y ei in er. y (v cL/I'U'jn/i'^^i^ 'i^ire^-h- Muffa^e. * LIBRARY I I Universityof liiinois. { I CIASS. BOOK. VOLUME. ^ DAS PFLAMENPHYSIOLOGISCHE PRAKTIKUM. ANLEITUNG zu PFLANZENPHYSIOLOGISCHEN UNTERSUCHUNGEN FÜR STÜDIRENDE UND LEHRER DER NATURWISSENSCHAFTEN SOWIE DER MEDICIN, LAND- UND FORSTWIRTHSCHAFT VON Dr. W. DETMER, PROFESSOR AK DER UXTVERSITÄT JENA. MIT 184 ABBILDUNGEN. ZWEITE, VÖLLIG NEU BEARBEITETE AUFLAGE. -i3!S>- JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1895. REMOTE STQRAGE Seinen Eltern m Dankbarkeit und Verehrung zugeeignet Yom Verfasser. 57CC6 Vorwort zur ersten Auflage. Für denjenigen, welcher sich eingehender mit pflanzenphysiologi- schen Studien beschäftigen will, genügt es keineswegs, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie zu hören oder Lehrbücher dieser Disciplin durchzuarbeiten, sondern er muss vor allem bestrebt sein, die Unter- suchungsmethoden aus eigener Erfahrung kennen zu lernen. Die Pflanzenphysiologie ist heute für die Ausbildung der Studi- renden der Naturwissenschaften, der Land- sowie Forstwirthschafts- wissenschaft und der Medicin von einer so hervorragenden Bedeutung geworden, dass man bestrebt sein sollte, dem genannten Unterrichts- gegenstande auf den Universitäten und anderen höheren Lehranstalten eine grössere Aufmerksamkeit zuzuwenden, als bisher geschieht. Vor allem erscheint es zweckmässig, pflanzenphysiologische Uebungen für die Studirenden einzurichten, und da ich an der Universität Jena selbst ein solches Praktikum mit sehr günstigem Erfolg eingeführt habe, weiss ich aus Erfahrung, dass die auf den ersten Blick be- deutend erscheinenden Schwierigkeiten des Unternehmens recht gut zu überwinden sind. In dem vorliegenden Buche habe ich mir die Aufgabe gestellt, nach Kräften zur Förderung des pflanzenphysiologischen Studiums beizutragen. Das „pflanzenphysiologische Praktikum" ist aber keines- wegs ausschliesslich zum Gebrauch für Studirende bestimmt, sondern ich denke, dass dasselbe auch manchem Lehrer an höheren Schulen willkommen sein dürfte. Die Botanik bildet aus zahlreichen Gründen einen ganz besonders geeigneten Lehrgegenstand für die Schule, und dem botanischen Unterricht kann durch die Vorführung einer Reihe physiologischer Experimente ein ganz eigenartiger Reiz sowie eine erhöhte Bedeutung für die Geistesbildung der Jugend verliehen werden. Was die Anordnung des Stoff'es im vorliegenden Buche anbelangt, so ist dieselbe freilich nicht genau, aber doch im Wesentlichen in derselben Weise wie in meinem 1883 im Verlage von E. Trewendt in VI Vorwort. Breslau erschienenen Lehrbuche der Pflanzenphysiologie durchgeführt worden. Theoretische Erörterungen, denen in der zuletzt genannten Schrift naturgemäss ein ziemlich breiter Raum gegeben werden musste, fehlen in der vorliegenden fast völlig. Die Arbeit, welche ich in den letzten vier Jahren zur Her- stellung des „pflanzenphysiologischen Praktikums" aufwandte, ist eine sehr erhebliche gewesen. Vor allem kam es für mich darauf an, eine grosse Zahl der verschiedenartigsten pflanzenphysiologischen Experimente und mikroskopischen Beobachtungen selbst auszuführen, um zu einem möglichst selbständigen Urtheil über den Werth und die Brauchbarkeit der Untersuchungsmethoden zu gelangen. Ueberall ist besonderes Gewicht auf die Feststellung der Beziehungen zwischen dem anatomischen Bau .sowie der physiologischen Function der Pflanzenorgane gelegt worden, und ebenso sind die biologischen Ver- hältnisse nicht unberücksichtigt geblieben. Ich habe mich bemüht, denjenigen Apparaten, welche in diesem Buche zur Ausführung der physiologischen Untersuchungen in Vor- schlag gebracht werden, eine möglichst einfache Form zu geben, da- mit dieselben von jedem ohne grosse Mühe zusammengestellt werden können; gewisse complicirtere und daher auch werthvollere Instru- mente, z. B. gute Mikroskope, eine chemische Waage, ein Spectroskop, einen Inductionsapparat, einen Klinostaten etc., kann man bei pflanzen- physiologischen Untersuchungen freilich nicht entbehren. Jena, Ende September 1887. W. Detmer. Vorwort zur zweiten Auflage. Indem ich hiermit die zweite Auflage des „pflanzenphysiologischen Praktikums" der Oefl'entlichkeit übergebe, bin ich mir, mehr als jemals, der Schwierigkeiten bewusst, welche mit der Bearbeitung einer An- leitung zu physiologischen Experimenten verbunden sind. Diese Schwierigkeiten haben ihren Grund theils in der Sache selbst, theils aber auch darin, dass von verschiedenen Seiten durchaus nicht die gleichen Ansprüche an ein „Praktikum" gestellt werden. Die Gliederung des Stoff"es hat im Vergleich zur ersten Auflage keine wesentlichen Aenderungen erlitten. Im Uebrigen liegt aber Vorwort. VII eigentlich ein neues Buch vor, denn fast jeder Abschnitt hat Er- weiterung oder Umarbeitung erfahren. Ich habe zahlreiche neue Experimente, die sich für Demonstrationen in der Vorlesung oder zur allgemeinen Orientirung beim Selbststudium eignen, aufgenommen, und ebenso bin ich bemüht gewesen, das Buch für denjenigen in erhöhtem Maasse brauchbar zu gestalten, der die Absicht hat, sich eingehend mit pflanzenphysiologischen Studien zu beschäftigen, und vor allen Dingen den Wunsch hegen muss, die Untersuchungsmethoden genauer kennen zu lernen. Daher sind die Forschungsmethoden denn auch in vielen Fällen in der vorliegenden Auflage sehr detaillirt in Verbindung mit kritischen Bemerkungen und unter Hinweis auf con- creto Beispiele zur Prüfung ihrer Leistungsfähigkeit behandelt worden. Uebrigens sei ausdrücklich betont, dass hauptsächlich nur solche Methoden Berücksichtigung erfahren konnten, welche eine allgemeinere Bedeutung beanspruchen, während auf die für specielle Zwecke aus- gearbeiteten Methoden der Untersuchung höchstens kurz hingewiesen ist, zumal dann, wenn dieselben in leicht zugänglichen Originalarbeiten eingehend behandelt worden sind. Zahlreiche neue Abbildungen, ein Sachregister und eine Uebersicht der Bezugsquellen für Apparate werden dem Buch ebenfalls sicher zum Vortheil gereichen. Viele Sorgfalt habe ich auch der Auswahl der für die Experimente empfohlenen Untersuchungsobjecte gewidmet. Bei dem Gebrauch meines Buches wird man finden, dass hierbei nicht allein das im Sommer zur Verfügung stehende Material, sondern ebenso dasjenige Berücksichtigung erfahren hat, welches im Winter zweckmässig ver- wandt werden kann. Gerade in der minder günstigen Jahreszeit ist die richtige Auswahl des Beobachtungsmaterials doppelt wichtig. Die Anzahl der von mir zur Prüfung der Untersuchungsmethoden in den letzten 4 Jahren angestellten Experimente ist eine sehr grosse gewesen. Ich habe auch verschiedene neue Apparate construirt, die in dieser Auflage beschrieben und abgebildet sind. Bemerkt muss auch werden, dass die nach Mitte des Jahres 1894 erschienene Litteratur keine Berücksichtigung mehr erfahren konnte. Zu besonderer Freude gereicht es mir, dass Herr Dr. Micheels in Ypern im Jahre 1890 eine französische Uebersetzung meines Buches herausgab, die in Paris erschienen ist. Eine englische Ueber- setzung ist in Vorbereitung. Dem Herrn Verleger sage ich verbindlichsten Dank dafür, dass er für vollendete Ausstattung des Buches die grösste Sorge trug. Jena, im April 1895. W. Detmer. Inhal ts-Uebersicht. Erster TheU. Physiologie der Ernährung. Erster Abschnitt. Die Nährstoffe der Pflanzen. I. Der Assimilationsprocess. Seite 1. Constatirang der Tbatsache, dass grüne PflanzeD organische Substanz ans an- organischem Material zu erzeugen vermögen • . . ■ • . * 1 2. Die Prodaction organischer Substanz in der grünen Pflanzenzelie anter dem Ein- floss des Lichtes 7 3. Die Assimilationsorgane 8 i. Die Durchleuchtung der Pflanzengewebe 11 5. Die Chlorophyllkörper 13 6. Der Chlorophyllfarbstoff 17 7. Das Absorptionsspectrum und die Fluorescenz des Chlorophyllfarbstoffes .... 18 8. Die Zersetzung des Chlorophyllfarbstoffes 22 9. Die herbstliche Färbung der Blätter und die winterliche Färbung aasdaaernder Pflanzentheile 25 10. Die Entstehung des Chlorophyllfarbstoffes 26 11. Die Sauerstoffproduction bei der Assimilation 29 12. Die Kohlensäure und der Assimilationsprocess 33 13. Volumetrische Verhältnisse des Gas wechseis bei der Assimilation • 35 14. Der makro- aod mikrochemische Nachweis von Stärke in den Assimilations- organen 38 15. Die Assimilationsproducte 39 16. Die Abhängigkeit der Stärkebildung bei der Assimilation von äusseren Ver- hältnissen 42 17. Die Spaltöffnungen and der Assimilationsprocass 47 n. Die Entstehung der Eiweissstoffe in den Pflanzen. 18. Die Versorgung niederer Organismen mit Stickstoff 49 19. Vermag die Pflanze den freien Stickstoff der Atmosphäre zur Bildung von Ei- weissstoffen zu verwerthen? 50 20. Bacterium Radicicola und die Papilionaceen als Stickstoffsammler ..■-... 52 21. Der Nachweis des Ammoniaks und der Salpetersäure im Wasser und in der Pflanze und die Lebensthätigkeit von Nitromonas 57 22. Die Salpetersäure als Pflanzennahrungsmittel 60 23. Das Ammoniak als Pflanzennahrungsmittel 61 24. Der Ort der Eiweissbildung in den höheren Pflanze 61 25. Die Zersetzung der Nitrate in den Pflanzen 64 Inhaltsübersicht. IX Seite III. Die Aschenbestandtheile der Pflanzen. 26. Die mechanische Bodeuanalyse • . . . 65 27. Der Nachweis einiger Pflanzeiinährstofie im Boden 66 28- Der Gehalt des Wassers an PÜanzeuuährstofifen 67 29. Die Aschenanalyse . • 68 30. Das Mineralstoffbedürfniss der höheren Pflanzen und die Entbehrlichkeit des Natriums sowie des Siliciums für dieselben • . . . . 70 31. Die Unentbehrlichkeit des Phosphors, Schwefels, Kalium«, Calciums, Magnesiums und Eisens l'ür die höliereii Pflanzen 71 32. Das Mineralstofiljediirfniss der Pilze 78 33. Die Formen, in denen einige Miueralstofi'e in den Pflanzen vorkommen 74 IV. Die organischen Verbindungen als Pflanzennahrungsmittel. 34. Die Humuskörper des Bodens und die Mycorhiza 76 35. Experimente mit Penicillium crustaceum 78 36. Einige weitere Sapropbyten 80 37. Experimente mit Saccharomyces cerevisiae . • • 80 88. Die Bacterien 81 89. Einige parasitisch lebende Pilze 84 40. Die Flechten 86 41. Experimente mit fleischverdaueudeu Pflanzen 86 Zweiter Abschnitt. Die Molekularkräfte der Pflanzen. I. Die wichtigsten organisirten Gebilde der Pflanzenzellen. 42. Die Membranen der PflauzenzeJIen . 90 43. Die Stärkekörner 93 44. Das Verhalten der Stärke zum Jod 96 45. Das Verhalten der Stärkekörner im polarisirten Licht 97 46. Die protoplasmatischen Gebilde der Pflanzeiizellen 97 II. Die Zerstörung der Molekularstructur organisirter pflanzlicher Gebilde. 47. Die Einwirkung niederer Temperaturen auf Pflanzen 103 48. Die Veränderungen, welche Pflanzen in Folge des Erfrierens erfahren 104 49. Die Eisbildung in gefrierenden Pflanzen 105 50. Die Tödtung der Pflanzen durch zu hohe Temperaturen 108 51. Die Veränderungen, welche Pflanzen in Folt;e der Tödtung durch zu hohe Tem- peraturen erfahren 110 52. Die Vernichtung der Molekularstructur durch mechanische Eingriffe 111 63. Die Wirkung des Austrocknens auf Pflanzentheile 112 54. Die Einwirkung der Elektricität auf Pflanzen* • 118 55. Die Einwirkung von Giften auf die Pflanzen 115 III. Elementare Molekularvorgänge in den Pflanzen. 56. Der Imbibitionsprocess 117 57. Die Difi'usion und die Endosmose 120 58. Die diosmotischen Eigenschaften der Zellhant und des Protoplasmas 122 69. Der Turgor und die Pla.smolyse 125 60. Die isotonischen Coefficienten 127 61. Die Grösse der Turgorkraft 129 62. Der Temperaturznstand der Gewächse 130 63. Die elektromotorischen Wirkungen an Pflanzen 132 IV. Die Bewegung der Gase in den Pflanzen. 64. Einiges über das Verhalten der Gase im Allgemeinen 185 65. Das Intercellularsystem der Pflanzen 138 X Inhaltsübersicht. Seite 66. Die Lenticellen 140 67. Die SpRltöffnuDRen und ihre Bedeutung beim Gaswechsel der Pflanzen .... 142 68. Positiver und negativer Gasdruck in den Pflanzen 147 V. Die Wasseraufnahme seitens der Pflanzen. 69 Die Wasseraufnahme seitens der Wurzeln aus dem Boden 156 70. Die Wasseraufnahme seitens der Blätter 157 71. Einige Bewegungserscheinungen an Pflanzentheilen, die mit der Wasseraufnahme derselben im Zusammenhang stehen 157 72. Die Wasseraufnahme der Früchte und Samen • 160 73. Weitere Experimente über den Quellungsprocess der Samen 163 74. Die Wasseraufnahme der Moose 164 VI. Die Wasserbewegung in den Pflanzen. 75. Constatirung der Erscheinung des Wurzeldrucks 166 76. Der Saftausfluss aus im Freien wachsenden verletzten Bäumen 168 77. Der Einfluss äusserer Verhältnisse auf den Saftausfluss aus decapitirten Pflanzen 169 78. Die Periodicität des Wurzeldrucks 172 79. Die Ursachen des Wurzeldrucks und verwandter Erscheinungen l75ä 80. Weitere Experimente über den Austritt tropfbar flüssigen Wassers aus Pflanzen 173 81. Die Organisation der Pflnnzentheile und die Transpiration • . . 176 82 Weitere Transpirationsversuche 178 83. Der Einfluss äusserer Verhältnisse auf die Transpiration der Pflanzen 181 84. Das Holz als wasserleitendes Gewebe und der Einfluss der Transpiration auf die Wasserbewegung in der Pflanze 189 85. Die Beweglichkeit des Wassers im Holz 193 86. Die Geschwindigkeit der Wasserbeweguna; in der Pflanze 195 87. Die Erscheinung des Welkens der Pflanzen 197 VII. Die Mineralstoffaufnahme seitens der Pflanzen. 88. Die Wurzeln der Pflanzen als Organe der Mineralstofi'aufnabme 199 89. Die Mineralstofiaufnahme der Wurzeln aus Nährstofl'lösungen 201 90. Die Corrosionserscheinungen • 202 91. Die Ursachen der Corrosionserscheinungen 203 92. Das Absorptionsvermögen des Bodens 205 Dritter Abschnitt Die StofPwechselprocesse im vegetabilischen Organismns. I. Das Verhalten der stickstoffhaltigen Verbindungen. 