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X9^ 4. ^.^ 4, J L Das pathologische Wachsthum der Gewebe bei der Hypertrophie, Regeneration, Entzündung und Geschwulstbildung. Von Dr. Hugo Ribbert, ordentl. Professor der allgem. Pathologie u. pathologischen Anatomie an der Universität Zürich. Mit 5 Figuren im Text. Bonn Verlag" von Friedrich Cohen 1896. R° N L ,'cr \-\ * SEP28 1S16 i * y ^JSfih^ IS96Z 3~i^o Inhalt. Seite I. Einleitung 1 II. Das Wachsthum bei der Hypertrophie ..... 3 III. Das Wachsthum bei der Regeneration ..... 15 IV. Das Wachsthum bei der Entzündung 24 V. Das Wachsthum der Geschwülste 51 VI. Schluss 101 » • I. Einleitung. Unter pathologischen Verhältnissen, bei der Regeneration, der Hypertrophie, der Entzündung und der Geschwulstbildung seben wir oft ausgedehnte Wacbstliuniserscbeinung'en zu Tage treten, deren Ursachen zwar viel besprochen, aber keineswegs ausreichend erforscht wurden. Unter normalen Bedingungen da- gegen beobachten wir, wenigstens im erwachsenen Körper, nur an verhältnissmässig wenigen Zellarten, wie besonders den Deck- epithelien, dauernde, aber auch dann nur relativ geringe Vermeh- rungsvorgänge. Indessen wissen wir, dass der völlige Mangel einer Proliferation nicht der Ausdruck einer Wachsthumsunfähig- keit ist, dass die Zellen vielmehr, mit spärlichen Ausnahmen, sehr wohl im Stande sind sich zu vermehren, freilich die einen mehr, die anderen weniger, und dass auch jene schon in der Norm wachsenden Zellen sich nach Eintritt pathologischer Pro- cessi noch weit stärker neu zu bilden vermögen. Was aber hindert nun die den normalen Organismus zu- sammensetzenden Zellen, die ihnen innewohnende Wachsthums- kraft zur Geltung zu bringen? Der Grund liegt in dem gegenseitigen Einfluss, den die benachbarten Zellen und Gewebsbcstandtheile aufeinander haben, den aber auch der ganze Körper auf seine einzelnen Theile aus- übt. Dabei kommen in Betracht die Lagenmgs- und Druckver- hältnisse, die Beziehungen zu dem Blutgefässapparat und zum Nervensystem, bei den Drüsen die Anforderungen an die Secre- tion, bei dein Muskel an die Contraction, beim Knochen an die Bewegung etc. Auf die Summe aller dieser gegenseitigen Einwir- kungen wendet man wohl den Ausdruck „Gewcbsspannung" an. Doch muss man sich stets gegenwärtig halten, dass man hierunter nicht lediglich die mechanischen Beziehungen zu verstehen hat. Ribbert, Wachsthum. 1 ••> Wenn nun aber diese Erklärung für das völlige Fehlen oder die geringe Intensität der Wachsthomsprocesse zutreffend ist, so nuiss die Beseitigung der in jenen Einflüssen liegenden Hindernisse die Ve r m e h r n n g d e r Zell e n a u s 1 <"> senk ö n n e n. In der That ist das seit Langem die allgemeine und wohlbe- gründete Annahme. Aber obgleich dieser Gesichtspunkt von vielen Seiten auf die verschiedensten Fällen angewendet und viel discutirt wurde, ist er doch noch keineswegs in seiner vollen Bedeutung gewürdigt worden. Auf den folgenden Blättern soll der Versuch gemacht werden, die i n d e n Zell e n s e h 1 n m- 111 e r n d e u n d n u r u n t e r h e s o w d e r e n Y e r h ä 1 1 n i s s e n sieh ä u s s e r n d e V e r in e h r u n <;• s 1" ä h i ff k e i t a u t" i h r e V e r w e r t h b a r k e i t fü r d i e E r k 1 ä r u n g d e r v e r s e h i e - d e n e n W a oh S t h u m s v o r g ä n g e, vor Allem auch tiir die Geschwulstentwicklung eingehend zu prüfen und die Bedin- gungen genauer festzustellen, unter denen sie zur Geltung gelangt. II. Das Wachsthum bei der Hypertrophie. Die Hypertrophien, welche sich an quergestreiften und glatten Muskelfasern bei (lauernd vermehrter Thätigkeit, an Drü- sen dann einstellen, wenn von paarigen die eine fortfiel oder wenn grössere Abschnitte einer einzeln vorhandenen verloren gingen, sind Gegenstand vieler theoretischen Besprechungen und experi- menteller Untersuchungen gewesen. Allein zu einem allseitig be- friedigenden Abschlags ist die Frage noch nicht gebracht. Insbesondere fehlt es für das Zustandekommen der Drüsen- hypertrophie an einer ausreichenden Erklärung. Für die Niere hat sich zuletzt Ziegler1) dahin ausgesprochen, dass, wie bei den Muskeln, auch bei ihr eine vermehrte Thätigkeit in Betracht komme, die durch die Anwesenheit im Blut sich anhäufender chemischer Substanzen veranlasst wird. Diese Anschauung muss dahin führen, dass die Möglichkeit einer Hypertrophie überall da ausgeschlossen wird, wo die Ansammlung chemisch wirkender Stoffe nicht nachgewiesen werden kann. So bestreitet dann Ziegler die von mir2) aus anatomischen Beobachtungen und aus Experimenten erschlossene eompensatorische Hypertrophie des Hodens. Dem könnte man nun zunächst entgegenhalten, da^- »■- noch keineswegs entschieden ist, ob nicht die Exstirpation des einen Hodens zu einer Functionsstcigerung des andern führen niüsste, in gleichem Sinne, wie es bei den Nieren der Fall ist. Denn es kann ja gewiss auch die Bildung des Sperma mit einer 1) Uebcr die Ursachen der pathologischen Gewebsneubildungen. Virchow's Festschrift Bd. II. 2) Virchow's Archiv Bd. 120, p. 247. — Archiv für Entwick- lungsmechanik Bd. I. - 4 - Art Secretion verbunden sein. Allerdings fehlt es uns bis jetzt für diese Vorstellung an Anhaltspunkten. Aber auch wenn so etwas nachgewiesen wäre, würde ich die Frage nicht als gelöst betrachten. Denn vor Allem er- scheint mir die Annahme nicht genügend gesichert, dass eine verstärkte Function an sieh die Zellen zur Hypertrophie resp. Hyperplasie bringt. Dass Beides liii iiii^,- zusammentrifft, ist ja zweifellos, aber das causale Verbält- niss ist unaufgeklärt. Neben der Vorstellung von einer direkten Wirkung der verstärkten Funktion hat man auch dem Gedanken Raum ge- geben, dass die Hypertrophie der Niere als die Folge einer über das erforderliche Maass hinausgehenden Regeneration für das verbrauchte Zellmaterial zu betrachten sei. Ziegler hat sich dagegen ausgesprochen, indem er betont, dass die normale Thätig- keit des Organes keinen Zellverbrauch bedinge, dass von einem solchen anatomisch nichts wahrzunehmen sei. Wo aber kein Untergang eintritt, könne natürlich auch keine Regeneration in Frage kommen. Aber wenn auch keine ganzen Zellen unter- gehen, so ist doch mit der Sekretion ganz gewiss ein Proto- plasmaverbrauch verbunden, der mit der erhöhten Function zweifellos auch gesteigert sein wird. Insofern aber ist die Frage nicht ohne Weiteres abzuweisen, ob nicht für den erhöhten Zer- fall unter diesen neuen Verhältnissen auch ein übermässiger Er- satz denkbar wäre, der zur Vergrösserung der Zelle und schliess- lich auch zur Theilung führen könnte. Wir wollen diesen Ge- danken jedenfalls genauer analysiren. Die normalen Epithelien der Harnkanälchen arbeiten nicht mit ganzer Kraft, sondern etwa nur mit der halben, wie man wohl daraus entnehmen darf, dass nach Entfernung der einen Niere die andere auch vor Eintritt der Hypertrophie die Leistung der fehlenden mit übernimmt. Nothnagel hat die normal nicht in Anspruch genommene Kraft als Reservekraft be- zeichnet. Die Erscheinung ist wohl so zu deuten, dass die Theilc, die gerade unbeschäftigt sind, sich von der voraufgegangenen Thätigkeit wieder erholen, um diese Möglichkeit gleich darauf den anderen zu gewähren, sei es nun, dass es sich um die Ab- wechslung der einzelnen Zelltheile, oder der einzelnen Epithelien handelt. Nach Entfernung des einen Organes aber arbeitet das - 5 — andere mit verdoppelter Kraft. Man darf nicht ohne Weiteres sagen, mit voller Kraft, weil man nicht mit Sicherheit bestimmen kann, ob nicht die Niere noch mehr zu leisten fähig- wäre. Man könnte versucht sein dies anzunehmen, weil man eine anderen- falls nothwendig sich ergebende Inanspruchnahme aller Zell th eile oder aller Epithelial unwahrscheinlich finden dürfte. Indessen lehren meine Secretionsversuche1) nach Exstirpation einer Niere, dass die Carminausscheidung charakteristische Veränderungen er- leidet, die in dem Auftreten sonst nicht beobachteter rother Granula und grösserer zum Theil in Vacuolen liegender Carminkörnchen im Protoplasma der Epithelien ihren Ausdruck linden. Meine Be- funde stehen offenbar in naher Beziehung zu den von Enderlen2)\ erhobenen, der nach Nephrectomie in dem restirenden Organ allerlei Unregelmässigkeiten der Granula und Yacuolenbildung eintreten sah. Diese Thatsachen lassen darauf schliessen, -dass die Epithelien wirklich bis zur vollen Leistungsfähigkeit in An- spruch genommen sind. Durch die erhöhte Zellthätigkeit wird nun zweifellos, wie oben bereits bemerkt wurde, mehr Zellsubstanz verbraucht und zu ihrem Ersatz muss die Assimilation lebhafter werden. Aber das Zustandekommen einer Hypertrophie würde nicht nur dies, sondern weiter voraussetzen, dass die Neuanbildung nicht nur verstärkt wird, sondern dass sie über das an sich schon vergrösserte Maass noch hinausgeht und somit mehr neues Zellmaterial liefert, als zum Ersatz des ver- brauchten nothwendig ist. Indessen schliesst diese Vor- stellung nicht geringe Schwierigkeiten in sich, und Anhaltspunkte dafür, dass wirklich auf diese Weise alle Hypertrophie erklärt werden müsste, sind nicht vorhanden. Man kann sich nur auf die Thatsache der Organvergrösserung berufen. Aber es fragt sich, ob wir nicht bessere Erklärungen finden können. Wie bei der Niere ist es auch bei anderen Drüsen und ebenso auch bei der Muskulatur. Wir werden daher erörtern müssen, ob nicht auf anderem 1) Untersuchungen über die normale und patholog. Physiologie und Anatomie der Niere. Vortrag auf der Naturforscherversammlung in Wien 1894. Die Abhandlung* erscheint in der Bibliotheea medica. 2) Deutsche Zeitschrift für Chirurgie, Bd. 41. — 6 — Wege ein Verständniss der ja unzweifelhaft gegebenen Bezie- hungen zwischen vermehrter Arbeit und Hypertrophie gewonnen werden kann. Man hat nun bekanntlieh noch zwei weitere Möglichkeiten in's Auge gefasst, nämlich den Einfluss des Nervensystems und den der Hyperämie, die mit der vermehrten Thätigkeit sich einstellt. Dass vom Nervensystem Einwirkungen ausgehen, welche Hypertrophie herbeiführen können, ist nicht zu bezweifeln. Wir veranlassen den Muskel durch eine verstärkte Innervation mehr zu arbeiten. Wenn das dauernd geschieht, so wird er hyper- , trophisch. Aber ob hier der innere Zusammenhang so ist, dass die Muskelzellen durch den erhöhten nervösen Antrieb direkt ver- anlasst werden, für den höheren Verbrauch an Substanz über das .nothwendige Maas hinaus zu assimiliren, ist fraglich. Ebenso unsicher ist es, ob nach Entfernung einer Drüse die andere durch reflectorische oder durch solche Nervenreize, welche durch die nicht zur Secretion gelangten Stoffe auf das Centralnerverven- system ausgeübt und von diesem auf das restirende Organ über- tragen werden, zur Zunahme des Protoplasma gebracht werden kann. Denn unsere bisherigen Erfahrungen sagen uns nichts darüber, ob die direkte Einwirkung eines Nerven auf Gewebs- theile Wachsthumsvorgänge in ihnen auslösen kann. Es würde sich dabei um die so viel discutirten direkten trophischen Ein- flüsse des Nervensystems handeln. Aber die bis jetzt in dieser Richtung verwerteten Beobachtungen und angestellten Unter- suchungen lassen noch keine Schlüsse auf unser Gebiet zu und so lange keine besseren Grundlagen gewonnen wurden, wird man immer wieder den Nerveneinfluss darin suchen wollen, dass er eine Erhöhung der Function und dadurch Hypertrophie herbei- führe. Damit stehen wir dann aber wieder an dem oben bereits berührten Gesichtspunkt. Zweitens hat man an die Hyperämie gedacht. Cohn- heim war der Ansicht, dass die verstärkte Nahrungszufuhr bei activer Hyperämie in arbeitenden Organen verstärkten Ansatz bedinge. Man hat aber diese Anschauung mehr und mehr ver- lassen und glaubt annehmen zu sollen, dass eine arterielle Hyper- ämie für sich allein keinen Einfluss auf das Eintreten und das Fortschreiten der Wachsthumsprocesse habe. Die Hyperämie — 7 — wirke nur begünstigend dadurch, dass sie den zu stärkerer Ar- beit gezwungenen und desshalb hypertrophirenden Zellen mehr Nährmaterial liefern. Indessen fehlt es für die Vorstellung, dass arterielle Con- gestion ohne Einfluss auf das Gewebswachsthuni sei, an genügen- der Begründung. Man sagt zwar gewöhnlich, wenn im Bereiche activer Hyperämie eine Gewebsneubildung beobachtet werde, so sei das nicht die Folge der vermehrten Blutzufuhr, sondern der begleitenden Umstände, wie traumatischer Einwirkungen und ent- zündlicher Processe. Die Congestion allein machte so etwas nicht. Indessen ist zu beachten, dass man nicht in der Lage ist, auf experimentellem Wege reine arterielle Hyperämien zu erzeugen, bei denen nicht auch wachsthumshemmende Momente in Betracht kommen könnten und deren Dauer lange genug wäre, um even- tuell deutliche Wachsthumserscheinungen hervortreten lassen zu können. Erst wenn unter diesen Umständen kein positives Re- sultat erzielt würde, Hesse sich jene negative Auffassung begrün- den. Uebrigens müssen ja Schwellungen auch kurz congestio- nirter Theile allein schon in Folge der vermehrten Blutmenge eintreten. Es dürfte aber unmöglich sein zu behaupten, dass damit keine, wenn auch geringe Gewebszunahme verbunden ist. Was man für die arterielle Hyperämie als feststehend an- sieht, nimmt man auch für die Stauungshyperämie an. Klebs hat freilich betont, dass durch sie wegen des vermehrten Blut- gehaltes der Organe eine Hypertrophie eintrete, allein von vielen Seiten ist dem widersprochen worden. Samuel1) hat die Frage experimentell an den Flügeln junger Tauben in dem Sinne studirt, dass er den Einfluss von Stauung auf das Wachsthum der Federn feststellte. Er kam dabei zu einem negativen Resultat. Allein seine Versuche sind nicht einwandfrei. Denn die von ihm er- reichte Stauung war viel zu hochgradig, um beweisend sein zu können. Wenn sie so beträchtlich ist, dass erhebliche Blutstrom- verlangsamung eintritt und dadurch die Ernährung herabgesetzt wird, dürfte man auf eine Wachsthumserhöhung nicht mehr zu rechnen haben. Beim Menschen, für den die Meinung von Klebs hauptsächlich gilt, kommen jedenfalls nur relativ geringe, aber lange Zeit währende Stauungen in Betracht. Unter ihrem Ein- 1) Virchow's Archiv Bd. 108, S. 1. — 8 — fluss aber sehen wir ja in Leber. Milz und Niere neben atrophi- schen Zuständen aueh Zunahme des Bindegewebes eintreten. Aber auch wenn nun eine Vermehrung von Gewebsbestand- theilen beobachtet wird, so ist es doch fraglich, ob man dafür die venöse Stauung direkt verantwortlich machen kann. Denn es fehlt ja an einer Erklärung, wie die Zellen, die doeli ihren Stoffwechsel selbst reguliren, dazu kommen sollten, desshalb, weil das Blut, und noch dazu nur das venöse, in den Oefässen ver- mehrt ist, aus ihm nun mehr Nahrung zu entnehmen, als sie zum Ersatz des verbrauchten Materials noth wendig haben. Man könnte sich eher denken, dass sie weniger assimilirten, da die Function der unter dem Einfluss der Stauung stehenden Gewebe herabgesetzt zu sein pflegte. Wäre es nun aber nicht möglich einen a n d e r e n Ein- fluss der Hyperämie als den der vermehrten Xahrun zufuhr ausfindig zu machen? Die folgenden Ueberlegungen dürf- ten zu einer Bejahung der Frage führen. Mai hat bisher nämlich das m e e h an 18 0 h e Moment, welches jede Hyperämie mit sich bringen muss, nicht berücksich- tigt. Es ist gegeben in d er Ver gross er un g, welche das Organ durch die verstärkte B 1 u t z u f u h r noth- wendig erfährt und welche ebenso noth wendig die gegenseitigen L a g e r u n g s v e r h ä 1 1 n i s s e seiner Bestandtheile ändern muss. Was ist die Folge davon ? AVenn ein Körpertheil von 1 cm Durchmesser durch active Hyper- ämie um ein Viertel verdickt wird, so werden dadurch die beider- seitigen äussersteu Gewebsbestandtheile um eben so viel von einander entfernt. Im Inneren des Organes müssen aber ebenfalls die Zellen in der gleichen Richtung von einander abrücken. Das bedeutet eine Verminderung der normale n S p a n - nun gs Verhältnisse, daher eine A u s 1 ö s u n g d e r s c h 1 u m - merndcn Wachsthumsenergie und damit eine Zellver- grösserung und Vermehrung bis zur Wiederherstellung der aufge- hobenen die Proliferation hemmenden gegenseitigen Einwirkungen. Man könnte zwar sagen, diese Gefässerweiterung trete für die beseitigte Spannung ein und verhindere ein Zellen wachsthum. Aber man darf eben, wie schon in den einleitenden Worten be- merkt wurde, die -Spannung" nicht als eine Druckerscheinung auffassen, sondern man muss an ihr die Summe aller gegenseitigen — 9 — Beeinflussungen sehen. Die Hyperämie würde also ebenso wenig die durch die Gewebsdehnung ausgelöste Vennehrung zu verhin- dern vermögen, wie sie es bei der Entzündung- thut, wo trotz hochgradiger Blutfülle die lebhaftesten Wucherungen eintreten. Die Congestion hat also durch die Auseinanderdrängung der Organtheile Wachsthum zur Folge. Aber dieses wird sich genau den mechanischen Verhältnissen der Hyperämie anpassen. Es hört auf, wenn die Gewebsl ticken wieder gefüllt sind und würde nur aufs Neue zunehmen, wenn die Blutzufuhr sich wieder ver- stärkte. Von dem Grade der letzteren allein hängt also der Grad der Zellvermehrung ab. Aber man darf nun nicht denken, dass zur Ausbildung des Wachsthums stets eine räumliche Entfernung der Gewebszellen von einander eintreten müsse. Auch eine Dehnung der ein- zelnen Zellen muss ebenso wirken. Bei ihr werden die Protoplasmatheile auseinandergebogen und dadurch wird intra- cellular eine zum Ansatz neuer Substanz führende Entspannung bedingt. Denn selbstverständlich muss die Aufhebung derWaclis- thumshindernisse zwischen den einzelnen Protoplasmatheilen ebenso wirken wie zwischen ganzen Zellen. In diesem Sinne wirkt auch die Erweiterung der Oefässe auf ihre Wand. Die Endothe- 1 i e n und anderen Elemente werden dauernd ge- dehnt und gerat hen dadurch in Wachsthum. Auf diese AVcise kommt freilich zunächst nur eine Ver- größerung der einzelnen Zellen zu Stande, aber wenn sie über ein gewisses Maass hinausgeht, führt, wie Verworn1) das jüngst auseinandergesetzt hat, die innere Organisation der Zelle selbst zur Theilung. Wir wollen alle diese Gesichtspunkte auf einzelne Organe anwenden. Betrachten wir zunächst die Niere. Die Hyperämie führt zur Vergrößerung der Glomeruli und einer stärkeren Dehnung ihrer Capillaren. Diese müssen bei dauernder Blutüberfüllung eine derselben entsprechende Zu- nahme ihrer Wandung erfahren. Aber auch das überziehende Epithel wird beeinflusst. Entweder seine Zellen werden als ganze Gebilde von einander entfernt, oder sie werden an sich gedehnt. 