Abstand des Objectivs vom Objecte, da natürlich bei den stärksten Objectiven nur sehr dünne Deck- plättchen verwendbar sind; b. durch den Einfluss, welchen die Dicke des Deckplättchens auf den Gang der Strahlen und auf den Correctionszu- stand der Aberrationen ausübt (§. 161); c. durch den Widerstand, wel- chen das Object dem anzubringenden Drucke entgegenstellt. Manche Körper nämlich können nur einen ganz schwachen Druck vertragen und dürfen deshalb nur mit den dünnsten Glimm erblättchen oder mit Glas- haut bedeckt werden; andere Körper hingegen erleiden dadurch keinen Schaden, verlangen vielmehr einen gewissen Druck, damit ihre zusam- mensetzenden Theile gehörig sichtbar werden. Ist die einfache Bedeckung mit einem ziemlich dicken Deckplättchen nicht ausreichend, so muss der Druck durch mechanische Mittel ver- mehrt werden, und dann kann ein Druckwerkzeug oder Compressorium, wovon es verschiedene Arten giebt, deren Beschreibung aber auf das letzte Buch verspart wird, in Anwendung kommen. Wer indessen kein solches Instrument besitzt, der kann es in den meisten Fällen, wo ein allmälig zunehmender Druck gefordert wird, entbehrlich machen, wenn er mit einem gewöhnlichen Objecttäfelchen bedeckt, aber zu beiden Seiten des Objects und in einiger Entfernung davon zwischen beide Glastäfel- chen etwas von einer weichen Masse bringt, z. B. von einem Gemenge aus Wachs und etwas damit zusammengeschmolzenem Terpentin. Ein gleichmässiger Druck zwischen Daumen und Zeigefinger beider Hände 898 Comprimirung der Objecte. kann dann aufs Vollständigste das erreichen, was man mit dem Com- pressorium erzielt, und ausserdem gewährt diese einfache Vori'ichtung noch einen den meisten Corapressorien abgehenden Vorzug, dass sie nämlich alsbald umgekehrt werden kann, um die Wirkung des Drucks auf die gegenüberstehende Seite des Objects zu untersuchen, was in vie- len Fällen von wirklichem Interesse ist. Auch können die auf die an- gegebene Weise zubereiteten Täfelchen als mikroskopische Rolle be- nutzt werden, indem man sie langsam über einander schiebt, wobei die dazwischen befindliche Flüssigkeit nebst den darin enthaltenen Theilen, wie Blutkörperchen, Krystalle u. s. w., in Bewegung gerathen und somit dem Auge des Beobachters verschiedene Seiten darbieten können. Was übrigens die Fälle betrifft, in denen ein Druck als nützlich zu erachten ist, so lassen sich darüber kaum allgemeine Regeln aufstellen, und eben so wenig über den Grad des Drucks, dem die Objecte ohne Nach- theil für die Untersuchung unterworfen werden dürfen. Das eigene ürtheil muss hier in der Regel den Entscheid geben. Vor Allem kommt es hier in Betracht, welchen Zweck man durch die Compression zu er- reichen wünscht. Dieser Zweck kann aber ein dreifacher sein: a. Ein Object soll durchsichtiger werden, indem es zu einer dünneren Schicht comprimirt wird. Da die Form der Theile hierbei nothwendig eine Umänderung erfährt, so muss es als Regel gelten, dass man zu diesem Mittel nur dann seine Zuflucht nimmt, wenn andere und zuverlässigere Mittel nicht zur Anwendung kommen können. Druck ist z. B. unent- behrlich bei der Untersuchung der ersten Entwickelungsstadien von Pflanzen und Thieren, weil man hier wegen der Kleinheit und Weichheit der Theile keine Durchschnitte machen kann, und weil die vielen auf einander liegenden Schichten eine zu grosse Undurchsichtigkeit veran- lassen, als dass man den Zusammenhang dieser Schichten wahrnehmen könnte. Hier hat man nur Sorge zu tragen, dass kein stärkerer Druck angewendet wird, als zum Sichtbarmachen durchaus erforderlich ist. Die Untersuchung von Gehirn und Rückenmark lässt sich auch nicht wohl ohne Druck ausführen. Gegen die Resultate dieser Beobachtungen muss man aber immer etwas misstrauisch sein, weil der Druck nothwendiger W'eise künstliche Anschwellungen der Nervenröhren und ein Austreten ihres Inhalts, der sich zu kleinen Kügelchen und scheinbaren Bläschen formt, zur Folge hat. b. Der Druck soll durch seinen mechanischen Einfluss auf die Körper es möglich mächen, solide und hohle Objecte zu unterscheiden, wie weiter oben (§. 282) angegeben worden ist. Auch kann man dadurch leicht ins Klare kommen, ob ein kleiner, das Licht stark brechender runder Körper, den man sieht, ein Fettkügelchen ist, oder ein Amylumkörnchen , oder ein aus anorganischer Substanz , etwa aus kohlensaurem Kalke bestehendes Gebilde. Durch Druck und gleich- zeitiges Hin- und Herschieben der Glastäfelchen werden auch Falten an zwischenliegenden Häuten hervorgebracht, und das Vorhandensein der letzteren kann dann nicht mehr zweifelhaft sein. c. Ein massiger Druck Beschränkung der Bewegungen. 399 ist das geeignetste Mittel, um sehr bewegliche Objecto, namentlich kleine Thierchen, wie Infusorien, in ihrer Bewegung 7m hemmen. Bei genauen Unlersnchungen kleiner Thierchen kann man des 317 Drucks durchaus nicht entbehren, und bei einiger Uebung lernt man bald den Druckgrad kennen, den dieselben aushalten können und der doch für die Beobachtung ausreichend ist. Sind die Thierchen sehr zart, wie Infusorien, so rauss zwischen das Objecttäfelchen und das Deckplättchen etwas Faseriges, wie Papier, Conferveufäden u. dgl. gebracht werden, um den Druck zu massigen. Pouch et hat dazu ein sehr einfaches aber zweckmässiges Verfahren angegeben; in den Wassertropfen, worin sich die kleinen Thierchen befinden , legt man ein kleines Stückchen feines Nesseltuch, dieses bedeckt man mit einem Deckplättchen und so bilden dessen Maschen dann gleichsam eben so viele kleine Tröge, in denen die Thierchen stecken. Ein anderes Verfahren kann man einschlagen, um etwas grössere Thiere, z. B. viele im Wasser lebende Larven, zur Ruhe zu bringen. Man bringt sie nämlich in einen der früher beschriebenen kleinen Tröge mit soviel Wasser, dass der Trog ganz gefüllt ist, und darauf legt man ein Deckplättchen. Das kleine Thier hat dann nach einiger Zeit die wenige im Wasser enthaltene Luft verbraucht, durch den Luftmangel wird es allmälig asphyktisch, seine Bewegungen werden immer langsamer, und hören endlich ganz auf, bis das Thierchen stirbt. Einige Zeit vor dem Tode sind nun aber die Bewegungen schon so langsam geworden, dass man nicht blos die zusammensetzenden Theile, sondern zum Theil auch deren Verrichtungen erkennen kann. Man hat auch noch andere Mittel anempfohlen, um die Bewegungen kleiner Thiere einzuschränken. Bringt man etwas Aether oder Chloro- form zur Seite eines Tropfens, worin sich Infusorien befinden, so werden die Thierchen allmälig ruhig, aber nur langsam; es reicht daher ein ein- zelner Tropfen nicht aus, sondern man muss einen solchen, wenn er ver- dunstet ist, noch zwei bis drei Mal wiederholen, ja manche kleine Thiere, z. B. aus dem Geschlecht Anguülula (Ehrenb.) oder Rhabditis (Duj.) leisten selbst dann noch eine Zeit lang Widerstand. Besser ist es, man fügt Solutionen von anderen dem thierischen Leben nachtheiligen Substanzen hinzu, von salpetersaurem Strychnin, von Extr. Opii aquosum^ von Aqua Laurocerasi. Es würde aber zu weit führen, wenn ich die Wirkung die- ser Flüssigkeiten auf verschiedene Thierarten genauer erläutern wollte. Es sei hier nur so viel bemerkt, dass die Wirkung eine sehr verschieden- artige ist, und somit bald das eine, bald das andere Mittel den Vorzug verdient, ohne dass sich jedoch darüber allgemeine Vorschriften aufstel- len lassen. Ihre Anwendbarkeit wird übrigens immer auf bestimmte Fälle beschränkt bleiben; denn die Thiere, welche dadurch zur Ruhe ge- kommen sind, befinden sich niemals in ganz normalem Zustande. Die meisten sterben auch alsdann, wenn sie zur Ruhe kommen, und mit dem 400 Beschränkung der Bewegungen; Bewegung im Innern von Pflanzen. Eintritte des Todes verändert sich ihre Gestalt undj ihre innere Zu- sammensetzung. Das gilt besonders von den zarten Infusorien, derea ganze Oberfläche mit Wimperhaaren besetzt ist; diese bersten in dem Augenblicke, wo sie zur ßuhe kommen und sterben, so dass nur eine formlose Masse von ihnen übrig bleibt, worin man indessen noch einige Theilti erkennt und die man dann natürlicher Weise auch genauer beob- achten kann als im lebenden Zustande. Hierin stimmen alle die oben genannten Mittel mit einander überein. Dem Geübten können sie manch- mal dazu verhelfen, P^inzelnheiten des Gefüges mit grösserer Deutlichkeit und Sicherheit zu erkennen; dem ungeübten Beobachter gewähren sie keinen Vortheil. 318 Für andere in Bewegung befindliche übjecte sind wieder andere Mittel in Anwendung zu bi'iiigen, wenn sie gehörig gesehen werden sol- len. Ich habe hierbei hauptsächlich die Bewegung der Säfte in leben- den organischen Körpern im Sinne, die Rotation des Zellensaftes und die sogenannte Cyclose bei den Pflanzen, den Blutumlauf oder die Bewe- gung der Ernährungsflüssigkeit bei den Thieren. Die zuerst genannte Bewegungsart, die Rotation des Zellensaftes, ist sehr leicht wahrzunehmen: man braucht nur eine ungequetschte Pflan- zenzelle, z. B. an den zarten Wurzelhaaren von Hydrocharis morsus ranae^ von den Antherenhaaren der Tradescantia virginica^ von den brennenden Haaren der Urtica urens und Urtica dioica^ oder die Zellen der verschie- denen Arten von Chara und Nitella u. dgl., wo diese Erscheinung an den in Strömung befindlichen Körpern sichtbar ist, mit W^asser zu befeuchten und unters Mikroskop zu bringen. Nur muss dafür gesorgt werden, dass die Zellen keinen Druck durch das Deckplättchen erleiden; daher es nö- thig ist, dass etwas Weiches zwischen das Deckplättchen und die Object- tafel zu liegen kommt. Um die Saftbewegung in den Milchsaftgefässen oder die mit Un- recht sogenannte Cyclose gehörig wahrzunehmen, bedarf es einiger Vor- sichtsmaassregeln. Allerdings sieht man dieselbe ohne viele Mühe in den abgebrochenen durchsichtigen Theilen mancher milchsaftführenden Pflanzen, z. B. in den Schutzblättchen von Ficus elastica, in den jungen Kelchblättern von Chelidqnium majus u. s. w. ; diese Beobachtungen sind aber immer unzuverlässig, weil neben der eigenthümlichen Bewegung des Milchsaftes auch noch ein Ausfliessen desselben aus den getrennten Gefässen stattfindet. Die Bewegung in den Milchsaftgefässen selbst kann deshalb nur in den mit der lebenden Pflanze noch unmittelbar zusammen- hängenden Organen mit ausreichender Sicherheit untersucht werden, und es muss die Pflanze in einem Blumentopfe zur Seite des Älikroskops ste- hen, damit der Theil, der vermöge seiner geringen Dicke eine dein Zwecke entsprechende Durchsichtigkeit zu besitzen scheint, auf die Ob- jecttafel des Mikroskops gebracht werden kann, ohne dass man ihm eine gezwungene Richtung giebt. Zur Verstärkung der Durchsichtigkeit em- Beobadituu^- des Hlutumlauls. -tOl pfähl man früher das directe Sonnenlicht zur Beleuchtung zu nehmen; es ist aber schon oben (§. 211) angegeben worden, dass dieses sich hierzu nicht eignet, vielmehr mancherlei Täuschungen veranlasst. Ge- wöhnliches helles Tageslicht genügt vollkommen bei einem Mikroskope, dessen Objectiv einen grossen OefFnungswiukel hat. Die Durchsichtig- keit kann man dadurch noch vermehren, dass man den zu untersuchen- den Theil von unten und von oben mit Wasser umgiebt. Am besten eignet sich hierzu ein seichter aber ziemlich grosser Glastrog, der ganz mit Wasser gefüllt wird und den man, nachdem der Pflanzentheil hinein- gelegt worden ist, zum Theil mit einer GUistafel von passender Grösse bedeckt, wobei man Sorge zu tragen hat, dass die an der Oberfläche des Objects haftenden Luftblasen entfernt werden. Um den Blutumlauf bei Thieren zu beobachten, kann man verschie- 319 dene Methoden befolgen, die alle den Zweck haben, die Muskelbewegun- gen des Thieres zu verhindern und das Organ, worin die Beobachtung stattfinden soll, in das Gesichtsfeld des Mikroskops zu bringen. Am lieb- sten werden natürlich solche Organe gewählt, die von Natur schon durch- sichtig genug sind. Bei der Wahl der Mittel, um das Thier ruhig zu halten, kommt es auf dessen äussere Gestalt, auf seine Muskelkraft u. s. w. an. Will man den Blutumlauf im Schwänze einer Froschlarve beobach- ten , so braucht man nur das Thierchen mit einem LöflFel aus dem Was- ser zu nehmen, auf ein Stückchen feines Fliesspapier von etwa 20 Milli- meter Länge und 6 Millimeter Breite zu legen, und dieses um den Kör- per des Thierchens zu schlagen, an dem es wegen der vorhandenen Feuchtigkeit von selbst kleben bleibt. Ist dies auf einem Objecttäfelchen geschehen, so hat man nichts weiter zu thun , als ein dünnes Glas - oder Glimmerplättchen auf den Schwanz zu legen. Hat man Soi'ge getragen, dass der Körper des Thierchens bei der ümwiekelung mit Papier nicht zu sehr gedrückt wird, so kann man dann während einer geraumen Zeit den Blutumlauf ganz gut sehen. Kleine Fischchen liegen manchmal lange genug still, so dass gar keine Befestigung nöthig ist. Ist dies nicht der Fall, so kann man sie ebenfalls in solches Fliesspapier wickeln; oder bei grösseren Thieren nimmt man einen baumwollenen oder leinenen Lappen, lässt aber den Schwanz oder die Flossen frei, worin man die Blutbewegung beobachtet. Der Frosch eignet sich am besten dazu, den Blutumlauf in verschie- denen Organen zu untersuchen; hier sind aber noch einige andere Vor- kehrungen erforderlich. Seit Jahren benutze ich dabei mit Erfolg eine Korkplatte (Fig. 149 a. f. S.), die etwa 13 Centimeter lang und 9 Centimeter breit und mit drei Oefthungen durchbohrt ist, zwei runden a und b, die reichlich einen Centimeter Durchmesser haben, und einer länglichen c, die etwa auf 1 Centimeter Breite 2 Centimeter Länge hat. Die relative Stellung dieser Oeffnungen ist aus der Figur deutlich zu entnehmen. Karting' 8 Mikroskup. 26 402 Belestigung von Fröschen. Sie sind dazu bestimmt, jenen Theil darüber auszuspannen, dessen Blut- unilauf beobachtet werden soll: a für die Zun^je, h für die Schwimmhaut einer hinteren Extremität oder für die Lungen, c für die in der Bauch- höhle enthaltenen Organe. Fiff. 149. /^ Kovkplatte als Froschhalter. Um die Bewegungen des Thieres zu verhindern, lassen sich dreier- lei Mittel in Anwendung bringen: a. Um das vorderste Glied jedes Fusses bindet man einen Faden, und nachdem das Thier in die gehörige Lage auf der Korkplatte ge- bracht worden ist, knüpft man die Fäden auf der andern Seite der Korkplatte zusammen. Das Thier liegt dann unbeweglich fest, Soll aber der Blutlauf in der Schwimmhaut beobachtet werden, dann darf man natürlich den Faden nicht um den Fuss legen, dessen Schwimmhaut zur Beobachtung kommen soll, sondern er muss dann an eine von den Zehen kommen. Ein einfacheres und weniger umständliches, freilich aber auch nicht von Grausamkeit frei zu sprechendes Mittel ist dieses, dass man die Beine des Thieres, statt sie durch Fäden zu befestigen, mit starken Stecknadeln auf die Korkplatte ansticht. b. Man wickelt das Thier in einen leinenen oder baumwollenen Lap- pen von ziemlicher Grösse (Fig. 150). Dieses Verfahren eignet sich be- Fis. 150. Befestigter Frosch. soriders zur Untersuchung des Blutumlaufs in der Zunge, und ist hierzu Befestigung und Ziiberoitiing von Fröschen. 403 zuerst von Waller {Phil. Mag. 1846. Oct. S. 1^71) enapfohlen worden. Aber auch für die Beobachtung des Blutumlaufs in der Schwimmhaut ist dasselbe anzuwenden , wenn nur ausserdem um die Zehe des Fusses noch ein Faden gebunden und mittelst einer Nadel auf der Korkplatte be- festigt wird. Das letztere Ziel erreicht man noch leichter auf die Weise, wenn man nach Quekett ein leinenes Säckchen nimmt, das durch eine Schnur und durch Klammern eng angezogen werden kann, so dass nur ein Fuss des Thieres frei bleibt. c. Man ätherisirt. Dadurch erschlaflFen die Muskelbewegungen, ohne dass der Blutumlauf eine wahrnehmbare Störung erleidet, und wo die Aetherisation sich anwenden lässt, da ist sie das zweckmässigste Mittel von allen. Die einfachste Anwendungsweise beim Frosche ist die, dass man ein mit Aether oder Chloroform getränktes Läppchen ein paar Minuten lang gegen das Geruchsorgan des Thieres, welches in der andern Hand gehalten wird, andrückt. Wird auch das Aetheristren so lange fortgesetzt, dass Empfindung und Bewegung bei dem Thiere nicht wiederkehren und das- selbe ganz scheintodt ist, so dauern gleichwohl die Herzcontractionen und die Gesammtverrichtung des Gefässsystems , so weit es den Blutum- lauf betrifft, stundenlang noch unverändert fort, und nichts ist leichter als die verschiedenen Organe eines in solchem Zustande befindlichen Thieres bioszulegen und mit Vorsicht aus der Brust - und Bauch- höhle herauszubringen, so dass sie über eine von den Oeffhungen in der Korkplatte zu liegen kommen. Bei der Zunge freilich lässt sich das Aetherisiren nicht in Anwendung bringen, weil alle Häute, welche mit Aetherdämpfen in Berührung kommen, getrübt und undurchsichtig werden. Ist auf eine der drei genannten Weisen das Thier zur Ri;he ge- bracht, und liegt der Theil, woran der Blutumlaiif beobachtet werden soll, über einer der OefFnungen in der Korkplatte, so muss er noch durch Ausbreiten durchsichtig gemacht werden. Dazu dienen Nadeln , womit man die Ränder befestigt und in entgegengesetzten Richtungen anzieht. Hat man z. B. die Zunge mittelst einer Pincette aus der Mundhöhle her- ausgezogen, so wird ihre Spitze (s. Fig. 150) am gegenüberliegenden Rande der Oeffnung angesteckt. Dann werden zu beiden Seiten die Ränder der Zunge noch durch zwei Nadeln befestigt , so dass dieselbe Zwar viel breiter, zu gleicher Zeit aber auch viel dünner wird. Damit für das Objectiv des Mikroskops hinlänglicher Raum übrig bleibt, müs- sen alle Nadeln so gesteckt werden , dass ihre Köpfe seitlich gerichtet sind. Um die Durchsichtigkeit zu vermehren xmd zugleich das Eintrock- jnen zu verhüten, wodurch der Blutumlauf aufhören würde, ist es nöthig, den Theil mit einer hinlänglichen Menge Wasser zu befeuchten und dann noch ein Glimmerblättchen oder ein kleines Glastäfelchen aufzulegen, da- mit die Oberfläche mehr abgeplattet wird. Auf ganz analoge Weise verfährt man beim Ausbreiten der Lun- igen, der Schwimmhaut und des Gekröses. Leber und Nieren lassen sich •2G* 404 Rasche Bewegung von Theilchen. nicht 90 behandeln, oder man musa diese Organe quetschen. Indessen kann man auch an ihnen bei auffallendem Lichte den Blutumlauf noch ziemlich gut wahrnehmen, und bei durchfallendem Lichte an den immer mehr durchscheinenden Rändern; freilich, wie sich von selbst versteht, nicht so deutlich als in häutigen Theilen. Die beschriebenen Methoden zur Untersuchung des Blutumlaufs beim Frosche dürften meines Erachtens den Leser in den Stand setzen, die Erscheinung auch bei anderen Thieren, selbst bei kleinen Säugethieren, wahrzunehmen. Das Aetherisiren ist hier ein allgemein passendes Mit- tel. Nur muss man den Apparat nach der Gestalt und Grösse des Thie- res modificiren. Beim Beobachten der sich bewegenden Ernährungsflüssigkeit der Insecten und der übrigen Klassen der Wirbellosen, bei denen ein Blut- umlauf oder eine damit parallele Function vorkommt, läuft die Haupt- sache darauf hinaus, dass man ein passendes Object wählt und an demsel- ben wiederum die durchsichtigen Theile. Eine Aufzählung der im Be- sondern sich eignenden Thiere würde dem Zwecke dieser Schrift nicht entsprechen, und verweise ich daher den Leser über diesen Punkt auf Schriften, welche speciell darüber handeln. In der im Jahre 1844 von der belgischen Akademie gekrönten Abhandlung des Dr. C. Verloren {Memoires couronnes T. XIX, p. 20 — 28) sind nicht weniger als 90 In- sectenarten aufgezählt, bei denen Erscheinungen des Säfteumlaufes beob- achtet worden sind. 320 Alle genannten Bewegungen von Flüssigkeiten in den Höhlen des lebenden Organismus, sei es Pflanze oder Thier, werden dem Auge nur dadurch sichtbar, dass sich kleine Körperchen in denselben befinden, welche zugleich mit dem Strome fortgetrieben werden. Ist die Strömung eine sehr rasche, so folgen die Gesichtseindrücke von jedem dieser Kör- perchen auch sehr rasch auf einander, und wohl zu rasch, als dass jeder für sich wahrnehmbar sein könnte. Denn da ein Gesichtseindruck im Mittel 1/3 Secunde anhält (§. 100), so werden zwei Eindrücke, die um einen geringern Zeitraum aus einander liegen, zu Einem Eindrucke verschmel- zen. Daher kommt es, dass man bei der Cyclose der Pflanzen sowohl als beim Blutumlaufe der Thiere, so lange die Strömung in voller Kraft ist, die in der Flüssigkeit mitbewegten Körperchen sehr schwer isolirt erkennt. Das Gleiche gilt von der Flimmerbewegung, die man in so zahlrei- chen Fällen beobachten kann, an den Rändern der Epithelialschicht der meisten Schleimhäute, an der Oberfläche der Fangarme vieler Polypen, an den Branchien der Mollusken, bei den meisten wahren Infusorien' u. s. w. Man erkennt sie in der That nicht als das, was sie wirklich ist, nämlich ein Heben und Senken dünner Häi'chen, sondern eher als eine Strömung in einer bestimmten Richtung längs der Ränder des Ob- jecto, und vun den diese Strömung erzeugenden Härchen sieht man keine Sichtbarmachung schnell bewegter Objecte. 405 Spur , so lange die Bewegung in der ursprünglichen Raschheit vor sich geht. Zwei Mittel hat man in Vorschlag gebracht, um solche schnelle Bewegungen mikroskopischer Objecte zu einem scheinbaren Stillstande zu bringen, einmal nämlich die Beleuchtung durch das Licht des elek- trischen Funkens, und zweitens eine sich schnell drehende und mit einer Oeffnung versehene Scheibe, welche zwischen das Object und die Licht- quelle kommt, so dass das Gesichtsfeld periodisch erhellt und verdunkelt wird. Die betreffenden Vorschläge sind bei dem gegenwärtig so raschen Fortschritte der Naturwissenschaften fast gleichzeitig von mehr denn einer Seite gemacht worden. Die Beleuchtung durch den elektrischen Funken wurde namentlich von England aus durch Pritchard {Microscopical Illustrations, 3 Ed. 1845. p. 137) empfohlen, der aber diese Idee einem andern entlehnt zu haben scheint, die drehende Scheibe dagegen in Deutschland von Doppler (Zwei Abhandlungen aus dem Gebiete der Optik. 1845). Hier in Hol- land beschäftigte sich Dr. A. van Beek (Tydschr. voor de Wis- en Na- tuurkundige loetenschappen etc.l. p. 157) längere Zeit mit der Verwendung dieser beiden Mittel, und schon 1845 theilte mir derselbe einige Beobach- tungen über deren Prüfung mit. Die Versuche von Wheatstone haben gelehrt, dass die Dauer des elektrischen Funkens noch nicht den millionsten Theil einer Secunde beträgt, also so kurz ist, dass ein dadurch beleuchteter und in Bewe- gung befindlicher Körper, der innerhalb dieses verschwindenden Zeitraums seinen Platz nicht merklich verändert, scheinbar ganz in Ruhe verharren sollte. Bekanntlich bestätigt dies auch die Beobachtung schnell umge- drehter Körper, welche durch den elektrischen Funken erleuchtet wer- den. Für mikroskopische in rascher Bewegung befindliche Objecte be- mttzte Pritchard die Funken eines elektromagnetischen Rades, welches in Quecksilber tauchte. Dr. van Beek benutzte lieber die Funken einer gros- sen Leydener Flasche, die mit dem allgemeinen Auslader in Verbindung stand und so gestellt war, dass die Funken in Zwischenzeiten von unge- fähr drei Secunden auf einander folgten. Als Beobachtungsobject wurde ein Theil der Froschzunge genommen, an deren Rändern man die Flim- merbewegung der Cilien auf der Schleimhaut recht gut sehen kann. Die Versuche wurden Abends angestellt und da zeigte es sich sehr bald, dass der rasche Wechsel zwischen einem ganz dunkeln Gesichtsfelde und einem solchen, welches während einer sehr kurzen Zeit durch den elektrischen Funken hell erleuchtet wurde, das Auge dermaassen blendete, dass jede nur einigermaassen genaue Beobachtung unmöglich fiel. Um diesen Uebelstand zu beseitigen, wurde zur Seite des Objectivs eine Kerze gestellt, so dass das Gesichtsfeld anhaltend schwach erhellt blieb, was auch noch den Vortheil gewährte, dass man das Auge immer auf jenen Punkt des Gesichtsfeldes richten konnte, wo die Flimmerbewegung stattfand. Was das Resultat dieser Versuche betrifft, so kann ich nur 40G Sichtbarmachung schnell bewegter Objecto. die Worte des Dr. van Beek unterschreiben, dass man durch dieses Mittel die Fliramerbewegung scheinbar ganz zum Verschwinden bringen kann, dass es aber niemals dahin kommt, am Rande der benutzten Schleimhaut Härchen zu sehen. Nun unterliegt das Vorhandensein von Cilien durchaus keinem Zweifel. Aus jenen Beobachtungen lässt sich daher meines Erachtens nur so viel schliessen, dass die dabei angewen- dete Beleuchtungsart, wie richtig auch das dabei zu Grunde liegende Princip an sich sein mag, ganz ungeeignet erscheinen niuss, eine ge- naue Beobachtung dabei anzustellen, da der empfangene Eindruck zu kurz ist, als dass er gehörig zum Bewusstsein gelangen und gedeutet werden könnte. Mag man auch die Anzahl dieser Eindrücke noch so sehr vervielfältigen, man gewinnt dadurch wenig oder gar nichts, weil in dem Augenblicke, wo das Gesichtsfeld erleuchtet wird, die in Bewe- gung befindlichen Objecte, die Cilien nämlich, sich immer in einem an- dern Zustande und in einer andern Richtung befinden. Es erfolgt also nicht eine Wiederholung des nämlichen Gesichtseindruckes, sondern es entstehen immer neue Eindrücke. Die früheren Eindrücke können daher nur dazu beitragen, die nachfolgenden zu verwirren, nicht aber, sie leichter zu deuten. Das andere vorhin genannte Hülfsmittel stützt sich auf ein bekann- tes von Faraday, Plateau, Stampfer und Anderen bereits früherauf andere Fälle angewandtes Princip. Wird nämlich ein in periodischer Bewegung begriffener Körper durch die Oeffhung einer schnell sich um- drehenden Scheibe betrachtet, und kommt die Schnelligkeit, womit sich diese Scheibe dreht, jener der beobachteten Bewegung gleich, oder ist sie ein Multiplum dieser letztern, dann muss das Auge das Object im- mer an der nämlichen Stelle und in der nämlichen Richtung sehen, so oft jene Oeff*nung an dem Auge vorübergeht. Folgen nun die Eindrücke immer in einem Zeiträume auf einander, welcher kürzer ist, als die zum Verschwinden eines distiucten Eindruckes nöthige Zeit von etwa 1/3 Se- cunde, dann werden alle auf einander folgenden Eindrücke mit einander verschmelzen und das Object befindet sich scheinbar in Ruhe. Doppler empfahl dazu die Sirene von Cagniard la Tour, be- sonders deshalb, weil man in dem vernehmbaren Tone, den dieses In- strument hervorbringt, ein Mittel hat, die Geschwindigkeit der Umdre- hung zu bestimmen. Kennt man nämlich die Geschwindigkeit, welche bei der sich drehenden Scheibe erforderlich ist, um die Bewegung in einen scheinbaren Stillstand umzuändern, so ist klar, dass man zugleich auch die Geschwindigkeit der Bewegung des Objects kennt. In der That würde es nicht unerheblich sein , wenn man ein Hülfsmittel be- sässe, um Zeiträume messen zu können, die sich auf keine andere Weise messen lassen. Indessen scheint Doppler sein Verfahren selbst nicht in Anwendung gebracht zu haben. Bei den Versuchen, welche Dr. van Beek hierüber mit mir angestellt hat, wurde eine Scheibe benutzt, der durch ein Räderwerk Sichtbarmachung; schnell bewegter übjcctc; Gefässiiijcctioii. 407 eine schnell drehende Bewegung gegeben werden konnte. Diese Scheibe kam zwischen die Lichtquelle und den Objccttisch eines horizontal ste- henden Mikroskops. Das beobachtete Object war wiederum ein Theil der Zunge eines Frosches. Aller angewandten Mühe ungeachtet gelang es uns doch nicht, die Cilien in solche Kühe zu bringen, dass sie distinct zu unterscheiden gewesen wären, mag nun die Geschwindigkeit der Um- drehung selbst zu ungleich sein , als dass die Geschwindigkeit der iSchei- benumdrehung ihr genau correspondiren könnte, oder mag ein anderer uns unbekannter Umstand an diesem verfehlten Resultate Schuld sein. Vielleicht sind andere weiterhin glücklicher und lernen durch Wieder- holung dieser Versuche die Umstände kennen, auf welche Rücksicht ge- nommen werden muss, wenn man Resultate erhalten will, welche mit der auf guter Basis beruhenden Theorie besser im Einklänge stehen. Glücklicher Weise ist das Gelingen oder Fehlschlagen der angege- benen Methoden für die mikroskopische Untersucliung der organischen Bewegungen ziemlich gleichgültig, insoweit es nämlich darauf ankommt, das Vorhandensein oder das Fehlen der sich bewegenden Tlieile zu ent- decken. Allmälig nimmt die Geschwindigkeit aller jener Bewegungen ab: die Blutkörperchen werden immer langsamer fortbewegt, die Oscil- lationen der Cilien werden nach und nach träger, und so wird ein Beobachter, dem es nicht durchaus an Geduld gebricht, immer Ge- legenheit haben, von deren Vorhandensein sich zu überzeugen, ohne dass er genöthigt ist, zu jenen zwar richtigen, aber höchst umständ- lichen und deshalb nicht gerade praktischen Hülfsmitteln seine Zuflucht zu nehmen. Ein unentbehrliches Hülfsmittel bei der mikroskopischen Anatomie 321 thierischer Organe ist das Einspritzen der feinsten Gefässe mit gefärbten Substanzen. In der That ist es nicht möglich, von den Theilungen, vom Verlaufe, ja auch nur vom Vorhandensein der höchst zarten Haar- gefässe sich auf andere Weise zu überzeugen, da man sie nach dem Tode nur selten mit Blut gefüllt findet. Ist dies aber auch der Fall, so ist doch die Durchsichtigkeit der Blutkörperchen selbst zu gross, als dass ihr Vorhandensein anders zu ermitteln wäre, als wenn sie selbst oder das enthaltende Gefäss gehörig isolirt sind. Hat man sich alle Mühe gege- ben, die Zusammensetzung eines Organs gründlich zu erforschen, ohne indessen die Gefässe zu injiciren, so wird man bei späterer Untersuchung guter Injectionspräparate finden , dass man sich bis dahin von dessen Bau eine mangelhafte und unvollkommene Vorstellung gemacht hat. Die Injection belehrt uns nicht blos über den Verlauf der Gefässe, denn der Gefässverlauf steht immer im genauen Zusammenhange mit den übri- gen Theilen, und es wird daher auch deren Gefüge und Verbindung zu- gleich mit aufgehellt: das ganze Bild wird anschaulicher, plastischer, und dazu trägt der starke Gegensatz zwischen lern Colorit der zur In- jection benutzten Substanzen und des übrigen Gewebes nicht wenig bei. 408 Tnjection : Spritze. Wirklich verfehlen auch wohlgelungene Injectionen niemals, auf denjeni- gen, der sie zum ersten Male durchs Mikroskop betrachtet, einen leb- haften Eindruck zu machen, nicht nur wegen der Zierlichkeit, welche allen Capillarnetzen bei sonstigem Wechsel in der Form und Veräste- lung zukommt, sondern auch deshalb, weil sich dann das mikroskopische Bild besser deuten und verstehen lässt, so dass selbst der Ungeübteste sich leicht zurecht findet und sich ein klares Bild vom Gesehenen macht, was von den meisten anderen mikroskopischen Beobachtungen durchaus nicht behauptet werden kann. Eine Anweisung zum Anfertigen solcher Präparate darf daher auch hier nicht fehlen. Um aber nicht zu weit ins Gebiet der allgemeinen praktischen Anatomie einzugreifen, werde ich hier kurz sein und mich auf Anführung desjenigen beschränken, was ich durch eigene Untersu- chung als zweckmässig erkannt habe. Ueber die zu den Injectionen nöthigen Instrumente findet man das Nöthige bei Straus s-Durckheim Vol. I, p. 112 angegeben, so wie bei: Alfred Tulk and Arthur Hen- frey, Anatomical Manipulation. London, 1844. 322 Das gebräuchlichste Instrument zur Ausführung von Injectionen ist die Spritze. Es versteht sich von selbst, dass diese gut und sauber gearbeitet sein muss, so dass der Stempel gut auf- und niedergeht und auch gehörig schliesst. Die Grösse der Spritze richtet sich nach der Grösse des Objects, dessen Gefässsystem eingespritzt werden soll. Man kann freilich mit einer grösseren Spritze auch eine geringere Quantität Injectionsmasse einspritzen, und eine kleinere Spritze vermag durch wie- derholte Füllung den Mangel einer grösseren zu ersetzen; gleichwohl ist es vorzuziehen, wenn man zwei oder mehr Spritzen von verschiede- ner Grösse hat, weil es schwer fällt, mit einer weiteren Spritze, wo mit- hin die Oberfläche des Stempels sehr gross ist. den Druck so gemässigt und geregelt wirken zu lassen, dass die Blutgefässe in sehr kleinen Taie- ren oder Organen nicht zerreissen, und weil andererseits das Injiciren grösserer Theile oftmals nicht gut ausfällt, wenn man durch wiederholte Füllung der Spritze das Geschäft immer unterbrechen muss. Für die meisten hier vorkommenden Fälle ist eine Spritze, welche ^1-2 Liter Wasser fasst, ausreicliend; die kleinere Spritze aber sollte etwa ^/lo Li- ter fassen. Zu jeder Injectionsspritze gehören mehrere Kanülen von ver- schiedenem Durchmesser, entsprechend der Weite der Gefasse, in die sie eingesetzt werden müssen. Man kann sich dergleichen Röhrchen von solcher Feinheit verschaffen , dass kaum ein Kopfhaar durchgeht. So feine Röhrchen verstopfen sich aber leicht und passen nur für wenige Fälle; am meisten finden jene mit einem Lumen von ^/s bis 3 Millime- ter Anwendung. Bei manchen Spritzen wird die Kanüle durch eine Schraube angefügt. Das ist überflüssig und unbequem ; ein einfaches Einschieben ist ganz ausreichend . wenn die Spitze der Spritze gut in Injectionsappariite. 409 die OefFnung der Kanüle passt. — Für manche Fälle ist es vortheilhaft, wenn zwischen die Spitze des Spritzenrohrs und die Kanüle eine an bei- den Enden mit den nöthigen messingenen Ansatzstücken versehene Röhre von vulkanisirtem Kautschuk eingeschoben wird. Die Spitze kann dann in verschiedener Richtung bewegt werden, ohne Gefahr, dass das Ge- fass, worin die Kanüle steckt, durch dieselbe gequetscht wird. Da je- doch die Kautschukröhre durch die Wärme der Injectionsmasse zu weich wird, als dass sie dem Andränge gehörigen Widerstand zu leisten ver- möchte, so muss sie einen Ueberzug von Leinwand oder Kattun bekom- men. Diese nützliche Zugabe zum Injectionsapparate habe ich zuerst durch Schroeder van der Kolk kennen gelernt. Ausser der gewöhnlichen Injectionsspritze sind noch einige andere Apparate zu Injectionen empfohlen worden. Da ich sie nicht aus eige- ner Erfahrung kenne, kann ich über ihre Zweckmässigkeit nicht urthei- len. Indessen will es mir doch scheinen, als überträfe die Spritze alle anderen nicht blos durch die Einfachheit der Anwendung, Sondern auch in der Sicherheit, da der Druck, welchen die Hand auf den Stempel aus- übt, sich nach dem Grade des Widerstandes und nach der Zartheit des zu injicirenden Theils regeln lässt. In manchen Fällen, namentlich zum Injiciren kleiner und zarter Thiere, Mollusken u. dergl., wo die Gefässe zu unterbinden unmöglich ist, kann man recht gut eine Glaspipette benutzen, deren eines Ende in ein feines umgebogenes Röhrchen ausgezogen ist. Dieser Theil muss kegelförmig zulaufen, damit beim Einführen in das Gefäss zugleich die Oeffnung abgeschlossen wird. Bequemer ist folgender in Fig. 151 (a. f. S.) in halber Grösse dargestellte Apparat, den man sich selbst herrichten kann, und den man, nur etwas mehr complicirt, auch bei Strauss-Durckheim und weiterhin bei Tulk und Henfrey beschrieben findet. Er besteht nämlich aus einer gewöhnlichen gläsernen Pipette ah von ziemlicher Grösse, wie man sie unter den Glaswaaren zum chemischen Gebrauche vorräthig findet, und aus einer Kautschukröhre cd^ die mit dem einen Ende um den dickern Theil eines fein ausgezogenen und unter einem stumpfen Winkel umgebogenen Glasröhrchens ef mittelst eines Fadens befestigt wird. Beim Gebrauche wird die Pipette in die farbige Flüssigkeit gebracht, durch Ansaugen gefüllt und in das offene Ende der Kautschukröhre gesteckt, worin sie wegen der kegelförmigen Gestalt fest genug anschliesst. Rusconi (Ann. des Sc. 7iat.., Serie 2. Vol. 17, p. 111) nimmt den Schaft einer Feder von der Krähe, vom Rebhuhn oder einem noch klei- neren Vogel und schiebt eine Nadel ein, wodurch das Ganze eine Art Trockar wird. Das kleine Gefäss, in welches man injiciren will, wird mit einer Pincette angezogen und die Spitze der Nadel eingeführt. Dann schiebt man den Federschaft in die gemachte Oeffnung und ent- fernt die Nadel ; in das offene Ende des Schaftes aber bringt man hier- 410 Injectionsmasse. auf das dünne Ende einer kleinen Injectionsspritze , die vorher mit ge- färbter Masse gefüllt worden ist. :V> Injectionsapparat. >-ö Das Gelingen einer Injection ist zum grossen Theil durch die zur Injection genommene Substanz bedingt. Bei gröberen Injectionen, wo es nur dar- auf ankommt, die grösseren, noch mit blossem Auge wahrnehmbaren Gefässe sichtbar zu machen , findet man leiclit eine passende Injectionsmasse; bei fei- neren, zu mikroskopischen Untersuchungen bestimm- ten Injectionen dagegen ist es recht schwer, allsei- tig genügende InjectionsstofFe zu finden und die Aus- wahl wird hier immer eine beschränkte bleiben. Die Injectionsmasse muss folgende Bedingungen er- füllen: 1) Sie muss ohne Mühe in die feinsten Gefäss- chen eindringen, ohne dass diese dadurch zu stark ausgediehnt oder zerrissen werden. •2) Sie darf ungeachtet ihrer grossen Flüssig- keit doch nicht durch die Wandungen der Capillareu dringen. y) Sie muss die passende Färbung besitzen, dass jedes Gefässchen scharf und deutlich, bei durchfal- lendem wie bei auffal- lendem Lichte , unter- schieden werden kann. 4) Diese Färbung muss überall eine gleich- f"" massige sein, d. h. der benutzte Farbstoff muss überall ein zusammen- hängendes Ganzes bil- den, ohne dass sich eine Spur von Körnchen zeigt, selbst in den fein- sten Gefässchen. Jede Injectionsmasse enthält noch als Constituens eine Flüssigkeit, worin der färbende Bestandtheil aufgenommen wird, und man hat hierzu mancherlei Substanzen empfohlen *). Geschmulzenes Wachs, Talg, Wul- rath, Kakaobutter und ähnliche nur bei einer höheren Temperatur flüs- *) Das Quecksilber übergehe icfi mit Stillscliweigcn, als ganz unpassend zu mikro- skopischen Injectionen, da es vermöge seiner Schwere die feinen Gefässe viel zu stark ausdehnt, zerreist und dann sich allerlei Wege in dem Gewebe der Organe bohrt. Auch bei der Injection der Lymphgefässc lässt es sich durch weniger schwere Flüssigkeiten ersetzen, wie Rusconi, Breschet und Andere dargethan haben. Injectionsmassc. 411 sige Körper können blos bei gröberen Injectioneu in Betriicht kf)ninien. Für feine Injectionen ist von Manchen Terpentinfirniss angepriesen wor- den. Bei wiederholt damit angestellten Versuchen haben aber solche Firnissinjectionen weder mir noch meinem Collegen Schroeder van der Kolk gelingen wollen; zudem hat auch der Terpentinfirniss die unbequeme Eigenschalt, dass er nur sehr langsam trocknet und ge- nugsam erhärtet, daher man Gefahr läuft, dass die Injectionsniasse aus den durchschnittenen Gefässen austritt und die Oberlläche der Präparate verunreinigt. Nur zur Injection oberflächlicher Gefässnetze, wenn das Organ nicht erst durchschnitten werden muss, um die injicirten Theile gut zu sehen, kann eine derartige Injectionsniasse mit Vortheil benutzt werden, wie die bekannten schönen Injectionen Hyrtl's lehren. Nach mündlicher Mittheilung besteht die von ihm benutzte Injectionsmasse aus gleichen Theilen weissem Wachs, Canadabalsam und Mastixfirniss. Auf ein Pfund dieser Masse kommt 1 Loth Mennige, damit sie besser gerinnt. Zur Färbung benutzt er die in kleinen Blasen oder in Stanniolkapseln aufbe- wahrten Malerfarben. Die Masse wird erwärmt und dann soviel Ter- pentinöl zugesetzt, als zu einer ausreichenden Flüssigmachung derselben nöthig ist, worauf man dann den Farbstoif darunter mengt. Die Farb- stoffe, deren er sich gewöhnlich bedient, sind: Zinnober, Chromblei, fer- ner ein Gemenge von Bleiweiss mit einer sehr geringen Quantität Ber- liner Blau. Das beste Constituens für mikroskopische Injectionsmassen ist übri- gens eine wässerige Leimsolution. Denn erstens haben Wasser und wässerige Solutionen im Allgemeinen in den feinen Gefässchen, deren Wände immer mit Blut, also mit einer sehr wasserhaltigen Flüssigkeit in Berührung sind, einen weit geringem Widerstand zu überwinden, als alle öligen und fetten Substanzen; zweitens aber gerinnt der Leim beim Erkalten, und man hat daher beim Anfertigen von Durchschnitten oder sonstigen Präparaten das Ausfliessen der Injectionsmasse aus den durch- schnittenen Gefässen wenig oder gar nicht zu fürchten. Zur Anfertigung der Leimsolution verdienen die Leimplätzchen den Vorzug, die man bei den Zuckerbäckern als sogenannte Gelatine kauft. Benutzt man einen unreinen gelblichen Leim, so ist es rathsam, die Auf- lösung erst durch ein Tuch zu giessen, um die darin schwebenden Un- reinigkeiten abzusondern. Das Verhältniss des Leims zum Wasser muss so sein , dass die Solution beim Erkalten eine nicht zu steife Gal- lerte bildet, was man erkennen kann, wenn man einen Tropfen auf einen kalten Körper bringt. Der Sommer und der Winter machen dabei einen Unterschied; auch ist die Gerinnbarkeit ver- schiedenartig je nach der gebrauchten Leimsorte. Im Allgemeinen darf man annehmen, dass 1 Theil Leim auf 8 bis 10 Theile Wasser ein richtiges Verhältniss ist. Man braucht aber auch nicht alles zu der So- lution erforderliche Wasser auf der Stelle zuzusetzen, vielmehr kann man 412 . Färlmiirtel : gplhe InjectionsiMasse. erst eine concentrirte Leirnpolution bereiten, unter welchem Namen wei- terhin eine solche verstanden werden soll, die auf 4 Theile Wasser 1 Theil Leim enthält. Beim Auflösen darf nur ein massiger Wärmegrad in Anwendung kommen, und vor Allem hat man die Kochhitze zu vermeiden, weil da- durch die Gerinnbarkeit abnimmt. 324 Gross ist die Zahl der Färbmittel, die man zu Injectionen empfoh- len hat; aber nur wenige genügen allen Anforderungen, die man an eine gute, dem Zwecke entsprechende färbende Substanz zu stellen hat. Farbstoffe, die sich in Wasser vollständig lösen, wie Lackmus, Cur- cuma u. s. w., dringen zwar bis in die feinsten Gefässchen ein, treten aber auch sehr leicht durch die Wandungen derselben hindurch und fär- ben so das ganze Gewebe. Ausserdem erleiden alle solche organische Farbstoff"e leicht Umwandlungen , bald durch die Wärme, bald durchs Licht, und sie lassen sich nicht in wässerigen Solutionen aufbewahren. Besser eignen sich demnach solche Farbstoffe, deren Theilchen in der Flüssigkeit suspendirt bleiben und die sich in Wasser, in Alkohol, in Terpentinöl nicht lösen. Das sind die Gründe, weshalb mehrere metalli- sche Präparate als die besten Färbmittel für Injectionsmassen sich be- währen. Ich habe mit einer ziemlichen Anzahl von Gemengen ausdrückliche Versuche angestellt und dabei folgende Resultate erhalten. Gelbe Injectionsmasse. — Ich kenne keine Substanz, die sich zu mikroskopischen Untersuchungen besser eignete, als das durch doppelte Zersetzung präcipitirte chromsaure Blei*), welches gewon- nen wird, wenn man 100 Theile essigsaures Blei mit einer Auflösung von 52,4 Theilen chromsauren Kalis mischt. Zur Bequemlichkeit des Le- sers theile ich im Nachfolgenden die Verhältnisse mit, in denen ich diese Substanzen anwende, und zwar nach dem Gewichte: a. 4 Unzen II/3 Drachme essigsaures Blei werden in so viel Was- ser gelöst, dass das Ganze dem Volumen von 16 Unzen Wasser entspricht. b. 2 Unzen 1 Drachme und 28 Gran chromsaures Kali werden in so viel Wasser gelöst, dass das Ganze das Volumen von 32 Unzen Was- ser erreicht. Zum Anfertigen der Injectionsmasse nimmt man nun 1 Maass- *) Das im Handel vorkommende Chromgelb ist häufig zu Injectionen benutzt worden, eignet sich aber wenig hierzu, da es wegen seiner bedeutenden Schwere in der Flüssigkeit rasch zu Boden sinkt. Doyere (Comptes rendus. 1841. 12. Juillet) empfahl nach einander zuerst eine Lösung von essigsaurem Blei und dann eine solche von chromsaurem Kali einzuspritzen, wo dann in den Gefässen selbst das chromsaurc Blei präcipitirt wird. Es lassen sich auf diesem Wege allerdings wohl die feinsten Gefässchen injiciren. dieselben erscheinen aber nie- mals gehörig gefüllt, weil das Präcipitat sich nicht gleichmässig absetzt, sondern körnig bleibt. 1j1;iu(' iiinu'tHJn.'^iu.'isM'. 41. •( theil der Auflösung a, 2 Maasstheile der Auflösung b und 2 Maass- theile concentrirte Leimsolution. Zuerst mischt man in einem besondern Gefässe die beiden Salzlösungen, rührt die Mischung ein paar Augen- blicke stark um und giesst sie dann zur Leimauflösung. Die angegebene Ordnung in der Vermischung ist nicht gleichgültig; werden die beiden Salzlösungen dem Leime unmittelbar zugesetzt, so findet man, dass die Präcipitation sehr ungenügend erfolgt. Die Mischung , worin das Prä- cipitat entsteht, darf aber auch nicht zu lange stehen bleiben, ehe sie dem Leime zugesetzt wird, weil sonst, wegen des Zusammenklebens der kleinen Molekeln, die Vertheilung der Farbetheilchen eine weniger feine wird. Blaue Injectionsmasse. — Schon seit mehreren Jahren benutzt mein College Schroeder van der Kolk eine solche, die in ähnlicher Weise wie die gelbe dadurch bereitet wird, dass man Auflösungen von schwefelsaurem Eisenoxyd und von blausaurem Eisenoxydul- kali mit einander mischt. Die auf solchem Wege blaugefärbte Leim- auflösung besitzt ein grosses durchdringendes Vermögen, denn das ent- standene Berlinerblau ist in sehr fein vertheiltem Zustande in der Flüs- sigkeit enthalten. Zur Erzeugung des Präcipitats können folgende So- lutionen verwendet werden : a. Si/g Unzen schwefelsaures Eisenoxydul werden in 20 bis 25 Unzen Wasser gelöst, und dann bei massiger Wärme unter Zusatz von 43/4 Drachmen Schwefelsäure von 1,85 specif. Gewicht und unter Zufügung der erforderlichen Menge Salpetersäure in das Oxydsalz um- gewandelt; dann aber setzt man noch so viel Wasser hinzu, dass das Ganze das Volumen von 40 Unzen Wasser erreicht. b. 3 Unzen 6^/4 Drachmen Ferrocyankalium werden in Wasser gelöst, bis das Ganze ein Volumen von 80 Unzen Wasser erreicht. Zum Anfertigen der Injectionsmasse nimmt man nun 1 Maass- theil der Solution a, 2 Maasstheile der Solution b und 2 Maass- theile der concentrirten Leimauflöstmg. Beim Gebrauche derselben kommt noch der Umstand in Betracht, dass durch den Natrongehalt des Blutes eine stärkere oder schwächere Zersetzung und dadurch eine Ent- färbung des Berlinerblaü in den feinsten Gefässchen eintritt. Bringt man indessen das Injectionspräparat in eine Säure, wozu je nach den Umständen verdünnte Schwefelsäure, Essigsäure oder Weinsteinsäure genommen werden kann, dann tritt die frühere blaue Farbe wieder her- vor. Man kann aber auch der Injectionsmasse gleich eine kleine Quan- tität Weinsteinsäure zusetzen, so viel nämlich als hinreicht, das kohlen- saure Natron des Blutes zu sättigen. Eine gleich eindringliche und leichter zu bereitende Injectionsmasse hat man in der Solution des Berlinerblau in Oxalsäure, die freilich wir eine scheinbare Solution ist, obwohl man selbst unterm Mikroskope keine deutlichen Molekeln in der Flüssigkeit wahrnimmt. Denn durch ein hinreichend dichtes Filtrum kann der blaue Farbstofi" von der was- 414 Rothc Injectionsmasse. perhellen Flüssigkeit geschieden werden und nach längerer oder kürze- rer Zeit fällt das Berlinerblaii wiederum aus der Flüssigkeit zu Uoden. Diese gefärbte Solution theilt nun aber mit der soeben beschriebenen nicht die nachtheilige Eigenschaft, durch den Natrongehalt des Blutes eine Entfärbung zu erleiden. Nur muss man reines Berlinerblau neh- men, das man entweder selbst bereitet, indem man ein Eisenoxydsalz mit Blutlaugensalz präcipitirt, oder wozu man auch das im Handel vor- kommende verwendet, nachdem man es vorher auf die Weise gereinigt hat, dass man es in einem Mörser mit der gleichen Menge concentrirter Schwefelsäure zusammenreibt und dann so lange mit Wasser auswäscht, als dieses noch Säurespuren verräth. Am besten fand ich folgendes Verhältniss : 1 Theil Berlinerblau, 1 Theil Oxalsäure, 12 Theile Wasser und 12 Theile concentrirte Leim- auflösung. Zuerst wird die Oxalsäure in einem Mörser fein gerieben und dann das Berlinerblau zugesetzt; hierauf wird das Wasser langsam und in kleinen Portionen unter beständigem Verreiben zugefügt, und zu- letzt giebt man die gefärbte Flüssigkeit zur warmen Leimauflösung. Rothe Injectionsmasse. — Zu Injectionen können folgende ro- the durch Präcipitation erhaltene Farbstoffe in Betracht kommen: frisch bereitetes Sulphur anratum antimonii, basisches chromsaures Blei, welches erhalten wird, wenn man auf das neutrale gelbe Salz Aetzkali giesst, endlich Que cksilberj odid. Wenn SulpMir auratum antimonii alsbald nach der Präcipitation als Färbmittel verwendet wird, so ist dies allerdings zulässig, weil der Gold- schwefel sich sehr fein in der Flüssigkeit vertheilt. Nur wirkt das im- mer darin vorhandene Schwefelwassei'stoffgas nachtheilig auf die messin- genen Spritzen. Basisch chromsaures Blei hat zwar eine sehr lebhafte Farbe; zu feinen Injectionen indessen ist es zu grobkörnig und zu schwer. Geeigneter ist das Quecksilberjodid zur Aufnahme in eine Injec- tionsmasse nach folgender Vorschrift: a. 1 Unze 51/3 Drachmen Quecksilberjodid werden in Wasser ge- löst, so dass das Ganze dem Volumen von 32 Unzen Wasser gleich kommt. b. 2 Unzen Jodkali werden in Wasser gelöst, so dass das Ganze dem Volumen von 8 Unzen Wasser gleich kommt. Zurinjcction werden dann 4 Maasstheile der Solution a, 1 Theil der Solution b und 4 Theile der concentrirten Leimsolution gemischt. Diese Masse hat allerdings eine sehr schöne Farbe und sie dringt auch weit vor; sie hat aber das Unangenehme, dass sie in den feinen Haargefässen die rothe Färbung einbüsst und gelb wird. Diese Neigung zur Farben- änderung ist sogar so gross, dass, wenn auch nur die geringste Menge Leim in dem gläsernen Gefässe, worin die beiden Solutionen gemischt werden, befindlich ist, kein rothes Präcipitat entsteht, sondern ein gelbes Keins der genannten rothen Färbmittel kann daher unbedingt em- Rothe Injcctionsniasse; weisse Injectionsmassc. 415 pfolilcü werden, und in den meisten Fällen, wo man roth injiciren will, verdienen sogar pulverförmige B^arbstoffe den Vorzug. Unter diesen .stellt Zinnober oben an; nur muss er sehr fein zerrieben und dann noch geschlennmt werden. So fein zertheilter chinesischer Zinnober wird auch zu feinen Oel- und Wasserfarben benutzt, und man kann ihn da- her in den Handlungen mit Malerfarben bekommen. Eine unangenehme Eigenschaft des Zinnobers ist übrigens sein grosses specifisches Gewicht, weshalb er sehr rasch zu Boden fällt. In dieser Beziehung ist man mit Goldschwefel besser daran, der erat gut ausgewaschen, getrocknet, wie- der fein zerrieben und geschlemmt worden ist ; nur hat er keine so leb- hafte Farbe. Folgende Mengenverhältnisse der beizufügenden Farbstoffe habe ich als zweckmässig erfunden. Man nimmt 1 Theil chinesischen Zinno- ber, reibt diesen mit 8 Theilen Wasser zusammen, lässt das Gemenge einige Augenblicke in einem Spitzglase stehen, bis etwa 1/3 des Zinnobers nie- dergefallen ist, giesst dann das obenschwimmende ab und vereinigt es mit 8 Theilen concentrirter Leimsolution. Mit Sulphur auratum ver- fährt man in gleicher Weise; wegen seiner geringern Schwere braucht man aber nicht so viel als vom Zinnober, es genügt z. B. 1 Theil auf 12 Theile Wasser und 12 Theile Leimauflösung. Unmittelbar vor dem Gebrauche werden solche Gemenge gut umgerührt, und beim Auf- saugen durch die Spritze wird deren Spitze dicht unter die Oberfläche der Flüssigkeit gehalten, damit nur der feinste Theil des Farbstoffs auf- genommen wird. Eine rothe Injectionsmasse, die besondere Vorzüge hat, ist die zu- erst von Ger lach benutzte Auflösung des Karmins in Ammoniak- Sie dringt mit gleicher Feinheit ein als die oben beschriebenen gelben und blauen Injectionsmassen, und gleich den letzteren gestattet sie die Be- nutzung durchfallenden Lichts. Beim Zubereiten dieser Auflösung muss man sich aber hüten, zu viel Ammoniak zu nehmen, weil der Leim da- durch zum Theil gerinnt und klumperig wird. Besser ist es, man nimmt einen kleinen üeberschuss von Karmin, lässt die Solution sich setzen, und fügt dann von der vorher mit Wasser verdünnten ammoniakalischen Flüssigkeit unter stetem Umrühren der Leimsolution so viel zu, dass eine ziemlich gesättigte Färbung hervorgebracht wird, die sich auch in einer sehr dünnen Lage noch deutlich erkennen lässt. Da die Solution sehr dunkel ist, so reicht schon eine verhältnissmässig geringe Menge hierzu aus. Weisse Injectionsmasse. — Ungeachtet es viele durch doppelte Zersetzung entstehende weisse Präcipitate giebt, so ist es mir bisher doch nicht gelungen, eins ausfindig zu machen, welches alle Eigenschaf- ten besitzt, die in einem zu sehr feinen Injectionen bestimmten guten Färbmittel vereinigt sein müssen. Ich habe eine ziemliche Anzahl der- selben nach einander durchprobirt, die ich, der Kürze habler, mit Still- schweigen übergehe. Nur das Präcipitat des kohlen s aure n Blei es 416 Weisse Tnjectionsmasse : Wahl der Iiijectionsinassen. hat ziemlich befriedigende Reaultate geliefert. Als passende Verhält- nisse ergaben sich folgende: a. 4 rjnzen 1^3 Drachme essigsaures Blei werden in Wasser ge- löst, dass das Ganze dem Volumen von 16 Unzen Wasser gleich kommt. b. 3 Unzen II/3 Drachme kohlensaures Natron werden in Was- ser gelöst, dass das Ganze auch wieder 16 Unzen Wasser gleich kommt. Zur Injectionsmasse nimmt man 1 Maasstheil von der Solution a, 1 Thl. von der Solution b und 2 Theile von der concentrirten Leimsolution. Sie dringt besser vor als eine Masse aus Leimsolution und Bleiweis s. Bei manchen Injectionen bewährte sich eine Masse besser, welche Zinkoxyd enthielt, und zwar in jenen Verhältnissen, die für Sidphur auratum augegeben worden sind. 325 Unter den bisher aufgezählten Injectionsstoffen verdient der zuerst genannte, nämlich die durch präcipitirtes neutrales chrorasaures Blei gefärbte Leimsolution, den unbedingten Vorzug. Sie besitzt alle Eigen- schaften einer guten Injectionsmasse, sie dringt gut ein, die färbenden Theilchen haben einen gleichmässigen Zusammenhang, und die Fäi'bung ist eine recht lebhafte, die bei auffallendem Lichte recht gut gegen das dunkle Gesichtsfeld absticht. Steht die Wahl frei und will man nur Eine Farbe anwenden, so verdient deshalb das chromsaure Blei den Vorzug. Einander gleichstehend und die zweite Stelle einnehmend erachte ich die Lösungen von Berlinerblau in Oxalsäure und von Karmin in Ammoniak. Diese beiden dringen eben so leicht bis in die feinsten Ge- fässchen ein; indessen sind die damit gefüllten Gefässe nur bei durch- fallendem Lichte wahrnehmbar. In manchen Fällen ist dies aber ein entschiedener Vorzug, namentlich wenn etwas stärkere Vergrösserungen angewendet werden. Sind zwei Farben zur Injection nöthig, wenn das arterielle und das venöse System eingespritzt werden sollen, so ist es rathsam, jene vereinigt anzuwenden, die bei auffallendem oder bei durchfallendem Lichte be- nutzbar sind, d. h. Bei'linerblau und Karmin im letzteren Falle, chrom- saures Blei und Zinnober im ersteren Falle. Zu manchen Injectionen sind endlich drei oder selbst vier verschie- dene Farben erforderlich, z. B. bei der Leber, wo die beiderlei Venen, die Arterie und die Gallengänge gefüllt werden müssen. In einem sol- chen Falle muss es als Regel gelten, dass jene Substanz, welche erfah- rungsraässig das geringste durchdringende Vermögen besitzt, zur Injec- tion jenes Gefässes benutzt wird, dessen Capillarsystem die dicksten Ge- fässchen besitzt, bei der Leber also zur Injection der Vena hepaUca. 326 Für diö Injectionen giebt es noch einige gemeinsame Regeln, die ich hier kurz zusammenstellen will. 1) Bevor man zur Injection eines Thieres oder eines Organs schrei- tet, muss man sich einen gehörigen Plan machen , wobei natürlich die Injcction der Gef'ässp. 417 Kenntniss des Verlaufs und der wechselseitigen ^Verbindungen der Ge- fässe eine nnerlässliche Forderung ist. Da man nun weiss, dass eine in bestimmter Richtung fortbewegte Masse durch einen V^erbindungsast seit- lich zu einem Organe gelangen kann, das man für den Augenblick viel- leicht noch nicht eingespritzt haben will, so wird man dann die Vorkeh- rung treffen, dergleichen Verbindungsäste vorher zu unterbinden. Bei sehr eindringlichen Substanzen muss man sogar noch weiter gehen und darauf bedacht sein, welche Bahn die Mas.se einschlagen kann, wenn sie durch das Capillarsystem hindurch ist und durch die grösseren Gefässe zurückkehrt. Ich erwähne in dieser Beziehung nur den von mir beobach- teten Fall, wo die gelbe, oben beschriebene Injectionsmasse genommen wurde, um eiiie hintere Extremität eines Kaninchens durch die Ay^teria cruralis zu füllen, und wo die Injectionsmasse durch das Capillarsystem und die Venen des Fusses zurückkehrte und einen grossen Theil der Ca- pillaren des Darms und selbst der Leber füllte. 2) Eine Injection gelingt immer besser bei jungen als bei alten In- dividuen, besser bei mageren als bei fetten. Auch ist die Zeit unmittel- bar nach dem Tode keineswegs die günstigste zu einer Injection, son- dern mau schreitet lieber etwas später dazu, wenn die allgemeine Starre der Theile einer beginnenden Erschlaffung Platz gemacht hat. Dieser Zeitpunkt tritt bald früher, bald später ein, was hanptsächlich von der Temperatur der umgebenden Luft abhängt: im Sommer injicirt man nach einigen Stunden, während man im Winter oftmals vier Tage oder selbst noch später nach dem Tode noch mit gutem Erfolge injiciren kann. 3) Am leichtesten und sichersten ist immer die Injection durch die Arterien, und zwar wegen der grössern Dicke ihrer Wandungen. Kommt es daher nur auf Anfüllung des eigentlichen Capillarsystems an, so nimmt man diese immer am besten durch die Arterien vor und nicht durch die weit zarteren Venen. Zudem haben die Venen in der Mehrzahl der Organe Klappen, wodurch die Capillaranfnllung behindert wird. Fehlen die Klappen, wie in den Venen der Eingeweide, so kann man die bei- derlei Gefässsysteme nach einander injiciren, und das ist nöthig, wenn man die secundären, bereits mikroskopischen Netze von Venen und Ar- terien kennen lernen will, aus denen das gemeinschaftliche Haargefäss- netz entspringt. Bei dieser Veueninjection muss man bemüht sein, be- vor man die Kanüle der Spritze ins Gefäss einsetzt, das geronnene Blut in dem Gefäss und in dessen Hauptästen mit Vorsicht zu entfernen, in- dem man es durch sauften Druck mit dem Scalpellhefte aus der gemach- ten Oeffnung heraustreibt. Enthält das Organ unverkennbar sehr viel Blut, so ist es manchmal räthlich, erst warmes Wasser durch die Arte- rie einzuspritzen, so dass dies durch die Vene wiederum ausfliesst und das Blut mit fortnimmt. Zu dieser Wasserinjection darf man aber nur dann seine Zuflucht nehmen, wenn sie wirklich erforderlich ist: die fei- neren Gefässchen leiden stets durch dieselbe, und es entsteht daher nach- her leichter ein Extravasat. Harting's Mikroskop. 27 4 IS lujeclion der Get sisse. 4) Sind die Kanülen auf gehörige Weise in die Gefässe eingeführt und durch einen Faden, den man mittelst einer krummen Nadel unter dem Gefässe durchführt, befestigt worden, dann kommt der zu injici- rende Theil in Wasser von 36^ bis 40^ C. und die Einspritzung nimmt man nicht eher vor, als bis diese Temperatur sich bis zu den innersten Theilen hat ausbreiten können. 5) Die Injectionsmasse muss so weit erwärmt werden, dass sie leicht flüssig ist. Dieser Wärmegrad kann jenen des ebengenannten Wasser- bades noch etwas übertreffen, er darf aber nicht den Gerinnungspunkt des Eiweisses (60'' C.) erreichen. 6) Beim Füllen der Spritze durch Aufsaugen der Injectionsmasse ist Sorge zu tragen, dass keine Luft mit eindringt. Am besten wird dies dadurch verhindert, wenn man, bevor die Spitze der Spritze unter die Oberfläche der Injectionsmasse kommt, den Stempel ganz bis auf den Boden der Spritze drückt. 7) Ist die Spitze der gefüllten Spritze in die OefFnung der Kanüle eingesetzt worden, so übt man einen lansamen und gleichmässigen Druck auf den Stempel aus. Ein sehr starker Widerstand kann von einer Ver- stopfung der Kanüle herrühren ; man muss dann die Spritze herausneh- men, und darin einen Metalldraht oder bei feineren Kanülen eine Schweins- borste auf- und abbewegen, um das Hinderuiss aus dem Wege zu schaf- fen. Man muss aber auch bedacht sein , die Spritze in einer Richtung zu halten, wobei die Masse am leichtesten fortbewegt wird, in jener Rich- tung nämlich, welchen der Blutstrom während des Lebens hatte. 8) Es lassen sich schwer bestimmte Regeln darüber aufstellen, wie lange die Injection fortgesetzt werden muss. Es gehört einige Uebung dazu, soll der Moment, wo man aufhören muss, mit einiger Zuverläs- sigkeit bestimmt werden. Aber auch der dreübteste kann darin einen Missgriff thun, so dass er erst bei der spätem Untersuchung erkennt, die Gefässe haben sich nicht vollständig gefüllt, weil die Injection zu früh abgebrochen wurde; oder aber, weil dieselbe zu lange fortgesetzt wurde, so sind die Wandungen der feineren Gefässchen zerrissen, der Farbstoff ist ausgeflossen und hat sich in dem Gewebe ausgebreitet. Bei den leicht flüssigen und sehr eindringenden Massen, deren oben gedacht wurde, ist es in der Regel nicht rathsam, die Injection so lange fortzusetzen, bis man einen starken Widerstand findet; denn meistens ist es dann schon zum Extravasate gekommen. Es ist deshalb besser, man nimmt nur auf die sichtbaren Wirkungen der Injection Rücksicht, bei Injection durch die Carotis z. B. auf die Färbung der Lippen , der Conjunctiva u. s. w. Bemerkt man bei einer arteriellen Injection, dass die Masse durch die Venen zurückkommt, so versteht es sich von selbst, dass die Injection nicht weiter fortgesetzt werden darf. 9) Nach jeder Injection muss das injicirte Gefäss unterbunden wer- den, oder man muss die in dem Gefässe steckende Kanüle mit einem Korke verstopfen, um das Ausfliessen der Injectionsmasse zu verhüten. Untersuchung injicirter Getasse. 419 Ist die Injection beendigt, dann wird der gut injicirte Theil mit kaltem Wasser gereinigt und hierauf in schwachen Weingeist gelegt, worin er mindestens ein paar Stunden , am liebsten aber bis zum folgenden Tage liegen bleibt, damit der Leim gehörig erstarrt, ehe man zur Untersu- chung schreitet. B"'är die Untersuchung injicirter Oi'gane gilt es im Allgemeinen als 327 Regel, dass die wahre Vertheilung des Gefässsystems und das Verhalten der Gefässe zu den übrigen zusammensetzenden Theilen des Gewebes nur erkennbar ist, so lange das Präparat sich im feuchten Zustande be- findet. Durchs Eintrocknen schrumpfen alle Theile zusammen, und Ge- fässe, die ursprünglich zwei oder noch mehr über einander liegenden Schichten angehörten, scheinen alsdann in einer einzigen Schicht zu lie- gen. Mit dem Trocknen ist aber der Vortheil verbunden, dass man späterhin die Präparate in Terpentinöl oder Canadabalsam bringen kann, worin das umgebende Gewebe durchsichtig wird, daher dann manche Einzelnheiten der Gefässvertheilung viel deutlicher zum Vorschein kom- men als vorher, wo das Präparat noch im feuchten Zustande befindlich war. Meistens ist es daher anzuempfehlen, wenn man die Präparate nicht blos im feuchten, sondern auch im j;rockenen Zustande untersucht. Auch nach der Besonderheit des Organs richtet sich einigerraaassen die zu wählende Methode. An manchen Organen, z. B. an der Leber, an den Nieren, kann man die Gefässvertheilung an getrockneten Durch- schnitten der Oberfläche nicht nur, sondern auch der tiefern Theile ge- nau Studiren, ohne Gefahr, durch die genannte Ursache irregeführt zu werden. Dagegen liefern die trockenen Präparate von anderen Orga- nen nur ein ganz ungenügendes Bild. Die Schleimhaut des Magens und der Gedärme z. B. mit den Flocken, Falten und Drüsen wird durchs Trocknen so sehr verändert, dass man, wenn man blos solche Präparate kennte, sich eine sehr unvollkommene Vorstellung vom Baue dieser Theile machen würde*). Die mancherlei Injectionsmassen, von denen weiter oben die Rede war, lassen sich nicht blos dazu verwenden, die Blutgefässe durch Injec- tion zu füllen, man kann damit auch andere Räume und Canäle injici- ren, die im gewöhnlichen Zustande nur eine Flüssigkeit oder Luft ent- halten. Man muss dann aber zu einem Beihülfsmittel greifen, damit die Flüssigkeit oder die Luft der Injectionsmasse ausweicht. So gelang Lio- nel Beale die Injection der feinen Gallencanäle in der Leber dadurch, dass die Leber zuerst durch die Pfortader mit warmem Wasser ausge- *) Viele von den in künstlerischer Hinsicht vortrefflichen Abbildungen bei Berres (Anatomie der mikroskopischen Gebilde des menschlichen Kör- pers), welche alle nach getrockneten Präparaten angefertigt wurden, sind aus diesem Grunde ganz unbrauchbar. Nur wer durch eigene Untersuchung weiss, wie diese Präparate im frischen Zustande sich ausnehmen, vermag in diesem Wirrwarr von Gefässen einigermaassen den Faden zu finden. 27* 420 Füllung leiner Höhlen und Canäle. spritzt wurde, wodurch ein Druck entsteht und die noch in den Canälen enthaltene Galle nach aussen getrieben wird, worauf er dann die Leber während 24 Stunden zwischen Tüchern einem Drucke unterwarf, in Folge dessen das Wasser wieder ausfloss und die Gallencanälchen leer wurden. Die Bronchien und die Lungenbläschen lassen sich ebenfalls aus- spritzen, wenn vorher die Luft soviel als möglich durch einen gleich- massig ausgeübten Druck entfernt wurde. Da aber die Canäle und die Höhlen hier verhältnissmässig gross sind, so eignet sich weisses Wachs besser zur Lijectionsmasse als die Leiinsolution. Die ammoniakalische Karminsolution ist von Ger lach auch benutzt worden, um die Höhlen der Knocheuzellen mit einem Farbstoffe zu fül- len. Er treibt nämlich die Solution mit grosser Kraft in die Höhle eines Röhrenknochens, wobei natürlich die Oeffnung, durch welche injicirt wird, gehörig geschlossen sein muss. Durch dieses Verfahren kann der thatsächliche Beweis geliefert werden, dass die Höhle der Knochenzellen und deren Strahlen mit den Ha v er s 'sehen Canälchen und diese wie- derum mit der Markhöhle zusammenhängen. Mittelst dieser Methode lassen sich indessen nur wenige Knochen- zellen und zwischendurch auch wohl einige Ausläufer derselben füllen, weil die darin enthaltene Luft erst zurückgedrängt werden und dabei sich zusammenpressen muss. Besser entspricht dem Zwecke eine Methode, deren ich mich schon seit einigen Jahren bediene und die auch eine mehr ausgebreitete Anwendung findet; denn auf die gleiche Weise kann man alle mit Luft gefüllte Höhlungen in Knochen und Zähnen, die Tra- cheen der Insecten, die Intercellularräume der Pflanzen u. s. w. mit einer gefärbten Flüssigkeit anfüllen. In der Hauptsache läuft dieselbe darauf hinaus , dass das zu injicirende Object in einer gefärbten Flüssigkeit un- ter die Glocke der Luftpumpe gebracht wird, worauf man die Luft aus- pmnpt und wiederum neue eintreten lässt, wodurch dann die gefärbte Flüssigkeit in die früher mit Luft gefüllten Höhlungen eindringt. Nur sind einige Vorkehrungen nöthig, wenn dieses Verfahren Erfolg haben soll. Zuvörderst muss die angewandte Flüssigkeit eine recht dunkele Farbe haben , weil die Strahlen der Knochenzellen, die Ausläufer der Zahnröhrchen, die letzten Verästelungen der Insectentracheen viel dünner und feiner sind als die feinsten Capillaren, durch welche Blut strömt, eine gefärbte Flüssigkeit daher, welche für die Capillaren noch ganz gut passt, für jene Canälchen viel zu blass ist. Zweitens muss der Farb- stoff im aufgelösten Zustande sich in der Flüssigkeit befinden; denn auch die kleinsten darin suspendirten Molekeln würden die feinen Canälchen verstopfen. Drittens muss die Flüssigkeit derartig sein, dass sie nur in die Canälchen eindringt und nicht die Zwischensubstanz derselben imbibirt. Viertens muss darauf gesehen werden, dass soviel Luft als möglich aus den Canälchen fortgeschafft wird. Zu den von mir geprüften gefärbten Flüssigkeiten gehörten auch Uie Lösungen des Karmins in Ammoniak und des Berlinerblau mit Oxal- Sichtbarmachung durch Farbstoffe. 421 säure in Wasser. Wenngleich indessen diese beiden vor allen anderen mir bekannten farbigen Solutionen sich durch eine sehr dunkle Färbung auszeichnen, die auch noch in den dünnsten Canälchen erkennbar ist, so schienen sie mir doch unpassend zu sein , weil sie bei dem nothwendiger Weise längeren Verweilen der Objecte in den Flüssigkeiten der dritten Forderung nicht entsprachen , vielmehr auch die Zwiachensubstanz der Canälchen färbten. Wahrscheinlich ist dies mit allen wässerigen Flüs- sigkeiten in melir oder weniger hohem Grade der Fall. Dagegen wird das vorgesteckte Ziel recht gut erreicht durch einen Auszug der Alkannawurzel mit Terpentinöl. Um diesen aber dunkel genug zu haben, genügt es nicht, ein Uebermaass von fein zerstossener Alkannawurzel mit Terpentinöl auszuziehen , man muss auch den filtrir- ten Auszug im Sand- oder Wasserbade noch eindicken. Ein so gefärb- tes Terpentinöl dringt nur in die offenen Höhlen ein , ohne das übrige Gewebe zu färben. Die vollständige Entfernung der Luft aus den feinen Canälchen er- folgt nicht so ganz leicht. Knochen- und Zahnschliffe kamen in einer solchen Flüssigkeit unter einen Luftdruck von nur 4 Millimeter, sie blie- ben drei Tage lang darin , und es wurden während dieser Zeit der Luft- pumpe wiederholt kleine Schläge ertheilt; gleichwohl enthielten sie bei der Untersuchung noch Luft. Blieben sie indessen vier bis fünf Tage darin, so war alle Luft ausgetrieben und durch gefärbte Flüssigkeit ersetzt. Wenn nun auch auf diesem Wege eine vollständige Füllung der Höhlen und Canäle möglich ist, so sind doch solche Präparate mit einer Unvollkommenheit behaftet, welche bei jenen nach Gerlach's Methode angefertigten sich nicht vorfindet: sie lassen sich nicht in Canadabalsam aufbewahren, ohne sich alsbald darin zu entfärben. Man muss nur festhalten , dass die Anfüllung mit einer farbigen Flüssigkeit blos dazu dienen kann, das wirkliche Vorhandensein einer Höhle darzuthun, nicht aber die feinen Canälchen sichtbar zu machen; diese erkennt man am leichtesten, wenn sie mit Luft gefüllt sind, weil letztere bei durchfallendem Lichte schwarz erscheint. Dadurch hat die Luft einen Vorzug vor jedem andern färbenden Stoffe, zumal wenn die schwarze Färbung noch dadurch gehoben wird, dass man das Object in erwärmten und dann wieder erkalteten Canadabalsam bringt. Die Methoden, mittelst deren man die Blutbahnen sichtbar machen 328 kann, lassen sich bei Pflanzen nicht in Anwendung bringen, weil die Ernährungsflüssigkeit sich bei ihnen in der Regel nicht frei in Gefässen oder Canälen bewegt, sondern durch endosmotische Wirkung aus einer Zelle in die andere übertritt. Freilich gelingt es, durch Injection oder capillare Aufsaugung die Gefässe in durchschnittenen Pflanzentheilen mit gefärbten Flüssigkeiten zu füllen; man hat aber so wenig Grund, hieraus zu schliessen, dass dies die natürlichen Saftwege in der lebenden 422 Saltwege der Pflanzen. Pflanze sind, als man die Insectentracheen für Blutgefässe zu halten be- rechtigt ist, weil dieselben unter ähnlichen Umständen ebenfalls Flüssig- keit aufnehmen. Nur auf Eine Weise lässt sich mit Zuverlässigkeit der Weg angeben, dem die Säfte während des Lebens folgen: eine unverletzte Pflanze, die schon seit geraumer Zeit in einem Blumentopfe stand, so dass man annehmen kann, alle Wurzelfasern seien ganz unbeschädigt, wird mit einer Flüssigkeit begossen, deren Anwesenheit in der Pflanze sich späterhin auf die eine oder die andere Weise erkennen lässt. Wasser- pflanzen kann man natürlich sogleich in eine solche Flüssigkeit setzen. Man hat jedoch keine grosse Auswahl. Bis jetzt hat man es nicht dahin gebracht, dass gefärbte Flüssigkeiten unmittelbar in den Wurzeln aufsteigen, auch nicht solche, deren Farbstoff" in Wasser aufgelöst ist, wie Auszüge von Lackmus, von Campescheholz u. s. w. Wird der Farb- stoff" überhaupt aufgenommen, so erleidet er in solchen Fällen eine Zer- setzung, denn die Säfte in der Pflanze bleiben gleich wie früher unge- färbt. Bessern Erfolg hat man mit manchen Salzen, deren verdünnte Auflösungen zum Begiessen genommen werden, und deren Anwesenheit in den Geweben sich dann durch passende Reagentieu nachweisen lässt. Am besten eignet sich dazu das blausaure Eisenoxydulkali , welches frü- her von Hönninger (Bot. Zeitung 1843, S. 200), später von Hoff- mann (Ebend. 1848, S. 377. 1850, 8. 17) auf diese Weise angewendet worden ist, und das auch ich bei einer Anzahl Pflanzen mit gutem Er- ' folge versucht habe. Es bedarf aber einiger Vorsichtsmaassregeln, wenn man damit zum Ziele kommen will. Erstens darf man aus Gründen, die jeder mit der Pflanzenphysiolo. gie nicht ganz Unbekannte von selbst einsehen wird, nur eine sehr ver- dünnte Auflösung nehmen. Ich nehme 1 Theil Salz auf 400 Theile Wasser. Zweitens muss die Pflanze hinlänglich Zeit haben, die Flüssigkeit aufzunehmen. In der Regel sind 4 bis 6 Tage ausreichend. Am in- structivsten sind dann jene Theile, welche noch wenig von der Flüssig- keit durchdrungen sind; an ihnen kann man am besten erkennen, welche Wege der Saft vorzugsweise wählt. Drittens wird man finden, dass dieses Salz keineswegs von allen Pflanzen unverändert aufgenommen wird und sich durch Eisenoxydsalze darin nachweisen lässt, ungeachtet man aus den braunen Flecken auf den Blättern und aus anderen pathologischen Erscheinungen mit Bestimmt- heit schliessen möchte, dass es in die Gewebe eingedrungen ist und da- rin chemische Veränderungen bewirkt hat. Das ist wichtig, weil, wenn in einer Pflanze oder in einem Pflanzentheile die blaue Reaction nicht eintritt, daraus nur geschlossen werden darf, entweder dass das Salz gar nicht eindrang, oder dass es zwar eingedrungen ist, aber eine chemische Verändei'ung erlitten hat, wodurch es die Eigenschaft verlor, mit Eisen- oxydsalzen Berlinerblau zu bilden. Ich könnte dafür mehrere Beweise beibringen ; doch will ich nicht in Einzelnheiten eintreten. Saltwege der Pflanzen. 423 Was dann viertens das Verfahi'en anbelangt, wie man die Anwe- senheit des blausauren Eisenoxydulkali durch die Solution eines Eisen- oxydsalzes (schwefelsaures Eisenoxyd oder Eisenchlorid) nachweist, so stehen zwei Mittel zu Gebote , die ihre besonderen Vorzüge und Nach- theile haben. Entweder macht man Durchschnitte der Pflanze und be- feuchtet diese mit der Eisensolution, oder man bringt den Pflanzentheil in eine verdünnte Solution des Eisensalzes und lässt dieselbe capillär durch die Gefässe aufsaugen, da es natürlich nicht möglich ist, sie durch die Wurzeln der unverletzten Pflanze aufsaugen zu lassen. Beim er- stem Verfahren hat man daran zu denken, dass die aus dem frischen Schnitte kommende Flüssigkeit auch in Räume eindringen kann, worin sich im natürlichen Zustande der Pflanzengewebe in der Regel gar kein Saft befindet, z, R. in die Intercelluhirräume und in die Gefässe. Beim zweiten Verfahren dringt die Eisensolution aus den Gefässen allraälig in die angrenzenden Zellen, was indessen immer einige Zeit verlangt. Ist daher der Pflanzentheil nicht zu lange eingetaucht gewesen , so wird nur der Inhalt jener Holzzellen gefärbt erscheinen , welche unmittelbar um die Gefässe herum liegen, und überdies wird auch die Flüssigkeit in vielen Gefässen blau gefärbt sein, weil der Saft aus den Holzzellen da- hin übergegangen ist. Macht man aber dort, wo das Eisenoxyd zuletzt eingedrungen ist, Längsdurchschnitte, so findet man die Gefässe mit der gelbgefärbten Flüssigkeit gefüllt und die benachbarten Zellen erscheinen blau. Es genüge aber, hier auf die verschiedenen Anlässe zu Irrthümern aufmerksam gemacht zu haben; die Anwendung auf den einzelnen Fall darf ich dem Leser überlassen. Einen Umstand jedoch, der irre führen kann, will ich hier nicht mit Stillschweigen übergehen, das ist die Anwesenheit der das Eisen blau- oder schwarzfärbenden Gerbsäure und der Gallussäure. Deren Färbung durch Eisensalze hat in vielen Pflanzen, zumal bei durchfallen- dem Lichte, grosse Aehnlichkeit mit dem Berlinerblau. Darüber kann man sich aber bald Gewissheit verschaffen, wenn man das Präparat mit einer Säure behandelt, am besten mit Salpetersäure und Oxalsäure. Gerb- saures und gallussaures Eisenoxyd werden dadurch alsbald entfärbt, nicht aber Berlinerblau. Die Aufbewahrung solcher gefärbten Pflanzenpräparate geschieht am besten so, dass man sie vorsichtig trocknet, das geti'ocknete Object dann mit Alkohol behandelt, um die Luft zu entfernen, und es endlich in Canadabalsam aufhebt. Organische Häute oder Fasern besitzen nicht selten einen so hohen 329 Grad von Durchsichtigkeit, dass sie, wenn sie zugleich farblos sind, im Gesichtsfelde des Mikroskops sich gar nicht oder doch kaum zu erkennen geben. Wenn namentlich ihr Brechungsvermögen jenem der umge- benden Flüssigkeit ziemlich gleichkommt, so geht auch die Sichtbarkeit der Ränder oder etwaiger Falten an den Membranen verloren, weil die 424 Sichtharma(;hung durch Farbstoffe. Lichtstrahlen zu schwach von ihrer Bahn abgelenkt werden. In einem solchen Falle kann man aber die Sichtbarkeit erhöhen, wenn man fär- bende Mittel benutzt. Am vortheilhaftesten bewährt sich hier Jod- tinctur, wodurch alle organischen Membranen, namentlich die eiweiss- haltigen, sich braungelb färben. Schultz hat schon vor vielen Jahren dargethan, dass die durch Wasserzusatz ganz durchsichtig gewordenen Blutkörperchen durch Zufügung von Jodtinctur wiederum sichtbar wer- den. Auch ganz feine Cilien werden dadurcli recht deutlich. Nicht so stark färbend wirkt die Chrom säure. Wird sie aber in einem nicht zu sehr verdünnten Zustande angewendet, so bewährt sie sich auch oftmals recht gut bei thierischen Substanzen; sie wirkt nicht blos färbend auf diese ein , sondei'n macht auch deren Ränder dunkler durch Zunahme des Brechungsindex. Es giebt noch andere färbende Mittel für besondere Fälle, Unter- sucht man Knochen - und Zahnschliffe, so ist es zweckmässig, wenn man diese zuerst ein paar Stunden in einer Solution von Blutlaugensalz lie- gen lässt, hierauf mit Wasser gut abspült und dann mit einer Eisenoxyd- salzlösung befeuchtet. So tritt natürlich die blaue Farbe am intensivsten an den Punkten hervor, wo die zuerst genannte Flüssigkeit am stärksten eingedrungen ist, in den geöffneten Knochenzellen und an den Rändern der concentrischen Knochenlamellen. Man kann ferner bei vielen kleinen Wasserthierchen , bei den Rä- derthieren und Infusorien, durch Farbstoffe, die aber dann aus kleinen Molekeln bestehen müssen, die Wege nachweisen, welche von den Er- nährungsmaterien durchlaufen werden. Gewöhnliche Wasserfarben, na- mentlich Karmin, Indigo oder chinesische Tinte, mit dem Wasser abge- rieben, worin sich die Thierchen befinden, sind hierzu am meisten ge- eignet. Ferner ist noch die Methode von Gerlach zn erwähnen, durch eine ammoniakalische Karminsolution tliierische Gewebe zu färben. Die In- tercellularsubstanz nämlich wird dadurch wenig oder gar nicht gefärbt, die Zellen aber nehmen den Farbstoff auf, und am stärksten färben sich die Kerne und alle denselben entsprechenden Gebilde. Am deutlichsten sieht man dies an dünnen Knorpelschnitten. Besonders aber scheint die- ses Mittel geeignet, den Bau der Centralthejle des Nervensystems auf- zuhellen, da sich die Ganglienzellen und deren Ausläufer dadurch färben, deren Verlauf man also dadurch am besten wird kennen lernen. Aber auch zur Aufhellung der Structur der peripherischen Nervenenden kann es sich nützlich bewähren. Ger lach (Mikroskopische Studien aus dem Gebiete der mensch- lichen Morphologie. Erlangen 1858, S. 3) empfiehlt eine sehr verdünnte Auflösung, nämlich auf 1 Unze Wasser 2 bis 3 Tropfen der concentrir- ten ammoniakalischen Karminsolution; darin soll man die Durchschnitte 2 bis 3 Tage liegen lassen. Man kann auch die unverdünnte Solution nehmen, nur lässt man dann die zu färbenden Gewebe blos einige Secun- Abdrücke der Oberfläche. 425 den darin und spült sie dann mit Wasser ab. Uebrigens muss ich noch anführen , dass bei etwas längerer Einwirkung auch die Wandungen der Gefässe, und zwar der Stämme sowohl als der Capillaren , dadurch eine rothe Färbung bekommen, worauf man zu achten hat, um Verwechselung zu 'vermeiden *). Schliesslich habe ich noch ein Verfahren von ganz anderer Art zu ooO erwähnen, das aucli dazu beitragen kann, in zweifelhaften Fällen die Textur mikroskopischer Objecte aufzuklären. Man sucht nämlich Ab- drücke der Oberflächen zu bekommen. Wenham (Quart. Journ. 1855. XI, p. 244) benutzte die Galvanotypie, um sich Abdrücke von Diatomeen zu verschaffen. Die dem Kupferhäutchen noch anhängenden Kieselschalen wurden dadurch entfernt, dass man mit einer starken Aetz- kalisolution kochte. Als er dann die im Kupfer entstandenen Abdrücke bei auffallendem Lichte betrachtete , Hessen sich die feinen Streifen der Diatomeenschalen erkennen. Einen gleichartigen, wenn auch in gewisser Beziehung gerade um- gekehrten Weg hatte schon früher Gorham (Quart. Journ. 1853. II, p. 84) eingeschlagen, indem er durchsichtige Abdrücke von an sich un- durchsichtigen Objecten nahm. Er gebraucht dazu Collodium , welches mit rothem Sandelholze schwach gefärbt ist: mit einem Pinsel streicht er dasselbe vier bis fünf Mal auf das Object, Ist die dünne Collodium- schicht durch Verdampfen des Aethers trocken geworden, dann lässt sich dieselbe leicht von der Oberfläche abnehmen und man kann sie nun wie ein gewöhnliches Object bei durchfallendem Lichte betrachten. Hat man Mineralien, Schalen, Polypenstöcke, die Oberhaut von Pflanzen oder Gliederthieren, die Hornhaut von Gliederthieren u. s. w. zu untersuchen, dann kann dieses Hülfsmittel allerdings gute Dienste leisten. *) Um Anderen eine nutzlose Mühe zu ersparen, bemerke ich hier sogleich, dass ich vergebhch eine blaue Färbung der GangUenzellen erstrebt habe, ebensowohl diu-ch eine Solution von BerUnerblau in Oxalsäure, als durch die successive Ein- wirkung von Blutlaugensalz und schwefelsaurem Eisenoxyd, Vierter Abschnitt. Die physikalischen und chemischen Hülfsmittel zur Bestimmung mikroskopischer Objecte. 331 Zweierlei Mittel lühren in der Naturwissenschaft zum Auffinden der Wahrheit, die Beobachtung und der Versuch. Bei der Erforschung der mikroskopischen Objecte müssen diese beiden Hülfsmittel ebenfalls ihre entsprechende Anwendung finden. Es genügt nicht, die Objecte im ge- wöhnlichen Zustande zu untersuchen, worin sie dem beobachtenden Auge sich darbieten; sie müssen auch absichtlich der Einwirkung verschiede- ner physikalischer und chemischer Kräfte unterworfen werden, und die hierdurch erzeugten A'eränderungen muss man mit bewaffnetem Auge untersuchen, d. h. mit anderen Worten: der Objecttisch des Mikroskops -muss ein Laboratorium im Kleinen sein, und die darauf befindlichen Ob- jecte sollen solchen physikalischen und chemischen Agentien ausgesetzt werden, von denen man mit einiger Wahrscheinlichkeit erwarten darf, sie werden die Natur des Körpers in physikalischer oder chemischer Hinsicht näher aufklären. Wenn daher im vorigen Abschnitte hauptsächlich die Mittel unter- sucht wurden, wodurch der Mikroskopiker in den Stand gesetzt wird, die morphologische Seite der Objecte Tsennen zu lernen, so haben wir uns jetzt mit jenen zu beschäftigen, wodurch hauptsächlich die den Objecten innewohnenden Kräfte zur Wahrnehmung kommen sollen. 332 L)ie allgemeine Attractionskraft wirkt unter der Form der Schwere eben so gut auf die kleinsten Staubtheilchen, die eben noch durchs Mikroskop wahrnehmbar sind, als auf die grössten Körper unserer Erdoberfläche. Bis jetzt stehen uns allerdings keine mechanischen Hülfs- mittel zu Gebote, mittelst deren wir die mikroskopischen Objecte wägen 1 Bestimmung der Schwere. 427 und ihr absolutes oder ihr specifisches Gewicht bestimmen könnten. Ist nun aber auch eine directe Wägung nicht inöglicli, so können wir doch in manchen Fällen auf einem Umwege zur Kenntnis? ihres Gewichts ge- langen. Man braucht nämlich nur Zweierlei zu kennen, den Inhalt des Körperchens und dessen specifisches Gewicht. Zur Auffindung des er- stem müssen die verschiedenen mikrometrischen Methoden in Anwendung kommen, von denen weiterhin ausführlicher die Rede sein wird. Das specifische Gewicht aber kennt man für viele Körper aus den im Grossen vorgenommenen Bestimmungen. Ein Beispiel möge zur Erläuterung dienen. Man will z. B. wissen, wie viel eine von den kleinen Diatomeenschalen wiegt, aus denen der Polirschiefer von Bilin besteht. Diese Kieselschalen bilden kurze Cy- linder mit einem mittlem Querdurchmesser von 9,3™""" und 5"""" Höhe. Ihr mittlerer Inhalt beträgt daher 339 Cubikmikromillimeter, und auf einen Cubikcentimeter kommen 2950 Millionen Stück, Die Kieselsäure hat nach Beudant ein specifisches Gewicht = 2,6.54. Da nun ein Cu- bikcentimeter Wasser 1 Gramm wiegt, so kommen auf 2950 Millionen solcher Diatomeenschalen 2,654 Gramme, somit wiegt eine einzelne Schale 0,0000000009 Gramm oder etwa Viniooo Milligramm. Auf solche Weise lässt sich das Gewicht vieler anderer aus anorganischer Substanz beste- hender Körperchen berechnen, wenn aus ihrer Form der Inhalt gefunden werden kann, aber ebenso auch mancher organischer Körper, der Fett- kügelchen, der Blutkörperchen u. s. w. Man muss indessen zugeben, dass die Resultate solcher Berechnun- gen eher als Curiosität sich darstellen, als dass sie auf wissenschaffentli- chen Werth Anspruch machen können. Von grösserem Werthe würde es sein, wenn man die relative Menge der verschiedenen Bestandtheile, woraus ein Object bei der mikroskopischen Untersuchung zu bestehen scheint, aufzufinden im Stande wäre. Gewichtsbestimmungen sind hier jedoch ganz unmöglich, und muss man sich damit begnügen, ihren An- theil am Volumen durch Messen und Zählen an einer Anzahl verschie- dener Punkte festzustellen, wobei die Kenntniss des quadratischen Inhalts des Gesichtsfeldes sehr zu Statten kommt. Die nöthige Anweisung hierzu findet sich §. 221. P^ Zu den Kennzeichen der Objecte, die man durchs Mikroskop sieht, 333 gehört auch deren verschiedenes specifisches Gewicht. Die meisten Untersuchungen nämlich werden an Körperchen vorgenommen, die von Wasser umgeben sind oder darin schwimmen. Da nun zwischen dem Glastäfelchen, worauf das Object befindlich ist, und dem daraufliegenden Deckplättchen immer noch einiger Raum übrig bleibt, so werden alle Körperchen, welche schwerer sind als Wasser, nach einiger Zeit sinken jene dagegen, welche leichter als Wasser sind, werden nach dem Deck- plättchen aufsteigen. Schon vermöge dieser Eigenschaft kann man Fett- kügelchen und kleine Luftbläschen von einer Menge anderer Körper un- 428 Specifisches Gewicht der Körperchen. terscheiden, mit denen sie einige Aehnlichkeit haben , von kleinen Amy- lurakörnern, Pigmentniolekeln, Blutkörperchen, Präcipitatkörperchen aus kohlensaurem Kalke, kohlensaurer Bittererde, Schwefel u. s. w. Die Verschiedenheit des specifischen Gewichts zieht bei sehr klei- nen mikroskopischen Körperchen auch noch eine andere Folge nach sich, auf die ich schon früher (§. 288) mit einem Worte hingewiesen habe, dass nämlich ihre Molekularbewegung um so früher aufhört, je grösser dieses specifische Gewicht ist, und dass auch ausserdem die an der Be- wegung Theil nehmenden Körperchen um so grösser sind, je geringer ihr specifisches Gewicht ausfällt. Kleine Amylumkörner, z. B. ein Theil jener, welche im Weizenmehle vorkommen, zeigen keine Molekularbewe- gung, während doch die Butterkügelchen der Milch, worunter sich gleich grosse befinden, stai-ke Molekularbewegung haben; auch fehlt eine solche nicht den viel kleineren Amylumkörnchen in der Fovilla mancher Pollenkörnchen. Man ist mithin berechtigt, aus dem Vorhandensein der Molekularbewegung, aus derer kürzerer oder längerer Dauer, sowie aus der Grösse der daran betheiligten Körperchen auf das grössere oder geringere specifische Gewicht der Substanz , woraus die Körperchen be- stehen, einen Schluss zu ziehen. Ein solcher Schluss ist nur dann als berechtigt anzusehen, wenn keine Umstände obwalten, wodurch die Molekularbewegung auf mecha- nische Weise behindert wird, wie es namentlich bei solchen Körperchen vorkommt, die gleich vielen organischen Theilchen nicht in reinem Was- ser sich befinden , sondern von einer schleimigen Flüssigkeit umgeben sind. Die feinkörnige, aus ungemein kleinen Körperchen bestehende Masse, die einen Theil der grauen Substanz von Gehirn und Rücken- mark ausmacht, kann hier als Beispiel dienen. Wie klein auch diese Körperchen sind, man sieht sie niemals in Bewegung, so lange sie mit- ten in ihrem Gewebe liegen, trotzdem dass ihr specifisches Gewicht nur wenig über dem des Wassers stehen kann. Das Gleiche gilt auch von den ebenfalls ungemein kleinen Körper- chen, aus denen zahlreiche sogenannte flockige, organische und anorga- nische Präcipitate bestehen, welche im Augenblicke des Entstehens durch einen Theil ihrer Masse zusammenhängen, die noch eine Zeit lang mit Wasser verbunden bleibt und woraus sich erst allmälig die festen Be- standtheile abscheiden. Dabei bietet sich zugleich die Gelegenheit, die Wirkung der Molekular attracti'on durchs Mikroskop zu beobachten und wahrzunehmen, wie aus den kleineren Köi'perchen durch wechselsei- tige Anziehung und Verschmelzung allmälig grössere entstehen. 334 Um den elektrischen Strom durch die Objecte leiten zu können, die sich im Gesichtsfelde des Mikroskops befinden, kann man einen Ap- parat nehmen, der mit dem bekannten allgemeinen Auslader ganz über- einstimmt, jedoch viel kleiner ist und eine derartige Einrichtung hat, dass sich die Polenden unters Mikroskop bringen lassen. Dieser kleine Durchlfiten des elektrischen Stroms. 429 Apparat, dessen nähere Beschreibung im dritten Buche folgt, entspricht zwar dem Zwecke vollkommen; indessen verdient die folgende Einrich- tung (Fig. 152) wegen ilirer Kinfachheit und weil sie Jedermann so Fig. 152. ade h i 1> Elektrischer Apparat, leicht herstellen kann, den Vorzug. Man nimmt nämlich einen Streifen Spiegelglas ab cd von 10 bis 12 Centimeter Länge auf etwa 3 Centime- ter Breite und klebt mit Stärkekleister zwei etwas schmalere Streifen Stanniol, A und B^ so darauf, dass ein Theil des Stanniols an beiden Enden frei überragt und ein Raum von 21/2 bis 3 Centimeter dazwischen übrig bleibt. Darüber werden dann mit einer Mischung von Pech und Harz, oder mit dem früher beschriebenen Guttaperchaleim oder Seeleim wiederum zwei Glasstückchen defg und hikl befestigt und zwar in solcher Entfernung von einander, dass die Stanuiolstreifen gehörig isolirt bleiben, wenn das Ganze zwischen die federnde Klammer des Objecttisches kommt. Die Poldrähte n und p sind nicht befestigt, und bestehen aus geglühtem Kupferdrahte oder noch besser aus Platindrahte, der wie bei C gebogen ist: der Theil mr s nämlich liegt auf dem Stanniol, und ein anderer Theil mtv liegt zu jenem in einer senkrechten Ebene. Die Biegung bei m er- folgt je nach den Umständen in einem mehr oder weniger stumpfen Win- kel, und die Enden der Drähte können nach Willkür einander näher rücken oder entfernter bleiben. Mitten auf die Glastafel bei D bringt man dann das Object. Da die meisten Versuche an organischen Köi'- perchen angestellt werden, die von Wasser umgeben sind, so nimmt man dazu einen kleinen Glas- oder Guttaperchatrog (§. 297), und taucht die Drahtenden in das Wasser, womit derselbe gefüllt ist. Die frei herabhängenden Enden der Stanniolstreifen, kann man nun mit den Polen elektrischer oder galvanischer Apparate in Verbindung setzen. Zu mikroskopischen Untersuchungen, wenn man z. B. den Ein- fluss des elektrischen Stroms auf die Flimmerbewegung, auf den Blutum- lauf, auf die Rotationen in Zellen, auf die Lebensäusserungen kleiner Thierchen, auf die Muskelzusammenziehungen u. s. w. prüfen will, eignet sich jedoch am besten ein kleiner Inductions- oder Rotationsapparat, wie man sie in der Heilkunst anzuwenden pflegt. Mancherlei Vorkehrungen hat man erdacht, um mittelst des Mikro- 335 skops den Einfluss zu untersuchen, den eine erhöhte Temperatur auf die Objecte ausübt. Die beste von diesen Einrichtungen, nämlich jene 430 Erhöhte Temperatur. von Chevalier, welche weiterhin von Lawrence Smith und von Nach et verbessert wurde, wird weiter unten beschrieben werden; die- selbe passt aber nur für Polche Miki'oskope, in denen die Sti'ahlen, nach- dem sie durch das Objectivsystem gegangen sind , durch ein gläsernes Reflexionsprisma horizontal gestellt oder in eine schief aufsteigende Rich- tung gebracht werden. Eine allgemeinere Anwendung findet die Methode von Raspail, welche darin besteht, dass der zu erwärmende Körper, z. B. ein Uhrglas mit Wasser und einigen ötärkeniehlkörnern, in die OefFnung des Object- tiaches kommt, alsdann aber der Beleuchtungsapparat weggenommen und durch die Flamme einer Lampe ersetzt wird. Um zu verhüten, dass da- bei die Gläser des Objectivsystems durch die aufsteigenden Dämpfe be- schlagen , bedeckte er letzteres mit einer nach unten kugelförmig zuge- blasenen gläsernen Röhre. Zweckmässiger ist es indessen,statt derselben ein Fig. löd. in Fig. 153 dargestelltes messingenes Rohr abcd zu nehmen, das weit genug ist, um über den untersten Theil des Mikro- skoprohrs geschoben zu werden, und das von unten bei cd dvirch eine gerade Glasplatte hermetisch geschlossen ist. Dieses geschlossene Ende wird dann während der Erwär- mung in die Flüssigkeit getaucht und auf diese Weise kann man alles beobachten, was sich darunter befindet, ohne dass die aufsteigenden Dämpfe das Objectiv erreichen und das Ge- halten der Sichtsfeld verdunkeln. Flüssigkeit. Es lässt sich aber nicht in Abrede stellen, dass alle Beobachtungen, die während der Erwärmung einer Flüssigkeit angestellt werden, nur wenig Werth haben. Es ist nämlich nicht möglich, dass man die nämlichen Objecte fortwährend im Gesichtsfelde behält, und zwar wegen der stetigen Strömung, welche in Folge der Erwärmung in der Flüssigkeit entsteht. Dadurch kommen die darin enthaltenen Kör- perchen, deren durch die Wärme bewirkte Veränderungen man kennen lernen will, in eine anhaltende auf- und niedei'steigende Bewegung, und somit wird jede genauere Beobachtung unmöglich gemacht. Deshalb ist es besser, wenn man die Untersuchung nicht während der Erwärmung selbst, sondern nach deren Beendigung vornimmt, wenn die Strömungen in der Flüssigkeit aufgehört haben, und dazu ist es ganz ausreichend, wenn man die vorher erwärmten Objecte nach stattgefundener Abkühlung un- ters Mikroskop bringt. Wird dabei Sorge dafür getragen, dass die näm- lichen oder doch gleichartigen Objecte stufenweise einer immer etwas höheren Temperatur ausgesetzt werden, so ist man in den Stand gesetzt, alle Grade der Einwirkung und die damit verbundenen Veränderungen kennen zu lernen. , Ebenso kann man auch organische Körper vorher der Glühhitze aussetzen, um die Form und die Beschaffenheit der dabei zurückbleiben- den unverbrennlichen Bestandtheile kennen zu lernen. Dabei verfährt man am besten auf die Weise, dass man die zu verbrennenden Objecte i j Ermittelung: des Brechuiif{svermögons von Korpern durch* Mikro?kop. 431 zuerst mit Wasser befeuchtet, auf einem dünnen und schmalen Glasstrei- fen ausbreitet, dann aber, wenn die Flüssigkeit an der Luft verdunstet ist, das Glastäfelclien mit dem ganz getrockneten Körper in die Flamme einer Alkohollampe hält. Da übrigens das dünne Glasplättchen durch die Wärme der Flamme leicht zerspringen kann, so ist es räthlich, dasselbe vorher auf ein Stückchen Platinablecli zu legen und beide zusammen in die Flamme zu halten. Alle vegetabilischen Körper verbrennen darin mit Leichtigkeit; zur vollkommenen Verbrennung animalischer Theile bedarf es aber in der Regel einer stärkeren Wärme und dazu eignet sich am besten die Löthrohrfiamme. Soll die Asche des verbrannten Körpers späterhin einer mikrochemischen Untersuchung unterworfen werden , so ist es in der Regel besser, wenn statt eines Glastäfelchens nur ein Stück- chen Piatinablech genommen wird, denn die Aschenbestandtheile man- cher, zumal animalischer, Substanzen schmelzen mit dem Glase zusammen und lassen sich schwer davon wegbringen. Es könnte überflüssig erscheinen, wenn hier noch ausdrücklich des 336 Lichts Erwähnung geschieht, als Hülfsmittel für die Bestimmung mikro- skopischer Objecte, da ja die ganze mikroskopische Beobachtung ledig- lich auf einer passenden Anwendung desselben beruht. Durch die Kennt- niss jener Gesetze indessen , denen die Lichtstrahlen beim Durchgange durch die brechenden Medien folgen, sind Mittel geboten, um mit Hülfe des Mikroskops das Brechungsvermögen von Substanzen zu erkennen, bei denen diese Bestimmung auf einem andern Wege nicht möglich sein würde, entweder wegen der geringen Menge der Substanz, oder weil dieselbe nur in sehr dünnen Schichten einen ausreichenden Grad von Durchsichtigkeit besitzt. Bereits vor vielen Jahren hat Brewster (Treatise on new Phüoso- phical Instruments. Edinb. 1813, p. 240) das Mikroskop zu diesem Zwecke benutzt, und zwar ein zusammengesetztes Mikroskop, dessen übjec- tivglas eine gleichseitige biconvexe Linse von nicht zu kurzer Brenn- weite ist. Dieses Objectivglas wird hermetisch in einen messingenen Ring gefasst, den man mit der Substanz anfüllt, deren Brechungsvermö- gen bestimmt werden soll. Hierauf wird die obere Oeffnung des Ringes geschlossen, indem man ihn durch ein scheibenförmiges Glastäfelchen mit parallelen Oberflächen bedeckt, so dass die eingebrachte Substanz einer planconcaven Linse entspricht, deren concave Seite auf dem biconvexen Objectivglase aufliegt. Somit ist das Objectiv jetzt eine planconvexe Doppellinse geworden, wie wenn eine Flintglaslinse und eine Kron- glaslinse zu einer achromatischen Doppellinse vereinigt werden , nur mit dem Unterschiede, dass die gewölbte Seite hier nach unten sieht und die ebene Seite nach oben. Durch diese Umwandlung des biconvexen Objectivs in ein plancon- vexes wird die Brennweite natürlich eine bedeutend grössere und damit nimmt auch die Entfernung zu, in der sich ein Object befinden muss, 432 Ennittelmio- des Brechungsvermögens von Körpern durchs Mikroskop. wenn es am deutlichsten durchs Mikroskop wahrgenommen werden soll. Je grösser aber das Brechungsvermögen jener, die planconvexe Linse bildenden Substanz ist, um so mehr wird diese Entfernung zunehmen. Damit das Auge bei den verschiedenen Beobachtungen möglichst den gleichen Accommodationszustand habe, kann man nach Brewster's Rath ein Ocular mit einem darin ausgespannten Faden benutzen; wenn dieser bei jeder Beobachtung immer ein scharf ausgedrücktes Netzhaut- bild giebt, so ist dies ein Beweis für eine gleichmässige Anstrengung des Accommodationsvermögens. Zur Berechnung des Brechungsvermögens ist die Kenntniss folgen- der Data erforderlich: 1. Radius der Oberflächen der biconvexen Linse = r; 2. Entfernung des Objects von der biconvexen Linse, bei welcher dasselbe, wenn blos Luft zwischen Linse und Glastäfelchen sich befin- det, scharf gesehen wird, ^ a; 3. Entfernung des Objects von der biconvexen Linse, wobei das- selbe scharf gesehen wird, wenn zwischen der Linse und dem Glastäfel- chen die zu untersuchende Substanz befindlich ist, = b. Nehmen wir das Brechungsvermögen dieser Substanz = n, so ist: I {f> — a)r n^=l-\ *). aö Es hat diese Brewster'sche Methode den Vorzug, dass man von jeder Substanz, welche flüssig oder doch wenigstens weich genug ist, dass sie durch Zusammenpressen die Form einer Linse annimmt, den Bre- chungsindex bestimmen kann, auch wenn die Substanz nur wenig durch- sichtig ist; die grössere Dünne der Schicht, durch welche das Licht tritt, kann die unvollkommene Durchsichtigkeit ersetzen. Mancherlei Körper, wie Wachs, Pech, Opium u. s. w., die in Masse ganz undurchsichtig sind, bekommen, wenn sie zu einer dünnen Schicht zusammengepresst werden, so viel Durchsichtigkeit, dass auf die angegebene Art ihr Brechungsver- mögen sich ermitteln lässt. Indessen ist diese Methode auch nicht von Nachtheilen frei. Er- stens belastet sie das Mikroskop mit einem eigenen Apparate, nämlich einem ausdrücklich dazu eingerichteten Objective und einer sehr genauen mikrometrischen Einrichtung, um die Entl'ernung messen zu können, in welche das Object, wenn es scharf gesehen werden soll, gebracht wer- den muss. Zweitens muss man den Radius der Oberflächen der bicon- *) Diese Formel verdanke ich meinem CoUegen van Recs. und ich habe sie der Brewster'schen substituivt, weil letztere voraussetzt, dass man den Brechungs- index der biconvexen Linse kenne; dies ist aber doch nur in dem Falle mög- lich, wenn man eine solche Linse ausdrücklich für diesen Zweck aus einem Glase schleifen lässt, dessen Brechungsindex man durch eine vorausgegangene Bestimmung kennen gelernt hat. Ermittelung des Brcchungsvermogens von Körpern durchs Mikroskop. 433 vexen Glaslinse genau kennen, und das ist bei mikroskopischen Objectiv- linsen in der That eine der schwierigsten Aufgaben. Drittens entsteht noch die Frage, von welchem Punkte soll die Entfernung des Objects gemessen werden? Brewster scheint die untere Fläche der Linse als Ausgangspunkt angenommen zu haben, aber gewiss nicht mit Recht; denn der wahre Anfangspunkt, der optische Mittelpunkt, liegt eigentlich im Innern der Doppellinse, und zwar an einer veränderlichen Stelle, je nach der Dicke und nach dem Brechungsvermögen der Substanz, woraus die planconvexe Linse besteht. Deshalb ist es nicht wohl möglich, jene Ent- fernung mit der Genauigkeit zu bestimmen, welche zu einer Berechnung erforderlich ist. Noch andere zu dem nämlichen Ziele führende Methoden wurden von Moser und späterhin von Bertin angegeben. Moser (Reperto- rium der Physik V, S. 395) befestigt ein Objectiv mit grosser Brenn- weite (er nimmt dazu jenes von einem gewöhnlichen zum Ablesen be- stimmten Mikroskope) an ein Rohr von 14 Zoll Länge oder darüber imd fügt an dessen anderes Ende das Ocular. Man findet dann den Bre- chungsindex einer durchsichtigen Lamelle mit parallelen Flächen oder auch einer Flüssigkeitsschicht durch die Formel x = r ( 1 durch X die Entfernung bezeichnet wird, bis zu welcher das Rohr ver- schoben werden muss, wenn ein Object, ohne und mit Bedeckung durch die zu prüfende Substanz, successiv mit Schärfe sichtbar sein soll, durch r die Dicke der durchsichtigen Lamelle oder Schicht, und durch n der Brechungsindex. — Bertin's Verfahren theilte Regnault am 2. April 1849 der französischen Akademie mit. Um den Brechungsindex einer Glasplatte zu bestimmen, verfährt derselbe folgendermaassen. Bei feststehendem Objective, dagegen aber beweglichem Oculare, misst er die drei Vergrösserungen G, y und g eines Mikrometers, wenn dieses zuerst auf die Glaslamelle, dann unter dieselbe gelegt wird und wenn man zuletzt die Glaslamelle wegnimmt. Man findet dann den Brechungsin- dex n nach der Formel y G — g n = -■ g G — Y Ist die Lamelle sehr dick, so ist es besser, man vergleicht sie mit einer andern, deren Brechungsindex bekannt ist, nach der Formel ^( 1 — 1\ 1 1 n) Q Y «'( 1 — 1) 1 1 \ V. w) 9' y Dieses Verfahren lässt sich auch bei Flüssigkeiten in Anwendung brin- gen. Der mögliche Fehler würde höchstens eine Einheit der Hundert- theile erreichen. Eine ausführliche Mittlieilung über dieses Verfahren ITaitiug's Mikroskop. 28 434 Ermittelung des Brechungsvermögens von Körpern durchs Mikroskop. gab Bertin (Annales de Chimie et de Physique 1849. XXVI, p. 288) spätei'hin selbst. 337 Die folgende Methode ist zwar von beschränkterer Anwendbarkeit als jene von Brewster, da sie nur für Flüssigkeiten passt. Dafür ist sie aber auch mit jedem Mikroskope ausführbar, ohne dass man noch einen besondern Apparat beizufügen braucht, und sie giebt sehr genaue Resultate, wenn mit gehöriger Sorgfalt dabei verfahren wird. Als ein Vorzug ist es auch noch zu erwähnen, dass man dabei nur ganz geringe Flüs- sigkeitsmengen braucht; ein paar Milligramme reichen schon aus, den Brechungsindex einer Flüssigkeit zu bestimmen. Es gründet sich diese Methode auf die ungleiche Grösse der Bilder, welche man von dem nämlichen, in gleicher Entfernung befindlichen Ob- jecte durch gleichgrosse Luftbläschen erhält , je nachdem diese in einer Flüssigkeit von ungleichem Brechungsvermögen vorkommen. Wie sehr die Grösse dieser Bilder differirt, ist daraus zu entnehmen, dass deren relative Grösse ist: Wasser . . . . (n = 1,336) = 1000 Schwefelsäure . . (n = 1,416) = 749 Canadabalsam . . (n := 1,504) = 582 Zur Berechnung des Brechungsindex ist nun Folgendes erforderlich: 1. In einer dünnen, durch parallele gerade Flächen begrenzten Schicht der Flüssigkeit müssen sich einige Luftbläschen befinden, die als Zerstreuungslinsen wirken und Bilder eines darunter befindlichen Ob- jects entwerfen. Zu dem Ende bringt man auf ein Glastäfelchen einen Tropfen der Flüssigkeit , in der man dann einige Luftbläschen erzeugt, indem man mit einem feinen an der Löthrohrflamme aus- gezogenen Glasröhrchen hineiubläst, oder indem man ein aufgelegtes Deckplättchen mit einer Pincette ein paar Mal aufhebt, wodurch ganz leicht Luft in die Flüssigkeit gelangt. Hierauf legt man um den Tropfen herum auf das Glastäfelchen einen kleinen Papier ring und auf diesen ein dünnes Deckplättehen. Einzelne Luftblasen verlieren dabei ihre Kugel- form und sind für den beabsichtigten Zweck unbrauchbar; man erkennt dies sogleich an dem verdrehten Aussehen der entstehenden Bilder. Immer bleiben noch genug Bläschen übrig,, unter denen scharf begrenzte Bil- derchen entstehen. Die als Objecttafel benutzte Glastafel darf nicht über 0,2 Millimeter Dicke haben ; denn eine dickere übt auf den Gang der Strahlen einen Einfluss, der bei der Berechnung nicht vernachlässigt werden dürfte. Ein gewöhnliches dünnes Deckplättchen von Glas kann dazu recht füglich genommen werden. 2. Als Object benutzt man am besten einen weissgefärbten Metall- streifen, dessen Durchmesser natürlich mit der grössten Sorgfalt bestimmt sein muss. Dieser Metallstreif kommt unter den Objecttisch und zwar parallel mit diesem auf ein passendes Gestelle zu liegen, so dass seine Mitte genau in der verlängerten optischen Axe des Mikroskops sich befindet. p]ninttelung dos Rrechunosvcnuöt^ans von Körpei-n durchs Älikroskop. 4:35 '6. Auch die Entfernung p^wischen der Oberfläche des Objects und dem Luf'tbläschen muss so genau als möglich ermittelt werden. Ich habe bei meinen Messungen eine feststehende Entfernung von 10 Millimeter eingehalten, weil mit dieser Zahl gut zu rechnen ist. Auch wird diese Entfernung nach der Einrichtung der meisten Mikroskope wohl die pas- sendste sein. Zwischen dieser Entfernung und dem Durchmesser des Objects muss ein gewisses Verhältniss obwalten. Beträgt nämlich der letztere mehr als Ys ^^^' erstern, so macht sich eine Correction des Endresultats nö- thig, weil dann die vom Objecte kommenden Randstrahleu zu schief ein- fallen, als dass die Differenz zwischen dem Einfallswinkel und dem Brechungswinkel ausser Acht gelassen werden dürfte. 4. Ist das Mikroskop so avifgestellt, dass man das Bild des Objects deutlich sieht, dann muss der Durchmesser des Luftbläschens gemessen werden, sowie die Breite des darunter sich erzeugenden Bildchens. Be- hufs dieser auf einander folgenden Messungen muss die Entfernung des Objectivs von dem Objecttische etwas verändert werden, weil die Ränder des Luftbläschens und des Bildes sich nicht in der nämlichen Ebene be- finden. Da die Richtigkeit des Resultats grösstentheils von der Genauigkeit abhängig ist, womit diese Messungen ausgeführt werden, so kann man bei deren Vornahme nicht sorgfältig genug verfahren. Ich verweise in Betreff der hierbei zu befolgenden Methoden auf den über Mikrometrie handelnden Abschnitt. Nur will ich nicht unterlassen, noch ausdrücklich anzugeben, dass diese Messungen bei auffallendem Lichte vorgenom- men werden müssen, weil man bei durchfallendem Lichte in Folge der Diffraction immer etwas zu kleine Werthe e-rhält. Das ist auch der Grund , weshalb der als Object dienende Metallstreif weiss gefärbt sein muss. Ein ferneres Erforderniss ist es , dass die Messungen des Luftbläs- chens und des Bildes unmittelbar nach einander vorgenommen werden, ebensowohl , um den möglichen Einfluss einer Temperaturänderung zu vermeiden, als auch aus dem Grunde, weil die Luft von der Mehrzahl der Flüssigkeiten, namentlich aber von den organischen, allmälig absorbirt wird, weshalb der Durchmesser der Luftbläschen nach einiger Zeit auf- fallend abgenommen hat. Deshalb darf man sich nicht mit einem ein- maligen Messen eines Luftbläschens und des dadurch erzeugten Bildes begnügen, vielmehr muss man die Messung an dem nämlichen Luftbläs- chen einige Male wiederholen und dann den Mittelwerth für die Berecli- nung zu Grimde legen. Es sei nun die Entfernung zwischen Object und Luftbläschen = a der Durchmesser des Objects = /> der Durchmesser des Bildes „ . =3 c der Durchmesser des Luftbläschens . . . . ^ d 28* 43G Ermittelung des Brechungsvermögens von Körpern durchs Mikroskop. 30 findet man den Brechungsindex n nach folgender Formel*), die ich meinem CoUegen van Rees verdanke : oder da c im Verhältniss zu b als unendlich klein gelten kann, Ist, wie oben angenommen, a ^ 100, h ^ 20, oder im Allgemeinen b = 1/5 a, dann ist Ein Paar nach dieser Methode erhaltene Werthe mögen hier eine Stelle finden, damit der Leser in den Stand gesetzt werde, über den Grad von Genauigkeit, deren dieselbe fähig ist, ein Urtheil zu fällen. Wässerige Flüssigkeit aus der vordem Augenkummer einer Kuh. Nach einer ersten Bestimmung ist n = l,349.j „ „ zweiten „ „ n ^^ 1,3457 „ „ dritten „ „ n = 1,3494 „ „ vierten „ „ n = 1,3490 „ „ fünften „ „71= l,34ü5. Im Mittel also ist w = 1,3481. Grösste Differenz der gefundenen Werthe . . 0,0039. Wahrscheinlicher Fehler des mittlem Werthes 0,0005. Glasflüssigkeit aus dem nämlichen Auge. Nach einer ersten Bestimmung ist n = 1,3412 „ „ zweiten „ ,, n = 1,3421 „ „ dritten „ „ ii = 1,3474 „ „ vierten „ „ ?i = 1,34G4 „ „ fünften „ „ n = 1,3426. Im Mittel ist also n = 1,3439. Grösste Differenz 0,0062. Wahrscheinlicher Fehler 0,0007. Flüssigkeit zwischen den hintersten Fasern der Krystall- linse des nämlichen Auges. Nach einer ersten Bestimmung ist n = 1,3876 „ „ zweiten „ „ n = 1,4000. Im Mittel ist ?i = 1,3938. *) Diese Formel kann nur unter den oben erwälinten rmstiindcn in so weif mIs richtig gelten, dass der aus mehreren Messungen abgcli'itete Werth ])is in die 7 angegebenen Verfahren verfertigte Glaströge sehr brauchbar. Um das Verdunsten der Flüssigkeit und das Hineinfallen von Staub dabei zu verhüten, werden sie mit einem Glastäfelchen von passender Grösse be- deckt. Die gebräuchlichsten Reagenticu werden am besten in .Spritzfläsch- chen aufbewahrt, wovon die gebräuchlichsten Arten im §. 300 aufgezählt worden sind. Uebrigens können auch Glasstäbchen oder feine vor dem Löthrohre ausgezogene Röhrchen zum Aufnehmen von Flüssigkeiten be- nutzt werden. 340 Die wichtigeren Reagentien, welche bei mikrochemischen Untersuchun- gen in Betracht konnnen können, sind folgende: Jodtinctur; eine Auf- lösung von Jod in Jodkalium; eine Verbindung der Solution von Jod und Jodkalium mit Ohio r zink; Salpeter sä ure, Salzsäure und Schwe- felsäure von versfhiedener Stärke; Essigsäure; Weinsteinsäure; Kieselfluorwasserstoffsäure; Ammoniak; Solutionen von Aetz- kali, von kohlensaurem Kali, von phosphorsaurem Ammoniak, von oxalsaurem Ammoniak, von saurem Oxalsäuren Kali, von pliosphorsaurem Natron, von Chlorbaryum, von Chlorcalcium, von antimonsaurem Kali, von essigsaurem Eisenoxyd, von es- sigsaurem Blei, von salpetersaurem Silber, von Kupferoxyd- ammoniak; eine alkoholische Solution von Chlorplatin; ausserdem Application der ReagcntiCTi. J30 destillirtcs Wasser, Alkohol, Schwefeläther, blaues Lack- muspapier und durch Säure rothgefärbtes Lackmuspapier. In der Regel wird das Reagens einfach zugefügt, indem man einen 341 Tropfen davon mit der Flüssigkeit auf dem Objecttäfelchen in Berührung bringt. Sollen die beiden Flüssigkeiten gemischt werden, so bedient man sich hierzu eines Glasstäbchens. Muss ein organisches Gewebe ausge- breitet oder auseinander gezerrt werden, während es sich in einer Säure oder einer alkalischen Flüssigkeit befindet, so ist es am besten, man ei'- setzt die Stahlnadeln, welche gewöhnlich dazu verwendet werden, durch Platinanadeln. Oftmals kommt es dai'auf an, daäs man das Reagens nur langsam einwirken lässt, damit man Gelegenheit hat, die dadurch, bewirkten Ver- änderungen in den verschiedenen Stadien zu beobachten. In einem sol- chen Falle legt man ein Deckplättchen auf das Object und daneben bringt man einen Tropfen jener Flüssigkeit, deren Wirkung man kennen zu ler- nen wünscht, 80 dass die letztere nur capillär angezogen wird und sich langsam mit der das Object umgebenden Flüssigkeit vermischt. Ein sol- ches Verfahren ist vorzugsweise passend, wenn der Zusatz des Reagens, wie es beim Einwirken von Essigsäure auf thierische Gewebe der Fall ist, hauptsächlich dazu dienen soll, darüber Aufklärung zu erhalten, wel- che Bestandtheile dadurch verschwinden oder zum Vorschein kommen. Entsteht beim Vermischen der beiden Flüssigkeiten ein Präcipitat, so ist dieses Verfahren unstatthaft, weil an der Grenze der Berührung ein Rand entsteht, durch welchen die weitere Mischung verliindert wird. Um in einem solchen Falle eine langsame aber stetige Vermischung herbeizuführen, kann man unter das Deckplättchen einen feinen baum- wollenen oder leinenen Faden bringen, dessen eines Ende daraus hervor- ragt. Betupft man nun dieses hervorragende Ende mit einem Tropfen der Prüfungsflüssigkeit, so dringt diese allmälig an dem Faden unter das Deckplättchen und vermischt sich dort mit der Flüssigkeit. Besser noch, wenn auch etwas umständlicher, ist das in Fig. 154 Fig. 154. Capillare Einwirkung von Reagentien. dargestellte Verfahren. AB ist ein gewöhnliches Objecttäfelchen, und auf dieses kommt ein kleineres Glastäfelchen ab cd. Auf dem Objecttäfel- chen befindet sich das Object e oder die zu untersuchende Flüssigkeit, auf dem Glastäfelchen liegt ein Tropfen /des Reagens, welches in An- 44(1 Mikrochemische Filtration; Erzeugung grösserer Krystallc. Wendung kommen soll. Ist dieses, wie es meistens der Fall zu sein pflegt, eine wässerige Solution, so fasst man nun einen mit Wasser angefeuchte- ten baumwollenen Faden mittelst einer kleinen Pincette und bringt das eine Ende in den obern , das andere Ende in den untern Tropfen , so dass die obere Flüssigkeit langsam hinüberfliesst. Damit aber die Flüs- sigkeit nicht zwischen den beiden Glasplatten aufgesaugt wird, muss die untere Fläche und es müssen die Ränder des oberen Gläschens mit Fett oder mit Wachs bestrichen werden. Diese kleine Vorrichtung kann auch zugleich dazu dienen, Flüssig- keiten, die nur in sehr geringer Quantität zu Gebote stehen, von grösse- ren darin befindlichen Körperchen durch Filtriren zu befreien. Die zu filtrirende Flüssigkeit kommt nämlich auf das obere Gläschen, und an dem nass gemaohten Faden begiebt sich der klare Theil derselben auf das untere Gläsclien. Dieses Ueberfliessen erfolgt natürlich um desto rascher, je dicker das obere Gläschen ist. Ich habe noch ein Verfahren zu erwähnen, wodurch eine langsame Vermischung der Flüssigkeiten erzielt und also auch nur eine langsame Präcipitation herbeigeführt wird, so dass sich grössere Krystalle bilden können, deren Gestalt sich mit grösserer Sicherheit bestimmen und er- kennen lässt, als bei kleinen Krystallen. Sie ist am leichtesten in An- wendung zu ziehen, wenn die zu untersuchende Substanz fest ist, in Was- ser aber sich vollständig oder theilweise löst. Die hierzu nöthige Vor- richtung ist in Fig. 155 dargestellt. In einen wagerecht stehenden läng- ^ pjg J5- ^ liehen Glastrog, der 8 bis 10 Centimeter Länge auf etwa 2 Centimeter Breite hat und auf die früher (§• 297) beschrie- bene Weise hergerichtet Einrichtung zur langsamen Vermischung von wird, bringt man WaS- Flüssigkeiten. ^^^ , SO dass CS 1 bis 2 Millimeter hoch steht. Den zu untersuchenden Körper, z. B. die Asche eines organischen Gewebes, bringt mau dann an dem einen Ende des Trogs ins Wasser, wobei man möglichst Bewegungen vermeidet; das Reagens aber kommt in die entgegengesetzte am weitesten entfernte Par- tie des kleinen Trogs. Kann man dieses Reagens, was namentlich bei den meisten Salzen möglich ist, im festen Zustande anwenden, so ist dies vorzuziehen ; ist es aber eine Flüssigkeit, so legt man an dem einen Ende des kleinen Trogs ein Glastäfelchen a auf und bewirkt die Ueberleitung der Flüssigkeit auf die bereits angegebene Art mittelst eines angefeuchte- ten Fadens. In gleicher Weise benutzt man am andern Ende ein solches Täfelchen ^, wenn die zu untersuchende Substanz sich in gelöstem Zu- stande befindet. Die beiderlei Substanzen treffen dann erst nach einiger Zeit in der Mitte des kleinen Trogs auf einander und veranlassen dort ein Präcipitat. Eine unerlässliche Forderung hierbei ist es, dass sich die Auswaschen hei mikrochemischen Untersuchungen; mikrochem. Verdunstung. 441 Flüssigkeit in vollkommener Ruhe befindet, bis das Präcipitat sich ganz abgesetzt hat; die geringste Bewegung stöit den Gang der Krystallisa- tion, und statt einiger wenigen aber grossen und regelmässigen Kry- stallc bekommt man viele kleine, die dabei oftmals unregelmässig gestal- tet sind. Gar nicht selten tritt der Fall ein, dass man das eine oder das an- 342 dere zugesetzte Reagens wiederum fortzuschaffen wünscht, indem man den betreffenden Körper mit Wasser auswäscht. Ohne den letztern vom Glastäfelchen zu entfernen, wodurch er oftmals zu sehr beschädigt wer- den könnte, gelingt dies am besten auf die Weise, dass man das Object- täfelchen, worauf er sich unter einem Deckplättchen befindet, in eine etwas geneigte Stellung bringt und dann mittelst eines Spritzfläschchens auf den nach oben gekehrten Rand des Deckplättchens tropfenweise Was- ser fallen lässt; dieses dringt unter das Deckplättchen, reisst die Flüssig- keit mit fort, lässt aber das Object zurück. Mit einiger Uebung lernt man bald den erforderlichen Neigungsgrad und die Raschheit des Durch- strömens kennen. Die Sache kann dadurch erschwert werden, dass, wenn das Object sehr dünn ist, der Raum zwischen dem Deckplättchen und der Objecttafel zu unbedeutend ist, als dass das \'\\asser dazwischen drin- gen könnte und deshalb über die Ränder des Deckplättchens oder auch über dieses selbst abfliesst. In einem solchen Falle braucht man nxir das ■ Deckplättchen etwas zu heben und einen dünnen Körper darunter zu bringen, ein Haar, ein Stückchen Glimmer oder dergleichen, worauf man dann die Ausspülung auf die angegebene Weise fortsetzt. Fängt man das abgelaufene Wasser in einem Uhrgläschen auf, so kann man dasselbe mit den nöthigen Reagentien untersuchen , um sich davon zu überzeugen, ob der Zweck des Auswaschens erreicht ist, gleich- wie man auch bei gröberen chemischen Untersuchungen das Auswasch- wasser, welches durch das Filtrum abläuft, von Zeit zu Zeit auf dessen Gehalt an der auszuwaschenden Substanz prüft. Der Mittel, um auf mikroskopische Objecto während der Beobach- 343 tung eine höhere Temperatur einwirken zu lassen, ist schon im §. 335 gedacht worden. Hier füge ich nur noch hinzu, dass das Abdampfen von Flüssigkeiten, wo es darum zu thun ist, aus der Form der auf den Objecttäf eichen zurückbleibenden Theile über die Natur der in der Solu- tion befindlich gewesenen Substanzen ein Urtheil zu gewinnen, fast immer am besten bei gewöhnlicher Temperatur vorgenommen wird, oder doch wenigstens bei einer sehr massigen Temperatur, weil die Krystallisation um so regelmässiger erfolgt, je langsamer die Verdunstung vor sich geht. In der Regel darf man aber nicht warten, bis die Verdunstung vollständig eingetreten ist, weil die Krystallisation gegen das Ende hin meistens sehr verwirrt auftritt; der geeignetste Moment, einen verdunstenden Tropfen unters Mikroskop zu bringen, ist der, wenn die Krystallbildung an den 442 Kiystallographische Untcrsuchuug. Rändern bereits begonnen hat, in der Mitte aber noch Flüssigkeit sich befindet, 344 Die krystallographische Untersuchung ist ein höchst wichtiger Theil der Mikrochemie und es kann nicht genug empfohlen werden, dass man sich darin eine genügsame Fertigkeit aneignet. Der geübte Beobachter, der sich die Krystallformen der am häufigsten in organischen Geweben und Flüssigkeiten vorkommenden Körper gut ins Gedächtniss eingeprägt hat, ist in den Stand gesetzt, in vielen Fällen mit einem einzigen Blicke durchs Mikroskop die chemische Natur mancher darin vorkommenden Bestandtheile zu erkennen. Ja nicht selten ist eine solche krystallogra- phische Untersuchung sogar das einzige Mittel, welches zu ihrer Ent- deckung führt, weil durch die übrigen in dem Gewebe oder in der Flüs- sigkeit enthaltenen Bestandtheile die kleinen Krystalle oftmals dermaassen eingehüllt werden, dass an ein Isoliren durch mechanische Mittel nicht zu denken ist. Ist nun aber auch manchmal ein einziger Blick hinreichend, die Krystallform kennen zu lernen , so verhält sich die Sache doch nicht im- mer auf diese Weise. Die Grundform, welche ein Körper beim Krystal- lisiren annimmt, kann bekanntlich zahllose Modificationen erfahren; diese gehorchen indessen bestimmten Gesetzen, deren Kenntuiss ich beim Leser voi'aussetzen muss. Es ist auch bekannt, dass man durchs Ausmessen einiger Winkel eines Krystalls dessen eigentliche Grundform bestimmen kann, und deshalb ist es von Wichtigkeit, dass man die Mittel und die Wege kennt, wie sich solche Winkelmessungen an mikroskopischen Kiy- stallen mit ausreichender Genauigkeit ausführen lassen, um weiterhin daraus die Grundform und das wahre Verhältniss der Krystallaxen ab- zuleiten. Hierzu dienen die verschiedenen Mikrogoniometer , deren genauere Beschreibung im letzten Buche vorkommt. Hier will ich nur bemerken, dass die bis jetzt bekannten in 2wei Klassen zerfallen: a. solche, wo die Winkelmessuug durch das Umdrehen eines Oculars bewirkt wird, woran sich ein Fadenkreuz und ein in Grade getheilter Kreis befindet; b. solche, wo die Kreistheilung auf den Objecttisch aufgetragen ist und dieser sich um eine Axe drehen kann, die mit der Axe des optischen Apparats zu- sammenfällt, wobei aber das Ocular ebenfalls ein Fadenkreuz hat. Bei beiderlei Einrichtung kommt die Spitze des zu messenden Winkel? in den Kreuzungspunkt der Fäden des Oculars, so dass der eine Schenkel mit einem der beiden Fäden coincidirt. Dann wird entweder das Ocular oder der Objecttisch herumgedreht, bis der andere Schenkel mit dem nämlichen Faden coincidirt, und jetzt liest man die Grösse des Winkels auf dem getheilten Kreise ab. Hierbei wird vorausgesetzt, dass die Spitze des Winkels gerade in der Axe des Instruments liegt und während der Umdrehung in dieser Axe verbleibt, wie es auch der Fall ist bei guten Instrumenten. Sonst muss man zwei Messungen des nämlichen Winkels « Krystallographischc Untersuchung. 448 an entgegengesetzten Punkten des Kreises vornehmen, und das Mittel aus diesen beiden Messungen giebt dann die wahre Grösse des Winkels. Ausser den eigentlichen Mikrogoniometern giebt es noch andere II iilfs mittel, mittelst deren man die Winkel mikroskopischer Krystalle messen kann, allerdings nicht ganz so genau, wie mit einem Goniometer, aber doch mit hinl.änglicher Genauigkeit, wenn es sich blos darum lian- delt, Krystalle, die einige Formähnlichkeit besitzen, sicher von einander zu unterscheiden. Man kann nämlich mittelst einer der früher (§. 179) beschriebe- nen Vorkehrungen, der Camera lucida, des Sömmerring'schen Spiegel- chens u. s. w., das Bild eines Krystalls auf ein Papier oder auf eine Schie- fertafel projiciren, und nun mit drei Punkten, wovon der eine im Winkel- punkte liegt, den auszumessenden Winkel darauf angeben. Man zieht hierauf mit einem Lineal die Schenkel des Winkels und kann dann des- sen Grösse mit einem Gradbogen bestimmen. Zu dem nämlichen Zwecke lässt sich auch das tragbare Sonnen- mikroskop benutzen, dessen Beschreibung in einem spätem Abschnitte kommen wird. Diese Methoden haben insofern selbst einen Vorzug vor den eigent- lichen Mikrogoniometern, als man damit auch die Neigung zweier Flächen zu messen im Stande ist, die nicht unmittelbar an einander stossen, z. B. (Fig. 156) der Flächen a und b. Man kann nämlich die Seiten auf dem Papiere vei'längern, bis sie in einem Punkte o zusammentreffen, worauf man dann die Grösse dieses Winkels auf die angegebene Weise bestimmt. In Betreff der zu messenden Winkel muss man im Auge behalten, 345 dass es, wenn man die wechselseitige Neigung der Flächen eines Kry- stalls finden will, eigentlich darauf ankommt, den Neigungswinkel der Flächen zu messen. Die Grösse dieses Neigungswinkels lässt sich auf die angegebene Weise nur dann bestimmen, wenn die Ebene, worin der Neigungswinkel gelegen ist, auf der optischen Axe des Mikroskops senk- recht steht. Man will z. B. die Winkel des in Fig. 157 dargestellten Firr. 15G. Fio-. 157. ^ Zu messende Krystalle. sechsseitigen Prismas kennen lernen. Die Winkel, welche die Flächen ö, c, b mit einander bilden, lassen sich durchaus nicht messen, so lange der Krystall sich in dieser Lage befindet, d. h. so lange ein Theil dieser Flächen selbst sichtbar ist, weil man so den ganzen Krystall in einer schiefen Lage sieht. Sobald sich hingegen der Krystall so wie in Fig. L 444 Krystallographische Untersuchung. 156 darstellt, wo die Flächen, deren Neigung man kennen zu lernen wünscht, der optischen Axe parallel sind, also nur als Linien wahrge- nommen werden, kann man die Neigung der Fläche a gegen die Fläche c und dieser gegen die Fläche h finden, indem man die Winkel d und e misät. Bevor man also zur Messung schreitet, muss man gewiss sein, dass der zu messende Neigungswinkel die geforderte Stellung hat. In vielen Fällen kommt hier die allgemeine Eigenschaft zu Hülfe, dass bei einem legelmässig gestalteten Krystalle jeder Fläche eine gegenüberliegende Fläche entspricht, welche der erstem parallel ist. Liegt nun der Kry- stall mit einer dieser Flächen auf der Objecttafel, so ist die andere, welche dem Auge des Beobachters zugekehrt ist, damit parallel, d. h. sie liegt senkrecht zur optischen Axe des Instruments. Man erkennt dies daran, dass alle Punkte dieser Fläche sich gleichzeitig deutlich darstellen, ohne dass man die Entfernung zwischen dem Objecte und dem Objective zu ändern braucht. In der Regel sind so viele Krystalle da, dass man nach Willkür die Messung nur an solchen vorzunehmen braucht, die ziemlich regelmässig gestaltet sind und eine passende Lage haben. Ausserdem kann man durch einen Druck des Deckgläschens, durch Erregen einer Strömung u. s. w. Veränderungen der Lage herbeiführen, so dass man im Stande ist, die Winkelmessungen in verschiedener Richtung vorzunehmen. Hat man einzelne Krystalle von ziemlicher Grösse, so kann man einen davon mit etwas Fett oder Wachs airf ein Objecttäfelchen kleben und dann die Winkelmessimg ganz gut bei auffallendem Lichte ausführen. Indessen ist es nicht allemal möglich, durch directe Messung den Stellungs- oder Neigungswinkel der Flächen zu bestimmen ; es kann dies nur dann geschehen, wenn die dem Auge zugekehrte Fläche senkrecht Fiir. 158. auf jenen Flächen steht, deren Neigung ge- messen werden soll. In dem Rhomboeder (Fig. 158) ist dies nicht der Fall. Alsdann muss aus dem gemessenen Winkel i>oq der Neigungswinkel der Flächen a und h durch Berechnung gefunden werden. Dies sowohl als die Berechnung des weclisclseitigen Ver- hältnisses der Axen erfolgt nach trigonome- Rhombocder. trischen Regeln*). *) In don krystallographischcn Schriften wird hierüber ausführlich gehandelt. Nur um die mikrogoniometrische Methode durch ein Paar Beispiele zu erläutern, entlehne ich Folgendes aus der vortrefflichen kleinen Schrift von Carl Schmidt: Entwurf einer allgcm. Untersuchungsmethode der Säfte u. Excrcte des thier. Org. Mitau u. Leipzig 1840. S. 23. „Ist die Form ein rhombisches Prisma mit gerade angesetzter EiidHäche (Fig. 159), so gelingt es bald, den Krvstall auf die letztere oP zu legen und die Neigung der Flächen u':m, d. h. den Winkel des Prisma der Grundform oo P Krystallogviiphischc Untersuchung. 