93. Die EiweissstofTe, welche man aus Pflanzentheilen abscheiden kann 208 94. Die makro- und mikrochemischen Eiweissreactionen 209 95. Allgemeines über das Verhalten der Eiweissstofl'e in der Pflanze 210 96. Das Pepsin und die Peptone 211 97. Das Nuclein 212 98. Der mikrochemische Nachweis de* Asparagins 213 99. Die quantitative Bestimmung des Gesammtstickstoffs and des Stickstoffs der Proteinstoffe und der Säureamide in Keimpflanzen 214 100. Das Verhalten des Asparagins in den Pflanzen 215 IL Der Athmungsprocess der Pflanzen. 101. Experimente zur allgemeinen Orientirung über die Pflanzenathmung 217 102. Methode zur Bestimmung der bei intramolekularer und normaler Athmung der Pflanzen producirten Kohlensäure 221 103. Die Kohlensäureproduction bei normaler Athmung der Pflanzen 220 104. Die Kohlensäureproduction bei intramolekularer Athmung der Pflanzen .... 229 105. Elementaranalytiscbe Untersuchungen über den Athmungsprocess 282 CO, 106. Sanerstoffaufnabme bei der Athmung und Ermittelung des Respirationsquotienten -tv- 233 Inhaltsübersicht. XI Seita 107. Das Verhalten der Pflauzen in Contact mit Stickstoffoxyduigas 286 108. Die AlkoholbildunK in den Pflanzen und das Verhalten anaerober Organismen . 236 109. Die Wärmeentwickelung und die Phosphorescenz der Pflanzen 240 m. Verhalten der stickstofffreien plastischen Stoffe der Pflanzen. 110. Das Amylum als Reservestoff 245 111. Die quantitative Amylumbestimmuug 246 112. Das Vorkommen der Diastase in den Pflanzen und die Wirkungsweise des Fer- mentes 247 113. Der Kinfluss verschiedener Substanzen sowie der Temperaturverhältnisse aut den Verlauf des Processes der Stärkeumbildung durch Diasta^e 260 114. Die Entstehung der Diastase in den Zellen höherer Pflanzen 260 115. Die Bestimmung und der mikrochemische Nachweis der Olycose 251 116. Das Dextrin 252 117. Die liestimmting und der mikrochemische Nachweis des Rohrzuckers 25S 118. Die Reservecellulose und das Amyloid 254 119 Das Inulin 255 120. Die Pflanzenfette und die quantitative Bestimmung derselben 256 121. Die Keactionen der fetten Oele 257 122. Das Verhalten des Fettes bei der Keimung der Samen 258 123. Die Keimung der Samen von Phaseolus multiflorus 260 124. Die Keimung von Triticum vulgare 262 125. Die Keimung der Kartoffelknollen 264 126. Der Einfluss der Temperaturverhältnisse auf den Zuckergehalt der Kartoffel- knollen 265 127. Das Reifen der Friichte und Samen 266 1 28. Die Gewinnung des für quantitative chemische Untersuchungen über Stoffwechsel- processe erforderlichen Materials 268 129. Quantitativ-chemische Untersuchungen über das Verhalten der Fette und Kohle- hydrate beim pflanzlichen Stoffwechsel 269 IV. Die Nebenproducte des pflanzlichen Stoffwechsels. 130. Die organischen Säuren der Pflanzen 271 131. Das Verhalten der freien organischen Säuren im Organismus der Crassulaeeen und einiger anderer Pflanzen 273 132. Die Gummiarten und die Pflanzenschleime 278 133 Die Gerbsäuren 278 134. Die ätherischen Oele und Harze 282 135. Die Farbstoffe 284 136. Der mikrochemische Nachweis von Alkaloiden und einiger anderer Stoffe in den Pflanzen 285 137. Die Nebenproducte des pflanzlichen Stoffwechsels als Schutzmittel der Pflanzen . 287 V. Die Translocation plastischer Stoffe in den Pflanzen. 138. Experimente mit keimenden Pollenkörnern 289 139. Experimente mit Blättern 28» 140. Experimente mit Zweigen 291 141. Die Ringelungsversuche 293 142. Die Stärke- and Zuckerscheide und ihre Functionen bei der Stoffwanderung . . 296 148. Die Siebröhren und ihre Function bei der Stoffwanderung 297 144. Der Milchsaft 299 145. Die Stoffaccumulation 801 XII Inhaltsübergicht. Zweiter Thell. Physiologie des Wachsthums und der Reizbewegungen. Vierter Abschnitt. Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. I. Die Eigenschaften wachsender Pflanzentheile und die auf inneren Ursachen beruhenden Wachsthumsbewegungen. Seite 146. Die Dehnbarkeit und Elasttcität wachsender Pflanzentheile 302 147. Relationen zwischen der Grösse der Turgorausdehnung, dem Wachsthum und der Dehnbarkeit der Pflanzentheile 303 148. Die Contraction der Wurzeln 805 149. Die Längsspannung 307 150. Die Querspannung 309 151. Die Vegetationspunkte und das L&ngenwachstbum der Pflanzentheile 310 152. Das DickenwachsthuDQ 313 153. Apparate zur Messung der Zuwachsbewegungen 314 154. Die grosse Wachsthumsperiode 319 155. Die Wachsthumsgeschwindigkeit und Wachsthumsenergie 323 156. Die Torsionen 324 157. Einige spontane Nutationserscheinungen 325 II. Die nothwendigen Wachsthumsbedingungen und die Beeinflussung der Zuwachsbewegung durch äussere Verhältnisse. 158. Das StoSbedürfniss wachsender Pflanzentheile 327 159. Der Wassergehalt der Pflanzen und das Wachsthum 328 16U. Die Athmung und das Wachsthum 329 161. Die Beeinflussung des Wachsthums durch Druck und Dehnunt; 330 162. Die Beeinflussung des Wachsthums durch die Temperaturverhältiiisse 888 163. Die Jabresperiode der Pflanzen • 334 164. Das Wachsthum der Pflanzentheile in coustauter Finsterniss 337 165. Die Ursachen der Etiolirungserscheinuugen 340 166. Der Einfluss des Lichts auf das Wachsthum 343 167. Der Einfluss der Beleuchtungsverhältnisse auf die Keimung der Kartoffelknollen 345 Fünfter Abschnitt. Die Reizbewegungen der Pflanzen. I. Die Reizbewegungen protoplasmatischer Gebilde. 168. Die Bewegungserscheinungen des Protoplasmas 347 169. Die freien Ortsbewegungen niederer Organismen (Schwärmerbewegungen etc.) . 352 170. Die Bewegungen der Chlorophyllkörper 359 171- Die Bewegung der Plasmodien von Aethalium septicum 860 II. Die geotropischen, heliotropischen und hydrotropischen Nutationen und einige andere Reizerscheinungen. 172. Das geotropische Verhalten der Wurzeln 363 173. Das geotropische Verhalten der Sprosse • ... 367 174. Die Ursachen der geotropischen Krümmungen 371 175. Die Function der Wurzelspitze bei dem Zustandekommen geotropischer Krüm- mungen 376 176. Experimente mit dem Klinostaten 377 177. Experimente mit dem Centrifugalapparat 884 178. Die heliotropischen Nutationen 388 Inhaltsübersicht. XIII Seite 179. Weitere Orientirang fiber den Heliotropismus 391 180. Der Hydrotropismus der Wurzeln 395 181. Der Hydrotropismus von Mucor Mucedo 396 182. Der Thermotropismns der Pflanzen 397 183. Aerotropismus und Chemotropismus der Pollen- und Pilzschläuche 398 184. Die durch den Wechsel der BeleuchtunKSverhältnisse und durch Temperatur- schwankungen inducirten Bewegungen der I..aubblätter und Blüthentheile. (Nycti- tropische BewegnoKen) 399 185. Die DARWiN'sche Krümmung etc 403 m. Das Winden der Ranken und Schlingpflanzen. 186. Allgemeines über das Winden der Schlingpflanzen 404 187. Die rotirende Nutation • 405 188. Die freien Windungren 408 189. Die Mechanik des Windens der Schlingpflanzen 409 190. Experimente über das Ranken der Cucurbitaceen 412 191. Experimente mit Ampelideenranken 416 IV. Die Dorsiventralität, Polarität und Anisotropie der Pflanzenorgane und die Correlationserscheinungen im Pflanzenreich. 192. Die Dorsiventralität der Pflanzentheile 418 193. Die Polarität der Pflanzentheile 419 194. Die Anisotropie der Pflanzenorgane 422 195. Allgemeines über die Festigung der Pflaiizenorgane 430 196. Die Anordnung des mechanischen Gewebes in biegungs-, zag- und drucktesten Pflanzentheilen 434 197. Die Correlationserscheinungen im Pflanzenreich 436 V. Die Variationsbewegungen der Pflanzen. 198. Experimente mit Acauia lophanta 438 199. Experimente mit Phaseolus multiflorus 439 200. Experimente mit dem Hebeldynamometer 442 201. Experimente mit Mimosa pudica und anderen Pflanzen 444 202. Die durch Erschütterung oder Berührung hervorgerufenen Variationsbewegungen von Mimosa pudica 445 203. Beobachtung weiterer durch Erschütterung und Berührung hervorgerufener Va- riation sbewegungen 447 204. Die spontanen Variationsbeweguugen 448 205. Der Einfluss äusserer Verbältnisse auf einige Variationsbewegungeu 449 Nachtrag 450 Bezugsquellen für Apparate, Utensilien, Pflanzenmaterial etc. (Nur die wichtigsten Apparate und Utensilien finden hier Erwähnung.) Samen- und Pflanzeumaterial liefern Haage und Schmidt in Erfurt. Durch einen hohen Grad der Keimfähigkeit ausgezeichnet sind auch die Samen, welche Hofgärtner Madrer in Jena liefert. Rassenreine, s tär kef r eie, abgepr e s s te Bi er- u nd Br en nere ih ef en , denen höchstens etwas Eiweissgerinnsel beigemischt ist, bezieht man im Preise von 5 Mk. p. kg. aus der Versuchs- und Lehrbrauerei zu Berlin, See- und Torfstr.-Ecke. Nach meiner Erfahrung versetzt zumal die von dort bezogene Brennereihefe PASTEDR'sche Nährlösung bei ca. 20 " C. in sehr lebhafte Gährung. Hefereinculturen in Reagensglas werden von der ge- nannten Versuchsbrauerei für 10 Mk. abgegeben. In vielen Fällen genügt es, die Hefe, welche man benutzen will, selbst zu reinigen. Unterhefe aus einer Brauerei wird in destillirtem und durch Kochen sterilisirtem Wasser vertheilt. Haben sich die in der Flüssigkeit schwimmenden gröberen Theile abgesetzt, so giesst mau die Flüssigkeit, in der die Hefezelien suspendirt sind, ab und stellt sie an einen kühlen Ort. Hat sich die Hauptmasse der Hefe abgesetzt, so giesst man die trübe Flüssigkeit ab, vertheilt den Bodensatz abermals in Wasser und decantirt in angegebener Weise noch etwa 4mal. Die gereinigte Hefe wird nun nochmals in Wasser vertheilt, man lässt etwas absetzen und entnimmt der Hefe enthaltenden Flüssigkeit mit Hülfe einer Pipette ein bestimmtes Volumen. An Stelle des zuletzt benutzten Wassers kann man auch unter Umständen eine gewisse Menge der Nährlösung verwenden (PASTEüR'sche Nährlösung, Bierwürze etc.), die zu den Hefeculturen dienen soll. Kommt es darauf an, verschiedenen Nährlösungsportionen sehr genau die nämliche Hefemenge hinzuzufügen, so thut man gut, die dem Wasser oder der Nährlösung, welche mit der gereinigten Hefe versetzt worden ist, entnommene Flüssigkeitsmenge nochmals in Wasser oder Nährlösung einzutragen, und erst von dieser Flüssigkeit unter fortwährendem Umschütteln mittelst einer Pipette ein bestimmtes Volumen zum Gebrauch abzuheben. In vielen Fällen ist erforderlich, Wasser und Nähr- stofflösung, in denen man die Hefe bei der Reinigung vertheilt, vor dem Gebrauch in einem mit Watteverschluss versehenen Kölbchen durch Kochen zu sterilisiren. Chemikalien aller Art sind zu beziehen aus der chemischen Fabrik von Merck (Darmstadt). Farbstoffe für Mikroskopie liefert Dr. 6. Grübler in Leipzig, Bayrische Strasse. Glycerin- Gelatine von Kaiser zur Herstellung von Dauerprtiparaten ist eben- falls von Dr. Grübler zu beziehen. Desgleichen chinesische Tusche (verflüssigt) nebst feinem Pinsel zum Auftragen von Marken auf Pflanzentheile. Filtrirpapier, gewöhnliches und schwedisches, liefert Dr. H. Geissler Nachfolger F. Hüller in Bonn. Gewöhnliche Korke, K a ut seh u k s t op fen , K a u ts chuk s ch lä uc h e etc. sind zu beziehen aus der Gummifabrik von Wallach in Cassel. Die Kautscbuk- waaren bewahrt man in einem grossen, verschlossenen Glascylinder auf, in welchem noch ein kleines, bis zur Hälfte mit Terpentinöl angefülltes Glas Platz findet. So conservirte Kautschukwaaren werden nicht spröde und brüchig. Hart gewordene Kautschukwaaren kann man wieder gebrauchsfähig machen, wenn man sie einige Zeit lang der Einwirkung von Chloroformdampf aussetzt. Zu dem Zweck gelangen sie nebst einem bis zur Hälfte mit Chloroform angefüllten Gläschen in einen verschiiessbaren Glascylinder. Kautschukkörke und Schläuche aus Paragummi von besonders guter Qualität, die auch bei langem Liegen an der Luft kaum hart werden, liefern Bender & Hobein, München, Gabelsberger-Str. 76 a. Platintiegel etc. liefert Heraus in Hanau. Hörn- und Porzellangeräthschaften aller Art liefert Ephraim Geeimes in Stützerbach (Thüringen). Glaswaaren aller Art (Röhren, Bechergläser, Trichter etc.) liefern Alt Eberhardt und JÄGER in Ilmenau (Thüringen) und Ephraim Greiker in Stützerbacb (Thüringen). Büretten, Pipetten, W asc h f lasch en , G asent w ic kel ung sappar a te etc. sind zu beziehen von Dr. R. Moencke, Berlin NW, Lnisenstrasse 58. Bezugsquellen für Apparate, Pflanzenmaterial etc. XV ExcelsiormQhlen zum Zermahlen von Samen, Rinden etc. sind zu beziehen ▼OD Gbdbon in Magdeburg- Buckau oder von Wendeboth in Cassel. Saftpressen und Presstficher liefern O. Wekderotb in Cassel and GeiB8|.e|i Nachf. F. MÜLLER in Bonn. Heberbarometer von besonders guter Qualität liefert Geissler Nachf. F. Müller in Bonn. Das Instrument ist zweckmässig an einem Stativ zu befestigen, welches es er- möglicht, das Barometer, wenn es nicht gebraucht wird, in geneigte Stellang za bringen. Das Glas bleibt dann da, wo die Ablesungen erfolgen, immer sauber. Gefässbarometer in besonders guter Qualität mit Stativ und Thermometer liefert für den Preis von 32 Mk. W. Haak, Glasbläser in Jena. Stative aller Art sind zu beziehen von Desaga in Heidelberg. Stative mit Por- lellanplatte, besonders geeignet zum Einsenken in Wasser, liefert Bühler in Tübingen. Apparate zur S tick s to f fbestim m u ng nach Kjeldabl liefert Alt Eber- hardt und JÄGER in Ilmenau (Thüringen). Ein Fernrohr (Kathetometer) für Ablesung bei gasaualytischen Arbeiten ist im Preis von 80 — lOO M. von Muekcke in Berlin zu beziehen. S chl i ttenin du c t i on sa p para te und un po lar i s i r bar e Elektroden etc. sind zu beziehen von U. Kothe, Universitätsmechaniker in Prag. Chromsäureelemente und Tauchbatterien liefert Dr. Mdencke in Ber- lin (s. Preisverzeichniss von 1894) Spiegelgalvanometer ^ind zu beziehen aus den mechanischen Werkstätten von Dr. Th. Edelmann in München und H. Meyer in Zürich. Die letztere Firma liefert etwas billigere, aber doch sehr empfindliche Apparate. Besonders empfehlenswerth sind auch die Spiegelgalvanometer nach Hermann aus der mechanischen Werkstätte von Plath in Pots- dam. Das Instrument, mit 2 Rollen von zusammen 30 000 Drabtwindungen, 2 Thermorollen von je 100 Windungen, vorzüglicher Dämpfung, Fernrohr und Scala ausgestattet, kostet 485 Mk. Spectralapparate verschiedener