1) Allgemeine Physiologie 1895, S. 512. — 10 — Beide Bedingtingen führen zu Neubildungsprocessen, so dass nun der grössere Capillarknäuel wieder wie vorher von Epithel über- zogen ist. Wie verhalten sich nun aber die H a r n k a n ä 1 c h e n? Die Vergrößerung des Organes erfolgt gleichmässig nach allen Rich- tungen und so müssen sich, da die radiären Durchmesser der Rinde sich verlängern, die in dieser Richtung verlaufenden gera- den Harnkanälchen und Schleifen nothwendig dehnen, die Innen- fläche der Membrana propra muss in der Längsrichtung sich vergrössern. Auch daraus resultirt wie an den Glomerulis eine Zunahme der Zellen. Anders liegen die Verhältnisse bei den g e w undene n Harnkanälchen. Bei diesen kann von einer Entspannung der Epithelzellen durch die erweiterten Capillaren nicht wohl die Rede sein. Eher könnte man an eine Compression denken. Auch die Erweiterung des Lumens durch die vermehrte Harnmenge wird sich in diesem Sinne nicht verwerthen lassen. Aber die verstärkte T h ä t i g k e i t muss intraccllar eine Ver- minderung der auf d e n P r o t o p 1 a s m a t h e i 1 e n lasten- den W a c h s t h u m s h i n d e r n i s s e herbeiführen. Denn die doppelte Menge der auszuscheidenden Substanzen wird die Lücken und Bahnen des Zellleibes erweitern und dadurch muss das zwischen ihnen ausgespannte Protoplasma eine Dehnung er- fahren oder wenigstens unter geringeren Wachsthumsdruck ge- rathen und sich desshalb vermehren. So führt also wohl die erhöhte Function zur Hypertrophie aber nicht durch ihre direkte Einwirkung auf das Protoplasma. Was für die gewundenen Harn- kanälchen gilt, würde natürlich auch für andere an der Secretion betheiligte in Betracht kommen. Was nun für die Niere zutrifft, lässt sich auch auf andere Or- gane übertragen, so z. B. auf die Leber, die wir nun betrachten wollen. Die Versuche von Ponfick1), Meister2) u. A. haben gelehrt, dass man drei Viertel des Organes exstirpiren kann, ohne dass das Thicr zu Grunde geht. Der Verlust wird durch com- pensatorische Vergrösserung der restirenden Theile gedeckt. Wie kommt sie zu Stande? Zur Erklärung können wir uns erstens 1) Virchow's Archiv Bd. 119 u. 138. 2) Ziegler's Beiträge Bd. XV. — 11 — auf die veränderten Circulationsverhältnisse stützen. Nach dem operativen Eingriff tritt zunächst Hyperämie und Schwellung der übriggebliebenen Abschnitte ein. Unter dem Mikroskop machen sich diese Erscheinungen nicht etwa durch eine Compression der Leberzellenreihen geltend. Das erklärt sich daraus, dass die Acini im Ganzen sich erheblich vergrössern, so dass trotz der Hyperämie noch Raum für die Zellen bleibt. Ihre Reihen müssen nun aber mit der Verlängerung des radiären Durchmessers der Läppchen eine Dehn u n g erfahren und dadurch im obigen Sinne Wachsthumserschcinungen zeigen, die man ja an der Gegenwart der Mitosen leicht nachweisen kann. Diese Verhältnisse lassen sich auch auf die Umgebung von Wunden und Einschnitten der Leber übertragen. Man weiss ja, dass die daran anschliessende Vermehrung der Zellen sich auf weite Entfernungen im Umkreise erstrecken kann. Ebenso weit geht aber auch die Hyperämie, die nun hier in gleicher Weise wirken muss wie bei dem Zustandekommen der compensatorischen Hypertrophie. Bei der Leber sind wir aber, wenigstens für die compen- satorischen Vorgänge, in der Lage, noch ein zweites Moment zur Erklärung heranziehen zu können, nämlich die durch verstärkte Secretion bedingte intracellulare Protoplasmadehnung, die hier wie bei den gewundenen Harnkanälchen eine Erweiterung der Zelllücken verursachen kann, und dann zu denselben Folgen führen wird. Die mechanischen Bedingungen der Hyperämie müssen nun wie bei Leber und Niere, auch bei anderen Drüsen und so auch bei dem Hoden in Betracht gezogen werden. Lange dauernde verstärkte Blutzufuhr muss vermittelst der Erweiterung der Ca- pillaren und der davon abhängigen Anschwellung des Organes eine Dehnung der radiär angeordneten Hodenkanälchen herbei- führen. Diese werden dann Waehsthumsprocesse eingehen. Man darf aber auch an die intracellular entspannende Wir- kung verstärkter Function denken. Denn es hat durchaus nichts Unwahrscheinliches anzunehmen, dass, wie oben schon berührt wurde, auch bei der Spermabildung eine Art Secretion bestimmter Stoffe stattfindet. Auf eine Besprechung anderer Drüsen einzugehen, dürfte nicht mehr erforderlich sein. — 12 — Wenn wir nun aber die dauernde arterielle Hyperämie in so grossem Umfange für die Hypertrophie, wenn auch im anderen Sinne als früher in Anspruch nehmen, so erhebt sich jetzt die Frage, auf welche Weise sie denn zu Stande kommt. Am einfachsten läge die Erklärung, wenn bei allen Drüsen nach Exstirpation des einen Organes oder grosser Thcile eines einzelnen eine Retention secretionsfähiger Substanzen im Blute einträte. Man kann sich dann vorstellen, dass jene Stoffe das nervöse Centrum reizen und dass dieses nun die Hyperämie des anderen Organes oder des restirenden Abschnittes herbeiführt. Oder die zurückgehaltenen Substanzen bewirken direkt eine vermehrte Thätigkeit der Epithelzellen und diese lösen eine ver- mehrte Blutzufuhr aus. So hat z.B. Nothnagel die Hyperämie gedeutet. Nun wird man diese Erklärungen zwar ohne Weiteres für Drüsen wie Niere und Leber gelten lassen, für den Hoden aber kaum aeeeptiren wollen, da genügende Anhaltspunkte für die oben als nicht unwahrscheinlich bezeichnete sekretorische Func- tion desselben nicht vorliegen. Bei ihm müsste dann die Hyper- ämie anders aufgefasst werden, aber eine sichere Deutung ist noch nicht möglich. Man könnte an reflectorische Einflüsse denken, indem die Durchschneidung der Drüsennerven bei der Exstir- pation des einen Organes dazu führte, dass der in centripetaler Richtung degenerirende sensible Nerv lange dauernde Reizungen veranlasste. Man könnte sich auch vorstellen, dass nach Fortfall der von der einen Drüse herrührenden Erregungen zum vaso- motorischen Centrum, nun, da auch die centrifugalen Leistungen zu demselben Organe ausfallen, das Centrum seine ganze Anre- gung auf die Gefässe der anderen Drüse überträgt. Wie aber auch die Hyperämie zu Stande kora in e n mag, jedenfalls haben wir in ihr eine Erscheinung kennengelernt, die auf mechanischem Wege die den Zellen innewohnende W a c h s t h u m s e n e r g i e auslöst. Dazu kom m t dann die intracellulare Ent- spannung durch die verstärkte Function. Gehen wir nun von den Drüsen zum Muskel über und fragen, ob bei ihm ähnliche Gesichtspunkte in Betracht kommen. Gewöhnlich nimmt man an, dass auch hier die verstärkte - 13 - Function entweder direkt eine Zunahme von Protoplasma ver- anlasse, oder dass es sich um eine über das nothwendige Maass hinausgehende Regeneration handele; Aber diese Auffassung unter- ließt denselben Bedenken, die wir bei den Drüsen hervorgehoben haben. Nun wird aber dem stärker arbeitenden Muskel mehr Blut zugeführt, er wird hyperämisch. Was Herz und glatte Muskulatur in der Umgebung von Ostien angeht, so hat Koester in seinen Vorlesungen stets darauf hingewiesen, dass ein vermehrter Blut- gehalt dadurch entsteht, dass bei Hindernissen für die Fortbe- wegung des Inhaltes wegen der grösseren Schwierigkeit einer vollkommenen Zusammenziehung verhältnissmässig lange ein Zu- stand mittlerer Contraction vorhanden ist, der nothwendig einen besseren Blutgehalt gestattet als er bei völliger Dilatation des Lumens der Organe oder bei stärkster Contraction gegeben sein kann. Aber auch in allen anderen Muskeln entsteht Hyperämie als Folge der erhöhten Thätigkeit. Sie bringt durch Erweite- rung der Gefässe eine Anschwellung der ganzen Muskeln mit sich, in denen nun die einzelnen Fasern auseinander und von der Mitte nach allen Seiten abgedrängt werden. Da sie nun aber zwischen zwei festen Endpunkten ausgespannt sind, so erfahren sie nothwendig eine Dehnung, da ja eine stärkere gebogene Linie eine grössere Länge hat als eine die gleichen Punkte ver- bindende weniger gebogene. Der Zug an den Muskelfasern hat aber nothwendig eine intracellulare Entspannung zur Folge, die nun durch Auslösung der Wachsthumscnergie Neubildung von Muskelsubstanz herbeiführt. So wächst der Muskel gleichsam in die räumlichen^ der späteren Hypertrophie entsprechenden Verhältnisse hinein, die durch die Hyperämie geschaffen werden. Ist nun aber die bisher ausgeführte Deutung richtig, dass die arterielle Hyperämie durch Dehnung der Gewebe die Wachs- thumszunahme erzeugt, so muss bei der venösen Hyperämie, so weit sie nicht zu hochgradig ist und dadurch Ernährungsstö- rungen herbeiführt, das Gleiche denkbar sein. Auch hier müssen ja in der Hauptsache dieselben mechanischen Folgen eintreten, auch hier muss eine Dehnung des Gewebes und damit eine Ver- minderung der Wachthumshindernissc das nothwendige Ergebniss sein. Damit gewinnen wir die Möglichkeit einer Erklärung der - 14 - bei Stauungen beobachteten Zunahme von Bindegewebe, z. B. in der Niere. Aber freilich treten diese Folgezustände weit- weniger auffallend hervor und insbesondere beobachten wir keine Hypertrophie functioneller Bestandteile bei venöser Stauung. Aber das kann uns natürlich nicht überraschen. Denn wenn die passive Hyperämie gering ist , so ist auch die Entspannung nicht nennenswerth und ist sie andererseits hochgradig, so schä- digt sie die Gewebe und verhindert dadurch das Wachsthum. Fassen wir schliesslich das Resultat unserer Erörterungen kurz zusammen, so gewinnen wir folgende Sätze: Die Hypertrophie von Drüsen und Muskeln lässt sich nicht aus einem direkten Einfluss der verstärkten Function auf das Protoplasma ableiten. Sie k o in m t vielmehr erstens da d u r c h z u S t a n d e, d a s s die in allen Fällen eintretende Hyperämie eine Dehnung der G ewebe u n d d a d u r c h c n t w oder ein Auseinanderrücken der ganzen Zellen o d e r der einzelnen T h e i 1 e ihres Protoplasmas bewirkt. Zweitens wird im stärker secernirenden Protoplasma durch den Eintritt reichlicherer zur Ausscheidung bestimmter Substanzen eine Erweiterung der mit Flüssigkeit gefüllten Lücken u n d dadurch eine E n t f e r n u n g der Protoplasmatheile von einander herbeigeführt. Alle diese Dehnungen der Gewebe und Zell c n bringen eine Verminderung derjenigen Einwir- kungen mit sich, welche in der Norm von den K ö rpertheilen und Zellen a u f e i n a n d e r a u s g e ü b t werden und die dauernd vorhandene Wach st hu ms- e n e r g i e in Seh r a n k e n halte n. D i e „E n t s p a n n u n gM der Gewebe löst dieselbe aus und nun tritt ein Wachsthum ein, welches so lange dauert, bis die Organe sich der durch die Hyperämie und die Function bedingten Deh- nung angepasst haben. - 15 - III. Das Wachsthum bei der Regeneration. Regeneration nennen wir ganz allgemein den Wiederersatz für verloren gegangenes Gewebe. Die nachfolgenden Betrach- tungen sollen wenn möglich zu einer genaueren Kenntniss der Ursachen dieses Vorganges führen. Bevor wir aber an diese Frage herantreten, soll die Erörterung einiger allgemeinen Punkte vorausgeschickt werden. Wir müssen zunächst daran festhalten, dass jede neue Zelle nur aus eine r gleichartigen oder nahe verwandten hervorgehen kann. Wir kennen keinen Fall, in welchem, bei der Regeneration nicht nur, sondern bei jedem pathologischen Wachsthum dies Gesetz der Speeificität der Zellen durchbrochen würde. Im Bereich der normalen Entwicklung und Regeneration ist es von der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Anatomen voll und ganz anerkannt, unter den pathologischen Anatomen hat zuletzt Hansemann1) nachdrücklich darauf hingewiesen. Indessen dürfen wir den Begriff der Speeificität doch nicht zu enge fassen, nicht so, als ob eine Zellart stets nur genau die gleiche bilden könne. Vielmehr ist unter nahe verwandten Zellen ein Aus- tausch möglich. So gehen aus den Zellen des Periosts Knochen- körperchen, aus denen des Perichondriums Knorpelzellen, aus denen der Drüsenausführungsgänge die eigentlichen Drüsen- zellen hervor. Das Verhältniss ist hier so aufzufassen, dass die Zellen, von denen die neuen abstammen, die weniger diffe- renzirten sind, und beim Uebergang in jene nur die für sie cha- rakteristischen Eigenschaften zur Geltung bringen. Ich habe 1) Studien über die Speeificität, den Altruismus und die Ana- plasie der Zellen. Berlin 1893. - IG - mich über diesen Zusammenhang, der bereits von Ziegler und von vom Rath1) betont worden war, auf Grund experimenteller Untersuchungen genauer ausgesprochen -). Nach Entfernung grösserer Stücke der Speicheldrüsen ergab sich, dass die Rege- neration ausging von den Ausführungsgängen, dass diese unter baumformiger Verästelung immer neue Gänge bildeten, an deren Enden schliesslich den normalen Acinis entsprechende Gebilde entstanden. In der Niere regeneriren, wie vorher bereits vor Allem durch Barth3) nachgewiesen worden war, ganz besonders lebhaft die geraden ilarnkanälchen. Sie sind zweifellos die wtniger differenzirten Elemente der Niere und insofern lässt sich der Vergleich mit der Speicheldrüse durchführen. Tm Uebrigen freilich trifft er nicht zu, da ja die gewundenen Ilarnkanälchen bei der normalen Entwicklung nicht aus den geraden hervorgehen. An der Speicheldrüse dagegen wiederholt die Regeneration den entwicklungsgeschichtlichen Vorgang, der ja auch in der DifTe- renzirung der functionellen Epithelien aus denen der Ausführungs- gänge bestand. In letzteren blieben die Zellen unverändert und behielten so die Fähigkeit nach Verlust acinöser Elemente neue zu liefern. Man könnte nun versucht sein, die Möglichkeit einer Rege- neration auch auf weiter zurück liegende Zellen auszudehnen und z. B. anzunehmen, dass die von der Epidermis ausgegangenen Drüsen sich auch wieder aus dieser regeneriren könnten. Das ist indessen, wie es scheint, nicht der Fall. Die Erklärung liegt darin, dass die Epidermis auch nicht das geblieben ist, was sie auf früheren Entwicklungsstufen war, sondern dass sie selbst auch weiter differenzirt wurde. Anders ist es vielleicht mit dem Bindegewebe in seiner Be- ziehung zum Periost und Knochen, Pcrichondrium und Knorpel, die von ihm entwicklungs^geschichtlich abstammen. Manche pathologischen Befunde lassen es möglich erscheinen, dass aus gewöhnlicher Bindesubstanz, also nicht nur aus Pcrichondrium und Periost, Knorpel und Knochen hervorgehen kann. Die Beob- 1) Biologisches Centralblatt 1891. 