445 Da die Kenntniss der Krystallformen bei den mikrochemischen Un- tersuchungen so ungemein wichtig ist, so gebe ich in den folgenden Blät- tern die Beschreibung und Abbildung der Krystalle von einer Anzahl von Körpern, die als solche in tliierischen oder pflanzlichen Organismen vorkommen, oder auch w^ohl durch chemische Einwirkung entstehen. Daneben habe ich auch für einzelne Fälle die Abbildung der nämlichen Substanz im amorphen Zustande beigefügt. Wer sich indessen auf solche zu messen, woraus sich das Vcrhixltniss der makro- und brachydiagonalen Axe: b : c = 1 : tancj % y oder n = tany '/g y ergicbt, wo y den spitzen Winkel der Basis oP^ d. h. Flächenneigunj^swinkel des Prisma co P bezeichnet. In gleicher Weise geschieht die Messung beim Hinzutreten des makro- und brachydiagonalen Flächenpaares ?», und w (Fig. IGO), wodurch ein verticales Prisma mit achteckiger Basis gebildet wird. Fig. 159. Fig. IGO. Fig. IGl. Fig. 1G2. 346 Fig. 1G3. Fig. 1C4. Fig. 1G.5. Fig. IGG. Verschiedene zu messende Krystalle. Bei allen vertikalen Prismen mit der geraden oder schiefen Endlliiche o P ist die Bestimmung des vollständigen Axenverhältnisses unmöglich, die Hauptaxe a hat ja jede beliebige Länge. Sie wird erst durch Zutritt horizontaler Prismen oder Pyramiden bestimmt, die indess selten ganz fehlen. _ Haben wir nun eine Combination der letzterwähnten Form oo P . co P co . CO jP CO .oP (Fig. IGO) mit einem Horizontalprisma, z. B. dem brachydiagonalen 440 Krvstiillo£!;r;iphische Untersuchung. Untersuchungen einlassen will, der lasse sich empfohlen sein, sich vorher erst mit den Erscheinungen bekannt zu machen, welche beim Uebergange der Körper aus dem flüssigen Zustande ia den festen stattfinden, nament- lich wie sie bei der Bildung von Präcipitaten auftreten, da diese vom Momente ihres Entstehens an eine Reihe von Veränderungen und Ge- staltumwandlungen erleiden, die man kennen mnss, wenn man nicht irre geführt werden will. Poo in Fig IGl, $r (man denke sich in der Figur die Kanten des Prisma oo P reclits und links durch das makrodiagonale Flächenpaar m gerade abgestumpft, wie es die Kanten vorn und hinten durch n sind), so suchen wir den Krystall auf die Fläche m zu wälzen, wo er dann wie in Fig. 1G2 (Harnsäurekrystall) erscheint. Der Winkel oben und unten ist der Neigungswinkel der Flächen g : g' des brachydiagonalen Horizontalprisma, dessen Messung durch sehr einfache Berechnung das Verhältniss der Hauptaxe a zur Makrodiagonale b ergiebt. Für 6^1 ist a = cotg Y2 ßi wenn der gemessene Winkel des Horizontalprisma z= ß. Ist gleichzeitig das makrodiagonale Horizontalprisma P 00 vorhanden, so bildet die ganze Combination ein achteckiges verticales Prisma (Fig. 1G3) mit vierflächiger pyramidaler Endzuspitzung. Um den Neigungswinkel der Flächen X : x' dieses Prisma zu messen, verfährt man , wie beim brachydiagonalen eben erwähnt, mit dem einzigen Unterschiede, dass der Krystall, statt aufs makrodia- gonale m vielmehr aufs brachy diagonale n (Fig. KJO und IGl) gewälzt wird. Man erhält dadurch das Verhältniss: a = c . cotg Va y oder c = a . tang '/a y. Es ist aber a =: cotg Vs ß oben gefunden, mithin ist c z= cotg % ß . tang % y und das vollständige Axenverhältniss =: a : b : c = cotg '/^ /S : 1 : cotg % ß . tang % y, wo y den Neigungswinkel der Flächen x : x' des makrodiagonalen Horizontal- prisma bedeutet. Gehört endlich der Krystall dem monoklinischen Systeme an, so findet sich meist das Prisma der Grundform 00 P mit dem klinodiagonalen Flächenpaar ( 00 P 00 ) und der schiefen Endfläche o P (Fig. 1 G4 Krystall von oxalsaurem Harnstoffe und Fig. 1G5 Krystall von schwefelsaurem Kalke). Man giebt ia diesem Falle erst die Lage, wie Fig. 1G4, d. h. auf der schiefen Endfläche, um den Flächenwinkel der letztern = y zu messen, und wälzt ihn dann aufs klino- diagonale Flächenpaar (Fig. 1G5), um den Neigungswinkel der schiefen Axen a zu messen. Der Neigungswinkel des Prisma der Grundform y' ergiebt sich nun aus der einfachen Relation zwischen den gegebenen Stücken z£ y imd Zl a: cotg '/ij y' = cotg Y2 7 • **'* C" Dieselbe Relation findet sich natürlich zwischen jedem geneigten Flächenpaar, es mag nun die schiefe Endfläche oder ein orthodiagonales Hemiprisma -|- P 00 irgend welcher Art sein. Nennen wir hier die Kliuodiagonale ö, die Orthodia- gonale c, so wird auch hier nur das Verhältniss dieser beiden Axen direct be- stimmt, und zwar für 6=1: b : c = 1 : tang y^ 7^ oder in dem Grundprisma 00 P für b' = l (wo b' die Axe des Prisma im klinodiagonalen Hauptschnitt bedeutet, c die Orthodiagonale bleibt) : b':c=l:tang Y. 7' = 1 : '-^^^V^- , sin n Ist ausser der schiefen Endfläche noch ein Flächenpaar, z. B. — P <^ ■, ein or- thodiagonales horizontales Hemiprisma gegeben (Fig. IGG, Krystall von oxalsau- I Forincn dor Präcipitalo. 447 Im Allgemeinen zerfallen die Pnäcipitate in amorphe und krystal- linische. Die amorphen unterscheidet man aber wieder in: a. molekulare oder solche, die nur aus sehr kleinen, nicht zusam- menhängenden Molekeln bestehen, an denen Molekularbewegung zu beob- achten ist; 0 b. flockige, die aus grösseren oder kleineren Gruppen zusammen- hängender Molekeln bestehen, an denen aber keine Molekularbewegung zu beobachten ist ; c. häutige, die aus wahren Häuten mit Falten bestehen, oftmals ganz glasartig durchsichtig sind und bisweilen eine molekulare Zusam- mensetzung haben. Diese ursprünglichen Formen erleiden in vielen Fällen Veränderun- gen insofern, als die schon vorhandenen Molekeln sich zu grösseren rund- lichen Körnern vereinigen, oder aber, wenn das Präcipitat durchscheinend häutig ist, so entstehen in demselben nun erst kleine Molekeln, während die frühere häutige Form allmälig ganz verloren geht. rem Harnstoffe), dessen Neigung gegen die Kante des Verticalprisma cc P = a' sei (d. h. der Winkel Zl 90"), so wird die Axe a bestimmt und zwar: sin (« -|- c(') sin a' und wir haben das vollständige Axenverhältniss : , sin Cti -\- «') a : b : c ^ : — — : 1 : tanq y, y. sin a' 3 .t / Ist das gegebene Flächenpaar das jenem entsprechende positive Hemiprisma -)- P 00 , dessen Neigungswinkel zl 90 " gegen die Kante des Verticalprisma Sin C CC ft"^ 00 P gleich a" sei, so wird das Axenverhältniss, da a = ^: ist, sm a" sin (c( — «") ^ , , a : 0 : c = : : 1 : tanq % y. sm a" ' '^ ' Zwischen den Neigungswinkeln a" und «' der positiven und negativen orthodia- gonalen horizontalen Hemipyramide -|- P oo und der Kante des Verticalprisma CO P besteht mithin die Relation: sin (« — «") sin (ß -\- «') sin «" sin a' oder cotg ci" = cotg «' -|- 2 cotg «. Im hexagonalen Systeme haben wir es nur mit der hemiedrischen Seite dessel- ben, dem Rhomboeder, zu thim. Das Rhomboeder ist eine besondere Form des Hendyoeders (rhombischen Prisma mit schiefer auf die Kanten gerade aufgesetz- ter Endüäche, Fig. 159), nämlich ein solches, in dem die Neigung der Endfläche o P gegen die Flächen des Verticalprisma oc P (Fig. 159) o P : «' und o P : u gleich sind der Flächenneigung des letztem selbst n : ?<', wo also o P : ii' = o P : M = ?( : u'. Bezeichnen wir diesen Neigungswinkel mit p, die ebenen drei gleichen Flächenwinkel, die das Eck o P, it', u bilden, mit (p, so finden zwischen diesen folgende Relationen statt: 1 1/ cos Y2 Q -, „ -1/ sin ',j (p 1. cos % 00 ::= r-^^-^ und 2. sin % o = ■ : , '^ sm Q ' ^ sm (p mittelst derer man aus einem gegebenen den andern leicht berechnet. Wir messen bei mikroskopischen Krystalleu immer am leichtesten den obern Winkel q) und berechnen daraus den körperlichen 5." 448 Umwandlung und Verschiedenartigkeit der Präcipitate. Auch bei den krystallinischen Präcipitaten, obwohl die Krystalle selbst eine primäre Bildung sind, treten manchmal Uebergänge ein, aus denen man leicht auf das Gegentheil schliessen könnte und die auch wirk- lich von Manchen als Beweise dafür benutzt worden sind, dass die Kry- stalle aus .amorpherwKörperchen heraus oder durch Aneinanderfügung .solcher sich entwickeln. Sehr häufig sieht man nämlicli ein amorphes Präcipitat einem kry- stallinischen vorausgelien. Die genauere Untersuchung lehrt aber, dass in allen solchen Fällen das amorphe Präcipitat erst wieder hier und da in der Flüssigkeit sich löst, und dass nun anderwärts, an hellen Stellen der Flüssigkeit, die Krystallkerne zum Vorschein kommen, die sich all- mälig vergrössern durch unmittelbaren Ansatz krystallisirbarer Substanz aus der Flüssigkeit. Somit hat das frühere amorphe Präcipitat eine Ver- änderung erfahren, die wahrscheinlich meistens in einem Gebundenwer- den des Krystallwassers besteht, bevor dasselbe wiederum als krystallini- sches Präcipitat zum Vorschein kommt. Ausserdem gehört es aber auch zu den Eigenthüralichkeiten der mi- kroskopischen Krystalle, dass ihre Flächen und Seiten sehr häufig Bie- gungen machen, so dass sie, bei nur einigermaassen unregelmässiger Gestaltung, wirklich amorphen Körnern gleichen können. Eine nähere Untersuchung zeigt aber bald, dass diese Uebereinstimmung nur eine scheinbare ist und lediglich auf Rechnung unserer unvollkommenen Beob- achtungsmittel fällt. Ich habe noch hinzuzufügen, dass die nämliche Substanz sich in sehr verschiedenen Formen präcipitiren kann, je nach den Umständen, unter denen die Präcipitation statt hat. So bildet der kohlensaure Kalk ein häutiges Präcipitat, wenn bei gewöhnlicher Temperatur eine concentrirte Lösung eines Kalksalzes mit einer ebeniälls concentrirten Lösung von kohlensaurem Kali oder Natron gemischt wird. Hingegen besteht das Präcipitat aus flockig zusammenhängenden Molekeln, sobald die Auflö- sungen verdünnt sind. Erfolgt die Mischung bei einer Temperatur über 34 0 C, dann ist das Präcipitat krystallinisch und besteht wohl grössten- theils aus Kalkspathrhoraboedern. Ist endlich die Kohlensäure im Ueber- maasse zugegen, wie in dem Falle, wo Kalksalzsolutionen mit doppelt kohlensaurem Kali oder Natron präcipitirt werden, dann besteht das Prä- cipitat zum Theil aus Arragonitkrystallen. Aus dem Gesagten erhellt so viel, dass man bei mikroskopischen Untersuchungen, wenn aus der Form des Präcipitats über dessen chemi- sche Be3chaö"enheit ein Urtheil gefällt werden soll, die Umstände im Auge behalten muss, unter denen sich dasselbe gebildet hat. Namentlich ist dies bei organisch - chemischen Untersuchungen nöthig, weil man es hier selten mit reinen Auflösungen zu thun hat, sondern fast jederzeit mit Gemengen verschiedener Substanzen, worunter leicht solche befindlich sind, die, wenn sie auch in gar keiner chemischen Beziehung zu der sich präcipitirenden Substanz stehen, doch oftmals auf deren Form von Ein- Jod. 449 fluss sind. Manche Pväcipitate, die unter gew()hnlichen Umständen amorph anf'treten, werden krystallinisch , wenn Gummi, Zucker oder thierischer Leim in jenen Sohitionen vorkommt, aus deren Vermischung sie hervor- gehen. Damit erklärt sich auch zugleich, dass häufig in thierischen und pflanzlichen Flüssigkeiten Krystalle von Substanzen angetroffen werden, die man durch chemische Einwirkungen entweder gar nicht oder unter einer andern Modification der Grundi'orm erhält. Beweise hierfür wer- den im Nachfolgenden beigebracht werden. Ich lasse jetzt eine Uebersicht jener Krystallformen folgen, welche "47 bei organisch- chemischen Untersuchungen am häufigsten auftreten, imd werde die Beschreibung durch beigefügte Abbildungen*) erläutern. In- dessen gebe ich nur die Hauptformen an, da die zahllosen Abänderungen, welche bei einer und der nämlichen Grundform durch Abstutzen der Winkel, der Kanten u. s. w. eintreten können, sich unmöglich alle dar- stellen Hessen. Wer sich in mikrochemischen Untersuchungen einige Fertigkeit zu eigen machen will, dem kann es nicht genug angerathen werden, im Voraus eine Menge Krystalle solcher Substanzen, die er be- reits kennt, durchs Mikroskop zur Anschauung zu bringen und die man- cherlei Gestalten, unter denen sie auftreten können, dem Gedächtnisse einzuprägen. 1. Jod (Fig. 167). Dasselbe kommt zwar niemals im freien Zu- stande in thierischen oder pflanzlichen Geweben oder Flüssigkeiten vor; seine Krystalle müssen aber gleichwohl hier Fig. 1G7. einen Platz finden, weil sie sich beim Ver- mischen der als Reagens häufig benutzten Jodtinctur mit Wasser bilden. Es sind kleine, ^ e^t^ *^^* undurchsichtige rhombische Tafeln, wie '^<3t^^ <>^o'^ j in ^ (Präcipitat von einer schwachen Jod- ^©"^ tinetur), die aber auch manchmal eine ellip- tische Gestalt haben, wie in B (Präcipitat j^^ durch eine concentrirte Jodtinctur), wo sie dann mit den Sporidien mehrerer Schimmel- sorten grosse Aehnlichkeit zeigen. Die Unter- scheidung von letzteren fällt indessen vorkommenden Falls nicht schwer, *) Als das holländische Original (1848) veröffentlicht wurde, gab es noch keine nur einigermaassen vollständige Sammlung von solchen Krystallabbildungen. Diesem Mangel ist seitdem durch zwei Werke abgeholfen worden, nämlich: O.Funke, Atlas der physiologischen Chemie, Leipzig 1853, Ebend. 1858, u. Robin et Verdeil, Traue de Chimie anatomique et physiologique etc. accompagnv (Tun Atlas de 45 planches gravees 3 Vol. Par. 1853. Dahin muss ich den Leser verweisen, der mehr Krystallabbildungen nachsehen will; ia beiden Wer- ken, zumal aber im letztgenannten, sind sie durch schöne Ausführung ausge- zeichnet. Einige krystallinische Substanzen werde ich aber mit aufführen, die in keinem der beiden Werke vorkommen. Hartiiig'''s Mikroskoii. 29 a 450 Würfelsalpeter; Chlornatrium; Chlorkaliuni. da die Jodkrystalle einige Zeit nach erfolgter Präcipitation durch Ver- flüchtio-nng von selbst verschwinden. 2. Salpetersaures Natron oder Würfelsalpeter (Fig. 168) krystallisirt aus einer verdunstenden wässerigen Lösung in rhomboedri- Y\„ IGg sehen Tafeln, die aber häufig unter einander verwachsen sind und den- dritische Figuren darstellen, die einigermaassen denen des Salmiaks gleichen, noch mehr aber jenen des schwefelsauren Ammoniaks. Sie unterscheiden sich aber dadurch, dass die Krystallplättchen des letzt- genannten Salzes ganz rechtwinkelig sind, während beim salpetersauren Natron Winkel von 77» und 103 <> vorhanden sind. ' Bedenklicher ist die Verwechselung mit salpetersau- rem Harnstoffe , welche dann ein- treten kann , wenn man den Harn- „ , ^, Stoff in thierischen Flüssigkeiten öalpetersaures !Natron. n ^ • i aufsucht, in denen er, wie es wohl beim Blute vorkommt, nur in sehr geringer Menge enthalten ist, wobei sich dann durch die Behandlung mit Salpetersäure aus den verschiedenen Natronsalzen des Blutes salpetersaures Natron gebildet haben kann. Die ansehnlichere Grösse des spitzen Winkels (82*') beim salpetersauren Harn- stoffe, besonders aber die grössere Löslichkeit des salpetersauren Natrons in Wasser, lassen die beiden Verbindungen von einander unterscheiden. Auch krystallisirt das salpetersaure Natron nicht in solchen dünnblätteri- gen, schichtenweise auf einander liegenden sechseckigen Tafeln, in denen der Salpetersäure Harnstoff vorzukommen pflegt, und andererseits hat der letztere nicht in gleich grossem Maasse die Neigung zu dendritischen Formen. 3. Chlornatrium (Fig. 1G9). Die häufigste Form, in welcher das Küchensalz aus schwachen Solutionen herauskrystallisirt, ist die in regelmässigen Octaedern (^), deren Flächen immer gestreift sind. An vielen sind auf verschiedene Art die Winkel fehlend (6). Auch findet man wohl zuweilen Zwillingskrystalle (a). Erfolgt die Verdunstung der Chlornatriumlösung sehr rasch, z. B. auf einer Objecttafel über der Weingeistfiamme , dann bilden sich nur wenige regelmässige Octaeder, vielmehr sind in der Regel eine mehr oder weniger grosse Anzahl derselben zu unregelmässigen Figuren ver- wachsen {B\ die manchmal auch dendritisch werden. 4. Chlorkalium (Fig. 170) lässt sich in der Krystallform nur schwierig vom Chlornatrinm unterscheiden. Wenn indessen dieses Salz aus einer Solution auf einer Objecttafel herauskrystallisirt, so kommen i Fluorkicselnatrium. 4''>1 isolirte Octaeder nur selten vor, sondern es entstehen meistens grössere krystallinische Figuren durch Verwachsung einer Anzahl einzelner Kry- Fig. Iü9. Fle. 170. Chlorkalium. Chlornatvium stalle, meistens in dendritischer Form. Ist man noch in Zweifel, so kann man diesen beseitigen , wenn man eine alkoholische Solution von Chlor- platin zusetzt. Dadurch entsteht, gleichwie mit allen Kalisalzen, ein amorphes Präcipitat. Ein solches kommt aber bei Natronsalzen nicht vor. Die mikrochemische Erkennung der beiden Klassen von Salzen er- Fig. 171. folgt aber mit noch A c-^vK B /->. grösserer Bestimmt- ./j heit beim Zusätze von Fluorkieselnatrium. Kieselfluorwasserstoff- säiire. 5. Fluorkiesel- natrium (Fig. 171). Die eigenthümlich ge- formten, zum hexago- nalen Systeme gehöri- gen Krystalle bilden sich, wenn einer Na- tronsalzsolution Kie- selfluorwasserstoflF- säure zugesetzt wird. Bei schneller Ver- mischung werden es 29* Fig. 172. 452 Bimeta-antinioiisaures Natron; Chlorammonium. sechseckige dünne Platten (A) , die aber auch oftmals sternförmig sind (B) oder farrenblattförmige Strahlen besitzen (C). Erfolgt die Mischung der beiden Flüssigkeiten auf die früher angegebene Weise nur langsam, dann besteht das Präcipitat aus sechsseitigen ziemlich langen Prismen (D). Da dieses Salz in Wasser nicht ganz unlöslich ist, so entsteht kein Prä- cipitat, wenn Kieseltluorwasserstofl'säure sehr verdünnten Solutionen von Natronsalzen, wie es die meisten organischen Flüssigkeiten sind, zugesetzt wird. Lässt man aber die Mischung auf einer Objecttafel an der Luft langsam verdunsten, dann treten sehr regelmässig geformte Krystalle auf. Die unter E dargestellten stammen z. B. aus einem Chlornatrium enthal- tenden Harne, dem Kieselfluorwasserstoffsäure zugesetzt wurde. 6. Bimeta -antimonsaures Natron (Fig. 172). Das Entstehen von Krystallen dieses Salzes, sobald einer Flüssigkeit eine Auflösung bimeta-antimonsauren Ka- lis zugesetzt wird, beweist auch die Gegenwart von Natron. Die ursprüng- liche Krystallform ist das Quadratoctaeder. Dieses kann aber auf mannigfal- tige Weise an den Kanten und Winkeln abgestutzt sein, oder es kann sich zu Prismen verlängert haben, die Zwillings-, drillingsar- tig oder auf eine noch mehr zusammengesetzte Weise sich vereinigen können. Auch kommen noch Verschiedenheiten vor je nach der Qualität des be- nutzten Natronsalzes und nach dem Concentrationsgrade der Solution. So stammen die Krystalle der Gruppe A aus einer verdünnten Solution von schwefelsaurem Natron, jene der Gruppe B aus einer mehr concen- trirten Solution des nämlichen Salzes, jene der Gruppe C aus einer Chlor- natriumsolution , und endlich jene der Gruppe D aus einer Solution von kohlensaurem Natron. Bemerkt mag noch werden, dass diese Krystalle zu jenen gehören, welche bei durchfallendem Lichte am stärksten schattirt sind, nnd zwar wegen ihres starken Lichtbrechungsvermögens. 7. Chlorammonium (Fig. 173). Dieses so häufig in thierischen Flüssigkeiten vorkommende Salz erkennt man leicht an der eigenthüm- lichen federförmigen , oftmals kreuzförmigen Krystallverästelung, wenn es auf einer Objecttafel aus einer verdunstenden schwachen Solution an- schiesst. Die Gruppe A stammt aus einer blossen wässerigen Solution, die Gruppe B aus Speichel, die Gruppe C aus Harn. Da dieses Salz etwas hygroskopisch ist, so verdunstet eine damit Bimeta-antimonsaures Natron. SchwL'lclsaiu'CR Ammoniak; j)hosphort<:iurcs Ammoniak. 453 gesciiwäiigertc fSulution oltinals nicht eher voll.ständig, als bis eine Fig. 173. schwac wissen Fie. 174. <^^JiiW^ Chloraniinuniuin he Erwärmung eintritt. Diese darf jedoch nicht über einen ge- Grad hinausgehen, weil das »Salz sonst sich verflüchtigen würde. 8. Schwefelsaures Ammo- niak (Fig. 174) giebt ebenfalls den- dritische Bildungen, wenn es auf einer Objecttafel verdunstet. Vom Chlorammonium unterscheidet man sie jedoch leicht an den zusammen- geflossenen rectangulären vierseiti- gen Plättchen, aus denen die Ver- ästelungen bestehen. Von den For- mationen des salpetersauren Natrons unterscheiden sie sich durch anders- artige Ecken und ausserdem auch noch durch die bei höherer Tempe- ratur eintretende Verflüchtigung. 9. Phosphorsaures Ammo- niak (Fig. 175 a, f. S.) giebt beim Verdunsten ebenfalls eine dendri- tische Krystallisation , die aber in der Regel viel unregelmässiger ist als vom schwefelsauren Ammoniak. Die Hauptaxen , auf denen die Schwefelsaures Ammoniak. Verästelungen stehen, verlaufen I 454 Phosphorsaures Natronammoniak; oxalsaures Ammoniak. meistens parallel (^), was beim Chlorammonium nur selten vorkommt. Die Unterscheidung vom schwefelsauren Ammonium fällt schon etwas schwerer , da manche dendritische Gestaltungen {B) mit denen dieses Salzes grosse Aehnlichkeit haben. 10. Phosphorsaures Natronammoniak (Fig. 176). Die Kry- stalle dieses Doppelsalzes, das auch im Harne vorkommt, gehören zum Fig. 17G. r,g. ... ^^ Q Phosphorsaures Ammoniak. Phosphors. Natronammoniak. monoklinischen Systeme. Die bei A abgebildeten haben sich aus einer wässerigen Solution durch langsames Verdunsten abgesetzt; B zeigt die dendritische Form der Krystallisation beim schnellen Verdunsten auf einer Objecttafel. 11. Oxalsaures Ammoniak (Fig. 177). Die Grundform der Kry- stalle dieses Salzes ist das Quadratoctaeder (a), in der es jedoch selten vor- Fic 177. Oxalsaures Ammoniak. kommt. Erfolgt die Krystallisation nur etwas langsam, so entstehen qua- dratische Prismen (Ä) mit stuftipfem, auch wohl abgeplattetem Polflächen- winkel, oder manchmal bilden sich auch dünne prismatische Platten (c), welche an jene des schwefelsauren Kalks erinnern. Schiessen die Kry- 0 o V^ Suiires weinstcinsHures Kali; doppelt oxul(>anrcs Kali; kohlensaurer Kalk. 455 gtalle etwas rascher an, so entstehen dünne, sehr spitze Nadeln (d), die bald isolirt daliegen, bald wie aus einem gemeinschaftlichen Mittelpunkte divergiren, oder sich auch wohl kreuzförmig decken. Ihre Oberfläche ist oftmals i*auh, wie angefressen. Die Löslichkeit in Wasser unterscheidet diese Krystalle leicht von denen des schwefelsauren Kalks sowohl als des Oxalsäuren Kalks, mit denen sie sonst leicht könnten verwechselt werden. 12. Saures weinsteinsaures Kali (Fig. 178). Sechsseitige Prismen, die aber durch Abstumpfen der Kanten und Ecken in mehr- Fi), wo durch einfache Verwachsung zweier Individuen ein Zwilling entstan- den ist und die durchaus den bekannten Gypskrystallen des Montmartre mit einem einspringenden und einem ausspringenden Winkel gleichen, und zweitens andere (C), die nur einspringende Winkel besitzen. Der schwefelsaure Kalk löst sich nur in sehr vielem Wasser, in etwa 460Theilen; auch in Essigsäure, Salzsäure, Salpetersäure und Ammoniak ist er nur schwer löslich, in Alkohol und Aether unlöslich. 16. Phosphorsaurer Kalk (Fig. 182 a. f. S.). Derselbe zählt zwar zu den verbreitetsten Bestandtheilen der pflanzlichen undthierischen Gewebe, namentlich der letzteren, und er kommtauch häufig in thierischen Flüssigkeiten vor ; indessen trifft man ihn nur sehr selten krystallisirt an. Wird einer Chlorcalciumsolution eine Auflösung von phosphorsaurem 182. Phosphorsaurer Kalk. 458 Phosphorsaurer Kalk; oxalsaurer Kalk. Natron oder phosphorsaurem Ammoniak zugesetzt, so entsteht ein Präci- pitatvon neutralem phosphorsau- rem Kalk; dasselbe ist ganz amorph und molekulärhäutig. Nach ein paar Stunden verschwinden diese Häute allmälig wieder und werden durch. Krystalle (^A) ersetzt, die in der stel- lenweise hell gewordenen Flüssigkeit entstehen. Diese Krystalle gehören zum monoklinischen Systeme, sie sind tafelförmig und viereckig, manchmal aber durch Abstumpfung der Kanten sechseckig. Häufig hängen sie mit den spitzen Winkeln gruppenförraig zu- sammen. Als Mittel aus fünf Messun- gen erhielt ich für die Winkel 56" 4' und 125^6', während sie C. Schmidt zu 330 25' und 1460 35' angiebt. Wegen der geringen Winkelverschiedenheit könnten sie leicht mit den Krystallen des schwefelsauren Kalks verwechselt werden. Davon unterscheiden sich aber die Krystalle des basischen phosphorsauren Kalks durch die vollkommene Unlöslichkeit im Wasser, während dieselben da- gegen in Essigsäure, Salzsäure und Salpetersäure sich ganz leicht lösen. Die nämlichen Mittel reichen aus , um sie von den Harnsäurekrystallen zu unterscheiden. Simon (Handb. d. angewandten med. Chemie, Thl. II, Fig. 26) bildet Krystalle von phosphorsaurem Kalke aus einem Harnsedimente ab, die zwar sehr klein und unregelmässig sind (Fig. 182, 5), aber doch zu der nämlichen Grundform, wie die oben genannten, zu gehören scheinen. Einmal fand ich in den Sputis bei einer chronischen Bronchitis Krystalle (C), die sich weder in Wasser, noch in Aether und Alkohol lösten, wohl aber in Essigsäure, in Salzsäure und Salpetersäure, mithin wahrscheinlich aus phosphorsaurem Kalke bestanden, wenn auch die Form von dem durch Präcipitation erhaltenen basischen Salze abweicht. Es waren nämlich Rhombenoctaeder mit einem Polflächenwinkel von 160, und manche waren zwillingsartig verwachsen. Wird Knochen durch Salpetersäure ausgezogen und der gelöste ba- sisch phosphor saure Kalk daraus durch Ammoniak präcipitirt, so ist das Präcipitat amorph und besteht aus durchscheinenden häutigen Lappen, die selbst nach Verlauf mehrerer Tage keine Veränderung erleiden. 17. Oxalsaurer Kalk (Fig. 183). Die Krystalle dieses Körpers kommen zuweilen in Harnsedimenten vor, sehr allgemein aber gehören sie zum Inhalte der Pflanzenzellen. Die Grundform ist ein Quadratoctae- der, und davon giebt es dreierlei Modificationen, die durch den Neigungs- winkel der Flächen am Pole sich von einander unterscheiden. Dieser Oxalsaurcr Kalk. 459 Winkel kann nämlich selir stiimpl" sein und 11t)" 04' betragen, oder er kann sehr spitz sein und 120 14' messen. AuPserdcm kommen aber auch Fie. 183. Oxalsaiirer Kalk. noch, wenngleich seltener, Octaeder dieses Salzes vor, wo der Neigungs- winkel zwischen diesen beiden Extremen liegt und 46" 28' beträgt. Die Axen dieser drei Formen verhalten sich nach C. Schmidt r= 1 : 4 : 16. Die beiden mehr abgestumpften Octaeder kommen sowohl für sich vor (C aus einem Harnsediniente, H aus den Parenchymzellen von Tradescan- tia ciliata, K aus Guano), als in Gemeinschaft mit einem vierseitigen Prisma, das gewöhnlich kurz und dick ist. Die stärker zugespitzten Oc- taeder sind immer mit einem solchen Prisma zu langen Nadeln verbun- den {D sind sogenannte Raphiden aus den Parenchymzellen von Agave americana^ E sind solche aus dem Stengel der Phytolacca decandra)^ und in der unverletzten Pflanzenzelle (D a eine Zelle vom Blattstiele der Musa paradisiaca) liegen sie bündelweise zusammen. Die Octaeder mit mittelstumpfen Winkeln (460 28') kommen selten für sich allein vor, son- dern gewöhnlich sind sie zu Krystalldrusen vereinigt, die in der Regel eine grosse Anzahl Individuen enthalten (^F aus dem Parenchym von Opuntia microdasys^ G aus jenem von Yucca aloeifolia}. Wird eine Kalksalzsolution mit einer Auflösung von oxalsaurem Ammoniak gemischt, so ist das entstehende Präcipitat immer amorph. Es besteht aus sehr kleinen, nur wenig zusammenhängenden Molekeln (-4), die sich nach einiger Zeit zu grösseren, gruppenweise vereinigten Kügel- chen (jB) sammeln, und diese erleiden dann keine fernere Veränderung. Erfolgt aber die Präcipitation durch saures oxalsaures Kali, dann ist der entstandene oxalsaure Kalk krystallinisch (J) und er besteht meistens 4G0 Oxalsaurcr Kalk; phosphorsaurc Bittererde. aus kleinen Octacdern , die zu den stumpfspitzigen gehören. Manchmal sieht man die Verbindung mit einem Prisma, und ausserdem bilden sich auch kleine Krystalldrusen , die aus sehr kleinen verwachsenen Nadeln zu bestehen scheinen. Einzelne Octaeder erscheinen, durch Abstutzung der Winkel , als kleine achteckige Sternchen ; andere haben eine noch stärker unregelmässige Form. Vielleicht gehört hierher die von Golding Bird (On urinai'y Deposits 1844, p. 123) beschriebene und unter Z/, Fig. 183, abgebildete Sanduhrform, unter welcher die Krystalle des Oxalsäu- ren Kalks manchmal in Harnsedimenten vorkommen sollen. Auch die unter 31 abgebildeten Krystalle, die ich zugleich mit harnsaurem Ammo- niak und freier Harnsäure in einem Harnsedimente fand, gehören wahr- scheinlich zu dieser Form. Der Oxalsäure Kalk ist ganz unlöslich in Alkohol, in Aether, in Ammoniak, in Aetzkali und in Essigsäure, auch wenn diese concentrirt ist, leicht löslich dagegen in Salpetersäure und Salzsäure. Durch die letztgenannte Eigenschaft kann er vom schwefelsauren Kalk unterschieden werden, dessen Krystalle, wenn sie dünn und nadeiförmig sind, mit den Raphiden des Oxalsäuren Kalks verwechselt werden könnten. Da indes- sen der schwefelsaure Kalk in diesen Säuren nicht durchaus unlöslich ist, SO darf immer nur eine sehr geringe Menge von einer der beiden Säuren den zu untersuchenden Krystallen zugesetzt werden. An der Löslichkeit in Salz- und Salpetersäure erkennt man aber auch solche Oxalsäure Kalkkrystalle, welche, wie die unter M dargestellten, mit man- chen Formen der Harnsäure einige Aelinlichkeit haben, während die Un- löslichkeit in Essigsäure zur Unterscheidung von den Krystallen der phosphorsauren Ammoniakbittererde dient. Zur Bestimmung der Krystalle dient endlich auch noch das Ver- brennen, entweder auf einer Objecttafel, oder, wenn man eine hinreichende Menge Krystalle sammeln kann, auf einem kleinen Platinbleche. Der Oxalsäure Kalk wird dabei, gleich anderen eine organische Säure enthal- tenden Kalksalzen, in kohlensauren Kalk umgewandelt und dieser brausi mit Säuren auf. Sind die Octaeder aus einer verdunstenden Flüssigkeit entstanden, so könnten ' sie mit denen von Chlornatrium verwechselt werden. Die letzteren sind aber regelmässige Octaeder, jene dagegen vom oxalsauren Kalke sind Quadratoctaeder, was man beim Rollen eines Krystalls er- kennen kann. Beim Zusätze der geringsten Menge Wasser schwindet übrigens alsbald jede Ungewissheit. 18. Phosphorsaure Bittererde (Fig. 184). Da dieses Salz in Wasser ziemlich löslich ist, so kommt es nur selten, Avenn überhaupt im krystallisirten Zustande, in organischen Flüssigkeiten vor, wenngleich es im amorphen Zustande in die Zusammensetzung der Knochen, mancher pathologischer steiniger Concremeute , sowie auch der Samen der Gra- mineen eingeht. Doch ist es hier mit anderen Körpern verbunden, die seine Löslichkeit beschränken. Phosphorsaure Bittererde; phosphors. Ammoniakbittererde. 4G1 Wird eine concentrirte Auflösung von schwefelsaurer Magnesia mit einer solchen von phosphorsaurem Natron gemischt, so entsteht ein amor- phes häutiges Präcipitat, welches nach einiger Zeit wieder verschwindet, und an seiner Statt erscheinen tafelförmige Krystalle, meistens in stern- förmigen Gruppen. Viele von diesen Krystalltafeln sind rectangnlär, andere sind unregelmässig sechseckig. Wahrscheinlich gehören sie zum rhombischen Systeme. Einige Aehnlichkeit haben sie mit den Krystallen von phosphorsau- rem Kalke und von Harnsäure. Die Löslichkeit in Wasser gestattet aber eine leichte Unterscheidung. Wenn auch in der Grundform mit den vorhergehenden übereinstim- mend, unterscheiden sich doch im Ganzen davon die Krystalle der bi- basischen phosphorsauren Bittererde (Fig. 185), die man erhält, Fig. 184. Fig. 185. Pliosphorsaure Bittererde Bibasische phosphors. Bittererde. wenn man Solutionen von schwefelsaurer Magnesia und von bibasischem phosphorsaurem Ammoniak mit einander mischt. Die rhombischen Ta- feln dieses Salzes kommen selten für sich vor, in der Regel verwachsen sie unter einander zu zusammengesetzten Figuren, die meistens aus sym- metrisch zu beiden Seiten einer Axe befindlichen lanzettförmigen Kry^tall- plättchen bestehen, welche durch gebogene Linien begrenzt werden. 19. Phosphorsaure Ammoniakbittererde (Fig. 186), ein Salz, Fig. 18G. -' '1 ,— ^ B i Phosphorsaure Ammoniakbittererde. 402 Phosphors. Ammoniakbittererde; Harnstoff. welches sehr häufig in thierischen Substanzen, namentlich bei übermässi- ger Ammoniakbildung, vorkommt, und dessen Krystalle {A aus einem Harnsedimente) durch ihre charakteristische Form leicht zu erkennen sind. Sie zeigt zwar bei den verschiedenen Krystallen noch mancherlei Differenzen ; doch lassen sich alle auf die Grundform des rhombischen Verticalprisma zurückführen, oder auf die hemiedrische Form des drei- seitigen Prisma mit geraden oder geneigten Endflächen. Die Mehrzahl der Krystalle gehört der letztern Form an. Krystalle von gleicher Form (^B) wie jene, die im Harne, in den Fäces u. s. w. vorkommen, kann man erhalten, wenn man phosphorsaurer Magnesia Chlorammonium zusetzt. Eigenthümlich gestaltet sind die Krystalle der bibasischen phos- phorsauren Ammoniakbitter erde (Fig. 187), die in faulendem Harne meistens spontan auftreten und alsbald erscheinen, wenn gesundem p. jgy Harne im üebermaass Am- moniak zugesetzt wird. Es sind dendritische Figuren, die mehr oder weniger zu- sammengesetzt sind.Manche davon haben etwas Stern- förmiges mit vier bis sechs Strahlen von farrenblatt- artigem Aussehen. Andere bestehen aus einer Vereini- gung mehrerer Axen, von denen wieder Nebenaxen abgehen, denen kurze kry- Bibasische phosphorsaure Ammoniakbittererde. stallinische Blättchen mei- stens in schiefer Richtung aufgesetzt sind. Ganz gleiche Bildungen entstehen , wenn einer Mischung von Am- moniak und bibasischem phosphorsaurem Ammoniak ein Magnesiasalz zugesetzt wird. Charakteristisch für dieses Doppelsalz ist seine Löslichkeit in Säu- ren, selbst in Essigsäure. 20. Harnstoff (Fig. 188). Wenn der Harnstoff aus einer wässeri- gen Solution herauskrystallisirt, so bildet er ziemlich lange, selten regel- mässig begrenzte Prismen, die zum rhombischen Systeme gehören (C. Schmidt). An dem auf einem Objecttäfelchen krystallisirenden Harn- stoffe ist aber diese Form nur schwer mit Bestimmtheit zu erkennen. Charakteristisch ist die Vereinigung dieser Prismen zu platten Bündeln, denen wieder andere unter spitzem Winkel aufgesetzt sind (A und B). Oftmals liegen zwischen den einzelnen Bündeln Gruppen von kurzea prismatischen Krystallen (£). Ist die Solution stärker verdünnt, so er- folgt die Krystallisation auf einem Objecttäfelchen mit mehr Unregel- mässigkeit und es entstehen verästelte Figuren (C), die hin und wieder l Harnstoff; salpetersiiurer Harnstoß'. 4G3 Fie. 188. Fie. 189. Harnstoff. Harnstoff mit Chlornatrium. in sehr lange scharfe Spitzen aus- laufen. Dünne, isolirte Nadeln kom- men zerstreut darunter vor. Enthält die Solution des Harn- stoffs gleichzeitig Chlornatrium, so erhält man Krystalle dieses Doppel- salzes (Fig. 189), die von jenen der beiden zusammensetzenden Substan- zen sehr verschieden sind. Immer ist die Kreuzform bei denselben vor- herrschend. In der Regel sind es einzelne Kreuze mit vier rechtwinke- lig verbundenen Armen. Oftmals sind aber auch die Formen mehr zusammengesetzt. 21. Salpetersaurer Harnstoff (Fig. 190 a.f.S.). Wird eine etwas concentrirte wässerige Harnstoffsolution mit Salpetersäure gemischt, so entstehen Krystalle (Ä), die ursprünglich Rhombenoctaeder sind, meistens aber in rhombische und sechsseitige Tafeln mit spitzen Winkeln von 82» sich umgeändert haben. Einzelne Krystalle liegen isolirt da, andere sind unter einander verbunden (B) und haben manchmal dendritische Gestal- ten, an denen man aber immer noch die Ecken der rhombischen Tafeln erkennen kann; dadurch gerade unterscheiden sie sich von den dendriti- schen Krystallisationen der Ammoniaksalze. Wird eine schwächere Harnstoffsolution, z. B. Harn, mit Salpeter- säure gemischt, so dass der salpetersaure Harnstoff gelöst bleibt, der sich dann beim Verdunsten auf einem Glastäfelchen absetzt, so haben die Krystalle (C) die nämliche Form, die Tafeln sind aber dünner und mei- stens unter einander zusammenhängend. Ueber die Charaktere, wodurch man den salpetersauren Harnstoff 404 Oxalsaurer Harnstoff; Harnsäure. vom Salpetersäuren Natron unterscheiden kann , ist beim letztgenannten Salze gehandelt worden. 22. Oxalsaurer Harnstoff (Fig. 191). Die Krystalle dieses Salzes sind kürzere oder längere Prismen, die zum monoklinischen Systeme Fig. 190. A Oxalsaurer Harnstoff. Salpetersaurer Harnstoff. gehören. Die schiefen Endflächen auf beiden Seiten sind in der Regel sehr hervortretend und charakteristisch. Der Spitzenwinkel misst 96''. Wenn sich das Salz auf einem Objecttäfelchen niederschlägt, so kommen unter den grösseren prismatischen Krystallen gewöhnlich auch einige kleinere Zwillingskrystalle (a) vor, welche durch Zusammenwachsen zweier Octaeder der Grundform entstanden sind. 23. Harnsäure (Fig. 192). Die Grundform der zum rhombischen Systeme gehörigen Krystalle dieser Säure ist ein rhombisches Vertical- prisma. Dasselbe tritt aber in mehrfachen INIodificationen auf, die zum grossen Theil in den Abbildungen dargestellt sind. A sind kleine Krystalle, die auf der Objecttafel beim Zersetzen eines Sediments von harnsaurem Ammoniak durch Essigsäure entstanden. B sind ebenfalls Krystalle, die beim Zersetzen eines aus harnsaurem Ammoniak bestehenden Harnsediments durch Essigsäure entstanden, aber unter Anwendung von Wärme. C sind Harnsäurekrystalle, wie sie im natürlichen Zustande in den Excrementen der Boa constrictor vorkommen. D sind Krystalle, bei deren Bildung Salzsäure auf eine weisse, ziem- lich harte steinartige Masse einwirkte, die man hin und wieder im Boden llanisiiurf. 400 der Molukken antrifft und die ganz ans harnsaurem Ammoniak und einer geringen Menge harnsanren Natrons besteht. I ^^'>^ # Harnsäure. Die Harnsäurekrystalle sind im reinen Znstande ganz farblos. Die aus dem sogenannten Sedimentum lateritium stammenden indessen sind durch Harnfarbstoff" (^Uroerythrine) roth gefärbt, oder wenn man sie bei durchfallendem Lichte durchs Mikroskop betrachtet, erscheinen sie röth- lichgelb *). Bei der am häufigsten vorkommenden Form, den länglichen sechs-' eckigen Tafeln, misst der spitze Winkel 99^ 20', nach C. Schmidt aber 91^. Von den Krystallen anderer Substanzen, mit denen sie einige Aehn- lichkeit haben, unterscheiden sie sich leicht durch die sehr geringe Lös- lichkeit in Wasser (es sind mehr denn 1000 Theile nöthig), desgleichen in Essigsäure, Salzsäure und kalter Salpetersäure. In starker Schwefel- säure sind sie löslich und ebenso in warmer Salpetersäure , wobei sie aber eine Zersetzung erfahren. Wird die Lösung in der letztgenannten Säure auf einem Glastäfelchen abgedampft, so bleibt ein rother Fleck zurück; bringt man dann auf diesen Ammoniak, so entsteht eine lebhafte purpurrothe Färbung und nun löst sich die Substanz {Murexid) mit glei- cher Farbe leicht in Wasser. Die harnsauren Salze, wie sie in frischen Sedimenten vorkom- men , sind meistens amorph. Nach einiger Zeit jedoch erscheinen sie mehr oder weniger deutlich krystallinisch. *) Heller (Archiv f. pliys. u. pathol. Chemie u. Mikroskopie. 1844. S. IG) ge- denkt eines Falles, wo die durch Salzsäure aus dem Harne abgeschiedenen Harn- säurekrystalle bei auffallendem Lichte violettroth und bei durchfallendem Lichte schön blau erschienen, und schreibt dies der Beimischung eines cigenthümlicb veränderten Gallenfarbstoffcs zu. Harting's Mikroskop. 30 4CG Harnsaures Ammonium; harnsaures Natron; Hippursäure; Benzoesäure. 24. Harnsaures Ammonium (Fig. 193) ist zuerst amorph-mole- kulär {A). Im sauren Harne jedoch wird es, wie Ray er (^Maladies des reins. Par. 1839. PI. 2) zuerst nachgewiesen hat, allmälig in grössere Kügelchen (5) umgewandelt, die sich weiterhin noch mit Nadeln bedecken (C). 25. Harnsaures Natron (Fig. 194) ist zuerst auch amorph, bildet aber dann ebenfalls durch Vereinigung der Molekeln Kügelchen (yl), die mit den sogenannten Entzündungskugeln viele Aehnlichkeit haben, und deren Oberfläche sich weiterhin ebenso mit kleinen nadeiförmigen Krystallen bedeckt (5). Nach C. Schmidt (Säfte und Excrete u. s. w. S. 35) verschwin- den diese Kügelchen späterhin wieder, um durch kurze sechsseitige Prismen (C) ersetzt zu wer- den. Ilarnsaures Animoniiim. Fig. 194. B Harnsaures Natron. 26. Hippursäure (Fig. 195) Bilden sich die Krystalle dieser Säure auf einem Objecttäfelchen aus einer wässerigen Solution durch Verdunstung, so treten sie theils iso- lirt auf (^)i theils aber sind sie auch unter einander verwachsen (5). Die Grundform ist das Rhombenoctaeder : durch Abstumpfung der Kanten und Ecken wird dieses aber auf mannig fache Weise modificirt. Manche Kry- stalle sind tafelförmig, die meisten aber prismatisch. Diese Form haben sie auch meistens, wenn sie durch Verdunstung einer ätherischen Solu tion entstehen, in welchem Falle die Krystalle zu Gruppen prismatischer Nadeln vereinigt zu sein pflegen, die von einem gemeinschaftlichen Mittel punkte aus divergiren (C). Hippursäure. 27. Benzoesäure (Fig. 196). Wenn die in der Siedhitze gelöste Benzoesäure langsam erkaltet, so bilden die sich präcipitirenden Krystalle lange vierseitige Prismen oder dünnere Krystalltafeln (.ß), beide mil rechtwinkeligen Endflächen. Erfolgt dagegen die Erkaltung auf eineir Objecttäfelchen rasch, so bilden sich sehr dünne Krystalltai'eln (.4), an denen noch hier und da die geradlinigen Ränder vorkommen, welche den durch langsame Krystallisation entstandenen Tafeln entsprechen. Milchsaurcs Zinkoxyd ; Krcatin. 407 28. Milclisaures Zinkoxyd (Fig. 197). Die Krystalle dieses Salzes gehören zum rhombischen Systeme. Es sind Verticalprismen mit Fio-. 190. Fie. 197. Milclisaures Zinkoxyd. Bensoesänre. . geraden Endflächen oder mit gerade angesetzten Horizontalprismen, die meistentheils zu sternförmigen Gruppen vereinigt sind*). 29. Kreatin (Fig. 198). Die gewöhnlichste Form der Kreatin- krystalle ist das rechteckige Prisma, welches hin und wieder schiefe End- Fig. 198. Ar B Kreatin. flächen besitzt, und zum klino - rhombischen Systeme gehört (^ und B). Diese Prismen können auch nur in Einer Richtung vorzugsweise ent- wickelt sein, wo sie dann die Gestalt kürzerer oder längerer rechteckiger Krystalltafeln haben. Bei etwas rascherer Verdunstung entstehen auch *) Nach Engelhardt (Aniial. d. Chem. u. Pharm. Bd. 05, S. 395) kommt die Milchsäure in zwei isomeren Zuständen vor, als monobasische a Milchsäure und als bibasische /) Milchsäure. Die Salze beider unterscheiden sich ebenfalls durch verschiedene Krystallisation. Das oben genannte Salz ist das b milchsaurc Zink- oxyd; denn das a milchsaure bildet lange dünne Nadeln. 30* 4G8 Kreatinin ; Taurin ; Cystin. Fie. 199. Gruppen lanzettförmiger Krystallblättchen. mit gekrümmten Rändern nnd an beiden Enden zugespitzt (C). Erfolgt die Verdunstung noch rascher, so kommt es zu einer unregelmässigen Krystallisation (Z)), in der man aber noch die nämlichen lanzettförmigen Krystallblättchen erkennt, die meistens am Ende eines durch gebogene Linien begrenzten Streifens sitzen. 30. Kreatinin (Fig. 199). Die Krystalle gehören zum nämlichen Systeme, wie jene des Kreatins, und sie stimmen sogar so nahe damit iiberein , dass eine Unterscheidung beider nicht immer leicht ist. Die gut entwickelten Prismen (A n. B) haben aber ein charakteristisches Kennzeichen, welches den Kreatin- krystallen fehlt: sie sind mehr oder '~~^ weniger keilförmig, d. h. an dem einen Ende merklich breiter als am andern. Auch die sehr dünnen rechteckigen Krystalltafeln (C), welche darunter vorkommen und so aussehen, als wären sie aus mehre- ren neben einander liegenden zu- sammengesetzt, kommen in dieser Form nicht unter den Kreatinkry^ stallen vor. 31. Taurin (Fig. 200). Die mikroskopischen Krystalle gleichen durchaus den grösseren Krystallen, welche Gmelin (Tiedemann und Gmelin, die Verdauung nach Versuchen. Heidelberg 182fi) schon sehr genau beschrieb. Es sind gerade rhombische Prismen mit 111" 44' und C)S^ 16' Flächenneigung, die durch das Rhombenoctaeder und das makro- diagonale Horizontalprisma geschlossen werden. 32. Cystin (Fig. '201). Die Krystalle sowohl, welche die cystin- haltigen Blasensteine zusammensetzen, als jene, welche aus der kaiischen Fig. 200. Fig. 201. Kreatinin. Cvstin. Taurin. Stearin; Stcurinsliurc ; Margarin. 409 Solution des Cystins durch EssigScäurc präcipitirt werden oder bei der Verdunstung der ;nnmoni;ikalischen Solution zurückbleiben, erscheinen als dünne, regelinüssig sechseckige Täfelchen. Schon durch die Form lassen sie sich daher leicht von Harnsäurekrystallen und anderen krystal- linischen Sub.stanzen unterscheiden, die in Harnsedimenten vorkommen können; wäre man jedoch ungewiss, so erkennt man das Cystin leicht durch die Löslichkeit in Alkalien und in den mineralischen Säuren. o3. Stearin (Fig. 202). Gewöhnlich erhält man das Stearin dadurch, dass es sich aus einer ko- chenden alkoholisclien Solution oder aus einer ätheri- schen Solution auf einem Objecttäfelchen niederschlägt, und zwar dann in amorphen Klümpchen {A). Wird dagegen das Stearin im Grossen bereitet, so erhält man krystallinische Massen, die aus sehr feinen, bün- deiförmig vereinigten Nädelchen bestehen (B). 34. Stearinsäure (Fig. 203). Die Krystalle dieser Säure gehören zum rhombischen Systeme. Die Krystalle, welche man bei der Zubereitung im Grossen erhält (x4), sind ganz dünne Täfel- chen, die auf und durch einander liegen, und von denen nur wenige deutliche Ecken und Ränder besitzen. Wenn sich die Säure in einem Uhrgläschen aus einer siedenden alkoholischen Solution absetzt, so erhält man auch ganz durchsichtige längliche rhombische Tafeln mit gebogenen Rändern (5), die oft- mals zu sternförmigen Gruppen vereinigt sind. Manche davon sieht man daher nur auf ihrer schmalen Kante, und zwar schein- bar als Nadeln. Giebt man ihnen eine an- dere Stellung, so dass sie sich umkehren, dann erkennt man diesen Irrthura. 35. Margarin (Fig. 204 a. f. S.). Die bei der Bereitung im Grossen erhaltenen Krystalle (J.) des ganz reinen Margarins gehören zum monoklinischen Systeme, und haben viele Aehnlichkeit mit denen des schwefelsauren Kalkes ; nur ist der spitze Winkel etwas grösser und misst 75o. Ferner sind diese Krystalle ungemein dünn und in der Regel mehr oder weniger bündeiförmig zusammenhängend. Zwillinge kommen nicht vor. Wird Margarin in siedendem Alkohol gelöst oder wird Menschen- fett damit behandelt, so scheiden sich aus der erkaltenden Solution stern- förmige Gruppen ungemein feiner Nadeln aus (B). Giesst man in diesem Momente dem Alkohol Wasser zu, so verschwinden die feinen Nadeln und man sieht nur Gruppen rundlicher zusammenhängender Körperchen Stearinsäure. 470 - Margarinsiiure ; Cholestearin. (C) ohne krystallinische Striictur, zugleich abgeplattet, das Licht wenig brechend und deshalb ohne dunkele Contouren. Verdunstet darin die Flüssigkeit, so bleiben unregelmässige Fetttröpfclien (Z>) zurück. Kry.stallisirt das Margarin aus einer ätherischen Solution (E), dann sind die sternförmigen Gruppen der Margarinnadeln deutlicher und schär- fer begrenzt, als wenn die Ablagerung aus Alkohol erfolgte. Unter F sind die ganz damit übereinstimmenden Kry Stallgruppen abgebildet, die manchmal in den menschlichen Fettzellen vorkommen, namentlich dann, wenn dieselben eine Zeit lang in Weingeist aufbewahrt wurden. 36. Margarinsäure (Fig. 205). Die nadeiförmigen Krystalle dieser Säure sind zu klein, als dass sich ilire Form mit Sicherheit bestim- men Hesse; wahrscheinlich sind es aber rhombische Prismen. Sie sind Fig. 204. Fig. 205. A ^ D Margarin. Cholestearin. immer zu Bündeln vereinigt, und zwar dergestalt, dass meistens zwei Bündel einander kreuzen, oder dass durch ihr Zusammentreten die ganze Gruppe sanduhrförmig wird. Ä sind Krystalle, die sich bei der Bereitung im Grossen durch lang- same Ausscheidung gebildet haben. B sind Krystalle, die sich auf einem Objecttäfelchen aus einer sie- denden alkoholischen Solution absetzten. 37. Cholestearin (Fig. 206). Die Krystalle dieser Substanz ge- hören zu jenen , die sich am leichtesten erkennen lassen. Es sind dünne, oftmals sehr grosse rhombische Tafeln mit Ecken von 7'JOoO' und 100" I IP Ncurostcariii ; Proteinvcrbindungcn. ^ 471 30' (C. Schmidt). Mikrochemisch erkennt m;in d;i.s Cliolestearin an der ünlöslichkeit in Wasser, in Sänren und in Alk.ilien, so wie an der Lös- lichkeit in Alkohol und Aethcr. Dabei unterscheidet die Krystalliorni von den übrigen Fetten. 38. Nenrostearin (Fig. 207). Mit diesem Namen will ich eins von den Fetten bezeichnen, die sich aus dem mensclilichen Gehirne und Riickenmarke, wenn es einige Tage in schwa- chem Weingeiste gelegen hat, von selbst ab- setzen, und zwar in der Form weisser undurch- sichtiger rhombischer Prismen *). Von Chole- stearinkrystallen, die bekanntlich ebenfalls im Gehirn und Rückenmark gefunden werden, un- terscheiden die Winkel von 75^ und 105^, ver- bunden mit der häufigen Abstumpfung der Ecken, wodurch viele eine sechseckige Gestalt bekom- Neiirosteann. men. Auch haben sie selten die Tafelform, welche für die Cholestearinkrystalle charakteristisch ist. Es sind diese Krystalle unlöslich in Wasser, in Salpeter- und Salzsäure. Werden Ge- hirn und Rückenmark, worin das Neurostearin enthalten ist, mit Aether oder mit heissem Alkohol ausgezogen, so löst sich dasselbe, und beim Erkalten fällt es nun im amorphen Zustande nieder. In gleicher Form präcipitirt es aus einer verdunstenden ätherischen Solution. Ich wende mich jetzt zur Betrachtung der wichtigeren Substanzen, 348 die bei mikrochemischen Untersuchungen organischer Körper vorkommen, und deren Anwesenheit durch Zusatz von Reagentien entdeckt werden kann, selbst wenn sie nur in unwägbar kleiner Menge vorhanden sind. 1. Proteinverbindungen. Das Protein in seinen verschiedenen Combinationszuständen lässt sich immer durch concentrirte Salpeter- säure nachweisen: es entsteht die durch gelbe Färbung sich auszeich- nende Xanthoproteinsäure , welche Färbung durch Zusatz von Aetzkali oder Ammoniak noch dunkler wird, indem sich xartthoproteinsaure Alka- lien bilden. Die Anwendung dieses durch G. J. Mulder nachgewiese- nen Reagens verlangt aber einige Cautelen, deren hier gedacht werden muss. *) Ich habe diese Krystalle mit meinem Collegen Schroeder van der Kolk mehrfach untersucht. Sie finden sich oftmals in grosser Menge, so dass sie selbst die Untersuchung über Zusammensetzung von Rückenmark und Gehirn erschweren. Durch einen besondern Namen glaubte ich sie um so mehr unter- scheiden zu müssen, als aus den einander widersprechenden Untersuchungen von Couerbe und Fremy erhelU, dass die Kenntniss der Gehirnfettc den nöthigen Grad von Klarheit und Sicherheit noch nicht erreicht hat. Möglich, dass durch weitere Untersuchungen dargethan wird, mein Neurostearin ist identisch mit Fremy's Acide cerdbrique. Ausser diesen Krystallen und sogar in noch grösserer Menge als diese, setzen sich aus Gehirn und Rückenmark, die einige Zeit in Weingeist lagen, amorphe, gelbhch gefärbte Fcttklümpchcn ab, die viel- leicht aus dem Acide ok'aphosphorique von Fremy bestehen. 472 Protcinverbinduiigen. # Die Salpetersäure eignet .«ich besonders zum Nachweis von Protein- verbindungen , die sich im festen Zustande befinden, so z. B. um organi- sche Muskelfasern von anderen Fasern zu unterscheiden, die zu den leim- gebenden Geweben gehören, wie etwa die Bindegewebsfasern. Dabei darf man aber nicht vergessen , dass in der Ernährungsflüssigkeit immer Proteinverbindungen vorkommen und man sich nicht durch die gelbe Färbung irreführen lassen darf, welche durch Salpetefsäure in allen thiei'ischen Geweben entsteht, selbst in jenen, deren Elementartheile kein Protein enthalten. Auch ist die Xanthoproteinsäure und besonders de- ren Salze in Wasser löslich, daher sich die Farbe des einen Theils leicht dem benachbarten mittheilt. Zur Vermeidung von Irrthümern muss da- her das zu untersuchende Gewebe wiederholt mit Wasser ausgezogen und womöglich damit geknetet werden, um vorher jegliche Nutritions- flüssigkeit in der Umgebung der Elementartheile zu entfernen. Tritt dann beim Zusätze starker Salpetersäure in den isolirt daliegenden Fa- sern eine gelbe Färbung hervor, die beim Zusätze von Alkalien noch zu- nimmt, so ist man sicher, dass Protein zu den Bestandtheilen dieser Fa- sern selbst gehört. Noch schwerer lässt es sich mit Sicherheit bestimmen , ob die gelbe Färbung, welche dadurch in organischen Zellen entsteht, der Zellenmem- bran oder dem Zelleninhalte zugeschrieben werden muss , namentlich wenn die erstere sehr dünn ist, wie es in der Regel bei thiei'ischen Zel- len der Fall zu sein pflegt. Man muss dann noch zu anderen Reagentien grei- fen, die alsbald genannt werden sollen. Haben übrigens die Zellenwände eine erhebliche Dicke, wie die der verholzten Pflanzenzellen, dann erkennt man das Vorhandensein von Protein leicht auf den Durchschnitten, f Befinden sich Proteinsubstanzen im gelösten Zustande, dann ist es oftmals nicht möglich, die gelbe Färbung der entstandenen Xanthopro- teinsäui'e oder selbst ihrer Salze wahrzunehmen, weil dieselben in Wasser löslich sind, so dass die Farbe unmerklich wird, wenn die Auflösung sehr verdünnt ist. In einem solchen Falle muss daher erst das überschüssige Wasser entfernt werden, durch Verdunstung, oder aber durch Coagula- tion, wenn Eiweiss in der Lösung ist. Auch erinnere ich hier an die schon oben (§. 286) gegebene Vor- schrift, dass man nämlich bei solchen Untersuchungen keine zu starke Vergrösserung anwende, weil eine Grössenverstärkuug hier den nämli- chen Einfluss übt als eine Verdünnung durch Wasserzusatz. Ein anderes Reagens, das in vielen Fällen zur Entdeckung von Proteinverbindungen benutzt werden kann, ist die concentrirte Salz- säure; dieselbe erzeugt eine schwärzlich - violette Färbung. Nur ent- steht diese Färbung nicht auf der Stelle, gle.ich der gelben Färbung von Salpetersäure, sondern erst nach einem bald kürzeren, bald längeren Zeit- räume tritt sie auf; es muss daher der zu untersuchende Körper ein paar Stunden mit der Salzsäure in Berührung sein, am besten in einem mit einem Glastäfelchen bedeckten Glastroge oder in einem Uhrglase. Erwär- Protciavcrhindungen. 473 mung fördert die Entfärbung. Diese langsame Einwirkung ist allerdings ein Nachtheil, wodurch dieses Reagens der Salpetersäure naclisteht, an- dererseits hat aber die Salzsäure wieder den Vorzug , dass sie eine weit dunklere und deshalb auch leichter erkennbare Färbung bewirkt, und so kann sie noch Protein da nachweisen, wo Salpetersäure dies nicht mehr vermag. Die Blutkörperchen z. B. zeigen kaum eine Spur von Farben- änderung bei Zusatz von Salpetersäure, werden dagegen in Salzsäure grünlich- schwarz, indem sich die ursprüngliche gelbrothe Farbe mit der schwärzlich -violetten durch das Reagens bedingten vermischt. Ich muss indessen beifügen , dass in manchen Fällen die Protein- substanzen nur wenig durch Salzsäure gefärbt werden, man also dann zur Annahme eines geringen Proteingehaltes verführt werden könnte, wäh- rend dagegen die Reaction von Salpetersäure und Ammoniak eine viel gleichmässigere ist und immer zu der vorhandenen Proteinmenge im Ver- hältniss steht. Uebrigens gelten die nämlichen Cautelen für die Anwendung der Salzsäure, wie für die Salpetersäure, wenn man nicht durch den Protein- gehalt der Ernährungsflüssigkeit irre geleitet werden will. Es sind auch noch zwei andere Reagentien auf Proteinsubstanzen empfohlen worden. Zunächst empfahl Millon (Comptes rendus, Vol.. 28, p. 40) eine Solution von Quecksilber in der gleichen Gewichtsmenge Salpetersäure, die 41/2 Aequivalente Wasser enthält. Proteinsubstanzen, mögen sie sich im gelösten oder im festen Zustande befinden, nehmen darin eine rothe Farbe an, namentlich wenn sie auf 60*^ bis lOO^C. er- wärmt werden. Nach eigener Erfahrung kann ich das bestätigen. Ich habe aber auch beobachtet, dass die Erwärmung in den meisten Fällen ein nothwendiges Erforderniss ist. Das erschwert nun einigermaassen die Anwendung dieses Prüfungsmittels bei miki'ochemischen Untersuchun- gen, und doch scheint mir dasselbe in der Empfindlichkeit nicht über der Salpetersäure zu stehen. Ein anderes Reagens, welches von Schnitze (Annal. d. Chem. ü. Pharm. Bd. 71. S. 266) empfohlen wurde, entspricht diesen Erfordernis- sen besser. Schnitze fand nämlich, wenn er einer Proteinsvibstanz Zuckersolution und hi erauf co ncentrirte S chwefelsäur e zu- setzte, dass dann eine dunkelrothe Färbung auftrat, ganz so wie es bei der Galle der Fall ist. Er scheint aber nicht gewusst zu haben , dass Raspail {Nonveau Systeme de Chimie organique, 1833, p. 289) diese Fär- bung schon vor vielen Jahren bemerkt und zur Erkennung des Zuckers sowohl als des Eiweisses empfohlen hat. Schnitze weist auch auf die ganz gleiche Färbung von elainhaltigen Fetten und Oelen hin, sobald Eiweiss und Schwefelsäure damit zusammentreffen: allein auch dieses Factum war Raspail bereits bekannt. Aus dem Angeführten ersieht man schon, dass dieses Reagens nicht zu jenen gehört, auf die man sich mit grosser Sicherheit verlassen kann, zumal wenn man bedenkt, dass es ausser den genannten Substanzen wahrscheinlich noch andere giebt, die 474 Proteinverbindungen. durch eine so heftig wirkende JSubstanz wie die Schwefelsäure eine glei- che oder wenigstens nahekommende Farbenveränderuug erleiden. Vom Salicin z. B. weiss man das schon seit längerer Zeit. Indessen ist die- ses Reagens bei mikrochemischen Untersuchungen doch nicht ganz zu verwerfen, namentlich nicht in jenen Fällen, wo die Proteinmenge unbe- deutend ist und die schwächere Färbung der Xanthoproteinsäure deshalb nur wenig in die Augen fallen würde. Am besten verfährt man , wenn man das Object mit einem Tropfen einer ziemlich starken Zuckersolution anfeuchtet, dasselbe alsdann mit einem Deckgläschen bedeckt und einen Tropfen concentrirte Schwefelsäure an den Rand bringt, die allmälig un- ter das Deckgläschen dringt. Bekannt ist es, dass Eiweiss und die anderen im gelösten Zustande vorhandenen Proteinverbindungen mit den meisten Mineral säuren und den meisten Metallsalzen Präcipitate bilden. Alle diese Präcipitate sind amorph und wenig geeignet, zur Erkennung des Proteins bei mikroche- mischen Untersuchungen beizutragen. Deshalb übergehe ich hier die Einzelnheiten über die Wirkungsweise dieser Körper und muss den Le- ser auf die chemischen Hand- und Lehrbücher verweisen. Es sind aber noch zwei Reagentien hier zu erwähnen, nämlich die Aetzkalisolution und die concentrirte Essigsäure. In beiden lö- sen sich die Froteinverbindungen, im Gegensatz zu den Bestandtheilen der leim gebenden Gewebe, welche darin nur aufschwellen und gal- lertartig werden, während die Fasern des elastischen Gewebes kei- nerlei Veränderung dadurch erleiden. Indessen muss mau sich hüten, in einem derartigen Falle zu schnell ein Urtheil zu fällen, da die Löslichkeit der verschiedenen Proteinverbin- dungen in diesen Reagentien sehr variirt und dieselben manchmal län- gere Zeit hindurch widerstehen , namentlich der Salpetersäure. Das Aetzkali wendet man am besten in einer starken, nahezu saturii'ten Solu- tion an. Wenn das zu untersuchende Gewebe ein paar Stunden darin liegt und späterhin dann Wasser zugesetzt wird, so lösen sich alle Pro- teinsubstanzen. Auf diese Weise vermag man nicht blos die chemische Beschaffenheit der verschiedenen aus Fasern zusammengesetzten Gewebe zu erkennen, sondern man kann auch vielleicht darüber ins Klare kom- men , ob die eben genannte gelbe Färbung , welche an manchen thieri- schen Zellen durch Salpetersäure auftritt, der Zellenwand oder dem Zel- leninhalte zuzuschreiben ist. Werden nämlich die Wandungen solcher Zellen weder durch Essigsäure noch durch Kali gelöst, dann darf man annehmen, dass Protein entweder gar nicht oder nur in geringer Menge in ihre Zusammensetzung eingeht. Meistens lässt es sich nicht durch einzelne mikrochemische Prüfungs- mittel feststellen, mit welcher Proteinverbindung man es zu thun hat. Dies gilt namentlich von allen festen Proteinsubstanzen : coagulirtes Eiweiss. Faserstoff, Crusta pleuritica^ die Substanz der quergestreiften und der un- willkürlichen Muskelfasern u. s. w. lassen sich durch keinerlei bestimmte Proteinvcrbindungcn; Amylum. 475 Reactionen von einander unterscheiden, ungeachtet ilu'e chemische Zu- sammensetzung nicht eine ganz identische ist. Unter den gelösten Pro- teinsubstanzen erkennt man das Eiweiss an seiner Eigenschaft, durch Wärme zu coaguliren ; ist aber Casei'n zugegen, so erzeugt etwas Essig- säure in der enthaltenden Flüssigkeit ein Präcipitat, welches durch Zu- satz von mehr Säure sich wieder löst. Oxalsäure, Weinsteinsäure und Phosphorsäure verhalten sich aber eben so. Es steht übrigens mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten, da wir nur erst eine geringe Anzahl von Protein Verbindungen kennen, dass durch fernere Untersuchungen eine grössere Anzahl derselben bekannt werden wird, die sich durch geringe, aber deshalb nicht weniger wesentliche Modificationen der Zusammensetzung und des Verhaltens zu anderen Substanzen auszeichnen, wodurch die Unterscheidung von den übrigen ermöglicht wird. 2. Amylum. Dieser Körper kommt in einem doppelten Zustande vor, nämlich geformt und amorph. Beide lassen sich leicht erkennen durch Zusatz von Jod, welches in Alkohol gelöst ist, oder welches in einer Jodkaliumsolution einwirkt. Die letztgenannte Anweudungsweise des Jods verdient in vielen Fällen den Vorzug, da sich die alkoholische Tinc- tur nicht so leicht mit den wässerigen Flüssigkeiten mischt, worin das Amylum vorkommt, als eine Jodkaliumsolution. Die einzige Vorsicht, die man beim Gebrauche dieses Reagens zu nehmen hat, ist die, dass man, wenn die zu untersuchende Substanz alkalisch reagirt, vorher eine ver- dünnte Säure zusetzt, gleichgültig welche, weil durch die Anwesenheit freien oder kohlensauren Alkalis die Bildung von Jodamylum behindert wird. Das geformte Amylum kommt unter sehr verschiedenen Gestalten vor, je nach den Pflanzen, von denen es stammt: als unregelmässig läng- lich rundliche Körperchen mit deutlich concentrischen Schichten, die um einen excentrischen Kern gelagert sind (Amylum aus Kartoffeln), oder als bestimmte runde Körner von verschiedener Grösse und ohne concen- trische Schichten (Amylum aus Weizenmehl u. s. w.), oder auch als viel- eckige krystallartige Körperchen (Amylum der Cycadeen u. s. w.). Ein geübter Beobachter kann oft schon auf den ersten Blick die Pflanzenart erkennen, von welcher das Amylum kommt, und wer sich auf mikrosko- pische Untersuchungen legen will, der sollte sich darin die nöthige Fertig- keit erwerben, weil das Amylum zu den am häufigsten vorkommenden Elementen der Nahrungsmittel gehört und seine Körner nicht allein im Inhalte des Magens und der Gedärme, sondern zuweilen auch in den Sputa angetrofl^en werden. Formloses Amylum kommt als solches nur selten in den Pflanzen vor; es bildet sich aus dem geformten bald durch Kochen, bald durch die chemische Einwirkung von Säuren oder Alkalien. Natürlicher Weise trifft man es vielfach im Inhalte des Magens und der Gedärme, imd hier 47G Cellulose. wiederum im freien Zustande oder noch in Zellen eingeschlossen, in de- nen die Körnchen ursprünglich enthalten waren. 3. Cellulose. Sie ist der allgemeinste Bestandtheil der Pflanzen- zellenwand, kommt aber auch in manchen thierischen Geweben vor, und lässt sich leicht dadurch erkennen, dass , wenn Jod und Schwefelsäure nach einander einwirken, die Cellulose in Amyloid umgewandelt wird, welches mit Jod eine ähnliche blaue Verbindung bildet, wie Amylum. (Mulder's phys. Chemie. Braunschweig, S. 431, und Schacht, An- nal. d. Pharm. Bd. 47. S. 157.) Die Bildung dieses Amyloids ist aber wieder an gewisse Bedingungen geknüpft, die verschieden sind, je nach- dem sich die Cellulose in der Zellenwandung in einem mehr oder weni- ger gemischten Zustande befindet. Die Schwefelsäure wandelt nämlich die Cellulose nur dann in Amyloid um, wenn sie in einem bestimmten Verhältnisse durch Wasser verdünnt ist; ist die Wassermenge zu gering im Verhältniss zum Aggregationszustande, worin sich die Cellulose be- findet, so wird die letztere sogleich in Dextrin umgewandelt; ist die Schwefelsäure zu stark mit Wasser verdünnt, so tritt gar keine Verände- rung der Cellulose ein. Ausdrücklich darüber angestellte Versuche (Holland. Beiträge zu den anat. und phys. Wissenschaften!. S. 212) ha- ben mich belehrt, dass die Umwandlung in Amyloid beginnt, wenn auf 10 Theile Schwefelsäure 6 Theile Wasser kommen, und aufhöi't, wenn der nämlichen Säuremenge weniger als 2 Theile Wasser zugesetzt sind. Will man daher Untersuchungen über das Vorhandensein von Cellulose anstellen, so ist es gut, wenn man Mischungen von verschiedener Stärke, nämlich 10 Theile Säure mit 6, 5, 4, 3 und 2 Theilen Wasser in Be- reitschaft hält, die man eine nach der andern in Anwendung bringt. Bei einer solchen Prüfung auf Cellulosegehalt muss das Object zu- erst mit Jod durchtränkt werden. Am besten dient dazu die saturirte Jodtinctur; doch kann man auch eine Auflösung von Jod in Jodkalium neh- men. Dann lässt man das Object erst trocknen, ehe man die Säure auf- giesst. Hat diese nun die gehörige Stärke, so tritt bei Anwesenheit von Cellulose binnen weniger Minuten die bestimmte Farbenänderung ein: das Gewebe wird rein dunkelblau, wenn nur Cellulose oder ausserdem noch Pectose in den Zellenwänden enthalten ist; es tritt dagegen eine grünliche Färbung auf, wenn noch andere incrustirende Substanzen vor- handen sind, die für sich allein durch Jod und Schwefelsäure braun werden. Zu gleichem Zwecke kann man auch die von Schultz empfohlene Mischung benutzen, nämlich eine concentrirte Chlorzinksolution, der so- viel Jodkalium und Jod zugesetzt wird, als sich darin auflöst. Dadurch fäi'bt sich die Cellulose ebenfalls blau. Schwefelsäure wirkt jedoch si- cherer, wenngleich ihre Anwendung etwas umständlicher ist. Bei diesen Reagentien darf aber nicht vergessen werden, dass ein Nichtauftreten der blauen Färbung noch nicht als positiver Beweis gel- ten kann, dass keine Cellulose vorhanden ist. Bei sehr dünnen Zellen- CoUulose; Zucker. 477 Wandungen kann die durch Schwefelsäure oder Chlorzink bewirkte che- mische Umwandlung so rasch erfolgen, dass die Zwischenstufe des Amy- loids gar nicht wahrnehmbar ist. Sind dagegen die Zellenwände sehr stark verholzt, dann kann die Reaction ausbleiben, weil die Cellnlose durch die anderen in der Zellenwand vorhandenen Substanzen eingehüllt wird. Die letzteren müssen daher zuerst dadurch entfernt werden, dass man die Substanz ein paar Augenblicke in einer Aetzkalisolution kocht. Dadurch wird auch die Cellulose in Amyloid umgewandelt, und nach stattgefundener Auswaschung des Kalis tritt dann die blaue Färbung her- vor, wenn Jodtinctur oder wenn eine Solution von Jod in Jodkalium zu- gesetzt wird. Als ein Mittel, welches zur Erkennung der Cellulose und zur Auf- klärung mancher Besonderheiten der Pflanzenstructur beitragen kann, ist hier auch die Auflösung des Kupferoxydammoniaks zu nennen. Ed. Schweizer entdeckte, dass die Cellulose darin löslich ist, imd C. Cr am er benutzte es zuerst als mikrochemisches Reagens (Viertel- jahrsschrift d, Züricher naturf. Gesellschaft, Bd. 2 und 3. — Botan. Zei- tung 1858, Nr. 9). Nur reine Cellulose löst sich, nach vorgängiger Auf- schwelhing, ganz darin auf. Sind Cuticularschichten oder inkrustirte Schichten mit der Cellulose verbunden und nur in etwas bedeutender Menge vorhanden , so können diese die Auflösung erschweren, ja wohl ganz verhindern, so dass nur die Aufschwellung eintritt. Werden die- selben aber vorher durch chlorsaures Kali und durch Salpetersäure ent- fernt, dann löst sich die rückbleibende Cellulose auf. Amylumkörner sehwellen darin nur auf und färben sich blau ; ihre Auflösung tritt nicht ein. Inulin löst sich ganz darin auf, ohne vorher aufzuquellen. Auch der Utricuhis internus und die Kernkörperchen sind darin löslich. 4. Zucker. Vielleicht für keinen andern Körper sind so viele Reagentien als Erkennxingsmittel anempfohlen worden als für den Zucker. Ich übergehe die Gährung und den Polarisationsapparat, da beide nur bei grösseren Mengen Anwendung finden können, und rede hier nur von jenen, die sich zu mikrochemischen Untersuchungen eignen. a. Trommer hat zuerst Folgendes nachgewiesen. Wird einer Traubenzuckersolution eine Lösung von schwefelsaurem Kupferoxyd zu- gesetzt und weiterhin eine frisch bereitete Aetzkalisolution im Ueber- schuss, oder wird umgekehrt einer Flüssigkeit, welche Traubenzucker imd Aetzkali enthält, schwefelsaures Kupferoxyd so lange zugesetzt, als sich das entstehende Kupferoxydhydrat wiederum auflöst, so entsteht nach einiger Zeit oder bei Einwirkung höherer Temperatur alsbald ein Präci- pitat von rothem Kupferoxydul. Noch besser eignet sich dazu eine Lö- sung von. basisch -essigsaurem Kupferoxyd, die mit einer Solution von Weinsteinsäure oder von doppelt -weinsteinsaurem Kali gemischt ist und der dann noch Aetzkali im Ueberschuss zugesetzt wird. Dieses Präcipi- tat ist deshalb charakteristisch für Traubenzucker, weil es mit reinem Rohrzucker nicht entsteht, wenn nicht das Kochen, wie van den Broek 478 ' Zucker. (^Scheikundige onderzoelcingen gedaan in het Lahoratorhim der Utrechtsche Ä)Ogre«cÄoon 846. III, p. 491) nachwies, sehr lange fortgesetzt wird; dann aber, darf man wohl annehmen, hat eine partielle Umwandlung in Trau- benzucker stattgefunden. Will man also durch diese« Mittel auch Rohr- zucker nachweisen, wenn dieser allein vorhanden ist, wie es bei der Un- tersuchung vegetabilischer Körper und Gewebe geschehen kann, so muss der Rohrzucker vorher durch Schwefelsäure oder Salzsäure in Trauben- zucker umgewandelt werden, wobei man jedoch eingedenk sein muss, dass auch Amylum, Gummi und Cellulose die nämliche Metamorphose erleiden können, wenngleich langsamer. Bei der Harnruhr erhält man indessen durch diese Methode keine sicheren Resultate über den Zucker im Harne; denn Reich (Simon's Bei- träge zur phys. und pathol. Chemie und Mikroskopie 1843. S. 546) wie van den Broek fanden, dass in einem Harne, der keine Spur von Zu- cker enthält, eine Präcipitation des rothen Kupferoxyduls dessen unge* achtet manchmal stattfindet. b. Fettenkofer (Annal. d. Chem. u. Pharm. 1844. Bd. 52, S. 90) setzt Ochsengalle allmälig concentrirte Schwefelsäure zu, bis das zuerst entstehende Präcipitat sich wiederum gelöst hat. Bringt man diese Mischung mit einer zuckerhaltigen Flüssigkeit zusammen, gleichviel ob Traubenzucker oder Rohrzucker darin enthalten ist, oder etwa andere Körper, die, gleichAmy- lum, Gummi u. s. w., durch Schwefelsäure in Zucker umgewandelt werden, so tritt auf der Stelle eine schön violette Färbung auf. Nach Plattner (Hoefle's Chemie und Mikroskopie am Krankenbette. Erlangen, 1848. S. 361) findet diese Reaction um so sicherer statt, wenn zuerst die ziicker- haltige Flüssigkeit mit Galle gemischt und alsdann die Schwefelsäure tropfenweise zugesetzt wird. Indessen auch diese Probe giebt nicht immer vollkommen richtige Re- sultate. Zuvörderst haben van den Broek und ebenso Hoefle (1. c. S. 326 u. S. 87 Anm.) angegeben, dass in einer Mischung von Galle und Schwe- felsäure, ohne dass Zucker darin vorkommt, doch die nämliche violette Färbung wie bei Gegenwart von Zucker entstehen kann. Der einzige Unterschied ist nur der, dass dann die Färbung erst nach viel längerer Zeit auftritt, während sie bei Anwesenheit von Zucker fast auf der Stelle erscheint. Handelt es sich aber zweitens darum, im Harne Zucker auf- zufinden, so kann man sich auf diese Methode noch weniger verlassen, da van den Broek gefunden hat, dass die Harnextractivstoffe mit dem Zucker die Eigenschaft theilen, in einer Mischung von Galle und Schwe- felsäure die mehrerwähnte violette Färbimg hervorzui'ufen , wenngleich die Farbenänderung auch in diesem Falle nicht gleich rasch wie mit Zucker zum Vorschein kommt. Von selbst versteht es sich übrigens, dass dieses Prüfungsmittel bei der ITnter.suchuiig vegetabilischer Körper, wo zugleich Amylum, Gummi oder Cellulose mit im Spiele sind, ohne allen Werth ist. c. Eiue dritte Methode ist von Runge angegeben worden. Sie Zucker. • 479 gründet sich auf die Eigenschaft des Zuckers, dass derselbe, wenn er bei Vorhandensein von Schwefelsäure erwärmt wird, Humussäure bildet und somit schwarz oder dunkelbraun wird. Die nämliche Wirkung übt die Salzsäure aus, welche von Reich (Simon's Beiträge I, S. 546) zu diesem Zwecke empfohlen worden ist. Bei vegetabilischen Körpern kann diese Methode im Ganzen nicht in Betracht kommen. Bei animalischen Flüs- sigkeiten, namentlich beim Harne, ist sie zwar mit mehr Nutzen anzu- wenden und man braucht nur ein paar Tropfen davon in einem kleinen Abdampfschälchen oder einem Uhrgläschen mit einer kleinen Säurequan- tität zu erwärmen; nur kann man sich auf das Resultat nicht mit voller Gewissheit verlassen, da manchmal, auch wenn kein Zucker vorhanden ist, im Harne eine braune Färbung entsteht, wenn er mit Schwefelsäure gemischt ist und abgedampft wird (van den Broek). Ob so etwas auch bei Anwendung von Salzsäure eintritt, ist noch nicht untersucht. d. Wird eine Flüssigkeit, die Traubenzucker enthält, mit Aetzkali gekocht, so bildet sich ebenfalls Humussäure und es entsteht eine braune Färbung. Aus diesem Grunde wurde Aetzkali von Moore als Prüfungs- mittel auf Traubenzucker empfohlen. Da indessen Zucker nicht der ein- zige organische Körper ist, der damit diese Färbung erzeugt, ein nicht- zuckerhaltiger Harn z. B. bei Behandlung mit Aetzkali manchmal auch braun wird, so sind die Resultate, welche man dadurch erzielt, nichts weniger als gewiss. Es gewinnt dieses Verfahren an Sicherheit, wenn man nach Heller (Archiv f. phys. u. pathol. Chemie u. Mikroskopie, 1844, Hft. 2. S. 212) der mit Kali gekochten Flüssigkeit Salpetersäure zusetzt; entwickelt sich dadurch ein deutlicher Syrupsgeruch , so darf man das Vorhandensein von Traubenzucker annehmen. Allein nicht selten entwickeln sich aus- serdem salpetrige Säure und andere riechende Substanzen, wodurch die Erkennung dieses besondern Geruchs schwierig, wenn nicht geradezu unmöglich gemacht wird. Es könnten noch andere Methoden aufgeführt werden, z. B. die schon oben (S. 473) genannte von Raspail, wonach man Zucker in Pflanzengeweben durch die rothe Färbung entdecken kann, welche durch ein Gemisch von Eiweiss und Schwefelsäure darin entsteht, deren Unzu- verlässigkeit aber schon von Decaisneund Payen (^Comptesrenchis, 184:7^ Nr. 24, p. 909) dargethan worden ist. Ferner die von Reich (Archiv d. Pharm. 1847. Bd. 50, S. 293) zur Unterscheidung von Rohrzucker und Traubenzucker empfohlenen Methoden. Man soll nämlich mit doppelt-chrom- saurem Kali kochen, wo dann durch Rohrzucker grünes Chrom oxydpräcipitirt wird; oder man soll die zuckerhaltige, mit Aetzkali versetzte Flüssigkeit kochen und dabei salpetersaures Kobaltoxyd beimischen, wo dann die Rohrzuckerlösung einen violettblauen, die Traubenzuckerlösung einen schmutzig braunen Niederschlag bildet. Sodann die Methode von jNIau- mene {Comptes rendus^ 1850. Nr. 30. p. 314), dass man nämlich Merino- streifen mit einer Chlorzinnsolution tränkt, trocknet und dann in die 480 Zucker; Fette. zuckerhaltige Flüssigkeit tancht; diese Streifen bekoinmen nämlich eine dunkelbraune Farbe bei einer Temperatur von ISO^ bis läOoC. Endlich auch noch die Methode von Böttger (Jahresb. d. phys. Vereins zu Frankfurt, 1855 bis 1856 u. Journ. f. prakt. Chemie Bd. 70, 8. 433), wonach man die zu untersuchende Flüssigkeit in einem Probiergläschen mit dem gleichen Volumen einer Solution von 3 Gewichtstheilen Wasser und 1 Gewichtstheil krystallisirten kohlensauren Natrons versetzt, wor- auf man noch etwas Magisterium bismuihi zufügt und kocht. Zeigt sich an dem zuerst schnee weissen AVismuthnitrate nach dem Kochen nur die geringste schwarze oder graue Färbung, so deutet dies auf Vorhanden- sein von Traubenzucker. Bei Rohrzucker fehlt diese Reaction, wenn er nicht vorher durch eine Säure in Traubenziicker umgewandelt wurde. Es ist aber klar, dass mittelst der drei letztgenannten iNIethoden Zu- cker sich nicht wohl von anderen Substanzen unterscheiden lässt, die sich, wie Amylura, Inulin, Dextrin, in Zucker umwandeln können. Es sind daher diese Reactionen ebensowenig als die übrigen schon genannten dazu geeignet, bei der Untersuchung von Pflanzengeweben auf einen Zuckergehalt benutzt zu werden. In der That fehlt uns ein hierzu passendes Prüfungsmittel ganz und gar. Nur dann, wenn eine ziemliche Quantität vegetabilischer Substanz zu Gebote steht, so dass sich der darin etwa enthaltene Zucker durch Alkohol ausziehen lässt , kann man den Rohrzucker an der Krystallform erkennen , wenn man ein Tröpfchen der alkoholischen Lösung auf einem Glasplättchen anschiessen lässt: dieselbe stimmt vollkommen mit jener des Kandiszuckers. Doch ist es mir vorgekommen, als wenn der gelöste Rohrzucker dabei ziemlich rein sein müsste, da Glucose, Farbstoffen, s. w. die Krystallbildung gar sehr hindern. Aus dieser Uebersicht der verschiedenen Prüfungs mittel kleiner Zu'ckermengen ersieht man, dass keins der bis jetzt bekannten ausreichende Sicherlieit bietet und dass man diese nur erreichen k;inn, wenn der Zucker in einem unvermengten Zustande ausgeschieden und dargestellt wird. Ueber das hierbei einzuschlagende Verfahren muss ich aber den Leser auf die chemischen Handbücher verweisen. 5. Oelige und fettige Körper. Bei der mikroskopischen Un- tersuchung organischer Gewebe und Substanzen tritft man das Fett in dreierlei Formen an: a. eingeschlossen in besondere dafiir bestimmte Bläschen oder Zel- len, die je nach der grössern oder geringern Consistenz des Fettes mehr rundlich oder auch vieleckig gestaltet sind ; b. als Krystalle ; c. als tropfenförmige oder mehr nnregelmässig gestaltete Massen. Die allgemeinste Eigenschaft, an der die Fette kenntlich sind, ist die Löslichkeit in Aether. Will man diese Eigenschaft bei der mikro- chemischen Untersuchung benutzen, so muss der Körper, worin man Fett vermuthet, vorher getrocknet werden. Dies geschieht am besten auf Fette. 481 einem gewöhnlichen Deckgläschen. Hierauf legt man dasselbe in ein Uhrglas, giesst Aether darauf und bedeckt es mit einem grössern Deck- glase, um die Verdunstung zu verhüten. Hat das Fett eine bestimmte Krystallform , so kann man auch aus dieser seine Natur erkennen, worüber schon oben (S. 4G7 und 468) für die meisten Fettarten das Nöthige angegeben wurde. Die Abwesenheit des Krystallinischen ist indessen durchaus kein Beweis , dass das eine oder das andre krystallisirbare Fett gänzlich fehlt. So kommt Margarin und Stearin im amorphen Zustande vor, wenn flüssiges Elain zugegen ist. In diesem Zustande kann man aber Fette schon mit ziemlicher Sicherheit erken- nen, ohne dass man Aether anzuwenden braucht : einmal, weil die daraus bestehenden Massen und die damit gefüllten Bläschen dunkele Ränder besitzen, in Folge der starken Lichtbrechung, und zweitens, weil sie, in einer Flüssigkeit schwimmend, vermöge des geringen specifischen Gewichts immer an der Oberfläche oder wenigstens nahe dieser sich befinden. An der Form (Fig. 208) und an anderen Eigenschaften der freien Fettkörperchen kann man ferner mit ziemlicher Sicherheit erkennen, ob Fig. 208, sie zum grössern Theile aus flüs- g p sigem Fette oder Oele, oder ob sie ^ A /O f\ ^ aus einem festern Fette beste- f^ O ^yXi ©P ^^ ^^^- Ini erstem Falle haben sie, ° ,Q O ö^^ ^ % wenn die sie enthaltende Flüssigkeit sich in Ruhe befindet, die vollkom- Formen des Fettes. -,-^ ,„ ^ . i • i t mene Kugeliorm (a) , und wird das Object gerückt, so bekommt man die Bilder der tiefer gelegenen Objecte oder jener, deren Bild durch den Spiegel reflectirt wird (§. 275). Schüt- telt man die Flüssigkeit, worin sie sich befinden, und bringt man gleich darauf einen Tropfen unters Mikroskop, so überzeugt man sich, dass sie keine Gestaltsveränderung erlitten haben. Bestehen aber die Körperchen aus einem bei gewöhnlicher Temperatur flüssigen Fette, z. B. Elain, wel- ches mit einer gewissen Menge eines andern bei dieser Temperatur fe- sten Fettes, z. B. Margarin, gemischt ist, so werden die frühei'hin kugel- runden Körperchen oder Tropfen durchs Schütteln länglich (jB), gehen aber nach einiger Zeit wieder ins Kugelförmige zurück. Wenn endlich die Menge des starren Fettes überwiegt, ohne dass sich aber dieses noch krystallinisch ausgeschieden hat, dann zeigen die Körperchen eine sehr unregelmässige Gestalt (C), die sich durch Schütteln nur wenig oder gar nicht verändert. Amorphe Fettkörperchen lassen sich von anderen, mit denen sie eine oberflächliche Uebereinstimmung zeigen, wie Amylumkörner, amorphe Klümpchen kohlensauren Kalks u. s. w., auch noch durch die Erscheinun- gen imterscheiden, die beim Zerdrücken zwischen zwei Glastäfelchen auf- treten. Fett ist stets weich und breitet sich durch den Druck aus, ohne dass Risse entstehen, .und gehört es zu den flüssigen Fettarten, so fliessen die einander sich nähernden Tröpfchen zusammen; andere damit zu ver- Hartiug's Mikroskop. gl 482 Aetherische Oele ; Harz; Wachs; Schleim. wechselnde Körper widerstehen dem Drucke stärker und ändern ihre Ge- stalt nicht, oder zerspringen in mehrere Stücke. Fettkrystalle endlich, wie die des Neurostearins (Fig. 207), die etwa für Krystalle des einen oder des andern alkalischen oder erdigen Salzes, wie sie in Organismen vorkommen, angesehen werden könnten, lassen sich leicht davon unterscheiden, wenn man das Objecttäfelchen, worauf sie sich befinden, etwas erwärmt, wodurch sie schmelzen, formlos werden, eine braune Färbung annehmen und endlich verbrennen. Was die Fettsäuren betrifft, so sind die Krystallformen der ISIarga- rinsäure und der Stearinsäure, an denen diese beiden zumeist kenntlich sind, schon früher (S. 467) beschrieben worden. 6. Aetherische Oele und Harze. Diese kommen blos bei der Untersuchung pflanzlicher Theile vor, und sie können hier zu einer Ver- wechselung mit fetten Oelen Veranlassung geben, oder das Umgekehrte kann stattfinden. Die ersteren verrathen sich freilich meistens durch einen eigenthümlichen Geruch; in manchen Fällen indessen, z. B. an der Ober- fläche mancher Pollenarten, der Malvaceen, der Liliaceen u. s. w., ist das ätherische Oel in zu geringer Menge vorhanden, als dass es dem Ge- rnchsorgane sich kund geben könnte. Befinden sich Tröpfchen ätherischen Oels in Wasser, so kann man diese unterm Mikroskope leicht von Tröpfchen eines fetten Oels unter- scheiden. Sie sind nicht so bestimmt begrenzt, bilden Streifen in der Flüssigkeit und suchen sich an der Oberfläche auszubreiten. An der Ober- fläche der Flüssigkeit aber bildet das ätherische Oel eine dünne Schicht, an der man bei auffallendem Lichte ein Irisiren wahrnimmt (S. 354). Die ätherischen Oele lösen sich ferner in Terpentinöl und kaltem Alko- hol. Bringt man z. B. Pollenkörnchen in eine dieser beiden Flüssigkei- ten, PO bemerkt man an diesen kein Abfliessen des Oels, wie beim An- feuchten mit Wasser. Harzige Körper, die übrigens in frischen Substanzen immer mit ätherischen Oelen gemischt vorkommen, erkennt man an der nämlichen Löslichkeit in Terpentinöl und kaltem Alkohol, während sie dagegen in Aether, der die fetten Oele immer aufnimmt, oftmals sich nicht lösen. Dujardin (Comptes rendus 1850, Nr. 30, p. 172) hat auf eine Eigen- schaft des Wachses aufmerksam gemacht, wodurch man diesen Körper vorkommenden Falls von Harzen zu unterscheiden vermag. Ist das Wachs nämlich geschmolzen, oder hat es sich aus fetten oder ätherischen Oelen abgesetzt, so bildet dasselbe sehr durchsichtige kleine Nadeln, wel- che das Licht depolarisiren , und dies tritt besonders deutlich hervor, wenn ein dünnes Gypsblättchen dar'aufgelegt wird. Ich kann dies nur bestätigen, muss aber hinzufügen, dass auch krystallinische Fette und Fettsäuren das Licht depolarisiren, woran man besonders bei Margarin und Margarinsäure zu denken hat, die ebenfalls in kleinen Nadeln kry- stallisiren. 7. Schleim. Unter der Benennung Pflanz e n schl e im hat man Schleim. 483 ausser dem bestimmter mit diesem Namen belegten Körper nach der Reihe verschiedene Substanzen verstanden: verschiedene Arten Gummi und Dextrin, Pectin, formloses Amylum und Gemische von Proteinver- bindungen, wie sie in jüngeren Zellen vorkommen. Von diesen ver- schiedenen Körpern lassen sich blos die letzteren und das formlose Amy- lum mikrochemisch bestimmen. Ein sicheres Erkennen der übrigen ge- nannten Körper ist nur dann möglich , wenn hinreichend grosse Mengen davon abgesondert worden sind. Was den thierischen Schlei m anlangt, so ist das, was man gewöhnlich unter diesem Namen versteht, d. h. das Absonderungsproduct an der Oberfläche der verschiedenen Schleimhäute, ebenfalls ein Körper, der in sehr verschiedenen Modificationen vorkommt, je nach den Orga- nen selbst und nach den besonderen Zuständen, worin sich diese befin- den. Nieraals indessen ist es eine homogene Substanz, sondern immer ein Gemisch einer Flüssigkeit mit organisirten Theilchen, die im voll- kommen gesunden Zustande nichts anderes als die gutgeformten abge- stossenen Epithelialzellen der Schleimhaut sind, während in krankhaften Zuständen diese Zellen bei der vermehrten Schleimproduction in viel grösserer Menge gebildet und abgestossen werden und auf einer niedri- gem BildungsPtufe verharren; daher man in dem pathologischen Schleime zuletzt nur rundliche Körper sieht, die weder in der Gestalt noch im Verhalten zu Reagentien von Eiterzellen sich unterscheiden, mit denen sie daher auch identificirt werden müssen. Im Schleime sowohl wie im Eiter erscheinen diese Körperchen als Bläschen, deren Hülle zu den Pro- teinverbindungen gehört und sich in Essigsäure löst, wodurch dann in jedem Bläschen 1 bis 4 sehr kleine Körperchen oder Körnchen zum Vorschein kommen, die nur schwer zu erkennen waren, bevor die Essig- säure zugesetzt wurde. Uebrigens können in der Grösse dieser Zellen sowohl als in der durchgreifenden Anzahl der Kerne sowie in anderen Hinsichten noch Verschiedenheiten vorkommen , deren ausführliche 'Mit- theilung jedoch nicht hierher gehört. Aus dem Angegebenen erhellt, dass die Substanz, welche an der Oberfläche kranker Schleimhäute abgeschieden wird , vom wahren Eiter in Betreff der darin vorkommenden organisirten Theile sich nicht imter- scheidet; dagegen aber zeigen die Flüssigkeiten, worin diese Theilchen schweben , Verschiedenheiten. In der schleimigen Flüssigkeit ist ein Körper gelöst, den man Schleimstoff (il/ri:it verschiedenen anderen organischen Sub- stanzen, indifferenten Körpern sowohl als Säuren, Präcipitate bilden, so kann man sich nicht immer auf die dadurch erhaltenen Resultate verlas- sen , es müsste denn die Asche untersucht werden , in welchem Falle die tribasische Phosphorsäure sich stets in bibasische umgewandelt hat. In solchen Fällen ist es gerathener, man setzt der Flüssigkeit eine Solution von schwefelsaurer Magnesia zu, und weiterhin Ammoniak oder ko hl ensaures Amm oniak. Ist ein bibasisches phosphorsaures Salz vorhanden, so entsteht ein Präcipitat mit dendritischen Krystallen, die man leicht an der eigenthümlichen Formation (Fig. 187) erkennt. Unter den in Wasser nicht löslichen phosphorsauren Salzen unter- scheidet sich das Doppelsalz aus Magnesia und Ammoniak, welches in thierischen Substanzen so häutig vorkommt, durch die ei'genthündiche Form seiner Krystalle (Fig. 186). Uebrigens wird nicht blos diese Ver- I Ammoniak; Kali. 491 bindung, sondern aucli der phosphorsaure Kalk und die phosphorsaure Magnesia werden aus ihren sauren Solutionen durch Ammoniak präcipitirt und lassen sich dann bisweilen an der Krystallform (S. 461 und 462) erkennen. Ist dies nicht der Fall, so weist das durch Ammoniak entstandene Präcipitat nur in dem Falle mit Sicherheit auf Erdphosphate hin, wenn die organischen Säuren, unter denen sich auch solche befinden, deren Kalk- und Magnesiasalze durch Ammoniak prä- cipitirt werden, vorher durch Verbrennung in Kohlensäure umgewandelt wurden. 20. Am mo n iaksal ze. Diese Salze werden am besten durch die mikroskopische Untersuchung des auf einem Objecttäfelchen nach der Verdunstung bleibenden Rückstandes nachgewiesen, da die meisten durch leicht kenntliche Krystallformen sich auszeichnen, wie sie Fig. 173 bis 176 dargestellt sind. Bei chemischen Untersuchungen ohne Hülfe des Mi- kroskops läuft man leicht Gefahr, das Vorhandensein von Ammoniak zu übersehen, zumal wenn man sich auf die Untersuchung der durchs Ver- brennen erhaltenen Asche beschränkt; denn wegen der Flüchtigkeit aller Ammoniaksalze ist in der Asche keine Spur derselben mehr zu finden. Die Verflüchtigung durch Erwärmen zählt mit zu den sicheren Merkmalen, woraus man schliessen kann,^dass Krystalle, welche nach dem Verdunsten einer Flüssigkeit auf einem Glasplättchen zurückgeblie- ben waren, einem Ammoniaksalze angehörten. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass diese Verflüchtigung durch vorhandene organische Sub- stanzen , namentlich wenn Eiweiss auf dem Glastäfelchen mit eingetrock- net ist, gar sehr behindert wird, so dass das Ammoniaksalz erst bei einer Hitze verschwindet, bei welcher die organische Substanz verkohlt und zu Asche verbrennt, während dagegen das aus einer blossen wässerigen Solution zurückbleibende Salz schon bei einer weit niedrigem Tempera- tur verfliegt. Ammoniak in amorphen organischen Salzen, z. B. in harnsaurem Ammoniak, lässt sich erkennen, wenn man etwas Salzsäure zusetzt; in der verdunstenden Flüssigkeit werden sich dann Krystalle von Chlor- ammonium (Fig. 173) bilden Nur muss man sich vorher vergewissern, dass c^e Salzsäure nicht schon Chlorammonium enthält, da man dieses Salz meistens in mehr oder weniger grosser Menge in solcher Salzsäure antrifft, die mit der Luft in Berührung war. 21. Kalisalze erkennt man an dem gelben Präcipitate, welches durch eine alkoholische Solution von Platinchlorid entsteht. Dieses Präcipitat ist aber amorph, und da durch das Platin auch verschiedene organische Substanzen sowie Ammoniaksalze präcipitirt werden, so ist durch dasselbe das Kali nur in der Asche , welche beim Verbrennen or- ganischer Körper zurückbleibt, mit Sicherheit zu erkennen. Zur mikroskopischen Untersuchung verdient daher Weinstein - säure den Vorzusr. Wird dieselbe einer nicht allzu schwachen Kali- l 492 Natron; Kalk. salzsolution im Ueberniaass zugesetzt, so bildet sich ein krystallinisches Präcipitat (Fig. 178), dessen Krystalle sich, zumal wenn sie durch lang- same Vermischung entstanden, mit den Krystallen des in Wasser eben- falls nur wenig löslichen weinsteinsauren Ammoniaks schwerlich ver- wechseln lassen. Die übrigen schwer löslichen weinsteinsauren Salze sind aber amorph. Dies gilt auch vom weinsteinsauren Kalke, jenen ausgenommen, welcher entsteht, wenn Weinsteinsäure Kalkwasser zuge- setzt wird; denn dann erhält man einen krystallinischen weinsteinsauren Kalk. Die Krystalle sind Rhombenoctaeder, die zum Theil zu rhombi- schen Prismen ausgewachsen sind, mit mehrfachen Abstumpfungen der Kanten und Ecken. Bei einiger Uebung fällt es aber nicht schwer, sie von den Krystallen des weinsteinsauren Kalis zu unterscheiden. 22. Natronsalze. Das beste Reagens auf Natron ist die Kiesel- fluor was? er stoffsäure, welche damit das wenig lösliche Fluorkiesel- natriura bildet, dessen Krystalle (Fig. 171) so eigenthümlich gestaltet sind, dass man das Vorhandensein auch der geringsten Natronmenge mit grosser Sicherheit dadurch zu erkennen im Stande ist. Da aber diese Verbindung in Wasser nicht ganz unlöslich ist, so kommen in sehr verdünnten Natronsolutionen, wie z. B. der Harn ist, die Krystalle ei'st , dann zum Vorschein , Avenn der auf dem Objecttäfelchen befindliche Tropfen zu verdunsten angefangen hat. Mit Ammoniak-, Kali-, Kalk- und Magnesiasalzen bildet die Kie- selllaorwasserstoffsäure keine Niederschläge; die FicT. 210. Barytsalze aber, die bei organisch -chemischen Untersuchungen nicht in Betracht kommen, ge- ben ein ganz anders geformtes krystallinisches Präcipitat, das in Fig. 210 dargestellt ist. Ein anderes Prüfnngsmittel auf Natron ist das antimonsaure Kali, zuerst von Fremy und später von Wackenroder (Archiv der Fluorki-sclharvurn Pharm. 1843. Bd. 34, S. 263,) empfohlen. Die dadurch sich bildenden Krystalle von bimeta- antimonsaurem Natron (Fig. 172, S. 452) sind auch ziemlich leicht zu erkennen , wenngleich sie wegen der wechseln- den Gestaltung nicht so charakteristisch sind als jene des Fluorjiiesel- natriums. Sind kohlensaures Kali und kohlensaures Natron gleichzei- tig, und zwar ersteres in grossem Ueberschuss vorhanden, so scheidet sich dieses Präcipitat nicht aus. Das nämliche Reagens erzeugt in So- lutionen von Ammoniak-, Baryt- und Kalksalzen nur amorphe Prä- cipitate. Dagegen entsteht mit Magnesiasalzen ein krystallinisches Prä- cipitat, aus kurzen schielen rhombischen Prismen bestehend, die also von jenen mit Natronsalzen entstehenden wohl verschieden sind, bei einer nicht ganz genauen Betrachtung aber leicht dafür gehalten werden könnten. 23. Kalksalze. Die löslichen Kalksalze bilden mit Oxalsäure, mit oxalsaureni Ammoniak, mit saurem Oxalsäuren Kali ein Kalk; Magnesiasalze. 493 Präcipitat von oxalsaurem Kalke , das sich in Salz - und Salpetersäure löst, nicht aber in Essigsäure und Ammoniak. Durch die beiden erst- genannten entsteht ein amorphes Präcipitat; das Präcipitat dagegen, welches durch die Solution des saxu'en oxalsauren Kalis hervorgebracht wird, besteht aus kleinen, meistens octaedrischen Krystallen (Fig. 183 J). Das saure oxalsaure Kali verdient demnach zur mikrochemischen Prüfung den Vorzug. Ein gutes Reagens auf Kalk besitzen wir ferner in der verdünnten Schwefelsäure; die Nachweisung des Kalks gelingt hier auch, wenn phosphorsaurer Kalk in Salz- oder Salpetersäure gelöst ist, weil der hierbei entstehende schwefelsaure Kalk in diesen Säuren sich nicht bes- ser löst als im Wasser. Auch sind die Gypskrystalle (Fig. 181) immer auffallend grösser als jene des oxalsauren Kalkes, und lassen sich un- ter dem Mikroskope mit grösserer Sicherheit erkennen. Nur sei man eingedenk, dass, wenn sich nur wenig Kalk in der Auflösung befindet, die Krystalle erst beim Verdunsten zum Vorschein kommen. Man darf ferner keine concentrirte Schwefelsäure nehmen , weil diese zuerst ein amorphes häutiges Präcipitat giebt, dem erst weiterhin ein krystallini- sches nachfolgt. Man kann auch eine Lösung von schwefelsaurem Na- tron oder von schwefelsaurer Magnesia nehmen, und diese verdienen so- gar den Vorzug, wenn organische Substanzen zugegen sind. Im kohlensauren Kalke oder in Substanzen , welche denselben ent- halten, lässt sich der Kalk nachweisen, wenn man den kohlensauren Kalk zuerst in salpetersauren Kalk oder in Chlorcalcium umwandelt, und dann der neutralen Flüssigkeit saures oxalsaures Kali, oder bei einem Ueber- maass von Säure Schwefelsäure zusetzt. Oftmals ist aber die Umsetzung in diese löslichen Kalksalze unnöthig, wenn die Reaction im Felde des Mikroskops vor sich geht. Sind die Körperchen, welche aus kohlensau- rem Kalke bestehen oder diesen in reichlicher Menge enthalten, klein, dann verwandeln sie sich durch Zusatz verdünnter Schwefelsäure ganz oder zum Theil in Krystalle von schwefelsaurem Kalke. Sind sie grös- ser, so bedecken sie sich ganz mit dergleichen Krystallen, die sich dann aber auch noch leicht erkennen lassen. Namentlich tritt auch die Reac- tion ein, wenn Aschen und Bodenarten auf kohlensauren Kalk unter- sucht werden. 24, Magnesiasalze. Die neutralen, in Wasser löslichen Magne- siasalze werden durch Ammoniak präcipitirt; der Niederschlag ist häu- tig und ganz löslich in einer Chlorammoniumsolution. Da das letztere Salz in organischen Flüssigkeiten sehr häufig vorkommt, so hindert es die Präcipitation der Magnesia durch Ammoniak; deshalb ist es blos dann anwendbar , wenn die in Wasser löslichen Magnesiasalze in der Asche aufgefunden werden sollen. Ein ziiverlässigeres Reagens ist das phosphor saure Natron, wodurch in concentrirteren Solutionen zuerst ein amorphes und späterhin ein krystallinisches Präcipitat (Fig. 184) entsteht. In verdünnten Solu- I 494 Eisen. tionen entsteht durch phosphorsaures Natron allein kein Niederschlag. Wird aber Ammoniak zugesetzt oder die Solution des bibasischen phos- phorsauren Ammoniaks mit überschüssigem Ammoniak versetzt, so er- kennt man die Magnesia noch daran, dass Krystalle von bibasischer phos- phorsaurer Ammoniak -Magnesia (Fig. 185) entstehen. Ist phosphorsaure Magnesia bereits als solche in einer Flüssigkeit enthalten, dann bildet sich das genannte Doppelsalz schon bei blossem Zusatz von Ammoniak, wie es beim Harne vorkommt, aus dem sich Krystalle von bibasischer phosphorsaurer Ammoniakbittererde dadurch niederschlagen. 25. Eisen. Bei der chemischen Untersuchung organischer Sub- stanzen lässt sich das Vorhandensein dieses Metalls meistens nur in de- ren Asche nachweisen. Die Asche wird nämlicli mit Salzsäure ausge- zogen, worin sich das vorhandene Oxydul oder Oxyd löst. In dieser Solntioij erkennt man Eisenoxydul durch das Entstehen eines blauen Niederschlags beim Zusätze von Iva liumeis e ncyanür. Entsteht dadurch kein Niederschlag, bildet sich aber ein ebenfalls blauer Niederschlag durch Kaliumeisencyanid, dann ist Eisenoxyd vor- handen. Die beiderlei Niederschläge bestehen, wenn sie aus etwas con- centrirten Solutionen von Eisensalzen kommen, aus häutigen Massen mit starken Faltungen; waren es dagegen ganz schwache Solutionen, so sind die häutigen Läppchen ganz dünn, so dass ihre Ränder kaum sichtbar sind und nur die Färbung zur Entscheidung dient. Ein ebenfalls sehr empfindliches Reagens auf Eisenoxydsalze ist eine Aullösung von Schwefelcyankalium : sie färben sich dadurch dun- kelroth. Nur darf die Solution nicht zu viel überschüssige Säure ent- halten, weil sonst eine gelbliche Färbung entsteht. Galläpfeltin ctur eignet sich weniger zur mikrochemischen Reac- tion auf Eisen: einmal nämlich entsteht mit Eisenoxydsalzen nur dann ein schwarzer Niederschlag, wenn diese ganz neutral sind, und zweitens besteht derselbe aus sehr kleinen Molekeln, deren Farbe durchs Mikro- skop, wenigstens bei durchfallendem Lichte, schwer zu erkennen ist. Auch sind die anderen angegebenen Reagentien mehr als ausreichend, um die geringsten Spuren von Eisen mit Sicherheit zu erkennen. In organischen Fossilien kommt das Eisen nicht selten als Pyrit oder Eisenkies vor, und zwar in Formen, in denen es sehr schwer zu er- kennen ist. Man kann es dann an der Eigenschaft entdecken, dass der Pyrit in Salpetersäure sowohl wie in Salzsäure unlöslich ist, sich dage- gen in kochendem Königswasser löst, worauf sich dann in dieser Solu- tion das Eisen und die Schwefelsäure durch die gewöhnlichen Reagentien auffinden lassen. Siehe meine Beschreibung des Bodens unter Amsterdam in den Verh. der eerste Klasse v. h. Kon. Nederl. Instit. 1852 und meine Description d'un diamant remarquable in den Werken der Kö- nigl. Niederl. Academie von 1858. Die übrigen Metalle kommen bei organisch -chemischen Untersuchun- Mikrochemische Untersuchung des Harns. 495 gen zu selten vor, als dass es nöthig wäre, hier ihre Reagentien zu be- schreiben. Bei der mikrochemischen Untersuchung thierischer Flüssigkeiten hat 349 man nicht blos auf die eigentlich chemischen Bestandtheile zu achten; es kommen auch gleichzeitig organisirte darin enthaltene Körperchen zur Beobachtung, deren Bestimmung oftmals, zumal bei pathologischen Zu- ständen, gleich wichtig ist als die Ermittelung der chemischen Zusam- mensetzung. Die folgende Tafel kann als Muster dienen, wie man von diesem Gesichtspiinkte aus eine derartige Untersuchung auszuführen hat. Ich habe den Harn dazu gewählt, weil in ihm, im normalen wie im patho- logischen Zustande, bei weitem die grösste Menge jener Bestandtheile vorkommen kann , die man auch anderwärts findet. Wie gross auch die Anzahl dieser möglichen Bestandtheile sein mag, eine Un^e Harn oder selbst noch weniger ist vollkommen ausi'eichend, um mit Hülfe des Mi- kroskops, einiger Objecttäfelchen, Uhrgläser, Probirgläschen und mit einer kleinen Zahl von Reagentien alle jene Bestandtheile darin zu entdecken. Jeder Arzt kann ohne viele Mühe mehrere kleine Gläser bei sich führen, um den Harn oder auch andere Flüssigkeiten von eben so vielen Kranken darin aufzunehmen, die er dann zu Hause auf seinem Zimmer einer qualitati- ven Untersuchung unterwirft. Der Anfänger wird natürlich auf eine solche Untersuchung ziemlich viel Zeit verwenden müssen, bevor er zu befriedigenden Resultaten gelangt; er wird aber auch finden, dass man durch einige Uebung sich bald eine grosse Fertigkeit in dergleichen Un- tersuchungen zu eigen machen kann, wo sie dann verhältnissmässig we- nig Zeit kosten. 40 G Mikrochoini-iche Untersuchung des Harns. Mikrochemipche qualitative Untersuchung der Harribestandtheile im gesunden und pathologischen Zustande. /Beim Verdun- Krystalle wie Fig. 169. S. 451 sten eines Tropfens auf einem Object- täfelchen blei- ben übrig : Fig. 173. S. 453 Fig. 175. S. 454 Fig. 176. S454. / ) J^ « a> 43 W) H "k u Ö u ui o Kieielfluorwasserstoffsäure: Krj'stalle wie Fig. 171. i S. 451 ' Es bilden sich kaurem Oxalsäuren Kali: Krystalle wie Fig. 188. durch Zusatz / S. 459 von \Ammoniak: Krystalle wie Fig. 186. S.461 . . Salzsäure: » » Fig. 188. S. 463. . 1 Krystalle wie Fig. 198. S. 467, unlöslich in Alkohol . . . Krystalle wie Fig. 199. S. 468, rupsdicke ab gedampften Flüssigkeit entstehen : U!-5 -1 \ \ löslich in Alkohol ' Salpetersäure: Krystalle wie 1 Fig. 190 / durch Zusatz joxalsäure wie Fig. 191 . . / ^'•^ri . . . vSalzsäure , Lösung des Präci- J pitats in Aether und Ab- ( dampfung: Krystalle wie \ Fig. 195 ..." In der Flüssigkeit entsteht durch Kochen ein Coagulum, durch Salpetersäure ein Niederschlag, beide löslich in Aetzkali, und durch concentrirte Salpetersäure und Ammoniak sich gelb ' 1/ /lOlOO '* Vsooo " Es ist hieraus zu entnehmen, dass der wahrscheinliche Fehler im Mittel für eine Anzahl Messungen des nämlichen Objects zwar so gering ist, dass er in den meisten Fällen übersehen werden darf, dass dagegen bei der einzelnen Messung ein wahrscheinlicher Fehler begangen wird, der bei Objecten, welche nur unter 1 Mikromillim. gross sind, bis V41 j^ selbst 1/3 ihres Durchmessers beträgt, und ungeachtet der grössten Sorgfalt bei Vornahme der Messung selbst noch höher ansteigen kann. Der Grund, warum auch durch die am besten gearbeiteten Schrauben- mikrometer dieser Art keine genaueren Resultate erzielt werden, liegt zum Theil darin, dass, wenn auch das ganze Stativ eine ziemliche Fe- stigkeit besitzt, dennoch beim Bewegen der Schraube durch den Druck der Finger in der relativen Stellung des Objects leicht eine Verände- rung eintritt, ganz unabhängig vom Gange der Schraube, weshalb man, wenn der entgegengesetzte Rand des Objects auf den Faden trifft, keines- wegs ganz sicher ist, dass die durchlaufene Strecke auch genau den zu messenden Durchmesser darstellt. Dazu kommt noch , dass alle began- genen Fehler, mögen sie beim Einstellen des Objectsrandes am Faden vorkommen oder in der Schraube selbst liegen, in gleichem Maasse wie die angewendete Vergrösserung wachsen. Aus diesen Gründen steht das Objecttischschraubenmikrometer an Genauigkeit dem Ocularschraubenmikrometer nach. Die gebräuchlichste Einrichtung des letztern ist ganz die nämliche wie bei den astronomi- schen Fernröhren: es ist nämlich ein Ramsden'sches Ocular, in dessen Gesichtsfelde sich zwei parallele Fäden befinden, der eine feststehend, der andere durch eine Schraube auf und ab zu bewegen. Beim Gebrauche kommen die Ränder des Bildes zwischen die beiden Fäden. Der Werth des einzelnen Schraubenumgangs und der auf dem Index eingeschnittenen Theilungen muss vorher durch die mehrfach genannten Mittel bestimmt werden und ist natürlich ein anderer für jedes Objectivsystem. Offenbar kann eine viel grössere Genauigkeit erzielt werden, wenn in dieser Weise die Schraube als Mikrometer benutzt wird. Die näm- liche Schraube z.B., welche fünf Windungen auf 1 Millimeter zählt, mithin in der Wirklichkeit ein Object durch eine vollständige Umdrehung nur Hartinp:'s Mikroskop. 33 514 O cularschrtiubenmikrometer. um 1/5 Millim. verrückt, wird, wenn das durch das Ocular betrachtete Ob- ject 100 Mal vergrössert ist, bei jeder Umdrehung 1/500 Millim. des Ob- jects auf dem Objecttische repräsentiren. Ist dann der Index noch in 100 Grade getheilt, so wird durch jede Abtheilung Vsoooo Millim. ge- messen. Die Feinheit der Messung könnte durch einen angebrachten Nonius noch gesteigert werden ; eine solche Steigerung ist aber fast über- flüssig, und man benutzt daher auch in Ocularschraubenmikrometern für gewöhnlich etwas dickere Schrauben mit einer geringeren Anzahl von Windungen. Solche Schrauben lassen sich aber auch aus diesem Grunde mit grösserer Genauigkeit herrichten , als die ganz feinen Schrauben zu Mikrometern, durch welche das Object selbst bewegt wird. Mit einem Dollond'schen Mikrometer dieser Art, an dem jede Ab- theilung des Index bei einer 435fachen Vergrösserung 0,094 Mikromillim. (Vi0630 Millim.), bei 820facher Vergrösserung aber 0,051 Mikromillim. (Vi9600 Millim.) repräsentirt *), wurden einzelne Objecte immer einer zehnmaligen Messung unterworfen, und dabei stellten sich folgende Er- gebnisse heraus : Wahrscheinliclie Fehler Vergrösse- rung. 435 Grösste Differenz. 1/ mm /2040 des Mittels. der einzelnen Messung. 1200 V27( /57000 V18200 " Object. 1. Ein Blutkörperchen 2. 0,05 Millim. eines Glasmikrometers . . 435 3. 0,01 Millim. eines Glasmikrometers . . 850 4. Abstand zwischen zwei Streifchen auf einem ganz kleinen Flügelschüppchen von Lepisma saccharinum 850 Hier liegt offenbar der wahrscheinliche Fehler des Mittelwerthes weit ausserhalb der Grenzen, die weiter oben (§. 241) für die Wahr- nehmbarkeit undurchsichtiger Objecte durchs Mikroskop gefunden wur- den, da selbst der Fehler bei der einzelnen Messung dieser Grenze sehr nahe kommt. Das ist aber der möglichst hohe Grad von Genauig- keit, der bei einer mikrometrischen Methode erreicht werden kann , und wirklich übertrifft das Ocularmikrometer in dieser Hinsicht alle übrigen. Seiner allgemeinen Verbreitung steht allein die grössere Kostbar- keit im Wege. Ausser dem Mikrometer selbst, das natürlich schon zu den kostspieligen Instrumenten gehört, bedarf es auch noch einer beson- l/o. 27000 *) Diese Zahlen sind nicht ganz die nämlichen, die ich in den Kecherches mirro- m^triques p. 18 angegeben habe. Dort nämlich habe ich den Werth der Ober- haus er "sehen Mikrometerabtheilungen zu Grunde gelegt; später aber habe ich mittelst der mehrgenannten Metallsaite eine genauere Bestimmung erzielt. Ocularschi'aubenmikrometer. 515 dern Einiiclitung des Objecttisches. Derselbe muss mit einem bewegli- chen Schlitten versehen sein, um den einen Rand des Bildes mit dem feststehenden Mikrometerfaden zusammenfallen zu lassen, was ja mittelst der Hand durchaus nicht mit genügsamer Sicherheit zu erreichen sein würde. In Einem Punkte steht aber das Ocalarschraubenmikrometer dem Objecttischschraubenmikrometer dennoch nach, und dieser darf nicht übersehen werden, wenn es sich um eine grosse Genauigkeit der Messung handelt. Die Fäden des Mikrometers liegen nämlich im Brennpunkte des Oculars und ihr Scheinbild befindet sich deshalb niemals in einer ganz geraden Ebene. Die Vergrösserung ist in der Mitte des Gesichtsfeldes am schwächsten, und nimmt nach den Rändern hin allmälig zu. Die Folge hiervon ist, dass der Werth der Abtheilungen des Index den ver- schiedenen Abständen, in welche die beiden Fäden durch die Schraubeu- bewegung kommen, nicht ganz vollständig entspricht, oder mit anderen Worten, wenn man den Abtheilungen des Index einen unveränderlichen Werth beilegt, wie er mit einem kleinen Objecte von bekanntem Durch- messer gefunden wurde , so wird man bei grösseren Objecten einen ge- ringern Durchmesser erhalten , als dieselben wirklich besitzen. Kommt es also auf grosse Genauigkeit an , wie etwa in dem Falle, wo der Bre- chungsindex einer Flüssigkeit mittelst der Grösse des Bildchens auf Luft- bläschen bestimmt werden soll (§. 90), so muss der Werth der Index- abtheilungen für die verschiedenen Abschnitte des Gesichtsfeldes be- stimmt werden. Am besten bedient man sich hierbei eines Glasmikrometers mit sol- cher Theilung, dass z. B. 10 bis 12 Abtheilungen zwischen die Fäden des Ocularschraubenmikrometers zu liegen kommen können, wenn die- selben durchs Fortbewegen der Schraube ziemlich in den grössten Ab- stand von einander gebracht worden sind. Nun misst man nach einander jede der 10 oder 12 Abtheilungen, wobei man Sorge zu tragen hat, dass die nach rechts oder nach links gekehrten Ränder jeder Abtheilung im- mer genau zwischen den Fäden liegen, damit jede folgende Messung sich immer genau an die vorhergehende anschliesst. Hat man so die Grösse jeder Abtheilung des Glasmikrometers, und zwar in Graden des Index ausgedrückt, für jenen Theil des Gesichtsfeldes, der sich wenig ausser- halb der Axe des Mikroskops befindet, kennen gelernt, so misst man dar- nach alle 10 bis 12 Abtheilungen zusammen. Bestände keine verschie- dene Vergrösserung in den verschiedenen Feldern des Gesichtsfeldes, dann müsste selbstverständlich der jetzt gefundene Werth die Summe der einzelnen Werthe sein, welche durch die erste Reihe von Messungen ge- funden wurden. Da aber diese ungleiche Vergrösserung, wie gering sie auch sei, bei einem positiven Oculare niemals fehlt, so müssen auch zwei verschiedene Resultate herauskommen. Ein Beispiel möge zur Erläute- rung dienen. Mit dem vorhin erwähnten Ocularschraiibenmikrometer finde ich, wenn zehn Abtheilungen eines Glasmikrometers nach einander 51G ücularschraubeninikroineter; Vergrösserung. gemessen werden, für die einzelne Abtheilung 75,8 Grade des Index als Mittelwerth. Wird aber die Gesammtausdehnung der zehn Abtheilungen zwischen die Fäden gebracht, so ergiebt sich für die Fortbewegung der Schraube nicht die Zahl 758, sondern nur 735. Die einzelnen Abthei- lungen verhalten sich also in beiden Fällen zu einander wie 735:758, oder etwa wie 1 : 1,03. Wenn also beim Messen kleinerer Objecte die oben genannten Werthe von 0,094 Mikromillim. und 0,051 Mikromillim. für die einzelnen Grade des Index ganz richtige sind, so müssen diesel- ben dagegen mit 1,03 multiplicirt werden für solche Objecte, deren Bild ungefähr die nämliche Ausdehnung im Gesichtsfelde hat als jene zehn Abtheilungen des Glasmikrometers, d. h. jene Zahlen sind für diesen Fall in 0,096 und in 0,0525 umzuändern. Bei kleineren Objecten ist die Diffe- renz natürlicher Weise unbedeutender, bei grösseren dagegen ist sie auch noch mehr hervortretend. Hat man indessen nur Einmal auf die genannte Weise zwei solche Abschnitte des Gesichtsfeldes untersucht, so kann man weiterhin mit ziemlicher Genauigkeit den Werth einzelner Abschnitte, etwa eines ganzen Schraubenumgangs, durch Interpolation herausfinden. 358 Unter den Methoden, wie man die Grösse mikroskopischer Gegen- stände misst, haben einige das mit einander gemein, dass das vergrösserte Bild auf eine Oberfläche projicirt, auf dieser gemessen, und dann der gefundene Durchmesser durch die Vergrösserungsziffer dividirt wird. Der 80 erhaltene Quotient ist der Durchmesser des Objects. Dieser Weg wird aber im Allgemeinen eingeschlagen: a. beim Gebrauche der verschiedenen Arten dioptrischer und ka- toptrischer Projectionsmittel; b. bei Benutzung des Bildmikroskops; c. beim Doppelsehen. Bei allen diesen Methoden ist demnach vor Allem nöthig, dass die Vergrösserung ganz genau bekannt ist, worüber die nöthige An- weisung früher (§. 219) gegeben wurde. Nur bemerke ich hier, dass für die zu diesem Zwecke erforderliche Vergrösserungsziffer keinerlei Entfernung des deutlichen Sehens in Betracht kommt, sondern nur die Frage zu beantworten ist: welches ist die Vergrösserung des Objects bei einer bestimmten, immer unveränderlichen Entfernung von der Ebene, aufweiche sein Bild projicirt wird? Diese erste Bestimmung musa na- türlich höchst sorgfältig vorgenommen werden, und bei jeder nachfolgen- den Bestimmung, wo die gefundene Vergrösserungsziffer in Anwendung gezogen wird, ist sorgsam darauf zu achten, dass die angenommene Ent- fernung des Bildes auch ganz unverändert eingehalten wird. Auch muss dabei auf den Einfluss geachtet werden, welchen die Krümmung des Bildes (§§. 219 und 236) auf die Vergrösserung übt, und man muss untersuchen, welcher Unterschied in dieser Beziehung an den verschiedenartigen Abschnitten des Gesichtsfeldes hervortritt. Uebrigens lässt sich dieser Unterschied ganz unschädlich machen, wenn Schiebercirkel. 517 man einen Ring in das Ocular bringt und vor jeder- Messung das Ob- ject so legt, dass sein Bild an den Rändern dieses Ringes auftritt. Fig. 211. Zweitens muss aber auch der Durchmesser des Bildes so genau als möglich gemessen werden, also minde- stens bis zu Zehnteln des Millime- ters. Man kann sich dazu des schon oben (S. 247) beschriebenen Doppel- cirkels bedienen, durch den das Maass verfünffacht wird. In dessen Ermange- lung kann man aber auch zu den an- deren dort genannten Mitteln greifen. Am besten eignet sich übri- gens hierzu ein Schiebercirkel, wie in Fig. 211 in halber Grösse abgebildet ist nach einem Instrumente, das ich mir hier habe anfertigen lassen, und dessen ich mich seit mehreren Jahren mit Nutzen bediene. Es besteht aus zwei Theilen, aus einem platten Mes- singstabe (^Ä, a b c d) und einem dar- über hingleitenden Rahmen (J.. efgh). Durch eine an der Unterfläche des letztern befindliche Feder (2?. i k), welche mit Im kreuzförmig vereinigt und durch Schrauben an dem Rahmen befestigt ist, sowie durch eine zweite seitliche Feder (Ära), die in eine Rinne von fh passt, wird der Rahmen an den Messingstab angedrückt. An dem einen Ende des Messingstabes und ebenso an dem ihm entsprechenden Theile des Rahmens sind senkrecht stählerne Ansatzstücke {Ä. op und e q) angebracht; beide gehen in eine Spitze aus, und da sie an den einander zu- gekehrten Seiten ganz eben sind , so können sie in unmittelbare Berührung mit einander gebracht werden. Bei /• und s sind sie abwärts gebogen unter einem Winkel von 1450, so dass sie von der Seite her sich so ausnehmen wie bei C. Dadurch wird die Bewe- gung der Spitzen über eine ebene Fläche erleichtert, während die Hand, Ilar ting's Sclnc^iercirkcl. 518 Schiebercirkel. welche das Instrument hält, auf dem Tische ruht. Am Verbindungsstücke g^Ä befindet sich noch ein anderes Stück Messing; dasselbe ist etwas ausge- höhlt und hat eine Menge Vertiefungen zur Stütze für das letzte Glied des Daumens, womit der Rahmen bequem über den Messingstab hin und her geschoben wird, während die anderen Finger denselben umfassen. Der Messingstab hat auf der einen Seite eine Theilung in Centimeter und Milli- meter, und mittelst eines bei tu angebrachten Nonius lassen sich auch noch Funfzigstel des Millimeters ablesen. Auf der andern Seite des Messingstabes kann auch wohl noch eine zweite Scale mit Zollen und Linien und einem Nonius etwa bei x angebracht werden. Die Theilung ist so gemacht, dass, wenn die beiden stählernen Ansatzstücke an einan- der liegen und die Spitzen einander berühren, der Nonius auf Null zeigt. Ein solcher Schiebercirkel ist nicht blos bei mikrometrischen Mes- * sungen, sondern auch bei vielen anderen Messungen ein sehr brauchbares Instrument, namentlich wenn man den Dickendurchmesser haben will, z. B. der so häufig benutzten Deckblättchen. 359 Will man Messungen vornehmen, so ist es ziemlich einerlei, welches von den verschiedenen dioptrischen und katoptrischen Mitteln zum Pro- jiciren der Bilder gewählt wird, ob eine Camera lucida, oder ein Sömmer- ring'sches Spiegelchen u. s. w., von denen früher (§. 179) gehandelt worden ist. Bedingung ist es aber bei allen, dass entweder das Mi- kroskop horizontal gestellt wird , oder dass die Strahlenbündel durch ein rechtwinkliges Glasprisma eine horizontale Richtung bekommen, da sich Bilder, welche auf eine verticale Fläche projicirt werden, nur schwer mit der nöthigen Genauigkeit messen lassen, weil die Hand der Unter- stützung entbehrt. Es ist gut, wenn man auf eine Schiefertafel projiciren lässt, nur muss man dann eine Tafel von immer gleicher Dicke benutzen. Wendet man alle nöthige Vorsicht an, so lassen sich mit diesen Mit- teln sehr genaue Messungen ausführen. Mit dem S ö mm er ring'schen Spiegelchen wurde z. B. Folgendes gefunden: Wahrscheiulicher Fehler . Vergrösse- Grösste des Mittels aus der einzelnen "'^''^ ■ rung. Differenz. zehn Messungen. Messung. 1. Blutkörperchen . . 740 V1480 """ V24100 """ ^'leso ""^ 2. 0,05 Millim. eines Glasmikrometers . 369 7 526 " V 7812 » V2730 " Die Grösse des wahrscheinlichen Fehlers ist in diesen beiden Fällen sehr ungleich, und das hat einen doppelten Grund. Einmal nämlich nimmt die Genauigkeit der Messung in dem Maasse zu als die Vergrös- serung wächst. Bei einer 740maligen Vergrösserung sind zwar die um- risse nicht mehr so scharf wie bei einer 369maligen; bei der letztern fallen aber dafür auch alle Messungsfehler fast doppelt so gross aus wie bei der ei-stern. Der zweite Punkt ist der, dass die beiden benutzten Objeete eine ungleiche Grösse haben. Das Blutkörperchen maass 6,3""""', I Messen mit dem Sömmerring'schen Spiegelchen, mit Bildmikroskopen. 519 hatte also nur ungefähr i/g von der Grösse der benutzten Mikrometerab- theilung; sein Bild war also etwa vier Mal kleiner. Je kleiner aber ein Bild ist, um so leichter werden seine beiden Grenzlinien in dem näm- lichen Momente vom Auge wahrgenommen, um so zuverlässiger ist daher auch die Messung mittelst des Cirkels. Wenn hingegen das Bild einen grösseren Theil des Gesichtsfeldes einnimmt, so fällt es um so schwerer, seine beiden Ränder auf Einmal wahrzunehmen, und damit nimmt die Möglichkeit zu, Fehler beim Messen zu begehen. In dieser Hinsicht steht demnach diese Methode dem Gebrauche des Schraubenmikrometers nach ; denn mit diesem lassen sich grössere wie kleinere Objecte mit dem nämlichen Grade von Genauigkeit messen. Dem Objecttischschraubenmikrometer ist sie beim Messen sehr kleiner Objecte vorzuziehen, da sie hierbei fast gleichen Werth hat wie das Ocu- larschraubenmikrometer. Mit allen Arten von Bildmikroskopen (§. 130) lassen sich Mes- 360 sungen ausführen. Bei der gewöhnlichen Einrichtung indessen, wornach sie ein dunkeles Zimmer verlangen, ist es zu umständlich, wenn sie zu Messungen benutzt werden. Anders verhält es sich mit den tragbaren Bildmikroskopen, namentlich mit jenem, welches weiter unten (Fig. 212, §. 368) dargestellt ist. Bei diesem wird das Bild auf einer matt geschlif- fenen Glasplatte aufgefangen und unter Beachtung der angegebenen Vor- sichtsmaassregeln gemessen. Mit diesem Apparate wurden folgende Re- sultate erhalten : Wahrscheinlicher Fehler Grösste des Mittel- der einzelnen Object. Vergrösserung. Differenz. werthes. Messung. 1. Blutkörperchen ... 593 Vi50o""" 724400""" 7^640 ""^ 2. 0,05 Millimeter eines Glasmikrometers . . 593 V840 n ^'i3900 i-> V4400 ■,-, Man ersieht daraus, dass sich auch nach dieser Methode der Durchmesser der Objecte mit grosser Genauigkeit messen lässt, wenn man nur eine stärkere Vergrösserung wählt, da natürlich, gleichwie bei den vorigen Methoden, die Grösse des wahrscheinlichen Fehlers in gleichem Ver- hältnisse steigt, als die angewandte Vergrösserung abnimmt. Zugleich sieht man auch, dass der Durchmesser der Objecte nicht ohne Einfluss ist, wenn derselbe auch nicht in gleichem Maasse wie beim Sömmer- ring'schen Spiegelchen sich geltend macht. " Dies erklärt sich daraus, dass hier nicht eben so wie dort grössere Bilder mit geringerer Zuver- jlässigkeit messbar sind, bloss deshalb, weil sie grösser sind, sondern dar- laus, dass die durchs Bildmikroskop erzeugten Bilder in der Mitte des i Feldes immer die schärfsten Ränder haben. Die letzte noch zu erwähnende mikrometrische Methode ist das 361 Doppelsehen der Objectbilder, wenn das Bild mit dem einen Auge im 520 ^ Messen mit Bildmikroskopen, mit Doppelsehen. Gesichtsfelde beobachtet, mit dem andern auf die Objecttafel projicirt und dort gemessen wird. Schon oben (§. 185) ist vom Doppelsehen die Rede gewesen; hier ist nur noch der besonderen Rücksichten zu geden- ken, welche zu nehmen sind, wenn gemessen werden soll. 1. Während des Messens rauss die Augenaxe ihre Richtung unver- ändert beibehalten, das Auge also ganz unbeweglich gehalten werden. 2. Um die Spitzen des zum Messen benutzten Cirkels immer in gleicher Entfernung vom Auge zu haben, muss das zusammengesetzte Mikroskop einen grossen Objecttisch haben, worauf die Spitzen des Cir- kels ruhen können. Den zu kleinen Objecttisch, wie er bei vielen Mi- kroskopen vorkommt, kann man vergrössern, wenn man ein Stück ganz ebene Pappe zwischen den federnden Apparat bringt. Beim einfachen Mikroskope sowohl als auch beim zusammengesetzten, nicht gerade hohen Mikroskope kann der Cirkel auf die Tafel gehalten werden, worauf das Instrument ruht, oder auch auf das Kästchen, worauf letzteres geschraubt ist. 3. Auf die Fläche, wohin das Bild projicirt wird, legt man ein Stück Papier, welches so viel wie möglich die Farbe des Gesichtsfeldes hat. Dadurch wird die Illusion, als ob beide Augen das Bild und den zu messenden Gegenstand zu gleicher Zeit sähen, gar sehr gesteigert. 4. Man muss darauf bedacht sein, dass die Fläche, worauf die Mes- sung vorgenommen wird, und das Auge immer gleich weit von einander entfernt sind. Die Glasplättchen , worauf die Objecte kommen , dürfen deshalb nicht ungleich dick sein, und das Nämliche gilt auch von dem auf dem Objecttische liegenden Papier. Dass endlich bei Bestimmung der Vergrösserungen und bei den Messungen selbst alle die vorhin genannten allgemeinen Rücksichten zu nehmen sind, braucht nicht wiederholt zu werden. Ueber die wahrscheinlichen Fehler bei dieser Methode geben fol- gende Versuche Aufschluss : Wahrscheinlicher Fehler Objeet. 1. Blutkörperchen 2. Desgl 3. 0,05 Millimeter eines Glasmikrometers 4. Desgl 5. 0,01 Millimeter eines Glasmikrometers . 6. Abstand zwischen zwei Streifchen auf einem ganz kleinen Flügelschüppchen von Lepisma saccharinum Grösste des Mittels aus der einzelnen Vergrösserung. Differenz. 10 Messungen. Messung. 579 ^A940""" ^/LnooD""" 1/ mm 78330 332 71660 V ^/s'ilOO ii V7040 11 > r)79 VsSS 11 Vl3200 11 ^/4000 11 332 ■^.'556 11 VsSSO 11 ^/•280n 11 3 910 V228<) 11 734500 ii */l0700n 910 \ln I Messen mit Doppelsehen. 521 Es ist klar, dass hier ebenfalls die Genauigkeit zunehmen muss, wenn eine stärkere Vergrösserung und ein kleineres Object zur Anwen- dung kommen, und dies erhellt auch deutlich genug aus den überstehen- den Zahlen. Zugleich ergiebt sich aber auch aus diesen Zahlen, dass diese Methode, die einfachste unter allen mikrometrischen Methoden und überdies auch die am allgemeinsten anwendbare, zudem beim einfachen wie beim zusammengesetzten Mikroskope zulässige, sich auch durch grosse Ge- nauigkeit empfiehlt, worin sie sogar die übrigen, mit alleiniger Ausnahme des Ocularschraubenmikrometers, übertrifft. Begreiflicher Weise ist aber diese Genauigkeit nur nach vieler Uebung zu erlangen. Wer sich indes- sen im Doppelsehen eine ausreichende Fertigkeit zu eigen gemacht hat, der wird nur sehr selten in den Fall kommen, ein anderes Verfahren an- wenden zu müssen. Es lohnt sich aber um so mehr der Mühe, diese Fer- tigkeit sich anzueignen , weil keine der anderen Methoden in der Rasch- heit der Ausführung mit dem Doppelsehen wetteifern kann, was doch gar sehr ins Gewicht fällt, wenn man eine grössere Anzahl Messungen vor- nehmen muss, aus denen ein Mittelwerth genommen werden soll. Um 20 Messungen des nämlichen Blutkörperchens auszuführen, wa- ren nöthig : 20 bis 30 Minuten mit verschiedenen Schraubenmikroraetern, 18 Minuten mit dem tragbaren Sonnenmikroskope, 16 Minuten mit dem Sömme ring' sehen Spiegelchen, 11 Minuten beim Doppelsehen. Natürlich verlangt die Anwendung des Schraubenmikrometers aber selbst noch mehr Zeit, wenn grössere Objecte gemessen werden. Bei der Wahl einer mikroraetrischen Methode handelt es sich aber 362 um noch eine andere Frage, nämlich: welcher Grad von Genauigkeit wird dabei für einen bestimmten Zweck verlangt? Soll durch eine ein- zige Messung eines Objects dessen Durchmesser möglichst genau ermittelt werden, so wird natürlich die genaueste Methode auch unbedingt die beste sein. Soll z, B. die relative Grösse eines Luftbläschens und des Bildes eines darunter liegenden Gegenstandes bestimmt werden, um dar- aus das Brechungsvermögen der das Luftbläschen umgebenden Flüssigkeit zu berechnen (§. 336), so wird man dem Ocularschraubenmikrometer vor allen anderen Hülfsmitteln den Vorzug einräumen müssen. Bei organi- schen Objecten, wo es sich um einen Mittelwerth handelt, den man aus einer stets nur kleinen Zahl von Messungen verschiedener Körper ge- winnt, kommt aber auch noch etwas anderes in Betracht: man muss die Grösse des wahrscheinlichen Fehlers kennen, der einem solchen Mittel- werthe stets anklebt und der in einzelnen Fällen grösser sein kann, als der wahrscheinliche Fehler bei Anwendung einer bestimmten mikrome- trischen Methode. Um zu entdecken, ob diese Voraussetzung wirklich eine begründete ist, habe ich folgende Messungen mit dem Ocularschrau- Anzahl der IVXiLUClCl messei in Wahrschein- licher Fehler Messung en. Mikromillim. Millim. in Millim. 