Art sind zu beziehen von Geissler Nachf. F. MÜLLER in Bonn. Ein grosses Spectroskop nach Hofmann mit Vergleichsprisma und Messvorrichtung kostet 240 Mk. Auch A. Krüss in Hamburg liefert sehr gute lustrumente. Sehr empfehlenswerthe Taschenspectroskope mit Scala sind im Preis von 60 Mk. zu be- ziehen von Schmidt & Haensch in Berlin, Stallschreiberstrasse 4 Luftpumpen, Wasserstrahlpumpen, Wasserstrahlgebläse sind zu beziehen von Dr. Mcencke in Berlin. Besonders empfehlenswerth ist die ARZBERGER'sche Wasserstrahlpumpe, mit Hülfe welcher eine sehr vollständige Evacuiruog zu erzielen ist. Der Apparat wird im Preis von etwa 30 Mk. von C. Gerhardt in Bonn geliefert. Auch ist derselbe von Dr. Mcencke in Berlin und in vorzüglichster Qualität von Faul Böhme in Brunn zu beziehen. Ferner empfehle ich sehr nachdrücklich die Wasserstrahlpumpe vom Glasbläser Hildebrano in Erlangen. Der kleine Apparat (Preis 2 Mk.) wird mit Hülfe eines sehr dickwandigen Kautschukschlauches oder eines Hanfschlauches an den Ausfluss- hahn der Wasserleitung befestigt. Die zu erreichende Evacuation ist eine sehr vollkommene, natürlich bis auf die Tension des Wasserdampfes. Waagen für analytische Arbeiten mit einer Tragkraft von 100 — 200g und einer Empfindlichkeit von '/,, mg sind zu beziehen von G. Kern in Ehingen (Württemberg) und P. BüNGE in Hamburg (Eilbeck). Preis: 200—300 Mk. Oberschalige Waagen, verhältnissmässig empfindlich, mit Tragkraft von 1 — 10 kg liefert Dr. Muekcke in Berlin. Preis: 18 — 28 Mk. Für viele Transpirationsversuche eignen sich besonders die sogen, oberschaligen Pdanzenwaagen (Belastung bis zu 2 kg, Empfind- lichkeit 0,1 g), welche G. Kern & Sohn in Ehingen (Württemberg) im Preise von 140 Mk. liefern. Die nämliche Firma liefert auch für den Preis von 28 Mk. eine WESTPHAL'sche Waage zur Bestimmung des specifischen Gewichts von Flüssigkeiten. Kleine Wassermotoren, direct an den Ausflusshahn der Wasserleitung mittelst eines Hanfschlauches anzubringen und besonders geeignet, um z. B. Centrifugalapparate in Bewegung zu setzen, sind zu beziehen von F. A. Herbertz in Köln. Thermometer werden geliefert von Greiner & Friedrichs in Stützerbach, Ephraim Gbeiner in Stützerbach, Kihchler in Ilmenau, Haak, Glasbläser in Jena, Geissler Nachf. F. MÜLLER in Bonn. Für genaue Untersuchungen i»t es erforderlich, die Thermometer prüfen zu lassen. Diese Prüfungen werden in der physikalisch-technischen Reichsanstalt zu Charlottenburg bei Berlin ausgeführt. Die Prüfung eines Normalthermometers von Haak in Jena, welche auf meinen Wunsch im physikalischen Institut zu Jena ausgeführt wurde, ergab z. B. folgende Werthe. Bei 0 ° C. —OjlG", bei 10° +0,00°, bei 20 <• -f 0,05 ", bei 30 <* -f 0,05*, bei 40 <> t 0,00 <•, bei 60" -f 0.05°. Die negativen Vorzeichen einer Correctur bedeuten, dass die betreffende Grösse von der unmittelbar beobachteten abzuziehen ist. Die angegebenen Correcturen gelten unter der Voraus^etzung, dass der Quecksilber- faden sich seiner ganzen Länge nach in der zu messenden Temperatur befindet. Wenn ein Theil des Fadens aus dem Räume, dessen Temperatur gemessen werden soll, herausragt, so tritt zu der abgelesenen und nach den vorstehenden Fehlerangaben berichtigten Temperatur eine Correciion hinzu, die aus der folgenden Formel berechnet wird: XVI Bezugsquellen für Apparate, Pflanzenmaterial etc. n (t — f) 6ÖUU worin n die in Graden ausgedrückte Läni;e des herausra«;enden Theiles des Quecksilber- fadens, t die zu messende Temperatur und t' die mittlere Temperatur des herausragenden Fadens bedeuten. Es genügt in den meisten Fällen, für t' die Temperatur des Arbeits- raumes einzusetzen. Ist diese Temperatur niediiger als die zu messende Temperatur, so ist der gefundene Werth der Temperatur, welche das Thermometer anzeigt, hinzuzuaddiren. Apparate zum Abdampfen, Destilliren von Wasser und Heizen der Trockenschränke liefert in jeder gewünschten Grösse Dr. Mdencke in Berlin. Dampfs terilisirungsapparate zum Sterilisiren im strömenden Wasserdampf nach Koch, ganz aus Kupfer gefertigt von 1 m Höhe, sind für 60 — 80 Mk. zu beziehen von H. Rohrbeck, Berlin NW, Karlstrasse 24. V^ergl. Preisverzeichniss von 1891 — 92, S. 21. Näheres über Coiistruction und Benutzung des Apparates vergl. man im erwähnten Catalog. Mikroskope vorzüglicher Qualität sind zu bezieben von C. Zeiss in Jena und von W. & H. Seibert in Wetzlar. Ein für die gewöhnlichen Zwecke vollkommen aus- reichendes ist z. B. das von Zeiss, Stativ Nr. VII a mit den Ocularen 2, 4 u. 5 und den Objectiven B. u. D. Preis 153 Mk. Vergrösserung 9Ö — 580-fach. Zeichenprismen 20 — 30 Mk., den neuen Zeichenapparat von Abbe, bei dessen Benutzung man auf horizontaler Fläche zeichnet, für 60 Mk., Objectivmikrometer 10 Mk. ; Objectträger und Deckgläser kann man ebenfalls von Zeiss in Jena beziehen. Ein für pflanzenphysiologische Untersuchungen sehr empfehlenswertber Centri- fugalap parat ist nach meinen Angaben vom Mechaniker des physikalischen Instituts zu Jena G. Tegtmeyer construirt worden. Der Apparat ist für den Preis von 60 Mk. von dem genannten Mechaniker zu beziehen (vergl. Fig. 155). G. TEGTMErER liefert auch meinen Apparat zur Bestimmung der Dehnbarkeit, Elasticität und Fertigkeit von Pflanzen- theilen, Preis 35 Mk. (vergl. Fig. 179), ebenso die von mir construirten und in Fig. 49 sowie 146 abgebildeten Apparate. Von E. Albrecht, üniversitätsmechaniker in Tübingen können die folgenden Apparate bezogen werden. Grosser Klinostat nach Pfeffer, Preis 820 Mk. Kleiner Klinostat, Preis 220 Mk. Auxanometer nach Pfeffer, Preis 320 Mk. Zeiger am Bogen nach Sachs, Preis 60 Mk. Apparat zum Registriren des Saftausflusses nach Baranetzkt, Preis 100 Mk. Horizontales Messmikroskop, Preis 125 Mk. H eb el d y n am o m e t e r , Preis 15 Mk. Gaskammer, nach dem Princip der ENGELMANN'schen, Preis 15 Mk. Zweispiegeliger Heliostat nach Reüsch, Preis 335 Mk. Worthann's Klinostat ist mit allem Zubehör im Preis von 200 Mk. zu beziehen ans der technischen Anstalt der Gebrüder Ukgerer in Strassburg. Das Azotometer ist im Preis von ca. 30 Mk. von Ehrhabdt & Metzger in Darmstadt zu beziehen. Thermostaten, T h er mor egu lator en, G as dr u c kre g ulator e n , Gas- brenner liefert Dr H. Rohrbeck in Berlin, Karlstrasse 24. Besonders empfehlenswerth sind die im Preisverzeichniss von 1891 — 92 unter 114 und 129 aufgetührten Thermostaten. Preis je nach Grösse 50 — 200 Mk resp. 20 — 30 Mk. Als Thermoregulator empfehle ich z. B. den unter 149 aufgeführten. Preis gefüllt und geprüft 19 Mk. Recht empfehlens- werth sind auch die Thermoregulatoren (mit Quecksilber und Amylalkohol gefüllt) vom Glasbläser Haak in Jena. Preis 8 — 10 Mk. Ich mache hier auch aufmerksam auf das neue Preisverzeichniss (1895) der Firma Zeiss in Jena, besonders auf folgende in demselben angegebenen Apparate: Mikroskope verschiedener Constructionen, Mikrospectralobjectiv nach Enoelhann, S. 67, Ocularmikro- meter, S. 72, Zeichenapparat nach Abbe, S. 82, Polarisationseinrichtungen für Mikroskope, S. 85, Mikrospectroskop, S. 88, Heizvorrichtung zur Erwärmung mikroskopischer Objecte während der Beobachtung nach Pfeiffer, S. 93. Millimeterpapier (durchscheinendes Pause-Skizzirpapier) ist zu beziehen von Schleicher und Schüll in Düren, Rheinpreussen ; Preis von 25 Bogen 12 Mk. Polarplanimeter liefert im Preise von 45 Mk. nebst Gebrauchsanweisung J. Kern in Aarau, Schweiz. Eine Art Klebwachs, Plastilin genannt, welches in manchen Fällen gute Dienste leistet, wenn es sich z. B. darum handelt, Pflanzentheile in Glasröhren luftdicht einzukitten, ist zu beziehen von Piening & Soden in Hamburg, Breitestrasse. Sämmtliche Apparate, welche in diesem Buch Erwähnung finden, können bezogen werden aus der mechanischen Werkstätte von Desaqa in Heidelberg. Diese Firma hat es sich zur besonderen Aufgabe gestellt, die Apparate selbst herzustellen oder doch zu be- schaffen. Erster Theil. Physiologie der Ernährung. Erster Abschnitt. Die Nährstoffe der Pflanzen. I. Der Assimilationsprocess. 1. Constatinmg der Tliatsaelie, dass grüne Pflanzen organische Substanz ans anorganischem Material zu erzeugen yerniögen. Die Thatsache, dass grüne Pflanzen organische, d. h. kohlenstoff- haltige, verbrennliche Substanz aus anorganischem Material zu er- zeugen vermögen, ist von so fundamentaler Bedeutung, und die zur Feststellung dieser Thatsache anzustellenden Experimente sind so lehrreich, dass denselben eine ganz besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist Die Versuche können fast zu jeder Jahreszeit angestellt werden ; sie liefern freilich im Sommer der dann herrschenden gün- stigen Vegetationsbedingungen wegen die weitaus besten Resultate, und wenn es sich um Experimente handelt, bei denen die Pflanzen zu völliger Entwickelung und Samenreife gebracht werden sollen, so ist dies natürlich im Winter nicht möglich. Als Untersuchungsobjecte verwendet man zweckmässig den Mais, den Weizen, den Hafer, den Buchweizen oder die Bohne. Es kommt zunächst darauf an, das Trockengewicht der zum Ver- such dienenden ruhenden Früchte resp. Samen zu ermitteln, um den Oehalt derselben an organischer Substanz beurtheilen zu können. Einige Früchte, resp. Samen werden auf einer kleinen Handmühle zu einem feinen Pulver zermahlen, und es dient dann eine kleine Quan- tität dieses Pulvers, deren Gewicht aber genau festgestellt werden muss, zur Bestimmung des Trockensubstanzgehaltes des ursprünglich lufttrockenen Materials. Etwa 3 g des Pulvers werden in ein ge- eignetes Gläschen (Wägegläschen) gebracht und im Trockenschrank bei 100" C. vom Wasser befreit. Als Resultat dieser Untersuchungen ergiebt sich, dass die lufttrockenen Früchte oder Samen etwa 85 "/o Trockensubstanz enthalten. Freilich besteht nun diese letztere nicht ihrer Gesammtmasse nach aus organischen Stoffen, sondern es sind neben diesen noch Mineralbestandtheile vorhanden, aber die Quantität D e t m e r , Fflanzenphysiologisches Praktikum. 2. Aufl. 1 2 Erster Abschnitt. derselben ist verhältnissmässig so gering, dass wir sie hier unberück- sichtigt lassen dürfen. Für die Culturversuche, welche angestellt werden sollen, wählen wir einige möglichst vollkommen ausgebildete Früchte oder Samen aus. Jedes Untersuchungsobject wird einzeln gewogen und das Ge- wicht notirt. Es lässt sich nun unter Berücksichtigung des Resultates der ausgeführten Trockensubstanzbestimmung das Trockengewicht jeder einzelnen Frucht oder jedes einzelnen Samen berechnen. Die Untersuchungsobjecte werden jetzt einzeln in kleine Glas- oder Por- zellanschälchen gelegt, mit Wasser übergössen und 12 — 24 Stunden lang mit diesem zum Aufquellen in Berührung belassen. Darauf bringt man die Früchte oder Samen in feuchten Sägespänen, die sich in einem geeigneten Kasten oder Blumentopf befinden, zum Keimen. Es sei hier ein für alle Mal bemerkt, dass die gut durchfeuchteten Sägespäne zwischen den Händen gerieben und zu einem möglichst lockeren Keimlager in den Gefässen angehäuft werden müssen. Die Phaseolussamen legt man horizontal in das Keimbett, so dass die ausgetretene Wurzel einen rechten Winkel mit der Längsachse der Samen bildet. Maiskörner werden so gelegt, dass die austretende Wurzel, ohne Krümmungen auszuführen, gerade nach abwärts wachsen kann. Ebenso legt man z. B. auch Samen von Vicia Faba mit nach abwärts gewandter Mikropyle in die Sägespäne. Wenn die Keim- wurzeln die Länge von mehreren Centimetern erreicht haben, so werden die Keimpflanzen vorsichtig aus den Sägespänen heraus- genommen, sorgfältig abgewaschen und mit Hülfe der Methode der Wassercultur zu weiterer Entwickelung gebracht. Wir bedürfen dazu zunächst geeigneter Glascylinder, die, wenn wir z. B. mit Maispflanzen experimentiren, so gross sein müssen, dass sie etwa 2 Liter Flüssigkeit fassen. Für kleinere Pflanzen genügen auch kleinere Gefässe. Die Glascylinder werden, um dem Mineral- stoffbedürfiiiss der Pflanzen, auf das wir an anderer Stelle eingehend zurückkommen werden, zu genügen, nicht mit reinem Wasser, sondern mit einer Nährstoff'lösung angefüllt. Dieselbe bereitet man sich zweck- mässig gleich in grösserer Quantität und bewahrt sie in w^ohl ver- schlosseneu Gefässen im Dunkeln auf. Eine geeignete Nährstofflösung erhält man, wenn man auf 1 Liter destillirten Wassers die folgenden Mengen der nachfolgend aufgeführten Körper benutzt 0^ 1 g salpetersauren Kalk (Ga2N03); 0,25 „ Chlorkalium (K Gl); 0,25 „ schwefelsaure Magnesia (Mg SO4); 0,25 „ phosphorsaures Kali (K Hg PO 4). Der Auflösung dieser Stoffe in dem Wasser werden dann noch einige Tropfen verdünnter Eisenchloridlösung hinzugesetzt. Diese Nährstofilösung habe ich oft mit gutem Erfolg benutzt. Eine recht geeignete Nährstofflösung erhält man auch durch Ein- tragen der folgenden Salzmengen in 1 Liter Wasser: 1 g salpetersaures Kali; 0,5 „ Chlornatrium ; 0,5 „ schwefelsaurer Kalk; 0,5 „ schwefelsaure Magnesia; 0,5 „ dreibasisch phosphorsaurer Kalk. 1) Es genügt durchaus, die angegebenen Salzmengen unter Benutzimg einer kleinen Handwage mit Homschalen abzuwägen. Die Nährstoffe der Pflanzen. Das Kalkphosphat wird in sehr fein pulverisirtem Zustande an- gewendet. Es ist in Wasser sehr schwer löslich und bildet daher in den Culturgefässen einen Bodensatz. Dieser Ncähr- stoflflösung sind endlich noch einige Tropfen verdünnter Eisenchlorid- lösung hinzuzusetzen. Sind die Glascylinder mit der Nährstotflösung gefüllt, und hat man pas- sende, mit einer grossen Bohrung verseheneKorke zum Verschluss der Cul- turgefässe ausgewählt, so werden die Keimpflanzen mit Hülfe von Watte in den Bohrungen der Korke befestigt. (Vgl. Fig. 1.) Jede Pflanze erhält einen besonderen Cylinder. Die Wurzeln der Untersuch- ungsobjecte müssen in die Nährstofilösung hin- einragen; die noch vor- handenen Reservestoffbe- hälter (Endosperm oder Cotyledonen) dürfen frei- lich nicht