2) Archiv für Entwicklungsmechanik Bd. T. 3) Die histologischen Vorgänge bei Heilung der Nierenwunden. Habilitationsschrift. Marburg 1892. - 17 - achtungen beziehen in erster Linie auf Geschwülste, in denen jene Uebergänge oft und leicht zu sehen sind. Aber es ist dann frag- lich ob sie sich voll und ganz für jene Metaplasie verwerthen lassen. Denn Knorpel z. B. findet sich wohl ausnahmslos in solchen Tumoren, die, von den reinen Chondromen natürlich abge- sehen, aus einer foetalcn Absprengimg hervorgehen J). Er ent- wickelt sich also nicht aus dem Bindegewebe der Fundstelle des Tumors, sondern aus Bestandteilen des letzteren, die aber eben auch abgesprengt sind und daher sehr wohl perichondraler Natur sein können. Es liegt im Uebrigen nicht in meiner Absicht, die Bedeutung der Spccificität der .Zellen für die Regeneration und Metaplasie eingehender zu besprechen, da eine Erörterung aller hier in Betracht kommenden Einzelheiten für die Frage nach den Ur- sachen des Gewebswachsthums nicht erforderlich ist. Nur ein Punkt sei noch kurz berührt. Ist es möglich, dass auch ent- gegengesetzt dem soeben erörterten Wege die differenzirten Zellen sich in die geringer speeificirten also z. B. die Drüsenepithelien in solche der Ausführungsgänge gleichsam zurückverwandeln können? Man wird annehmen dürfen, dass dieser Vorgang weniger leicht zu Stande kommt und die Erfahrung bringt dafür die Be- stätigung. Aber er fehlt doch nicht ganz. Was die Drüsen an- geht, so besitzen wir freilich keine absolut sicheren Thatsachen. Anzuführen wäre nur, dass man vielfach eine Umwandlung von Leberzellen in Gallengangsepithelien bei der Lebercirrhose für möglich hält. Dagegen kommt eine Metamorphose von Knorpel in Bindegewebe vor, wenn wir wenigstens die faserige Substanz, die so entsteht, als Bindegewebe betrachten dürfen. Im Allgemeinen aber liefern die am weitesten differenzirten Elemente immer wieder Abkömmlinge gleicher Art. Es sind also die speeifischen, den Charakter der Zelle bestimmenden Eigenschaften so in den Vor- dergrund getreten, dass die auf der vorhergehenden Stufe in gleicher oder grösserer Stärke vorhandenen, zwar nicht verloren gegange- nen, aber nur noch gering entwickelten Eigentümlichkeiten jetzt für gewöhnlich nicht mehr zur Geltung kommen. Unter allen Umständen aber müssen wir daran festhalten, 1) Vergl. die Dissertation von Chworostansky, Das Vor- kommen von Knorpel in Geschwülsten. Zürich 1895. Ribbert, Wach iL um. 2 - 18 — dass bei der Regeneration die Zellen stets nur genau die gleichen oder doch nahe verwandte Abkömmlinge liefern. Nun ist aber die Regenerationskraft der einzelnen Zellen und Gewebe eine ausserordentlich verschiedene. Das Epithel der äusseren Haut und Schleimhäute sowie das Endothel seröser Flächen wird rasch wiederersetzt, so dass man nach einiger Zeit durch nichts mehr an den früheren Defect erinnert wird. Ganz anders ist es aber schon bei den meisten epithelialen, drüsigen Organen. Die Speicheldrüsen allerdings regeneriren, wie oben betont wurde, sehr vollständig, aber bei der Leber und der Niere kommt es niemals zu einem Ersatz der verlorenen Theile. Zwar zeigen die angeschnittenen Gallengänge ziemlich lebhafte Wuche- rungserscheinungen, allein daraus geht kein neues Lebergewebe hervor. Das liegt nun gewiss nicht allein an dem Verhalten der Gallengangsepithelien, die ja doch zu den Leberzellen in demselben Verhältnis® stehen wie die Ausführungsgänge der Speicheldrüsen zu den functionirenden Epithelien, sondern es hat seinen Grund zum grössten Theile in dem complicirten Bau des Organes. Die beim Embryo gegebenen Bedingungen, unter denen die Zellen und das Blutgefässnetz sich bilden und in der typischen Weise in einander wachsen, sind eben nach Verletzungen des Organes nicht mehr gegeben. Anders scheint es zu liegen, wenn der eine dieser beiden Factoren, das Blutgefässnetz nämlich, gegeben ist und um die Leberzellen ersetzt werden müssen. So ist es beim Menschen, wenn die letzteren durch einen regressiven Process, wie bei der acuten gelben Leberatrophie zu Grunde gingen. Unter diesen Verhältnissen beschrieben Med er l) und Marchand 2) den Wiederersatz von Lebersubstanz durch eine den embryonalen Vorgang wiederholende Wucherung der Gallengänge, die hier aber in gegebene Bahnen hinein erfolgt. In der Niere kommt es niemals zur Bildung neuer gewun- dener Kanal chen und Glomeruli. Auch hier wäre es gewiss schwer denkbar, dass neue Gefässknäuel entständen und dass kanalförmige Sprossen der alten Tubuli sich mit jenen in ty- pischer Weise vereinigten. Aber Wucherungserscheinungen sehen wir ja am Harnkanälchenepithel und an den geraden tritt sogar eine nicht ganz geringe Neubildung ein. 1) Ziegler's Beiträge Bd. XVII, Heft 1. 2) ibid. - 19 - Der Organismus freilich leidet unter der mangelnden Re- generation von Leber und Nieren insofern nicht, als in beiden Organen der Ausfall durch die bereits erörterte compensatorische Hypertrophie gedeckt wird. Was die allgemeinen Beziehungen dieser beiden Vorgänge angeht, so stehen sie in einem umge- kehrten Verhältniss zu einander. Die beiden genannten Organe z. B. regeneriren zwar wenig, hypertrophiren aber beträchtlich, die Speicheldrüse dagegen verhält sich gerade umgekehrt. Ich habe auf diesen Zusammenhang in meinem oben bereits citirten Aufsatz hingewiesen. Noch weniger als die drüsigen Organe regcnerirt der Muskel, dagegen besitzt wiederum der Nerv die Fähigkeit, nach Duivli- schneidung die Bahnen des peripheren Stückes wiederzuersetzen und auch am Amputationsstumpf entsteht eine lebhafte Neubildung von Fasern. Das Wachsthum geht vor allem von dem Axen- cylinder aus. Beträchtliche Wucherungsfähigkeit zeigen ferner Bindege- webszellen und Blutgefässe. Beide wachsen in die verschieden- sten Defekte hinein und füllen sie mehr oder weniger aus. Das so entstehende Granulationsgewebe tritt auch überall an die Stelle functionellen Gewebes, welches einer Regeneration nur unvoll- kommen fähig ist. Sehr gering dagegen ist der Wideransatz von Knochen und Knorpel, so weit diese Gewebe selbst betheiligt sind. Aller- dings tritt hier das Periost und Perichondrium für sie ein. Diese wenigen kurzen Hinweise mögen genügen, um uns die Thatsache in das Gedächtniss zurückzurufen, dass die Rege- nerationskraft der einzelnen Gewebsarten eine ausserordentlich verschiedene ist. Dieser Umstand lehrt, dass die wichtig- ste Grundlage der Regeneration in den Eigen- schaften der in Betracht kommenden Zellen zu suchen ist. Die erste Voraussetzung ist die, dass die Zellen überhaupt vermehrungsfähig sind, die zweite die, dass sie nun auch durch ihr Wachsthum neues, dem alten gleiches Gewebe zu bilden vermögen. Denn das eine hat nicht nothwendig das andere zur Folge. Unter diesen Umständen kommt aber selbstverständlich der durch traumatische oder sonstige Eingriffe veranlassten Entfer- nung von Gewebstheilen nur die Rolle eines auslösenden Momentes -~ so - zu. Die zurückgebliebenen Zellen können ihre Proliferations- fähigkeit zum Ausdruck bringen und nun kann eventuell eine Regeneration eintreten. Wie ist nun aber im Einzelnen der Zusammenhang zwischen dem Fehlen eines T heil es und der Wu- cherung der anstosscndcn Zellen? Man sagt gewöhnlich kurzweg, es seien die Wachsthums- hindernisse weggenommen, welche einer weiteren Vermehrung der Zellen im Wege standen. Das ist gewiss richtig, insoweit für den Stillstand des Wachsthums im erwachsenen Körper die gegenseitigen Lagerungsverhältnisse der einzelnen Gewebstheile und die sonstigen Einwirkungen in Betracht kommen, die sie auf einander ausüben. Fällt ein Gewebsabschnitt fort, so wird damit auch sein Einfluss auf die angrenzenden Zellen aufgehoben und diese können die in ihnen bis dahin schlummernde Wucherungs- fähigkeit zur Geltung bringen. Strenge genommen müssten nun aber nur die den Defekt direkt berührenden Bestandtheile von dem Ausfall getroffen werden. Denn bei einem glatten Schnitt z. B. kommt ja für die etwas weiter vom Rande abliegenden Abschnitte keinerlei Beseiti- gung von Wachsthumshindernissen in Betracht. Und doch tritt oft auf weite Entfernung eine Zeilproliferation ein. Für die Leber wurde dies im vorigen Kapitel bereits hervorgehoben. Die Er- scheinung wäre völlig unverständlich, wenn der Verlust eines Gewebsabschnittes keine anderen Folgen für die anstossenden Theile hätte, als den durch die Lücke bedingten Fortfall von Wachsthumshindernissen. Aber das ist nicht der Fall. Denn regelmässig tritt in weitem Umkreise Hyperämie mit verstärkter Exsudation und mit Emigration von Leukocyten ein. Diese Vorgänge können für die fixen Gewebsbestandtheile nicht ohne Bedeutung sein. Es kommt hier vor Allem in Betracht das mechanische Moment der Hyperämie und eine zur Schwellung der Defectränder führende Erweiterung der Saftspalten. Daraus resultirt aber für die fixen Bindegewebszellen und für die Endothelien eine erhebliche Ver- schiebung ihrer gegenseitigen Verhältnisse und ihrer Beziehungen zur Zwischensubstanz. Die Zellen müssen sich von einander ent- fernen, sie müssen sich theilweise oder ganz loslösen und daraus ergiebt sich auch für sie eine Aufhebung der ihr normales Wachs- thum einschränkenden Hindernisse. Sie vermehren sich, soweit I — 21 — die Hyperämie reicht, die nach den hei der Hypertrophie be- sprochenen Gesichtspunkten auch für sich allein ohne erheblich gesteigerte Exsudation die mechanischen Bedingungen für eine Zellwucherung in sich trägt, da sie zu einer Dehnung des Ge- webes und zu einer Erweiterung des Gefässnetzes führt. Damit sind wir nun über die Ursachen der Zell- proliferation am Defectrande ins Klare gekommen. Ist nun aber die Wucherung der Zellen gleichbedeutend mit einer Regeneration? Diese Frage muss verneint werden und zwar aus folgenden Gründen. Wir hoben hervor, dass von der Aufhebung der Wachsthums widerstände durch den alleinigen Ausfall von Gewebsabschnitten nur die dem Defekte nahe ge- legenen Zellen getroffen werden. Sie werden dadurch zu einem Hineinwandern in denselben und zur Proliferation veranlasst. Die weiter ab liegenden Zellen erfahren keine Einwirkung durch die Entstehung einer Gewebslücke, ihre Wucherung wird vielmehr durch die Hyperämie mit ihren Folgen ausgelöst. Ein Beispiel mag dies noch klarer machen. Wenn im Oberflächenepithel ein Defect entstand, so sehen wir, dass derselbe durch ein Vor- dringen der an ihn anstossenden Epithelzellen ausgefüllt wird. Diese Wanderung beginnt schon , bevor die ersten Zellthei- lungen auftreten, sie ist der erste Ausdruck der Regene- ration. Nun finden sich aber bald Mitosen am Epithel in so grosser Entfernung vom Wundrande, dass von einer direkten Einwirkung des Defekts keine Rede sein kann. Diese Kern- theilungen werden durch die Schwellung des Bindegewebes ver- anlasst, die wiederum die Folge der Hyperämie resp. der Exsu- dation ist. Das Epithel wird als Ganzes über der anschwellen- den Unterlage stärker gespannt und dadurch wird eine Vermeh- rung einzelner Zellen ausgelöst. Als Ausdruck der Regeneration haben wir also hier wie , in allen anderen Fällen lediglich die Proliferation der an die Lücke anstossenden Zellen zu betrachten. Nun könnte man allerdings versucht sein, die Wucherung ferner gelegenen Elemente insofern doch zum Ausfall eines Gewebs- bezirkes in Beziehung zu setzen, als man sagt, die Hyperämie sei die Folge der Defektbildung und so lasse sich die von un- abhängige Zellproliferation doch indirekt aus dem Einfluss der letzteren ableiten. — 22 — Aber ist denn wir klich die Hyperämie, ver- stärkte Exsudation und Emigration von der Ent- stehung der Gewebslüeke abhängig? Es dürfte schwer sein, hier einen Zusammenhang festzustellen. Wodurch kann dann aber die Hyperämie bedingt sein? Die Antwort ist nicht schwer zu geben. Bei Entstehung eines Defektes kommt eben nicht nur der Ausfall der Gewebe, nicht nur die Lücke als solche in Betracht. Vielmehr gehen von ihr noch andere Ein- wirkungen auf das Gewebe des Wundrandes aus. An Stelle der entfernten Abschnitte findet sich ja niemals ein leerer Raum. Denn die Lücke ist mindestens ausgefüllt durch ergossenes Blut, geronnenes Exsudat, abgestorbene Gewebsreste. Alle diese Sub- stanzen sind aber nicht lebend, sondern todt und wirken des- halb auf alle Gewebe wie künstlich eingeführte Fremdkörper. Diese aber rufen stets Hyperämie mit ihren Folgen hervor, wie bei der Entzündung genauer besprochen werden muss. Die Re- generation für sich allein könnte nur studirt werden, wenn es möglich wäre, völlig leere Defekte zu schaffen. Aber das ist eben nicht möglich. Sie müssten zudem im Innern des Körpers gelegen sein, denn frei nach aussen sehende Lücken würden, auch wenn sie keine fremden Substanzen enthielten, doch immer den Einflüssen der äusseren Luft zugänglich sein. Bei der Ent- zündung werde ich übrigens einen Versuch besprechen, dessen Verhältnisse den hier theoretisch geforderten Bedingungen wenig- stens nahe kommen. Wenn so für die Zellwucherung bei der Regeneration stets zwei ursächliche Momente neben einander in Frage kommen, so ist es im Allgemeinen nicht möglich zu sagen, wie viel von den cellulären Processen dem einen, wie viel dem andern zuzuschreiben ist. Am leichtesten scheint es die Grenze zu ziehen, wenn man es mit wohlcharakterisirten Gewebsarten zu thun hat. In der That dürfte man z. B. die Wucherung der Axencylinder des durchschnittenen Nerven nur als einen regenerativen Process an- zusehen haben. Auch das Auswachsen der Drüsenausführungs- gänge, insbesondere der Speicheldrüsen wird man nicht anders auffassen können. Bei dem Gewebe aber, welches neben den f unctionellen Bestand- teilen stets in Betracht kommt, nämlich bei dem gefässhaltigen Bindegewebe, ist eine Trennung der Wachsthumsvorgänge in die - 23 - regenerativen und die durch die Hyperämie ausgelösten nicht möglich. Die Betrachtungen dieses der Regeneration gewidmeten Ab- schnittes führen uns also zu folgenden Schlüssen: Die Regeneration beruht auf der den Zellen innewohnenden und durch die Entstehung ein er Gewebslücke in Folge des Fortfalles von Wachs- th ums hinde missen ausgelösten Vermehrungs- fähigkeit. — Aber nur die an den Defektrand an- grenzenden Zellen werden von der „Entspannung" getroffen. D i e Wu cherung der w e i t e r entfernt liegenden wird indirekt angeregt. Sie ist abhängig von der Hyperämie, welche durch die Einwirkung der in der Lücke vo r bände nen Exsudate und abgetrenn- ten Gewebstheile, die als Fremdkörper wirken, hervorgerufen wird. Die Blutübe r füll ung be- dingt wie bei der Hypertrophie durch Dehnung des Gewebes die Aufhebung der Wachsthums- wi der stände. - 24 IV. Das Wachsthum bei der Entzündung. Um die Feststellung des Begriffes der Entzündung* sind lebhafte literarische Kämpfe geführt worden. Welche von den einzelnen unter dem Mikroskop beobachteten Vorgängen die wesentlichen, welche die unwesentlichen, die primären oder se- cundären seien, ob sie alle zum Wesen der Entzündung gehören oder ob einzelne von ihr abzutrennen sind, ob überhaupt der so schwer zu umgrenzende Begriff festgehalten oder fallen gelassen werden soll, darüber gehen die Meinungen noch heute weit aus- einander. Insbesondere ist in neuerer Zeit die Frage oft aufge- worfen worden, ob die an den fixen Gewebsbestandt heilen auf- tretenden proliferativen Processe zum Charakter der Entzündung gehören oder nicht. Für Vi r c h o w war die Wucherung der Bindegewebskörper- chen das Maassgebende. Die Erweiterung der Blutgefässe hatte nur die Bedeutung, den sich vermehrenden Zellen das not- wendige Nährmaterial zu bieten. Die Emigration war damals noch unbekannt. Als C o h n h e i m sie neu entdeckte, wurde sie zu- sammen mit den übrigen an den Gefässen ablaufenden Processen bestimmend für die Auffassung der Entzündung. Jetzt traten die Vorgänge am Gewebe in den Hintergrund. Weigert kam zu der Auffassung, sie seien lediglich dadurch veranlasst, dass in Folge des durch die Entzündungsursachen bedingten Unterganges eines Gewebsabschnittes eine Aufhebung von Wachsthumswider- ständen eintrete und dadurch die Vermehrungsfähigkeit der Zellen, die nur wegen der im Gewebe herrschenden Spannung nicht zur Geltung kam, aufs Neue angefacht werde. Die als Folge der Entzündung sich einstellenden Proliferationsvorgänge wären da- nach mit dem regenerativen auf eine Stufe zu stellen. Noch - 25 — schärfer trennte Ziegler die vasculären und die im Gewebe sich vollziehenden Erscheinungen. Für ihn ist die Entzündung eine mit pathologischen Exsudationen aus den Blutgefässen ver- bundene örtliche Gewebsdegeneration. Alle Wucherungserschei- nungen an den fixen Elementen sind regenerativer Natur. Eine noch grössere Rolle wurde der Regeneration durch N e u m a n n zuertheilt, der unter Entzündung diejenige Reihe von Vorgängen zusammenfasste, welche sich nach primären Gewebsläsionen local entwickeln und die Heilung dieser Läsionen bezwecken. Die exsudativen Erscheinungen bereiten die Regeneration vor. Die wichtige Entdeckung Cohn heims hatte also den Erfolg, dass die Entzündungslehre Virchow's von den meisten Seiten verlassen wurde. Aber auch hier gab es insofern Aus- nahmen, als neben den Processen am Gefässsystem die Wichtigkeit der cellularen Vorgänge der fixen Elemente wieder in den Vorder- grund geschoben wurde. Stricker Hess die Zellen in den Entzündungsheerden auf den embryonalen Zustand zurückkehren und lebhaft wuchern. G r a w i t z vertheidigte mit seinen Schülern die Vorstellung, dass auch die Zwischensubstanz sich betheilige, da sie sich wieder in Zellen zurückverwandele, aus denen sie seiner Darstellung nach hervorgegangen sei. Daraus erklärte sich der Zellreichthum des Gewebes, zumal auch Leukocyten bei der Metamorphose des Gewebes entstehen sollen. Dieser Angriff auf die Bedeutung der Emigration und auf die herrschenden Vor- stellungen von der Zellbildung wird aber jetzt meist als abge- schlagen betrachtet. Ein Hervorgehen von Zellen aus der Grund- substanz ist nach den bei Weitem vorherrschenden Anschauungen ebensowenig möglich, wie die ausgedehnte Metaplasie, die Gra- witz