10 1,1 V909 ^/ 17000 15 7,7 Vl30 Veooo 20 5,8 ^173 V4170 15 16,6 Veo Vsso 21 51,6 Vl9 ^'500 522 Wahl der mikrometrischen Methode. benmikrometer ausgeführt, und daraus den wahrscheinlichen Fehler des Mittelwerthes berechnet. Mittlerer Durch- Anzahl der ^ Object. 1. Bindegewebsfasern 2. Blutkörperchen eines Mannes 'i. Primitivbündel des Gastro- cnemius eines Neugebornen 4. Primitivröhren des Medianus eines Mannes 5. Primitivbündel des Psoas eines Erwachsenen Man ersieht hieraus sogleich, dass, wenn der Durchmesser der or- ganischen Elementartheile grösser ist, auch der wahrscheinliche Fehler in der Regel grösser ausfällt, und dass derselbe, wenn die Zahl der Mes- sungen noch viel weiter geht als in der vorstehenden Tabelle, bei orga- nischen Objecten mit einem Durchmesser von i/gQ bis 1/20 Millimeter in der That eine Grösse erreicht, welche den wahrscheinlichen Fehler aller bisher beschriebenen mikrometrischen Methoden noch übertrifft. Beim Messen solcher Objeete ist es daher, was die Genauigkeit des Resultats betrifft, ganz gleichgültig, welcher von diesen Methoden man den Vorzug giebt. Anders verhält es sich mit den Objecten, die einen geringeren Durchmesser haben, z. B. mit Blutkörperchen, mit den Primitivfasern des Bindegewebes, der Sehnen, der Muskeln u. s. w. Sollen Objeete von so geringem Durchmesser gemessen werden, dann ist die Wahl eine weit beschränktere, da nothwendiger Weise alle jene Methoden ausgeschlossen werden müssen, bei denen der wahrscheinliche Fehler einen merklichen Einfluss auf das Endresultat der Messung haben kann. Dies ist nicht blos der Fall mit der verschiedenartigen Weise, wie Glasmikrometer zum Messen benutzt werden ; das Nämliche gilt auch von den Objecttisch- schraubenmikrometern , da deren wahrscheinlicher Fehler, schon wenn ein und dasselbe Blutkörperchen gemessen wird, mehr als das Doppelte beträgt von dem wahrscheinlichen Fehler des Mittelwerthes, der aua den Messungen einer Anzahl verschiedener Blutkörperchen hergeleitet wurde. Ist der Durchmesser der Objeete noch kleiner, so tritt dieser Ein- fluss noch mehr hervor; daher man in allen solchen Fällen seine Zuflucht zu noch genaueren Hülfsmitteln nehmen muss, unter denen zwar das Ocularschraubenmikrometer obenansteht, dem aber die Camera lucida, da Sömmerring'sche Spiegelchen, das Sonnenmikroskop und vorzüglich das Doppelsehen fast parallel gehen. 3ß3 Aus der Grösse des wahrscheinlichen Fehlers bei Bestimmung des mittlem Durchmessers organischer Objeete, eines Fehlers, der gar nicht* Wahl d. mikrometrisclien Methode; Genauigkeit d. mikroiuetr. Ausdrucks. 523 zu umgehen ist und sich nur dann einigermaassen beseitigen lässt, wenn eine weit grössere Zahl von Messungen zum Auffinden des Mittelwerthes ausgeführt wird, ergiebt sich aber auch noch soviel, dass es ganz nutzlos ist, wenn man bei solchen mikrometrischen Grössen bestimmte Grenzen in der pezifFerung überschreitet. Für die Muskelprimitivbündel des Er- wachsenen wurde z. B. der mittlere Durchmesser = 51,6"""" gefunden, mit einem wahrscheinlichen Fehler von Y500 Millimeter oder 2""""', wo- mit soviel gesagt ist, dass es gleich wahrscheinlich ist, der Durchmesser beträgt 49,6 oder er beträgt 53,6™""". Zehntausendstel des Millimeters anzugeben ist in einem solchen Falle eine ganz überflüssige und blos scheinbare Genauigkeit; man kann sich hier gut und gern auf Mikro- millimeter beschränken. Bei dem kleinsten in der vorhergehenden Tabelle genannten Objecte beträgt der mittlere Durchmesser 1,1™"'"', mit einem wahrscheinlichen Fehler von Vitooo""" oder 0,06"™"'; die Grenzen also, zwischen denen der wahre Durchmesser liegen muss, sind 1,04 und 1,16. Hier müs- sen also auch die Zehntausendstel des Millimeters mit in den Ausdruck aufgenommen werden. Man darf aber auch mit .Sicherheit annehmen, dass dies bei organischen Objecten die äusserste Grenze ist, bis wohin man die Genauigkeit des Ausdrucks treiben darf. Diese Grenzen habe ich daher auch bei Berechnung der folgenden Tabelle eingehalten. Ich gehe darin vom Mikromillimeter aus, und füge die gleichnamigen Werthe in Millimetern, in Pax'iser, Wiener und Engli- schen Zollen sowie in Pariser Linien bei, und zwar immer gleichzeitig in Decimalen und in gemeinen Brüchen. Bei der Linie sind Hundert- tausendstel, bei den Zollen Millionstel mit aufgeführt worden, wenngleich in den meisten Fällen die letzte Decimalzahl unbedenklich kann wegge- lassen werden. 524 Reductionstafel der mikrometrischen Maasse. mmm. Millimeter. Pariser Zoll. Pariser Linie. Englischer Zoll Wiener Zoll. 0,1 0,0001 0,000004 0,00004 0,000004 1 0,000004 1 0,2 10000 0,0002 271000 0,000007 22570 0,00009 255000 0,000008 1 263500 0,000008 1 0,3 5000 0,0003 136000 0,000011 11280 0,00013 127000 0,000012 131750 0,000011 0,4 3333 0,0004 91000 0,000015 1 7530 0,00018 i 85000 0,000016 1 88200 0,000015 1 0,5 2500 0,0005 67900 0,000018 1 5640 0,00022 63500 0,000020 1 65700 0,000019 0,6 2000 0,0006 i 54100 0,000022 1 4500 0,00027 50800 0,000024 1 52700 0,000023 1 0,7 1C66 0,0007 45000 0,000026 3760 0,00031 42300 0,000028 1 34900 0,000027 0,8 1429 0,0008 1 38700 0,000030 3220 0,00035 3G300 0,000031 i 37600 ,0,000030 1 0,9 1250 0,0009 1 33900 0,000033 1 2320 0,00040 31800 0,000035 1 32900 0,000034 1 1,0 im 0,0010 30200 0,000037 2500 0,00044 28200 0,000039 1 29300 0,000038 1 1,1 1000 0,0011 27100 0,000041 i 2257 0,00048 25500 0,000043 i 26350 0,000042 1 1,2 909 0,0012 24600 0,000044 i 2083 0,00053 23100 0,000047 24000 0,000046 1 1,3 833 0,0013 1 22600 0,000048 1 1S80 0,00057 21200 0,000051 i 21950 0,000049 1 1,4 769 0,0014 1 209U0 0,000052 1 1755 0,00062 19500 0,000055 1 20260 0,000053 1 1,5 0,0015 1 19300 0,000055 1 1613 0,00066 18100 0,000059 18820 0,000057 1 1,6 6C6 0,0016 1 ISlüO 0,000059 1515 0,00070 i 16900 0,000063 i 17560 0,000061 1,7 "625" 0,0017 1 16900 0,000063 1408 0,00075 1 15900 0,000067 i 16460 0,000065 588 15800 1333 15000 15500 Reductionstafel der mikroraetrischen Maasse. 525 mmm. Millimeter. Pariser Zoll. Pariser Linie. Englischer Zoll Wiener Zoll. 1,8 0,0018 0,0000613 1 0,00079 X 0,000071 X 0,000068 X "55? 15100 12C0 14100 14750 1,9 0,0019 1 0,000070 i 0,00084 X 0,000075 X 0,000072 X 526 14200 1190 13300 13870 2,0 0,0020 0,000074 1 0,00090 X 0,000079 X 0,000076 X 500 13G00 1128 12700 13170 2,1 0,0021 0,000077 1 0,00093 X 0,000083 X 0,000080 X "47? 12900 1074 12100 12540 2,2 0,0022 0,000081 0,00098 X 0,000087 X 0,000084 X I55 12300 1027 11500 11960 2,3 0,0023 2 0,000085 1 0,00102 X 0,000090 X 0,000087 X 435 11800 981 11050 11460 2,4 0,0024 1 0,000089 1 0,00106 X 0,000094 X 0,000091 X 417" 11300 943 105^0 10980 2,5 0,0025 0,000092 1 0,00111 X 0,000098 X 0,000095 1 400 10300 903 10170 10540 2,6 0,0026 0,000096 X 0,00115 X 0,000102 X 0,000099 X 384 10-100 ieg" 9790 10010 2,7 0,0027 0,000100 X 0,00120 X 0,000106 X 0,000103 X 370 10000 836 9440 9760 2,8 0,0028 0,000103 X 0,00124 X 0,000110 X 0,000106 X 357 9700 807 9080 9390 2,9 0,0029 0,000107 X 0,00128 X 0,000114 X 0,000110 1 "345 9400 "779 8790 9Ö8Ö 3,0 0,0030 0,000110 1 0,00133 X 0,000118 X 0,000114 X "üs -i- 9100 753 8500 S820 3,1 0,0031 1 0,000114 X 0,00137 X 0,000122 X 0,000118 X lii" 8760 728 8190 8490 3,2 0,0032 0,000118 X 0,00142 X 0,000126 X 0,000122 1 313 8470 705 7980 8230 3,3 0,0033 1 0,000122 X 0,00146 X 0,000130 X 0,000125 1 303 8210 684 7770 7980 3,4 0,0034 1 0,000125 1 0,00151 X 0,000134 X 0,000129 X 1 294 1 7970 664 7510 7760 3,5 0,0035 1 0,000129 0,00155 X 0,000138 X 0,000133 1 1 286" 7740 645" 7250 7520 52 G Reductionstal'el der mikrometrischeu Maasise. mmm. Millimeter. Pariser Zoll. Pariser Linie. Englischer Zoll Wiener Zoll. 3,G 0,0036 1 0,000133 1 0,00159 i 0,000142 X 0,000137 X - 3,7 •278 0,0037 1 75 UO 0,000137 626 0,00164 1 7060 0,000146 X 7320 0,000141 X 3,8 "270" 0,0038 1 7320 0,000140 607 0,00168 1 6870 0,000150 X 7120 0,000144 X 3,9 263 0,0039 1 713Ö 0,000144 1 594 0,00173 1 6700 0,000154 X 6930 0,000148 X 4,0 256 0,0040 1 C940 0,000148 579 0,00177 1 C530 0,000158 X 6750 0,000152 1 4,1 250 0,0041 1 6790 0,000151 2 564 0,00182 1 6350 0,000161 X 6570 0,000156 X 4,2 "244 0,0042 1 6610 0,000155 1 Ö5l 0,00186 1 6190 0,000165 X 6430 0,000159 X 4,3 239 0,0043 1 6460 0,000159 537 0,00191 1 6050 0,000169 X 627Ö 0,000163 X 4,4 233 0,0044 1 6300 0,000162 525 0,00195 1 5910 0,000173 X 6120 0,000167 X 4,5 228 0,0045 1 6160 0,000166 1 513 0,00199 1 5770 0,000177 X 5980 0,000171 X 4,6 222 0,0046 1 6020 0,000170 502 0,00204 . 1 5640 0,000181 X 5850 0,000175 X -f-7 217 0,0047 1 5S90 0,000173 1 49? 0,00208 X 5520 0,000185 X 5730 0,000 17S X 4.8 0,0048 1 5760 0.000177 2 480 0,00213 j 5400 0,000189 X 5610 0,000182 1 4,9 209 0,0049 1 ÖC50 0,000181 i 470 0,00217 1 .5290 0,000193 X 5490* 0,000186 X 5,0 104 0,0050 1 5520 0,000185 1 460 0,00222 5180 0,000197 5380 0,000190 1 5,1 200" 0,0051 1 5410 0,000188 i 450 0,00226 1 5080 0,000201 1 1 5270 0,000194 5,2 196 0,0052 1 5310 0,000192 1 447 0.00231 1 0,000205 1 KlTÖ 0,000197 1 5,3 192 0,0053 1 52ÖÖ 0,000196 1 J34 0,00235 1 4890 0,000209 X 5070 0,000201 ] i^i« 5110 427 4800 4't70 1 Reduetionstalel der mikroinetrischen Maasse. 527 nimm. Millimeter. Pariser Zoll. Pariser Linie. EngliscUerZoU Wiener Zoll. 5,4 0,0054 0,000200 i 0,00239 1 0,000213 1 . 0,000205 1 185 5000 419 4710 4880 5,5 0,0055 1 0,000203 i 0,00244 1 0,000217 1 0,000209 182 4920 "üT 46-'0 4800 5,6 0,0056 0,000207 1 0,00248 1 0,000221 1 0,000213 i 179 4830 403 4540 4710 5,7 0,0057 1 0,000211 i 0,00253 1 0,000225 1 0,000216 1 176 4750 396 4460 4'62Ö 5,8 0,0058 0,000214 1 0,00257 1 0,000228 1 0,000220 1 172 4670 389 4380 4540 5,9 0,0059 0,000218 1 0,00262 1 0,000232 1 0,000224 1 Tod 4590 4300 4460 6,0 0,0060 0,000222 1 0,00266 1 0,000236 1 0,000228 1 166 4500 "376 4230 4390 6,1 0,0061 i 0,000225 1 0,00270 1 0,000240 1 0,000232 1 Im 4440 370 4160, 4320 6,2 0,0062 0,000229 1 0,00275 1 0,000244 1 0,000235 1 • 161 4370 364 4090 4250 6,3 0,0063 0,000233 0,00279 1 0,000248 1 0,000239 1 159 43ÖÖ 358 4030 4180 6,4 0,0064 0,000236 0,00284 1 0,000252 1 0,000243 1 156 4230 352 3970 4110 6,5 0,0065 0,000240 0,00288 1 0,000256 1 0,000247 1 154 4160 347 3910 4050 6,6 0,0066 0,000244 1 0,00292 0,000260 1 0,000251 1 151 4100 "342 3850 3990 6,7 0,0067 1 0,000247 1 0,00297 1 0,000264 1 0,000254 1 149 4040 337 3790 3930 6,8 0,0068 0,000251 1 0,00301 1 0,000268 1 0,000258 1 147 3990 332 3730 3860 6,9 0,0069 1 0,000255 1 0,00306 1 0,000272 1 0,000262 1 145 3930 327 3680 3790 7,0 0,0070 0,000258 0,00310 1 0,000276 1 0,000266 1 143 3S70 322 3630 3760 7,1 0,0071 0,000262 0,00314 1 0,000280 1 0,000270 1 üT 3820 318 3570 3710 528 lieductionstafel der mikrometrischen Maasse. mmm. Millimeter. Pariser Zoll. Pariser Linie. Englischer Zoll Wiener Zoll. 7,2 0,0072 1 0,000266 1 0,00319 0,000284 1 0,000273 X Ti? 3760 "314 352Ö 3660 7,3 0,0073 1 0,000270 1 0,00323 1 0,000287 0,000277 X T37 3700 "iiö" ÜtÖ 3610 7,4 0,0074 1 0,000273 1 0,00328 1 0,000291 1 0,000281 X 135 3050 306 3430 356Ö 7,5 0,0075 1 0,000277 1 0,00332 0,000295 1 0,000285 X Tu" 3G10 iöi" 3380 3516 7,6 0,0076- 1 0,000281 1 0,00337 1 0,000299 1 0,000289 X "Tu" 35li0 298 3340 3460 7,7 0,0077 1 0,000284 1 0,00341 i 0,000303 1 0,000292 X Hö 3520 293 33ÖÖ 3420 ' 7,8 0,0078 1 0,000288 1 0,00345 1 0,000307 1 0,000296 X ~m 3470 289 3260 3370 7,9 0,0079 1 0,000292 1 0,00350 1 0,000311 0,000300 X 127 3430 "235 3220 3333 8,0 0,0080 1 0,000296 1 0,00355 1 0,000315 X 0,000304 X 125 339Ö "282 3180 3290 8,1 0,0081 1 0,000299 1 0,00359 1 0,000319 X 0,000308 X 123 3340 279 3140 3250 8,2 0,0082 1 0,000303 1 0,00363 1 0,000823 X 0,000311 X ~m 3300 "274 3100 3210 8,3 0,0083 1 0,000307 1 0,00368 i 0,000327 X 0,000315 X 120 3260 "270 3060 317Ö 8,4 0,0084 1 0,000310 1 0,00372 0,000331 0,000319 X 119 8220 "267 3Ö2Ö 3140 8,5 0,0085 1 0,000314 1 0,00377 1 0,000335 X 0,000323 X Tis 0180 265 2980 31ÖÖ 8,6 0,0086 1 0,000318 1 0,00381 1 0,000339 X 0,000327 X TlG 3150 "ü? 2950 3060 8,7 0,0087 1 0,000321 1 0,00386 1 0,000342 X 0,000330 X "115" 3T1Ö 259 2Ö2Ö iöiö 8,8 0,0088 1 0,000325 1 0,00390 i 0,000346 X 0,000334 X uT 3Ö8Ö 256 288Ö 299Ö 8,9 0,0089 1 0,000329 1 0,00395 i 0,000350 0,000338 Ui 3050 253" 2850 2960 Reduetionstalel der inikrometrischen Maasse. 529 inmm. Millimeter. Pariser Zoll. Pariser Linie. Englischer Zoll Wiener Zoll. 9,0 0,0090 1 0,000333 1 0,00399 1 0,000354 1 0,000342 X 9,1 uT 0,0091 1 3010 0,000336 1 250 0,00403 1 2820 0,000358 1 2930 0,000345 9,2 110 0,0092 1 29SÖ 0,000340 1 248 0,00408 1 279Ö 0,000362 X 1 2900 0,000349 X 9,3 109 0,0093 1 2950 0,000344 1 245 0,00412 2760 0,000366 X 2860 0,000353 X 9,4 lös 0,0094 1 2910 0,000347 1 "242 0,00417 2730 0,000370 X 2S3Ö 0,000357 X 9,0 106 0,0095 1 28SÖ 0,000351 1 "240 0,00421 1 27ÖÖ 0,000374 X 2800 0,000361 X 9,6 105 0,0096 1 2S5Ö 0,000354 1 237 0,00425 1 2670 0,000378 X 2770 0,000364 X 9,7 104 0,0097 1 2820 0,000358 1 1 235 0,00430 2640 0,000382 X 2740 0,000368 X 9,8 103 0,0098 1 2790 0,000362 1 X 233 0,00434 1 2620 0,000386 X 2710 0,000372 X 9,9 102 0,0099 2760 0,000366 1 l 230 0,00439 2590 0,000390 X 2630 0,000376 X 10,0 TOT 0,0100 2730 0,000369 1 1 0,00442 2570 0,000394 X 265Ö 0,000380 X 10,2 100 0,0102 2710 0,000376 1 1 226 0,00452 2550 0,000402 • X 2635 0,000388 X 10,4 98 0,0104 1 2660 0,000384 1 1 0,00'461 1 249Ö 0,000410 X 258Ö 0,000395 X 10,6 96 0,0106 2610 0,000391 1 219 0,00470 1 2460 0,000418 X 253Ö 0,000403 X 10,8 94 0,0108 2560 0,000397 1 215 0,00479 1 2410 0,000426 X 2480 0,000411 X 11,0 92 0,0110 2 2510 0,000406 1 212 0,00487 236Ö 0,000433 X 2440 0,000418 X 11,2 91 0,0112 246Ö 0,000413 1 lös 0,00496 1 2310 0,000441 1 2400 0,000426 1 11,4 89 0,0114 1 2420 0,000421 204 0,00505 1 2270 0,000449 1 2350 0,000433 1 1 37 2380 200 2230 2310 Martin g's Mikroskop. 3^ l 530 Reductionstalel der mlkrometrisclien Maasse. mmm. Millimeter. Pariser Zoll. Pariser Linie. Englischer Zol Wiener Zoll. 11,6 0,0116 0,000428 0,00514 0,000457 0,000441 1 85 1 2340 1 196 1 2200 1 2265 11,8 0,0118 1 0,000436 1 0,00523 1 0,000465 2 0,000449 84 23ÖÖ 192 2160 1 2230 12,0 0,0120 0,000443 0,00532 0,000473 0,000456 1 83 1 2260 1 188 1 2120 . 1 2195 12,2 0,0122 0,000450 0,00540 0,000481 0,000464 1 82 1 2220 1 184 1 2080 1 2140 12,4 0,0124 1 0,000458 1 0,00548 1 0,000489 0,000472 so 2180 üT iöiö 1 2110 12,6 0,0126 1 0,000465 1 0,00557 1 0,000498 2 0,000480 79 2150 "m 2000 1 2080 12,8 0,0128 1 0,000473 1 0,00566 1 0,000505 1 0,000487 78 2120 177 X rnö 1 2050 13,0 0,0130 0,000480 0,00574 0,000512 0,000494 2 77 1 2090 1 175 1 1950 1 2026 13,2 0,0132 0,000487 0,00583 0,000520 0,000502 I 76 1 2050 1 172 1 1920 1 1990 13,4 0,0134 0,000495 0,00591 0,000528 0,000510 75 1 2030 1 169 1 1890 1 i960 13,6 0,0136 1 0,000502 1 0,00600 0,000536 0,000517 73 2ÖÖÖ 166 1860 1 1930 13,8 0,0138 1 ^0,000509 0,00608 1 0,000544 0,000524 1 72 1970 163 1 1830 1 1900 14,0 0,0140 1 0,000517 1 0,00616 1 0,000552 1 0,000531 1 n 1930 161 1 1810 1 1882 14,2 0,0142 1 0,000524 1 0,00625 1 0,000560 1 0,000539 1 70 iäöö Is? 1780 1 1856 14,4 0,0144 0,000532 1 0,00634 1 0,000568 1 0,000547 1 69 1870 HT 1750 1 .14,6 0,0146 0,000539 0,00642 0,000576 0,000554 1 68 1 IS.iO 1 155 1 1730 1 1806 14,8 0,0148 1 0,000547 1 0,00651 1 0,000584 2 0,000562 1 67 1S30 T53" itIö 1781 .15,0 0,0150 1 0,000554 1 0,00660 1 0,000591 } 1 0,000569 1 C7 1810 TöT 1690 1 1 1766 Rcductionstafel der mikrometrischen Maasse. 531 in mm. Millimeter. Pariser Zoll. Pariser Linie. Englischer Zoll Wiener Zoll. 15,2 0,0152 0,000561 1 0,00669 2 0,000599 0,000577 15,4 66 0,0154 17S0 0,000569 1 149 0,00678 i 1 1670 0,000607 1 1 1731 0,000584 15,6 65 0,0156 1^ 1750 0,000576 1 147 0,00687 1 X 1C50 0,000615 1 1 1711 0,000592 15,8 64 0,0158 1730 0,000584 1 145 0,00696 1 iüö 0,000623 1 1 1689 0,000600 16,0 63 0,0160 1710 0,000590 1 143 0,00704 1 1610 0,000630 1 1666 0,000607 16,-2 63 0,0162 1 1690 0,000597 1 141 0,00713 i 1590 0,000638 1 1 1646 0,000615 16,4 63 0,0164 1 lieö 0,000605 1 0,00722 1 1 1570 0,000646 j 1 1626 0,000622 16,6 61 0,0166 1 16'iO 0,000612 1 0,00731 i 1550 0,000654 1 1 1606 0,000630 16,8 17,0 60 0,0168 59 0,0170 1 1620 0,000620 1 1600 ■ 0,000627 1 136 0,00740 1 134 0,00748 1 1530 0,000662 1 1510 0,000670 1 1585 0,000638 1 1567 0,000645 17,2 59 0,0172 1 15S0 0,000634 1 1 133 0,00757 1 1 1500 0,000678 2 1 1550 0,000653 17,4 58 0,0174 1560 0,000642 1 131 0,00766 1 14SÖ 0,000686 i 1 1530 0,000660 17,6 57 0,0176 j. 1540 0,000649 1 0,00775 1 1460 0,000694 1 1520 0,000668 17,8 57 0,0178 i 1530 0,000656 128 0,00784 144Ö 0,000702 1 1500 0,000675 18,0 56 0,0180 1 1520 0,000664 1 1 127 0,00794 j 1 1420 0,000709 1 1 1483 0,000683 1 18,2 56 0,0182 1 1510 0,000671 1 126 0,00803 . i ■ 1410 0,000717 i 1 1475 0,000691 1 18,4 55 0,0184 1 1490 0,000679 i 124 0,00812 2 0,000725 1 14.57 0,000699 18,6 54 0,0186 1 1470 0,000686 i 123 0,00821 1 1370 0,000733 i 1439 0,000706 1 54 1450 "m 1360 34 1421 532 Reductionstai'el dei- mikrometrischeu Maasse. mmm. ^Millimeter. Pariser Zoll. Pariser Linie. EnglischerZoll Wiener Zoll. 18,8 0,0188 1 0,000694 0,00830 1 0,000741 1 0,000714 1 19,0 53 0,0190 1440 0,000701 1 T2Ö 0,00838 1 üiö 0,000749 1 1413 0,000721 1 19,2 53 0.0192 i 1420 0,000708 1 119 0,00847 1 1330 0,000757 1 1.387 0,000729 i 19,4 52 0,0194 2 141Ö 0,000716 1 0,00856 1 1-310 0,000765 i 1372 0,000737 1 19,6 5l 0,0196 1 1390 0,000723 1 116 0,00866 1 liöö 0,000773 1 1356 0,000745 1 19,8 51 0,0198 1380 0,000731 2 115 0,00876 1290 0,000780 1342 0,000752 20,0 50 0,0200 1 1370 0,000738 i 0,00886 1 lÜÖ 0,000787 i 1330 0,000759 y 20,2 50 0,0202 1 1360 0,000745 1 ll3 0,00895 1 127Ö 0,000795 1 1317 0,000767 1 20,4 50 0,0204 134Ö 0,000752 111 0,00904 1 1260 0,000803 1304 0,000775 20,6 49 0,0206 1 133Ö 0,000760 i 0,00913 2 1240 0,000811 1 1291 0,000782 20,8 49 0,0208 1 Üiö 0,000767 1 109 0,00922 1 1230 0,000819 1278 0,000790 i 21,0 48 0,0210 liöö 0,000775 1 10s 0,00931 1 1220 0,000826 j T260 0,00079? 21,2 48 0,0212 1 1290 0,000782 . 1 1Ö7 0,00940 1210 0,000834 j 1254 0,000805 21,4 4i 0,0214 1 1280 0,000789 1 106 0,00949 i rüö 0,000842 2 12i2 0,000813 21,6 47 0,0216 1 1260 0,000797 1 105 0,00958 1 118Ö 0,000850 1230 0,000820 2 21,8 47 0,0218 1 1250 0,000804 1 km" 0,00967 1 ütö 0,000858 2 i2ii 0,000828 2 22,0 46 0,0220 1 üiö 0,000812 1 103 0,00975 1 1160 0,000866 1207 0,000835 1 22,2 46 0,0222 1 mö 0,000819 1 0,00984 1 iliö 0,000874 i M. 1196 0,000843 46 1220 102 Iliö n<5 Reduetionstafel der mikrometrischcn ilaasse. 53? mm 111. MiUiinctei'. Pariser Zoll. Pariser Linie. Englischer Zoll Wiener Zoll. 22,4 0,0224 1 0,000826 1 0,00993 0,000882 1 0,000850 1 22,6 45 0,0226 1 1210 0,000833 1 TOT 0,01002 1 Tm 0,000890 i 1 1175 0,000858 1 22,8 45 0,0228 1 1200 0,0008 40 1 100 0,01011 l 112Ö 0,000898 1165 0,000866 23,0 44 0,0230 1 1190 0,000848 99 0,01019 1 1110 0,000905 1 1 1155 0,000873 1 23,2 44 0,0232 1 1180 0,000855 1 98 0,01028 1 1105 0,000913 1 i 1146 0,000881 X 23,4 44 0,0234 1 1170 0,000862 1 97 0,01037 1095 0,000921 X Tm 0,000888 1 23,6 43 0,0236 1 IIGO 0,000870 1 96 0,01046 i löse 0,000929 X i 1126 0,000895 1 23,8 43 0,0238 1 1150 0,000878 1 95 0,01055 1 1077 0,000937 1116 0,000903 X 24,0 42 0,0240 1 1140 0,000886 1 94 0,01063 1 löfi 0,000944 X lTÖ7 0,000911 X 24,2 42 0,0242 1130 0,000893 1 94 0,01072 1 1059 . 0,000952 X 1098 0,000919 X 24,4 42 0,0244 i 1120 0,000900 1 ü 0,01081 1 lösl 0,000960 1 1089 0,000927 X 24,6 41 0,0246 1 1110 0,000908 1 92 0,01090 1 1043 0,000968 X lösö 0,000935 X 24,8 41 0,0248 1 1100 0,000915 91 0,01099 1 1035 0,000974 X 1071 0,000942 X 25,0 40 0,0250 j 1Ö9Ö 0,000923 1 91 0,01107 1 1026 0,000983 X 1062 0,000949 X 25,5 40 0,0255 1 1080 0,000941 90 0,01129 1017 0,001003 X 1054 0,000968 X 26,0 39 0,0260 1 1060 0,000959 X 88 0,01151 1 "äü" 0,001023 1 1Ö33 0,000987 X 26,5 ü 0,0265 1 1010 0,000977 i 87 0,01173 1 979 0,001043 X 1Ö13 0,001006 1 27,0 ü 0,0270 1 1020 0,000996 85 0,01195 i 961 0,001062 1 "994 0,001025 X 1 37 lOOO ^ 84 944 976" 534 Reductionstafel der mlkrouietrischen Maasse. mmm. Millimeter. Pariser Zoll. Pariser Linie. Englischer Zoll Wiener Zoll. 27,5 0,0275 1 0,001014 i 0,01217 X 0,001082 X 0,001044 X / 28,0 36 0,0280 985 0,001033 X 82 0,01239 X "92? 0,001102 X 957 0,001063 X 28,5 36 0,0285 1 970 0,001051 81 0,01261 X lös 0,001122 X "939 0,001082 X 29,0 35 0,0290 1 955 0,001070 X 79 0,01283 X 883 0,001141 X "923 0,001101 X 29,5 35 0,0295 1 "940 0,001088 X 78 0,01305. X "879 0,001161 X "9Ö8 0,001120 X 30,0 34 0,0300 1 "025 0,001107 X 76 0,01330 X "sei 0,001180 X 895 0,001139 X 30,5 33 0,0305 1 910 0,001126 X 75 0,01352 X 848" 0,001200 X "882 0,001158 1 31,0 33 0,0310 1 0,001144 X 74 0,01374 X "833 0,001220 X 1 865 0,001177 1 31,5 0,0315 1 "876 0,001162 X 73 0,01396 X 819 0,001240 X 1 849 0,001196 1 32,0 ü 0,0320 1 "sei P,001181 X 72 0,01418 X "sös 0,001260 X "üe 0,001215 X 32,5 31 0,0325 1 847 0,001199 X 71 0,01440 X 797 0,001280 X "823 0,001234 X 33,0 31 0,0330 1 834 0,001218 X 70 0,01462 X 780 0,001299 X 810 0,001253 X 33,5 3Ö 0,0335 1 "821 0,001236 X 68 1 0,01484 770 0,001319 X 798 0,001272 X 34,0 3Ö 0,0340 1 109 0,001255 X 67 0,01506 1 "759 0,001338 X "786 0,001291 34,5 29 0,0345 1 797 0,001273 X 1 - i 66 0,01528 X "747 0,001358 1 775 0,001310 X 35,0 29 0,0350 1 785 0,001292 X 65 ' 0,01550 X 737" 0,001378 X 763 0,001329 1 35,5 29 0,0355 X 0,001310 I : 65 0,01572 X 726 0,001398 X L 752 0,001348 1 36,0 28 0,0360 1 76? 0,001328 I 64 1 0,01594 i X 0,001417 X i. 742" 0,001367 1 28 753" 1 63 706 1 732 Rcdiictionstafel der mikrometrischen Maasso. 535 nimm. Millimeter. Pariser Zoll. Pariser Linie, EngÜRclierZoll Wiener Zoll. 36,5 0,0365 1 0,001346 1 0,01616 i 0,001427 0,001386 2 37,0 27 0,0370 1 742 0,001365 1 62 0,01638 i "696 0,001457 1 "722 0,001405 1 37,5 27 0,0375 1 732 0,001383 1 61 0,01660 1 "687 0,001477 1 1 712 0,001424 2 38,0 26 0,0380 1 0,001402 1 60 0,01682 1 "678 0,001496 2 "702 0,001443 1 38,5 26 0,0385 1 0,001420 1 59 0,01704 1 670" 0,001516 1 X 693 0,001462 2 39,0 26 0,0390 1 703 0,001439 1 58 0,01726 1 661 0,001536 2 "684 0,001481 2 39,5 26 0,0395 1 694 0,001457 1 58 0,01748 1 653 0,001556 1 . 675 0,001500 1 40,0 25 0,0400 1 0,001476 1 57 0,01773 1 644 0,001575 "666 0,001518 2 40,5 25 0,0405 1 679 0,001494 1 56 0,01795 1 "635 0,001595 2 "657 0,001537 1 41,0 24 , 0,0410 1 670 0,001513 1 55 0,01817 1 627 0,001614 1 i 650 0,001556 2 41,5 24 0,0415 i 66? 0,001531 i 55 0,01839 619 0,001634 i 643 0,001575 2 42,0 24 0,0420 1 "653 0,001550 1 54 0,01861 1 "612 0,001654 1 "üs 0,,001594 2 42,5 24 0,0425 1 646 0,001568 1 54 0,01883 1 605 0,001674 1 627 .0,001613 2 43,0 23 0,0430 1 638 0,001587 1 / ü 0,01905 1 "sis 0,001693 1 619 0,001632 1 43,5 23 0,0435 1 "eiö 0,001605 1 53 0,01927 1 0,001713 1 "üü" 0,001651 44,0 23 0,0440 i "623 0,001624 1 52 0,01949 1 0,001733 1 "eös 0,001670 X 44,5 23 0,0445 1 616 0,001642 i 51 0,01971 i 577 0,001753 1 Tss 0,001689 X 45,0 22 0,0450 1 "609 0,001661 t 51 0,01993 1 570 0,001772 1 0,001708 X L i. 602 50 sfiT ^85 53G Reductionstafel der mikrometrischen Maassc. mmm. Millimeter. Pariser Zoll. Pariser Linie. Englischer Zoll Wiener Zoll. 45,5 0,0455 0,001679 1 0,02015 1 0,001792 1 0,001727 1 46,0 22 0,0460 2 595 0,001697 1 50 0,02037 1 "558 0,001811 1 "579 0,001746 1 46,5 22 0,0465 i 589 0,001715 1 49 0,02059 1 552 0,001831 1 "573 0,001765 1 47,0 21 0,0470 "582 0,001734 49 0,02082 1 "546 0,001851 1 56? 0,001784 1 47,5 21 0,0475 1^ "57c 0,001752 1 48 0,02105 1 0,001871 •1 0,001803 1 48,0 n 0,0480 1 570 0,001771 1 48 0,02127 1 "534 0,001890 1 555 0,001822 1 48,5 ü 0,0485 1 565 0,001789 2 47 0,02149 1 "529 0,001910 1 549 0,001841 i 49,0 21 0,0490 1 "558 0,001810 47 0,02172 i "523 0,001930 1 543 0,001860 1 49,5 2Ö 0,0495 552 0,001828 46 0,02199 1 "si? 0,001950 "538 0,001879 1 50 20 0,0500 "547 0,001847 46 0,02217 1 513 0,001969 1 "532 0,001898 1 51 20 0,0510 2 "542 0,001884 1 45 0,02261 1 "iöi" 0,002008 i "527 0,001936 1 52 2Ö 0,0520 i 0,001921 1 44 0,02305 i 498 0,002048 1 517 0,001974 1 53 19 0,0530 1 520 0,001958 1 43 0,02349 1 489" 0,002087 1 507 0,002012 1 54 19 0,0540 i 511 0,001995 i 43 0,02393 1 480 0,002127 «7 0,002050 55 0,0550 1 501 0,002032 X 42 0,02437 1 471 0,002166 i 488" 0,002088 1 56 ü 0,0560 1 492" 0,002068 1 41 0,02481 1 "462 0,002205 i 480 0,002126 57 18 0,0570 1 0,002105 1 4Ö 0,02525 1 454 0,002245 1 0,002164 58 18 0,0580 j 475 0,002142 1 4Ö 0,02570 i "446 0,002284 1 0,002202 17 467 39 438 4H Reductionstal'el der mikromctrischeii JMaassc. :>'.Vi mnim. Millimeter. Pariser Zoll. Pariser Linie. F-nglischerZüll Wiener Zoll. 59 0,0590 1 0,002179 1 0,02615 X 0,002324 X 0,002240 ] 60 1 17 0,0600 2 1 459 0,002216 1 38 0,02660 . X 4:jii 0,002363 1 446 0,002278 61 17 0,0610 450 0,002253 38 0,02704 X 423 0,002402 439 0,002316 j 62 16 0,0620 1 444 0,002290 1 37 0,02748 X 416 0,002442 X 432 0,002354 X 63 16 0,0630 "437 0,002327 36 0,02792 X 409 0,002481 X 425 0,002392 X 64 16 0,0640 1 430 0,0023 64 36 0,02836 X 403 0,002521 X 0,002430 X 65 16 0,0650 1 423 0,002401 ü 0,02880 X 0,002560 X 411 0,002468 1 66 15 0,0660 1 416 0,002438 35 0,02924 X 391 0,002600 X 405 0,002506 X 67 15 0,0670 1 410 0,002474 34 0,02968 X 385 0,002639 X "399 0,002544 X 68 15 ' 0,0680 1 404 0,002511 X 34 0,03012 X "379 0,002678 X 393 0,002582 X 69 15 0,0690 1 "399 0,©O2548 X ü 0,03056 373 0,002718 X 0,002620 X 70 15 0,0700 1 393 0,002585 X 33 0,03100 X 368 0,002756 X "isT 0,002657 X 71 14 0,0710 1 387 0,002623 X 32 0,03144 X 363 0,002795 X 376 0,002695 X 72 14 0,0720 1 382 0,002660 X 32 0,03188 X 357 0,002835 X "in 0,002733 X . 73 14 0,0730 1 376 0,002697 X 31 0,03232 X 352 0,002874 X 366 0,002771 X 74 14 0,0740 1 370" 0,002733 X 0,03276 X 347 0,002914 X "ieT 0,002809 X 75 14 0,0750 1 365 0,002770 1 31 0,03320 X I43 0,002953 X 356 0,002847 X 76 13 0,0760 lei 0,002807 X 30 0,03365 339 0,002992 0,002885 1 13 Üfi" .^ 334 :i4i! 538 Reductionstafel der mikrometrischen Maasse. mmm. Millimeter. PariserZoll. Pariser Linie. EnglischerZoll Wiener Zoll. 11 0,0770 1 0,002844 1 0,03409 1 0,003032 1 0,002923 2 78 13 0,0780 1 352 1 0,002881 29 0,03454 j 330 0,003071 342 0,002961 1 79 13 0,0790 1 347 0,002918 1 29 0,03500 1 326 0,003111 337 0,002999 80 ü 0,0800 1 343 0,002955 »1 29 0,03546 1 322 0,003150 1 1 333 0,003037 2 81 ü 0,0810 1 339 0,002992 28 0,03590 318 0,003189 0,003075 1 82 12 0,0820 1 "334 0,003029 1 28 0,03634 lil 0,003229 1 "325 - 0,003113 X 83 12 0,0830 1 330" 0,003066 27 0,03678 liö 0,003268 1 32? 0,003151 X 84 12 0,0840 1 32G 0,003103 27 0,03722 1 0,003308 "317 0,003189 2 85 12 0,0850' 1 "322 0,003140 27 0,03766 "302 0,003347 "iil 0,003227 X 86 12 0,0860 1 318 0,003177 27 0,03810 298 0,003386 0,0032^65 X 87 12 0,0870 1 3lF 0,003214 1 26 0,03855.' 295 0,003426 1 306 0,003303 X 88 ü 0,0880 iiT 0,003250 26 0,03900 1 "29? 0,003465 103 0,003341 X 89 11 0,0890 1 308 0,003288 2 26 0,03945 1 288 0,003505 1 299 0,003379 X 90 n 0,0900 1 305 0,003325 25 0,03990 1 285 0,003543 X "296 0,003416 X 91 ii 0,0910 1 302 0,003362 1 25 0,04034 282 0,003582 I93 0,003454 X 92 11 0,0920 1 298 0,003399 1 25 0,04078 1 279 0,003622 1 "290 0,003492 X 93 n 0,0930 1 "295 0,003436 1 25 0,04122 276 0,003661 0,003530 X 94 11 0,0940 ■j 291 0.003473 24 0,04166 0,003701 "283 0,003568 n 288" 24 270" 280 Rcductioiistal'el der inikromotrischcn Maasse. 539 mmm Millimetei". Pariser Zoll Pariser Linie Englischer Zoll Wiener Zoll, 95 0,0950 1 0,003507 X 0,04210 X 0,003740 1 0,003606 1 H 285 24 267 277 96 0,0960 1 0,003544 X 0,04254 X 0,003779 X 0,003644 1 10 "282 24 264 "274 97 0,0970 1 0,003581 X 0,04300 X 0,003819 X 0,003682 1 lÖ 279 23 liä l 271 98 0,0980 1 0,003618 X 0,04344 X 0,003858 X 0,003720 1 iö "iTs 23 259 1 268 99 0,0990 i 0,003656 X 0,04388 X 0,003898 X- 0,003758 1 io "273 23 257 1 "26? 100 0,1000 1 0,003694 X 0,04433 X 0,003937 X 0,003796 X lÖ 271 23 255 "264 105 0,1050 0,003879 0,04674 0,004134 0,003986 1 9 1 " 258 1 22 1 243 1 252 110 0,1100 0,004059 X 0,04870 X 0,004334 X 0,004176 1 "9 üe" 21 "üT 1 240 115 0,1150 1 0,004243 X 0,05090 X 0,004531 X 0,004366 X "9 "23ß" 2Ö "22T "isö 120 0,1200 X 0,004428 X 0,05280 X 0,004728 X 0,004555 X "s 226 19 212 220 125 0,1250 0,004613 X 0,05500 X 0,004925 X 0,004745 X 8 217 18 203 in" 130 0,1300 0,004797 X 0,05720 X 0,005122 X 0,004935 X "s 209 18 195 203 135 0,1350 1 0,004982 X 0,05940 X 0,005319 X 0,005125 X 7 "201 17 188 "195 140 0,1400 1 0,005166- X 0,06160 X 0,005516 X 0,005314 X T ~m 16 181 "isi" 145 0,1450 1 0,005351 X 0,06380 X 0,005713 X 0,005504 X T 187 16 175 Im 150 0,1500 0,005535 X 0,06600 X 0,005910 X 0,005694 X 7 TiT 15 Tei" 176 155 0,1550 0,005710 X 0,06820 X 0,006107 X 0,005884 1 fi T75 15 164 170 160 0,1600 X 0,005904 X 0,07040 1 0,006304 X 0,006074 1 1 169 ü liÄ 165 540 Reduetionstafel der niikronietri.schen Maasse. nimm. Millimeter. Pariser Zoll. Pariser Linie. EngliseherZoll Wiener Zoll. 165 0,1650 1 0,006089 0,07260 1 0,006501 1 0,006264 1 170 0,1700 1 16-3 0,006275 14 0,07480 1 0,006698 1 160 0,006453 1 175 6 0,1750 1 15S 0,006458 1 13 0,07700 1 150 0,006895 1 155 0,006643 1 180 0,1800 1 0,006642 1 13 0,07940 1 "145 0,007092 0,006833 1 185 0,1850 1 0,006827 13 0,08160 1 Tii 0,007289 148 0,007023 1 190 T 0,1900 1 T47 0,007011 12 0,08380 1 137 0,007486 0,007212 1 195 — 5 0,1950 1 "143 0,007195 1 12 0,08600 1 1l33 0,007683 139 0,007402 1 200 5 0,2000 1 0,007388 1 12 0,08866 130 0,007874 1.35 0,007592 1 T ~m 11 li? "132 Sfid Nicht selten i.st es bei wissenschaftlichen Untersuchungen uöthig, dass man die Oberfläche eines im Gesichtsfelde befindlichen Objects misst. Da diese Oberfläche in der Regel sehr unregelmässig gestaltet ist, so hat das Bestimmen ihrer Grosse eigenthümliche Schwierigkeiten. Es giebt aber verschiedene Wege, um auf die eine oder andere Weise zum ge- wünschten Ziele zu kommen, die wir hier noch der Reihe nach betrachten müssen. In manchen Fällen lässt sich diese Messung dadurch ausführen, dass man in den Focus des obersten Oculars ein in Vierecke getheiltes Mikro- meter bringt und die Zahl der Vierecke bestimmt, welche durch das Ob- ject gedeckt werden. Hat man durch das bekannte Verfahren die Grösse des einzelnen Vierecks bestimmt, so findet man die Gesammtoberfläche des Objects durch eine einfache Multiplication. Scheinbar zwar ganz einfach und bequem, ist eine solche Ausmessung dennoch sehr mühsam, ja manchmal unausführbar, wenn die Oberfläche des Objects einen etwas grössern Abschnitt des Gesichtsfeldes einnimmt und die Vierecke, wie es die Genauigkeit der Bestimmung erfordert, klein sind , weil das Auge in Ermangelung grösserer Abtheiluugen keinen Ruhepunkt findet und nicht im Stande ist, der Reihe nach jedes Viereck so zu sehen, dass einer Verwirrung im Zählen vorgebeugt wird. Besser ist es daher, mittelst einer Camera lucida den Umriss des zu messenden Körpers auf Papier oder auf eine Schiefertai'el zu zeichnen Flüclienmcssung. ö41 und dann ein Stück durclisiclitiges Papier oder eine Glastafel darauf zu legen , worauf mit Tinte oder mit einem Schreibdiamante viereckige Felder gezogen sind. Da man jetzt dem Auge beim Zählen der Vier- ecke zu Hülfe kommen kann, so läuft man keine Gefahr, durch deren Menge verwirrt zu werden, znmal wenn man die grösseren Abtheilungen durch Zahlen oder sonst auf eine Art auf dem Papier oder auf der Glas- platte angegeben hat. Wahrscheinlich ist auch das Planimeter, welches der Ingenieur Caspar Wetli in Zürich erfunden und beschrieben hat (Sitzungsberichte der Kais. Ak. 1850, I, S. 134), ein sehr geeignetes Instrument, womit man in einem solchen Falle die Oberfläche des mit der Camera lucida gezeichneten Bildes ausmessen kann. Doch kenne ich es nicht aus eigener Erfahrung, so wenig als das auf einem ähnlichen Principe (Messen durch Ordinaten und Coordiuaten) beruhende, von L. Fick (Zeitschr. f. rat. Med. 1853, Bd. III, S. 173) ausgedachte und auf das Mikroskop angewandte Instument. Dasselbe besteht der Hauptsache nach aus zwei beweglichen Armen, zwischen denen sich zwei einander kreuzende Spinnenwebfäden befinden. Das Ocular besteht aus zwei Röhren, die durch ein kurzes Interstitiura getrennt werden, worin sich der Kreuzungspunkt, der im Brennpunkte des obersten Oculars liegt, an den Rändern des Objects im Gesichtsfelde bewegen lässt. — Hierher gehört auch das Planimeter von Amsler (lieber die mechanische Bestimmung des Flächeninhalts u. s. w. Schaflfhausen 1856), dessen auch bei C. Fick (Medic. Physik 1856, S. 464) kurz Erwähnung geschieht. Es giebt aber noch zwei andere Methoden, die auf einem kürzeren und mehr directen Wege dt,s Ziel erreichen lassen. Zuvörderst ist das tragbare Sonnenmikroskop recht gut dazu zu be- nutzen. Bei schwachen Vergrösserungen kann auch Lampenlicht statt des Sonnenlichts zur Beleuchtung des Objects verwandt werden. Das Bild wird auf einem ebenfalls in Vierecke getheilten Papiere aufge- fangen, das man vorübergehend mittelst Terpentinöls durchscheinend macht. Zweitens können diejenigen, die bei ihrem Mikroskope einen achro- matischen Beleuchtungsapparat haben, denselben anwenden, um das Bild einer entfernten Theilung in das Gesichtsfeld zu bringen und dasselbe zugleich mit dem Objecte vergrössert wahrzunehmen. Von den verschie- denen Weisen, wie dies ausführbar ist, habe ich der folgenden den Vor- zug gegeben. Auf eine matt geschliffene Glasplatte von etwa 30 Quadratcenti- metern werden mit Tinte eine'Anzahl paralleler, einander durchkreuzender Linien gezogen, so dass die ganze Oberfläche in mindestens 300 bis 400 Vierecke von gleicher Grösse getheilt ist. Um das Zählen zu erleichtern, werden die grösseren Vierecke, welche 5 kleinere nach der Länge und nach der Breite, zusammen also 25 kleinere befassen, durch Tüpfel- 542 Flächenmessung. chen an den Ecken angedeutet, d. h. rund um die Kreuzungspunkte der Linien daselbst. Ausserdem kann man noch Zahlen an den Seiten des Vierecks anbringen. Um die Platte und die darauf gezeichnete Thei- lung zu schonen, bedeckt man sie mit einer andern durchsichtigen Glas- platte, und klebt dann die Ränder mit Papierstreifen dicht auf einander. Die Platte ist nun für alle Zeiten zur Benutzung fertig; ^ie kann auf einen besondern Fuss gestellt werden, oder, wie es in meinem Arbeits- zimmer der Fall ist, an ein Fenster kommen. Stellt man ein Mikroskop in einiger Entfernung gerade davor und dreht den ebenen Spiegel der- gestalt, dass das Licht durch die getheilte Glasplatte hindurch darauf fällt und ins Mikroskop tritt, so wird, falls unter dem Objecttische eine achromatische Linse oder ein achromatisches Linsensystem befindlich ist, darüber ein Bild jener Theilung entstehen, das man zugleich mit dem Objecte im Gesichtsfelde sieht, sobald die Linse oder das Linsensystem in die nöthige Entfernung vom Objecttische gebracht wird. Ich be- nutze dazu gewöhnlich eine Linse von 13,5 Millimeter Brennweite, die zu dem Beleuchtungsapparate gehört, dessen Beschreibung im dritten Buche folgen wird. Das Bild von den Tljeilungen kann man aber dadurch verschieden gross machen, dass man schwächere oder stärkere Linsen oder Linsensysteme davor stellt, oder dass man das Mikroskop der einge- theilten Glasplatte mehr weniger genähert aufstellt. Die wahre Grösse der Vierecke muss übrigens vorher eben so bestimmt werden, als wenn ein Glasmikrometer ins ücular genommen wird. Hat man diese Bestim- mung aber für eine oder für mehrere unveränderliche Entfernungen und für die nämlichen Linsen ausgeführt , so können die so gewonnenen Re- sultate für alle folgenden Messungen benutzt^werden. Es ist klar, dass von dem nämlichen Principe noch auf manche andere Weise Anwendung gemacht werden kann, indem man behufs ver- schiedener Arten von Messungen (Längs-, Flächen- oder Winkelmes- sungen), oder um Objecte in einem bestimmten Räume abzuzählen, oder auch um genaue Zeichnungen anzufertigen, das Gesichtsfeld auf solche Weise ganz nach Willkür in Ebenen von verschiedener Grösse ab- theilen kann. Sechster Abschnitt. Das Zeichnen mikroskopischer Gegenstände. Von jedem , der sich naturhistorischen und anatomischen unter- 365 suchungen hingiebt, ist zu verlangen, dass er das Wahrgenommene in einer getreuen Abbildung wiederzugeben im Stande sei. Keine Beschrei- bung, wie ausführlich und genau dieselbe auch sein mag, kann es mit der einfachsten Zeichnung aufnehmen, wenn es darauf ankommt, bei einem Anderen die nämliche Vorstellung zu erwecken, welche der Beobachter beim Betrachten eines Objects sich aneignete. Gute Abbildungen sind auch einer gemeinsamen Sprache vergleichbar ; jeder versteht sie, welchem Lande er auch angehören möge, wenn er nur dieser Art von Unter- suchungen nicht durchaus fremd ist. Manchmal kann der Naturforscher die Anfertigung von Abbildungen allerdings Anderen überlassen und seine Zeit nützlicher auf andere Weise verwenden ; aber er müsste doch wenigstens im Stande gewesen sein, die Abbildung selbst zu machen , wenn er deren Ausführung gehörig über- wachen will. Denn ist sie einem Zeichner von Profession anvertraut, so mag sie zwar in künstlerischer Beziehung ganz vortrefflich ausfallen, und dennoch entspricht sie oftmals ihrem eigentlichen Zwecke, nämlich so viel möglich ein treues Bild des Wahrgenommenen zu geben, sehr mangelhaft. Dazu kommt noch, dass es kein besseres Mittel giebt, sich zu einem guten Beobachter auszubilden, ala wenn man sich daran gewöhnt, sobald Zeit und Gelegenheit sich dazu darbieten, während der Beobachtung selbst vom Beobachteten Abbildungen zu machen. Die Erfahrung wird jeder machen, dass, wenn man dieses thut, die Aufmerksamkeit auf manche oftmals wichtige Einzelnheiten hingelenkt wird, die derselben ausserdem würden entgangen sein. 544 Mikroskopische Zeichnung. Das Gesagte gilt nun vornehmlich von den mikroskopischen Beob- achtungen. Man könnte vielleicht meinen, dass es gerade bei diesen vor- zuziehen wäre, wenn die Abbildungen' von einem Anderen ausgeführt würden, der nicht ans Mikroskop gewöhnt ist, weil ein ganz unbefangenes Individuum weniger der Gefahr ausgesetzt ist, die Gegenstände anders zu zeichnen, als sie wirklich unterm Mikroskope sich zeigen. Darin würde man aber sehr irren. Das mikroskopische Sehen, wie in einem früheren Kapitel dargethan wurde, ist in mehr denn Einer Hinsicht verschieden vom gewöhnlichen Sehen; man muss es lernen, und deshalb kann nur Derjenige brauchbare mikroskopische Zeichnungen liefern, der selbst ein guter mikroskopischer Beobachter ist. Man stelle sich aber auch nicht vor, dass dazu eine sehr grosse Kunstfertigkeit erfordert wird, die man sich nur durch jahrelange Uebung und unter gehöriger Anleitung zu eigen machen könne. Es wird nur das gefordert, was jeder mikroskopische Beobachter an und für sich schon besitzen muss : ein gutes Auge, eine feste Hand, Geduld. Ausserdem ist nichts nöthig, als Papier, ein Paar Bleistifte von ungleicher Härte und ein Stückchen Kautschuk. Um indessen den, der sich noch wenig darauf gelegt hat, bei seinen ersten Schritten zu unterstützen, sollen ganz kurz die Haupterfordernisse einer mikroskopischen Zeichnung betrachtet werden, und ich werde ei- niger Hülfsmittel bei deren Anfertigung gedenken. 366 Die Haupterfordernisse sind Treue und Deutlichkeit; Zier- lichkeit kann höchstens als gute Nebeneigenschaft gelten, der indess die beiden ersteren niemals aufgeopfert werden dürfen. Es wird aber näher auseinander zu setzen sein , was hier unter Treue und Deutlichkeit zu verstehen ist. Man hat wohl angenommen, das müssten immer die besten Zeich- nungen von mikroskopischen Objecten sein, worin dieselben gerade so dargestellt sind, wie sie sich im Gesichtsfelde zeigen, ohne dass in der Abbildung etwas hinzugethan oder weggelassen wird. Deshalb hat man auch angefangen, die Daguerreotypie und Photographie für solche Zeich- nungen zu verwenden. Die Hoffnung indessen , der man sich wohl hin- gegeben hat, dass diese Hülfsmittel alle anderen mit der Hand ausge- führten Zeichnungen nicht allein entbehrlich machen, sondern auch an Genauigkeit und Treue übertreffen würden, weil die Subjectivität des Be- obachters dabei ganz ausgeschlossen ist, muss als eine thörichte betrachtet werden. Freilich hat man auf einem photographirten Blatte die Bilder der Objecte genau so, wie sie sich im Augenblicke der Aufnahme im Ge- sichtsfelde würden dargestellt haben , wenn man dasselbe hätte sehen können; allein gerade durch diese übermässige Treue sind solche Bilder nicht allein undeutlich, sondern auch unwahr. Erstlich nämlich werden alle gar nicht eigentlich zum Objecte gehörige, sondern nur zufällig anwesende Theile gleichzeitig mit abgebildet und veranlassen somit einen verwirrenden UnvoUkoiiinienluMt der mikroskopischen Zeichnung. 51") Eindruck beim Betrachten: eine solche Abbildung muss studirt werden, um das, was nicht Bestandtlieil des Bildes ist, in Gedanken von demselben abzuziehen. Zweitens ist aber auch die Abbildung zum Theil unwahr; sie giebt nur von solchen Objecten oder Theilen desselben , die sich im Augenblicke der Aufnahme gerade in der richtigen Entfernung vom Ob- jectiv befanden, ein getreues und wahres Bild; alle übrigen, die sich et- was entfernter oder etwas näher befanden, haben Diffusionsbilder erzeugt, welche die wahren Bilder an Grösse nbertrelFen, aber der scharfen Um- risse entbehren. Aus diesem Beispiele kann man schon entnehmen, dass nur in wenigen Fällen alles, was sich bei einer bestimmten Stellung des Mikroskops im Gesichtsfelde zeigt, auch in die Zeichnung aufgenommen werden darf, und dass, ungeachtet des scheinbaren Widerspruchs, eine vollkommen getreue Abbildung dgshalb noch nicht immer eine vollkommen wahre ist. Eine Zeichnung soll eine Beobachtung wiedergeben ; sie muss des- halb auch wirklich das Resultat der Beobachtung sein. Es muss demjenigen, welcher die Zeichnung betrachtet, die Mühe erspart werden, die während der Beobachtung selbst zu überwinden war, und zwar um so mehr, weil jetzt nicht mehr die Gelegenheit vorhanden ist, durch eine veränderte Entfernung des Objects und durch andere dem Beobachter sich darbietende Hülfsmittel die wahre Bedeutung dessen, was in der Zeichnung nieder- gelegt ist, aufzudecken. Deshalb ist es nicht blos gestattet, sondern es ist selbst geboten, dass in einer Zeichnung alles wegbleibt, was nicht zu dem eigentlich abzubildenden Objecte gehört. Das bezieht sich nicht blos auf alle nur zufällig vorhandenen Theilchen, die mit dem Objecte der Beobachtung gar nichts zu thun haben, z. B. kleine in der Luft schwe- bende Staubtheilchen, welche darauf fielen, sondern auch auf solche Theile des Objects selbst, durch deren Aufnahme die Abbildung nur an Deutlich- keit verlieren würde. An Durchschnitten von Pflanzengeweben z. B. sieht man oftmals mehrere Zellenlagen, die durch einander schimmern, von denen aber nur die oberste mit Klarheit und Schärfe wahrzunehmen ist. In einem solchen Falle darf man sich unbedenklich auf die Abbildung dieser einen Lage beschränken ; denn die Aufnahme jener tiefern Lagen könnte nur zur Verwirrung führen. Ebenso verhält es sich in einem andern Punkte, nämlich mit der Darstellung der körperlichen Form in den Zeichnungen mikroskopischer Objecte. Beim Betrachten durchs Mikroskop sieht man nur die Flächen mit Bestimmtheit; die Körperlichkeit eines Objects lässt sich niemals in dem nämlichen Augenblicke in seiner Totalität deutlich erkennen, sondern nur dadurch, dass man successiv die Stellung des Objectivs ändert. Es wäre aber ganz ungereimt, wollte man Körperchen, bei deren Abbildung es hauptsächlich auf Darstellung, der körperlichen Form ankommt, wie etwa Krystalle , gerade so zeichnen , wie sie im Mikroskope erscheinen, wo nur eine der Flächen scharfe Umrisse hat, die übrigen aber wie durch Nebel hindurchschimmern. Sobald daher in einer Abbildung die körper- Hartiiig's Mikroskop. 35 540 Hüll'smittel beim mikroskopischen Zeichnen. liehe Form als Ergebniss der Beobachtung wiedergegeben werden soll, ist es ganz zulässig , diese wiederzugeben , wenn auch auf diese Weise niclit ein einzelner durchs Mikroskop erhaltener Eindruckzur Ansicht kommt, vielmehr viele successive Eindrücke zu einem Ganzen vereinigt werden. 3^2 Es unterliegt nun keinem Zweifel, dass nach der soeben ausge- sprochenen Regel, jede Abbildung müsse das Resultat der Beobachtung sein, dieselbe niemals auf vollkommene Wahrheit Anspruch machen kann, so wenig als die Beobachtung selbst. Die Beobachtung wie die Ab- bildung können sich der Wahrheit blos nähern, und derselben mög- lichst nahe zu kommen muss das Streben eines Jeden sein, der seine Untersuchungen für die Wissenschaft verw^erthen will. Allein auch hierbei kann man sich, ohne der Wahrheit zu nahe zu treten, noch in- nerhalb gewisser Grenzen bewegen; dazu berechtigt uns die Be- trachtung der organischen Natur selbst. Beim Zeichnen eines Blut- gefässnetzes z. B. ist es ganz gleichgültig, ob wir einem Aestchen, das in der Wirklichkeit unter einem Winkel von 50^ mit einem andern Aestchen verbunden ist, eine Richtung geben, dass der Winkel bl^ beträgt; denn es giebt Tausende von Aestchen in dem nämlichen Netze, wo der Unterschied eben so gross oder noch grösser ist. Es giebt aber auch andere Fälle, wo die getreueste Befolgung bis in die kleinsten Einzelnheiten erfordert wird. Hielte man sich z. B. bei der Darstellung von Krystallen in gleich geringem Maasse an die wirkliche Grösse ihrer Ecken, wie bei der Zeich- nung der Blutgefässnetzverästelungen, so würden ohne Zweifel sehr un- vollkommene Abbildungen herauskommen. Namentlich beim Anfertigen solcher Zeichnungen . bei denen es auf grosse Genauigkeit ankommt, lassen sich die verschiedenen Hülfsmittel benutzen, deren beim Zeichnen mikroskopischer Objecte gedacht worden ist. Nur überschätze man ihre Beihülfe nicht. Der ganz Ungeübte wird doch durch keins davon in den Stand gesetzt, eine gut ausgeführte mi- kroskopische Zeichnung anzufertigen; dagegen kann der bereits Geübte sie recht vortheilhaft für genaue Skizzen verwenden, die er dann später ausführt. Die meisten von diesen Mitteln (die verschiedenen Arten der Camera lucida, das Sömmerring'sche Spiegelchen, das Oberhäuser'sche Pris- ma u. s. w.) sind schon früher (§. 179) beschrieben worden. Sie eignen sich alle ziemlich gleich gut für diesen Zweck, und sie verlangen blos, dass das Bild auf eine schwach erhellte Oberfläche projicirt wird, auf der man dann seine Ränder nachzeichnen kann. Am besten be- nutzt man dazu, wie schon erwähnt, eine gewöhnliche Schiefertafel, auf der man mit einem Griffel recht fein zeichnen kann. Schwarzes Schieferpapier ist wegen der stärkern .Rauhigkeit zwar nicht ganz so gut; es hat aber den Vorzug, dass die mit einem Griffel gemachte Zeich- nung durch eine Leimlösung darauf befestigt werden kann , und des- halb benutze ich dasselbe vorzugsweise. I Tragbares Sonnenmikroskop zum Zeichnen. 547 In mehrfacher Beziehung hat der in Fig. 212 abgebildete Apparat, 368 dessen ich mich schon seit vielen Jahren bediene, vor diesen verschiedenen FiiT. 212. Hartlng's tragbares Sonnenmikroskop. Projectionsmitteln den Vorzug; derselbe ist aber nichts anderes als ein tragbares Sonnenmikroskop. Daran ist ^ ein oben und unten offenes Rohr, das nach unten kegelförmig zuläuft und dort cylindrisch endigt. Innen wie aussen ist es schwarz angestrichen. Es kann eine verschie- dene Grösse haben; das meinige ist 25 Centimeter hoch und oben 16 Centimeter weit. Das obere Ende hat einen Rand, worauf eine matt ge- schliffene Scheibe von Spiegelglas (m) passt, die auch mit einer durch- sichtigen gleichgrossen Glasplatte vertauscht werden kann. Bringt man ein solches Rohr über ein Mikroskop, ein einfaches oder ein zusammen- gesetztes (jB), dessen Beleuchtungsapparat aus einem Hohlspiegel besteht, der sich auf- und niederbewegen lässt, oder noch besser aus einem ebenen Spiegel mit einer darüber befindlichen aufwärts und abwärts beweglichen Linse, so dass, wenn der Spiegel das Sonnenlicht auffängt, aiif das Ob- ject ein convergirendes Strahlenbündel fällt, wodurch dasselbe stark be- leuchtet wird, so wird auf dem matten Glase m ein Bild jedweden Gegenstandes entstehen, der sich in der gehörigen Entfernung vom Ob- 3.5* 548 Tragbares Sonneiiinikroskop zum Zeichnen. jectivsysterae oder, bei dem einfachen Mikroskope, von der vergrössernden Linse befindet. Soll aber das Bild gut gesehen werden, dann muss man dafür sorgen, dass alle Lichtstrahlen ausgeschlossen bleiben, die nicht vom Spiegel kommen. Um die von unten kommenden Strahlen abzuhalten, muss der untere cylindrische Theil des Rohres gerade so weit sein , dass , wenn er über das Ocular eines zusammengesetzten Mikroskops kommt, zwischen beiden nur ein Raum von zwei bis drei oNIillimetern übrig bleibt, und ausserdem muss an der Stelle, wo der kegelförmige Theil des Rohrs an- fängt, ein Ring angebracht sein, dessen OefFnung nur wenig grösser ist als jene des Oculars. Benutzt man zu gleichem Zwecke ein einfaches Mikroskop, dann kommt auf den Rand des Röhrchens, worin die Linse steckt, ein kurzes hölzernes Futteral, und um ditges kommt dann der cy- lindrische Theil des Rohrs, gleichwie beim Oculare des zusammengesetzten Mikroskops. Um die von oben kommenden Lichtstrahlen abzuhalten, ist weiter nichts nöthig, als dass man einen aus festem schwarzen Zeuge oder aus Seide verfertigten und an einem Ringe befestigten Schirm benutzt, der auf den Kopf genommen wird. Nimmt man keine zu starke Vergrösserung, so genügt schon ein Stück geschwärzte Pappe, dessen Breite etwa zwei Drittel vom obersten Umfange der Röhre beträgt, die Höhe aber 25 bis 30 Centimeter. Ist sie gebogen, so dass sie in den oberen Rand des Rohrs paspt und auf dem matten Glase ruht, so kann sie in den meisten Fällen, wo der Apparat zum Zeichnen benutzt wird, die Stelle des stets etwas unbequemen Schirms ersetzen. Da es nun aber zum Anfertigen von Zeichnungen erforderlich ist, dass das Rohr ganz fest steht und beide Hände frei sind, so wird das Rohr in den in der Abbildung auch mit dargestellten kleinen Tisch ein- gesenkt. Dieser Tisch von Eichenholz besteht aus zwei Hälften, welche nur durch die Schrauben og und p/( zusammengehalten werden. Die. Linie crf bezeichnet die Grenze dieser beiden Hälften. Sind sie vereinigt, dann hat der Tisch in der Mitte eine runde Oeffnung ik^ in welche der cy- lindrische Theil des Rohrs passt, aber erst dann, wenn die beiden Schrau- ben og und ph ganz feststehen und die Röhre nicht mehr schwankt. Um die Unbeweglichkeit des Ganzen zu befördern, sind die vier Füsse des kleinen Tisches in auswärts verschränkter Richtung angebracht. Seine Höhe ist natürlicher Weise ganz abhängig von jener des benutzten Mikro- skops. Viele zusammengesetzte Mikroskope sind schon an und für sich zu hoch, als dass sie noch eine Röhre von der genannten Länge tragen könnten. Man kann dann die Röhre kürzer machen, wodurch aber eben sowohl das Gesichtsfeld als die Vergrösserung einen geringern Wertb bekommen. Besser ist es daher, man stellt ein solches Mikroskop mit dem gesammten Apparate auf einen Tisch mit niedrigeren Beinen als gewöhnlich, so dass der oberste Theil der Röhre mit der Glasplatte sich in der ent^preclienden Höhe befindet. Tragbares Sonneninikroskop zum Zeichnen. 549 Will man diesen Apparat beim Anfertigen einer Zeichnung oder eines Umrisses benutzen, so kommt auf die Glasplatte ein durchsichtiges Stück Papier, etwa gewöhnliches Velinpostpapier ; darauf wird Terpentinöl gegossen und dann das Stück Papier auf der Glasplatte umgedreht, so dass beide Oberflächen, desselben vom Oele durchzogen werden. Bei gehöriger Stellung des Spiegels und der Beleuchtungslinse und wenn das Object in der gehörigen Entfernung ist und die äusseren Strahlen gehörig abgehalten werden, sieht man dann ein Bild des Objects auf dem Papiere, das man nun mit der feinen Spitze eines Bleistiftes umreisst. So lange das Papier noch mit Oel durchzogen ist, treten die Bleistiftstriche undeutlich hervor ; sie werden aber deutlich nach der Verflüchtigung des Gels.' Soll eine solche Skizze zu einer ausgeführtem Zeichnung benutzt w^ erden, so kommt sie auf das dazu bestimmte Papier, und mit einer feinen, jedoch nicht allzu scharfen Spitze (ein fein zugespitzter Schieferstift ist dazu passend) werden alle Bleistiftstriche des unterliegenden Papiers durchgezeichnet. Statt des mit Terpentinöl angefeuchteten Papiers kann man auch Papier nehmen, das schon vorher durchsichtig gemacht wurde, nämlich das sogenannte Pflanzenpapier, und man kann sich auch selbst ein solches zubereiten mit Hülfe gekochten Leinöls oder eines Mastix- firnisses. Statt der eben beschriebenea Vorrichtung kann auch zu dem nämlichen Zwecke der oben beschriebene und abgebildete Tisch (Fig. 124, S. 362) zum Theil benutzt werden. Es wird nämlich der Spiegel e weggenommen und durch ein Mikroskop ersetzt. Sorgt man dann durch ein auf passende Weise über dem Ocular angebrachtes kegelförmiges Futteral, wozu man ein mit schwarzem Papier beklebtes Stück Pappe nehmen kann, für Ab- haltung des Lichtes, so entsteht das Bild auf einer matt geschliffenen Glas- platte, die auf den Ausschnitt bei / gelegt wird, und man kann es auf die nämliche Weise wahrnehmen, wie bei der soeben beschriebenen Ein- richtung. Die Benutzung dieses Tisches zu dem bestimmten Zwecke, Umrisse von den Bildern der Objecte zu entwerfen, gewährt auch noch insofern einen nicht unerheblichen Vortheil, dass die Hand dabei beque- mer auf der breiten Oberfläche des obern Tischblattes ruht. In den letzten Jahren hat man allgemein angefangen, die Photo- 369 graphie zu mikroskopischen Abbildungen zu benutzen, namentlich Seitdem, statt der Silberplatte oder des Papiers, Glas mit Collodium, Eiweis oder Gelatine bestrichen in Gebrauch gekommen sind. Vorzüg- lich das Collodium ist dazu mit gutem Erfolge benutzt worden. In Wien hat man in der Staatsdruckerei, die unter der Leitung Auer's steht, mikroskopische Photogiaphien geliefert. Ebendaselbst haben sich auch Pohl und Weselsky (Sitzungsberichte d. Kais. Akad. 1857, XXIIL Heft 1, S. 317) damit beschäftigt, und schon früher soll 550 Mikroskopische Photographie. Mayer in Frankfurt schöne Photographien der Art angefertigt haben. In Paris wurden unlängst durch Bertsch (Comt. rendus 1857, XLIV, p. 213) dergleichen der Akademie vorgelegt. Auch Nach et hat sich nach mündlicher Mittheilung mit gutem Erfolge auf deren Herstellung gelegt. Am häufigsten indessen hat man in England die mikroskopische Photographie geübt. Hodgson (^Quart. Journ. of microsc. Science 1853, II, p. 147), Delves (Ibid. III, Transact. p. 57), Kingaley (Philos. Magazine 1853, June, p. 461), Shadbolt {Quart. Journ. 1853, III, p. 165), Huxley (Ibid., p. 178 u. IV, p. 305), sowie Wenham (Ibid. 1855, X. Transact., p. 1) haben die ße&ultate ihrer zum Theil recht gut gelungenen Versuche öffentlich mitgetheilt, auch eine mehr oder weniger ausführliche Beschrei- bung der befolgten Methoden gegeben. Da indessen die Mittel zur photographischen Darstellung mikrosko- pischer Gegenstände in der Hauptsache ganz die nämlichen sind, wie jene, die bei der Photographie im Allgemeinen in Anwendung kommen, so glaube ich mich damit begnügen zu dürfen, wenn ich den Leser auf die darüber handelnden Schriften verweise. Ich gebe daher nur eine kurze Beschreibung dessen, was der mikroskopischen Photographie eigenthüralich ist. Die meisten der Obengenannten haben nur Sonnenlicht zur Beleuch- tung der Objecte geeignet gefunden; damit bekommt man binnen wenigen Secimden auf jodirtem CoUodium einen vollkommenen Abdruck. Shad- b o 1 1 benutzte auch das Licht einer Camphinlampe und will da- durch binnen 1 bis 10 Minuten ein vollkommenes Bild erhalten haben. Dies gelang aber Wenham nicht, der mit besserem Erfolge brennenden Phosphor, brennende Zinkspäne, oder eine Reihe elektrischer Funken durch Selbstentladung einer grossen Leydener Flasche anwandte und mit geringerem Erfolge das Hydrooxy genlicht auf Kalk einwirkend ver- suchte. Schliesslich giebt er übigens an, dass kein bekanntes Licht in dieser Beziehung dem Sonnenlichte gleichkommt. Nach Nachet's Beobachtungen ist das elektrische Licht zwischen Kohlenspitzen recht gut brauchbar. Was die fernere optische Einrichtung anbelangt, so haben manche dem gewöhnlichen Sonnenmikroskope mit aplanatischen Linsensystemen den Vorzug gegeben und das Bild in einem dunklen Gemache aufge- fangen. Andere haben in dem gewöhnlichen zur Photographie benutzten Gehäuse die Linse durch ein Objectivsystem mit einem davor befindlichen Objectivtische und einem Beleuchtungsapparate ersetzt. Wieder Andere benutzten zur Erzeugung des Bildes lieber ein ganz zusammengesetztes Mikroskop, in senkrechter oder in horizontaler Stellung, oder auch wohl in einer combinirten Stellung, indem ein rechtwinkeliges gläsernes Prisma in die Bahn der Strahlen gebracht wird. Diese Differenzen in der An- wendung des vergrössernden Apparats sind aber von geringer Bedeutung. Ich habe nur beizufügen, dass auch das oben beschriebene tragbare Sonnenmikroskop (Fig. 212) sowie der zu gleichem Zwecke benutzbare Mikroäkopiüchc Photographie. 551 Fisch (Fig. 124) i-echt gut zum Auffaugen photographischev Jiilder sich einrichten Hessen. Von mehr Gewicht ist es, auf den Umstand Bedacht zu nehmen, dass der Brennpunkt der aktinischen oder chemischen Lichtstrahlen nicht mit jenem der eigentlichen Lichtstrahlen zusammentallt; das scharfe photo- graphische Bild muss also in etwas grösserer Entfernung entstehen, als das auf einem matten Glase aufgefangene Lichtbild. Hierzu kommt noch, dass alle aplanatischen Linsensysteme überverbessert sind, natürlich aber nur für die eigentlichen Lichtstrahlen, und au.sserdem auch der Grad der Ueberverbesserung in den verschiedenen Liusensystemen variirt, selbst bei jenen, die aus der nämlichen Werkstätte kommen. Im Allgemeinen differiren die beiderlei Brennpunkte am stärksten bei den schwächsten Linsensystemen. So fand Shadbolt, dass ein Ob- jectiv von Smith und Beck mit einem Foous von II/2 Zoll von dem Objecte ^50 Zoll entfernt werden musste; bei einem andern mit 2/3 Zoll Focus betrug dieser Unterschied nur 1/.200 Zoll ; bei einem dritten endlich mit Vjo Zoll Focus gar nur Viooo Zoll. Bei stärkeren Objectiven ist der wechselseitige Abstand der beiden Brennpunkte ein so geringer, dass diese Differenz wenig oder gar nicht mehr von Einflass ist. Es lässt sich dabei auf dreierlei Art abhelfen : a. man verändert die Stelle, wo das Bild aufgefangen wird; b. man verändert die Entfernung zwischen Object und Objectiv; c. vor das Objectiv bringt man eine ge- wöhnliche biconvexe Glaslinse, wodurch die Ueberverbesserung des erstem in eine Unterverbesserung umgewandelt wird. Das letztgenannte Verfahren wendet Wenham an; das zweite aber ist dem ersten vorzu- ziehen, weil es mit der Schraube zur feinen Einstellung ausführbar ist, deren Kopf nur mit einer Eintheilung versehen sein muss, um sie als Focimeter zu benutzen. Wer also mit den Objectiven seines Mikroskops Photographien her- stellen will, der muss erst durch vorgängige Proben ermitteln, wie gross die DifFei'enz der beiden Brennpunkte ist. Ist diese einmal gefunden, so muss das Objectiv, sobald das Bild auf dem matten Glase sich mit Bestimmtheit darstellt, allemal noch um gleich viel von dem Objecte ent- fernt werden, oder nach Wenham's Methode muss dann noch die bicon- vexe Linse vorgeschraubt werden, welche für das vorgesteckte Ziel sich brauchbar erzeigte. Wird statt eines einfachen Objectivsystems ein zusammengesetztes Mikroskop genommen, so wird die Ueberverbesserung des Objectivs durch das Ocular mehr oder weniger aufgehoben oder selbst in Unterverbesse- rung umgewandelt. Auch hier können daher wiederum nur vorgängige Prüfungen darüber entscheiden, welche Veränderung in dem Abstände zwi- schen Object und Objectiv vorgenommen werden muss, damit das photo- graphische Bild möglichst scharf ausfällt. Die Frage über die Nutzbarkeit photographischer Abbildungen mi- kroskopischer Objecte lässt sich aus einem doppelten Gesichtspunkte be- 552 Mikroskopische Photographie. antworten. Das Zeichnen mikroskopischer Objecte wird, wie schon vor- hin (§. 366) bemerkt wurde, durch solche Abbildungen keineswegs über- flüssig gemacht. Ueberdem tritt auch in einer photographischen Ab- bildung nur eine einzige Fläche mit Schürfe hervor, und alle anderen Theile, die sich in einer andern Ebene befinden, machen zwar wohl noch einen Eindruck, treten aber in dem Bilde nur mit mehr oder weniger nebelartigen Umrissen hervor. Aus früher (S. 194) mitgetheilten Messungen ist aber zu ersehen, welche geringe Tiefe das wirkliche Ge- sichtsfeld im Mikroskope hat. Wenham hat hier allerdings dadurch abzuhelfen gesucht, dass er das photographische Bild stückweise sich bilden lässt, indem er eine Karte in den Weg der Strahlen bringt, so dass nach einander die einzelnen Abschnitte des Objects sich formen. Aber offen- , bar kann dieses Hülfsmittel nur in sehr wenigen Fällen wesentliche Dienste leisten, da es durchaus nicht ausreicht, sobald ein aus verschiedenen Schichten bestehendes Gewebe photographirt werden soll, dessen Schichten durcheinander hindurchschimmern. Kann man nun aber auch ganz zuverlässig behaupten , die Photo- graphie werde das Zeichnen niemals vollständig ersetzen, so ist sie doch ganz an ihrem Platze als Mittel, genaue Abbildungen zu erhalten, und in dieser Beziehung übertrifft sie bei Weitem die anderen derartigen Hülfs- mittel, z. B. die verschiedenen Arten von Camera lucida. Eine zweite gewichtige Bedeutung hat die Photographie noch als Hülfsmittel der Untersuchung. Die ganze mikroskopische Beobachtung bei durchfallendem Lichte beruht darauf, dass von den in das Gesichtsfeld fallenden Lichtstrahlen einige nicht bis zum Auge gelangen, indem sie ab- sorbirt, reflectirt oder gebrochen und so ausserhalb des Gesichtsfelds ge- worfen werden. Die photographischen Bilder durchsichtiger Objecte entstehen auch dadurch, dass einige Lichtstrahlen nicht durchgelassen werden, was aber nicht blos von jenen gilt, durch welche beim ge- w^öhnlichen Sehen das Netzhautbild im Auge entsteht, sondern vor- nehmlich von jenen stärker brechbaren Strahlen, die von dem Auge nicht empfunden werden. Daher rührt es, dass die beiden Bilder, das Ge- sichtsbild und das photographische Bild, nicht noth wendig identisch zu sein brauchen , dass mithin letzteres Einzelnheiten der Bildung des Ob- jects deutlicher oder weniger deutlich zeigen kann, als wenn das nämliche Object einfach durchs Mikroskop betrachtet wird. Ich benutze ein paar Beobachtungen Wenham's, um das deutlicher zu machen, was ich hierbei im Sinne habe. Es gelang ihm eine photo- graphische Abbildung des Pleurosigma angidatum^ und zwar bei der enormen Vergrösserung von 1 5000 Mal im Durchmesser *). Darin er- *) Die Abbildung findet man bei Carpenter, On (he microscope etc., p. 307. Ich vcrmuthc übrigens, dass diese enorme Vergrösserung nicht auf directe Weise erreicht war, vielmehr das negative Bild von einer geringern Vergrösserung wiederum als Object benutzt wurde, wodurch dann ein stärker vergrössertes positives Bild entstand. Netze zum Zeichnen; Glaspapier zum Zeichnen. 5ä3 scheinen die Zeicimungen an der Oberfläche der Schale vollkommen schwarz und weit deutlicher, als man dieselben je durch das zusammen- gesetzte Mikroskop zu sehen erwarten darf. Dagegen gab ein kleines rothgefärbtes Insect, an dem bei durchfallendem Lichte das ausge- breitete Tracheensysteni gut sichtbar war, nur ein ganz gleichmässig schwarz gefärbtes Bild. Die Anfertigung mikroskopischer Photographien kann demnach in einzelnen Fällen ein nicht unwichtiges Hülfsmittel sein , womit man tiefer in den feinen Bau der Körper eindringen kann. Die aktinischen Strahlen verhalten sich in dieser Hinsicht wie die polarisirten Strahlen. Man kann sie beide noch nutzbar verwenden, wenn das gewöhnliche Licht nicht ausreicht, unserem Auge Abweichungen im Gange der Aetherschwingungen sichtbar zu machen, die ihrerseits nur die Folgen bestimmter Differenzen der Gestaltung oder des molekularen Zustandes der Körper sind. Ausser den bisher genannten Mitteln giebt es noch andere, wodurch 370 man die Anfertigung mikroskopischer Zeichnungen ei-leichtern und die- selben getreuer machen kann. Dahin gehört das in Vierecke abge- theilte Glasmikrometer, oder eine aus feinem Metalldrahte verfertigte Gaze, die in das Ocular gebracht wird und das ganze Gesichtsfeld in viereckige Felder abtheilt. Hat man vorher auf ein Papier ähnliche, nur grössere Vierecke gezeichnet, so kann man dann das Bild des Ob- jects so hineinzeichnen, wie es im Gesichtsfelde des Mikroskops sich darstellt. Auf dieses Princip stützt sich auch ein anderes von Stilling (Bau und Vei'richtungen des Gehirns. Jena 1846, S. 20) angegebenes Ver- fahren. Er benutzt nämlich Glaspapier, eine aus Thierleim verfertigte Masse, so dünn wie Papier und durchsichtig wie Glas. Ein Stückchen solches Glaspapier wird mit etwas arabischem Gummi auf das Deck- plättchen geklebt, unter dem sich ein mikroskopisches Präparat befindet. Nun bringt man dieses unters Mikroskop und mit einer Graveurnadel zeichnet man die Umrisse des vergrösserten Objects auf das Glaspapier. Weiterhin zeichnet man darauf ein Netz von Strichen, wodurch das Ganze in viereckige Felder abgetheilt wird, und hierauf trägt man ein ähnliches Netz grösserer Vierecke auf ein Stück Papier auf und überträgt darauf die auf dem Glaspapier bewirkte Zeichnung. Offenbar ist aber dieses Verfahren nur bei sehr schwachen Vergrös- serungen von 10 bis 20 mal im Durchmesser anwendbar, weil ja sonst gar kein Platz da wäre, die Graveux'nadel hinzuführen; auch würde man sonst das Object und das Glaspapier, da sie nicht gleich weit vom Mi- kroskope entfernt sind, nicht gleichzeitig scharf sehen können. Stilling hat aber auch noch eine andere Benutzung des Ghis- papiers angegeben. Will man nämlich eine darauf befindliche Zeich- nung auf Papier oder behufs einer Lithographie auf den Stein übertragen, so reibt man die gravirte Oberfläche mit dem Pulver von rother oder 5Ö4 Glaspapier zum Zeichnen. schwarzer Kreide oder auch von Graphit ein, und durch Blasen oder Reiben schafft man das Ueberfiüssige weg. Legt man nun die einge- riebene Oberfläche, woran blos jene mit der Nadel eingeschnittenen Stellen das Pulver aufgenommen haben, auf Papier oder auf Stein, und streicht man mit einem Falzbeine einige Male über die entgegengesetzte Fläche des Glaspapiers, dann prägt sich die Zeichnung umgekehrt darauf ab. Soll aber die Zeichnung auch hier eine rechtgestellte sein, so wird das gravirte Stück Glaspapier auf schwarzes Papier gelegt und nun die Zeichnung erst auf der andern Seite nachgezeichnet, die man alsdann einreibt und sonst auf die nämliche Weise behandelt. Wenn man übrigens zur Anfertigung einer Zeichnung das weiter oben beschriebene tragbare Sonueumikroskop benutzte, und auf die matt- gescliliff'ene Glasplatte ein Stück Glaspapier legte , so würde mau be- greiflicher ^^'eise darauf mit geringer Mühe eine sehr genaue Zeichnung gewinnen können, die sich dann auf genannte Weise auf Papier oder Stein übertragen Hesse. Siebenter Abschnitt. Aufbewahrung mikroskopischer Präparate. Für den Mikroskopiker ist es eine ungemein wichtige Sache, dass 371 er Mittel besitzt, um die angefertigten Präparate im ursprünglichen Zn- stande erhalten zu können. Das hat man auch eingesehen, sobald man das Mikroskop zu benutzen angefangen hat, und man hat darauf hin- zielende Versuche vorgenommen, deren im folgenden Buche in der hi- storischen Uebersicht gedacht werden soll. Hier werde ich nur von den Aufbewahrungsmethoden sprechen, von deren Brauchbarkeit ich mich durch eine vieljährige Erfahrung überzeugt habe. Nur wenige Objecte lassen sich trocken in unverändertem Zustande aufbewahren, und selbst wo dieses möglich ist, wie mit Haaren, Fisch- schuppen u. s. w. , verdient diese Methode dennoch meistens nicht den Vorzug, weil diese Körper, frei in der Luft liegend, nicht durchsichtig genug sind, als dass ihre zusammensetzenden Elemente gehörig wahr- genommen werden könnten (§. 278). Fast nur bei Insectenschüppchen, so z. B. bei den als Probeobjecte benutzten (§. 237), ist diese Auf- bewahrungsweise nicht blos brauchbar, sondern sie verdient selbst den Vorzug, weil die verschiedenen Arten kleiner Streifen gerade im trocknen Zustande mit grösserer Deutlichkeit gesehen werden. Solche Schüppchen werden zur mikroskopischen Betrachtung am einfachsten dadurch vorbereitet, dass man einige auf ein Objecttäfelchen bringt, wo sie schon von selbst ankleben, was man aber auch noch da- durch befördern kann, dass man auf das Täfelchen ausathmet. Da- rauf kommt ein Deckplättchen von zweckentsprechender Dicke (§. 161), und das Objecttäfelchen wie das Deckplättchen verklebt man dann mit einem Streifen Papier, der in der Mitte, wo das Object liegt, durch- brochen ist. Manche organische Substanzen würden alsbald von pflanzlichen 55 G Chlorcalciuni. und thierischen Parasiten angegriffen werden, wenn man sie blos im trockenen Zustande aufbewahrte, so z.B. Durchschnitte vorher aufgebla- sener und getrockneter Organe, wie der Lungen und ähnlicher. Dem zu begegnen, pflege ich solche Präparate mit Terpentinöl anzufeuchten, nach dessen Verdunstung immer eine ganz dünne firnissartige Lage zu- rückbleibt, welche ausreichend ist, das Gewebe weiterhin zu schützen. 372 Bei weitem die meisten mikroskopischen Objecte und Präparate müssen nun aber in einer Flüssigkeit aufbewahrt werden, die wiederum je nach der Art des Objects variirt. Ich benutze dazu folgende Flüssigkeiten. 1. Eine Solution von vollständig eisenfreiem Chlorcalciuni, die entweder saturirt oder noch mit 4 bis 8 Theilen Wasser verdünnt ist. Die saturirte Solution findet sehr allgemeine Anwendung in allen solchen Fällen, wo das aufzubewahrende Gewebe einen ziemlichen Grad von Festigkeit oder Härte besitzt. Alle Zahn- und Knochenpräparate, Durchschnitte von Haaren, Federn, Fischschuppen, Fischbein und ähnliche Substanzen lassen sich darin aufbewahren, nur wirkt sie in- sofern nachtheilig auf Knochen- und Zahnpräparate, dass sie nach einiger Zeit in einen Theil der feinen Canälchen eindringt, wodurch diese an Sichtbarkeit verlieren. Auch viele kleine Thierchen mit einer harten Epidermis, wie Käse- und Krätzmilben, kleine Süsswasser crusta- ceen u. s. w., lassen sich gut darin aufbewahren. Ausserdem aber auch manche weiche thierische Gewebe, namentlich Gehirn- und Rücken- markspräparate; denn wenn diese auch darin einen hohen Grad von Durchsichtigkeit annehmen, so wird doch hierdurch wieder der allge- meine Verlauf der Fasern und deren Verhalten zu den Ganglienzellen deutlicher. Bei allen vegetabilischen Körpern, wo die Wandungen der Zellen und Gefässe einer beginnenden Incrustation unterlagen, passt diese Solution ebenfalls. Sie eignet sich aber auch ganz gut zum Auf- bewahren der kieselpanzerigen Bacillarien oder Diatomeen, wenn es dabei blos auf die Schalen oder die Panzer ankommt. Auch die Krystalle im Innern der Pflanzengewebe verändern sich nicht darin. Amy- lumkörner schwellen dagegen im Chlorcalcium auf und werden viel durch- sichtiger; es ist deshalb nicht brauchbar, wenn es darauf ankommt, auch diese im unveränderten Zustande aufzubewahren. Eine gute Eigenschaft dieser conservativen Flüssigkeit ist es, dass sie niemals ganz verdunsten kann; somit sind die Objecte gegen Ver- trocknung geschützt. Es könnte somit scheinen, als würde eine Ver- schliessung an den Rändern des Deckglases hier weniger gefordert, als beim Benutzen anderer Flüssigkeiten. Allerdings habe ich auch viele Präparate mehrere Jahre hindurch darin gehabt ohne einen Verschluss. Indessen hat mich die Erfahrung doch gelehrt, dass es durchaus nöthig ist, auch hier die Luft abzuhalten, weil sich sonst früher oder später eine Cunadabalbain; Kreosotsolution. 557 Art von Hygrococis darin entwickelt, die, wenn sie einmal entstanden ist, sich gleichsam von Präparat zu Präparat fortpflanzt und dann in kurzer Zeit alles verdirbt; denn die feinen, nach allen Richtungen sieh verbreitenden und verästehiden Zellfasern dieses Pflänzchens dringen in alle Zwischenräume der Objecte ein und lassen sich nicht mehr beseitigen. Hunderte von Präparaten habe ich dadurch verloren. Später habe ich dann immer die Ränder der Deckplättchen mit einem Kitt bestrichen, und das nuiss ich auch jenen empfehlen, die sich dieser Flüssigkeit bedienen. Eine mit vier bis acht Theilen Wasser verdünnte Chlorcalciumsolu- tion eignet sich vornehmlich dazu, junge Pflanzengewebe mit noch nicht verholzten Zellen aufzubewahren. Entsprechend dem Alter der Zellen, welche das Gewebe zusammensetzen, wendet man eine mehr oder w^eni- ger verdünnte Flüssigkeit an. '1. Canadabalsam. Es kommen mehrere Sorten davon im Handel vor, die sich durch einen verschiedenen Grad der Reinheit und Färbung unterscheiden. Der beste, der für diesen Zweck allein benutzt werden sollte, ist ganz durchsichtig, beinahe farblos und dickflüssig. Als Aufbewahrungsmittel wird der Canadabalsam in allen jenen Fällen angewandt, wo es darauf ankommt, die Durchsichtigkeit eines Objects zu vermehren, bei Pollenkör neben, bei Durchschnitten von harten Fruchthüllen, von Korallen, von Schalen, und ganz be- sonders bei solchen I njectionspräparaten thierischer Organe, die durch vorgängiges Trockenwerden keine Veränderung erleiden, wovon §.327 die Rede war. Auch für Knochen- und Zahn schliffe ist Ca- nadabalsam das beste Aufbewahrungsmittel, wenn es nämlich vorzüglich darauf ankommt, die mit Luft erfüllten und deshalb schwarz ei'scheinen- den Höhlungen und Canäle deutlich zum Vorschein zu bringen, weil die Intercellularmasse dadurch sehr durchsichtig wird. Freilich sind aber auch deshalb manche Einzelnheiten darin weniger sichtbar als in einer Chlorcalciumsolution. Der Canadabalsam passt ferner bei vielen pulver- förmigen mineralischen Substanzen, z. B. für den diatomeenhaltigen Schlamm, für die Foraminiferen in der Kreide u. s. w. Bei allen diesen Objecten nimmt man Canadabalsam, der bei der gewöhnlichen Lufttemperatur so dickflüssig ist, dass er aus dem umge- kehrten Gefässe nicht von selbst ausfliesst. Einen dünnen Balsam muss man einige Zeit erwärmen, bis er den erforderlichen Consistenzgrad be- kommt. Wäre er dagegen zu dick, so wird er erwärmt und flüssig ge- macht und dann noch mit etwas Terpentinöl versetzt. 3. Eine durch Destillation mit Wasser erhaltene wässerige Kreo- sotsolution, oder die filtrirte und gesättigte Solution von Kreosot in einem Gemisch von 1 Thl. Alkohol von 32o mit 20 Theilen Wasser. Beide passen ganz gut für alle Pi-äparate von Muskeln, Bindegewebe, Seh- nen, Knorpel, für Durchschnitte von Knoc hen und Zähnen, die mit Säuren ausgezogen sind, für die Fasern der Krystalllinse u. s. w. 558 Arseuige Säure; Sublimat; kohlens. Kali. Zum Aufbewahren des Fettgewebes, der Nervenprimitivröhren, der Blut- körperchen passt Kreosot nicht. 4. Eine Solution von arseniger Säure, die dadurch hergestellt wird, dasa ein Ueberschuss der Säure, mit Wasser gekocht, nach erfolgter Ab- kühlung filtrirt und dann mit dreimal soviel Wasser verdünnt wird. Diese Solution eignet sich zumeist zum Aufbewahren thierischer Theile; alle in Kreosot aufbewahrbare Theile und ausserdem noch das Fettgewebe lassen sich darin unverändert aufheben. Da die Theile darin gar nicht oder doch nur in massigem Grade eine gelbe Färbung annehmen, so habe ich dieser Flüssigkeit in den letzten Jahren im Allge- meinen den Vorzug gegeben. 5. Auflösungen von 1 Thl. Sublimat in 200 bis 500 Thln. Wasser. Die Concentration dieser Solutionen niuss zu den aufzubewahrenden Ob- jecten ein gewisses Verhältuiss einhalten, und deshalb ist es wohlgethan, wenn man, so lange man den erforderlichen Concentrationsgrad noch nicht aus Erfahrung kennt, mehrere Präparate mit Solutionen von verschiedener Stärke herstellt. Dies gilt namentlich von den Blutkörperchen, die sich unter den von mir geprüften Aufbewahrungsmitteln nur allein in Subli- mat unverändert erhalten. Für jene des Froschblutes ist eine Solution von 1/400 Sublimat erforderlich; für Vögel ist aber V300 ? "nd für die Säugethiere und den Menschen ^200 nöthig. Sodann passen diese Solutionen für die Elementartheile des Gehirns, des Rückenmarkes, der Netzhaut, wenngleich diese Theile darin, gleichwie in allen anderen Flüssigkeiten, stets einige Veränderung erleiden. Knorpel hält sich gut in Sublimat, ebenso die Fasern der Krystall- linse; die übrigen faserigen Gebilde werden aber darin zu undurchsichtig. Nur für die Primitivfasern der Muskeln ist Sublimat zu gebrauchen; de- ren Qnerstreifen treten darin deutlicher hervor. Für Präparate zarter pflanzlicher Gewebe, für jüngere Organe im Allgemeinen, namentlich solche, worin man Amylumkörner und Chlorophyll unbeschädigt erhalten will, desgleichen für Süsswasser- algen, Diatomeen, Schimmel, für die Rotatorien u. s. w. kenne ich kein besseres Aufbewahrungsmittel als eine Solution von 1/500 bis 1/400 Sublimat. 6. Auflösungeti von kohlensaurem Kali in 200 bis 500 Thln. Wasser. Auch hiervon muss man verschieden starke Solutionen haben. Es ist das beste Mittel für die Nervenprimitivröhren. Andere faserige Gewebe halten sich darin ziemlich gut, nur werden sie durchsichtiger als im frischen Zustande, vras aber oftmals vortheilhaft ist, z. B. wenn man in der Thoraxmuskulatur der Insecten die Luftgefässe und deren Ver- ästelungen besser zur Ansicht bringen w-iil. 7. Eine Solution von arsenigsaurem Kali in 160 Thln. Wasser. Eine solche habe ich mehrmals mit gleich gutem Erfolge, wie die vor- hergehende, bei Nervenprimitivröhren angewendet. I Glyccrin. Wasserglas. 559 b. Glycerin. Dieäer Körper ist schon vor vielen Jahren von War- rington empfohlen worden; ich selbst habe ihn erst seit ein paar Jahren in Gebrauch gezogen. Natürlich nnuss das Glycerin möglichst rein und farblos sein, imd man kann es in diesem Zustande mit 1 oder mit 2 Thln. Wasser verdünnen. Letzteres ist in den n)eisten Fällen vorzuziehen, weil das reine Glycerin stark lichtbrechend ist, und die Ränder der darin ver- wahrten Körper dadurch zu blass werden, man mfisste denn zugleich ein Durchscheinendmachen des Objects im Auge haben. Das mit Was- ser verdünnte Glycerin kann bei pflanzlichen Substanzen benutzt werden; doch gebe ich dazu der Chlorcalciumsolution noch immer den Vorzug, weil die Zellen in Glycerin immer braun werden. Von thierischen Geweben halten sich die Muskelprimitivbündel sehr gut darin. Auch die Knorpelsubstanz ändert sich nur wenig darin. Für Knochen- und Zahnpräparate kommt Glycerin dem Chlorcalcium gleich. Alle leim- gebenden Gewebe werden darin ganz durchsichtig, dadurch aber tre- ten die darin verbreiteten elastischen Fasern und die Zellen nur deut- licher hervor, was in einzelnen Fällen vortheilhaft ist. Für Nervenprä- parate passt Glycerin weniger, ausgenommen um Durchschnitte des in Weingeist erhärteten und dann an der Luft getrockneten Rückenmarkes anzufeuchten. Man kann solche Schnitte sehr dünn machen, und werden sie mit Glycerin wieder aufgeweicht, so können sie eine allgemeine Ueber- sicht des Rückenmai'ksbaues geben und über die relative Lagerung der verschiedenen Elementartheile, der Ganglienzellen, der Fasern u. s. w. belehren. 9. Eine Solution von Wasserglas, der unrichtig sogenannte Was- serglasfirniss, ist erst seit Kurzem zur Aufbewahrung mikroskopischer Objecte in Gebrauch gekommen, so viel mir bekannt zuerst durch Wel- cker (lieber Aufbewahrung u. s. w. S. 20), der durch Phoebus darauf aufmerksam gemacht wurde. Ich habe noch zu wenig Erfahrung darüber, um ein entscheidendes Urtheil auszusprechen. Auch kommen als Wasserglas mehrere Körper im Handel vor, die eine verschiedene chemische Zusammensetzung haben und auch wohl für die Aufbewahrung mikroskopischer Objecte von un- gleichem Werthe sind. Indessen zweifele ich, dass es einen der bisher aufgeführten Körper als Aufbewahrungsmittel ersetzen werde. Freilich lässt es sich eben so benutzen, wie Canadabalsam, nämlich als syrupsdicke Solution, die beim Verdunsten eine dünne Glasschicht hinterlässt, in welche das Object eingeschlossen bleibt. Hierzu eignen sich aber nur wenige Objecte, und die dazu passenden, wie Knochen-, Zahn-, Schalen- präparate u. s. w., zeigen die meisten Eigenthümlichkeiten ihres Baues eben so gut im Canadabalsam oder im Chlorcalcium. Dazu kommt, dass durch die Verdunstung leere, luftgefüllte Räume entstehen, was bei dem nach der Abkühlung erhärtenden Canadabalsame und bei der immer flüssig verbleibenden Chlorcalciumsolution nicht zu befürchten ist. Durch- schnitte von Pflanzen und von weichen thierischen Geweben lassen sich 5G0 Wiisserglas. Kitt. nur in stärker verdünnten Solutionen auibewahren. Die ersteren halten sich aber besser in Chlorcalcium, und unter den letzteren ist es eigentlich nur das Sehnen- und Bindegewebe, wofür sicli eine solche verdünnte Wasserglassolution besonders gut als Verwahrungsmittel eignet. Die übrigen Gewebe leiden darin mehr oder weniger, zum mindesten mehr als in der arsenigsauren Solution. Q'y3 Den Canadabalsam und die syrupsdicke Wasserglassolution ausge- nommen, verlangen alle genannten Aufbewahrungsmittel einen Kitt, wo- durch die Flüssigkeit von der Luft abgeschlossen wird. Seit langer Zeit benutze ich dazu den sogenannten Goldgrund oder Goldleim, dessen sich die Spiegelvergolder bedienen, um das Goldblatt festzukle- ben. Dieser Leim wird aber auf folgende Weise zubereitet. Man lässt 1 Thl. Mennige und ^'5 Umbra drei Stunden lang mit 25 Thln. Leinöl kochen und giesst dann das Oel ab. Mit diesem Oel wird hierauf ein Gemenge von gleichen Tlieilen Bleiweiss und gelber Ocker, beide ge- schlemmt und ganz fein vertheilt, sehr fein gerieben nnd gemengt, so dass ein ziemlich dicker Brei entsteht, den man dann noch einmal durch- kochen lässt. Seit vier Jahren benutze ich aber mit gleich gutem Erfolge den in England allgemein zu diesem Zwecke verwendeten schwarzen Feuer - lack, womit die Lackirer den schwarzen Untergrund auf Blech herstel- len. Es ist eine Flüssigkeit, die aber in der Form, worin sie von den Lackirern benutzt wird, zu dünn ist, um als Kitt bei mikroskopischen Präparaten zu dienen. Für diesen Zweck muss die Flüssigkeit bei massiger Wärme eingedickt werden, bis sie bei gewöhnlicher Lufttempe- ratur die Consistenz von Syrup bekommt. Wäre die Abdampfung zu lange fortgesetzt und dadurch die Flüssigkeit zu stark eingedickt, so kann man durch Zusatz von etwas Terpentinöl nachhelfe^. 374 Hat man ein Präparat angefertigt, das man in einer Flüssigkeit auf- bewahren will, die vor dem Luftzutritte geschützt werden muss, und kann dasselbe einen gewissen Druck ertragen, so verfährt man damit auf fol- gende Weise. Ist das Präparat mit Wasser befeuchtet gewesen, wie es bei Unter- suchungen so häufig der Fall ist, so entfernt man zuvörderst die über- flüssige Feuchtigkeit mittelst einer kleinen Rolle Fliesspapier oder mit- telst des oben beschriebenen Pinsels (Fig. 147, S. 378). Feuchtigkeit, die sich in einiger Entfernung vom Präparate befindet, wischt man mit einem baumwollenen oder leinenen Läppchen weg, so dass die Glasober- fläche ganz trocken wird. Hierauf bringt man die zur Aufbewahrung bestimmte Flüssigkeit auf das Präparat, was am besten geschieht, wenn man diese Flüssigkeiten in Spritziiäschchen aufbewahrt. Die Flüssigkeitsmenge muss so bestellt sein, dass der Raum unter dem Deckplättchen späterhin ganz damit gefüllt ist, worin man sich bald die Verkitten der Präparate. 5G1 gehörige Uebung aneignet. Nun kommt ein Deckplättchen, welches ein paar Millimeter kleiner ist als das Objecttäfelchen, mitten unter das letztere, d. h. unter jenen Theil, der weiterhin damit bedeckt werden soll. Jetzt taucht man einen Pinsel in den Kitt und zeichnet damit um die Flüssigkeit und das darin liegende Object herum ein Viereck, dergestalt, dass der Kitt 1 bis 2 Millimeter über die Ränder des Deckplättchens nach innen reiclrt. Hierauf kommt das Deckplättchen auf das Object zu liegen, und zuletzt werden auch seine Ränder noch mit Kitt bestrichen. Ist zu viel Flüssigkeit darin, so bahnt sich das Ueberflüssige einen Weg und es entsteht eine Oeffnung in dem Kitte unter dem Deckplättchen; dieses legt sich aber späterhin wieder an, wenn man das Bestreichen noch einmal wiederholt, nachdem die überschüssige Flüssigkeit entfernt worden ist oder eintrocknete. Nach ein paar Tagen ist die äusserste Schicht des Kitts trocken geworden, während die inneren Schichten noch Wochen und Monate lang weich bleiben, und gerade das bedingt sein gutes Schliessungsver- mögen; denn es entstehen so niemals Sprünge in demselben, wodurch die Flüssigkeit verdunsten könnte. Eine Menge von Präparaten, die ich auf diese Weise schon vor vielen Jahren anfertigte, haben sich ganz unverändert erhalten. Eine Hauptsache dabei ist, dass der Kitt den Raum zwischen dem Deckplättchen und dem Objecttäfelchen zum Theil erfüllt; das blosse Bestreichen der Ränder des Deckplättchens ist nicht ausreichend. Ist bei der Beschaffenheit des Objects ein Druck unzulässig, dann 375 muss dasselbe in einen* dazu bestimmten kleinen Troge aufbewahrt wei-- den. Wie dieselben aus Kautschuk, aus Guttapercha, aus Glas sich her- stellen lassen, ist bereits oben (§. 297) angegeben worden. Die Tiefe des zu benutzenden kleinen Apparats wird natürlich ganz durch die Dicke des Objects bedingt; das Deckplättchen muss aber auch hier etwas klei- ner sein. Zuerst giebt man etwas von der Bewahrflüssigkeit in den klei- nen Trog, hierauf legt man das Object hinein und bestreicht die oberen Ränder mit dem dort ebenfalls beschriebenen Guttaperchaleim. Nun füllt man den kleinen Trog ganz, so dass die Flüssigkeit etwas gewölbt den Rand überragt; beim Auflegen des Deckplättchens läuft daher die übei'schüssige Flüssigkeit ab und alle Luft aus dem kleinen Troge ist fortgeschafft. Zuletzt bestreicht man die getrockneten Ränder noch mit einer dicken Schicht Kitt, was nach ein paar Tagen wiederholt wird. Diese Verschlussart passt besonders , wenn Injectionspräparate in arseniger Säure aufbewahrt werden sollen. Recht gut ist auch die Welcker'sche Methode, dass man zur Seite des Deckplättchens, 3 bis 4 Millimeter von seinem Rande, einen 2 bis 3 Millimeter breiten . Glasstreifen aufklebt, mit dem oben beschrie- benen Kitte oder mit Canadabalsam. Das Präparat wird hierdurch gegen Harting's Mikroskop. 3G 5G2 Aufbewahren der Präparate. Druck geschützt, und man kann bei Versendungen mehrere solche Präpa- rate über einander legen. 376 Wer sich mit solchen Präparaten beschäftigt, der muss natürlich dar- auf gefasst sein, dass einzelne nach Verfluss einer kürzeren oder länge- ren Zeit durch irgend eine Ursache misrathen gefanden werden. Indessen werden es nur wenige sein, wenn die vorstehenden Vorschriften befolgt worden sind. Findet man die Präparate nach einigen Monaten noch gut, so kann man nun daran denken, sie zu etikettiren, zu numeriren und in den betreffenden Katalog einzutragen. Wo kein Kitt dabei ist, also bei den trockenen und in Canadabalsam aufbewahrten Präparaten, da braucht man blos ein farbiges Papier aufzukleben, was zur Nettigkeit und zum bessern Aussehen beiträgt. In der letzten Zeit bin ich mehr und mehr zweifelhaft darüber ge- worden, ob es rathsam sei, auch die übrigen mit einem Kitt versehenen Präparate auf gleiche Weise zu überkleben. Durch den wechselnden Wärme- und Feuchtigkeitsgrad der Luft schrumpft das Papier periodisch zusam- men und schwillt wieder auf, so dass es abwechselnd mehr oder weniger auf das Deckgläschen drückt, und durch diese andauernden Bewegun- gen kann leicht eine Beschädigung des Kitts eintreten. Hierin finde ich wenigstens den eigentlichen Grund, weshalb manche Präparate, die solchergestalt mit Papier überklebt waren, nachdem sie sich Jahre lang unverändert erhalten hatten, zuletzt doch noch vertrockneten. Werden die Präparate nicht überklebt, so kann man auch noch zur Vorsicht von Zeit zu Zeit eine frische Schicht Kitt auftragen. Hat man viele derartige Präparate gesammelt, so kann man sie in besonderen Kästen aufbewahren, die natürlich nur eine geringe Tiefe haben dürfen. Es ist aber gut, wenn alle jene Präparate, bei denen eine Flüssigkeit als Bewahrmittel dient, zu liegen kommen. Am ein- fachsten ist es, wenn in jedes Kästchen eine mit weissem Papier über- klebte Pappe kommt, aus welcher in gehörigen Entfernungen länglich- viereckige Streifen ausgeschnitten sind, nach der Form der Objecttäfel- chen, nur etwas grösser. Auf die Hinterseite der Pappe ist schwarzes Papier geklebt, dessen schwarze Oberfläche nach innen sieht. So hat man eine Anzahl Fächer, in deren jedes ein Präparat kommt. Mittelst eines seitlich angebrachten Stückchens Band kann es leicht heraus ge- hoben werden. 377 Es kann vortheilhaft sein, bei angefertigten Präparaten genau die Stelle anzugeben, wo sich irgend ein kleines, dem blossen Auge nicht sichtbares Körperchen befindet, damit man e?« späterhin sogleich ohne Mühe wieder finden und auch gewiss sein könne, dass es wirklich das früher gesehene ist. Dieses Bedürfniss hat mehrfach Veranlassung gegeben, einen Indi- cator oder Finder auszudenken. Ich muss aber darüber auf das fol- Hartins's Indicator. 5Ü3 gende Buch verweisen, da zusammengesetzte Einrichtungen, gleichwie diese Finder sich in mehr oder weniger hohem Grade herauszustellen pflegen, sich durchaus nicht als praktisch brauchbar bewähren. Dagegen ist folgendes Mittel, dessen ich mich seit einigen Jahren bediene, ganz einfach, und es macht alle dergleichen Einrichtungen ganz überflüssig. Es ist Fig. 213 abgebildet. Am vordem Rande sowie an Fia. 213. A. 1 b|-50 1 10 10 -io-yi uo ouToj" r-,. Harting's Indicator. dem rechtssehenden Rande des Deckplättchens werden Papier streif chen {A.ab und bc) aufgeklebt mit einer Theilung, wie auf einem Maassstabe. Um nicht genöthigt zu sein, immer wieder eine solche getheilte Scala mit der Feder zu zeichnen, habe ich sie lithographiren lassen. Jede von den kleinen Abtheilungen ist 1/3 Millimeter gross. Die Rückseite der Streifen wird mit Gummiwasser bestrichen. Man braucht daher bei der Benutzung nur die getheilten Scalen mit einer Scheere abzuschneiden, anzufeuchten und aufzukleben. Die Stelle, wo sich das fragliche Körperchen befindet, bestimmt man mittelst dieser zwei Scalen ganz ebenso, wie bei Ortsbestimmungen unseres Erdballs: die Länge und Breite des bestimmten Punktes wird durch zwei Coordinaten, d. h. einander rechtwinkelig schneidende Linien angegeben, die mit den Rändern des Deckglases und des Objecttäfelchens parallel sind. Kennt man die beiden Punkte, wo beide Linien die auf das Deckplättchen geklebten getheilten Scalen schneiden, so ist nun ein für alle Mal die Stelle des Körperchens durch zwei Zahlen bezeichnet, die man einträgt. Man kann dazu jedes rechtwinkelig geschnittene Stück- 30* 564 Harting's Indicator. chen Papier nehmen, dessen den rechten Winkel einschliessende Ränder beim Auflegen auf das Deckplättchen die beiden Scalen senkrecht schnei- den, während die Ecke ganz genau der gesuchten Stelle entspricht. Schickt man ein solches Präparat einem andern zu und giebt die beiden Zahlen der Scalen an, wodurch die Stelle des Objects signirt wird, so braucht der Empfänger nur ein genau rechteckig geschnittenes Stück Papier auf die nämliche Weise auf das Präparat zu legen, und er findet nun sicher au der Ecke des Papiers das Object. Zur ersten Auffindung der Stelle des Objeets in der Mitte des mi- kroskopischen Gesichtsfeldes eignet sich aber ein Stückchen Papier nicht so gut als ein messingenes Täfelchen. Denn wenn das erstere dünn ist, so kann es sich leicht biegen und Falten bilden, wo es dann nicht ganz eben auf dem Deckplättchen aufliegt und sich auch nicht gut festhalten lässt. Deshalb ziehe ich ein viereckiges messingenes Täfelchen {B) vor. welches an den zum Gebrauche bestimmten, die rechtwinkelige Ecke um- schliessenden Seiten scharf zugefeilt ist. Um es festzuhalten, ist eine kleine, länglich viereckige Leiste (cZ) darauf gelöthet, die schief steht, so dass, wenn sie mit einer Pincette gefasst und das Täfelchen unterm Mi- kroskope rechtwinkelig auf das Deckplättchen gelegt wird, die günstigste Stellung für die Hand herauskommt, die man übrigens dabei mit Vortheil auf eine Unterlage stützen wird. Statt der scharfen Ecke, die leicht abgestumpft werden könnte, hat übrigens das Täfelchen einen kleinen ringförmigen Ansatz (jB. e), der nur dazu dienen soll, eine kleine Spitze oder einen Weiser zu schützen, dessen Ende gerade dem Punkte entspricht, wo die beiden die rechtwin- kelige Ecke einschliessenden Ränder in der Verlängerung zusammen- treffen würden. Gleich gut, wenn nicht vielleicht selbst noch besser, ist die bei C dargestellte Einrichtung. Hier hat der kleine ringförmige Ansatz (/) eine ganz feine runde Oeffnung von etwa ^,'5 Millimeter, dessen Mittel- punkt aber jene Stelle bezeichnet. Endlich muss ein solches Täfelchen noch zwei Gegengewichte (g und h). haben, damit es nicht vom Deckplättchen fällt, wenn sich das Object weit von der Mitte entfernt befindet. Diese Gegengewichte sind aber nichts anderes, als feine Älessingdrähte mit kleinen kurzen Cjlin- derchen am freien Ende, und schwach abwärts gebogen. Hat man sich mit einem solchen Täfelchen als Finder etwas geübt, so hält es nicht schwer, bei Vergrösserungen von 50 bis 200 Mal, ja noch mehr, damit die Stelle genau genug zu bestimmen, so dass man um weniger als ^'3 Millimeter in beiden Richtungen, algo bis auf 1/9 Quadratmillimeter sicher ist. Das ist aber dem Zwecke ganz entsprechend. Diese Einrichtung entspricht also den Forderungen eines allgemei- nen Indicators aufs vollständigste und sie macht alle übrigen derartigen Vorkehrungen überflüssig. Man kann sie auch im Verlnufe einer ge- wöhnlichen Untersuchung benutzen, wo man nach einander eine Reihe Indicator. 505 von Präparaten anfertigt, nicht gerade in der Absicht, dieselben alle in die Sammlung aufzunehmen. Einfacher und praktischer ist aber dann noch eine andere Methode, mit der ich vor Kurzem durch IL Iloffmann bekannt wurde. Dieser hat nämlich auf den Objecttisch seines Mikroskops, zu beiden Seiten der Oeff- nung, zwei Kreuze eingeschnitten, das eine so geformt (X)? ^^^ andere so geformt (-|-). Hat man nun etwas im Gesichtsfelde, was man später- hin schnell wieder dahin zu bringen wünscht, so werden mit Dinte zwei ähnliche Kreuze, gerade über jenen des Objecttisches, auf das Glastäfel-, eben gezeichnet, und damit ist die Stelle des Objects fixirt. Wird näm- lich das Glastäfelchen späterhin wieder so auf den Objecttisch gebracht, dass die gleichen Kreuzungspunkte einander decken , wobei die verschie- dene Gestalt der Kreuze über den vordem und hintern Rand des Täfel- chens hinreichenden Aufschluss giebt, dann niuss auch das Object wieder- um so ziemlich in seiner frühern Stellung sein. Endlich will ich noch ein Verfahren mittheilen, welches sich bei 37J Demonstrationen sehr vorthöilhaft bewährt, wenn man einem, der durchs Mikroskop sieht , ein Object oder einen Theil eines Objects anzeigen will. Dasselbe beruht auf dem nämlichen Principe, welches ich für die Flächenmessung in Anwendung gezogen habe (S. 542); es wird nämlich mittelst des achromatischen Beleuchtungsapparats im Gesichtsfelde ein Bild hervorgerufen, welches gleichzeitig mit dem Objecte zur Ansicht gelangt. Das lässt sich auf verschiedene Art erreichen. Man zeichnet z. B. auf eine Fensterscheibe, wodurch Licht aufs Mikroskop fällt, mit Dinte oder noch besser mit schwarzer Farbe ein viereckiges Feld oder einen kleinen Kreis, oder auch mehrere, .die alle mit einer Zahl versehen sind. Durch Bewegung des ebenen Spiegels und der achromatischen Linse oder des achromatischen Linsensystems , die sich unter dem Objecttische be- finden, kann man dann ihre Bilder auf jene Punkte des Gesichtsfeldes bringen, welche betrachtet werden sollen. Statt der auf Glas gezeichne- ten Figuren kann man auch eine Metallnadel verwenden, die auf die eine oder die andere Weise in die Bahn der Lichtstrahlen gebracht wird, so dass ihr Bild im Gesichtsfelde erscheint, wo dann die Spitze dem be- stimmten Punkte zugekehrt wird. Es sind natürlich noch mancherlei Modificationen hierin möglich, die für besondere Fälle in Anwendung kommen können. Nur bei sehr starken Vergrösserungen könnte dieses Verfahren weniger gut zu passen scheinen, weil dann die Bilder, welche als Indicatoren dienen, selbst zu gross werden und dabei auch an Schärfe verlieren. Dem erstem Uebelstande lässt sich auf eine dreifache Weise ab- helfen : a. man verkleinert das Object, von welchem ein Bild entworfen wird, also das kleine Viereck, den Kreis, die Nadel u. s. w.; 506 Indicator. b. man nimmt ein stärkeres Linsensystem in den Beleuchtungs- apparat ; c. man vergrössert die Entfernung zwischen Object und Mikroskop. Der zweite Uebelstand ist aber noch weniger erheblich. Hat auch das Bild bereits alle Schärfe verloren, so dass seine Ränder ganz nebel- artig erscheinen, so ist es doch für den Zweck, wozu es hier gebraucht wird, selbst bei einer 5- bis ßOOmaligen VergrÖsserung, noch ausreichend deutlich wahrnehmbar. Drittes Buch. Geschichte und gegenwärtiger Zustand des Mikroskops und der Hülfsapparate bei mikroskopischen Untersuchungen. JLwv gründlichen Erforschung eines Dinges bieten sich meistens zwei 379 Wege dar: erstens nämlich eine genaue und allseitige Betrachtung die- ses Dinges, wie sich dasselbe im Augenblicke der Untersuchung gerade darstellen mag, und zweitens die Nachforschung, wie der gegenwärtige Zustand des Dinges aus dem frühern allmälig sich entwickelt hat. Namentlich gilt dies von allen in den Naturwissenschaften gebräuch- lichen Instrumenten. Alle solche Instrumente haben ihre eigene Ge- schichte, die eine wahre Entwickelungsgeschichte heissen kann, und man darf wohl behaupten, dass nichts besser dazu geeignet ist, über die Be- deutung und die Bestimmung der einzelnen Theile eines solchen Instru- ments klare Einsicht zu verschaffen, als wenn man untersucht, wie die- selben im Verlaufe der Zeit durch stufenweise Verbesserungen daran entstanden sind. Es würde nicht schwer fallen, an verschiedenen Instrumenten die Wahrheit dieses Satzes nachzuweisen; doch dürfte vielleicht kein anderes so deutlich sprechende Beweise für dessen Richtigkeit bieten können als das Mikroskop. Wenn im ersten Buche die verschiedenen Arten von Mikroskopen nur im Allgemeinen betrachtet und beschrieben worden sind und dabei absichtlich der von dem einen oder dem andei-n Optikus gefer- tigten Instrumente nicht weiter gedacht wurde, als zum gehörigen Ver- ständniss der Sachen gerade erforderlich war, so ist nun dieses dritte Buch der besondern Beschreibung der Mikroskope und der bei mikroskopischenUntersuchungenbenutztenlnstrumente ge- widmet , vom ersten Zeitpunkte ihrer Verfertigung an bis auf den heuti- gen Tag. Das Instrument , welches in den Händen der heutigen Natur- forscher ein so mächtiges Hülfsmittel geworden ist, um damit in die ge- heimsten Schlupfwinkel der Schöpfung einzudringen, soll von seinem er- sten Beginnen durch die verschiedenen Entwickelungsstadien , die es nacheinander durchlaufen hat, verfolgt werden, bis es endlich jene hohe Stufe der Vollkommenheit erreicht hat, auf der wir es jetzt kennen. Eine solche Geschichte ist nicht blos insofern lehrreich, als sie zu 570 Bedeutung der Geschichte des Mikroskops; Perioden. dem genannten Ziele verhilft, eine genaue Kenntniss des Instruments selbst und seiner einzelnen Theile herbeizuführen , sondern auch als ein Abschnitt der allgemeinen Kulturgeschichte der Menschheit. Die suc- cessiven Verbesserungen am Mikroskope sind meistens nur getreue Spie- gel der jeweiligen praktischen Mechanik und der Fortschritte in der Optik. Ein paar Male werden wir im Verlaufe dieser historischen Darstel- lung auf vergebliche Bestrebungen , auf fruchtlose Versuche zu reden kommen. Mit Stillschweigen dürfen wir dieselben aber nicht übergehen, denn alle diese Versuche haben doch einen gewissen Grund, und es ist ganz gut, wenn man nachträglich den Ursachen nachgeht, auf welche das Missglücken dieses oder jenes Versuchs zurückzuführen ist. Ueberdies findet gerade hier das von einem grossen Dichter ausgesprochene Wort seine volle Anwendung : Alles menschliche Wissen geht nicht in gerader Linie vorwärts, sondern stets in einer Spirale. Eine solche historische Durchmusterung hat aber auch noch eine an- ziehende Seite. Sie giebt uns Gelegenheit, den Zoll der Dankbarkeit auch an jene abzutragen, durch deren Verstand und Thätigkeit wir mit den Mitteln ausgerüstet worden sind, unsere Kenntnisse zu bereichern und mitzuwirken zur Ausbreitung des Wissens über die Natur und deren Erscheinungen. Wir stehen auf jener Schultern und sollen dies nie ver- gessen. 380 In der Geschichte des Mikroskops lassen sich vier Perioden unter- scheiden. Zu der ersten Periode zählt, was von den frühesten Zeiten her bekannt gewesen ist über die Mittel zur Vergrösserung. der Objecte. Sie reicht ungefähr bis zum Jahre 1300 unserer Zeitrechnung, um wel- che Zeit etwa die Eigenschaften der convexen und concaven Linsen und die Mittel zu ihrer Darstellung allgemeiner bekannt wurden. Die zweite Periode reicht etwa bis zum Jahre 1600, wo das zu- sammengesetzte Mikroskop erfunden wurde und wo man auch anfing, die Lupe oder das einfache Mikroskop zu Untersuchungen zu benutzen. Die dritte Periode endigt mit dem Jahre 1824, wo man zuerst die richtigen Mittel in Anwendung brachte, das Mikroskop von der sphä- rischen und chromatischen Aberration zu befreien , wenngleich schon früher zum Theil recht gut berechnete Versuche vorausgegangen waren. Die vierte Periode reicht bis auf die gegenwärtige Zeit. 3§j Man darf aber nicht vergessen, dass das Wort Mikroskop eigent- lich eine CoUectivbezeichnung ist (§, 1 und 2). Man begreift darunter verschiedene Instrumente, die zwar alle darin übereinstimmen, dass sie ein vergrössertes Bild kleiner Gegenstände hervorbringen können, die aber sonst in vielerlei Beziehungen, was ihre Zusammensetzung und den beabsichtigten Zweck betrifft, unter einander verschieden sind. Jedes 1 Perioden. 57 1 von diesen Instrumenten hat daher bis zu einem gewissen Punkte hin seine eigene Geschichte. Um die historische üebersicht zu erleichtern , werde ich mich des- halb im Folgenden nicht streng an die Eintheilung in vier Perioden hal- ten. Es scheint mir passender, wenn ich zuerst mittheile, welche Mittel im Alterthume bekannt waren, um Gegenstände vergrössert zu sehen; hierauf werde ich über die Entdeckung der convexen und concaven Lin- sen und deren Vereinigung zum zusammengesetzten Mikroskope handeln; weiterhin werde ich die als Mikroskop benannten Instrumente einzeln durchgehen ; zum Schlüsse aber sollen die verschiedenen zur mikroskopi- schen Untersuchung benutzten Apparate betrachtet werden, sowie die Me- thoden der Zubereitung und der Aufbewahrung mikroskopischer Objecte. Erster Abschnitt- Die im Alterthume benutzten Vergrösserungsmittel. 382 Es ist früher (§. 16 u. 42) dargethan worden, dass man auf zweier- lei Art ein vergrössertes Bild eines Gegenstandes bekommen kann: mit- telst durchsichtiger Körper mit gewölbter Oberfläche und mittelst conca- ver Spiegel. Die dioptrische Methode sowohl als die katoptrische hat man beim Mikroskope benutzt, und wir wollen nun nachsehen, was die Alten davon gewusst haben. 383 -Di^ Kunst, aus Glas und anderen durchsichtigen Körpern convexe und concave Linsen zu schleifen, führt auf eine weit ältere Kunst zurück, auf das Steinschleifen im Allgemeinen. Dieses war schon im hohen Al- terthume den Völkern im Oriente sowie den Aegyptern bekannt, und vor da gelangte es nach Griechenland und nach Italien , worüber die beson- deren Schriften über das Schleifen und Graviren auf Steine bei den Al- ten von Vettori, Natter, Lippert, Klotz, sowie Lessing's antiqua- rische Briefe nachzusehen sind. Es ist hinlänglich bekannt, bis zu wel- cher bewundernswürdigen Höhe die Alten in der Anfertigung von Intagli und Cameen, die noch jetzt die Zierden von Antiquitätensammlungen sind, sich erhoben haben; dem Graviren der dazu benutzten Steine musste aber immer ein Schleifen und Poliren der Oberfläche vorausgehen. Sie verstanden aber auch eben so gut, edeln Steinen, die nicht zum Graviren verwandt wurden, durchs Schleifen verschiedene Formen zu geben. Pli- nius (Hist. 7iat. Lib. 37, Cap. 12) drückt sich über die verschiedenen Formen, welche man den Edelsteinen gab, folgendermaassen aus: Cavae aut extuberantes viliores videntur aequalihus ; figura oblonga maxime proba- ?«r, deinde quae vocatur lenticiila, pos'ea epipedos et rotunda,, angulosis autem minima qratia. Schleileii von Linsen bei den Alten. 573 üass die alten Künstler nicht blos gerade Flächen schlitfen, sondern den Steinen auch die Form convexcr und concaver Linsen gaben, kann man in den Sammlungen sehen. Es kommen hier Steine mit beiderlei Formen vor, deren Alter nach Lippert auf mehr denn 3000 Jahre zu schätzen ist. Manche von diesen linsenförmigen Steinen bestehen aus Bergkrystall, andere aus Beryll; sie sind daher durchscheinend. Das hohe Alterthum linsenförmig geschliffener Stücke Bergkrystall wird auch ganz sicher da- durch dargethan, dass Layard eine derartige planconvexe Linse in den Ruinen von jS^iniveh gefunden hat, mitten unter broncenen und sonstigen kostbaren Gegenständen. Brewster zeigte diese Linse im Jahre 1852 in der Versammlung der British Association vor. Sie ist nicht ganz rund, sondern hat 1,6 engl. Zoll in dem einen Durchmesser, 1,4 engl. Zoll in dem andern. Die gerade Fläche entspricht einer der ursprüngli- chen Krystallflächen , wie man aus der Einwirkung auf das polarisirte Licht entnehmen kann. Die Form der convexen Oberfläche berechtigte Brewster zu dem Schlüsse, dass der Schliff nicht in einer näpfchenför- niigen Aushöhlung, sondern auf einem Steinschleiferrade oder einem ähn- lich3n Apparate ausgeführt worden ist. Die Linse ist 0,2 Zoll dick, und ihre Brennweite beträgt 4,2 Zoll. Es ist wohl kaum einem Zweifel unterworfen, dass jene, die solche linsenförmige durchsichtige Steine anfertigten , auch deren vergrössernde Kraft wahrgenommen haben müssen. Gleichwohl tindet sich in den Schriften der Alten nirgends ein Beweis dafür. Priestley {The history and present state of Discoveries relating to Vision, light and colours. London 1772, p. 8) bemerkt über diese geschliffenen linsen- und kugelförmigen Steine, die er aus nicht näher entwickelten Gründen als den Druiden zu- gehörig ansieht. Folgendes: „Sie sind aus Bergkrystall in verschiedenen Formen gemacht ; es kommen sphärische darunter vor und auch linsen- förmige. Sie sind zwar nicht ganz vollkommen ausgeführt, dass sie alles leisten könnten, was bei einer genauem Arbeit von ihnen zu erwarten wäre ; aber die Arbeit ist doch so weit gelungen , dass man unmöglich annehmen kann, ihre Wirkung, wenigstens ihre Vergrösserung, hätte de- nen unbekannt bleiben können, die öfters damit verkehrten, wenn nicht vielleicht gar die sphärischen oder linsenförmigen ausdrücklich dazu be- stimmt waren, als Vergrösserungs- oder Brenngläser benutzt zu werden." Nur Eine Stelle kommt bei den Alten vor, die darauf hindeutet, dass eine Linse als dioptrisches Hülfsmittel benutzt wurde. In Yettori's Diss. glyjjtographica. Rom (1739) ist zuerst auf folgende Stelle bei Plinius (Lib. 37, Cap. 5) hingewiesen, wo vom Smaragde die Rede ist: Prae- terea longinquo amplißcantur visu inficientes circa se repercussum aiira^ non sole nuäati, non umbra, non lucernis, semperque sensim radiantes et visum ad- mittentes, ad crassitudinem siii facililate translucida, quod etiavi in aquis nos iuvat. lidem plerumque concavi, ut visum coUigant; quamobrem decreto ho- minum iis parcitur scalpi vetitis, quamquam Scythieorum Aegyptiorumque 574 Sclileilen von Linsen bei den Alten. duritta tanta est, ut non queant vulnerari. Quorum vero corpus extensum est^ eaclem qua specula ratione supinis rebus imaginem reddunU Nero princeps gladiatorum pugnas spectabat in smaragdo. Es ist diese Stelle in- sofern etwas dunkel, als nicht mit Bestimmtheit daraus entnommen wer- den kann, ob Nero 's Smaragd hohl geschlifif'en war, oder ob er zu de- nen gehörte, ^^qiiorum corpus extensum est''\ die also nicht hohl, sondern geradflächig waren. Da nun aber angegeben wird, dass die letzteren als Spiegel gebraucht werden konnten, und es von Nero heisst, er habe hindurchgesehen, so ist es wahrscheinlicher, dass Nero einen hohl- geschliff'enen Smaragd besass, der in der Mitte dünn genug war, dass man hindurchsehen konnte. Berücksichtigt man ferner, dass Suetonius (Nero, Cap. 51) dem Nero ein schwaches und stumpfes Gesicht {oculis caesiis et hebetiorihus) zuschreibt, Plinius (Lib. 11, Cap. 37, Sect. 54) aber von dem Myopen Nero spricht (iVerom nisi quum conniveret ad prope admota [oculi] hebetes\ so wird man es in der That sehr wahrscheinlich finden, dass hier das erste Beispiel vorliegt, wo eine Hohllinse zu dem Zwecke benutzt wurde, wofür man auch jetzt noch eine Brille mit Hohl- gläsern oder eine Lorgnette zu gebrauchen pflegt. Geschieht nun auch der Vergrösserung durch Linsen in den Schrif- ten der Alten sonst nirgends Erwähnung, so hatte man diese Erscheinung doch an hohlen, mit Wasser gefüllten Kugeln wahrgenommen. Der im ersten Jahjt'hundert unserer Zeitrechnung lebende Seneca {Nat. Quaest. Lib. I, Cap. 3) sagt: Poma per vitrum adspicientibus midto majora sunt^ und daran reiht sich in gewisser Beziehung eine weiterhin (Cap. 6) vorkom- mende Stelle: Poma formosiora quam, sunt videntur, si innatant vitro. Fer- ner sagt er auch in demselben sechsten Kapitel: Literae quamvis minutae et obscurae per vitream pilam aqua plenam viajores clarioresque cernuntur. Man würde aber »ehr irren, wenn man daraus schliessen wollte, Seneca bringe die Erscheinung auf Rechnung der kugeligen Gestalt des Gefässes. Denn unmittelbar vorher heisst es : Illud adjiciam., omnia per aquam vi- dentibus lange esse majora. Die eigentliche Ursache der Vergrösserung findet er also im Wasser. Ueber das Vorkommen geschliffener Gläser bei den Alten fehlt es nicht an beweisenden Stellen. So bemerkt Plinius (Lib. 37, Cap. 7 u. 8) wiederholt, es würden falsche Diamanten aus Glas gemacht. Bei Seneca (1. c. Cap. 7) liesst man aber: Virgxda solet jieri vitrea haec si ex transversa solem accipit., coiorem talem qualis in arcu videri solet reddit., und weiterhin: si apta fabricata foret, totidem redderet soles, quot habuisset inspectiones (insecturas f) Hier ist offenbar von einem mit Kan* ten versehenen Stabe die Rede, der nicht durch Blasen diese Form an- genommen haben konnte, sondern entweder durch Schleifen oder durch Giessen. Noch deutlicher übrigens spricht sich Plinius (Lib. 36, Cap- 26) aus, wo er vom Glase handelt: Aliud ßatu ßguratur , aliud torno to- ritur, aliud argenti modo coelatw\ Sidone quondam Ms ofßcinis nobili, si qui; dem etiam specula excogitaverat. Haec fuit'antiqua ratio vitri. Hrenngläser und Vergrösserungsgliiscr bei den Alten. 575 Aus anderen Stellen ersieht man sodann , dass die Alten noch frü- her im Besitze von Brenngläsern gewesen sind. So hat Delahire {Hist. de VAcad. royale 1708. cf. Smith Opticks II, p. 1,5) zuerst dar- auf aufmerksam gemacht, dass bei Ar is tophanes, der im fünften Jahr- hundert vor Christus lebte, und zwar in den Wolken (Act. 2, Sc. 1), eines damals gut bekannten Glases Erwähnung geschieht, um mit Hülfe der Sonnenstrahlen Papier in einiger Entfernung in Brand zu stecken. Andere Stellen, welche für das Vorkommen von Brenngläsern bei den Alten sprechen, findet man bei Waller (Phüos. Exper. and Ohserv. by Hooker etc. p. 648) gesammelt, 'der .daraus den Schluss zieht, die erwähnten Brenngläser seien keine convexen Linsen, sondern vollkommene Kugeln gewesen, und einerseits hätten s>e die Chirurgen als Cauterisationsmittel be- nutzt, andererseits die Vestalinnen, um ihr Feuer anzuzünden. Aus der Stelle bei Aris tophanes folgert aber Delahire mit Recht, das Glas, wovon dort die Rede ist, könne keine Kugel gewesen sein, sondern eine Linse, weil das Papier in einiger Entfernung in Brand gesteckt wer- den soll, was ja kaum auf eine Kugel Anwendung finden kann, die im- mer nur eine sehr kleine Brennweite hat. Bei Plinius (Lib. 37, Cap. 2) liest nian: Invenio apudmedicos^ quae sint urenda corporum^ non aliter utilius uri putari^ quam crystallina pila ad- versis opposüa solis radiis , und das scheint wirklich auf eine krystallene, das heisst gläserne Kugel oder Linse hinzudeuten. Doch an einer an- dern Stelle (Lib. 36, Cap. 26) schreibt er dieses zündende Vermögen einer mit Wasser gefüllten gläsernen Kugel zu: Est atitem caloris irnpa- tiens (vitruni)^ nisi praecedat frigidus liquor , quum addita aqua vitreae pilae sole adverso in täntum candescant, ut vestes exurant. Ein schwacher Beweis dafür, dass die Alten wirklich Vergrösserungs- gläser besessen haben müssen, wird auch darin gefunden, dass unter den auf uns gekommenen Kunstproducten der Alten manche einer ganz un- gemein feinen Ausführung sich erfreuen, die ohne Benutzung eines Ver- grösserungsmittels kaum erreichbar gewesen zu sein scheint. So sagt Vettori (1. c. p. 107): Exstant in Museo Victoria gemmae aliquae iia par- vulae, ut lenliculae granum Ulis duplo major sit; et tarnen in iis vel semiex- stantes figurae, vel incisae pariter spectantur^ opera in area tarn parvula sane admirando , quas oculo nudo vix incisas esse judicaveris. In der Histoire de VAcademie des Inscriptions (T. I, p, 270) findet sich die Beschreibung eines Siegels, welches dem blossen Auge ein ganz verwirrtes und un- kenntliches Bild giebt, das sich aber unterm Mikroskope als eine bewun- dernswürdige Arbeit darstellt. Es ist dies das sogenannte Siegel des Michel Angelo auf Carneol. Nach der Abbildung hat es 15 Milli- meter Länge auf 12 Millimeter Breite, und ausser mancherlei Nebendin- gen sind in diesem Räume nicht weniger als 17 Bilder von Menschen und Thieren gravirt. Es stellt einen Festzug dar zu Ehren der Geburt des Bacchus, oder nach Anderen ist darin das von Theseus eingesetzte Fest der Athene dargestellt, die Pyanepsien. 57G Vergrösserungsmittel bei ganz leinen Handarbeiten- Es kann aber auch dieses Siegel gleich anderen feinen Arbeiten durch mechanische Hülfsmittel geschnitten sein, nach einer der jetzt zu diesem Zwecke benutzten Methoden. So zeigte Arago (Comptes rendus^ 1845. XXI, Nro. 3) der französischen Akademie eine in Kupfer gesto- chene Karte von ganz Frankreich vor, welche Paulowicz mittelst eines vonihm erfundenen Instruments, des sogenannten Pantographen, in sehr kleinem Maassstabe ausgeführt hatte. Die ganze Karte hatte nur einen Durchmesser von kaum drei Centimeter, und doch unterschied man mit- telst einer Lupe die Linien und die Namen der Oerter ganz genau. Ein noch auffallenderes Beispiel von feiner Bewegung der Hand durch me- chanische ^Mittel liefert aber der mikroskopische Schreibapparat von Pe- ters, welcher in den Transact. of the Microse. Society {Quart. Journ. of Microsc. Sc. 1855, Nr. 12, p. 55) ausführlich beschrieben und abge- bildet ist. Wesentlich stellt er ein System vernünftig combinirter Hebel dar, wodurch die Bewegung einer Diamantspitze, welche Buchstaben auf ein Glasplättchen schreibt, so sehr verlangsamt wird, dass diese linear 110 bis 6250 Male, oder quadratisch 12000 bis 3900000 Male kleiner sind, als wenn sie mit der nämlichen Bewegung der Hand, jedoch ohne Beiwirkung des Apparats, geschrieben würden. Der Verfertiger schrieb damit das Vaterunser auf 6 Zeilen mit Buchstaben von i/joooo Zoll Höhe; es nahm Yisoooo Quadratzoll ein. Die Wirkung des Apparats ist so leicht und sicher, dass Dr. Carp enter, der Präsident der Microsc. Society., gleich beim ersten Versuche drei Zeilen auf noch nicht Yioooo Quadrat- zoll schrieb , und bei der mikroskopischen Untersuchung ergab es sich, dass an den Buchstaben, die nur Ynso Zoll hoch waren, die Eigenthüm- lichkeit der Handschrift sich doch deutlich erkennen Hess. Dass nun die Alten zur Herstellung ihrer Intagli und Cameen me- chanische Hülfsmittel benutzten, namentlich ein Rad und dadurch bewegte eiserne Spitzen, ist eine bekannte Sache; desgleichen, dass sie auch in Eisen gefasste Diamantsplitter dazu verwendeten. S. Lessing's anti- quarische Briefe, wo folgende Stelle aus Plinius (Lib. 37, Cap. 4, Sect 15) angezogen ist: Adavias., cum feliciter cumpi eontigit in tarn parvas frangtur criistas ut cerni vix possint; expetuntur hae scalptoribus fer- roque includwitur nullam non durifiam ex facili cavantes. Es fragt sich daher, ob die Steinschneider im Alterthume die ganz kleinen, dem blossen Auge fast unsichtbaren Figuren auf die gleiche Art zu Stande gebracht haben, wie es noch heut zu Tage auf unseren Mo- dellirbänken geschieht, nämlich durch mechanische Verkleinerung grös- serer, erhaben bossirter Figuren. Unter den Kunstwerken der Alten endlich, die schwerlich ohne Mit- hülfe einer Lupe zu Stande gebracht werden konnten, sind auch jene zu nennen, von denen Plinius (Lib. 7, Cap. 21) berichtet. So erzählt er auf die Autorität des Cicero hin, ein gewisser Strabo habe die ganze Ilias auf ein Blatt geschrieben , das in einer Nuss aufbewahrt werden konnte. Callicrates soll aus Elfenbein Fliegen und andere kleine 1 Spuren optischer Werkzeuge. 577 Thiere nachgemacht liaben, der°en einzelne Theile von Anderen nicht ei"- ka-nnt werden konnten. Myrinecides aber machte sich durch einen vierspännigen Wagen aus Elfenbein berühmt, «o klein, dass ihn die Flü- gel einer Fliege deckten, sowie durch ein Schiff', welches durch die Flü- gel einer Biene gedeckt wurde. Aus dem einen und dem andern darf man daher schliessen : 384 1. dass die Alten im Besitze der Kunst waren, durchsichtige so- wohl wie undurchsichtige Steine zu schleifen und zu poliren; 2. dass sie diesen Steinen zuweilen die Form concaver oder con- vexer Linsen gaben; 3. dass sie neben dem Glasblasen auch die Kunst des Glasgiessens und Glasschleifens verstanden ; 4. dass sie kugelförmige und auch linsenförmig geschliffene Gläser als Brenngläser benutzten ; 5. dass sie beobachtet hatten, durch mit Wasser gefüllte gewölbte Flaschen erschienen die dahinter befindlichen Geg^en^tände vergrössert. Zwar scheint nirgends mit Bestimmtheit einer Vergrösserung durch lin- senförmig oder kugelförmig geschliffene Gläser Erwähnung zu geschehen ; man muss es aber fast für unmöglich halten, dass dieses Vermögen denen habe entgehen können, die sich solcher Gläser häufig bedienten. Manche haben selbst Andeutungen von optischen Instrumenten bei den alten Autoren finden wollen. Nach Molyneux (Treatise of Diop- tricks. Lond. 1692, p. 253) führt Paucirollus in seiner Schrift De rebus inventis^ Tit. 15, angeblich aus Plautus folgende Stelle an: Cedo vitrum, necesse est conspicülo uti. Nach Molyneux ist dieses Citat aber falsch und die Stelle nirgends zu finden. Aus dem christlichen Autor Pisidas, der im 7. Jahrhundert in Constantinopel lebte, theilt Junius folgenden Satz mit: ra [lellovra cog 8ia8i07ttQOv 6v ßXsTiSiS (Jones, An Essay on the first Principles of Na- tural philosophy, Oxf. 1762, p. 277). Welches Instrument, um zukünftige Dinge dadurch sichtbar zu machen , unter dem Worte diOTtzQOV hier ge- meint ist, lässt sich schwer ausmachen; doch scheint kein genügender Grund vorhanden zu sein, um mit Jones an ein Teleskop zu denken. Muss man es nun auch als ausgemacht ansehen , dass die Alten mit den hauptsächlichsten Wirkungen convexer durchsichtiger Körper ver- traut waren, so scheint es doch eben so fest zu stehen, dass sie von der veranlassenden Ursache, nämlich von der Brechung der Lichtstrahlen, keine klare Vorstellung hatten, wenn es ihnen auch nicht entgangen war, dass die gerade Linie verloren gelit, sobald Gegenstände theilweise un- ter Wasser gesehen werden, wie man nach Regnault {VOrigine ancienne de la plnjsique nouvelle. Amst. 1765, p. 175) aus einigen Stellen bei Aristoteles und Plutarchus ersieht. Ptolemaeus, der im zweiten Jahrhundert nach Christus lebte und die Strahlenbrechung sehr gut kannte, ja selbst gemessen hat, scheint mit den Wirkungen convexer Hartiug'a Mikroskop. 37 578 Hohlspiegel. durchsichtiger Körper nicht bekannt ge'wesen zu sein. Der erste, wel- cher eine freilich unrichtige Erklärung davon gegeben hat, ist Vitello. um das Jahr 1270, und kurz nachher Roger Baco, von denen sogleich weiter die Rede sein wird. 385 Unzweifelhaft hatten die Alten über die Reflexion der Licht- strahlen Aveit vollkommenere Kenntnisse. Es ist hinreichend bekannt, dass schon in früher Zeit Brennspiegel hergestellt wurden , die unsere gegenwärtigen in der Wirkung selbst übertroffen haben müssen, wenn das wahr ist, was man von ihren Effecten erzählt. Ich brauche kaum an die bereits von vielen bezweifelte Erzählung über das Verbrennen der römi- schen Schiffe vorSyrakus durch Archimedes zu erinnern, worüber aus- ser manchen älteren Autoren Wilde (Ge^ch, d. Optik, 1838, Thl. 1,S. 31) sehr umständlich handelt; Archimedes soll auch eine Abhandlung über parabolische Brenn- spiegel verfasst haben, die aber verloren gegangen ist. Dem Euclides werden sodann O'ptica zugeschrieben, worin auch von der Wirkung der Hohlspiegel gehandelt wird. Es führen aber mehrere Gründe auf die Verrauthung, dass dieses Werk nicht von Euclides stammt (^Encyclop. Britann. Vol. 14, p. 179), während dagegen Wilde (a. a. O. Thl. 1, S. 11) annimmt, Euclides habe es zwar geschrieben, es sei aber durch Theon und andere Commentatoren umgeändert worden. Jedenfalls ist dieses Werk sehr alt. Die Gesetze der Lichtreflexion, namentlich aber dass der Einfalls- und Reflexionswinkel einander gleich sind, sind gewiss schon sehr früh den Nachfolgern des P la t o bekannt gewesen, und zu diesen gehört auch Euclides. Dass die Alten die Eigenschaft des Hohlspiegels, Gegenstände ver- grössert darzustellen, wirklich benutzt haben, ist aus einer Stelle bei Plinius (Lib. 33, Cap. 9, Sect. 45) zu entnehmen: Eadem vis in spe- culi t/SU. Polita crassitudine jjaulumqiie propidsa dilatatur in immensum mag- nitudo imaginum; noch mehr aber aus der von Porta (^Magia naturalis s. de miracidis rerum naturalium. Antw. 1560, Lib. 4, Cap. 14) bereits an- gezogenen schmutzigen Geschichte, die bei Seneca (iVa^ Quaest. Lib. 1, Cap. 15 u. 16) zu lesen ist: Sunt specula, qiiae faciem pi'ospicientinm ohli- quent^i sunt quae in inßnitum augeant ita , ut huvianum habitum modumque ex- cedant nostrorwn corporum. — Ilostius (qui tarn virorum quam feminarum avidus fuit) fecit specula ejus notae cujus modo retuli., imagines majores red- dentia., in quibus digitus bracliii mensuram, et crassitudinem excederet. Haec autem ita disponebat, ut cum virum ipse pateretur, aversus omnes admissarii sui motus in specido videret ac deinde falsa magnitudine ipsius membri tanquam, vera gaudebat. I Zweiter A b s c li n i 1 1. Spätere Geschichte der Linsen iiikI Erfindung der Brillen. Wir müssen jetzt einen Zeitraum von nicht weniger als 1000 Jahren 3§6 übei'springen , worin nur weniges zur Förderung der Wissenschaften ge- schehen ist; i;nd von diesem Wenigen ist selbst nur ein kleiner Theil auf uns gekommen. Der erste, welcher nach dieser Zeit der Erscheinun- gen an convexen Gläsern Erwähnung thut, ist der Araber Alhazen Ben Alhazen, der etwa um das Jahr 1100 lebte. Man liest in dessen Optik (Opticae thesaurns Älhazeni Arabis. Basil. 1572, Lib. VII, 44 u. 45), dass , wenn ein Object dicht an die gerade Fläche eines Glaskugelseg- ments gehalten wird, dessen gewölbte Fläche dem Auge zugekehrt ist, dieses Object sich dann vergrössert darstellen wird. Hier finden wir also zuerst die Wirkung einer planconvexen Linse beschrieben , wenn- gleich es Alhazen entgangen ist, dass das Object nicht dicht an die Linsenoberfläche gehalten zu werden braucht Im Jahre 1270 schrieb Vitello eine Optik {Vitellonis ThurinrjopO' loni 7CSQL OTCti'Krjg sive de natura^ ratione et projectione radiorum visus^ lii- minum^ colorum^ formarum etc. Libr. X. editi opera G. Tanstetter et Fetri Apiani. Norimb. 1535 Fol.; mit Alhazen's Schrift zusammen in: Opticae ihesaurus, ed. Federico Eisnero. Basil. 1572, Fol.). Alles Wichtige aus der Schrift von Alhazen ist darin aufgenommen, und so auch die genannte Erscheinung. Indessen seine Beobachtungen sowohl wie seine Erklärun- gen sind falsch, und es scheint fast ausgemacht, dass er nicht aus eigner Erfahrung spricht, sondern nur mittheilen will, w-as Alhazen darüber sagt, den er offenbar falsch verstanden hat. Denn v/ährend Alhazen von der Wirkung eines Kugelsegments redet, welches grösser denn eine 37* 5iS0 Roger Baco. Halbkugel ist, handelt Vitello von einem der Halbkugel an Grösse nachstehenden Kugelsegmente, und er glaubt, der Punkt, worin sich alle durch ein solches Segment gehende Strahlen vereinigen, müsse gerade der Mittelpunkt der Kugel sein. Gleichzeitig mit Vitello lebte Roger Baco (geb. 1214, gest. 1292), ein Mann, deralle seine Zeitgenossen in der Kenntniss der Natur und ihrer Erscheinungen übertraf, und das gewöhnliche Loos solcher theilte, die sich in Kenntnissen auszeichnen , während die ganze Umge- bung dumm und unwissend ist. Er wurde nt«;h Molyneux (a. a. O, S, 257) der Zauberei beschuldigt und ins Gefängnis? geworfen, worin er 10 Jahre schmachtete und nach manchen Angaben sogar starb. Aus vielen Stellen seiner Schriften ersieht man, dass er mit dem Gebrauche convexer Gläser bekannt war, und es finden sich auch ziemlich deutliche Spuren, dass er dieselben zu zusammengesetzteren optischen Instrumenten zu combiniren versuchte. Molyneux und Smith führen folgende Stel- len aus seinem Opus majus an : Si vero Corpora non sunt plana per quae Visus videt, sed sphaerica^ tune est magna diversüas, num vel concavitas corporis est versus oculuvi vel convexitas etc., und weiterhin : De visione fracta majora sunt; nam facile patet, maxima posse apparere minima et e contra^ et longe distantia videbuntur propinquissime et e converso. Sic etiam faceremus So- lem et Lunam et Stellas descendere secundwn apparentiam inferius etc. Die Bekanntschaft mit Vergrösserungsgläsern erhellt aber aufs deutlichste aus folgender Stelle: Si vero homo aspiciat literas et alias res minutas per me- dium crystalH vel vitri vel alterius perspieui suppositi literis, et sit portio minor sphaerae, ct(Jus convexitas sit versus ocidum, et oculus sit in aere, longe melius videbit literas et apparebunt ei majores. Nam secundum veritatem canonis qvinti de sphaerico medio^ infra quod est res et citra ejus centrum^ et cujus convexitas est versus ' oculum ^ omnia concordant ad magnitudinem: quia angu- lus major est sub quo videtur, et imago est major, et locus imaginis est pro- pinquior^ quia res est inter oculitm et centrum, et ideo hoc instrumentum est utile senibus et habenhhus oculos debiles. Nam literam qiiantumcunque par- vam possunt videre in sufjiciente magnitudine. Endlich berichtet auch noch Record {Chemin de la Science 1551), dass Baco ein Glas geschliffen habe, durch das man so merkwürdige Sachen sah, dass die Wirkung desselben allgemein der Macht des Teufels zugeschrieben wurde. Aus diesem Allen scheint nun soviel zu folgen: 1. dass Baco planconvexe Linsen besass, mit deren vergrössernder iraft er durch eigene Beobachtung vertraut war ; 2. dass er den Grund der Vergrösserung der Objecte darin fand, dass sie es möglich machen , die letzteren unter einem grössern Winkel zu sehen ; 3. dass er einsah, wie nützlich solche Linsen denen sein müssen, die alt sind und ein schwaches Gesicht haben. Es ist klar, dass diese letztere AVahrnehmuns unmittelbar zur Er- I Roger ßiico. 