in dieselbe eintauchen, müssen aber vor dem Austrocknen geschützt sein. Die Cul- turgefässe werden, nach- dem sie mit den Pflanzen beschickt worden sind, an ein Fenster gestellt, wo die letzteren directes Sonnenlicht empfangen. Die Glascylinder beklebt man übrigens mit schwar- zem Glanzpapier, damit die Entwickelung von Algen in der Nährstoff- lösung und auf den Wur- zeln der Gewächse aus- geschlossen bleibe. Die weisse Fläche des Glanz- papiers muss nach aussen gekehrt sein, damit die Flüssigkeit in den Cul- turgefässen keine zu hohe Temperatur annimmt. Einfacher ist es noch, um das Licht von den Wurzeln fern zu halten, jedes Culturgefäss in einen Hohlcylinder von 1* Fi(r. 1. Maispflanze, die mit Hülfe der Metliode der Wassercultor zur Entyrickelung grebraclit worden ist. 4 Erster Abschnitt. Pappdeckel zu stellen. Während der Vegetation der Untersuchungs- objecte ist selbstverständlich oft für einen genügenden Ersatz des aus den NährstoflFlösungen aufgenommenen Wassers durch Zugabe von destillirtem Wasser zu sorgen. Die Vorsichtsmaassregeln, welche berücksichtigt werden müssen, wenn es sich darum handelt, Pflanzen mit Hülfe der Methode der Wasser- cultur zu weit fortgeschrittener Entwickelung zu bringen, sollen weiter unten in diesem Abschnitt Erwähnung finden. Zunächst kommt es nur darauf an, den Nachweis zu führen, dass grüne Pflanzen über- haupt torganische Substanz zu erzeugen vermögen, und es genügt daher vollkommen, wenn sie einige Wochen lang vegetiren und kräftige Stengel, Blätter, sowie Wurzeln j)roducirt haben. Wir nehmen die Pflanzen dann aus den Nährstofflösungen heraus, führen sie durch Liegenlassen an der Luft möglichst schnell in den lufttrockenen Zu- stand über, zerschneiden jede Pflanze für sich mit der Scheere in möglichst kleine Stücke und benutzen entweder die ganze Masse eines Individuums oder einen abgewogenen Theil der lufttrockenen Substanz zur Trockensubstanzbestimmung. Vergleicht man das Trocken gewitht einer Pflanze mit demjenigen des Samens, so findet man, dass das erstere das Vielfache des letzteren beträgt. Da der Aschengehalt der geernteten Pflanzen, ebenso wie derjenige der Samen, relativ sehr gering ist, so folgt, dass eine grosse Menge organischer Substanz von unseren Unter- suchungsobjecten erzeugt sein muss. Wir haben unseren Pflanzen aber keine organischen Stofi"e, sondern nur Wasser, einige Salze und die Bestandtheile der Luft zur Verfügung gestellt, und es beweisen unsere Culturen demnach, dass die benutzten Untersuchungsobjecte im Stande sein müssen, aus rein anorganischem Material organische Körper zu produciren. Handelt es sich darum, Wasserculturversuche in grösserer Aus- dehnung anzustellen und die Untersuchungsobjecte (Hafer, Mais, Buch- weizen etc.) zu völliger Entwickelung und Fruchtreife zu bringen, so erfordern die Culturen natürlich eine weit grössere Aufmerksamkeit als dann, wenn nur der Nachweis geliefert werden soll, dass grüne Pflanzen überhaupt organische Substanz zu erzeugen vermögen. 1) Die Samen oder Früchte werden 12, resp. 24 Stunden lang in destillirtem Wasser angequollen und dann in gut gewaschenen und locker in Blumentöpfe eingefüllten Sägespänen zur Keimung gebracht. (Näheres ist bereits oben gesagt worden.) Unter Umständen, zumal bei genauen Untersuchungen über das Mineralstoffbedürfniss der Gewächse, empfiehlt es sich, die Samen oder Früchte nach dem Anquellen zwischen schwe- dischem Fliesspapier anzukeimen. Man bringt die Samen in horizontaler oder verticaler Lage , nachdem sie gequollen sind , zwischen vielfach zusammengefaltetes Fliesspapier und stellt dasselbe dann senkrecht der- artig auf, dass es mit seinem unteren Ende in destillirtes Wasser ein- taucht, welches den Boden eines weithalsigen Glasgefässes bedeckt. Die Vorrichtung wird endlich unter eine Glasglocke gebracht, deren Tubu'us lose mit Watte verstopft ist. 2) Haben die Wurzeln der Keimlinge die Länge von einigen Centi- metern erreicht, so gelangen sie in die mit den Nährstofflösungen an- gefüllten Culturgefässe, die je nach Umständen 1 — 4 Liter Flüssigkeit fassen. Die Culturcylinder können mittelst eines mit drei Oeffnungen versehenen Deckels aus lackirtem Zinkblech oder besser aus Porzellan Die Nährstoffe der Pflanzen. ö' verschlossen werden. Die mittlere Oeffnung dient zur Aufnahme eines halbirten und durchbohrten Korkes. In dieser Bohrung werden die Keimlinge in bereits oben angegebener Weise mit Hülfe von Watte befestigt. Man kann die Keimlinge aber auch direct ohne Kork in die ca. 3 cm weite Oeffnung des Deckels einführen. Die zweite Oeffnung des Deckels ist mit einem durchbohrten Kork verschlossen, und in die Bohrung das untere Ende eines dünnen Holzstabes fest ein- geschoben, der den sich entwickelnden Pflanzen als Stütze dienen kann. Die dritte Oefl'nung des Deckels wird mit einem nicht durchbohrten Kork verschlossen. 3) Die Verdunkelung der Wurzeln in den Culturgefässen erzielt man leicht durch Einsetzen derselben in geeignete, aus Pappe gefertigte Cy linder oder durch Umwickeln der Cylinder mit • mehreren Lagen Flanell. Zu achten ist darauf, dass die Nährlösung an heissen, sonnigen Sommer- tagen keine zu hohe Temperatur annimmt. 4) Die Culturgefässe sind am Fenster eines nach Süden gelegenen Zimmers aufzustellen. Sehr förderlich für die Entwickelung der Pflanzen ist es, wenn man die Culturgefässe so oft wie möglich ins Freie vor das Fenster stellt. Führt man jährlich ausgedehnte Untersuchungen mit Hülfe der Methode der Wassercultur durch, so ist es sehr zu empfehlen, ein besonderes aus Glas und Eisen construirtes Gewächshaus erbauen zu lassen, welches derartig construirt ist, dass die in Rollwagen stehen- den Culturgefässe so oft wie möglich leicht ins Freie gebracht werden können*) 2). 5) Selbstverständlich ist oft für genügenden Ersatz des aus der Nährlösung verdunsteten Wassers zu sorgen. Haben die Pflanzen ein kräftiges Wurzelsystem gebildet, so empfiehlt es sich, die Untersuchungs- objecte etwa jede Woche für 1 — 2 Tage aus den Nährstofflösungen herauszunehmen und in destillirtes Wasser einzusetzen. 6) Sorgfältig ist darauf zu achten, dass die Nährlösung stets schwach sauer reagire. Alkalische Reaction der Nährlösung ist höchst gefährlich und kann, wenn sie eingetreten ist, durch Zusatz von wenig Phosphor- säure beseitigt werden. 7) Um den Wurzeln in der Nährlösung stets genügenden Sauerstoff darzubieten und um der bei Sauerstoffmangel eventuell eintretenden Bildung von Schwefeleisen vorzubeugen, empfiehlt es sich, täglich ein- oder gar zweimal einen Luftstrom durch die Nährlösung zu leiten. Es geschieht dies in einfachster Weise unter Benutzung eines Gasometers. Das bis auf den Boden des Culturgefässes reichende, die Luft zuführende Glasrohr wird durch die dritte Oeffnung des bereits unter 2) erwähnten Deckels der Culturgefässe eingeführt ^). 8) Eine sehr häufige Erneuerung der Nährstofflösung ist gar nicht erforderlich, ja nicht einmal vortheilhaft, wie die Erfahrung vielfach gezeigt hat. In der Regel genügt es, wenn man mit Culturgefässen von 1) Ueber Vegetationshäuser geeigneter Art vergl. Wolff, Versuchsstationen, Bd. 8, S. 485, und Nobbe, ebendaselbst Bd. 12, S. 477. 2) Es empfiehlt sich sehr, den für die Pflanzen bestimmten Raum ausserhalb des Gewächshauses mit Drahtnetz zu umgeben, damit die Untersuchungsobjecte keine Beschädigung durch Vögel erfahren. 3) Gasometer sind zu beziehen von R. Muencke, Berün, Luisenstr. 58. Sehr bequem zur Durchlüftung zu benutzen sind auch die von Muencke zu beziehenden Wasserstrahlgebläse, ein Apparat, der in einfachster Weise an einem Wasserleitimgs- abflussrohr angebracht werden kann. Vergl. Muencke's Preisverzeichniss, 1880, Thl. 1, S. 76. Erster Abschnitt. etwa 3 Liter Inhalt arbeitet, die Lösung 2- oder 3 mal im Sommer zu erneuern. Es ist bequem, von vornherein concentrirte Lösungen der Nähr- salze herzustellen und diese dann für den Gebrauch entsprechend zu ver- dünnen. So kann man z, B, in je 50 ccm Wasser 1 g salpetersauren Kalk, 0,25 g Chlorkalium und 0,25 g saures phosphorsaures Kali lösen ; in einer zweiten Lösung auf je 50 ccm Wasser 0,25 g schwefel- saure Magnesia vorräthig halten. Der fertig hergestellten Nährlösung sind nur noch einige Tropfen verdünnter Eisenchloridlösung hinzuzufügen. Zu empfehlen ist es, die Pflanzen, wenn das Stadium der Eruchtreife naht, aus der NährstofFlösung zu entfernen und ihnen nur destillirtes Wasser darzubieten, welches man, wenn die Untersuchungen es zulassen, ganz schwach mit Salpeter- oder Phosphorsäure ansäuert. — 9) Zur Blüthezeit der Pflanzen muss dafür gesorgt werden, dass die Befruchtung normal stattfindet. Gewöhnlich genügt es, die Unter- suchungsobjecte im Ereien, z, B. vor dem Fenster oder hinter dem ge- öffneten Eenster, stehen zu lassen. Die Uebertraguug des Pollens auf die Narbe kann dann durch Insekten vermittelt werden. Für das Gedeihen der mit Hülfe der Methode der Wassercultur zu cultivirenden Pflanzen können, wie gesagt, zumal eine zu starke Er- wärmung der Nährlösung und ferner Sauer- stoffmangel in derselben sehr nachtheilig werden. Wobtmann^) hat nun ein einfaches Verfahren angegeben, um die bezeichneten Gefahren für die Pflanzen, wenn nicht völlig zu beseitigen, so doch wesentlich zu be- schränken, ein Verfahren, das namentlich sehr empfehlenswerth ist, wenn es sich darum handelt, schöne Pflanzen mit Hülfe der Me- thode der Wassercultur für Demonstrations- zwecke zu ziehen. Man cultivirt dieVersuchs- objecte nämlich in sehr grossen Gefässen. Ge- eignete Gläser sind im Preis von 5 M. von Ehrhakdt und Metzger in Darmstadt zu be- ziehen. Sie sind 60 cm hoch, haben 25 cm Durchmesser und fassen 26^ f^ Liter Wasser. Man füllt die Glascylinder, wenn es sich nur um Demonstrationsversuche handelt, mit Brunnenwasser an, setzt die angekeimten Pflanzen (z. B. Phaseolus) ein und lässt sie zu- nächst etwa 6 Tage ruhig vegetiren. Dann mischt man dem Wasser so viel Nährsalz zu (dasselbe ist z. B. nach der auf S. 2 in zweiter Linie angegebenen Art bereitet), dass die Lösung eine Concentration von 1 ^Jqq besitzt. Nach 3 — 4 Tagen wird die Concentration auf 2 "/^q und nach abermals 3— 4 Tagen auf 3^/00 erhöht. Alle 3 — 4 Tage rührt man die Nährstoff- lösung gut durch. Eine Erneuerung derselben ist nicht erforderlich, nur auf Ersatz des verdunsteten Wassers achte man. Zur Verdunkelung der Wurzeln genügt es, 1 — 2 Lagen weissen Leinen- oder Wollstoffs um die Cylinder herumzuschlingen. Als Deckel des Culturcylinders dient eine runde Holzplatte, deren Hand etwas über denjenigen des Gefässes hinausragt. Das Verschieben des Deckels auf dem Gefässe kann leicht vermieden werden, indem man aut der Aussenseite des Deckels (von unten her) einige Nägel eintreibt. In der Mitte hat der Deckel ein Loch von 3 cm Durchmesser, in welches Fig. 2. Holzdeckel eines Wasserculturgefässes. 1) Vergl. WoRTMANK, Botan. Zeitung, 1892. Die Nährstoffe der Pflanzen. 7 die Pflanze in bekannter Weise eingesetzt wird. Dicht neben dieser Oeffnung befindet sich eine zweite zur Aufnahme eines nicht zu dicken Stabes, der z. B. einer cultivirten Phaseoluspflanze als Stütze dient. Von der 3 cm weiten Oeffnung läuft eine ca. 2,5 cm breite offene Rinne zur Peripherie des Deckels. Durch diese Rinne kann die Versuchspflanze leicht ein- und ausgeführt werden. Die Rinne ist mittelst des Holz- stückes zu verschliessen, welches zu ihrer Herstellung aus dem Deckel herausgesägt werden musste. In Fig. 2 ist der Holzdeckel, von oben gesehen, abgebildet. Ich brachte in einem in angegebener Weise her- gerichteten Gefässe, welches sogar nur etwa 5 Liter Wasser fasste, eine Phaseoluspflanze zur prächtigen Entwickelung. Eine völlige Erneuerung der Nährstofilösung fand von Beginn des Versuchs an bis zur Blüthe der Pflanze, wo sie über mannshoch war, gar nicht statt. Bei Culturen der Bohnen machte ich oft die Erfahrung, dass diese Pflanze in meinem Arbeitszimmer, wo Mais sich kräftig entwickelte, nicht zur nor- malen Ausbildung kam. Relativ trockene Luft und die Verbrennungs- producte des Gases scheinen auf die Vegetation der Bohne weit nach- theiliger einzuwirken, als z. B. auf diejenige des Mais ; die erstere Pflanze ist daher, wenn kein Vegetationshaus zur Verfügung steht, stets vor dem Fenster im Freien zu cultiviren. Ein ausgezeichnetes Object für Wasserculturen, die zur Demonstration dienen sollen, ist auch die Weide. Ich setzte z. B. Anfang Februar 1894 ein ca. 25 cm langes und 2 cm Durchmesser besitzendes Aststück von Salix fragilis in den Holzdeckel des zur Cultur dienenden, 5 Liter fassen- den Gefässes ein. Das Gefass enthielt zunächst nur Brunnenwasser, in das das Aststück bis zur Hälfte seiner Länge eintauchte. Ueber den aus dem Gefässe hervorragenden Theil des Untersuchungsobjectes wurde ein Glascylinder gedeckt. Nach Verlauf von 4 Wochen begannen die Knospen zu treiben, und die Wurzeln waren schon ziemlich lang ge- worden. Nun wurde der Glascylinder entfernt und das Brunnenwasser im Culturgefäss durch Nährlösung (halb concentrirte) ersetzt. Nach aber- mals 4 Wochen gelangte Nährlösung von gewöhnlicher Concentration in das Culturgefäss. Jeden Tag fand Ersatz des verdunsteten Wassers und etwa nach je 2 Monaten Erneuerung der Lösung statt. Im Laufe des Sommers entwickelten sich ein mächtiges Wurzelsj'stem und sechs lange, verzweigte, stark verholzte, ganz normale Seitenäste mit zahlreichen Blättern. Die Pflanze stand im Sommer oft im Freien vor dem Fenster. Anfang September wurde die Nährlösung durch Brunnenwasser ersetzt; das Untersuchungsobject blieb im warmen Zimmer hinter einem nach Süden gelegenen Fenster stehen. Es warf seine Blätter ganz allmählich in der Zeit von Mitte October bis Ende December ab und befindet sich jetzt (10. Januar 1895) noch im Zustande der Winterruhe. 