annahm. Nach dieser kurzen Uebersicht lassen sich die heute gelten- den Vorstellungen von der Entzündung dahin zusammenfassen, dass allgemein die Vorgänge am Gefässsystem als zu ihr gehörig aufgefasst werden, dass dagegen die Proliferation der fixen Ele- mente verschieden beurtheilt wird. Die noch bestehenden Mei- nungsverschiedenheiten, die bisherige Unmöglichkeit eine scharfe Definition zu geben und der Umstand, dass nur verhältnissmässig wenig Processe nicht unter den Begriff der Entzündung fallen würden, dieser daher fast gleich bedeutend mit Erkrankung sei, haben T h o m a veranlasst, in seinem Lehrbuch der allgemeinen — 26 — Pathologie die Entzündung auszumerzen und die unter ihr bisher beschriebenen Erscheinungen unter den Kreislaufstörungen und den Störungen der Gewebsernährung zu besprechen. Bis jetzt scheint es nicht, als ob er bei diesem Vorgehen auf viele Nach- folger zu rechnen hätte. Im Folgenden soll nun noch einmal der Versuch gemacht werden, die Bedeutung der Proliferation der fixen Gewebsbestand- theile für die Entzündung weiter aufzuklären und damit für diese womöglich eine schärfere Definition zu gewinnen. Da werden wir denn, wie aus der eben gegebenen Uebersicht hervorgeht. Allem zu fragen haben. « -ich j e n e Wu c h e r u n g s v o r- gänge lediglich als dieFolgen einer Aufhebung derWachsthurnshindemisse. im engeren Sinne als regenerative auffassen lassen. Xun haben wir bei Besprechung der Regeneration gesehen, dass die Zellvermehrung weit über die Grenzen hinausgeht, in denen allein ein direkter Einfluss einer Gewebslücke sich geltend machen kann. Wenn wir dies dort aus der im weiten Umkreise eintretenden Hyperämie und der durch sie bedingten Dehnung des Gewebes und der Erweiterung der Saftspalten erklärten, so - unter den hier in Betracht kommenden Verhältnissen in- sofern noch eher möglich, als die Hyperämie beträchtlicher zu sein pflegt. War aber deshalb dort die Zellproliferation nur zum Theil als reparative im Sinne einer Wiederherstellung des verloren gegangenen Gewebes aufzufassen, so trifft das Gleiche natürlich auch hier zu. Xur in einem besonderen Sinne könnte die Wucherung als regenerative gedeutet werden, insofern sie nämlich so lange an- dauere, bis die Zellen in den erweiterten Gewebsspalten wieder eine mit der normalen übereinstimmende Lage gewonnen hätten. Ueber das dieser Voraussetzung entsprechende Maass geht aber die Vermehrung oft weit hinaus, so dass zum mindesten, wie es häufig geschieht, von einer das Erforderniss um das Vielfache übertreffenden Prolife ration gesprochen werden müsste. ^teilen sich somit schon aus diesen Gründen der Auffassung, dass die Proliferationsvorgänge einer Regeneration entsprächen, manche Bedenken entgegen, so könnte man vielleicht zunächst noch hervorheben, dass deshalb doch noch die cellularen Procesae keine selbständige Bedeutung beanspruchen könnten, insbeson- — 27 - dere nicht im Sinne der Anschauungen Virehov Denn es handelt h doch ausschliesslich um Processe. die sich erst an die GefiteSYorginge anschliessen. Das is* _ via» richtig und es ist in der That mit der Ablehnung der eine Regeneration befür- wortenden Deutung nichr iter gewonnen, als dass die Zellver- mehrun^ insofern in ein anderes Verhältnis* zu den heute viel- fach ausschließlich als entzündlich betrachteten Gefässvorgängen _ langt, als sie von diesen direkt abhängig wird und von ihnen nicht getrennt werden kann. Xun kommt aber zu den besprochenen Vorgängen sehr bald ein neuer hinzu. Das ist die Einwanderung der fixen Zellen in den Entzündungsheerd, d.h. also in das hier befindliche Exsudat, zwi-chen die nekrotischen Substanzen und die eventuell noch vorhandenen Enrzündungsursachen. Auch n dieser Erscheinung könnte man vielleicht annehmen, sie sei durch den Fortfall von Waehsthumshindernissen ausgelöst. Aber diese Vorstellung hat einige Schwierigkeiten. Man kann sich leicht vorstellen, dass die sich vermehrenden Zellen continuirlich in den Defekt hineinrücken würden, aber das ich von ein- ander trennen und einzeln selbständig kriechend sich fortbe- wegen sollten, d : lediglich als Folge einer Beseitigung von Wachsthuniswiderständen nicht anzunehmen. Da müssen noch dere Umstände mitwirken. Die vordringenden Zellen zeigen nun aber noch andere nicht zur Regeneration gehörige Eigenthümlichkeiten. vie nehmen Bestandtheile der Entzündungsursachen und der exsudativen und nekro: hen Massen in sich auf. Ich erinnere z. B. daran, da-- sie -ich, wie es Marchand bei inen Versuchen über die Einheilung von Fremdkörpern1 und ich selb- bei analogen Experimenten an den Lvmphdrüsen h. Theile mit Leim injicirten Lungengewebes einverleiben. Als Andruck einer durch Hinderni-- ss _ :ng ausgelösten Pro- literation kann diese Erscheinung nicht a: _ - hen werden. Auffallender noch, als bei den in der Continuität der Ge- webe liegenden Entzündungsheerden machen sich alle bisher be- sprochenen Verhältnisse dann geltend, wenn es sich um das Ein- 1) Ziegler's Beiträge Bd. IV. 2) Ebenda Bd. VII. — 28 — dringen von Zellen in Massen handelt, die ausserhalb des Ge- webes liegen, insbesondere in hohle Fremdkörper, wie Hollunder- mark, Schwamm etc. Es ist durch zahlreiche Untersuchungen bekannt,- wie leb- haft Leukocyten und Derivate fixer Zellen in die sich bietenden Lücken eindringen und sie ausfüllen. Von einer Regeneration kann in solchen Fällen strenge genommen keine Rede sein, da oft, wie z. B. bei Einführung blanker Körper in die Bauchhöhle, kaum etwas ausser einigen Endothelien wiederersetzt werden musstc. Eher könnte man im allgemeineren Sinne von einer Aufhebung der Wachsthumswiderstände sprechen. Aber auch dieser Zusammenhang ist in manchen Fällen schwer verständlich. Ich habe hier ganz besonders Versuche im Auge, über die ich bereits früher einmal kurz berichtete1). Es handelte sich um die Einführung des zu Bakterienculturen dienenden Nähr-Agars, also eines möglichst reizlosen Fremdkörpers, in die vordere Augenkammer von Kaninchen. Die Experimente wur- den angestellt im Anschluss an verschiedene andere 2), in wel- chen Injectionen von Agar, Blut, Fett und Zinnober unter die Haut vorgenommen worden waren, um die dabei auftretenden Entzündungen zu studiren. Nun hatten diese letzteren Versuche natürlich eine mehr oder weniger grosse Zerreissung, also eine Lückenbildung im Gewebe zur Folge, und dadurch wurde es schwierig, die entzündlichen Processe für sich zu studiren, d. h. von den regenerativen zu trennen. Ich kam daher auf die Idee, die vordere Aussenkammer zu wählen, in der durch das einge- führte Agar lediglich das vorher abgelassene Kammerwasser theil- weise ersetzt wurde, ohne dass eine Zerreissung von Gewebe oder auch nur eine irgendwie nennenswerthe Verletzung desselben statthahen konnte. Aber auch unter diesen Verhältnissen blieb eine lebhafte Wanderung fixer Elemente nicht aus. Nach an- fänglicher beträchtlicher Emigration ausschliesslich mehrkerniger Leukocyten erfolgte ein Eintritt grosser Zellen in die vordere Augenkammer, die sich durch ihren 1) Centralblatt für patholog. Anatomie Bd. I, S. 665. 2) Bleibtreu, Die Resorption von Blutextravasaten; Kreuz- berg, D. R. von Zinnober; Mönkemöller, D. R. von Fett; Mues, D. R. von Agar. Dissertationen Bonn 1890. - 29 - typischen P i g m entgeh alt als losgelöste Iris- zellen docunientii'teii. Es ist bemerkenswerth, dass dies eintrat, ohne dass eine einzige Mitose in der Iris beobachtet werden konnte. Die Zellen drangen in die Spalten des Agar ein, legten sich an die Ränder derselben nach Art von Epithelien an, theilten sich auf mito- tischem Wege, bildeten grosse Riesenzellen mit Hunderten von Kernen und brachten nach und nach den Fremdkörper zur Auf- lösung. Sollte es unter diesen Bedingungen wohl möglich sein, die ausgedehnten cellularen Processe aus einer Aufhebung von Wachthumshindernissen zu erklären? Man kann nun die Vorstellung von der regenerativen Be- deutung der Zellproliferation bei der Entzündung noch von einer anderen Seite anfassen, indem man fragt, ob wirklich die Beseitigung von Wachsthums wider ständen in allen Fällen eine Wucherung auslöst, auch dann, wenn kein nennenswerther Ausfall stattfand und eine Regenera- tion daher kaum in Betracht kommt. Gelänge es, Lücken im Gewebe herzustellen, die trotz leb- hafter Proliferation im Rande doch in der Hauptsache unausge- füllt blieben, so wäre diese Frage im negativen Sinne entschieden. In folgenden Versuchen glückte es mir, diesem Postulat zu ge- nügen. In den mit hohlen Fremdkörpern angestellten Experi- menten hatte man bisher stets solche angewandt, die mit ver- hältnissmässig engen Lücken versehen waren. Diese wurden durch die eindringenden Zellen rasch ausgefüllt und man nimmt an, dass die Einwanderung derselben so lange andauert, bis auch in grossen Fremdkörpern eine völlige Durchwachsung aller Spalten stattgefunden hat. Ich überlegte nun, ob das Resultat nicht ein anderes sein würde, wenn man statt der mit vielen Kanälen versehenen Gegenstände solche nähme, die nur einen grossen Hohlraum besässen, indem ich hoffte, dass man so entscheiden könnte, ob die Zellen auch jetzt so lange wachsen würden, bis nach Ausfüllung der grossen Höhlen wieder eine der normalen analoge Gewebsspannung erreicht wäre. Ich wählte zu den Versuchen Kirschkerne und Haselnüsse, in die ich von allen Seiten Löcher einbohrte, so dass eine siebartig durchbro- chene Wand entstand. Dabei wurde der Inhalt entfernt. Die - 30 - sorgfältig* sterilisirten Körper brachte ich unter die Haut oder in die Bauchhöhle. Als ich sie nach einigen Monaten wie- der herausnahm , lagen sie locker im Gewebe , resp. fast frei in der Bauchhöhle, aber ganz eingehüllt in eine dünne, aussen abgeglättete Lage von neugebildetem Bindegewebe. Nach dem Durchsägen ergab sich, dass sich im Innern eine dickbreiige weissliche Masse fand, die das Lumen nicht ganz ausfüllte. Sie bestand aus fettig und körnig* zerfallenden Zellen, wohl meist Leukocyten. Die Masse wurde ausgespült , und nun fand ich die Innenfläche der Höhle ausgekleidet mit einer äusserst feinen Schicht eines glatten, grau -weissen Ge- webes, welches durch die nach aussen führenden Oeffnungen mit der äusseren Hülle in Verbindung stand. Diese setzte sich ebenso wie das die Bohrlöcher ausfüllende Gewebe aus fibrillärer % Grundsubstanz, vielen nesterweise liegenden Rund- zellen, epithelioiden Elementen, zahlreichen Riesenzcllen und Ge- fässen zusammen. Die Innenschicht dagegen zeigte nur verein- zelte lange, spindelige Zellen, und auch das nur in der Nähe der Oeffnungen. Im Uebrigen bestand sie nur aus wenigen Fibrillen. Vor Allem fehlte jede Abgrenzung gegen den Hohl- raum, die etwa durch Endothelien hätte hergestellt werden kön- nen. Trotzdem also längere Zeit vergangen war, hatte sich, obgleich von einer Wiederherstellung einer Gewebsspannung nicht die Rede sein konnte, doch nicht mehr Gewebe gebildet, als nöthig war, um die Fremdkörper auf ihren äusseren und in- neren Oberflächen einzuhüllen. Es würde auch kein weiteres Wachsthum stattgefunden haben. Das bewies der Mangel jeder Kerntheilungsfigur und der Umstand , dass die Fremdkörper frei in der Bauchhöhle lagen, also nicht mehr durch Gefässe, sondern nur noch durch Diffusion ernährt wurden. Auch fand sich in der Ausdehnung der Gewebsneubildung zwischen den jüngeren und den älteren Stadien kein Unterschied. Man kann auch nicht etwa einwenden, über ein gewisses Maass hinaus könnten die Gewebe sich nicht vermehren, denn erstens ist die Wucherung in den Nüssen relativ so beträchtlich, dass sie zu einer viel weitergehenden Ausfüllung der Kirschkerne wohl aus- gereicht hätte und zweitens geht sie thatsächlich in sonstigen mit Lücken versehenen Fremdkörpern viel weiter. Auf die - 31 - Gründe dieses Ausbleibens einer fortschreitenden Neubildung gehe ich sogleich noch weiter ein. Die bisherigen Erörterungen haben uns gelehrt, resp. daran erinnert, dass nach Aufhebung von Wachsthumshin- d e missen die Wucherung nicht noth wendig bis zur Wiederherstellung einer physiologischen Gewebsspannung führen muss. Das Vordringen der Gewebszellen in den Entzündungsheerd kann deshalb und aus den sonstigen oben besprochenen Gründen nicht als der Ausdruck einer Degeneration angesehen werden. Es wird sich nun fragen, ob uns denn eine andere Erklärung zu Gebote steht. Darauf können wir bejahend antworten. Wir erinnern uns, dass ja ausser den Abkömmlingen der fixen Zellen und zwar vor ihnen noch andere Elemente, nämlich die Leukocyten in den entzündeten Bezirk, in die Exsudate, die Fremdkörper etc. vordringen. Man findet sie hier schon wenige Stunden nach Beginn des Processes, nach 24 Stunden meist in sehr grosser Zahl, oft dicht gedrängt. Sie lassen sich am besten da untersuchen, wo sie für sich allein, nicht mit anderen Zellen gemischt, vorkommen. Insofern boten mir die erwähnten Ex- perimente mit Injection von Agar in die vordere Augenkammer ein vortreffliches Untersuchungsobjekt. Hier sieht man während des ersten Tages ausschliesslich jene Leukocytenformen, niemals andere Zellen. Man bezeichnet sie gewöhnlich als mehrkernige, aber es ist zu beachten, dass sie, hervorgehend aus einkernigen Elementen des Knochenmarkes, unter Umständen auch im Blute noch mit nur einem Kern versehen sein können. Sie sind weiter charakterisirt durch die Anwesenheit der neutrophilen Granula. So kann man sie, wie ich in mehreren Arbeiten immer wieder betont habe, stets leicht von andern weissen Blutkörperchen un- terscheiden, zu denen sie keinerlei Uebergänge zeigen. Ich halte es also nicht für richtig, dass aus den gewöhnlichen einkernigen Leukocyten, die man wTegen ihrer Uebereinstimmung mit den Zellen der Lymphdrüsen als Lymphocyten bezeichnen muss, die mehrkernigen werden können. Und wenn neuerdings mehrfach das Gegentheil behauptet worden ist, so halte ich das, worauf ich freilich in diesem dem Wachsthum gewidmeten Aufsatz nicht näher eingehen kann, für einen Irrthum, der wohl zum Theil da- durch hervorgerufen winde, dass die sogenannten polynucleären - 32 — Zellen auch im Blut noch einkernig sein können und dass inso fern gelegentlich ein Mehrkernigwerden wird zu beobachten sein. Zur Vermeidung dieser Irrthümer muss man eben nicht nur das Verhalten des Kernes, der übrigens in den Lymphocyten rund, chromatinreich ist, sondern auch das des Protoplasmas und zwar das Vorhandensein oder Fehlen der Granula, sowie seine in den Lymphocyten geringere Menge in Betracht ziehen. Wer einmal eine acute Ausfüllung der Gewebsspalten mit mehrkernigen Leukocyten verglichen hat mit dem Bilde einer durch Lymphocyten bedingten chronischen zelligen Infiltration, wird von dem ausgesprochenen Gegensatz beider Befunde über- zeugt sein. Die beiden Zellarten besitzen also eine ausgesprochene Specificität, die eine Metaplasie zwischen ihnen ausschliesst. Die mehrkernigen Leukocyten stammen zweifellos aus dem Blutkreislauf. Auf sie bezieht sich das bekannte Bild der Emi- gration. Sie haben die Fähigkeit, sich in den Gewebsspalten weiter zu bewegen. Aber sie wandern bei der Entzündung nicht in beliebigen Richtungen, sondern werden, wie wir aus den vielen neuen Beobachtungen ersehen haben, durch die vom Entzündungsheerd ausgehenden Einwirkungen angelockt. Wir reden in diesem Sinne von Chemotaxis. Diese muss aber nicht immer durch bestimmte chemische Stoffe, wie die Bakterienprodukte bedingt sein, sondern, da auch blande Fremdkörper die gleiche Wirkung ausüben, so muss auch die in dieselben hinein und nach chemi- schen Aenderungen aus ihnen wieder zurückströmende Gewebs- flüssigkeit, resp. auch nur ein Diffusionsstrom den gleichen an- lockenden Einfluss auf die Zellen haben. Man hat nun auch gefragt, ob die Chemotaxis schon für die Emigration selbst in Betracht komme, die man früher lediglich aus den Veränderungen des Blutstromes ableiten wollte. Ziegler1) meint, dass der Entzündungsheerd vielleicht auch schon auf die im Blute be- findlichen Zellen anlockend wirken könne. Ich halte eine solche Auffassung in der That für richtig und zwar auf Grund folgender experimenteller Beobachtungen. Wenn man, wie es E. Sidler2) 1) Lehrbuch Bd. I, p. 333. 