581 findung der Brillen führen musste, wenn auch bezweifelt werden kann, ob Baco Gläser mit einem weiten Focus, wie bei den eigentlichen Brillen, angefertigt hat, und dass er vielmehr ein stärkeres VergriVsserungsglas in der Hand halten oder auf die Schrift legen wollte, um namentlich da- durch Buchstaben deutlich lesen zu können*). *) Man hat viel darüber geschrieben, welche Kenntniss Baco über die Wirkung convcxcr Gläser besessen habe. Manche lassen ihn sogar als den Erfinder opti- scher Instrumente gelten; andere dagegen glauben, dasjenige, was er über das Vergrösserungsvermögen convexer Gläser mittheilt, beruhe nicht auf eigenen Versuchen, sondern sei nur den Werken von Alhazen und Vitello ent- lehnt. Einige Dunkelheiten in den angezogenen Stellen scheinen diese Annahme allerdings einigermaassen zu rechtfertigen. Baco sagt, man solle das Vergrös- serungsglas auf die Buchstaben legen; auch erklärt der Kanon, worauf er sich beruft, die Erscheinung eigentlich nicht, denn er spricht dort nur von Objecten, die sich innerhalb ehies dichteren Mediums , namentlich in Wasser befinden. Man liest ferner in dem berühmten Briefe Baco 's: De mirabili potestate artis et naturae, tibi de philosophorum lapide etc., der zuerst bei Claudius Celesti- nus: De his qiiae mundo mirabiliter eveniunt, Lutetiae Parisiorum 1542. 4. abge- druckt ist, Folgendes: Possunt enim sie ßgiirari perspicua, ut longissime posita appareant propinquissima et e contrario, ita quod incredibili distantia legeremus li- teras minutissimas et videremtis res quantumcunque parvas et Stellas facei emus appa- ; rere quo vellemus .... Possunt et sie figurari corpora, ut niaxima appareant mi- nima et e contrario, et alta appareant ima et infimae contrario, et occulta appareant , manifesta. Wenn aber einige Zeilen weiter zu lesen steht : Possunt etiam sie figurari perspicua, ut oninis hämo ingrediens domum videret veraciter auream et ai-genteam et lupides preciosas, so wird jener durch den ersten Satz hei'vorgerufenc Eindruck gar sehr geschwächt. Liest man dann ferner daselbst: Instrumenta navigandi pos- sunt fieri sine hominibus navigantibus, ut naves maximae et mai-inae ferantur unico homine regente, majori velocitate quam si essent plenae hominibus navigantibus: unde currus possunt fieri, qui sine animali moveantur cum impetu inaestimahili . ... et infinita talia possunt fieri, ut pontes ultra flumina sine columna et aliquo obstaculo, so könnte man an die Dampfschiffe, Locomotiven und Hängebrücken der Gegen- Avart denken, wenn nicht ein eingeschobener Satz (possunt fieri instrumenta volandi, ut hämo sedens in inedio instrumenti revolvens aliquad ingenium, per quod alae arti- ficialiter compositae, aerem verberent ad modimi avis volantis) bewiese, dass Baco, weit davon entfernt, alles, was er sich in seinen philosophischen Träumen als mög- lich dachte, durchs Expei'imcnt nachzuweisen, sich vielmehr dazu verleiten Hess, seine theoretischen Vorspiegelungen für wirkhche Wahrheiten zu halten. Mahnen uns nun aber auch diese Beispiele, Baco 's Kenntnisse über Dinge, von denen er in der That nicht vielmehr als eine Ahnung hatte, mit Vorsicht zu beurtheilen, so müssen wii; doch andererseits eingestehen, dass seine im Texte enthaltenen Angaben über das Vergrösserungsvermögen der Linsen die Erschei- nung zu scharf zeichnen, als dass man aimehmen dürfte, er habe sie nicht selbst wahrgenommen, sondern nur anderen nachgeschrieben, wenngleich er eine un- richtige Erklärung davon giebt. Ferner wurden um Baco 's Zeit die Brillen wirklich bekannt, und man darf doch wohl nicht annehmen, dass man auf ein- mal, fast ohne Vorbereitung, zur Darstellung von Brillengläsern gokomiffen ist; der gcwöhnUche Gang der menschlichen Phitdeckungen lässt vielmehr vennuthen, dass n\an, nachdem die Wirkungen convexer durchsichtiger Körper wahrgenom- men worden waren, allmälig Gläser zu 'schleifen begann mit einem immer weite- ren Focus, bis man endlich auf Gläser kam, welche dem bei Brillengläsern vor- schwebenden Zwecke entsprachen. 582 Erfindung der Brillen. 387 Wie dem auch sei, es steht soviel fest, dass kurz nach Baco's Tod wenn nicht vielleicht gar schon vorher, die Brillen in Europa in Gebrauch gekommen sind *). Molyneux {Dioptrica nova^ p. 254) führt eine Stelle aus Menage (jOrigini della lingua Italiana. Ginevral685) an, die dieser der Handschrift eines griechischen Gedichts auf der königlichen Bibliothek in Paris ent- nommen hat. Der Verfasser des Gedichts, welcher etwa ums Jahr 1150 lebte, spottet nämlich- über die damaligen Aerzte, „dass sie die Excreta ihrer Kranken mit einem Glase beguckten". Wäre damit gesagt, dass die damaligen Aerzte die Excreta der Kranken wirklich mittelst eines convexen Glases untersuchten, dann würde freilich die Benutzung des Vergrösserungsglases zu diagnostischen Zwecken von weit älterem Da- tum sein als man meistens glaubt. Da jedoch über die Form dieses Gla- ses nichts gesagt wird, so wenig als über den Zweck seines Gebrauchs, so dürfen wir wohl annehmen, dass die Aerzte dabei mehr den Zweck hatten, ihre Nase zu schützen, nicht aber ihre Augen zu verstärken. Zuverlässigere Nachrichten über die Zeit der Brülenerfindung haben wir durch Redi's Nachforschungen erhalten. Dieselben sind in zwei *) Bekanntlich sind mancherlei Erfindungen, wie die des Schiesspulvers, der Com- passnadel u. s. w. schon früher von den Chinesen gemacht worden , und das scheint auch mit den Brillen der Fall zu sein ; wenigstens scheint die Erfinduijg unabhängig von Europa bei den Chinesen vorzukommen. Ihi-e Brillen sind ganz verschieden von den unseren. Es sind zwei grosse, theilweise convex und theil- weise concav geschliffene runde Scheiben aus einem Mineral, das sie Scha-chi, d. h. Theestein nennen, weil seine Farbe einem dunkeln Theeaufgusse gleicht. Diese durchsichtigen Scheiben befestigen sie vor den Augen dadurch , dass sie seidene Schnuren hinter die Ohren führen. S. Carl Bursy, das künstliche Licht und die Brillen. Mitau u. Lpz., 184G, S. 29. Nach manchen Angaben sollte der Gebrauch der Brillen früher als irjrcnd anderswo bei den südamerikanischen Völkern bekannt gewesen sein, deren älte- ste Cultur wenigstens noch in ihren Bau- und Bildwerken zu uns spricht. In A. Voit's Denkmälern den- Kunst zur Uebersicht ihres Entwicke- lungsganges. Stuttg. 1845, Heft 1, Taf. 2 und 3, sind mehrfache derartige Ueberbleibsel aus Mexico, Peru u. s. w. dargestellt, und darunter vielleicht auch ein Kopf mit einer Brille. (W. Menzel's Literaturblatt, 1845, Nr. 104, S. 110). Die blosse Uebereinstimmang der Form und das Anbringen vor den Augen bürgen aber noch keineswegs mit Sicherheit dafür, dass diese Deutung eine richtige ist. Es fehlt auch nicht an märchenhaften Angaben über die Erfindung der Brillen. Der heilige Hieronymus, der im vierten Jahrhundert lebte, soll bereits Brillen gekannt haben, und noch im Jahre IGGO hatte in Venedig die Ladenthür eines Brillenverkäufers die Aufschrift: San Girolamo inventore degt occhiali. Der Irrthum ist vielleicht durch Anachronismen hervorgerufen worden, deren sich Malier schuldig gemacht haben. So hat Domenico del Ghirlandajo (geb. 1551 , gest. 1595) den heiligen Hieronvmus wirklich mit einer Brille auf der Nase abgemalt. Auch Ludovico Candi da Cig'oli (geb. 1559, gest. IG 13) hat sich diesen Anachronismus in dem Bilde erlaubt, welches den alten Simeon mit dem Christuskinde in der Kirche San Francesco di Prato darstellt. (Bursy a. a. O., S. 2C). Alexander de Sjjina. 583 Briefen an Carlo Da ti und an Paolo Falconieri enthalten, die sich im vierten Theile seiner Werke befinden , im Auszuge aber bei Spon, Eecherches curieuses cV antiquite. Lyon, p. 163, sowie in den Philos. Transact. f. 1683. p. 392 zu lesen, sind. Auch bei Giro- lamo Tiraboschi, Storia della Lctteratura Italiana. Modena, 1793. p. 163 findet man die bezüglichen Stellen, Redi verlegt die Er- findung zwischen 1280 und 1311, wobei er sich auf folgende Zeugnisse stützt. In einer Chronik , die handschriftlich bei den Prädikanten zu St. Catharina in Pisa aufbewahrt wird und die auch der Reihe nach von mehreren gleichzeitig lebenden Autoren abgeschrieben wurde, liest man nämlich: frater Alexander de Spina^ vir modestus et bonus, quaecunque mdit aut audivit jacta scivit et facere. Ocularia ab aliquo jjrimo facta et com- nunicare nolente ipse fecit et communicavit corde Jälari et volente. Dieser Alexander de Spina nun war in Pisa geboren und starb im Jahre 1313. Er verstand die Kunst des Brillenmachens am Ende des 13. oder zu Anfang des 14. Jahrhunderts, und wenn ihm auch nicht die Ehre der Erfindung zufällt, so hat er doch das grosse Verdienst, diese Erfindung bekannt gemacht zu haben. Dass die Erfindung der Brillen aber schon in die letzten Jahre des 13. Jahrhunderts fällt, kann man aus einer Stelle in einer Handschrift vom Jahre 1299 schliessen, die den Titel führt: Trattato del governo da Sandra di Pipozzo di Sandra Fiorentino , worin der Schreiber sagt, er sei so vom Alter gebeugt, dass er weder lesen noch schreiben könne ohne die Gläser, die man Brillen nennt, und die neuerdings erfunden seien zur Bequemlichkeit gebrechlicher Alten, denen das Gesicht versagt*). Damit stimmt auch überein, was Giordano da Rivaita, der im Jahre 1311 im Kloster zu St. Catharina in Pisa starb, also ein Klosterbruder des Alexan- der de Spina, in einer Predigt, gehalten' am 23. Februar 1305 zu Florenz, seinen Zuhörern sagte, dass es nämlich noch nicht 20 Jahre her sei, seitdem die Kunst der Brillenverfertigung erfunden sei, eine der nützlichsten Künste auf der Welt, und dass er den Erfinder selbst gese- hen und gekannt habe **). Dass die Brillen in den ersten Jahren des 14. Jahrhunderts wirklich schon ziemlich bekannt waren, ersieht man daraus, dass der berühmte Arzt Bernard Gordon in Montpellier im Jahre 1305 in seinem Lilium medicinae eine Augensalbe mit dem Bei- sätze anpreist: et est tantae virtutis, quod decrepitum faceret legere liferas minutas absque Ocularihus. Nach A. von Humboldt {Kosmos Bd. 2, S. 508) sollen die Brillen in *) „M« troro cosi gravoso di anni, che non abbia vallenza di lerjgiere e scrivere senza vetri apdlati okiali, truovati novellamente per comodita delli poveri veki, quando affiebolano del vedere." *) Non e ancora vent'anni, che si trovb f arte die fcire gli occhiali, che /anno veder betie, che e una delle migliori arti e delle piu necessarie^ che il mondo nbbia^'- .... „Jo vedi colui^ che prima la trovb e fece^ e favellagli'''' . 584 Armati; Verbreitung der Brillen. Haarlem schon zu Anfang des 14. Jahrhunderts bekannt gewesen sein; nur ist die Quelle nicht angegeben, woraus diese für die Geschichte der optischen Instrumente in den Niederlanden so wichtige Angabe entlehnt i worden ist. Der Name des wahren Erfinders blieb aber verborgen, bis Leo- poldo d el Miglio re , ein florentinischer Alterthumskundiger, in der Kirche Santa Maria Maggiore zu Florenz folgende alte Grabschrift ent- deckte : Qui giace Salvino cVArmato degli Armati di Fir. Inventore derjli Occlüali. Bio gli perdoni la peccata. Anno D. MCCCXVII. (s. Tira- boschi 1. c. p. 198. Musschenbro ek Inti^od. _ ad. philos. nat. II, p. 786, u. Volkmann, Nachrichten aus Italien. Th. 1, S. 512). Diese Grabschrift, verbunden mit den oben angeführten Zeugnissen Redi's , macht es also höchst wahrscheinlich, dass Armati der Mann gewesen ist, den Giordano da Rivaita als den ersten Verfertiger der Brillen gekannt haben will nnd dem Alexander de Spina die Kunst abgelernt hat. 388 Fassen wir nun alles Bisherige zusammen, so ergiebt sich, dass schon in sehr alten Zeiten das Vergrösserungsvermögen convexer durch- sichtiger Körper bekannt war, und ebenso die Kunst, Glas und selbst Bergkrystall zu schleifen. Späterhin finden wir diese Kunst noch erhalten und zwar besonders bei ^en Mönchen, fast den einzigen, in deren Hän- den damals Kunst und Wissenschaft lagen. Denn mehr als wahrschein- lich ist es doch wohl, dass ausser Roger Baco auch noch atidere Mön- che das Verfahren der Alten beim Glasschleifen verstanden'; dies erhellt schon aus dem Beispiele des Alexander de Spina, der offenbar die Kunst des Glasschleifens verstand, da er ohne Unterricht die von einem anderen verfertigten Brillen nachzumachen verstand. Die Erfindung der Brillen beruht also nur darauf, dass man anfing, Linsen mit grösserer Brennweite als früherhin zu schleifen , und dies hat wahi-scheinlich um die Jahre 1285 bis 1290 stattgefunden. In der letzten Hälfte des 14. Jahrhunderts mussten die Brillen wohl schon sehr verbreitet sein, denn Molyneux (1. c. p. 257) führt von G u i d o ■ d e C h a u 1 i a c an , derselbe habe 1363 in seiner Chirurgia magna ein paar Augenwasser angegeben und dann hinzugefügt: wenn diese nicht helfen, dann müsse man zur Brille greifen. Allmälig wurde auch das Brillenschleifen ein Handwerk, welches aller Orten von einiger Bedeutung geübt wurde. So werden am Ende des 16. Jahrhunderts in Middelburg zwei Brillenschleifer mit Namen auf- geführt, nämlich Hans Janssen mit seinem Sohne Zacharias und Lipper shey, und zur Zeit Leeuwe nhoek's {^Sendbrieven ., Delft 1718, p. 169) befanden sich deren drei zu Leyden. Diese allgemeine Ausbreitung der Kunst, Glas zu Linsen zu schleifen, hat aber zur glück- lichen Erfindung der zwei mächtigsten Hiilfsmittel der Beobachtung ge- führt, zum Teleskope und zum Mikroskope. Dritter Abschnitt. Erfindiing des zusammengesetzten Mikroskops und erste Benutzung der einfachen Linse zu wissenschaftlichen Untersuchungen. Wir nähern uns jetzt dem Zeitpunkte, wo die eigentliche Geschichte 389 des Mikroskops ihren Anfang nimmt, als Werkzeug nämlich, welches den Schleier abheben sollte von den Naturerscheinungen, die dem blossen Auge unlösliche Räthsel sind. Wir haben gesehen, dass schon seit Jahr- hunderten die vergrössernde Kraft der convexen Gläser und Spiegel be- kannt war, und dass man wahrscheinlich bei feinen Kunstarbeiten davon Gebrauch gemacht hatte, und doch scheint Niemand auf den Gedanken gekommen zu sein , das Auge damit zu waffnen , um dadurch tiefer in die Geheimnisse der Natur einzudringen. Die einfache Linse war seit langer Zeit bekannt. Das war aber noch kein Mikroskop; ein solches wurde sie erst von dem Augenblicke an, wo sie zur Untersuchung von Naturkörpern verwandt wurde, die vermöge ihrer Kleinheit sich dem Auge entzogen. Wann dies zuerst geschehen, ist aber schwer mit einiger Sicherheit anzugeben. Philip pus Bonannus {Ohservationes circa viventia qiiae in rebus non viventibus reperiuntur, cum Micrograpliia curiosa. ßom. 1691, p. 7) hat zwar ein Verzeichniss derer geliefert, die bis zu seiner Zeit ihre mit dem Mikroskope ausgeführten Untersuchungen beschrieben haben sollten, und als ersten neunter Georg Hufnagel, der im Jahre 1.59*2 in Frankfurt ein Werk über Insecten mit 50 Kupfertafeln heraus- gab. Ich kenne dieses Werk nicht selbst ; sind aber wirklich darin mikrosko- pische Beobachtungen in Worten mitgetheilt, so sind diese mit einfachen Linsen ausgeführt worden, denn in diesem .Jahre war, wie gleich zu er- wähnen, das zusammengesetzte Mikroskop kaum noch bekannt. 58G Fontana, Galilei. Huygens {Ojniscula posthuma. Amstelod. 1728, I. Dioptrica^ p. 170) meint, einfache Linsen statt des Mikroskops seien erst nach Erfindung der Teleskope in Gebrauch gekommen. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass man erst nach der Erfindung des zusammengesetzten Mikroskops sich mehr und mehr auf das Schleifen von immer kleineren Linsen gelegt hat, die man dann auch für sich als Mikroskope gebrauchte, namentlich nach- dem Leeuwenhoek's treflPliche Beobachtungen gelehrt hatten, was man damit erzielen kann. Bevor ich jedoch über die Schicksale des einfachen Mikroskops weiter mich auslasse, muss ich erst einige Augenblicke bei der Geschichte der Erfindung des zusammengesetzten Mikroskops verweilen. )90 Zwei Nationen streiten noch bis diesen Tag um die Ehre der Er- findung des Zusammengesetzen Mikroskops, die Italiener nämlich und die Holländer, und bei beiden hat man diese Ehre mehr denn Einem zu- weisen wollen. Bei den Italienern sind es Fontana und Galilei*), bei den Holländern Drebbel von Alkmaar, und zwei Middelburger, nämlich Hans und Zacharias Janssen, Vater und Sohn. Fontana gab 1646 inNeapel seine Novae celestium terrestrium- que observationes heraus, worin er angiebt, er habe das Mikroskop im Jahre 1618 erfunden; er beruft sich dabei auf das Zeugniss eines Jesuiten, der dasselbe sieben Jahre später bei ihm selbst gesehen habe. Dieses Zeugniss lautet : Ego Hieronymus Sirsalis soc. Jesu S. T. P. in collegio Nea- politano testatum volo me circiter annum 1625 Francisci Fontanae vidisse Micro scopium ah ipso mira arte compositum etc. Von Galilei berichtet dessen Biograph Viviani (Z)?umai/o II, p. 123 und Galilei, Opere I, p. XX), die Erfindung der Teleskope habe ihn auch zu jener der Mikroskope geführt, und im Jahre 1612 habe er ein solches Instrument an den König Casimir von Polen geschickt. Libri {Hist. des Sc. maili. en Italic IV, p. 222) dagegen hat späterhin dargethan, dass Galilei sein ISIikroskop nicht an Casimir, sondern an König Sigismund von Polen geschickt hat. Ueber Drebbel berichtet Huygens (^Dioptrica^ p. 170), derselbe *) Man hat auch P o r t a genannt (Chevalier, die Mikroskopen, s. w., übers, v. Ker- stein. 1843, S. 4): ich meine aber, dass diesea- in keiner Weise hier in Be- tracht kommen kann. Weder in der Ausgabe seiner Magia naturalis^ welche 15G0 in 4 Büchern erschien, noch auch in der späteren von 1G07 in 20 Büchern kommt etwas vor, was zu dieser Annahme führen könnte. Er spi-icht darin kaum ü'ber das Vergrösserungsvermögen der Linsen. Porta hat zwar aucli noch ein Buch De refr actione optica geschrieben, das ich nicht selbst ge- lesen habe; aber weder Wilde in seiner Geschichte der Optik, noch Libri in seiner Histoire des sciences mathe'mathiqucs en Italic, der sehr ausführlich über Porta handelt, melden etwas, was auf die Erfindung des Mikroskops durch Porta hinwies. — Eine andere Frage ist die, ob Porta nicht das Teleskop gekannt habe. Einige bemerkenswerthe Stellen darüber komnieu im zehnten Ilauptstücke seiner Magia naturalis {\G07)\or, dieman in der letzten Zeit wohl zu wenigberücksichtigt hat. Drcbbel. 587 habe sich damals in London aufgehalten und im Jahre 1621 hätten viele bei ihm Mikroskope gesehen, als deren erster Erfinder er dort allgemein telte*). Van Cappelle {Bydragen tot de geschiedenis der Wetenschappen en letteren in Nederland 1821, p. 92) theilt ferner einen Brief des Pei- resc in Paris vom 21.Dec. 1622 an G. Cambden in London mit, w^orin Folgendes vorkommt: On nous raconte ici de grandes merveilles des in- ventions de Sieur Cornelius Drubelsius Alcmariensis ^ qui est au Ser- vice du Roy de la gründe Bretagne , resident en une maison pres de Londres. Je vous supplie de m'ecrire un mot de la verite de chacune de ces inventions. Nous avons bien vu ici de ces petites lunettes, qui fönt voir des cirons et des mistes gros comme des mouches, mais je voudrais bien etre assure de ce qu'il y a de vrai touchant ces autres inventions. Daraus ersieht man, dass 1622 in Paris Mikroskope von Drebbel zu sehen v^aren. Es folgt aber nicht daraus, dass es zusammengesetzte Mikroskope w^aren, da man eben so gut annehmen kann, dass es kleine Mikroskope mit nur Einer Linse waren, von der Art, die man später Fi'ira pulicaria nannte. lieber Drebbel's Antheil an der Erfindung des Mikroskops und besonders über das Bekanntwerden dieses Instruments in Italien ist aber durch die interessante Entdeckung des Abbe Rezzi, des Bibliothekars im Palast Corsini, mehr Licht verbreitet worden. Unter vielen anderen Briefen des eben genannten Peiresc in der Barb er ini'schen Bibliothek hat Rezzi auch 10 gefunden, die auf das Mikroskop Bezug haben, und die Peiresc in den Jahren 1622, 1623 und 1624 aus Paris und aus Aix an Hieronymus Aleandro in Rom geschrieben hat. Sie sind jn der kleinen Schrift von Rezzi {Sulla invenzione dehnicroscopio ete.., Rom 1852, 4, p. 36 bis 40) mitgetheilt. Aus dem ersten dieser Briefe (Paris, 7. Juni 1622) ersieht man, dass ein gewisser Jacob Kuffler von Köln, ein Blutsverwandter des Cornelius Drebbel, dem Peiresc Augengläser (Occhiali) neuer und eigener Erfindung zeigte, durch die man einen fFloh so gross wie eine Heuschrecke und die Käsemilben so gross wie Fliegen sah. Mit einem solchen Augenglase begab sich Kuffler nach Rom, den Brief des Peiresc als Empfehlungsbrief an Aleandro mit sich nehmend, worin versucht wurde, ihn bei Hofe einzuführen, na- mentlich beim Cardinal Santa Susanna und beim Cardinal Barborini, der ein Jahr später als Urban VIII. zum Papste gewählt wurde. Bald *) Wie sonderbar die Sachen manchmal durch eine unvollständige und unaufmerk- same Compilation verdreht werden, dafür kann ich ein paar Beispiele anführen- Giovanni Santini (^Teorica degli stromenti ottici, PadovalS28, p. 158) hat offen- bar Huygens gelesen und schreibt: Semhra doversi stahilire una si utile inven- zione fra il 1G28 ed il 1G21, e doversene attribuire Ponore alV' Tnglese Drebbel; er macht also Drebbel zu einem Engländer. Noch besser macht es aber der Referent über Brewster's Martyrs of Science in der Bibliotheqne universelle de Geneoe. 184G. Janv., p. 319, wenn er schreibt: II {Gallige) affirme quil n'a vu aucun des Telescopcs de Dutck, als wäre Dutch (Holländer) ein Eigenname. — Brewster selbst im Treatise on Ihe Microscope nennt Janssen wiederholt Zansz. 588 Drebbcl; Hans und Zacharias Janssen. nach seiner Ankunft scheint aber Kuffler gestorben zu sein. \\'enig- stens gedenkt Peiresc im folgenden Briefe vom 8. December 1622 des Todes von Kuffler, und drückt zugleich sein Bedamirn aus, dass Kuff- ler nicht im Stande gewesen sei, die vp-underbaren Wirkungen seines Augenglases in Rom zu zeigen. Fast ein Jahr später (17. Sept. 1623) fand Peiresc erst Gelegenheit, den Verlust zu ersetzen, indem er die beiden eigenen, ebenfalls von Drebbel gefertigten und von Kuffler zurückgelassenen Augengläser zuschickte. Aus einem Briefe von Aix (3. März 1624) ersieht man aber, dass man in Rom mit dem Instrumente nicht zurecht kam. Peiresc giebt darin verschiedene Anweisungen über den Gebrauch, die deshalb von Wichtigkeit sind, weil man mit ])e5timmt- heit daraus ersieht, dass zu diesen Mikroskopen zwei convexe Gläser ge- liörten; denn er erwähnt ausdrücklich der Bildumkehrung. Aus dieser Anweisung folgt ferner, dass der Abstand beider Gläser von einander und folglich auch die Vergrösserung des Instrumentes innerhalb gewisser Grenzen dem Wechsel unterlag. Dass es ferner nur für undurchsichtige Objecte passte, ist aus dem Briefe vom 24. Mai 1624 zu entnehmen, wo- rin Peiresc die Beleuchtung durch Sonnenlicht anräth. Aus dem letzten Briefe (1. Juli 1624) ersieht man endlich, dass man in Rom erst dann dazu kam, die Objecte durch dieses Vergrösserungsglas ziemlich hell zu sehen, als Galilei dort angekommen war. Das Zeugniss für Hans und Zacharias Janssen als Erfinder des Mikroskops findet sich in der Schritt des zu Castres geborenen und 1689 verst^benen Leibarztes Ludwig's XIV., Pierre Borel, oder Petrus Borellus: De vevo telescopii inventore, cum brevi omnium conspiciliorum historia. Accessit etiam Centiiria oliservationum microscopicarum. Hacj. Co- mitum 1655. Darin findet sich ein Briet' von Willem Boreel (Baron von Vroendyke, Herr von Duinbeke, Pensionarius von Amsterdam) vor, geb. 1591 in Middelburg, 1619 Advocat der ostindischen Compagnie und als solcher nach England geschickt, dann noch anderwärts Gesandter,-» und 1627 als Gesandter nach Paris gehend, wo er mit dem genannten Leibarzte Pierre Borel bekannt wurde, dem er jedoch nicht verwandt war. Pierre Borel giebt aber an, dass er auf den Wunsch des Willem Boreel die Feder ergiiflTen habe, um Middelburgs Recht zu vertheidigen. Der in der genannten Sclirift entlia'.tene Brief des Willem Boreel lautet : 3IidJelburgum Selandorum metropolis mihi patria est. Juxta aedes tibi natus sum in foro olitorio teinplum novum est., cujus parentibus (paiietiljus'i} nectu7itur aediculae quaedam satis humiles. Hamm unam prope portam mo- netariam occidentalem inhabitabat anno 1591 (cum natus sum) ijuidam con- spiciliorum co?i/ector nomine Jfans, 7i.vor ejus Maria., qui ßlium habuit praeter filias duas., Zachariae nomine ipiem novi familiarissime, quia puero mihi vi- cino vicinus ah {neunte teuer rima aetate colludens. Semper adfuit., egoquejniei in officina ipsi saepiuscide adfui. Ilic Jlans id est Johannes cum filio sut Zacharia, iit saejie audivi., Microscopia primi invetiere, ipiae principi Mau- ritio gubernatori et summa duci exercitiis Belgicae^ foederatae ohtulerunt., et Galilei'a Ansprüche. 589 lionorario alitjtio donaii sanl. Simiie rnicrospopmiii pos/ea ah ipsis ohlatum faii Alberto archiduci Anstriaco^ Belgicae regiae supremo gubernatore. Cum in' Anglia anno IGIU Legatus' essem^ Cornelius Drebelius Alckmarianus Jiollandus^ vir midtorum .secreiorum naturae conscins ibique regt Jacobo in maihemgUcis inserviens^ et mihi familiaris^ osiendit illud ipsum insirumentum mihi^ qiiod archidtix ipsi Drebelio dono dederat ^ videlicet microscopium Zachariae istius; nee erat {iit nunc talia mo7istrantur) curto tu/jo^ sed fere ad sesquipedem longo^ cid tuhus ipse erat ex aere inaurato, latitudinis duorüm digitorum in diametro insidens tribus delphinis ex aere^ itidem subnixis; in basis disco ex ligno ebene ^ qui discus continebat impositas quisquilias aut minuta quaeque, quas desuper inspectabamus forma ampliata ad miraculum fere maxim,a. Ast longe post, nempe anno 1610, inqiärendo paulatim etiam ab Ulis ijiventa sunt Middelburgi Telescopia longa siderea etc. Man ersieht au8 dieser Beschreibung, dass es sich um ein zusammen- gesetztes Mikroskop handelt, welches nur wenig von jenen abweicht, wie sie noch eine geraume Zeit späterhin verfertigt wui-den. Auf die wahr- scheinliche optische Einrichtung desselben werde ich alsbald noch näher zurückkommen. Das sind die wesentlichen Momente, welche man für jeden der Ge- 391 nannten als Erfinder des Mikroskops geltend machen kann und die jetzt einzeln abzuwägen sind. Fontana's Ansprüche können kaum in Betracht kommen. Höch- stens darf man aus dem angeführten Zeugniss schliessen, dass derselbe 1G25 ein Mikroskop besessen hat. Wir haben oben gesehen, dass ein von Drebbel verfertigtes Mikroskop ein Jahr vorher nach Rom gekom- men war. Was Galilei betrifft, so ist man lange in Zweifel darüber gewesen, ,ob die von ihm verfertigten Mikroskope seine eigene Erfindung waren, oder ob die Erfindung eines Anderen ihm bekannt wurde und er dann ein solches Instrument nachbildete. Das Letztere ist der Fall in Betreff" der Telescope, deren Erfindung bekanntlich auch Galilei zugeschrieben worden ist; das ist unwiderleglich dargethan durch die Untersuchungen van Swinden's (Nieuwe Verhandelingen der eerste Klasse van hei koninglyk Nederlandschlnstitmtt {1831)111^ p. 103; im Auszuge in Bchuhmacher's Jahrb. f. 1843, S. 57). Man kann sich auch denken, dass Galilei, nachdem er mit dem im Jahr 1608 in Holland erfundenen Teleskope be- kannt war, bald nachher fast von selbst, ohne fremde Beihülfe, ein Instru- ment hergestellt hat, welches zur Beobachtung naher Gegenstände ge- eignet war. Das Teleskop lässt sich ja leicht in eine Art Mikroskop verwandeln : die beiden convexen Gläser brauchen nur weiter von ein- ander entfernt zu werden durch Ausziehen des Rohres, und man kann nahe Gegenstände vergrössert damit wahrnehmen. Das scheint auch be- reits 1610 Giantonio Magini gethan zu haben; denn in einem Briefe desselben vom 10. Sept. 1610 an Galilei kommt folgende Stelle vor: 590 Galilei's Ansprüche. AUungando il cannone alla doppia distanza di quella che porta, e kvando via 'ü traguardo o lente concava., si vedono tiitte le cose alla rovescia e molto di- stinte, se ben picciole. (S. Opere complete di Galileo. T. VIII, p. 106.) Sicher ist es wenigstens, dass Galilei selbst in dem zuerst im Jahr 1623 in Rom gedruckten Saggiatore {Opere complete. T. IV, p. 248) eines Teleskops erwähnt, welches dazu diente, in der Nähe befindliche Gegenstände weit besser als mit blossem Auge zu sehen. Ein solches Instrument kann man Mikroskop nennen, wenn man will; auch hat man dergleichen noch in späterer Zeit verfei'tigt und mit dem Namen polydy- namischer Mikroskope belegt, da man das Instrument durch Schieben des Rohres den verschiedenen Entfernungen anpassen kann. Ein solche? Teleskop-Mikroskop ist aber doch verschieden vom eigentlichen zusammen- gesetzten Mikroskope, welches aus einem Ocular und einem Objectiv von kurzer Brennweite besteht, bei deren Verbindung das ganze Instrument nur eine massige Länge zu haben braucht , und wo ausserdem die Ver- grösserung grösstentheils durch das Objectiv und nur zu einem kleinen Theile durchs Ocular erreicht wird. Vielleicht ist auch jenes Mikroskop, welches Galilei nach dem Zeugniss seines Schülers und bewundernden Freundes Viviani im Jahr 1612 an den König von Polen schickte, ein solches Teleskop-Mikro- skop gewesen; aber immer war es dann auch von späterem Datum, als jene Instrumente, welche nach dem Zeugniss Boreel's durch Hans und Zacharias Janssen hergestellt wurden*). *) Libri (Hist. des Sc. math^matiques en Italie) nennt die in Boreel's Briefe über Hans und Zacharias Janssen enthaltenen Mittheilungen „des te'moignages beaucotip trop postei-ievrs", und glaubt sie damit rollständig widerlegt zu haben, er vergisst aber, dass es sich hier um die ISIittheilung eines Augenzeugen han- delt, und zwar eines Mannes, der als Staatsmann vmd Gelehrter eine hohe Stel- lung einnahm und vollkomme» glaubwürdig war. Dieser Tadel passt aber auch eher auf Viviani als auf Boreel; denn Ersterer wurde erst 1G22 geboren, zehn Jahre später, als Galilei seine Erfindung gemacht habensoll, während Boreel 1591 geboren ist und aus persönlicher Anschauung Mittheilungen machen konnte. Auch spricht es nicht für die Zuverlässigkeit der Quellen, aus denen Viviani geschöpft hat, dass er sich in der Person irrt, der Galilei sein erstes Mikro- skop geschickt haben soll (s. S. 58G). Endhch schrieb Viviani seine Lebens- beschreibung Galilei's 1G54, und 1717 wurde sie gedruckt; die Elogia aber, worin des an den polnischen König gesandten Mikroskops Erwähnung ge- schieht, wurden erst 1G93 geschrieben. Die Schrift von Pierre Borel dagegen erschien schon IGö'). Tiraboschi (1. c. VIII, p. 17G) und nach ihm Libri zählen zu den Be- weisen, dass das Älikroskop schon 1G12 in Italien bekannt gewesen sei, auch eine Stelle in der im genannten Jahre in Venedig erschienenen Schrift : Bag- guagli di Parnaso di Trajano Boccalini, welche so lautet: Mirabilissimi sono quegli occhiali fabbricati con maestria iale, che alcuni fanno purere le pidci elefanti ed i pigmei giganti etc. Aus diesen Worten entnimmt man noch nicht, ob hier eine einfache Linse oder ein Mikroskop gemeint ist. Alle Zweifel darüber sch^\-in- den aber durch das, was man weiterhin in dieser Schrift liest und was Rezzijj Galilei's Ansprüche. 591 Alle Zweifel über die Zeit, in welcher Galilei das eigentliche zu- siammengesetzte Mikroskop hat kennen gelernt, sind nun aber völlig be- seitigt, nachdem die oben besprochenen Briefe von Peiresc durch Rezzi bekannt gemacht worden sind, der mit anzuerkennender Unparteilichkeit gewiss mit vollem. Rechte daraus folgert: „dass das zusammengesetzte Mikroskop im April 1G24 in Rom noch so neu und unbekannt war, dass Niemand damit umzugehen wusste, in Rom, wo sich Galilei Ißll gegen zwei Monate aufgehalten und seine neuen Entdeckungen bekannt ge- macht hatte, wo nicht wenige gelehrte Mitglieder der Äcademia clei Lyncei und andere Verehrer der Wissenschaften lebten , die dort ein neues Leben hervorriefen, wohin alles Neue in Kunst und Wissenschaft den Weg fand, wie die Briefe und Schriften dieser Zeit, gedruckte und un- gedruckte, darthun." Hieraus iind aus einer Reihe anderer Gründe, deren weitere Aus- fuhrung der Leser in Rezzi 's Schrift selbst suchen muss, wird nun von Rezzi der Schluss gezogen, das zusammengesetzte Mikroskop könne nicht in Italien, also weder von Galilei noch von Fontana, erfunden, sondern es müsse von andersher dorthin gebracht worden sein *). (1. c. p. 35) mittheilt : Questi (pcchiali) avidamente sono comperati da alcimi sog- getti grandi, i' quali ponendoU poi al naso dei loro fortunati cortigiani, tanto alterano la vista di que' miseri, che rimimerazione di cinque cento scudi di 7-endiia stimano ü vil favoruccio , che dal padrone venga loro posta la mano nelle spalla , b Vesser da lui rimirati con im ghigno, ancor che artificioso e fatto per forza. Hier ist also von keinem zusammengesetzten Mikroskope die Rede, sondern nur von einem Instrumente, welches auf der Nase getragen wurde, also von einer Art Brille. Vielleicht war das auch ein solches Instrument, oder auch ein einfaches Mikroskop oder eine Lupe, dessen Johannes Vodderbornius, ein Schotte und früherer Schüler Galilei's in Padua, in einer vom IG. Oct. IGIO datirten De- dication an den Englischen Gesandten Wo t ton in Venedig gedenkt. Diese Dedication, auf welche Rezzi aufmerksam gemacht hat, steht nämlich in: Quatuor prohlematum quae Martinus Horhy contra Nimtiiim Sydereum de quatuor planetis novis proposuit confutatio. Patav. 1610. Vodderbornius sagt hier nämlich von seinem Lehrer: Aiidi.veram paucis ante diehus aiithorem. ipsum excel- lentissimo D. Cremonino Purpurato philosopho varia narrantem scitu digm'ssima, et inter caetera quomodo ille minimorum animantiiim Organa,, motiis et sensus eo per- picillo ad iinguem distinguat. *) Dass das Mikroskop 1G24 in Italien noch ganz unbekannt war, erhellt auch daraus, dass Galilei in diesem Jahre ein Mikroskop an Bartolomeo Im- periali in Genua schickte, der sich in seinem Danksagungsbriefe rühmte, der Einzige in Genua zu sein, der einen solchen Schatz besässe. Galilei sandte ferner etwa um die nämliche Zeit auch ein Mikroskop an Cesare Marsigli und bemerkte dabei, ,,dass ein solches Instrument nur von ihm zu bekommen sei und von dem Goldschmiede, der das Rohr dazu gemacht hätte." Ferner schickte auch Galilei am 23. Sept. 1G24 ein Mikroskop an Federico Cesi, und in dem Begleitbrief (abgedruckt im Giomale de, Letterati von 1749 und wiederholt bei Rezzi a. a. O. S. 47) erwähnt er zum ersten Male, dass es ihm Mühe ge- kostet habe, die rechte Methode des Linsenschleifens herauszufinden, was doch wohl nicht geschrieben worden wäre, wenn sich Galilei schon seit vielen Jahren mit der Verfertigung solcher Mikroskope beschäftigt gehabt hätte. 'Es 592 Drebbel's Ansprüche. Hierin stimme ich ihm ganz bei, ich kann micli aber nicht mit seiner Ansicht befreunden, das« die Ehre dieser Erfindung Drebbel zukomme und nicht den beiden Janssen. Dass Drebbel 1619 und in den folgenden Jahren selbst zusammen- o-esetzte Mikroskope anfertigte, muss nach den Zeugnissen von Boreel und von Peiresc als ausgemacht angenommen werden; doch beweist dies noch nicht, dass Drebbel wirklich der Erfinder war. So etwas folgt weder aus den Worten von Huygens, die nur der Wiederklang einer in London verbreiteten Meinung sind, noch aus den Worten von Peiresc. Letzterer erwähnt in seinen Briefen nur der Augengläser (Occhiali) Drebbel's, als von diesem selbst verfertigte Instrumente, ohne ihn indessen ausdrücklich als Erfinder zu bezeichnen. Hätte aber auch Peiresc dieses gethan, so würde er nur in den allgemeinen Irr- thum seiner Zeit verfallen sein, worin er durch die Mittheilungen Kuf- fler's bestärkt wurde, eines Verwandten oder nach ßezzi (1. c. p. 7> eigentlich des Schwiegersohnes von Drebbel. Vergleicht man nun rait diesen auf blossen Gerüchten beruhenden Ansprüchen das bestimmte und offene Zeugniss von Willem Boreel, welches in dem vorhin (S. 588) mitgetheilten Briefe niedergelegt ist. so kann meines Erachtens nicht daran gezweifelt werden, dass Hans und Zacharias Janssen die ersten und wahren Erfinder des zusammenge- setzten Mikroskops waren, und Drebbel hat nur ein von ihnen verfer- tigtes späterhin nachgemacht. Willem Boreel tritt hier als Augenzeuge auf: er hat Hans und Zacharias Janssen und ebenso Drebbel per- sönlich gekannt; den Sohn Zacharias nennt er seinen Spielkameraden, den Drebbel bezeichnet er aber, bei Gelegenheit seiner Gesandtschaft nach London, als ^^mihi familiaris". Soviel steht sicher, dass, wenn Peiresc und Boreel das nämliche Maass von Glaubwürdigkeit beanspruchen können, des Letzteren Zeugnis-: über Sachen, die er selbst gesehen und aus dem Munde genau damit be- kannter Personen gehört haben will, das meiste Gewicht hat. Denn Peiresc, wenn auch in gutem Glauben, gedenkt in seinen Briefen nur dessen, was ihm zu Ohren gekommen war, ohne dass er den Erfinder persönlich kannte. Es würde auch nicht Wunder nehmen, wenn noch mehrere derartige Briefe von Andern aiis dieser Zeit gefunden wüi'den, in denen man ebenfalls Drebbel als Erfinder des Mikroskops be- zeichnete; es würden alle solche Zeugnisse, wenn nicht Einzelnheiten näher darin angegeben würden, nichts weiter darthun können, als dass ist dieser Begleitbrief aber auch noch deshalb merkwürdig, weil aus der Be- schreibung des Instruments und der Anweisung zu seinem Gebrauche auf über- zeugende Weise hersorgeht, dass es vollkommen mit jenem Instrumente über- einstimmte, welches Peiresc nach Rom geschickt imd welches Galilei einige Monate vorher gesehen hatte. I Drebbel's Ansprüche. 593 der Name der wahren l<>findof damals noch nicht bekannt war und Drebbel als solcher galt*). * Ist es nun auch niclit inehi- in Zweifel zu zielien, dass die Erfindung 392 des zusammengesetzten Mikroskops in Holland jener der Teleskope um mehrere Jahre vorausging, also auch der Verfertigung eines Mikroskops durch Galilei, so fällt es doch sehr schwer, das Jahr genau anzugeben, in welchem die Erfindung wirklich stattgefunden hat. Aus Boreel's Zeugniss ersieht man nur, dass diese Erfindung lange vor 1610 fällt, und dass erst der Statthalter Moritz, dann aber der Erz- herzog Albrecht jeder ein solches Mikroskop geschenkt erhielten. Letzterer wurde 1595 zum Generalgouverneur ernannt, kam aber erst 1596 nach Brüssel. Drebbel verlieSs 1604 sein Vaterland, begab sich an den Hof des Königs Jacob von England, verliess diesen aber nach einigen Jahren wieder und zog nach Prag. Wahrscheinlich während sei- nes Aufenthalts in Prag erhielt Drebbel vom Erzherzog Albrecht das von Hans und Zacharias Janssen empfangene zweite Mikroskop. Das ist alles, was wir von der Geschichte dieses zweiten Mikroskops wissen, das also nicht vor 1596 an den Erzherzog und nicht vor 1604 an Drebbel gekommen sein kann. Ueber das erste Mikroskop, welches Prinz Moritz erhalten hatte, lässt sich noch weniger etwas Sicheres vermuthen. Moritz folgte l)e~ reits 1584 seinem Vater, also wahrscheinlich mehrere Jahre vor der Er- findung des Mikroskops. Boreel, der 1591 geboren war, führt nännlich seinen Spielgenossen Zacharias Janssen ausdrücklich mit als Erfinder auf. Angenommen nun, Zacharias sei nur ein paar Jahre älter ge- wesen als Boreel, und es habe die Erfindung etwa in seinem 1 5. Jahre statt gehabt, so würde man dieselbe kaum früher als im Jahre 1600 an- *) Der Hauptgrund, den Rezzi gegen das Zeugniss von Boreel geltend machen will, ist folgender: Boreel habe in dem nämlichen Briefe nicht nur die Erfin- dung des Mikroskops, sondern auch jene des Teleskops dem Hans und Zacha- rias Janssen zugeschrieben, und zwar sollten sie diese Erfindung etwa um das Jahr IGIO gemacht haben. Nun sei es abq- Galilei bereits 1G09 bekannt gewesen, dass man dieses Instrument in Holland erfunden hatte. Dann lässt sich selbst noch hinzufügen, dass es seit den Nachforschungen van Swinden's (S. 589) als ausgemacht gelten kann, dass die Erfindung wirklich 1G08 und zwar fast gleichzeitig durch Johannes Lippershey in Middelburg und durch Jacob Metius in Alkmaar erfolgte. Boreel's Brief enthält somit eine Unwahrheit. Doch ist es gewiss nicht gerechtfertigt, wenn man darauf hin ihn ganz als Zeu- gen verwerfen will Was Boreel über die Erfindung der Teleskope angiebt, vcrräth weit weniger persönliche Bekanntschaft mit der Sache. Er erzählt nur mit gutem Glauben, was er von Anderen, denen er seinerseits glaubte, darüber gehört hat. Hätte er, oder hätten die Änderen in der That täuschen wollen, dann hätten sie die Erfindimg auf eine frühere Zeit verlegt, statt sie zwei Jahre nach der wirk- lichen Erfindimg anzusetzen. Boreel's Irrthum in dieser Beziehung darf daher seiner Glaubwürdigkeit in Dingen, wo er die Personen und die Sachen gekannt hat, keinen Eintrag thun. Hartiiig's Mikroskop. 38 594 Zeit der Erfimlnng des zusnmincngcsetzten Mikroskops. nehmen können. Dn- nun Moritz 1605 nach Zeeland kam, wo auf Kosten der Staaten ein L.'i^er abgehalten wurde {Aanmerkingen op Waaenaar' s Vaderlandsche Historie IX, p. 89 ; p. 1 82 der Aanmerkingen)^ so darf man auf die Vermuthung kommen, dass er in diesem Jahre das Mikroskop geschenkt erliiell . Man hat aber Gründe, anzunehmen, dass Zacharias Janssen bei der Geburt des Boreel nicht mehr so jung war, als des Letzteren An- gaben im Ganzen anzudeuten scheinen. Unter den übrigen bei Pierre Borel aufgeführten Zeugnissen kommt zwar keins vor, worin der Er- findung des Mikroskops gedacht wird, selbst nicht in den Zeugnissen des Sohnes und der Schwester des Zacharias. Das darf aber nicht Wunder nehmen, da jene Zeugnisse in gerichtlicher Form aufgenommen wurden und die vorgelegten Fragen nur auf die Erfindung des Teleskops Bezug hatten. Aus dem Zeugnisse des S-ohnes Johannes Zacharias sen ersieht man aber doch, dass dessen Vater Zacharias 1590 schon ein ausreichendes Alter gehabt haben muss, um etwas zu erfinden. Dasselbe lautet nämlich : Et primo praedicliis Joannes Zacharides affirmavit^ illa telescopia primum esse inventa et confecta n i^atre suo, cui nomen erat Za- charias Joannides^ idque contigisse (jil saepe inaudiverat) in hac civitate anno CJiristi 1590. Quod tarnen longissimiim telescopium illo tempore con- fectnm non excessit qnindecim nut sedecim j^ollicum longitudinem. Affirmavit tunc^ dno talia. telescopia ohlata fuisse , nnum videlicet lUustrissimo Pinncipi Mauritio, alterum vero Arcldduci Alberto^ et tantae similis longitudinis telescopia in 7isn fuisse usqne in anmim 1618. Tunc eum demiim (tä affirmahat hie testis) ipsc et pater ejiis^ nempe pmedicltis Joannes Zacharias Joanni- des invenernnt fnhricam et ccivipositionem longiorum telescojnoriim ^ qnihns etiam nunc ntuntur nocte ad inspiciendas Stellas et lunam etc. Bereits van Swinden hat darauf liingewiesen, dass in diesem Zeug- niss ein paar Widersprüche mit Boreel's Brief vorkommen, die ihn nöthigten, die Richtigkeit der Angabe, als habe Zacharias Janssen bereits 1500 die Teleskope erfunden, in Zweifel zu ziehen, und als das Richtigere anzunehmen, dass sowohl Jacob Metius in Alkmaar als Jo- hannes Lippershey in Middelburg ziemlich gleichzeitig, etwa um 1608, die ersten Teleskope verfertigt haben. Man darf aber wohl soviel aus jenem Zeugniss entnehmen, dass im Jahre 1590 Janssen das eine oder das andere optische Instrument erfunden hat. Mir kommt es nun nicht unwahrscheinlich vor, dass dies das zusammengesetzte Mikroskop war, womit auch die angegebene Länge desselben im Vergleiche zu jener, welche Boreel dem bei Drebbel gesehenen Mikroskope zuschreibt, ganz übereinstimmt. Dass sein Sohn Johannes Zachariassen 65 Jahre später die Erfindung des Mikroskops mit der Erfindung des Teleskops verwechselt habe, scheint keine allzu gewagte Vermuthung zusein. Diese Vermuthung liat um so mehr Jür sich, weil damals, wie es scheint, wo das Teleskop weit mehr bekannt war als das Mikroskop, beide Instru- mente wohl unter dem gemeinschaftlichen Namen des Teleskops begriffen wurden. So haben wir bereits oben (S. 590) gesehen, dass Galilei im I Zeit der Eidndung des zusmmengesetzten Mikroskops. öBf) Jahre 1620 ein „Teleskop" erwähnte, welches dazu eingerichtet war, dass man in der Nähe befindliche Gegenstände besser als mit blossem Auge sehen konnte, und noch im Jahre 1G27, als das zusammengesetzte Mikroskop in Italien wohl bekannt war, bezeichnete nach Rezzi (1. c p. 47) Nicola Aggiunti, Galilei's Schüler, dasselbe als Microtcle- scopium {Oratio de mathematicae laudihns. Rom. 1627). Auch finden wir in den Schriften aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts Mikroskope und Teleskope immer durch den nämlichen Namen bezeichnet, nämlich Ocularia im Lateinischen, Occhiali bei den Italienern, Kykers und Oogglazen bei den Holländern. Es ist Schade, dass De Kanter und Ab Utrecht Dresselhuys sich vergeblich bemüht haben, das Geburtsjahr des Zacharias Janssen aus den Taufregistern zu ermitteln. (De Provincie Zeeland. Middelburg 1824, Bylag. p. 88.) Doch fehlt es nicht an Beweisen dafür, dass er wirklich viele Jahre älter war als Boreel. Nach dem Zeugniss des Sohnes, der 1655 ein Alter von 52 Jahren erreicht hatte, war Janssen bereits 1603 Vater, wo also Boreel erst 12 Jahre zählte. Hätte er sich mit 25 Jahren verheirathet, so wäre er 1577 geboren und im Jahre 1590 hätte er 13 Jahre gezählt. Als Boreel noch ein Kind war, konnte Janssen schon ein ziemlich erwachsener Jüngling sein. Als Janssen' s Todesjahr wird in der Schrift von De Kanter und Ab Utrecht Dres- selhuys das Jahr 1642 angegeben; ist er daher 1577 geboren, so würde er 63 Jahre alt geworden sein. , Noch ein auffallender Umstand, den ich nicht ganz mit Stillschwei- gen übergehen will, ist der, dass Johannes Zachariassen nur seinen Vater Zacharias als Erfinder nennt, und den Grossvater Hans oder Johannes gar nicht erwähnt. Dies kann sich aber wohl daraus erklären, dass er seinen Grossvater nicht gekannt hat, der also schon vor oder bald nach 1603 gestorben sein müsste. In dieser Beziehung ist Boreel ebenfalls ein mehr zuverlässiger Zeuge; er erklärt, den Gross- vater sehr gut gekannt zu haben und oftmals in seinem Laden gewesen zu sein. Alles Gesagte zusammengenommen, führt darauf: 1. dass das zusammengesezte Mikroskop gewiss mehrere Jahre vor 1610 in Middelburg erfunden worden ist; 2. dass sicherlich das zuerst verfertigte Mikroskop nicht vor 1584 an den Prinzen Moritz gekommen sein kann, und das zweite nicht vor 1596 an den Erzherzog Alb recht; 3. dass Manches dafür spricht, es habe die Erfindung schon 1590 stattgefunden. Vielleicht ist es Herrn Rezzi ehrenvoller vorgekommen, Galilei's ^gg Ruhm an einen Mann wie Drebbel abzutreten, der den stolzen Titel eines Königlichen Mathematikus führte und seiner Zeit vielen als ein grosser Gelehrter galt, ais an ein paar einfache Brillenschleifer; ich SS* 590 Veranlassung zur Erfindung des Mikroskops. meinestheils lege weniger Werth auf diese Verschiedenheit. Wenn wir Drebbel nach den paar Schriften beurtheilen wollen, welche er verfasst hat, so steht er sehr weit unter seinen grossen Zeitgenossen Galilei und Keppler. In diesen Schriften zeigt sich ein mystischer, grübelnder Geist, aber nur wenig ächte Naturkenntniss. Hätte ihn der ächte Trieb der Naturforschung beseelt, dann würde er das Mikroskop, welches jedenfalls schon 1619 in seinen Händen war, zu wissenschaftlichen Untersuchungen benutzt haben, wie es in Rom geschah, sobald man dort damit bekannt geworden war. Es würde zu weit abführen, wenn ich für dieses ungün- stige Urtheil über Drebbel die nöthigen Beweise vorbringen wollte; wenden wir uns daher in die Werkstätte der Brillenschleifer Hans und Zacharias Janssen, die nach meiner Meinung der eigentliche Schau- platz der Erfindung ist. Schon drei Jahrhunderte früher waren die Brillen erfunden worden; sie waren überall in Gebrauch und in jeder nur irgend bedeutenden Stadt fanden sich Brillenschleifer (S. 584). Waren nun aber die vergrössern- den Linsen schon seit Jahrhunderten in Gebrauch, so bedurfte es zur Er- findung des Teleskops wie des Mikroskops weiter nichts, als dass zwei solche Linsen auf eine passende Weise vereinigt wurden. Nach einer alten Sage soll das Mikroskop oder das Teleskop, oder es sollen beide zufällig erfunden worden sein, indem die Kinder eines Brillenschleifers mit zwei Brillengläsern spielten und sie über oder hinter einander hielten. Ich will auf dergleichen Sagen nicht mehr Gewicht legen, als sie verdienen; aber es lässt sich nicht verkennen, dass hier einiger Grund zu der Annahme vorhanden ist, es werde eher ein glück- licher Zufall zur Erfindung geführt haben, als eine Reihe philosophischer Betrachtungen. Nur glaube ich den Zufall, dem man die Erfindung des Mikroskops verdankt, auf eine etwas andere Art mir denken zu müssen. Bekanntlich werden Brillengläser and Linsen erst mit Substanzen von immer mehr zunehmender Feinheit geschliffen und dann polirt. Was ist nun natürlicher, als dass man annimmt, die damaligen Brillenschleifer sind wie die heutigen verfahren, sie betrachteten nämlich ihre Gläser durch ein anderes vergrösserndes Glas, um sich davon zu überzeugen, ob noch Risse da wären und ob die Oberfläche gut polirt sei. Und musste es nicht dem einen und dem andern von ihnen bei dem so oft sich wieder- holenden Vorgange augenfällig werden, dass die unter den Gläsern be- findlichen Dinge, wenn diese Gläser zufällig in der gehörigen Entfernung von einander waren, sich stärker vergrössert darstellten, als wenn sie durch ein einfaches Glas betrachtet wurden? Wenn wir die Sache so ansehen, dann muss man sich wohl eher darüber wundern, dass drei Jahrhun- derte bis zu dieser Erfindung vorübergehen konnten, als dass zuletzt ein einfacher Brillenschleifer wirklich diese Erfindung machte. 394 Es muss gewiss befremden, dass die Erfindung eines Instruments, wodurch dem untersuchenden Auge eine ganz neue Welt erschlossen I Das Mikroskop zuerst wenig benutzt. 597 wurde, zuerst so wenig Aufraerksannkeit erregte, dass sein Vorhanden- sein Jahre lang kaum ausserhalb des Wohnoi'ts der Erfinder bekannt war. Weder in Keppler's Dioptrice^ welche zuerst 1611 erschien, noch in des Syrturus*) Telescopium sive ars perficiendi novum illud Galilei visorium instrumentum ad sidera etc. Francof. 1618, worin vom Teleskope und vom Schleifen der Teleskopgläser die Rede ist, findet sich etwas aufgezeichnet, was auf deren Bekanntschaft mit dem Mikroskope hin- deutet. Es muss aber um so mehr befremden, wenn wir sehen, dass Keppler mit den Gesetzen, welchen das Licht beim Durchgange durch mehrere convexe Linsen folgt, schon ganz gut bekannt war. Er lehrt nicht nur, sondern erläutert auch durch Abbildungen, „wie man durch zwei convexe Linsen die Objecte grösser und deutlicher, aber umgekehrt sieht," und er giebt ferner an, „wie man drei convexe Linsen stellen muss, um die Objecte grösser und deutlicher, zugleich aber auch in der natürlichen Stellung zu sehen." (Keppler, Dioptrice seu demonstratio eorum^ quae visui et visibili- büs propter conspicilia non ita pridem inventa accidunt etc. Aug. Vindel. 1611, p. 41, 45.) Ich muss aber bemerken, dass es ihm offenbar nur darum zu thun war, nachzuweisen, ein Teleskop könne auch aus convexen Linsen zusammengesetzt sein, statt aus convexen und concaven, deren man sich bis dahin bedient hatte. In der That scheinen viele Jahre verflossen zu sein, bevor das Mi- kroskop allgemein bekannt wurde, und es verfloss selbst ein noch länge- rer Zeitraum, bevor einzelne damit vorgenommene Untersuchungen öffent- lich bekannt gemacht wurden. Wenn Holland stolz darauf sein darf, das Vaterland des Teleskops und Mikroskops zu sein , so gebührt dagegen • Italien die Ehre, unter seinem Himmel die ersten Früchte für die Wissen- schaft durch beide Instrumente gesammelt zu haben. Galilei richtete sein Teleskop nach dem Himmel und entdeckte das System der Jupiters- monde. Francisco Stell uti untersuchte schon 1625, also ein Jahr, nachdem das Mikroskop nach Rom gekommen war, verschiedene Theile der Honigbiene damit und machte seine Beobahctungen bekannt**). *) Syrturus wohnte in Mailand und bereiste Italien, Spanien, Deutschland und Holland, um alle Formen der Linsen und der optischen Instrumente kennen zu lernen. In Middelburg verweilte er einige Zeit bei Lippe rshey, in Neapel bei Porta, in Rom bei Cesi und bei Galilei. Vom Letzeren erzählt er (p. 27), -dass er ihm die Linsen aus dem Rohre des Teleskops herausnahm, so dass er sie auf seinem Zimmer untersuchen und messen konnte. Er schweigt aber ganz vom Mikroskope, und dies kann fast als vollgültiger Beweis' gelten, dass dieses Instrument damals in Italien noch nicht bekannt war. *) Apiarium ex frontispiciis naturalis theatri principis Feder ici Caesii Lyncei^ S. Angeli et S. Poli Principis /, Marchionis montis Caelii II, Baronis Romani depromptum, quo universa mellificum familia ab suis prae-generibus dei-ivata, in suas specics ac dijferentias distributa in physicum conspectum adducitur. Franciscus Stellu tu s Li/nceiis Fabrianensis microscopio observavit. Romae, superiorum permissu, anno 1G25. Auf dem von G reut er gestochenen Titelblatte steht noch : Urbano VIII 598 Das Mikroskop zuerst wenig benutzt. Nach Köln soll 1638 das erste Mikroskop aus England gekommen sein. Leibnitz {Otium Ilannov. p. 185) erzählt nämlich: P, Johanni- nus mihi narravit, quemdam Jitdaeum medieinae doctorein primum microsco- pium ex Awjlia Coloniani attulisse anno 1638. Den Grund, warum das Mikroskop der gelehrten Welt so lange un- bekannt geblieben ist, kann man zum Theil darin finden, dass die Erfinder dem niedern Stande angehörten. Meines Erachtens giebt es aber noch andere Gründe dafür. Erwägen wir nämlich, welchen gewaltigen Ein- druck überall die Erfindung des Teleskops hervorbrachte, so dass wenige Jahre nach dessen Erfindung bereits mehrere Schriften darüber und über die damit gemachten Entdeckungen erschienen waren, so wird es wahr- scheinlich, dass gerade die ziemlich gleichzeitige Erfindung beider Instru- mente der Grund gewesen ist, weshalb jeder nach dem Teleskope griff, um die Wunder zu schauen , welche sich dadurch in den Räumen des Himmels aufthaten. Jeder hatte den Blick nach oben gerichtet, und man vergass deshalb jenes niedrige Werkzeug, wodurch man gebückten Hauptes nach scheinbar unbedeutenden und meistens verachteten Dingen schaute. Erst nachdem man im Gebrauche der Teleskope sich einigermaassen er- sättigt hatte , als sich vielleicht viele enttäuscht sahen, die in ihren über- spannten Erwartungen davon geträumt hatten, noch viel mehr mit diesem Instrumente sehen zu können, als nur überhaupt möglich ist*), als da- her seine Benutzung sich auf jene einschränkte, die es auf eine wahrhaft wissenschaftliche Weise zu benutzen verstanden, dann erst wandte sich der Haufe derer, die nach neuen und ungehörten Sachen verlangten, dem fast vergessenen Mikroskope zu. Aber erst dann, als Hooke, Malpighi, Leeuwenhoek und Grew ihre unsterblichen Werke bekannt machten, fing man an einzusehen, dass die Wissenschaft mit der Erfindung des Mikroskops Grosses gewonnen hatte, erst da begriff man es, dass, gleich- wie das Teleskop das Gebiet des Auges in der Ferne erweiterte, so das Mikroskop ein tieferes Eindringen des Auges zur Folge hatte. Zahlreiche Veränderungen und Verbesserungen kamen allmälig zu Stande. Um diese in gehöriger Ordnung vorzuführen, wird es nöthig, die weitere Geschichte einer jeden Mikroskopart einzeln durchzugehen. Pontifico maximo accuratior ME/llS20rPA*PlA a Lynceorum Academia per- petuae devotionis symboltcm ojfertur. S. über Stelluti: Odescalchi, memorie istorico-critiche delC nccademia de Lincei. Koma 1806 u. liorkel in den Mo- iiatsber. d. Bcrl. Akad Mai 17. 1841. *) Meinte doch noch Dcscartes {Oeuvres publiets pur V. Cousin. V, p. 130), dass man mit dem Teleskope die kleinen Körper auf den Sternen eben so deutlich werde unterscheiden können, als die Körper auf der Erde, wenn es nur gelingen sollte, hyperbolische Linsen lür das Instrument zu verwenden. Vierter Abschnitt. Das einfache dioptrische Mikroskop. Wir haben bereits gesehen, dass die Kenntniss des Vergrösserungs- ^93 Vermögens convexer durchsichtiger Körper und selbst linsenförmiger Gläser ins hohe Alterthum hinaulreicht; ich habe aber auch die Bemer- kung hinzugefügt, dass die eigentliche Geschichte des einfachen Mikro- skops erst von dem Zeitpunkte anfängt, wo man Linsen mit ziemlich kui'zem Focus herzustellen unternahm, wodurch eine bedeutendere Ver- grösserung erreicht wurde, und sehr wahrscheinlich sei es erst nach und in Folge der Erfindung des zusammengesetzten Mikroskops hierzu ge- kommen. Die ersten einfachen Mikroskope, von denen wir Nachricht haben, waren sehr wenig geeignet zu Beobachtungen, da ihnen die Mittel ab- gingen, den Abstand zwischen Linse und Object zu ändern. Zahn {Oculus artificialis. Herbipoli 1685. Fund. III, p. 109; eine vermehrte Ausgabe erschien Nürnb. 1702) zählt sie daher zu den Microscopia ludicna^ im Gegensatz zu den Microscopia seria. Sie heissen bei Zahn (Fund. II., p. 168) auch Engyscopia^ welchen Namen in neuerer Zeit Goring wieder Fig. 214. aufgewärmt oder auch wohl selbst ausgedacht hat. Dieselben bestanden aus einem kurzen Rohre, mit einer Linse an dem einen Ende und einem flachen Glase am andern Ende, auf welchem letzteren ein kleines Object, etwa ein Floh, eine Mücke, fest- ^. ,. aeklebt war (Fig. 214): daher sie auch als Mcro- Vitrum pulicarium. ^ ^ '^ . scopia Vitra pulicaria oder als Vitra miiscaria be- zeichnet werden. Aus der Beschreibung von Hevelius (^Selenographia. Gedani 1647. Lib. 2, p. 43) ersieht rrtan, dass diese Mikroskope etwa GöO Vitra pulicaria. einen Zoll Länge hatten, die Linse aber das Segment einer Kugel von zwei Zoll Durchmesser war. Sie vergrösserten demnach 9 bis 10 Male*). Ein solches Vitrum puücanum gab einmal zu einem sonderbaren Auf- tritte Veranlassung, den uns der Jesuit Schut in der Macjia universalis naturae et artis. Bamb. 1677, p. 534 mittheilt. Ein gelehrter und durch seine Schriften bekannter Mann reiste aus Holland durch Bayern und Oesterreich nach Tyrol , wo er von einem Fieber befallen wurde; er musste daher auf einem Dorfe bleiben und starb daselbst. Bevor die Bewohner die Leiche zur Erde bestatteten, schritt der Schulze mit dem Gemeinderathe zur Untersuchung der Effecten des Verstorbenen , und darunter fanden sie auch ein solches Vitrum pulicarium. Der Schulze und die anderen entsetzten sich bei diesem Anblicke; sie erkannten in dem Verstorbenen einen Giftmischer , der den Teufel in einem Gläschen ein- geschlossen mit sich umhertrug und wollten ihm das Begräbniss verwei- gern. Während man sich noch darüber stritt, wurde das Instrument durch Zufall oder auch wohl absichtlich geöffnet, und es kam ein Floh zum Vorschein, den man für den Teufel angesehen hatte. Durch Zahn (1. c. Fund. III, p. 109) erfahren wir, dass der Mann, dessen Mikroskop den armen Bewohnern des österreichischen Dorfes einen solchen Schrecken einjagte, niemand anders gewesen ist, als Scheiner, der gelehrte Verfasser der im Jahre 1630 erschienenen Rosa ursina. Man hatte auch Mikroskope mit einer einfachen Linse, die sich am Ende eines Rohrs befand, mit solcher Einrichtung, dass eine Scheibe, auf *) Aus der vergrösserten Abbildung einer Laus bei Thomas Muffetus, Theutrmn insectorum sive minimontm animalium. Lond. 1G34. p. 259, scheint aber her- vorzugehen, dass man schon damals Linsen mit einem weit kürzern Focus, die also auch stärker vergrösscrten, benutzte. Nach der Länge von 5G Millimeter zu urthcilen, muss die Abbildung wahrscheinlich bei einer '25- bis 30maligen Vergrösserung stattgefunden haben. Dass aber kein zusammengesetztes Mikro- skop, sondern nur eine einfache Linsff benutzt wurde, das scheint durch eine Stellein dem vorausgeschickten Briefe des Herausgebers Theodor de Mayerne an William Paddy bewiesen zu werden, wo nur von der Benutzung einfacher Linsen zur Untersuchung die Rede ist. Die Stelle ist auch in anderer Bezie- hung merkwürdig und lautet so: Atque adeo si conspiciUa ex Crystallo q)uy.otiSi] (quantumvis lynceis oculis in perscrutandis atomis necessaria) sumas , miraberis cu- taphractornm pidiciim obscure ritbenlem habitum , aim dorso setis ritfente et cruri- bus hispidis, et inter duus antennas prominentem tubuin carnißcem, amaram puella- rum luem, hiimanae r/nieti in somnis praesertim inimicissimam. Pedicidornm octtlon prominentes cernes et cormia, crenatitm corporis ambitiim^ totam substantiam diapha- nam, per quam cordis et sanguinis tanquam in Euripo indesinenter fluciuantis mo- tum. Patebunt tibi petnlantium pedictdornm r,uncriformium plana r.orpuscula, mm karpai/onibns quibus, cutim humanam perpetiio inter pilos ore lancinantes, ad- haerent tcuacius quam Lepades affixue scropulis. Imo ipsi acari prae exignitale indivisibiles, ex cunicnlis prope aquae lac.um quos Joderunt in cute, acu extracti et untjui impositi, coput rubrum et pedes quibus herausgekomme- nen Micrographia beschreibt er sein Verfahren. Ein Glasstreifen wird in der Löthrohrflamme zu einem feinen Cirkelmikroskop. Faden ausgezogen, und das abgebrochene Ende dieses Fa- dens kommt hierauf in die Flamme, bis «ich ein Kügelchen gebildet hat, wel- ches dann abgebrochen und auf einem miteinem Loche verseheneu Messing- täfelchen so befestigt wird, dass der rückständige Theil des Glasfadens an die Seite des Loches zu liegen kommt. Hooke scheint indessen mit seineu Glas- kügeWhen nicht recht zufrieden gewesen zu sein, da er seine meisten Beobachtungen mit einem zusammengesetzten Mikroskope ausgeführt hat. Bald nachher (1668) verfertigte Hartsoeker {Essay de Dioptrique)i Glaskiigelchen statt Linsen. G09 Glaskügelchen auf eine ähnliche Weise. Da er mittelst derselben die schon früher von Ham entdeckten Samenthicrchen wahrnehmen konnte, so müssen seine Glaskügelchen sehr gut gewesen sein, und sicherlicli müssen sie sehr bedeutend vergrössert haben. Einige Jahre später (1677) machte Butterfic-ld {Phüos. Transact. 1677, p. 226) sein Verfahren bekannt, welches darin bestand, dass er fein pulverisirtes Glas an der Spitze einer Nadel in die VVeingeistflamme hielt, bis es zu einem Kügelchen zusammengeschmolzen war *). Zahn beschreibt auch die Methode, wie Friedrich Schrader {De microscopiorum usu. Gotting. 1681) die Glaskügelchen herstellte. Sie unterscheidet sich nur darin von der vorhergehenden, dass Schra- der kein Glaspulver nahm, sondern ein Stückchen Glas, das er mittelst einer Flüssigkeit an die Spitze einer Nadel brachte und in die Löthrohrflamme hielt. Philippus Bonannus {Micrographia curwsa p. 18) theilt eine Ge- schichte von de Monconny (Journ. des Voyages II, p. 161) mit. Dieser erzählt nämlich, in Amsterdam habe er bei de Hudd (wahrscheinlich kein anderer, als der Amsterdamer Bürgermeister Hudde) ein Mikro- skop gesehen; dasselbe habe aus einer einzelnen vergrössernden Linse bestanden, aber eine zweite grössere Linse sei noch zur stärkern Be- leuchtung hinter dem Objecto angebracht gewesen. Er erzählt dann weiter, dass ihm de Hudd die Methode gezeigt habe, wodurch man stark vergrössernde Glaskügelchen gewinnt. Nach der Beschreibung war dies aber keine andere als die Schrader'sche **). Jo han n es Mus sehen broek, von dessen Mikroskopen schon die Rede war, verfertigte ebenfalls solche Glaskügelchen ganz nach der Methode von Hooke; nach dem Zeugnisse von Zeitgenossen (Hertel's Anwei- sung zum Glasschleifen. Halle 1716, S. 71) scheint er es darin sehr weit gebracht zu haben. Archibald Adams {Philos. Transact 1710, p. 24) beschrieb 1710 seine Methode, die aber keine andere ist, als die von Hooke. H er tel (Anweisung zum Glasschleifen. S. 72) benutzte einen Brenn- spiegel, um das auf ein Stück Holzkohle gelegte Glasstückchen in Fluss zu bringen. *) Nach Phil. Bonannu.'^ hat Butterfield auch noch ein besonderes Schrift- chen darüber Französisch herausgegeben. Aus dem Briefe an die Royal Society ersieht man, dass Butterfield auf seine Methode dadurch gekommen war, dass er ein mit einem Glaskügelchen versehenes Mikroskop sah, welches Huy- gens ans Holland mitgebracht hatte. Huygens giebt das Nämliche in einem Briefe an die Pariser Akademie an (M^m. de l'Acad. XI, p. G08); der Name d?s Verfertigers wird hier aber nicht genannt. In Huygens Dioptrik (Optra rdiqua II, p. 173) wird zur Anfertigung eine Methode empfohlen, die ganz mit jener von Hudde übereinstimmt. Deshalb erscheint es wahrscheinlich, dass je- nes Mikroskop, welches Huygens mit nach Paris brachte, vouHuddc stammte. *) C. Beudeker (Äanteeheningen op de Liistjylaafs Soelen p. 39) nennt Johannes Iludde den Erfinder der kleinen Vergrösserungsgläser. Aus dem Mitgetheil- ten erhellt, in welchem Sinne diese Angabe zu verstehen ist. Hartiug's Mikroskop. on ÜlO Glaskiigelcheu statt Linsen. Stephen Gray (Philos. Transact. Nr. 221. Smith^ Opticks. II, p. 394) bi-achte die Glasstückchen ebenfalls auf eine Holzkohle; er brachte sie aber durch die Löthrohrflamme in Fluss, und schliff dann die Kiigel- chen auf der einen Seite gerade. Benjamin Martin {System nf Opticks. 1740, p. 180) giebt zwei Methoden an, die aber nicht wesentlich abweichen von Hooke's und von Schrader's Verfahren. In der Kunst, stark vergrössernde Glaskügelchen herzustellen, hat es aber Niemand so weit gebracht, als Pater Giovanni Maria della Torre in Neapel (S. Nuove osservazioni microscopiche. Con 14 Tav. in 4. Napoli 1776. Antonio -Barha^i Osservazioni microscopiche sul cervello, Na- poli 1819. Deutsch von Schönberg. Würzb. 1829. Barba gebrauchte bei seinen Untersuchungen nur Glaskügelchen, die er nach der Methode seines Lehrers della Torre anfertigte). Er schmilzt ein Glaskügelchen in ähnlicher Weise, wie Hooke, aus einem Glasfaden und bringt es in eine muldenförmige Höhle in einem Stückchen Tripel, worin das Kügel- chen noch einmal durch die Löthrohrflamme geschmolzen wird. Seine Glaskügelchen vergrösserten ungemein stark. Im Jahre 1765 erhielt die Royal Society in London mehrere: das grösste hatte i/gg Zoll Durch- messer und gab eine 640fache Vergrösserung ; das kleinste hatte nur Vi4* ^°'^ Durchmesser und gab eine 2560fache Vergrösserung. Baker untersuchte diese Kügelchen und erklärte, er könne nichts dadurch sehen. Manche Beobachtungen della Torre's beweisen aber, dass diese Kügel- chen durchaus nicht so unbrauchbar gewesen sein können, als Baker an- giebt. Auch rühmt Lalande die della Torre'schen Mikroskope, die er auf seiner italienischen Reise sah, gar sehr. (S. Montucla, Rist, des Ma- thematiques. IIT, p. 511.) Später hat Sivright {Edinb. philos. Joiirn. 1829, I, p. 81) ihre Herstellung wesentlich dadurch verbessert, dass er in ein Stückchen Platin- blech ein kleines Loch macht , ein kleines Stückchen Glas darauf legt und es nun in die Löthrohrflamme hält, wo es eine runde Form bekommt. Einige Jahre später empfahl Crooke wieder eine neue Methode: Glasstückchen werden nämlich auf einer vorher mit Kreide bestrichenen Eisenplatte über Kohlen geschmolzen. Chevalier (Die Mikroskope u. s. w. S. 30) theilt auch das Ver- fahren von Laligant mit, welches ganz mit dem von Hooke überein- stimmt. Dasselbe ist der Fall mit der früher von Nicholson (Gil- bert's Annal. 1800. IV, S. 252) empfohlenen Methode. Nach einer Mittheilung Gaudin's im Jahre 1850 (Comptes rendus. XXX, p. 141) hat derselbe schon zehn Jahre früher der französischen Akademie geschmolzene Linsen angeboten, die 50 bis 400 Mal vergrös- serten, und aus Kronglas und Bergkrystall bestehen sollten. Er erwähnt aber nichts darüber, wie er den Bergkrystall zum Flusse bringt. Endlich habe i c h selbst viele Jahre hindurch ein Mikroskop be- nutzt, dessen stärkere Vergrösserungsgläser aus solchen Kügelchen be- Harting's Anfertigung von Glaskügelchen. Gll standen; diese wurden auf eine Weise hergestellt, die als eine Vereini- gung der Methoden von Hocke und von Sivright zu betrachten ipt {Bulletin des Sc. phys. et nat. en Neerlande 1839, p. 370). Bei der .grossen Vervollkommnung des zusammengesetzten jNIikro- skops in den letzten Jahren, und- da gegenwärtig ganz brauchbare IsW- kroskope um einen verhältnissmässig geringen Preiss zu haben sind, wer- den solche kleine Glaskügelclien statt Linsen wohl nur noch selten beim einfachen Mikroskope gebraucht werden. Indessen kommen doch noch Fälle vor, wo man sie mit Vortheil verwendet, z. B. zur Erzeugung sehr kleiner dioptrischer Bildchen. Ich glaube daher nichts üeberHiissiges zu thun, wenn ich hier angebe, wie sie nach meiner Erfahrung am besten hergestellt werden. Dazu sind folgende Dinge erforderlich: 1) zwei oder drei Millimeter breite Streifen von gewöhnlichem Fensterglas oder auch von dünnem Spiegelglas; 2) Platinblech von der Dicke, wie es in der ßegel zu che- mischen Untersuchungen benutzt wird; 3) eine gewöhnliche Spiritus- lampe; 4) zwei Pincetten, eine kleinere und feinere, um die Glaskügel- chen damit zu fassen, eine gröbere, um die Stückchen Platinblech damit zu halten; 5) ein kleiner flacher Hammer; 6) einige gewöhnliche Näh- nadeln von verschiedener Feinheit ; 7) eine Platte aus Kork oder weichem Holz; 8) eine ebene Bleiplatte; 9) ein kleines Pappschächtelchen, aus dessen Deckel der Boden entfernt und durch einen neuen aus dünnem Papier ersetzt wurde; 10) eine Scheere. Das erste ist, dass man aus Platinblech ein paar runde oder vier- eckige Stückchen ausschneidet, etwa von drei bis vier Millimeter Durch- messer. Man legt dieselben auf die Kork- oder Holzplatte, und mit einer Nadel bohrt man in die Mitte eines jeden ein kleines Loch. Die Grösse dieser Oeffnung muss sich natürlich nach der Grösse des Kügelchens rich- ten, welches hineingeschraolzen werden soll; man rechnet auf die Oeff- nung etwa ^4 "Ißr Grösse des Kügelchens. Durch das Bohren wird das kleine Platinblech, etwas gewölbt und es bekommt einen Rand; deshalb legt man es nach dem Durchbohren auf die Bleiplatte, und verschafft ihm durch ein paar Schläge mit dem kleinen Hammer wiederum das gerad- flächige Aussehen. Jetzt werden die Glasstreifen zu Fäden ausgezogen. Nimmt man so dünne Streifen, als empfohlen worden ist, so ist die Flamme einer gewöhnlichen Spirituslampe dazu ganz ausreichend; ja diese verdient vor der Löthrohrflamme noch den Vorzug , weil sie keinen Russ giebt. Die Dicke der Fäden ist wieder vom Durchmesser der Kiigelchen abhängig, die man anfertigen will. Hält man das eine Ende eines solchen Glasfadens in die Flamme, so bildet sich bald ein Kügelchen daran. Damit man nrcht genöthigt ist, dasselbe mit den Fingern zu fassen, was man, um die Glasoberfläohe rein zu behalten, möglichst zu vermeiden sucht, so sticht man in den Papier- boden des Deckels des Pappschächtelchens ein kleines Loch, steckt das 39* C12 Harting's Anfertigung von Glaskügelchen. freie Ende des Glasfadens hinein und zieht denselben heraus, bis das Kügelchen von unten an das Papier anstösst. Jetzt kneipt man auf der andern Seite des Deckels den Glasfaden durch, und das Glaskügelchen, mit einem kleinen Anhange versehen, fällt in das Pappschächtelchen. Nun wird das durchbohrte Platinblech mit der grössern Pincette geiasst, und mit der feinen Pincette oder, bei den allerkleinsten, mit der angefeuchteten Spitze einer Nadel bringt man das Kügelchen in die Oeff- nung, so dass der noch daran sitzende kleine Anhang schief zur Seite dieser Oeffnung kommt. Auf die Oberfläche des Bleches darf der kleine Anhang nicht kommen , weil in solchem Falle das Kügelchen sel- ten die gehörige Form annimmt. Hat man es mit sehr kleinen Kügel- chen zu thun, so muss dieser Theil der Arbeit unter der Lupe ausgeführt werden. Zuletzt wird das Platinblättchen mit dem in der Oeffnung liegenden Glaskügelchen in die Spiritusttamme gehalten, und zwar dahin, wo diese die grösste Hitze entwickelt, nämlich über die Spitze des Innern Kegels. Hier verschwindet der noch vorhandene Anhang des Kügelchens alsbald, indem er mit der übrigen Masse zusammenschmilzt, und dabei legt sich das Glaskügelchen an die stets vorhandenen Unebenheiten der Ränder der Oeffnung, so dass das Kügelchen gehörig befestigt wird. Nur die grösseren Glaskügelchen, die etwa über ein Millimeter Durchmesser ha- ben, fallen nach der Abkühlung, weil sich das Glas zusammenzieht, mei- stens aus dem Platinbleche ; diese müssen daher ganz frei , d. h. in der Weise gewöhnlicher Linsen, in den zu ihrer Aufnahme dienenden Messing- röhrchen befestigt werden. Die passendste Form für diese Köhrchen ist die, welche Fig. "225 im Durchschnitte dargestellt ist. Hier ist c ein ■pia- 225 durchbohrter kleiner Messingcylinder, etwa 3 Milli- meter lang, und oben mit einer etwas ausgehöhlten Scheibe ab von 20 ]SIilliinetern Durchmesser ver- sehen. Um den kleinen Cylinder wird eine Röhrchen für Glaskügelchen. Hülse ti geschraubt, die bei e eine Oeffnung für das Glaskügelchen hat. Natürlich kommen unter den zubereiteten Glaskügelchen immer solche vor, die sich bei der Untersuchung als unbrauchbar erweisen. Es ist deshalb räthlich. mehrere von ziemlich gleicher Grösse zuzubereiten und die besten davon auszuwählen, was auch nicht viel Zeit kostet. Bei einiger Uebung kann man ein Dutzend solcher Glaskügelchen in einer Stunde anfertigen und es reichen also ein paar Stunden hin. um einen ganzen Satz von Vergrösserungen von 80 bis zu 2000 Mal zu bekommen. Das stärkste Kügelchen, das ich angefertigt habe, vergrössert 22()0 Mal im Durchmesser. Dergleichen sind aber wegen des sehr kurzen Focus als Mikroskop kaum brauchbar; man reicht vollkommen mit jenen aus, die höchstens 800 bis 900 Mal vergrössern. Auch ist zu erwähnen, dass gerade die Kügelchen, welche 300 bis 900 Mal vergrössern, das netteste Bild geben und in dieser Beziehung manchmal selbst gewöhnliche ge- I Wirkung der Glaskügelclien ; Wilson. G13 schliflene Linsen von gleicher Vergrösserung auffallend übertreffen, was man sich nur so erklären kann, dass die Kiigelchen während der Schmel- zung ellipsoidische oder hyperbolische Flächen bekommen, wodurch ihre sphärische Aberration abnimmt. Versuche, die ich im Jahre 1849 mit mehreren dieser Kiigelchen an Nobert'schen *) Probetäfelchen anstellte, ergaben folgende Re- sultate : 178malige Vergrösserung; die 4. Gruppe sehr deutlich hervortretend, in der 5. die meisten Striche erkennbar. 453 » » " 6. Gruppe deutlich hervortretend, die 7. gestreift. 712 » » »7. » eben hervortretend. 920 » » » 7. » deutlich hervortretend. Vergleicht man diese Resultate mit jenen, welche man bei der Un- tersuchung der besten neueren aplanatischen Mikroskope erhält, so ergiebt sich, dass diese Glaskiigelchen ihnen im Unterscheidungsvermögen schon sehr nahe kommen, und dass sie wenigstens die früheren zusammen- gesetzten Mikroskope in dieser Hinsicht bei weitem übertreffen. Kehren wir nun zur Geschichte des einfachen Mikroskops zurück, 400 so haben wir gesehen, dass während der letzten Hälfte des 17. Jahrhun- derts allmälig einige Verbesserungen an demselben ausgeführt wurden, die namentlich dahin zielten, den Abstand zwischen Linse und Object veränderlich zu machen, und dass man auch bereits eine zweite Linse zur Verstärkung des Lichts zu benutzen anfing. Meistens jedoch wurden die einfachen Mikroskope noch mit der Hand gefasst und so gegen das Tages- oder Kerzenlicht gehalten, und diese Einrichtung erhielt sich auch meistens noch in den ersten Jahren des 18. Jahrhunderts. Man begann aber allerdings auch schon jetzt, manche einfache Mi- kroskope zu bestimmten Zwecken mit einem Fusse zu versehen. Diese Einrichtung hatte das bereits erwähnte Mikroskop, dessen sich S wam- mer dam bei der Insectenzergliederung bediente, und das von Samuel Musschenbroek verfertigt worden war. Ebenso beschrieb 1702 der Engländer Wilson (Philos. Transact. 1702, p. 1241) zwei Arten einfacher Mikroskope, von denen er angiebt, *) Diese Versuche und die weiterhin vorkommenden, wo nicht das Gegentheil aus- drücklich angegeben ist, wurden seiner Zeit mit einem der ersten Probetäfelchcn von Nobert mit zehn Gruppen von Linien angestellt, das von seinen späteren Täfelchen mit ebenfalls zehn Gruppen verschieden ist. Da es für den hier vor- liegenden Zweck durchaus nicht nöthig war, diese Beobachtungen aus dem Jahre 1849 mit späteren Frobetäfclchen zu wiederholen, so soll hier nur Ein für alle Mal diese Bemerkung stehen, damit nicht der Leser die Nummern der sich darstellenden Gruppen auf die späteren Nobert'schen Täfelchen beziehe, wo die Linien der höheren Gruppen Aveiter von einander abstehen und deshalb auch leichter von einander zu unterscheiden sind. C14 Wilson.' dass sie auch mit einem Fusse versehen werden könnten, falls man die damit betrachteten Objecte zu zeichnen wünsche. Eine nähere Beschrei- bung oder Abbildung gab er aber nicht; er bemerkte bloss, die Einrich- tung sei der Art, dass das Mikroskop bequem nach dem Lichte gewendet werden könnte. Zu beiden Mikroskopen gehörte das nämliche System von Linsen, acht an der Zahl. Das eine Mikroskop von Wilson (Fig. 226) bestand aus zwei läng- lichen Messingplatten h und c, die durch ein Charnier vereinigt wa- ren, und eine Feder d zwischen sich hatten. Mittelst der gebogenen Schi-aube / Hessen die beiden Plat- ten sich einander nähern. Auf das zugespitzte Ende e der einen Platte kam das die Linse enthaltende Röhr- chen. Mit der andern Platte stand ein aus mehreren Gliedern bester hender Querarm g in Verbindung, mit einer Hülse li an dem Ende, worin sich ein Draht auf- und nie- derschob, der auf der einen Seite in eine Kneipzange fc ausging , auf der andern Seite dagegen eine kleine elfenbeinerne Scheibe hatte, schwarz auf der einen , weiss auf der andern Fläche. Ein zweites Mikroskop von Wil- son (Fig. 227) ist da.sjenige, welches er zuerst 1702 beschrieb. Der Kör- per ah ist aus Elfenbein, aus Mes- sing oder aus Silber, cylinderförmig, etwa zwei Zoll lang und einen Zoll breit. Oben bei h werden die Röhr- chen mit den Linsen aufgeschraubt, unten aber der hohle Cylinder / mit der Beleuchtungslinse en sind späterhin als Lupen in Ge- brauch geblieben, und bei den englischen Mikroskopen aus der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts kommen sie nicht selten vor. In Fig. 242 ist eine, die zu einem Ada ms 'sehen ISIikroskope ge- hört, im Durchschnitte dargestellt. Indessen war Euler {Mem. de VAcad. de Berlin. 1764, XX. p. 105) der erste, der die Vorzüge einer solchen Vereinigung aus theoretischen Gründen nach- wies und zugleich auch die Form der Linsen berech- DoubletvonAflaras. ^i^*®i mgsgrö«se für verschiedene Combinationen, bei denen die Aberratio- nen mehr oder weniger vollständig aufgehoben werden. Die erste hat eine gewisse Uebereinstimmung mit der bereits von Euler vorgeschlage- nen; sie besteht ebenfalls aus einer biconvexen Linsu und einem Meniscus. 1 Doublets nach Hcrschcl. 025 Während aber Euler die beiden Linsen in eine gewisse Entfernung von einander brachte, die je nach der Brennweite des Systems verschieden war, brachte sie Herschel, wie in Fig. 243, in Berührung mit einander, daher denn auch die Krümmungen der Linsen für jede Brennweite andere sein mussten. Er berechnete folgende Krümmungen und Brennweiten für zwei solche Doublets: Brennweite der ersten Linse Radius der ersten Flüche . . Radius der zweiten Flüche . Brennweite der zweiten Linse Radius der ersten Flncbe . . Radius der zweiten Fläche . Brenweite der vereinioten Linsen I. IL -|- 10,000 . . -1- 10,000 4- 5,833 . • -t- 5,833 — 35,000 . 35,000 -f 17,829 . ■ -f 5,497 -j- 3,088 . • -f 2,954 4- 6,291 . • + 8,128 -f- G,407 . • • + 3,474 Fig. 243. Fig. 244. ^'S- 245. Herschel's Doublets. Im Mikroskope muss die gewölbte Seite dem Auge zugekehrt sein. Durch diese Vereinigung wird besonders die Aberration in der Mitte des Sehfeldes gehoben; dagegen passt sie weniger dazu. Objecto in einem ausgedehnten Gesichtsfelde mit gleicher Schärfe zur Wahrnehmung zu bringen. Für diesen Fall eignet sich eher die Vereinigung zweier Linsen, wie in Fig. 244, wenngleich dadurch die Aber- ration bei weitem nicht in dem Maasse ver- bessert wird, wie durch die vorige Combination. Sie besteht aus einer Linse von der besten Form (§. 52), verbunden mit einer plan- convexen Linse, deren Brennweite sich zu je- ner der ersten verhält wie 2,6 :1. Herschel fand, dass mit einem solcher- gestalt eingei'ichteten Doublet, dessen Brenn- weite 1,84 engLZoll betrug, Objecte, die um 40 o von der Axe entfernt liegen, noch gleich deutlich gesehen werden können, wenn das Sehfeld sich bis zu 75 o über die Axe hinaus erstreckt. Zu Lupen würde daher ein solches Doublet gewiss ganz brauchbar sein. Herschel hat noch eine dritte Vereinigungsweise der beiden Linsen vorgeschlagen (Fig. 245), die in der Hauptsache mit derjenigen überein- stimmt, deren sich der vorher genannte Eustachio Divini schon vor fast 200 Jahren bedient hatte : man lässt nämlich zwei planconvexe Lin- sen mit den gewölbten Oberflächen an einander stossen. Bestehen die Linsen aus gewöhnlichem Glase und haben sie gleiche Krümmung, dann beträgt die Aberration nach der Berechnung nur 0,6028 jener Aberration, die bei einer Linse von der besten Form stattfindet. Nimmt man dagegen, wie in Fig. 245, zwei planconvexe Linsen, deren Brennweiten sich -wie 1:2,3 zu einander verhalten, dann beträgt die Aberration nur noch 0,2481. Wie verdienstlich aber auch diese Bestrebungen Herschel's waren, Ktwie richtig seine theoretischen Ansichten und die darauf sich stützenden Berechnungen, sie haben nur wenig zur wLrldichen Verbesserung des Mi- H artin g's Mikroskop. 40 G2G Doublet lUicli Wollaston. ki'üskops beigetragen, weil sich in der praktischen Ausführung Schwie- rigkeiten entgegenstellen. Denn es fällt gar schwer, sehr kleine Linsen, wie sie für das einfache Mikroskop bei nur etwas bedeutenden Vergrösse- rungen gefordert werden, genau mit den im Voraus berechneten Krüm- numgen zu schleifen. Glücklicher war hierin Wollaston; ihm gehört das Verdienst, eine solche Einrichtung der Doublets gelehrt zu haben, die sich zu einer prak- tischen Benutzung weit mehr eignet, da es nicht sowohl auf eine ganz genaue Form ankommt, als vielmehr auf ihren relativen Abstand, den doch der Mechanikus weit eher in seiner Gewalt hat; denn er kann ja diesen Abstand so lange ändern, bis er durch den Versuch jene Vereini- gung der Linsen festgestellt hat, bei welcher die entschiedenste Wirkung herauskommt. Es war Wollaston 's letzte wissenschaftliche Arbeit; einen Monat, nachdem dieselbe {Pliil. Transact. 1829, p. 9) erschienen war, starb der ausgezeichnete Mann. Wollaston giebt selbst an, dass er auf die Idee seiner Doublets durch die Betrachtung des Huyge ns'schen Oculars für Teleskope kam, welches, wenn es umgekehrt wird, ein Mikroskop bildet. Die zuerst nach WoUaston's Vorschrift verfertigten Doublets (Fig. 246) bestanden aus zwei planconvexen Linsen , in besondere Röhrchen gefasst, die schraubenförmig in einander greifen, so dass man einfach und bequem die Ent- fernung ermitteln kann, bei welcher das Bild am hellsten und schärfsten erscheint. Die Brenn- weite der vmtern Linse sollte sich nach ihm zu WoUaston's Doublet. . , , i 4 1 1 ^ 1 i^ jener der obern dem Auge zugekehrten verhalten wie 1:3; auch wollte er gefunden haben , die Entfernung ihrer platten Oberflächen betrage am besten 1,4 bis 1,5 der Brennweite der kleinern Linse. Wollaston beschrieb ferner ein Mikroskopgestell von eigenthüm- licher Form und Einrichtung, wobei der Hauptzweck dahin ging, den durch seine Doublets betrachteten Objecten eine bessere Beleuchtung zu geben. Ich werde später, bei den Beleuchtungsapparaten, auf diese Ein- richtung weiter zurückkommen; sie hat den Grund gelegt zu mancherlei später hierin vorgenommenen Verbesserungen. Ich gebe aber hier ihre Beschreibung, die durch Fig. 247 erläutert wird. A ist ein messingenes Rohr, ungefähr G Zoll lang und 1 Zoll oder mehr breit; durch die Schraube g kann es auf das Kästchen befestigt werden, Avorin das Instru- ment, wenn es nicht gebraucht wird, zu liegen kommt. Bei l hat das Rohr eine grosse Oeffnung, durch welche das Licht auf den Spiegel _/ fallen kann. Ueber diesem Spiegel ist bei i ein Diaphragma angebracht, um die äussersten Strahlen abzuschneiden, welche vom Spiegel reÜectirt werden. Am obern Ende des Rohrs befindet sich bei e eine planconvexe Linse, mit einer Brennweite von etwa Y4 Zoll, deren gerade Fläche nach oben sieht. Die vom Spiegel reflectirten Strahlen werden durch diese Doublet auch VVollaston. G27 Linse in o vereiuigt, wo die Platte, welche das Ruhr oben schliesst und welche als Objecttisch dient, eine Oeffnung besitzt. Bei d befindet sich Fia-. 247. ^^ Fig. 248. ein gezahntes Rad mit einem Triebe, woran der doppelt ge- bogene Arm ab befestigt ist; in diesen aber kommt das Dou- blet c, welches durch Umdrehen des Knopfes d höher oder niedriger gestellt werden kann. Spätere Mechaniker haben einige Veränderungen an die- ser Einrichtung vorgenommen ; dahin gehört das in Fig. 248 dargestellte, von Dollond herrührende Mikroskop. Der Trieb ist hier durch eine feine Schraube ersetzt, deren gerän- derter Knopf bei s sichtbar ist. Der Objecttisch l lässt sich in verschiedenen Richtungen be- wegen durch zwei Schrauben p und 0, die um 90^ voneinander abstehen. Ferner steckt bei diesem Mikroskope die Be- leuchtungslinse in einem kurzen Röhrchen, welches in dem grössern Rohre auf- und niederbewegt werden kann, mittelst zweier kleiner Knöpfe, die durch zwei schlitzförmige Oeff- nungen aus dem Rohre hervorragen. Einen dieser Knöpfe i sieht man bei gh. Der Zweck dabei ist, die Linse dem Objecte näher zu bringen oder weiter davon zu entfernen, und so die Beleuchtung zu verstärken oder zu massigen. Man muss aber zugeben, das's diese Beweglichkeit der Linse nicht im ursprünglichen Plape Wollaston's lag; er wollte das Object immer gerade im Brennpunkte der Linse haben*). Die von Wollaston erfundenen Doublets hatten sich bald eines grossen Beifalls zu erfreuen, und es wurden einige Vei'besserungen damit vorgenommen; namentlich Pritchard und Chevalier erwarben sich hierin Verdienste. Pritchard beobachtete, dass bei jener Entfernung beider Linsen von einander, welche Wollaston angegeben hatte, das Wollaston's einfaches Mikroskop. Wollaston's einfaches Mikroskop nach Dollond. *) Das Miki'oskop, welches ich seit einer Reihe von Jahren mit den oben (S. Gll) beschriebenen Glaskügelchen benutzt habe, besitzt auch eine solche Einrichtung. Nur ist die Beleuchtungslinse bei weitem grösser, das Rohr daher weiter, und unter dem Objecttische befindet sich ausserdem noch ein bewegliches Diaphragma. S. Bnlletin des Sc. phi/s. et natur. 1839. 40* G28 Doublets V. Pritchard, Chevalier; Triplets v. Pritdiard, Chevalier, Holland. Bild keineswegs das Maximum von Schärfe und Helligkeit besitzt; er kam zu dem Schlüsse, diese Entfernung müsse gleich sein der Differenz zwischen den Brennweiten beider Linsen , mit Berücksichtigung jedoch ihrer Dicke. Er fand ferner, dass das Verhältniss zwischen den Brenn- weiten der beiden Linsen nicht gerade 1 : 3 sein müsse, sondern sehr variiren könne. Das einzige Erforderniss sei, dass die Differenz mehr beträgt als die Dicke der vordem Linse, damit, zumal bei starken Ver- grösserungen , der Focus des ganzen Systems um so weiter von der un- tern Linse entfernt ist, je grösser die Differenz zwischen den Brennweiten der einzelnen Linsen ist. Das ist aber sehr wichtig für die praktische Benutzung der Doublets. Pritchard glaubt daher, das Verhältniss dürfe nie unter 1 : 3 fallen ; er hat aber mehrere ganz gute gemacht mit dem Verhältniss von 1 : 6. Er brachte endlich auch ein Diaphragma zwischen die beiden Linsen, und es befindet sich dieses nach ihm am besten gleich oberhalb der untern Linse. Es versteht sich aber von selbst, dass ein solches Doublet ganz sorgfältig centrirt sein muss, da, wenn die beste Stellun" der Linsen einmal ermittelt worden ist, diese unveränderlich darin festgestellt werden müssen. Pritchard versichert jedoch, dass manchmal ganze Tage nöthig sein können, um ein Doublet, welches aus- einandergenommen wurde, wiederum in Ordnung zu bringen. Chevalier versah seine Doublets (Fig. 249) ebenfalls mit einem Dia- phragma rf, dessen Oeffnung bei o sichtbar ist. Seine Einrichtung unter- Fig. 249. scheidet sich a,ber von der ursprünglich Wollaston'- schen und von der Pritchard'schen darin, dass er zwei planconvexe Linsen von gleicher Brennweite nimmt, von denen jedoch die obere nrerklich kleiner ist als die untei'e dem Objecte zugewendete. Seine Chevalier s Doublet. _^bsicht hierbei ist, die Linsen einander näher zu bringen, damit das ganze System eine geringere Dicke hat und zugleich auch mehr Helligkeit verschafft; auch wird überdies dadurch der Raum zwischen dem Objecte und der untersten Linse des Doublets grösser. Pritchard sowohl wie Chevalier haben auch Triplets für das einfache Mikroskop verfertigt. Ihrer Einrichtung liegt das nämliche Princip zu Grunde, wüe jener der Doublets; ihre Ausführung erfordert aber natürlich noch mehr Sorgfalt, die aber auch durch die grössere Schärfe belohnt wird, mit welcher schwere Probeobjecte hervortreten. Bei den Pritchard'schen Triplets hat die dritte oder unterste Linse einen längern Focus als die beiden anderen, und sie be- Fig. 250. findet sich auch in einiger Entfernung von diesen. Später empfahl Holland (Transactions of the Society of Arts. 1832. Vol. 49) eine andere Einrichtung, w^elche sehr gerühmt wird (Fig. 250). Es sind nämlich drei plan- convexe Linsen, von denen die beiden ersteren sich berüh- ren, während ein Diaphragma zwischen ihnen und der obern HoHand's Triplet. Leistungen der Doublets. C29 Linse befindlich ist. Ein solches Triplet soll ein Strahlenbüschel von 65° mit vollkommener Schärfe durchlassen. Dass ein Doublet oder Triplet vor einer einfachen gleich stark ver- grössernden Linse wirklich den Vorzug verdient, mag aus der folgenden Parallele erhellen. Zu einem einfachen Taschenmikroskope von Dollond gehören vier biconvexe Linsen mit folgenden Vergrösserungen : Nr. 1. 77 Male, Nr. 2. 185 Male, Nr. 3. 331 Male, Nr. 4. 480 Male*). Ich benutzte ein Nobert'- sches Täfelchen als Object, und fand, dass unter den günstigsten Um- ständen durch Nr. 1. keine der Gruppen als Striche sich erkennen Hess, durch Nr. 2. die Striche der vierten Gruppe zu erkennen waren, durch (Nr. 3. die der fünften Gruppe, und durch Nr. 4. kam man auch zu kei- ner höhern Gruppe. Zwei Pritchard'sche Doublets, welche 240 Male und 312 Male vergrösserten, zeigten an dem nämlichen Nob ort' sehen Täfelchen Fol- gendes : Mit dem ersten waren die Striche der fünften Gruppe zu unter- Bcheiden und mit dem zweiten jene der sechsten Gruppe. Mit einem Chevalier'schen Doublet, das nur 48 Male vergrösserte, waren die Striche der ersten Gruppe erkennbar, und mit einem andern, welches 317 Male vergiösserte, die Striche der sechsten Gruppe. Dagegen konnte ich mit einem Triplet von Chevalier, welches 387 Male ver- grösserte, nur die Striche der fünften Gruppe wahrnehmen, woran viel- leicht eine nicht ganz genaue Centrirung Schuld sein mag. Ein Uebelstand kommt bei den Doublets und noch mehr bei den Triplets vor, das ist die geringe Entfernung der untern Linse vom Ob- jecte, die natürlich, aiich unter den günstigsten Umständen, immer klei- ner ausfällt, als wenn eine einzelne Linse von gleichem Vergrösserungs- vermögen genommen wird. Bei starken Vergrösserungen muss man des- halb sehr dünne Glas- oder Glimmerblättchen als Deckplättchen nehmen. Bei schwächeren Vergrösserungen, wie sie zur Zergliederung auf dem Objecttische benutzt werden, hat aber Chevalier (a. a. O. S. 38) eine eigene Einrichtung erfunden: er bringt nämlich eine achromatische con- cave Linse oberhalb des Doublets an. Je grösser der Abstand ist, um so bedeutender ist die Vergrösserung, und so wird der Zwischenraum *) Dies ist die stärkste geschliffene Glaslinse, die ich in Händen gehabt habe. Es sind aber allerdings noch stärkere verfertigt worden. Fontana (TraiU sur le venin de la vipere. p. 288) benutzte zur Untersuchung des Muskelgewebes eine Linse mit V,,^ Zoll Brennweite: dies giebt für 8 Zoll Sehweite eine 720malige, für 25 Centimeter Sehweite eine 825malige Vergrösserung. Diese Linse soll aber noch durch die Linsen von Gould (Schuhm acher' s Astronom. Nach- richten. VlII. S. 104) übertroffen werden, deren stärkste nicht weniger als 1100 Male im Durchmesser vergrössern soll. Es ist aber nicht mit angegeben, für welche Sehweite diese Vergrösserung berechnet ist, und wiederholt habe ich mich davon überzeugt, dass man sich hierin nicht immer auf die Angaben dei Instrumentenmacher verlassen darf. iJoO Linsen von Fischleini, von Wasser. merklich grösser als wenn blos ein Doublet benutzt wird. Chevalier empfiehlt diese Einrichtung nicht blos bei dem zu Zergliederungen be- stimmten Mikroskope, die Augenärzte sollen sie auch zur Untersuchung von Augenkrankheiten benutzen. — Wir werden alsbald sehen, dass die späterhin von Brücke für den gleichen Zweck empfohlene Lupe auf dem nämlichen Principe beruht. Ich habe noch einer andern Anwendungsweise zu gedenken, wozu Chevalier {Coinjites rendus 1841. 8. Mars) seine Doublets benutzt haben will. Er bringt nämlich ein kurzes Röhrchen oder einen Ring daran und davor ein gerades Glastäfelchen, dessen Aussenfläche sich gerade in der Brennweite der Linse befindet, so dass darauf liegende Objecte mit Schärfe gesehen werden können ; damit aber der kleine Apparat auch für Augen von verschiedener Sehweite passe , ist der Ring mit dem Glastäfelchen beweglich. Diese Einrichtung soll die Stanhope'sche Linse (S- 622) ersetzen , vor der sie auch in mehrfacher Hinsicht den Vorzug verdient, nämlich durch grössere Schärfe und Helligkeit, dass man sie ferner stär- ker vergrössernd machen kann als diese, und auch noch dadurch, dass sie dem verschiedenartigen Accommodationszustande des Auges ent- spricht. Nur in untergeordneten Punkten steht sie nach : sie hat ein kleineres Gesichtsfeld als die Stanhope'sche Linse und sie kostet natür- lich auch mehr als dieses einfachere Instrument. 406 ^^^ kommen nun auf eine andere Reihe von Versuchen, die der Zeit nach zum Theil mit den vorhergehenden zusammenfallen und darauf ausgingen, das einfache Mikroskop dadurch zu verbessern, dass man zur Herstellung von Linsen andere Substanzen als Glas nahm. Zunächst sind hier jene Körper zu nennen, die sich leichter in die Linsenform bringen lassen als das schwer zu bearbeitende Glas. Bereits im Jahre 165.5 machte Petrus Borellus {Devero Telescopii inventore. Lib. IL p. .51) den Vorschlag, eine Auflösung von Fischleim dazu zu nehmen, der in kleine Aushöhlungen gegossen werden sollte, wo er beim Erkalten die linsenförmige Gestalt bekäme ; solche Fischleim- linsen, meinte er, müssten selbst noch Grösseres leisten als Glaslinsen, „weil sie mit den Geweben und den Flüssigkeiten des Auges besser über- einstimmten". Seinen Vorschlag scheint er übrigens nicht in Ausführung gebracht zu haben, oder es würde ihm doch bald die Schwäche dieses Grundes entgegen getreten sein. Am Ende des 17. Jahrhunderts ersann Stephen Gray {Phil. Trans- actions 1696. Nr. 221. p. 280) einen kleinen Apparat, mit dessen Hülfe ein kleiner Wassertropfen die Stelle einer Glaslinse oder eines kleinen Glaskügelchens vertreten sollte. Dieses Wassermikroskop (Fig. 251) hatte folgende Einrichtung. Zwei Metallplatten, af und be, waren durch eine Schraube e so verbunden, dass sich die Platte eb um dieselbe wie um einen Mittelpunkt drehte. So konnte bald die Spitze c mit daran be- festigten undurchsichtigen Körpern, bald die runde Oeffnung ä, in welche Fio-. 251. Wasser und andere Flüssigkeiten als Linsen benutzt. ilSl eine Flüssigkeit gebracht werden konnte, vor die Oeffuung a kommen. In diese Oeffnuug a, die etwa V30 Zoll gross war, wurde mit einer Na- delspitze ein Wassertropfen gebracht, der darin die Kugelgestalt annahm und als Ver- grösserungslinse wirkte. Die beiden Plat- ten wurden einander durch die Schraube d genähert. Dieses Wassermikroskop von Gray scheint damals viel Beifall gefunden zu haben; wenigstens findet man bei Zahn (Oculus artißcialis. Ed. 2. p. 750) und bei Bion (Mathematische Werkschule. 3. Aufl. 1726. S. 43) noch andere zu gleichem Zwecke zu benutzende kleine Apparate be- schrieben , die ich indessen als unbedeutend Grays Wassermikroskop. ., oi-n 1 • -i i r^ iu j. •' ^ mit btulschweigen übergehe. Gray selbst (Philos. Transact. 1697. p. 540) hat statt Wasser auch ein Fischleim- decoct genommen. Die Vergrösserung, welche man durch gewölbte Wasseroberflächen erzielen kann, suchte Gray äucTi noch auf eine andere Weise nutzbar zu machen. In eine Messingplatte von etwa Vio Zoll Dicke wurde ein kleines Loch gebohrt, das noch nicht V20 Zoll Durchmesser hatte. In diese cylindrische Höhle brachte er Wasser, worin sich Infusorien befan- den, so dass dasselbe zu beiden Seiten'' kugelförmig über den Rand der Oeff'nung hervorragte. Er hatte so eine kleine Cylinderlinse aus Wasser, deren Brennpunkt im Cylinder selbst lag; daher alle Objecte, die sich in dieser Entfernung im Wasser befanden , stark vergrössert gesehen wurden. In neuerer Zeit hat Brewster (^New philos. Instruments. 1819. p. 413 und Treatise on the microseope. 1837. p. 25) zu dem nämlichen Zwecke noch andere Flüssigkeiten benutzt, die ein stärkeres Brechungsvermögen besitzen imd weniger flüssig sind, nämlich Schwefelsäure, Ricinusöl, Bernsteinöl, Terpentinfirniss, Copaivabalsam und Canadabalsam. Letzte- rer bewährte sich hierbei am besten. Mit der Spitze einer Nadel oder mittelst eines Haares brachte er einen kleinen Tropfen der einen oder der andern dieser Flüssigkeiten auf die Unterfläche eines geraden Glas- täfelchens, das vorher mit einer Natronsolution gereinigt worden war, und bekam so eine planconvexe Linse. Eine biconvexe erhielt er, wenn er auch auf die obere Fläche ein solches Tröpfchen brachte. Er will auf solchem Wege Linsen bekommen haben, die zu klein waren, als dass man sie noch mit blossem Auge sehen konnte. Auch grössere Linsen mit einer fast hyperbolischen Krümmung will er auf diese Weise erhalten haben. Einige davon blieben länger als ein Jahr hindurch benutzbar-, und er meint, dass sie es noch länger geblieben sein würden, wenn der Staub abgehalten worden wäre. G32 Fischaugenlinsen. Dass auf solche Weise zu vorübergehendem Gebrauche ziemlich gute Linsen sich herstellen lassen, kann ich bestätigen. Am besten nimmt man dazu eines von den dünnen Deckplättchen, die gegenwärtig allge- mein den Mikroskopen beigegeben werden, und darauf bringt man einen kleinen Tropfen eines ziemlich dickflüssigen Canadabalsams. Es versteht sich aber von selbst, da uns so viele andere und bessere Mittel zu Gebote stehen, Objecte vergrössert zu betrachten, dass man nur selten, wenn überhaiipt, zu diesem Hülfsmittel seine Zufluclit zu nehmen braucht. Das Nämliche gilt auch von den Krystalllinsen kleiner Fische, die von Brewster ebenfalls zu Mikroskopen empfohlen worden sind. Diesel- ben vertrocknen sehr schnell und verlieren dadurch ihre Form und ihre Durchsichtigkeit. Ausserdem ist es aber auch sehr schwer, dieselben immer dergestalt in die OefFnung einer Metallplatte, die in ein Linsen- röhrchen gefasst ist , zu bringen , dass ihre optische Axe genau in der Sehaxe liegt. Doch hat es sich mehrmals getroffen , dass ich sehr gut durch eine solche Linse sehen konnte, und ich erinnere mich sogar nicht, jemals ein Bild mit mehr Schärfe und Klarheit gesehen zu haben, als wo ich einmal die Linse eines noch ganz jungen Aals benutzte, die nicht weniger als 536 Male im Durchmesser vergrösserte. 407 Wenn die Versuche, sich auf bequemere Weise als durch das Schlei- fen von Glaslinsen, einfache Mikroskope zu verschaffen, schliesslich als misslungen zu betrachten sind, so kommen wir jetzt auf eine andere Reihe von Vei'suchen, die bessern Erfolg gehabt haben, wenngleich auch sie jetzt als der Geschichte verfallen gelten können, nachdem die Glas- linsen selbst in späterer Zeit so ungemein verbessert worden sind. Ich meine nämlich das Verfertigen von Linsen aus Bergkrystall und aus verschiedenen Edelsteinen, wie Saphir, Granat, Rubin, Beryll, Topas und Diamant. Aus den früher (§. 38. 4L 55. 58. 124) entwickelten theoretischen Ansichten über diesen Gegenstand hat sich ergeben, dass Linsen aus diesen verschiedenen Substanzen, namentlich aus Diamant, vor gleich stark vergrössernden Glaslinsen wegen ihrer auffallend geringei'n chromati- schen und sphärischen Aberration den Vorzug haben, während sie doch bei gleichem Krümmungpgrade weit stärker vergrössern. Darüber schweige ich also jetzt, und nur von den Versuchen soll die Rede sein, die successiv gemacht v/orden sind, Linsen aus anderen Substanzen als aus Glas zu schleifen. Dass schon in den allerältesten Zeiten der Bergkrystall zu linsen- förmigen Stücken geschliffen worden ist, wurde oben (S. 573) angegeben. Als der erste aus neuerer Zeit ist aber hier Lipper shey zu nennen,, der im Jahre 1608 das Teleskop erfand, und der nach van Swinden's Untersuchungen wahrscheinlich für die von den Generalstaaten zur Unter- suchung seines Instruments ernannte Commission ein Teleskop verfer- tigte, dessen Linsen aus Bergkrystall geschliffen waren. Zuverlässiger Edelsteialinsen. C33 ist es, dass etwas später Leeuwenhoek Linsen aus Bergkrystall ge- schliffen hat, wovon schon oben (S. 602) die Rede war. Ausser diesen Beiden scheint aber Niemand andere als Glaslinsen geschliffen zu haben, bis Brewster {New philos. Instr. p. 403) im Jahre 1819 sich dahin aussprach, geschliffene Diamantlinsen müssten vor Glas- linsen den Vorzug verdienen, weil der Diamant nicht nur stärker strah- lenbrechend ist, sondern auch zugleich eine schwächere Farbenzerstreuung bewirkt. Er konnte damals Niemand finden , der ihm eine solche Linse zu schleifen im Stande gewesen wäre. Dagegen verfertigte ihm Hill in Edinburg {Treatise on the Microseope^ p. 14) zwei Linsen, die eine von Rubin, die andere von Granat, die in der That Glaslinsen bei weitem zu übertreffen schienen. Im Jahre 1824 nahm Goring die erste Idee von Brewster wie- der auf und theilte sie Pritchard mit. Nach vielen missglückten Ver- suchen (s. Microscopic Cabinet^ p. 107) gelang es Pritchard endlich am 1. December 1824, die erste Diamantlinse herzustellen, die noch einige Unvollkommenheiten hatte. Kurz nachher konnte er aber zwei plancon- vexe Diamantlinsen mit einem Focus von i/oo und 1/30 Zoll zu Stande bringen, die sich ganz gut fürs Mikroskop eigneten. Ausser Pritchard und Hill haben weiterhin noch Adie, Blackie und Veitch in En"-- land, Lerebours, Chevalier und Oberhäuser in Paris, Plössl in Wien Linsen aus verschiedenen Edelsteinen geschliffen. Es ist aber nicht blos die Härte dieser Edelsteine und die im Ver- gleiche zum Glase schwerere Bearbeitung, die der Anfertigung solcher Linsen hinderlich ist, sondern im Besondern auch ihre krystallinische Structui-. Bergkrystall, Saphir, Rubin und Topas, die zu den zweiaxigen Krystallen gehören, haben aus diesem Grunde auch eine doppelte Bre- chung, und es muss daher durchaus bei einer daraus geschliffenen Linse die optische Axe mit der Axe der doppelten Brechung zusammenfallen, was natürlich der Natur der Sache nach nur schwer mit vollkommener Genauigkeit zu erreichen ist. Der Granat gehört zum regelmässigen Systeme und hat keine doppelte Strahlenbrechung; bei ihm ist aber die Farbe hinderlich, die freilich bei sehr kleinen Linsen gar sehr in Ausfall kommt, das Gesichtsfeld aber doch immer noch einigermaassen verdüstert. Der Diamant endlich gehört auch zu den gleichaxigen Krystallen ; dessen- ungeachtet hat man mit einzelnen daraus geschliiTenen Linsen zwei oder drei Bilder beobachtet, die sich zum Theil deckten, und dadurch war eine solche Diamantlinse ganz unbrauchbar. Der Ursache dieser auf den ersten Blick räthselhaften Erscheinung hat Brewster {Treatise p. 18. Edi7ib. phil. Transact. VIII, p. 157. Pkilos. Magaz. VII, p. 245) näher nachgeforscht. Er fand, dass viele Diamanten aus über einander liegen- den Schichten von verschiedenem Brechungsvermögen zusammengesetzt sind. Wenn daher diese Schichten mit der Axe der Linse ziemlich parallel verlaufen, so kann es nicht anders kommen, als dass man durch die Linse eben so viele Bilder sieht, als besondere Schichten vorhanden G34 Edelsteinlinsen. sind. Ist dagegen die Linse so geschlitfeu , dass ihre optische Axe senk- recht auf diesen Schichten steht, dann wird deren verschiedenes Brechungs- verraögen ohne Einfluss sein und es wird blos ein einfaches Bild er- scheinen. Da nun die Anfertigung einer Diaraantlinse, selbst abgesehen von der Kostbarkeit des Materials, viel Zeit und Mühe erfordert, so ist es wich- tig, dass man vor dem Schleifen das Vorhandensein- und die Richtung dieser Schichten kennt. Das beste Mittel hierzu ist dieses, dass man erst zwei Flächen auf den Stein schleift und dann in einem verdvmkelten Zimmer einen durch eine enge Oeffnung des Fensterladens eindringenden Sonnenstrahl darauf fallen lässt. Die Schichten und deren Richtung er- kennt man dann an der verschiedenen Reflexion der Strahlen. Brew- ster empfiehlt auch noch ein anderes Mittel: man soll nämlich den Dia- mant in ein mit Zimmtöl gefülltes Glasgefass legen. Wegen des starken Brechungsvermögens dieser Flüssigkeit werden alle Brechungen an den unregelmässigen Oberflächen des Diamants weit schwächer; dieser wird daher gleichsam durchscheinend, und man sieht alle seine inneren Unvoll- kommenheiten eben so gut, als man die bekannten Streifen des Flint- glases wahrnimmt. Da die Herstellung von Edelsteinlinsen so mühevoll und beschwer- lich ist, so sind sie auch ziemlich theuer, wie man ans folgendem Prit- chard'schen Freiscourant vom Jahre 1829 (Schuhmacher's Astrono- mische Nachrichten. 1829. IX, S. 51) ersieht. Für die Vergrösserung sind K> Engl. Zoll Sehweite angenommen. S ap h i r 1 i n s e n. Brennweite. Vo •grü.sscr Ling. Preis einer Linse. Engl. Zoll. Pfd.. Stil. Schill. 1/ /lo 100 j 1 /20 /so 200 300 ( 2 2 y.n 400 ) '/50 .500 / Vfio ÜOO ( ■• 3 /sn 800 4 4 /loo 1000 .5 r> Die einzelne Diamantlinse kostet 10 bis 20 Pfd. Strl. Plössl (Sciiulitnii cher's Astronom. Nachrichten IX, S. 30O) hatte bald nachher folgende Preise : Edölsteinlinsen. 035 Eine Diamantlinse, Vergrösserung 300 . . . 150 Gulden, Eine Saphirlinse, „ „ 400 . . . 20 „ Linsen von Beryll, To- pas u. Bergkrystall, „ „ 200-300 . 10 „ Chevalier (Die Mikroskope u. s w. S. 33) sagt: eine gute Dia- mantlinse würde 500 Francs kosten; oder richtiger, es liesse sich kein fester Preis dafür angeben. In seinem Freiscourante von 1842 giebt er 150 Francs und darüber an. Fragt man nun die Erfahrung, so werden diese höheren Kosten keineswegs durch die höheren Leistungen dieser Linsen aufgewogen, zu- mal nachdem das zusammengesetzte Mikroskop so bedeutende Verbesse- rungen erfahren hat und um einen massigen Preis zu bekommen ist. Ich habe niemals Gelegenheit gehabt, Diamantlinsen zu prüfen, und will mich auf das Zeugniss von Goring und Brewster verlassen, dass diese Linsen, wenn sie gut gei'athen sind, sich durch grosse Helligkeit und Schärfe auszeichnen. Da aber noch nie eine damit ausgeführte Beobachtung mit- getheilt worden ist, die man nicht eben so gut mit einem aplanatischen zusammengesetzten Mikroskope oder selbst mit einem guten Doublet hätte ausführen können, so muss ich es sehr bezweifeln, dass die grossen davon ^ gehegten Erwartungen sich verwirklichen. j Eine von Pritchard verfertigte, 5 Pfd. 5 Seh. kostende Saphirlinse befindet sich in dem Utrechter physikalischen Cabinet. Sie giebt für 25 Centimeter Sehweite eine 990malige Vergrösserung. In das oben (S. 627) beschriebene Wollaston'sche Mikroskop eingesetzt, gelang es mir, damit die sechste Gruppe auf dem Nobert'schen Täfelchen recht gut zu erkennen, und selbst in der siebenten Gruppe waren die Striche guten Theils zu unterscheiden. Die Doublets und einfachen Linsen, deren opti- sches Vermögen ich vorhin (S. 625) besprochen habe, lassen sich nicht mit dieser Linse vergleichen, weil sie ihr alle in der Vergrösserung nach- stehen; dagegen hat eins von den Glaskügelchen , von denen S. 613 die Rede war, ein fast gleich ansehnliches Vergrösserungsvermögen. Mit diesem Glaskügelchen nun, dessen Herstellung nicht mehr als ein paar Minuten Zeit erforderte, wurde die siebente Gruppe fast gleich deutlich gesehen als die sechste Gruppe mit der kostbaren Saphirlinse! Es lässt .«ich dies nur so erklären, dass man annimmt, ein solches Glaskügelchen besitze wahrscheinlich eine hyperbolische Form. Aber soviel ersieht man zur Genüge daraus, dass Edelsteinlinsen jetzt ein ganz überflüssiger Luxus geworden sind. Solches wird auch dadurch bestätigt, dass man in England, wo zuerst an ihre Anfertigung gedacht wurde, die Sache hat wieder fallen lassen. Quekett sagt wenigstens in seinem 184 ^ Zusammensetzung dieses kleinen Apparats beruht, gleichwohl von vielen nicht verstanden oder doch nicht in An- wendung gebracht werden. Ohne indessen das bereits Besprochene über die verschiedenen Formen der Linsen und deren hier zu wählende Com- binationen zu wiederholen, will ich lieber als Muster die Maasse und die Brennweiten der Linsen einer Sacklupe angeben, die, wenn auch nicht allen, so doch den meisten Zwecken, wozu ein solches Instrument benutzt wird, vollkommen genügt. Die beiden Linsen sollen planconvex sein und so stehen, dass, wenn sie zusammen benutzt werden, die Convexität der kleinern, am stärksten vergrössernden Linse der geraden Fläche der andern Linse zugekehrt ist. Die schwächere Linse soll 50 Millimeter Brennweite und eine Oeffnung von 25 Millimeter haben; sie vergrössert dann 6 Mal im Durchmesser. Die stärkere Linse kann 15 Millimeter Oeffnung und 25 Millimeter Brenn- I S;tcklü[icii ; Brücke'« Lupe. .heiden sie s^ich inso- fern , dass die beiden Mikroskope entweder wie in Fig. 269, in schiefer Richtung neben einander ge- stellt wurden, oder dass mau sie zusammen in einen Kasten oder Behälter brachte, der selbst wieder in verticaler Richtung oder, wie bei Cherubin, in schiefer horizontaler Richtung zwischen zwei Stan- Ein anderes binuculäre? o-en hinf. Mikroskoi'. 422 Müssen nun auch diese Versuche als gänzlich misslungen angesehen werden, so fehlte es doch auch damals nicht an anderen, die mit besserm Erfolge gekrönt waren. Es wurde bereits bemerkt, dass die Hauptver- änderung, welche Divini bei seinem Mikroskope vornahm, darin bestand, dass er zwei planconvexe Linsen mit einander zu einem Ocular vereinigte, utn dadurch das zu erlangen, was man mit dem Namen ebenes Gesichts- feld belegt, d. h. ein solches, wo sich am Rande des Gesichtsfeldes die Theile des Objects mit gleicher Deutlichkeit zeigen, wie in dessen Mitte. Bei anderen Mikroskopen aus jener Zeit hat man offenbar ein gleiches Ziel vor Augen gehabt. Besondere Erwähnung verdient es aber noch, das bereits damals Doublets als Objective benutzt wurden, weil man ge- funden hatte, diese veranl.issten bei der nämlichen Vergrijsserung eine weniger starke sphärische Aberration, so dass ihre OeH'nung grösser ge- macht werden konnte, um mehr Licht durchtreten zu lassen. Im Jahre 1672 vereinigte Sturm (Collegiiim experimentale sive curio- sum. Norimb. 1676. I. p. 142) eine planconvexe und eine biconvexe Linse zu einem Objectiv, ebenso auch zwei biconvexe Linsen von ungleicher Krümmung, und er rühmte nicht blos, dass er dadurch eine stärkere Ver- grösserung bekam, sondern dass auch das Biid mit grösserer Schärfe hervortrat. Audi giebt Zahn (1. 1. Ed. 2. p. 748. Vollst. Lelirgeb. d. Optik, S. 113) Nachricht von einem seiner Mikroskope, welches vier Linsen enthielt, die alle nur eine kurze Brennweite hatten, so dass das ganze Rohr, in welches sie gefasst waren, noch nicht einen Zoll Länge hatte. Von den beiden untersten als Objectiv dienenden Linsen war die eine biconvex, die andere planconvex, und diese berührten sich ndt ihren Oberflächen. Beim Mikroskope Conradi's (Dreifacher Sehestrahl. Koburg 1710. S. 113) bestand das Objectiv ebenfalls aus zwei Linsen. Ebenso hatte Johann Franz G ri n dl von Ach (s. Zahn 1. 1. p. 234) im Jahre 168.") ein Mikroskop gemacht, bei dem Divini'jj Princip auf Grindl, Zahn. Gü3 Fiff. 270. Zusammengesetztes Mikroskop von Grindl von Ach. alle Linsen in Anwendung gebracht wurde. Im Ganzen enthielt das in Fig. 270 abgebildete Instrument sechs planconvexe Gläser, die paarweise vereinigt waren, mit den convexen Flächen einander zugekehrt. Ueber dem ücular befindet sich noch ein ganz plattes Glas. Es imterüegt wohl keinem Zweifel, dass diese Einrichtung vor jener IViiherer Mikroskope nicht nur, sondern auch jener, die über ein Jahrhun- dert nach Grindl hergestellt wurden, den Vorzug verdiente, und man dürfte sich wohl darüber wundern, dass sie nicht mehr in allgemeinen Gebrauch gekommen ist, wenn man nicht wüsste, dass es keineswegs leicht ist, die Lin- sen dergestalt zu vereinigen , dass ihre Axen genau in einer geraden Linie lie- gen, wie es doch durchaus nöthig ist, wenn das Bild rein und scharf sein soll. Grindl selbst wusste es und hat dafür auch einige Vorschriften' gegeben. Schon damals machte man auch, aber wie es scheint nur ausnahms- weise, zusammengesetzte Mikroskope mit mehreren Objectivlinsen von ungleicher Brennweite, um die Vergrösserung durch Wechsel der Ob- jectivlinsen verändern zu können. In dem vorhin genannten Werke von Sturm, welches 1672 geschrieben ist, wird ein englisches Mikroskop Fig. 271. erwähnt, dessen Verfertiger aber nicht genannt wird, zu welchem vier abnehmbare Objectivlinsen geliör- ten, zwei planconvexe und zwei biconvexe, die nach der Reihe in die für die Objectivlinse bestimmte Aushöhlung unten am Mikroskoprohre gebracht werden konnten. Schon in der ersten 1685 erschienenen Ausgabe von Zahn's Ocuhis artificialis {Fundam. III, p. 08) sind verschiedene zusammengesetzte Mikroskope abge- bildet, und dabei die Maasse, die Brennweiten und die Abstände ihrer Linsen genau angegeben; er hat dabei besonders die Dioptrica von Dechales benutzt, und sowohl ein Mikroskop von diesem mit vier Linsen, als eins von Monconny mit drei Linsen beschrieben. Recht beachtenswerth sind die theoretischen Princi- pien und die praktischen Regeln für die Herstellung zu- sanunengesetzter INIikroskopein diesem Werke Zahn's, z.B. i4m£?am.Il,p. 168, 176, 267. Fundam. III, p. 95 seq., Zusammengesetztes ^-^ j^eistens auch noch für unsere Zeit benutzbar ge- IMikroskop, hei Zahn . . , -.■ r^- >-ri • , • i ahgehiklet. blieben suid. In Fig. 271 ist eins von den zusannnen- GC4 Parabolische und hyperbolische Linsenflächen; Gregory, Huygens. gesetzten Mikroskopen dargestellt, die sich bei Zahn abgebildet finden, ohne dass aber der Verfertiger desselben genannt wird. 423 Hier ist nun auch der Ort, um mit ein paar AVorten der damals und selbst schon früher vorgekommenen Versuche zu gedenken, Linsen mit parabolischen und hyperbolischen Oberflächen zu schleifen und dadurch die sphärische Aberration zu beseitigen, worin man nach damaligen Be- griffen da» alleinige Hinderniss find, waruüi die dioptrischen Werkzeuge nicht bis zum höchsten Grade der Vollkommenheit gebracht wurden. Erst später kam man durch Newton zur Erkenntniss, dass die chroma- tische Aberration , welche keineswegs von der Form der Linsen bedingt wird, der Schärfe der Linsenbilder weit mehr Abbruch thut, als die an- dere Art von Aberration. Dass mau schon sehr frühzeitig von der grossem Tüchtigkeit parabo- lischer Linsen überzeugt war, wo es darauf ankommt, parallele Strahlen in einem Punkte zu vereinigen, dafür haben wir einen Beweis bei Porta, der in seiner Magia naturalis. 1607. p. 614 schreibt: Pora^o/w??* crystnlUnum om- nium vehement/ ssime ignem accendere videbimus', omnihus enimradiis coinciden- tibus Valentins speculo accendü. Indessen gründete sich dieser Satz wohl mehr auf Theorie, als auf eine durch praktische Ausführung begründete Erfahrung. Unter denen, die sich späterhin auf das Schleifen von Linsen für Fernrohre oder Mikroskope legten, begegnen wir mehreren, die auf Lin- sen mit parabolischer und hyperbolischer Krümmung bedacht waren, wie Rheita, dessen Instrument zum Schleifen hypei'bolischer Linsen im Ocu- lus Enoch et Eliae p. 3-40 beschrieben und abgebildet ist, ferner Heve- lius, sodann Maignan, der am Schlüsse seiner Perspectiva horaria ein. solches Instrument beschreibt, Wren QPhilos. Transact. Nr. 48 u. 53), Descartes {Oeuvres pur Victor Cousin. Vol. 5, p. 137). Von den man- cherlei zu diesem Zwecke ersonnenen Instrumenten scheint aber keins dem beabsichtigten Ziele entsprochen zu haben *). 424 Besser gelang es Gregory {Optica proniota. Lond. 1663) und spä- ter Christian Huygens, die Gesetze der sphärischen Aberration fest- zustellen. Namentlich brachte Huygens {Dioptrica, p. 181 seq.) die von ihm ermittelten theoretischen Principien auch bei der Verfertigung von zusammengesetzten Mikroskopen in Anwendung. Er wies nach, wie *) Bei Zahn (\.\. Fund.Wl. p 77) findi-t man erzählt, dass der König von Frank- reich ein Fernrohr besessen habe, wofür dein Verfertiger 1000 Dukaten bezahlt worden wären. Es soll mit hyperbolischen Linsen ausgestattet gewesen sein, und obwohl es nicht über zwei Fuss Länge hatte, soll man doch damit den Saturn mit seinem Ringe (es steht dort ansulis) spaniiengross haben sehen können; ja selbst die übrigen Sterne sollen in unglaublicher Grösse sich dar- gestellt haben. Dieser letztere Zusatz ist aber ein Beweis dafür, dass mau die ganze Erzählung blos für eine Fabel zu halten hat. Bewegung des Mikroskops; Beleuclittiug der Objecte. CGö sich der AbeiTationswinkel berechnen lässt, um duraus abzuleiten, wie weit die Oeftnung der Objectivlinse verengert werden mus?, wenn man ein möglichst klares Bild bekommen will. Er hat auch dargethan, wenn zwei Mikroskope gleich stark vergrössern und ein Ocular von gleicher Brenn- weite haben, wobei aber das Objectiv des erstem eine kürzere Brennweite hat und näher dem Ocular sich befindet als bei dem zweiten , dass dann in jenem die Bilder schärfer und deutlicher hervortreten müssen ; daraus folge aber die Regel, dass man, um die Objecte gut und klar wahrzuneh- men, die Vergrösserung nicht dadurch herbeiführen soll, dass man den Abstand zwischen beiden Gläsern steigert, sondern vielmehr dadurch, dass man Objectivlinsen mit kürzerer Brennweite nimmt. An diese Re- gel hat man sich aber späterhin mehr und mehr gehalten, und gerade ihrer Beachtung ist ein guter Theil der weitern Vervollkommnung des zusammengesetzten Mikroskops beizumessen. Man ersieht hieraus , dass man schon damals mancherlei Verände- 425 rungen und Verbesserungen im optischen Theile des zusammengesetzten Mikroskops anzubringen versuchte*), iind dass die Wissenschaft mit der Erfahrung Hand in Hand ging, um das Instrument immer mehr zu ver- vollkommnen. Die mechanische Einrichtung der damaligen Mikroskope Hess vieles - zu wünschen übrig. Die Annäherung zum Objecte bewirkte man entwe- der durch eine Schraube am untern Ende des Rohres, in welches die Linsen gefasst waren, oder durch eine Schraube, welche bei feststehendem Rohre das Object in Bewegung setzte. Der erstem Bewegungsweise gab man aber ziemlich allgemein den Vorzug: sie kommt an den Mikro- skopen von Hooke, von Grindl und von vielen anderen vor. Zahn giebt eine Abbildung der letztern Einrichtung, üebrigens hatten manche von den damaligen Mikroskopen, z. B. jenes von Hooke, eine solche Einrichtung, dass das ganze Rohr auch anders als blos senkrecht gestellt werden konnte. Die Beleuchtung der Objecte war allgemein eine sehr unvollkom- mene. Durchfallendes Licht scheint man anfangs gar nicht benutzt zu haben ; das Licht wurde über dem untersuchten Objecte concentrirt. H o o k e ' s Beleuchtungsapparat wurde schon kurz erwähnt (S. 659, Fig. 267); ") Ich habe nicht darüber ins Khire kommen köuueu, wer zuerst das Mittelglas oder das Collectivglas beim zusammengesetzten Mikroskope in Anwendung ge- bracht hat. Hevelius gedenkt in seiner 1G47 erschienenen Sclenographia nur zweier Arten von Mikroskopen, die damals vorkamen, nämlich Mikroskope mit Einer Linse {Vitra muscaria) und zusammengesetzte Mikroskope mit zwei Lin- sen. Einige Jahre später indessen treffen wir das Zwischenglas an, und zwar, wie oben erwähnt, in Hooke 's Mikroskope. Ohne Grund schreibt daher Martin {System of Opticks 1740. p. 42) seine Einführung Huygens zu, der allerdings das Ocular des Fernrohrs Avesentlich verbessert hat durch Einführung und richtige Stellung eines zweiten Oculars , der aber in der Dioptrica nirgends von einem Mikroskope handelt, welches aus mehr denn zwei Linsen besteht. CC6 Hooke's Beleuchtungsapparat; Tortona. er beschreibt übrigens sein Verfahren in der Vorrede zur Micrographia folgendermaassen. Die Untersuchungen stellte er in einem Zimmer an, worin sich nur Ein gegen Süden gelegenes Fenster befand. Drei bis vier Fuss von diesem Fenster stellte er sein Mikroskop auf, und das Licht Hess er mittelst einer mit Wasser gefüllten Glaskugel n und einer dicken planconvexen Linse t auf das Object fallen. Schien die Sonne, dann brachte er ein geöltes Papier oder ein matt geschliffenes Glas vor das Object, und darauf Hess er die Sonnenstrahlen mittelst eines Brennglases fallen. Abends benutzte er eine Lampe in und die schon erwähnte Glas- kugel nebst der planconvexen Linse , und der Lampe gegenüber stand ein concaver Metallspiegel, durch den ein Theil der Strahlen wiederum reflectirt wurde. Späterhin (s. Hartsoeker, Essay de Dioptrique^ p. 169) wurde die biconvexe Linse zur Beleuchtung der Objecte immer allgemei- ner eingeführt. Die noth wendige Folge davon, dass man die Objecte nur bei auf- fallendem Lichte beschaute, war die, dass man in der Anwendung stärker vergrössernder Objectivlinsen bald an einer Grenze anlangte, bei deren Ueberschreitung das von den Objecten reflectirte Licht, trotz aller zu sei- ner Verstärkung angewandten Mittel, zu schwach wurde, um die Objecte und deren Theile dabei noch gehörig unterscheiden in können. Auch hatten die Objectivlinsen, welche die damaligen Optiker für ihre zusam- mengesetzten Mikroskope herstellten, meistens eine ziemlich grosse Brenn- weite von 1/2 bis 1 Zoll, und sie konnten mithin nur ein schwach ver- grössertes Bild liefern. Auch sind die Fälle nicht selten, ja sie kommen, wie wir jetzt wissen, am häufigsten vor, wo das Ge- füge der Objecte sich weit besser bei durchfallendem Lichte als bei auffallendem Lichte erkennen lässt. Schon damals fehlte aber die Gelegenheit nicht, diese Wahrnehmung zu machen, da die einfachen Mikro- skope, wie wir früher gesehen haben, alle gerade so eingerichtet waren, dass die Objecte vorzüglich bei durchfallendem Lichte betrachtet wurden. So einfach uns jetzt die Sache vorkommt, es war doch eine bedeutende Verbesserung, als man auch dem zusammengesetzten Mikroskope eine solche Ein- richtung gab, dass es ebenfalls zu Beobachtungen bei durchfallendem Lichte benutzt werden konnte. Diese Verbesserung wurde zuerst im Jahre 1685 durch Carl Anton Tortona eingeführt, der in des Bo- nannus Micrographia curiosa als ^^Summi pontificis {Alexandri 8) extra muros camerarius'''' bezeichnet wird. Sein Mikroskop wurde von Ambrosius Langen- m an teil (Miscellanea curiosa. Decuriae II. Ann. 7. IG88. p. 412) beschrieben; es ist Fig. 272 abgebildet. Das Mikroskoprohr, worin sich bei a das Ocular, bei Fig. 272. T 0 r t o n a ' s zusaminengcsetztcs Mikroskop. Tortona, Canipaiia, Celi , J-Jonannuti. IJG7 b das CoUectivglas und bei c t, näheit sich offenbar schon jener der spä- tem Mikroskopstative. Ein wesentlicher Bestandtheil fehlte ihm aber noch, nämlich der Spiegel. Es muss uns aber in der Th.-.t Wunder nehmen, dass der augenscheinlich so einfache Gedanke, das Ge- sichtsfeld durch einen die Lichtstrahlen reflectirenden Spiegel zu beleuch- ten, erst so spät bei den Verfertigern von JS[ikroskopen sich Geltung verschaffte; dies um so mehr, da man übrigens damals bei optischen In- strumenten mancherlei Art sehr häufig Spiegel anwandte, und da man so- gar bereits damals, wie wir später sehen werden, den Vorschlag gemacht hatte, das Sonnenmikroskop mit einem Spiegel zu versehen. Während Joblot in Frankreich und ]NIarshall in England ihre Mikroskope verfertigten, hatte in Deutschland Hertel (Anweisung zum Glasschleifen. Halle 1715) wirklich ein Mikroskop zu Stande gebracht, *) Mau machte damals viel Aufsehon aus solchen Curiositäten. Bei Zahn .1. 