2. Die Productioii organischer Substanz in der grünen Pflanzen- zelle unter dem Einfluss des Lichtes. Die Production organischer Substanz in der grünen Pflanzenzelle ist an die Mitwirkung des Lichtes gebunden , ein wichtiger' Lehrsatz der Pflanzenphysiologie, von dessen Richtigkeit man sich durch das Experiment überzeugen muss. Einige Maiskörner werden einzeln ge- wogen und ihr Trockensubstanzgehalt ermittelt. (Vergl. unter L) Nach dem Anquellen und Ankeimen der Körner in Sägespänen wird 8 Erster Abschnitt. jede Keimpflanze für sich in einem mit Nährstoff lösung angefüllten Cylinder in der Weise, wie es unter 1 angegeben worden ist, befestigt. Einige Culturgefässe bringt man nun unter einem grossen Pappkasten ins Dunkle ; die anderen werden unter übrigens gleichen Verhältnissen an einem sehr gut beleuchteten Ort dem Wechsel von Tag und Nacht ausgesetzt. Die Blätter der Dunkelpflanzen ergrünen nicht, wie die- jenigen der Lichtpflanzen, sondern sie nehmen eine gelbe Farbe an, da sich das normale grüne Chlorophyllpigment nur bei Lichtzutritt in den Zellen ausbilden kann. Nach 4 — 5 Wochen nimmt man die Unter- suchungsobjecte aus den Nährstofflösungen heraus, trocknet sie an der Luft und ermittelt das Trockensubstanzgewicht jeder Pflanze, das nun mit dem Trockengewicht des betretfenden Samenkornes zu vergleichen ist. Das Trockensubstanzgewicht der Lichtpflanzen findet man er- heblich grösser als dasjenige der benutzten Maiskörner, während das Trockengewicht der Dunkelpflanzen unter Umständen, wovon ich mich überzeugte, um 50% geringer als dasjenige der Samen ausfällt. Bei Lichtabschluss kann keine organische Substanz neu gebildet werden, sondern es wird im Gegentheil ein grosser Theil der vorhandenen organischen Körper durch Stoff"wechselprocesse (Athmung) zerstört. Bei Lichtzutritt erfolgt freilich ebenfalls Verathmung organischen Materials, aber die dadurch herbeigeführten Verluste werden durch den Assimilation sprocess mehr als gedeckt, so dass die im Licht vegetirenden Pflanzen fortschreitend reicher an Trockensubstanz werden können ^). 8. Die Assimilationsorgane. Wenn wir zunächst nur diejenigen Verhältnisse berücksichtigen, die uns bei den höheren Pflanzen entgegentreten, so ist zu bemer- ken, dass die meisten derselben entwickelte Laubblätter tragen. Diese sind in allererster Linie als Assimilationsorgane anzusehen. Ihre Spreite bietet der kohlensäurehaltigen Luft eine grosse Fläche dar, und ihr grünes Gewebe wird durch die eigenthümliche Anordnung der Nerven in einem ausgespannten Zustande < erhalten. Die Nerven führen dem Mesophyll auch die für das Leben und die Functionen der Zellen des chlorophyllreichen Parenchyms nothwendigen Wasser- sowie Mineral- stoffquantitäten zu. Die Anordnung der Nerven im Blatt ist bei ver- schiedenen Gewächsen freilich eine ungemein mannigfaltige, und man kann sich z. B. in folgender Weise specieller über die hier in Betracht kommenden Verhältnisse orientiren. Ein Blatt von Impatiens parvi- flora wird in Alcohol gelegt, bis der Chlorophyllfarbstoff" extrahirt ist. Dann bringt man das Blatt einige Zeit in eine Auflösung von 5 ThL Chloralhydrat in 2 Thl. Wasser. Darin wird das Untersuchungsobject in hohem Grade durchsichtig, und es können Stücke desselben ohne weiteres der mikroskopischen Untersuchung unterzogen werden. Im Mesophyll fällt das Vorhandensein von gestreckten Zellen auf, die Ra- phidenbündel (Krystalle von Kalkoxalat) enthalten. Das Blatt wird von einem ziemlich starken Mittelnerven durchzogen, von dem aus Seiten- nerven erster Ordnung nach dem Blattrande zu abgehen, wo sie, im Bogen verlaufend, an die nächst höheren Seitennerven erster Ordnung ansetzen. Die Nerven erster Ordnung geben die Nerven zweiter 1) Ueber ähnliche Versuche, wie solche hier besprochen worden sind, vergl. Detmer, Versuchsstationen, Bd. 14. Die Nährstoffe der Pflanzen. 9 Ordnung ab, diese diejenigen dritter Ordnung etc., so dass ein vielfach gegliedertes Netzwerk gebildet wird, dessen letzte, sehr feine Zweige zum Theil blind im Mesophyll endigen '). Zur allgemeinen Orientirung über den anatomischen Bau des Meso- phylls stellen wir uns nunmehr möglichst dünne Querschnitte aus Blättern her und wählen als Untersuchungsobject z. B. die Laubblätter von Dahlia variabilis, Vitis vinifera, Berberis vulgaris, Syringa vul- garis, Trifolium pratense. Hex oder Fagus silvatica. Bei mikroskopi- scher Untersuchung der Querschnitte fällt sofort auf, dass das grüne Mesophyll auf der Ober- und Unterseite der Blätter, der angeführten Pflanzen nicht gleichmässig gebaut ist. (Vergl. Fig. 3.) Unter der Epidermis der Blattoberseite constatiren wir das Vorhandensein schlauch- förmiger, rechtwinkelig zur Blattoberfläche gestreckter Zellen, die man Fig. 3. Querschnitt eines Tlieiles eines ansgewnelisenen Blattes von Trifolium pratense. o.s Oberseite, n.s Unterseite des Blattes, o E^jidermis, sj) Spaltöffnung, oea Krystall von Kalkoxalat in der Krystallscheide des Gefilssbündels, htx Holztheil des GefässbündeU, g Gefässe, üb Weichbast, bf Bastfasern. Vergr. 300. (Nach H. DE Vries.) als Palissadenzellen bezeichnet, während auf der Blattunterseite das an Intercellularen reiche Schwammparenchym entwickelt ist. Freilich führen sowohl die Zellen des Palissaden-, sowie diejenigen des Schwamm- parenchyms Chlorophyllkörner, aber aus Gründen, die erst an anderer Stelle specieller auseinandergesetzt werden können, ist das erstere für das Zustandekommen einer recht energischen Assimilation von beson- derer Bedeutung, und daher verdient das Vorhandensein desselben an der Oberseite vieler Blätter specielle Beachtung. Zur Begründung der Anschauung, nach welcher das Palissaden- parenchym als specifisches Assimilationsgewebe angesehen werden muss, lassen sich auch Thatsachen der vergleichenden Anatomie geltend machen. Sarothamnus vulgaris ist ein Strauch , der nur sehr kleine Blätter trägt, die für die assimilatorische Arbeit nicht ausreichend erscheinen. Die vielfach verzweigten Stammgebilde müssen hier neben den Blättern 1) VergL Sachs, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 1882, S. 60. 10 Erster Abschnitt. thätig sein , um genügende Quantitäten organischer Substanz für die Pflanze zu erzeugen. Ein Stengelquerschnitt stellt sich uns als fünf- strahliger Stern dar, und wenn wir einen dünnen Querschnitt mikrosko- pisch unterauchen, so ergiebt sich, dass unter der Epidermis der Strahlen- enden sklerenchymatisches Gewebe vorhanden ist, während das peripherische Gewebe der Buchten zwischen den Strahlenenden grün erscheint. Wir stellen fest, dass dies Gewebe in seinen äusseren Schichten aus Palissaden- zellen besteht, die rechtwinkelig zur Stengeloberfläche gestreckt erscheinen, während weiter nach innen zu mehr isodiametrische chlorophyllhaltige Zellen folgen. Wir untersuchen auch noch einen dünnen Querschnitt aus dem Stengel von Spartium junceum. Das assimilatorisch thätige Ge- webe unter der Epidermis besteht hier seiner Gesammtmasse nach aus Palissadenzellen. Es folgen etwa 6 Schichten rechtwinkelig zur Stengel- oberfläche gestellter, stark gestreckter, grüner Zellen auf einander. Das grüne Gewebe bildet aber keinen geschlossenen Ring unter der Oberhaut, sondern es wechselt im Umkreise des ganzen Stengels Assimilationsge- webe mit Sklerenchym ab. Bei armlaubigen Pflanzen oder solchen Ge- wächsen, die gar keine grünen Blätter produciren, muss das grüne Gewebe der Stammgebilde die Arbeit der Assimilation der Hauptsache nach oder gänzlich übernehmen, und dies Gewebe besteht daher im Wesentlichen oder völlig aus Palissadenzellen. Uebrigens ist keineswegs den Laubblättern aller Pflanzen der Besitz des Palissadenparenchyms eigenthümlich. Untersucht man z. B. Quer- schnitte der jungen Blätter von Triticum vulgare , so findet man , dass das Mesophyll, welches an der Blattober- und Unterseite von der Epi- dermis begrenzt und von den Gefässbündeln durchzogen wird , seiner ganzen Masse nach aus nahezu gleichgestalteten, im Querschnitt rund- lichen Zellen besteht. Blätter, bei denen es noch nicht zu einer Diffe- renzirung von Palissaden- und Schwammparenchym gekommen ist, sind auch häufig dadurch ausgezeichnet, dass nicht das gesammte Gewebe zwischen der Epidermis der beiden Blattflächen aus chlorophyllführenden Zellen besteht. Untersuchen wir z. B. einen Blattquerschnitt von Iris germanica, so finden wir unter der Epidermis der Blattoberseite sowie der Blattunterseite grünes Gewebe. Ausserdem treten die Gefässbündel deutlich hervor, deren Basttheil nach aussen hin mit einem Bastfaser- beleg versehen ist, und ferner sieht man sofort, dass die Mittelschicht des Blattes aus saftreichen, nicht grünen Zellen besteht. Solche chloro- phyllfreie Zellen sind auch in den Blättern von Hyacinthus orientalis und den succulenten Blättern der Aloe-Species reichlich vorhanden. Es muss hier ferner auf die interessante Thatsache hingewiesen werden, dass die Blätter mit deutlich entwickeltem Schwamm- und Pa- lissadenparenchym eben hierdurch streng dorsiventral gebaut erscheinen und zu den exquisit plagiotropen Organen gehören. Aber keineswegs sind sämmtliche Laubblätter streng dorsiventral gebaut; es giebt auch viele Dicotylen mit centrisch organisirtem Mesophyll der Blätter, die dann meist eine mehr orthotrope Entwickelung zeigen. So besitzen z. B. die Blätter von Anchusa italica, Centaurea Jacea, Tragopogon orientalis, Aster Amellus, Genista tinctoria etc. centrischen Bau. Bei der zuletzt genannten Pflanze besteht das Mesophyll fast nur aus senkrecht zur Blattfläche gestreckten Zellen. Centaurea Jacea variirt, wovon ich mich oft überzeugte, je nach ihrem Standort ungemein. Die der Sonne stark ausgesetzten Individuen erzeugen z. B. lange schmale Blätter, welche re- lativ dick sind. Die Blätter der Schattenpflanzen erscheinen dünner. Die Nährstoffe der Pflanzen. 11 aber mehr in die Fläche entwickelt. Das Mesophyll der Blätter von Centaurea Jacea, zumal der Sonnenpflanzen, ist nicht dorsiventral, sondern centrisch gebaut. Man sieht leicht bei mikroskopischer Untersuchung zarter Querschnitte, dass auf der Ober- sowie Unterseite der Blätter Palissadenparenchym vorhanden ist ^). Die Blattstiele sind gewöhnlich arm an chlorophyllführenden Zellen, weil sie meistens nicht als Assimilationsorgane der Gewächse functioniren, sondern für ganz andere Leistungen in Anspruch genommen werden. Die mikroskopische Untersuchung eines Querschnitts durch den Blattstiel von Vitis vinifera lehrt, dass nahe unter der Epidermis Gruppen von CollenchjTnbüudeln vorhanden sind, und dass sich zwischen diesen Bün- deln schwach entwickeltes grünes Parenchym sowie Zellen befinden, von denen bald viele , bald nur wenige einen rothen im Zellsaft gelösten Farbstoff führen. Die aus den erwähnten verschiedenartigen Geweben bestehende Rinde des Blattstiels umschliesst den Gefässbündelkreis und das Mark. Auch bei der Untersuchung der Blattstiele anderer Pflanzen, z. B. derjenigen von Chenopodium bonus Henricus, lässt sich leicht fest- stellen, dass sie sehr arm an grünem Gewebe sind. Wir stellen auch noch einen Querschnitt des Blattstieles einer Be- gonie (ich untersuchte speciell Begonia manicata) her. Auf die Epidermis folgt ein Collenchymring , dann grosszelliges Grundgewebe, in welchem die Gefässbündel nicht in einem Kreise angeordnet sind. Die peripheri- schen Schichten des grosszelligen Grundgewebes sind freilich chloro- phyllhaltig, aber die Zellen führen nur wenige, allerdings relativ grosse Chlorophyllkörner. Die grünen Stengel der Pflanzen betheiligen sich gewöhnlich ebenso wie die Blattstiele nur in sehr beschränktem Umfange an der assimi- latorischen Arbeit, und daher enthält die Hauptmasse ihres Gewebes keine Chlorophyllkörner. Stellen wir z. B. einen Querschnitt aus dem Stengel einer Mohnspecies her, so gewahren wir im Centrum das Mark. Nach aussen folgen die Gefässbündel, von denen jedes, abgesehen vom Holztheil, aus einer breiten Weichbastzone und dieser nach aussen an- gelagerten Bastfaserregion besteht. Die Markverbindungen zwischen den einzelnen Gefässbündeln bestehen aus grossen Zellen. Für die Rinde ist das Vorhandensein eines geschlossenen Sklerenchymcylinders beson- ders charakteristisch; nach aussen wird dieser von einer im Verhältniss zur Gesammtmasse des Papaverstengels schwach entwickelten Schicht grünen Gewebes umschlossen, und an dieses Chlorophj'llparenchym grenzt unmittelbar die Epidermis. Wir untersuchen auch noch einen Quer- schnitt des Stengels von Chenopodium bonus Henricus und finden, dass unter der Epidermis Collenchym und grünes Parenchym mit einander abwechseln ^). 4. Die Durchlcuehtang der Pflanzeiigewcbe. Das Licht ist für den Verlauf sehr verschiedener physiologischer Processe in der Pflanze von grosser Bedeutung, und die Lichtstrahlen von ungleicher Brechbarkeit sind bezüglich des Einflusses, den sie auf 1) Vergl. Heinrioher, in Pringsheim's Jahrb. f. wissensch. Botanik, Bd. 15. 2) Literatur über das Assimilationsgewebe : Pick, Beitrage zur Kenntniss des assimihrenden Gewebes armlaubiger Pflanzen, Bonn 1881 ; G. BLaberlandt, Prings- heim's Jahrbücher f. wissensch. Botanik, Bd. 13 ; Stahl, Botan. Zeitung, 1880. 