2) Dissertation, Zürich 1895. Untersuchungen an Kaninchenohren nach Injektionen verschiedenartiger Flüssigkeiten in ihre Venen. - 33 - auf meine Anregung ausgeführt hat, eine 0,05 °/0 Jodlösung in peripherer Richtung in eine Ohrvenc eines Kaninchens einspritzt, so dass das ganze zugehörige Capillarsystem damit gefüllt wird und nun 1—2 Minuten darin verweilen lässt, so tritt während der ersten 24 Stunden ein ausserordentlich hochgradiges Oedem ein, zum Zeichen, dass durch das Jod eine sehr erhebliche Al- teration der Gefässwände herbeigeführt wurde. Die Emigration ist dagegen eine ausserordentlich geringe, so dass man oft Mühe hat, sie überhaupt nachzuweisen. Wären die Circulationsverän- derungcn wirklich für die Auswanderung verantwortlich, so müsste sie in diesen Versuchen mindestens ebenso hochgradig sein, wie in den Fällen, in denen man Jod subcutan injicirt. Aber der Unterschied liegt eben darin, dass im letzteren Falle die Ent- zündungsursache ausserhalb der Gefässe sich befindet und che- motaktisch auf sie einwirkt, während bei intravenöser Injection eine Chemotaxis nur insoweit eintritt, als etwas Jodlösung durch die Gefässwand nach aussen tritt und als das entstehende Ex- sudat eine Anlockung ausübt. So schliesse ich also , dass die Emigration ebenfalls durch die Chemotaxis erklärt werden m u s s. Kehren wir nun nach dieser Abschweifung auf das Gebiet der Leukoeytenemigration zu den fixen Gewebszellen zurück, so beantworten wir nunmehr die oben aufgeworfene Frage nach den Ursachen der Zelleinwanderung in den Entzün- dungsheerd dahin, dass auch hier eine Anlockung im Sinne der besprochenen Chemotaxis die Veran- lassung ist. Was auch könnte uns hindern, die Fähigkeit der Leukocyten, chemischen Reizquellen sich zu nähern, anderen isolirten Zellen abzusprechen? Wir müssen vielmehr annehmen, dass alle Zellen chemotaktischen Einwirkungen zugängig sind, wenn auch keines- wegs alle im gleichen Maasse. Die Epithelien scheinen im All- gemeinen wenig auf Chemotaxis zu reagiren, viel mehr dagegen und den Leukocyten kaum nachstehend die Zellen des Binde- gewebes. Hier kommen freilich drei verschiedene Zellformen in Betracht. Die ersten sind die eigentlichen fixen Bindege- webs z eilen, die in der Norm nur wenig Protoplasma be- sitzen und deren Kern klein, resp. lang und schmal ist und sich dunkel färbt. Sie schwellen aber bei der Entzündung beträcht- Ribbert, Wachsthum. 3 - 34 - lieh an, bekommen ovale grössere Kerne, werden protoplasma- reicher, lösen sich eventuell ab und werden dann chemotaktisch angelockt. Die zweite Zellart wird durch die Endothelien der Saftspalten repräsentirt, die freilich an manchen Stellen reich- lich, an anderen spärlicher sind, aber, wie viele neuere Beobach- tungen lehren, ganz besonders leicht isolirt werden und zu grossen protoplasmatischen Zellen mit grossem hellem Kern anschwellen. Wenn wir nach den Verschiedenheiten der Kerne, des Protoplas- mareichthums und der Gestalt die Differenzirung der beiden Zellarten mit voller Sicherheit vornehmen dürften, so müssten wir aus den mikroskopischen Befunden schliessen, dass gerade die Endothelien besonders leicht chemotaktisch beeinflusst werden. Denn Zellen mit ihren Charakteren sehen wir nächst den Leuko- cyten stets zuerst einwandern, wie ich besonders bei meinen Ver- suchen über die Entzündung der Lymphdrüsen betont habe. — Die Lymphocyten sind die dritte Zellform. Ihre Herkunft wird verschieden beurtheilt, man lässt sie entweder aus den Blutgefässen emigriren oder auf Lymphbahnen herbeiwandern, oder im Gewebe entstehen. — Für letztere Möglichkeit habe ich mich1) früher ausgesprochen. Denn für ihre Emigration konnte ich mich nicht entscheiden, da es mir vor Allem unerklärt blieb, wesshalb sie nicht mit den mehrkernigen Leukocyten zugleich aus- wandern, sondern erst später völlig unabhängig von ihnen und nach Ablauf der acuten Gefässprocesse austreten würden. Ich dachte mir, dass sie an Ort und Stelle aus den Endothelien sich bildeten in gleicher Weise, wie sie meiner damaligen Ansicht nach durch eine Umwandlung abgelöster Endothelien in den Keimcentren der Lymphdrüsen entständen. Baumgarten2) hat demgegenüber an der Auswanderung der Lymphocyten fest- gehalten. Ich will auf die Controverse nicht im Einzelnen ein- gehen, zumal sich meine Vorstellungen seitdem in dem Punkte geändert haben, dass ich jetzt auch nicht mehr eine Entstehung der Lymphocyten durch Wucherung fixer Zellen annehme. Die prägnante Verschiedenheit der abgelösten Endothelien von den Lymphocyten machen einen Uebergang wenig wahrscheinlich. Ich stimme also jetzt Hansemann3) zu, der die Lymphocyten 1) Centralbl. für patholog. Anatomie Bd. I, p. 665. 2) Ebenda p. 764. 3) Verhandl. der anatom. Gesellschaft, München 1891. - 35 - als eine specifische ZeÜlform aufTasst, die selbständig ist, wie jede andere. Hanse mann hat auch ein anderes Bedenken, welches mich damals mitbestimmte, beseitigt. Ich war nämlich mit Baumgarten der Meinung, die Lymphocyten zeigten niemals Mitosen und dachte deshalb, sie müssten aus einer anderen Zell- form hervorgehen. Aber Hanse mann zeigte, dass auch sie sich karyokinetisch theilen und dass wir die Mitosen lediglich wegen ihrer Kleinigkeit übersehen hatten. Die Bildung der Lympho- cyten erfolgt hauptsächlich in den lymphatischen Apparaten aller Art, auch in den kleinsten Heerden lymphoider Substanz, die erst bei Entzündungen deutlich hervortreten, wenn sie durch die- selbe zur Schwellung gebracht werden. Aber die Vermehrung erfolgt auch in den Spalten des Bindegewebes, in welche die Zellen aus den lymphatischen Apparaten in geringer Menge auch schon in der Norm gelangen. Diese drei Zellarten also sind es, die nach den Leukocytcn durch die Chemotaxis in den Entzündungsheerd hineingelockt werden. Die Erscheinung äussert sich aber nicht nur an den im Rande des Bezirkes befindlichen Zellen, sondern auch an weiter entfernt im Gewebe liegenden. Auch von hier aus tritt eine Wan- derung ein. Damit sie möglich ist, müssen natürlich die sonst fest sitzenden Elemente zunächst abgelöst werden. Das geschieht auf Grund der eben in ihren Wirkungen besprochenen Hyperämie. Die gleichzeitig durch Aufhebung der Wachsthumshindcrnisse ein- tretende Proliferation sorgt dafür, dass immer neue Zellen ange- lockt werden können, deren Vermehrung ja aber auch im Innern des Entzündungsheerdes noch fortschreitet. Es erhebt sich nun aber noch die Frage, ob die Chemotaxis ihre Wirkung auch schon auf die noch festhaftenden Zellen aus- übt, so dass ihre Ablösung vielleicht zum Theil auch als die Folge dieses Einflusses betrachtet werden kann. Wie die Leu- kocytcn durch denselben veranlasst werden, activ aus den Ge- fässen auszutreten, so werden hier die fixen Elemente dazu ge- bracht sich abzulösen, so dass sie der Anlockung folgen können. Immerhin müsste man auch bei dieser Annahme voraussetzen, dass die Hyperämie mit ihren Folgen begünstigend auf die Iso- lirung wirkt. Eine gute Grundlage für diese Vorstellungen liefern uns die schon zwei Mal erwähnten Versuche mit Injection von Agar an die vordere Augenkammer. Hier tritt nach Ablauf der - 36 - Emigrationsprocesse der ersten 24 Stünden eine Einwanderung von pigmentirten Iriszellen ein. Sie lösen sich offenbar aus dem Gewebe der Iris ab, ohne dass eine Zelltheilung vorausginge. Da ferner die Hyperämie und Schwellung der Regenbogenhaut ver- hältnissmässig gering ist, so dass man auf sie allein die Ablö- sung so vieler Zellen kaum zurückführen kann, so dürfte für den Uebertritt derselben in die vordere Augenkanimer in erster Linie die Chemotaxis in Frage kommen. So haben wir nun für Emigration der Leukocyten, die Pro- liferation und Wanderung der fixen Elemente und der Lympho- cyten gemeinsame Gesichtspunkte gewonnen. Die Gewebs- wucherung kann danach nicht mehr von der Ent- zündung getrennt werden. Wie die Leukocyten aus den Blutgefässen, so treten die fixen Gewebszellen aus den Lymph- bahnen resp. den Saftspalten aus und wandern in den Entzün- dungsheerd hinein. Die Analogie geht aber noch weiter. Wie für die aus dem Gewebe sich entfernenden fixen Zellen durch mitotische Vorgänge neue gebildet werden, so tritt auch ein Er- satz für die emigrirten Leukocyten ein, indem an der Stelle ihrer Bildung, im Knochenmark lebhaftere Zellbildungsprocesse Platz greifen, als schon ohnehin dort vorhanden, sind. In meiner Ab- handlung „Ueber den Untergang pathogener Schimmelpilze" 2) habe ich darauf hingewiesen, dass im Anschluss an die lebhafte Aus- wanderung der Leukocyten aus den Gefässen eine Leukocytose durch Vermehrung der mehrkernigen Formen eintritt und dass die Quelle für die Neubildungsprocesse das Knochenmark ist, welches ganz bestimmte Umwandlungen erfährt. Es verliert nach und nach seinen Fettgehalt, wird schliesslich ganz fettfrei und wan- delt sich so in ein lymphoides Mark um, in welchem sehr viele Kerntheilüngsfiguren leicht nachweisbar sind. Die obigen Ausführungen über die Bedeutung der Chemo- taxis für die fixen Elemente gestatten nun aber ohne Weiteres eine Uebertragung auf gefässlose Gewebe. Die Cornea freilich kommt hier weniger in Betracht, da in ihr die Wanderungsvor- gänge der fixen Zellen selten ausgesprochen zur Geltung kommen, ausserdem aber rasch eintrende Exsudation und Gefässneubildung vom Rande her das Bild compliciren. Dagegen sind die Herz- 1) Bonn, Cohen 1887. - 37 — klappen sehr gut geeignet als Beispiele zu dienen. In den bei der Endocarditis sich bildenden Thrombus auf der freien Klappen- fläche dringen schon frühzeitig Abkömmlinge der fixen Zellen des Klappengewebes ein. Der Vorgang lässt sich hier aussergcwöhn- lieh rein beobachten, weil es in Folge des Gefässmangels nicht zu einer primären Emigration von Lenkocyten kommt. Die von den Bakterien ausgehende Chemotaxis bringt, unterstützt von einer geringen von dem Klappenansatz aus erfolgenden Durch- tränkung des Gewebes, die fixen Zellen zur Ablösung und Wan- derung. Wenn wir nun aber gesehen haben, dass die Vorgänge am Gefässapparat und die Wucherung der Gewebe nicht von einander zu trennen sind, so fragt es sich, worin liegt denn die Bedeutung aller dieser Processe? Von manchen Seiten wird freilich gesagt werden, man dürfe so überhaupt nicht fragen. Die mit der Ent- zündung einhergehenden Processe seien durch die Entzündungs- ursachen hervorgerufen und verschwänden mit ihnen wieder, von einer Bedeutung derselben könnte höchstens insofern die Rede sein, als sie ungünstig auf den Verlauf der Entzündung einwirk- ten. Aber sollen wir wirklich die Emigrations- und Wucherungs- processe nur als eine Complication betrachten, die, wenn wir ihren Einfluss auf die Heilung in's Auge fassen, besser unterbliebe ? Ich glaube, dieser Standpunkt ist unhaltbar. Wenn wir heute die formalen und functionellen Verhältnisse unseres Körpers auf Grund der Entwicklungslehre, d. h. einer allmählichen Fortent- wicklung der gesammten organischen Welt erklären, so können wir die Entzündungsprocesse davon nicht ausschliessen. Sollen wir aber nun annehmen, dass die Entwicklung als Antwort auf die Einwirkung äusserer Schädlichkeiten eine immer mehr sich ausbildende ungünstige Complication hätte entstehen lassen ? Sollten nicht doch die Entzündungsprocesse ebensogut in den Rahmen unserer Köper Verhält- nisse hineinpassen, wie jede andere physiolo- gische Function? Wenn diese Auffassung zu Recht bestehen soll, so muss sich zeigen lassen, dass die Entzündungsprocesse in ähnlicher Weise vortheilhaft für den Körper sein können, wie die Ver- dauung, die Circulation oder sonst eine normale Function. Das - 38 — lässt sich nun, glaube ich, auf Grund der von mir früher schon oft entwickelten Gesichtspunkte leicht darthun. Metschnikoff legt bekanntlich in seinen zahlreichen vortrefflichen Arbeiten, insbesondere in seiner zusammenfassenden Monographie1) den Hauptnachdruck auf die Phagocytose. Er geht von den einzelligen Organismen aus, welche niederste pflanz- liche Lebewesen in sich aufnehmen, durch eine Art intracellularer Verdauung vernichten und als Nahrung benutzen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Fähigkeit, lebende Fremdkörper in sich aufzunehmen den Zellen der zusammengesetzten Thiere nicht ver- loren geht. Auch eine ,.intracellulare Verdauung" ist gewiss bis herauf zu den Wirbelthieren noch möglich. Darauf deutet schon die Veränderung hin, welche todte organische Massen im Zellprotoplasma erleiden, so z. B. die Veränderungen der rothen Blutkörperchen bis zur Bildung des Pigmentes, so die Umwand- lungen absterbender Gewebstheile, wie der Muskelfasern, bei der Resorption des Froschlarvenschwanzes. An diesen Processen sind aber nicht mehr alle Zellen in gleichem Maasse betheiligt, nur die Leukocyten und die im Bindegewebe befindlichen Zellen be- halten jene Fähigkeit in hohem Maasse, während z. B. die Epi- thelien wenig in Betracht kommen. Ich halte also daran fest, wie sich noch weiter ergeben wird, dass die Phagocytose nicht ohne Bedeutung ist, aber gebe gern zu, dass ihr von Metsch- nikoff zu grosse Wichtigkeit beigelegt wird. Denn die Bak- terien sind sehr oft weit lebenskräftiger als die Zellen und richten sie dann zu Grunde, statt dass diese ihnen schadeten. Was aber eine einzelne Zelle nicht vermag, das bringen unter Umständen mehrere fertig. Wenn ein schädliches Agens, insbesondere eine Bakteriencolonie, von mehreren Zellen zugleich angegriffen, von ihnen umgeben und eingeschlossen wird, so be- findet es sich innerhalb des vereinigten Protoplasmas in einer ähnlichen Lage, wie innerhalb des Leibes einer Zelle. Das ist die Bedeutung des von mir2) zuerst beschriebenen Zellmantels, 1) Lecons sur la pathologie comparee de l'inflammation 1892. Paris. Masson. 2) Deutsche med. Wochenschr. 1885, Nr. 31. — Untergang patho- gener Schimmelpilze. Bonn. Cohen 1887. — Ueber den Verlauf der durch Staphylokokkus aureus hervorgerufenen Hautentzündungen. Deutsche med. Wochenschr. 1889, Nr. 6. — u. s. w. — 39 — dessen Wirksamkeit durch mechanische Wachsthuiuseinschränkuiig oder durch Abschluss des Nährmaterials oder durch Verhinderung des Abflusses der den Bakterien selbst schädlichen Stoffwechsel- produkte heute wohl von keiner Seite mehr ganz angezweifelt wird. Ich habe darauf zuletzt für die fibrinöse Pneumonie hin- gewiesen1). Die Wirkung der Zellen besteht aber nicht nur in den bis- her hervorgehobenen Momenten. Denn es kommt nun noch hinzu der Einfluss bacterieid oder antitoxisch wirkender Substanzen, die durch die Thätigkeit der Körperzellen gebildet werden. Sie entstehen daher zweifellos auch in den Zellen, die im Entzün- dungsheerd mit den Bakterien in direkter Berührung stehen. Im Protoplasma liegende Bakterien oder von mehreren Zellen rings- um eingeschlossene müssen daher ganz besonders unter ihre Ein- wirkung gerathen. Aber jene Stoffe werden nicht nur in loco, sondern auch im übrigen Körper unter dem Einfluss der resor- birten bakteriellen Produkte gebildet. Durch die verstärkte Ex- sudation werden sie aber im Entzündungsheerd reichlich ausge- schieden und machen dort ihren Einfluss auf die extracellular liegenden Organismen geltend. Daher beobachten wir, dass Bak- terien auch absterben, ohne in Zellen aufgenommen zu sein. So sehen wir also, dass die in den Entzündungsheerd ein- gewanderten Leukocyten und fixen Gewebszellen in bestimmter Weise auf die Entzündungsursachen einwirken, zu denen wir aber nicht nur Bakterien, sondern auch die unter ihrem Einfluss oder auf sonst eine andere Weise abgestorbenen Gewebstheile, ferner auch die Exsudate, Blutergüsse und Fremdkörper aller Art zu rechnen haben. Die Zellen machen auf todte organische Sub- stanzen ihre auflösende Thätigkeit geltend, auf Bakterien wirken sie direkt oder durch speeifische Stoffe, Fremdkörper werden von ihnen eingehüllt und so vom übrigen Körper abgetrennt. Hierin besteht zweifellos, um bei dem letzten Punkte noch einige Augen- blicke zu verweilen, die Bedeutung der Proliferation der fixen Gewebe um die Fremdkörper und das Eindringen in dieselben. Die Wucherung hört auf, sowie die äussere und innere Oberfläche derselben ausser Contact mit dem übrigen Körper gesetzt wurde. 