1. p. 271) ist als Panscopinm ein Apparat bescliriebcn , welcher nicht weniger als zehn besondere optische Instrumente enthielt, nämlich zwei Arten von Camera obscura, ein Helioskop, ein Mikroskop, ein Polemoskop und mehrere Arten von Teleskopen, mit einaoliien Convexgläsern oder mit Concav- und Convexgläscni. ■tt^ 1 llertel. C7 1 (las mit einem Spiegel versehen war, und dessen ganze mechnnische Ein- richtung vorzüglicher war als bei allen früheren Mikroskopen, ja selbst viel spätere übertraf (Fig. 276). Das Mikroskoprolir konnte durcli eine Charnierbewegung bei m und durch die gekrümmte Schraube n in ver- schiedene Riclitungen gebracht werden. Auf einem hohen vierseitigen Fussstücke stand mittelst eines runden Säulchens ein besonderer Object- tisch. Durch drei Griffe a, h und c Hess sich dieser Objecttlsch in drei Fig. 275. Fig. 276. Zusammengesetztes Mikroskop von Mars hall. Zusammengesetztes Mikroskop von Hertel. verschiedenen Richtungen bewegen: durch a nach oben und nach unten, um das Object in die gehörige Entfernung von der Linse zu bringen; durch b in horizontaler Richtung nach der Säule oder der Stange c?, wo- mit der Körper des Mikroskops verbunden war, oder davon weg; durch c endlich Hess sich der Objecttisch um seine Axe drehen. Der Mecha- nismus für diese drei Bewegungen, aus verschiedenen Schrauben und Rädern bestehend, war im Fussstücke verborgen. Am Objecttische wa- ren ausserdem noch di'ei runde Felder gesondert : zwei derselben waren für undurchsichtige Objecte bestimmt, und davon hatte g eine Elfenbein- platte, e eine Ebenholzplatte ; das dritte P^eld / war leer und für durch- sichtige Objecte bestimmt. Unter dem Felde e befand sich ein ebener Spiegel p, der durch die Schraube v, welche in die Zähne eines in dem Säulchen r verborgenen Rades griff, in alle Richtungen gebracht wer- 672 Hortel, Culpeper, Scarlet, CufF. den konnte, um das Licht aufzufangen und auf das Object zu reflectiren. Zur Beleuchtung unduvchpichtiger Objecte dienten der concave Metall- spiegel h und die Linse /, zwischen der.en eine Lampe aufgehangen Avar. Wir begegnen bei diesem Mikroskope zum ersten Male bedeutenden Verbesserungen. Diese sind: 1. ein frei für sich dasteliender Object- tisch, der durch mechanische Mittel herumgedreht und in einer horizon- talen Richtung bewegt werden kann; 2. ein Spiegel zur Beleuchtung durchsichtiger Objecte ; 3. Schrauben- und Netzmikrometer, von denen später die Rede sein wird, fügte Hertel seinem Mikroskope auch be- reits bei. 426 Hertel's Mikroskop, wie vortrefflich es auch in mehr als einer Beziehung wai', scheint gleichwohl nicht allgemein bekannt geworden zu sein, wahrscheinlich deshalb, weil es in Folge der zus. mmengesetzten Einrichtung kostbarer war. Wenigstens erst mehrere Jahre später bekam das zusammengesetzte Mikroskop von Culpeper und Scarlet in Lon- don (Fig. 277) ebenfalls einen Spiegel*). Neu ist aber bei diesem Mi- kroskope die Beigabe eines Kegels A aus Ebenholz, der unten an den Objecttisch kommen kann, um dadurch das Licht zu massigen. Dieses Mikroskop, welches lange Zeit hindurch im allgemeinen Gebrauche blieb, hatte übrigens eine sehr einfache Einrichtung, wie man aus der Abbil- dung auch ohne weitere Erklärung ersieht. Die Veränderung des Ab- standes zwischen Objectiv und Object wurde dadurch bewirkt, daas das Rohr a, welches in dem weiteren Rohre b gleitet, mehr oder weniger ausgezogen wird, oder dass die Schi'aube umgedreht wird, wodurch das die Objectivlinse enthaltende Röhrchen c an den engern Theil des Mi- kroskoprohrs befestigt ist. Diese Bcwegungsmittel waren freilich wenig geeignet zu einer feinen Einstellung. Aber auch in anderen Hinsichten schien das Gestell dieses Mikroskops nicht ganz zweckmässig zu sein, und das war der Grund, weshalb Cuff, die von Baker (^Employment for the microscope. London. 1753) gegebenen Winke benutzend, eine andere Einrichtung einführte, welche bei den meisten Stativen späterer Mikro- *) Genau kann ich die Zeit nicht angeben , wann dieses sogenannte doppelt reilcc- tirende oder Spiegelmikroskop in England verfertigt worden ist. Die erste Nach- richt darüber finde ich bei Smith (Opticks, II. 407), also vom Jahre 1735. Den im Jahre 1 739 erschienenen Beginsels der NaUmrkundt door Petrus van Miissckenbroek ist ein Preiscourant der Instrumente seines Bruders Johannes angehängt ^ und hier werden ausser den oben (S. GOO) besprochenen einfachen Mikroskopen noch aufgeführt: a) ein Apparat mit neun Vergrösserungsgläsern, um durch Ein Glas oder durch zwei Gläser 7aigleich zu sehen; b) ein neuer Doppelapparat, hoch und unten mit einem Spiegel versehen, womit man durch drei Gläser zugleich die Objecte sieht. Das letz- tere Instrument war also ein zusammengesetztes Mikroskop, das mit einem Be- leucbtungsspiegel versehen war. Man hat denselben also in Holland angewandt bald nachdem diese Verbesserung in England eingeführt worden war. Cuff. 073 skope, ja selbst bei vielen der jetzt noch gebräuchlichen zu Grunde gelegt wurde *). Bei Cuff 8 zusammengesetztem Mikroskope (Fig. 278) hängt das- Rohr unbeweglich in dem Ringe a am Arme b, der oben an der Stange c Fig. 278. Fig. 277. Zusammengesetztes Mikroskop von Culpeper und Scarlet. Zusammengesetztes Mikroskop von Cuff. sitzt. Ein messingenes vierseitiges Rohr c?, welches auf dem Kästchen e festgeschraubt ist, trägt das ganze Instrument mittelst der platten vier- seitigen Stange /, welche unbeweglich darin steckt. Dagegen ist die *) Ich will bemerken, dass Meyen (Kurzer Unterricht von der Beschaffenheit und dem Gebrauche der Vergrösseruugsgläser und Teleskopien. Dresden. 1747. S. IG) angiebt, es sei dieses Stativ von dem englischen Künstler George Sterrop Hartiiig's Mikroskop. ^3 A 074 Cuff, Steiner. kürzere Stauge c*, die den Arm h mit dem Mikroskoprohre trägt, beweg- lich; sie gleitet auf der breiten Seite der Stange / und tritt nach unten »in das Rohr d. Das vierseitige Band h vereinigt die beiden Stangen c und / und kann durch die Klemmschraube / festgestellt werden. Es wird nämlich die Stange c nach oben geschoben, bis der obere Rand des Ban- des h einer der eingeschnittenen Linien 4, 5, 6 u. s. w. entspricht, durch welche so ziemlich die Brennweite der verschiedenen Objective angege- ben ist, und dann wird das Band h durch die Schraube '^' ' ■ festgestellt. Neben dieser gröbern Einstellung ist aber auch noch eine feinere angebracht durch die Schraube fc, welche mit dem geränderten Knopfe / versehen ist. Die Einrichtung des Objecttisches, des Spiegels u. s. w. erhellt genugsam aus der Figur und bedarf keiner besondern Beschreibung. Ich habe nur noch hinzuzufügen , dass bei diesem Mikroskope auch das concave Spiegelchen (Fig. 279) für undurchsich- tige Objecte benutzt wurde, das früher allein beim einfachen Hohlspiegokhen Mikroskope angewendet wurde. Dieser Hohlspiegel h wurde Lieht zu Cuff 's "Uten an eine zu beiden Seiten theilweise offene Röhre a Mikroskope, befestigt, die je nach der Brennweite des benutzten Objec- tivs höher nach oben oder weiter nach unten über den engern Theil des Mikroskoprohrs geschoben wurde, und zu diesem Zwecke waren daran mehrere den verschiedenen Objectiven entsprechende Linien eingeschnitten. 427 Von jetzt an nahm die Zahl der Mikroskopverfertiger in den verschie- denen Ländern Europas so sehr zu, dass es nicht möglich ist, bei einem jeden ausdrücklich zu verweilen und die verschiedenen, oftmals unbedeuten- den Modificationen aufzuführen, die sie in dem einen oder dem andern Ab- schnitte des mikroskopischen Apparates haben eintreten lassen. Nur auf die bedeutenderen Mikroskopverfertiger lasse ich mich ein, namentlich auf jene, deren Mikroskope zumeist in Gebrauch gewesen sind, oder die einigermaassen erhebliche Verbesserungen oder Beigaben ersonnen haben. Von Steiner ist schon oben (S. 615) angeführt worden, dass er das Wilson' sehe einfache Mikroskop mit einer geringen Veränderung nachmachte; derselbe hat auch mit dessen Benutzung ein Microscopium universale hergestellt, d. h. ein solches, welches nach Willkür als ein- faches oder als zusammengesetztes Mikroskop in Gebrauch gezogen wer- erfunden worden, und auf Tafel VI bildet er dann als solches genau das Cuff- sche Mikroskop ab, das man bei ihm um einen billigen Preis erhalten könne. Ueber die Richtigkeit dieser Angabe vermag ich nichts zu entscheiden. Wie es sich aber auch damit verhalten mag, wenigstens ist dieses Mikroskop späterhin allgemein als Cuff'sches bekannt geworden, und dazu mag die grosse Verbrei- tung des Werks von Baker, welches in verschiedene Sprachen übersetzt wor- den ist, viel beigetragen haben. Fig. 280. Lomniers, von Gleichon, Ijenj. Martin. tj7ä den konnte. Zu dem Ende brachte er über die Linsen des einfachen Mikroskops ein Rohr, worin die beiden Üculare enthalten waren. Das Rohr aber wurde an einer besondern 8tange befestigt, die auf jene des einfachen Mikroskops kommen konnte. Siehe die von Steiner besorgte Uebersetzung von Baker: Das zum Gebrauch leicht gemachte Microscopium u. s. w., dem beigefüget eine Nachricht vom Po- lypo u. L. Steiner's Beschreibung seines neuerfundenen Uni- versal-Microsc opii. Zürich 1756. Eine ähnliche Einrichtung machte Jacob Lommers in Utrecht, mit dem Unterschiede jedoch, dass das die Oculare enthaltende Rohr unmittelbar auf jenes Rohr geschraubt wurde, welches die Linse uraschloss. Ich habe zwei solche Instrumente von Lommers gesehen, das eine mit der Jahreszahl 1751, das andere mit der Jahreszahl 1760. Ein anderes Microscopium universale ersann sieh von Gleichen. Dasselbe findet man bei Leder mü Her (Mikr. Gemüths- u. Augen- ergötzung u. s. w.) umständlich beschrieben und abgebildet. Seine Einrichtung war aber gewiss nicht so zweckmässig als bei den bereits genannten. Um die nämliche Zeit wurden in England von Benjamin Martin, einem Manne, der theoretisches Wissen mit praktischer Erfahrung ver- einigte, mehrerlei Mikroskope verfertigt. Sein .Ta- schenmikroskop (Description and iise of a Pocket_ re- ßecting microscope. Lond. 1739. Philosophia Britannica 1740. III, Tab. 46*), welches in Fig. 280 darge- stellt ist, war sehr einfach zusammengesetzt; ihm war ein Schraubenmikrometer beigegeben, worauf wir später zurückkommen. In diesem Martin' sehen Mikroskope erkennt man übrigens die erste gröbere Form vieler Mikroskopgestelle, die noch in späterer Zeit im Ge- brauch geblieben sind. Martin beschrieb auch ein Mikroskop, wo sich zwischen den beiden biconvexen Objectiv- und Ocular- linsen ein biconcaves Glas befand {System of Opticks. 1740. p. 212). Diese Einrichtung war aber nicht neu. Wir haben gesehen, dass sie schon an Fontana's Mikroskope vorkam, und vor Martin hatte auch noch Conradi (Dreifacher Sehestrahl. Coburg 1710. S. 109) ein Mikroskop in dieser Art eingerichtet. Aujch das von Martin {New Elements of Opticks. 1759. p. 50) beschriebene Mikroskop mit vier Linsen konnte nicht auf Neuheit Anspruch machen, da schon früher (S. 663) *) Am Ende dieses Bandes der Philosophia Britannica steht, das Netv inventecl Pocket rcflectiny microscope mit dem Mikrometer zusammen koste 1 Guinee, und A)hm den let/icrn 10 Schilling G Pence. Die englischen Mikroskope waren also damals wohlfeiler als jetzt. 43* Martin 's Taschen- mikroskp. G7C Benj. Martin. dergleichen verfertigt wurden. Endlich können auch die sogenann- ten polydynamischen Mikroskope Martin's (Mieroscopiura poly- dynamicum^ or a new construction for the microscope. London 1771) nicht als seine Erfindung gelten; es waren dies nur Fernrohre, die man durch Ausziehen der Rohre in Mikroskope verwandelte, und das war schon viel früher bekannt gewesen und von Wolf (Elementa Dioptri- cae, §. 454) anempfohlen worden. Dagegen unterscheidet sich sein Neues Universalmikroskop in manchen Hinsichten von den Instrumenten seiner Vorgänger. Die erste „. „„, Beschreibung und Ab- Fig. 281. '^ bildung desselben fällt auf das Jahr 1759 (Philo- sophia Britannica III, p. 400). Er verbesserte es aber weiterhin noch und in der Description of a Netü Universal Microsco'pe. London 1776, gab er davon eine neue Be- schreibung*). Die opti- sche Einrichtung dieses Mikroskops (Fig. 281) ist folgende. Das Ocu- lar besteht aus drei plan- convexen Gläsern, von denen die beiden ober- sten einander die Con- vexität zukehren. Zwi- schen dem Ocular und der biconvexen Objectiv- linse befindet sich aber noch eine planconvexe Linse, so dass es im Ganzen fünf Linsen sind. Die mechanische Einrichtung ist auch in mehr denn einer Hin- sicht eine andere als beim C uff sehen Mikro- Universalmikroskop von Beni. Martin. , -rv Oi x- • j. ^ •' skope. Das Stativ a ist eine runde hohle Säule oder Röhre (bei anderen Martin'schen Mikro- skopen ist es aber auch dreiseitig, wie bei Plössl's Mikroskopen); darin *) In der Vorrede zu dieser Beschreibung gedenkt Martin eines kleinen zusam- mengesetzten Mikroskops, mit dessen Verfertigung er sich damals beschäftigte, Benj. Martin. ' G77 wird ein zweites Rohr ^, welches gezahnt ist, durch den geränderten Knopf c auf- und niederbewegt ; in dem zweiten Rohre aber steckt wie- der ein drittes d, mittelst dessen die gröbere Einstellung erzielt wird. Das dritte Rohr trägt den Arm e mit dem Mikroskoprohre, und dieser Arm lässt sich in dem Ausschnitte bei / hin- und herschieben. Das Mi- kroskoprohr wird in den Ring g geschraubt; unter diesem befindet sich aber eine drehbare Scheibe h mit sechs Objectivlinsen von verschiedener Brennweite. Man kann aber auch diese Scheibe wegnehmen und an- statt derselben verschiedene in Röhrchen gefasste Objectivlinsen unten an den Ring anschrauben. Das Mikroskoprohr besteht eigentlich wieder aus zwei Röhren k und /; die innere Röhre i umschliesst die drei Augen- gläser und sie lässt sich ausziehen, um die Entfernung zwischen dem Objectiv und dem Ocular zu vergrössern. (An manchen Martin' sehen Mikroskopen hat das äussere Rohr eine Rinne und eine gezahnte Stange und die innere ist mit einem Triebe versehen, so dass sich die innere Röhre durch Umdrehen eines geränderten Knopfes höher und tiefer stellen lässt.) Der Objecttisch l hat eine grosse Oeffnung, um mehrere zu diesem Mikroskope gehörige Hülfswerkzeuge einsetzen zu können, z. B. die bei A abgebildete Klemmfeder, oder die bei B dargestellte freie Objecttafel mit drei Oeffnungen von verschiedenem Durchmesser; ferner auch eine durch ein Rad und einen Trieb sich umdrehende Objecttafel, sowie ein Schraubenmikrometer, auf welche beide noch weiterhin zurückzukom- men ist. Der Spiegel m ist an einem befeondern Arme angebracht, der an der Stange n auf- und niedergleitet, und auch herumgedreht werden kann, wenn das Licht schief auf das Object fallen soll. Zur Verstärkung des Lichts kann noch eine besondere, in der Figur nicht mit aufgenommene Linse unter den Objecttisch kommen. Für auflFallendes Licht aber ist die Linse o bestimmt. Endlich kann dieses Mikroskop nicht blos vertical gestellt werden, sondern es kann auch in die horizontale oder in andere dazwischen liegende Stellungen kommen , indem sich bei p ein Charnier befindet, durch welches das Stativ mit dem Dreifusse qqq in Verbindung steht. Will man ein einfaches Mikroskop haben, so braucht man nur das Mikroskoprohr aus dem Ringe g herauszunehmen und es durch eine zum Mikroskope gehörige einfache Linse zu ersetzen, deren Röhrchen in die Oeffnung des Ringes passen. welches die Objecte 2000 bis 57G0 Mal im Durchmesser vergrössertc , mid dem er den Namen „des Virtuosen optischer Apparat" zAigedacht hatte. Es ist mir unbekannt, ob dieses Mikroskop jemals aus Martin's Händen gekom- men ist. Die so starke Vergrösserung lässt vermuthen , dass keine Linsen, son- dern kleine Glaskügclcben zum Objectiv benutzt wurden. G78 Benj. Martin, Adaras. Ich habe ein solches Martin'sches Mikroskop untersucht, und da- bei Folgendes gefunden: Abstand des obersten Oculars von der Objectivlinse bei Ausziehung des Verlängerungsrohrs . , 29 Centimeter Desgl. ohne Ausziehung des Verlängerungsrohrs . . 22 » Brennweite der stärksten Linse des Mikroskops . . 5,8 Millimeter Oeffnungswinkel dieser Linse ll« Grösse des Gesichtsfeldes für 25 Centimeter Seh- weite 204 Millimeter Vergrösserung mit der stärksten Linse bei der näm- lichen Sehweite ohne Benutzung des Verlänge- rungsrohrs 148 Mal Desgl. mit Benutzung des Verlängerungsrohrs . . 220 >> Die Bilder haben nur eine geringe Schärfe. Auch auf den Schüppchen solcher Schmetterlinge, wo die Streifen, wie bei Noctua nupta, leicht zu erkennen sind , bemerkt man keine Spur davon ; ebensowenig erkennt man die Striche der ersten Gruppe eines N ob er t 'sehen Probetäfelchens. Dagegen sind die zum einfachen Mikroskope gehörenden Linsen scharf und hell. Die beiden stärksten vergrössern 128 und 198 Mal. 428 In England haben sich während des übrigen achtzehnten Jahrhun- derts noch die beiden Adams (Vater und Sohn), Jones, Dollond (Vater und Sohn), Mann in der Verfertigung von Mikroskopen aus- gezeichnet. Ueber das Adanis'sche Lampenmikroskop ist hier nicht der Ort zu sprechen. Ihre zusammengesetzten Mikroskope gehören aber zu den besten jener Zeit. Sie sind nach dem Muster des Cuff 'sehen Mikro- skops eingerichtet, nur wird nicht der Mikroskopkörper durch ein Trieb- werk auf- und niederbewegt, sondern der Objecttisch. Zur Beleuchtung dient ein Spiegel , der auf der einen Seite eben , auf der andern concav ist. Später nahm der jüngere Adams mit den Objectivlinsen die Ver- änderung vor, dass sie nicht in besondere Röhrchen, sondern in eine mes- singene Scheibe gefasst wurden, die man in einen unten am Mikroskop- körper dafür angebrachten Ausschnitt schob. Mittelst einer Stahlfeder, welche in die kleinen Einkerbungen eingriff, die in bestimmten Entfer- nungen an der messingenen Scheibe angebracht waren, kam die Objectiv- linse immer in die Axe des Mikroskops zu liegen. Bei Untersuchung eines Mikroskops vom altern Adams erhielt ich folgende Werthe : Brennweite der stärksten Linse Nr. 1 3,2 Millimeter Abstand des obersten Oculars von der Objectivlinse 13 Centimeter Durchmesser cles Gesichtsfeldes bei 25 Centimeter Sehweite 16 » Vergrösserung mit der Linse Nr. 1 150 Mal. Fi«. 2:^2. Jones, Mann, DoUonil. 079 Bei dieser Vergrösserung sieht man die Längsstreifen auf den Fliigel- schiippchen von Noctua nupta ziemlich gut. Dieses Mikroskop zeichnet sich also vor dem Martin'schen durch grossere Helligkeit und grössere Schärfe des Bildes aus; dagegen steht es diesem nach hinsichtlich der Grösse des Gesichtsfeldes. Die früheren Mikroskope von Jones stimmen grossentheils mit jenen von Adams iiberein. Eine spätere Verbesserung von Jones (Fig. 282) bestand darin, dass er sowohl den Körper des Mi- kroskops wie den Objecttisch und den Spiegel au einer be- sondern Stange befestigte, die durch ein Charnier a mit dem Stative verbunden war, so dass das Instrument horizontal ge- gen das Licht gestellt werden konnte. Er hatte dabei das nämliche Ziel vor Augen, wie Martin; seine Einrichtung je- doch war eine bessere, weil das Charnier höher oben an- gebracht ist, mithin das Mi- kroskop in der horizontalen Stellung sich mehr in gleicher Höhe mit dem Auge des Be- obachters befindet. Dieser Theil des Jon es 'sehen Mikro- skopgestelles ist auch bei den späteren englischen Mikro- skopen meistens beibehalten worden. Die mechanische Einrich- tung der Mikroskope von Ja- mes Mann ist in der Haupt- sache ganz so wie bei Jones. ^ Mikroskop von Jones. Was ihr optisches Vermögen anbetrifft, so scheinen sie für die Zeit ihrer Anfertigung sehr gut gewesen zu sein. Meyen (Die neuesten Fort- schritte der Anatomie und Physiologie der Gewächse. 1836. S. 2), der seine ersten phytotomischen Beobachtungen noch mit einem Mann'schen Mikroskope anstellte, rühmt es wenigstens sehr. Auch die Dollond'schen Mikroskope aus jener Zeit hatten ziemlich die gleiche Einrichtung wie jene von Jones. Nur das verdient bemerkt zu werden, dass Dollond dabei das Huygens'sche Ocular benutzte, in welcher Beziehung er der erste gewesen zu sein scheint (^Che valier ^ Notes rectificatives etc. p. 25). G80 Ring, Reinthaler, Buruoker, Brander, Duc de Chaulnes. 429 In Deutschland wurde mittlerweile das C uff sehe Mikroskop von Ring und Vennebruch in Berlin nachgemacht. Reinthaler in Leipzig verfertigte auch dergleichen, jedoch mit der Veränderung, dass der Körper des Mikroskops nicht durch eine Schraube, sondern durch einen Trieb sich auf- und niederbewegte (Krünitz's Encyclopädie. Art. Mikroskop. S. 266). Auch das zusammengesetzte Mikroskop von Burucker in Nürnberg, welches bei Ledermüller (Mikroskop. Ge- müths- und Augenergötzungen) umständlich beschrieben wird, stimmt in der Hauptsache mit dem C uff sehen Mikroskope. Einen besondern Ruf durch seine Mikroskope erwarb sich der Augsburger Brander (Beschreibung zweier zusammengesetzter Mikro- skope. Augsb. 1769, und Beschreibung und Abbildung eines üniversal- mikroskops, mit acht colorirten Kupfern. Nürnb. 1776). Das eine von den zuerst bescliriebenen Mikroskopen hat ziemlich die nämliche Ein- richtung wie das Martin'sche Taschenmikroskop (S. 675), und ist auch wie dieses mit einem Schraubenmikrometer versehen ; das andere stimmt zum grossen Theile mit dem Cuff sehen Instrumente überein. Eine Verbesserung daran hat sich aber mit ein paar Modificationen bis auf unsere Zeit erhalten: den bis dahin gebräuchlichen Objecthalter mit der Spiralfeder, wie er zuerst am einfachen Miki'oskope Hartsoeker's (S. 606) vorkommt, vertauschte Brander nämlich mit einer hufeisen- förmigen Platte, und zwischen diese und den Objecttisch wird die kleine Tafel oder Scheibe mit dem Objecte geschoben und befestigt. Nach Brander's eigener Angabe vergrösserten seine Mikroskope bei 8 Zoll Sehweite nicht über 120 Mal. In Frankreich hatte schon zwei Jahre früher der Duc de Chaulnes (JV/em. de VAcad. des Sc. 1767, p. 423, und Description cFun Microscope et de differents micromkres. Par. 1768) ein Mikroskop hergestellt, das so- wohl in der optischen Einrichtung wie in der Bewegungsweise zum Objecte sich nicht wesentlich vom Cuff sehen imterschied. Nur war es ausdrücklich zu genauen mikrometrischen Messungen bestimmt, und des- halb wird die nähere Beschreibung auf das Capitel von den Mikrometern verspart. 430 In der eigentlichen optischen Zusammensetzung der Mikroskope hatte man seit Anfang des achtzehnten Jahrhunderts keinerlei bemerkens- werthe Verbesserung angebracht; man war vielmehr von dem Wege ab- geirrt, welcher dazu führte und auf den Einzelne in gewisser Beziehung schon zu Ende des 17. Jahr hunders hingewiesen hatten (S. 662). In- zwischen hatten die Fernrohre durch das Achromatisiren der Objectiv- gläser eine höchst wichtige Verbesserung erfahren. Allein man ver- zweifelte daran, dass man diese auch bei dem Mikroskope würde erlangen können, worüber bald ausführlicher gehandelt werden soll. Indessen durfte man erwarten, dass auch ohne das Achromatisiren der Linsen eine Verbesserung möglich sein würde, wenn man bei den Euler's theoretische VerbosseruTigen. G81 Krümmungen der Linsen und deren Abständen, desgleichen in Betreff der Anzahl der Linsen solche Einrichtungen träfe, wodurch wenigstens die Wirkungen der spliärischen Aberration möglichst beseitigt würden. Auf diesen Punkt richtete Euler die Aufmerksamkeit, und wir verdanken ihm eine Reihe von Untersuchungen darüber, die auch jetzt noch keines- wegs ohne Interesse sind*). Es scheinen aber die von Euler vorgeschlagenen Verbesserungen bei den praktischen Optikern wenig Eingang gefunden zu haben, wahr- scheinlich wegen der wissenschaftlichen Form, in der sie vorgetragen wurden. Die von ihm empfohlenen Doublets, von denen schon oben die Rede war, und die er auch als Objective im zusammengesetzten Mikro- skope benutzt haben wollte, scheint man niemals construirt zu haben. Ob jemals ein Mikroskop mit sechs Linsen ganz nach seiner Vorschrift hergestellt worden ist, das ist mir nicht bekannt. Dass Grindl schon *) Regles g^n^rales pour la construction des tälescopes et des mi- croscopes de quelque nombre de verres qu'ils soient compos€s in den Memoires de VAcademie de Berlin. 1757. XII. p. 283. In dieser Abhandlung entwickelt Euler aus theoretischen Gründen, welche Krümmungen, Abstände und Oeffnungen die Linsen haben müssen in Mikroskopen, worin eine bis fünf Lin- sen enthalten sind. Denselben Gegenstand unter gleichem Titel behandelt er dann noch einmal in den M^m. de Berlin. 17G1. XVII. p. 201. Determination du champ apparent que de'couvrent tant les tele- scopes que les microscopes in Mim. de Berlin. 17G1. XVII. p. 191. Hier berechnet Euler die Grösse des Gesichtsfeldes, und an welcher Stelle sich das Auge bei dioptrischen Instrumenten, die eine bestimmte Anzahl Gläser enthalten, befinden müsse. Recherches sur les microscopes a trois verres et les moyens de les perfectionner in Memoires de Berlin. 17G4. XX. p. 117. Nachdem Euler bereits in einer frühern Abhandlung (s. S. G24) nachgewiesen hatte, welche Vor- theile es bietet, wenn man im einfachen Mikroskope zwei Linsen vereinigt, wen- det er nun hier das nämliche Princip auch auf das Objectiv des zusammen- gesetzten Mikroskops an , und in Tabellen bestimmt er die Krümmungen der Linsen, deren Oeffnungen und wechselseitige Abstände. De novo microscopiorum gener e ex sex lentibus composito in den Novi Commentarii Acad. Peirop. 1768. XII. p. 195. Hier verbreitet sich Euler über die Vorzüge eines aus sechs Linsen zusammengesetzten Mikroskops, und er berechnet ihre Krümmungen, ihre Oeffnungen und Abstände für Mikroskope, welche GOO, 2000 und 4000 Mal im Durchmesser vergrössern sollen. Ein sol- ches Mikroskop sollte so construirt sein, dass auf die Objectivlinse dort, wo sie das Bild erzeugt, eine Linse mit weiter Oeffnung folgt, dann in einiger Entfer- nung eine stärker vergrössernde Linse mit sehr geringer Oeffnung, zuletzt aber drei über einander befindliche eigentliche Ocularc kommen. Auch hier sollte die Objectivlinse überdies noch ganz gut aus zwei vereinigten Linsen bestehen können. Für Mikroskopenverfertiger war dieser Abhandlung noch eine Tabelle angehängt, worin die Krümmungen und die Abstände der Linsen für Doppel- objective von 1 Zoll bis Yao Zoll Brennweite verzeichnet sind. Den Inhalt dieser verschiedenen Abhandlungen findet man, und zwar ver- mehrt, auch in Evleri Dioptrica, T. III. wieder, so wie in Klügel's Dioptrik. Uebcr Euler's Vorschlag, die Objectivlinse der Mikroskope zu achromati- sircn, wird noch weiterhin gesprochen werden. ,082 Dellebarre. 1685 ein Mikroskop mit seclis Linsen herstellte, wurde oben (S. 663) er- wähnt, aber nnch nach Euler wui'den von Dellebarre in Leyden Mikro- skope mit sechs Linsen verfertigt. In dem bei der französischen Akademie über diese letzteren Mikroskope abgestatteten Berichte heisst es aus- drücklich, Dellebarre habe den von Euler gemachten Vorschlag ver- wirklicht. Hätte sich aber die Commission, von der dieser Bericht ge- macht wurde, die Mühe gegeben, mehr als den blossen Titel von Euler's Abhandlung zu lesen, so würde sie sich alsbald überzeugt haben, dass die Einrichtung von Dellebarre's Mikroskopen mit jener von Euler empfohlenen nichts gemein hatte als die Anzahl der Linsen. Es sollte z. B. Euler's Ocular aus drei Linsen bestehen, und das von Delle- barre bestand aus vier Linsen. Dellebarre's Mikroskope haben lange Zeit in hohem Rufe ge- standen. Dieser Ruf nahm noch besonders zu, als Lalande, der 1762 Holland bereiste, seine Instrumente sah, und ihn nöthigte, nach Frank- reich zu kommen, wo er viele Mikroskope verkaufte (Montucla, Hist. des Maihemat. III, p. 511). Die Dellebarre'schen Mikroskope kosteten 360 Francs. Im Jahre 1777 legte er der französischen Akademie eine Abhandlung über Mikroskope im Allgemeinen und über die seinigen im Besondern vor, und er gab auch noch eine besondere Beschreibung derselben heraus (^Memoires sur les diff^erences de la construction et des effets du microscope. mi). Der an die Akademie erstattete Bericht lautete ungemein günstig und em- pfahl die Mikroskope von Dellebarre, in denen viele neue Vorzüge mit den- jenigen aller früheren Miki'oskope verei- nigt wären. Ist auch das Lob, welches die Pariser Akademie den Mikroskopen Dellebarre's ertheilte, nicht frei von Uebertreibung, so besitzen sie gleichwohl einige Eigen- thümlichkeiten, wodurch sie sich vor den meisten der damaligen Zeit auszeichneten (Fig. 283). Das Ocular besteht aus vier Gläsern, die entweder zusammen oder paarweise benutzt werden können. Jedes Paar besteht aus einer Flintglaslinse und einer grünlichen Kronglaslinse. Alle sind biconvex und so vereinigt, dass ihre Ober- flächen einander sehr nahe sind. Zwischen der Objectivlinse und dem Oculare befin- ,, ^ ^ ,,., , det sich noch ein biconvcxes Zwischenglas. Ziisnmmenfi;esctztcs Mikroskop _ '^ von DcUcharic. Letzteres ist an ein Rohr geschraubt, in Dellebarre. 083 welches von oben das Rohr a mit den Augengläsern geschoben wird, das sich aber selbst wieder in einem andern Rohre ft, woran unten die Objectivlinse bei c befestigt wird, auf- und niederschieben lässt, um auf diese Weise das Mikroskoprohr zu verlängern. Ausserdem unterscheidet sich die mechanische Einrichtung dadurch, dass die Stange de^ welche auf einem nicht mit abgebildetem Dreifusse ruht, durch zwei Charniergelenke bei / und bei g sich horizontal stellen lässt. Die Röhre h mit dem optischen Apparate hängt in dem Ringe h und wird hier durch die Klemmschrauben i und m befestigt. Dieser Ring ist mit der vierseitigen Stange k fest verbunden, welche in dem hohlen vierseitigen Stücke l vorwärts und rückwärts gleiten kann; mit dem Stücke l aber steht wieder der runde Theil n in Verbindung, woran sich ein Vorsprung befindet, der in eine OefFnung oben an der Stange de passt und sich spindelförmig darin dreht, damit das Mikroskoprohr über alle Punkte des Objecttisches o gebracht werden kann. Der Ob- jecttisch selbst ist ringförmig und trägt in einer kreisförmigen Grube eine runde Glasplatte. Zum Festhalten der Objecte ist eine hufeisenförmige Stahlfeder bestimmt, die bei f auf den Rand des Objecttisches befestigt ist. Das Object wird der Objectivlinse durch ein Triebwerk genähert, dessen geränderter Knopf bei q sichtbar ist. Zur Beleuchtung dient ein concaver und ein ebener Spiegel r, welche durch die Charniere s und t in allen Richtungen sich bewegen lassen. Zwischen den Spiegel und das Object aber kann eine Linse u gebracht werden, welche das Licht concentrirt. — Endlich gehörte zum Dellebarre'schen Mikroskope noch ein hohler Metallspiegel zur Be- leuchtung undurchsichtiger Objecte; derselbe war merklich grösser als die bisher gebräuchlichen, und bei schwächeren Vergrösserungen ent- spricht er auch in der That seinem Zwecke besser. Ein Hauptziel in der Einrichtung von Dellebarre's Mikroskop ging dahin, durch die verschiedenen Combinationen der Augengläser und die Verlängerung der Mikroskopröhren eine Anzahl verschiedener Ver- grösserungen herauszubringen. Auch suchte er ein möglichst grosses Gesichtsfeld zu bekommen. Dass er diese beiden Zwecke wirklich er- reicht hat, wird aus den folgenden Bestimmungen ersichtlich, die ich blos mit der stärksten Objectivlinse ausgeführt habe, welche bei dem geprüften Instrumente 2,5 Millimeter Brennweite und einen Oeflfnungs- winkel von 2'io hatte. Die Entfernung des obersten Oculars vom Objectivglase beträgt 15 Centimeter, wenn das Verlängerungsrohr nicht ausgezogen ist, dagegen 22 Centimeter, wenn dieses Ausziehen statt gefunden hat. r,84 Dellebiirre. Durchmesser des Gesichtsfeldes . . . Mit Zwischenglas , ohne Ausziehuiig des Verlängerungsrohrs ist die Ver- grösserung Mit Zwischenglas und mit Ausziehung des Verlängerungsrohrs ist die Ver- grösserung Ohne Zwischcnglas und mit Auszie- hung des Verlängerungsrohrs ist die Vergrösserung O c u 1 a r e Nr. 3 u. 4 Centimeter. 22,5 230 280 590 Nr. 1 u. 2 Centimeter, 30,5 290 350 840 Nr. 1, 2, 3 u. 4 i Centimeter. 40*) 440 490 1170 Mit jeder Objectivlinse kann man also wenigstens neun verschiedene Vergrösserungen herausbringen, und dabei ist das Gesichtsfeld so gross, dass in dieser Hinsicht alle übrigen Mikroskope, ja selbst neuere Instru- mente, dem Dellebarre'schen nachstehen. Indessen fehlt viel daran, wie auch schon die ganze Einrichtung voraussehen lässt, dass die Ob- jecte sich überall mit gleicher Deutlichkeit im Gesichtsfelde darstellen. Nur die Mitte des Gesichtsfeldes eignet sich zur eigentlichen Beobachtung. Hier erkennt man bei einer 440 maligen Vergrösserung recht deutlich die längslaufenden Striche auf den öfters genannten Schüppchen von Noctua mipta^ dagegen keine Spur von den feinen Querstreifchen. Am Nobert'schen Probetäfelchen unterscheidet man die Striche der zweiten Gruppe noch ganz gut, unvollkommen dagegen die Striche der dritten Gruppe. Wird durch Ausziehen des Ocularrohrs oder aber durch Ent- fernung des Zwischenglases stärker vergrössert, so nimmt das optische Vermögen um gar nichts zu. Bei der gleichen Vergrösserung wurden auch die äussersten Grenzen der Sichtbarkeit und Unterscheidbarkeit der Objecte bei durchfallendem Lichte bestimmt, auf die früherhin (S. 294) angegebene Weise. Die Grenzen der Sichtbarkeit waren für : kugelrunde Objecte . . . 0,767'"°"" = Visoo Millim. fadenförmige » ... 0,145"""" = ^6900 " Bei einem Drahtgeflechte waren die Grenzen der Unterscheidbarkeit für: die Drähte 0,672"="'" = 1/1400 Millim. die Ma.«chenräume . . . 1,010"'"'"' == Vono *) Eigentlich ist das Gesichtsfeld noch grösser; es lässt sich aber kein grösserer Raum übersehen . Die angegebene Grösse des Gesichtsfeldes setzt schon einen Gesichtswinkel von 78° voraus. HofFmann, Tiedeniann, Wagener, Elkner, Junker, Weickert. G85 •Vergleichen wir nun Dellebarre'a Mikroskop mit jenem von Adams und von Martin, so hat es im optischen Vermögen unzweifel- hafte Vorzüge vor diesen, wenngleich es in der mechanischen Einrichtung den englischen Instrumenten nachsteht. Gehen wir dann femer dem Grunde nach, weshalb die Objecte durch dieses Mikroskop sich deutlicher darstellen, so tritt es auf der Stelle entgegen, dass nicht sowohl die eigenthümliche Zusammensetzung des Oculars dabei in Betracht kommt, sondern einzig und allein der Umstand, dass Dellebarre Objectivlinsen mit einer kürzern Brennweite benutzte. Bringt man diese an die eben genannten englischen Mikroskope , so bekommt man mit diesen gleich scharfe Bilder wie bei Dellebarre. Das ist aber auch zugleich der Hauptgrund, warum die letzteren stärker vergrösserten. Ein Zeitgenosse von Dellebarre war der Hannoveraner Samuel 431 Gottlieb Hoffmann, dessen Mikroskope damals in Deutschland sehr gesucht waren. Er beschrieb sie 1772 in der Altonaer Zeitung, und späterhin wurden sie von Goeze (Hannoversches Magazin, 10. Jahrg. Krünitz's Encyclopädie Bd. 90, S. 310) sehr gerühmt. Goeze spricht von einer Einrichtung, wodurch das Gesichtsfeld dieses Mikroskops grösser und kleiner gemacht werden konnte; er nennt aber das hierzu verwandte Mittel nicht. Mit sechs Objectivlinsen konnten zwölf verschiedene Ver- grösserungen erzielt werden (wahrscheinlich durch Ausziehen der Röhren); die stärkste Vergrösserung war 370 Mal. Einige Jahre später erschien die Beschreibung der Mikroskope von Johann Heinrich Tiedemann (Beschreibung der von ihm verfertigten achromatischen Fernröhre, zusammengesetzten Vergrösserungsgläser u. s.w. Stuttgart 1785; aufgenommen bei Krünitz 1. c. S. 295). Ausser dem aus zwei Gläsern bestehenden Oculare enthielt es auch noch ein Zwischen- glas. Die am stärksten vergrössernde Objectivlinse hatte 1 Linie oder 2,2 Millim. Brennweite. Die Bewegung wurde durch einen Trieb be- wirkt. Auch gehörte zu diesem Mikroskope ein besonderer, durch zwei Schrauben beweglicher Objecttisch. Als Fuss für das Stativ des Mikro- skops wurde der Boden des Kästchens benutzt, worin es nach stattgefun- denem Gebrauche mittelst eines Charniers zusammengelegt verborgen lag. Beseke (Beobacht. u. Entd. d. Berl. Ges. naturforschender Freunde, Bd. II, 1788, S. 117) stellte Tiedemann's Mikroskop unter allen Mikroskopen jener Zeit oben an, sowohl in der Brauchbarkeit der Gläser als in der mechanischen Einrichtung. Unter denen, die am Ende des 18. und in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts in Deutschland als Verfertiger von Mikroskopen sich einen Namen gemacht haben, nennen wir noch Wagener, Elkner, Junker und Weickert; doch scheinen sie zu einer wirklichen Ver- besserung des Instruments nichts beigetragen zu haben. Die beiden letztgenannten legten sich im Besondern darauf, die äussere Einrichtung zu vereinfachen und dadurch ihre Instrumente möglichst wohlfeil zu C8G Heruian und Jan van Deyl, Hen. machen, ohne dass sie doch an Brauchbarkeit verlören. Juuker'a Mikroskop ist in Voigt's Magazin für den neuesten Zustand der Naturwissenschaft, Bd. I, S. 139, beschrieben, jenes von Weickert in Gilbert's Annalen, 1811, Bd. 38, S. 345. Hedwig benutzte zu seinen bekannten Untersuchungen ein Mikroskop von Weickert. Damals und auch noch späterhin wurden übrigens zusammengesetzte Mikroskope aus Pappe und Holz in grosser Anzahl fabrikmässig in Nürnberg verfertigt. 432 In Holland wurden ausser von Dellebarre, dessen Mikroskope bereits beschrieben worden sind, um jene Zeit noch von Her man und Jan van Deyl zusammengesetzte Mikroskope verfertigt. Wir werden dieselben bald als die ersten kennen lernen, die ein brauchbares achro- matisches Mikroskop herstellten; aber auch ihre früheren nach der alten Art verfertigten Mikroskope waren sehr gut, namentlich in optischer Beziehung, und sie hatten dabei eine sehr einfache mechanische Einrich- tung, die etwa mit jener des spätem achromatischen Mikroskops von Jan van Deyl übereinstimmte. Ich habe ein von ihnen kommendes Instrument zu untersuchen Gelegenheit gehabt: die Brennweite seinen stärksten Objectivlinse beträgt etwas über 2 Millimeter; an Helligkeit und Schärfe übertrifft es aber bei gleicher Vergrösserung (etwa 300 Mal) das D eil ebarre' sehe Mikroskop. Auch das verdient bemerkt zu werden, dass der Bügel, worin sich der Spiegel bewegt, am Ende einer um eine Axe drehbaren Krücke befindlich ist; der Spiegel lässt sich dadurch so stellen, dass die Lichtstrahlen auch in schiefer Richtung auf das Object fallen können, also ganz in der nämlichen Weise, wie man es bei vielen neueren Mikroskopen antrifft. Ferner irft hier Hendrik Hen zu nennen, der gleich den Deyl's in Amsterdam wohnte. Sein zusammengesetztes Mikroskop von 1807 zeichnet sich durch Vollständigkeit, Festigkeit und genaue Ausführung der ganzen mechanischen Einrichtung aus, wobei offenbar das Martin'- sche Mikroskop (S. 676), abgesehen von einigen angebrachten Modifica- tionen, zum Vorbilde gedient hat. Seine schwere runde Stange ruht auf einem Fussstücke mit drei verstellbaren Füssen ; ein Triebwerk bewirkt das Auf- und Niederbewegen des Objecttisches; der Arm, woran das Mikroskoprohr befestigt ist, kann mittelst eines Rades und einer Schraube ohne Ende horizontal gedreht werden, und das ganze Mikroskop lässt sich durch ein besonders dazu bestimmtes Räderwerk in die horizontale oder sonst eine Richtung bringen. — Zur optischen Einrichtung gehören: a. eine Messingplatte mit drei darin gefassten Linsen, die, je nachdem die Platte unter dem Mikroskoprohre befestigt wird , der Reihe nach durch Umdrehen unter die OefFnung desselben kommen und als Objectiv- linsen dienen ; b. drei andere stärker vergrössernde Objectivlinsen in Messingröhrchen, von denen die stärkste eine Brennweite von reichlich Hcn, Canzius. , G87 8 Millimeter hat; c. drei Objectivlinsen mit Metallspiegelchen zur Be- trachtung undurchsichtiger Objecte; d. zwei verschiedene Ocularröhren, die eine mit zwei, die andere mit vier Gläsern. — Der Spiegel ist auf der einen Seite eben, auf der andern concav, und auch für schief einfal- lendes Licht eingerichtet. Eine Beleuchtungslinse kann unter den Ob- jecttisch gebracht werden, und mittelst eines besondern Apparates lässt sich auch eine Kerze am Mikroskope befestigen. Zur Beleuchtung bei auffallendem Lichte dient eine grosse Linse, und ausserdem ist auch noch der später zu erwähnende Swaving'sche Apparat beigegeben. Aus dieser kurzen Beschreibung ist schon zu entnehmen, dass das Mikroskop von Hen sorgfältig gearbeitet war und das von Zeitgenossen ertheilte Lob verdiente. Ich selbst habe es nur bei Gelegenheit einer Auction physikalischer Instrumente kennen gelernt, zugleich aber bei dieser Gelegenheit in dem Kasten des Mikroskops einen an dessen Ver- fertiger gerichteten, vom September 1807 datirten Brief von A. Ypelaar, der sich mit Anfertigung mikroskopischer Präparate beschäftigte, gefun- den, worin der Schreiber versichert, noch kein Mikroskop gesehen zu haben, wodurch er im Ganzen in gleicher Weise befriedigt worden wäre, wie durch dieses. — Dass übrigens Hen ein sehr guter Arbeiter war, davon habe ich mich auch noch an einem von ihm kommenden Sonnen- mikroskope überzeugt, von dem an geeigneter Stelle die Rede sein wird. Endlich verfertigte um die nämliche Zeit auch Onderdewyngaart Canzius in Delft*^ Mikroskope, die nach der Untersuchung, die ich mit einem dem Herrn Maitland zugehörigen Instrumente vornehmen konnte, in der mechanischen Einrichtung ebenfalls meistens eine Wieder- holung des Martin'schen Mikroskops waren. Wie bei den späteren Instrumenten des Letzteren besteht der Mikroskopkörper aus zwei v/eiten, durch einen Trieb sich übereinander schiebenden Röhren, und das untere Ende mit den Objectivlinsen ist eine auffallend engere Röhre. Diese hat nach oben eine planconvexe Linse von sehr schwacher Krümmung. In der innersten Röhre des eigentlichen Mikroskopkörpers sind noch *) Dieser auch in manchen anderen Beziehungen verdienstvolle Mann errichtete 1798 in Delft eine Fabrik mathematischer, physikalischer, optischer, anatomi- scher und chirurgischer Instrumente, und im Jahre 1808 gab er in der Nieuwe algemeene Konst- en Letterhode. XIV, pag. 177 eine kurze Beschreibung dieser grossartig eingerichteten Fabrik. Unter anderen befand sich darin eine „voll- ständige Glasschleiferei, yvo alle Gläser, convexe wie concave, deren man zu optischen Instrumenten bedarf, geschliffen wurden, und wo man nach einem ganz genauen Verfahren parallele und ebene Schliffe ausführte." Es heisst dort, es würden Linsen geschliifen von Yg Zoll bis zu 9G Zoll Brennweite. Später, als Nordniederland mit Belgien zu Einem Königreiche vereinigt war, wurde Onderdewyngaart Canzius zum Director des Museums für Kunst und Industrie in Brüssel ernannt. Nach der Trennung beider Länder blieb er an der Spitze der genannten Anstalt. Er starb den 10. Juli 1838 in Delft. (Siehe Alyemeene Konst- en Letterboode. 1838. II, p. 33.) G88 Leistungen des zusammengesetzten Mikroskops bis ins 19. Jahrhundert. drei grössere biconvexe Linsen enthalten : die unterste davon wirkt als CoUectivlinse , die beiden oberen dagegen, die dicht bei einander sind, vertreten zusammen die Stelle eines Oculars. Es gehören acht Objectiv- linsen dazu, von denen die stärkste 460 Mal vergrössert; ausserdem noch drei mit concaven Reflexionsspiegelchen versehene Linsen zur Beobach- tung undurchsichtiger Objecte. Wird der Mikroskopkörper weggenommen und ein kleiner Querarm angesetzt, der die Linsen aufnimmt, so lässt sich das Instrument in ein einfaches Mikroskop umwandeln. Von den dazu gehörenden vier Linsen vergrössert die stärkste 150 Mal. Uebrigens gehören noch mancherlei Nebendinge zu diesem Mikro- skope, die aber alle dem Martin 'sehen entlehnt sind. ^33 Ueberblickt man nun die Fortschritte des zusammengesetzten Mikro- skops während des 18. Jahrhunderts und der ersten Jahre des 19. Jahr- hunderts, so muss man eingestehen, dass allmälig grosse Verbesserungen desselben eingetreten waren, einmal nämlich in der ganzen mechanischen Einrichtung und zweitens dann in den Mitteln zur Beleuchtung der Ob- jecte. Anders verhält es sich aber mit dem wichtigsten Theile des Mikroskops, mit der optischen Einrichtung; hierin waren nur sehr geringe Fortschritte gemacht worden. Alle hierin erstrebten Verbesserungen waren nur auf Veränderungen des Oculars gerichtet und diese mussten immer einen untergeordneten Werth haben, so lange nicht die Objective verbessert wurden. Untersucht man Mikroskope aus jener Zeit, so kommt man zu dem Resultate, dass durch die einfachen Linsen, welche als Ob- jective benutzt wurden, alles dasjenige, was man durchs zusammenge- setzte Mikroskop wahrnehmen konnte, zwar in geringerer Vergrösserung gesehen wurde, dafür aber auch viel deutlicher und schärfer, dass man daher durch die stärkere Vergrösserung des Bildes mit Ocularen eigent- lich nichts gewann als ein grösseres Gesichtsfeld, und zwar auf Kosten der für den Beobachter weit wichtigeren Helligkeit und Schärfe. Es schien wirklich, als sollte das zusammengesetzte Mikroskop aus seinem bisherigen Zustande der Mittelmässigkeit sich niemals erheben können. Auch stand man bei wissenschaftlichen Untersuchungen von seinem Gebrauche mehr und mehr ab, und ungeachtet der mit dem Ge- brauche des einfachen Mikroskops verbundenen Nachtheile gaben doch die gründlichsten Beobachter demselben den Vorzug; wogegen das zu- sammengesetzte Mikroskop je länger je mehr zu einem Instrumente der Vergnügung oder der Befriedigung kindischer Neugierde erniedrigt wurde, oder wenigstens nur dann in Gebrauch kam, wenn die Art der Unter- suchung keine gar grosse Genauigkeit erforderlich machte. Allmälig durfte man sich jedoch der Hoffnung hingeben, dass auch in der optischen Einrichtung des zusammengesetzten Mikroskops eine erhebliche Verbesserung möglich sei. Newton hatte schon dargethan, dass die Unvollkommenheit der dioptrischen Instrumente hauptsächlich Newton, Chester More Hall, Dollond. G89 von der chromatischen Aberration herrührte. Durch ein paar ungenügend ausgeführte Versuche kam er aber zu dem unrichtigen Schlüsse, die Farbenzerstreuung sei bei allen das Licht brechenden Medien die näm- liche, und deshalb würde es ein vergebliches Bemühen sein, wenn man durch die Verbindung zweier verschiedener Medien, indem man etwa Wasser zwischen zwei concave Gläser brächte, die chromatische Aberra- tion verbessern wollte*). Schon zwei Jahre nach Newton's Tode, im Jahre 1722, wurde es aber thatsächlich nachgewiesen, dass er sich hierin geirrt hatte und in seinen Folgerungen zu voreilig gewesen war. Chester More Hall, 'ein in der Geschichte der Wissenschaften sonst unbekannter Edelmann aus der Grafschaft Essex, versuchte in diesem Jahre Linsen aus Kronglas und Flintglas zusammen zu setzen, indem er sich auf den Achromatismus des menschlichen Auges stützte, worin ebenfalls ungleich brechende Medien vereinigt sind. Er setzte seine Versuche fort, und 1733 gelang es ihm wirklich, achromatische Objectivlinsen für Fern- rohre herzustellen**). Indessen verflossen noch viele Jahre, ehe diese Erfindung für die Wissenschaft Früchte trug. Ein halbes Jahrhundert später war der Name des wahren Erfinders noch nicht bekannt, und John Dollond galt allgemein als solcher. Ist es nun auch sehr wahr- scheinlich, dass Dollond, als er 1757 achromatische Fernrohre zu ver- fertigen anfing, mit Hall's Erfindung nicht ganz unbekannt war, so bleiben gleichwohl seine grossen Verdienste in Betreff des Achromatismus der Linsen ungeschmälert: seinen unnachlässigen Bemühungen ist es zu- zuschreiben, dass der Achromatismus allgemein bekannt wurde, und durch seine zahlreichen Versuche hat er sich selbst und Andere in den Stand gesetzt, die dazu geeigneten Methoden immer mehr zu verbessern. Schon 5 Jahre später, nämlich 1762, wurde in Holland das erste achro- matische Fernglas gemacht, nämlich von Her man und Jan van Deyl in Amsterdam {Verhandl. d. Haarl. maatschappy^ III. St. 2, p. 134). *) Newton erhielt bei seinen Versuchen deshalb falsche Resultate, weil er in dem benutzten Wasser eine gewisse Menge essigsaures Blei auflöste, wodurch sowohl das Brechungsvermögen als das Farbendispersionsvermögen jenem des Glases näher kam. Dass er übrigens das Princip, worauf sich die Möghchkeit des Achromatismus stützt, wirklich durchschaute, das ersieht man- aus seinen Prin- cipia viathematica philosophiae naturalis, Lib. I. Schol. adProp. XCVIII. Moly- neux, welcher 1G90 Newton's Worte citirte, Hess sich zu der ge-nässer- maassen prophetischen Aeusserung hinreissen: „er ist in die Tiefen der Natur hinabgestiegen und hat der Nachwelt einen Grundstein gelegt, worauf sie ein unübersehbares Gebäude errichten kann." '"*) Nähere Nachrichten über Hall und dessen Erfindung finden sich zuerst in The Gentlemans Magazine^ Oct. 1790, und wurden von da in The philosopMcal Ma- gazine, Nov. 1798, aufgenommen. Eine Nachricht dariiber, wie die Zusammen- setzung seiner achromatischen Linsen endlich Dollond bekannt geworden sein soll, findet man in der Abhandlung von Alexis Rochon {2Iemoire sur lesverres achromatiques), welche im Floreal des Jahres IX dem Institut national mitge- theilt wurde. H artin g'3 Mikroskop. 44 690 Acüromatismus : Euler, Dellebarre, Fuss, Aepinus. Schon früher, etwa um 1747, hatte sich Euler mit dem nämlichen Gegenstande beschäftigt, und bei Wiederholung einiger Newton' sehen Versuche war er zu den nämlichen negativen Resultaten gekommen , wie dieser. Als indessen die Möglichkeit des Linsenachromatismus dui'ch Dollond dargethan worden war, wurden die theoretischen Gründe für das Verfahren von Euler {Dioptrica. Petrop. 1771) entwickelt, was zum Theil auch schon früher in A^n Memoires de V Acad. de Berlin^ 1766 u. 1767, sowie in Nov. Comment. Acad. Petropol. XVIII. geschehen ist. War es nun aber auch gelungen, die chromatische Aberration in den Fernrohren grossentheils zu beseitigen, so war man doch noch weit davon entfernt, dass man das nämliche Verfahren auch für das Mikroskop pass- lich erachtete. Man verzweifelte vielmehr anfangs allgemein daran, dass man so kleine Linsen, wie zu den Objectiven zusammengesetzter Mi- kroskope erforderlich sind, achromatisch machen könnte; man fuhr da- her, nachdem das Fernrohr achromatische Objective bekommen hatte, noch Jahre lang fort, das Mikroskop ganz in der hergebrachten Weise einzurichten. Bios Dellebarre machte hierin eine Ausnahme; allein sein Versuch, den Achromatismus ins Ocular zu verlegen (S. 682), ist als ein gänzlich missglückter anzusehen. Euler indessen hatte nicht vergessen, seine Principien auch auf das Mikroskop zu übertragen. Er veranlasste die Herausgabe der Schrift von Nicol. Fuss (^Instruction de'taülee pour porter les lunettes au plus haut degre de perfection, avec la descrijotion d'un microscope, qui peut passer pour le plus parfait dans son espece. St. Petersbourg 1774), die er mit einer Vorrede versah. Fuss giebt darin, nach Anleitung der Theorie in Euler's Dioptrica^ den Optikern sehr genaue Anweisung, wie sie die Objective von Fernrohren einrichten müssen, um sie möglichst achromatisch zu machen, und zuletzt beschreibt er ein Mikroskop mit achromatischem Ob- jective. Man erkennt es aber, dass diese Beschreibung nicht nach einem fertigen Mikroskope gemacht ist, sondern nur als eine Vorschrift für die Anfertigung eines achromatischen Mikroskops gelten soll. Das von Fuss projectirte Mikroskop sollte eine Objectivlinse von ^7 ^^U Durchmesser und Y2 Zoll Brennweite haben , und diese sollte aus zwei biconvexen Kronglaslinsen und einer dazwischen befindlichen biconvexen Flintglaslinse bestehen. Die Brennweiten und die Krümmungen der einzelnen Linsen sind genau angegeben. Die Oculare sollten aus Flintglas und bicouvex sein. Fuss glaubte, mit diesem Mikroskope müsste man bei einer 400maligen Vergrösserung noch ganz scharfe Bilder haben. Erst 10 Jahre später wurde von Aepinus {Nova acta Acad. Petrop. 1784. n. Hist. p. 41) ein Mikroskop hergestellt, dessen Objectivlinse aus Flintglas und Kronglas bestand. Die Brennweite war nicht geringer als 7 Zoll ; das Mikroskop war 3 Fuss lang und vergrösserte nur 60 bis 70 Mal. Nicht ohne Grund nannte es Adams (1. c. p. 3) ein mikroskopisches j Fernrohr. Wahrscheinlich wird auch Aepinus ein Objectiv genommenj haben, das ursprünglich für ein Fernrohr bestimmt war, so dass sein In- Achromatismus : Beeldsnyder. 691 strument zur Klasse jener gehörte, von denen oben (S. 676) die Rede war und die Martin als polydynamische Mikroskope benannte. Offenbar war die Schwierigkeit , kleine achromatische Linsen herzustellen , der Grund, weshalb Aepinus ein Objectiv mit so grosser Brennweite benuzte. Bei der geringen Vergrösserung, die das Mikroskop allein zu geben im Stande war, müsste daher sein Versuch als ein sehr unvollständig ge- lungener gelten. Wahre achromatische Objective für Mikroskope wurden meines Wissens zuerst in Holland angefertigt, und zwar von Jan und Plerman van Deyl. Ehe ich jedoch von deren gelungenen Versuchen näher spreche, muss ich noch eines andern Landsmannes, Fran^ois Beeldsnyder"'') gedenken, der sich etwa um 179 1 in Amsterdam mit Anfertigung von Mikro- skopen beschäftigte, und wirklich ein Mikroskopobjectiv aus Kronglas und Flintglas zu Stande brachte. Dasselbe besteht aus drei Linsen, nämlich aus zwei biconvexen Kronglaslinsen mit einer biconcaven Flintglaslinse dazwischen. Die eine Kronglaslinse hat 22 Millimeter Brennweite, die andere 19 Millimeter, die drei Linsen zusammen aber haben 21 Millimeter Brennweite. Die Linsen haben 6,5 Millimeter Durchmesser und die ge- sammte Dicke beträgt nicht ganz 4 Millimeter. Sie sind gut geschliffen und offenbar sorgfältig centrirt. Benutzt man diesen Linsensatz für sich allein, so giebt er ein klares und scharfes Bild; als Objectiv für ein Amici'sches Mikroskop schien er mir aber wirklich den Vorzug zu ver- dienen vor einer einfachen biconvexen Linse von gleicher Brennweite, und recht gut einen Vergleich auszuhalten mit einer achromatischen Linse, die etwa um 1824 wahrscheinlich von Tulley gefertigt worden ist und ziemlich die nämliche Brennweite hat, jedoch einen grössern Oeffnungs- winkel besitzt. Ist es nun auch nicht zu verkennen, dass Beeldsnyder's Objectiv den in den letzten Jahren verfertigten achromatischen Linsen bei weitem nicht gleichkommt, da man jetzt in ihrer Zusammensetzung schon so *) Durch einen Zufall bin ich mit den Bestrebungen dieses Landsmannes bekannt geworden. Vor mehreren Jahren sah ich bei Herrn O. W. Roelofs hier eine in einer Auction gekaufte Kiste , worin sich mehrere mikroskopische Instrumente verschiedener Art befanden. Darunter war ein Sonnenmiki-oskop mit Martin'- scher 'Construetion , auf dessen Platte gravirt stand: Fran9ois Beeldsnyder ä Amsterdam 1791; ferner ein zusammengesetztes Mikroskop, hauptsächlich nach Dellebarre eingerichtet, sowie viele einzelne Röhrchen und Linsen, grosse und kleine trockene Präparate u. s. w. , und zwar alles in grosser Unordnung durch einander. Ich versuchte aus diesem Chaos von Glas und Messing wieder etwas herauszubringen, was einem brauchbaren Mikroskope gliche, und dabei fand ich die achromatische im Texte beschriebene Linse. Durch Herrn G. J. Beeldsnyder van Voshol habe ich nun in Erfahrung gebracht, dass sein Onkel Fran9ois Beeldsnyder, Gerards Sohn, 1755 geboren wurde und 1808 gestorben ist. Er war Obrist bei der Amsterdamer Cavallerie Mitglied des dortigen Justizcomite u. s. w. und allgemein bekannt als Liebhaber der Naturkunde und der mechanischen Werkkunde, auf deren praktische Uebung er einen grossen Thcil seiner Zeit verwandte, 44* 692 Charles, van Deyl. vielerlei Erfindungen gemacht hat und dadurch zu einer Sicherheit und Genauigkeit der Ausführung gelangt ist, woran man zuerst trotz der An- weisungen eines E u 1 e r niclit denken konnte , so ist doch aus dem Mit- getheilten deutlich zu entnehmen, dass unter jenen, die sich mit der An- fertigung eines achromatischen mikroskopischen Objectivs beschäftigt haben, Beeldsnyder gewiss obenan zu stellen ist. Einige Jahre später, von 1800 bis 1810, versuchte Charles inParis kleine achromatische Linsen herzustellen. Dieselben werden im physika- lischen Kabinette des Conservatoire des Arts et Metiers aufbewahrt; allein nach Chevalier (Die Mikroskope u. s. w., S. 51) soll ihre Krümmung und Centrirung so unvollkommen sein, dass sie dadurch geradezu un- brauchbar sind. Weit bessern Ei'folg hatte Herman van Deyl, der 1807 das von ihm verfertigte achromatische Mikroskop beschrieb {Natuurkundige ver- handelingen van de Koninglyke maatschappy der wetenschajjen te Haarlem. Amsterd. 1807. III. St. 2). Bald nach der Erfindung der achromatischen Fernrohre hatte dieser ausgezeichnete Mechanikus, zusammen mit seinem Vater Jan van Deyl, achromatische Objective für Fernrohre verfer- tigt. Schon damals gingen sie aber auch darauf aus, ein achromatisches Objectiv für ein Mikroskop herzustellen. Van Deyl sagt: „Wir berech- neten genau die kuglige Form eines solchen achromatischen Mikroskopglases von 3/4 Zoll Brennweite. Ich formte ganz genaue Schälchen für dasselbe, schliff die Gläschen mit der grössten Sorgfalt, fasste sie in Röhrchen aus Brasilienholz , und in dieses wurde ein anderes Röhrchen mit zwei Ocu- laren geschoben, dessen Einrichtung wir auch berechnet hatten. Schon damals wurde uns die Freude zu Theil, dass alles unseren Erwar- tungen entsprach". Sie hatten aber soviel mit achromatischen Fernrohren zu thun, dass sie ganz wieder vom Mikroskope abkamen, und zwar um so eher, weil sie glaubten, in England werde diese Verbesserung bald allgemein eingeführt werden; weshalb sie es auch für überflüssig erachteten, ihre Versuche der Oeffentlichkeit zu übergeben. Nachdem indessen der alte van Deyl, 85 Jahre alt, im Jahre 1801 gestorben war, und der Sohn im 69. Jahre die lange erwartete Verbesserung noch immer nicht eintreten sah, beschloss derselbe, nochmals Hand ans Werk zu legen, und seine Versuche hatten einen unerwartet glücklichen Erfolg. Sein Mikro- skop bekam zwei achromatische Objectivlinsen mit weiter Oeffnung: die eine hatte l^io Zoll (26 Millimeter) Brennweite, die andere ^j^ Zoll (18 Millimeter). Zuerst ging die Vergrösserung mittelst der Oculare und mittelst Ausziehens des Rohrs nicht über 80 Mal; bald fand er aber, dass seine achromatischen Objective weit stärkere Oculare erlaubten, und nun brachte er durch ein zweites besondere? Ocular die Vergrösserung bis zum lÖOfachen, ohne dass es den Bildern an gehöriger Helligkeit und Schärfe gebrach. Soviel berichtete van Deyl selbst im Jahre 1807 von seinem Mi- kroskope (Fig. 284). Ich habe ein von ihm angefertigtes Instrument Fig. 284. Achromatisches Mikroskop van Deyl's. G93 untersucht, das sich im physikalischen Kabinette zu Utrecht befindet, und kann daher Folgendes beifügen: Die äussere Form stimmt ganz mit der Abbildung, welche van Deyl in der ursprünglichen Beschrei- bung gegeben hat. Es sind zwei achro- matische Linsen dabei, deren Brennweiten ich gemessen habe ; sie beträgt bei der einen 18 Millimeter, bei der andern 13 Millimeter, woraus also ersichtlich ist, dass van Deyl seine Linsen späterhin noch verbessert hat. Die schwächer ver- grössernde Linse (Nr. 1) hat einen Oeff- nungswinkel von 14^, die stärker ver- grössernde (Nr. 2) von lö**. Ihre Dicke habe ich nicht messen können, weil die ßöhrchen, in welche sie gefasst sind, eine zu grosse Tiefe haben. Es sind diese achromatischen Objectivlinsen beinahe planconvex gestaltet, jedoch an der ab- geplatteten und nach unten gekehrten Seite etwas concav. Diese Form und Stellung der Linsen ist beachtenswerth; denn da- mals und noch viele Jahre später pflegte man die Objectivlinsen biconvex zu ma- chen, und erst später wurde es allgemein bekannt, dass nur durch planconvexe Lin- sen, deren platte Seite dem Objecte zuge- kehrt ist , die sphärische Aberration aufs Minimum gebracht werden kann. Selbst im Mikroskope von Selligue, von dem Van Deyl's Mikroskop. ^j^.^^^ ^.^^^^, ^.^ ^^^^ ^^j^ ^j^^^ ^^^j^^^ noch die convexen Seiten der Linsen nach unten. Diese Form der van Deyl' sehen Objectivlinsen erhebt es auch beinahe zur Gewissheit, dass sie nicht aus drei, sondern nur aus zwei Linsen zusammengesetzt waren, einer biconvexen Kronglaslinse und einer planconvexen (eigentlich bicon- vexen, aber auf der Aussenfläche sehr wenig gekrümmten) Flintglaslinse, also ganz in der nämlichen Weise, wie es jetzt allgemein gebräuchlich ist. Es gehören ferner zu diesem Mikroskope zwei Oculare, deren jedes nur Ein Glas hat, so dass das nämliche Collectivglas , welches an die Verlängerungsröhre des Mikroskops geschraubt wird, für beide benutzt wird. Alle diese Gläser sind biconvex, aber dergestalt, dass die dem Auge zugekehrte Oberfläche nur eine sehr schwache Krümmung hat, die untere Fläche dagegen stärker gekrümmt ist. Diese Form haben sie offenbar deshalb erhalten, damit die Aberration durch das Ocular mög- lichst herabgesetzt werde. Die mechanische Einrichtung dieses Mikroskops ist sehr einfach. 694 Ackromatisches Mikroskop van Deyl's. und es bedarf die Abbildung desselben keiner weitern Erklärung. Das Mikroskoprohr hat 16 Centimeter Länge, dagegen 28 Centiuieter, wenn das Verlängerungsrohr ganz ausgezogen wird. Sehweite ergab sich: Linse 1 und Ocular 1 2 1 •j •^ 11 11 ■■• ^en wird. Für 25 Centimeter Ohne Ver- Mit Ver- längerungs- rohr. längeruDgs- rohr. . 34 . 61 . 62 . . 111 . 54 . . 106 . 96 . . 170 ar 1 . . 145 Millimeter 3 . . 160 Grösse des Gesichtsfeldes mit Ocular 1 Die Helligkeit und Schärfe der Bilder durch dieses Mikroskop ist in der That sehr gross, und es übertrifft darin bei weitem die früheren nichtachromatischen Instrumente. Mit Objectiv 2 und Ocular 2, also bei einer 96maligen Vergrösserung, erkennt man am N ob ert' sehen Täfelchen die Striche der ersten Gruppe ganz deutlich, was mit einer nichtachromatischen Objectivlinse nur bei einer dreimal stärkeren Ver- grösserung möglich ist. Die Vorzüglichkeit der Linsen van Deyl's wird aber erst recht deutlich, wenn sie zusammen als Objectiv benutzt werden; doch muss ich zugleich hinzufügen, dass van Deyl selbst sie nicht so angewendet zu haben scheint. Die Vergrösserungen mittelst dieses Objectivsystems waren : Ohne Ver- Mit Ver- längerungs- rohr. längerungs röhr. Ocular 1 . . 76 . . . 136 11 2 . . 125 . . . 229 Die Schärfe der Bilder ist jetzt so gross, dass man sehr bequem die Längsstreifchen auf den Flügelschüppchen von Pieris brassicae erkennen kann, die doch zu den schwierigeren Probeobjecten gehören. Am N ob ert' sehen Täfelchen erkennt man die Striche der dritten Gruppe gut, und auch die vierte Gruppe erscheint stark gestrichelt. So verhält sich die Sache schon bei der schwächern Vergrösserung von 76 Mal; noch gi'össere Deutlichkeit zeigt sich aber, wenn das stärkere Ocular ange- wendet und die Röhre ausgezogen wird. Ich verglich damit einen Satz zweier achromatischer Linsen von fast gleichen Brennweiten, welche Amici 1835 geliefert hat, und überzeugte mich, dass die Linsen van Deyl's diesen nichts nachgeben. Auch kann man zu ihnen weit stärkere Oculare nehmen, als van Deyl gebrauchte. Setzte ich ein stärkeres Ocular ein, wodurch eine Vergrösserung von 650 Mal erreicht wurde, so war die Helligkeit noch immer eine sehr grosse. Nur verlieren dieJ Van Deyl, Frauenhofer, Brewster. G95 Ränder der Bilder zu viel von ihrer Schärfe, als dass eine solche Ver- grösserung anzuwenden wäre. Aus allem diesem folgt nicht nur, dass van Deyl für seine Mikro- skope wirklich achromatische Linsen herstellte, sondern es ergiebt sich auch, dass keiner von allen, die bis zum Jahre 1823 das nämliche Ziel verfolgten, ihn darin übertroffen hat; ja sogar das in diesem Jahre ■aurch Chevalier für Selligue verfertigte Mikroskop stand in manchen Beziehungen noch unter dem van Deyl 'sehen. Frauenhofer in München lieferte schon um 1811 Mikroskope mit achromatischen Linsen, nicht erst um 1816, wie von Chevalier (1. c. S. 11) angegeben wird; wenigstens sind sie in einem Preiscourant von 1811 (Gilbert's Annal. Bd. 38, S. 347) mit aufgenommen. Zu jedem Mikroskope gehörten vier solche Linsen mit verschiedener Brennweite: sie waren biconvex, und die am stärksten vergrössernde hatte 2/3 Zoll oder etwa 16 Millim. Brennweite. (S. Döllinger, Nachricht von einem verbesserten Mikroskope, 1829, S. 9.) Zu dem Mikroskope gehörten ferner zwei verschiedene Üculare. Die stärkste Vergrösserung ging nach Jacquin nicht über 120, und nach eben demselben konnte man damit von den Strichelchen auf den Flügelschüppchen einer Kleidermotte keine Spur entdecken, obwohl dieselben mit einer einfachen Linse von 60maliger Vergrössei'ung schon ganz deutlich zu erkennen sind. (S. Moser, Anleitung zum Gebrauche des Mikroskops, S. 26.) Frauen- hofer (Gilbert's Annal. 1823, Bd. 74, S. 350) giebt selbst an, dass er feine Striche auf Glas, die nur ^7x3 Linie von einander entfernt waren, mittelst der stärksten Vergrösserung nur schwer damit unterscheiden konnte. Hieraus ersieht man aber deutlich , dass die achromatischen Mikroskope Frauenhofer's den früheren van Deyl' sehen bei weitem nachstehen mussten; denn in der ersten Gruppe des Nob er t' sehen Probe- täfelchens, welche man durch van Deyl 's Instrument bequem unter- scheidet, sind die Striche nur ^/looo Tjinie von einander entfernt. Ein ganz anderer Weg zum Achromatisraus der Mikroskope wurde 1813 von Brewster (Neiv Instruments^ p. 401) eingeschlagen. Als Ob- jectiv benutzte er eine biconvexe Linse aus Kronglas, die an der nach oben gekehrten Fläche eine weit stärkere Krümmung hatte als an der unteren. Letztere wurde während der Untersuchung in ein stark licht- brechendes Oel gebracht, in Zimmt-, Anis-, Sassafrasöl u. s. w., worin sich auch das Object befand. Es ist aber klar, dass dieses sonst recht gut ersonnene Hülfsmittel nur in wenigen Fällen wirklich in Anwendung kommen kann. Brewster machte auch den Vorschlag, achromatische Kugeln (Fig. 285 a. f. S.) dadurch herzustellen, dass der Raum a zwischen zwei bi- convexen Linsen b imd c mit einer Flüssigkeit erfüllt wurde, die hier die Stelle des Flintglases vertreten sollte. Hinter die eine Linse könnte auch noch ein concaves Metallspiegelchen de kommen, mit einer centra- len Oeffnung für den Durchtritt der Lichtstrahlen, um als Beleuchtungs- 09G Dornet, Tulley, Bernardino Marzoli. apparat bei auffallendem Lichte zu dienen. Dieser Vorschlag scheint in- dessen auch nicht zur Ausführung gekommen zu sein. Noch weniger Erfolg hatte Dornet in Frank- Fig. 285. reich in den Jahren 1821 bis 1823. Seine achro- matischen Linsen hatten einen Durchmesser von 12 Millimeter bei einer Brennweite von 40 bis 50 Millimeter; als Mikroskopobjective konnten sie daher gewiss nur bei sehr geringen Vergrös- serungen Anwendung finden. (Chevalier, die Mikroskope u. s. w. S. 11.) Um die nämliche Zeit (1824) hat auch Tulley in England unter Goring's Anleitung achroma- Achromatische Kugel nach tische Objective von 22 Millim. Brennweite und ei- B r e w s t e V. j^em Oeffuungswinkel von 1 8*^ verfertigt. (Pritchard^ Microscop. Illustr. p. 43.) *) In Italien hatte sich Amici in Modena schon seit 1816 mit der Herstellung achromatischer Linsen beschäftigt; doch scheinen seine ersten Versuche keinen Erfolg gehabt zu haben, weshalb er davon abstand und das später zu beschreibende katadioptrische Mikroskop ausführte. Auch ein anderer italienischer Optiker, Beruandino Marzoli in Brescia, verfertigte um diese Zeit nach Giovanni Santini (^l'eorica degli stromenti ottici. Padova 1827, p. 187) achromatische Objectivlinsen, von denen mir aber nichts weiter bekannt geworden ist. Prüft man nun die bis dahin unternommenen Versuche, das Mikro- skop zu einem achromatischen Instrumente zu machen, so überzeugt man sich alsbald, dasa sie dasjenige, was man glaubte erwarten zu dürfen, nicht zu Tao-e gefördert hatten. Der bedeutendste Gewinn war, dass man die Oeffnung der Objectivlinse grösser machen konnte, wodurch mehr Licht eingelassen wurde; allein das beschränkte sich wieder einzig und allein auf jene Fälle, wo eine nur massige Vergrösserung ausreichte. Für diese ungenügenden Ergebnisse giebt es einen doppelten Grund. Der erste Grund liegt in der Schwierigkeit, welche die Anfertigung achromatischer Linsen von kurzer Brennweite bietet. Unter den bis dahin verfertigten achromatischen Linsen hatte jene von van Deyl die *) Zu einem Dollond'schen Mikroskope aus jener Zeit, welches sich im ütrech- ter Kabinette befindet, gehören zwei achromatische Linsen von 24 Millimeter Brennweite, 13 Millimeter Durchmesser und nicht weniger denn 7 Millimeter Dicke; sie sind biconvex und bestehen aus zwei Kronglaslinsen nebst einer ein- geschobenen concaven Flintglaslinse. Da die Beschreibung der Tulley 'sehen Linsen ziemlich auf sie passt, und da Pritchard wie Quekett bezeugen, Tulley habe zuerst in England solche Linsen angefertigt, so vermuthe ich, dass sie nicht von Dollond selbst kommen, sondern von Tulley, zumal be- kanntUch Dollond in der spätem Zeit keine Mikroskope mehr gearbeitet hat, wenngleich er von Anderen gefertigte Instrumente unter seinem Namen in den Handel brachte. 1 Erstrebuugeu des Aeliroinatismus bis 1824. G97 kürzeste Brennweite, nämlich 13 Millim. für eine etwa 19rnalige Ver. grösserung, während bei den älteren Mikroskopen Objective von 2 bis 3 Millim. Brennweite in Gebrauch waren, die für sich allein schon 80 bis 100 Mal vergrösserten. Wollte man demnach mit achromatischen Objectiv- linsen etwas stärkere Vergrösserungen zu Stande bringen, so mussten diese in die Oculare verlegt werden, wo man aber bald auf eine nicht zu überschreitende Grenze stiess, wenn die Bilder nicht zu viel an Schärfe verlieren sollten. Der zweite Grund war der, dass durch den Acliroma- tismus der Linsen noch keineswegs die sphärische Aberration beseitigt war, deren Wirkung beim Gebrauche starker Oculare nur um so mehr hervortrat. Wären die achromatischen zusammengesetzten Mikroskope auf dieser Stufe stehen geblieben , so hätten sie niemals mit Erfolg mit den einfachen Linsen wetteifern können ; letztere wurden daher auch in allen Fällen, wo es auf eine ganz genaue Untersuchung ankam , von den besten Beobachtern, wie Brown, Treviranus u. s. w. , immer noch vorzugsweise benutzt. So fuhren auch die meisten Optiker fort, dem zusammengesetzten Mikroskope die alte Construction zu geben. Cod- dington (Treatise on the Eye and optical Instruments^ p. 59. Cambr. philos. Transact. IJl. p. 421) benutzte seine am Rande rinnenförmig aus- geschliffenen Linsen, von denen schon oben (S. 622) die Rede war und die noch lange nicht achromatisch wirkten, auch als Objective für das zusammengesetzte Mikroskop; dabei gebrauchte er statt zweier biconvexer Oculare ein Ocular mit zwei Paaren einander gegenüberstehender Lin- sen, von denen die beiden unteren planconvex waren und die flachen Seiten nach oben kehrten, während das obere Paar aus einer biconvexen und einer planconvexen Linse bestand. Durch diese Einrichtung wurde zwar die sphärische Aberration etwas verbessert, die chromatische Aberra- tion dagegen blieb ganz unverändert. Allraälig fing es aber auch hier an zu tagen. Im Jahre 1824 legte 434 Selligue der Pariser Akademie ein Mikroskop vor, welches von Vin- cent und Charles Chevalier nach seinen Angaben und unter seiner Aufsicht verfertigt worden war. (S. Chevalier \. c. S. 52.) Fresnel gab im Namen der ernannten Commission einen Bericht darüber (^Annal. des Sc. nat. 1824, p. 345), wonach dieses Mikroskop wirklich besser war als alle anderen, die man bisher mit achromatischen Objectiven ausgestattet hatte. Indessen war man auch jetzt noch nicht dahin ge- langt, achromatische Linsen mit kurzer Brennweite herzustellen. Bei Selligue's Mikroskop bestand das achromatische Objectiv aus einer biconvexen Kronglaslinse und einer planconvexen Flintglaslinse; die Brennweite war nicht geringer als 37 Millim., der Durchmesser betrug 12 Millim. und die Dicke 4 Millim. Die Hauptverbesserung bestand darin, dass man mehrere dieser Doppellinsen über einander schrauben konnte, wodurch ein doppelter Vortheil erzielt wurde, einmal nämlich eine stärkere Vergrösserung und zweitens eine Beschränkung der sphä- C98 SoUigue's Mikroskop von Vincent und Charles Chevalier. rischen Aben-ation. Die letztere machte sich aber gleichwohl noch in einem ziemlich hohen Grade geltend, da vreder Selligue noch Cheva- lier darauf kamen (obwohl es schon van Deyl ausgeführt hatte), die flache Seite der Linsen nach unten zu bringen. Namentlich wird dieser Mangel bei etwas stärkeren Vergrösserungen sehr bemerkbar. Die Ver- grös.serung wurde auf dreierlei Weise zu Stande gebracht : durchs Aus- ziehen des Rohrs, worin das Ocular enthalten war; durch Vermehrung der über einander geschraubten Objective; durch Einschieben eines biconcaven Glases oberhalb der letzteren. Die stärkste Vergrösserung ging bis 1200; aber schon bei einer öOOmaligen Vergrösserung reichte das Tageslicht zur Beleuchtung nicht mehr aus und es musste eine Argand'sche Lampe benutzt werden, Zur Beleuchtung undurchsichtiger Objecte diente bei diesem Mikroskope ein dreiseitiges Prisma mit con- vexer Oberfläche. Um bei durchfallendem Lichte das überflüssige Licht abzuschliessen , wurde nicht der bis dahin gebräuchliche hohle Kegel genommen, sondern eine drehbare Scheibe mit verschieden grossen Löchern kam unter den Objecttiach; eine Einrichtung, die wir übrigens schon bei einem der einfachen Mikroskope Joh. Musschenbroek's kennen gelernt haben (S. 607). Es unterliegt keinem Zweifel, dass mit der Herstellung dieses Mi- kroskops ein grosser Schritt vorwärts geschehen war. Zum ersten Male wurde bei demselben das Princip in Anwendung gebracht, ein System von mehr denn einer achromatischen Linse zu benutzen, welchem Prin- cipe unsere gegenwärtigen Mikroskope guten Theils ihre grössere Voll- kommenheit verdanken. Auch musste der günstige Erfolg der Bemü- hungen den Muth beleben und die Hoffnung aufrecht erhalten, dass man durch Ausdauer endlich das Ziel erreichen werde. Auch ging Charles Chevalier auf der bereits mit so gutem Er- folge betretenen Bahn mit Eifer fort und noch in dem nämlichen Jahre gelang es ihm, eine achromatische Linse zu Stande zu bringen, die eine Brennweite von 8 Millimeter bei 4 Millimeter Durchmesser und 2 JVIilli- meter Dicke hatte. Auch scheint Chevalier (1. 1. S. 53) der erste ge- wesen zu sein , der zwischen die Kronglas - und Flintglaslinse Canada- balsam brachte, wodurch die Reflexion beim Durchgange der Lichtstrahlen beseitigt wurde und somit auch die Helligkeit zunahm*). Ein mit solchen '') Nach Quekctt soll Lister zuerst im Jahre 18'20 darauf verfallen .sein, Canada- balsam zwischen die Linsen zu bringen. Wie dem auch sei, soviel steht fest, das.s diese Idee schon viel früher bei den Objectiven von Fernrohren verwirklicht worden ist. Rochon that 1774 dar, dass man die Gesammtwirkung der Lin- sen sehr verbessert, wenn man Wasser zwischen dieselben bringt. Statt des Wassers nahm Grateloup 1788 einen Mastixfirniss, und so lieferte Putois nach seiner Anweisung mehrere achromatische Objective. Endlich ersetzte Ro- chon den Mastixfirniss im Jahre 1801 durch einen recht durchsichtigen und flüssigen Terpentin. S. Rochon in den Memoiren rJc l Instilitt. Flnreal, An. IX, p. 12. I Ainici; Clievalier's Mikroskope. 099 Linsen versehenes Mikroskop legte er anfangs 1825 der Societe d^Encou- ragement vor, und der darüber abgestattete Bericht lautete sehr günstig- Mit Unrecht benannte es übrigens Chevalier als Euler'sches Mikro- skop; denn seine optische Einrichtung stimmte durchaus nicht mit je- ner, welche Euler (S. 690) für das achromatische Mikroskop vorge- schlagen hatte. Angestachelt durch den Erfolg von Selligue und Chevalier wandte sichAmici in Modena dem frühern Unternehmen neuerdings zu und diesmal mit dem besten Erfolge. Bereits zwei Jahre darauf (1827) brachte er sein horizontales achromatisches Mikroskop nach Paris. Jede der dazu gehörigen achromatischen Doppellinsen hatte eine Brennweite von 12 Millimetern. Drei davon übereinander geschraubt, und zwar mit der flachen Seite nach unten, bildeten das Objectiv. Die verschieden- artigen Vergrösserungen wurden durch den Wechsel der Oculare zu Stande gebracht, deren planconvexe Linsen ihre ebenen Flächen nach oben richteten. Diese Stellung der Objectiv- und Ocularlinsen hatte zur Folge, dass auch die sphärische Aberration grösstentheils beseitigt wurde, und so war das Mikroskop nicht blos ein achromatisches , sondern auch ein aplanatisches geworden. Ausserdem hatte A m i c i ein rechtwinkliges Glasprisma über dem Objectiv in die Röhre gebracht, damit die vom Ob- jecte kommenden Strahlen unter einem rechten Winkel reflectirt würden (S. 171), und so hatte das Rohr, woran die Oculare geschraubt wur- den, eine horizontale Stellung. Ein solches rechtwinkeliges Glasprisma hatte aber Newton bereits 1772 in seinem Teleskope angebracht, wie Brewster (The Life of Sir Isaac Newton. Lond. 1831, p. 312) meldet. Wir sind jetzt zur letzten Periode in der Geschichte der Entwicke- 435 lung des zusammengesetzten Mikroskops gekommen. Es hat zwar auch während dieser Periode noch erhebliche Verbesserungen erfahren; der Weg dazu war aber gebahnt, und der Wetteifer, der alsbald entstand zwischen einer grossen Anzahl von Mikroskopverfertigern in verschiede- nen Ländern hat sehr viel zu dieser weitern Vervollkommnung beigetra- gen. Es wird deshalb nöthig, jetzt bei den vorzüglicheren Optikern ein- zeln zu verweilen und ihre Instrumente zu beschreiben, um dann den ge- genwärtigen Zustand des zusammengesetzten Mikroskops im Allgemeinen festzustellen und zu untersuchen, ob man hoffen darf, dasselbe sei auch noch einer künftigen Verbesserung fähig. Zuerst ist hier Charles Chevalier in Paris (Palais royal, Galerie de Valois Nr. 163) zu nennen, da er, wie wir gesehen, mit seinem Vater Vincent die ersten achromatischen Objectivsysteme hergestellt hat. Chevalier liefert mehrere Arten von zusammengesetzten Mikroskopen; am vollständigsten ausgestattet ist aber sein Microscope universel (Fig. 286 a. f. S.) *). *) Das Muster dieses Mikroskops ist Amici's horizontalp'^ Mikroskope entnom- 700 Chevuliur's Mikroskope. Das Stativ wird auf ein das Mikroskop einschliessendes Kästchen geschraubt. Die horizontale vierseitige Stange a ist mit dem Stative durch das Charnier z ■"" " verbunden , und an ihr ist die vierseitige, hinten gezahnte Stange gg be- festigt. Der Spiegel m ist aiif der einen Seite con- cav, auf der andern eben; durch einen geränderten Knopf kann der Spiegel an der Stange g auf- und niederbewegt werden. Der durch Schrauben bewegliche Objecttisch/ ist an die vierseitige Hülse d befestigt, die sieh durch Drehung des geränder- ten Knopfes p auf- und niederbewegt. Zur fei- nern Einstellung dient aber die Schraube q. Der Mikroskopkörper w ist in doppelter Rich- tiuig beweglich, nämlich horizontal auf a;' und ver- tical durch das darun- ter befindliche Charnier, In dem äussern Rohre bewegt sich eine zweite Röhre, welche durch die gezahnte Stange und durch das Rad t hinein- und herausgeschoben wird; auf dieser innern Röhre ist aber eine ge- theilte Scala angebracht. Bei r befindet sich die kurze, am Ende ge- schlossene Röhre mit dem rechtwinkeligen Grlasprisma; sie ist mit (ü durch Bajonetverbindung vereinigt. An das Röhrchen b werden die Objectiv- systeme geschraubt. Die platte, geschwärzte Scheibe y hat eine Oeff- nung für das Ocular s; sie soll das Auge vor direct einfallendem Lichte bewahren. In der Stellung, wie das Mikroskop abgebildet ist, sieht man hori- Horizontales Mikroskop von Chevalier. men, und früher verkaufte es Chevalier auch unter dem Namen des Amici'- schon Mikroskops. Späterhin hat er aher mancherlei Veränderungen damit vorgenommen, deren oben Erwähnung geschieht. Chevalier's Mikroskope. 701 zontal diu'ch dasselbe. Das Instrument kann aber auch in die verticale Stellung gebracht werden, indem man den Mikroskopkörper im erwähnten Charnier aufrichtet. Dann muss aber der Theil r weggenommen und durch ein anderes Objectivröhrchen ersetzt werden, welches nicht mit ab- gebildet ist. Der Theil ?' kann ferner auch aufwärts gerichtet werden , wenn man nämlich ohne Gefahr für die Objectivlinsen chemische Verrichtun- gen auf dem Objecttische ausführen will, wovon später die Rede sein wind. Zu diesem Mikroskope gehören drei Linsensysteme, vier Huygens'- sehe Oculare, eine Camera lucida^ ein Reflexionspiegel zur Beleuchtung undurchsiclitiger Objecte und noch mehrere andere zu mikroskopischen Untersuchungen benutzbare Apparate. Im Preiscourant von 1842 steht es mit 1000 Francs. Chevalier liefert auch noch ein kleines Microscope universel, dessen Einrichtung von der vorigen etwas abweicht, hauptsächlich darin, dass der ganze Mikroskopkörper mit Objecttisch und Spiegel nach oben gekehrt werden kann durch eine blosse Axendrehung an der Spitze des Stativs ; überdies lässt es sich auch in ein einfaches Mikroskop umwan- deln. Dieses Mikroskop kostet 350 Francs. Er hat aber auch zusammengesetzte Mikroskope von noch einfache- rer Einrichtung angefertigt, ohne ein Glasprisma für die horizontale Stellung, zu dem Preise von 100 bis 250 Francs, je nach der grössern oder geringern Anzahl dazu verlangter achromatischer Linsen, Doublets u. 8. w. Doch scheint es mir überflüssig, wenn ich dieselben alle gleich ausführlich beschreiben wollte, wie das zuerst genannte Instrument. — Chevalier ist auch der erste gewesen, der auf Mirbel's Verlangen ein Mikroskop mit einem Glasprisma versah, wodurch man unter einem Win- kel von 450 in das Rohr sieht. Fragen wir nun, in wie weit Chevalier seinen frühern wohlver- dienten Ruf auch in der letzten Zeit aufrecht erhalten hat. Ich habe Gelegenheit gehabt, verschiedene Chevalier'sche Mikroskope zii sehen und mit denselben Beobachtungen anzustellen. Die mechanische Ein- richtung derselben verdient alles Lob, und hierin können seine Instru- mente mit jenen aus den besten Werkstätten wetteifern. Anders verhält es sich dagegen mit dem optischen Theile derselben; hierin scheinen mir manche, die erst später die von ihm eingeschlagene Bahn betreten haben, einen Vorsprung vor Chevalier gewonnen zu haben. Mit einem Mikroskope aus dem Jahre 1840, wozu drei Linsen- systeme gehören, deren jedes aus drei achromatischen Doppellinsen zu- sammengesetzt ist, erhielt ich folgende Resultate: ro2 Chi'valiei". Tr^court, Boiiqiiet und Ohcrh;iuser. Objectiv- t ßrenn^eite der äquivalen- •' ten Linsen ). Ucular. Vergrössernng. N 0 b e r t ' sches Probetäfelchen. Nr. 1 2 3 Millimeter. 9,27 4,15 2,06 Nr. 1 19G 2 325 1 420 2 700 1 S82 2 1500 Erste Gruppe deutlich. Zweite Gruppe deutlich. Fünfte Gruppe deutlich. Desgleichen. Siebente Gruppe deutlich. Desgleichen. Hieraus ist ersichtlich, dass Chevalier schon vor vielen Jahren Objectivsysteme mit sehr kurzer Brennweite anfertigte, zugleich aber auch, dass dieselben nicht jenen Grad von Aplanatismus besassen, den andere Mikroskopverfertiger schon damals erreicht hatten. Dass aber auch Chevalier weiterhin noch Fortsehritte gemacht hat, davon habe ich mich durch die Untersuchung eines seiner kleineren Mikroskope aus dem Jahre 1844 überzeugt, vrozu zwei Systeme von 5,72 und 3,18 Milli- meter Brennweite gehören. Mit dem letztern war bei 308maliger Yer- grösserung noch die sechste Gruppe des Nobert'schen Täfelohens zu erkennen. Es stand zu erwarten, dass der günstige Erfolg, welchen beide Chevalier erreichten, bald auch andere dazu verlocken würde, ihre Kräfte zu versuchen. Die ersten Nachfolger in Paris waren Trecourt, Bouque t und G eorg Oberhäuser; ihren vereinigten Bemühungen D-elang es im Jahre 183(J, Mikroskope zu Stande zubringen, welche es wirk- lich den Chevalier 'sehen, deren eines ihnen zum Muster gedient hatte, zuvoi'thaten **). Dabei kommt ihnen das Verdienst zu, eingesehn zu haben, dass, wenn die neuere Mikroskopverbesserung für die Wissen- schaft und deren Jünger wirklich fruchtbringend sein sollte, die mecha- nische Einrichtung möglichst einfach sein müsste, damit der geringere Preis es auch den weniger bemittelten Naturforschern möglich machte, sich ein zu den meisten Beobachtungen brauchbares Instrument anzu- schaffen. Namentlich hat sich der in Anspach geborne Georg Ober- *) Die Brennweiten äquivalenter Linsen sind hier sowohl wie in den weiterhin iu erwähnenden Fällen nach der früher (§. HC) angegebenen Weise bestimmt. *) Einige Jahre später entstand ein Federkrieg über die relative Tüchtigkeit ihrer Mikroskope, durch ein pa.ar Artikel von Saigey im Feuilleton des „National" (Aout 183.0) hervorgerufen, worin Tre'courfs Mikroskop angepriesen wurde. Ch. Chevalier antwortete darauf. Später gab dann Chevalier die Artikel Saigey 's und seine eigenen unter dem Titel heraus: Notes rectificatives pour servir a l'histoire des microscopes. Paris 1835, in welchem Schriftchen manche Einzelnheiten über die erste Verfertigung achromatischer Mikroskope in Paris zu finden sind. Oberhäuser's Mihroskope. 703 häuser (wohnhaft in Paris, Place Dauphine Nr. 21) in dieser Hinsicht grosse, Verdienste erworben. Nachdem er sich von den beiden vorhin genannten Compagnons getrennt hatte, arbeitete er seit einer Reihe von Jahren für sich allein, und es giebt keine zweite Werkstatt, aus der eine gleich grosse Anzahl von Mikroskopen hervorgegangen ist. Ich erhielt von ihm im Fig. 287. 0 a' Grosses Mikroskop von Oberhäuser. (Altes Modell.) Jahre 1848 ein grosses Mikroskop, Nr. 1550, und Professor W. Vrolik empfing am 7. März 1850 das Mi- kroskop Nr. 1786, so dass also in noch nicht ganz anderthalb Jah- ren 236 Mikroskope aus dieser Werkstatt gekommen sind. Bis jetzt sind weit über 3000 Mikroskope aus derselben hervorge- gangen. Seit ein paar Jahren hat sich Ob er häuser mit E. Hartnack vereinigt und die neueren Mikroskope aus dieser Werkstatt tragen beider Namen. Während der Reihe von Jahren, wo sich Oberhäuser mit der Verfertigung von Mi- kroskopen beschäf- tigte, hat er allmälig in ihrer Einrichtung einige Modificationen eintreten lassen. Als Grand Microscope achromatique lie- ferte er bis vor 10 Jah- ren ein Instrument, welches, gerade von vorn angesehen, nach Mo hl in Fig. 287 dargestellt ist. In der 704 Oberhäuser's Mikroskope. allgemeinen Form weicht dasselbe in mehreren Hinsichten von den frühe- ren Mikroskopen ab, namentlich in Betreff des Fasses. Dieser Fuss aa ist eine schwere, mit Blei gefüllte Trommel, niif welche eine kurze aber weite cylinderische Röhre hh geschraubt wird, die vorn eine vierseitige OefiTnung hat. Der grosse runde Object- tisch lässt sich um seine Axe drehen, in- dem die damit ver- bundene Scheibe r sich in einer runden OefFnung oben in der Röhre hh bewegt. In dem Objecttische, gleich mit dessen Rande, befindet sich eine schwarze, matt geschliffene Glas- scheibe, die ganz eben ist; doch können zwei Klemmfedern in dafür bestimmte Oeffnungen kommen, um die Ob- jecte fest zu halten. Auf einer seitlichen Verlängerung dieses Objecttisches ist die runde hohle Säule d aufgeschraubt. Diese liegt der Röhre e ge- nau an, die durch eine starke Spiral- feder in der hohlen Säule (i, welche an das obere , knopffÖrmig geschlossene Ende h der Röhre e stösst,- nach aufwärts ge- drückt wird. An dem Knopfe Ä; ist die feine Schraube i befestigt, deren anderes Ende unter demObjecttische herauskommt, wo sie einen geränderten • Grosses Mikroskop von Oberhäuser. (Altes Modell.) Oberhäuser's Mikroskope. 705 Knopf l mit einer Mutterschraube trägt. Durch Umdrehen dieses Knopfes wird die Schraube und mit dieser die Röhre e sowie das daran befestigte Mikroskoprohr nach unten gezogen; beim Zurückdrehen der Mutter- schraube dagegen werden diese Theile durch die Spiralfeder nach oben bewegt. Den Bewegungen der Mutterschraube ist dadurch eine Grenze gesetzt, dass sie eine kleine Höhle enthält für die auf das Schraubenende geschraubte kleine Scheibe m, um die Auslösung der Schraubenmutter zu verhindern, und um anderntheils, wenn sie auf den Boden der Höhle stösst, das zu tiefe Herabsteigen der Schraube zu hemmen. Dem Drehen der Röhre e in horizontaler Richtung um die Säule d ist dadurch vorge- beugt, dass ein Theil der letztern ausgeschnitten und durch die Schrau- ben gg an die umgebende Röhre befestigt ist; so hat man einen Schieber, der nur eine Bewegung in senkrechter Richtung zulässt. An die Röhre e ist durch den Arm / die seitlich aufgeschnittene und dadurch federnde Röhre n befestigt, in der sich das Mikroskoprohr o auf- und niederschie- ben lässt. Der Beleuchtungsapparat besteht aus folgenden Theilen. Gegenüber dem Rohre b h steht der Spiegel , welcher durch den nach aussen vorra- genden Knopf u nur um seine horizontale Axe drehbar ist; derselbe ist auf der einen Seite eben, auf der andern concav, und er befindet sich in solcher Entfernung von dem Objecttische, dass ein darauf liegendes Ob- ject gerade den Brennpunkt des Spiegels einnimmt. In der OefFnung des Objecttisches steckt eine Röhre p^ in der sich eine zweite Röhre q auf- und niederschieben lässt, welche zur Aufnahme von Diaphragmen bestimmt ist; es ist ein kurzes Röhrchen a', welches unten offen ist und an der sonst geschlossenen oberen Seite eine verschieden weite Oeffnung besitzt. Die Röhre q endigt unten in einen horizontal nach aussen vor- springenden Rand, welcher in die Höhlung des Ringes s aufgenommen wird; dieser aber ruht auf dem Hebel ^, der seine Hypomochlium in u hat, so dass durch ihn die Röhre q und damit die Diaphragmen in der Röhre "p höher und niedriger gestellt werden können. Somit lässt sich das vom Spiegel kommende Lichtbündel hierdurch dünner oder breiter machen. Ohne Zweifel gewährt dieses Gestell grosse Vortheile bei der prak- tischen Benutzung des Mikroskops. Durch den schweren Fuss wird einem möglichen Umwerfen des Instruments vorgebeugt, und die Festig- keit des Ganzen gewinnt dadurch. Das Ocular steht so hoch über dem Tische, dass jemand von mittlerer Grösse sitzend daran arbeiten kann, was doch bei langwährenden Untersuchungen auch in Betracht zu ziehen ist. Ferner ist der grosse Objecttisch für viele Fälle recht zweckmässig. Endlich sind auch die Mittel, um das Mikroskop in die richtige Entfer- nung vom Objecte zu bringen, gut und zweckmässig ausgedacht. Das Nämliche lässt sich nicht vom Beleuchtungsapparate sagen, namentlich vom Spiegel; bei der beschränkten Bewegung passt er nur für centrische Beleuchtung, nicht aber für excentrische. Harting's lilikroskop. 45 700 Oberhäuser's Mikroskope. Oberhäuser hat diese Mängel selbst eingesehen, und im Jahre 1848 brachte er an dem eben beschriebenen Gestelle einige Verände- runo'en an, wodurch ihnen abgeholfen worden ist, ohne jedoch die frühe- ren Vorzüge aufzugeben. Dieses neuere Mikroskop ist Fig. 289 von der Seite in perspectivischer Ansicht dargestellt. Statt der mit Blei gefüllten Trommel hat es einen schweren huf- eisenförmig gestalteten Bogen abc aus Messing, auf dem sich nach hin- Fig. 289. Grosses Mikroskop von Oberhäuser. (Neueres Modell.) ten rechtwinkelig das kurze und schwere, unten breit anfan- gende Stück d erhebt, welches in der Mitte den Ausschnitt ef be- sitzt. In diesem Aus- schnitte bewegt sich ein vierseitiges Stück mit dem Knopfe g. Vorderhalb des Aus- schnitts steht dies vier- seitige Stück mit der Kurbel h in Verbin- dung, die sich vertical herumdrehen lässt, so da SS der daran be- festigte Spiegel i in alle Stellungen kom- men und höher oder tiefer gestellt werden kann. Bei dieser neuen Einrichtung konnte auch der frühere Hebel zum Auf- und Nieder- bewegen der Dia- phragmen wegfallen; denn da der Object- tisch ganz frei ist, lässt sich dies ganz leicht mit der Hand ausführen. Bei A ist im Durchschnitte dargestellt, wie das Diaphragma a in der Röhre p steckt, die ihrerseits in einer runden Oeffnung des vierseitigen Stücks qq gleitet. Dieses hat schief abgeschnittene Ränder, welche in einen weiten schwalbenschwanzförmigen Ausschnitt rr unter dem Objecttische passen. Der Knopf s, welcher mit dem vierseitigen Stücke qq verbunden ist, dient dazu, um es herauszunehmen; mittelst dessel- Oberhäuser's Mikroskope. 707 ben kann man aber auch die Oeffnung des Dihphragma etwas aus der Axe des Instruments bewegen, so dass der Randschatten ins Gesichts- feld trifft, was in manchen Fällen sein Gutes hat. Der Objecttisch ist ebenfalls etwas verändert. Er ist vierseitig und hat etwa 10 Centimeter Durchmesser; statt der schwai'zen Glasplatte kommt eine messingene Scheibe, die gleich dem schwarzen Objecttische selbst matt schwarz gemacht ist, in die grosse kreisförmige Höhle des- selben, so dass dieser nun eine ganz ebene Oberfläche hat mit einer klei- nen runden Oeffnung in der Mitte. Die übrigen Einrichtungen des frühern Mikroskops, nämlich das Umdrehen des Objecttisches zugleich mit dem Mikroskopkörper, die Säule mit der Schraube und Spiralfeder, desgleichen der breite Arm, welcher das Mikroskoprohr trägt, sind unverändert geblieben. Nur besteht das Mikroskoprohr aus zwei Röhren, von denen die obere v in der untern x sich auf- und niederschiebt, um den Abstand zwischen Ocular und Ob- jectiv zu vermehren und zu vermindern. Ist das innere Rohr ausgezo- gen, dann steht das Ocular 36 Centimeter über dem Tische, ist es dage- gen ganz hineingeschoben, nur 30 Centimeter; man kann daher bequem im Sitzen arbeiten. Durch diese Aenderungen ist das Gestell des grossen Oberhäu- ser'sehen Mikroskops wirklich sehr verbessert worden. Wir werden zwar weiterhin noch einige andere kennen lernen , die es ihm in der zier- lichen Form, in der künstlichen Bewegung und in mancherlei Bequem- lichkeiten für den wenig Geübten voraus thun; aber ich kenne keines, dem ich vor ihm den Vorzug geben möchte, wenn es darauf ankommt, nicht blos zwischendurch einmal während einiger Augenblicke durch das Mikroskop zu sehen, sondern täglich einige Stunden damit zu arbeiten. — Der Beleuchtungsapparat ist allerdings kein vollkommener, er reicht aber für die meisten Untersuchungen aus. Uebrigens ist zwischen dem Fusse und dem Objecttische Raum genug vorhanden, um einen vollständigen Beleuchtungsapparat anzubringen , wie ich es bei meinem Instrumente gethan habe, das ich später geeigneten Orts beschreiben werde. Ausser diesem Gestelle für ihr grösstes Mikroskop haben Oberhäu- ser und Hartnack noch sechs andere, und ausserdem noch ein bild- umkehrendes Dissectionsmikroskop , von dem später die Rede sein wird. Diese anderen Mikroskopgestelle sind einfacher und deshalb wohlfeiler, und es ist gerade Oberhäuser's Verdienst, gute Mikroskope zu einem auch vom Unbemittelten zu erschwingenden Preise geliefert zu haben. Viele andere sind dann diesem Beispiele gefolgt. Aber es ist die Pflicht des Geschichtsschreibers, hervorzuheben, dass Oberhäuser es den jün- geren Naturforschern möglich gemacht hat, sich um weniges Geld brauch- bare Instrumente zu wissenschaftlichen Untersuchungen zu verschaffen, und dass er hierdurch zur Ausbreitung mikroskopischer Kenntnisse wirk- sam beigetragen hat. 45* 708 Oberhäuser's Mikroskope. Die kleineren Oberhaus er' sehen Mikroskopgestelle*) haben auch eine weit grössere Verbreitung gefunden, als die grösseren Instrumente. Die, welche Oberhäuser in früheren Jahren lieferte, hatten übrigens einen sehr kleinen Objecttisch, so dass man nur sehr schmale Objectgläs- chen benutzen konnte. Neuerer Zeit ist dieser Unvollkommenheit abge- holfen worden, und ausserdem wurde die Schraube zur feinen Einstellung, die sich früherhin zur Seite des Objecttisches befand, unten angebracht, gleichwie bei den grösseren Mikroskopen. Der trommeiförmige Fuss ist aber geblieben, und folglich ist der nur in Einer Richtung bewegliche Spiegel nicht passend zur excentrischen Beleuchtung. Eine weit grössere Bedeutung, als das Vorhandensein dieses oder jenes Gestelles, haben auch hier, wie bei allen anderen Mikroskopen, die dazu gehörigen Linsensysteme und Oculare. Oberhäuser hat elf ver- schiedene Linsensysteme, die er als Nr. 1, 2, 3, 4, 4 A, 4 B, 5, 6, 7, 8, 9 bezeichnet. Ich füge in der folgenden Tabelle die Brennweiten und die Vergrösserung der äquivalenten Linsen bei, denen jene der Systeme un- gefähr entsprechen: Brennweite. Vergrösserung. Millimeter. Nr. 1 05 5 2 33 9 3 22 13 4 13,02 20 4A 8,5 30 4B 7,7 34 5 G,5 40 G 5,4 49 7 3,22 80 8 2,50 101 9 1,70 148 Natürlicherweise sind diese Brennweiten nicht immer vollkommen gleich für alle Systeme, welche die nämliche Nummer haben. Ich habe *) Es muss aber bemerkt werden, dass diese Form des Mikroskopgestelles zum ersten Male bei dem im Jahre 1739 verfertigten Marti n'schen Taschenmiki-o- skope vorkommt, dass sie seitdem von verschiedenen Optikern für ihre weniger kostbaren Mikroskope benutzt wurde, wenngleich immer mit einigen Modifica- tionen und mehr oder weniger erheblichen Verbesserungen, so nach Martin von Brander, nach diesem von Frauenhofer, weiterhin von Tr^court und Oberhäuser, denen nun gegenwärtig mehrere französische und deutsche Ver-j fertiger von Mikroskopen folgen. Oberhäuser's Mikroskope. 709 aber gefunden, dass bei Mikroskopen, die kurz nach einander geliefert waren, der Unterschied zwischen den gleichnamigen Linsensysteinen wirk- lich nur unbedeutend ist. Auch muss ich noch bemerken, dass die. vor- stehenden Werthe nur für Nr. 4, 7, 8 und 9 durch directe Versuche fest- gestellt worden sind, die übrigen aber aus den von Oberhäuser selbst in seinem Preiscourant angegebenen Vergrösserungen mit dem ersten Oculare berechnet und also nur annähernd richtig sind. Es gehören dazu fünf Oculare, alle mit Hu ygens' scher Einrichtung. Bei einem Mikroskope vom Jahre 1849 verhält sich ihr Vergrösserungs- vermögen in folgender Weise zu einander: Nr. 1. Nr. 2. Nr. 3. Nr. 4. Nr. 5. 1 : 1,04 : 1,30 : 2,55 : 2,93 Der Durchmesser ihres Gesichtsfeldes für 25 Centimeter Sehweite ist: 106 80 130 168 176 Millimeter. Bei der gewöhnlichen Länge, welche Oberhäuser seinem Mikro- skoprohre gie.bt, wächst die Vergrösserung des Objectivsystems durch das erste oder schwächste Ocular etwa 2,5 Mal. Aus den vorstehen- den Daten kann demnach jeder, der ein Mikroskop von Oberhäuser bestellen will, sich vorher ohne viele Mühe ziemlich genau berechnen, wie die verschiedenen Combinationen von Objectivsystemen und Ocularen vergrössern, und welche er mithin zu verlangen hat je nach den be- sonderen Zwecken, wozu er das Mikroskop benutzen will. Die schwächste Vergrösserung erhält man mit Objectiv Nr. 1 und Ocular Nr. 1 = 5. 2,5 = 121/2 Mal; die stärkste mit Objectiv Nr. 9 und Ocular Nr. 5=148.2,5 .2,93 = 1084 Mal. Seine kleineren Mikroskope versieht Oberhäuser gewöhnlich mit den Objectiven Nr. 4 u. 7 , und mit den Ocularen Nr. 2 u. 3 ; die Ver- grösserung wechselt dann von 40 bis zu 240. Ocular Nr. 3 u. 4 verdie- nen aber den Vorzug, da mit dem letztern nicht blos die Vergrösserung wächst, sondern auch, wie sich sogleich zeigen wird, das optische Ver- mögen etwas zunimmt, selbst bei den stärkereu Systemen. Wendet man noch ein paar Gulden mehr an und nimmt auch das Objectivsystem Nr. 8 dazu, so wird man selten in den Fall kommen, eines noch vollständigeren optischen Apparats zu bedürfen. Die folgenden Resultate der Untersuchung des oben beschriebenen, im Jahre 1848 von Oberhäuser empfangenen grossen Mikroskops kön- nen für die Beurtheilung des optischen Vermögens der damals von ihm gelieferten Instrumente maassgebend sein. Es wird aber genügen, wenn ich blos das anführe, was ich mit seinen drei stärksten Linsensystemen gefunden habe. 710 Oberhäuser's Mikroskope. Linsen- Brenn- Oeflfnungs- Vergrösse- Nobert s system. weite. winkel. *). Ocular. rung. Probetäfelchen **). Nr. 7 3,22'°«' 58» Nr. 3 2G8 Siebente Gruppe deutlich. — — — 4 501 Dieselbe noch deutlicher. 8 2,50 CO 3 345 Desgleichen. — — — 4 G4G Sechste Gruppe deutlich. 9 1,70 G3 3 520 Neunte Gruppe eben deutlich. — — — 4 951 Achte Gruppe deutlich. In der folgenden Tabelle habe ich die Grenzen der Sichtbarkeit und der Unterscheidbarkeit bei Benutzung eines Oberhaus er 'sehen Mikro- skops zusammengestellt : i D r a h t n c t z Linsen- system. Ocular. fcß § > Kugelförmige Ubjecte. Fadenförmige Objecte. Drähte. Maseben- räume. Nr. 3 268 0,274™'^™ 0,0343™™™ 0,261™™™ 0,429™"»™ 1 mm 3650 1 mm 29100 1 mm 3840 1 mm 2330 Nr. 7 4 501 0,266"°™«» 0,0308™™™ Q 9 94mmm 0,368™™™ 1 mm -3760 1 mm 32.300 1 mm 4470 1 mm 2720 5 577 0,287™»»°» 0,0290™™™ 0 228™™™ 0,375™™™ 1 mm ■ 3490 1 mm .34.500 1 mm 4400 1 mm 2660 Nr. 3 345 0,233"»°»™ 0,0300™™™ 0,234™™™ 0,385™"»™ 1 mm 4290 1 mm 33300 1 mm 42S0 1 mm 2600 Nr. 8 4 G46 0,249™'»»"» 0,0273™™™ 0,220™™™ 0,363™"»™ 1 mm 1 mm 1 mm 1 mm 4020 37000 4560 2750 5 743 0,268™"»™ 0,0260™™™ 0,232™™™ 0,380™™™ 1 mm 3740 1 mm 3SäOÜ 1 mm 4310 1 mm 2630 Nr. 3 520 0,206"»™"» 0,0231™"»™ 0,201™™™ 0,333™™™ 1 mm 4S.50 1 mm 43300 1 mm 497U 1 mm 3000 Nr. 9 4 951 0,230™™™ 0,0234"»™™ 0,180™"'™ 0 -^Cj^mmm 1 mm 4300 1 mm 42S00 1 mm 5550 1 mm 3340 i 5 1084 0,234™™™ 0,0240™™™ 0,179™™™ 0,295™'"™ 1 mm 42S0- 1 mm 41700 1 mm 5580 1 mm 3390 *) Der Oeffnungswinkel ist nach der Lister'schcn Methode (§. 122) bestimmt worden. — **) Siehe S. G13. Anm. Oberhäuser's Mikroskope. • 711 Diese Zahlen liefern gewiss Beweise für die Tüchtigkeit der Ober- haus er 'sehen Mikroskope. Wenn wir auch bald sehen werden, dass andere einen noch etwas höheren Grad des optischen Vermögens erreicht haben, so darf sich der Besitzer eines Oberhäuser 'sehen Instruments, dem die stärksten Linsensysteme beigegeben sind, doch darauf verlassen, dass er damit ziemlich alle mit den heutigen Mikroskopen ausführbaren Beobachtungen zu wiederholen im Stande sein wird. Ich habe keine Gelegenheit gehabt, grössere Mikroskope mit stär- keren Objectivsystemen zu untersuchen, die aus der veränderten Ober- häuser'sehen Firma hervorgegangen sind. Ein kleines Mikroskop, das ich erst vor ein paar Monaten erhielt, und wozu wie gewöhnlich die Ob- jectivsysteme Nr. 4 und 7 und die Oculare Nr. 2 und 3 gehören, steht im optischen Vermögen ganz auf derselben Stufe mit den gleichen Instru- menten, die zehn Jahre früher geliefert worden waren. Man kann von Oberhäuser und Hartnack Mikroskope zu den verschiedensten Preisen bekommen, von 650 Francs an bis zu 60 Francs; um den ersten Preis bekommt man das neue grosse Mikroskop mit vier Objectivsystemen (Nr. 4, 7, 8 und 9) und fünf Ocularen nebst fernerem Zubehör, um den letztern erhält man das kleinste Mikroskop, das soge- nannte Microscope d^ ho spiee. Recht gut und für die meisten Unter- suchungen ausreichend sind die Mikroskope, welche man für 140 Francs bekommt. Dazu gehören zwei Objectivsysteme (Nr. 4 und 7) und zwei Oculare, und die Vergrösserungen damit gehen etwa bis zu 270. Man kann aber auch eine grössere Anzahl von Objectiven und Ocu- laren verlangen. Jedes Ocular kostet 10 Francs. Der Preis der Objec- tivsysteme ist: Nr. 1 12 Francs » 2, 3, 4, jedes 20 >> » 4 A, 4 B, 5, 6 und 7, jedes . . 35 » »8 40 »9 60 Werden noch einzelne Einrichtungen dazu genommen, etwa eine Camera lucida, ein Glasniikrometer, ein Compressorium u. s. w., dann wird natürlich der Preis im Verhältniss ein höherer. Zu den Verfertigern optischer Instrumente in Paris gehört auch N. P. Lereboiirs {Place du pont neiif). Ich bin aber zu wenig mit seinen Instrumenten bekannt, um mir hier ein bestimmtes Urtheil darüber zu erlauben. Nach seinem Preiscourant kosten die grösseren Mikroskope, je nachdem sie mehr oder weniger vollständig sind, 160 bis 400 Francs. Seit 1838 liefert er auch kleine achromatische Mi- kroskope (Fig. 290 a. f. S.), deren Objectiv eine eigenthümliche bei A dargestellte Zusammensetzung hat. Es besteht nämlich aus zwei Hohl- kegeln, deren einer in den andern passt. Beide haben am untern Ende einen Schrauben gang, um die Röhrchen mit den achromatischen Doppel- 712 Lerebours' Mikroskope. linsen aufzuschrauben. Es sind nur drei solche Linsen, damit lassen sich aber vier verschiedene Objective herstellen auf die unter a, 6, c und d p. „Qrt ansreeebene Weise. Mit zwei Flg. 290. *= ° Ocularen hat man also acht verschiedene Vergrösserun- gen, die bei einem von mir untersuchten Mikroskope dieser Art von 41 bis zu 406 gingen. Ist dieser Versuch einer Vereinfachung auch an sich lobenswerth, so können doch auf dem von Lerebours Kleines Mikroskop von Lerebours. eingeschlagenen Wege unmöglich so günstige Resultate erlangt v?erden als mit Linsensystemen, deren einzelne Linsen in solchen bestimmten Abständen mit einander vereinigt sind, wobei die Aberrationen laut vorausgegangenen Versuchen am besten verbessert werden. Auch habe ich mit einem solchen Mikroskope nur die fünfte Gruppe des Nobert'- sehen Probetäfelchens deutlich sehen können, während mit mehreren der kleinen Mikroskope Oberhäuser's, ungeachtet der schwächern Ver- grösserung, stets die sechste und mit einigen selbst die siebente Gruppe deutlich wurde. Der Preis dieses Lerebours 'sehen Mikroskops beträgt übrigens nur 65 bis 90 Francs, je nachdem ein Ocular oder zwei Oculare und ausserdem eine Beleuchtungslinse für auffallendes Licht beigegeben sind. Ferner liefert Brunn er in Paris {Rue des Bernardins^ Nr. 34) zu- sammengesetzte Mikroskope, die in der Einrichtung und im Preise ver- schieden sind. Seine grösseren Instrumente haben in der mechanischen Einrichtung manches mit den Oberhäuser'schen gemein. Dertromrael- förmige Fuss und die kurze, weite, darauf ruhende Röhre, welche den Brunner's Mikroskope. 713 Spiegel enthält, haben ziemlich die gleiche Form; statt der röhrenförmi- gen Diaphragmen Oberhaus er' s findet sich aber bei IJ runner eine drehbare Scheibe mit sechs Oeff'nungen. Der Objecttisch ist auch kreis- rund und lässt sich um seine Axe drehen; diese Drehung findet aber für sich allein statt, ohne dass das Mikroskoprohr daran Theil nimmt. Diese Einrichtung ist für die Winkelmessung von Krystallen bestimmt: der Rand des Objecttisches ist in Grade getheilt, und mit einem seitlich an- gebrachten Nonius sind auch noch die Minuten ablesbar. Sodann lässt sich der Objecttisch durch zwei Schrauben bewegen, deren eine zugleich als Mikrometer dient. Die gröbere Einstellung wird nicht, wie bei Oberhäuser, durchs Auf- und Niederschieben des Mikroskoprohrs mit der Hand ausgeführt, sondern durch einen Trieb, und die feine Einstel- lung wird durch das Umdrehen einer Schraube bewirkt. Das Mikroskop- rohr lässt sich verlängern und verkürzen, wie bei den späteren Ober- häuser'schen Mikroskopen. Die mechanische Einrichtung eines im Jahre 1845 verfertigten Instruments, das ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, verdient alles Lob; alles ist gut und sorgfältig gearbeitet. Es gehören dazu fünf Linsensysteme und drei Huygens'sche Oculare. Dazu kommen noch mehrere Hülfsapparate , unter andern auch ein gebogenes Ocular mit einem davor befindlichen Prisma, um unter einem Winkel von 45« zu beobachten. Das Ganze kostet nur 600 Francs, ein bei der grossen Zusammensetzung gewiss nur massiger Preis. Die Brennweiten sind: . 27,30™» . 12,26 2,13 1,93 1,48 Mitdem Nobert'schen Probetäfelchen erhielt ich folgende Resultate : Objectiv Nr. 1 11 11 2 11 n 3 11 11 4 11 11 5 Linsen- system. Ocular. Vergrösserung. Nobert'sches Probetäfelchen. iNr. 1 302 Sechste Gruppe deutlich. Nr. 3 i 2 377 Desgleichen. 1 3 578 Desgleichen. /Nr. 1 419 Desgleichen. Nr. 4 2 524 Siebente Gruppe deutlich. { 3 804 Desgleichen. iNr. 1 785 Achte Gruppe deuthch. Nr. 5 1 2 980 Desgleichen. \ 3 1508 Siebente Gruppe deutlich. 714 Nachet's Mikroskope. Man ersieht hieraus, dass dieses Mikroskop, ungeachtet der ungemein kurzen Brennweite des stärksten Objectivs, im optischen Vermögen den- noch dem vorhin (S. 710) beschriebenen Oberhäuser'schen Instrumente nachsteht. Freilich ist das letztere einige Jahre später gearbeitet, und es ist recht wohl möglich, dass Brunner inzwischen auch gleiche Fort- schritte gemacht hat. Brunner verfertigt auch sehr kleine achromatische Mikroskope, die man namentlich bequem soll bei sich tragen können. Dazu gehören zwei Objectivsysteme und eine einzelne achromatische Linse; die Ver- •grösserungen gehen bis 800 Mal im Durchmesser. Die mechanische Einrichtung derselben kenne ich nicht. Das ganze Kästchen mit dem Mikroskope ist aber nur 4 Pariser Zoll lang, 2 Zoll breit und 1 Zoll hoch, und ausser den nothwendigen Stücken hat man darin auch noch Glastäfelchen, eine Scheere, ein Messerchen und eine Nadel. {Edinh. monthly Journ. of med. Sc. 1846. Dec. p. 418.) In den letzten Jahren hat sich in Paris besonders Nach et. (Nachet et fils., Rue Serpente Nr. 16) durch Verfertigung vorzüglicher Mikro- skope vortheilhaft bekannt gemacht. Zuerst wurden seine stärkeren Objective im Jahre 1845 von Lebert rühmlich erwähnt. Seit 1849 habe ich Gelegenheit gehabt, viele der von Nach et bis in die letzte Zeit gelieferten Instrumente zu untersuchen, wobei ich mich davon überzeugt habe, dass er sich die Verbesserung seiner Instrumente fortwährend hat angelegen sein lassen, in der mechanischen sowohl als in der optischen Einrichtung. Ich muss hinzufügen, dass namentlich sein Besuch der Londoner Weltausstellung, wo er die vorzüglichen Mikroskope von Ross, von Powell und von Smith kennen lernte, für ihn fruchtbar gewesen ist. Früherhin hat er sich vorzüglich die Instrumente von Oberhäuser als Muster genommen; in der letztern Zeit aber die genannten englischen Optiker, jedoch nicht als sklavischer Nachahmer, sondern immer mit einigen Veränderungen in der mechanischen Einrichtung, die sich in der Regel als eben so viele Verbesserungen erweisen. Nach et verfertigt neun verschiedene Objectivsysteme, die stärkeren, wenn es verlaugt wird, auch mit einer Verbesserungseinrichtung für den Gebrauch verschieden dicker Deckplättchen versehen, ganz nach der später zu beschreibenden Methode von Ross. Folgendes sind die Brennweiten*) und die Preise dieser Objective: *) Es gilt hier das Nämliche, was schon vorhin (S. 709) von den Oberhäuser'- schen Objectiven bemerkt wurde. Es kommen kleine Verschiedenheiten in den Brennweiten der gleichnamigen Systeme vor; sie betragen aber niemals mehr als Bruchtheilc des MiUimeters, was nur bei den stärkeren Systemen einen sehr bemerkbaren Einfluss übt. Nachel's Mikroskope. 715 1 Oline Mit Objectiv. Brennweite. Verbesserungs- Verbesserungs- 1 eiiirichtung. einrichtung. Nummei-. Millimeter. Francs. Francs. 0 •27,2 ': lä — 1 12 20 — 2 G ! 20 — 3 4,8 I 20 50 4 3,2 25 CO 5 2,5 ' 30 1 75 6 2,0 40 95 7 l,ß GO 125 8 1,3 80 180 Liefert er diese Objective zu einem Mikroskope, das er nicht selbst gefertigt hat, dann ist der Preis 20 bis 25 Proc. höher. Nächst hat mehrere Arten von Mikroskopgestellen. Für seine grossen Mikroskope hatte er zuerst das Oberhaus er 'sehe mit dem trommeiförmigen Fasse zum Muster genommen. Da sich aber bei dieser Fig. 291. Einrichtung der Spiegel nur um eine hori- zontale Axe drehen kann, mithin nur centri- sche Beleuchtung möglich ist, so hat er die- sem Mangel auf verständige Weise dadurch abgeholfen, dass er ein Prisma zwischen den Spiegel und das Object bringt, und so das Licht unter einem Winkel von SO" auffällt. Die nähere Beschreibung wird in dem Abschnitte von den Beleuchtungsapparaten kommen. Na eh et macht gegenwärtig wohl auch noch solche Mikroskopgestelle; seine grössten und besten Mikroskope haben aber jetzt die Einrichtung, welche in Fig. 291 dargestellt ist, dass närnlich, wie bei den englischen Mi- kroskopen, der ganze optische Apparat au einer horizontalen Axe zwischen zwei Säulen hängt, und aus der verticalen bis zur hori- zontalen Stellung übergeführt werden kann. Hat dieses Mikroskop alle Objectivsysteme mit der Verbesserungseinrichtung, die drei Ocu- Grosses Mikroskop von Na che t. lare, einen drehbaren Objecttisch, einen voll- 7 IG Nachet's Mikroökope. ständigen Beleuchtungsapparat, ein Ocularmikrometer , Goniometer, einen Polarisationsapparat, ein Compressorium, ein Beleuchtungsprisma, eine grosse Linse zur Beleuchtung bei auffallendem Lichte, dazu noch Schee- ren, Pincetten, jMesserchen, Nadeln u. s. w. , so kostet es 1150 Francs. Enthält es dagegen nur sechs Objective (Nr. 0, 1, 2, 3, 5 und 7) ohne die Verbesserungseinrichtung, wobei zugleich einige Nebendinge wegge- lassen werden, die nicht zu allen Untersuchungen erfordert werden, dann beträgt der Preis nur 635 Francs. Sehr empfehlenswerth sind seine kleineren Mikroskopgestelle (Fig. 292), die ebenfalls in verschiedene Richtungen sich bringen lassen. Ein solches Mikroskop kostet 190 Francs, wenn es drei Objective (Nr. 1, 3 und 5) und drei Oculare enthält , und natürlich darunter oder darüber, wenn man nur zwei oder aber mehr als drei Objective verlangt. Noch einfachere, aber sonst ganz zweckmässig eingerichtete Mikro- skope liefert Nachet um noch geringeren Preis. Ein Mikroskop z. B. mit zwei Objectiven (Nr 1 u. 3) und zwei Ocularen, das zu den meisten Untersuchungen ganz gut ausreicht, kostet nur 110 Francs. Endlich erwähne ich noch ein Taschen mikroskop, das besonders auf Reisen sehr brauchbar ist, da es in ein vergoldetes Messingkästchen von 9 Centimeter Länge und 5 Centimeter Breite eingepackt werden kann. Das kleine Instrument, in Fig. 293 dargestellt, ist ein niedliches Minia- turmikroskop, womit man gleichwohl die meisten Untersuchungen eben so gut ausfuhren kann, wie '^' " mit einem Instrumente von gewöhnlicher Grösse. Das Rohr hat nur 7 Centimeter Länge, wenn die innere ^öhre eingeschoben ist, und 10 Centimeter bei aus- gezogener Röhre ; sein Durchmesser beträgt nur 14 Millimeter. Wird der Deckel, an dessen Innen- fläche die Objective unter- gebracht werden, abgeho- ben, dann theilt sich der vordere Theil des Käst- chens in zwei Hälften, wo- durch zwei OeEFnungen frei werden . eine vordere für das Hohlspiegeluhen von nur 14 Millimeter Durchmesser, das aber wegen seiner kurzen Brennweite eine ganz aus- reichende Beleuchtung gewährt, und eine obere , wodurch das Licht zum Objecttische geleitet wird. Letzterer ist eigentlich nichts anderes als Fig. 292. Nachet's Taschenraikroskop. Kleines Mikroskop von Nachet. Nachet's Mikroskope. 717 der vorderste Theil des Kästchens selbst. Zur feinen Einstellung dient eine Mikrometerschraube, die in gleicher Weise hinten am Stative ange- bracht ist, wie bei seinen grösseren Mikroskopen. Nachet giebt zu die- sem Mikroskope ein Ocular und die drei Objective Nr. 1, 3 und 6. lieber dem Objective befindet sich noch eine sehr schwache achromatische Linse, und das oberste Glas des Oculars ist ebenfalls eine achromatische Doppel- linse. Diese Modificationen der optischen Einrichtung machten sich wegen der starken Verkürzung des Mikroskoprohrs nöthig. Ungeachtet des ge- ringen Durchmessers der beiden Gläser des Oculars fällt doch der Durch- messer des Gesichtsfeldes nicht geringer aus, als man ihn gewöhnlich bei schwachen Ocularen grösserer Mikroskope zu haben pflegt. Für eine Sehweite von 25 Centimeter beträgt er 11 Centimeter. — Dieses Taschen- mikroskop verkauft Nachet um 160 Francs. Nachet verfertigt auch noch mancherlei andere Mikroskope, näm- lich bildumkehrende, umgekehrte oder chemische, binoculäre und triocu- läre, von denen allen an der geeigneten Stelle die Rede sein wird. Die mechanische Einrichtung der Nach et' sehen Mikroskope ver- dient alles Lob. Im optischen Vermögen werden sie von keinem der älteren Mikroskope des Continents übertreffen. Sehr viel Sorgfalt ist auf die Anfertigung der Objectivsysterae verwendet, so dass auch die zu den kleineren Mikroskopen gehörigen jenen für die grösseren Instrumente in Nichts nachstehen. In der letzten Zeit ist Nachet mit Erfolg bemüht gewesen, den Oeffnungswinkel seiner Systeme zu vergrössern. Bei einem Systeme Nr. 7 mit einer Verbesserungseinrichtung fand ich bei stärkster Annähe- rung der untersten Linse die Brennweite = 1,47 Millim. und den Oeff- nungswinkel = 148^. Eine nähere Prüfung ergab aber, dass nur 120*^ als wirklich nutzbare Oefi'nung angesehen werden konnten. Deshalb hat auch Nachet späterhin den Oeffnungswinkel seiner stärksten Objective wiederum etwas kleiner gemacht: ein später empfangenes System Nr. 7 mit 1,49 Millim. Brennweite hat nur 133'' Oeffnungswinkel. Vor Kurzem erhielt ich von Nachet ein Objectivsystem Nr. 8, das ein wahres Meisterstück ist. Bei stärkster Annäherung der untersten Linse (wenn die dicksten Deckplättchen zur Anwendung kommen) beträgt seine Brennweite nur 1,07 Millim. und sein Oeffnungswinkel hat 140''; bei grösster Entfernung der untersten Linse (wenn das Object gar nicht bedeckt ist) steigt die Brennweite auf 1,37 Millim. und der Oeffnungs- winkel fällt auf 102 <>. Bei der erstem Stellung vergrössert dieses Sy- stem mit dem schwächsten Oculare 850 Mal. Mit vollkommener Klar- heit bringt dieses Objectivsj^stem die beiderlei Strichelchen oder Tüpfel- chen an Pleurosigma angulatum zur Ansicht, wenn das Präparat in Canada- balsam liegt, wo diese Strichelchen unendlich schwerer erkannt werden, als am trocken untergelegten Präparate; denn in diesem Falle kann man sie bereits mittelst eines weit schwächeren Systems erkennen. An den älteren Nobert'schen Probetäfelchen (s. S. 613 Anm.) wird die neunte 718 Amici's Mikroskope. Gruppe ohne Mühe unterschieden, weit schwieriger dagegen und nur bei schief einfallendem Lichte treten damit die Strichelchen der zehnten Gruppe hervor. An einem neueren N ob ert' sehen Probetäfelchen mit dreipsig Gruppen gelang es mir nur schwierig, indem ich alle mögliche Vorsicht anwendete, nämlich die Verbesserungseinrichtung und sehr schief einfallendes Licht benutzte, die 22. Gruppe aufzulösen. Für die Fälle, wo ganz schief einfallendes Licht erfordert wird, hat Nach et bei seinen grösseren Mikroskopen noch einen besondern Hülfs- objecttisch, der unter dem eigentlichen Objecttische mit zwei Klammern befestigt wird, um das Objecttäfelchen fest zu halten. Das Mikroskop- rohr wird dann durch die OefFnung des Objecttisches hingeschoben, bis das Objectiv nahe genug über dem Objecte ist. Nach mündlicher Mittheilung verkauft Nachet jährlich etwa 200 Mikroskope. Ueber die übrigen französischen Mikroskope weiss ich nur wenig. Soleil verfertigte Taschenmikroskope für nicht mehr als 35 Francs, die nach Donne (Comptes rendus 1841. XII, p. 388) bis zu 300 mal ver- grössern, und die, obwohl sie keinen Spiegel haben, für alle Unter- suchungen eben so ausreichend sein sollen, wie andere gute Mikroskope. Das dürfte aber wohl eine Uebertreibung sein. In Italien ist es besonders G. B. Amici, früher in Modena, jetzt Professor und Director des Observatoriums in Florenz, der seinen alten wohlverdienten Ruhm würdig behauptet. Von der optischen Wirkung eines seiner Instrumente vom Jahre 1835 habe ich schon oben (S. 297 u. flg.) ausführliche Nachricht gegeben. Ich will hier nur noch bemerken, dass in diesem Mikroskope, gleichwie in den früheren seit 1827 von Amici gelieferten, über dem Objective ein rechtwinkeliges gläsernes Prisma unbeweglich steht und das Mikroskoprohr deshalb eine horizontale Lage hat, dass ferner der Objecttisch durch zwei Schrauben bewegt wird, deren Knöpfe eine Eintheilung haben, um zugleich als Schraubenmikrometer zu dienen, dass der Objecttisch sich durch einen Trieb an dem Stative auf- und abbewegt, dass endlich durch sehr starke dazu gehörige Oculare die Vergrösserung bis zu 7000 Mal gesteigert werden kann, wenn gleich nach den obigen Mittheilungen die äusserste Grenze des optischen Vermögens bereits bei einer viel schwächern Ver- grösserung erreicht wird. Dieses Mikroskop kostete mit dem Zubehör nicht weniger als 1500 Francs. Später hat Amici das Gestell seiner Mikroskope nicht blos sehr vereinfacht, sondern auch verbessert, indem er das Prisma nicht mehr als ständigen Bestandtheil in das Rohr aufnahm, und indem er dem Triebe auch noch eine feine Schraube zur feinen Einstellung zufügte. In der , Anfertigung achromatischer Linsensysteme hat er aber solche Fortschritt©! gemacht, dass eins seiner Instrumente, welches ich 1849 erhielt und zwarj zu 500 Francs, unter allen von mir bis dahin untersuchten Mikroskopei Fiff. 294. Auiici's Mikroskope. 719 in optischer Beziehung sich als das vollkommenste bewährte. In der mechanischen Einrichtung steht es allerdings manchen anderen nach- In Fig 294 ist dieses Mikroskop abgebildet. Ein Dreifuss mit drei aus einander zu legenden Füssen aaa trägt eine vierseitige Stange bc^ auf welche oben ein platter vierseitiger Arm d geschraubt ist, mit dem Ringe e am Ende. In diesen Ring passt ein zweiter, der durch eine Bajonet- verbindung damit verei- nigt werden kann, sich aber in dem ersten Ringe umdrehen lässt. Der obere weitere Theil dieses zweiten Ringes hat eine Mutterschraube zum Einschrauben des Mikroskoprohres/; der engere Theil nach unten aber geht in eine männliche Schraiibe aus, auf welche die Röhrchen mit den Objec- tivlinsen passen. Der fast viereckige Objecttisch h hat eine runde OefF- nung und zwei Klemrafedern u und u, die sich höher und niedriger stellen lassen ; er ist mit der Hülse m verbun- den, die an der Stange durch einen Trieb k auf- und niederbewegt wer- den kann. Zur feinen Einstellung dient eine Schraube mit einem Knopfe l, wodurch das mit der vierseitigen Hülse verbundene Stück i langsam gehoben und herabgezogen werden kann. Das Mikroskoprohr hat zwei Hälften / und ??, die sich auf einan- der schrauben lassen, die man aber auch einzeln benutzen kann, wenn man die Höhe des Oculars über dem Tische verkürzen will. Diese Höhe beträgt bei voller Länge des Rohrs 37 Centimeter, dagegen nur 29 Cen- timeter, wenn es auf die Hälfte ver- kürzt ist. Auf Verlangen wird ein rechtwinkeliges in eine dreiseitige Röhre eingeschlossenes gläsernes Prismadazu gegeben, welches auf die bei A angegebene Weise zwischen die beiden Röhren / und n einge- Mikr-oskop von Amici. 720 Amiers Mikroskope. schraubt wird. Der Beleuchtungsapparat besteht aus einem ebenen Spie- gel, dessen Bügel an einem Querarme oder an einer Kurbel o sitzt, zur excentrischen Beleuchtung; ferner aus einer mit der geraden Fläche auf- wärts sehenden planconvexen Linse p, die an der runden Stange r höher und niedriger gestellt und auch ausserhalb der Axe gebracht werden kann, und auf der eine geschwärzte, in der Mitte mit einer Oeffnung versehene Scheibe q liegt, die sich an einem zur Seite befindlichen Stifte herumdreht und als Diaphragma dient. Unter den Objecttisch kann eine Trommel s geschraubt werden mit der Röhre t, die sicli durch Schrauben höher und niedriger stellen lässt; sie wirkt somit als Diaphragma, indem sie das auf das Object treffende Lichtbündel breiter oder schmäler einwirken lässt. Man kann aber auch eine achromatische Linse auf diese Röhre schrauben, und wenn alsdann die eben erwähnte planconvexe Linse zur Seite gedreht wird, so hat man einen achromatischen Beleuchtungs- apparat. Man ersieht aus dieser Beschreibung, dass dieses Gestell so ein- fach eingerichtet ist, als es die Benutzung starker Objective, die eine feine Einstellung verlangen , nur irgend zulässt. Alles ist weggelassen, was mehr oder weniger als überflüssig erachtet werden kann, und zu den meisten Untersuchungen ist es auch ganz geeignet. Nur wird man in manchen Fällen einen grössern Objecttisch wünschenswerth finden, so wie eine grössere Festigkeit des ganzen Instruments; auch würde das drehbare Diaphragma besser gerade unter dem Objecttische ange- bracht sein. Es gehören zu diesem Mikroskope nicht weniger denn 21 achroma- tische Doppellinsen, die zu 13 verschiedenen Combinationen oder Syste- men zusammengestellt werden können. Manche davon haben ziemlich gleiche Brennweiten und geben also auch ziemlich die nämlichen Ver- grösserungen; sie sollen aber mit Deckplättchen von verschiedener Dicke (von 1/5 bis IV2 Millimeter) gebraucht werden (§. 160). Das ist eine gewichtige Verbesserung, deren Nothwendigkeit Amici schon seit 1829 begriffen hat und die er auch zu erreichen strebte. So geben z. B. vier von jenen Combinationen mit dem schwächsten Oculare Ver- grösserungen von 664, 672, 644 und 650, was freilich nur geringe Unterschiede sind; aber es soll bei diesen vier Combinationen gar kein Deckgläschen, oder aber ein solches von 1/5 , 1/4 'ind 1/3 Millimeter Dicke benutzt werden. Die Brennweiten dieser verschiedenen Objectivsysteme wechseln von 36,68 Miliim. bis zu 2, .57 Millim.*). Zu den meisten gehören drei *) Amici hatte übrigens schon damals stärkere Objectivsysteme verfertigt. Mo hl (Mikrographie , S. IC), dessen Methode zur Bestimmung der Brennweite ich übrigens für nicht so genau erachte als die meinige, weil sie nicht so direct ist, giebt an, das stärkste Objectivsystem seines Amici 'sehen Mikroskops habe 0,8G"', d. b. also 1,9 Millimeter Brennweite. In der Beschreibung dieses Mi- Amici's Mikroskope. 721 Doppellinsen, zu einigen, bei denen Deckgläschen benutzt werden, aber auch vier, wo dann die oberste eine Correctivlinse mit ziemlich grosser Brennweite ist, weshalb sie die eigentliche Vergrösserung nur wenig raodificirt. Es gehören drei Oculare dazu, die auch eine besondere Einrichtung haben. Sie bestehen nämlich aus zwei in einander verschiebbaren Röh- ren X und ?/, deren jede eine planconvexe Linse enthält, und die innere Röhre hat ein Diaphragma z. Ist das innere Rohr eingeschoben, dann hat man ein Ramsden'sches Ocular; durchs Ausziehen kann man es aber in eiu Huy gens'sches verwandeln. Diese Einrichtung hat den Zweck, auch die letzten Spuren von Aberration möglichst zu beseitigen, worüber früher (§, 159) das Nöthige angegeben worden ist. Bei ganzer Rohrlänge beträgt die Vergrösserung dieser Rams den 'sehen Oculare das 6,9fache, das 10,7fache und das 14,9fache des Objectiv- systems allein. Ihr Gesichtsfeld für 25 Centimeter Sehweite ist 217, 210 und 240 Millimeter breit; das Gesichtsfeld ist somit merklich grösser, als ich es (mit Ausnahme des Kellner'schen) bei irgend einem der von mir untersuchten Mikroskope kennen gelernt habe, hat aber die nachtheilige Eigenschaft einer sehr starken Biegung, da die Vergrösse- rung in der Mitte des Feldes zu jener am Rande bei Nr. 1 = 1: 1,075, bei Nr. 2 = 1: 1,136, bei Nr. 3=1: 1,187 sich verhält. Macht man die Entfernung zwischen den beiden Augengläsern grösser, so lässt sich zwar ein ganz ebenes Gesichtsfeld herstellen, aber natürlich auf Kosten der Vergrösserung und der Ausbreitung des Gesichtsfeldes. Es würde etwas ganz Ueberflüssiges sein, wollte ich hier einen vollständigen Bericht davon geben, welche Resultate bei der Unter- suchung des optischen Vermögens aller Combinationen erhalten wurden; ich beschränke mich daher auf die folgenden: Objeetiv- system. Brenn- weite. Oeffnuugs- winkel. Ocular. Vergrösse- rung. Nobert's Probetäfelchen. Nr. 1 b. 20, 15mm 20" Nr. 1 96 Zweite Gruppe deutlich. 2 7,45 07" 1 217 Siebeute „ ,, 4 8,G^ 73" 2 310 Achte „ „ C 4,00 70" 1 423 Desgleichen. 11 2,G7 94"*) 1 G50 Neunte Gruppe deutlich. kroskops in den Anualeu der Chemie und Physik 1844. XII, S. 117 liest man, das stärkste System habe eine Brennweite von V'z Millimeter. Damit ist ohne Zweifel die Entfernung der untersten Linse des Systems von dem Objecte gemeint und nicht die Brennweite der äquivalenten Linse. *) Schon damals hatte übrigens Amici Linsensysteme mit grösserem Oeffuungs- winkel gefertigt. Bei seinem Aufenthalte in England im Jahre 1844 zeigte er Harting's Mikroskop. ^q 722 Amici's Mikroskope. Die neunte Gruppe ist bei passender Beleuchtung so deutlich, dass man jeden Strich ganz scharf gesondert sieht, ja selbst in der zehnten Gruppe lassen sich noch einzelne Striche unterscheiden *). Die Grössen der kleinsten dioptrischen Bildchen, die man mit den nämlichen Linsensystemen bekommt, erhellen aus der folgenden Tabelle: Kugelförmige Objecte. Fadenförmige Objecte. Drähte Drahtnetz Maschen- (Nr. 1 Nf.-l Nr. 2 Nr. 6 Nr. 11 0,662»^™™ 1 mm 1510 Q^5(J4mmm 1 mm 1770 0,.533"'"'"> 0,0771™™-» 0,500™™™ 1 mm 1 mm 1-2900 I 2000 0,0600™™™ 0,370™™™ 1 mm 1 mm 16600 --'700 0,821™™™ _l_mmi 1210 0,607™™'" 1 mm 1640 0,0578™™™ 0,394™™™ | 0,646™™"'= 1 mn^ 1550 '"™ j 0,392™™"' 1 mm 1 mm 1 mm 1 mm i 1 mm 1880 17400 I 2500 0,438™"™ I 0,0486™™™ } 0,239™' 1 mm 2290 0,408™™™ 1 mm 2560 0,395™™"' 1 mm 26ßO 0 '■?35™™™ 1 mm 4260 0,251™™™ 1 mm 3990 0,254™™™ 1 mm 3940 0,209™™™ 1 mm 4790 0,215™™"' 1 mm 4650 0,225™""" 1 mm 4440 206S0 I 4190 0,0490™'"™ ; 0,240™™™ 1 mm 1 mm 20400 417Ü 0,0460™™'« , 0,24C™'i^ 1 mm I 1 mm 21800 I 4170 0,0299™™™ 0,211 ™n"n 1 mm 33400 1 mm 4740 0,0333™™™ 0,227™™"^ 1 mm ' 1 mm 30000 I 4400 0,0333™™™ ; 0,225™™™ 1 mm j 1 mm 30IXJ0 I 4440 0,0242'!™™! j 0,163™™™ 1 mm I 1 mm 41300 I 6140 0,024G™™™ 0,167™™™ 1 mm 1 mm 40700 I 6000 0,0249™™™ I 0,183™™™ I 1 mm 1 mm 40200 ! 