12 Erster Abschnitt. das Pflanzenleben ausüben, keineswegs als gleichwerthig zu betrachten. Es ist daher nicht ohne Interesse, einige Experimente über die Durch- leuchtungsverhältnisse pflanzlicher Gewebe anzustellen. Die Tiefe, bis zu welcher Lichtstrahlen in pflanzliche Gewebe eindringen, hängt einerseits ab von der Intensität, sowie der Brechbarkeit der ersteren, andererseits von der chemischen BeschaflFenheit der Zellenbestandtheile selbst und dem anatomischen Bau der Gewebe. Mit Rücksicht auf diesen letzteren Punkt spielt unter anderem das Vorhandensein eines mehr oder minder entwickelten Intercellularsystems eine wichtige Rolle. Sind z. B. viele Intercellularen vorhanden, so müssen die ein- fallenden Strahlen sehr oft aus der Zellflüssigkeit und den mit Wasser imbibirten Zellhäuten in Luft übergehen, was den Grad der Durch- sichtigkeit eines Gewebes natürlich erheblich herabmindert. Die Be- deutung der Intercellularen für die hier in Rede stehenden Verhältnisse wird sofort klar, wenn man das folgende Experiment anstellt. Ein Blattstück von Begonia manicata wird in Wasser gelegt, das sich in einem kleinen Glase befindet. Man verschliesst die Mündung des Glases mit einem Kautschukkork, durch dessen Bohrung der eine Schenkel eines im rechten Winkel gebogenen Glasrohres gesteckt worden ist, während der andere Schenkel mit der Luftpumpe in Verbindung gesetzt wird. Evacuirt man, so entweicht die Luft aus den Intercellularen des Blattstückes ; dieselben füllen sich aber mit Wasser, und das Untersuchungsobject erscheint nun weit durch- scheinender als bei Beginn des Versuchs. Taucht man die Spreite eines Blattes von Primula sinensis in Wasser und nimmt man das Ende des Blattstieles in den Mund, um die Luft aus dem Intercellularsystem durch Saugen zu entfernen , so dringt durch die Spaltöfi"nungen des Blattes Wasser in die Intercellularen ein, wodurch das Gewebe ziemlich durchscheinend wird. Einen geringen Grad von Durchsichtigkeit besitzt in Folge der specifischen Natur seiner Zellmembranen das Korkgewebe. Ebenso absorbiren chlorophyllreiche Gewebe in Folge der Gegenwart des grünen Pigments viel Licht und lassen nur relativ wenig passiren. Hier ist auch der Ort, zu erwähnen, obgleich wir unter 7 noch specieller auf das Absorptionsvermögen des Blattgrüns für Lichtstrahlen zurückkommen, dass das Chlorophyllpigment ein sehr energisches Absorptionsvermögen für die sogen, chemischen Strahlen besitzt. Man kann sich hiervon leicht überzeugen, wenn man ein beliebiges grünes Blatt auf ein Stück photographischen Papiers legt und dasselbe nunmehr zwischen zwei Glasplatten dem Einflüsse des Lichtes exponirt. Der nicht von dem Blatte bedeckte Theil des Papiers bräunt sich schnell; der bedeckte verändert seine weisse Farbe nicht oder nicht wesentlich, weil der ChlorophyllfarbstoflF im Blattgewebe die sogen, chemischen Strahlen sehr energisch absorbirt. Um die Tiefe zu bestimmen, bis zu welcher Licht von einer In- tensität, die für das Auge noch wahrnehmbar ist, in Gewebeschichten eindringt, benutzt man nach Sachs M das einfache Diaphanoskop (Fig. 4). Dieser Apparat besteht aus einem aus dicker Pappe gefer- tigten Rohr a von 60 mm Länge und 35 mm Durchmesser, das an einem Ende offen, am anderen Ende bis auf eine kleine Oeff'nung von 1) Verel, Sachs, Sitzungsber. d. Akadein. d. Wiss. zu Wien, 1860, Bd. 43. Vergl. auch Engelmank, Bot. Zeitung, 1887, S. 393. Die Nährstoffe der Pflanzen. 13 etwa 10 mm Durchmesser geschlossen ist. lieber dieses Ende des Rohres a kann eine zweite Pappröhre b geschoben werden, die ganz ähnliche Beschaffenheit wie das Rohr a besitzt. Legt man die Unter- suchungsobjecte zwischen die Röhren, hält das offene Ende des Rohres a dicht an das Auge und richtet den Apparat gegen die Sonne oder eine helle Wolke, so kann man die Durchleuchtungsverhältnisse pflanz- licher Gewebe studiren. Als ich ein Blattstück von Lonicera tatarica in das Diaphanoskop einschaltete, erschien das durchgegangene Licht hellgrün. 4 Blattstücke eingeschaltet, Hessen alsbald deutlich erkennen dass grünes Licht hindurchging. Wurden 6 Blattstücke eingeschaltet, so nahm das Auge nach längerem Hineinsehen in den Apparat einen gelblichen Schein wahr. Zur Herstellung eines analysirenden Dia- phanoskops braucht man das einfache Dia- phanoskop nur über den vorderen Theil der Röhre eines geeigneten Spectroskops zu schie- ben, und dieses, indem man beobachtet, gegen helle Wolken oder den blauen Himmel zu richten. Als ich ein Blattstück von Syringa vulgaris in das Diaphanoskop eingeschaltet hatte, zeigte sich, dass dasselbe Roth, Orange, Gelb, Grün und etwas Blau, freilich geschwächt, passiren Hess. Die brechbareren Strahlen wurden völlig absor- birt. 2 Blattstücke von Syringa Hessen nur noch Roth, Orange, Gelb und Grün sehr geschwächt passiren, andere Strahlen nicht. Eine 17 mm dicke Gewebeplatte aus dem Parenchym einer Kartoffelknolle, die ich in das Diaphanoskop ein- geschaltet hatte, absorbirte die brechbareren Lichtstrahlen völlig, Hess aber Roth, Orange, Gelb, Grün und eine Spur Blau sehr geschwächt passiren. Nach den Resultaten dieser Beobachtungen dringen die weniger brechbaren Lichtstrahlen also tiefer als diejenigen von hoher Brechbarkeit in das Pflanzengewebe ein. Flg. 4. Biapliaiiosko]), im Längsschnitt dar- gestellt. 5. Die Chlorophyllkörper. Als Organe der assimilatorischen Thätigkeit der Zellen sind die Chlorophyllkörper anzusehen. Die Gestalt derselben ist gewöhnlich eine scheibenförmige ; in den Zellen mancher Algen kommen auch andersartige Chlorophyllkörper vor. Wir bringen z. B. einige Fäden einer Algenart, die in stehenden Gewässern häufig vorkommt, nämlich einer Zygnemaspecies, mit einem Wassertropfen auf den Object- träger, bedecken mit dem Deckglase und untersuchen das Object bei etwa öOOfacher Vergrösserung. Es zeigt sich, dass jeder Faden aus einer ganzen Reihe von Zellen besteht, und dass in jeder Zelle zwei grün gefärbte, sternförmige Gebilde, eben die Chlorophyllkörper, vorhanden sind. Wir sehen auch den Zellkern in der Mitte jeder Zelle. Die Spirogyra-Arten sind Algen, welche zumeist in stehenden Ge- wässern vorkommen und aus unverzweigten Zellfäden bestehen. In jeder Zelle erblickt man bei mikroskopischer Untersuchung grüne Spiralbänder, je nach den Arten in verschiedener Anzahl, welche die Chlorophyllkörper repräsentiren. Das wandständige Plasma und der 14 Erster Abschnitt. im Zellsafte mittelst dünner Plasmafäden ausgespannte Zellkern sind häufig leicht zu beobachten. Bemerkt sei noch, dass den Bändern der Spirogyra in gewissen Abständen kugelige, farblose Gebilde ein- gelagert sind, die Amylumherde, welche je ein aus Eiweissstoflfen bestehendes Pyrenoid von eckigen Contouren umschliessen. Die Pyrenoide sind von vielen kleinen Stärkeköruern umgeben. Wenn man einmal in den Besitz guten Spirogyramaterials gelangt ist, so sollte man dasselbe, da wir es bei der Ausführung verschiedener physiologischer Experimente gebrauchen, zu cultiviren suchen. Dies geschieht nach Strasburger am besten , indem man die Algen in nicht zu tiefe, mit Brunnenwasser gefüllte Gefässe bringt, deren Wände nicht durchsichtig sind oder durch Ueberkleben mit schwarzem Papier undurchsichtig gemacht werden. Man setzt die Algen hellem, diffusem Licht (nicht directem Sonnenlicht) aus und wirft von Zeit zu Zeit kleine Torfstückchen, welche nach dem Auskochen mit gewöhnlicher Nähr- stofflösung, wie man sie bei der Ausführung von Wasserculturversuchen braucht, getränkt sind, in das Wasser. Sehr häufig sind in stehenden, sowie fliessenden Gewässern Arten der Gattung Cladophora, Algen, die rauh anzufühlende, verzweigte Fäden darstellen. Die Seitenzweige entspringen aus dem oberen Ende der Gliederzellen. Zur weiteren Untersuchung ist ziemlich starke Ver- grösserung anzuwenden , und es ergiebt sich dabei , dass der grüne Wandbeleg der Zellen aus kleinen, polygonalen Gebilden besteht, die durch zarte, farblose Linien von einander getrennt sind. Die Chlo- rophyllkörper von Cladophora sind denjenigen höherer Pflanzen schon ziemlich ähnlich. Es mag hier auch gestattet sein, einen merkwürdigen Organismus, der oft in Wassertümpeln an untergetauchten Pflanzentheilen haftend angetroffen wird, zu erwähnen. Ich habe hier die Hydra viridis im Auge, ein kleines Wasserthierchen von 5 — 12 mm Länge und grüner Farbe. Wenn wir die Hydra in einen Wassertropfen bringen und sie, um sie nicht zu beschädigen , ohne Benutzung eines Deckglases mi- kroskopisch untersuchen, so erkennen wir leicht, dass der Organismus ein sackartiges Gebilde darstellt, das aus zwei Hüllen, dem Ektoderm und dem Endoderm, besteht, am vorderen Ende eine Mundöffnung besitzt (eine Afteröffnung fehlt), die von vielen Tentakeln umgeben ist, und sich contrahiren , aber auch wieder ausstrecken kann. Im Endoderm des cylindrischen Körpers der Hydra, sowie im Endoderm der Tentakeln gewahrt man zahlreiche grüne, kugelige Gebilde. Es sind dies einzellige Algen, die im symbiotischen Verhältniss mit der Hydra viridis leben. Diese gewährt ihnen Schutz, während die Algen der Hydra dadurch nützen, dass sie ihr in Folge ihrer assimila- torischen Thätigkeit organische Substanz , sowie freien Sauerstoff zur Verfügung stellen. In Gewächshäusern , in welchen Farne cultivirt werden , findet man gewöhnlich mit Leichtigkeit an feuchten Wänden oder an den Stämmen von Baumfarnen Farnprothallien auf, kleine, grüne, meist herzförmige, dem Substrat anliegende Gebilde, die wir, nachdem wir sie mit der Pincette von ihrer Unterlage abgehoben und mit Wasser abgespült haben, im Wassertropfen mikroskopisch untersuchen. Die Prothallien sind bis auf einen medianen Theil einschichtig; sie sind gewöhnlich durch den Besitz einer an ihrem vorderen Ende befind- lichen Einbuchtung ausgezeichnet und produciren auf ihrer Unter- Die Nährstoffe der Pflanzen. 15 oder Bauchseite ziemlich lange Wurzelhaare. Für unsere Zwecke ist es besonders wichtig, dass in den grün erscheinenden Prothallium- zellen zahlreiche Chlorophyllkörper leicht zu sehen sind. 1 Lehrreich ist es ferner, ein Blatt des verbreiteten Mooses Fu- naria hygrometrica mikroskopisch zu untersuchen. Wir wählen, aus hier nicht zu erörternden Gründen, Pflanzen aus, die einige Zeit lang diffusem Tageslicht ausgesetzt gewesen sind, und finden, dass die Zellen des bis auf die Mittelrippe einschichtigen Blattes viele grosse Chlorophyllkörner enthalten, die zum Theil in Theilung begriffen sind. Wir stellen ferner einen Querschnitt durch den Thallus von Mar- chantia polymorpha (es ist dies ein auf feuchtem Boden recht häufig vorkommendes, gabelig verzweigtes Lebermoos) her. Ohne Rücksicht auf Details genügt es uns hier, das Vorhandensein eines chlorophyll- reichen Gewebes an der Thallusoberseite zu constatiren. Es folgt eine chlorophyllarme Mittelschicht, und an der Bauchseite befinden sich wieder zwei chlorophyllreichere Zellschichten. Wird ein Blatt aus der Knospe von Elodea canadensis in einem Wassertropfen auf den Objectträger gebracht, so werden wir bei mikro- skopischer Betrachtung nach kur- zem Suchen Zellen finden, welche die in Fig. 5 dargestellten Ver- hältnisse zur Anschauung bringen. Das wandständige Plasma, die kern- haltige Protoplasmamasse und die von dieser letzteren ausgehenden Protoplasmastränge sind leicht zu sehen. Das Protoplasma zeigt häufig auch ziemlich lebhafte Be- wegungserscheinungen, und im Plas- ma treten die Chlorophyllkörper deutlich hervor. Werden von der Unterseite eines Escheveriablattes die äusseren Zell- schichten entfernt, und untersucht man Schnitte des folgenden lockeren Blattgewebes, so erblickt man in den nicht verletzten Zellen grosse Chlorophyllkörner, die deshalb be- sonders interessant sind, weil sie, bei ziemlich starker Vergrösserung • untersucht, eine schaumige Struc- tur relativ deutlich hervortreten lassen. Man darf annehmen, dass alle Chlorophyllkörper ein solche Structur besitzen; dieselbe ist aber keineswegs stets leicht zu con- statiren. Wenn wir Lupinensamen bei Lichtzutritt zum Keimen bringen, so nehmen die über die Bodenoberfläche hervortretenden Cotyledonen eine grüne Farbe an. Die mikroskopische Untersuchung des Quer- schnittes eines Keimblattes lässt die Epidermis, das Grundgewebe, sowie die Gefässbündel leicht wahrnehmen, und in den Zellen des Flgr. 5. Einige Zellen aus dem Blatt von Elodea canadensis. a bis e Zcllkenie./'Protoplaömabänder, o Chloro- phyllkörner, zum Theil in Theilung und mit Einschluss von Stärkekörnchen. (Nach Kny.) 16 Erster Abschnitt. Grundgewebes, zumal den peripherisch gelegenen, sind viele relativ grosse Chlorophyllkörner zu erkennen •). Es ist von Wichtigkeit, hier zu betonen, dass es manche Pflanzen- theile giebt, die nicht Chlorophyll grün aussehen, aber dennoch reichliche oder geringe Chlorophyllmengen enthalten und demnach zu assimilatorischer Thätigkcit befähigt sind. Wir stellen Querschnitte durch Blätter roth- blättriger Varietäten von Corylus oder Fagus her. In den Zellen des Palissaden- sowie des Schwammparenchyms sind, wie in denjenigen grüner Blätter, zahlreiche Chlorophyllkörner vorhanden, aber die Epidermiszellen enthalten roth oder violett gefärbten Zellsaft; die in der Epidermis vor- handenen Pigmente verdecken in den unversehrten Blättern also nur die Farbe des Blattgrüns. Die jungen Blätter mancher Pflanzen (z. B. der Eichen) erscheinen nicht grün, sondern roth, später werden die Blätter aber grün. Das Mesophyll der jungen Blätter enthält zahlreiche Chloro- phyllkörper, wovon man sich beim Studium von Querschnitten überzeugen kann, indessen im Zellsaft der Zellen des Assimilationsgewebes, zumal des Palissadenparenchyms, sind rothe Farbstoffe aufgelöst. In diesem Falle dient das rothe Pigment den jugendlichen, tiefer liegenden grünen Zellen als ein Schutzmittel gegen zu intensives Licht. Die Neottia Nidus avis ist eine zu der Familie der Orchideen ge- hörende Pflanze, welche im humusreichen Boden feuchter Wälder häufig angetroffen wird. Die ganze Pflanze besitzt eine braune Farbe; sie scheint keinen Chlorophyllfarbstoff zu enthalten. Ein Querschnitt, den wir aus einer etwa 6 cm unter dem Blüthenstande liegenden Region des Stengels führen, lässt bei mikroskopischer Untersuchung die Epidermis, das Parenchym der Rinde sowie des Markes und einen dazwischen befind- lichen Sklerenchymcylinder sammt den Gefässbündeln deutlich erkennen; grüne Chlorphyllkörper finden wir aber nirgends. Wird eine Neottia- pflanze nach dem Zerquetschen mit Alkohol übergössen, so ist es leicht, einen chlorophyllgrünen Extract zu erhalten, der auch die gewöhnlichen Fluorescenzerscheinungen einer Blattgrünlösung zeigt. In der That ent- hält die Neottia, wie Wiesner 2) zuerst fand, Chlorophyllfarbstoff; die Pflanze kann also assimiliren und einen Theil der organischen Substanz, deren sie bedarf, aus anorganischem Material selbst produciren, während sie freilich einen anderen Theil von aussen aufnimmt. Zur weiteren Orientirung stellen wir die folgende Beobachtung an. Wir ziehen ein Stückchen Epidermis von dem Fruchtknoten einer Neottiablüthe ab und untersuchen dasselbe bei starker Vergrösserung. In der Umgebung des Zellkernes der Zellen sehen wir rundliche oder spindelförmige, braun ge- färbte Farbstoffkörperchen, die, wenn wir das Präparat mit Alkohol be- handeln, ergrünen. Solche Pigmentträger finden sich ebenfalls, freilich nicht in so grosser Menge, in den Geweben des Stengels, und in allen Fällen haben wir es mit Farbstoffträgem zu thun, die neben dem Chloro- phyllpigment einen unter gewöhnlichen Umständen die grüne Farbe des- selben völlig verdeckenden braunen Farbstoff führen. In den braunen Fucusarten ist die Farbe des Chlorophyllpigments ebenfalls durch das Vorhandensein eines braunen Farbstoffes verdeckt, wovon ich mich in folgender Weise überzeugte. Ich sammelte in der Nähe von Cuxhaven Fucus vesiculosus, verpackte die Algen gut, so dass 1) Ueber verschiedene hier berührte Verhältnisse vergL Strasbürgek's Botan. Practicum. 