1) Fortschr. der Medicin 1895. Zur Anatomie der fibrinösen Pneumonie. — 40 - Es geht das am besten aus den obigen Experimenten mit den hohlen Nüssen hervor, die niemals von neuem Gewebe ganz aus- gefüllt, sondern nur aussen und in viel geringerem Maasse auch innen von ihm bedeckt werden. Man könnte einwenden, die gewucherten Zellen selbst seien aber doch dauernd in Berührung mit dem Fremdkörper und sollten deshalb weiter proliferiren. Allein bei ihnen findet allmählich eine Anpassung statt, in Folge deren sie sich indifferent verhalten. Sie bilden ferner mit Blut- gefässen, vielleicht auch Nerven und zunehmender Zwischensub- stanz ein in sich abgeschlossenes Gewebe, dem auch desshalb ein Grund zu weiterem Wachsthum fehlt. Es sei aber nochmals betont, dass an dieser für . denen des Ovariums. oft ausgedehnte papilläre Wucherungen entstehen, analog denen der Cystadenome der Mamma, dass ferner die Wand von Cysten nicht selten aus einem weichen, oder wenigstens gefäss- und zellreichen Gewebe aufgebaut ist. Man wird gegen sie ferner in Allen jenen Fällen nicht viel einwenden können, in denen es sich um unzweifelhafte Neubil- dungen handelt, wie vor allem bei den 0 v a r i e n c y s t e n, in denen man freilich bisher das Epithel als den allein maassgeben- den Bestandteil anzusehen geneigt war. Aber es wird gewiss der Einwand erhoben werden, dass jene Auffassung auf die Stau u n gscy st e n doch anmöglich anwendbar sei. ~ , vT Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Genese der Stau- ungscysten keineswer- genügend aufgeklärt ist, und dass Viel' was mit diesem Xamen belegt wird, in eine andere Kategorie gehört. - 79 - Wenn man Ausführungsgänge von Drüsen, z. B. des Hodens, der Speicheldrüsen, des Pankreas, der Leber unterbindet, so ent- stehen im Allgemeinen keine Cysten, sondern das Drüsengewebe wird durch Druckatrophie vernichtet. Die Secretion des Epithels reicht aber nicht aus zur Bildung von Erweiterungen der Drüsen- räume. Man wird also auch hier an besondere Umstände und wohl auch in erster Linie an Wucherungsvorgänge im Bindege- webe denken müssen, um die Cysten zu erklären, die man in den genannten und anderen Organen entstehen sieht und gewöhn- lich aus Stauung ableitet. Dafür spricht auch der Umstand, dass solche Cysten zuweilen, wie z. B. die Ranulae ein hohes Cylinderepithel oder gar Flim- merepithel besitzen. Das lässt sich mit einem Drucke nicht ver- einigen, der das Bindegewebe mechanisch zu dehnen im Stande wäre. Es kann daher nicht zweifelhaft sein, dass bei diesen Cysten neben der Secretanhäufung Neubildungsprocesse der Wand wirksam sein müssen. Auch für die c o n g e n i t a 1 e Cystenniere trifft das zu. Das Epithel ist, wenn auch nicht immer kubisch, so doch proto- plasmareich und gut erhalten. Gewiss spielen daher auch hier Vermehrungsvorgänge im Bindegewebe eine grosse Rolle und insofern stimme ich den neueren Anschauungen zu, welche die Cystenniere zu den Cystadenomen rechnen. Von unseren Gesichts- punkten aus müssen wir sie als F i b r o- C y s t a d e n o m bezeich nen. Sie stimmt mit vielen Cystenbildungen darin überein, dass sich zuweilen in die Hohlräume hinein papilläre Sprossen bilden, deren maassgebender Bestandteil das Bindegewebe ist. Nun führen wir aber doch manche Hohlraumbildungen, bei denen eine geschwulstähnliche Wucherung des Wandbindegewe- bes nicht anzunehmen ist, lediglich auf Stauung zurück, so z. B. die oft grossen Cysten in gesunden Nieren. Aber ex- perimentelle Untersuchungen, die P e i p e r s *) auf meine Veran- lassung anstellte und bei denen nach Einstich in die Marksub- stanz durch Bindegewebswucherung zahlreiche Harnkanälchen verlegt wurden, haben gelehrt, dass auch in der Niere eine völlige Abflussbehinderung nicht zur Cystenbildung führt. Ich beziehe dies auf Grund meiner eigenen Ergebnisse über die Resorptions- 1) Archiv für Entwicklungsmechanik Bd. I. - 80 — Vorgänge1) in der Niere darauf, dass so lange noch eine Aufsau- gung der sicli anstauenden Flüssigkeit möglich ist, keine cystische Dilatation, sondern nur eine massige Erweiterung eintritt. Es müssen also noch besondere Umstände maassgebend sein, die wir auch hier gewiss als Wachsthumsvorgänge der Wand aufzufassen haben. Wenn wir aber fragen, wie diese in einer bis dahin ge- sunden Niere zu Stande kommen, so dürfen wir wohl auf eine allmählich sich verstärkende chemische Umänderung des sich an- stauenden Harns hinweisen, die auf das Bindegewebe wucherung- erregend einwirken kann. • Uebrigens ist es auch bei der Annahme, dass die Cysten- bildung lediglich durch den Stauungsdruck bedingt werde, selbst- verständlich, dass eine Bindegewebsvermehrung stattfindet, da ja eine grosse Cyste weit reichlichere Bindesubstanz in ihrer Wand hat, als in der Umgebung des normalen Lumens vorhanden war. Aber was ich betonen wollte ist, dass die Wucherung activ die Erweiterung des Lumens herbeiführt, und dass dies nicht durch Erhöhung des Innendruckes geschieht, der aber immerhin so weit wirksam sein wird, als er zur kugeligen Abrundung des Raumes beiträgt. Das gilt auch, um schliesslich noch ein Beispiel anzuführen, für die Cholesteatom e. In einem von S t o e c k 1 i n 2) auf meine Veranlassung untersuchten Falle von Cholesteatom des Ohres mussten wir zu dem Schlüsse kommen, dass nicht der Innendruck der Höhle ihre Erweiterung und die Usurirung des Knochens bedingt, sondern dass hieran allein das gefässreiche, wuchernde Bindegewebe die Schuld trägt. Im Anschluss an die epithelialen Cysten mag dann noch kurz darauf hingewiesen werden, dass auch für die Lymph- angiome die gleichen Anschauungen Gültigkeit beanspruchen müssen. Von einer Stauung kann ja bei der ausgedehnten Com- munication der Lymphbahnen kaum die Rede sein. Auch hier müssen also Wachsthumsvorgänge im Bindegewebe in der besprochenen Weise die Erweiterung der Lymphräume her- beiführen. Nachdem wir nun die Wachsthuinsbeziehungen von 1) Untersuchungen über die normale und pathologische Anatomie und Physiologie der Niere 1. c. 2) Ueber einen Fall von Cholesteatom des Ohres. Diss. Zürich 1895. - 81 — ■ Epithel und Bindegewebe in den nicht carcinomatösen epithel- haltigen Neubildungen festgestellt haben, können wir zur Be- sprechung des Carcinoms übergehen. Wir sahen oben, dass wir es nicht aus primärer abnormer Wachsthumssteigerung des Epithels ableiten können. Wir stellten ferner fest, dass auch für die Entstehung maligner Tumoren die in allen Zellen vorhandene, aber für gewöhnlich nicht ausge- löste Proliferationskraft ausreicht. Ich hob weiterhin hervor, dass man von jener ersten Erklärung auch sehr wohl absehen kann, da es auch beim Carcinom möglich ist, die Geschwulst- entwicklung aus versprengten epithelialen Keimen abzuleiten. Wir wollen nun zusehen, wie das möglich ist. Aber bevor wir daran gehen, wollen wir zunächst erörtern, wie man denn zu der bis heute herrschenden Anschauung ge- kommen ist, das Carcinom entstünde durch ein direktes Tiefen- wachsthum des Epithels, resp. durch sein directes Vordringen in das Bindegewebe. Für diese Schlussfolgerung sind in allen bisherigen Ar- beiten, denen von T h i e r s c h, W a 1 d e y e r, L a n g h a n s u. s. w. fast ausschliesslich die Verhältnisse maassgebend gewesen, w i e sie in den Bestandtheilen bereits ausgebildeter Carcinome angetroffen werden. Hier kommt vor Allem der Umstand in Betracht, dass man in den Grenztheilen bei Hautkrebsen die meist verlängerten Zapfen resp. Leisten, bei Schleimhautkrebsen die gewöhnlich gleichfalls verlängerten Drüsen sich in die Tiefe fortsetzen und mit unzweifelhaften Krebssträngen in Verbindung treten sieht, dass man ferner bei Drüsencarcinomen wenig veränderte Alveolen in directem Uebergang in Krebsnester antrifft. In allen diesen Fällen hat man stets den Schluss gemacht und es als ganz selbstverständlich betrachtet, dass hier ein direktes atypisches Wachsthum des Epithels stattgefunden habe. Und gewiss wird man diese Erklärung begreiflich finden. Denn die Bilder haben etwas ausserordentlich Bestechendes. Aber sie müssen trotzdem anders gedeutet werden. Es handelt sich stets darum, wie ich in meiner letzten Abhandlung1), auf die ich wegen des Ge- naueren verweise, ausgeführt habe , dass die krebsigen 1) Virchow's Archiv Bd. 141. Ribbert, Wachsthum. - 82 - Wucherungen des bereits vorhandenen C a r c i - noms sich nicht nur in d i e T i e f e , sondern auch seitlich unter das angrenzende nicht k r e b s i g e Epithel ausdehnen und dass sie hier in der Haut mit den epithelialen Zapfen und Leisten, in der Schleimhaut mit den Drüsen sich vereinigen und so eine primäre Verlängerung dieser Gebilde vortäuschen1). Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich aus verschie- denen Umständen. Erstens kann man häufig Carcinomc an- treffen, in deren Randabschnitten das subepitheliale Vordringen von Krebsmassen schon stattgefunden hat, in denen sie auch schon bis dicht an das Epithel herangekommen sind, ohne dass aber eine Vereinigung stattgefunden hat. Zweitens geht in Haut- carcinomen die secundäre Verwachsung oft daraus deutlich her- vor, dass man die beiden Epithelarten noch unterscheiden und die Verwachsungslinie feststellen kann. Drittens sieht man in Schleimhautcarcinomen nicht selten, dass submucöse Krebsstränge die Muscularis mucosa nach oben durchbrochen haben und unter oder zwischen die Drüsen gelangt sind und dieselben eventuell verdrängt haben, ohne dass an irgend einer Stelle schon ein Zusammenhang bestände. Viertens kann man zuweilen, wenn ein Cylinderzellenkrebs des Rectums an Epidermis anstösst, nach- weisen, wie die krebsigen Cylinderzellenschläuche unter dieselbe vordringen, in sie hinein, durch sie hindurchwachsen und sich eventuell nach aussen öffnen, so dass es den Anschein gewinnen kann, als habe hier eine normale Drüse vorgelegen und von ihr sei die krebsige Tiefenwucherung ausgegangen. Endlich spricht es gegen jene ältere Annahme, dass man in den Randabschnitten, so weit wenigstens meine Erfahrung reicht, niemals, wie man es doch oft erwarten müsste, einen Durchbruch von krebsig wachsen- den Drüsen durch die Muscularis mucosa findet, ohne dass schon 1) Wie sehr an jener alten Vorstellung festgehalten und wie unerwartet meine Erklärung* Vielen gewesen sein wird, geht aus v. Notthafft's Aufsatz (Deutsches Archiv f. kl. Medicin Bd. 54) hervor. Er hatte so wenig an die secundäre Vereinigung von Krebsalveolen und normalem Epithel gedacht, dass er zunächst annahm, ich müsse mich irgendwie getäuscht haben. Eigene Untersuchungen überzeugten ihn aber von der vollkommenen Richtigkeit meiner Angaben. - 83 - gleichzeitig eine mit dem ausgebildeten Carcinom zusammen- hängende sivbmucose Krebswucherung vorhanden wäre. Durch die geschilderten Vorgänge wird natürlich die Schleimhaut am Rande von Carcinomen beträchtlich umgewandelt und noch unregelmässiger, als sie es etwa schon durch adenoma- töse Wucherungen ist. Krebsschläuche der verschiedensten Grösse und Form liegen gemischt unter den mannigfaltigsten Gestalten der verlängerten und gewundenen Drüsen und die Vereinigung zwischen beiden schafft neue Variationen. So kann es schwierig werden, sich in dem Bilde zu orientiren x). Die gleichen Ge- 1) In seiner neuesten Publikation (Virchow's Archiv Bd. 141, S. 485) stellt denn auch Hauser die oben erörterten Verhältnisse nicht in Abrede, hebt vielmehr hervor, dass er sie schon in seiner Mono- graphie beschrieben habe. Das ist gewiss richtig*, aber er hat sie eben nicht so verwerthet, wie ich es für nöthig halte. Er hebt ferner her- vor, dass man am Rande von Krebsgeschwüren sehr häufig histolo- gische Bilder erhalte, „bei welchen derartige Vorgänge (d.h. also seeun- däre Verwachsungen) absolut ausgeschlossen sind und welche mit zwingender Klarheit eine primäre krebsige Drüsenentartung mit pri- märem Tiefenwachsthum beweisen". Er beruft sich auf die beiden dem Aufsatz beigegebenen Abbildungen, die nur in diesem Sinne ge- deutet werden könnten." Aber dieser Meinung bin ich eben nicht. In der einen Abbildung sieht man Krebsalveolen unter der Muscularis. Wie sie dahin gekommen sind, darauf deutet weiter nichts hin. In dem zweiten Bilde sieht man zusammenhängende Reihen von Alveolen aus der Schleimhaut bis in die Submucosa herabgehen. Aber ist denn damit das primäre Tiefenwachsthum bewiesen? Gewiss wird gewöhn- lich so geschlossen, aber der Schluss ist unberechtigt. Wie das Epithel dazu kam, in die Tiefe zu wachsen, das kann man in diesem Stadium nicht mehr nachweisen. (Verg'l. die Anm. auf S. 88 und die Ausein- andersetzungen auf S. 94.) Haus er betont weiterhin, dass die submueös vorgedrungenen Carcinomgebilde oft schon ältere Stadien, insbesondere solide Alveolen darstellten, während die darüber gelegenen seiner Meinung nach von oben nach unten durchbrechenden Drüsen jüngere Zustände reprä- sentirten. Aber da doch die peripheren Theile des wachsenden Car- cinoms, also auch die der submueös vordringenden, stets die jüngeren sind, so müssen gerade sie es sein, welche die Muscularis nach oben durchbrechen. Der Vollständigkeit wegen sei hier noch erwähnt, dass submu- eös vorhandene Krebsmassen nicht nothwendig in jedem Schnitt den Zusammenhang mit dem primären Carcinom zeigen müssen, ja dass sie, da auch eine Epithelverschleppung auf dem Lymphwege möglich - 84 - Sichtspunkte, wie sie für die Oberflächencarcinome besprochen wurden, gelten selbstverständlich auch für das Mammacarci- nom und für alle anderen Drüsenearcinome. Für jenes hat Marckwalder1) auf meine Veranlassung Untersuchungen an- gestellt und gefunden, dass man stets leicht ein Vordringen von Krebsmassen zwischen die normalen Drüsengebilde , ein Ver- drängen derselben oder ein Zusammenwachsen mit ihnen nach- weisen kann. Die beiderseitigen Epithelien sind stets gut von einander zu trennen , Ucbergänge zwischen ihnen nicht vor- handen. So sind also meiner Ueberzeugung nach alle jene Schlussfolge- rungen nicht mehr aufrechtzuerhalten, welche aus den Rand- th eilen der Carcinome über ihre Genese abgeleitet wurden. Denn der Tumor entsteht immer nur an einer verhältniss- mässig kleinen Stelle und schreitet dann durch eigenes Wachs- thum fort. Wo man dann ein Hervorgehen von Krebssträngen aus Drüsenalveolen oder Drüsengängen, wie z. B. aus Harn- kanälchen beschreibt, handelt es sich entweder nicht um ist, unter Umständen keine direkte Verbindung mit ihm zu haben brau- chen, wenn es auch last ausnahmslos der Fall ist. Hauser findet es ferner gezwungen, dass, wie es in einem seiner Fälle meiner Auffassung nach sein müsse, die nach aufwärts gewachse- nen Krebsschläuche lediglich und zwar an sehr zahlreichen Stellen mit den Fundustheilen der Schleimdrüsen in Verbindung getreten sein sollten, ohne den „gewöhnlichen und natürlichen" Bahnen zwischen den Schleimhautdrüsen zu folgen. Aber sind denn diese Bahnen wirk- lich die gewöhnlichen und natürlichen? Folgt nicht das Carcinom den Lymphbahnen und sind nicht diese in der nächsten Umgebung der Drüsen besonders entwickelt, ja, gehen nicht gerade von dem Fundus der Drüsen besonders starke Lymphgefässe ab? Ist ferner wirklich die Verbindung überall mit dem Fundus erfolgt und deuten nicht viel- mehr die Bilder darauf hin, dass zunächst an einzelnen Stellen ein Wachsthum zwischen die Drüsen und nachher eine seitliche Vereini- gung mit ihnen stattfand? Sind endlich die schlauchförmigen Gebilde in der Mucosa wirklich alle Drüsen oder handelt es sich nicht viel- mehr, wie ich aus meinen Abbildungen über die Durchbrechung der Epidermis durch Krebsschläuche abzuleiten berechtigt bin, mindestens zum Theil um krebsig-e Gebilde, die von unten nach oben durch die Muscularis und Mucosa hindurchwuchsen und dann aussen ausmündeten? 1) Ueber das Wachsthum der Mammacarcinome. Dissert. Zü- rich 1895. - 85 - Drüsenbestandtheile, sondern um ähnlich aussehende Carci- nomgebilde, oder es liegt eine secundäre Verwachsung vor1). Was übrigens die Hautcarcinome angeht, so hätte man wohl schon früher auf die secundäre Vereinigung von Krebs und normalem Epithel mehr Werth legen können, weil diese Wachsthumsrichtung doch schon einmal in anderem Zusammen- hange zur Erklärung herangezogen worden war. Ich denke hier an die Arbeiten, welche einer Entstehung der Krebse im Binde- gewebe und aus seinen Bestandteilen das Wort redeten. Diese Genese setzte voraus, dass die entweder nach Virchow aus Bindegewebskörperchen oder nach K ö s t e r aus den Lymph- gefässendothelien entstandenen Carcinomzellen sich secundär mit dem Epithel vereinigten. Köster2) hat denn auch seine Befunde in diesem Sinne gedeutet. Nun findet man aber doch in den Randtheilen der Car- cinome noch andere Verhältnisse, welche auf den ersten Blick für ein Tiefenwachsthum des Epithels zu sprechen scheinen, auch ohne dass bereits subepitheliale Krebsmassen vorhanden wären. Man trifft verlängerte, verzweigte Epithelleisten und -Zapfen, verlängerte, gewundene, erweiterte, verzweigte und mit verän- dertem Epithel versehene Drüsen an. Aber analysirt man diese Dinge genauer, so bieten sich zwei verschiedene einfachere Erklärungen dieser Befunde. Erstens kann es sich darum handeln, dass das Carcinom sich aus papil- lären Tumoren oder aus Drüsenpolypen entwickelt. Bekanntlich ist dieser Zusammenhang nicht so sehr selten. Wenn dann aber in der Mitte dieser primären Neubildungen ein Carcinom ent- steht, so müssen die peripheren Theile die Verhältnisse darbieten, wie wir sie in papillären Erhebungen und in Schleimhautadeno- men zu sehen gewohnt sind. Zweitens aber kommt in Betracht, dass die Carcinomentwicklung, wie wir noch besprechen müssen, 1) Dieselben Gesichspunkte gelten auch für alle anderen malignen Tumoren, wie z. B. für die Sarkome. Bei ihnen hat man auch wohl daran gedacht, ihr Wachsthum erfolge dadurch, dass die anstossenden Gewebe sich in Tumorsubstanz umwandelten. Aber auch hier handelt es sich nur um ein oft sehr allmähliches, ohne scharfe Grenze erfolgendes Hineinwachsen in dieselben, die nur verdrängt nicht aber zu Geschwulstgewebe werden. 