5460 I 1 mm 256U 0,394™™™ 1 mm 2530 0,394™™™ 1 mm 2530 0,345™™™ 1 mm 290O 0,372™«»™ 1 mm 266J 0,370™™™ 1 mm 2700 0,267™'™» 1 mm 3750 0,274™™™ 1 mm 3650 0,302™™™ 1 mm 3310 dort ein Objectivsystem vor, dessen planconvexe Linse aus borkieselsaurem Blei bestand, das eine Brennweite von 3,G Millimeter und einen Oeffnungswinkel von 112" hatte (Quekett 1. 1. p. 430). Wir werden später sehen, dass er weiterhin Linsensysteme mit noch weit grösserem Oeffnungswinkel hergestellt hat. *) Mohl (Mikrographie, S. 027) giebt an, er habe durch sein Amici'sches Mikro- Aiiiici's Mikroskope. 723 Man ersieht sogleich aus dieser Tabelle, dass das optische Vermögen der beiden stärksten Systeme schon mit dem ersten Oculare die höchste Stufe erreicht hat, während es bei den schwächeren Systemen durch die Oculare noch erhöht wird. Belehrend ist die Vergleichung dieser Resultate mit jenen, wie sie andere, etwa gleichzeitig verfertigte Mikroskope geliefert haben, nament- lich das Oberhaus er 'sehe (S. 707). Man überzeugt sich aus den beiderlei Tabellen, dass beide Instrumente im Allgemeinen ungefähr gleiches optisches Vermögen besitzen, dass aber mit dem Oberhäuser'- schen Mikroskope noch etwas kleinere kugelförmige und fadenförmige Objecte gesehen werden können, als mit dem Amici'schen, während dagegen das letztere den Vorzug verdient, wenn es darauf ankommt, Objecte von einander zu unterscheiden, die nur wenig von einander entfernt sind. Um aber die Leistung der beiden Optiker zu beurtheilen, muss eigentlich noch ein ganz anderer Maassstab angelegt werden. Es ge- nügt nämlich nicht, die gleichen Vergrösserungen unter einander zu vergleichen, sondern es müssen auch diese Vergrösserungen, sollen sie zur Vergleichung sich eignen, das Product der nämlichen Factoren sein, d. h. die Brennweite des Linsensystems und die Vergrösserung des Oculars müssen einander etwa gleich sein. Das neunte Objectivsystem Oberhaus er' s mit der Brennweite von 1,7 Millim. ist daher nicht zu vergleichen mit dem stärksten Amici'sclien Objectivsysteme, welches 2,67 Millim. Brennweite hat; vielmehr muss das letztere mit dem achten Oberhäuser'schen Systeme von 2,5 Millim. Brennweite verglichen werden, dem es also ziemlich gleichkommt. Das Gleiche gilt aber auch von den Ocularen: das schwächste Amici'sche kommt ungefähr gleich dem vierten des Oberhäuser'schen Mikroskops. Stellt man nun mit solcher Rücksichtsnahme die durch beide Mikro- skope erlangten Resultate einander gegenüber, so tritt die vorzüglichere Güte der Amici'schen Linsensysteme ganz deutlich hervor, namentlich in Betreff des unterscheidbar machenden Vermögens ; denn hierin verhält sich Nr. 11 von Amici zu Nr. 8 von Oberhäuser etwa wie 3 : 2. Bei schwächeren Vergrösserungen tritt dies vielleicht noch bestimmter hervor, da mit einem Amici'schen Objective von 8,7 Millim. Brenn- weite die Striche der achten Gruppe des Nobert'schen Probetäfelchens bereits ganz deutlich erkannt werden, wozu schon ein Oberhäuser'- sches Objectiv von 2,5 Millim. Brennweite erforderlich ist. Das erwähnte skop die neunte Gruppe deutlich, und die zehnte noch gestrichelt gesehen. Später sah er an einem andern ihm von Nobert geschickten Probetäfelchen auch die zehnte Gruppe deutlich (öchuhmacher's Astronom. Nachr. 1849. Ergänzungsheft S. 94). Dies beweist aber nur, dass das zweite Probetäfelcheu vom ersten verschieden war. Mir selbst ist es später begegnet, dass ich mit dem nämlichen Mikroskope bei sehr schief einfallendem Lichte auf einem No- bert'schen Probetäfelchen mit zwanzig Gruppen die siebenzehnte noch deutlich sehen konnte. 40* 724 Amici's Mikroskope. Arnici'sche Objectiv besitzt aber auch den für diese Brennweite sehr ansehnlichen Oeffnungswinkel von 73o. Der Grund dieses stärkeren Vermögens der Unterscheidbarmachung bei den Amici'schen Objectiven liegt offenbar allein in der auffallend grössern Oeffnung, die er schon damals seinen Linsensystemen gab. Weiterhin hat aber Amici seine Objectivsysteme noch mehr verbessert, wie man aus seinem Berichte ersieht, den er einem für Achille Brächet in Paris bestimmten Mikroskope beigab, welchen der letztere in einem übri- gens ganz sonderbar verfassten Schriftchen {Simples preliminaires sur le commentaire de la notice du meilleur microscope dioptri- que compnse achromatique du professeur Amici. Par. 1856) hat abdrucken lassen. Nach diesem Berichte hat: Brennweite. Oefinungswinkel. Nr 1 22,82"'™ 2G« 2 8,47 37 .3 4,27 70 4 3,92 57 5 3,50 77 G 1,74 IGO Man ersieht hieraus, dass es Amici späterhin gelungen ist, seinen stärksten Systemen auch einen viel grössern Oeffnungswinkel zu ver- schaffen. Dabei bleibt die Fläche des stärksten Objectivs doch noch 0,4 Millim. vom Objecte entfernt, eine ungewöhnlich grosse Entfernung für ein System von nur 1,74 Millim. Brennweite und von 160*' Oeffnung. Es sind ferner für dieses Objectiv sechs verschiedene Glassorten verwendet, deren jede ein anderes Brechungs- und Dispersionsvermögen besitzt. Dadurch ist es möglich geworden, die verschiedenen Strahlen des Spectrums in weit vollkommnerer Weise zu vereinigen, als wenn nur zwei Glassorten genommen werden, wo dann stets das sogenannte secundäre Spectrum übrig bleibt. Nach Amici selbst lassen sich dadurch noch Strichelchen unterscheiden, die ^/eooo Linie (V2664 Millim. = zwan- zigste Gruppe des Nobert'schen Probeplättchens) von einander abstehen. Dieses Objectivsystem und noch ein anderes hat Amici ausdrück- lich dazu eingerichtet, dass die Vorderfläche der untersten Linse in Wasser getaucht werden kann, wie bereits bei einem Mikroskope, welches mein College Donders im Jahre 1850 von ihm erhielt. Zu dem Ende wird auf die Vorderfläche der untersten Linse sowohl als auf das Deck- plättchen über dem Objective mittelst eines Pinsels ein Tropfen Wasser gebracht, so dass beide Tropfen sich vereinigen, sobald das Objectiv in die gehörige Entfernung vom Objecte gekommen ist und somit eine dünne Wasserschicht zwischen der Linse und dem Deckgläschen liegt. Die Brennweite wird dadurch verkürzt und die Vergrösserung nimmt zu; dies verlangt aber wieder, dass die das Objectivsystem zusammensetzen- Amicl's Mikroskope. 725 '.den Linsen einander stärker genähert werden, weil sonst die Entfernung der vordersten Linse vom Objecte zu klein ausfallen würde. Der eigentliche Vortheil dieses Verfahrens ist aber nicht darin zu suchen, dass die vergrössernde Kraft zunimmt, sondern vielmehr darin, dass bei Benutzung des Wassers die Reflexion des Lichts auf die dem Objecte zugewendete Oberfläche der vorderen Linse des Objectiv- systems fast ganz abgeschnitten wird. Diese Reflexion übt einen um so nachtheiligern Einfluss aus, als die Oeff'nung des Linsensystems grösser wird; denn sie ist am bedeutendsten bei jenen Strahlen, welche in schiefster Richtung auf das Objectiv treff^en, also bei den Randstrahlen. Eine Verminderung der Reflexion dadurch, dass zwischen das Object und das Objectiv ein Medium kommt, dessen Brechungsvermögen von jenem des Glases weniger differirt als jenes der Luft, hat daher ungefähr die gleiche Folge, als wenn man den Oeffnungswinkel vergrösserte. An dem Bilde, welches alsdann vor dem Oculare entsteht, nehmen die Rand- strahlen grösseren Antheil und demgemäss steigert sich das Unterschei- dungsvermögen des Mikroskops. Es unterliegt somit keinem Zweifel, dass dieses Verfahren in den Händen eines geübten Beobachters sich noch nützlich bewähren kann, wenn es darauf ankommt, bis zu den äussersten Grenzen des noch durchs Mikroskop AVahrnehmbaren zu gelangen. Auch leiden die Linsen nicht, wenn man Sorge trägt, sie immer wieder gehörig abzutrocknen. Indessen muss zugegeben werden, dass die Fälle verhältnissmässig selten vor- kommen, wo dieses Verfahren wirklichen Nutzen bringt. Bei den ge- wöhnlichen Untersuchungen, wozu man ein Mikroskop braucht, kann man desselben ohne Nachtheil entbehren*). Amici's Mikroskop ist noch durch eine Besonderheit ausgezeichnet, die ich nicht mit Stillschweigen übergehen darf. Wie gesagt, steckt das Mikroskoprohr in einem Ringe; es lässt sich um seine Axe und somit auch um die Axe aller Objective und Oculare drehen, und diese Ein- richtung hat zuverlässig ihren Nutzen. Bei schwer erkennbaren gestri- chelten Probeobjecten, ebenso beim Betrachten der Striche am Nobert'- schen Probetäfelchen kann man sich davon überzeugen, dass das Bild bei manchen Stellungen des Rohrs weniger scharf hervortritt, als nach- dem man letzteres um einen gewissen Winkel umgedreht hat. Eine Erklärung davon ist aber schwer zu geben. Amici selbst sucht sie in der Aberration des Auges, die bei einer bestimmten Stellung des Rohrs eine entgegengesetzte Abei'ration des Mikroskops aufheben soll. Diese Erklärung kommt mir aber weniger annehmbar vor, als wenn Mohl (Mikrographie S. 177) an eine nicht ganz genaue Centrirung der Linsen *) Nachet hat dieses Verfahren bei seinem Systeme Nr. 8 (S. 7\1) auch in An- wendung gebracht. Es ist zur Beobachtung in Luft bestimmt, kann aber auch auf diese Art mit Wasser befeuchtet werden. Ich fand, dass die Vergrösserung dann etwa um % zunimmt. I 726 Pacini's Mikroskop. denkt und den Nutzen der Umdrehung darin sucht, dass dadurch jener Theil des Objectivs, worin die Aberration am schwächsten ist, rechtwin- kelig zu den zu beobachtenden Strichelchen zu stehen kommt. Vor mehreren Jahren hat Professor F. Pacini in Pisa ein Mikro- skopgestell beschrieben {Nuovi Annali delle Sc. naturali di Bologna. Nov- 1845), l^welches nicht nur Fig. 295. Mikroskop von Pacini, zierlich geformt, sondern auch bequem zu gebrau- chen ist (Fig. 295). Auf zwei runden Säulen ruht unbeweglich der Object- tisch aa. Auf demselben befindet sich die beweg- liche runde Platte c mit einer Oeffnung in der Mitte, welche einer grös- seren Oeffnung in dem Objecttische selbst ent- spricht. Der Rand dieser Platte ist, gemäss seiner Bestimmung als Gonio- meter, in 360 Grade ein- getheilt und sie dreht sich auf der Scheibe b um ihre Axe ; letztere aber kann abwechselnd vor- und rück- wärts bewegt werden durch eine Mikrometerschraube, deren breiter Knopf sich in rf befindet. Dieser Knopf ist in lOOTheile getheilt, und durch einen Nonius e liest man die Zehntel ab. Das Mikroskoprohr ist an die dreiseitige Röhre / geschraubt, in der sich ein gleichseitiges dreieckiges Prisma befindet, so dass die Strahlen, wenn sie durch das Objectiv gegan- gen sind, unter einem Win- kel von 30° reflectirt wer- den. Man kann aber die- ses Pi'israa auch weg- 1 Pacini's Mikroskop. 727 nehmen und das Mikroäkop vertical stellen. Der Arm , worauf dieser Theil ruht, hat eine Schraube, deren Knöpfe man bei ii sieht: dadurch kann das ganze Mikroskoprohr nebst Prisma und Objectiv in querer Richtung bewegt werden, also rechtwinkelig zur Bewegung der Object- platte c, welche durch die Schraube d von hinten nach vorn bewegt wird. Der Arm mit dem optischen Apparate ruht auf einer Stange, welche durchs Umdrehen des Knopfs n schnell auf- und niederbewegt wird. Der langsamen Bewegung und feinen Einstellung dagegen dient eine Schraube, deren Knopf bei m sichtbar ist. Der Beleuchtungsapparat besteht aus einem Spiegel l, der sich in einem an einer Kurbel befestigten Bügel dreht; ferner aus einer Beleuch- tungslinse k mit einem darüber sich drehenden Diaphragma. Dieses G-estell gehört zuverlässig zu den besten der Neuzeit: es besitzt alle guten Eigenschaften des neuern Modells der Oberhäuser'- schen Mikroskope, nämlich Festigkeit, einen grossen Objecttisch, Platz für den Beleuchtungsapparat u. s. w. , ohne die plumpe Form, wodurch das letztere entstellt wird. Man sieht aber leicht ein, dass noch mehrere Veränderungen und Vereinfachungen daran anzubringen sein würden, wodurch die ganze Einrichtung einfacher und wohlfeiler werden müsste, ohne dass der Brauchbarkeit dadurch Abbruch geschähe. Nachdem Frankreich und Italien, darin vorausgegangen waren, durch 437 Vereinigung mehrerer achromatischer Doppeliinsen aplanatische Mikro- skope herzustellen, folgte man diesem Beispiele alsbald in Deutschland nach und, wie zu erwarten, zuerst im optischen Institute in München, des- sen Gründer, der ausgezeichnete Frauenhof er, schon früher, wie wir gesehen haben, achromatische Mikroskope fertigte. Sein Nachfolger, Georg Merz, brachte 1829 ein Mikroskop zu Stande (Döllinger, Nachricht von einem verbesserten aplanatischen Mikroskope. Mün- chen 1829), welches ohne Zweifel viel besser war als die früheren Münchener Instrumente, und bei dem auch die verschiedenen Linsen zu einem zusammengesetzten Objective vereinigt werden konnten. Hierzu benutzte er zuvörderst die vier achromatischen Linsen, die bis dahin zum Fr au enhofer'schen Mikroskope gehörten, und deren stärkste eine Brenn- weite von 16 Millimeter hatte; er fügte jedoch noch eine fünfte hinzu ipit 12 Millimeter Brennweite. Es scheinen aber noch lauter biconvexe Linsen gewesen zu sein, und sie standen somit gegen die in Paris und in Modena verfertigten zurück. Ihre Helligkeit und Schärfe wurde übri- gens damals von competenten Beurtheilern, wie Brown (Phüos. Transact. 1830, p. 118) und in Schuhmacher's Astron. Nachrichten IX, S. 110 sehr gerühmt. Es gehörten vier Oculare zu diesem Mikroskope. Seine Vergrösserung ging von 12 bis 1000. Während aber dieses Mikroskop (Fig. 296 a. f. S.) in der einen opti- schen Beziehung, nämlich wegen der biconvexen Linsen, wahrscheinlich jenen nachstand, die aus den Werkstätten von Chevalier und Amici 728 Mikroskope %'On Merz. kamen, fand sich an demselben eine andere wesentliche Verbesserung, die späterhin bei vielen Mikroskopen beibehalten wurde. Merz erkannte Fig. 296. nämlich, dass durch das reflectirende gläserne Prisma, welches Amici in sein horizontales Mikroskop brachte, immer etwas Licht verloren geht, und deshalb gab er seinem Mikro- skoprohre die Einrichtung, dass das Prisma zwar eingeschoben war, aber nach Willkür auch wieder wegge- nommen werden konnte , wo dann das ganze Rohr vertical stand. So wurden die Vortheile des Prisma gewahrt, seine Nachtheile aber be- seitigt. Uebrigens war die mecha- nische Einrichtung dieses Mikroskops eben so einfach als zweckmässig. Eine vierseitige Stange aa ruht auf einem festen Dreifusse. Diese Stange ist aus Stahl, alles Uebrige dagegen aus Messing. Zwei vierseitige Hül- sen b und c schieben sich an dieser Stange auf und nieder : b trägt das Mikroskoprohr d, c hingegen den Objecttisch e, und so können diese beiden möglichst in die nöthige Ent- fernung von einander gebracht wer- den. Die obere Hülse wird durch die Klemmschraube / festgestellt. Zur genauen Einstellung dient die feine Schraube g^ wodurch der Ob- jecttisch allmälig auf- und abwärts bewegt wird. Zum Beleuchtungsapparate gehört ein Spiegel h mit con- caver und gerader Fläche, sowie ein Diaphragma e, das sich um den Stift k dreht und an diesem sich höher und niedriger stellen lässt. In den folgenden Jahren scheint das optische Institut nur wenige Mikroskope geliefert zu haben; wenigstens geschieht ihrer Benutzung nur selten Erwähnung. Dies mag wohl dem Umstände zuzuschi-eiben sein, dass viele und grosse Teleskope daselbst verfertigt wurden, wodurch das Mikroskop mehr in den Hintergrund kam. Im Jahre 1843 bestellte aber der Herzog von Leuchtenberg bei den damaligen Inhabern des Instituts Merz und Mahler ein möglichst vollkommenes Mikroskop, welches von Merz und dessen Sohne Sigismund gefertigt und von einem andern Sohne Ludwig Merz (Die neueren Verbesserungen am Mikroskope u. s. w. München 1844) beschrieben wurde. Aus dieser Beschreibung, Mikroskop von Merz. j Mikroskope von Merz. 729 die durch keine Abbildung erläutert wird, ersieht man, dass die mecha- nische Einrichtung des frühern Mikroskops grossentheils beibehalten wurde. Nur in den Bewegungen sind ein paar Verbesserungen vor- genommen worden: der übjecttisch kann durch einen Trieb höher und niedi'iger gestellt werden, und zur feinen Einstellung dient Mahler's Kugelschraube, womit das Mikroskoprohr in der Hülse in die Stange greift. Der optische Theil besteht aus sechs achromatischen Linsen, die unter einander zu fünf Systemen verbunden werden können. In dem Eohre befindet sich eine achromatische concave Linse, wodurch die Ver- grösserung verstärkt wird. Es gehören dann fünf verschiedene Oculare dazu, so dass die Vergrösserung von 12 bis zu 2400 steigt. Die Beleuchtung wird nicht durch einen Spiegel bewirkt, sondern durch ein Glasprisma, das unter verschiedenen Winkeln aufgestellt wer- den kann. Unter dem Objecttische befindet sich eine Röhre, worin eine zweite durch einen Trieb auf- und niedergeschoben werden kann, und in dieser sind zwei convexe Linsen enthalten in einer Entfernung von einander, welche doppelt so gross ist als die Brennweite der kleinern Linse. Sodann gehören noch verschiedene Apparate dazu, unter andern ein kleines rechtwinkeliges Prisma, dessen Kathetenfläche 16 Quadratlinien enthält und das an das Objectiv angeschraubt wird, wenn man chemische Einwirkungen von der Seite beobachten will, ein Schraubenmikrometer, welches bis Yiooooo P^-r. Zoll angiebt u. s. w. Aus dieser kurzen Beschreibung ist ersichtlich, dass sich dieses Mi- kroskop von anderen jetzt gebräuchlichen in manchen Punkten unter- scheidet, z. B. in der Art und Weise der feinen Einstellung, im Beleuch- tungsapparate u. s. w. Ob diese Veränderungen aber auch Verbesserun- gen sind, und ob namentlich das kostbare Glasprisma Besseres leistet als der gewöhnliche Spiegel, das lässt sich blos beim Gebrauche eines solchen Instruments feststellen. Nach dem Preiscouraut des optischen Instituts (Merz u. Sohn) vom Jahre 1846 kostet dieses Mikroskop mit allem Zubehör 720 rheinische Gulden. Ein solches Mikroskop mit nur fünf Objectivlinsen und drei Ocularen, bis zu 1100 Mal vergrössernd , mit einem Spiegel statt des Prisma, kostet 300 Gulden; ein anderes mit vier Objectivlinsen und zwei Ocularen, bis zu 240 Mal vergrössernd, 136 Gulden; ein solches mit drei Objectivlinsen und Einem Oculare, bis zu 115 Mal vergrössernd, 66 Gulden. Nur Einmal , und zwar erst vor Kurzem , habe ich Gelegenheit ge- habt, ein kleines Mikroskop aus dieser Werkstatt zu untersuchen. Ich fand es sehr mittelmässig , und weder die sphärische noch die chromati- sche Aberration schienen mir in dem Maasse verbessert zu sein , wie wir es jetzt bei den guten Instrumenten anzutreffen pflegen. 730 Mikroskope von Plössl. Der zweite, der sich in Deutschland, und zwar mit d< .n glücklich- sten Erfolge, auf die Verfertigung achromatischer Mikroskope legte, ist Simon Plössl in Wien (Alte Wieden, Feldgasse, am Eck der Schmö- lerlgasse Nr. 215), dessen Instrumente seit 1830 eine allgemeine Ver- breitung gefunden haben. Das Gestell von einem seiner Mikroskope ist Fig. 297 dargestellt. Auf einem Dreifusse, der durch Stellschrauben p- 297 horizontal gestellt wer- den kann, ruht die Säule a, mit welcher oben durch das Charnier h die drei- seitige stählerne Stange c verbunden ist. (Bei einigen seiner Mikro- skope hat Plössl auch die Säule mit dem Char- niere weggelassen , es ruht die dreiseitige Stange unmittelbar auf demFussgestelle, und auf einem der drei Füsse steht der Spiegel.) Das Mikroskop kann daher vertical stehen oder auch unter einem bestimmten Winkel geneigt werden. Das Mikroskoprohr d ist an der dreiseitigen Hülse e aufgehängt, die sich durch einen Trieb an der Stange c auf- und niederbewegt. Der Ob- jecttisch / kann durch die feine Schraube g höher oder niedriger ge- stellt werden, und 2 dia- gonal stehende Schrau- ben an demselben be- wegen die Objecto im Gesichtsfelde. Auf den- selben passt auch ein Schraube-nmikrometer mit einem Nonius, der noch Viooooo Wiener Zoll an- giebt. Der Beleuchtungsapparat für durchfallendes Licht besteht aus einem Hohlspiegel, der auf der Hinterseite geschwärzt ist, mit einer Linse zur Verstärkung des Lichts, und aus einem Selligue'schen convexen Prisma m für auffallendes Licht. Mikroskop von Plössl Mikroskope von Plössl. 731 Die Plössl 'sehen Mikroskope zeichnen sich durch eine sorgsame und genaue Arbeit aus. Die ganze Einrichtung des Gestells indessen ist namentlich wegen der ansehnlichen Höhe nicht so zweckmässig, wie bei manchen anderen , da man nur stehend damit arbeiten kann. Ich mnss jedoch bemerken, dass Plössl das Mikroskoprohr auch aus zwei Hälften bildet, um nach Willkür ein Glasprisma dazwischen einzusetzen, ganz so, wie es Merz und späterhin auch Ami ei und andere gethan haben, und dann kann man damit auch im Sitzen arbeiten. Zu diesem Mikroskope gehörten früherhin nur sieben achromatische Doppellinsen, deren Röhrchen sich aufeinander schrauben lassen, so das» man vier bis fünf verschiedene Systeme bekommt. Nach Mo hl (Mikro- graphie S. 16) hatten die drei stärksten Linsen seines Plössl' sehen Mikroskops zusammen 3,15 Millimeter Brennweite. Seit 1848 ist aber Plössl hierin weiter gegangen. Zu seinen früheren sieben Doppellinsen kommt jetzt noch ein System mit dem Zeichen a, 5, c, dessen Vergrösse- rung sich nach Perty (Die Beweguug durch schwingende mikroskopi- sche Organe. Bern 1848, S. 23) zu jener der früheren stärksten Com- bination wie 38:28 verhält; seine Brennweite wird daher wahrscheinlich, etwa 2 Millimeter betragen *). Plössl hat sechs Oculare. Eins derselben besteht aus zwei achro- matischen Linsen; sein Gesichtsfeld ist kleiner als bei den anderen, auch giebt es nur eine schwächere Vergrösserun^. Diesen Umständen eher als seiner besondern Einrichtung ist die grössere Schärfe des Bildes zu- zuschreiben, da nach der frühern Auseinandersetzung (§. 158) gerade in der Aberration des Oculars sich ein Mittel bietet, um die entgegen- gesetzte Aberration des Objectivs zu beseitigen. Die Plössl'schen Mikroskope, die ich gesehen habe, sind übrigens durch grosse Helligkeit und Schärfe ausgezeichnet, und im optischen Vermögen werden sie gewiss nur von wenigen übertroft'en. Nach Polil (Sitzungsberichte d. Kais. Akad. zu Wien. 1853. XI, S. 504) ist bei schiefer Beleuchtung mit dem neuesten stärksten Objectivsysteme ahc uud mit dem aplanatischen Oculare bei 292raaliger Vergrösserung und bei 8 Par. Zoll Sehweite die 15. Gruppe des Nobert'schen Probetäfelchens noch ganz deutlich, was für ein grosses Unterscheidungsvermögen spricht, mit dem sich muthmaasslich ein grosser Oeffnungswinkel vergesellschaf- tet. Nach Pohl soll Plössl's Mikroskop hierin das Nachet'sche über- treffen, welches er damit verglich; indessen hatte letzteres dafür das Uebergewicht im begrenzenden Vermögen. Bei dem frühern Mikroskope Plössl's ging die Vergrösserung mit dem stärksten Oculare und dem stärksten Objective (Nr. 5, 6 und 7) auf *) Nach Radicke (Optik II, S. 353) hat Plössl auch achromatische Doppellinsen aus Bergkrystall und Flintglas verfertigt. Das geringere Dispersionsvermögen des Bcrgkrystalls im Vergleiche zum Kronglase kann aber kaum die Mühe auf- wiegen, die es haben muss, der doppelten Strahlenbrechung zu entgehen, die dem Bergkrjstalle zukommt. 732 Mikroskope von Plössl. 1400 bis 1500. Dasselbe kostet ohne aplanatisches Ocular, ohae Schrau- benmikrometer u. dergl. 195 Gulden C.-M. , mit dem Schraubenmikro- meter 275 Gulden C.-M. Das aplanatische Ocular für sich allein kostet 10 Gulden, der bewegliche Objecttisch 12 Gulden, das Prisma zur hori- zontalen Stellung des Rohrs 15 Gulden. Plössl liefert auch einfachere zusammengesetzte IVIikroskope , zu denen weniger Objectivsysteme kommen und die daher auch weniger ko- sten. Eins, dessen mechanische Einrichtung in der Hauptsache wie beim grössern ISIikro-ikope ist, mit fünf achromatischen Linsen, kostet 90 Gul- den C.-M., und ein Taschen- oder Reisemikroskop mit gleichviel Linsen, bei dem aber das Kästchen als Fussstück dient, 80 Gulden. Bei diesen beiden ist zwar der Umfang der Vergrösserung niedriger stehend, da ihnen die stärkste Linse fehlt; dessen ungeachtet sind sie für die mei- sten wissenschaftlichen Untersuchungen ganz ausreichend. Beschränk- ter in der Anwendung ist noch ein anderes zusammengesetztes Mikro- skop, welches mit 45 Gulden auf dem Preiscourante steht und wozu nur drei Objectivlinsen gehören. Alsbald nach Plössl fingen auch Pistor und F. W. Schick in Berlin an, achromatische Mikroskope zu fertigen. Späterhin hatte jeder von ihnen seine eigene AVerkstatt. Im Jahre 1832 verglich Ehrenberg (Poggend. Annal. 1832. Bd". 24, S. 189) die Mikroskope von Chevalier, von Plössl und von Schick unter einander und gab denen des letz- tern den Vorzug vor den beiden anderen. Nach Wagner hingegen (Handwörterbuchd.Phys. Art. Mikroskop, S. 443) standen die Schick '- sehen Mikroskope anfänglich den Plössl'schen nach. Gegenwärtig scheinen sie nach dem Zeugnisse von AYagner sowohl als von Schiei- den (Notizen a. d. Geb. der Natur- u. Heilkunde. 1847. lY, Nr. 1) im opti- schen Vermögen einander gleich zu stehen, und beide rühmen auch sehr die Nettigkeit und die genaue Arbeit am Schick' sehen Gestelle. Die grossen jNIikroskope Schiek's (Marienstrasse Nr. 1 in Berlin) stimmen in der mechanischen Einrichtung so ganz mit den Plössl'schen überein, dass eine besondere Beschreibung überflüssig erscheint. Sie un- terscheiden sich nur in der Weise, wie die Diaphragmen unter der Oeff- nung des Objecttisches angebracht sind, und darin stimmen sie ganz mit dem alten Modell der grossen ü berhäuser'schen Mikroskope. Dagegen weicht Schick im optischen Theile von Plössl ab, da er die Linsen zu bestimmten Systemen verbindet, wie man es bei den jetzigen französischen und englischen Mikroskopen und auch bei den spä- teren Amici'schen findet. Es gehören drei solche Systeme zu seinem Mikroskope, und jedes derselben besteht aus drei achromatischen Doppel- linsen. Oculare sind es fünf, darunter ein aplanatisches. Die Vergrös- serung geht von 15 bis zu 1000. Mit allem Zubehör, wohin auch ein Schraubenmikrometer, ein Compressorium u. s. w. zu zählen sind, kostet dieses Mikroskop 200 Thaler. Mikroskope von Schick. 733 Ein etwas kleineres zusammengesetztes Mikroskop, dessen Gestell so ziemlich mit den grösseren übereinkommt, mit sechs Doppellinsen und vier Ocularen, welches 15 bis 800 Mal vergrössert, kostet 110 Tha- ler, und wenn noch ein Schraubenmikrometer hinzukommt, 140 Thaler. Ein noch einfacheres und kleineres zusammengesetzten Mikroskop, zu dem aber die gleichen Linsen wie beim vorhergehenden kommen, und das auch ziemlich die gleiche Vergrösserung erreicht, kostet 80 Thaler. Schiekhat feyner Mikroskope gefertigt nach dem Oberhäuser'schen Modelle. Das grössere mit trommelförmigera Fusse und beweglichem Objecttische, der zugleich als Schraubenmikrometer dienen kann (und darin zeigt sich eine Verschiedenheit von den Oberhäuser'schen In- strumenten), mit neun Objectivlinsen oder drei Systemen und mit vier Ocularen, von 18 Mal bis zu 800 Mal vergrössernd, kostet 130 Thaler, Die kleinsten, wozu vier Objectivlinsen und zwei Oculare gehören, und die 40 bis 500 Mal vergrössern, kosten 40 Thaler. Wünscht man mehr Objectivsysteme, so kann man diese auch ein- zeln bekommen. Ein Satz von drei Doppellinsen mit schwacher Ver- grösserung kostet 12 Thlr., ein solcher mit starker Vergrösserung 18 Thaler. Nicht so verbreitet als die Instrumente von PI össl und von Schiek sind die Mikroskope von Pistor und Martins in Berlin, früher Pistor und Hirschmann (Marienstrasse Nr. 34). Nach der Beschreibung im Preiscourant zu urtheilen, stimmen sie in der optischen Zusammensetzung ziemlich mit den Schiek'schen Mikroskopen überein. Ob sie ihnen auch im optischen Vermögen gleichstehen, das ist mir unbekannt. Für die grösseren Mikroskope haben sie zweierlei Gestelle. Das eine unterscheidet sich nicht wesentlich von jenem der Plössl'schen und Schiek'schen Instrumente. Das andere gleicht mehr dem Ober- häuser'schen, unterscheidet sich jedoch von demselben durch drei Stell- schrauben, womit der Objecttisch horizontal gestellt wird, und durch einen beweglichen Schlitten, der zugleich als Schraubenmikrometer, dient; die gröbere Einstellung wird durch einen Trieb bewirkt, die feinere durch eine Mikrometerschraube. Als etwas bei anderen Mikroskopen nicht Vorkommendes erwähne ich einen Klemmring, der über dem Mikroskop - röhre verschiebbar ist und einerseits verhindern soll, dass die Objectiv- linse an das Object stösst, andererseits dazu dienen kann, *die Stellung des Rohrs für eine gefundene Brennweite schnell wieder ausfindig zu machen. Es gehört ferner ein Ocularschraubenmikrometer zu diesen Mikroskopen. Mit neun Objectivlinsen, die zu drei Systemen vereinigt werden, und mit fünf Ocularen, von denen das eine aplanatisch ist, kann man die Objecte 25 bis 1200 Mal vergrössert sehen. Mit mancherlei Zu- behör kostet dieses Mikroskop 250 Thaler. Das nämliche Instrument mit sechs Objectivlinsen, mit vier Ocularen, 25 bis 1000 Mal vergrössernd, aber ohne Ocularschraubenmikrometer, ohne aplanatisches Ocular und ohne andere Hülfsmittel kostet 150 Thaler. 73-i Mikroskope von Fistor. Das nämliche ohne Objectschraubenmikrometer kostet 115 Thaler. Das nämliche, wenn aber die gröbere Einstellung nicht durch einen Trieb bewirkt wird, sondern durch Schieben mit der Hand, kostet 110 Thaler. Auf dem Preiscourant vonPistor und Martins stehen noch andere Mikroskope, die hier auizuzählen übertlüssig erscheint. Nur sei noch bemerkt, dass sie auch Mikroskope ganz nach Uberhäuser'schem Muster machen, die grösseren für 60 bis 75 Thaler, die kleineren für 35 bis 50 Tha- ler. Zu den letzteren gehören fünf Objectivlinsen und zwei Oculare, und sie vergrössern 25 bis 400 Mal. Auch bei ihnen bekommt man ein- zelne Objectivsysteme wie bei Schick. Die bisher genannten Mikroskopverfertiger in Deutschland stamr men noch aus einer Zeit, wo man erst anfing, achromatische Linsen- systeme anzufertigen. Unter den späteren hat sich F. A. Nobert, frü- her in Greifäwalde, jetzt zu Barth in Pommern wohnhaft, vortheilhaft be- kannt gemacht, namentlich durch eine vortreffliche im Jahre 1846 er- schienene Abhandlung (Poggend. Annal. Bd. 67, S. 173) über die Prü- fung des optischen Vermögens der Mikroskope mittelst seiner schon wieder- holt genannten und später ausführlicher zu beschreibenden Probetäfelchen. Ende 1852 hatte ich Gelegenheit, eins seiner grossen Mikroskope zu untersuchen. Das ganze Gestell ist offenbar von Schick und von Plössl genommen, es ist sehr hoch, nämlich 40 bis 45 Centimeter die Fläche überragend, auf der es steht, so dass man nur im Stehen damit arbeiten kann. Die stählerne Stange , an welcher der Mikroskopkörper durch einen Trieb auf- und abgleitet, ist aber nicht dreieckig, sondern halbcylindrisch. Die feine Einstellung wird auf eine ganz einfache Weise bewirkt, die zwar nicht für grössere und kostbare Instrumente passt, aber wegen der Wohlfeilheit sich recht gut für kleinere Instrumente eignet. Der vierseitige Objecttisch ist nämlich mit der Stange durch eine Art Charnier verbunden. Hinten hat er ein rechtwinkelig umgebogenes An- satzstück, das an der Stange anliegt. Wird nun dieses Ansatzstück nach vorn bewegt, dann hebt sich natürlich der Objecttisch, der sich um die Axe im Charnier dreht. Zu dem Ende geht durch die Stange von hinten nach vorn eine Schraube, die hinten einen gekerbten Knopf hat und deren vorderes Ende gegen das Untertheil des senkrecht herabhängenden Ansatzstückes des Objecttisches stösst. Rückt nun die Schraube vor, so muss sich jener Theil des Objecttisches heben, worauf das Object ruht , und beim Rückwärtsbewegen der Schraube sinkt er wieder durch seine eigene Schwere, bis er an die Stange stösst. Dieser einfache Mechanismus ist in vielen Fällen ganz ausreichend zur feinen Einstellung, wenn durch den Trieb das Mikroskop schon ziem. 2 - 5 .. „ 3 » • .. 6 .. .. 5 .. .. Beim Objective von '4 Zoll Brennweite übt die Verlängerung des Rohrs weniger Eintius?. Für die vier ersten Zolle der Verlängerung kann man jedoch rechnen, daps die Ziffer für jeden Zoll um eine Abtheilung vermehrt werden nniss. Die Mikroskope von Smith werden sehr gelobt. Auf der Londoner Ausstellung im Jahre 1851 erhielt er den nämlichen Preis wie Ross, auf der Pariser Ausstellung im Jahre 1855 aber bekam er eine Medaille erster Klasse. Sie haben vorzügliche Objective, wenn auch die Londoner Jury jenen von Ross eine grössere Vorzüglichkeit einräumte. Erwähnt muss werden, dass Smith Objective Fig. 307. Grosses Mikroskop von Smith und Beck. von 4/10 engl. Zoll (6,1 Mm.) Brennweite verfertigt mit dem ausserordentlichen Oeff'nungs- winkel von 90°, wodurch sie sich besonders zur Beobach- tung von Objecten bei auffal- lendem Lichte eignen. Man hat sich indessen im- mer mehr davon überzeugt, dass in dem Maasse, als durch Vergrösserung der Oeff"nung der Objective das Unterschei- dungsvermögen des Mikro- skops zunimmt, dessen begren- zendes Vermögen abnimmt. In der Rede, womit Georg Shadbolt am 11. Februar 1857 die Versammlung der Microscopical Society eröff'nete (Quart. Journ. 1857. XIX. Transact. p. 143), liest man daher, dass Smith und Beck ihre stärkeren Objective mit einem drehbaren Diaphragma mit verschiedenen Oeff'nungen versehen haben, damit die Oeff"nung des Objectivs nach Willkür vergrössert oder ver- kleinert werden kann. Diese Einrichtung habe ich aber i Mikruskope vou SiiiitL und Beck. 755 aber schon 1849 au einer weiterhin folgenden Stelle dieses Buches empfohlen. Smith hat auch veischiedene Gestelle zu verschiedenen Preisen. Kines seiner grossen Mikroskope ist in Fig. 307 dargestellt. Auf dem festen Dreifusse A luhen die Säulen b und b. Diese haben oben Char- niere, zwischen denen der Ai m l aufgehangen ist und mittelst deren das ganze Instrument unter verschiedene Winkel gebracht werden kann. Die- ser Ai'ui hat ganz nach oben und innen zwei Rinnen, in denen sich zwei Stangen auf- und niederbewegen, die an das Mikroskoprohr/ befestigt sind. Eine Rinne nebst der zugehörigen Stange ist dreikantig, die andere eben und mit einer Zahnleiste versehen; die letztere ist dazu bestimmt, durch den gerandt-rten Knopf g das Mikroskoprohr auf und nieder zu schieben, während die erstere hierbei nur als Conductor dient. Inner- halb des Mlkroskoprohrs befindet sich ein zweites, das ausgezogen werden kann und zur Aufnahme der üculare bestinunt ist; an sein unteres Ende aber passt ein kürzeres Rohr, welches durch die Schraube i sich auf- und niederwärts schieben lässt, die ihrerseits wieder auf das Ende eines Hebels wirkt, wodurch die feine Einstellung zu Stande kommt. Auf den gerän- derten Knopf h sind zehn Abtheilungen eingeschnitten, um die Dicke der Deckplättchen zu messen. Der Objecttisch hat zweiei-hn Bewegungs- apparate, nämlich den Schlitten vou Tyrrell, und den Apparat von Alfred White, welcher durch den Hebel o wirkt; von beiden wird bei den Hülfswerkzeugen näher die Rede sein. Der Beleuchtungsapparat besteht aus einem in allen Richtungen beweglichen concaven und ebenen Spiegel, aus einem drehbaren Diaphragma und aus einem achromatischen Lichtverstärker, der in der Figur nicht abgebildet ist. Ausser diesen grossen Mikroskopgestellen werden in der Werkstatt von Smith und Beck noch manche andere von einfächerer Con- struetion gefertigt. Eins davon stimmt ziemlich mit jenem der Ober- haus er 'sehen Mikioskope, doch ist der Fuss, gleichwie bei den neueren Instrumenten des letztern, so eingerichtet, dass der Spiegel eine freie Bewegung hat. Das Gestell der grossen Mikroskope von Smith und Beck, ohne die achromatischen Objectivsysteme und ohne das Kästchen für das ganze Instrument, kostet 16 Pid. 16 Schill. Das zugehörige Mahagonikästchen allein kostet 3 Pfd. 10. Schill. Mehrere andere Gestelle von geringerer oder grösserer Zusammen- setzung kosten 5 Pfd. 10 Schill, bis 12 Pfd. 12 Schill. Das Gestell des kleinsten vorhin erwähnten Mikroskops mit sammt dem Kästchen, aber ohne Objectivsysteme, kostet nur 2 Pfd. 15 Schill. Die zu diesen Mikroskopen gehörigen Objectivsysteme haben fol- gende Preise : 48^ 75G Mikroskope von Smith und Beck, 1. B. Dancer, S. Varley. 3 Zoll und IV2 Zoll Brennw« 11/, ,. . . IV4 710 Vs Vi-i vereinigt 4 Pfd. — Schill. allein 3 .. — >. vereinigt 4 " 4 " allein 3 » 3 ■> .. 5 » 5 » » 5 » 5 >. » 7 >. 7 .. » 10 » 10 ,, Ein grosses Mikroskop, mit allen Linsensystemen ausgestattet, würde somit über 58 Pfd. zu stehen kommen. Ausser den bisher genannten am meisten bekannten Verfertigern achromatischer Mikroskope in London giebt es in England noch andere, die sich mit gutem Erfolge darauf gelegt haben. Dahin gehört J. B. Dane er in Manchester (Cross-street, Nr. 43). Das Gestell seiner grossen Mikroskope stimmt in den meisten Beziehungen mit jenem von Pow^ell und von Smith überein, so dass eine besondere Beschreibung desselben überflüssig ist. Auch die optische Einrichtung ist keine andere, und nach Quekett (1. 1. p. 97, wo auch das Gestell beschrieben ist) sind die Linsen sehr gut. Dabei sind Dancer's Mikroskope weit billiger, nämlich: Das Mikroskop mit zwei Linsensystemen von 1 und 1/2 (oder 1/4) Zoll Brennweite nebst Einem Oculare kostet 10 Pfd. 10 Schill. Das Mahagonikästchen dazu Ein einzelnes Ocular Ein Objectiv von 1/4 Z. Brennweite . Desgleichen i,y » Ein beweglicher Schlitten für den Objecttisch Besondere Erwähnung verdient noch das Mikroskop von Samuel Varley, welches Fig. 308 dargestellt ist. Ein Dreifuss trägt eine schwere runde Säule mit einer platten Scheibe a am oberen Ende, die in der Mitte durchbohrt ist ; damit steht das Mikroskop in Verbindung mittelst des Stückes b und der Schraube c. Durch das Stück b geht die lange Stange c?, welche durch die Schraube e festgestellt werden kann. An diesem Stücke b ist der Objecttisch befestigt, der aus mehreren über einander gleitenden Platten besteht und so eingerichtet ist, dass ein Ob- ject auf der obersten Platte mittelst des Hebels s in allen möglichen Rich- tungen sich langsam hin- und herschieben lässt. Wie dies geschieht, soll später beschrieben werden. Das Mikioskoprohr legt sich in die Aushöh- lung des Stückes /, welches durch die beiden Arme i mit der Stange d verbunden ist und darauf mit einer Klemmschraube festgestellt werden kann. Hinten ist an dem Rohre eine gezahnte Stange befestigt; mittelst dieser Stange und eines Triebes, dessen gezahnter Knopf bei k sichtbarJ 1 1 - ■ . 14 9 . 10 3 . 3 Mikroskope von Samuel Varley. " 757 ist, geschieht die schnelle Bewegung des Mikroskoprohrs. Bei l sieht man den geränderten Knopf der Schraube, die zur feinen Einstellung bestimnot ist ; sie druckt gegen einen Hebel m, der mit einer kurzen Röhre Fig. 308. Varley' s Mikroskop. verbunden ist, an welche das Objectiv geschraubt wird. Diese Röhre befindet sich innerhalb des grösseren Rohres und wird dort durch eine Spiralfeder nach unten getrieben, während der Hebel in entgegengesetz- 758 ■ IMlkroskopc von Field. ter Richtung wirkt*). Zur Beleuchtung dient ein Spiegel, der pich in alle Stellungen bringen lässt, und eine Linse n auf einem beweglichen Arme, wodurch dieselbe auf alle gewünschten Punkte und in alle Stellun- gen gebracht werden kann. Ohne die Objectivpysteme kostet dieses Ge- stell 20 bis 30 Pfund. Ausser den bisher Genannten giebt es noch manche andere Verler- tiger von Mikroskopen in England, die den drei zuerst genannten Lon- doner Optikern durch gute Instrumente nahe zu kommen bemüht pind. Dahin gehören M. Pillischer, W. Ladd, Salmon, Amadio, Highley, Matthews in London, W. King in Bristol, Grubb in Du- blin, Field u. Comp, in Birmingham**). Die letztgenannte Firma hat sich noch auf besondere Weise verdient gemacht. Wenngleich es näm- lich in England an Verfertigern ausgezeichneter Mikroskope nicht fehlte, so wurden doch noch fortwährend die wohlfeileren Instrumente von Oberhäuser und Nach et in Menge dahin verkauft. Deslialb setzte die Socieiy ofArts in London Anfangs 1855 zweiMedaillenaus: a)für ein ein- faches Mikroskop mit Linsen von 1 Zoll bis ^/g Zoll Brennweite, welches nicht über 10 Schilling 6 Pence kostete; b) für ein zusammengesetztes achromati- sches Mikroskop mit zweiOcularen und zwei Objectiven, von denen das eine mit dem schwächsten Oculare 25 Mal, das andere 125 Mal vergrösserte, fer- ner mit einem Spiegel, der auch zur seitlichen Beleuchtung dienen kann und mit einem Diaphragma mit mehreren Oeflfnungen; der Preis dieses Mi- kroskops sollte nicht über 3 Pi'und 3 Schilling gehen. Im Falle der Zuerkennung der Medaillen erklärte sich die Gesellschaft bereit, 100 klei- nere und 50 giössere Instrumente anzukaufen. Diese Preisausschreibung hatte den besten Erfolg. Am 13. Jimi 1855 berichtete die aus den Herren Busk, Dr. Carpenter, Jackson, Dr. Lankester, Quekett und Saunders bestehende Commission, dass sich mehi-ere l^ewerber ge- funden hätten , dass sie aber nach sorgfältiger Prüfung den Preis ein- stimmig den Herren Field u. Comp, in Birmingham zuerkenne, die den gestellten Bedingungen vollkommen Genüge geleistet hätten. Nach Beale (Quart. Journ. Oct. 1857. p. 44) ist dieses Mikroskop von Field ein für diesen Preis recht gutes Instrument. Zum Schlüsse dieser Uebersicht der englischen Mikroskope sind hier noch einige mehr für sich dastehende Verbesserungen zu nennen, *) Dieses Mittel zur feinen Einstellung genügt zwar, um das Objectiv in die rechte Entfernung vom Objecte zu bringen, ist aber in andei-er Beziehung nicht aus- reichend. Es wird dadurch nämlich auch die Entfernung zwischen Ocular und Objectiv verändert, und somit auch die Vergrösserung. Hieraus folgt aber, dass bei dieser Einrichtung keine mikrometrische Methode Anwendung finden kann, wobei es auf genaue Kcnntniss der Vergrösserung ankommt, und eben so wenig ist dabei eins der verschiedenen Ocularmikrometer zu verwenden. **) Einige davon, nämlich Salmon, Ladd, Highley und Matthews liefern nur. die mechahische Einrichtung der Mikroskope und geben dann frarizösische Ob- jectivsysteme dnzu. % Wcnhain's verschiebbare Linsen. 709 auf die man in der letzten Zeit gekommen ist. Dahin gehört zunächst die von Wenhani {Quart. Journ. I8i>7. XIX. 7'ra?2.sac^ p. 14o) ersonnene und auch wirklich in Ausführung gebrachte Modification der Corrections- einrichtung, wodurch die Objective sich zur Verwendiuig bei Deckplätt- chen von verschiedener Dicke eignen. Es wurde oben (8.747) erwähnt, dasR Rosä zu diesem Zwecke die unterste Linse des Objectivs beweglich machte, um sie bis zu einem gewissen Grade von den beiden anderen entfernen oder aber denselben nähern zu körmen. Mit dieser Einrichtung ist nur der Nachtheil verbunden, dass man, um die richtige Entfernung der untersten Linse zu finden, das Objectiv immer vom Objecte entfernen muss, damit man nicht gegen das Deckplättchen pti)sst, und beim Herum- drehen kommt auch das Object aus dem Focus. Deshalb hat Wenham sein Objectivsystem so eingerichtet, dass die unterste Linse unverrückt bleibt, dagegen aber die beiden anderen zusammen sich bewegen: man verliert so das Object nicht aus dem G-esichte und vermag mit grösster Sicherheit zu beurtheilen, ob beim Umdrehen der Schraube, durch wel- che diese Bewegung zu Stande kommt , das Bild an Schärfe gewinnt oder verliert. Diese Modification ist scheinbar sehr unbedeutend; das ist sie aber in praktischer Beziehung nicht und sie verdient gewiss Nach- ahmung. Ferner gehört hierher der Versuch Brooke's {Quart. Journ. April 1853. Transact. p. 83), zwei ungleich vergrössernde Objective der- gestalt zu vereinigen , dass nach einander das eine und das andere unter das Mikroskoprohr kommt, ohne dass man doch das eine abzuschrauben braucht, um das andere an seine Stelle zu bringen. Zu dem Ende ist unten am Mikroskoprohre ein Arm angeschraubt, der nach vorn sieht und einen Stift trägt, um welchen sich ein Stab lierumdr^dit. An beiden Enden dieses Stabes sind Objective angeschraubt, und durch Umdrehen desselben kann jedes der Objective unter das Mikroskoprohr kommen, während das andere Objectiv weit genug vom Ojecttische entfernt bleibt, dass es nicht hinderlich ist. Brooke hat auf diese Weise zwei Objective am Mikroskope angebracht, das eine von 1 Zoll Brennweite zum allge- meinen Ueberblicke, das andere von Y4 Zoll Brennweite zur genauem Untersuchung. Der Gedanke, zwei oder selbst mehr Linsensysterae zusammenzu- bringen, die sich um eine Axe drehen, ist zwar nicht neu, da man ihm schon vor mehr denn zwei Jahrhunderten bei Kircher begegnet (S. 601); die Sache verdient aber auch noch aus einem andern Grunde Empfehlung, der Brooke entgangen zu sein scheint. Dem Mikroskope fehlt es näm- lich noch an einem Sucher, wie ihn das Fernrohr besitzt, und diesem Mangel scheint wirklich durch die Einrichtung Brooke's abgeholfen werden zu können, wenn man dabei Sorge trägt, dass die L'nterflächen der beiden Objective sich genau in der entsprechenden Entfernung vom Objecttische befinden, die ihren verschiedenen Brennweiten entsprechend ist, wo man dann durch das eine wie durch das andere Objectiv die 7G0 Brooke'ri Stellung der Olijective. Objecte scharl sieht, ohne dass vorher eine Stellveränderung nothig wäre. Bei solcher Einrichtung würde der kleine Apparat wirklich zeitsparend sein. Es Hesse sich aber auch so machen, dass das eine Objectiv, das stärkere nämlich, durch andere noch stärkere ersetzt werden kann, denen allen das schwächste Objectiv alsdann als Sucher dient. Die einzige Schwierigkeit liegt darin, dass die mechanische Ausführung eine höchst sorgfältige sein muss, damit das Objectiv beim Umdrehen der Stange immer genau in die optische Axe des Instruments kommt und auch alles fremde Licht abgeschlossen bleibt. Natürlicher Weise wird der Preis des Instruments dadurch erhöht, und beim vielfachen Gebrauche tritt auch leicht eine Abnutzung ein. Die Art und Weise, wie die Objectivsysteme durch Schraubenverbin- dung mit dem Mikroskopkörper vereinigt werden , hat die Microscopical Society beschäftigt; dieselbe beauftragte eine Commission, bestehend aus den Herren Jackson, Brooke und Perigal, bestimmte Vorschriften dafür aufzustellen, und diese Commission brachte am 11. November 1857 ihren Bericht {Quart. Journ. 1857. XXII. Transact. p. 39), Der Haupt- zweck einer Aufstellung solcher Vorschriften ging dahin , dass künftig- hin Objective aus verschiedenen Werkstätten an die Mikroskope der ver- schiedenen Optiker angesetzt werden könnten. Für England ist dieser Zweck guten Theils erreicht, da die drei Hauptfirnien Londons (Ross, Powell, Smith) sich bereit erklärt haben, das vorgeschlagene Modell anzunehmen. Indessen ist es nicht gerade wahrscheinlich, dass die Op- tiker des Continents sich auch allgemein dem anschliessen werden. Ich hätte nur wünschen mögen, es wäre bei dieser Gelegenheit statt der Schraubenverbindung die Bajonetverbindung gewählt worden, die den doppelten Vorzug hat, dass die Objective dabei rascher gewechselt wer- den können und dass die Centrirung eine zuverlä-ssigere ist. 439 In Nordamerika fing Charles A. Spencer vor mehreren Jahren an, Objective zu verfertigen. Die ersten Nachrichten darüber gaben Gilman und Bailey {American Journ. of Sc. and Arts. 1848, March, Nr. 14, p. 237 u. 297, und 1849, March, p. 265). Spencer machte bald grosse Fortschritte, so dass nach dem Zeugnisse seiner Landsleute seine Objec- tive den besten englischen fast den Rang ablaufen, jene von Chevalier, von Plössl, von Oberhäuser aber übertreffen. Sein Mikroskopgestell hat viel Aehnlichkeit mit dem Che valier'schen; seine Objective haben 1/3, 1/7 und 7i2 ßJ^g'' Zoll (8,2 3,6 und 2,1 Millimeter) Brennweite. Die namentlich von Bailey hochgerühmte Vortrefflichkeit der Spencer 'sehen Objective rief eine Art Wettstreit mit den in England gefertigten Mikroskopen hervor, woselbst namentlich Marshall und Warren de la Rue daran Theil nahmen {American Journal 1851. p. 82). Zu einem bestimmten Entscheid konnte man aber nicht kommen, da man über die Abstände der Striche auf den als Probeobjecte benutzten Dia- tomeenschalen {Navicula Spenceri \xnA Grammatophora subtilissima) sich nicht Spencer; J. und W. Grunow; RiddcU. 7G1 vereinigen konnte, zum sprechenden Beweise dafür, wie unzuverlässig die der Natur entnommenen Probeobjecte sind, wenn man die relative Tüchtigkeit verschiedener Mikroskope feststellen will, oder wenn zwei von einander entfernt wohnende Beobachter nach einander dasselbe Ob- ject unter möglichst gleichen Umständen untersuchen. Diese Erfahrung wurde aber auch hauptsächlich Veranlassung, dass man die verschie- denen Arten von Indicatoren ersann, von denen später die Rede sein wird. Im Jahre 1851 hatte Burnett {American Journ. 1851, Nr. 12, p. 56) auf einer Reise nach Europa Gelegenheit, Spencer's Objectivsysteme mit denen von Ross, von Powell u. Lealand, von Nach et zu ver- gleichen; für die besten erklärt er die von Ross und von Spencer, ohne aber zu entscheiden, welcher von diesen beiden höher steht. Im Jahre 1852 gelang es Spencer, ein Objectivsystem mit 1/^2 ßQgl- Zoll Brennweite und einem Oeff'nungswinkel von ITi^^*' herzustellen, wie ein Brief von A. S. Johnson (^American Journ. 1852, p. 31) angiebt. Dasselbe würde für diese Brennweite unübertroffen dastehen , denn das oben (S. 750) erwähnte Objectiv von Powell u. Lealand mit 175*' üeffnung hat nur Yj^ ^ngl. Zoll Brennweite. Ausser Spencer besitzt aber Nordamerika auch noch andere Mi- kroskopverfertiger. Als solche werden genannt Wm. Buffhum and Son in Milburne, Lake Co Illinois, J. and W. Grunow in Newhaven {American Journ. 1855, July, p. 143). Von ihren Instrumenten ist mir nichts Näheres bekannt ; nur wurden die der letztgenannten Firma )ieuerdings sehr gerühmt {American Journ. 1857, Nov., p. 448). Als eine Modification der mechanischen Einrichtung des Mikroskops ist hier auch noch der Vorschlag des nordamerikanischen Professors Riddell {Quart. Journ. July 1853, Nr. IV, p. 305) anzuführen, die feine Einstellung durch ein Pumpwerk zu erzielen , indem man in eine Kaut- schukröhre mit elfenbeinernem Mundstücke, das in den Mund kommt, athmet. Der Hauptvortheil dabei ist, dass alsdann beide Hände zur Be- wegung des Objects frei bleiben , was bei Zergliederungen unterm Mi- kroskope wichtig ist. Riddell hat sein Verfahren daher auch zunächst iür das einfache, zu Sectionen benutzte Mikroskop in Anwendung ge- bracht. Eine nähere Beschreibung der Einrichtung seines Apparats hat Riddell nicht gegeben, er rühmt aber gar sehr dessen Brauchbarkeit. Jedenfalls ist es eine gute Idee, die näher geprüft zu werden verdient. Weiterhin werden wir auch den Erfinder einer neuen und bessern Form des binoculären Mikroskops in Riddell kennen lernen. In der vorhergehenden Uebersicht der Verbesserungen des zusam- 440 mengesetzten Mikroskops in neuerer Zeit habe ich absichtlich jene über- gangen, welche auf die Umkehrung des Bildes Bezug haben. Diese sol- len daher hier noch zusammengestellt werden. Das Theoretische über diesen Gegenstand ist bereits oben (§. 195 ff.) 7G2 Bildumkchrung nacih Listcr, nach Chevalier. angegeben worden. Wenn aber dort die Umkehrung durchs Ocu- lar zuletzt genannt wurde, so ist ?ie hier voranzustellen, da sie der Zeit nach den übrigen Methoden vorausgegangen ist. Schon kurze Zeit nach der Entdeckung des Fernrohrs, nämlich 1611, wies Keppler (Dioptriee^ Probl. 99) nach, wie man drei concave Linsen zu stellen hat, wenn man dieObjecte in ihrer natürlichen Richtung sehen will, und Rheita wandte dieses Priucip 1645 wirklich auf das Fern- rohr an. Beim zusammengesetzten Mikroskope indessen, wo die kleinen bicon- vexen Objectiviinsen ein weit weniger scharfes Bild geben, musste diese Verbesserung weit schwieriger zu erzielen sein. Bei älteren Miokrosko- pen scheint man auch nicht einmal den Versuch dazu gemacht zu haben. Nachdem aber das Objectiv aplanatisch gemacht worden war und das dadurch entstehende Bild weit schärfer und heller hervortrat, lag der Gedanke sehr nahe, die letzte Unvollkommenheit, die dem zusammengesetzten Mikroskope noch anklebte und wodurch es dem einlachen Mikroskope nachstand, die Umkehrung der betrachteten Gegenstände nämlich, zu beseitigen , und es war ganz natürlich, dass man zunächst zu jenem Älittel griff, dessen man sich schon seit einer Reihe von Jahren beim Fernrohre bedient hatte. Eine Vermehrung der Oculargläser zum Zwecke der Bildumkchrung brachteLister zuerst in dem Mikroskope zur Anwendung, welches Smith im Jahre 1826 nach seiner Anweisung verfertigte und wobei achromati- sche Linsen von Tulley benutzt wurden (Quekett 1. 1. p. 110). Die späteren englischen Mikroskopverfertiger haben dies allgemein angenom- men, und auf Verlangen geben sie ein solches umkehrendes Glas {erecting glass) zu ihren Instrumenten; im Preiscourant von Smith u. Beck ist es z. B, mit 1 Pfund verzeichnet. Meistens ist dann auch ein inneres Rohr da, welches sich ausziehen lässt, an dessen Unterende der Umkehrungsapparat geschraubt wird, nämlich eine kurze Röhre mit zwei planconvexen Linsen, deren convexe Seite aufwärts gerichtet ist. So ist er schon 1830 am Mikroskope von Pritchard und Goring an- gebracht. Erst längere Zeit, nachdem dieses Mittel in England in Gebrauch gekommen war, dachte man auch anderwärts an die Erreichung dieses Zweckes, indessen auf andere Weise. Chevalier, der, wie wir sahen, Amici's horizontales Mikroskop nachmachte, musste bald wahrnehmen, Fig. 309. ^^^^ durch das darin enthaltene rechtwinkelige Prisma die Bilder eine halbe Umkehrung erfahren. Es war nun klar, dass eine zweite halbe Umkehrung durch ein zweites recht- winkelig zum ersten stehendes Prisma eine vollständige Um- kehrung zur Folge haben musste. Er führte das auf die in Fig. 309 dargestellte Weise aus, indem er ein rechtwinkeli- ( he val 1 er s o o ^ blldumkeh- ges gläsemcs Prisma in der hier verzeichneten Richtung rendes Prisma, jq einem Röhrchen vor das Ocular brachte. A Fig. 310 Rildumkchrung nach Nachct 703 Das nämliche Princip der doppelten totalen Reflexion ist auch beim umkehrenden Mikroskope Nachet's festgehalten, welches dieser zuerst im Jahre 1843 verfertigte {Comptes rendus^ 1843. XVII, p. 917). Vor dem Chevalier'schen hat es den grossen Vorzug, dass das Mikroskop- rohr vertical steht, so dass die Hände, wenn Zergliederungen darunter vürgmionninen werden, viel freier sind. Auch ist die Unterfläche des obern Prisma convex geschliffen, so dass dasselbe zugleich als Linse wirkt und das Gesichtsfeld grösser macht. Das Rohr dieses bildumkehrenden Mikroskops ist in Fig. 310 im Durchschnitte dargestellt, und 'zwar bei A das ganze Mikroskoprohr, bei B das Ocular allein für eine Stellung, die von jener bei A um 90** differirt. Die erste halbe Umkehrung erfolgt durch das Prisma abc^ welches unmittelbar über dem Diaphragma rs in der Nähe des Objectivs angebracht ist. Bei d befindet sich ein gewöhnli- ches planconvexes Collectivglas und bei mn ein Diaphragma. Das zweite Prisma, welches durch seine convexe ünterfläche auch als Ocular wirkt, be- findet sich bei A in efgh, bei B in e'f'g'h'. Aus der Abbildung ersieht man deutlich, dass ein in o befindliches Auge, welches unter einem Winkel von etwa ib^ auf die gerade Fläche e'f des Prisma sieht, die Bilder der Objecte, die sich unter dem Mikroskope befin- den , in ihrer wahren Richtung nach dem Verlaufe der Linie oi sehen wird. Die Theorie dieser Umkehrung ist oben (§. 177 und 195 ff.) nachzusehen. Es gehören zu diesem Mikroskope vier achromatische Doppellinsen, die einzeln für sich, oder zu einem Systeme von zwei, drei oder vier Linsen verei- nigt, unten an den kegelförmigen Theil des Rohrs bei p q angeschraubt werden. Bei dem von mir untersuchten Instrumente fand ich: Abstand der Unterfläche Objectiv. Vergrösserung. des Objectivs vom Objecte. Eine Doppellinse .... 20 ..... • 48™" Zwei Doppellinsen 50 17 Drei Doppellinsen .... 92 8 Vier Doppellinsen .... 104 5 Y Durclischnitt von Nachet's bildum- kehrenden Rohre. 704 Bildumkelirung nach Nachet. Bei einer Projection von 25 Centimeter beträgt der Durchmesser des Gesichtsfeldes 165 Millimeter; man kann daher bei den genannten Vergrösserungen noch 8,2, 3,3, 1,8 und 1,6 Millimeter des Objects über- sehen. Helligkeit und Lichtstärke sind selbst bei der stärksten Vergrösse- rung und bei auffallendem Lichte noch immer ausreichend, so dass man bei gewöhnlichem Tageslicht und ohne Anwendung concentrirender Lin- sen arbeiten kann. Nachet hat sein Instrument nur dazu eingerichtet, und durch Weglassung des Spiegels kann er demselben eine geringere Höhe geben, die nicht mehr als 20,5 bis" 25 Centimeter über dem Objecte, und 25,5 bis 29 Centimeter über dem Tische beträgt, d. h. also eine solche Höhe, bei welcher die meisten Personen bequem im Sitzen arbei- ten können. Das ganze Mikroskop (Fig. 311) ist übrigens sehr einfach zusammengesetzt. Es hat einen kurzen, aber schweren cylindrischen Stamm b mit einem festen Querarrae fc, woran ein kurzes Rohr r befestigt ist; in diesem befindet sich ein zweites Rohr tw, welches im erstem durch einen Ti'ieb mit dem geränderten Knopfe n auf- und niederbewegt werden kann. In das innere Rohr wird dann die oben beschriebene Mikroskop- röhre i geschoben. Als Fussstück für den Stamm benutzt Nachet ent- weder eine schwere, länglich viereckige Messingplatte, oder einen Drei- fuss aus drei gleichen Klauen gijg, an deren Vereinigung der Stamm befindlich ist, der sich darauf um eine Axe drehen kann. In der letzten Zeit indessen scheint Nachet diese Art von Mikro- skopen nicht mehr verfertigt zu haben; wenigstens in seinem Kataloge vom Jahre 1856 kommen sie nicht mehr vor. Und gewiss ist es auch vorzuziehn , wenn man beim gewöhnlichen zusammengesetzten Mikro- skope einen bild umkehrenden Apparat mit benutzt, der nach Belieben aufgesetzt oder weggenommen werden kann, jenachdem man das Mi- kroskop zu Zergliederungen oder zu gewöhnlichen Beobachtungen be- nutzen will. Im Jahre 1848 habe ich in diesem Buche unter den Mitteln, wodurch das zusammengesetzte Mikroskop ein bildumkehrendes werden kann, auch zwei rechtwinkelige Prismen genannt, die so über einander gestellt werden, dass die Hypotenusenflächen mit der Axe des Mikroskops pa- rallel sind, und die Reflexionsfläche des einen Prisma auf jener des an- dern Prisma senkrecht steht. Dadurch werden zwei halbe Umkehrungen herbeigeführt, und somit befindet sich schliesslich das Bild wiederum ganz in der nämlichen Richtung wie das Object. Damals sprach ich nur die Besorgniss aus, es dürfte eine solche Combination wegen des schiefen Einfalls der Strahlen zu wenig Licht durchlassen. Diese Besorgniss hat sich indessen späterhin als grundlos erwiesen; Dove (Poggend. Annal. Bd. 83, S. 189) hat beim terrestrischen Oculare für Fernrohre mit Er- folg Gebrauch davon gemacht. Eine derartige Combination ist somit auch für Mikroskope anwend- Bildumkehrune nach Nachet. 7G5 bar; nur ist es vorzuziehn, wenn man über das rechtwinkelige Prisma ein Prisma von solcher Form bringt, dass aus diesem die Strahlen unter einem Winkel von 30^ bis 40*^ zur Mikroskopaxe heraustreten. Die Hal- tung des Kopfes ist dann eine bequemere. Fig. 311. Nachet's bildumkehrendes Mikroskop. Besser noch als eine Verbindung zweier solcher Prismen eignet sich ein einzelnes Prism.a, in dessen Innerem durch wiederholte Reflexion die nämliche Umkehrung zu Stande kommt. Ein solches Prisma verdanken 7GtJ Bildumkehruiigcn nach Nachet, nach Oberhäuser. wir Amici. Ein von Nachet verfertigtes ist in Fig. 312 so dargeptellt, dass inon es in etwas schiefer Richtung von der einen Seite und von oben sieht. Die punktirten Linien bezeichnen die nicht sicht- Fig. 312. baren Kanten. Die unterste Fläche ^aefc/ lässt die aus dem Oculare kommenden Strahlen hindurch. Die Flä- chen ab cd und e/bc sind die reflectirenden. So wer- den die Strahlen von rechts nach links und umgekehrt von links nach rechts geworfen, und dadurch kommt eine vollständige Umkehrung des Bildes zu Stande. Durch die oberste Fläche ceghd treten die also re- flectirten Strahlen wieder heraus und fallen in das Bildumkehrendes Prisma Auge des Beobachters. Die übrigen Flächen aihd^ nach Nachet. ghik und egkf sind ohne Einfluss auf die optische Wirkung des Prisma, das nur so weit abgeschliffen ist, um es nicht ohne Noth grösser zu haben. Die obere Fläche ceghd und die untere Fläche iai/c/treffen unter einem Winkel von 58*^ aufeinander; die Flächen abcd und efbc vereinigen sich unter eioem Winkel von 81 Y2*'' Dieses Prisma ist in ein Kästchen eingeschlossen , welches unten einen Ring hat, der auf das Ocular pas.-t. Nachet liefert diesen Appa- rat einzeln um 2.') Francs. Ein drittes Mittel zur Bildumkehrung ist dieses, dass man statt Eines Objectivs zwei Objective nimmt und diese in solche Entfernung von einan- der bringt, dass jenes Bild, welches vom untern erzeugt wird, durch das obere sich vergrössert darstellt. Diese Methode, verbunden mit einer innerhalb gewisser Grenzen verharrenden Veränderung im wechselseiti- gen Abstände beider Objective, ist es, die man in der letzten Zeit vor- zugsweise auf dem Continente in Anwendung gezogen hat Die erste Idee dazu ist von Strauss-Durckheim {Traite pratinue et theorique d^ Anatomie cojnpare'e. I, p. 81) ausgegangen. Er theille seine Ansicht Trecourt und Oberhäuser mit, und im Jahre 1839 legte letz- terer der französischen Akademie ein nach diesem Principe verfertigtes sogenanntes il/zcroscope ä dissection vor (Comptes rendus. 1839. IX, p. 322). Bei diesem Mikroskope Hessen sich die beiden Objective durch einen Trieb weiter von einander entfernen oder einander mehr nähern. Die Vergrösserung konnte von 0 bis zu 500 gehen. Bei der stärksten Vergrös- serung blieb das untere Objectiv immer noch 4 Millimeter vom Objecte entfernt. Bei einer löOmaligen Vergrösserung blieb noch ein Object von 0,2""" Durchmesser im Gesichtsfelde, und bei einer 2maligen Vergrösse- rung ein solches von 40"™ Durchmesser. Dieses Ober häuser' sehe Dissectionsmikroskop (Fig. 313) hat ganz das nämliche Gestell, wie seine grossen Mikroskope altern Modells. Nur schiebt sich in dem äussern Rohre ein inneres auf und nieder mittelst eines Triebes, wodurch diej Veränderung im Abstände der beiden Objective und somit auch die ver- änderliche Ver^rösserun" zu Stande kommt. Fig 313. Bildumkehrung nach Chevalier, Plössl, Oberhäuser. 7G7 Betrachten wir diese Einrichtung näher, so sehen wir, dass der Gang der Strahlen im Köiper des Mikroskops eigentlich nicht anders ist, als bei den viele Jahre fiiiher in Eng- land gebräuchlichen Instrumenten. Die Verbesserung von Trecourt undOber- häuser lag aber darin, dass sie als bild- umkehrendes Glas ebenfalls eine achro- matische Linse benutzten, die ausser- dem auch einen kürzern Focus hatte. Dadurch nahm zuvörderst die Deutlich- keit und Schärfe des Bildes zu und es wurde zweitens auch niöglich, eine grös- sere Breite der möglichen Vergrösse- rungen zu erzielen. Ihr Beispiel fand auch bald Nach- ahmung. Im Jahre 1841 beschrieb Fischer von Waldheim (^Le micro- scope pancratique. Moscou. 1841) ein von Chevalier verfertigtes Instrument unter dem Namen eines Microscope pancratique^ dessen Einrichtung durchaus auf dem nämlichen Principe ruht. Wir hören ferner aus dem Jahre 1843 von Plössl (Versammlung d. D. Naturf. in Gratz, Sitzung vom 20. September), dass der- selbe ein zusammengesetztes bildumkeh- rendes Mikroskop verfertigt hatte, zu dessen Verbesserung Dr. Fenzl bei- getragen haben sollte. Nach Mo hl (Miki'ographie S. 225) besitzt dieses bildumkehrende Mikroskop von Plössl das gewöhnliche Öcular des Fernrohrs für irdische Objecte und in der Schärfe des Bildes soll es den Vorzug vor Oberhäuser haben. Wirklich sind auch die früheren Dissectionsmikroskope des letztern in die- ser Beziehung sehr unvollkommen, wie ich mich durch die Untersuchung eines solchen vom Jahre 1841 überzeugt habe. Daran ist meines Er- achtens Schuld, dass Oberhäuser zu starke Objective nahm; das ver- schaffte zwar eine grössere Breite im vergrössernden Vermögen, aber nur auf Kosten einer guten Verbesserung der Aberrationen. Er hat dies späterhin auch selbst eingesehen: bei einem Instrumente aus dem Jahre 1846, worüber Mohl einen günstigen Bericht giebt, ist die schwächste Vergröpserung nur eine 6fache bei 70 Millimeter Abstand vom Objecte und einem Gesichtsfelde von 15,4 Millimeter Durchmesser, und die stärk- ste Vergrösserung geht nur bis 68 bei 14 Millimeter Abstand vom Ob- jecte, wovon dann nur noch gut 1 Millimeter übersehen werden kann. Bei diesem Instrumente ist Oberhäuser auch von seiner frühern Ein- Bildumkehrendes oder pankratischcs Mikroskop von Oberhäuser. 7G8 Priil'ung der verschiedenen Bilduinkehrungsmethoden. richtuiig abgewichen und er hat ein Ocular für irdische Objecte genom- men. Davon rührt wahrscheinlich die grosse Länge des Rohrs her: bei 6f'acher Vergrösserung steht das Ocular 23,6 Centimeter über den» Tische, bei 36facher 25 Centimeter, bei 68facher 32,5 Centimeter. Soll ich nun hier mein ürtheil abgeben über die verschiedenen jet/t gebräuclilichen Mittel zur Bildumkehrung im zusammengesetzten Mikro- skope, so würde dies darauf hinauslaufen, dass zwei von den befolgten Methoden, nämlich die Benutzung retlectirender Prismen und das Ein- schieben eines zweiten achromatischen Objectivs in die Bahn der Strah- len recht gute Resultate geben, wovon ich mich durch bestimmte Ver- gleichung also eingerichteter Instrumente überzeugt habe. Verlegt man die ümkehrung ins Ocular, dann sind die Bilder nicht so bestimmt; indessen in den meisten Fällen, wo es blos auf Zergliederung ankommt, kann man damit auskommen. Wie man aber auch die Bildumkehrung zu Stande bringen mag, ich kann nur wiederholen, dass besonders hierzu eingerichtete Dissections- mikroskope überflüssig sind. Dagegen erachte ich es für wünschens- werth, die zusammengesetzten Mikroskope fortan so einzurichten, dass sie der Beobachter, wenn er will, vorübergehend zu bildumkehrenden machen kann. In England ist dies allgemein gebräuchlich. Die in den letzten Jahren auf dem Continente von Oberhäuser, Nachet und Anderen gebotenen Mittel verdienen aber unzweifelhaft den Vorzug vor dem nicht- achromatischen erecting glass. Nachet's Prismen sind zwar recht gut angebracht, eignen sich aber doch nicht recht zur vorübergehenden Bild- umkehrung, weil ihre Wegnahme etwas mühsam ist, und sie auch theurer sind als ein Objectivsystem von grosser Brennweite, wie es hier verlangt wird; ebenso stehen sie aber auch dem oben erwähnten Amici'schen Prisma nach, welches nur durch einen Ring oben am Oculare befestigt zu werden braucht, um jedes Mikroskop sogleich in ein bildumkehrendes umzuwandeln., Letzteres hat jedoch den Nachtheil, dass das Gesichtsfeld dadurch sehr verkleinert wird, wenn man nicht das Auge etwas verrückt, um nach einander das ganze Gesichtsfeld zu übersehen. In dieser Hin- sicht ist es besser, wenn man ein achromatisches Linsensystera in die Bahn der Stralilen bringt; nur muss das Mikroskop so eingerich- tet sein, dass dieses System an das untere Ende eines Innern Rohrs, w^el- ches in einem weitern Rohre sich auf- und niederbewegt, angesetzt und mit Leichtigkeit wieder weggenommen werden kann. Diese Einrichtung habe ich bei zweien meiner Mikroskope, die im täglichen Gebrauche sind. Auf meine Veranlassung fügt Nachet jetzt seinen Mikroskopen auch ein hierzu bestimmtes System bei, wenn es verlangt wird. Natürlich ist dies aber nur bei solchen Mikroskopen mit einigem, Vortheil anzubringen, die nicht zu hoch sind. Deshalb geht es nicht beij den grossen Mikroskopen von Plössl, Schiek, Ross, Powell u. s. w.,j weil es zur Vornahme von Zergliederungen auf dem Objecttisclie durch- Umgekehrtes Mikroskop von Chevalier. 7G9 aus nöthig ist, dass man sitzend arbeite, was aber wohl den meisten schwer fällt, wenn die Höhe des ganzen In- struments vom Ocular bis zum Tische über 3 0 Centimeter beträgt. Es ist hier auch 441 der Ort, einer modi- fici«ten Einrichtung des zusammengesetz- ten Mikroskops- zu er- wähnen, die für man- che Untersuchungen sehr erspriesslich sein kann , nämlich der Aufwärtskehrung des Objectivs. Ein solches umgekehrtes Mi- kroskop QMicrosco- pium inversurri) , wie man es nennen könnte, und zwar ausdrücklich zu mikrochemischen Untersuchungen be- stimmt, wurde zuerst schon vor vielen Jah- ren von Chevalier ange- fertigt. Die Einrichtung wurde mit Chevalier's ho- rizontalem Mikroskope (s. Fig. 286) in Verbindung ge- setzt, woran die Röhre u, welche das reflectirende Prisma enthält, zugleich mit dem Objective x umge- dreht werden kann, so dass das letztere nun nach oben sieht. Die weitere Einrich- tung erhellt aus Fig. 314, wo die Buchstaben in A und B die nämlichen Theile be- zeichnen. Auf das Objectiv- rohr X passt der Ring zu, der durch den Querarm d'' 49 Chevalier's mikrochemischer Apparat in der Seitenansicht B. Derselbe von vorn gesehen. Hartiiig''3 Mikroskop. 770 Smith's Prisma. mit der vierseitigen Stange c'c' in Verbindung steht. An dieser Stange bewegt sich durch einen mit dem Knopfe o' versehenen Trieb der läng- lich vierseitige Objecttisch z' z'. Einander gegenüber sind am Object- tische die beiden kleinen Weingeistlampen yy befestigt, indem sie durch die Hülsen n'n' um die runden Stifte m' m' sich drehen. Die Mitte des Objeettisches hat eine runde Oeffnung für das Uhrglas /, in w^elches eine erwärmte Flüssigkeit kommen kann. Die Beleuchtung findet durch den Spiegel h' und das drehbare Diaphragma p' statt. Dieses chemische Mikroskop Chevalier's ist aber niemals recht in Gebrauch gekommen, hauptsächlich wohl wegen der grossen Entfernung des Objeettisches vom Oculare, wodurch es in der That schwer fällt, gleichzeitig durchs Mikroskop zu sehen und das höher liegende Object mit den nicht unterstützten Armen zu bewegen. Der amerikanische Pro- fessor Lawrence Smith (Ä7nerican Journ. 1852. XIV, p. 232) hat nun aber dieses Mikroskop durch Nach et dergestalt umändern lassen, dass zwar die zu Grunde liegende wesentliche Idee nicht aufgegeben, das Instru- ment aber praktisch weit brauchbarer wurde. Die hauptsächlichste Ver- änderung besteht in der veränderten Form des Prisma, wie sie Fig. 315 dargestellt ist. . In diesem Prisma findet eine doppelte Reflexion statt, wodurch die Strahlen in eine Richtung kommen, bei welcher der Kopf die bequemste Stellung haben kann , und wobei auch die Hände, ganz so wie beim gewöhnlichen Mikroskope , zur Behandlung der Objecte auf dem Objecttische benutzt werden können. Smith hat folgende Winkel an sein Prisma schleifen lassen: a = 55*^, b = 1071/2*^1 ^ = 52Y2^ d = 1450. Die Axe des reflectirten Strahlenbündels bildet dann einen Winkel von 35*^ mit der Senkrechten. Es versteht sich aber von selbst, dass dieser Winkel etwas grösser oder kleiner ausfallen kann, wenn man dem Prisma eine etwas andere Gestalt giebt. Das Mikroskop, wie es Nachet hergestellt hat, ist in Fig. 316 dar- gestellt. Das Kästchen a3, worin das Prisma enthalten ist, hat seine Befestigung auf einem Schlitten, der sich zwischen zwei Leisten hin- und herbewegt , so zwar , dass beim Ziehen am Knopfe c das Kästchen mit dem darauf befestigten Objectivrohre nach vorn und zur Seite des Ob- jeettisches zu stehen kommt, worauf dann das Objectiv, welches bei d aufgeschraubt wird, ohne Mühe mit einem andern vertauscht werden kann. Zur grobem Einstellung dient das Röhrchen e; dasselbe trägt das Objectiv und lässt sich auf einem andern im Innern befindlichen Röhrchen auf- und niederschieben. Die feinere Einstellung erfolgt durch das Umdrehen einer Schraube mittelst des gerieften Randes bei /. Der Objecttisch, welcher durch einen festen kurzen Stamm mit dem runden Fussstücke fest und unbeweglich verbunden ist, hat eine runde Gestalt und ist unbeweglich. Auf diesen Tisch kann eine zweite freiliegende Platte g kommen, mit einer Oeffnung in der Mitte, über welche ein kur- zes Rohr hinausragt, das in die Oeffnung des ersten oder eigentlichen Objeettisches passt. Dieser freie Objecttisch ist länglich vierseitig und Ihiigckehrtes Mikroskop von Nachet. 771 so lang, (lass er den Rand des ersten etwas überragt. Man kann ?o un- ter den nach aussen überragenden Tlieil eine kleine Spirituslampe briii- Fig. 315. Smith's Prisma zum umgekehrten Mikroskope. Naohet's umgek ehrtet- Mikroskop. gen, die zum Ganzen gehört und an einer Stange, welche auf einem be- sondern Fussstücke ruht, höher und niedriger gestellt werden kann. Der Beleuchtungsapparat besteht zuvörderst aus einem nach allen Seiten be- weglichen Spiegel 2, der an der runden Stange k auf- und niedergleitet, und zweitens aus einem deckeiförmigen mit einer kleinen Oeffnung ver- sehenen Diaphragma ^, welches von dem Arme m getragen wird, der, gleich dem Spiegel, um die runde Stange k sich dreht, so dass er höher oder tiefer gestellt, oder auch ganz zur Seite gedreht werden kann. Dieses Mikroskop mit vierObjectivsystemen, Nr. 0, 1, 3 und 5, einem Ocular, einem beweglichen Glasmikrometer im Oculare und einem sehr einfachen Goniometer, kostet 350 Francs. Ohne Zweifel ist manchem Jünger der Wissenschaft mit diesem Mi- kroskope ein wesentlicher Dienst geleistet. Freilich können die meisten mikrochemischen Reactionen auch unter einem gewöhnlichen Mikroskope vorgenommen werden, wenn man nur hinlänglich grosse Deckplättchen nimmt; doch ist es weit sicherer, namentlich wenn verdunstende Säuren im Spiele sind, man benutzt dazu das umgekehrte Mikroskop, weil die Objective dann niemals der Gefahr ausgesetzt sind, angegriffen zu wer- den. Das umgekehrte Mikroskop bietet aber ausserdem noch einen viel- seitigeren Nutzen: der Gebrauch von Deckplättchen wird dabei überflüs- sig, ausgenommen wenn man diese blos dazu benutzt, das Object flach auszubreiten. Nun giebt es mancherlei Beobachtungen, wo die Verwen- dung von Deckplättchen,- die wenigstens bei etwas stärkeren Vergrösse- rungen nicht entbehrt werden können, sehr störend ist. Man hat etwa ein anatomisches Object mit Nadeln zerzasert und mit einem Deckplätt- 49* 772 Umgekehrtes Mikroskop. clien bedeckt unters Mikroskop gebracht, und findet nun, dass die Zer- zaserung nicht ausreichend gewesen ist, oder dass in Folge des aufliegen- den Deckplättchens jene Theile , die man besonders zu sehen wünscht, von anderen verdeckt werden. In einem solchen Falle ist man genöthigt, das Deckplättchen wieder wegzunehmen, die Theile von Neuem bloss zu legen und dies wohl mehrmals zu wiederholen, bis das Präparat deutlich und klar wird. Dieser Mühe ist man beim umgekehrten Mikroskope überhoben ; man kann dann so lange an dem Pi'äparate arbeiten , bis es ganz vorbereitet ist. Man könnte auch an der Stange, welche den Spie- gel trägt, eine Lupe anbringen, die an einem km*zen Arme an der Stange sich auf- und niederschieben und auch zur Seite drehen lässt, um sie allenfalls über das Object zu schieben und unter ihr die nöthigen Hand- griffe auszuführen. Aus dem nämlichen Grunde bewährt sich dieses Mikroskop auch nützlich bei Untersuchungen über die Entwiekelung vegetabilischer wie animalischer Organismen, wie Süsswasseralgen, Infusorien, Mollusken- eier u. s. w., die nicht gut einen Druck vertragen und wo doch der Luft- zutritt nöthig ist. Will man z. B. den einen oder den andern organi- schen Entwickelungsprocess während einiger Stunden oder selbst Tage verfolgen, so kann man mit etwas geschmolzenem Wachse oder mit einem Gemenge von Wachs und Terpentin ein Glastäfelchen über die OefFnung des Objecttisches befestigen, und auf dieses, oder noch besser auf ein be- sonderes Glastäfelchen, oder bei verhältnissmässiger Grösse in einen klei- nen Glas- oder Guttaperchatrog den zu untersuchenden Körper mit Was- ser bringen. Bedeckt man nun das Ganze mit einem zwei bis drei Cen- timeter hohen Ringe von Blech oder Messing, schliesst diesen oben her- metisch durch eine gerade Glasplatte, und klebt den etwas breitern un- tern Rand mit einem Gemenge von Wachs und Terpentin auf den Ob- jecttisch, dann kann die Flüssigkeit nicht verdunsten, zumal wenn die Innenfläche des Ringes vor dem Aufsetzen auf die Glasplatte noch mit Wasser befeuchtet wurde. Um das Anlegen des Wasserdunstes an die gläserne Decke zu verhindern, ist es gut, wenn man diese Glasplatte vorher mit etwas Oel bestreicht. Für diese Zwecke namentlich habe ich ein solches Instrument, dessen ich mich seit ein paar Jahren bediene, sehr vortheilhaft gefunden und gebe ich ihm vor änderen Mikroskopen den Vorzug. Gegenüber diesen Vorzügen giebt es aber auch einige Punkte, worin ein solches umgekehrtes Mikroskop einem gewöhnlichen Mikro- skope nachsteht. Zuvörderst ist das Prisma, wie vortrefflich es auch ge- schliffen sein mag, als feststehender Bestandtheil des Mikroskops dennoch zu verwerfen, weil es dessen optischem Vermögen immer einigen Eintrag thut. Zweitens ist es immer viel schwieriger, die Beleuchtung, die bei dieser Einrichtung von oben her stattfindet, zu reguliren, als wenn der Beleuchtungsapparat unter den Objecttisch kommt; dies rührt aber beson- ders davon her, dass das Object nicht blos durch den Spiegel, sondern Umgekehrtes MiUroskup. 7 7iJ von allen Seiten her Licht empfangt, dass somit die sehr schief aufl'allen- den Strahlen im Objecte gebrochen und reflectirt werden, wodurch das ganze Bild etwas Nebliges und Undeutliches bekommt. Diesem Uebel- stande wird durch das oben erwähnte deckeiförmige Diaphragma be- gegnet, und es muss dasselbe deshalb ganz dicht über das Object kommen, damit die von der Seite kommenden Strahlen möglichst ausgeschlossen werden. Bemerken muss icli indessen , dass jene Beleuchtung in man- chen Fällen, zumal wenn schief einfallendes Licht erforderlich ist, sehr vortheilhaft wirkt. Sehr schwierige Probeobjecte, an denen die Strichel- chen bei schief von unten einfallendem Lichte sehr schwierig wahr- zunehmen sind, erkennt man recht deutlich, wenn der Spiegel sowohl als das Diaphragma eine schiefe Stellung bekommen. Als dritter Uebelstaud dieser Einrichtung des umgekehrten Mikroskops ist der Umstand anzu- führen, dass man, wenn das stärkste Objectiv Nr. 5 genommen wird, das Objectiv nicht auf ein Glastäfelchen von gewöhnlicher Dicke legen darf, sondern nur auf eine Tafel von gleich dünnem Glase, wie es sonst nur zu Deckgläschen genommen wird. Als die grösste Unvollkommenheit die- ses Mikroskops sehe ich es aber endlich an, dass es in seinem gegenwär- tigen Zustande zur Beobachtung von Objecten bei auffallendem Lichte sich nicht eignet. Möglich ist es indessen, durch passend angebrachte spiegelnde Oberflächen dieser Unvollkommenheit theilweise wenigstens ab- zuhelfen. Im nämlichen Jahre 1850, wo Nachet für Lawrence Smith das oben beschriebene Mikroskop verfertigte, kam Dr. Leeson in London, wie es scheint ganz unabhängig von jenem , auf dieselbe Idee , und nach seiner Anweisung verfertigten damals Smith u. Beck ein solches umge- kehrtes Mikroskop, das sich vom Nachet'schen mir darin unterscheidet, dass sein Objecttisch sich höher und niedriger stellen lässt. Die erste Nachricht davon veröffentlichte aber erst sechs Jahre später Highley (^Quart. Journ. July 1856. Nr. XVI, p. 280), der bei dieser Gelegenheit zugleich die Beschreibung und Abbildung eines mineralogischen Mi- kroskops gab, das in der Hauptsache gleiche Einrichtung hat als das umgekehrte Mikroskop, ausserdem aber einen um zwei Axen beweglichen Objecttisch besitzt mit zwei entsprechenden eingetheilten Kreisen, um die Neigungswinkel voii Krystallflächen messen zu können, und im Oculare ein Turmalin- und ein Kalkspathblättchen enthält, damit es statt K ob eil 's Stau- roskop benutzt werden kann; wie denn auch noch andere Apparate für krystallographische Untersuchungen dazu kommen. Schon weiter oben (§. 421) ist einiger Versuche gedacht worden, die 442 schon in die erste Zeit nach Erfindung des zusammengesetzten Mikro- skops fallen, um dasselbe in ein binoculäres umzuwandeln. Der damals eingeschlagene Weg, dass man nämlich zwei einzelne Mikroskope ver- einigte, die beide auf das nämliche Object gerichtet waren, schien jedoch nicht zu dem beabsichtigten Ziele führen zu können und man stand des- 774 Multoculäres Mikroskop. halb weiterhin davon ab. In neuerer Zeit sind aber diese Versuche wie- derum autgenomnien worden, und im ersten Buche handelt ein besonde- res Kapitel (§. 186 u. folg.) über die Theorie der multoculären Mikro- skope. Dem Nordamerikaner Professor Riddell (American Journ, 1853. June p. 26(3) gebührt das Verdienst, zuerst den wahren Weg angegeben zu haben, den man zur Erreichung dieses Zieles einzuschlagen hatte. So, wie es in Fig. 317 dargestellt ist, brachte er vier rechtwinkelige Prismen Fig. 317. ^^_^^li c e 1 I h k 1 "^ S Kiddeirs vier (ilai?prismen. Über das Objectiv und erreichte dadurch eine Spaltiuig des Strahlenbün- dels in zwei Bündel, deren jedes durch ein besonderes Ocular aufgefan- gen werden konnte, so dass man mit beiden Augen zugleich auf das nämliche Object sah. Sobald ich von diesem neuen Verfahren Kenntniss erhalten liatte, schrieb ich an Na che! und schlug ihm vor, er sollte eine kleine Verän- derung im Riddell'schen Ajipaiate vornehmen, nämlich die beiden äusse- ren Prismen weiter von den mittleren entfernen , um ein Mikroskop her- vorzubringen, womit zwei Beobachter auf Einmal das nämliche Object sehen könnten, was mir eine vortheilhaftere Verwerthung des zu Grunde liegenden Princips zu sein schien, als wenn man nur an die Herstellung eines stereoskopischen Mikroskops dächte , von dem ich weit weniger Nutzen erwartete. Ich empfing bald die Antwort von Nachet, dass ihm Riddell's Verfahren ebenfalls bekannt geworden sei und dass er auch sogleich eingesehen habe, es werde sich so ein Mikroskop für zwei Be- obachter herstellen lassen; er sei aber Willens, es auf etwas andere Weise zur Ausführung zu bringen. Wirklich brachte Nachet im folgenden Jahre seine binoculären Mikroskope für Einen Beobachter sowohl wie für zwei Personen zu Stande, denen etwas später sein trioculäres Mikro- skop nachfolgte. In diesen verschiedenen Instrumenten wurde die Spal- tung der Strahlenbündel nicht durch rechtwinkelige, sondern durch gleich- seitig dreieckige Prismen zu Stande gebracht. Im nämlichen Jahre, wo Riddell seine Methode ersonnen und ver- öffentlicht hatte, beschäftigte sich auch Wenham in England mit der Lösung dieser Frage. Er suchte auf dioptrischem Wege zum Ziele zu kommen. Wenham, der zwar nicht Mechanikus von Beruf, aber im Ver- fertigen optischer Instrumente doch nicht ganz ungeübt war, vereinigtei Binoculäre Mikroskope. 775 zwei Kronglasprismen und ein Flintglasprisma mit einander, und erzielte so eine Spaltung der Strahlenbündel durch Brechung in gleicher Weise, wie durch die reflectirenden Prismen. Eine interessante Nachricht über seine Versuche gab er im Quart. Journ. 1853. Oct. V. Transact. p. 10- Yen der optischen Einrichtung dieser Mikroskope war aber schon in dem vorhin angeführten Kapitel im ersten Buche die Rede. Es versteht sich von selbst, dass das nämliche Princip auch für die einzelne Lupe oder für das einfache Mikroskop in Anwendung kommen kann, und gerade hierzu hat Riddell {Quart. Journ. Oct. 1853. Nr. V, p. 18) die Vereinigung der vier rechtwinkeligen Prismen empfohlen. Er hat ein derartiges zu Zergliederungen bestimmtes Instrument zu Stande gebracht mit Linsen von Y2 Zoll bis zu 3 Zoll Brennweite, mit dem er auch die S. 761 erwähnte Pumpeinrichtung zum feinen Einstel- len in Verbindung gesetzt hat. Riddell hat auch vorgeschlagen, bei Lupen mit ziemlich grossem Focus, wie sie Künstler und Naturforscher brauchen, statt der Prismen kleine Glasspiegel zu benutzen und diese etwa ähnlich wie an Parallel- linealen zu befestigen, die Linse aber unterhalb in die Mitte zu bringen, so dass sich der ganze Apparat wie eine Brille auf der Nase tragen Hesse. Das zweite Spiegelbild, meint er, werde hier nicht schaden, weil es zu schwach ist. Riddell fand, dass ein zusam- mengesetztes binoculäres Mikroskop, worin sich die Strahlenbündel durch V\ev rechtwinckelige Prismen spal- ten, pseudoskopische Bilder giebt, indem die Vertiefungen erhöht und Stellung zweier rechtwinkeliger Prismen die Erhöhungen vertieft erscheinen, behufs der Strahlenbündelspaltuug Er gab deshalb der Einrichtung den nach Riddell. Vorzug, dass blos zwei rechtwinke- lige Prismen mit spitzen Winkeln von 450 genommen und wie in Fig. 318 neben einander gestellt werden, wo dann die Axen der Strahlenbündel, die von den Hypotenusenflächen re- flectirt werden, zusammen einen spitzen Winkel bilden. Jenachdem die Prismen, während ihre unteren Kanten in Berührung bleiben, mehr oder weniger weit auseinander gerückt werden, wird jener Winkel ein grösse- rer oder kleinerer. Im Umriss ist dieses binoculäre Mikroskop in Fig. 319 a. f. S. dargestellt. Die beiden Prismen befinden sich am Boden einer dreiecki- gen Röhre von Messingblech , die auf dem Durchschnitte länglich vier- seitig ist. Befestigt ist diese Röhre an einen (in der Figur nicht sicht- baren) Arm, der bei P eine halbe Umdrehung hat, damit die Objective leichter gewechselt werden können. Bei CC sieht man zwei Ocularröh- 77 G Binoculäre Mikroskope. ren, die an Axeu hängen, um ihre Neigung abändern zu können, und die auch in horizontaler Richtung sich verschieben, damit ihre wechsel- seitige Distanz jener der Augen verschiedener Beobachter correspondire. BB sind die geränderten Knöpfe von Schrauben, wodurch die wechsel- seitige Neigung der Prismen modificirt wird. Endlich kann man noch über jedes Ocular ein kleines rechtwinkeliges Prisma dergestalt bringen, dass die halbe Umkehrung des Bildes, welche durch die ersten Prismen zu Stande kam, dadurch eine vollständige wird, das gesammte Bild sich also in der richtigen Stellung zeigt. Nach Riddell sollen die Wirkungen eines solchen Instruments staunenerregend sein, wenn man die Neigungswinkel der Oculare und Fig. 320. Fig. 319. \jBf ^/ ö F - t == 1 — ^ Riddells binoculäres Mikroskop. '^^^M^H^ßMMM 1) >• fll^^^^llll«i II llllllf ^ ' 'litt|g"ii' e Harting's binoculäres Mikroskop. der Prismen verändei't und den verschiedenen Convergenzwinkeln der Augenaxen anpasst. „Bei einer gewissen Stellung," sagt er, „wird man z. B. eine Milbe oder ein Räderthierchen einen Fuss entfernt und so gross wie eine Maus sehen; bringt man aber die beiden Prismen näher aneinander und entsprechen die beiden Oculare der veränderten Stellung, Harting's blnoculäres Mikroskop. 777 dann wächst das Bild auf wunderbare Weise, es scheint mehrere hun- dert Fuss entfernt zu sein und wetteifert in Grösse mit dem Wallfische u. s. w." Es mag dahin gestellt bleiben, ob an dieser Schilderung eine ame- rikanische Uebertreibung Theil gehabt hat. Dass die scheinbare Ver- grösserung auch beim monoculären Mikroskope ganz von der Entfernung der Fläche abhängig ist, auf welche das Bild projicirt wird, hat seine vollkommene Richtigkeit und wurde auch oben (§. 216) durchs Experi- ment dargethan. Dass aber dieses binoculäre Mikroskop je nach der verschiedenen Convergenz der Augenaxen einen so gewaltigen Einfluas übe, dass eine Vergrösserung 200 bis 300 Mal grösser ist als eine an- dere, das finde ich zum mindesten sehr zweifelhaft, wenn auch hierbei viel auf die Eigenthümlichkeit der Augen des Beobachters ankommt, und dasjenige, was der eine gesehen haben will, sich dem andern nicht eben so darzustellen braucht. Sicherlich nimmt aber nur die scheinbare Vergrösserung zu, und in dem Räderthierchen, welches so gross wie ein Wallfisch ist, würde man nicht mehr sehen, als wenn es die Grösse einer Maus zu haben scheint. Riddell scheint nicht darauf gekommen zu sein, seine Erfindung auch für ein binoculäres Mikroskop für zwei Beobachter zu verwerthen. Dieser Gedanke lag aber ganz nahe, und ich habe unlängst den schon früher gehegten Plan zu einem solchen Mikroskope wirklich ausgeführt, dasselbe aber so einrichten lassen, dass es eben so gut als einfaches Mikroskop wie als zusammengesetztes stereoskopisches Mikroskop zu be- nutzen ist. Auch schien es mir wichtig, eine solche Einrichtung zu tref- fen, die dem gewöhnlichen monoculären Mikroskope zugefügt werden kann. Die meisten Mikroskopgestelle, wo sich das Mikroskoprohr in einem weitern Rohre auf- und niederbewegt, welches durch einen Arm mit dem Stamme zusammenhängt, eignen sich nicht hierzu; dagegen passt das Amici'sche Mikroskopgestell, zumal wenn es einen schwe- rern Fuss bekommt. Dieses Mikroskop nun, wie es mir der Instrumen- tenmacher Olland in Utrecht hergestellt hat, ist Fig. 320 von hinten dargestellt; der das gewöhnliche Ocularrohr des Amici'schen Mikro- skops ersetzende Apparat lässt sich an dem mit dem Arme u zusammen- hängenden Ringe u an- und abschrauben. Der Fuss, die Stange, der Objecttisch mit den Mitteln zur groben und zur feinen Einstellung, des- gleichen der Beleuchtungsapparat gehören dem Amici'schen in Fig. 294 dargestellten Mikroskope an. lieber dem Objective befinden sich die zwei mittleren rechtwinkeli- gen Prismen, die in Fig. 317 dargestellt sind, und die beiden anderen Prismen können diesen genähert oder entfernter davon gestellt werden. Dazu dient die Einrichtung, welche man bei B von oben dargestellt sieht. Das Kästchen aa nämlich umschliesst die feststehenden Prismen und hat unten um die Oeffnung einen Ring rr mit einem Schraubengange, um es auf den Arm des Instruments befestigen zu können; ausserdem ist es mit 778 Harting's binoculäres Mikroskop. dem Rahmen hcde verbunden, woran die beiden Kästchen / und g mit den seitlichen Prismen schlittenartig hin- und hergleiten. Zum Zwecke dieser Bewegung sind zwei gezahnte Stangen hi und kl damit verbunden, in welche ein Trieb greift, zu dem .der geränderte Knopf m gehörig ist. Da diese Stangen in entgegengesetzter Richtung über einander gleiten, so kommen die Prismen einander näher, wenn der Knopf in der einen Richtung umgedreht wird, und durch Umdrehen in entgegengesetzter Richtung entfernen sie sich von einander. Auf diese beweglichen Käst- chen nun sind die Ocularröhren geschraubt, die noch aus zwei in einan- der verschiebbaren Röhren bestehen, damit die Entfernung des Oculars gemäss dem Zustande der verschiedenen Augen modificirt werden kann. Das geschieht aber durch einen Trieb, wozu der bei n sichtbare gerän- derte Knopf gehört. Soll das Instrument als einfaches oder als zusammengesetztes stereo- skopisches Mikroskop dienen, dann werden die beiden seitlichen Prismen einander soweit genähert, dass man mit beiden Augen zugleich sehen kann, wo dann die Ocularröhren etwa die Stellung haben, welche in der Figur durch die punktirten Linien angegeben ist. Sollen hingegen zwei Personen gleichzeitig zur Beobachtung kom- men, dann werden die Prismen mit den Ocularröhren bis an die beiden Enden des Rahmens gebracht, und die Oculare stehen dann 20 Centime- ter von einander ab. Bei dieser Stellung müssen jedoch zwischen den beiderseitigen Prismen die Röhren o und p eingeschoben werden, um das von aussen einfallende Licht abzuhalten. Zu diesem Ende kommen die beiden Röhren in die Höhlung eines rinnenförmigen Stückes Holz C (Fig. 320), welches vorn einen Ausschnitt für den mittlem Theil hat. Man hält das Stück Holz mit den Röhren in einer Hand, bringt diese auf den für sie bestimmten Platz, dreht dann den Knopf m mit der andern Hand um und nähert dadurch die Prismen einander, dass sie an die Röhren an- schliessen. Wie schon erwähnt, verfertigt Nach et ebenfalls binoculäre Mikro- skope, solche sowohl, die für zwei Personen bestimmt sind, als auch ste- reoskopische für die beiden Augen der nämlichen Person. Ihre optische Einrichtung ist oben (§. 192) beschrieben worden. Was die mechanische Einrichtung anbelangt, so benutzte Na eh et zuerst das Gestell mit dem trommeiförmigen Fusse. Später ist er aber davon zurück gekommen, und seine neuern binoculären Mikroskope haben die Einrichtung wie Fig. 321 und Fig. 322, deren nähere Beschreibung nach dem früher Mitgetheilten kaum nöthig ist. Das Mikroskop Fig. 321 ist für zwei Beobachter be- stimmt. In dem Kästchen a ist das dreieckige Prisma über dem Objectiv enthalten. Die beiden anderen, wodurch die Strahlen zum zweiten Male reflectirt werden sollen, befinden sich bei b und b'. Bei c ist einer der Knöpfe sichtbar, die zum Einstellen des Oculars bestimmt sind, indem das innerste Rohr hin- und hergeschoben wird. Ein solches Mikroskop, mit den Objectivsystemen Nr. 0, 1 und 3 ausgestattet, kostet 300 Francs. N a c li e t ' ] für biuoculäres Mikroskop zwei Beobacliter. Nachct's biiiocul'are Mikroskope. 779 Das stereoskopische Mikroskop neuester Construction, mit den näm- lichen drei Linsensystemen, ist Fig. 322 dargestellt; es kostet 400 Frcs. Das Näherrücken Fis. 322. vhr 391 , „ und i* ernerru- ken der Prismen wird hier durch einen recht sinn- reichen Mecha- nismus zu Stande gebracht, der sich aber nur schwer in kurze Worte fassen und ohne die Beihülfe meh- rerer Abbildun- gen beschreiben lässt. Um die Schwie- rigkeit zu besei- tigen, die für viele Personen darin liegt, dass sie die beiden Felder zu Einem Felde vereinigen sollen, und die vorzüglich durch den Umstand hei'beigeführt wird, dass beide Röhren senk- recht stehen, also der Convergenz der Augen- axen nicht entsprechen, hat Nachet nach Wheatstone's Rath zwei achromatische Piismen beigegeben, deren jedes die Strahlen 7° von der senkrechten Richtung ablenkt, so dass sie zusammen einem Convergenzwinkel von 140 entsprechen. Diese Prismen sind in passende ringförmige Kästchen eingeschlossen, kommen auf die Oculare und werden darauf herumge- dreht, bis sie in die Stellung kommen, bei welcher die beiden Felder zusammenfallen. Ich kann aus Er- fahrung bezeugen, dass es durch diese nützliche Zugabe sehr erleichtert wird. Das trioculäre Mikroskop Nachet's ist in Fig. 323 dargestellt und bedarf auch keiner näheren Beschreibung. Mit den drei Objectivsystemen Nr. 0, 1 und 3 kostet es 300 Francs. Durch Fig. 82-1 a. f. S. endlich be- kommt man eine Vorstellung vom qua- drioculären Mikroskope, dessen Theorie ich früherhin (§. 192) entwickelt habe. Eine dazu gehörige Glaspyramide hatte mir van Deyl Bunders in Amster- Nachet's stereoskopisches binoculäres Mikroskop. Nachet's trioeuläres Mikroskop. 780 Harting's quadrioculäres Mikroskop. dam geschliffen. Die Form war gut und ebenso die Politur; es ging aber der benutzten Glassorte die Homogeneität ab, und dadurch erwies sich das Prisma ganz unbrauchbar für den Flg. 324. bestimmten Zweck. Hierauf hat Steinheil in München eine an- dere solche Pyramide nach mei- ner Vorschrift geschliffen; diese ist in Betreff der Homogeneität des Glases ganz vortrefflich, ihre Form aber ist nicht ganz gelun- gen. Nichtsdestoweniger genügt diese Pyramide so ziemlich, um das quadrioculäre Mikroskop, dessen mechanische Ausführung von dem Instrumentenmacher Olland in Utrecht herrührt, zu einem für Demonstrationen pas- senden Instrumente zu machen, sobald man nur mit den Ver- grösserungen nicht über 100 hin- ausgeht. Ich habe aber die Ueber- zeugung , dass , wenn grössere Sorgfalt auf die Herstellung der Pyramide verwendet wird, sich recht wohl ein quadrioculäres Mikroskop wird herstellen lassen, dessen Bilder auch bei einer minde- stens doppelt so starken Vergrösserung noch vollkommen hell und scharf hervortreten werden. Die mechanische Einrichtung dieses Mikroskops ersieht man deut- lich aus der Abbildung. Wie beim binoculären Mikroskope besteht auch hier jedes Mikroskoprohr aus zwei Röhren, die sich ineinander schieben lassen, und von denen die innere sich durch einen Trieb bewegen lässt, damit jedes Ocular einzeln für das Auge des Beobachters eingestellt werden kann. Der ganze optische Theil wird auf das nämliche schon oben ge- nannte Ami ei' sehe Stativ geschraubt, so dass dieses abwechselnd in ein raonoculäres, ein binoculäres, ein einfaches oder zusammengesetztes stereoskopisches, oder in ein quadrioculäres Mikroskop umgewandelt wer- den kann. Was die praktische Brauchbarkeit dieser verschiedenen Arten von multoculären Mikroskopen betrifft, so kann ich nur auf das verweisen, was ich schon im ersten Buche darüber gesagt habe: nicht die Wissen- schaft, wohl aber der Unterricht können dadurch gefördert werden. Ich kann jetzt noch beifügen, dass nach einigen unlängst mit einem Nachet'- schen stereoskopischen Mikroskope angestellten Beobachtungen die pseu- doskopische Umkehrung der Erhöhungen in Vertiefungen und umgekehrt Harting's quadrioculäres Mikroskop. Rückblick auf das zusammengesetzte Mikroskop. 781 nicht hervortritt. Das mag wohl davon herkommen, dass die beiden durch Spaltung entstandenen Strahlenbündel von rechts nach links und von links nach rechts geworfen werden und Somit auch die beschatteten und die erhellten Theile der Objecte in den vor den Ocularen entstehenden Bil- dern entgegengesetzte Oerter einnehmen. Am Ende dieses Abschnittes wollen wir auch noch einen Blick wer- 443 fen auf den Entwickelungsgang des zusammengesetzten Mikroskops wäh- rend mehr denn zwei Jahrhunderten, die seit seiner Erfindung verflos- sen sind. Wenn sich auch nicht ganz bestimmt angeben lässt, in welcher Zu- sammensetzung das Mikroskop zuerst aus den Händen seiner Erfinder (Hans und Zacharias Janssen 1590?) hervorging, so dürfen wir doch mit einer an Sicherheit angrenzenden Wahrscheinlichkeit annehmen, dass es aus zwei convexen Gläsern bestand. Ungefähr bis zur Mitte des folgenden Jahrhunderts erhielt sich diese Zusammensetzung: da fügte man noch ein drittes Convexglas hinzu, und Einzelne fingen auch an, planconvexe Gläser zu nehmen, die sie selbst zuDoublets vereinigten. Die Vergrösserung ging bei den zusammengesetzten Mikroskopen in der letzten Hälfte des 17. Jahrhunderts nicht hoch: eine SOmalige Vergrösse- rung galt schon für sehr viel, und eine 140malige konnte man nur durch «ine ungewöhnliche Verlängerung des Rohrs zu Stande bringen. Dabei dürfen wir es aber als ausgemacht annehmen, dass bei diesen Vergrösse- rungen kaum soviel zu erkennen war, als wir jetzt bei einer 20maligen Vergrösserung mit Leichtigkeit wahrnehmen. Das hatte einen doppelten Grund: erstens fehlte es den Bildern an Schärfe, weil sich beiderlei Aber- rationen geltend machten, und zweitens betrachtete man die Objecte nur bei auffallendem Lichte. Beinahe erst ein Jahrhundert nach der Erfin- dung des zusammengesetzten Mikroskops kam man darauf, demselben die beim einfachen Mikroskope schon längst gebräuchliche Einrichtung zu geben. Am Fusse, der zugleich als Objecttisch diente, wurde nämlich eine Oeffnung angebracht, und die daraufliegenden Objecte nebst dem Mikroskoprohre wurden dem Lichte zugekehrt (Tortona 1685). Das war eine grosse Verbesserung; denn jetzt konnte man auch kleinere Lin- sen mit enger Oeffnung als Objective verwenden und dadurch stärkere Vergrösserungen herbeiführen, ohne genöthigt zu sein, stärkere Oculare zti nehmen oder das Mikroskoprohr ungebührlich zu verlängern. Die horizontale Stellung war aber bei vielen Objecten unbequem zur Beob- achtung. Gleichwohl dauerte es noch dreissig Jahre, ehe man zu jenem klar auf der Hand liegenden Hülfsmittel, nämlich dem lichtreflectirenden Spiegel (Hertel 1715) griff, wodurch die Vortheile der verticalen Stel- lung und der Beobachtung bei durchfallendem Lichte vereinigt wurden, und wie unglaublich es auch jetzt erscheinen mag, wo jede neue Verbes- serung so schnell bekannt wird und Nachahmung findet, erst zwanzig Jahre später wurde der Gebrauch des Beleuchtungsspiegels ein allgemeiner. 782 Rückblick auf das zusammengesetzte Mikroskop. Die sonstigen Verbesserungen im optischen Theile während des übri- gen achtzehnten Jahrhunderts waren sehr unbedeutend. Während man frü- her versucht hatte, das Objectiv ans 'zwei Linsen zusammenzusetzen (Sturm 1672), geschah jetzt wieder ein Schritt rückwärts, indem man allgemein eine biconvexe Linse nahm ; denn dieser konnte nur eine geringe Oeffnung gegeben werden, wenn das Bild nicht zu sehr an Schärfe verlieren sollte. Alle suchten eine Verbesserung des zusammengesetzten Mikroskops durch die das Ocular zusammensetzenden Gläser zu erreichen (Hooke 1665, Divini 1668, Grindl 1685, Dellebarre 1767 bis 1777); statt zweier Gläser nahm man deren drei, vier, selbst fünf; statt bicon- vexer Linsen nahm man planconvexe und deren wechselseitige Abstände und Krümmungen änderte man auf die manuichfaltigste Weise; nach der Entdeckung des Mittels zum Achromatisiren der Fernrohre (C bester' More Hall 1722) machte man selbst biconvexe Linsen aus Flintglas und Kronglas (Dellebarre), und hoffte auf diese Weise auch das Mikroskop achromatisch zu machen; — keiner von allen diesen Versuchen führte aber zum Ziele, die Verbesserungen waren ganz unerheblich und bestan- den gewöhnlich nur darin, dass das Gesichtsfeld an Breite zunahm und mehr geebnet wurde. Im eigentlichen optischen Vermögen, dass man nämlich bei der gleichen VergrÖsserung eines Objects au demselben mehr sehen und unterscheiden kann, standen die zusammengesetzten Mi- kroskope gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts auf gleicher Stufe mit jenen, die beinahe ein Jahrhundert früher verfertigt worden waren. Nur hatte man allmälig immer stärker vergrössernde Linsen zu den Ob- jectiven genommen, was allerdings ein Fortschritt war, aber auch hierin bereits die äusserste Grenze erreicht, die nicht füglich überschritten wer- den konnte, wenn das Bild nicht zu sehr an Lichtstärke verlieren sollte. AVirklich schien das zusammengesetzte Mikroskop dem einfachen immer mehr das Feld räumen und nur noch in den Sammlungen physikalischer Instrumente eine Stelle finden zu sollen, oder allenfalls mochte es zur Befriedigung der Neugier sogenannter Liebhaber dienen, die es eher als Kaleidoskop benutzten, als zur Förderung der Wissenschaft. Zu wissen- schaftlichen Untersuchungen gaben alle wahren Naturforscher einstimmig und mit vollem Rechte dem einfachen Mikroskope den Vorzug. Schon länger als ein halbes Jahrhundert kannte man das Verfahren, wie Objective für Fernrohre achromatisch gemacht werden; dieses Vei'- fahren aber auch auf die weit kleineren Linsen für die Objective des zu- sammengesetzten Mikroskops anzuwenden, schien den meisten ein ganz wahnwitziges Unternehmen, das man kaum versuchen dürfte. Nur ein- zelne dachten etwas anders darüber und gaben den Muth nicht auf. Schon in den letzten .Jahren des vorigen Jahrhunderts sahen wir, zwar nicht einen der damaligen Meister im Mikroskopbau , sondern nur einen einfachen Liebhaber, dem es selbst an einer wissenschaftlichen Anleitung gefehlt hatte (Beeldsnyder 1791), bemüht, das zu Stande zu bringen, was anderen eine Unmöglichkeit zu sein schien. Einige Jahre später Rückblick auf das zusauimengesetzte Mikroskop. 783 wurde durch dessen Stadtgenossen (IL van Deyl 1807), der aber aller- dings in der Anfertigung optischer Instrumente erfahren war und schon viele Jahre früher mit seinem Vater (J. van Deyl 1762) nicht ohne Erfolg das nämliche Ziel angestrebt hatte, ein achromatisches Mikroskop hergestellt, welches 17 Jahre lang unübertroffen dastand. Wähi*end aber die geräuschlosen Versuche des einen ganz unbekannt blieben, die des andern aber von den Zeitgenossen und Landsleuten nicht gehörig aner- kannt wurden, erwachte auch bei andern der Muth dazu, ihre Kräfte an diesem Ziele zu versuchen. Auf mehreren Punkten Europa's (Frauen- hofer 1811, Amici 1815, Dornet 1821, Tulley 1824) arbeitete man mit mehr oder weniger Erfolg daran; nur gelang es noch immer nicht, achromatische Objective mit so kurzer Brennweite herzustellen, dass sie einigermaassen jenen gleich gekommen wären, deren man sich gewöhn- lich beim zusammengesetzten Mikroskope bediente. Ein glücklicher Gedanke überwand endlich auch diese Schwierigkeit. Statt eine einzelne achromatische Linse zu nehmen , vereinigte man meh- rere zu einem Systeme (Selligue und Chevalier 1824), und nun hatte man nicht allein den Weg gefunden, ein Objectiv mit hinreichend kurzer Brennweite herzustellen, sondern noch wichtiger war es, dass diese Ver- bindung zugleich das Mittel an die Hand gab, die chromatische wie die sphärische Aberration in erheblicher Weise zu verbessern, wenn man den Abstand zwischen den Doppellinsen auf die erfahrungsmässig beste Weise einrichtete. Von da an war die Bahn zur fernem Vollendung des zusammenge- setzten Mikroskops gebrochen. Nach ein paar Jahren hatte es das ein- fache Mikroskop eingeholt in Betreff des optischen Vermögens, und die früheren Vorzüge, die es vor diesem voraus gehabt hatte, blieben ihm. Noch ein paar Jahre später war das einfache Mikroskop auch in ersterer Beziehung überholt, trotz dem, dass viele bemüht waren, das Instrument, welches ihnen so lieb geworden war und dem die Wissenschaft so viele Entdeckungen zu verdanken hat, auch einem höhern Grade der Vollkom- menheit zuzuführen. Der Versuch schlug nicht fehl, Theorie und Praxis schlössen sich genau an einander, um das Ziel zu erreichen, und es wurde viel darauf verwandt, dem einfachen Mikroskope seinen frühern Vorrang bleibend zu sichern; nichts desto weniger musste es aber endlich den Streit fallen lassen. Die grossen Fortschritte, welche das zusammengesetzte Mikroskop gemacht hat, seitdem man aplanatische Linsensysteme gebraucht, treten am deutlichsten hervor, wenn man eins der besten älteren zusammen- gesetzten Mikroskope, etwa jenes von Dellebarre, mit einem der besse- ren neueren, z. B. dem Amici 'sehen, vergleicht, und als Maassstab die kleinsten noch sichtbaren dioptrischen Bildchen nimmt : 784 Rückblick auf das zusammengesetzte Mikroskop, Sichtbarkeit kugelförm. Objecte. faclenförm. Objeote. Unterscheidbarkeit eines Drahtgeflechts: Drähte. Maschenräume. Dellebarre 1777 Amici . . . 1848 1/ V47 1300 90 /6900 741300 1 / mm fl ' 1490 6140 1/ mi /99O V375O Somit verhält sich das Dellebarre' sehe Mikroskop zum Amici' scheu in Betreff der Sichtbarkeit kugelförmiger Objecte = 1 : 3,7 » » » » fadenf(3rmiger » = 1 : 6,0 » » » Unterscheidung von Maschenräumen = 1 : 3,8. Der Unterschied ist gross, trotzdem dass die Brennweiten der beiden Objective (2,5°"" bei Dellebarre, 2,7""" bei Amici) nur wenig difteri- ren und der Vortheil dieser Differenz sogar dem altern Mikroskope zu- fällt. Dagegen hat das stärkste Objectiv bei Dellebarre nur 22" Oeff- nungswinkel und bei Amici 94*^, so dass sie sich hierin wie 1 : 4,4 ver- halten. Letzteres lässt demnach etwa 20 Mal mehr Licht eintreten, als ersteres, und diesem Umstände muss auch vorzugsweise das grössere optische Vermögen der neueren aplanatischen Mikroskope zugeschrieben werden. Dazu kommt noch, dass das hierbei benutzte Amici'sche Mikroskop schon 10 Jahre alt ist, und dass es Amici sowohl als anderen Optikern seitdem gelungen ist, ihren Objectiven noch bedeutend grössere Oeffnungs- winkel zu verschaffen und dadurch deren optisches Vermögen noch zu erhöhen 444 Da die Bilder in unseren heutigen IMikroskopen solche Schärfe und Helligkeit besitzen , so könnte man vielleicht versucht werden zu glauben, das zusammengesetzte Mikroskop habe jetzt seinen Culminations- punkt erreicht und es sei wenig Aussicht vorhanden, dasselbe auf eine höhere Stufe der Vollkommenheit zu bringen. Das ist aber ein Irrthum, wie zumal die Geschichte der letzten Jahre dargethan hat. Wiederholt und namentlich kurze Zeit nach Einführung der achromatischen Linsen hat man diese Ansicht ausgesprochen; gleichwohl hat jedes folgende Jahr immer den Beweis geliefert, dass man noch lange nicht die Bahn der möglichen Verbesserungen durchlaufen hat. An der Spitze der Vollkom- menheit würde das Mikroskop dann erst augekommen sein, wenn sein optisches Vermögen mit der Vergrösserung gleichen Schritt hielte; dass dies aber noch nicht der Fall ist, habe ich oben (§. 245) ausführlich dargethan. Ich lasse hier noch die Resultate folgen, die ich bei Ver- gleichung des optischen Vermögens einiger neueren Amici 'sehen Objec» tivsysteme mit jenem des blossen Auges erhalten habe. Es wird aber genügen, wenn ich diese Vergleichung auf die Vergrösserung mit dem Mögliche Verbesserung der Objective. 785 schwächsten Oculare einschränke, wodurch die Vergrösserung des bloiseu Objectivs etwa eine siebenmal grössere wird. Sichtl avkeit Unterscheidbarkeit 'S H £ > « 's. '■? 3 kugelf. Objecte. fadenf. Objecte. V. Maschenräumen. 5 V a ^ 1 1.* * 3 > ... r" t> <- Nr. 1. 26,15"'" 96 76 0,21 02 0,35 74 0,23 „ 2. 7,45 „ 217 116 0,49 99 0,54 154 0,29 ,; 6. 4,00 ,, 423 215 0.49 161 0,64 175 0,59 „ 11. 2,67 „ 65ü 241 0,63 199 0,69 229 0,G5 Man ersieht hieraus ganz deutliche Fortschritte bei dem Instrumente von 1848 gegen jenes von 1835; indessen, fehlt doch auch noch viel daran, dass die äusserste Grenze optischer Vollkommenheit bereits erreicht wäre. Bei den stärkeren Objectivsystemen findet immer noch ein verhältniss- mässig grosser Verlust statt, und steigert man die Vergrösserung noch durch Anwendung stärkerer Oculare, dann nimmt dieser Verlust in einem erheblichen Maasse zu. Das giebt zugleich auch einen Fingerzeig über den Weg, der fortan eingeschlagen werden muss, um die zusammengesetzten Mikroskope in optischer Beziehung auf eine höhere Stufe der Vollkommenheit zu brin- gen. Bis vor einigen Jahren war man allgemein der Ansicht, die auch wohl jetzt noch von vielen Optikern getheilt wird, vor allem habe man sich darauf zu verlegen, achromatische Objective mit möglichst kurzer Brennweite herzustellen. An und für sich ist dies auch zu billigen; denn im Allgemeinen darf angenommen werden, je weniger zu einer be- stimmten Vergrösserung das Ocular beiträgt, um so deutlicher und schär- fer wird das Bild sich darstellen. Dabei wird aber etwas vorausgesetzt, was erfahrungsmässig niemals stattfindet und auch nicht stattfinden kann, dass nämlich bei einem stärkern Objectivsysteme die Aberrationen gleichviel verbessert sind, wie bei einem schwächern. Nur in diesem Falle würde jede Verkürzung des Focus ein Gewinn sein. Sobald indessen mit einem Objective von 1 Millimeter Brennweite nicht mehr gesehen werden kann, als mit einem solchen von 2 Millimeter Brennweite, dann verdient letzteres den Vorzug, schon deshalb, weil dann zwischen dem Objective und dem Objecte mehr Raum übrig bleibt. Nun wird aber die Tüchtig- keit des Objectivs für ein zusammengesetztes Mikroskop ganz besonders durch die ansehnlichere oder geringere Grösse des Oeffhungswinkels be- ll artin g's Mikroskop. xr. 786 Mögliche Verbesserung der Objective. stimmt. Diesen zu vergrössern, ohne dass die Correction der sphärischen Aberration darunter leidet, muss demnach das Ziel aller sein, die das Mikroskop zu verbessern wünschen, und es lässt sich auch voraus sehen, dass auf diesem Wege, der von Manchen bereits mit so gutem Er- folge betreten wurde, fernerhin noch ein erheblicher Fortschritt mög- lich ist. Andererseits ist es aber nicht zu verkennen, dass eine zu einseitige Vergrösserung der Oeftnung der Objectivlinsen dem begrenzenden Ver- mögen oder der Sichtbarmachung Eintrag thut, und dass manche Op- tiker in der letzten Zeit darin wohl zu weit gegangen sind. Diesen schädlichen Folgen kann mau zwar zum Theil durch ein drehbares Dia- • phragma begegnen, wodurch die Oeffnung des Objectivs nach Willkür verkleinert und vergrössert werden kann. Der Ha'uptgrund indessen, warum die beiden Hauptmomente des optischen Vermögens eines Mikro- skops, das unterscheidende Vermögen nämlich und das begrenzende Ver- mögen, nicht immer den gleichen Schritt halten, liegt wohl darin, dass die beiden Aberrationen immer nur theilweise verbessert sind, namentlich für jene Strahlen, welche in der Nähe des Eandes durchtreten. Ein Hauptpunkt bleibt demnach immer noch das Bemühen, die Aberrationen zu vermindern, und es verdienen die Versuche von Amici und von Ross alle Nachahmung, die das sogenannte secundäre Spectrum dadurch zu beseitigen suchten, dass sie jede Doppellinse des Objectivs aus zwei besonderen Glassorten mit verschiedenem Brechungs-- und Dispersions- vermögen zusammensetzten. AI' Was das Ocular betrifft, so wurde oben (§. 159) nachgewiesen, dass auch dessen Einrichtung für das optische Vermögen des zusammen- gesetzten Mikroskops keineswegs gleichgültig ist; indessen wird dessen Zusammensetzung doch immer jener des Objectivs untergeordnet bleiben. Die meisten Optiker nehmen jetzt Huygens'sche Oculare, manche aber auch Ra ms den' sehe (§. 162). Es lässt sich nicht wohl mit Be- stimmtheit angeben, ob die Zusammensetzung des Oculars aus achromati- schen Doppellinsen, die von Manchen gewählt wurde, zu einer erheblichen Verbesserung führen kann. Die bis jetzt verfertigten aplanatischen Ocu- lare haben ein zu schwaches Vergrösserungsvermögen und ein zu kleines Gesichtsfeld, als dass ihnen vor den anderen der Vorzug sollte eingeräumt werden können. Die Möglichkeit indessen, auch auf diesem Wege das Mikroskop noch mehr zu vervollkommnen, lässt sich nicht in Abrede stellen; nur muss man, wenn man aplanatische wie gewöhnliche Oculare mit den nämlichen Objectivsystemen benutzen will, dabei immer im Auge behalten, dass die Linsen des aplanatischen Oculars unterverbessert sein müssen. Als eine Eigenthümlichkeit des Amici'schen Mikroskops habe ich die Einrichtung angeführt, dass der Abstand der beiden Linsen des Ocu- lars der Abänderung fähig ist, dieser Abstand also so eingerichtet wer- Oculare. 7«7 den kann, wie er sich für jedes Objectiv und für verscliiedene Längen des Rohrs als der zweckmässigste herausstellt. In der That ist es nicht möglich , alle Objective in so vollkommener Weise als überverbesserte hei'zustellen, dass ein Ocular, dessen Gläser feststehend sind, für alle gleich gut passte, und in dieser Hinsicht verdient diese Verbesserung allerdings Nachahmung. Sie wird jedoch immer nur einen beschränkten Nutzen gewähren, weil nur wenige von denen, welche das Mikroskop benutzen, sich die Mühe geben werden, vorher zu prüfen, welche Distanz der Augengläser unter verschiedenen Umständen die passendste ist. Eine grosse Ungleichheit tritt uns entgegen, wenn wir die Oculare verschiedener Optiker hinsichtlich der Vei'grösserung unter einander ver- gleichen. Durch die fünf Oberhäuser' sehen Oculare wird, bei voller Länge des Mikroskoprohrs, das durchs Objectiv erzeugte Bild 2,5 — 2,6 — 3,3 — 5,4 und 7,3 Mal vergrössert, bei den drei Amici' sehen Ocu- laren dagegen beträgt diese Vergrösserung 6,9 — 10,7 und 14,9 Mal. Eine bestimmte Regel lässt sich dafür allerdings nicht aufstellen, da die Oculare in dem Maasse stärker sein können, als die Objective ein reine- res Bild geben; doch scheint es mir, als ob die zwei oben genannten Op- tiker die Extreme repräsentirten, die man beide zu vermeiden hat. Im Allgemeinen darf man annehmen, dass drei Oculare mit einer 4fachen, 6fachen und 9- oder lOfachen Vergrösserung für alle Fälle ausreichen werden. Bei Beurtheilung der relativen Tüchtigkeit der Oculare darf ein fer- nerer Punkt nicht ganz aus den Augen gelassen werden, nämlich wel- chen Grad von Ebenung das Gesichtsfeld dadurch bekommt. Oben (§. 152 und 162) ist nachgewiesen worden, dass, wenn ein Huygens'- sches Ocular genommen wird, die Krümmung des Bildes sich vollständig beseitigen lässt. Da aber alsdann der relative Abstand beider Gläser nicht immer genau ein solcher ist, wodurch die noch vorhandene Aberra- tion des Bildes verbessert wird, so pflegen viele Optiker das gerade Gesichtsfeld ganz oder theilweise zum Opfer zu bringen, und manchmal trifft man sogar Oculare, durch die das Bild so gebogen erscheint, dass die Vergrösserung am Rande und in der Mitte des Gesichtsfeldes auffal- lend difFerirt und deshalb alle mikrometrischen Methoden unzulässig sind, bei denen e? auf eine genaue Kenntniss des Vergrösserungswerthes ankommt. Aus diesem Grunde wäre es wünschenswerth, wenn die Optiker künftig das Beispiel Kellner's befolgten und ihren Mikroskopen Oculare mit einem ebenen und zugleich grossen Gesichtsfelde gäben, üebrigens kann man von Belthle, gleichwie früher von Kellner, einzelne ortho- skopische Oculare beziehen um den Preis von 7 Thalern. Nur muss bei der Bestellung genau angegeben werden, wie weit das Luftbild vom Objective entfernt ist. 50* 788 Veränderliches Mikroskoprohr. 446 Eine recht gute Verbesserung, die jetzt immer mehr in Gebrauch kommt, ist die Einrichtung, vermöge deren das Mikroskoprohr länger und kürzer gemacht werden kann. Die Zusammensetzung aus zwei in einan- der verschiebbaren Röhren ist aber hierbei weit vorzüglicher, als die Bildung des Rohrs aus zwei Theilen, die durch eine Schraube ver- bunden werden. Mehrfache Gründe machen die allgemeine Verbrei- tung dieser Einrichtung wünschenswerth. Erstens lassen sich damit die Aberrationen verbessern, die bei der Benutzung von Deckplättchen in Folge des nicht ganz genauen Verhältnisses zwischen Objectiv und Ocular entstehen (§. 165). Zweitens gestattet sie, die Erhebung des Oculars über den Tisch dergestalt zu verkürzen, dass man mit Bequem- lichkeit im Sitzen arbeiten kann. Drittens bietet sie das Mittel dar, je- des zusammengesetzte Mikroskop auf die beste und einfachste Weise zu einem bildumkehrenden nnd zugleich pankratischen zu machen , indem man unten an das innere Rohr ein achromatisches Linsensystem mit ziem- lich grosser Brennweite anschraubt, welches nach Willkür wieder weg- genommen werden kann. Ein vierter Vortheil ist dadurch zu erzielen, wenn auf dem Innern Rohre eine Scala in Millimetern, oder in einer andern beliebigen Maasseinheit angebracht wird, so dass man ein für alle Mal in einer Tabelle die Höhen verzeichnen kann , bis wohin das innere Rohr ausgezogen werden muss , damit die Vergrösserung des Mi- kroskops für die Entfernung von der obern Fläche des Oculars bis zum Tische, worauf das Mikroskop steht, in Werthen von 100, 200, 500, 1000 u. s. w. ausgedrückt werden könne, zur grossen Bequemlichkeit bei mi- krometrischen Bestimmungen durch die verschiedenen zur Projection des Bildes dienenden Hülfsmittel (S. 516). Fünftens endlich wird durch eine solche Einrichtung die Benutzung reflectirender Prismen erleichtert, die man temporär in die Bahn der Strahlen bringen kann, damit diese unter Winkeln von 90^*, 60"^ oder 45^ fortgehen. Nicht so gewichtig ist das Anbringen einer Concavlinse zwischen Objectiv und Ocular, das man jetzt bei manchen Optikern antrifft. Wir haben übrigens gesehen, dass dieses Mittel, die Vergrösserung ansehn- licher zu machen, schon vor länger als einem Jahrhundert in Gebrauch gewesen ist; doch hat man neuerer Zeit eine achromatische planconcave Linse genommen, lieber ihre Wirkung kann ich aus eigener Erfahrung nichts angeben. Dass sie unter besonderen Umständen von Nutzen sein könne, ist früher (§. 160) dargethau werden; indessen bezweifele ich, ob sie nicht in den meisten Fällen eher schaden als nutzen wird. Mo hl, der die Sache eigends geprüft hat, räth von ihrer Anwendung ab. 447 Wir müssen hier auch des Vorschlags von Barfuss (Schumacher 's Astron. Nachrichten 1843. XX, S. 17 u. 39. Poggend. Annal. 1846. Bd. 68, S. 88) gedenken, der, aus theoretischen Gründen und auf Berech- nungen sich stützend, in das Rohr des zusammengesetzten Mikroskops ein Cnrrectivglas bringen will, bestehend aus einer planconvexen und einer Concavlinse zwischen Ocular und Objectiv; Correctivlinse von Barfüss. 789 planconcaven Linse von gleichen Krümmungen, deren gerade Flächen dem Objective zugekehrt sein sollen. Die Vergrösserung erfährt dadurch gar keine Aenderung; es hat dieses Correctivglas einzig und allein die Bestimmung, die letzten Reste der sphärischen Aberration zu beseitigen, und deshalb muss es innerhalb des Rohrs so lange auf- und niederge- schoben werden, bis man den Ort gefunden hat, wo es den besten Erfolg gewährt. Hierbei ist Barfuss offenbar von der Ansicht ausgegangen, in einem achromatischen Objective sei wesentlich nur die chromatische Aberration verbessert. Wir haben indessen früher (§§. 63, 127 u. 159) gesehen , dass auch die sphärische Aberration verbessert wird , und zwar ebensowohl durch die Verbindung einer Flintglaslinse mit einer Kron- glaslinse, als durch die Vereinigung von zwei oder mehr solchen Doppel- linsen zu einem Systeme, ja dass es selbst zur Ueberverbesserung kommen kann, wie das wirklich bei jenen Objectiven in unseren zusammengesetz- ten Mikroskopen der Fall ist, wo die entgegengesetzten Aberrationen des Objectivs und des Oculars einander wechselseitig aufheben. Dem ist es wohl zuzuschreiben, dass der Vorschlag von Barfuss, dessen theoretische Begründung nicht bezweifelt werden kann , bei der praktischen Ausfüh- rung durch Nobert (Poggend. Annal. Bd. 67, S. 184) nur ungünstige Resultate lieferte. Dies konnte auch nicht anders sein, da überverbes- serte Objective benutzt wurden. Hat nun aber auch Barfuss*) über- triebene Erwartungen von seiner Methode gehegt, so lässt sich doch nicht läugnen, dass dieselbe eine nähere Prüfung wohl verdient und dass sie in besonderen Fällen sich vortheilhaft bewähren kann. Ein also zusammengesetztes Correctivglas wird z.B. das Mittel bie- ten , den Einfluss der Deckplättchen zu hemmen. Nur die Erfahrung wird lehren können, ob dieses Verfahren den Vorzug verdient vor den beiden anderen, die jetzt im Gebrauch sind, und die ihrerseits wiederum genau mit einander verglichen und geprüft werden müssen, bevor man darüber entscheidet, welche von diesen Verfahrungsweisen die meisten Vortheile bietet. Das Verfahren von Ross, der die Entfernung der un- tersten Linse von den beiden anderen zum Objective gehörigen Linsen verändert, ist sicherlich einfacher als jenes von Amici, wobei eine grös- *) Barfuss glaubt, mit Hülfe seines Correctivglases müsse das vom Objective erzeugte Bild so scharf und klar werden, dass man ziemlich das ganze Ver- grösserungsvermögen des Mikroskops ins Ocular verlegen könne. Sein berech- netes Objectiv vergrössert nur 5 Mal, und doch soll man mit Hülfe der Oculare eine 200malige Vergrösserung bekommen. Das darf man unbedenklich zu den Chimären zählen ! Auch verräth es einen offenbaren Mangel praktischer Kenntniss des Mikroskops, wenn Barfuss (S. 45) sagt: „Doppelobjective von Vj^ Zoll Brennweite und einem Oeffnungswinkel von G5°, wie sie in England verfertigt worden sein sollen, gehören gewiss zu den schlechtesten dioptrischen Machwer- ken." Was soll man dann von Objectiven sagen, die einen bei weitem mehr als doppelt so grossen Oeffnungswinkel haben, wie man sie jetzt verfertigt, und die man mit vollem Rechte als den Triumph der Kunst ansieht? 790 Correctivlinse von Barfuss; Verbesserung für verschiedene Augen. sere Anzahl achromatischer Linsen erforderlich ist, und mit der von Smith darin eingeführten Verbesserung scheint es in gleicher Weise wie das Amici'sche bei Deckplättchen von sehr verschiedener Dicke Anwendung finden zu können. Mit Bestimmtheit darf man aber behaup- ten, dass jedes Mikroskop unvollkommen ist, bei dem auf diesen Einfluss der Deckplättchen keine Rücksicht genommen wird, und dass dieser Ein- fluss in dem Maasse, als die beiden Aberrationen vollständiger aufgeho- ben sind, nur um so merklicher hervortritt. Mit einem Amici'schen Objective von 8,7 Millimeter Brennweite, mit dem die achte Gruppe des Nobert'schen Probetäfelchens noch ganz deutlich unterschieden wird, sobald ein Deckplättchen von 1 Millimeter Dicke aufliegt, er- kennt man nur noch die Striche der fünften Gruppe, sobald dieses Plätt- chen entfernt wird. Bei weniger vortrefflichen Objectiven fällt diese Differenz allerdings geringer aus; indessen nie soll man nach nur Mit- telmässigem streben. 448 Endlich kann sich noch die Frage aufdrängen, ob für den verschie- denen Aberrationszustand der Augen verschiedener Personen am Mikro- skope keine Verbesserungsmittel angebracht werden sollen. Das Auge und das Mikroskop zusammen bilden ein optisches Ganzes, und da un- zweifelhaft das Auge nicht vollkommen aplanatisch ist , so darf man es für mehr als wahrscheinlich halten, dass in dieser Beziehung Verschieden- heiten zwischen dem Auge des einen und des andern vorkommen, und somit auch der nämliche Aberrationszustand im Mikroskope nicht auf alle Augen den nämlichen Einfluss üben wird. In der That kann man hin und wieder bei schwer wahrnehmbaren Einzelnheiten beobachten, dass der eine nichts mehr davon wahrnehmen kann, während der andere, der doch durch das nämliche Mikroskop sieht, dieselben noch gleiclr gut er- kennt. Man kann dies nicht dem verschiedenen Accommodationszustande der Augen beider Beobachter zuschreiben, dem ja durch feine Einstellung begegnet werden könnte , noch auch der grössern oder geringern Em- pfindlichkeit der Netzhaut, da man die Sache bei Personen beobachtet, die einander in der Gesichtsschärfe unter gewöhnlichen Umständen nichts nachgeben. Wahrscheinlich muss man also dabei an eine grössere oder geringere Uebereinstimmung zwischen dem Auge und dem Mikroskope denken, vermöge deren die in beiden vorkommenden entgegengesetzten Aberrationen bei dem einen Individuum sich gegenseitig vollkommener auf- heben als bei dem andern. Araici hat schon daran gedacht (S. 725); indessen unterliegt es wenigstens dem Zweifel, ob das Umdrehen der ganzen Mikroskopröhre um ihre Axe für diesen Zweck ausreichen wird. Wahrscheinlicher ist es, dass hier ähnliche Mittel helfen werden, als die, wodurch man den Einfluss der Deckplättchen beseitigt; in dieseiu Falle müsste dann ein geringer Unterschied in der Dicke der Deckplättchen für verschiedene Augen eingehalten werden, was oftmals ausreichen müsste, das Gleichgewicht herzustellen. i Gestelle der zusammengesetzten Mikroskope. 791 Das beweist aber wiederum, wie nöthig es ist, dass jeder sein eige- nes Mikroskop studirt und sich nicht ohne Weiteres auf die vom Optiker gegebenen Anweisungen verlässt. Diese können zwar für das eigene Auge vollkommen richtige sein, sind es aber vielleicht nicht in gleichem Maasse für das Auge eines andern. Wenn auch angenommen werden muss, dass das optische Vermögen 449 der zusammengesetzten Mikroskope immer noch einer bedeutenden Ver- besserung fähig ist, so steht es doch anders mit deren mechanischer Ein- richtung. Für die Untersuchungen wenigstens , wozu das Mikroskop gegenwärtig benutzt wird, ist die mechanische Einrichtung, welche die meisten Optiker ihren Instrumenten geben, vollkommen ausreichend. Man trifft sogar an manchen Gestellen, namentlich an englischen, einen Luxus von allerlei künstlichen Bewegungsmitteln an, die ganz sinnreich ausgedacht und meisterhaft ausgeführt sind, meistens aber als überflüssige Verfeinerungen gelten können. Ueber die Haupterfordernisse eines guten Gestells für das zusam- mengesetzte Mikroskop habe ich mich schon früher (§. 