2) Vgl. Wiesner, Pringsheim's Jahrbücher f. wissensch. Botanik, Bd. 8, 8. 575. Die Nährstoffe der Pflanzen. 17 das Untersuchungsmaterial frisch blieb, und stellte den eigentlichen Ver- such am nächsten Tage an. Die jüngeren Theile der Pflanzen wurden abgeschnitten und kurze Zeit mit Wasser ausgekocht. Nach dem Ab- giessen der braunen Brühe erschien das Gewebe der Algen grün*). Ich spülte sie nun mit kaltem Wasser ab und übergoss sie mit Alkohol. Dieser nahm alsbald eine gelbgrünliche Farbe an ; er wurde entfernt und durch eine neue Alkoholmenge ersetzt. Man erhält auf diese W^eise eine prächtig grün gefärbte Chlorophylllösung, welche stark fluorescirt ^). Wir behandeln Blätter aus der Knospe von Elodea, Blätter von Funaria hygrometrica oder Farnprothallien (die beiden zuletzt ge- nannten Objecte sind hier besonders zu empfehlen) längere Zeit mit Alkohol. Die Pflanzentheile werden farblos, und bei mikroskopischer Untersuchung erblickt man die von ihrem Pigment befreite proto- plasmatische Grundmasse der Chlorophyllkörper in den Zellen. Bringen wir die Präparate mit einem Troi)fen einer verdünnten wässerigen Lösung von Methylviolett in Berührung, so werden die entfärbten Chlorophyllkörper stark tingirt. 6. Der Chlorophyllfarbstoff. In neuerer Zeit sind zahlreiche Versuche, zumal von Sachsse, Hansen und Tschirch, gemacht worden, den Chlorophyllfarbstoff in reinem Zustande aus grünen Pflanzentheilen zu isoliren. Diese Unter- suchungen haben ebenso wie auch schon die älteren von G. Kraus ^) zu dem Resultate geführt, dass das Chlorophyllpigment ein Gemisch zweier Farbstoffe, nämlich eines blaugrünen, des Cyanophylls, und eines gelben, des Xanthophylls, repräsentirt. Wir wollen hier aber auf die neueren Arbeiten nicht genauer eingehen, denn einmal be- sitzen ihre Resultate heute noch ein mehr phytochemisches als speciell pflanzenphysiologisches Interesse, und ferner sind die bei der Isolirung mehr oder minder reiner Chlorophyllpräparate zur Anwendung kom- menden Methoden recht complicirter Natur, und ihre Handhabung eine sehr zeitraubende. Dagegen müssen wir die Untersuchungen von G. Kraus specieller berücksichtigen. Sogenannte Rohchloroi)hylllösungen können wir schliesslich aus beliebigen grünen Pflanzentheilen darstellen, aber es ist zweckmässig, um einen relativ reinen Chlorophyllextract zu gewinnen, junge Weizen- pflanzen oder Elodea-Exemplare als Untersuchungsmaterial zu ver- wenden. Wir schneiden die oberirdischen Theile junger Weizen- pflanzen, die sich etwa bis zur Ausbildung des sechsten Blattes ent- wickelt haben, ab, oder wir sammeln eine nicht zu kleine Menge frischer Elodeapflanzen , bringen das Material (etwa 100—150 g frischer Substanz) in eine Porzellanschale und kochen es auf dem Wasserbade einige Zeit ('/4 — Vs Stunde lang) mit destillirtem Wasser aus. Die Brühe wird abgegossen, das Pflanzenmaterial mit Wasser mehrfach ausgewaschen und nun nach dem Abpressen in einem geräumigen 1) Den erwähnten braunen Farbstoff nennt man Phycophaein. Der rothe, in Wasser lösliche Farbstoff, den die Florideen neben Chlorophyll enthalten, heisst Phycoerythrin. Die blaugrünen Spaltalgen enthalten neben Chlorophyllfarbstoff Phycocyan. 2) Vgl. Hansen, Arbeiten d. bot. Instituts in Würzburg, Bd. 2, S. 289. 3) G. Kraus, Zur Kenntniss der Chlorophyllfarbstoffe. Stuttgart 1872. Detmer, l'flanzenphysiologisches Praktikum. 2. Aufl. 2 18 Erster Abschnitt. Kolben mit V2 — 1 Liter 95-proc. Alkohol übergössen. Die Extraction geht, zumal wenn man schwach erwärmt, ziemlich schnell Tor sich. Es ist nothwendig, den Auszug im Dunkeln zu bereiten, da der Chloro- phyllfarb Stoff, wie wir später sehen werden, sehr leicht durch den Einfluss des Lichtes zersetzt wird. Die erhaltene Chlorophyllpigment- lösung besitzt eine prachtvoll grüne Farbe. Das Blattgrün, wie dasselbe an eine protoplasmatische Grund- masse gebunden in den Pflanzenzellen vorkommt, ist nun auf keinen Fall als ein chemisches Individuum aufzufassen, sondern es stellt das- selbe ein Gemenge zweier Farbstoffe, des gelben Xanthophylls und des blaugrünen Cyanophylls, dar, wovon man sich leicht durch den folgenden Versuch überzeugen kann. Wir bringen recht concentrirte alkoholische Chlorophylllösung in einen Glascylinder, fügen ihr tropfenweise etwas Wasser hinzu, aber nur so viel, dass keine Trübung bemerklich wird, versetzen sie mit Benzol, schütteln tüchtig und überlassen die Flüssigkeit darauf der Ruhe. Die Mischung sondert sich schnell in eine unten stehende al- koholische, goldgelbe Xanthophylllösung und in eine darüber stehende blaugrüne Lösung des Cyanophylls in Benzol. Der gelbe Farbstoff ist leichter in Alkohol als in Benzol löslich, der blaugrüne umgekehrt leichter in Benzol als in Alkohol, und daher tritt die erwähnte Schei- dung der beiden Pigmente bei der Ausführung des Versuchs hervor. In den Zellen im Dunkeln erwachsener, gelber Pflanzentheile sind beträchtliche Mengen von Etiolinkörnern vorhanden (vergl. unter 10). Diese bestehen aus einer protoplasmatischen Grundmasse und einem gelben Farbstoff, den man isoliren kann, wenn man z. B. bei Lichtabschluss erwachsene etiolirte Weizen- oder Gerstenkeim- pflanzen mit Alkohol extrahirt. Der Auszug besitzt eine schön gelbe Farbe. Das Pflanzenmaterial gewinnt man, indem man gequollene Weizen- oder Gerstenkörner auf feuchten Sägespänen aussäet und die sich entwickelnden jungen Keimlinge etwa 8 Tage lang im Dunkeln cultivirt. 7. Das Absorptionsspectrum und die Fluorescenz des Clilorophyllfarbstoffes. Zur Untersuchung des Absorptionsspectrums des Chlorophyllfarb- stoffes bedürfen wir geeigneter Spectroskope. Je nach Umständen werden wir den BuNSEN'schen Spectralapparat , ein geradsichtiges Spectroskop, ein Taschenspectroskop oder einen mit dem Mikroskop in Verbindung zu bringenden Mikrospectralapparat benutzen. Dieser letztere Apparat wird in vorzüglicher Qualität mit Scalenrohr und Vergleichsprisma von der Firma Zeiss in Jena oder von Seibert und Krafft in Wetzlar geliefert. Die anderen Spectralapparate, welche genannt wurden, liefern z. B. R. Muencke in Berlin, Luisenstr. 58 und Geissler Nachf. in Bonn. Eine genaue Beschrei- bung aller Apparate würde hier zu weit führen. Näheres findet man z. B. in Müller's Lehrbuch der Physik und Meteorologie, 1879, Bd. II, erste Abtheilg., S. 206. Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass es am bequemsten ist, mit geradsichtigen Spectroskopen zu arbeiten. Bei Untersuchungen, welche den Zweck haben, die Lage der Absorptionsbänder genau zu bestimmen, bedient man sich am besten solcher Apparate, welche mit Die Nälirstoffe der Pflanzen. 19 #T Scalen versehen sind, die keine beliebige Theilung, sondern solche nach Wellenlängen besitzen. Die richtige Einstellung der Scala kann dann in einfacher Weise unter Zuhülfenahme der FRAUENHOFER'schen Linien geschehen. Gehen wir zunächst auf den Mikrospectralapparat ein, wie er in der von Seibert und Krafft in Wetzlar gelieferten Form in Fig. 6 dargestellt ist, so sei bemerkt, dass t die den Spalt und das Vergleichsprisma bergende Trommel darstellt. Die Schraube d dient zur Ver- engerung, h zur Verkürzung des Spaltes, f ist die Ocular- röhre, o die Schraube zum Einstellen des Spaltes für das Auge des Beobachters; in der Röhre rr befinden sich die Prismen, s ist ein Spiegel, um dem Vergleichsprisma, wenn es eingeschaltet ist, Licht zuzuführen, p p ist eine durchbohrte Platte, die seitlich an der Trommel t angebracht und mit federn- den Klammern versehen ist. Zur Erzeugung eines Ver- gleichsspectrums wird der betreffende Körper möglichst dicht vor die Durchboh- rung von p p gebracht. Auf die complicirte Einrich- tung des Messapparates, wel- cher dem oberen Ende des Spectroskops seitlich einge- setzt werden kann, gehen wir hier nicht näher ein. Man vgl. vielmehr Behrens, Hilfsbuch bei mikroskopi- schen Untersuchungen, 1883, S. 121. Will man Chlorophyll- lösungen untersuchen, so sind dieselben nach der unter 6 angegebenen Weise zu be- reiten. Wir wollen auch hier wieder nur mit der gewöhn- lichen alkoholischen Roh- chlorophylllösung experimen- Fig. 6. Mikroskop Mikrospectrosk op. mit ToUstMndigem 2* 20 Erster Abschnitt, tiren und anderweitige Chlorophyllpräparate, die umständlich herzustellen sind, nicht berücksichtigen. Die im Dunkeln bereitete, frische Lösung gelangt in kleine, mit planparallelen Wänden und dicht schliessen- den Stopfen versehene Glasfläschchen, die von Muexcke in Berlin be- zogen werden können. Diese Gläser legt man einfach auf den Object- tisch des Mikroskops und studirt nun das Spectrum. Das Chlorophyllspectrum zeigt 7 Absorptionsstreifen , wie sie auch in Figur 8 dargestellt sind. Besonders der Streifen im Roth ist sehr charakteristisch und selbst noch bei Benutzung sehr verdünnter Lösungen wahrzunehmen. Verwendet man concentrirtere Lösungen, so treten die Bänder I — IV zwar noch deutlich hervor, aber die Streifen F, VI und VII sind zu einer Endabsorption zusammengeflossen. Um auch sie zu sehen, muss man mit verdünnteren Lösungen und unter Benutzung directen Sonnenlichtes arbeiten. Die Re- sultate der Beobachtungen sind in eine Scala einzuzeichnen, in welcher die Lage der FKAUENHOFER'schen Linien angegeben ist. Bei genauen Untersuchungen ist der Messapparat, der mittelst des an ihm befestigten Spiegels beleuchtet werden kann, zur Hülfe zu nehmen. Das Vergleichs- prisma unseres Apparates leistet zumal dann sehr gute Dienste, wenn es sich darum handelt, das bekannte Spectrum eines Körpers mit den noch nicht studirten eines anderen zu vergleichen. Schalten wir nämlich das Vergleichsprisma ein und beleuchten dasselbe gut, so erblicken wir zwei, nur durch eine zarte schwarze Linie getrennte, über einander liegende Spectra. "Wenn die Substanzen, welche man untersucht, dieselben sind und auch im gelösten Zustande in gleichen Concentrationen Verwendung finden, so fallen die Absorptionsstreifen des unteren Spectrums genau in die Verlängerung der Streifen des oberen. Handelt es sich darum, dünne Gewebeschnitte oder auch z. B. ein- zelne Chlorophyllkörner mit Hülfe des Mikrospectralapparates zu unter- suchen, so werden dieselben in gewöhnlicher Weise auf dem Objectträger, in einem Tropfen Wasser resp. Glycerin liegend, mit Deckglas bedeckt. Behufs Einstellung des Präparates entfernt man das die Prismen tragende Rohr und öffnet den Spalt nur so wenig wie möglich. Bei dem Studium vieler chlorophyllhaltiger Objecte (ich experimentirte z. B. mit Clado- phorafäden) nimmt man nur Band I im Roth und eine aus der Verschmel- zung der Bänder F, VI und VU hervorgegangene continuirliche Endab- sorption wahr ; die Bänder 77, III und 7F treten überhaupt nicht hervor. Bei der Untersuchung ganzer Blätter legt man dieselben einfach auf den Objecttisch und benutzt ein schwaches Objectiv. Beleuchten wir unser Object, indem wir diffuses Tageslicht oder Gaslicht auf den Spiegel des Mikroskops fallen lassen , so sind nur die Bänder 7, 77 u. 7/7 des Chlorophyllspectrums sichtbar. Verwenden wir directes Sonnenlicht, so treten auch die Bänder 7F und F hervor, während die Bänder F7 u. F77 der starken Endabsorption wegen oft nicht deutlich erkannt werden können. Dass wirklich die Bänder 7 — F, welche wir beobachteten, den Bändern 7 — F der Chlorophylllösung entsprechen, lässt sich zeigen, wenn man das Vergleichsprisma, das durch einen besonderen Spiegel Licht empfängt, in Anwendung bringt, um mit Hilfe desselben gleichzeitig mit dem Spec- trum eines Blattes dasjenige einer alkoholischen Chlorophylllösung zu beobachten. Es zeigt sich dann fast völlige Uebereinstimmung in der Lage der Absorptionsstreifen beider Objecte; nur sind die Bänder des Spectrums der Lösung im Vergleich zu denjenigen des Blattspectrums etwas gegen das Violett hin verschoben, eine Erscheinung, die durch das benutzte Lösungsmittel (Alkohol) herbeigeführt wird. Die Nährstoffe der Pflanzen. 