2) Die Entwicklung der Carcinome, Würzburg 1869. — 86 — durch eine Proliferation des Bindegewebes eingeleitet wird und dass diese nach den oben erörterten Gesichtspunkten zu pa- pillären Erhebungen und zu jenen Drüsenmodificationen füh- ren kann. In beiden Fällen ergibt sich der Mangel eines atypischen Tiefenwachsthuras daraus, dass die untersten Enden der verlän- gerten Zapfen und Drüsen nicht unter das normale Niveau her- unterreichen, ja dass sie meist noch über diesem bleiben, weil sie eben auch durch das wuchernde Bindegewebe als Ganzes in die Höhe gehoben wurden. Besonders instructiv kann dieses Verhalten des an das Carcinom anstossenden Epithels dann werden, wenn die sub- epithelial vorgedrungenen Krebsstränge nach oben und in die Papillen hineinwachsend, die Epitheldecke, ohne Verwachsungen mit ihr einzugehen oder auch unter gleichzeitiger Vereinigung mit ihr, in die Höhe heben und dadurch auf Grund der oben bespro- chenen Verhältnisse die Leisten und Zapfen dehnen und verlän- gern. Ich habe so in mehreren Fällen gesehen, wie zwischen den Krebsmassen sehr lange, aber natürlich nicht unter das nor- male Niveau verlängerte Epithelzapfen weit herabreichten. Bei den Schleim hautcarcinomen sind analoge Folgezustände möglich. Wenn nun die Auseinandersetzungen über die in den Rand- theilen der Carcinome erhobenen Befunde gelehrt haben, dass aus ihnen nicl\t, wie es bisher geschah, auf ein direk- tes Tiefen w a c h s t h um des Epithels geschlossen werden kann, so bleibt also zur Entscheidung der Frage nach der Carcinomgenese nur die Untersuchung der ersten Anfangsstadien übrig. Aber hier stossen wir wieder auf grosse Schwierigkeiten. Die erste ist dadurch gegeben, dass der Beginn des Carcinoms so selten zur Beobachtung gelangt, weil er keine oder nur unbedeutende Erscheinungen macht und des- halb chirurgisch noch nicht in Angriff genommen wird. Beginnende Krebse innerer Organe können aber nur aus Leichen gewonnen werden und sind hier nur sehr selten anzutreffen. Wäre das Ma- terial reichlich, so würden wir zweifellos weiter sein, als wir es thatsächlich sind. Eine zweite Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass es, wie die Erfahrungen der letzten Zeit gelehrt haben, nicht leicht ist, sich darüber zu einigen, was denn als beginnendes Carcinom an- - 87 - gesehen werden darf. Von theoretischem Standpunkt aus kann man sich am besten verständigen. Nach den bisher geltenden Anschauungen über die Carcinomgenese würde der Anfang dann gegeben sein, wenn die wachsenden Epithelleisten und die Drüsen deutlich das normale Niveau nach abwärts überschritten hätten und in das Bindegewebe vorgedrungen wären. In der Praxis aber ist es nicht immer so einfach dies festzustellen, da die zu überschreitende Grenze sich zumal bei unebenen Haut- und Schleim- hautparthien etc. oft schwer feststellen lässt. Bei den Schleim- häuten würde es deshalb leichter sein, weil durch die Muscu- laris mucosae das Niveau gekennzeichnet ist und ihre Ueber- schreitung ohne Weiteres für Carcinom spricht. Wollten wir uns den Beginn eines Carcinoms, wie er sich nach den bisher geltenden Anschauungen darstellt, durch sche- matische Bilder klar machen, so müssten diese ausfallen, wie es Fig. 1 u. 2 darstellt. . .»«..qoefo.... »oV,»".1""«« l'S"."."'«01" "ö0'«01' °* ob.So.o „o Oo°T^o °c „" o •• • Fig. 1 und 2. In Figur 1 sieht man in der Mitte einige Epithelzapfen unter das durch die punktirte Linie gekennzeichnete normale Ni- veau herunterreichen. In Figur 2 ist zu sehen, wie zwei Drüsenschläuche die Muscularis (a a) mucosae durchbrechen. Solche für den Beweis der bisher angenom- menen Genese des Carcinoms unbedingt erfor- derlichen Bilder sind bisher in einwandfreier Weise nicht beschrieben worden1). 1) Auf diesen Umstand habe ich auch in meinen Arbeiten über \ — 88 Aber trotzdem ist die Annahme allgemein verbreitet, der Krebs entstände durch primäres Tiefenwachsthum des Epithels! die Histogenese des Carcinoms hingewiesen. Darauf hat Haus er be- tont, dass er in seiner Monographie über den Cylinderzellenkrebs be- reits mehrere Anfangsstadien beschrieben habe und v. Notthafft machte Mittheilung über drei seiner Meinung' nach beginnende Krebse. Die Auseinandersetzungen Beider zeigen aber nur, dass ich trotz aller Bemühungen in meinen früheren Aufsätzen immer noch nicht klar genug ausgeführt habe, was allein als beginnendes Carcinom ange- sehen werden kann. — Haus er beschreibt die bereits oben erwähnten kleinen Magencarcinome (Vir eh. Aren. Bd. 141). Aber sie sind schon so gross, dass er trotz sehr umfangreicher bei schwacher Vergrösse- rung gezeichneter Figuren nur einen Randbezirk abbilden konnte. Dieser zeigt aber bereits ausgedehnte Durchwachsung der Submucosa mit Krebsalveolen, die ich als von der nicht gezeichneten Mitte des Carcinoms aus dorthin vorgedrungen ansehe. In dem einen Bild be- merkt man allerdings auch, wie sich Alveolen auf einander folgend aus der Schleimhaut durch die Muscularis in die Submucosa fortsetzen. Aber sind das Anlangsstadien? Wenn die Krebswucherung schon so grosse Theile der Submucosa einnimmt, ist sie weit vorgeschritten. Wie es früher, als die Neubildung eben begann, in der Schleimhaut ausgesehen hat, ob wirklich ein direktes Auswachsen der Drüsen statt- gefunden hat, oder ob meine unten genauer zu besprechenden und durch Schemata zu illustrirenden Anschauungen auch hier Gültigkeit gehabt haben, lässt sich nicht mehr entscheiden. — v. Notthafft be- richtet über drei Fälle. Aber in dem ersten ist die Diagnose Carcinom fraglich. Er fand in einem Schleimhautbezirk einer Harnblase eine Verbreiterung und Verdickung von Epithelzapfen und fasst diese Ver- hältnisse als Beginn eines Krebses auf, da er isolirte Epithelnester in dem Bindegewebe beobachtete. Aber er giebt einerseits an, dass manche „Krebszapfen" noch mit dem Deckepithel zusammenhingen, an- dererseits beweist er nicht, dass die als isolirt angesehenen Inseln wirklich völlig abgetrennt waren. Dazu wären Serienschnitte erforder- lich gewesen. Bilder wie die geschilderten kann man in jedem flachen papillären Hauttumor bekommen, v. N. sagt nun freilich, seine Neu- bildung sei nicht prominent gewesen. Aber das hätte durch Vergleich mit der benachbarten Schleimhaut genau nachgewiesen werden müssen, denn die blosse makroskopische Betrachtung, auf die sich v. N. ver- lassen hat, kann bei so wenig entwickelten Neubildnngen nicht ent- scheiden. Dann hätte sich auch wohl feststellen lassen, ob nicht das Bindegewebe im Bereich der Epithelverdickung zugenommen hatte. Ich halte also das Gebilde für ein flaches sogen. Papillom der Blase. Der zweite Tumor, ein Uteruscarcinom, war schon so gross, dass die Diagnose an einem ausgeschabten Stück gestellt werden konnte. Es fanden sich in der Tiefe der die Erscheinungen der glandulären Hyper- - 89 - Nun geht aber Haus er in dem, was man als den Beginn des Carcinoms anzusehen habe, noch einen Schritt weiter rück- wärts, indem er der Meinung ist, dass man schon gewisse Ver- änderungen der Drüsen als krebsig auffassen müsse, auch wenn noch keine anderen Criterien für die Carcinomentwicklung nach- weisbar wären. Er bezeichnet solche Drüsen als adenomatös entartet, verbreitert, gewunden, vielfach verzweigt, cystisch, mit kräftig entwickeitern, häufig doppelschichtigem Epithel versehen. Aber alle diese Veränderungen trifft man ebenso auch in ein- fachen, nicht carcinomverdächtigen Schleimhautpolypen, und wenn man sie im Gebiete des Carcinoms antrifft, so ist das nicht auf- fallend, da erstens Adenome krebsig werden können und zwei- tens bei Carcinomen ohne adenomatöses Vorstadium die stets vorhandene und noch genauer zu erörternde Bindegewebswuche- rung in dem oben besprochenen Sinne zu adenomähnlichen Ver- änderungen der Schleimhaut führt. Es ist aber ferner zu be- achten, dass Hauser die Drüsenveränderungen nur an bereits vorgeschrittenen Carcinomen beschreibt und dass es hier vielfach schwer ist zu entscheiden, ob die in der Schleimhaut liegenden auffallenden Gebilde, besonders etwa solche mit ausgedehnt ge- schichtetem Epithel veränderte Drüsen oder von unten herauf ge- wachsene Krebsschläuche sind. Es kommt aber endlich hinzu, trophie zeigenden Schleimhaut solide Krebsnester, ohne dass aber ein direkter Zusammenhang mit Drüsen nachzuweisen war. Beide Gebilde waren im Aussehen leicht von einander zu trennen. Der Schluss, dass die Carcinomalveolen aus den Drüsen entstanden seien, ist daher un- berechtigt. Vielleicht hätte v. N. die Sachlage anders beurtheilt, wenn er bei Beschreibung- des Uterus schon meine von ihm später als be- rechtigt angesehene Angabe gekannt hätte, dass ein Carcinom weit unter die angrenzende normale Schleimhaut vordringen kann. Daraus müssen meiner Ansicht nach die Verhältnisse, wie sie v. N. beschreibt, abgeleitet werden. Nun giebt der Autor freilich an, dass der Uterus mit continuirlichem Epithel ausgekleidet gewesen sei. Aber es ist doch ein Stück Krebs heransgekratzt worden. Dort muss also eine Lücke der Schleimhaut gewesen sein, da ein carcinomatöser Defekt sich nicht in normale Schleimhaut zurückverwandeln kann. Dort war das primäre Carcinom, von dem die anderen Folgen abhängig waren- — Die dritte von v. Notthafft geschilderte Geschwulst ist, wenn es sich überhaupt um ein Carcinom handelt, was mir durchaus unwahr- scheinlich ist, schon so gross, dass sie für die Fragen der Genese nicht in Betracht kommt. — 90 — dass die von Hauser betouten Drusenabnormitäten im Anfang des Carcinoms ganz feblen können. In dem von mir beschrie- benen unzweifelhaft beginnenden Carcinom war wohl deutlieh eine Verlängerung der Drüsen, aber nichts von jenen Metamorpho- sen zu sehen. Damit müssen wir aber zu dem Schlüsse gelangen, dass jeder Beweis für die Entstehung des Carcinoms durch primäres selbständiges Wachsthum des Epithels fehlt. Nehmen wir aber hinzu, dass dieser Vor- gang aus den oben erörterten Gründen theo- retisch unwahrscheinlich, meiner Meinung nach unmöglich ist, so sind wir genöthigt, nach einer anderen Erklärungsweise zu suchen. Damit komme ich zu dem früher aufgestellten Satz zurück, dass wie bei den anderen Geschwül- sten, auch bei dem Carcinom die Wucherung aus- geht von Zellen, also hier Epithelien, deren Wachsthumsenergie durch Trennung aus dem organischen Zusammenhang ausgelöst wurde. Wie aber soll denn eine solche Absprengung zu Stande kommen? Es giebt mehrere Möglichkeiten, an die man denken kann. Erstens könnte die Trennung durch ein Trauma be- wirkt werden, in dem Sinne etwa, dass bei einer Verletzung Epithel abgerissen und in das Bindegewebe verlagert würde, wo es, günstige Entwicklungsbedingungen vorausgesetzt, carcinomatös wuchern könnte. Wir haben bereits erörtert, dass so etwas deshalb nicht häufig eintreten dürfte, weil meist die Ernährungs- störungen zu hochgradig sein werden, so dass etwa losgelöstes Epithel zu Grunde geht. Zweitens ist es möglich, dass durch stärkere und un regelmässige Wucherungen des Bindege- webes Theile von verlängerten Epithelzapfen, Drüsen etc. mechanisch abgetrennt wurden. Da sie dabei zum Theil in Verbindung mit dem Bindegewebe blieben, so würden die Er- nährungsverhältnisse hier günstiger sein. Aber eben wegen des in solchen Fällen theilweise erhaltenen organischen Zusammen- hanges dürften weniger Carcinome als vielmehr Tumoren von typischerem Baue, etwa Epithelcysten etc. entstehen. Indessen ist eine Krebsentwicklung denkbar und aus folgendem Beispiel - 91 - mit Wahrscheinlichkeit abzuleiten. Bei einer grossen papillären Hautgeschwulst l) waren im Bindegewebe zahlreiche, völlig isolirte Epithelinseln vorhanden, die offenbar von den unteren Enden stark verlängerter Zapfen abgetrennt worden waren. Sie sahen genau aus wie Krebsalveolen, da sie die gleichen degenerativen und parasitenähnlichen Zeitformen in grosser Zahl und ausserdem Metosen aufwiesen. Von einem direkten Tiefenwachsthum konnte in diesem Falle keine Rede sein. Auch diese Art der Carcinomgenese dürfte indess keine grosse Rolle spielen. • Drittens darf man daran denken, dass im embryo- nalen Leben nach den Vorstellungen von C o h n h e i m Absprengungen von Epithel stattfinden können. Für die postfoetal in späterer Zeit entstandenen Krebse hat C o h n - heim selbst seine Lehre aufgegeben, aber die congenitalen Tumoren und die der ersten Lebenszeit können wir uns so ent- standen denken. Aber derartige Geschwülste sind selten. Viertens endlich kommt diejenige Entstehung in Betracht, die ich als die typische für das Carcinom ansehe und in mehreren Arbeiten ausführlich beschrieben habe2). Ich will hier nur die wichtigsten Gesichtspunkte kurz recapituliren. Die Carcinome, die ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, stammten meist von der äusseren Haut, eines aus dem Magen. Sie befanden sich in so frühen Entwicklungsstadien, wie sie bis- her nicht beschrieben wurden. Theils war überhaupt noch kein ausgesprochenes Vordringen von Epithelmassen unter das normale Niveau in das Bindegewebe hinein erfolgt, theils fanden sich in ihnen nur vereinzelte Krebsalveolen. In dem Magentumor waren Haufen von Cylinderepithel und einzelne schlauchförmige Gebilde nur eben unter die Muscularis mucosae gelangt, aber noch nicht tief in die Submucosa vorgedrungen. Vergleichen wir speciell diesen Fall mit dem von Häuser abgebildeten, so leuchtet ohne Weiteres ein, dass seine Fälle ausserordentlich viel weiter vorgeschritten waren und überhaupt keine Anfangsstadien mehr darstellten. Es wurde das auch oben schon betont. 1) Beschrieben in der Dissertation von Biedermann, Zürich 1895. 2) Virchow's Archiv Bd. 135. — Centralblatt für patholog. Anat. 1894, S. 697. — Münch. med. Woch. 1894, Nr. 17. —Virchow's Archiv Bd. 141. - 92 - In diesen Objekten hätte man nun nach der geläufigen Anschauung eine direkte Verlängerung der Epithelzapfen und Drüsen nach abwärts zu sehen erwarten sollen. Aber davon war keine Rede. Wo überhaupt Epithel in abnormer Tiefe vor- handen war, trat es in der Form von Metastasen ohne direkten Zusammenhang mit dem alten Epithel auf. Wie war es dahin gelangt? Die genauere Untersuchung gab darüber Aufschluss. Für alle Präparate war eine lebhafte Bindegewebswuche- rung im Bereich des beginnenden Carcinoms charakteristisch. Unter dem Epithel und zwischen den Drüsen fand sich eine lebhafte, meist äusserst dichte Zunahme von Zellen und gleich- zeitig eine Neubildung junger, weiter, dünnwandiger Gefässe. Diese Wucherung, die auch in die Papillen hinaufging, hatte im Sinne unserer obigen Ausführungen zur Bildung papillärer Erhebungen, wenigstens bei den Hauttumoren Veranlassung ge- geben, im Magen trug sie wesentlich zur Prominenz der Neu- bildung bei. Im Zusammenhang damit waren die epithelialen Leisten und Zapfen beträchtlich nach abwärts verlängert und die Drüsen hatten ebenfalls grössere Dimensionen gewonnen. Im Uebrigen waren an ihnen noch keine nennenswerthen Ver- änderungen wahrnehmbar, im Besonderen, wie oben bereits ein- mal betont wurde, noch keine Abnormitäten, die man in Ade- nomen finden kann und die Hauser bei dem Carcinom schon als Zeichen krebsiger Umwandlung ansehen möchte. Dagegen traten nun besondere und auffallende Verhältnisse insofern hervor, als die unteren Enden der Zapfen und Drüsen nicht mehr zusammenhängende Ge- bilde darstellten, sondern eine Zerlegung in die einzelnen Zellen erkennen Hessen, die so weit ging, dass viele Epithelien völlig isolirt in dem zellreichen Binde- gewebe lagen. Auch kleinere Gruppen von 2, 3 und mehr Zellen fanden sich, besonders auch in dem Magencarcinom ganz abgelöst vor. Wie waren diese Bilder zu erklären ? Konnte man sich etwa vorstellen, dass in Analogie mit den geläufigen Anschauungen über die Genese des Carcinoms einzelne Epithelzellen sich aus ihrem normalen Verbände gelöst hätten und dann in das Binde- gewebe eingedrungen wären? Man wird einen derartigen Vor- gang, zumal nach unseren obigen allgemeinen Erörterungen - 93 - (S. 51 ff.), gewiss von vorneherein nicht wahrscheinlich finden, aber es war auch auf Grund der histologischen Verhältnisse direkt auszuschliessen. Die Lagerungs Verhältnisse der vereinzelt liegen- den Zellen deuteten, zumal auch im Uebergang in die noch fester gefügten Theile, durchaus nicht auf eine active Loslösung und Wanderung hin. Die äussere Form der Zapfen war oft, von einer Verbreiterung abgesehen, noch gewahrt, besonders in weniger vorgeschrittenen Stadien, in denen die Epithelien nur erst theilweise durch eingedrungene Bindegewebszellen gelockert waren. Auch in dem Magentumor waren zuweilen noch die Umrisse der Drüsen erhalten, ihre Epithelien aber gruppenweise und einzeln isolirt. Auch war die typische Form der Cylinder- zelle an solchen Stellen noch ausgesprochen, so dass auch des- halb eine active Bewegung derselben unwahrscheinlich wurde. Gegen ein Abwärtswandern einzelner Epithelien in eben diesen Gebieten sprach ferner der Umstand, dass die beschriebene Ver- änderung an einzelnen Stellen von der Muscularis mucosa bis fast unter die Schleimhautoberfläche reichte, so dass die Drüsen nahezu in ganzer Ausdehnung zerlegt erschienen. Wenn nun aber eine active Trennung der Epithelzellen auszuschliessen war, so musste es sich um eine passive handeln. Ihr Zustandekommen ergab sich ohne Weiteres aus dem histo- logischen Bilde. Es konnte nur eine Zerlegung der Zapfen und Drüsen durch das wuchernde Bindegewebe in Betracht kommen. Von ihm ging der ganze Process aus. Es wucherte, vermehrte sich, drängte das Epithel in die Höhe, verlängerte Zapfen und Drüsen und drang in sie hinein, die Epithelzellen von einander trennend. Damit waren nun die Grundlagen für die Entstehung der carcinomatösen Proliferation gegeben. Das abgelöste aus dem organischen Zusammenhang getrennte Epithel machte seine volle Wachsthumsenergie geltend und wuchs in das Bindegewebe hinein, indem es den nach abwärts sich erweiternden Lymphbahnen folgte, d. h. in die Richtung des geringeren Widerstandes und der besseren Ernährung in die Tiefe wuchs. Mit der Erkenntniss dieser Vorgänge ist die solange discutirte Frage gelöst, wie denn das Epithel in das Bindegewebe hineingelangt. - 94 - Nachdem ich nun aber aus den Entgegnungen gegen meine bisherigen Arbeiten ersehen habe, dass meine Auseinander- setzungen nicht genügend klar gewesen sind, um ganz so ver- standen zu werden, wie ich es gewünscht hätte, halte ich es für gut, das Gesagte noch durch einige schematische Abbildungen zu erläutern, indem ich wegen der genaueren Einzelheiten auf die Figuren meiner früheren Aufsätze verweise. Ich ziehe hier nur die am meisten umstrittenen Schleimhautcarcinome in Be- tracht, deren Verhältnisse sich ja aber leicht auf alle anderen Krebse übertragen lassen. O«ooTo°°oo°Q0O &tffc 5°5ö.