166) ausführ- lich ausgesprochen. Im Allgemeinen, darf man annehmen, entsprechen die in den letzten Paragraphen dieses Abschnitts beschriebenen Gestelle diesen Anforderungen mehr oder weniger vollständig. Eine Uebersicht darüber, wie der eine auf diese Weise, der andere auf jene Weise die Sache ausgeführt hat, würde sich, aber ohne viele Wiederholungen nicht geben lassen; zudem habe ich auch hier und da kurz angegeben, inwie- fern diese oder jene Einrichtung als zweckmässig oder unzweckmässig zu erachten ist. Vielleicht erwartet mancher Leser, am Ende dieser Beschreibung des zusammengesetzten Mikroskops sollte ich mich über jene unter den gegenwärtigen Optikern aussprechen, deren Instrumenten ich vor denen der übrigen den Vorzug einräume. Indessen enthalte ich mich eines solchen Urtheils , da es nicht durchaus ein ganz gerechtes würde sein können, und ich muss sogar hier darauf dringen, dass man aus den frühe- ren Resultaten , zu denen ich durch die Untersuchung verschiedener Mi- kroskope gelangte, keinen voreiligen Schluss ziehe über die Stufe, bis zu welcher sich die betreffenden Optiker in ihrer Kunst erhoben haben. Nur dann würde das Urtheil auf einer gerechten Basis ruhen , wenn Instru- mente mit einander verglichen würden, die zur nämlichen Zeit aus den Werkstätten der verschiedenen Optiker kamen, und selbst dann darf man es als wahrscheinlich erachten, dass bei der Vergleichung zweier Instrumente aus einer spätem Zeit sich andere Resultate herausstellen werden. Wenn auch die Optiker ein mehr oder weniger gleichbleibendes Mo- dell für ihre Gestelle gewählt haben, so dass ihre Instrumente in der äussern Form und in der Einrichtung des Ganzen einander immer glei- chen, so steht es doch anders mit der optischen Einrichtung. Diese sucht 792 Vergleichung der Mikroskope verschiedener Optiker. ein jeder mehr und mehr zu vervollkommnen, so dass die Miroskkope, welche in Zwischenräumen von mehreren Jahren aus der nämlichen Werkstatt kommen , im optischen Vermögen immer einen viel grössern Unterschied erkennen lassen, als jene, welche von verschiedenen Optikern zu der nämlichen Zeit geliefert wurden. Dem ist es theilweise zuzu- schreiben, dass verschiedene Beobachter über Mikroskope, die aus der nämlichen Werkstatt gekommen waren, so ganz verschieden urtheilen. Es kommt noch hinzu, dass die meisten sehr geneigt sind, jenem Mikro- skope bestimmt vor anderen den Vorzug zu geben, woran sie sich seit ge- raumer Zeit gewöhnt haben, was auch ganz natürlich ist, da jeder sein Instrument am besten kennt, so dass er schon aus diesem Grunde allein besser durch dasselbe beobachten wird, als durch ein anderes, dessen Voll- züge und Mängel er noch nicht kennt. Dreist darf aber behauptet wer- den, dass, wenn auch nicht alle Werkstätten im gegenwärtigen Augen- blicke auf gleiche Linie gestellt werden können, der Unterschied gleich- wohl nicht gar auffallend ist, oder mit anderen Worten, bei weitem die meisten Forschungen, welche die mikroskopische Hülfe erfordern^ lassen sich mit unseren neuern aplanatischen Mikroskopen, welcher von den be- kannten und o»ben genannten Optikern sie auch verfertigt haben mag, ziemlich mit dem gleichen Grade von Sicherheit und Genauigkeit durch- führen. Nur für einzelne Fälle, z. B. bei den Forschungen über die Entwickelungsgeschichte der organischen Elementartheile, ist der höchste Grad der optischen Vollkommenheit, der bis jetzt erreicht wurde, wiin- schenswerth. Zum Schlüsse will ich hier noch darauf hinweisen , welche grosse Menge von Mikroskopen geliefert worden ist, seitdem man sie aplana- tisch zu machen gelernt hat. Von 1836 bis 1848 haben in London Ross, Powell und Smith, abgesehen von den kleineren Instrumenten, 836 grosse zusammengesetzte Mikroskope verkauft (Quekett 1. 1. p. 46). Späterhin hat diese Produetion noch zugenommen nach einer an die Microscopieal Society erstatteten Mittheilung von G. Shadbolt {Quart. Journ. 1857. XIX, p. 241), der zu Folge diese drei ersten Optiker Lon- dons nur allein im Laufe des Jahres 1856 zusammen 217 grosse Instrumente abgegeben haben, Smith aber ausserdem auch noch 175 kleinere, zu- sammen also 392. Aus den Werkstätten von vier anderen Älikroskop- verfertigern, nämlich Salmon, Amadio, Ladd, Pillischer, seien aus- serdem noch 115 grosse und 243 kleine Mikroskope hervorgegangen. Somit würde die Gesammtzahl der während eines Jahres in London ver- fertigten und verkauften Mikroskope mindestens 750 betragen , da , wie Shadbolt selbst zugiebt, in dieser Aufzählung gar viele noch nicht mit begriffen sein werden. Eben so wurden 1857 von Powell, Ross und Smith in London 385 Mikroskope abgegeben, also fast gleich viel wie 1856 {Quart. Joiirn. Apr. 1858. p. 75). Weiter oben sahen wir bereits, dass vor einigen Jahren Ober- häuser allein binnen 16 Monaten 236 Mikroskope lieferte. Nach einen Verbreitung der iip'.anatisclien Mikroskope. 793 mündlichen Mittheilung liefert Nachet gegenwärtig im Mittel 200 Mi- kroskope im Jahre. Die oben genannten neun Optiker produciren so- mit gut 1100 Mikroskope im Jahre. Nun bestehen neben ihnen noch 16 bis 18 Werkstätten in Europa, in denen auch Mikroskope verfertigt werden, und wenn auch in den meisten derselben , da sie sich nicht aus- schliesslich mit Mikroskopen beschäftigen, diese Production gewiss eine geringere ist, so wird man doch zuverlässig unter der Wahrheit bleiben, wenn man annimmt, das-> jährlich 2000 aplanatische Mikroskope verfer- tigt und verkauft werden. Welch ein Gewinn für die Wissenschaft, wenn mit jedem dieser Mikroskope auch nur Eine neue Entdeckung ausgeführt würde ! Sechster Abschnitt. Das einfache katoptrische Mikroskop. Fig. 324. 450 Dass die Alten bisweilen die vergrössernde Kraft der Hohlspiegel benutzt haben, ist weiter oben (S. 578) erzählt worden. Zum ersten Male finden wir aber in der letzten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine Art Mikroskop erwähnt, zu dem ein Hohlspiegel benutzt wurde. Bei Zahn (Oculus artificialis. Herbip. 1685. Fund. HI, p. 113) ist ein solches In- strument beschrieben; ein Hohlspiegel nämlich steckt in einem vierseiti- gen hölzernen Kasten, der mit einer OefFnung versehen ist, wodurch man die vor dem Spiegel befindlichen Objecte vergrössert sieht. Es gehörte zur sogenannten Microscopia curiosa und diente dazu, Bilder oder andere gfosse Objecte, wie Blumen und dergl., vergrössert darzustellen. Zahn giebt aber selbst an, dass schon früher Gervasius Mattmüller, den er als Opticus Caesareus bezeichnet, desgleichen P. Traber, der Verfasser des im Jahre 1675 erschienenen Nervus opticus, derglei- chen Instrumente verfertigt hatten. Später hat dann Stephen Gray {Fhilos. Transact. 1697. p. 541) eine con- cave spiegelnde Oberfläche als Mikroskop angewandt und zwar auf die zweckmässige Weise, welche in Fig. 324 dargestellt ist. Er nahm einen kleinen Messingring a, der innen einen Durchmesser von höch- stens Yio Zoll hatte. Diesen Ring bestrich er mit einer Auflösung von salpetersaurem Quecksilber, und weiterhin brachte er einen Tropfen Quecksilber darauf. Der Ring Katoptrisches Mikroskop von Gray, mit dem umschlossenen Quecksilbertropfen Katoptrische Mikroskope. 795 kam alsdann auf den Rand eines kleinen hohlen Cylinders J, wodurch der an- fangs biconvexe Tropfen eine concave spiegelnde Fläche bekam, so dass ein in gehöriger Entfernung befindlicher Gegenstand sich stark vergrössert darstellte. Zur Aufnahme des Objects diente eine kleine durchbohrte Platte c, die an dem genannten Cylinder mittelst eines Stäbchens befe- stigt war und durch eine Schraube höher und niedriger gestellt werden konnte. So richtig dieses Instrument auch ausgedacht war, gleichwohl vermochte es hur wenig zu leisten, weil sich die Objecte natürlich nur in sehr unvollkommener Beleuchtung darstellen konnten. Besser ist dafür gesoi'gt bei einem katoptrischen Mikroskope, wel- ches ein Venetianer Selva im Jahre 1769 der französischen Akademie anbot {Hist. deZ'J.cad 1769. p. 129), und wo der Hohlspiegel von 6 Linien Brennweite in eine grosse Glaslinse eingeschlossen war, die bloss den Zweck hatte, das Object zu beleuchten. Die Beschreibung ist ganz kurz, aber ausdrücklich wird angegeben, es sei ein rein katoptrisches Mi- kroskop gewesen. Santini {Teorica degli Stromenti ottici, II, p. 197) erwähnt, dass Selva's Sohn in seinen Dialoghi ottici. Venez. 1787 erzähle, sein Vater habe schon 1740 ein Gregorianisches Teleskop in ein recht gutes Mikroskop umgeändert, dessen Beschreibung er im Jahre 1761 gab, und später habe er es in der vereinfachten Form der französischen Akademie angeboten. Weiterhin scheint man sich nicht mehr auf die Anfertigung einfacher katoptrischer Mikroskope verlegt zu haben. Auch bringt es ihre Einrich- tung mit sich, dass sie kaum zu etwas anderem zu gebrauchen sind, als um dem Beobachter Gelegenheit zu geben, seine eigenen Augen bei einer stärkern Vergrösserung zu betrachten, wozu sich doch selten Veranlas- sung finden wird. Zu Untersuchungen eignen sich Linsen im Allgemei- nen weit besser; denn dass bei Hohlspiegeln die Fai'benzerstreuung fehlt, das vermag die vielen mit ihrer Anwendung verbundenen Uebel- stände noch nicht aufzuwiegen. Siebenter Abschnitt. Das katadioptrische Mikroskop. 451 Die früher beschriebenen Mängel der zusammengesetzten dioptri- schen ÄLikroskope und die Schwierigkeit, sie zu vei-bessern. waren Veran- lassung, dass man zum Ersätze des dioptrischen Objectivs seine Zuflucht zu katoptrischen Hülfsmitteln nahm. Man weiss, dass Newton einer der ersten war, der reflectirende Fernrohre anwandte, wenngleich als erster Verfertiger eines Spiegeltele- skops Nicolas Zucchius (Optica ]?Mlosophia. Lugd. 1652, p. 126) zu nennen ist, dessen Versuche bis zum Jahre 1616 zurückreichen. Newton kam nun aber auch zuerst auf den Gedanken, ein katadioptrisches Mikro- skop herzustellen {TJie Life of Sir Isaac Newton by Brewster. p. 311). In zwei Briefen vom Jahre 1679 an Oldenburg, den Secretair der Royal Society, sprach er sich darüber aus, wie ein solches Instrument ein- gerichtet sein müsste. Man erfährt aber nicht, ob es von ihra selbst oder unter seiner Aufsicht zur Ausführung gekommen ist. Newton's Zweck ging einfach dahin, statt des Objectivglases im zusammengesetzten Mikro- skope einen concaven Spiegel zu benutzen, dessen Concavität nach oben sah. Ausserden) sollte das Object in die gehörige Entfernung vom Spie- gel kommen und vermittelst eines Oculars weiter vergrössert werden. Vom dioptrischen zusammengesetzten Mikroskope unterschied sich diese Einrichtung wesentlich darin, dass das erste Bild nicht durch ein einfa- ches dioptrisches iNIikroskop zu Stande kam, sondern durch ein einfaches katoptrisches Mikroskop. Da nun das so entstandene Bild der chroma- tischen Aberration nicht unterworfen war, so musste es schärfer be- grenzt sich darstellen . als das Bild im zusammengesetzten dioptrischen Mikroskope. Wirklich sind Mikroskope nach dieser Anweisung Newton's gefer- tigt worden, doch habe ich nicht nachkommen können, von wem und zu welcher bestimmten Zeit. Die Abbildung und Beschreibung eines sol- Fm. 325. Katadioptrisches Mikroskop nach Newton, Barker. 797 chen findet sich in dem schon nriehrgenannten Vollständigen Lehr- gebäude der ganzen Optik, S. 369, Tab. II, Fig. 7, wo sie aus der im Jahre 1726 erschienenen dritten Ausgabe von Bion's mathemati- scher Vorschule aufgenommen worden ist. Die ganze Einrichtung ist in Fig. 325 dargestellt. Durch ein Fussstück a geht eine Schraube, auf welcher der Hohlspiegel b befestigt ist, der somit höher und niedriger gestellt werden kann. Auf dem Fussstücke stehen ferner zwei Stangen oder Säulen c und d, eine davon mit einem kleinen beweglichen Arme e versehen, der in eine Spitze ausläuft, womit das Object angestochen werden kann. Die beiden Säulen sind durch eine Scheibe fg vereinigt, in deren Mitte sich das Ocular be- findet. Dass diese Einrichtung eine ganz unvoll- kommene war, da selbst nicht einmal eine Röhre benutzt wurde, um das überflüssige Licht abzu- halten, sieht man auf der Stelle ein. Robert Barker (Phüos. Tr ansäet. 1736, p. 259) erfand 1736 eine andere Einrichtung eines katadioptrischen Mikroskops, die von S Car- le t nach seiner Anweisung ausgeführt wurde. Dasselbe bestand aus zwei Hohlspiegeln, einem grössern in der Mitte durchbohrten und einem kleinern, der dazu bestimmt war, die vom Ob- (^===^^ jecte auf den grossen Spiegel geworfenen und von da refleutirten Strahlen aufzufangen und durch die Oeffnung des grossen Spiegels nach dem Oculare zu bringen, welches aus zwei Gläsern bestand und zur Wahrnehmung des vergrösserten Bildes diente. Der kleinere Spiegel befand sich in der Axe eines Rohrs, welches sich in einem zweiten weitern Rohre bewegte. Mittelst einer Schraube konnten diese Röhren über einander verschoben werden, um den richtigen Abstand zwischen den beiden Spiegeln heraus zu brin- gen. Das ganze Instrument stand auf einem Fusse, wie ein Gregorianisches Teleskop, womit auch die ganze Einrichtung viele Aehnlichkeit hatte*). Ein besonderer Objecttisch oder sonst eine Vorkehrung, um das Object darauf zu legen, fand sich nicht daran. Die Brennweite betrug 9 bis 24 Zoll. Durch diese grosse Brennweite gehörte das hierher gehörige Instru- ment eher zu den schon genannten mikroskopischen Fernrohren , als zu Altes katadioptrisches Mikroskop. *) Barker selbst sagt in der Beschreibung, sein Instrument sei nach dem Muster des Newton' sehen Teleskops ausgeführt; das ist aber offenbar falsch. Dass Selva vier Jahre nach Barker ein solches Mikroskop hergestellt haben soll, wurde vorhin angeführt. Fig. 326. 798 Katadioptrische Mikroskope von Smith, von B. Martin. den eigentlichen Mikroskopen, und somit war nur wenig von demselben zu erwarten. Eine zweckraässigere Einrichtung hatte das im Jahre 1738 erfundene katadioptrische Mikroskop von Smith in Cambridge {System ofOpücks. IL Remarks p. 87), welches Fig. 326, im Durchschnitte darge- stellt ist. Es bestand ebenfalls aus zwei übereinander gestellten Spiegeln ab und cd, von denen der untere convex, der obere concav war. In der Mitte waren sie durchbohrt; die Krümmungen aber waren so berechnet, dass die sphärische Aberration wegfiel. Kam das Object p bei gewöhnlicher Beleuchtung unter den untern Spiegel, so entstand durch Re- flexion der beiden spiegelnden Oberflä- chen ein vergrössertes Bild desselben, welches durch das biconvexe Ocular ef wahrgenommen wurde. Die Vergrös- serung war eine SOOfache. AVie sich Bark er das Gregorianische Teleskop zum Vorbilde genommen hatte, so stand Smith off"enbar das Cassegrain'sche Teleskop vor Augen. Brewster (Treor- tise on the Microscope. 1832, p. 83), der ein nach diesem Principe verfertigtes Instrument untersuchen konnte, bemerkt darüber, es bewähre sich ausnehmend gut, und die Striche auf manchen Probeobjecten könne man damit ganz scharf sehen. Mit der Herstellung katadioptrischer Mikroskope scheint sich auch B. Martin beschäftigt zu haben, denn in seinen im Jahre 1770 erschie- nenen Optical Essays^ die ich aber nicht kenne, kommt eine Abhandlung vor : On the tise of the reßecüng teleseope as an universal perspective for vieiving every sort of objects. In seiner Philosophia Britannica, 2. Ed. 1759i p. 49, werden übrigens nur die schon früher bekannten Einrichtungen von Newton und Smith genannt. Nach dem Titel der ebengenannten Abhandlung zu urtheilen, scheint aber Martin nur ein katadioptrisches Instrument im Auge gehabt zu haben, das sich ebenso als Teleskop wie als Mikroskop brauchen liess, gleichwie seine polydynamischen Mikro skope. Katadioptrische Mikroskope von ähnlicher Zusammensetzung wie jene von Smith sind noch in neuerer Zeit in Friesland verfertigt worden von dem in Hallum gebornen S. J. Rienks, einem mechanischen Genie, wie man sie in Friesland nicht selten findet. Ohne eine Unterweisung in der Naturkunde und Mechanik erhalten zu haben, hatte sich dieser Mann in Verbindung mit einem andern Friesen Roelofs auf die Anfer- Katadioptrisclies Mikroskop von Smith. Katadioptrische Mikroskope von Rienks, von Amici. 799 tigung optischer Instrumente gelegt. Ihre zwei Spiegelteleskope von 13 Fuss Länge auf der Haarlemer Ausstellung im Jahre 1825 fanden verdiente Anerkennung. Auf der friesländischen Ausstellung zu Leeu- warden im Jahre 184i befanden sich ausser einigen dioptrischen Mikro- skopen auch vier katadioptrische Mikroskope von Rienks, von denen die Commission angiebt, bei recht hellem Lichte gestatteten sie die Anwendung einer starken Vergrösserung und für undurchsich- tige Objecte dürfte ihnen von anderen Mikroskopen wohl kaum der Rang abgelaufen werden. Die Commission legte ihrer Vergleichung ein aplanatisches Chevalier'sches Mikroskop von 1829 zu Grunde. Für durchsichtige Objecte gab sie dem letztern den Vorzug; für un- durchsichtige Objecte dagegen und für die Betrachtung bei auffallendem Lichte schienen ihr die Spiegelmikroskope von Rienks den Vorzug zu verdienen. Es ist schwierig, katadioptrische Mikroskope herzustellen und den 452 Glanz der Spiegel ungeschmälert zu erhalten ; das scheint auch der Grund gewesen zu sein, weshalb sie niemals in allgemeinen Gebrauch gekommen sind. Als indessen die Versuche, achromatische dioptrische Mikroskope herzustellen, zuerst fehlschlagen zu wollen schienen, unter- nahm auch Amici {Memoria di Microscopi catadiottrici. Modena. 1818. S. Gilbert's Annalen. 1820. Bd. 66, S. 253) die Herstellung katadiop- trischer Mikroskope, die mehrere Jahre hindurch eines verdienten Rufes sich erfreuten. Schon früher (§. 171) ist in theoretischer Beziehung über dieses Mi- kroskop gehandelt worden. In Fig. 327 a. f. S. ist es so dargestellt, wie es Amici verfertigte. Das Mikroskoprohr ab enthält bei a einen ellipti- schen concaven Metallspiegel, bei b das Ocular; es hat 12 Zoll Länge und 1,1 Zoll Durchmesser. Der Spiegel hat ebenfalls 1,1 Zoll Durch- messer ; er ist von dem nähern Brennpunkte 2,6 Zoll, von dem entfernten 12 Zoll entfernt. Die Ellipse, welcher der Spiegel als Theil angehört, hat daher folgende Maasse : Halbe grosse Axe = 7,300 engl. Zoll Halbe kleine Axe = 4,274 » » Excentricität =0,644 » » An dem innerhalb des Rohrs befindlichen kleinen Stifte e ist ein eirun- des Spiegelchen befestigt und zwar unter einem Winkel von 45*'; es ist der schiefe Durchschnitt eines Metallcylinders von Y2 -Zoll Durchmesser. Seine Entfernung von der Mitte des grossen Spiegels beträgt 1,5 Zoll. Das Rohr hat gerade unter dem kleinen Spiegel eine OefFnung d zum Durchtritte der Lichtsti-ahlen , welche von dem auf dem Objecttische be- findlichen Objecte 0 kommen. Der Objecttisch lässt sich durch einen Trieb, wozu der geränderte Knopf r gehört, an der vierseitigen Stange, worauf das Mikroskoprohr ruht, auf- und niederschieben. Die gewöhn- 800 Katadioptrisches Mikroskop vou Amici, von Chevalier. liehe Entfernung, in der sich die Objecte von der OefFnung d befinden müssen, beträgt nicht ganz einen Zoll. Die Beleuchtung wird bei durch- fallendem Lichte durch den concaven Glasspiegel s bewirkt, bei auffal- Fis. 32: > 1 Katadioptrisches Mikroskop von Amici. lendem Lichte durch die Linse Z, oder durch ein kleines (nicht mit abge- bildetes) concaves Spiegel chen, welches an die Schraube v unten bei / befestigt wird und eine OefFnung für die Lichtstrahlen hat, welche von den Objecten kommen und durch die OefFnung d in das Rohr ti'eten. Die verschiedenen Vergrösserungen werden durch Wechseln der Oculare zu Stande gebracht. Die stärkste Vergrösserung ist 1000 Mal. Es muss sich dieses JMikroskop durch grosse Helligkeit und Schärfe ausgezeichnet haben, zumal wenn man die damaligen zusammengesetzten dioptrischen Mikroskope damit vergleicht. Da aber die Tüchtigkeit eines solchen katadioptrischen Mikroskops ganz und gar auf der genau elliptischen Form des Spiegels beruht, so kann es nicht Wunder nehmen, dass es Anderen, die dieses Mikroskop später nachmachten, nicht gleich gut gelang wie Amici, so z. B. Ch. Chevalier, der früherhin seinem grossen horizontalen Mikroskope (Fig. 28G) das Rohr eines ganz nach Amici' schem Muster hergestellten katadioptrischen Mikroskops beifügte, welches statt des dioptrischen Mikroskops aufgeschraubt werden konnte. Ein solches Instrument vom Jahre 1829 schien mir aber ganz mangel- haft zu sein; die meisten Probeobjeete wurden damit kaum viel besser I Katadioptrisches Mikroskop von Pritchard und Cuthbert. 801 wahrgenommen, als mit einem {Zusammengesetzten dioptrischen Mikro- skope mit gewölinliclien nicht achromatischen Objectiven. Indessen hat später Cuthbert in England den Beweis geliefert, dass man Araici niclit blos nachkommen, sondern ihn auch noch über- treffen kann. Im Jahre 1837, wo das zusammengesetzte dioptrische Mi- kroskop durch die aplanatischen Objectivsysteme bereits zu einer hohen Stufe der Vollkommenheit gelangt war, beschrieb Gor ing (Micrographia, p. 1) alsAmici's reflectirendes Engyskop ein Instrument, das Prit- c ha rd nach seiner Anleitung verfertigt hatte, wozu aber von Cuthbert der sich lange mit der Anfertigung Gregorianischer Teleskope beschäftigt hatte, mehrere metallene Objectivspiegelchen geschliffen wurden. Der Hauptpunkt, worin sich dieses katadioptrische Mikroskop vom ur- sprünglichen Amici' sehen unterschied, war der, dass das katoptrische Objectiv mit anderen von anderer Brennweite vertauscht werden konnte, ganz wie bei den dioptrischen Objectiven. Auch hatten die von Cuth- bert geschliff"enen elliptischen Spiegelchen eine weit kürzere Brennweite und einen grössern Oeffhungswinkel als die Amici' sehen, wie man aus folgender Tabelle der katoptrischen zugehörigen Objective ersieht: Objective. Brennweite. Oeffnungs Winkel. E. Zoll. Millim. Nr. 1 2 (50,8) 13%» 2 1 (25,4) 18% 3 0,8 (20,3) 27% 4 0,3 ( 7,6) 36% 5 0,4 (10,2) 41% G 0,3 ( 7,G) 55 Das von Pritchard verfertigte Instrument ist Fig. 328 (a. f. S.) dar- gestellt. Die Mikroskopröhre ruht auf einer runden Säule mit dem Char- nier a nach oben, damit ihre Neigung verändert werden kann. An der dreiseitigen Stange p lässt sich der Spiegel und der Objecttisch auf- und niederschieben und zur feinern Einstellung des letztern dient die Schraube k. — In Fig. 329 ist dann ein einzelnes katoptrisches Objectiv in der natürlichen Grösse dargestellt. Bei c befindet sich der elliptische Spie- gel, bei d das kleinere ebene Spiegelchen und darunter die Oeffiaung /. Das engere Rohr mit den beiden Spiegeln ist an ein .weiteres Rohr ge- schraubt, welches an das Ende des Mikroskoprohrs kommt. Wird das Objectiv nicht gebraucht, dann zieht man das eine Rohr aus, dessen Rand bei b gesehen wird, und es kommt der Röhrentheil e über die' Oeff'nung/, um den Spiegel zu beschatten. Hartiiig's Mikroskop. k. 802 Katadioptrisches Mikroskop von Pritchard und Cuthbcrt. Zu diesem Gestelle gab Pritchard auch aplanatische Objectiv- Systeme mit einem darüber befindlichen rechtwinkeligen Prisma, die auf Fig. 328. Katadioptrisches Mikroskop von Pritchard. gleiche Art wie die katoptrischen Objective gebraucht wurden, so dass das Ganze also gleichzeitig ein zusammengesetztes dioptrisches und ein katadioptrisches Mikroskop darstellte. Auf Pritchard'sPreiscourant steht dieses Instrument mit ISPfund bis 35 Pfund. Mit dem vollständigen Systeme" katadioptrischer Objec- tive, die oben aufgeführt Fig. 329. Dazu gehöriges katoptrisches ObJectiv von Cuthbert. sind, war es aber schon 1837 nicht mehr zubekom- men, -weil Cuthbert, der einzige, der bis dahin ellip- tische Spiegelchen von so kurzer Brennweite verfertigt hatte, in Folge einer Schwä- chung des Sehvermögens dazu ausser Stand gesetzt war. Ueber das optische Katadioptrisc'hcs Mikroskop von Pott. 803 Vermögeu dieses katadioptri sehen Mikroskops erfahren wir von Go- ring (^Mici'ographia p. 163), dass er mit einem katadioptrischen Ob- jective von 55 o OefFnung und 0,3 Zoll Brennweite alle Arten von Stri- chen auf den Schüppchen von Pieris brassicae mit grosser Deutlichkeit sehen konnte. Gering bemerkt noch, man könne eine Oeffuung in den elliptischen Spiegel machen und in diese ein schwaches zusammengesetztes dioptri- sches Mikroskop bringen, welches dann als (Sucher diente, um die Ob- jecte in die Mitte des Gesichtsfeldes zu bringen. Noch eine Menge andere katadioptrische Mikroskope sind in den 453 letzten 25 Jahren in Ausführung oder doch in Vorschlag gekommen; ich will sie hier noch anführen, so weit, sie zu meiner Kenntniss gekommen sind. Im Jahre 1832 beschrieb Pott {Edinh. Journ. of Sc. 1832. Nr. IL p. 61) das in Fig. 330 dargestellte Instrument, welches darin von den vorhergehenden abweicht, dass die Objecte in das Mikroskoprohr selbst Fig. 330. ^ ^^^^: \> " ' • '' 1^- Katadioptrisches Mikroskop von Pott. (bei a) gebracht werden. Die Einrichtung ist eigentlich die nämliche, welche ui'sprüuglich von Newton vorgeschlagen wurde, nur insofern modificirt und verbessert, dass hier die Linse l zur Beleuchtung bei auf- fallendem Lichte angebracht ist, die Linse r aber und das ebene Spiegel- chen s zur Beleuchtung durchsichtiger Objecte dienen. Späterhin hat Pott {Edinh. Journ. XII. p. 228) den Spiegel auch elliptisch gemacht und die Art und Weise beschrieben, wie er diese Form erzielte. Nach Brewster (Treatise. p. 82) soll dieses Mikroskop sich durch grosse Schärfe und Helligkeit auszeichnen. Die Beschwerlichkeit indessen, die es hat, um die zu beobachtenden Gegenstände in das Rohr hinein zu bringen, wird der praktischen Brauchbarkeit eines solchen katadioptri- schen Mikroskops wohl immer Schranken setzen. Auch William TuUey, der, wie früher erwähnt, zuerst achroma- tische Objective in England verfertigte, hat mehrere Arten katadiop- scher Mikroskope erfunden, deren Beschreibung bei Gering (^Mierogra- 51* 804 Katadioptrische Miferoskope von TuUey. phia. p. 40) zu finden ist. In Fig. 331 sind drei Durchschnitte von jenem Theile des Rohrs, worin die Spiegel enthalten sind, dargestellt; die dabei zu verwendenden Oculare sind auf gewöhnliche Art zusammen- gesetzt. Nr. 1 stimmt ziemlich überein mit Fig. 331. :v-y a-.: dJ:^-:;:::::::::::-;::;:::; -i-V-//^ >t b Katadioptrische Mikroskope von Tu Hey. dem eben beschriebenen Instru- mente Pott's. A ist der ellip- tische Spiegel; bei e befindet sich das Object und bei a ein kleines Spiegelchen zu dessen i Beleuchtung. | Nr. 2 hat einen Spiegel mit einer mittlem Oeffnung, wie beim Gregorianischen Tele- skope. Dadurch fällt das Licht direct auf das in a befindliche Object. Es passt diese Ein- richtung daher nur für Objecto, die bei auffallendem Lichte betrachtet werden. Doch würde es gerade nicht schwer fallen, sie mit der vorigen zu ver- binden und den Apparat auch zur Beobachtung durchsichtiger Objecte einzurichten. Uebri- gens ist dieses Mikroskop das einzige, womit dieObjecte durch senkrecht auffallende parallele Strahlenbündel beleuchtet wer- den können, während bei allen anderen Beleuchtungsweisen für undurchsichtige Objecte die Strahlen in schiefer oder con- vergirender Richtung auftreffen, und wenn auch diese letzteren wegen der entstehenden Schatten in der Mehrzahl der Fälle den Vorzug verdienen mögen, so kommen doch ohne Zweifel auch Fälle vor, wo Einzelnheiten gerade bei senkrecht auffallendem Lichte am deutlichsten hervortreten. Nr. 2 wie Nr. 1 sind aber in der Beziehung unbequem, dass das Object in das Mikroskoprohr kommen muss. Deshalb verdient die in Nr. 3 dargestellte Einrichtung den Vorzug. Hier befindet sich das Ob- ject ausserhalb des Rohrs bei v und schickt die Lichtstrahlen auf den elliptischen Hohlspiegel a. Von diesem werden sie auf den eirunden ebe- nen Spiegel b b reflectirt, der für die vom Objecte kommenden Strahlen durchbohrt ist; von diesem r.flectiren sie aber wieder unter einem Win- Katadioptrische Älikroskope von Brewster, vou Guthrie. 805 kel von 45° auf das Ocular. Gleichwohl steht auch diese Einrichtung der Amici' sehen nach, weil sich ein katoptrisches Objectiv von so kurzer Brennweite, als hierzu erforderlich ist, nur sehr schwer herstel- len lässt. Von Brewster (2Veaftse, p. 91 bis 93) wurden zwei katadioptrische jMikroskope in Vorschlag gebracht, die aber meines Wissens niemals jwirklich in Ausführung gekommen sind. } Das in Fig. 332 dargestellte ist eine blosse Modification von Amici, indem statt des kleinen ebenen Spiegels ein kleines achromati- Fig. 332. sches Prisma p in das Rohr kommt, von welchem die vom Objecte ausgehenden Strahlen auf den Spiegel r geworfen wer- den; das Object selbst aber befindet sich auf einer schiefen Unterlage a, damit das Licht besser auf dasselbe trifft. Besseres verspricht übrigens Brewster 's zweite Einrichtung, die in Fig. 333 dargestellt ist. Hier ist a ein durchbohrte'r elliptischer Hohlspiegel; b ist ein kleiner ebener Spie- gel, auf den die Strahlen vom Objecte c zunächst fallen und von wo sie auf den elliptischen Spiegel reflectirt werden. Im entfernten Brennpunkte Katadioptrisches Mikroskop nach Brewster. Fig. 333. p des letzteren erzeugen sie dann das Bild, wel- ches mittelst des Oculars mn weiterhin vergrössert gesehen Avird. Das Mikroskop steht vertical und deshalb werden durchsichtige Objecte auf gewöhn- liche Weise durch einen Spiegel beleuchtet ; zur Beleuchtung undurchsichtiger Objecte dagegen dient ein kleines Hohlspiegel chen k. In bak ist demnach ein katoptrisches Objectiv gegeben, das abwechselnd mit anderen, namentlich auch dioptri- schen Objectiven gebraucht werden kann. In der That scheint diese Eini'ichtung unter allen , die man erdacht hat, die meisten Vorzüge in sich zu vereinigen. Endlich wurde in England noch vor mehreren Jahren von Guthrie (^Microscopic Journ. 1841. I. p. 15) eine Modification des Amici'schen Mikro- skops vorgeschlagen, die aber von den Vorschlägen von Pott und Tulley nicht sehr abzuweichen scheint. Er hat ebenfalls das ebene Spiegelchen entfernt und das Object in ein Rohr gebracht, zu- gleich aber jenen Theil des Rohrs, der sich zu- iatadioptrisches Mikroskop ^ä^^^s* ^^"^ ^P^^^^^ befindet, durch drei kleine nach Brewster. Säulen ersetzt und an eine davon den Objecttisch m 806 Katadioptrische Mikroskope von Cavallerie, von Barnabita. befestigt, der durch eine Schraube dem Spiegel genähert oder entfern- ter davon gerückt werden kann. 454 In Italien haben sich nach Amiei auch noch andere auf die Verfer- tigung katadioptrischer Mikroskope gelegt, namentlich Cavalleri {Ätti della sesta reunione degli scienziati italiani. 1845, p. 42, u. Mohrs Mikro- graphie S. 248) und Barnabita (Notizen a. d. Geb. d. Natur- u. Heil- kunde, 1847. Nr. 7, S. 103). Aus den Beschreibungen ihrer Instrumente, von denen sie jedoch keine Abbildungen gegeben haben, ersieht man, dass entweder beide zu gleicher Zeit auf den nämlichen Gedanken ge- kommen sind, oder dass, was wohl wahrscheinlicher ist, der Letztere Cavalleri benutzt und nur ein paar Veränderungen angebracht hat. Professor Cavalleri von Monza benutzt einen verticalen Glas- cylinder von 9 Linien Durchmesser. Die untere Basis des Cylinders, welche gegen das Object sieht und 7 Linien davon entfernt ist, erscheint nach aussen concav; sie besteht aus einer mittlem sphärischen Höhlung (calottcL)^ welche von einer andern weniger gekrümmten sphärischen Ober- fläche umgeben ist; das Centrum beider liegt in der Axe des Cylinders. Die nach oben befindliche Fläche des Cylinders besteht aus zwei mit ein. ander übereinstimmenden Theilen : eine in der Mitte befindliche schwach gekrümmte Höhlung ist von einer convexen Fläche umgeben. Die Höh- lung an der Basis und der hohle Theil der Oberfläche sind mit Stanniol überzogen, so dass erstere einen convexen, der letztere aber einen con- caven Spiegel darstellt. Cavalleri giebt selbst an, dass sein Mikro- ■ skop nichts anderes ist, als ein nach kleinem Maassstabe ausgeführtes Cassegrain'sches Fernrohr. Er kann es 4 Zoll lang machen und doch noch eine starke Vergrosserung bekommen. Ein vom Object ausgehen- des Lichtbüschel beschreibt innerhalb des Glases einen Weg, der aus drei geraden Linien zusammengesetzt ist, und beim Ein- und Austritte findet keine auffallende Brechung statt, da die Strahlen in beiden Fällen auf die Oberflächen ziemlich senkrecht fallen. Die Beschreibung, welche Barnabita von seinem Mikroskope ge- geben hat, stimmt in den Hauptpunkten damit überein. Es ist ebenfall< ein cylindrisches Glas, dessen dem Objecte zugekehrte Grundfläche con- cav ist; die Krümmung ist von der Entfernung des Objects abhängig. In der Mitte befindet sich eine kleine tiefere Aushöhlung, deren Krüm- mung durch Berechnung bestimmt wird; sie ist mit Spiegelfolie belegt. Das obere Ende des Cylinders ist convex und ebenfalls mit Folie belegt; die Krümmung muss hier ebenfalls durch Rechnung gefunden werden. In der Mitte dieser Oberfläche befindet sich eine kleine nicht mit Folie belegte Höhle, deren Krümmung bestimmt wird durch die Entfernuni! des Bildes von jenem, welches durch die vom untersten kleinen Spiegel nach oben reflectirten Strahlen gebildet wird. Das erzeugte Bild wird dann auf gewöhnliche Weise durch ein Ocular mit zwei Gläsern vergröS' sert betrachtet. f Doppler's katadloptrisches Haus. 807 Aus den letzten Zeilen der Beschreibung erhellt der einzige zwischen beiden Mikroskopen vorkommende Unterschied. Ca valier i benutzt seinen Glascylinder mit den zwei spiegelnden Oberflächen wie ein ein- faches Mikroskop; Barnabita dagegen hat ein katadioptrisches Objec- tiv für ein zusammengesetztes Mikroskop daraus gemacht. Offenbar lässt sich das Instrument mit Vortheil auch in weit kleinerer Form darstellen, als es Ca valier i gethan hat. I In einem solchen katadioptrischen Objective nehmen die Strahlen r folgenden Weg. Das Object wird durch einen Spiegel auf gewöhnliche Weise beleuchtet und seine Strahlen gehen ungebrochen von der untersten concaven Fläche zur obersten convexen Fläche. Hier werden nun die Strahlen reflectirt, sie fallen auf den kleinen convexen Spiegel der untern Fläche, verlaufen von hier wiederum durch den concaven Theil der obern Fläche ohne Brechung nach oben und bilden dann oben das ver- grösserte Bild. Ohne Zweifel liegt dieser Einrichtung des katadioptrischen Mikro- skops ein ganz guter Gedanke zu Grunde, und dergleichen katoptrische Objective würden wohl den wesentlichen Vorzug haben, dass sie in klei- nem Maassstabe sich herstellen lassen und mithin stark vergrössern. In- dessen darf man bezweifeln , dass sie Eingang finden werden, weil es so ungemein schwierig, um nicht zu sagen unmöglich ist, den concaven und convexen Glasoberflächen, deren man sich hier als Spiegel bedienen muss, eine elliptische Krümmung zu geben, ohne welche doch an eine voll- ständige Verbesserung der sphärischen Aberration nicht zu denken ist. Endlich habe ich noch eines von Doppler (lieber eine wesent- 455 liehe Verbesserung der katadioptrischen Mikroskope. Prag 1845) gemachten Vorschlags zu gedenken, von dem schon früher (§. 172) die Rede war, wo die theoretischen Gründe desselben erörtert wurden. Doppler kommt nämlich zu dem Schlüsse, die passendste Krümmung I für den Spiegel eines katadioptrischen Mikroskops habe man nicht in den I Scheiteltheilen , sondern in den zwischenliegenden Partien einer Ellip- 1 soidoberfläche. Das hierdurch entstehende Bild, meint er, müsse ganz i scharf und bestimmt und frei von allen Aberrationen sein; er giebt sich daher g-anz ernstlich dem Gedanken hin, ein Haus ausdrücklich für ein solches Mikroskop herzustellen, und er liefert auch einen Durchschnitt l desselben. Nach dieser Abbildung sollte das Hans aus zwei Vertiefun- ' gen bestehen. In einem Zimmer, am Ende der untern Vertiefung, befin- det sich der Objecttisch, auf dem die Objecte mittelst einer sehr grossen [ Linse beleuchtet werden, welche das Licht einer Hydrooxygengasflamme i auf Kalk concentrirt. Ein Laboratorium zur Bereitung der Gase findet i sich zunächst dem Objecttischzimmer. Die Decke des letztern hat eine ; Oeffnung, durch welche die vom Objecte kommenden Strahlen auf den ! schief stehenden elliptischen Spiegel fallen, der sich mithin in der zwei- i ten Vertiefung und zwar am Ende eines langen Ganges befindet. Dieser 808 Bedeutung des katadioptrischeu Mikroskops. Gang stellt hier das Mikroskoprohr vor: an seinem andern Ende befindet sich das Ocular, wodurch Doppler die Objecte 20000 Mal vergrössert sehen will. Auf die Ausführbarkeit eines solchen Vorschlages brauche ich hier wohl nicht näher einzugehen. Hätte Doppler neben seinem theoretischen Wissen praktische Kenntnisse des Mikroskops besessen, so würde er wohl mit seinem Plane und dem Aufrufe an die deutschen Fürsten zur Herstellung eines so riesigen katadioptrischeu Mikroskops zurückgehalten haben. 456 Aus dem bisher in diesem Abschnitte Abgehandelten ist zu ersehen, dass vielerlei, zum Theil ganz verschiedenartige Versuche gemacht wor- den sind, die Eigenschaften des Hohlspiegels nutzbar zu machen, indem man ihn als katoptrisches Objectiv verwendete, und dass manche auch in der neuern Zeit, wo das dioptrische Objectiv einen so hohen Grad von Vollkommenheit erreicht hat, den Muth noch nicht verloren haben, dieses durch ein katoptrisches Objectiv zu ersetzen. Die Vortheile und Nachtheile dieser beiden Objectivarten wurden schon oben (§. 174) von theoretischer Seite und nach Maassgabe der Erfahrung aus einander ge setzt und daraus wurde der Schluss gezogen, dass die dioptrischen Mi- kroskope für jetzt wenigstens wahrscheinlich nicht durch die katoptri- schen verdrängt werden dürften. Den dort angeführten Gründen habe ich hier noch folgenden hinzuzufügen. In dem durch einen vollkommen elliptischen Spiegel erzeugten Bilde ist die sphärische Aberration zwar vollständig aufgehoben; aber wenn dies auch theoretisch ganz wahr ist, so ist es doch in der praktischen Axisf ührung nur annäherungsweise möglich. Es giebt keine Instrumente , wodurch der Arbeiter mit einiger Zuverläs- sigkeit in den Stand gesetzt würde, den kleinen Spiegelchen, die hierbei erfordert werden, eine feste Krümmung zu geben, und selbst wenn der- gleichen Instrumente erfunden wären, würden sie wahrscheinlich hierbei nicht immer anwendbar sein. Alles kommt demnach auf die Geduld und die Geschicklichkeit des Arbeiters an, ja man darf wohl noch hinzu- fügen, auf den Zufall, der ihm günstig oder ungünstig sein kann. Anders steht es mit den dioptrischen Objectiven, wie diese jetzt hergestellt wer- den. Auch hier steht es nur bis zu einem gewissen Punkte hin in der Macht des Arbeiters , die Aberi'ationen in den einzelnen Doppellinsen zu verbessern. Ist dies aber geschehen, dann vereinigt er zwei, drei oder selbst vier von diesen nicht vollkommen verbesserten Doppellinsen zu einem Systeme, er verändert ihren wechselseitigen Abstand so lange, bis sie zusammen ein scharfes und helles Bild zu geben scheinen, und da- mit ist das dioptrische Objectiv fertig, gewiss innerhalb eines weit kür- zern mittleini Zeitraums, als ein katadioptrisches Objectiv von gleicher relativer Vollkommenheit sich herstellen lässt. Dazu kommt noch, dass man nicht erwarten darf, jemals katoptrische Objective von so kurzer i Bedeutung des katadioptrischen Mikroskops. 809 Brennweite und mit so grossem Oeff'nungswinkel zu Stande zu bringen, wie man es jetzt bei den aplnnatischen Linsensyatemen auszuführen ver- mag. Das stärkste vergrüssernde Spiegelchen, welches Cuthbert her- stellte, hatte 7,G""" Brennweite und 55° OefFnungswinkel; dagegen hat man jetzt Linsensysteme mit vier- bis fünfmal kleinerer Brennweite und mit mehr denn dreimal so grossem OefFnungswinkel. Achter Abschnitt. Das Bildmikroskop, 457 Schon einige Male bin ich im Falle gewesen, allgemein verbreitete Irrthümer in der Geschichte der mikroskopischen Instrumente aufzu- decken. Wir haben gesehen , dass durch eine verkehrte Erzählung dem ersten Mikroskope von Hans und Zacharias Janssen eine ungeheuer- liche Länge zugeschrieben wurde (S. 657), dass die von Leeuwenhoek erfundenen Hohlspiegelchen zur Beleuchtung undurchsichtiger Objecte mit Unrecht zu einer Erfindung Liebe rkühn's gestempelt wurden (S. 604), dass Frauenhof er ohne Grund allgemein als der erste Ver- fertiger achromatischer Objective angesehen wird, da ihm hierin zwei Holländer vorausgegangen sind, von denen wenigstens der eine eine Be- schreibung seines Mikroskops hat drucken lassen (S. 692). Der stärkste Irrthum waltet nun aber ob in Betreff des ersten Erfinders des Sonnen- mikroskops. Alle neueren Autoren haben es Baker nachgeschrieben, Lieberkühn habe dasselbe eigentlich erfunden, Cuff aber habe es ver- bessert, indem er den Spiegel hinzufügte; diese Verbesserung selbst falle aufs Jahr 1738. Wir werden jedoch sehen, dass das Sonnenmikroskop mit einem Spiegel schon viel früher bekannt war und beschrieben wor- den ist. 458 Die eigentliche Geschichte dieses Instruments beginnt mit der Erfin- dung der Laterna magica. Es ist die Meinung aufgestellt worden {Ennjdop. Brit. Ed. 6, XIV, p, 173), bei Porta*) fänden sich bereits *) In Porta's Magia naturalis findet sich nichts, was daraufhinwiese. Seine Schrift De refr actione optica, welche 1583 erschienen ist, hahe ich zwar nicht nachsehen können. Da indessen Libri, der sonst niemals versäumt, die Entdeckungen seiner Landsleute in den Vordergrund zu stellen, ganz darüber schweigt, so glaube ich annehmen zu dürfen, dass dies eine ganz falsche An- nahme ist. Kircher der Erfinder der Laterna luagica. 811 Andeutungen über deren Zusammensetzung, Richtiger nimmt man aber wohl an, dass dieselbe zuerst von Kircher in dessen Ars magna lucis et umbrae beschrieben worden ist, wovon die erste Ausgabe im Jahre 164fj erschien. Bereits damal^i war Kircher auf den Gedanken gekommen, Htatt einer Lampe das Sonnenlicht zu benutzen, welches durch einen Metallspiegel aufgefangen wurde*). Auf die Oberfläche dieses Spiegels wurden verschiedene Dinge gemalt , die sich vergrössert auf der gegen- überstehenden Wand darstellten, wenn die Lichtstrahlen durcli eine con- vexe Linse in ein dunkles Zimmer geleitet wurden. Er benutzte dazu auch wohl lebende Insecten, die er auf den vorher mit Honig bestriche- nen Spiegel brachte , um ihre Bewegungen dadurch zu verlangsamen. Auch steckte er wohl eine Fliege oder ein anderes Insect an eine Nadel, und hielt dann hinter den Spiegel einen Magnet, den er hin- und herbe- wegte, um dadurch die Bewegung des Thieres nachzumachen. Aus der Abbildung ist ersichtlich, dass sein Apparat aus einem horizontalen Brettchen bestand, welches an dem einen Ende den Spiegel trug, der sich um eine Axe drehen liess ; die Linse aber konnte in die geforderte Entfernung kommen mittelst einer länglichen Aushöhlung in dem nämlichen Brettchen, worin der Bügel, der die Linse trug, auf- und niederbewegt werden konnte. Dieser Apparat wurde dann vor eine OefTnung des dunkel gemachten Zimmers gehalten und der Spiegel so geneigt, dass die Sonnen- sti'ahlen durch die Linse und durch die Oellnung fielen. Wie unvollkommen dieser Apparat auch war, offenbar ist er das Sonnenmikroskop in der allerein- fachsten Form. Es gehörte aber kein grosser Scharfsinn dazu, denselben entschieden zu verbessern , was auch schon nach einigen Jahren gesche- *) Ich habe blos die zweite AuHage (Amstelod. 1671) benutzen können, wo pp. 7G8, 793 u. 794 die betreffenden Angaben gefunden werden. Man ersieht aber aus p. 7G8, dass Kircher bereits von diesen Mitteln Gebrauch machte, als er die erste Ausgabe seines Buchs besorgte. Wilde (Gesch. d. Optik, I, S. 294) be- zweifelt, dass Kirch er die Laterna mngica erfunden habe, weil Dechalcs (Miindvs maihematicus, Ed. 2. 1G90, III, p. G9G) angiebt, ein Däne habe ihm schon 16GJ eine Laterna magica mit zAvei convexen Gläsern gezeigt, und Kircher habe die seinige zwar in der zweiten Ausgabe seiner Ars magna lucis et umhrae von 1G71 beschrieben, nicht aber in der Ausgabe von 1G4G. Nun giebt aber Kircher in der zweiten Ausgabe (p. 7G8) ausdrücklich an, dass er die Laterna magica bereits in der frühern Ausgabe beschrieben hat und fügt hinzu, der Däne Thomas Walgenstein habe sie weiterhin verbessert; nur ist aus seinen Worten schwer za entnehmen , worin diese Verbesserung eigentlich bestanden hat. Vorläufig, bis ich Gelegenheit finden werde, die Ausgabe von 1G4G zu ver- gleichen, oder bis ich das dort Vorkommende irgendwo anders genauer beschrie- ben finde, glaube ich also Kirch er als den Erfinder gelten lassen zu müssen. Auch noch von einem andern wird Kirch er die Ehre der Erfindung streitig gemacht. Kolhans (Neuerfundeue mathematische und optische Curiositäten. Leipzig 1G7G, S. 318) schreibt nämlich diese Erfindung dem Nürnberger J. F. Grindl zu, von dessen zusammcngesL'tztem MiUroskope oben (8. GG3) die Rede war. Dieses Zeugniss dürfte aber von zu spätem Datum sein, als dass man viel Gewicht darauf legt. 812 Die Laterna magica als Sonneumikroskop. hen ist. In Zahn's Oculus artificialis von 1687 wird die Laterna magica als wahres Mikroskop bezeichnet, wodurch man kleine Insecten und Was- serthierchen vergrössert sehen kann, und statt des Lampenlichts wird das .Sonnenlicht empfohlen, das man mittelst eines ebenen Spiegels auffangen und dirigiren soll *). Das Sonnenmikroskop, darf man annehmen, war jetzt nach allen seinen wesentlichen Bestandtheilen bekannt. Von späterem Datum scheint einzig und allein die Beifügung der Beleuchtungslinse zu sein, um die Benutzung von stärkeren Linsen, als gewöhnlich bei der Laterna magica in Gebrauch sind, möglich zu machen. Da aber genauere Angaben über die Vergrösserung der ersten Sonnenmikroskope fehlen, so hält es schwer^ irgend etwas Bestimmtes hierüber anzugeben. 459 Erst ein halbes Jahrhundert später wurde das Sonnenmikroskop- als sogenanntes Camera-obs cura-Mikroskop allgemein bekannt. Der inDanzig geborene Fahrenheit, welcher seit 1701 in Amsterdam lebte, woselbst er auch 1736 gestorben ist, hatte einige Zeit vor seinem Tode ein solches Instrument verfertigt. Lieberkühn hat dieses bei George Clifford und bei Hendrik de Raad in Amsterdam gesehen, lange vor- *) Zahn schreibt Fund. III. p. 255: Cum in Lucerna megalographica veri microscopii speciem habearracs, in qua etiam minima reposita plurimum tarnen aucta in trajecta imagine repraesentari posstmt, haud aliter imagines objectorum minutorum adhibitis aliis microscopüs in oculum trajectae multo majores ipsis objectis depingi solent, sie etiam in Lucerna magica, si vnnutissima animalcida in loco vitri plani deponantur, eadem mirifice aucta in pariete vel quocunque piano dealbato repraesentari poterunt. Er empfiehlt dazu zwei Täfelclien von Glas oder Glimmer, zwischen die ein Ring eingeschoben wird, und fährt dann weiter fort: Cum solis radii idem prae- stare possint^ quod lampadis lumen a speculo reßexum, si in tubum ita duo vitra lenticularia, prout in lucerna magica fieri debet, reponantur, et quaecunque minuta objecia, veluti muscae aliaque animalcida in loco imaginis collocentur tiibusque soll in obscuraio conclavi ita obvertatur, ut radii ad parietem vel quodcunque planum deal- batum trajici possint , haberi poterit illius mimtti obj'ecti appositi imago multo major aeque in pariete albo, prout per lucernam fieri solet. Quod si etiam non satis com- mode tubus directe soli obverti queat, poterunt debite praetento speculo piano radii in- tus non obscurato conclavi ad quemcunque peritum locum traduci pro imagine ibidem efformanda. Wabrscheiulich ist aberDechales bereits vor Zahn darauf gekommen, die Laterna magica als Sonnenmikroskop zu benutzen. In dessen Cursus s. Mundus mathematicus, Ed. 2. 1G90, wird p. G9G erwähnt, dass ein gelehrter Däne, welcher 1GG5 durch Lyon kam, dort die Laterna magica zeigte, und p. C98 heisst es dann: Microscopium habes in hujusmodi machina, quod tamen ad usum revocare poteris sine illa. Si enim tubo eadem vitra inseras, nempe primum 5, .se- cundum digitorum 10, primoque impnnas mvscam auf quodcunque obfectum minutum, tum illud soli obvertas, ut transmittatur solis radius in opposito pavimento, kabebis illitts obj'ecti imaginem. Nam solis radius idem praestat quod lumen a sole reflexum. Da er nun p. G9G schreibt: hoc anno IGüö, so scheint aus dem ganzen Zusam- menhange soviel hervorzugehen, dass er bereits in diesem Jahre mit der Be- nutzung der Laterna magica als Sonnenmikroskop vertraut war. 'Fahrenheit, Lieberkiihn, Paauw. 813 her, ehe er sich nach England begab; er machte dasselbe nach, zeigte es auf seinen Reisen verschiedenen Gelehrten und galt dann als der Er- finder *). Das Sonncnmikroskop von Lieb er kühn, also auch von Fahren- heit, war wenigstens in Einer Beziehung unvollkommener als die frühe- ren Instrumente; es hatte keinen Spiegel, und musste deshalb immer der Sonne zugekehrt werden, was natürlich nicht so leicht war. Durch den englischen Instrumentenmacher C uff wurde der Spiegel hinzugefügt, oder richtiger wieder eingeführt. Ich habe nun im Folgenden die mancherlei erfundenen Sonnen- mikroskope anzuführen; die erläuternden Abbildungen glaubte ich aber um so eher weglassen zu können, da die Bildmikroskope für die eigent- liche Wissenschaft immer nur eine sehr untergeordnete Bedeutung haben werden. Die ersten Sonnenmikroskope hatten eine hölzerne Platte; die Dreh- bewegung des Spiegels geschah durch eine Schnur, die in der Rinne je- ner Scheibe verlief, auf welche der Spiegel befestigt war, und höher oder tiefer wurde derselbe je nach dem Stande der Sonne mittelst eines dicken Messingdrahtes gestellt, der durch eine Oeffhung der Scheibe ging und mit einem kleinen beweglichen Arme am Spiegel verbunden war. Zur Vergrösserung benutzte man das Wilson'sche einfache Mikroskop. Einige Jahre später, als das Sonnenmikroskop mehr Eingang ge- funden hatte, wurden diese Bewegungen verbessert. Die Platte und die bewegliche Scheibe wurden von Messing gemacht, und die letztere be- kam Zähne, so dass sie durch eine Schraube ohne Ende umgedreht wer- den konnte. Diese Einrichtung findet sich an den Sonnenmikroskopen des Johannes Paauw in Leyden, die man bei Musschenbroek {In- troductio ad philo sophiam naturalem. Lugd. Bat. 1762, p. 790. Tab. XIV, Fig. 7) abgebildet findet, desgleichen an dem Instrumente von Wieden- burg (Beschreibung eines verbesserten Sonnenmikroskops. Nürnb. 1758). ") Diese Angaben stützen sich auf eine Anmerkung in der holländischen Ueber- setzungvon Baker 's Microscope made easi/^ worin der Uebersetzer (und Heraus- geber?) der Angabe Baker's, dass Lieberkühn der Erfinder sei, die angege- benen Thatsacheu entgegenstellt. Es genügt aber diese Anmerkung wohl zum Beweise, dass Lieberkühn nur nach dem Muster von Fahrenheit sein Son- nenmikroskop verfertigte, welches er dann als der erste auf seinen Reisen vor- zeigte, wodurch die Ansicht sich bildete, er sei auch der Erfinder. Jene hollän- dische Uebersetzung ist im Jahre 1744 erschienen, also wenige Jahre nach dem Zeitpunkte, auf welchen die Erzählung hinweist, wo wahrscheinlich die meisten von den erwähnten Personen, mit Ausnahme Fahrenheit's, noch am Leben waren, so dass also an eine absichtliche Erfindung nicht wohl zu denken ist. Zudem hat der Verfasser jener Anmerkung nur günstige Gesinnungen ge- gen Li eberkühn, indem er ihm eben darin mit Unrecht die Erfindung der reflectirenden Spiegelchen zur Beleuchtung undurchsichtiger Objecte zuschreibt. Uebrigens sei hier bemerkt, dass Lieberkühn selbst nirgends in Schriften sich für den Erfinder des Sonnenmikroskops ausgegeben hat. 814 Wiedenburg, Brander, von Gleichen, Burucker, Adams. Wiedenburg verfertigte und beschrieb auch einen Apparat, um statt der Sonne ein Kerzenlicht verwenden zu können ; er ist aber nichts an- dere? als eine mit grosser Sorgfalt verfertigte Laterna magica. Sonder- barer Weise schreibt er S. 7 : Die erste Erfindung des Sonnenmikro- skops sind Avir wohl den Engländern schuldig , gleichwohl aber haben es die Deutschen ungleich stark verbessert. Freilich nennt er aber auch S. 4 den Borellus unter jenen, denen die Erfindung des Mikroskops zugeschrieben wird. 460 Inzwischen erkannte man auch, dass das Sonnenmikroskop bei be- sonderer Einrichtung recht gut dazu dienen konnte, Zeichnungen mikro- skopischer Objecte zu machen. Dahin gehört die Einrichtnng von G. F. Brand er (Kurze Beschreibung einer ganz neuen Art einer Ca- merae obscurae , ingleichen eines Sonnenmikroskops, welches man be- quem aller Orten hinstellen und ohne Verfinsterung des Zimmers ge- brauchen kann. Augsb. 1767), nämlich ein viereckiger pyramidenförmig zulaufender Kasten, an dessen schmaler Seite das Mikroskop mit den Linsen und dem dazwischen gebrachten Objecte befindlich war, während das vergrösserte Bild auf der entgegengesetzten Seite durch einen schief stehenden Spiegel auf ein horizontales mattes Glas reflectirt wurde. Die Sonnenstrahlen wurden durch keinen Spiegel aufgefangen und deshalb musste der ganze Kasten der Sonne zugekehrt werden. Die Mitte des Kastens hing daher zwischen zwei senkrecht stehenden Säulen, so dass er mittelst einer Schnur, die um eine unten befindliche Scheibe lief, unter verschiedenen Winkeln geneigt werden konnte. In Ledermüller's mikroskopischen Belustigungen (III.Taf. 21. IV. Taf. 7) ist auch ein solcher Apparat beschrieben, den von Gleichen erfunden hat, und ein zweiter von Burucker in Nürnberg. Ebenso verband Martin (Description and üse of an opake Solar Micro- scope 1774) sein Sonnenmikroskop mit einer Camera obscura. Weitei'hin kommen wir noch auf einige derartige Einrichtungen aus der neuern Zeit. Eine etwas andere Einrichtung hatte das im Jahre 1771 erfundene Lampenmikroskop von Adams (^Essays on the Microscope. 2 Ed. 1798, p. 64), welches durch dessen Sohn Jones weiterhin verbessert wurde; zum Theil war es aber zu dem nämlichen Zwecke, zum Zeichnen mikro- skopischer Gegenstände, bestimmt. Es besteht aus einem horizontal liegenden, viereckigen, pyramidalen Holzkasten, der auf einem langen Messingstabe ruht. Das Ganze wird von einem passenden Fussstücke getragen. An dem einen Ende der Messingstange befindet sich der ver- tical stehende Objecttisch mit den Linsen, wodurch das Licht einer Ar- gand'schen Lampe auf das Object concentrirt wird. Der hölzerne Ka- sten hat an dem einen Ende ein Rohr zum Anschrauben der Linsen, die das vergrösserte Bild geben; am breiten Ende des Kastens aber ist in verticaler Stellung ein mattgeschliffenes Glas angebracht, worauf das Elller, Aepinus, Zeiher. 815 Bild aufgefangen wird, üie Linse wird dem Objecte durch einen Trieb und eine Schraube ohne Ende genähert, wodurch der ganze Kasten hin- und herbewegt wird. Später wurden mehrere Verbesserungen in der mechanischen Ein- richtung dieses Apparates vorgenommen, und er wlftrde auch zur Beob- achtung undurchsichtiger Objecte eingerichtet. Aber auch das Sonnenmikroskop selbst wurde um diese Zeit ver- 461 bessert, indem man mehrere Apparate zur Beobachtung undurchsichtiger Objecte hinzufügte. Lieb erkühn soll bereits ein Sonnenmikroskop für undurchsichtige Objecte hergerichtet haben; Aepinus {Nov. Comment. Ac. Petrop. IX, p. 316) will es wenige Wochen vor seinem Tode bei ihm gesehen ha- ben, konnte sich jedoch späterhin nicht mehr auf dessen Einrichtung be- sinnen. Im Jahre 1750 machte Euler {Nov. Comment. Ac. Petrop. III, p. 363) einige Verbesserungen an der Laterna magica und am Sonnen- mikroskope bekannt, die auf die Beleuchtung undurchsichtiger Objecte Bezug hatten. Zu dem Ende empfiehlt er für die Laterna magica zwei elliptische Hohlspiegel , die dergestalt vor das Object kommen sollen, dass sich die Lampe in dem einen Brennpunkte des Spiegels befindet, das Object aber in den andern Brennpunkt kommt. Beim Sonnenmikro- skope schlägt er vor, eine Linse dergestalt in schiefer Richtung vor das Object und seitlich von demselben zu bringen, dass die durch einen Spie- gel aufgefangenen Sonnenstrahlen auf das Object concentrirt werden. Ich weiss nicht, ob diese von Euler vorgeschlagenen Verbesserungen wirklich zur Ausführung gekommen sind, etwa durch Hasel er (Verbes- serung der Sonnenmikroskope, der Zauberlaterne und Camera obscura nach Euler. Holzminden 1779), dessen Schrift ich nicht habe einsehen können. Im Jahre 1763 beschrieb Aepinus (Nov. Comment. Äc. Fetropol. IX, pag. 316) seinen Apparat zur Beleuchtung undurchsichtiger Ob- jecte mit dem Sonnenmikroskope. Dieser bestand wesentlich darin, dass an einem gewöhnlichen Sonnenmikroskope eine Einrichtung getroffen wurde, vermöge deren das Licht, welches durch die hinter dem Objecte befindliche Linse bereits concentrirt war, von einem ebenen kreisförmigen Spiegelchen aufgefangen wurde, das sich in einer etwas schiefen Stellung vorderhalb und zur Seite des Objects befand, so dass das Licht auf das Ob- ject selbst reflectirte. Ein Jahr später erst beschrieb Zeiher {Nov. Comment. Ac. Petrop. X, p. 299) zweierlei Einrichtungen der Art. Aepinus giebt aber selbst an, dass diese Zeiher 'sehen Einrichtungen bereits bekannt waren, als er die seinige beschrieb. Die eine Einrichtung von Zeih er ist nur für grössere Objecte, wie etwa Münzen, bestimmt: die durch die Beleuch- tungslinse concentrirten Strahlen fallen in schiefer Richtung auf eine Ob- 81 G Martin, Pritchard, Brewster. jecttafel, die mit der Axe des Instruments einen Winkel von 37'^ bis 38*^ bildet. Die andere Einrichtung ist für kleinere Objecte berechnet, wel- che durch einen durchbohrten Hohlspiegel beleuchtet werden, der das Licht auf die Oberfläche des Objects concentrirt. Sonnenroikroskope mit einer derartigen rael^hanischen Einrichtung sind von Hendrik Hen in Amsterdam gefertigt worden, von dessen zusammengesetztem Mikroskope weiter oben (S. G86) die Rede war. Im Jahre 1774 beschrieb Benjamin Martin (Description and Use of an opake Solar Microscope, Lond. 1774) sein .Sonnenmikroskop für undurchsichtige Objecte, und seine Einrichtung ist noch bis auf den heu- tigen Tag mit geringen Vei'änderungen bei vielen in Gebrauch geblie- ben. Sie stimmt mit Aepinus in der Hauptsache überein, insofern näm- lich die Beleuchtung durch einen ebenen Spiegel bewirkt wird, der in schiefer Richtung vorderhalb und zur Seite des Objects steht und das durch die Objecttivlinse bereits concentrirte Licht auf das Object reflec- tirt. Nur ist der Martin 'sehe Spiegel viel grösser und in einen beson- dern vierseitigen Kasten eingeschlossen, der an den Körper des Mikro- skops angeschraubt wird. Vor einigen Jahren hat Pritchard {Micro graplüa^ p. 189) ein von einem Amerikaner, den er aber nicht nennt, ausgegangenes Verfahren beschrieben: statt Einer Beleuchtungslinse werden nämlich vier genom- men, die in einem Kreise zu stehen kommen. Die hierdurch concentrir- ten Lichtbündel werden von vier Spiegeln aufgefangen , die in schiefer Richtung vor dem Objecte stehen. Indessen ist diese Einrichtung wohl allzu complicirt, als dass sie befriedigen könnte. Die Einrichtung, der Pritchard selbst den Vorzug giebt, ist offenbar die schon beschriebene Zeih er' sehe. Endlich schlug Brewster {Treatise on the Microscope^ 1837, p. 114) vor, statt der Objectivlinse einen durchbohrten Hohlspiegel zu nehmen. Das Object kann alsdann auf gewöhnliche Weise durch die Beleuchtungs- linse an der Hinterseite, die der Concavität des Spiegels zugekehrt ist, beleuchtet werden, und der Hohlspiegel kann als katoptrisches Objectiv dienen, um das Bild zu erzeugen. 462 Inzwischen hafteten am Sonnenmikroskope die nämlichen Mängel, die auch der Vollendung der übrigen dioptrischen Instrumente im Wege standen. Freilich schlug Aepinus 17C3 Doublets statt der einfa-. chen Linsen vor, wobei er offenbar durch Euler's Abhandlung über die Verbesserung des einfachen Mikroskops geleitet wurde, und Martin empfahl einige Jahre später die Benutzung achromatischer Linsen; allein keiner dieser beiden Vorschläge scheint damals zur Ausführung gekom- men zu sein. Brewster suchte 1813 das Princip, welches er behufs der Achromatisirung des zusammengesetzten Mikroskops in Anwendung gebracht hatte (S. 695), auch auf das Sonnenmikroskop zu übertragen. Sein Apparat bestand aus einer kurzen horizontalen Röhre mit einer Die jeiiiigen Sonnenmikroskope. 817 Oeflfbung an der obern Seite: an dem einen Ende dieses Rohrs befand sich eine planconvexe Objectivlinse mit der convexen Seite nach aussen, das andere Ende derselben aber war durch ein ebenes Glas geschlossen. Nun wurde das Rohr mit einer Flüssigkeit gefüllt und in diese das Ob- ject gesenkt, welches auf gewöhnliche Weise durch einen Spiegel und eine Linse beleuchtet wurde. Es braucht wohl kaum darauf hin- gewiesen zu werden, wie höchst unvollkommen diese Einrichtung war und dass sie nur in wenigen Fällen wirklich in Anwendung kommen konnte. Später belehrte dann Robison (Goring und Fritchard, Micrographia^ p. 170), welche Vortheile es hat, wenn man statt der ge- wöhnlichen Objectivlinse das aus zwei Gläsern zusammengesetzte Ocular von Ramsden benutzt. Dollond versah seine Sonnenmikroskope mit einem Objective, welches gleich den W ollast o n'schen Doublets aus zwei planconvexen Linsen bestand, und Coddington brachte seine rinnenförmig ausgehöhlten Linsen ans Sonnenmikroskop (Micrographia^ p. 183). Nachdem endlich das zusammengesetzte Mikroskop aplanatische Linsensysteme bekommen hatte, war es sehr natürlich, dass man derglei- chen auch beim Sonnenmikroskope in Anwendung brachte. Ch. Che- valier ging hierin voran und man folgte ihm bald allgemein nach, so dass alle neueren Sonnenmikroskope aplanatische Objective haben, die sich nur darin von den Objectiven im gewöhnlichen zusammengesetzten Mikroskope unterscheiden, dass die Krön- und Flintglaslinsen nicht durch Canadabalsam unter einander verbunden sind, denn durch die Wärme, denen sie ausgesetzt sind, würde dieses Verbindungsmittel bald getrübt werden. *" Die Sonnenmikroskope, wie man sie jetzt von verschiedenen Opti- 463 kern beziehen kann, sind in der mechanischen Einrichtung sehr wenig von einander verschieden, weshalb eine gemeinsame Beschreibung ausreichend sein wird. Alle Theile werden aus Messingblech gemacht. Die vierseitige Platte, welche mit zwei oder vier Schrauben in die OefFhung des Ladens befestigt wird , muss dick und schwer sein. In ihr dreht sich eine Scheibe herum mittelst eines gezahnten Rades, oder noch besser mittelst einer Schraube ohne Ende, welche in die Zähne greift, womit der halbe Umfang des Scheibenrandes versehen ist, so dass eine halbe Umdrehung von ISO*^ stattfinden kann. An der Hinterseite der Scheibe befindet sich der Spiegel, den man gegenwärtig mit Recht viel breiter und länger macht, als es in früherer Zeit zu geschehen pflegte. (Doch nahm Hendrik Hen in Amsterdam bereits sehr grosse Spiegel für seine Son- nenmikroskope. Bei einem Instrumente aus dem Anfange dieses Jahr- hunderts fand ich einen Spiegel von 0,5 Meter Länge und 0,2 Meter Breite bei 0,19 Meter Durchmesser der Beleuchtunglinse.) Der Rahmen des Spiegels ist durch ein Charnier mit der Scheibe verbunden, und den Harting's Mikroskop. 52 818 Die jetzigen Sonnenmikroskope. Neigungswinkel des Spiegels zu veräudern dient ein gezahntes Rad, dessen Knopf an der Innenfläche der Scheibe herauskommt. In die kreisförmige Oeffnung der Scheibe passt das kegelförmig zulaufende Rohr, worin die Beleuchtungslinse steckt, die in der Regel biconvex ist. Goring (^MicrograpMa^ p. 84) nahm dazu eine grosse achromatische Linse, was allerdings vortheilhaft sein kann, jedoch den Apparat weit kostbarer macht, wenn auch das dazu benutzte Flintglas nicht ganz so ausgesucht und frei von Streifen zu sein braucht, als wenn es zu einem Fernrohrobjective von gleicher Grösse genommen wird. Der Apparat ist ferner so eingei'ichtet, dass das Object, jenachdem das Rohr ver- längert oder verkürzt wird, in einen breitern oder schmälern Theil des Strahlenkegels gebracht werden kann, oder es gehören noch ein paar andere Beleuchtungslinsen von kürzerer Brennweite dazu , die man temporär in die Bahn der Strahlen bringen kann, um diese dann mehr oder weniger convergirend zu machen. Zum Fixiren der Objecte sind zwei Platten bestimmt, deren eine beweglich ist und durch eine Spiralfeder an die andere angedrückt wird. Mit der feststehenden Platte ist eine vierseitige Stange verbunden, an der sich mittelst eines Triebes ein Stab bewegt mit einem Querarme am Ende, der wiederum in einen Ring zum Aufschrauben der Linsen oder Linsensysteme ausläuft. Der letztgenannte Theil des Apparats stimmt daher ziemlich mit der Einrich- tung der meisten neueren einfachen JMikroskope überein und er ist an die Stelle des früher gebräuchlichen Wilson'schen Mikroskops getreten. Dem Sonnenmikroskope können in gleicher Weise wie dem zusam- mengesetzten Mikroskope mehr oder weniger viele Linsensysteme beige- geben sein, desgleichen eine grössere oder geringere Anzahl von Hülfs- werkzeugen für verschiedenartige Beobachtungen. Darnach wechselt natürlich auch der Preis der Sonnenmikroskope. So finde ich z. B. in den Preiscouranten folgende Angaben: Charles Chevalier in Paris Lerebours in Paris Simon Plössl in Wien . . Pistor und Martins in Berlin Pritchard in London . 320 bis 500 Francs; 180 bis 320 Francs; 176 Gulden Cpnv.-M.; 60 bis 150 Thaler; 5 Pfd. 5 Seh. bis 38 Pfd. 464 Ausser einzelnen Linsen oder Linsensystemen können noch andere optische Hülfsmittel zur Erzeugung des vergrösserten Bildes benutzt wer- den. Goring nahm ein vollständiges zusammengesetztes achromatisches Mikroskop; die Bilder waren dann nicht blos vergrössert, sondern auch verkehrt (§. 145). Derselbe versuchte auch sein katadioptrisches Mikro- skop (Fig. 328) auf diese Weise, erlangte jedoch damit keine Erfolge, während dagegen einer seiner Freunde, welcher nur die dazu gehörigen Spiegelchen benutzte, mit der Wirkung sehr zufrieden gewesen sein soll (^Micrographia, p. 97). Ebenso räth Brewster (Treatise^ p. 112), sein Sonnenmikroskope zum Zeichnen. 819 katoptrisches Objectiv (Fig. 333) statt der gewöhnlichen dioptrischen Objective zu nehmen. Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich , dass dieses oder irgend eine andere katoptrische Einrichtung jemals den jetzt ge- bräuchlichen Linsensystemen den Vorrang ablaufen werde. Weiter oben (S. 814) wurde schon einiger Einrichtungen aus dem 465 vorigen Jahrhundert gedacht, wodurch das Bildmikroskop zum Zeichnen der durch dasselbe erzeugten Bilder benutzbar wurde. Auch in neuerer Zeit hat man noch dafür bestimmte Apparate hergestellt. Dahin gehört zunächst der im Jahre 1822 von Vincent und Charles Chevalier gearbeitete Apparat, dessen Einrichtung ich jedoch nicht kenne, sowie ein anderer Apparat, den Charles Chevalier (1. 1. p. 40) einige Jahre später nach den Anweisungen von Percheron und Lefebre verfertigte, und der von ihnen als Megagraph bezeichnet wurde. Das Megagraph soll nur bei 5- bis 25maliger Vergrösserung benutzt werden, und es genügt deshalb eine Lampe zur Beleuchtung. Auf Chevalier's Preiscourant steht es mit 200 Francs. Ein anderer Apparat der Art, dessen Einrichtung ich aber auch nicht kenne, ist im Jahre 1827 von Schilling in Breslau geliefert worden. Dagegen erhielten wir 1837 von Goring (JMicrographia 1837, p. 84) «ine ausführliche, durch Abbildung erläuterte Beschreibung eines solchen Apparats. In der runden Oeflf'nung eines starken hölzernen Rahmens oder Schirms, der vertical auf vier Füssen steht, wird das Sonnenmikroskop befestigt, ganz so, wie es in einem Fensterladen befestigt zu werden pflegt. Der Schirm kommt so zu stehen, dass die Sonne den Spiegel bescheint, der übrigens auf die gewöhnliche Weise sich bewegt. Die ganze übrige Einrichtung des Mikroskops ist ebenso wie bei anderen Son- nenmikroskopen; nur wird statt eines einzelnen Objectivs das Rohr eines zusammengesetzten Mikroskops genommen, das mit Objectiv und Ocular versehen ist. Das Rohr gleitet in einem zweiten, welches auf jenen Theil des Apparates geschraubt ist, der den Objecttisch und den federn- den Apparat enthält. Zum Auffangen des Bildes dient ein dunkler Raum, nämlich ein hölzerner Kasten, auf dem oben eine kegelförmig zu- laufende Kapsel aufsitzt; diese hat an der Spitze eine seitliche Oeffnung, und vor dieser steht ein ebener Metallspiegel unter einem Winkel von 450 oder noch besser ein rechtwinkeliges gläsernes Prisma*). Die Oeffnung kommt dem Oculare gerade gegenüber, so dass das Strahlen- bündel, von dem sonst ein verticales Bild entstanden sein würde, sich nun unter einem rechten Winkel umbiegt und auf dem horizontalen Bo- *) Goring empfiehlt, die spiegelnde Oberfläche dieses Prisma mit Folie zu belegen, was aber ganz unnöthig ist. Uebrigens hatte Chevalier schon früher bei sei- nen SonncniT.ikroskopen ein solches Prisma, um dadurch das Bild auf einer hori- zontalen Fläche aufzufangen. 52* 820 Kartings tragbares Sonnenmikroskop. den des Kastens ein Bild erzeugt. Dieser Boden ist übrigens mit Gyps bedeckt und er hat eine convexe Oberfläche für das gekrümmte Bild. Um letzteres betrachten zu können, hat der Kasten oben und einander gegenüberstehend zwei mit kleinen Rahmen versehene Oeffnungen, so dass zwei Beobachter auf Einmal hindurchsehen können. Die seitlichen Wände des Kastens lassen sich wegnehmen, damit der Beobachter das Bild zeichnen kann; nur muss er, um das Licht abzuhalten, den Kopf mit einem Schirme bedecken. Will man ein gewöhnliches Sonnenmikroskop benutzen, um das zum Zeichnen bestimmte Bild aufzufangen, so ist diese Goring'sche Ein- richtung gana zweckmässig; nur fällt es bei einem solchen Mikroskope immer schwer, die Beleuchtung zu reguliren, besonders wenn der Beob- achter in einiger Entfernung vom Schirme und vom Spiegel damit be- schäftigt ist, die in der dunkeln Kammer sich zeigenden Bilder zu zeich- nen. Man würde freilich auch hier, wie es bei gewöhlicher Benutzung des Sonnenmikroskops geschieht, durch einen Heliostaten die Beleuchtung reguliren können; nur ist ein solches Instrument an und für sich sehr kostbar. Einfacher und dem Zwecke ebenso gut entsprechend erachte ich eine andere Einrichtung, die ich selbst {Bulletin des Sc. phys. et na- tur. en Neerlande 1839, p. 353) unter dem Namen des tragbaren Son- nenmikroskops beschrieb und durch eine Abbildung erläuterte. Da- mals benutzte ich dazu ein einfaches Mikroskop nach Wollaston's Construction (Fig. 247), jedoch mit einem weit dickern Rohre von 4 Centi- meter Durchmesser. Darin steckt eine Beleuchtungslinse, die sich höher und tiefer stellen lässt, und die das Licht, welches sie von einem flachen Spiegel empfängt, auf das Object concentrirt. Als Objective wurden bei stärkeren Vergrösserungen statt der Linsen auch Glaskügelchen ge- nommen. Der untere Theil des Mikroskoprohrs ist am Ende der einen Klaue 'des Dreifusses angeschraubt; in der Mitte des letztern aber befin- det sich eine vierseitige Stange, die durch ein unten angebrachtes Char- nier bis zu einem gewissen Punkte nach hinten übergeneigt werden kann. An dieser Stange kann sich ein Querarm in horizontaler Richtung mit- telst eines Stiftes drehen, der in eine Oeff"nung an der Spitze der Stange passt und darin durch eine Klemmschraube befestigt werden kann. Am Ende des Armes befindet sich ein Ring, um das cylindrische Unterende einer nach oben sich kegelförmig erweiternden Blechröhre aufzunehmen, die innen und aussen schwarz angestrichen ist und oben einen Rand hat, worin eine mattgeschlifFene Glasplatte passt. Um das Licht abzuhalten, ist im cylindrischen Theile dieser Röhre ein Ring angebracht, der als Diaphragma dient. Beim Gebrauche dieses Apparates wird die Stange nach hinten ge- bogen und der Arm mit der darin befindlichen Röhre etwas zur Seite ge- dreht, damit diese dem Kopfe nicht im Wege steht. Auf diese Weise wird das einfache Mikroskop ganz frei und man kann damit auf gewohnte Art beobachten. Hat man dann ein Object ins Gesichtsfeld gebracht, . Harting's Bildmikroskop zum Zeichnen. 821 dessen Bild man auf der matten Glasplatte aufzufangen wünscht, so bekommt der Spiegel eine solche Stellung, dass er das Sonnenlicht durch die Beleuchtungslinse auf das Object wirft; hierauf wird die Stange vertikal gestellt, und den Arm dreht man nach sich zu, bis die untere Oeffnung der Röhre über die vergrössernde Linse kommt. Setzt man sich jetzt einen Schirm von dichtem schwarzen Stoffe auf, um das Licht abzuhalten, so sieht man das Bild auf der Glasplatte und kann das- selbe messen oder zeichnen; da sich aber die Beleuchtung nach Maass- gabe der Bewegung der Sonne ändert, so lässt sie sich dadurch reguliren, wenn man von Zeit zu Zeit den Spiegel etwas verrückt. Der Apparat ist ganz brauchbar, namentlich deshalb, weil sich das einfache Mikroskop ganz schnell in ein Sonnenniikroskop umwandeln lässt; auch hat das Bild noch bei einer 700maligen Vergrösserung hin- reichende Lichtstärke, wenngleich der Durchmesser des Spiegels und der Linse nicht mehr als 3,5 Centimeter beträgt. Handelt es sich darum, Objecte zu messen, so ist diese Einrichtung ganz zweckentsprechend; weniger brauchbar ist sie dagegen zum Zeich- nen, weil hierbei eine grössere Unbeweglichkeit der Glasplatte verlangt wird, als auf die beschriebene Weise zu erlangen ist. Aus diesem Grunde habe ich späterhin das aus zwei Hälften bestehende Gestell an- fertigen lassen, von dem früher (Fig. 212 a. S. 547) schon die Rede ge- wesen ist ; das Rohr ist hier unbeweglich eingeklemmt und das Ganze hat hinreichende Festigkeit, dass die Hand sich gehörig aufstützen kann. Gegenwärtig gebrauche ich auch am liebsten ein zusammengesetztes Mikroskop mit achromatischen Linsen, das mit einem ebenen Spiegel und einer Beleuchtungslinse ausgestattet ist, statt des frühern einfachen Mi- kroskops. Aber es sind nicht alle zusammengesetzten Mikroskope dazu zu benutzen. Viele nämlich sind zu hoch, so dass dann das kegelför- mige, darüber zu setzende Rohr sehr kurz sein müsste, wodurch ein klei- nes Gesichtsfeld und eine nur massige Vergrösserung bedingt wäre; oder wäre das Rohr länger, dann käme die Glasplatte zu hoch und das Bild liesse sich nicht mehr gut zeichnen. Mit bestem Erfolge benutze ich das Amici'sche Mikroskop (Fig. 294), dessen Rohr auf die Hälfte verkürzt worden ist. Auch die Mikroskope von Oberhäuser, von Nachet, von Kellner und anderen sind dazu brauchbar, jene namentlich, deren Rohr durch Einschieben verkürzt werden kann. Dieses Einschieben ge- stattet nämlich nicht allein , das Rohr bis auf die passende Länge herab- zubringen, es ist damit auch noch ein zweiter Vortheil verbunden, dass das innere Rohr, wenn das Mikroskop unter der Oeffnung der Röhre be- findlich ist, etwas nach oben rückt und nun das Ocular in den cylindri- schen Theil kommt, wodurch dann alles von unten kommende Licht von selbst ganz ausgeschlossen wird. Ich will ein paar Beobachtungen mittheilen, aus denen man ersieht, dass die mittelst dieses Apparats auf einer raattgeschliffenen Glasplatte erhaltenen Bilder eine grosse Schärfe besitzen. Die benutzten Objective 822 Bildinikroskope nach Derbey, nach d' Alton. und Oculare gehören zu dem Anaici' sehen Mikroskope, welches S. 721 ausführlich besprochen worden ist. Objectiv. Nr. 4 G 11 Brennweite. 8,7""» 4,0 2,7 Nr. 2 2 2 Vergrösse- rung. Nobert's Probetäfelch en. 150 320 500 Dritte Gruppe deutlich. Fünfte Gruppe deutlich. Siebente Gruppe deutlich. Der kleine Tisch, welcher oben (Fig. 124 S. 3 62) abgebildet wurde kann auch zu dem nämlichen Zwecke benutzt werden. Der grosse Spieo-el e wird alsdann weggenommen und an seine Stelle kommt ein Mikroskop. Man kann so das Bild auf ein mattgeschliffenes Glas in der vierseitio-en Oeffnung / fallen lassen, oder auf ein mit Terpentinöl getränktes Papier, sobald das Bild auch nachgezeichnet werden soll. Um das Licht abzu- halten, bringt man auf das Ocular einen aus Pappe verfertigten, innen schwarz angestrichenen Kegel, dessen obere weite Oeffnung bis zur Glas- platte reicht. Das von oben einfallende Licht wird, gleichwie bei der vorigen Einrichtung, durch einen um den Kopf hängenden Schirm abge- halten. Bei schwachen Vergrösserungen genügt aber schon ein halb cy- linderförmig gebogenes Stück Pappe von etwa 20 Centimeter Höhe, des- sen convexe Seite dem Fenster zugewandt ist. In der Hauptsache stimmt mit dieser Einrichtung jene überein, welche Derbey im Jahre 1847 der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Aachen vorlegte (Amtlicher Bericht S. 176). Etwas davon abweichend war die Einrichtung, welche d' Alton dieser Versammlung mittheilte: ein zusammengesetztes Mikroskop nämlich wird vollständig umgekehrt, so dass das Rohr nach unten ist, der Objecttisch und der Beleuchtungsapparat dagegen nach oben. Das Bild entsteht dann auf dem Tische, worauf das Instrument befindlich ist. d' Alton sowohl wie Derbey entfernten das Ocular, und benutzten blos das Objectiv zur Er- zeugung des Bildes. Schliesslich habe ich noch mitzutheilen, dass J. B. van den Broek in Aruhem im Jahre 1844 ebenfalls eine Einrichtung beschrieben und abgebildet hat {Natuurkunde^ Tydschrift 1844. I, p. 1), Avelche den Zweck hat, eine Camera obscura mit Martin's Sonnenmikroskop für undurch- sichtige Objecte in Verbindung zu setzen. 466 Schon alsbald nach Erfindung der Daguerreotypie suchte Berr es in Wien dieselbe beim Sonnenmikroskope in Anwendung zu bringen, beson- ders abergaben sich Donne und Leon Foucauld inParis darin grosse Mühe, und des Erstem Atlas d'anatomie microscopique , welcher 1844 er- Photographie. Hydrooxygeu- Mikroskop. 823 Bchien, enthielt bereits daguerreotypische Abbildungen. Ferner soll Ca r- penter 1847 in der Versammlung der British Association sehr schöne photographische Abbildungen mikroskopischer Gegenstände vorgelegt haben. So lange indessen die Daguerreotypie und die Photographie auf Pa- pier die einzigen bekannten Methoden waren, Hess sich für das Mikroskop nicht viel davon erwarten. Seitdem jedoch die mit Collodium bestrichene Glasplatte in Gebrauch gekommen ist, hat die mikroskopische Photogra- phie einen allgemeineren Eingang gefunden, worüber bereits oben (S. 549) das Ausführlichere mitgetheilt worden ist. Dass früher ausser dem Sonnenlichte auch künstliches Licht zur Be- 467 leuchtung der Objecte beim Bildraikroskope benutzt wurde, ist bereits oben (S. 814) angeführt worden. Man kannte aber in früherer Zeit kein künstliches Licht, welches einen Vergleich mit dem Sonnenlichte zuliess, deshalb konnten solche Lampenmikroskope nur bei sehr schwachen Ver- grösserungen in Anwendung kommen, und immer blieben sie gar sehr hinter den Sonnenmikroskopen zurück. Erst in neuerer Zeit hat man zwei Lichtquellen entdeckt, die zwar das Sonnenlicht noch nicht er- reichen, ihm aber doch näher kommen, und ausserdem noch den Vorzug besitzen, dass sie, wie jedes andere künstliche Licht, zu jeder Zeit in Ge- brauch gezogen werden können, nämlich die auf Kalk geleitete Hydro- oxygengasflamme und den elektrischen Strom zwischen zwei Kohlenspitzen, welche die Pole einer Batterie bilden. Von Pritchard (Jficrog'j^op/im, p. 170) erfahren wir, dassBirkbeck, als er 1824 in der London Mechanisc Institution eine Yorlesniig über o'püsche Listrumente hielt, zuerst das Hydrooxygengas auf Kalk einwirkend in einer Laterna Magica anwandte, wobei er die Bemerkung machte, dass dies auch beim Mikroskope zu gebrauchen sein würde. Etwa um die nämliche Zeit benutzte auch Woodward dieses Licht zu phantasmago- rischen Experimenten. Etwas später wandte es Lieutenant Drummond für Signale und auf Leuchtthürmen an (PMos. Transacf. 1826, p. 324, und 1830, p. 383), es wurde von da an allgemein bekannt und erhielt den Namen Drummond's Licht. Aber erst 1832 wurde zum ersten Male davon "Gebrauch gemacht, um die Objecte in einem Bildmikroskope damit zu be- leuchten. J. T. Cooper,der den Versuchen Birkbeck's beigewohnt hatte, stellte in diesem Jahre mit dem Instrumentenmacher John Carry das erste Hydrooxygengas-Mikroskop her, und am 18. Febr. 1833 wurde es zum ersten Male in einer öffentlichen VorsteUung gezeigt (^Microsc. Journ. 1, p. 2). Kommt nun gleich eine solche Einrichtung selbst dem gewöhn- lichen Sonnenmikroskope noch lange nicht gleich, so hat doch selten ein neuerfundenes Instrument einen grössern Eindruck gemacht als dieses, wie die übertriebeneu Berichte darüber in Zeitungen und selbst in wissenschaftlichen Journalen darthun. Die Speculation bemächtigte sich alsbald der Erfindung; die im Wasser lebenden Larven mancher noch ziemlich grossen Insecten, wie Mücken, Eintagsfliegen u. s. w., die man 824 Hydrooxygengasmikroskope. ganz gut mit blossem Auge erkennen kann, wurden dem schaulusti-l gen Publicum als Infasionsthierchen vorgezeigt, und die stattfindenden Vergrösserungen wurden dabei nicht nach dem Durchmesser angegeben, sondern nach der Oberfläche, ja sogar nach dem kubischen Inhalte. Unter denen, die sich durch solche Marktschreiereien nicht irreführen Hessen, waren auch solche, die erkannten, es sei dieser Apparat recht brauchbar zu öffentlichen Demonstrationen, und wenn man auch später eingesehen hat, dass in dieser Beziehung die Erwartungen zu hoch waren und die feinere Structur der thierischen und pflanzlichen Gewebe sich dadurch nicht deutlich machen lässt, so sind gleichwohl die Bemühungen jener gerechtfertigt, die das Hydrooxygengas-Mikroskop diesem Zwecke mehr anzupassen suchten. Die Verbesserungen bezogen sich aber weniger auf den optischen Vergrösserungsapparat, der ganz gleich ist wie beim Sonnenmikroskope, sondern sie beschränkten sich hauptsächlich auf die Einrichtung der beiden Gasrecipienten , auf die gefahrloseste Vermischung der beiden Gase vor deren Ausströmen, auf die Herstellung einer regelmässigen Drehbewegung der Kalk - oder Kreidemassen durch ein Uhrwerk und auf die Mittel zur Concentration der Lichtflamme. Eine ausführliche Auseinandersetzung der verschiedenen Methoden nebst Beschreibung und kritischer Prüfung der verschiedenen Apparate würde mich aber zu weit abführen, und ohne viele Abbildungen würde die Sache auch nicht zu verstehen sein. Ich beschränke mich deshalb auf nachfolgende kurze Notizen. Anfangs 1834 verfertigte bereits Becker in Groningen, angeleitet von Stratingh, ein Hydrooxygenmikroskop {Konst- en Letterbode, 1834. I, p. 148), woran der zur Gaszuleitung bestimmte Theil von der ursprüng- lichen englischen Einrichtung hauptsäclüich darin abweicht , dass nur der Sauerstoff sich vorher in einem besondern Gasometer ansammelt, das Wasserstoffgas aber indem Maasse als es verbraucht wird, sich immer neu bildet, wie in einer Döbereiner'schen Lampe. In dem nämlichen Jahre war das Hydrooxygenmikroskop in Frank- reich durch einen damit umherziehenden Engländer, Namens Warwich, bekannt geworden, und Ch. Chevalier (1. 1. p. 45) verfertigte, unter dem Beirathe von Galy Cazalat, alsbald ein solches Instrument, wobei er darauf Bedacht genommen hatte, mehr Sicherheit bei dessen Gebrauche zu erlangen. In Deutschland war Pf äff (Poggend. Ann. Bd. II, S. 547) einer der ersten, der sich mit der neuen Erfindung beschäftigte und auch eine neue Einrichtung der Gasometer in Vorschlag brachte. In England blieb man natürlich nicht zurück, und die ursprüngliche Einrichtung wurde auf mannigfaltige Weise verbessert. Pritchard (^Micrographia, p. 192) fertigte zwei Arten von Gasometer dafür, von denen indessen der eine nur eine Nachahmung des frühern Barlow'schen Gasometers war {Phüos. Mag. VIII, p. 240). Um das Licht auf das Ob- Gasraikroskop. 825 ject zu concentriren, nahm Pritchard auch statt einer einfachen atark gekrümmten Linse ein Doublet aus einer biconvexen und einer plancon- vexen Linse, oder er brachte einen hohlen Metallspiegel hinter die Licht- quelle. Das mächtigste Instrument dieser Art wurde 1842 für die Poly- technic Institution in London von Carry geliefert (iliecÄamcsil/a^azme 1842. Nr. 1010. Dingler 's Journ. Bd. 67, S. 237). Bei einem Sehfelde von 24 Fuss soll es die Oberfläche der Objecte 74,000,000 Mal vergrössern, den Durchmesser also etwa 8500 Mal. Haben die Bilder bei dieser Vergrös- serung wirklich noch hinreichende Helligkeit und Schärfe, dann muss Carry noch andere Mittel zur Verstärkung der Beleuchtung angewandt haben, als bis dahin gebräuchlich waren. Die Hydrooxygenmikro- skope wenigstens, die ich habe prüfen können, gestatten keine Vergrösse- rung über 1500Mal,,und dabei haben die Bilder kaum so viel Lichtstärke, als bei einer 10,000raaligen Vergrösserung mit dem Sonnenmikroskope. So viel steht fest, dass man bei einer 200maligen Vergrösserimg durch ein gutes aplanatisches zusammengesetztes Mikroskop alles sehen kann, was das beste Hydrooxygenmikroskop zur Ansicht zu bringen vermag. Ein Hydrooxygenmikroskop mit dem ganzen Zubehör von Gasome- tern u. s. w. kostet bei Chevalier 1500 bis 2000 Francs. Das Hydrooxygenmikroskop ohne den Gasapparat, der auf Verlan- gen besonders dazu geliefert wird, kostet bei Plössl, je nach der Grösse (3 bis 31/2 Zoll) der Beleuchtungslinse und der Anzahl (3 bis 6) der achromatischen Objectivlinsen, 100 bis 200 Gulden Conv.-Münze. Bei Pistor und Martins kostet es mit dem vollständigen Apparate, mit messingenen Gasometern u. s. w., 180 bis 300 Thaler. Eine gute Vereinfachung des Gasmikroskops wurde vor mehreren 468 Jahren von Children und Collins in London (Francis-Street Nr. 26. Tottenham Count ßoad) eingeführt: das Wasserstoffgas wurde durch eine alkoholische Lösung von Camphine (Terpentinöl) ersetzt. Die Kalkmasse kommt in die Flamme der Camphine und ein Strom Sauerstoffgas wird darauf geleitet. Der Apparat besteht aus zwei dicht bei einander befind- lichen Röhren, die einen zusammengerollten platten Docht enthalten, fer- ner aus einem Kalkcylinder von etwa ^s Zoll Länge und 1/3 Zoll Dicke in einem Messingröhrchen. Der Strang, welcher das Sauerstoffgas aus einem Gasometer zuleitet, geht in ein dünnes Röhrchen aus, welches auf- wärts gebogen ist und zwischen den nur wenig von einander abstehenden Dochten endigt; seine Oeffnung ist nicht ganz i/s Zoll entfernt von der runden Oberfläche des kleinen Kalkcylinders und steht etwa 1/4 Zoll über dem untern Rande des Messingröhrchens. Mit Wheatstone's Photo- meter fanden sie, dass das Licht dieses Apparates jenem von 108 Wachs- kerzen gleich kam; einmal kam es sogar dem Lichte von 121 Wachsker- zen gleich. Das Hydrooxygenlicht auf Kalk geleitet fanden sie so stark leuchtend, wie 120 solche Kerzen. Sollte es sich bestätigen, dass dieses Licht jenem des Hydrooxygen- 82 G Photoelektriscbes Mikroskop. lichts an Stärke ziemlich gleichsteht , dann würde allerdings die erzielte Vereinfachung des ganzen Apparats nicht gering anzuschlagen sein. Auch dürfte man wohl erwarten können, das Licht noch mehr zu verstärken; denn da die Gefahr des Explodirens hier ganz beseitigt ist, so könnte auch die Flamme und die Oeffnung für das ausströmendes Gas unbedenk- lich noch etwas vergrössert Averden, insofern letzteres nicht durch Abküh- lung schädlich wirkt. 469 Zur Beleuchtung bei Bildmikroskopen ist endlich auch das elektrische Licht benutzt worden, welches sich zwischen Stückchen Kohle, als Pol- enden einer galvanischen Batterie, entwickelt. Schon seit vielen Jahren kannte man durch Davy's Versuche dieses blendende Licht, dessen In- tensität unter allen Arten künstlichen Lichts dem So«nenlichte am meisten genähert ist. Bei der frühern Einrichtung der galvanischen Batterien in- dessen nahm seine Stärke so rasch ab, dass man nicht daran denken konnte, es zu Versuchen zu verwenden, die während einiger Zeit fortge- setzt werden müssen. Erst nachdem die verschiedenen Arten constanter Batterien von Daniel, Grove, Bunsen u. s. w. erfunden worden wa- ren, eröfFuete sich die Aussicht hierzu, und Donne mit Leon Foucauld versuchten zuerst diese Lichtquelle beim Bildmikroskope in Anwendung zu bringen. Sie wandten sich zu dem Ende an Ch. Chevalier, und dieser brachte das sogenannte photoelektrische Mikroskop zu Stande, welches am 12. März 1845 in der Sitzung der Societe d'Encouragement vorgeführt imd angewandt wurde (^Bulletin de la Soc. d'Encour. Sept. et Dec. 1845. Dingler's polytechnisches Journ. 1846. Bd. 100. S. 101). Folgendes ist die wesentliche Einrichtung. In der Mitte eines viei-- seitigen Kastens befinden sich die beiden als Polenden dienenden Stücke Kohle. Sie sind prismatisch, 3 Millinj. breit, 10 — 12 Millim. lang, aus Gascoakes angefertigt und stecken in besonderen Röhren, die mit den Leitungsdrähten der Batterie in Verbindung stehen und durch einen Trieb, dessen Knöpfe aus dem Kasten hervorragen, einander genähert werden können, wenn sie durch Verbrennen kürzer werden und somit weiter von einander abstehen. Ein Hohlspiegel mit einem Focus von 8 Centiraeter und einem Durchmesser von 10 Centimenter steht hinter diesen Kohlen- stücken. Um die hohe Temperatur des durch diesen Spiegel erzeugten Lichtbildes, in welches die Objecte gelegt werden müssen, zu mindern, befindet sich nach vorn innen im Kasten ein Trog mit parallelen Glas- wänden , der mit einer gesättigten Alaunauflösung gefüllt wird. Eine durch ein dunkles, fast schwarzes Glas geschlossene Oeff'nung in dem Ka- sten dient dazu , das Licht zu beobachten , um es möglichst reguliren zu können. Das Dach und der Boden des Kastens bestehen aus einer An-" zahl schiefstehender Platten, zwischen denen freie Interstitien zum Durchtritte der Luft verbleiben , während doch das Licht dabei ganz abgeschlossen ist. Donne und Leon Foucauld benutzten eine Bunsen'sche Batterie Photoelektrisches Mikroskop. 827 von 60 Paaren. .Sie fanden es dabei nöthig, noch eine Einrichtung hin- zuzufügen, um die Stärke des Stroms zu reguliren. Dazu nahmen sie zwei dreieckige Streifen Platinblech, von denen jeder mit dem T.eitungs- drahte des einen Poles der Batterie in Verbindung stand und mit der Spitze in einen Trog mit angesäuertem Wasser tauchte. Beide Bleche sind aber an einen Träger befestigt , der durch einen Trieb höher und tiefer gestellt werden kann, so dass sie mehr oder weniger tief in die Flüssigkeit tauchen. Aus dieser Beschreibung ist ersichtlich, dass der Abstand zwischen den beiden Kohlenstücken durch die Hand regulirt wird. Nun übt aber schon die geringste Aenderung dieses Abstandes einen grossen Einfluss auf die Intensität des Lichts, und es fällt daher sehr schwer, das Licht so zu reguliren, dass es immer die gleiche Intensität zeigt. Eine me- chanische Vorrichtung statt der Hand war daher wünschenswerth. In England, wo man das elektrische Licht im Allgemeinen zur Beleuchtung zu verwenden wünschte, brachte Edward Stalte in London (Lo)id. lllustr. News. 18. Nov. 1848) eine dazu passende Vorrichtung zu Stande, eben so William Petrie in London (Comptes rendus. XXVIII, p. 157). Indessen hatte auch Leon Foucauld bei seinen früheren Versuchen mit Donne genugsam erkannt, wie unvollkommen ihre damalige Einrichtung war, und am 15. Januar 1849 gab er der französischen Akademie Nach- richt von einer Vorkehrung, dass die Kohlenstücke durch eine zwekmäs- sige Vereinigung von Federn, verbunden mit einem Räderwerke und einem Elektromagneten , immer den gleichen Abstand von einander behaupteten {Comptes rendus. XXVIII, p. 68). In ihrem Berichte darüber gaben Regnault und Dumas an, der Apparat habe unter ihren Augen mit dem besten Erfolge gearbeitet, und es habe sich eine so gleichbleibende Intensität des Lichts gezeigt, wie man sie nur für Versuche wünschen könne,bei denen das Sonnenlichtdurch elektrisches Licht ersetzt werden soll. Einen mehr vereinfachten Apparat legte Jules Dubosq am 9. Dec. 1850 der französischen Akademie vor {Comijtes rendus. XXXI, p. 809), der auch seitdem zumeist in Gebrauch gekommen ist. Ich habe mich selbst davon überzeugt, dass mit demselben ein ziemlich gleichmässiges und unveränderliches Licht erzielt wird. Indessen trotz aller Intensität dieses elektrischen Lichtes besteht doch ein grosser Unterschied von dem durch eine Linse concentrirten Sonnenlichte. Wenn daher auch das photoelektrische Mikroskop vor dem Gasmikroskope den Vorzug verdient, so bleibt es doch immer noch ein sehr unvollkommenes Instrument, das nur bei einer verhältnissraässig schwa- chen Vergrösserung der Objecte passt. Bei 200maliger Vergrösserung sieht man mit einem guten zusammengesetzten Mikroskope alles, was in dem zehnmal stärker vergrösserten Bilde durch ein photoelektrisches Mi- kroskop wahrgenommen werden kann. Neunter Abschnitt. Apparate und Hülfsmittel zur mikroskopischen Untersuchung. 470 Zur mikroskopischen Untersuchung werden vielerlei kleine Apparate und Instrumente benutzt, die nicht unerlässlieh dazu sind, und grössten- theils nur dazu dienen, die Beobachtungen selbst sicherer und bequemer vorzunehmen. Die Anzahl dieser Hülfsmittel selbst ist ziemlich gross, und wenn sie auch nicht alle gleich brauchbar sind, manche vielmehr recht gut durch andere weniger kostspielige Einrichtungen ersetzt werden können, so soll doch hier eine möglichst vollständige Uebersicht derselben gegeben werden. Die älteren Mikroskope waren in dieser Beziehung natürlich nur dürf- tig ausgestattet. In dem Briefe Boreel's (§. 390) lesen wir, dass die Ebenholzscheibe, worauf das Mikroskop von Hans und Zacharis Jans- sen ruhte, einige quisquilias enthielt: es ist aber nicht klar, ob damit einzelne kleine Objecte gemeint sind, oder kleine Instrumente, deren man sich bei der Untersuchung bediente. Jedenfalls ist ihre Anzahl nur eine geringe gewesen, denn bei allen übrigen während des 17. Jahrhunderts gefertigten Mikroskopen trifft man nur wenige dergleichen an. 471 Es lassen sich folgende Klassen dieser Instrumente unterscheiden: 1) Apparate zur Beleuchtung der Objecte, und zwar a) bei durchfallendem Lichte; b) bei auffallendem Lichte; c) bei polarisirtem Lichte. 2) Apparate und Hülfsmittel zum Tragen und Festhalten der Objecte. Beleuchtungsapparatc. 829 3) Einrichtungen zur mechanischen Bewegung der Ob- jeete auf dem Objecttische, und zwar ta) zur geradlinigen diagonalen Bewegung; b) zur Kreisbewegung. 4) Apparate zum Messen und Zeichnen der Objecte: a) Mikrometer; b) Foeimeter; c) Goniometer; d) katoptrische und dioptrische Hiilfsmittel zur Pro- jection der Bilder. 5) Apparate zum Schutz der Linsen bei mikrophysikali- schen und mikrochemischen Untersuchungen. 6) Instrumente zur Anfertigung mikroskopischer Präpa- rate. Die zu diesen verschiedenen Klassen gehörigen Instrumente sollen nun der Reihe nach betrachtet werden. Erstes Kapitel. Beleuchtungsapparate. Es ist im Frühern zu wiederholten Malen von den verschiedenen 472 Beleuchtungsweisen der Objecte die Rede gewesen, die nach einander in Gebrauch gekommen sind. Der Gegenstand ist indessen zu wichtig, als dass wir nicht im Besondern dabei stehen bleiben sollten, um das bereits Erwähnte unter einander in Zusammenhang zu bringen und das noch Fehlende hinzuzufügen. Natürlich wird aber nur von der Beleuchtung der Objecte beim einfachen und zusammengesetzten Mikroskope die Rede sein, da von der Beleuchtung bei den verschiedenen Arten von Bildmi- kroskopen bereits im vorigen Abschnitte die Rede war. Wir haben früher gesehen, dass gleich vom Anfange an die zwei 473 hauptsächlichsten Beleuchtungsweisen, nämlich mit durchfallendem und mit auffallendem Lichte, in Gebrauch gewesen sind, die erste indessen anfänglich nur beim einfachen Mikroskope, da die ersten zusammenge- setzten Mikroskope bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts nur dazu ge- eignet waren, die Objecte bei auffallendem Lichte zu betrachten. Die erste Verbesserung in der Beleuchtung durchsichtiger Objecte, die durchs einfache Mikroskop betrachtet werden , erzielten H u d d e und Hartzoeker dadurch, dass sie (s. Fig. 221 a. S. 606) hinter dasObject eine 830 Beleuchtung nach Bonannus, Musschenbroek, Lebaillif, Tortona, Hertel. biconvexe Linse brachten, welche der letztere zugleich so einrichtete, dass sie mittelst der Schraube / nach Willkür dem Objecte näher gerückt oder davon entfernt werden konnte. Dieses Beispiel ahmte Bonannus (Fig. 273 S. 668) auch beim zusammengesetzten Mikroskope nach, und späterhinist diese Beleuchtungslinse immer in Gebrauch geblieben, nur hat man neue- rer Zeit, wie weiter nachgewiesen werden wird, die biconvexe Linse durch Linsen von besserer Form ersetzt, nnd man hat auch zwei oder mehr Lin- sen vereinigt, wodurch eine mehr oder weniger vollkommene achroma- tische Beleuchtung erreicht wird. Schon sehr früh ist man auch darauf bedacht gewesen, das über- flüssige Licht mittelst Diaphragmen abzuhalten. Das erste Beispiel der Art begegnet uns bei einem der einfachen Mikroskope von Johannes Musschenbroek (Fig. 223 B, S. 607); er brachte hinter das Object ein Täfelchen, das sich um einen Stift drehte und mehrere OeflFnungen von verschiedenem Durchmesser hatte. Viel später erst brachte Lebaillif dieses Princip auch beim zusammengesetzten Mikroskope in Anwendung. Lebaillif war der erste, der unter dem Objecttische eine drehbare Scheibe anbrachte (Fig. 334), wie sie noch gegenwärtig bei vielen Mi- Fig. 334. kroskopen angewendet wird ; dieselbe ersetzte den früherhin von Culpeper und Scarlet benutzten Hohl- kegel (Fig. 277 S. G73), welcher dem beabsichtigten Zwecke in einem geringeren Maasse genügt. Der Spiegel, der gegenwärtig den ersten und wich- tigsten Bestandtheil jedes Beleuchtungsapparates aus- macht, ist am spätesten in Gebrauch gekommen. In Tortona.'s zusammengesetztem Mikroskope (Fig. 272, S. 666) war zwar schon 1685 eine Einrichtung ange- Lebailhf s drehba- bracht, vermöge deren es dem Lichte zugekehrt wurde, res Diaphragma. , , . , . . , ■ ^ ^ -»»-i SO dass man, gleichwie mit dem einlachen Mikro- skope, die Objecte bei durchfallendem Lichte damit betrachten konnte; aber erst 30 Jahre später verfiel Hertel darauf (Fig. 276, S. 671), einen Spiegel unterhalb anzubringen, und es währte fast noch 20 Jahre, ehe dessen Gebrauch allgemein angenommen wurde. 474 Wenden wir uns jetzt zur Betrachtung der Beleuchtungsapparate unserer heutigen Mikroskope. Ueber die theoretischen Grundprincipien, worauf sich die Beleuchtung mikroskopischer Objecte zu stützen hat, muss ich übrigens auf S. 204 u. flg. verweisen. Die meisten unserer jetzigen Mikroskope haben einen concaven und einen ebenen Spiegel, z. B. jene von Oberhäuser, Plössl, Schick, Powell, Ross, Smith. Die älteren Mikroskope von Amici haben nur einen concaven Spiegel, die neueren nur einen flachen; letzteres ist auch bei dem Mikroskope der Fall, welches Pritchard für Gering herstellte. Das ist ein Mangel. Denn wenn man auch durch die Beleuchtungslinse das Licht gehörig zu concentriren vermag, so bleibt doch die Richtung Beleuchtungsspiegel. 831 der Strahlen, welche auf das Object fallen, immer die nämliche. Durch die Verbindung mit einem Hohlspiegel lassen sich aber hierin die nöthi- gen Modificationen anbringen. In manchen Fällen, namentlich wo es auf die Wahrnehmung von Farben ankommt, ist es gut, eine reflectirende Fläche zu benutzen, von welcher diffuses weisses Licht ausstrahlt. Zu diesem Zwecke bedeckte Gering die Hinterseite des Spiegels mit Gyps. Besser ist aber das Verfahren von Chevalier, der seinen Mikroskopen isolirte weisse Scheiben von der Grösse des Spiegels beifügt, die man, falls es nöthig ist, auf diesen legen kann. Varley empfahl dazu das Aufstreuen von kohlensaurem Natron. Statt des Glasspiegels, der natürlich immer zwei Bilder reflectirt, ha- ben manche ein Glasprisma empfohlen. Zuerst im Jahre 1838 benutzte Dujardin {L'Institut 1838, Nr. 247. — Manuel de l'Observateur au mi- croscope, p. 21) ein solches und späterhin nahm auch Merz ein solches in sein Mikroskop auf. Ihr Beispiel hat aber keine Nachahmung gefun- den und wird es wohl auch, in der Folge nicht finden, weil das reflectirende Prisma weit kostbarer ist, als der Spiegel, und weil auch die zweite Re- flexion des letztern hier der Schärfe des Bildes, welches man auf einem erleuchteten Hintergrunde sieht, durchaus keinen Eintrag thut. Weit mehr kommt darauf an, wie die Bewegung des Spiegels einge- richtet ist. Dass er in einem Bügel hängen muss, der sich um einen Stift dreht, wodurch er unter verschiedenen Winkeln geneigt werden kann, versteht sich von selbst; auch finden wir den Spiegel von der ersten Zeit an, wo er in Gebrauch gekommen ist, also eingerichtet. Es fehlte da aber noch eine dritte Bewegung: der Spiegel muss auch aus der optischen Axe des Mikroskops gebracht werden können, damit die Objecte durch schief einfallendes Licht getroffen werden, was für die Wahr- nehmbarkeit mancher schwer erkennbaren Einzelnheiten sehr durchsichtiger Objecte sehr wichtig sein kann. Man hat diese Beleuchtungsweise mit schief einfallendem Lichte neuerer Zeit (Oberhäuser in den Comptes rendus vom 14, .Juni 1847) als eine neue Erfindung ausgeben wollen: doch kannte man die Mittel dazu schon im vorigen Jahrhunderte, und die Vorzüge dieser Beleuchtung fanden damals wie später Anerkennung, wie man aus Adams (Essays on the Microscope, 1798, p, 136) ersieht. Zum ersten Male begegnen wir dieser Bewegung des Spiegels 1759 bei den Mikroskopen Martin's (Fig. 281 S. 676), wo sich der Spiegel an einer runden Stange verschieben und zur Seite drehen lässt, und das ist fast auf die gleiche Weise bei Powell (Fig. 305 S. 751) beibehalten wor- den. Auch bei Dellebarre (Fig. 283 S. 682) ist der Spiegel seitlich zu bewegen, hier aber durch ein Charnier. Den Vorzug vor diesen beiden Methoden verdient es, wenn der Spiegel an einer Kurbel aufgehängt wird, wie es schon am Ende des vorigen Jahrhunderts bei den Mikroskopen von Herman und Jan van Deyl vorkommt (S. 686). Später hat sich diese Befestigungsweise wiederum verloren; doch finde ich sie bei einem 832 Excentrische Beleuchtung durch Nachet's Prisma. 1835 von Amici verfertigten, in Utrecht befindlichen Mikroskope, und ebenso bei dessen neuen Instrumenten (Fig. 294 S. 719). An den älteren Oberhaus er 'sehen Mikroskopen fehlt diese Einrichtung; sie findet sich aber beiden späteren Oberhäuser 'sehen Instrumenten (Fig. 289 S.706). Bei den Mikroskopen endlich von Smith u. Beck (Fig. 307 S. 754) kann der Spiegel nicht allein durch eine Kurbel, sondern auch noch durch eine Drehbewegung ausserhalb der Axe des Instruments gebracht werden. Indessen schon das erstere allein ist ganz ausreichend. Endlich hat Nach et (Comptes rendus 1847. XXIV, p. 967) dieses Ziel noch auf eine andere Weise zu erreichen gesucht, namentlich bei solchen Mikroskopen, wo der Spiegel in einem tromm eiförmigen Fusse steckt und deshalb nicht seitlich bewegt werden kann. Dieser Beleuch- tungsapparat ist Fig. 335 im Durchschnitte dargestellt. Unmittelbar unter den Objecttisch bi'ingt Nach et ein in eine kurze Röhre abcd eingeschlossenes Glasprisma e, welches dergestalt geschliffen ist, dass die Licht- strahlen parallel mit der Axe auf die untere Fläche treffen, dann zweimal vollständig reflectirt werden und hierauf, je nach dem Verhältniss der Winkel des Prisma, bei o unter einem mehr oder weniger spitzen Winkel auf das Object treffen. Dasjenige, welches Nachet der französischen Akademie vor- legte, ertheilte den Strahlen eine schiefe Richtung von 300 im Verhältniss zur Axe. Er gab zu- gleich an, man könne ein solches Prisma auch mit convexen Oberflächen schleifen, so dass es zu- gleich als Beleuchtungslinse diente, und diese Form ist in dem abgebildeten Apparate vorhan- den, der zu einem Mikroskope vom Jahre 1849 gehört. Die kurze röhrenförmige Kapsel kommt in die nämliche Oeffnung des Hebelapparats, in welche die röhrenförmigen Diaphragmen passen. Ich erkenne das Sinnreiche dieser Erfindung vollkommen an; offen- bar steht sie aber in Brauchbarkeit dem an einer Kurbel befestigten Spie- gel nach, da dieser nicht so theuer ist und auch gestattet, das Licht unter verschiedenen Winkeln auf das Object fallen zu lassen. Nachet giebt zwar an, es sei ihm vorgekommen, als sei die Wirkung für Winkel von 20*^ bis 40° die nämliche gewesen. Indessen kann das nicht ganz richtig sein, und überdies ist auch ein Winkel von 40" nicht die äusserste Grenze für die Benutzung des schief einfallenden Lichts. Bei manchen Objecten ist es mir vorgekommen, als wäre auch bei einer Beleuchtung unter einem Winkel von 60« noch etwas zu gewinnen. Nur für jenen Fall empfiehlt sich dieses Prisma wirklich, für den es Nachet selbst bestimmt hat. Es steht aber zu erwarten, dass der trommeiförmige Fuss bald ganz auf- Nachet's Beleuchtungsapparat. Excentrische Beleuchtung. 833 gegeben wird und man nur solche Gestelle verfertigt, bei denen der Spie- gel frei bewegt werden kann. Bei den neueren Mikroskopen Nachet's kann der Spiegel ebenfalls ausserhalb der Axe des Instrupients angebracht werden; ja für den Fall, dass die Dicke des Objecttisches dem Zutritte sehr schief aufTallender Strahlen hinderlich wäre, sobald der Spiegel in bedeutenderem Grade ausserhalb der Axe gerückt wird, fügt er jetzt sei- nen grösseren Mikroskopen einen Hülfsobjecttisch bei, der unter den eigent- lichen Objecttisch kommt und woran die Objecte durch eine Art Klam- mer festgefialten werden. Das Mikroskoprohr wird dann durch die Oeff- nung des Objecttisches geschoben, bis das Objectiv nahe genug über das Object gekommen ist. Die Bewegung des Spiegels in der Axenrichtung, vermöge deren er höher und tiefer gestellt werden kann, gehört nicht zu den unerlässli- chen Forderungen; sie fehlt an den Mikroskopen von Ross, Plössl, Schick, Amici, Brunn er, sowie an den älteren Oberhäuser'schen. Diese letzteren sind noch durch die Eigenthümlichkeit ausgezeichnet, dass der Focus des Hohlspiegels gerade auf das auf dem Objecttische befind- liche Object fällt. Späterhin hat Oberhäuser dies aufgegeben und den Spiegel so eingerichtet (Fig. 289, S. 706), dass die ihn tragende Kurbel in senkrechter Richtung hinauf und herunter geschoben werden kann , und da der Hohlspiegel nur einen kurzen Focus von 47 Millim. hat, so ist es möglich, ein convergirendes und durch Tieferstellen des Spiegels auch ein divergirendes Strahlenbündel auf das Object fallen zu lassen. An den Mikroskopen von Pritchard, Powell, Smith ist der Spiegel ebenfalls nach oben und nach unten verschiebbar ; die Brennweite der Hohlspiegel ist aber hier, wie bei den meisten übrigen Mikroskopen, grösser als der äussere Abstand zwischen Object und Spiegel, so dass immer ein convergirendes Strahlenbündel zum Gesichtsfelde gelangt. Da die Erfahrung dargethan hatte, dass die excentrische Stellung j^y« des Spiegels grosse Vortheile darbietet, so bemühte man sieh, andere Ein- richtungen ausfindig zu machen, wodurch der Hauptzweck, das Object durch schief einfallendes Licht mit Ausschluss der in der Nähe der Axe eintretenden Strahlen zu beleuchten, noch vollkommener erreicht würde. In dieser Beziehung ist zunächst das Paraboloid von Wenham (^Microscop. Transact. 1851) zu nennen, welches im verkleinerten Maass- stabe in Fig. 336 a. f. S. dargestellt ist. Es stellt nämlich aa ein aus Silber verfertigtes Paraboloid dar, dessen Innenfläche gut polirt ist, und dessen Brennweite i/ig engl. Zoll beträgt. Die Spitze dieses Paraboloids ist so weit abgeschnitten, dass sein Brennpunkt mit der Oberfläche der dicksten Glaspiättchen coincidirt, die mau als Objecttäfelchen zu benutzen pflegt. An der Basis des Paraboloids befindet sich eine dünne Glasplatte bb; auf diese ist ein geschwärzter kleiner Cylinder g gesetzt, dessen Rand der obern Oeffnung des Paraboloids gleichkommt, damit alle zu- nächst der Axe einfallenden Strahlen abgeschnitten werden. Es gelangt Havting's Mikroskop. 53 834 Wenham's Paraboloid. daher kein directes Licht vom Spiegel zum Objecte, sondern dieses wird nur durch die von allen Seiten reflectirten Strahlen, die im Brennpunkte zusammentreffen, beleuchtet. Es ffe- Fig. 336. Wenham's Pavaholoid. hört ferner zu dem kleinen Apparate ein Trieb mit dem Knopfe c zum Höher- und Tieferstellen, sowie ein drehbares Diaphragma d mit zwei in dem einen Durchmesser befind- lichen Oeffnungen ee, so dass zwei Lichtbändel in entgegengesetzten Richtungen reflectirt werden. Die oberste Oeffnung endlich ist durch einen Meniscus geschlossen, um da- durch die Aberration der Lichtstrah- len beim Durchgange durch die Glasplättchen zu verbessern, die den Objecten etwas Farbiges und Nebel- haftes verleiht. Auch ist dadurch der Zutritt von Luft und von Dün- sten abgeschnitten, was die Erhaltung des Glanzes der Innern Fläche sichert. Aus eigener Erfahrung kenne ich die Brauchbarkeit dieses Apparates nicht; indessen zweifle ich nicht daran, dass er in einzelnen Fällen recht gute Dienste leisten kann. Nur schade, dass die grosse Mühe, welche die Herstellung eines solchen Paraboloids verursacht und der dadurch bedingte hohe Preis desselben viele abhalten wird, sich dasselbe anzu- schaffen. Die hierbei zu Grunde liegende Idee lässt sich nun aber, wenn auch nicht auf vollkommen gleiche Weise, auf einem andern Wege und mit weniger Kosten zur Ausführung bringen. Es kommt nämlich nur darauf an, von der Seite her schief auftreffende Strahlen den Objecten zuzuführen, und alle näher der Axe befindlichen weniger schief auffallen- den Strahlen abzuhalten; denn diese Mittelstrahlen, weit davon entfernt, einen vortheilhaften Einfluss zu üben, tragen nur dazu bei, dass die kleinen Unebenheiten, welche durch die Randstrahlen hervortreten, wiederum zum Verschwinden gebracht werden. Es verhält sich in gewisser Beziehung hiermit ähnlich, wie mit den Linsensystemen, bei denen das Unterschei- dungsvermögen hauptsächlich von den Randstrahlen abhängt, welches daher, statt abzunehmen, sich eher verstärkt, wenn man ein kleines Scheib- chen auf das Objectiv legt und dadurch die Axenstrahlen abhält. Solche Scheibchen kann man nun auch in die Axe des Beleuchtungsajiparates einschieben, entweder einzeln für sich, oder indem man sie fin die Speichen eines kleinen Rades befestigt, oder indem man sie, wie in Fig. 337, in den Oeffnungen einer um eine Axe sich drehenden Messingscheibe an- bringt, oder endlich, indem man sie hinter einander auf eine in einen Messingrahmen gefasste kleine Glasjilatte klebt (s. Fig. 346, S. 844). Die* Exccntrische Beleuchtung durch Abhalten der Axenstrahlcn. 835 verschiedenen Methoden laufen in der Hauptsache auf das Nämliche hinaus und es ist ziemlich einerlei, welcher von ihnen man den Vorzug giebt. Es versteht sich aber von selbst, dass ein solches Diaphragma nichts hilft, wenn der Beleuchtungsapparat paralleles Licht ins Gesichtsfeld sen- Fig. 337. det, und dass es auch sehr wenig leisten wird, wenn derselbe nur aus einem Hohlspiegel besteht, wodurch blos eine geringe Convergenz oder Di- vergenz der Strahlen hervorgebracht wird. Soll es wirken, so muss es unter einer Linae oder einem Linsensystem von kurzer Brennweite an- gebrachtwerden, wodurch das vom Spiegel reflec- tirte Licht stark convergirend oder divergirend wird; dann werden die Randstrahlen, welche in ' Drehbare Scheibe zum Ab- sehr schiefer Richtung ins Gesichtsfeld treten, halten der A^xenstrahien des ^^^^^^^^ leisten, wie die Strahlen, welche durch Releuchtungsapparates. -r-. i • •. r, ■ i W enham s Paraboloid refiectirt werden. Zwischen beiden besteht allerdings noch ein Unterschied, insofern I nämlich beim Paraboloid die chromatische und bei recht vollkommener j Ausführung auch die sphärische Aberration fehlt, die auch beim besten achromatischen Linsensysteme nicht ganz vollständig beseitigt ist. Ich [ bezweifle jedoch, dass dieser Mangel wirklich auf das Sichtbarwerden I der Strichelchen schwieriger Probeobjecte einigen Einfluss übt. Beleuchtungsapparate, womit nach Willkür die Randstrahlen oder die Axenstrahlen vom Eintritte ins condensirende Linsensystem abgehalten werden können, sind in England nach Gillett's Vorgange schon seit mehreren Jahren in Gebrauch, und Ross, Powell und Lealand, ebenso Smith und Beck geben dergleichen zu ihren grossen Mikroskopen. Hierher gehörtauch Shadbolt's Sphero-annular condensor, der nur eine Modification von Wenham's Paraboloid ist. Das Einfachste jedoch ist, man nimmt die bereits oben (§. 210, Fig. 118) beschriebene ziem- lich hemisphärische Linse, auf deren flache Seite eine schwarze Scheibe geklebt wird, befestigt sie in einer kurzen Hülse und trifft eine Einrich- tung, vermöge deren sie unter dem Objecttische höher oder tiefer gestellt werden kann. Schon seit einiger Zeit wurde manchem englischen Mi- kroskope eine solche Linse beigegeben zur Beleuchtung auf einem dunkeln Hintergrunde, ehe Dr. Hall XQ^^'"'^- Journ. 1856, Nr. XV, p. 207) darauf aufmerksam machte, dass die nämliche Linse bei stärkeren Objectiven sehr geeignet ist, die Strichelchen schwerer Probeobjecte sichtbar zu machen und theurere Beleuchtungsapparate ersetzen kann. Ich habe eine solche hemisphärische Linse mit kurzer Brennweite (10 Millim.) hierzu auch sehr passend gefunden, wenn- gleich das ganze Sehfeld dadurch etwas Nebliges bekommt, wahrschein- lich in Folge der starken sphärischen Aberration der Randstrahlen, und ich erachte dieselbe für eine sehr zweckmässige Beigabe der kleineren, 53* 830 Belouchtungsapparate von Wollaston, von Brewster. mit weniger guten Beleuchtungsapparaten versehenen Mikroskope, deren Preis dadurch nur wenig erhöht werden kann. 476 Es ist klar, wenn der concave Spiegel sich auf- und niederbewegen lässt, so ist damit schon ein Mittel geboten, das Licht stärker und schwä- cher zu machen, weshalb man für diesen Zweck eigentlich keine Linsen oder Linsensysteme in die Bahn der Strahlen zu bringen braucht. In- dessen verknüpfen sich mit diesen eigene Vortheile, weshalb ihnen viele nicht ohne Grund den Vorzug geben. Zunächst lässt sich eine Linse viel leichter auf- und niederschieben, als der viel schwerere Spiegel; so- dann aber kann man, wenn man einen Hohlspiegel mit einer Linse ver- einigt, den Lichtstrahlen die verschiedenartigsten Richtungen ertheilen, wie früherhin (§. 205) entwickelt worden ist. Wenn auch keiner der jetzt gebräuchlichen Beleuchtungsapparate ganz nach den dort entwickelten Principien eingerichtet ist, so zweifle ich doch nicht daran, dass dieselben bald allgemeinere Anwendung finden werden, da Theorie und Erfahrung für dieselben sprechen. Brewster (Jreatise^ p. 135) wies wissenschaftlich nach, die Be- leuchtung mikroskopischer Objecte sollte immer eine solche sein, dass sich das Object gerade im Vereinigungspunkte der Strahlen befindet, das Licht also, welches ins Mikroskop eintritt, von Einem Punkte aus diver- girt. Dieses Princip wurde in dem Beleuchtungsapparate Wollaston's (^Philos. Transact. 1829, p. 9) festgehalten, der zu dessen einfachem Mi- kroskope mit seinen Doublets gehört und in Fig. 247, S. 627 dargestellt ist. Das Licht fallt hier auf den flachen Spiegel /, geht bei i durch die Oeflfnung eines kurzen Röhrchens, erreicht dann die planconvexe Linse e und concentrirt sich bei o auf dem Objecte. Wollaston wollte alles so eingerichtet haben, dass an der Stelle des Objects ein scharfes Bild der Oefinung bei o gesehen würde; um dies besser zu können, sollte in diese Oeflnung mit Wachs ein Faden geklebt werden, dessen Bild scharf auf dem Objecttische hervortreten müsste. Brewster hob aber mit Recht hervor, es geschehe auf diese Weise dem zu erfüllenden Principe durchaus keine Genüge: sieht man das Bild der Oeflnung scharf, dann haben sich die parallelen Strahlen, welche durch den Spiegel reflectirt werden, bereits unterhalb des Objects in Einem Punkte vereinigt und auf das Object selbst fällt dann ein Bündel divergirender Strahlen. Die Richtigkeit dieses Princips für alle Fälle ist indessen nicht über jeden Zweifel erhoben, und daraus erklärt sich auch das Schicksal des Wollaston 'sehen Beleuchtungsapparates, nach- dem ihn Gering auf das zusammengesetzte Mikroskop übertragen hatte, und zwar mit der Veränderung, dass die Linse in einer unter dem Ob- jecttische befindlichen, nach unten kegelförmig zulaufenden Röhre höher und tiefer gestellt werden konnte. 477 Der planconvexen Beleuchtungslinse Wollaston's, deren gerade Fläche aufwärts gerichtet ist, liegt sclion der Gedanke zu Grunde, dei Fi lg- 338. Brcwster's Beleuchtun gsapparat . Belcuchtungsapparat von Brcwstcr; monochromatisches Licht. 837 Eintluss der sphärischen und chromatischen Aberration minder schädlich zu machen. Brewster ging aber weiter und meinte, der Beleuchtun/ ersetzt. Auch für chemische Zwecke ist sie verwendbar; in den Ring N kann nämlich ein Wasserbehälter 0 eingelassen werden. Die Nachtheile, welche die Beleuchtung mikroskopischer Gegen- stände durch künstliches Licht mit sich führt, scheinen mir bei diesem Apparate auf eine recht gute Weise beseitigt zu sein, ohne das? etwas von den Vorzügen dieser Beleuchtungsweise verloren geht. Es bedarf aber wohl keiner nähern Auseinandersetzung, dass diese ganze Einrich- tuno- mit einer geringen Modification auch bei einer Oellampe sich an- briniren lässt. 853 Zweites K a ]) i t e 1. Apparate und Hülfsinittel zuiri Tragen und Festhalte'n der Objecte. Ein grosser Tlieil des Armamentarhim microscopicum besteht aus den 487 kleiiien Instninienteii, welche hierher gehören. Sehr gross ist die Zahl der Instrumente, die seit dem Beginne der mikroskopischen Untersuchungen eri'unden, dann auch wieder verändert und oftmals verbessert worden sind ; sie zeugen ebenso für die Fähigkeit der Erfinder, als für das "im mar neu auftretende Bedüriniss , passende Mittel ausfindig zii machen , um die Objecte in einen Zustand zu versetzen, dass ihre mikroskopische Beob- achtung leicht ist. Die ältesten Beobachter benutzten nach Huygens (Mem. de l'Acad. de Paris 1678. XI, p. G08) vielfältig Glimmerblättchen: die Objecte wur- den mit etwas Wachs oder Terpentin darauf geklebt, oder man brachte dieselben auch wohl zwischen zwei Glimmerblättchen. Schon am Ende des 17. Jahrhunderts waren die mit Oefl^nungen versehenen hölzernen oder beinernen Schieber in Gebrauch, worin die Objecte zwischen Glim- merblättchen stecken, die mittelst eines kleinen Messingringes zusammen- gedrückt werden. Bei Bonannus {MicrograpJtia curiosa^ p. '27) findet man sie ganz so abgebildet (Fig. 273, S. 668), wie sie bis vor einigen Jahren noch allgemein in Gebrauch waren; nur wurden die Glimmer- blättchen späterhin meistens durch concave Glasplättchen ersetzt. Hart- zoeker (Essay de Dio'ptrique 1694, p. 176) benutzte bei seinem früher beschriebenen einfachen Mikroskope einen kleinen Messingrahraen, wie er Fig. 357 dargestellt ist. Derselbe bestand aus zwei durch ein Charnier vereinigte Hälften, auf deren länglich vierseitige OefFnungen Glimmer- streifen aufgelj;lebt waren. Man ersann auch bald andere kleine Instrumente, die zum Festhalten der Objecte bestimmt waren. Schon bei Cuno's Mikroskope (Fig. 220-> S. 605), und noch mehr bei jenem von Johannes M usschenbroek (Fig. 222, S. 600) konnnen sie in Menge vor, nämlich Schieberzängelchen 854 Thierbuchsen. zum Fassen tler Objecte, spitzig zulaufende Nadeln, kleine Gabeln und gabelartige Instrumente mit stumpfen Spitzen. Namentlich zeugen aber die in Fig. 222 bei E, G, H mit abgebildeten Instrumente für Musschen- broek's Erfindungsgabe. // ist zum Festhalten von Objectschiebern oder Glastafeln bestimmt; durchs? soll ein Glasröhrchen e/ festgehalten werden, dergleichen schon Leeuwenhoek zur Untersuchung von Flüssigkeiten benutzt hatte ; E endlich ist ein kleines Büchschen oder Gläschen aus ei- nem concaven und einem flachen Glase, um lebende Thierchen einzu- schliessen, also die einfachste Form der Wa>serinsectenbüchse (animnl life hox). Später finden wir die letztere, jedoch ohne Stiel, wiederum beim zusammengesetzten Mikroskope von Culpeper und Scarlet, und erst in neuerer Zeit sind daran mehrere Verbesserungen vorgenommen worden. Nach Lister's Rath gab Tu Hey diesem Thierbüchschen die Form, welche Fig. 358 im Durchschnitte dargestellt ist. Die kleine Mossing- Fig. 357. FifT. .^5". Hartzueker's Rahmen für Glimmerblättchen. Tulley's Thierbüchse. platte ab hat ziemlich gleiche Grösse wie die gewöhnlichen gläsernen Objecttäfelchen; in der Mitte hat sie eine Oeffnung, und über dieser steht ein kurzes Röhrchen, welches durch eine runde flache Glas- scheibe n' geschlossen wird. Auf dieses Röhrchen passt, gleich wie ein Deckel, ein zweites, das ebenfalls durch ein flaches Glasplättchen oo geschlossen ist. Daran brachte Goring {Microscop. Illust. Ed. 1, p. Ö7) eine kleine, aber nicht unerhebliche Verbesserung an, welche Fig. 359 dargestellt ist. Die beiden Glastäfelchen fügte er nämlich wasserdicht in ihre Höhlungen, und am äussern Büchschen brachte er nahe dem Rande eine feine OeflTnung an. So kann das Thierbüchschen auch für Wasserthiere be- rhierbuchse. „utzt werden, und die kleine Oeffnung dient zum Herauslas- sen der Luft. Für in der Luft lebende Thiere fügte er noch ein zweites Deckelchen B hinzu , welches wie das erstere gestaltet ist, aber mehx-- fache kleine Oeffnungen besitzt. \ Varley (Transact. of the Soc. of Ärts. XLVIII) hat 1831 mit diesen kleinen Instrumenten noch eine Veränderung vorgenommen, wodurch sie zur Untersuchung von Thieren, die im Wasser leben, weit geeigneter ge- •t3 Goring's Thicrljiiiliscii. 855 worden sind, so dass ihm hierin jetzl nlle englischen Mikroskopverfertiger nachfolgen. Diese V arley 'sehe Thierbiichse ist Fig. SßO dargestellt. Auf der flachen Messingplatte ab steht ein kurzes Röhrclien, auf dem das Ob- jecttäfelchen c liegt, aber nicht unmittelbar auf dessen äussern Rande, son- dern auf einem nach innen vorspringenden Ringe d. Somit bleibt oben eine ringförmige Rinne i übrig. Das Deckelchen / mit der dünnen Glas- tafel e schiebt sich über das innerste Rohr, wie bei den früheren Thier- Fig. 360. ^^:^ Varley's Thierbtichse in der Seitenarsicht. Duvehsehnitt derselben. büchsen. J>er Unterschied von diesen besteht nur darin, dass die kleine Glasscheibe c, die als Objecttafel dient, mit der kleinen Röhre nicht in Berührung kommt. Ein darauf gebrachter Wassertropfen verbleibt des- halb nur durch Capillarität zwischen den beiden Glastäfelchen, und das Deckelchen lässt sich ganz herumdrehen, ohne dass die Flüssigkeit ab- fliesst. Späterhin hat Powell daran noch eine Verbesserung angebracht, die in Fig. 361 im Durchschnitte dargestellt ist. Das Deckplättchen kann hier gewechselt werden. Das als Deckel dienende Röhrchen besteht nämlich aus zwei Stücken. Der unterste Theil d hat oben einen Rand mit dem Schraubengange o; darauf kommt das runde Deckplättchen e, welches durch Auf- schrauben des Ringes Ix befestigt wird. Auch hier bezeichnet c das Objecttafel chen und i die rinffförmisre Rinne. Fig. 361. ^ _^ e 1,.' 1' 0 w e 1 r s Th ierbüchse. Die Schieberzängelchen von Cuno und von Musschenbroek 488 wurden schon vorhin genannt. Im Jahre 1702 fügte Wilson einem seiner einfachen Mikroskope (Fig. 226, S. 614) ein Zängelchen bei, das bis auf unsere Zeit in Gebrauch geblieben ist. Es besteht aus zwei federnden Blättern fc, die durch einen Druck auf zwei mit Knöpfchen vei'sehene Stifte von einander weichen, um ein Object zum Festhalten dazwischen zu bringen. Joblot hat hierzu ebenfalls verschiedene kleine Zangen erfunden, die in Fig. 362 auf folgender Seite dargestellt sind. Ihre Anwendung ergiebt sich von selbst. Sie sind aber nicht in allgemeineren Gebrauch Fig. 362. 856 Kleine Zängelchtn. gekommen. Sie sowohl wie = 806 10. 0,000275 1" = 1612 15. 0,000200 ?i = 2215 20. 0,000167 11 = 2653 25. 0,000143 n = 3098 30. 0,000125 ^1 = 3544 Wie schwer solche feine Theilungen sind , das kann ich wohl nicht besser darthun, als durch das Zeugniss Frau en hofer's (Gilbert's An- nalen, Bd. 15, S. 348), der erzählt, es sei ihm noch nicht gelungen, Li- nien auf Glas zu bringen, deren 32,000 auf den Pariser Zoll (also 1171 auf den Millimeter) gehn, und dann hinzufügt: „und es möchte auch für Men- schenhände, welcher Maschine man sich auch bedienen mag, nicht wohl möglich sein." Nobert's Probetäfelchen kommen den Zeichnungen der allerschwierigsten Probeobjecte (S. 289) an Feinheit fast gleich, und er hat allen denen einen grossen Dienst geleistet, die das Unterscheidungs- vermögen ihres Mikroskops genau prüfen wollen. Gleichwohl muss ich das schon früher Gesagte wiederholen, dass man mit zwei solchen Probe- täfelchen nicht immer vollkommen vergleichbare Resultate erhält, weil die Sichtbarkeit und Unterscheidbarkeit der feinen Linien von der Härte oder Sprödigkeit des Glases, von der Druckstärke der Diamantspitze und anderen Umständen abhängen, die zum Theil wohl, aber niemals vollständig in der Macht des Verfertigers liegen. Nur so kann ich bis 2000 Mal die Linien gezählt hat, welche in den ersten dreizehn Grup- pen auf y,ogo engl. Zoll kommen, und ebenso auch die Anzahl der Linien in jeder Gruppe. Seine Zahlen für die Abstände differiren wirklich so wenig von jenen l)ci Warren de la Rue, dass man beide Probctäfelehcn in Betreff der Linearabstände in den gleichnamigen Gruppen fast als gleich ansehen kann. Nur in der elften Gruppe zeigt sich eine Verschiedenheit, die ich mir so erklären muss, dass Hunt beim Zählen zufällig diese Gruppe übersehen hat, was ja bei einer solchen schweren Untersuchung ganz leicht geschehen kann. 1 Glasinikroineter. 885 es mir z. 15. erklären, diiss ich durch das nämliche Mikroskop, womit ich in der zehnten Gruppe bei einem der ersten Probetäl'elchen keine Spur von Linien zu erkennen vermochte, gleichwohl bei einem Täfelchen mit 20 Gruppen iius späterer Zeit ganz bequem die fünfzehnte Gruppe unteischied, und selbst noch bei der siebzehnten mit 'einiger Mühe die Linien erkannte , ungeachtet die Linien in diesen beiden einander weit mehr genährt sind. Bis jetzt ist Nobert der einzige, der solche feine Theilungen auf Gl;is liefert, und wenn es auch bekannt ist, dass er dazu eine Kreis- theilmaschine benutzt, so scheint er doch einen Theil seiner Methode geheim zu halten. Es dürfte deshalb nicht unpassend sein, wenn ich an das oben (S. 576) beschriebene Schreibeinstrument von Peters erinnere. Mit einer deiartigen Einrichtung werden sich wahrscheinlich gleich feine Theilungen auf Glas machen lassen; doch ist mir bis jetzt noch nichts darüber bekannt. Schon fi-üher (S. 505) habe ich erwähnt, dass bei allen Mikrome- tern Unterscliiede zwischen dem wahren und dem scheinbaren Werthe der Abstände vorkommen , die oftmals gar nicht unbedeutend sind. Die Be- stimmung, welche die Glasmikrometer haben, verlangt es aber ganz be- sonders, dass die Abtheilungen unter einander übereinstimmen, und in die- ser Hinsicht stösst man bei jenen, die aus den Werkstätten der meisten Optiker hervorgehen, oftmals auf grosse Ungleichheiten, zum Beweise, dass ihre Theilinstmmente sehr unvollkommen sind, oder dass die Thei- lung nicht mit der nöthigen Sorgfalt und Genauigkeit ausgeführt wurde. Ueber den verhältnissmässigen Grad von Genauigkeit bei einigen Mikrometern, die zu verschiedenen Zeiten aus verschiedenen Werkstätten hervorgegangen sind , giebt folgende kleine Tabelle Aufschluss. Alle Theilungen darin sind auf Glas, nur die Barton'sche ist auf Messing: 502 Verfertiger. Nomineller Werth der Theilungen. Wirklicher Werth in Millimetern. Maximum der Differenz. B r a n d e r Ramsden . Barton . . Dollond . Chevalier . Oberhäuser 7io engl. Linie Vsoo » Zoll /2000 Vsoo » %o Millhn. 0,2109 0,04G9 0,0128 0,0498 0,0484 0,0480 0,0210""" 0,0032»"" 0,0012 0,0070 0,0019 0,0019 1/ /7 Man ersieht hieraus, dass seit Brand er bedeutende Fortschritte ge- macht worden sind. Die Fehler indessen, die bei allen diesen Mikrome- 880 Glasmikrometer; mikrometrische Abdrücke durch Photographie. tern vorkommen, sind in Wirklichkeit noch viel zu gross, und bei denen aus der neuern Zeit rühren sie vpahi'scheinlich grösstentheils davon her, dass bei der Bearbeitung nicht hinlängliche Sorgfalt angewandt wurde. Dass es möglich ist, einen höhern Grad von Genauigkeit zu erreichen, er- sieht man nicht blos aus der feineren Theilung auf den eben beschriebenen Nobert'schen Probetäfelchen, sondern auch daraus, dass Mo hl (Mikro- graphie, S. 293) bei drei Messungen (was freilich eigentlich zu wenig ist) eines in ^50 Linien getheilten Glasmikrometers von Merz in München nur V5555 Millim. Differenz fand, was noch nicht ^/soo der gemessenen Grösse ist. Ich muss hier noch erwähnen, dass Welcker (Polytechn. Journ. Bd. 130, S. 267) auch ein Glasmikrometer verfertigt hat, welches zum Abzählen von Objecten im Gesichtsfelde bestimmt ist. Es ist ein Täfel- chen von 11/2 Zoll Länge und 1 Zoll Breite mit 31 Querstrichen, die 0,23 Par. Linien von einander abstehen, und senkrecht von 241 anderen Strichen durchkreuzt werden. Das Mikrometer ist dadurch in längliche Vierecke getheilt, die er den vierseitigen Feldern vorzieht. Ganz zweck- mässig ist seine Idee, zur Erleichterung des Zählens eine solche Einthei- lung durch Zeichen, die sich leicht mit dem Diamanten machen lassen, zu numeriren. Es sind nämlich Striche von zweierlei Länge und von zweier- lei Abständen, nämlich: | (1), || (2), | 1 1 (3), 1 1 | | (4), || (5), || | || (8), (10), III (16), (20), (30) u. s. w. Ferner hat Hodgson (Quart. Journ. 1856. XV, p. 240) einen Ge- danken ausgesprochen, der vielleicht dahin führen kann, dass man wohl- feilere Mikrometer bekommt, als Musterersatz für die Glasmikrometer. Er machte nämlich Collodiummikrometer und zwar auf doppelte Weise. Erstens nämlich brachte er auf ein Glasmikrometer eine dünne Schicht Collodium, das sich nach Verdunstung des Aethers leicht abheben lässt; so erhielt er gleichsam einen Abguss der Mikrometertheilungen, der sich wie ein gewöhnliches Object zwischen zwei Glastäfelchen bringen liess*). Zweitens benutzte er auch die Photographie, um sich in sehr verkleiner- tem Maassstabe die Abbildung einer Theilung zu verschaffen. Bedenkt man, dass photographische Abbildungen auf Collodium mit so grosser Schärfe sich herstellen lassen, dass sie eine recht ansehnliche Vergrösse- rung vertragen, so begreift man wohl, dass auf diesem Wege mikrome- ") Ich muss übrigens bemerken, dass Gorham (Quart. Journ. 1853, II, p. 84) bereits drei Jahre früher das Collodium benutzt hat, um dergleichen Abgüsse von verschiedenen mikroskopischen Gegenständen zu bekommen. Er benutzte dazu ein mit rotbem Sandelholz schwach gefärbtes Collodium, welches mit einem Pinsel vier- bis fünfmal aufgestrichen wurde. Beim Untersuchen der Mineralien, der Schalen, der Poljpenstücke, der rflanzenepidermis, der Bedeckun- gen der Gliederthiere , der Hornhaut ihrer Augen u. s. w. kann dieses Hülfs- mittel allerdings ganz gute Dienste leisten. Schraubeiiinikrometcr. 887 irische Theilungen zu bekommen sind, welche die mit einem Theilinstru- mente erhaltenen recht wohl ersetzen und als Ocularniikromcter gebraucht werden können. Zum Schlüsse gebe ich noch eine Uebersicht, zu welchen Preisen man Glasmikrometer bekommen kann. Oberhäuser hat das Millimeter in lUO und in 500 Theile getheilt, und sie kosten bei ihm 20 Francs. Bei Nachet kostet ein Glasmikro- raeter mit Theilung in i/ioo ^HUimeter 8 Francs. Bei Plössl ist die Wiener Linie in 20 bis 200 Theile getheilt und das Stück, kostet o bis 6 Thaler. Ist das Millimeter in 100 Theile ge- theilt, dann kostet das Stück 8 Thaler. Pistor und Martins haben den Pariser Zoll in 250 bis 1000 Theile getheilt; der Preis ist 2 bis 4 Thaler. Die Pritchard'schen Mikrometer, mit der Eintheilung des engli- schen Zolls in 50 bis 5000 Theile, kosten 4 bis 10 Schilling. Die von Martin, Adams und Brander verfertigten Nadelmikro- 503 meter im Oculare wurden nach einiger Zeit wiederum durch andere Schrau- benmikrometer ersetzt. Der Duc de Chaulnes stellte nämlich 1767 ein Mikroskop her, das ausdrücklich dazu bestimmt war, Messungen damit vorzunehmen. Das Stativ desselben war auf ein Tischchen befestigt, das auf vier Füssen ruhte. Die Messungen wurden mittelst zweierlei Schrau- benmikrometer bewirkt. Neben dem astronomischen Ocularmikrometer mit zwei Fäden, von denen der eine fest ist, der andere aber durch eine Schraube bewegt wird, kam noch am Objecttische ein Mikrometer mit zwei Schrauben vor, wodurch das Object im Gesichtsfelde in zwei Rich- tungen bewegt werden konnte. Mittelst dieser Einrichtung vermochte der Duc de Chaulnes den Durchmesser der Objecte bis auf 1/1500 Linie zu bestimmen, also fast doppelt so genau, wie mittelst der früheren Nadelmi- krometer. Diesen Versuch, das Object durch Schrauben zu bewegen, ahmte dann Martin nach; wahrscheinlich hat er dieses Schraubenmikrometer in der mir unbekannt gebliebenen Schrift beschrieben: Microscopium'pan- tometricum^ or a new construction of a Microvieter adapted to the Microscope^ 1776. Zu seinen späteren zusammengesetzten Mikroskopen gehört ein be- sonderes mit zwei Schrauben versehenes Mikrometer; dasselbe besteht aus einem vierseitigen Messingrahmen, worin sich ein zweiter durch zwei Schrauben, die rechtwinkelig gegen einander stehen, hin- und herbewe- gen lässt. Dieses Schraubenmikrometer kann man am Objecttische befe- stigen und wieder wegnehmen, ganz so, wie gegenwärtig bei Plössl und bei Anderen. Bei der Untersuchung eines solchen Martin'schen Schraubenmikrometers habe ich gefunden, dass eine ganze Schraubenum- drehung 0,5019 Millim. gleich ist, und da das Zeigerblatt 20 Abtheilun- gen hat, so ist die einzelne Abtheilung := 0,0251 Millimeter oder 0,00099 engl. Zoll. 888 Schraubenmikrometer. Auch das Ocularschraubenmikronneter mit beweglichem Faden kam mehr in Gebrauch. Ramsden führte es beim Mikroskope ein, als der Gene- ralmajor Roy im Jahre 1783 (^Philos. Transact. p. 64 1 ) sehr genaue Messun- gen auszuführen hatte, wobei es darauf ankam, genau zu bestimmen, wie die Stäbe, deren er sich bediente, durch die Wärme ausgedehnt wurden. Dazu erfand Ramsden ein Pyrometer mit der Einrichtung, dass die Ausdehnung der Stäbe durch zwei an den Enden angebrachte Mikroskope gemessen wurde. Als dann Roy einige Jahre später durch trigonome- trische Messungen den Abstand der Meridiane von Greenwich und Paris bestimmte, lieferte ihm Ramsden ein Instrument zu Winkelmessungen, wozu auch zwei mit solchen Mikrometern versehene Mikroskope gehör- ten, um die nöthigen Ablesungen mit grosser Genauigkeit bewirken zu können {Philos. Transact. 1790, p. 111). Ferner benutzte auch Edward Troughton {Philos. Transact 1809, p. 105) dergleichen Mikrometer für seine Theilmaschine. Das Ramsden' sehe Ocularschraubenmikrometer ist Fig. 386 dar- gestellt. Es besteht aus einer abgeplatteten, länglich vierseitigen Röhre a Fig. 386. 11 \ y Ramsden's Ocularschraubenmikrometer. mit zwei Spinnwebfaden m und n im Innern: der eine dieser Fäden ist fest, der andere wird durch eine Schraube bewegt, die mit einem ge- theilten Zeigerblatte b versehen ist. Ueber jener vierseitigen Röhre be- findet sich die kurze Röhre o mit einem positiven Oculare, welches so gestellt werden kann, dass man die beiden Spinnewebfäden und zugleich auch jenes durchs Objectiv hervorgebrachte Bild deutlich sieht. Um die Anzahl der vollständigen Umdrehungen der Schraube zu kennen, geht, wie maä bei B sieht, ein sägeförmig gezahnter Streifen pq durchs Gesichtsfeld : jedes Zähnchen entspricht einer vollständigen Schraubenwindung, und je fünf Zähne sind wieder durch eine tiefere Einkerbung angedeutet. Das untere Rohr t hat nun die Bestin)mung, das Mikrometer in das Mikroskoprohr zu schieben. Dass diese Art von Schraubenmikrometer bei weitem das genaueste Instrument ist, das wir besitzen, ist schon oben (S. 513) dargethan Schraubcninikromctcr. 889 worden. Nur darf nicht vergessen werden, dass mit seinem Gebrauche, wie mit allen Ocularmikrometern, ein Uebelstaiid verbunden ist, insofern nämlich die damit erhaltenen Wcrthe keine absoluten sind, sondern nur eine relative Bedeutung haben, man daher immer genöthigt ist, diese für jedes Objectiv und i'iir jede Rohrlänge zu bestimmen. Daher kommt es auch, dass man auf dem Continente mehr und mehr dem Objecttisch- schraubenmikrometer den Vorzug gegeben hat, namentlich nach Frauen- hofer 's Vorgange, der seine grösseren Mikroskope damit versah. Nur in England wird das Ocularschraubenmikrometer noch immer viel be- nutzt. Ein Solches Schraubenmikrometer ist Fig. 387 abgebildet. Es be- steht aus zwei Tlatten, von denen die untere aa auf dem Objecttische befestigt wird , während die obere b b mittelst einer Schraube sich darauf ver- schieben kann. Die untere Platte hat eine runde OefF- nung, und zur Seite zeigt sie zwei schwalbenschwanz- förmige Leisten, um die Ränder der oberen beweg- lichen Platte aufzunehmen, die ihrerseits eine länglich- viereckige OefFnung besitzt. Die feine Schraube d läuft in einer Mutter e, die mit der unteren Platte verbun- den ist ; wird dieselbe ge- dreht, so drückt ihr Ende gegen die bewegliche Platte bb und diese wird fort- geschoben; zurückgezogen aber wird dieselbe durch die federnde Platte g , welche durch die beiden Schräub- chen CG mit der obern Platte verbunden ist. Die Zeigerplatte, an deren Rande eine Theilung ii an- gebracht ist, steht nicht in fester Verbindung mit der Schraube, sondern lässt sich durch Umdrehen der Mutter l lösen. So kann ihr Nullpunkt in Uebereinstimmung gebracht werden mit der Theilung auf der Scala m, wodurch die vollständigen Umdrehungen angegeben werden. Ausser- dem ist aber noch ein Nonius da, der aber nicht mit abgebildet ist, damit auch die Bruchtheile auf den Theilungen des Zeigerblattes abgelesen werden können. Schraubenmikrometer von oben gesehen. Schraubenmikrometer im Durchschnitt. 890 Fäden für Mikrometer. Ziemlich die nämliche Construction haben die späteren Schrauben- mikrometer von Plöpsl, von Schiek und Anderen, nur finden sich bei diesen stärkere Spiralledern , wodurch der todte Gang der Schraube bei diesen Instrumenten ganz wegfällt. Die Theilung der Schraubenmikrometer variirt natürlich bei den verschiedenen Optikern. Die Einheiten am Plössl'schen Schraiiben- mikrometer geben unmittelbar ^ loooo Wiener Zoll an, und mit Hülfe des Nonius sogar Viooooo Zoll. Bei Pistor und Martins werden die näm- lichen Werthe nach dem Pariser Zoll angegeben. Schiek's Schraubenmi- krometer geben Tausendtheile und Zehntausendtheile der Pariser Linie an, ebenso jene von Nobert. Die französischen Optiker haben immer den Millimeter als Maass- einheit. Bei dem oben beschriebenen Brunn er 'sehen Mikroskope (S. 713) ist jeder Theil an der Zeigerplatte = \/iooo Millimeter, und ein Nonius giebt noch Zehntausendstel an. Dass man jedoch mit solchen Objecttischschraubenmikrometern nicht so genau messen kann , als jene feinen Theilungen offenbar vermuthen lassen, das ist schon früher (S. 513) dargethan worden. Da die Herstellung der Schraubenmikrometer grosse Sorgfalt und viel Zeit verlangt, so gehören diese Instrumente natürlicher Weise auch zu den theureren. Sie kosten bei Plössl 40 Gulden C.-M., bei Scliiek 30 Thaler. Das Objecttischschraubenmikrometer kostet bei Pistor und Martins gleichviel wie bei Schiek; sie liefern aber auch Ocularschrauben- mikronieter für 35 Thaler. Bei Ross kostet ein solches Instrument 5 Pf. 5 Schillinge. Es sind nun nocli die verschiedenartigen Fäden zu nennen, deren man sich nach einander zu verschiedenen mikrometrischen Zwecken be- dient hat. Ich habe bereits (S. 880) angeführt, dass man zuerst Pferde- haare, Menschenhaare, Silber- oder Seidenfäden dazu nahm. Zu ge- nauen Messungen waren diese alle viel zu dick und zu grob. Es wur- den de^^halb 1775 von Felix Fontana (^Saggio del real gabinetto di ßsica e di storia naturale di Firenze. Rom 1775) Spinnewebfäden empfohlen; allein erst durch Edward Troughton fanden sie die erste Anwendung in teleskopischen Instrumenten (Brewster, New Instruments^ p. 75)- Da es aber so ungemein schwer ist, diese höchst feinen Fäden am gehörigen Platze zu befestigen, so ist man später auf andere Mittel zu ihrem Ersätze bedacht gewesen. So empfahl Brewster (^New Instruments^ p. 77) 1813 feine Glasfäden, die sich aber nur schwer so fein spinnen lassen, dass sie einem Spinnewebsfaden von ^,'500 Millimeter oder selbst noch weniger gleichkommen. Goring (^Micrograjjhia, p. 47) will Fäden aus in Terpentin gelöstem Cautschuk sehr brauchbar gefunden haben. Vor Kurzem hat auch Welcker (Aufbewahrung mikroskopischer Objecte u. s. w., S. o 1 ) C;inadabal.-am für diesen Zweck empfohlen ; er bringt nämlich ein Tröpfchen davon auf zwei Punkte des Diaphragmarandes, zwischen denen der Faden gezogen werden soll, steckt einen Stecknadelknopf in J Wollaston's Mikrometer. 891 eins der Tröpfchen, und zieht nun von einem Rande aus zum andern ein Fädchen. Wenn auch solche temporäre Hülfsmittel gute Dienste leisten können, so ist es doch weit besser, man benutzt Platindraht, den Wolla- ston in so grosser Feinheit verfertigen lehrte, und w^irklich benutzt die- sen auch Schick in seinen Mikroskopen. Ich will auch noch anführen, dass Mo hl {Linnaea 1842, S. 502) vorschlug, die Fäden durch die feine Spitze einer Nadel zu ersetzen. Quekett (1. 1. p. 130) hat wirklich eine Nadel ins Ocular Fig. 388. bringen lassen, wie in Fig. 388, aber freilich zu einem .|^ ^ ganz andern Zwecke, nämlich urn als Indicator zu dienen. ■äliP^~^ll Die Nadel a ist nämlich an der kleinen Stange b befestigt, die sich auf dem Oculardiaphragma cc herumdreht, und oben einen kleinen Handgriff d hat, womit die Nadel nach . verschiedenen Punkten des Gesichtsfeldes gedreht werden kann. Es empfiehlt sich diese Einrichtung zu mikrosko- O k tt pischen Demonstrationen, wo es darauf ankommt, die Indicator. Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Gegenstand zu lenken. Ich komme jetzt auf ein paar mikrometrische Methoden, die zwar 504 nicht in der Weise, wie die bisher genannten, im Gebrauche sind, aber deshalb Erwähnung verdienen , weil ihnen ein vernünftiger Gedanke zu Grunde liegt, so dass sie vielleicht in späterer Zeit für einzelne Fälle in der praktischen Anwendung den Vorzug vor anderen Methoden finden werden. i Hierher gehört zunächst die Einrichtung, welche von Wollaston (^Phüos. Iransact. 1813, p. 119) beschrieben wurde und darauf abzweckt, dass, wie beim Doppelsehen das vergrösserte Bild und ein Maassstab gleichzeitig mit den beiden Augen angeschaut werden, so gleichzeitig mit nur Einem Auge das vergrösserte Bild und der getheilte Maassstab beobachtet werden. Seinen Zweck erreichte Wollaston auf die Weise, dass er eine Linse von Y12 Zoll Brennweite und einem ganz geringen Durchmesser benutzte, damit eine kleine Oeflfnung, die zur Seite der Linse ins kleine die Linse enthaltende Röhrchen gebohrt war, nur V25 Zoll vom Mittelpunkte der Linse abstand. Es treten alsdann die Strah- len durch die Linse und durch die Oeffnung gleichzeitig in die Pupille und erzeugen zusammen das Bild auf der Netzhaut. Wollaston benutzte das in Fig. 389 (a. f. S.) abgebildete Instrument. Dasselbe besteht aus drei in einander verschiebbaren Röhren a, b und c. Die erste enthält oben die soeben beschriebene Linse und gleich darunter den Objecttisch. Die dritte oder unterste Rohre enthält die bei B abgebildete getheilte Scala aus Stückchen Metalldraht von etwa 1/40 Zoll Dicke, die so wie in der Figur an einander gereiht sind , d. h. sie haben ungleiche Länge , und allemal das fünfte und das zehnte Stückchen ragt über die anderen heraus. 892 Wollaston's Mikrometer. Der relative Werth der Abtheilungen dieser Scala variirt natürlich je nach ihrer Entfernung vom Auge. In dem Maasse, als die Scala durch Einschieben der Fig. 389. B A M^j 1 Wollaston's Mikrometer. Röhren dem Auge näher kommt, nimmtdieserWerth an Grösse zu , und ist der- selbe einmal, indem man ein Object von bekanntem Durchmesser auf den Ob- jecttisch bringt, für ver- schiedene Röhrenlängen bestimn-t, so kann man diese Längen in einer Scala angeben, vpelche auf die Röhre a eingeschnitten wird. Wollaston be- nutzte als Object einen Golddraht, dessen Durch- messer er aus dem spe- cifischen Gewichte und aus der Länge berechnete, und durch sein Instrument er- mittelte er nun, dass bei 16,6 Zoll Abstand zwischen Scala und Linse jede Abtheilung der Scala Vioooo Zoll betrug, also bei 8^'^ Zoll Abstand 1 5000 Zoll; die dazwischen liegenden Bruchtheile ^/eoooi Vtooo Zoll u.s. w. wurden durch Abstände von 1,66 Zoll auf der Scala des Rohres aus- gedrückt. Ich brauche wohl nicht näher nachzuweisen, dass diese Methode auf rationeller Basis ruht ; wäre sie praktisch ausführbar , dann würde »ie gewiss vor vielen anderen den Vorzug verdienen, namentlich beim ein- fachen Mikroskope, wo die meisten übrigen mikrometrischen Hülfsmittel nicht ausreichen. Leider ist aber Wollaston's Instrument nur sehr wenig brauchbar, wovon sich jeder beim Gebrauche desselben leicht über- zeugen kann. Das durch die seitliche Oeffnung einfallende Licht thut bei etwas stärker vergrössernden Linsen der Helligkeit des Objects, des- sen Bild sich auf der Netzhaut formt, solchen Eintrag, dass man dieses Object, zumal ein sehr durchsichtiges, kaum noch wahrnimmt, und wenn man schwach vergrössernde Linsen wählt, so können diese nur so klein sein, dass sie ebenfalls nur sehr wenig Lichtstärke besitzen. Jedenfalls müssten die Röhrchen für die Linsen so eingerichtet werden, dass zur Zeit der eigentlichen Beobachtung die Oeffnung durch ein darüber hinzu- schiebendes Plättchen bedeckt bleibt und nur im Momente des Messens geöffnet wird. Da nun aber jetzt so viele Methoden zu Gebote stehen, um den Durchmesser der durchs Mikroskop beobachteten Objecte zu be- stimmen, und da ffegenwärtig das einfache Mikroskop weniger in Gebrauch Brcwstor's Mikrometer. 893 A Brewster's Linsen. ist, so lässt sich nicht wohl erwarten, dass dieses Wollaston'sche Instrument jemals als Mikrometer in praktische Anwendung kommen werde. Noch viel weniger steht dies von einigen durch Brewster (iVew Instruments^ p. 417) vorgeschlagenen Mitteln zu erwarten. Offenbar ging aber Brewster von dem nämlichen Principe aus, wenn er, wie es in Fig. 390 angedeutet ist, die Linsen dergestalt einrichtete, dass man Ob- jccte, die sich in verschiedenen ^'&'' ^^°- Entfernungen befinden, gleiclizeitig ^ ^ ^ ^ ^ dadurch sehen kann. Er empfahl übrigens zunächst eine durchbohrte Linse (^), sowie eine Linse, auf deren beide Flächen mit Canada- balsam ein rundes Glasscheibchen geklebt war (B). In beiden Fäl- len würden die durch den mitt- lem Theil der Linse gesehenen Objecte sich nicht vergrössert darstellen, und der Durchmesser der durch den Randtheil wahrgenom- menen Objecte Hesse sich daher mit den Theilungen einer durch den centralen Theil gesehenen Scala vergleichen. Ich muss aber bemerken, dass Brewster selbst diese Methode nicht zum Messen von Objecten empfohlen hat, sondern nur für gewisse Fälle, z. B. um die Höhe der Quecksilbersäule im Barometer festzustellen. Die Linsen C und D sollen dazu dienen, zwei Objecte, die sich nicht in grosser Entfernung von einander befinden, auf Einmal zu sehen, und die Linse E ist für Ob- jecte in drei verschiedenen Entfernungen bestimmt. Brewster {New Instruments, p. 55. 73) beschrieb ferner ein Instru- ment, das er Rotatory micrometer loith points nannte. Dieses Mikrometer Sollte ebensowohl beim Mikroskope als beim Teleskope Anwendung fin- den können. Im Wesentlichen besteht es aus zwei sehr zugespitzt zu- laufenden Stahlnadeln im Brennpunkte des Oculars, zunächst dem Rande des Gesichtsfeldes. Die eine Nadel ist unbeweglich, die andere dreht sich zusammen mit einem getheilten Kreise. Beim Messen ,wird die Na- del dergestalt gedreht, dass die Ränder des Bildes zwischen den beiden Spitzen sich befinden, und mittelst eines Nonius wird dann die Grösse des Bogens abgelesen, dessen Sehne dem Durchmesser des Bildes an Grösse gleichkommt. In einer vorher berechneten Tabelle findet man die wahre Grösse. Dieses Mikrometer ist aber in doppelter Beziehung ein unvollkomme- nes Instrument. Erstens lassen sich nicht leicht sehr feine Messungen damit vornehmen; sodann aber müssen die zu messenden Objecte immer an den Rand des Gesichtsfeldes gebracht werden, wo die Bilder nicht so scharf sind, wie in der Mitte. 894 Welcker's Mikrometer. Auf dem nämliche Principe beruhend, aber besser, ist das Mikrome- ter von Welcker (Zeitschr. f. rat. Med. Bd. 10, Hft. 1), welches Fig. 391 Fig. 391. Welcker's Mikrometer. IL dargestellt ist. Es fehlt hier der feste Punkt, der aber auch füglich entbehrt werden kann, und die bewegliche Spitze wird durch den Kreuzungspunkt zweier Spinnewebfäden ^4 5 und CD ersetzt, die quer über das Diaphragma des Oculars gezogen sind, und die man unter Um- ständen auch durch Fäden ersetzen kann, welche auf die vorhin erwähnte Weise aus Canadabalsam gebildet werden. Zur Messung des durchlaufenen Winkels dient eine Messingplatte, die die Form eines Kreissectors und eine in Grade getheilte Scala hat. Diese Messingplatte steht mit dem Mikro- skoprohre in Verbindung, und ein langer am Ocularrohre befestigter Zeiger bewegt sich über der Theilung, wenn das Ocularrohr umge- dreht wird. Beim Gebrauche dieses Mikrometers rauss zuerst, gleichwie bei vie- len anderen sqjchenlnptrumenten, der Werth der Scalaabtheilungen gefunden werden, die man mit einem bekannten Maasse vergleicht, etwa mit einem Glasmikrometer, wie es bei II. angegeben ist, wo man die Spinnewebfäden in zwei auf einander folgenden. Stellungen AB und CD und ah und cd angegeben findet, in die sie kommen, wenn sich der Kreuzungspunkt von dem einen Rande einer Abtheilung zu einem andern fortbewegt. Hat man einmal mit hinreichender Genauigkeit den Bogen kennen gelernt, welcher der Länge der so durchlaufenen Sehne entspricht, dann kann man mit Leichtigkeit die Länge jeder andern Sehne für einen andern Bogen finden, denn die Sehne jedes Bogens ist gleich dem doppelten Sinus des halben Bogens. Durch eine kleine Rechnung lässt sich somit der Durch- messer jedes zu messenden Objects finden, welcher der Sehne des Bogens Hodsson's Mikrometer. 895 entspricht, die hier durch il/iV ausgedrückt ist, während die punktirte Linie den von M durchlaufenen Bogen bezeichnet. Wenn das ganze Mikroskop gehörige Festigkeit hat, dass beim Um- drehen des Oculars das Object im Gesichtsfelde durchaus keine Verän- derung erleidet, dann lassen sich ohne Zweifel mittelst dieser Methode recht genaue Messungen ausführen. Eine nicht zu übersehende Fehler- quelle liegt indessen darin, dass der Durchmesser des zu messenden Ob- jects immer genau in der Richtung der Sehne des kleinen Bogens liegen muss, lind man kein sicheres Merkmal dafür hat, dass sich das Object wirklich in dieser Richtung befindet. Aus diesem Grunde und nicht minder auch wegen der grossem Einfachheit der Rechnung empfiehlt sich jene Modification des Welck er 'sehen Mikrometers, welche vonHodgson {Cluart. Journ. 1856. April XV, p. 211) angegeben wurde, und die in Fig. 392 dargestellt ist. Den Kreissector mit der in Grade eingetheilten Scala ersetzt Hodgson durch eine recht- winkelige Platte, auf der eine Eintheilung angebracht ist, parallel mit der einen den rechten Winkel einschliessenden Seite. Der Zeiger muss so lang sein wie die Hypotenuse. Bei dieser Einrichtung wird nun nicht mehr die Sehne gemessen, sondern die Tangente, und wenn der kleinere Spinnewebfaden den grössern, gerade im Durchmesser liegenden, recht- winkelig kreuzt, dann bezeichnet der erstere die Richtung der Tangente und somit auch die richtige Stellung des 0b- jects. Kennt man dann die Länge des kleinen Bogens, der durch die Verschie- bung des Punktes M gebildet wird, und weiss man, wie dieselbe sich zu der Ent- fernung vom Mittelpunkte des Gesichts- feldes bis zu der nächsten Abtheilung der Scala verhält, so erhält man den gesuchten Durchmesser durch ein ein- faches Regeldetriexempel. In der Figur sei MN das Object, an dessen Rändern der Spinnewebfaden sich successivin AB und ab befunden hat. Da die Dreiecke EOF\mdi ilf 0 iV einander ähnlich sind, so verhält sich EO : MO == EF : MN. Hat man nun erst die wahre Länge von MO gefunden, indem man ein Glasiniki'ometer als Object benutzt und das Ocular ein halbes Mal um- dreht, so dass der Punkt ifcf successiv an zwei Stellen des Durchmessers kommt, was dadurch erkannt wird, dass der Spinnewebfaden CD mit den Welcker's Mikrometer, von Hodsson verbessert. 89G Doppelbildmikromeler. Theilungsstrichen parallel ist, dann braucht man nur noch die Liinge von 0 E zu wissen , und man findet die Grösse der in der Linie MD gelege- nen Objecte, die von den Schenkeln des Winkels EOF begrenzt werden. Ist EO hundert Mal länger als ü/O, dann ist der Durchmesser des Ob- jects gleich Vioo des Maasses, welches durch den Zeiger auf der getheil- ten Scala angegeben wird. Bei stärkeren Vergrösperungen , wenn 3fO nur ein kleiner Bruchtheil eines Millimeters wird, ist es vielleicht 1000 Mal in EO enthalten, ohne dass die rechtwinkelige Platte eine un- gewöhnliche Grösse bekommt; es entspricht dann z. B. jeder Millimeter der Scala ^/jooo Millimeter des gefundenen Maasses, und noch kleinere Theile lassen sich abschätzen. Dieses Verhältnis? zwischen den Theilen der Linie MD und der Scala lässt sich auch auf mehr directem Wege durch die verschiedenen Vergrösserungen bestimmen, indem man nämlich ein Glasmikrometer der- gestalt auf den Objecttisch legt, dass sein Bild in die Linie MD fällt. Man erforscht dann, welche Abtheilungen der Scala bestimmten Abtiiei- lungen des Mikrometers entsprechen, wenn man das Ocular mit dem Zei- ger umdreht. Bei diesem Verfahren setzt man sich auch nicht dem Feh- ler aus , der aus der möglichen Excentricität des Punktes 0 entstehen kann. Werden nämlich die auf solchem Wege gewonnenen Resultate in einer Tabelle zusammengestellt, so lässt sich diese für alle späteren Mes- sungen benutzen. 50.5 Von Savery und Bouguer {Mem. de C Acad. 1748) wurde das Doppelbildmikrometer erfunden, welches späterhin durch Dollond {Phüos. Transact. 1753, p. 167) eine Verbesserung erfuhr. Seine ur- spiiingliche Bestimmung ging dahin , beim Teleskope benutzt zu wer Jen, und namentlich die sogenannten Heliometer sind damit versehen. Später wurde die nämliche Einrichtung von Young und vom Jüngern Dollond auch auf das Mikroskop übertragen , aber meines Wissens bis jetzt nur auf ein kleines Instrument, womit die Dicke von Wollenfäden bestimmt wird, weshalb es Eirometer genannt wird. Es ist ein gewöhnliches zusammengesetztes Mikroskop. Unmittelbar vor dem Objective befindet sich eine planconvexe Linse, die in der Mitte quer durchschnitten ist und deren Hälften inittelst eines Triebes sich über einander verschieben. So lange die beiden Hälften Eine Linse bilden, hat man von einem davor befindlichen Objecte nur Ein Bild, wer- den aber durch Umdrehen des Knopfs die beiden Linsenhälften verscho- ben, so entstehen augenblicklich zwei Bilder, und die Grösse des Ob- jects hat man in dem Augenblicke, wo die Ränder der beiden Bilder gerade mit einander in Berührung kommen. Diese Grösse wird auf einer Scala abgelesen, welche auf einer durch einen Trieb bewegten Platte eingeschnitten ist; Tausendtheile des Zolls sind direct darauf an- gegeben, und mittelst eines Nonius erkennt man auch noch Zehntausend- theile. Doppelbildmikromcter. 897 Das zusammengesetzte Mikroskop zum D oll ond' sehen Eirometer ist nicht achromatisch, und da sich eine planconvexe Linse zwischen dem Objecte und dem Objective befindet, so kann es auch nur massig ver- grössern. Ein von mir untersuchtes derartiges Instrument vergrössert 55 Mal; grosse Genauigkeit ist demnach nicht damit zu erreichen. Das hat sieh mir auch durch Vergleichung der auf diesem Wege und durch andere Methoden erhaltenen Resultate, wobei das nämliche Object zehn- mal gemessen wurde, bestätigt. Als Object diente aber das erste Mal ein 0,5 Millimeter grosser Abschnitt eines Glasmikrometers , und bei einer zweiten Versuchsreihe ein 0,109 Millimeter dickes Haar. Object. Benutzte Vergrös- serunff. Grösste Diffe- renz bei den einzelnen Messungen. Wahrschein- licher Fehler des gefun- denen Mittels. Wahrschein- licher Fehler der einzelnen Messung. 1. Glasmikrometer. Doppelbildmikroraeter . . . Ocularschraubenmikrometer Doppelsehen ........ 2. Haar. Doppelbildmikrometer . . . Ocularschraubenmikrometer Doppelsehen 55 G8 4G 55 G8 4G /l96 /soo VlSI As 50 /l410 A730 Abso A480 /l48 Asoa Ao4 A59 A15O A-IOO Wie ungünstig aber auch diese Ergebnisse sind, sie beweisen nichts gegen das zu Grunde liegende Princip , sondern sprechen nur gegen die Methode seiner Anwendung. Soll sich das Doppelbildmikrometer beim Mi- kroskope fruchtbar erweisen, so muss die Spaltung des Bildes nicht vor, sondern hinter dem Objective stattfinden. Dann erst wird es möglich, aplanatische Linsensysteme mit kurzer Brennweite dabei zu benutzen. Es sind verschiedene derartige Einrichtungen zu astronomischen Messun- gen erfunden worden, die man bei W, Pearson {Introduction to practical Astronomy. Lond. 1829) beschrieben und abgebildet findet, ßamsden (J^hilos. Transact. 1779) verfertigte zuerst ein terrestrisches Ocular, das als Doppelbildmikrometer benutzt wurde; es erfuhr dann von Dollond und besonders von Jones Verbesserungen. Besonders wichtig waren aber die Verbesserungen Airy's (Greenwich Observations 1840. Introd. p. 65). Das nach seiner Anweisung von Simms in London gefertigte Doppelbildmikrometer ist ein terrestrisches Ocular mit vier Gläsern , von denen das dritte, vom Auge an gerechnet, durchschnitten ist. Insofern stimmt es mit dem frühern Instrumente von Jones überein; doch sind Ilartiug's Mikroskop. =7 898 Doppelbildmikrometer; Lebaillifs Dickenmesser. die Gläser nach Airy's eigner Theorie gearbeitet. UnlängPt gab Kai- ser {Naüiurkundige Verhandl. d. Kon. Akad. 1857, VI.) einen ausführ- lichen Bericht über diesem Airy'sche Mikrometer, und fügte Vorschrif- ten hinzu, wie die au? der Krümmung des Gesichtsfeldes entspringetiden Fehler beseitigt werden können, die in der Hauptsache mit dem, was ich früher über andere mikrometrische Methoden angegeben habe, überein- stimmen. Ich kenne dieses Mikrometer nicht selbst, zweifele aber nicht daran, dass es mit der nöthigen Modification in der optischen Zusammen- setzung auch beim Mikroskope anwendbar ist, und dass es bei gehöri- ger Einrichtung für ganz genaue Messungen vielleicht vor anderen den Vorzug verdienen mag, wenn nicht etwa die grössere Zahl der Glas- oberflächen auf die Schärfe und die Deutlichkeit des Bildes einen schäd- lichen Einfluss übt. Sein hoher Preis wird aber wohl einer allgemeinern Benutzung hindernd im Wege stehen; denn das nach Airy's Vorschrift gefertigte Instrument kostet 16 Pfund 16 Schilling. Das Doppelbildmikrometer von Clausen (Astron. Nachrichten, Nr. 414) lässt sich vielleicht auch gut beim Mikroskope benutzen. Die Spaltung des Bildes wird hier durch eine dicke getheilte Glasplatte mit platten parallelen Oberfläche"!! bewirkt. Die Porro'schen Mikrometer, mit denen unlängst Secchi in Rom erfolgreiche Versuche angestellt hat (Comptes rendns XLI, p. 906), scheinen nichts anderes zu sein als solche Clausen 'sehe Mikrometer. Man glaube nicht, dass solche zusammengesetzte Instrumente, wenn sie sich auch vor anderen durch grössere Genauigkeit der damit bewirk- ten Messungen auszeichnen, zur mikroskopischen Untersuchung gleich- wohl ganz überflüssig sind und auch überflüssig bleiben werden. Es wird, wenn auch erst nach Jahrhunderten, die Zeit einmal kommen, wo man die ganze Physiologie in mathematischen Formeln abfasst, wie jetzt die Astronomie , und ganz genaue Messinstrumentc der verschiedensten Art sind unerlässlich, um diesen Zustand vorzubereiten. .j06 Gleich dem Eirometer ist auch der Dickenmesser (Mensuratetir) von Lebaillif (Chevalier a. a. O. S. 91, Taf. II, Fig. 12) zu technischem Zwecke bestimmt; doch wird damit auf ganz andere Weise gemessen. Eine mikrometrische Theilung auf Glas kommt nämlich als Object unter das Mikroskop, und auf ein darunter liegendes Glastäfelchen ist mit einem Diamanten ein feiner Strich gezogen. Nun misst man, wie die relative Lage des eingetheilten Maasses über diesem Striche differirt, wenn ein dünner Körper, etwa Papier, zwischen das Ende einer Schraube und ein Knöpfchen kommt, welches mit dem Glastäfelchen mit der mikrometri- schen Theilung in Verbindung steht. Zu eigentlichen mikroskopischen Unterstichungen ist indessen ein so eingerichtetes Instrument nur selten zu benutzen, ausser um die Dicke von Deckplättchen zu messen. Dazu aber giebt es noch andere Hülfs- mittel, wie wir gleich sehen werden. i Goring's Verfahren; Camera lucida. 899 Von Goring (^Micrographia^ p. 52) wurde ein mikrometrisches Ver- 507 fahren angegeben, das in manchen Fällen recht gute Dienste leisten kann. Bei einer 6 Zoll langen und zollbreiten Röhre brachte er ein Perlmutter- oder Ilaarmikrometer an das eine Ende, und an das andere Ende kam eine für parallele Strahlen verbesserte achromatische Linse von etwa ^/a Zoll Brennweite und 1/4 Zoll Durchmesser, oder in deren Ermange- lung ein achromatisches Objectiv von einem zusammengesetzten Mikro- skope, woran die convexe Seite der Linsen nach unten sieht. Wird die- ser Apparat unter dem Objecttische des Mikroskops befestigt und mit einem Triebe versehen, wodurch die Linse oder das Linsensystem höher oder tiefer gestellt werden kann , so kann man natürlich das Bild des darunter befindlichen Mikrometers gerade ins Gesichtsfeld fallen lassen, wo dann dieses Bild und das Object zugleich scharf gesehen werden. Natürlich mnss der Werth der Abtheilungen in dem Bilde vorher genau bestimmt werden, wenn man ein Object damit messen will, und das ge- schieht am füglichsten durch Vergleichung derselben mit einem andern Objecte, dessen Durchmesser bereits bekannt ist. Einen Vortheil bietet diese Messmethode insofern, als sie auch beim einfachen Mikroskope in Anwendung gezogen werden kann. Fürs zu- • sammengesetzte Miki'oskop steht sie aber natürlich vielen anderen in der Genauigkeit nach, einmal weil man keine ganz feinen Messungen dadurch erzielen kann, und zweitens weil das durch die Linse erzeugte Bild, mag diese Linse auch noch so gut aplanatisch sein, doch nicht die Schärfe be- sitzt, wie ein wirkliches Object. Ein Glasmikrometer im Oculare, mit dem man das Nämliche erreichen kann, ist in dieser Hinsicht vorzu- ziehen. Wenn aber auch nicht zum Messen, so ist dieses Verfahren doch recht brauchbar zum Zeichnen der Objecte, da man es mehrfach modifi- ciren kann, um das Gesichtsfeld in vierseitige oder sonst beliebige Felder abzutheilen. Als eine solche recht häufig anwendbare Modification ist die Methode anzusehen, die ich oben (S. 549) beschrieben habe. Jetzt habe ich nun noch über eine ganze Klasse mikrometrischer Methoden zu handeln, die alle darauf hinauslaufen, jene durchs Mikro- skop geformten Bilder auf Oberflächen ausserhalb des Mikroskops zu pro- jiciren, wo sie dann gemessen werden können, worüber auch S. 546 u. flg. nachzusehen sind. WoUaston (Nicholson's Journal, Vol. 18, p. 1) erfand 1811 das Instrument, welches er Camera lucida nannte, und schon im folgenden Jahre benutzte es Weickert (Gilbert's Annal. Bd. 12, S. 110) beim zusammengesetzten Mikroskope. Im Jahre 1816 fügte Amici seinem katadioptrischen Mikroskope eine andere Art von Camera lucida bei, indem er eine kleine Tafel von dickem Glase mit parallelen Flächen unter einem Winkel von 45« einschob; dadurch wurde der nämliche Zweck er- reicht, wie durch WoUaston 's Einrichtung, wenn auch nicht in gleich 57* 508 900 Hagenow's Dikatopter. vollkommener Weise, weil die Reflexion hier keine ganz vollständige ist. Im Jahre 1827 brachte dann Amici die früher (§. 183) beschriebene Einrichtung bei seinem katadioptrischen Mikroskope an, die sich insofern wesentlich von der erstem unterscheidet, dass das Auge in der gleichen Richtung sieht, welche das Mikroskoprohr hat, und nicht senkrecht auf dieses gerichtet ist. In der Hauptsache stimmt damit jenes Instrument, welches Hagenow mit dem etwas prahlerischen Namen Dikatopter belegte, und das in Fig. 393 im Durchschnitte dargestellt ist. Dasselbe wurde von H. Ems- mann (Poggend. Annal. Fig. 393. 1853, Bd.88, S. 262)aus- fiihi'lich beschrieben. Zu- erst war es nur dazu bestimmt, Objecte genau nachzuzeichnen, die gar nicht oder doch nur wenig durch eine Lupe vergrös- sert wurden; später hat er es aber auch für das zusammengesetzte Mikro- skop eingerichtet. (Karl B. Heller: Das dioptri- sche Mikroskop. Wien 1856, S. 51.) Von der frühem Amici' sehen Einrichtung unterscheidet sich dieses Instrument hauptsächli-ch dadurch, dass das Prisma durch einen Glasspiegel ersetzt ist, der überdies nicht unter, sondern über dem durch- bohrten Spiegelchen sich befindet. Das Spiegelchen s ist unter einem Winkel von 65° vor dem Oculare aufgestellt. Gegenüber demselben, gleich vor dem Ocularrohre ^, ist ein durchbohrtes kreisrundes Metall- spiegelchen s' unter einem Winkel von 17« befestigt. Beide Spiegel sind gegen seitlich einfallendes Licht durch passend angebrachte Wandungen w geschützt und an den beweglichen Ring E befestigt. Durch r und r' ist der Apparat an die Röhre M angeheftet. Der Ring r' trägt überdies die vierseitige Säule A, um mittelst der Schraube C dem Apparate die nöthige Beweglickeit geben zu können. Das Auge des Beobachters, das sich bei 0 befindet, empfängt direct durch die kleine Oeffnung o die vom Prisma P reflectirten Strahlen des Gesichtsfeldes und gleichzeitig auch jene von dem Papierblatte D und vom. Bleistifte B. Denn die von hier ausgehenden Strahlen b, c, d werden zuerst durch den grossen Spiegel s reflectirt, erleiden dann auf dem kleinen durchbohrten Spiegelchen s' eine zweite Reflexion und treten so ins Auge ein. Früher schon, etwa um 1823, hatte der jüngere Sömmerring*) Hagenows Dikatopter. *) Mit Unrecht bezeiehuet R. Wagner (Summer ring's Leben, S. 15G) den bd- Camera lucida. 901 das nach ihm benannte Spiegelchen erfunden , welches zuerst von Frauenhofer angefertigt wurde. Vor mehreren Jahren ersetzte es Oberhäuser durch ein ganz kleines rechtwinkeliges Prisma, das ganz ebenso wirkt, aber wegen der vollständigen Reflexion den Vorzug ver- dient. Die Art und Weise, wie diese verschiedenen katoptrischen und di- optrischen Apparate mit dem zusammengesetzten Mikroskope in Verbin- dung gesetzt werden, läuft im Allgemeinen darauf hinaus, dass sie an ein kurzes Röhrchen oder an einen Ring angesetzt sind, der ans Ocular passt und sich willkürlicii wieder wegnehmen lässt. In Fig. 394 ist das Sömmerring'sche öpiegelchen abgebildet, und in Fig. 395 Wollaston's Camera lucida, wie sie Ross verfertigt. Hier ist das Prisma in das Käst- Fig. 395. Sömmerring's Spiegelchen. Wollaston's Camera lucida. chen ab c de eingeschlossen, das bei i eine kleine OefFnung fürs Auge hat. Der Knopf k wirkt auf die Axe , woran das Prisma hängt , und vermag somit, dessen Richtung etwas zu verändern. Die grösste Schwierigkeit beim Gebrauche eines solchen Instruments zum Zeichnen liegt nun darin, dass man den Bleistift und das Bild zu gleicher Zeit scharf sieht; des- halb hat Ross zwei Linsen m und n unter das Prisma gebracht, damit die Strahlen des Papiers und des Bleistifts unter dem nämlichen Winkel divergiren, wie jene vom Prisma kommenden, und eo werden Bild des Objects und Bleistift gleich deutlich gesehen. Eine neue Camera lucida, die von Nachet angegeben wurde, ist Fig. 396 (a. f.S.) dargestellt. Bei ^ sieht man ein prismatisches Stück Glas, das ursprünglich die Form eines rechteckigen Parallelepipedums hatte, 10 Millimeter lang, 7,5 Millimeter breit und 12 Millimeter hoch ist. Daran sind zwei dreieckige Flächen geschliffen, nämlich dac und gegenüber acb. Es sind gleichschenkelige Dreiecke, deren Spitzen sich in a und c befinden; die Seite ac ist ihnen gemeinschaftlich, und sie sind unter rühmten Anatomen als Erfinder; das crgicbt sich deutlich aus dessen Abhand- lung: Uebcr das feinste Gefässnctz der Aderhaut S. C 902 Camera lucida. einem Winkel von etwa 60° gegen einander geneigt. Die Strahlen neh- men nun folgenden Gang: sie treten durch die länglichvierseitige Fläche edhf ein, erreichen die dreiseitige Fläche ahc^ werden hier reflectirt und treten durch die drei- seitige Fläche dac wieder nach aussen. Bei B sieht mau, wie diese Camera lucida zur Benutzung beim Mikroskope eingerichtet ist. Der Ring a passt fürs Ocular ; b ist eine kleine runde Stange, die sich in c dreht, und ebenso dreht sich tZ in c; d aber steht mit dem Metallkästchen m in Verbin- dung, worin das gläserne Prisma enthalten ist. Dieses wird durch die Schraube p und durch die fast dreiseitige Platte r darin festgehalten , welche letztere nach oben eine kleine runde Oeffnung o Nachefs c7mera lucida. besitzt, wodurch man die obere Kante ac des Prisma sieht, doch so, dass die Hälfte der Oeff- nung freibleibt, um zugleich die Oberfläche wahrzunehmen, auf welche projicirt wird. Bringt man diese oder eine andere Camera lucida auf das Ocular eines vertikal stehenden Mikroskops, so versteht es sich von selbst, das? die Bilder auch auf eine vertikale Fläche projicirt werden. Das würde nun beim Gebrauche unbequem sein, und deshalb pflegt man das Mikro- skop horizontal zu stellen , wenn es dessen mechanische Einrichtung ge- stattet, oder man benutzt neben den eigentlichen Projectionsmitteln noch ein rechtwinkeliges gläsernes Prisma, v.'^odurch das Strahlenbüudel eine horizontale Richtung bekommt. Das einfachste Hülfsmittel dieser Art, wodurch sowohl die horizon- tale Stellung des Mikroskops als das Einschieben eines Prisma überflüs- sig wird, ist die Camera lucida, deren ich schon oben (Fig. 76) gedacht habe. Ich sah sie zuerst am Nobert'chen Mikroskope, man bekommt sie aber jetzt auch bei Nachet um 25 Francs. Die dünne Glasplatte aÄ, welche unter einem Winkel von 45^ geneigt ist, kommt über das Ocular, und wer hindurchsieht, nimmt gleichzeitig den Bleistift, den Cirkel oder andere Gegenstände wahr, die sich bei P zur Seite des Mi- kroskops befinden. Bei einem vertikal stehenden Mikroskope sieht man also die Hand, welche den Bleistift oder den Cirkel hält, auf dem Tische, der das Mikroskop trägt, zugleich mit dem im Gesichtsfelde befindlichen Objecto. An dieser so einfachen und bequemen Vorkehrung ist nur das zu tadeln, dass wegen der unvollkommenen Reflexion an der Oberfläche des schiefstehenden Glasplättchens nur wenige Strahlen von den zur Seite des Mikroskops befindlichen Objecten ins Auge gelangen. Indes- sen weiss ich aus Erfahrung, dass sie gleichwohl für die meisten Fälle ausreichend ist. Es waren diese verschiedenen Hülfsmittel beim zusammengesetzten Mikroskope schon viele Jahre benutzt worden, als Chevalier {^AnnaU Camera lucida; Focinictcr. 903 des Sc. natur. 1836. 2. Serie, V, p.*116) die Camera lucida auch beim einfachen Mikroskope in Anwendung zog. Er brachte es dazu in die horizontale Stellung. Aber noch im nämlichen Jahre wurde dies von Milne Edwards und Doyere (Comptes rendus. 183G, Febr. 8) verbes- sert: über die Linse des vertikalen Mikroskops brachten sie unter einem Winkel von 45^ einen flachen Spiegel, und gegenüber einen zweiten da- mit parallelen, worin das Auge das reflectirte Bild erblickt und auf ein darunter liegendes Papier projicirt. Natürlich passt diese Vorrichtung auch ganz fürs zusammengesetzte Mikroskop. Die soeben beschriebene Vorrichtung kostet bei Oberhäuser 35 Francs. Oberhäuser's Camera lucida (das kleine rechtwinkelige Prisma) mit dem Rohre zur horizontalen Stellung (Ocidaire coude) kostet 50 Francs. Pistor und Martins liefern ein solches knieföi'mig gebogenes Ocular zum Zeichnen für 20 Thaler, und eine Amici'sche Camera lucida für 8 Thaler. Ein Ocular mit Camera lucida kostet bei Pritchard 1 Pfund 1 Schilling, bei Ross *i Pfund 10 Schilling. Endlich erwähne ich noch, dass auch die verschiedenen Bildmikro- skope zum Messen und Zeichnen von Objecten benutzt werden können, namentlich aber die tragbaren Apparate, welche die Bilder auf ein hori- zontales mattes Glas oder auf Papier projiciren. Bei allen Mikroskopen, wo die feine Einstellung mittelst einer 509 Schraube bewirkt wird, kann man auf deren Knopf eine Theilung ein- schneiden und in vertikaler Richtung messen, ganz so, wie man mit dem gewöhnlichen Schraubenmikrometer in horizontaler Ebene misst. Will man z. B. den vertikalen Abstand zweier Objecte wissen , die sich über- ' ein9,nder im Gesichtsfelde befinden, so wird zunächst das Mikroskop so eingestellt, dass das eine Object ganz deutlich und scharf sich darstellt, hierauf aber die Schraube umgedreht, bis man auch das andere Object gleich scharf sieht und alsdann wird abgelesen, wie viele Umdrehungen der Schraube stattgefunden haben. Auf diese Weise kann man z. B. die Dicke der Zellenschichten in Pflanzengeweben bestimmen , die Dicke von Gefässen u. s. w., desgleichen die Dicke der zu mikroskopischen Unter- suchungen benutzten Deckplättchen, wobei kleine Staubtheilchen , Ritze und dergleichen an den beiden Oberflächen als Erkennungsmittel dienen. An diese Anwendung der Schraube scheint zuerst Dakin (Philos. Magaz. IV, pag. 429) im Jahre 1828 gedacht zu haben, von dem auch die Bezeichnung Focimeter herrührt. Einige Jahre später bekam nach Solly's Vorschlage das Mikroskop , welches Ross für Valentine lie- ferte, ebenfalls einen solchen Focimeter. Die Schraube hatte 50 Gänge auf den Zoll und das Zeigerblatt war in 100 Theile getheilt, d. h. jede Abtheilung desselben war = ^/sooo Zoll oder etwa 0,005 Millimeter. Ohne davon zu wissen kam ich 1838 auf die nämliche Idee. Ich 904 Goniometer. versah mein bereits beschriebenes * einfaches Mikroskop , bei dem ge- schmolzene Glaskügelchen als Vergrösserungsgläser dienten, mit einem solchen Focimeter; die Schraube hatte auf 18 Millimeter Länge 30 Gänge und das Zeigei'blatt war in 100 Theile getheilt, so dass also jede Ab- theilung 0,006 Millimeter gleichkam. In neuerer Zeit ist es in England allgemein in Gebrauch gekommen, auf den Knopf der Schraube für die feine Einstellung eine Theilung ein- zuschneiden. Bei den Mikroskopen von Smith und Beck v^ird dadurch die Dicke der Deckplättchen gemessen, unter Berücksichtigung der Ver- änderungen, welche das Objectiv demgemäss (S. 754) erleiden muss. Pritchard und Powell haben auch solche Focimeter bei ihren Mikro- skopen; die Schraube ist dabei mit einer geneigten Fläche in Verbindung gesetzt, wodurch die Objectplatte gehoben wird. Die geneigte Fläche zur feinen Einstellung reicht aber bis auf Lyonet zurück (S. 619); dieser bediente sich derselben, freilich auf etwas rohere Weise, schon bei seinem Dissectionsmikroskope. Es versteht sich von selbst, dass hier alle die zahlreichen Modificationen zur feinen Einstellung selbst zu- lässig sind. 510 Endlich sind auch noch die Goniometer zu erwähnen. Brewster {New Instr. p. 110) hat zuerst im Jahre 1813 ein Mikroskop beschrieben, das ausdrücklich zu Winkelmessungen bestimmt war. Das Ocular ist in eine eingeth eilte Kreisplatte gefasst, mit einem Nonius versehen, und darüber befindet sich ein Spiegelchen von schwarzem Glase. Die Kreis- theilung wird zugleich mit dem Spiegelchen gedreht, bis die Linien, welche den Winkel bilden und sich gleichzeitig im Gesichtsfelde des Mikroskops und im Spiegelchen zeigen, zusammen eine einzige verlän- gerte gerade Linie darzustellen scheinen, und dann wird weiter gedreht, bis die nämliche Erscheinung von Neuem eintritt. So erhält man die verlangte Grösse dieses Winkels. Eine einfachere Einrichtung wurde 1833 von Ras p all (Nouveau Systeme de Chimie organique^ p. 53) angegeben. Ein eingetheilter Kreis wird auf Leim (sogenanntes Glaspapier) gravirt, in den Focus des obersten Oculars gebracht, und darüber wird ein Faden in der Richtung des Durchmessers gespannt. Auf das bewegliche Rohr dieses obersten Oculars kommt ein im Innern geschwärztes Futteral von Pappe, worin ebenfalls ein Faden befestigt ist, so dass die beiden '^' Fäden einander decken können, sich aber unter einem Winkel kreuzen, sobald das oberste Ocular herumge- dreht wird. Diese jedenfalls unvollkommene Einrichtung wurde durch Chevalier verbessert, der nach dem nämlichen ^GonlometeV P"ncipe den in Fig. 397 abgebildeten Goniometer con- struirte. Es sind zwei kreisrunde Glasplatten, jede mit einem durch den Diamanten gezogenen Striche in der Richtung des Goniometer. 905 Fig. 398. Durchmessers. Die eine Platte ist unbeweglich im Focus des ober- sten Oculars; die zweite befindet sich unmittelbar über der erstem, in einen in Grade getheiltcn Ring gefasst, der im Umfange mit Zähnen versehen ist. Da hinein greifen die Zähne eines kleinen Rades zur Seite des Oculars, welches durch den Knopf a herumgedreht wird. Eine ganz genaue Messung ist aber auch mit Chevalier's Gonio- meter noch nicht möglich. Weit besser kommt man zum Ziele durch zwei andere Methoden, die darin mit einander übereinkommen, dass im Oculare ein Spinnewebfadenkreuz angebracht ist. In den Kreuzungs- punkt kommt die Spitze des Winkels, den man messen will, so dass der eine Schenkel des Winkels mit dem einen Faden zusammenfällt. Wird dann entweder das Ocular oder der Objecttisch um seine Axe gedreht, bis der andere Schenkel mit dem nämlichen Faden zusammenfällt, so hat man natürlich durch den beschriebenen Drehungsbogen den Winkel gemessen. Carl Schmidt (Untersuchungsmethode der Säfte und Excrete 1846, S. 19) beschrieb nämlich 1846 das in Fig. 398 dargestellte Goniometer. Ein in Vs Grade getheilter Kreis abc ist am Körper des Mikroskops be- festigt. Ein Nonius (i, über dem be- hufs der bessern Ablesung noch eine planconvexe Linse e angebracht ist, steht mit dem Rande des Oculars p in Verbindung, worin sich ein Faden- kreuz befindet. Einen zweiten Nonius könnte man gegenüber dem ersten anbringen, wenn der Kreuzungspunkt nicht ganz genau in der Axe liegt; Schmidt hält aber einen solchen nicht für nöthig, wenn das Instrument sorg- fältig gearbeitet ist, da er mit seinem Schick' sehen Mikroskope den möglichen Fehler, auch ohne diesen zweiten Nonius , nicht viel über 20 Secunden hinausgehend fand. — Die andere derartige Einrichtung findet man an Facini's Mikroskope und an den grösseren Brunner'schen Mikroskopen. Bei beiden ist der runde drehbare Objecttisch in Grade und Unterabtheilungen getheilt, so dass mittelst eines Nonius auch noch die Minuten abgelesen werden können. Theoretisch betrachtet sind diese beiden Einrichtungen wohl gleich zweckmässig. Indessen gebe ich doch der Schmidt'schen den Vorzug, da man, wenn das Ocular sich um seine Axe dreht, die Spitze des Kry- stalls weit leichter gerade im Kreuzungspunkte der Fäden behält. Auch erfolgt die Vergrösserung der Bewegung blos durchs Ocular und jede Bewegung des Objecttisches wird immer in stärkerer Vergrösserung wahrgenommen, weil das Objectiv ebenfalls mitwirkt. C. Schmidt' s Goniometer. 900 Goniometer. Noch genauere Messungen scheint aber das Goniometer zu liefern, welches Leeson im Jahre 1846 der British association in Southampton vorlegte, und welches in Fig. 399 bei A in perspectivischer Zeichnung, bei B im Durchschnitte dargestellt ist. Der Winkel wird hier durch ein doppelt brechendes Prisma von Kalkspath oder von Quarz gemessen, Fig. 399. b B Leeson 's Goniometer. welches so dick ist, dass die Bilder des zu messenden Winkels nur theil- weise von einander getrennt sind. Bei a befindet sich ein achromatisches Kalkspathprisma, statt dessen man aber auch das Rochon'sche Quarz- pi'isma nehmen kann; b ist das messingene Rohr, in welches das Prisma gel'asst ist, mit einer runden OefFung über der OefFnung des Oculars. Das Rohr b hat eine straffe Bewegung um das Rohr c, woran der Arm d sitzt, mit einem Nonius für den in Grade eingetheilten Kreis h. Dieser Kreis umgiebt das Ocular /, dessen Rohr in ein zweites Rohr g geschraubt wird. Letzteres schliesst genau ans Mikroskoprohr an. Der Nonius hat eine Klemmschraube i und eine Einstellungsschraube k. Ausserdem enthält das kleine Rohr e eine Lupe zum Ablesen. Leeson hat dazu noch einen besonders eingerichteten Objecttisch, um einen auf ein Glastäfelchen befestigten Krystall in eine Stellung zu bringen, wo die ^Messung am besten auszuführen ist Derselbe ist Fig. 400 dargestellt, und zwar bei Ä in perspectivischer Zeichnung, bei B im Durchschnitte. Der Krystall kommt auf das Glastäfelchen /, wel- Fig. 400. A Objecttisch zu Leeson 's Goniometer. Goniometer. 907 ches in den Ring m passt, und dieser passt selbst wieder in den Ring n. Bei grösseren Krystallen nimmt er auch einen Ring mit drei Schrauben, zwischen deren mit Kork belegten Enden der Krystall dann eingeklebt wird. Am Ringe n sitzt eine halbkreisförmige Platte p-^ diese dreht sich um zwei Schrauben h', welche durch zwei senkrecht stehende Stangen gehen, so dass sie dux'ch die Klemmschraube r in die verschiedensten Neigungen gebracht werden kann. Die Platte p kann in Gi-ade getheilt ■ sein und dann auch dazu dienen , die Neigung der optischen Axen bei polarisirtem Lichte zu bestimmen. Es lässt sich »i nicht blos in allen Richtungen innerhalb n herumdrehen , und durch den Hulbki'eis p auch unter allen Winkeln neigen, sondern es lässt sich auch der ganze Ring o, in welchen die vertikalen Stangen eingefügt sind, um das kurze Rohr u auf der Platte s herumdrehen, die auf den Objecttisch des Mikroskops befestigt wird. Der Ring o kann auch eine Gradeintheilung bekommen, wodurch er bei Untersuchungen mit polarisirtem Lichte benutzbar wird. Betrachtet man nun einen Krystall durch das Prisma des Goniome- ters, so hat man beim Umdrehen des Prisma zwei Bilder desselben, die sich auf verschiedene Art decken können, z. B. so wie in Fig. 401 bei Ä. Soll nun der Winkel ahc gemessen werden, so kommt der Nonius erst auf Null und wird hier festgeklenunt. Dann dreht man das Rohr h mit dem Prisma, bis die Linien, welche die eine Seite des Winkel^ Fig. 401. Stellung der Bilder mit Leeson's Goniometer. bilden, in beiden Bildern zusammenfallen, nämlich ab und a'b' in B. Hierauf wird der Nonius gelöst und über den eingetheilten Kreisbogen ge- dreht, bis die beiden Linien, welche die andere Seite des Winkels bilden, ebenfalls zusammenfallen, nämlich hc und b'c' in C. In dem also durch- laufenen Bogen hat man das Maass des Winkels oder seines Comple- ments je nach der Richtung, in welcher der Nonius bewegt wurde. Endlich beschrieb auch Highley 185.6 ein Mikroskop, welches aus- drücklich zu krystallographischen Untersuchungen bestimmt und mit man- cherlei dazu dienenden Hülfsmitteln ausgestattet ist. 908 Deckplättchen. F ü nfte s K fi pi tel. Apparate und Hülfsmittel zum Schutze der Linsen bei mikrochemischen Untersuchungen. 51 1 Bei den meisten mikroskopischen Untersuchungen macht es sich nöthig, dass man die Objecte mit durchsichtigen Plättchen bedeckt. Stecken die Objecte in einer Flüssigkeit, so schützen diese Flättchen auch die Linsen gegen die aufsteigenden Dünste, die sich als Tröpfchen an die Oberfläche der Gläser anlegen würden. Ausserdem wird durch eine solche Bedeckung die Oberfläche der Objecte abgeplattet, was we- sentlich dazu beiträgt, die Beobachtung mit mehr Sicherheit und Bequem- lichkeit auszuführen, und aus naheliegenden Gründen ist dies um so nö- thiger, je stärker die benutzten Vergrösserungen sind. Als man das Mikroskop erst zu gebrauchen anfing, nahm man all- gemein Glimm erblättchen zu dieser Bedeckung, und noch bis vor weni- gen Jahren musste man dazu allgemein die Zuflucht nehmen, wenn ganz dünne Deckplättchen nöthig waren. Indessen sind solche Glimmerblätt- chen selten ganz frei von kleinen Rissen und Sprüngen, und deshalb be- nutzte ich in früherer Zeit vielfältig das dünne Glashäutchen, welches er- halten wird, wenn man in einer Löthrohrflamme das geschlossene Ende einer Glasröhre erhitzt und dieses dann plötzlich zu einer grossen Kugel ausbläst. Jetzt kann man nun aber dieses Glashäutchen sowohl wie die Glimmerblättchen entbehren, da man sich bei allen Verfertigern von Mikroskopen gläserne Deckplättchen verschaffen kann, die nur 1/3 bis 1/7 Millimeter dick sind, also auch für sehr starke Objectivsysteme sich als hinreichend dünn bewähren. In England verfertigt Chance in Birmingham dieses Deckglas für mikroskopische Präparate im Grossen, und von den englischen Instru- mentenmachern kann man es daher auch in grossen Platten bekommen, aus denen man sich selbst Deckplättchen von beliebiger Grösse zubereiten kann. Man muss aber einen Schreibdiamanten dazu nehmen, da ein ge- wöhnlicher Glaserdiamant das dünne Glas splittert. Vierseitige Deck- plättchen schneidet man mit dem Lineal, runde und ovale mit gleichge- stalteten Metallschciben , indem man erst mit dem Diamanten nach der Richtung der Scheibe schneidet, und dann von diesem Einschnitte aus einige strahlenförmige Striche nach aussen führt, um den überschüssigen Rand abbrechen zu können. — Von Beale's Ring zur Anfertigung solcher Deckplättchen ist schon früher (§. 29fi) die Rede gewesen. Oschatz (Dingler's polytechn. .Tourn. 1849, XIII, S. 191) hat ausserdem Goring's und RaspiiH's Protcctorcn. 9o9 ein ziemlich zusammengesetztes Instrument zum Schneiden dünner Glas- plättchen empfohlen, das aber offenbar ganz überflüssig ist, wenn man 8tatt des Glaserdiamanten einen Schreibdiamanten benutzt. Mo hl (Mikrographie S. 164) glaubte im Schijnbein'schen durch- sichtigen Papier ein passendes Mittel zu haben, um die gläsernen Deckplättchen zu ersetzen. Dessen Bereitungsweise war damals noch unbekannt; jetzt weiss man, dass es dadurch erhalten wird, wenn man Collodium auf eine horizontale , mit Wasser befeuchtete Glasplatte aus- giesst. Ohne Zweifel kann dieses durchsichtige Papier, wenn es gut zubereitet ist, zumal wenn das dazu benutzte Collodium ganz rein und durchsichtig war, zwischendurch benutzt werden; sicherlich aber wird seine Benutzung immer eine beschränkte bleiben, da dieses von Wasser allerdings nicht angegriffene Papier gleichwohl der Einwirkung mancher anderen Flüssigkeiten, die bei mikrochemischen Untersuchungen in Au- fwendung kommen, zugänglich ist. Neben den Deckplättchen hat man späterhin noch Apparate erfun- 51 '2 den, wodurch man die Linsen bei Untersuchungen schützt, wenn entweder das Objectiv unter Wasser kommt oder wenn die Wirkung chemischer Reagentien auf die Objecte geprüft werden soll. So empfahl Goring (Microsc. Illust, p. 55) 1830 zwei kleine Appa- rate, die in Fig. 402 dargestellt sind; er nannte sie den geraden und den diagonalen Stiefel oder Protector {direct and diagonal boot). Bei A sieht man den geraden Stiefel, ein kurzes, kegelförmig zulaufendes p. .Q, Rohra^, welches unten durch ein Glasplättchen wasser- dicht verschlossen und mit einer längeren Röhre ver- ^m bunden ist, die an das Mikroskoprohr passt, woran die n u Objective geschraubt werden. Durch diesen Stiefel werden die Linsen geschützt, wenn sie in Wasser tau- chen. Der zweite bei B dargestellte Stiefel ist gebogen, hat aber die nämliche Zusammensetzung, abgerechnet ein Metallspiegelchen oder ein rechtwinkeliges Glas- prisma e, die unter einem Winkel von 45^ angebracht sind; dabei ist der kegelförmige Theil horizontal, so Goring s ^^^gg j^^^^^ damit Objecte betrachten kann, die sich an der Innenfläche eines Glasgefässes befinden. In der gleichen Absicht umgab Raspail {Chimie organique^ p. 50) das Objectiv mit einer geschlossenen Glasröhre, deren Oberfläche an der Linse anliegt. Raspail benutzte sie vornehmlich, um die Wirkung der Siedhitze auf die Körper zu prüfen, wobei er den Spiegel durch eine Lichtflamme er- setzte. Dazu passt auch eine ganze Glasröhre besser, als der Goring'sche Stiefel, weil die Substanz, wodurch das platte Glastäfelchen an dem Stiefel befestigt wird, durch die Wärme leicht nachgiebt. Zu einer genauem Beo- bachtung indessen eignet sich das Goring'sche platte Glas besser, weil die gebogene Fläche des Bodens einer Glasröhre immer schädlich wirkt. 910 Merz' Prisma; umgekehrtes Mikroskop; Elektricitatsentlader. Verhältnissmässig wenig scheint mir das kleine rechtwinkelige Prisma von etwa 9 Millim. Höhe zu nützen, welches Merz 184ö bei seinem Mikroskope anbrachte: es wird an das Objectiv angeschraubt, so dass die eine Kathetenfläche einem auf dem Objecttische stehenden Gefässe mit gläsernen Seitenwänden zugekehrt ist. Chemische Reactionen innerhalb dieses Gefässes können dann auf gewöhnliche Weise von der Seite beschaut werden. Einmal aber sind dabei nur schwach vergrös- sernde Objective anwendbar, weil das Prisma sich immer zwischen dem Objective und dem Gefässe befindet, und zweitens kann die Flüssigkeits- scliicht, worin die Reaction stattfindet, hier unmöglich dünn genug sein, dass die darin befindlichen Objecte bei durchfallendem Lichte geliörig gesehen werden können, denn dazu würde künstliches Licht oder ein auf besondere Weise gestellter Spiegel erfordert werden. Die vollkommenste Einrichtung zu mikrochemischen Untersuchungen bietet das umgekehrte Mikroskop von Chevalier, das später nach den Angaben von Lawrence Smith von Nachet verbessert wurde (S. 771), und das auch noch zu manchen anderen Untersuchungen besser sich eignet, als das gewöhnliche Mikroskop. Nur will ich bemerken, dass die beige- gebenen Apparate, womit die Veränderungen der Körper während des Kochens untersucht werden sollen, wenig oder gar keinen praktischen Nutzen schaffen, weil durch die siedende Flüssigkeit die kleinen darin befindlichen Körperchen keinen Augenblick im Gesichtsfelde und noch viel weniger im Focus des Objectivs bleiben, überdies auch der Spiegel bald mit Dampf beschlägt und das Licht nicht mehr gehörig reflectirt. Immer noch sind zu mikrochemischen Untersuchungen die einfachsten Mittel, die bei jedem Mikroskope Anwendung finden können, auch die besten, und bei einiger Vorsicht, zumal wenn man grössere Deckplättchen nimmt, läuft man wenig oder gar keine Gefahr, die Objectivlinsen zu beschädigen, selbst wenn scharfe flüchtige Reagentien in Anwendung kommen. Die nöthi- gen Anweisungen dafür sind schon im zweiten Buche gegeben worden. Ich habe hier noch des kleinen Elektricitätsentladers von Plössl zu gedenken, der in Fig. 403 dargestellt ist, und wofür Plössl 5 Gulden Fig. 403. Conv.-M. berechnet. Man kann damit die Wirkung der Elek- tricität auf Objecte prüfen, die sich unter dem Mikroskope be- finden. Der kleine Apparat ist nichts anderes als ein gewöhn- licher Entlader im Kleinen; er kann auf den Objecttisch ge- stellt werden und ist jedenfalls Plössl's Elektricitatsentlader. ganz zwckmässig eingerichtet. Allein der einfache, leicht herzustellende Apparat, den ich oben (S. 429) be-fclirieben habe, macht ihn ganz entbehrlich. Insectenzergliederung. 911 Sechstes Kapitel. Werkzeuge zur Anfertigung mikroskopischer Präparate. Als man das Mikroskop zuerst zn benntj^en begann, beschränkte 513 man sich fast allein auf die Untersuchung der Objecte, so wie sie in der Natur vorkommen. Kleine Insecten, die man an eine Nadel spiesste oder zwischen zwei Glimmerblättchen einsehloss, wurden am meisten beobach- tet. Höchstens brachte man die Flügel, die Beine, die Fühlhörner und ähnliche Theile noch besonders unters Mikroskop. Zu einer anatomisch- mikroskopischen Untersuchung waren die Instrumente, deren man sich zur Zergliederung bediente, zu grob. Jan Swammerdam (geb. 1637, gest. 1680) wandte zuerst Instru- mente an, wie sie die Feinheit der Untersuchung verlangte, und theil- weise wenigstens sind seine vortrefflichen Untersuchungen über den in- nern Bau der Insecten dadurch mit bedingt. In der Ausgabe der Bi- hlia naturae^ welche Boerhaave und G anbin s besorgten, findet sich Swammerdam's Leben aus Boerhaave's Feder, und hier wird über seine Instrumente Nachricht gegeben. Ausser dem von Samuel Mus- schenbroek verfertigten Sectionstische benutzte er ganz feine Scheeren, worin nach Boerhaave sein hauptsächlichstes Geheimniss bestand, und ausserdem hatte er auch kleine Messer und L^iUzetten, desgleichen Nadeln, „so fein, dass sie ohne Vergrösserungsglas nicht geschliff'en werden konnten". Die Eingeweide und die Gefässe blies er mittelst Glasröhr- chen auf, die in der Glasbläserflamme in eine ganz feine Spitze ausgezogen waren. Die nämlichen Röhrchen dienten ihm auch, diese Theile mit gefärbten Flüssigkeiten zu füllen. Die zu untersuchenden Insecten tödtete er vorher in Wasser, Weingeist oder Terpentin, und die Zergliederung nahm er dann unter Wasser vor. — Alle diese von Swammerdam be- nutzten Instrumente sind auch von Lyon et und anderen Insectenzer- gliederern bis auf unsere Tage herab gebraucht worden. Unter den von Boerhaave genannten Instrumentchen wei'den keine 514 kleinen Pincetten oder Zängelchen genannt, womit man die Theile wäh- rend der Zergliederung fassen kann. Hat sie aber auch Swammerdam nicht gekannt, so wiu'den sie doch zuverlässig wenige -Jahre nach dessen Tode von Joh. Musschenbroek angefertigt, namentlich um kleine mi- kroskopische Objecte damit zn fassen und zwar (Fig. 222, S. 600) ziem- lich in gleicher Form wie noch heut zu Tage. 912 Pincetten. Manchen Zwecken entspricht die Veränderung, welche Varley vor mehreren Jahren mit derPincette vorgenommen hat, indem er ihr die in Fig. 404 abgebildete Form gab. Sie eignet sich namentlich recht gut, um in Wasser befindliche Objecte zu fassen. Liegen diese übrigens auf Fig. 404. Varley's Pincette. Fig. 405. dem Boden eines Gefässes, dann ist ein von Edwin Quekett erfundenes Instrument, woran ich ein paar Veränderungen angebracht habe, recht brauchbar. Es ist Fig. 405 dargestellt. Eine Messingröhre ab, 5 bis 6 Millimeter dick und beliebig la,ng (bis 20 Centi- meter und mehr), hat oben zwei Messingdrähte c und d angelöthet, die weiterhin mit einem Ringe verbun- den sind. In der Röhre steckt die stählerne Sonde ep, die oben in ein plattes Metallstück fg einge- schraubt ist. Dieses Metallstück hat zwei seitliche Oeffnungen n', wo die Drähte c und d durchgehen, und an beiden Enden ist es ringförmig umgebogen für den Zeige- und Mittelfinger, während der Daumen in den höher liegenden Ring kommt. Nach unten ist die Sonde ep gespalten, und die beiden Theile sind gut gehärtet und dadurch federnd, dabei aber pin- cettenartig gebogen, so dass sie fassen, wenn die Röhre ab nach unten drängt. Im Vorbeigehen will ich nur bemerken, dass Purkinje (Wagner's Handwörterbuch 1844, Art. Mikroskop, S. 428) sich mit dem Gedanken getragen hat, einen mikrotomischen Objecttisch mit mikrome- ti'isch beweglichen Pincetten und Scheeren herzustel- len. Ich weiss nicht, ob er sein Vorhaben ausgeführt hat, zweifle aber daran, dass sich diese Idee nutz- bar verwirklichen lässt. 515 Schieberpincette. Die Anzahl der schneidenden Instrumente hat in den letzten Jahren durch die verschiedenen Doppel- messer zugenommen, wozu die erste Idee von Valentin (Repertorium für d. J. 1838, Bd. 4, S. 30) kam und worüber schon oben (S. 364) gehandelt worden ist. Schon seit langer Zeit sind vielerlei Instrumente erfunden und ge- braucht worden, mit denen man dünne Durchschnitte aus harten Pflanzen- Mikrotome. 913 geweben zu Stande bringen wollte. Diese sogenannten Mikrotome haben im Allgemeinen eine solche Einrichtung, dass das Object, z. B. das Aestchen eines holzartigen Stengels mittelst einer Schraube nach oben bewegt wird, bis es eben ans der Oeffnung an einer etwas grössern plat- ten Oberfläche heranstritt. War nun das vorstehende Ende des Objects vorher gerade nbgeschnitten worden, so kann man mittelst eines scharfen and flachen Messers Scheibchen von beliebiger Dicke anfertigen, indem man die Schraube höher oder niedriger stellt. Der Gedanke, auf solchem Wege sehr dünne und gleichmässige Durchschnitte zu bekommen, liegt so nahe, dass man sich nicht wundern darf, wenn schon seit langer Zeit derartige schneidende Instrumente an- gefertigt worden sind. Ein solches, offenbar von sehr altem Datum, be- findet sich z. B. im Utrechter physikalischen Kabinette. Es ist ein mes- singener durchbohrter Cylinder, in den man etwa einen kleinen Ast brin- gen kann. Unten daran sitzt eine Schraube, um den Theil nach oben zu schieben, und oben sind zwei schwalbenschwanzförmige Leisten, um drei verschiedene Messingplatten einschieben zu können, mit Oeffhungen von 1/3 bis 6 Millimeter Durchmesser. Steht nun der von der Schraube getriebene Theil gerade aus der Oeffnung hervor, so dient die Oberfläche der kleinen Platte dem Messer als Conductor. Auf dem nämlichen Principe beruht der etwas vollständigere Appa- rat, welchen Adams (Essays^ p. 128, PI. IX, Fig. 1) 1770 verfertigte und der späterhin von Cumming verbessert wurde. Custance, der sich durch das Verfertigen dünner Durchschnitte von Holz einen Namen gemacht hat, bediente sich eben desselben. Im Wesentlichen stimmt damit überein das von Quekett beschriebene Schneidewerkzeug, wel- ches in Fig. 406 (a. f. S.) dargestellt ist, bei Ä von oben, bei B in der Seitenansicht. Ein Mahagoniblock a trägt vier feste messingene Säu- len bcde^ auf denen eine ebene Platte m n ebenfalls aus Messing ruht, 20 Centimeter lang, 8 Centimeter breit und fast 1 Centimeter dick. An der einen Seite hat diese Platte einen erhöiiten Rand ii^ der daran festgeschraiibt ist. Mitten unter der tischartigen Platte, aber nahe dem Rande, welcher ii gegenüber liegt, ist ein durchbohrter messingener Cylinder oder ein Rohr / angeschraubt, und ragt gegenüber 6 Millimeter über die Fläche des Tisches hervor. In dieses Rohr passt ganz genau ein zweiter Cylinder ?', der ebenfalls durchbohrt ist; die Oeffnung s die- ses Hohlraums ist ziemlich vierseitig und hat 1,5 Centimeter Durchmesser. Dieser letztfe Cylinder lässt sich durch eine Schraube, die 40 Windungen auf den Zoll hat, aufwärts schieben ; der dazu gehörige Knopf k aber hat eine Theilung in 25 Abschnitte mit so tiefen Einschnitten, dass ein dün- nes keilförmiges stählernes Stück an der Feder v fest eingreifen und die Bewegung der Schraube, welche als Mikrometer für den Cylinder be- stimmt ist, verhindern kann. In einen festen Messingrahmen, der wie A gestaltet und fast gleich dick ist wie die tischartige Platte, ist ein unten ganz flach geschliff'enes Messer mittelst zweier starker Schrauben h h Harting's Mikroskop. 5g 914 Mikrotome von Quekett, von Oschatz. fest eingefügt; dieser Rahmen kann sich gemächlich vor- und rückwärts über die Fläche jener Platte bewegen. Das Holzstückchen, von dem man einen Durchschnitt will, wird in die Höhlung s des Cylinders r ein- getrieben, so dass es ungefähr ^ § Zoll darüberragt. Hierauf bringt Fig. 406. A. Quekett's Mikrotom. man den Cylinder ?• wiederum in die Rl'ihre /. und beim Bewegen des Rahmens geht die Schärfe des Messers schief über jeden Theil der Ober- fläche des Holzes. Je nachdem man aber die Schraube dreht, kann der Schnitt jede beliebige Dicke bekommen. Dieser Apparat dürfte allerdings wolil seinem Zwecke recht gut entsprechen. Nur ist es zu tadeln, dass die Holzstiickchen in die Höhle des Cylinders eingetrieben werden müssen , und dass dessen Oeffnung eine bestimmte Grösse hat, mithin Körper von geringerm Durchmesser sich nicht darin befe.etigen lassen. Dem ist durch einen ähnlichen Me- chanismus von Topping (Quekett 1. 1. p. 309) abgeholfen worden, wo die Holzstücke in ihrer Höhle durch eine Schraube festgehalten werden, die gegen eine gebogene Messingplatte drückt und diese wieder gegen das Holz. Noch zweckmässiger in mancher Beziehung ist das Mikrotoni von Oschatz (Simon's Beiträge zur phys. u. pathol. Chemie U.Mikroskopie. 1 Mikrotouic von Oschatz. 915 Bd. I, S. 131), welclic.-j Nösselt in Breslau verfertigt. Dusselbe ist Fig. 407 im Durchschnitte und in halber Grösse dargestellt. Es ist gcanz aus Messing und ruht auf einem Dreifusso, der aber in der Figur weg- geblieben ist. In der Mitte der runden Platte aa befindet sich das llohr 6, worin sich der Cylinder c bewegt. Ueber den untern dünnern Theil von b schiebt sich ein zweites Ruhr d und wird durch die beiden Schrau- ben ee festgehalten, indem die dazu gehörigen Schraubenstifte durch zwei Einschnitte in d gehen, die in der Zeichnung nicht angegeben sind. Der untt.re Thcil von d bildet die Mutter für die Schraube /, die, wenn d auf b feststeht, den Cylinder c bewegt, ohne dass dieser an der Drehbewe- gung der Schraube Theil ninunt. Die verschiebbare Röhre d hat einen Ring ennt:'t er zum Theil die crlei- riKÜcaloron 023 chen Flüssigkeiten, wie Pappen heim , nämlich Wasser, Essigeäurei Aetzkali, und ausserdem eine (Solution von Kochsalz, die Goadby'sche Flüssigkeit, Üel. Wenn die Präparate nur einen bestimmten Druck ver- tragen, so bringt er vorher drei oder viir kleine Wachskügelchen zwi- schen die beiden Glastäfelchen. Den Schluss bewirkt er durch einen Firniss von Coj)ril, Asphalt oder Dammurliarz. Das Wasserglas wurde seit 1856, auf den Rath von Phoebus, durch Welcker zur Aufbewahrung mikroskopischer Präparate verwendet, worüber ich früher schon gesprochen habe. Von Deane (Hogg's Microscope etc. p. 75) wurden zweierlei Ge- mische zürn Aufbewahren pflanzlicher und thierischer Substanzen, kleiner Thiere u. s. w. empfohlen. Zuerst ein Gemisch aus 6 Unzen weisser Gelatine, 9 Unzen Honig, etwas Alkohol und einigen Tropfen Kreosot, was im erwärmten Znstande filtrirt wird. Seine zweite Mischung besteht aus -i Unzen Glycerine, 2 Unzen destillirtem Wasser und 1 Unze Gelatine. Die Gelatine wird zuerst im erwärmten Wasser gelöst und dann wird die Glycerine zugesetzt. Topping (Hogg's Microscope^ p. 88) nimmt 1 Theil absoluten Al- kohol auf 5 Theile Wasser. Kommen zartere Farben in Betracht, so ninnnt er lieber 1 Theil essigsaure Alaunerde auf 4 Theile destillirtes Wasser. Von R. J. Farrants {Quart. Journ. 1858. Transact. p. 118) wird zur Aufbewahrung der meisten thierischen und pflanzlichen Gewebe eine Mischung aus gleichen Theilen Gummi arabicum , Glycerine und einer gesättigten wässerigen Solution von ai'seniger Säure empfohlen. Diese Mischung wird ganz sowie Canadabalsam benutzt, braucht aber nicht er- wärmt zu werden. Auch hat man nicht nöthig, die damit behandelten Präparate besonders zu verkitten, da die äusseren Schichten der Bewahr- flüssigkeit soweit erhärten, dass die weitere Verdunstung verhindert wird. Um schnell und sicher ein kleines Object oder einen Theil eines <>18 solchen an einem früher gefertigten Präparate auffinden zu können, und um auch andere dazu in den Stand zu setzen , hat man in den letzten Jahren mancherlei Einrichtungen angegeben, die man als Indicatoren oder Finder bezeichnet hat. Tyrrell {Cluart. Journ. 1853, III, p; 234) benutzt eine kleine höl- zerne oder elfenbeinerne Tafel, woran an der langen und breiten Seite zwei kleine Platten so befestigt sind, dass der übrig bleibende Raum gerade die Grösse des Objecttäfelchens hat. Die grössere oder untere Tafel hat eine viei'seitige Oeffnung, und auf dem längei'n von den beiden Plättchen findet sich eine Theilung in 1/50 Zoll, so lang wie die viersei- tige Oeffnung. Das Glastäfelchen mit dem Präparate kommt nun in den offenen Raum. Befindet sich ein Object im Gesichtsfelde, dessen Stelle bestimmt werden soll, so wird der bewegliche Objecttisch gegen den Beobachter hin bewegt, bis die getheilte Scala ins Gesichtsfeld kommt, 0-.'4 Indicatorcn. und nun liest man ab, mit welchem Punkte der Scala das Object zusam- menfällt. — Es passt demnach dieses Verfahren nur bei Mikroskopen mit einem durch Schrauben beweglichen Objecttische. Auch wird dadurch nur eine Linie angegeben, innerhalb welcher das Object befind- lich ist, und der betreffende Punkt dieser Linie muss erst noch aufge- sucht werden. Bald darauf beschrieb Wright {Quart. Jonrn. 1853, p. 301) eine ähnliche Einrichtung, wobei die getheilte Scala auf dem Objecttische selbst angebracht ist. Die Hanptverbesserung liegt aber dai-in, dass er nicht Eine Scala hat, sondern zwei senkrecht auf einander stehende Sca- len, wodurch der betreffende Punkt in der nämlichen AVeise angezeigt wird, wie irgend ein Punkt auf der Landkarte durch die Meridiane und die Parallelen. Etwa um die nämliche Zeit gab Amyot {Quart. Jotirn. IV, p. 303) eine Art elfenbeinernen Index an, der sich um eine Axe dreht: das eine Ende desselben hat eine getheilte Scala und das andere in eine Spitze auslaufende Ende bewegt sich über eine zweite aber gebogene Scala. Auch der von Brodie ersonnene und von Okeden {Quart. Journ. 1855, X, p. 169) beschriebene Indicator stimmt im Wesentlichen mit jenem von Wright überein. Ein anderer Weg wurde von Bridgman eingeschlagen. Dieser beschrieb 1S55 {Quart. Journ. XI, p. 237) eine Vorrichtung, die an das Objectivsystem befestigt wird, und woran sich ein kleiner Diamant befin- det, der gerade unter die unterste Linse und somit über das Object ge- bracht werden kann. Bewegt man das Mikroskop nach abwärts, bis der Diamant aufstösst, und dreht man dann das Objectiv herum, so zieht man einen kleinen Kreis gerade um das Object. Diese Einrichtung dürfte aber ihrer Kostbarkeit wegen nur etwa für solche brauchbar sein, die mit angefertigten Probeobjecten Handel treiben. Uebrigens hat sie vo^* den bisher beschriebenen den grossen Vorzug, dass sie die Stelle des Objects für alle Mikroskope angiebt, ^'S- ^^^- nicht blos für jenes, mit wel- chem die Bestimmung ausge- liihrt wurde. Gerade deshalb erfand Bai- \Qy {Quart. Journ. 1855, XIII, 55) seinen sogenannten Uni- versalindicator, der Fig. 109 in halber Grösse darge- stellt ist. Seine Verbesserung besteht hauptsächlich darin, dass auf der Tafel mit der horizontalen und vertikalen Eintiieilnng zugleich auch zwei einander kreuzende Linien angebracht sind, deren Kreuzungspunkt erst in die 1) ai ley' s Universalimlicatur. IiidiciitorGn. 925 Mitte des Gesichtsfeldes kormnen iiinss. Um aber dabei das Licht nicht abzuhalten, ist diese? Kreuz auf ein gerade in die Ocffnung passendes 8tiickcheu l'apier gcniaclit, das sich von drei Seiten ablieben luid zurückschlagen lässt, sobald geliörig centi'irt ist; oder das Kreuz ist mit einem Diamanten auf ein in die Oetfnung passendes Glastäfel- chen gezeichnet. Sind nun die Scalen (50 Abtheilungen auf 1 Zoll) auf Stahl, Messing oder Stein gravirt, so kann man gleiche Abdrücke auf Papier machen, und wer einen solchen Abdruck hat, der kum leicht mit seinem Mikroskope das Object wiederfinden, dessen Stelle mit einem andern, aber doch gleichen Indicator einmal bestimmt worden ist. Um dies noch genauer zu können, zieht Bailey auf dem Glase der Object- platte mit einem Diamanten noch Linien, eine der Länge nach, die nur den mittlem Theil für das Object frei lässt, und zwei andere zunächst den Enden, die sich rechtwinkelig mit der erstem schneiden. Diese Linien lässt man statt der Ränder des Objecttisches mit den Tlieilungen zusammenfallen, durch welche die Stelle des Objects bezeichnet wird. Weiterhin gab Amyot (Qziart. Journ. 1855, XIV, p. 152) eine Ein- richtung an, die in der Hauptsache mit Bailey übereinstimmt. Nur nimmt er als mittleres Stück eine kleine knöcherne Scheibe, die gerade in der Mitte eine ganz kleine Oeffnung für das Centrum des Gesichtsfeldes hat; ist sie dort, so wird die kleine Scheibe an einem daran befind- lichen kleinen Stifte weggelioben. Die mit dem Diamanten auf die Ob- jectplatten gezogenen Linien erachtet er übrigens für überflüssig. Die Microscopical Society in London beauftragte eine Commission (H. H. Jackson, Brooke, Wenham) mit der Prüfimg der Indicato- ren, und diese empfahl in ihrem Berichte (25. Juni 1856) einen Indicator, der Fig. 410 in halber Grösse dargestellt ist, jedoch mit Weglassung der feinsten Theilungen. Der Rahmen aaa aus Metall oder Holz ist 31/4 Zoll lang und 1 1/0 Zoll breit. An der Fig. 410. Aiissenseite befindet sich ein er- habener Rand, 1/4 Zoll breit, wo- zwischen die Glastafel mit dem Präparate gelegt wird. In der Mitte zeigt sich eine zollbreite Oeffnung. Links befindet sicli eine vierseitige Messing[)lattc, die so weit über den Rahmen hervor- steht, dass ein Objectgläschen von gewöhnlicher Dicke darunter ge- schoben werden kann. Auf dieser Messingplattc ist die Theilungniit den sich rechtwinkelig kreuzenden Linien, die Y^o Zoll aus einander stehen, angebracht. Die mittleren Linien sind die dickeren. — Will n)an diesen Indicator gebriiuclien, so bringt m;in zunächst ein Glastäfeichen von der gewöhnlichen Grösse der Objecttäfelchen , in dessen Mitte mit Indicator der Mioroscopical Society. '.ii ■ IndiL. (leren. dein Diani inten ein Kivmiz j^ozogcn ist, in den Rahmen und schiebt es unter die einjretheilte Mcssiniiplatte, bis es am obern und am öeitenrande anstösst. Den Kreuziingspunlst bringt man hierauf in die Mitte des Ge- sichtsfeldes. Für die Theilungen ist ein Zeiger bestinmit, nämlich ein hufeisenförmig gebogener Messingstreifen, der andern einen Ende in eine feine Spitze ausläuft und am andern Ende eine Schraube hat, wodurch er unter dem (Jbjecttische befestigt werden kann. Die feine Spitze wird so gestellt, dass sie sich gerade über (iem Kveuzungspunkte der dickeren Li- nien auf der getheilten Scala befindet. Nun vertauscht man da-! zuerst ge- nommene Giastäfelchen mit jenem, worauf sich das Object befindet, dessen Stelle gefunden werden soll. Es konmit ebenfalls so in den Rahmen, dass es an den obern Rand und an die Seitenwände desselben unter der Messingplatte stösst, und das ganze Object wird dann ins Gesichtsfeld gebracht, indem man den ganzen Rahmen bewegt. Da nun die Spitze des Zeigers den Platz nicht verändert hat, so kann man auf der Scala die beiden Zahlen ablesen, welche angeben, wie weit der Rahmen in beiden senkrechten Richtungen bewegt werden musste , um das Object in die Mitte des Gesichtsfeldes zu bringen. Noch später hat auch Edwards {Quart. Journ. 1857, XX, p. 200) zwei solche etwas modificirte Einrichtungen beschrieben, die etwas einfa- cher sind als die vorhergehende, und ebenso beschrieb auch Bridgman (Quart. Journ. XX, p. 206) ein Verfahren, welches etwas davon ab- weicht, und wobei am Körper des Mikroskops ein Zeiger angebracht ist, der sich an einer getheilten Scala bewegt. Endlich hat Maltwood (Qtiart. Journ. April 1858, p. 59) noch einen Indicator angegeben, dessen wesentliche Einrichtung darauf hin- ausläuft, dass eine in kleine Vierecke getheilte photographirte Scala an die Stelle des ( )bjecttäfelchcns in das Feld des Mikroskops gebracht wird. Dabei nuiss aber Sorge getragen werden, dass die eine Seite gegen einen Stopfen auf dem Objecttischc stösst, damit die Stellung immer die nämliche bleibt. Aus dieser gedrängten Uebersicht ist ersichtlich , dass selten ein Gegenstand in so kurzer Zeit so vielfach auf zweckmässige Weise in An- griff genommen werden mag, wie der Indicator. Alle diese verschiede- nen Apparate sind aber überflüssig, wenn man mein oben (S. 565) be- schriebenes eini'aclics Verfahren anwendet, das gerade seiner Einfachheit wegen wold bald allgemeinen Eingang finden dürfte, gleichwie das eben- daselbst erwälinte Hoffmann' sehe Verfahren, wie man ein Object wäh- rend einer Untersuchung wiederfinden kann. 1 0 Alpliabetisch es Namen- und Sachregister, Seite Abbildungen mikroskopischer Ob- jecte 544 Abdrücke von Oberflächen 425 Aberration (chromatische) bei Linsen . . 37 Aberration (chromatische) über- verbessevt 4(3 Aberration (chromatische) unter- vei'bessert , . . 47 Aberration (sphärische) bei Hohl- spiegeln 12 Aberration (sphärische) bei Lin- sen 32 Aberration (^sphärische) bei Lin- sen zu verbessern 109 Aberration (sphärische) in Her- schel's Doublets verbessert .... 625 Aberrations zustand des Mikro- skops zu prüfen 255 Abzahlung im Gesichtsfelde zu er- leichtern 88(J A c c 0 m m 0 (1 a t i 0 n s V e r m ö g e n des Auges 48 Achromatische B e 1 e u c h t u n g s - apparate 838 Achromatische D o p p e 1 1 i n s e . . 43 — — zuerst von Chester More Hall zusammengesetzt G89 Dieselbe nach Aepiiius fiOO, nach Amici CÜ9 , von BecUlsuyder 691 , nach Chevalier f.98, von van Deyl GS9 u. G9-', von Dollonil 689, von llomet 696, von Marzoli i 9o, naeli Putois G9.f, nach Selligue G97 , von TuUey G96 u. 741. A c h r 0 m a t i s c h e K u g e 1 nach Brewster G U 5 Aohrom at i smu r. wm]\ Erewstcr . . G95 Seite — nach Euler's Principien .... 690 Acide cerebrique 471 — oleophosphorique 471 Adams' (Archibald) Doublet . . . G24 Adams kennt schon die excentrische Beleuchtung 831 Adams' Lampe umikroskop . . . 814 — Nadelmikrometer 879 Ad.nms verfertigt Glaskügelchen . . 609 Adams' zusammengesetztes Mi- kroskop 678 Adern in Linsen 2G8 Adie fertigt Edelsteinlinsen .... 633 Aepinus" achromatische Objec- tivlinse 69U Aepinus über Sonnenmikroskope . .815 Aequivalente einfache Linse . . 113 Aetherisches Oel mikrochemisch zu erkennen 482 Aetherisiren von Fröschen . . . .403 A e t z k all , Reagens für Proteinverbin- dungen 474. 50U Aetzkali, Reagens für Zucker . . .4 79 Acjave americanu enthält Raphiden aus oxalsaurem Kalke 459 Aggiunti (Nicolo) nennt das Mikro- skop Microtelescopium 595 Airy verbessert das Eirometer . . , 897 Aktinische Strahlen bei mikroskü- pischcr Photographie 552 Albreclit (Erzherzog) erhält und ver- schenkt eins der ersten Mikroskope 593 Alcaudro in Rom erhält durch Pei- rcsc Nachriclit übers Mikroskop . . 587 Algen aufzu'KMvahren naeli Thwaites 921 928 Alphabetisches Namen- nnd Sachregister. Alhazen Ben Alhazcn über Con- vexgläser 579 Alkanna Wurzel mit Terpentinöl zu Injectionen 421 Alucita he-xadaclyla 288 — jjentaddctyla 288 A m a d i 0 , Mikroskopverfertiger in Lon- don 758 Amici's achromatische Linsen . 699 Amici benutzt die Camera lucida beim katadioptrischen Mikroskope . . . 899 Amicis Compressorium .... 865 — katadioptrisches Mikro- skop 163. 799 Amici moditicirt Soeramerring s Spie- gelchen 177 Amici's polarisirendes Mikro skop 849 Amici's zusammengesetztes Mi- kroskop 717. 722. 723 Ammoniaksalze, mikrochemisch .491 Amslers Planimeter 541 Amylum, mikrochemisch 475 Amyots Indicator 924 Analogie in der Naturforschung . . 326 Anatomisches Mikroskop von Lieberkühn 618 Auian bildet Cherubin's binoculäres Mikro.-skop nach 661 Animal üfe hox 854 Anlaufen der Linsen 270 Apianatische Beleuchtung . . . 215 — Brennpunkte 47 — Linsen 46 Archimedes' Brennspiegel . . . 578 Argynuis cynxia 285. 286 Aristophanes scheint Brenngläser zu bezeichnen 575 Aristoteles kennt Brechung der Lichtstrahlen 577 Armati, Erfinder der Brillen . . . 584 Arsenige Säure für mikroskopische Präparate 558 Arsen igsau res Kali für mikrosko- pische Präparate 558 Asphyxirung kleiner Wasserthiere . 399 Auctionskatalog von Leeuwenhoek 603 Auer's mikroskopische Photogi-aphieu 549 Aufbewahrung mikroskopischer Prä- parate 555 A ufbe wahrun g mikroskopischer Prä- parate in Flüssigkeiten 920 Au ffallendes Licht zur Beleuchtung 845 Augen des Mikroskopikers . . . .316 — beide oflen zu halten 320 - — Cautelen beim Gebrauche . . .318 — verschiedene beim Mikroskope . 890 Augenglas 130 Ausdauer in der mikroskopischen Beobachtung 328 Austrocknen der mikroskopischen Präparate 562 Axcndurchschnitte 331 Axen strahlen bei der Beleuchtung abzuhalten 834 . B. Baco (Roger) kennt Convexgläser . 580 Bailey's üniversalindicator . . 924 Baker's Mikrometer aus Kopfhaaren 880 — tadelt della Torre's Glaskügel- chen 610 — über das Bildraikroskop . . . .810 — über Leeuwenhoek's Mikroskope . 603 Balthasar über Mikrometrie .... 877 B a r b a benutzt della Torre's Glaskü- gelchen 610 Barfuss empfiehlt ein CoUectivglas im zusammengesetzten Mikroskope . 788 Barker (Robert) erfindet ein kata- dioptrisches Mikroskop 797 Barnabita's katadioptrisches Mikroskop 806 Beale (Lionel), Anweisung zu run- den Deckplättchen 371 Beale (^Lionel) injicirt die Gallenka- nälchen 449 Beck als Mikroskopverfertiger s. Smith. Beckers (in Groningen) Hydro- oxyge ngasmikro skop .... 824 Beek (A. van) untersucht die dre- hende Scheibe 406 Beek (X. van) untersucht die elektri- sche Beleuchtung 405 Beeldsnyder verfertigt achromati- sche Objective 691 Befestigung zu trennender Körper 381 Begrenzungs vermögen des Mi- kroskops 250 Beleuchtung (a p 1 a n a t i s c h e) . . 215 — bei durchfallendem Lichte . . . 205 — durch auftauendes Licht . . . .216 — durch Diaphragmen regidirt . .213 — durch homogenes oder monochro- matisches Licht . . 216 Beleuchtung durch schief Q^ffallen- des Licht 222 Beleuchtung durch totale Reflexion 218 — mikroskopischer Objecte .... 204 Beleuchtungsapparate 659. 665. 829 B e 1 e u c h t u n g s e i n r i c h t u n g für's Bildmikroskop 121 Beleuchtungsspicgel . . 208. 830 Belthle's Mikroskope 738 Benbche und Wasserlein in Berlin. Mikroskopverfertiger 738 Benzoesäure, mikrochemisch . . . 466 Bergkry stall, Brechungsexponenl . 18 — im Altcrthume bearbeitet .... 573 Bergkry stalllinsen von Lippershey 632 Berlinerblau zu Injeitionen . 413. 120 Berres' Abbildungen zum Thoil un- brauchbar 419 Alphabetisches Namen- und Sachregister. 929 Barr es bemüht sich um die niikro- B skopische Daguerreotypie .... 822 B Bertsch mikroskopische Photogra- phien 550 B Beryll, Brechungsexponent .... 18 — im Alterthuni bearbeitet .... 573 Beseke rühmt Tiedemann's Mikro- B skope , 685 Bewegung der mikroskopischen Ob- B jeete 354. 404 B Bewegung durcli Vermischen un- — gleichartiger Flüssigkeiten .... 355 — Bewegung, pflanzliche und thieri- sche 357 B Bewegung stört die mikroskopische Beobachtung 354 B Bild durch convexe Linsen .... 28 — durcli convexe Linsen liegt in ge- B krümmter Ebene 29 B Bildmikroskop 4. 118. 810 B — dessen Vorzüge und Nachtheile .127 B — mit Bildumkehrung 198 Bildprojection 174 B Bildumkehrendes Mikroskop von Nachet 7G3 Bildunikehrendes Mikroskop B von Plössl 707 Bildumkehrendes Mikroskop B verglichen mit dem einfachen Mi- kroskope 203 B B i 1 d u m k e h r e n d e s P r i s m a von B Chevalier 762 Bildumkehrendes Prisma von B Nachet 7G6 Bildumkehrung 195 — - durch dioptrische Mittel .... 197 B — durch Prismen 196 — durchs Ocular 200 B Bildumkehrung im zusammen- gesetzten Mikroskope durch B doppelte Objective 766 B Bildumkehrung im zusammen- B gesetzten Mikroskope nach Hartiiig 764 B Bildumkehrung im zusammen- B gesetzten Mikroskope nach B Lister 762 Bildumkehrung im zusammen- B gesetzten Mikroskope, Kritik derselben 768 Biliphaein, mikrochemisch .... 484 Bimetaantimonsaures Natron . 452 B Binoculäres Mikroskop . 661. 774 Vou Cherubin 661, von Harthig 776, von B Nachet 779, von KiddeU 776. B Binoculus von Lippershey .... 660 B — von Reita 660 Birkbeck benutzt Hydrooxygengas B in der Laterna magica 823 Bischoff's Compressorium . . . 866 B Blackie's Coneopsid aus Granat . 622 B — Doublets aus Edelsteinlinsen . . 636 Havting's Mikroskop. lackie's Edelsteinlinsen 633 laues Licht des Himmels zur Be- leuchtung 226 I a u s a u r e s E i s e n o x y d u I k a 1 i maclit die .Saftwege der Pflanzen s4chtbar 422 loi (kohlensaures) zu weisser Injectionsmasse 410 lut im Harne 496 lutkörper chcn im Harne .... 497 — unverändert in Sublimatsolution . 558 verschiedene Deutung ihrer Ge- stalt 332 lu tlaugen sa Iz bei Knochen- und Zahnschliffen 424 lutuml auf 401 — , Apparate zu seiner Beobachtung 859 0« constricior 464 omhyx dispar 285. 280 onannus' Klemmapparat . . . 807 onannus, über mikroskopische Un- tersuchungen 585 onannus verbessert die Beobach- tung durchsichtiger Objecte mit dem zusammengesetzten Mikroskope . . 830 onannus' zusammengesetztes Mikroskop 667 on d benutzt zuerst Canadabalsam für mikroskopische Präparate . . . .920 00 1 (dlrect and dia(jonal) 909 oraxglas, Brechungsexponent . . 18 — Dispersion 38 oreel (Willem) schreibt den Brillen- schleifern Janssen die Erfindung des Mikroskops zu 588 orellus (Petrus) empfiehltFisehleim- linsen 630 orellus (Petrus), über Erfindung des Mikroskops 588 orkiesel saures Blei zu Linsen . 722 öttger's Zuckei-probe 480 ouguer erfindet das Doppelbildmi- krometer 896 ouquet, Mikroskopverfertiger . . . 702 ournon über Kalkspath 456 rächet (Achille) über Amici's Mi- kroskope 724 irander's (G. F.) Klem map parat 867 — Mikrometer 880 — Mikroskope 680 — Sonnenmikroskop 814 raune Färbung im Gesichtsfelde des katadioptrischen Mikroskops . . 169 rechung der Lichtstrahlen .... 17 rechungsexponent . . . , 17. 18 rec hu ngsver mögen der Medien beim mikroskopischen Beobachten . 342 rechu ngsver mögen von Körpern durch das Mikroskop zu bestimmen 431 renngläser bei den Alten .... 575 rennpunkt (apianati scher) . . 47 — paralleler Strahlen 7 Ö9 930 Alphabetisches Namen- und Sachregister. Brennweite convexer Linsen ... 24 — des Auges 49 — eines Hohlspiegels 7 — von Linsen zu bestimmen ... 99 Brewster's achromatische Objective 695 B rewst er ändertdas Sonnenmikroskop 816 — benutzt zuerst polarisirtes Licht beim Mikroskope 848 Brewster bestimmt das Brechungs- vermögen durchs Mikroskop . . .431 Brewster empfiehlt Diamaiitlinsen . 633 — empfiehlt die Rückenlage zur mi- kroskopischen Beobachtung . . . .100 Brewster's katadioptrische Mikro- skope 805 Brewster's katoptrisches Objectiv . 164 Brewster läugnet die Querstreifen an den Schüppchen der Schmetter- linge 280 Brewster's Linsen 622 — — aus FischkrystalUinsen . . . 632 — — aus verschiedenen Flüssigkeiten 631 — Mikrometrie 893 — monochromatische Beleuchtung . 837 Brewster über Beleuchtung mikro- skopischer Objecte 836 Brewster über Smiths katadioptri- sches Mikroskop 798 Brewster verbessert die sphärische Aberration der Linsen 109 Brewster will aplanatische Beleuch- tung 215 Brewster will das Object im Brenn- punkte convergirender Strahlen . . 207 Brewster's Winkelmessung .... 904 Bridgman's Indicator 924 Brillen bei den Chinesen 582 — bei den Eingebornen Amerika's . 582 — Zeit der Erfindung 582 Brodie's Indicator 924 van den Broek über Galle .... 484 van den Broek über Zucker .... 477 van den Broek's (in Arnhem) Bild- mikroskop 822 Brooke's verschiebbare Objective . 759 Brown über das Mikroskop von Georg Merz 727 Bruch rühmt die Doppelsäge . . . 389 Brücke empfiehlt Canarienglas bei Beleuchtung durch den blauen Him- mel '226 Brücke's Lupe 639 Brunner's (in Paris) Mikroskope . 712 Bryson's (AI.) Beleuchtungsapparat 842 Buffhum &; Son in Milburne in Nord- merika. Mikroskopverfertiger . . .761 Burnett, über englische und nord- amerikanische Objective 761 Bu rucker 's (in Nürnberg) Mikro- skope 680 Burucker's Sonnenmikroskop . . . 814 Busks magnetischerObjecttisch 868 Butterfield's Bereitung von Glas- kügelchen 609 c. Callicrates' Elfenbeinarbeiten . . . 576 Cameraluc i da 176 — — beim zusammengesetzten Mi- kroskope 899 Camera-obscura- Mikroskop . .812 Campana verfertigt zusammenge- setzte Mikroskope nach Tortona's Muster 667 Campani's (in Bologna) Oculare . . 143 — zusammengesetzte Mikroskope . . 660 Camphine statt Wasserstoifgas beim Hydrooxygengasmikroskope .... 825 Canadabalsam, Brechungsexponent 18 — Dispersion 38 — zu mikroskopischen Präparaten 557.920 Canarienglas auf den Objecttisch . 226 Canzius (Onderdewyngaart) in Delft, später in Brüssel, Mikroskopverfer- tiger 687 Capanema's Mikrotom 915 C a r p e n t e r beleuchtet mit ganz schief einfallendem Lichte 2 2 '2 Carpenter benutzt mikroskopische Daguerreotypie 823 Carpenter handhabt den mikrosko- pischen Schreibapparat von Peters 576 Carpenter rühmt J. Herschel's apla- natisches Doublet 152 Carry (J.) construirt das Hydroxy- gengasmikroskop 823 Carry's Taschenmikroskope .... 651 Cavallos Perlmutter mikrometer . .880 Cavalleri's katadioptrisches Mikro- skop 806 Cazalat (Galy) hilft am Hydroxy- gengasmikroskope 824 Celi (Marco Antonio) verfertigt zusam- mengesetzte Mikroskope nach Tor- tona's Muster 067 Cellulose durch Salpetersäure ver- ändert 394 Cellulose mikrochemisch zu er- kennen 476 Centrirung optischer Apparate zu prüfen 275 Ceraloneis 290 Cesi (Federico) erhält ein Mikroskop von Galilei 591 Cesi wird von Syrturus besucht . .597 Chance in Birmingham verfertigt Deckglas für mikroskopische Ob- jecte 908 Ohara 400 Charles in Paris beschäftigt sich mit achromatischen Linsen 692 Chauliac (Guido de) spricht bestimmt von Brillen 504 J Alphabetisches Namen- und Sachregister. 931 Chaulnes (Duc de) hat zuerst die diagonale geradlinige Bewegung des Mikroskops 871 Chaulnes' (Duo de) Mikroskop . . 680 Ckelidonium majus -. 400 Chemische Einwirkung auf mikro- skopische Objecte 344 Cherubin's binoculäres Mikroskop . 661 Chevaliers achromatische Linsen . 698 Chevalier beschreibt die Schüpp- chen auf Pieris brassicae falsch . .281 Chevalier's bildumkehrendes Prisma 762 Chevalier bringt aplanatische Linsen ans Sonnenraikroskop 817 Chevalier's Doublets 628 — — statt Stanhope's Linse . . . 630 — Edelsteinlinsen 6S3. 635 — einfaches Mikroskop 648 Chevalier empfiehlt Glimmerblätt- chen beim polarisirenden Mikroskope 235 Chevalier's Goniometer .... 904 — katadioptrisches Mikroskop . . . 800 — Klemmfeder . 867 — pankratisches Mikroskop .... 767 — photoelektrisches Mikroskop . .826 — umgekehrtes Mikroskop . . 769 Chevalier will den optischen Appa- rat unbeweglich 160 Chevalier will Sonnenlicht zur Be- leuchtung durch gefärbte Gläser schwächen 224 Chevalier's zusammengesetzte Mi- kroskope 700 Chlorammonium, mikrochemisch . 452 — im Harne 496 Chlorcalcium auf weingeisterhärtete Präparate 386 Chlorcalcium für mikroskopische Objecte 556 Chlorcalcium für pflanzliche Prä- parate 921 Chlorkalium, mikrochemisch . . . 450 Chlornatrium, mikrochemisch . . 450 — im Harne 496 Chlorophyll in Sublimat zu conser- viren 558 ChloTsalze, mikrochemisch .... 489 Chlorwasser Stoff säure, mikroche- misch 489 Cholepyrrhin 484 Cholestearin 470 Chordendurchschnitte 331 Chromatische Aberration ... 37 — — Einfluss auf die Linsenbilder 39 — — Länge derselben 39 — — Verbesserung derselben ... 41 Chrom säure als morphologisches Reagens 498 Chrom säure als Erhaltungsmittel .386 — zur Sichtbarmachung durchsichti- ger Theile 424 ChromsauresBleizu Injectionen 412.414 Cimetiere des petita animaux . . 601 Cirkelmikroskope 608 Clarke empfiehlt Weingeist zur Er- härtung des Kückenmarks .... 386 Clausen's Doppelbildmikrome- ter 898 Coddington's Linsen . . . 622. 637 — — am Sonnenmikroskope . . .817 Colcothar vitrioli auf Streichriemen 368 Colias rhamni 285. 286 Collectivglas ebnet das Gesichts- feld 135 Collectivglas, erste Einführung un- bekannt 665 Collectivglas im zusammengesetz- ten Mikroskope 134 Collectivglas, Stellung zwischen Ocular und Objectiv 145 Collectivglas wirkt verkleinernd auf das Bild 136 CoUodium zu Deckplättchen . . . 909 Collodiummikr omcter 886 Compressorium 862 Von Amici 865, von Bischoff 865, von DuJEirclin865, vou EhreiibergS62, von Goeze 862, von Lister 864, vouMaissiat und Thu- ret Sßß , vou Oberhäuser 885, von Paoini 863, voiiPurkiuje 862, vou Quatrefages 865, von Savi Sß2, von Schick 864, vou Wallach 865, von Yeates 865. Comprimirung der Objecte .... 398 Coneopsid 622 Conradi's zusammengesetztes Mi- kroskop 662 Convergirende Strahlen .... 5 — — von einer ebenen Fläche re- flectirt 6 Convexe Linse für kleine ganz nahe Objecte 91 Cooper (J. T.) lässt das Hydroxy- gengasmikroskop construiren . . . 823 Correctivglas im zusammengesetz- ten Mikroskope nach Barfuss . . . 788 Coscinodiscus 289 Cosson's einfaches Mikroskop von Nachet 646 Coventry's feine Theilungen auf Glas ." .881 C r a m e r benutzt Kupferoxydammoniak als mikrochemisches Reagens . . . 477 Crooke's Anweisung zum Anfertigen von Glaskügelchen 610 Cuff benutzt den Spiegel beim Sonnen- mikroskope 813 Cuff's einfaches Mikroskop .... 620 Cuff verbessert den Klemmapparat . 867 Cuff 's zusammengesetztes Mikroskop 813 Culpeper und Scarlet's Fisch- pfauue 859 Culpeper und Scarlet's Klemm- apparat : 867 932 Alphabetisches Namen- und Sachregister. Culpepcr und Scarlet's zusam- mengesetztes Mikroskop 672 Cuno (Cosmus Conrad in Augsburg) verfertigt einfache Mikroskope . . 605 Custanee in England verfertigt dünne Holzschnitte 913. 919 Cuthbert bearbeitet metallene Hohl- spiegelchen 168. 801 Cycas circinalis 456 Cyclo se der Pflanzen zu beobachten 400 Cylinderlinsen aus Wasser . . . 631 Cylinderlupe 109. 622 — verschieden von der Coddington'- schen Lupe 623 Cystin. mikrochemisch . . . 468. 485 — im Harne 497 D. Daguerreotypie aufs Mikroskop übertragen 822 Dakin führt das Focimeter ein . . . 903 Dal ton 's Bildmikroskop 822 Dancer (J. B. in Manchester), zu- sammengesetzte ^likroskope . . . 756 Dark Chamber von Yarley .... 840 Darker's kleiner Glastrog 857 Darwin, Wahrnehmung entfernter Gegenstände 66 Deane's Aufbewahrung mikroskopi- scher Präparate 923 Dechales benutzt die Laterna ma- giea als Sonnenmikroskop .... 812 Dechales" zusammengesetztes Mi- kroskop 663 Deckglas 908 Deckplatte he n. Dicke zu messen durch Noberts Apparat Deckplättchen influiren auf die Schärfe des Bildes Deckplättchen, Wahl derselben . . — zu sehneiden DefiniiKj power Definireude Kraft des Mikroskops Deleuil, Mikroskopverfertiger . . . D e 1 1 e 1 ) a r r e " s K 1 e m m a p p a r a t . . — zusammengesetztes Mikroskop . . Delves, über mikroskopische Photo- graphie Derbey's Bildmikroskop .....' D e r h a m über Gascoigne's Schrauben- mikrometer 877 Descartes" falsche Ansichten über Leistungen des Teleskops 598 Deutlichkeitsabstand 49 Deyl (Hermann und Jan van) Mikro- skopverfertiger 686 — verfertigen achromatische Fern- rohre 689 — verfertigen achromatische Ob- jective 691 1 30 146 397 371 250 250 643 867 682 550 822 Diamant, bei den Alten aus Glas gefälscht 574 Diamant, Brechungsexponent ... 18 — Dispersion 38 Diamantlinse, erste vom J. 1824 . 633 Diamantlinsen, Preis 634 Diamantstaub auf Streichriemen . 36^ Diaphragma am Beleuchtungsappa- rate 213. 830. 84e Diaphragma bereits am Mikroskope von ,1. Musschenbroek . . • ... 608 Diatomeen als Probeobjecte . . . 288 — zu conserviren 556 Dickenmesser 898 Diffundiren des Lichts zur mi- kroskopischen Beobachtung . 225. 232 Dikatopter 900 Dioptrische Bildchen als Probe- objecte 294 Dioptrische und katoptrische Mikroskope verglichen . . 166. 808 J ifOntQoy 577 Dispersionsvermögen 37 Dissectionsmikroskop 202 Von Oberhäuser 766, von Pritchard 64". vou Quekett 6-53, vou Slack 652. Di vergirende Strahlen ö — — in Medien mit parallelen Flä- chen 19 Di vergirende Strahlen von einem Hohlspiegel reflectirt 7 Di vergirende Strahlen von einer ebenen Fläche reflectirt 6 Divini (Eustachi o) benutzt Doublets als Oculare 624 Divini "s zusammengesetztes Mikro- skop 659 D o 1 1 0 n d ändert das Sonnenmikro- skop 817 Dollond ändert WoUaston's einfaches Mikroskop 627 Dollond's Diaphragma 841 — Eirometer 897 — Taschenmikroskop 651 — Verdienste um den Achromatis- mus 689 Dollond's zusammengesetztes Mikro- skop 679 Domet's achromatische Linsen . . . 696 Donders empfiehlt Aetzkalisolution zur Mikrochemie 500 Donders empfiehlt mattgeschliflene Fensterscheiben zur Tagesbeleuch- tung 225 Donders erhält 1850 ein Amici'sches Mikroskop 724 Donders über Mouches volantes ... 88 Donne' benutzt die mikroskopische Daguerreotypie 822 Donne' befördert das photoelektrische Mikroskop 826 Doppelbildmikrometer 896 i I Alphalictisr-hes Namen Doppelbildmikromctcr von Airy 897 — von Clausen 898 ■i— von DoUond 897 Doppelcirkcl zum Messen der Bilder 247 Doppellancette 364. 389 Doppellinse, achromatische .... 43 — aus Rergkrystall und Flintglas . 731 — überverl)esserte 45 — iinterverbessertc 45 Doppelmeisel 364. 389 Doppelmesser 363. 388 Doppelsäge 389 Doppelsehen 178 Doppler benutzt die drehende Scheibe 405 Doppler's katadioptrisches Haus . . 807 — katadioptrisches Mikroskop . . .165 Doppler über elliptische Spiegel . . 16 Doublet 111 — Brennweite desselben 113 — ebnet das Gesichtsfeld 115 — frühzeitig im zusammengesetzten Mikroskope 662 Doublet kann grössere Oeffnung ha- ben als die einfache Linse . . . .115 Doublet, Linsen desselben . . . .112 — verbessert beiderlei Aberrationen 114 — Vorzüge vor einer gleich starken einfachen Linse 629 Aplauatischcs Doublet von Adams 624, von Chevalier 628, nach Euler's Berechnung 624, nach J. Herschel 116. 201. 625, nach Pritchard G27, von Wollastou 62fi. Doublet (a p 1 a n a t i s c h e s) aus Edel- steinlinsen 636 Doublet (aplanatisohes) zum Er- satz der Stanhope'schen Linse . . . 630 Drebbel angeblich Erfinder des zu- sammengesetzten Mikroskops 586. 658 Drebbel's Leistungen 596 Drumrnond's Licht 823 Dubosq (Jules) verbessert da^ photo- clektrische Mikroskop 827 Dujardin's Beleuchtungsapparat . . 838 — Compressorium 865 Duj ardin empfiehlt Glasprismen statt des Glasspiegels zur Beleuchtung . 831 Duj ardin über Wachs . ' 482 — verlangt aplanatische Beleuchtung 215 — will das Object in den Brennpunkt convergirender Strahlen gebracht . 207 Dunkler Raum beim Bildmikro- skope 124 Dunkles Zimmer untauglich zur mi- kroskopischen Beobachtung .... 320 Durchdringungsvermögen des Mi- kroskops 142. 250 Durchdringungsvermögen durch schiefe Beleuchtung gehoben . . .251 Durchfallendes Licht beim zusam- mengesetzten Mikroskope zuerst von Tortona angewendet 666 Durchschnitte zu machen .... 380 und Sachregister. 933 E. Ebenung des Gesichtsfeldes im Mi- kroskope zu prüfen 278 E delstein linsen . . . . ■ • ■ -HO — Preise bei Plössl G35 — Schwierigkeit der Bearbeitung . ■ 633 — Verfertiger derselben 633 Edwards' Indicator 926 Ehrenberg's Compressorium . .862 Ehrenberg empfiehlt das Trocknen mikroskopischer Präparate . . . .919 E h r e n b e r g über Chevalier, Plössl und Schiek 752 Einfallswinkel 6 Eirometer 896 Eisen, mikrochemisch 494 Ei weiss im Harne 496 Elektricitätsentlader von Plössl .910 Elektrisches Licht beim Bildmi- kroskope 826 Elektrisirung mikroskopischer Ob- jecte 428 Elkner, Mikroskopverfertiger . . . 685 Ellipsoidische Oberfläche eines Spiegels . . , , . 14 Elliptische Aberration 16 EUis' Wassermikroskop . . . . 619 Ems mann (H.) über den Dikatopter 900 Engelhardt über Milchsäure . . .467 Engyskop 4. 599 — Goring's von Andr. Pritchard . .742 — reflectirendes von Amici . . . .801 Entoptische Gesichtserschei- nungen 86 Epithelialzellen im Harne .... 497 Ereciinrj cjlass . 762 Erhöhungen an mikroskopischen Ob- jecten 352 Ermüdung des Auges beim mikro- skopischen Beobachten mit künstli- chem Lichte 229 Essigsäure auf Proteinverbindungen reagirend 474 Essigsäure als morphologisches Rea- gens 500 Euclides soll über Hohlspiegel han dein 578 Euler's Mikroskop 699 — theoretische Verbesserungen des zusammengesetzten Mikroskops . .681 Euler über Glaskugeln 107 — über Linsen für Doublets . . . 624 — verbessert die Laterna magica und das Sonnenmikroskop '. 815 Euler's Verdienste um den Achroma- tismus 690 Excen frische Beleuchtung . . . 833 934 Alphabetisches Namen- und Sachregister. Fabri (Honoratius) über Divini's Mi- kroskope 659 Fäden für Mikrometer 890 Fadenförmige Körper in Luft und in Wasser 310 Fahrenheit's Sonnenmikroskop . . 813 Farbenzerstreuungsvermögen . 37 Farbstoffe zur Sichtbarmachung der Nahrungswege lebender Thiere . . 424 Färbung der Objecte im Gesichtsfelde 353 Färbung des Gesichtsfeldes . . . .275 Farrants (R. J.) Aufbewahrung mi- kroskopischer Präparate 923 Fechner's Lichtforschungen . . . .319 Feilen 366 Fernpunkt des dentlichen Sehens . 51 Fett im Harne 496 — mikrochemisch 480 Fettkügelchen unterm Mikroskop . 340 Ficks (Ludw.) mikroskopischer Spanner 866 Fick's (L.) Planimeter 541 Ficus elastica 400 Field in Birmingham, Mikroskopver- fertiger 758 Finder s Indicator. Fischpfanne von Culpeper und Scarlet 859 Fizeau über Lichtintensität . . . .121 Flächenhaftes Sehen durchs Mi- kroskop 351 Flächenmessung mikroskopischer Objecte 540 Flaschenhalter von Varley . . . 800 Fledermaushaar als Probeobject . 291 Flintglas, Brechungsexponent ... 18 Fluorkieselbaryura, mikrochemisch 492 Fluorkieselnatrium, mikrochemisch 4 5 1 Focimeter 903 Fontana angeblich Erfinder des zu- sammengesetzten Mikroskops 586. Fontana empfiehlt Spinnewebfäden zu Mikrometern 890 Fontana's Linse von '/;,(, Zoll Brenn- weite 629 Felkes' Mikrometernetz aus Silber- draht K80 Folkes rühmt Leeuwenhoek's mikro- skopische Sammlung 918 Foraminiferen 557 Fossile K ö r p e r in Schliffpräparaten 392 Foucauld (Leoö) benutzt die mikro- skopische Daguerreotypie 822 Foucauld (Leon) fördert das photo- elektrische Mikroskop 826 Franklin über Naturforschung • . . 360 Frauenhofe r's achromatische Linsen 695 — feine Glastheilungen 881 589. 658 Frauenhofer's Lupe 637 Frauenhofer nicht Erfinder der künstlichen Bewegung des Object- tisches 871 Frauenhofer über Verwittern der Linsen 270 Fremy über Gehirnfette 471 Fresnel über Lichtreflexion .... 175 — über Selligue'ri achromatisches Mikroskop 697 Froschhalter 402. 859 Funk es Krystallabbildungen .... 449 Fuss des Mikroskops 161 Fuss (Nicolaus) über Achromatisraus 690 G. Galilei angebhch Erfinder des zusam- mengesetzten Mikroskops 586. 589. 658 Galilei erwähnt ein Teleskop-Mikro- skop 590 Galle, mikrochemisch 484 Gallenfarbstoff 484 — im Harne 496 Gallenkanäle zu injiciren . . . .419 Gascoigne wendet zuerst das Schrau- benmikrometer an . . -. 877 Gaslampe (mikroskopische) von Highley 851 Gasmikroskop 4. 118. 121 Gaudin's geschmolzene Linsen . . . 610 Geistige Ruhe des Mikroskopikers . 327 Gelbe Färbung des künstlichen Lichts 229 Gelbes Licht zur Beleuchtung . . 837 Gerber's Doppelmesser 363 Ger lach, farbige Füllung der Kno- chenkörperchen . . 420 Gerlach über ammoniakalische Kar- minsolution 424 Geschichte des Mikroskops . . 567 — — — Eintheilnng 570 — — — Nutzen 569 Gesichtseindrücke, Dauer dersel- ben 85 Gesichtseindrücke, negative und positive Gesichtsfeld bei Lupen . . — Durchmesser und quadratischen Inhalt zu bestimmen .... Gesichtsfeld, Ebenung desselben zu prüfen Gesichtsfeld, Färbung desselben . . — geebnet durch ein Collectiv im zusammengesetzten Mikroskope . . Gesichtsfeld, gerades — in Kellner's Mikroskopen .... — Tiefe desselben Gesichtswinkel 53 — kleinster 55 77 104 . 248 278 275 135 97 737 194 1 Alphabetisches Namen- und Sachregister. 935 Gesichtswinkel, kleinster für Er- kennung der Form 81 — verschieden bei runden und bei fadenförmigen Objecten 64 Gewicht mikroskopischer Körperchen 427 Gillett, Messung des Oeffnungswin- kels von Linsensystemen 264 G i 1 1 e 1 1 ' s verbesserter Beleuchtungs- apparat 835 Giordono da Rivaita, über Brillen- erfindung 583 Glashaut zu Deckplättchen .... 872 Glaskügelchen, hyperbolisch ge- krümmte 110 Glaskügelchen, mikroskopi sehe Leistungen derselben 613 Glasmikrometer 507 — Genauigkeit derselben 885 — ■ Preise derselben 887 Glasmikrometer von Barton 881, von Brauder 880, von Chevalier 505, 881, vom Duc de Chauhies 880, von Coventry SSI, von Dollond 505, 881, von Frauenhofer 881, von Hoffraann in Leipzig 881, von Lebaillif 881, von Martin S7f, vouNobert 8S1, von Ober- h,ftuser 505, 8S1, vonPlössl 505, von Rams- den 881. Glaspapier 553 Glasplatten, reflectirende . . . .174 Glasprismen zur Richtungsän- derung der Strahlen 171 Glasprismen beeinträchtigen die Schärfe des Bildes 172 Glasschneideapparat von Harting 870 Glasstäbchen 377 von Gleichon's einfaches Mikroskop 615 — Sonnenniikroskop 814 — Universalmikroskop 675 Glimmerblättchen als Deckplätt- chen 572 Glimmerblättchen als Objecttäfel- chen 853 Glimmerblättchen statt reflectiren- der Glasplatten 175 Glycerin zum Aufbewahren mikro- skopischer Präparate 559. 921 Goadby's Aufbewahrung mikroskopi- scher Präparate 920 Goeze"s Corapres sorien .... 862 Goeze rühmt die Mikroskope von S. G. Hoffmann 685 Goldgrund 560 Goldleim 560 Goniometer 904 Goniometer von Brewster 904, von Che- valier 901, von Leeson 906, von Raspail 904, von C. Schmidt 905. Gordon (Bern, in MontpeUier) kennt die Brillen 583 Gor h am macht Abdrücke von Ober- flächen 425 Gering, Berechnung der Brennweite einer äquivalenten Linse 241 Gor in g, Bestimmung des OefTnungs- winkels eines Linsensystems .... 262 Goring's Bildmikroskop zum Zeich- nen ... • 819 Gering, Brennweite von Linsen zu bestimmen 99 Goring empfiehlt die Schüppchen der Schmetterlinge als Probeobjecte . . 280 Goring empfiehlt eine Gypsplatte auf dem Beleuchtungsspiegel 277 Goring's Engyskop 742 — mikrometrisches Verfahren . . . 899 — Protectoren 909 Goring, Prüfung der Lichtstärke eines Mikroskops 274 Goring, Prüfung des Aberrations- grades 255. 257 Goring, Prüfung des begrenzenden Vermögens 290 Goring's Thierbüchse 854 Goring, über Schleifen von Hohl- spiegeln 168 Goring's Vergleichung des katoptri- schen und dioptrischen Mikroskops 169 Goring will den Objecttisch unbe- weglich 159 Gould's Linsen sollen 1100 Mal ver- grössern 62'J Gr ammatophora suhtilissima . . 760 Granat, Brechungsexponent .... 18 — Dispersionsvermögen 38 — zu Coneopsiden 622 — zu Linsen 633 Grateloup bringt Mastixfirniss zwi- schen die Linsen des Objectivs . . 698 Gray (Stephen) benutzt das einfache katoptrische Mikroskop .... 794 Gray 's Cylindcrlinse aus W^asser 631 Gray empfiehlt das Wassermikroskop 630 — verfertigt Glaskügelchen . . . .610 Gregory, Erkennung der Hippur- säure 487 Grenzen der mikroskopischen Wahr- nehmbarkeit 298 Grenz punkte der Accommodation . 51 Grenz Winkel der Brechung .... 20 Griffith benutzt das complementäre Blau mikroskopisch 230 Griffith prüft die Flüssigkeiten zum Bewahren mikroskopischer Präpa- rate 921 Grindl (von Ach) angeblich Erfinder der Laterna magica 811 Grindl benutzt paarweise vereinigte Linsen 624 Grindl 's zusammengesetztes Mikro- skop 662 Grubb in Dublin, Mikroskopverferti- ger 758 Grunow in Newhaven in Nordame- rika, Mikroskopverfertiger . . . .761 936 Alphabetisches Namen- und Sachregister. Gummisolution zu mikroskopischen Präparaten 920 Guthrie's katadioptrisches Mikroskop 805 H. 601 900 3G8 601 289 835 689 497 497 497 497 484 496 56 Van Haastert, üVier Leeuwenhoek . H a g e n o w ' s D i k a 1 0 p t e r Haken und h a k e n f ö r m i g e N a d e 1 n Halbertsm^, ül)er Leemvenhoek . . Hall, Messungen von Diatomeen . . — über excentrisehe Beleuchtung . . — (ehester More) versucht zuerst Linsen aus Kronglas und Flintglas zusammenzusetzen Hände des Mikroskopikers 321 Hannover empfiehlt Chromsäure als Erhärtungsmittel 386 Harn, mikrochemisch zu untersuchen 495 Harnsäure 464. 486 Harnsäure im Harne .... 496. 497 Harnsaure Ma gnesia im Harne . 497 Harnsaurer Kalk im Harne . . . Harnsaures Ammonium . .466 Harnsaures Kali im Harne. . . . Harnsaures Natron .... 466. Harnstoff 462. Harnstoff im Harne Harris, über kleinsten Gesichtswinkel H ar r i s 0 n , Messungen von Diatomeen 289 Harting's Beleuchtungsapparat . . . 842 Harting benutzt Chlorcalcium zum Aufbewahren mikroskopischer Prä- parate 386. 556. 921 Harting's Bildumkehrung durch Dop- pelprismen 764 Harting's binoculäres Jlikroskop . . 776 — Doppelmesser 3G3 — I n d i c a 1 0 r . .563 — magnetischer Objecttisch .869 — Methode, Glaskügelehen zu bilden 611 — quadrioculäres Mikroskop . 780 — t r ,3. 790 Von Amici IC-), von Doppler IC». Katadioptrisches Mikronkop, verglichen mit dem dioptrischeii . .107 Katoptrisches Objectiv von Brewster 104 Katoptrisches Mikroskop 102. 794 — — verglichen dem dioptischen 167 Katoptrische Spaltung der Strah- lenbündel 184 Kellner (K. in Wetzlar), Mikro.skop- verfertiger 730 Keppler kennt die Gesetze des Licht- durchgangs durch mehrere Linsen .597 King (W. in Bristol), Mikroskopver- fertiger 758 King benutzt zuerst den magnetischen Objecttisch 808 Kingsley über mikroskopische Pho- tographie 550 Kinner rühmt Divini's Mikroskope . 000 Kirch er (Athanasius) , Erfinder der Laterna magica 811 K i r c h e r ' s Microscopmm parastaücum 001 Kircher schickt ein Mikroskoj) von Diviui 060 Kitt für mikroskopische Präjjarate . 50o Kleinste Objecte in Luft und in Wasser 309 Klemmapparate 807 K nochcnzell en zu füllen 420 Kochen der Theile, um Zellen zu lo- ckern 393 Kohlensaurer Kalk, mikroche- misch 455. 497 Kohlensaure Salze, mikroche- misch 488 Kohlensaures Kali als Erhärtungs- mittel 387 — — zum Conserviren 558 Korkplatte 377 Körner 's einfaches Mikroskop . . . Krätzmilbe Kreatin, mikrochemisch . . . 467. — im Harne Kreatinin, mikrochemisch . 408. — im Harne Kreosotsolution als Aufliewah- rungsmittel Kreosotsolution für Algen . . . Kreuzungspunkt der Richtungs- strahlen Kriegsmann in Magdeburg, Mikro- skopverfertiger ....;.... Kronglas, Brechungsexponent . . Krümmung des scheinbaren Bildes einer Lupe Krüss in Hamburg, Mikroskojiverfer- t'ger Krystalle abzubilden — grössere zu erzeugen — in Canadabalsam zwischen Linsen Krystallli nsen d. Fische als Linsen Krystallographische Untersu- chung durchs Mikroskop . . . . Kuffler (Jacob) von Köln zeigt Pei- resc neue Augengläser Kugeln in Luft und Wasser . . . . Künstliches Licht zur mikrosko- pischen Untersuchung Künstliches Licht zu diflfundircn Kupferoxydammoniak, Reagens für Cellulose Kvkers 040 000 480 490 480 490 557 921 53 740 18 95 741 545 440 271 032 442 309 228 232 477 595 Ladd (W.) in London, Mikroskopver- fertiger 758 Lalande rühmt dellaTorre's Mikroskop 010 Laligant liefert Glaskügekiieii . . . 610 Lampenmikroskop . . . .4. 118. 121 — von Adams 814 Langen man teil rühmt Tortona's Mi- kro.skop 667 Lanzettförmiges Messer. . . .363 Laterna magica, Erfindung dersel- ben 810 Laterna magica, Verbesserung durch Euler 815 Laurcnt'sTrog 857 Laj'ard findet eine biconvexe Linse in den Ruinen von Niniveh .... 573 Lealand, Mikroskopverfertiger s. Po- well. Lebaillif's anatomisches Mikroskop 044 — Dickenmesser 898 — drehbares Diapliragma 830 Leeson's Goniometer 906 — Objecttisch 900 — umgekehrtes Mikroskop .... 773 Leeuwenhoek's Apparat zur Beob- achtung des Kreislaufs 859 Alphabetisches Namen - und Sachregister. 939 L e e u w c n h 0 e k s einfaches Mikroskop 601 Lee 11 wen hock kennt bereits die Strei- fen anf den Schü[>pclioii der Schmet- terlinge 2S0 Leeuwenhoek's Messung mikrosko- pischer Objccte 876 L e e u w e n li 0 c k ' s M i k r 0 s k o i> c , Ka- talog derselben 603 Leen w e n h 0 e k ' s mikroskopische Sammlung 918 Lecuwenhück verfertigt Doublets nud Triplets 624 Lefbbre's Megagraph 819 Legg verbessert den drehbaren Ob- jcottisch 875 1, eil mann über Milchsäure .... 488 Lei 111 Solution zu Iiijcctionsiuasseu . 41 1 Leonards Beleuchtungslinse .... 846 Lepisina sacchariuu m 2^2, 283. 284 285 l.erebours' Einriclitung der Objective 712 Lorcbours fertigt Edelsteinlinsen . . 633 Lerebours' Mikroskope 711 L c u t in a n n benutzt retlectirende Hohl- spiegel 1 618 liichtsaum um die Objecte bei apla- natischeu Blikroskopen .... 259. 349 Lichtstärke eines Mikroskops zu prüfen 273 Lichtstärke verschiedener Beleuch- tungsapparatc 122 Lichtstärke verschiedcuer Linsen . 107 lacUts topfen für von unten kom- mendes Licht 847 Lichtstrahlen, Richtung beim mi- kroskopischen Sehen 207 LicberkUhn's anatomisches Mikro- skop Liebcrkühn's einfaches Mikroskop Lieberkühn ist nicht Ertinder des Bildmikroskops 810. L i e b e r k ü h n ' s Sonnenmikroskop . . Linsen, achromatische — aplanatische — atis borkieselsaureiu Blei . . . — aus Fischkrystalllinsen — aus verschiedenen Flüssigkeiten . — centrirte . . . . — concave — der besten Form — geschmolzene — llauptbrcnuiuinkt convexer . . . — Lichtstärke derselben — mit parabolischer und hyperboli- scher Krünunuug Linsen, negative — Oet^imng und OetVnungswinkcl derselben Linsen, optische Axe derselben . . — optischer Mittelpunkt derselben . — periskopischc 110. 618 617 618 812 813 43 46 631 631 23 31 35 610 23 106 664 Linsen, positive . 21 — verschiebbare nach Weuham . .759 — verschiedene Arten derselben . . 22 Liusensysteme, Constrnetion der- selben .' 141 Lippershev's Binoeutus 063 L i p p c r s h e y , Brillenschleiter in Mid- delburg 584 Lippershey hat Linsen aus Berg-* krystall geschliöeu 632 Lippershey, Teleskoperäuder . . . 593 — von Syrturus besucht 597 List er (Joseph Jackson), Bestimmung des Oettuimgswinkels von Linsen- systemen 261 L i s t e r ' s Bildunikehrung im zasammeu- gesetzteu Mikroskope 762 Lister's Compressorium .... 864 — Lüpenträger 641 Lister, Prüfuag der Äberratious Ver- besserung 255 Lister über aplanatische Doppellin- sen 46 List er, Verbesserung der Aberratio- nen " 139. 140 Littrow über Lichtstärke der Linsen 106 107 — über Kamsdcu's Ocular .... 150 Lommers in Iltrecht fertigt Univer- salmikroskope 675 liUft aus Geweben zu eutferneu . . .396 Luftballon in 12605 Meter Entfer- nung erkennbar 66 Luftblasen im Gesichtsfelde. . .340 — in Höhlungen 341 — in Linsen 268 Lupe, beste Form ihrer Liuse . . . 636 — dem Auge mögliehst genähert . 103 — Fassung derselben .... 103. 638 — mit achromatischeu Linsen . . . 638 — Theorie derselben 91 — verschieden vom einfachen Mi- kroskope 636 Lupe vou Brtlckc *)j9, vou Frauenhofer &i~. vou N.ichet 640. Lupenträger von 'rrcniblev und von Lyonet empfohlen 617 Lupenträger vou Joblot KltJ, 640, von Listcr64t, vou Mohl 642, vouKoss611, von Strauss-Diirckheim 6-13. Li/caena «/•;ach eigenen Beobachtungen bearbeitet von Dr. Fried. Theod. Frerichs, ordentlicber Professor Jer medif iniec ben Klinik an dtr Iniversität Breslau und Köoiglicber Geb. Medicinalrath. Erster Band. Auch unter dem Titel: Die medicinische Klinik. Erster Band. Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Holzschnitten. Rnyal-Octav. Satinirt. Velinpap. geh. Preis 2 Thlr. 1(] Ggr. Atlas zu Frerichs' Klinik der Leberkr? nkheiten. Erscheint selhständig und ist einzeln käuflich. Erstes Heft. enthaltend 12 sorglältig colorirte Tafeln in Stahlstich. Ro3al-Quart. Satinirt. Velinpap. geh. Preis 5 Thlr. Müller-Pouillet's Lehrbuch der Physik und Meteorologie. Zwei Bände von circa 100 Bogen gr. 8. Mit 14G0 in den Text eingedruckten Holzschnitten und dreizehn Stahlstich- Tal'eln. zum Theil in Farbendruck. Satinirtes Velinpapier, geh. Preis 7^.^ Thlr. Fünfte umgearbeitete und vermehrte Auflage. Der Einrtuss, Ja die Macht, welche die Naturwissenschaften im Allgemeinen in unseren Tagen erlangt haben, die Unabweisbarkeit des Studiums der Physik im ßesondern. stellt um so dringender das Bedürfniss heraus, dass diese Wissenschaft durch zweckmässige Lehrbücher einem grüsseren Kreise möglichst zugiin- gig gemacht werde; von diesem Standpunkte ging der Verfasser bei der Bear- beitung des Wei-kes aus, und es gelaug ihm, die Lehren der Physik in wahrhaft würdiger Weise populär und allgemein verständlich zu machen, ohne den streng wissenschaftlichen Anforderungen etwas zu vergeben. Die rasche und ehrende Anerkennung dieses Buches wird schon seine vollgül- tige Empfehlung begründen; es darf aber hinzugefügt werden, dass Mülle r's Lehrbuch der Physik auf den meisten deutschen Universitäten und höheren tech- nischen Lehranstalten den Vorträgen zum Grunde gelegt oder den Zuhörern zum Nachstudium empfohlen wird, und dass es die lebhafteste Theilnabme und Aner- kennung unter allen denen gefunden hat, welchen das Selb Studium der l'hysik als Ilülfswissenschaft , unentbehrlich geworden ist. — Der Mediciner, der Chemi- ker, der Pharraaceut, der Techniker, der Agronom, der Forst-, Berg- und Hütten- mann, der Architekt etc., kann der physikalischen Kenntnisse, jeder Gebildete kann ihrer nicht mehr entbehren. Die äussere Ausstattung ist eine solche, welche die Bestrebungen des Verfas- sers unterstützt; 14C0 vortrefllich ausgeführte in den Text eingedruckte Holzstiche, sowie l'J zum Theil in Farl)endruck ausgeführte Stahlstich -Tafeln vermehren die Deutlichkeit und Verständhchkeit ungemein. — Der Preis ist für diese Ausstattung ein überaus billiger. Graham-Otto's. • usführliclies Lehrbuch der Chemie DRITTE UMGEARBEITETE AUFLAGE. t Riindc, in C Al)thciluiio;en (Theilen). gr. 8. Satinirt Velinpap. Geheftet. Mit zahlreichen in den Text eingedruckten Holzschnitten. leiöt iu Doppellieferungen von 12 —#14 Bogen; Preis jeder einfachen Lieferung 12 Ggr. 'ler erste Band entha.lt das Physikalische, das Allgemeine und Theoretische der Auflage. Vou den Professoren Buff, Kopp und Zamminer Vom Chemie Dritte in Giessen. ii zweite Band in drei Abtheilungen (Theilen) enthalt die anorganische Chemie. Jledicinalrath Professor Otto in Braunschweig, »er dritte und vierte Band enthält die organische Chemie. Vom Professor K o 1 b e in Marburg. Der erste Band (54 Bogen mit 500 Abbildungen") ist in der neuen Bearbeitung :h die Herren Buff. Kopp und Zamminer soeben vollständig erschienen. Preis Thlr. Der zweite T ■ ■■■. in 3 T'ipüen flTSBogen mit 451 Abbildungen) ist gleichfalls . ndet und nunmehr vollständig Der dritte und vierte Ba v*ei sind di' ■• — ■n Medicina'i: ' „Bei der Allgcmeim : Uta soll, si. ca für das . i ' b. welchem um ( zur Darstellun[, d'*' 'itsmittel dar, wei ^ 1 mit der Wi««^ i Dinge in .■:' n und befäh.. ' i der Chemip ■...;messenen A .reigt auch "•••'-'»Tl. End, ,41 -dienen, i an Ausgabe -wird ., > ten Bande, Mom ': ;n Unterricht der ip' der Stoffe, auf ;r Ergänzung und v^orträgen Anwendi' chaft einzuführen, bstudium ansre'^ m Theil des V ' -en Grundzüge; ■Tiden Abschn'*^ lören, das iLij -*\ar i. kes, des thc ' der Chemie -. mehr als d ■pp und Zamm ■ • erkenne dankbai ,. Preis 13 Thlr der E ^cheinung 1 — 7 f o oVa Thlr. tto sprif ■' neue A' r dritt ' erkes rdeu, au . a Zv ^a ins A'g uher. "^..- in Rathf .'ischc i mn; — <■ „stin ifi ;cud ein :igen aktiscL eitei trauter ^sicht 'heilen -jssei^ .nuit nv ' es db b^-- nt es die Arbeiten nit einer dem Werthe und der ^ ■ nid giebt es nicht allein die Re; Wege, mit denen und auf d( k als " ilfsmittel bei dem ."rstei entspi h es in den früheren A ilben voi'' ommen zu genügen i )eciell. Chemie beginnt, ei: jliaft vorausgeschickt und die i en Bogen dieses Bandes, etwa.' u'ung kann nunmehr das Werl ?n und ist es zugleich ganz gee nicht in der Lage sind, Vorträj id. Der in die Wissenschaft I unberücksichtigt, er lernt das P! fraglichen Einleitung und wende :en Thei^os zu, wenn er das Bi •fähigte- geworden, me'ur davon nsch, für die Be'~-l^'?itung des er ysikalische ' "'"nThei luter P'^j tn. ] h errei''^ wo^- iss sie . .r selbständigen Eearbt - Grossherzoglich badischen polytechnischen Schule zu CarTsnxhe. .gr. 8. Satin. Velinpap. geh. Academiker Prof. Dr. Joseph Petz^ in Wien belen chtet vom Optiker Yoigtländer in ßr aunschweig. Eine Streitschrift über das von Herrn Professor Dr. Petzval angeblich neu berecßnc Landschafts- Objectiv. ^ *- ^^i gr. 8. Satinirtes Velinpapier, geheftet. COLUMBIA UNIVERSITY LIBRARIES This book is due on the date indicated below, or at the expiration of a definite period after the date of borrowing, as provided by the library ruies or by special arrangement with the Librarian in Charge. DATE BORROWED . BÄTE OUE □ ATE BORROWEO DATE DUE W^' ■ C28(1158)100M CO UJ < oc n r-> -1 OO >- in m oc Ul > r^ CVJ 2 3 in < o m ri