^V^^o^0 ^o-g^ooo^ oooo ^a Fig. 3. Das Schema 3 stellt die zellige Wucherung des Binde- gewebes, die dadurch bedingte Verdickung der Schleimhaut, die Verlängerung der Drüsen und die an dreien von ihnen vor sich gehende Zerlegung der Epithelien dar. 2=-tt -o 0^0 Off Fig. 4. Das Schema 4 soll erstens zeigen, wie die abgelösten Epi- thelien durch continuirliches Wacbsthum oder durch Weiterfort- - 95 - kriechen oder Verschlepptwerden in die tieferen Bindegewebslagen, in die Muscularis mucosae (a a) und durch sie hindurchgelangen. Zweitens soll man erkennen, dass die isolirten Zellen nicht nur nach abwärts wachsen, sondern schon in der Schleimhaut auch Gruppen und ihrem Charakter als Drüsenepithelien entsprechend auch Alveolen erzeugen müssen. Fig. 5. Das Schema 5 erläutert endlich die Möglichkeit, dass die abgesprengten Zellen nicht nur in ungeordneten Zügen, nicht nur in einzelnen Gruppen durch die Muscularis (a, a) hindurchgehen, sondern dass auch die schon in der Mucosa gebildeten drüsen- ähnlichen Krebsalveolen sich in dieser Form verlängern und so in die Submucosa gelangen können. Dann entstehen ganz be- sonders leicht Bilder, die auch in diesen frühen Stadien der Carcinomentwicklung zu Täuschungen führen können, weil man scheinbar Drüsen aus der Schleimhaut in die Tiefe vordringen sieht, während es sich doch um Krebsschläuche handelt, die be- reits in der Mucosa und zwar aus abgesprengten Epithelzellen entstanden waren 1). 1) An dieser Stelle muss ich noch einem Irrthum begegnen, den ich bei Haus er linde, der freilich auf Grund meiner obigen Ausein- andersetzungen schon in der Hauptsache widerlegt erscheint. Hauser liest aus meinem Satze, „dass die Unregelmässigkeiten des Epithels oberhalb der Muscularis nicht bereits der Ausdruck einer carcinoma- tösen Tiefenwucherung sind, die etwa von den durch Bindegewebs- -- 9B - Gegen meine Darstellung- von der Genese des Carcinoms haben sich nun die meisten Derjenigen, die in der Sache bisher das Wort ergriffen haben, in der Hauptsache ablehnend ver- halten. Man hat sich eben so sehr in den Gedanken, dass es sich nur um eine aktive Wucherung des Epithels handeln könne, hineingelebt, dass es grosse Mühe macht, die Carcinomgenese auch einmal unter den von mir angegebenen Gesichtspunkten zu betrachten. Die wichtigsten Einwände sind freilich in den bis- herigen Auseinandersetzungen bereits berührt und widerlegt wor- den, so dass mir schliesslich nur noch wenige Gesichtspunkte zur Erörterung übrig bleiben. Zugestanden hat man freilich, dass die beschriebenen ana- tomischen Verhältnisse durchaus richtig wiedergegeben sind. Auch hat man die Möglichkeit nicht bestritten, dass die Abtren- nung der Epithelzellen eine gewisse Bedeutung für die Carcinom- genese haben könnte. Hauser meint, dass die verlagerten Zellen unter den abweichenden Bedingungen vielleicht durch eine Wucherung in die Höhe gedrängten Drüsen ausgegangen wäre" und aus einem früheren Satze die Meinung heraus, dass ich die von mir beschriebenen Epithelabsprengungen innerhalb der Schleimhaut noch nicht für carcinomatös gehalten habe. Das ist aber selbstverständlich nicht meine Ansicht. Wenn ich in der Absprengung des Epithels die Einleitung zum Carcinom sehe, so muss ich das Vorhandensein isolirter und damit in das Bindegewebe metastasirter Epithelien auch als Zeichen des bereits im Wachsthum begriffenen Carcinoms betrachten. Dazu ist nicht erst der Durchbruch des Epithels durch die Muscularis erfor- derlich. Derselbe mag sogar in seltenen Fällen zunächst ganz aus- bleiben können, so dass der Krebs sich in der ersten Zeit nur als pro- minenter Knoten in der Schleimhaut entwickelt. Mit meinem obigen Satze habe ich nur dem immerhin möglichen Einwand begegmen wollen, dass die Bindegewebswucherung der Mucosa zunächst die unverän- derte Drüsenschicht als Ganzes in die Höhe gehoben habe, dass dann von einzelnen Drüsen ein Tiefenwachsthum im Sinne der gebräuch- lichen Theorie in das neue Bindegewebe erfolgt sei und dass sich dar- aus das Vorhandensein der Epithelien in derselben erklären liesse. Deshalb musste ich aus dem Bau der Schleimhaut, insbesondere aus dem Umstand, dass neben den mit Drüsenzerlegung versehenen Ab- schnitten solche mit verlängerten bis zur Muscularis reichenden Drüsen sich befanden, darthun, dass auch an der Stelle der Epithelisolirung vorher einfach verlängerte und bis zur Muscularis herabgehende Drüsen vorhanden gewesen waren. - 97 - Art von Intraselection eine Veränderung ihrer Eigenschaften er- fahren könnten, die eine krebsige ' Entartung erleichterte. Aber eine derartige Metamorphose hält er für unerlässlich. Die Ab- sprengung schaffe für sie nur eine gewisse Disposition, sei aber für die Entstehung des Krebses durchaus nicht erforderlich. Gegen meine Darstellung aber führt man einmal an, dass die isolirte Lagerung von Epithelzellen im Bindegewebe ja nichts Neues, sondern etwas längst Bekanntes sei. H a u s e r hebt hervor, dass er sie an der Grenze bestehender Carcinome ein- gehend beschrieben und dass auch W a 1 d e y e r sie bereits ge- kannt und erörtert hat. Aber des Letzteren Beobachtungen sind nicht an beginnenden Carcinomen, sondern an bereits vorge- schrittenen gemacht worden. Deshalb glaubte ich sie nicht ver- werthen zu sollen, da das Verhalten des einmal im Bindegewebe liegenden Epithels für den Beginn des Processes ohne bindende Bedeutung ist. Aber ich habe nicht beachtet, dass Waldeyer aus seinen Befunden insofern Schlüsse auf die Genese des Krebses zieht, als er in solchen durch Bindegewebswucherung zu Stande kommenden Verlagerungen des Epithels die Anfänge zu einer Grenzverschiebung zwischen ihm und dem Bindegewebe sieht und als er der Meinung ist, dass aus abgesprengten in ihrem normalen Wachsthum und in ihrer Function gestörten Epithel- zellen unter Umständen carcinomatöse Wucherungen hervorgehen könnten. Ich bedauere, dass ich diese Folgerungen anzuführen unterlassen habe. Waldeyers Autorität hätte meinen Dar- legungen über die Bedeutung einer Epithelabsprengung grösseres Gewicht verliehen, wenn er auch die Wucherung der isolirten Zellen aus anderen Momenten ableitet, als ich es thue. Hauser meint nun aber, dass, wenn in den Grenzgebieten der Carcinome eine isolirte Lagerung der Epithelzellen vorkomme, wo sie doch nur aus einem Vordringen der Zellen in das Binde- gewebe abgeleitet werden könne, sich dann, falls meine Auffas- sung von den Anfangsstadien richtig sei, eine doppelte Bedeutung ein und derselben histologischen Bilder ergebe. In dem einen Falle handele es sich um ein passives Auseinanderdrängen des Epithels, in dem anderen um ein actives Vorrücken desselben. Eine solche zweifache Auffassung habe aber ihre Bedenken. Darauf erwidere ich erstens, dass ein maassgebender Einwand gegen meine Anschauungen darin nicht liegen könnte, wenn an Ribbert, Wachsthum. 7 - 98 — zwei typisch verschiedenen Stellen demselben Bilde wirklich eine verschiedene Bedeutung- zukäme. Zweitens aber hebe ich her- vor, dass es durchaus nicht ausgemacht ist, ob nicht auch in den Grenzgebieten eine Isolirung der die vordringenden Krebs- zapfen zusammensetzenden Epithelzellen durch eindringende Binde- gewebselemente stattfindet. Gewöhnlich stellt man sich aller- dings vor und ich habe es selbst anfänglich gethan, dass alle die Lagerungsverhältnisse des einmal in das Bindegewebe ge- langten Epithels ausschliesslich durch seine activen Wucherungs- processe bedingt seien. Aber eine nähere Ueberlegung macht es mir durchaus wahrscheinlich, dass an jenem Vorhandensein isolirter Epithelien in den Grenzgebieten ebensowohl wie an der primären Entwicklungsstelle des Carcinoms eine passive Trennung durch Bindegewebszellen betheiligt ist. Dafür spricht es, dass, soweit ich sehe, der Vorgang nur da sich findet, wo das Binde- gewebe Proliferationserscheinungen zeigt, während da, wo es sich ganz unbetheiligt erweist, die Krebsstränge nur als zusammen- hängende Gebilde wachsen. Richtiger wäre es wohl, den Zusammenhang so darzustellen, dass ein gegenseitiges Durchwachsen von Epithel und Binde- gewebe stattfindet, wie ich es auch für den Beginn des Carci- noms, aber natürlich erst, nachdem die Epithelzellen abgesprengt waren, dargestellt habe. Diese Isolirung der Carcinomepithelien ist aber gewiss nicht ohne Bedeutung für die Schnelligkeit der Metastasirung. Es ist wohl selbstverständlich, dass bei ausge- dehnter, durch Bindegewebswucherung beförderter Isolirung der Epithelien leichter Gelegenheit zur Metastase geboten wird, als bei Vordringen zusammenhängender Krebsalveolen. Hätte aber nun nicht, so wird man weiter sagen, die Binde- gewebswucherung selbst einen doppelten Sinn, indem sie im An- fangsstadium durch besondere für die Carcinomgenese in Anspruch genommene Ursachen (chronische Reizungen, Trauma, Parasiten1)) bedingt, im Rande des ausgebildeten Carcinoms dagegen als die Folge des Eindringens der Krebsstränge aufzufassen sei? Das ist in der That nicht in Abrede zu stellen. Aber darin liegt doch 1) Etwaigen Parasiten, wie den Tuberkelbacillen schreibe ich also für die Carcinomgenese nur die Bedeutung zu, dass sie die be- sprochene Bindegewebswucherung herbeiführen. - 90 - kein Widerspruch mit meinen Ausführungen! Was ist denn daran auffallend, dass das Epithel, nachdem es durch eine Wuche- rung des Bindegewebes verlagert wurde, nun umgekehrt seiner- seits dasselbe zur Proliferation bringt! Ein weiterer Einwand behauptet, im Beginn der Carcinom- cntwicklung sei die vorausgesetzte Bindegewebswucherung nicht immer vorhanden und wenn sie nachweisbar sei, fehle das Ein- dringen der Zellen in das Epithel. Aber darüber ist eine Dis- cussion nach dem Voraufgegangenen unnöthig. Wenn, wie ich behaupte, von anderer Seite überhaupt noch nicht so frühe Sta- dien des Krebses untersucht wurden, wie ich sie beschrieben habe, so können auch keine Beobachtungen vorliegen, die zu jenen Aussprüchen über die Anfangsstadien berechtigen. Die Resultate der über das Wachsthum der Geschwülste angestellten Untersuchungen können wir schliesslich in folgenden Sätzen zu- sammenfassen. Die Geschwülste entstehen nicht durch eine Steigerung der Wachsthum senergie der Zellen. Zum Verständniss ihrer Genese reicht vielmehr vollkommen die jeder Zelle innewohnende Vermehrungs- fähigkeit aus, die für gewöhnlich nicht oder nur in geringem Umfange zur Geltung gelangt. Diese Vermehrungsfähigkeit wird ausgelöst, wenn die im normalen Zustande vorhandenen, durch die gegenseitigen Einwir- kungen der Zellen aufeinander gegebenen Wachsthumswiderstände aufgehoben werden. Bei den Geschwülsten fällt die widerstand- vermindernde oder -beseitigende Rolle einer Trennung von Zellen oderZellcomplexen aus dem organischen Verbände zu, mag dieselbe nun intra- oder extrauterin vor sich gehen, durch Wach sthums Vorgänge, trau- matische, entzündliche oder sonstige Vorgänge bedingt sein. Auch das C a r c i n o m lässt sich auf dieser Grundlage er- klären : Denn 1) Die Theorien über die primäre selbständige Wachsthums- steigerung des Epithels sind nicht haltbar. 2) Das nach der jetzt herrschenden Theorie vorauszu- setzende primäre Tiefenwachsthum des Epitels bei Oberflächen- carcinomen ist nicht nachgewiesen. — 100 — 3) Der Beginn des Carcinoms vollzieht sich nicht durch ein solches Tiefenwachsthuin. Er ist vielmehr charakterisirt durch Bindegewebswucherung, welche in die epithelialen Gebilde vor- dringend, die Zellen derselben absprengt. So werden die Epi- thelien aus dem organischen Zusammenhang getrennt, gelangen in das Bindegewebe und wachsen nun vermöge der ausgelösten Wachsthumsenergie zum Carcinom heran. - 101 VI. Schluss. Nachdem wir nunmehr das pathologische Gewebswachsthum unter den verschiedensten Verhältnissen besprochen haben, kommen wir auf den in der Einleitung- vorangestellten Satz zurück, dass die Zellen unseres Körpers unter normalen Verhältnissen nur des- halb wenig oder gar nicht wachsen, weil sie durch die Einwir- kungen, die sie aufeinander ausüben, durch die „Gewebsspannung" in Schranken gehalten werden, dass sie sich aber zu vermehren beginnen, wenn aus irgend einem Grunde jene Wachsthumshin- dernisse fortfallen. Wir hatten die Absicht, die Anwendbarkeit dieses Satzes auf die verschiedenartigen pathologischen Wuche- rungsprocesse zu prüfen und stellen nunmehr das Resultat unserer Untersuchungen in folgenden Sätzen fest. 1 . Alle pathologischen, h y p e r t r o p h i r e n d e n, re- generativen, entzündlichen und geschwulst- bildenden W a c h s t h u m s v o r g ä n g e beruhen auf der Auslösung der den Zellen innewohnenden Wachthumsenergie. 2. Die Auslösung kann auf verschiedene Weise zu Stande kommen. a) Sie wird erstens bewirkt durch den als Folge verschie- denster (traumatischer, chemischer, parasitärer) Einwir- kungen bedingten Ausfall von Gewebsbestand- t h e i 1 e n und wird so hauptsächlich für die Regene- ration von Bedeutung. b) Zweitens kommt sie zu Stande durch eine Dehnung der Gewebe und Zellen. In diesem Sinne wirkt die a c t i v e Hyperämie, welche eine Schwellung der Organe herbeiführt, ihre einzelnen Bestandtheile aus- einander drängt, dadurch die gegenseitigen Einflüsse der Zellen vermindert und ihre Wachsthumsfähigkeit zur Geltung kommen lässt. Auf dieser Wirkung der Hy- p e r ä m i e beruht in erster Linie das Zustandekommen — 102 — der Hypertrophie, bei der aber auch die Func- tionserhöhung insofern eine wichtige Rolle spielt, als durch die verstärkte Aufnahme von Secretionsstoffen in die Drüsenepitlielien ein Auseinanderrücken der Protop las matheile bedingt wird, deren Wachs- thum dadurch zur Auslösung gelangt. Die Hyperämie zeigt aber auch ihre Wirksamkeit bei der Regene- ration und E n t z ü ndun g. Bei ersterer stellt sich die als entzündlich zu deutende Blutüberfüllung in der weiteren Umgebung des Defektes ein, bei letzterer ist sie eine niemals fehlende wichtige Erscheinung. Da aber auch bei der Entzündung Defektbildungen gewöhn- lich vorhanden sind und da andererseits keine Regene- ration ohne Entzündung verläuft, so lassen sich beide Processe nicht scharf von einander trennen. Nur theo- retisch kann man sagen, dass die durch den Defekt di- rekt hervorgerufenen Wucherungen wenigstens theilweise regenerative, die in weiterer Umgebung eintretenden aber als die Folge der Hyperämie anzusehen sind, c) B e i der G e s c h w u 1 s t b i 1 d u n g erklärt sich die Auslösung der W a c h s t h u in s e n e r g i e aus einer ohne nennenswerthe Unterbrechung der Ernährung vor sich gehende dauernde Trennung von Gewebstheilen u n d Z e 1 1 e n aus dem organischen Zusammenhan g. Je nachdem dieselbe partiell oder total ist, ganze Abschnitte oder nur einzelne Zellen umfasst, bilden sich die ver- schiedenen rasch und langsamer wachsenden, compli- cirter oder einfacher gebauten, typischen oder atypischen Tumoren. Die Abtrennung erfolgt mit geringen Aus- nahmen durch W a c h s t h u m s v o r g ä n g e, bei denen ein Gewebe Theile des andern umwächst. Der Vorgang kann im intrauterinen und extrauterinen Leben eintreten. Während des letzteren bildet sich das Carcinom da- durch, dass wucherndes Bindegewebe Epithclzellcn aus dem Zusammenhang trennt und so ihre Vermehrungs- fähigkeit auslöst. Universitüts-Buclidruckerei von Carl Georgi in Bonn. ry\ 'V* *V» 'V* 'V1» »^» \ ,«6>» #«^* *«6»» »«$»» „»ä»» #«$"» ,«6«. #«^» ,«A<» ,«A^ ? y st* i st* t 5t* T SB? : 5t*? I a* : st*? r st* * st* * st* * 5»? * * \>»> ^«v* *A' ^"v»* *"v»^ **v»* *A' . **v»* *«v»-* *«6«' NA/ *«6»* <$► + t$t * t$t + t$t * t$t * t|t * t|t * t|* * •?!> + <$► ♦ t|t * * +|* ♦ 40* + ♦ 4|> * * <|> * 4g* * 4# + M 4 **0'\ »V^* **V"* *V» *V~* *V* *V^ 'V* *V"^ »Sr» 'V"» *V» ^ 4, X9X 4, ^ 4, X?A ,i. ^.% 4, X^ 4, X9X 4. X9^ 4. X«# 4. 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