21 Sollen Chlorophylllösungen unter Benutzung von Taschenspec- troskopen, BuNSEN'scher Apparate oder geradsichtiger Spectroskope von Hofmann oder Steinheil untersucht werden, so füllt man sie in Gläser mit parallelen Wänden, wie solche z. B. von Muencke in Berlin zu beziehen sind, ein (vgl. Fig. 7) ; oder man bringt sie am besten in ein Haemoskop (von Desaga in Heidelberg zu beziehen), um in schneller und beliebiger Folge Flüssigkeitsschichten von verschiedener Dicke prüfen zu können. Wird als Lichtquelle eine Gas- oder Petroleum- flamme in Anwendung gebracht, so sind deutlich oft nur die Bänder / und II, respect. diese und III der Chlorophylllösung zu erkennen'). Die genauere spectroskopische Untersuchung des Chlorophyllfarbstoffs kann im directen Sonnenlicht erfolgen. Das Spectroskop ist in einem Dunkelzimmer aufgestellt. Das Licht fällt durch eine Oeffnung im Fensterladen ein, und vor demselben befindet sich, um die Richtung der Strahlen unverändert zu erhalten, ein Heliostat, dessen Spiegel mit der Hand bewegt oder besser mittelst eines Uhrwerkes gedreht werden kann. Heliostaten liefern in guter Ausführung Ehrhardt und Metzger in Darmstadt. Im Dunkelzimmer, welches über- haupt bei vielen physiologischen Arbeiten sehr gute Dienste leistet, sind Wände, Fussboden, Decke, Fensterladen, Tische etc. mattschwarz angestrichen. Die Absorptionsstreifen im stär- ker brechbaren Theil des Chlorophyllspectrums sind nur dann deutlich getrennt von einander zu sehen, wenn man mit relativ verdünnten Chlorophylllösungen experimentirt. Die Re- sultate der Untersuchungen werden nach Maassgabe der Beobachtungen, die man unter Benutzung der Scala des Spectroskops ge- wonnen hat, aufgezeichnet*). Es ist unter 6 angegeben worden, dass der normale grüne Chloro- phyllfarbstoff ein Gemenge zweier Farbstoffe, des Xanthophylls und Cyanophylls, repräsentirt. Es ist auch schon die Methode besprochen, welche man anwenden muss, um diese beiden Farbstoffe von einander zu trennen. Die Lösung des gelben Xanthophylls (wenigstens die verdünnte Lösung) zeigt bei spectroskopischer Untersuchung nur drei Absorptionsstreifen, sämmtlich im Blau und Violett gelegen. Die blau- grüne Cyanophylllösung besitzt 7 Absorptionsstreifen: / im Roth, Flg'. 7. Glasgefäss mit parallelen Wanden! zur Aufnahme von Flüssig- keiten, die spectroskopisdi untersucht werden sollen. 1) Sehr lichtstarke Spectra geben auch die Taschenspectroskope nach Broav- TSJSO, die, mit Scala versehen, von Schmidt und Hänsch in Berlin zu beziehen sind. Als Lichtquelle kann zweckmässig ein Areandbrenner mit Blechkamin dienen. Die erwähnten Spectroskope werden heute oft bei Studien über das Absorptions- spectrum der Chlorophvlllösungen venvandt. Mit Hülfe derselben ist es möglich, namentlich die Lage der Bänder I—IV recht genau zu bestimmen. Vgl. Weg- SCHEEDER, Bcr. d. Deutsch, botan. Gesellschaft, Bd. 2, u. Vogel, Praktische Spec- tralanalyse, Nördlingen, 1877. 2) Vgl. Kraus, Zur Kenntniss der Chlorophyllfarbstoffe, 1872; Prixgsheim, Monatsber. d. Berliner Akademie, 1874 uad 1875, und Sitzungsber. der BerUner Akademie, 1886; Hansen, Arbeiten d. botan. Instituts in Würzburg, Bd. 3, H. 1; TscHiRCH, Berichte d. Deutschen botan. Gesellschaft, Bd. 1. 22 B C B Erster Abschnitt. Ei F 90 10» Fig. 8. Absorptionsspeetren des Chior«»phyllfarbstoflfes nach Kraus. Das obere Spectrum ist das des alkoholischen Extractes grüner Blätter, das mittlere das des in Benzol löslichen blaugrünen Bestandtheiles, das untere das de:? gelben Bestand- theiles. Die Absorptionsstreifen der beiden oberen Spectren sind im minder brech- baren Theile B — E nach einer mehr concentrirten, im stärker brechbaren Theile nach einer verdünnten Lösung angedeutet. Die Buchstaben A — Q bedeuten die bekannten FRAHENHOFER'schen Lmien des Sonnenspectrums , die Zahlen 1— VII numeriren nach Kraus die Absorptionsstreifen, vom rothen zum \ioletten Ende fortschreitend. Die Striche 0 — 100 tlieuen die Länge des Spectrums in 100 gleiche Theile. II im Orange, III im Gelb, IV im Grün, F, VI, VII im Blau und Violett. Wenn man concentrirte alkoholische Chlorophylllösungen im auf- fallenden Licht betrachtet, so zeigt sich, dass dieselben eine rothe Farbe besitzen. Noch deutlicher und schöner lässt sich die rothe Farbe der Chloropliylllösung im auffallenden Licht zur Wahrnehmung bringen, wenn man mit Hülfe einer biconvexen Linse ein Sonnenbild an der Oberfläche der Lösung entwirft. Der Chlorophyllfarbstoff fluores- cirt mit rothem Licht, wie auf die angegebene Art leicht festzu- stellen ist. 8. Die Zersetzung des Chlorophyllfarbstoffes. Man stelle in Töpfen cultivirte, kräftige Exemplare von Tropaeo- lum majus ins Finstere, z. B. in einen Schrank. Ist die Temperatur nicht zu niedrig, so haben die Blätter bereits nach 8 Tagen auffallende Farbenveränderungen erfahren. Die älteren Blätter sehen, trotzdem sie noch saftig sind, gelb aus, während die jüngeren fleckig und die lüngsten noch völlig grün erscheinen. Der Lichtmangel hat, wie die mikroskopische Untersuchung dünner Schnitte aus dem Mesophyll der gelben Tropaeolumblätter lehrt, einen wesentlichen Einfluss auf die Chlorophyllkörner geltend gemacht. Dieselben haben an Grösse ver- loren, und statt des grünen Pigments ist nur noch ein gelbes vor- Die Nährstoflfe der Pflanzen. 23 handen '). Werden Spirogyräfäden in einem etwas Wasser enthaltenden Glase längere Zeit (bei meinen Versuchen 5 — 8 Tage lang, Temperatur 15—20° C) constanter Finsterniss ausgesetzt, so haben sich die Chloro- phyllkörper wesentlich verändert. In manchen Zellen sind freilich noch grün gefärbte Spiralbänder vorhanden, in anderen ist aber be- reits ein mit Verfärbung des Pigments verbundener Zerfall der Chloro- phyllkörper zu unregelmässigen Ballen eingetreten. Der ChlorophyllfarbstoflF in Pflanzenzellen erfährt ferner tiefgrei- fende Zersetzungen, wenn er mit Säuren in Berührung gebracht wird. Wir legen Spirogyra- oder Zygnemafäden (letztere benutzte ich mit besonderem Erfolg) in eine Mischung von 1 Theil concentrirter Salz- säure und 4 Theilen Wasser. Das Chlorophyllpigment erfährt einen Farbenwechsel, und nach Verlauf längerer Zeit (zuweilen erst nach 20 Stunden) treten in den Chlorophyllkörpern, zumal an deren Rändern, bräunlich oder rostbraun gefärbte Massen, Zersetzungsproducte, die in Folge der Wirkung der Salzsäure entstanden sind, auf (Hypochlorin- reaction)*). Ebenso wird eine Rohchlorophylllösung (hergestellt durch Be- handlung grüner Pflanzentheile mit Alkohol) wesentlich verändert, wenn man sie mit Säuren versetzt. Versetzt man eine solche Lösung z. B. mit sehr wenig Salpeter- oder Salzsäure, so geht ihre schön grüne Farbe sofort verloren, und sie nimmt einen bräunlichen Farben- ton an. Die alkoholische Rohchlorophylllösung enthält freilich neben dem Chlorophyllpigment noch eine ganze Reihe anderweitiger Substanzen, aber trotzdem kann man dieselbe bequem benutzen, um den Nach- weis zu liefern, dass der Chlorophyllfarbstoff" im hohen Grade licht- empfindlich ist. Im Dunkeln erhält eine alkoholische Chlorophyll- lösung sich lange Zeit unverändert; sie verfärbt sich nur ganz all- mählich. Diff'uses Licht wirkt nicht sehr schnell, directes Sonnenlicht dagegen sehr schnell verändernd auf die Rohchlorophylllösung ein; im directen Sonnenlicht ist eine solche Lösung bereits nach Verlauf einer halben Stunde sehr deutlich verfärbt. Lehrreich ist es auch, den Ein- fluss des Lichtes von verschiedener Brechbarkeit auf Rohchlorophyll- lösungen zu Studiren. Es wird uns hier zum ersten Mal die Aufgabe gestellt, pflanzenphysiologische Experimente unter dem Einfluss des Lichts von verschiedener Brechbarkeit vorzunehmen, und es muss daher die Untersuchungsmethode, deren wir uns auch später bei manchen anderen Versuchen zu bedienen haben, specieller beschrieben werden. Die fast concentrirte wässerige Lösung des doppelt-chrom sauren Kalis lässt in nicht zu dicken Schichten das Roth, Orange, Gelb und einen Theil des Grün fast ungeschwächt passiren. Die Lösung des Kupferoxydammoniaks (dieselbe stellt man durch Auflösung von schwefelsaurem Kupferoxyd in Wasser und Zusatz überschüssigen Am- moniaks her) absorbirt im Gegenteil diejenigen Strahlen, welche das doppelt-chromsaure Kali durchlässt, verhindert aber den übrigen Strahlen, also einem Theil des Grün, dem Blau, Indigo und Violett, den Durchtritt nicht. Mit Hülfe der beiden angeführten Lösungen ist man demnach im Stande, das weisse Licht nahezu genau in die 1) Vgl. Sachs, Botanische Zeitung, 1864, 8. 38. 2) Vgl. Prengsheim, Jahrbücher für wissenschaftL Botanik, Bd. 12. 24 Erster Abschnitt. weniger und die stärker brechbare Hälfte zu zerlegen. Zur Aufnahme der farbigen Lösungen benutzt man sehr allgemein doppeltwandige Glocken (vergl. Fig. 9)^). Der Zwischenraum zwischen den beiden Glaswänden der Glocken, also auch die Dicke der farbigen Flüssig- keitsschicht, beträgt gewöhnlich etwa 1 cm. Zur Abhaltung gemischten weissen Lichts stellt man die Glocken bequem in mit Sand gefüllte Teller. Die unter die Glocken gebrachten Untersuchungsobjecte empfangen dann nur gemischtes gelbes oder gemischtes blaues Licht. Ich benutzte auch häufig bei Experimenten über den Einfluss des Lichts von verschiedener Brechbarkeit auf physiologische Processe Fig. 9. Fig. 10. Fig. 9. Doppeltwandige Glasglocke zur Aufnahme farbiger Flüssigkeiten, im Längsschnitt dargestellt. Fig. 10. Glasflasche mit parallelen Wänden zur Aufnahme farbiger Flüssig- keiten. innen und aussen mit mattschwarzem Papier beklebte Pappkästen, deren hintere Wand durch eine wohl verschliessbare Klappe gebildet wird, während die vordere Wand mit einer grossen Oeftnung versehen ist. Vor diese Oeffnung werden in geeigneter Weise Glasflaschen mit parallelen Wänden, welche mit den farbigen Flüssigkeiten angefüllt sind, angebracht (vergl. Fig. 10). Die in die doppeltwandigen Glocken oder in die zuletzt erwähnten Glasflaschen eingefüllten Lösungen des doppelt-chromsauren Kalis und des Kupferoxydammoniaks werden einer spectroskopischen Untersuchung unterzogen, indem man das Rohr des Spectroskops in die Glocken einführt oder die Glasflaschen mit parallelen Wänden dicht vor den Spalt bringt Man muss die" Flüssigkeiten nur in einen derartigen Concentrationsgrad versetzen, dass die eine, wie es oben angegeben wurde, nur die weniger, die andere nur die stärker brechbaren Lichtstrahlen durchgehen lässt. Wenn man nun Rohchlorophylllösungen dem Einfluss des gemischten gelben und des gemischten blauen Lichts exponirt (directes Sonnenlicht), 1) Solche Glocken sind von Desaga in Heidelberg zu beziehen. Die Nährstoffe der Pflanzen. 25 SO ergiebt sich, dass die weniger brechbaren Strahlen die Zersetzung (Verfärbung) des Chlorophyllfarbstotfs weit schneller als die stärker brechbaren Strahlen herbeiführen. Die sogen, chemischen Strahlen, d. h. diejenigen, welche das Chlorsilber zu zersetzen vermögen, betheiligen sich an der Chlorophyllfarbstoff-Zersetzung also nur in untergeord- netem Grade, denn das gemischte blaue Licht ist reich, das gemischte gelbe Licht arm an diesen chemischen Strahlen, wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man photographisches Papier dem Licht von verschiedener Brechbarkeit aussetzt')- 9. Die herbstliche Färbung der Biätter und die winterliche Flirbung ausdauernder Pflanzentheile, Viele Blätter färben sich im Herbst vor dem Abfallen roth. Diese Erscheinung lässt sich besonders schön an den Blättern von Rhus- arten, sowie an denjenigen von Cornus sanguinea und Ampelopsis hederacea studiren. Die genannten Blätter lassen den rothen Farben- ton hauptsächlich an ihrer Oberseite erkennen, und die mikroskopische Untersuchung zarter Querschnitte lehrt uns in der That, dass ins Be- sondere die Zellen des Palissadenparenchyms das rothe Pigment ent- halten. Dieses ist im Zellsaft aufgelöst. Die Epidermiszellen führen keinen Farbstoff. Bei der herbstlichen Gelbfärbung der Blätter nehmen die sich desorganisirenden Chlorophyllkörner einen gelblichen Farben- ton an, wie wir dies z. B. feststellen können, wenn wir im Herbst Ahornblätter untersuchen. Protoplasma und Chlorophyllkörper werden bei fortschreitendem Vergilben der Blätter mehr und mehr aufgelöst; ihre Substanz geht in die ausdauernden Pflanzentheile über, und schliesslich bleibt nur Xanthophyll in Form kleiner glänzender Körn- chen in den Blattzellen zurück. Einige Blätter, z. B. diejenigen der Eichen, färben sich im Herbst braun, eine Erscheinung, die auf eine Bräunfärbung der Zellhäute, sowie des Zellinhalts zurückzuführen ist. Interessant sind ferner die Veränderungen der Farbe solcher Pflanzentheile, die den Winter über ausdauern. Wenn im Herbst oder im Winter die ersten Fröste eingetreten sind, so beobachtet man, dass die dem Licht zugewendete Fläche der Zweige von Thuja orientalis eine braune Farbe angenommen hat ^). Diese Erscheinung beruht darauf, dass der Chlorophyllfarbstoff theilweise zerstört wird und rothe Pigmente in den Chlorophyllkörnern auftreten. Werden braun ge- färbte Thujazweige in ein warmes Zimmer gebracht, so verschwindet der rothe Farbstoff, und die Untersuchungsobjecte ergrünen wieder. Lichtzutritt ist dazu nicht erforderlich. Gebräunte Zweige von Thuja orientalis, die ich bei 15 — 20° C. im Dunkeln hielt, waren nach acht Tagen aufs Neue grün geworden. Die winterliche Rothfärbung ausdauernder Pflanzentheile ist auf die Bildung eines im Zellsaft löslichen rothen Pigments zurückzu- führen, während die Chlorophyllkörper intact bleiben, höchstens Ver- änderungen ihrer Lage in den Zellen erfahren. Untersuchen wir im 1) Weitere Literatur vgl. bei Detmer, Lehrbuch d. Pflanzenphysiologie, 1883, 8. 18. 2) Specielle Angaben über den anatomischen Bau der Zweige von Thuja (freihch Th. occidentsms, nicht Th. orientalis) findet man bei Frank, Pringsheim's Jahrbücher, Bd. 9, 8. 159. 26 Erster Abschnitt. Winter Querschnitte der Blätter von Mahonia aquifolium, so ergiebt sich, dass besonders die Zellen des schön entwickelten Palissaden- parenchyms rothes Pigment enthalten '). 10. Die Entstehung des Chlorophyllfarbstoflfes. Einige Samen von Lupinus werden in Gartenerde '^), die sich in Blumentöpfen befindet, im Dunkeln, z. B. in einem Schrank, zum Keimen gebracht. Es ist gar nicht so ganz leicht, einen Raum herzu- stellen, in welchem nahezu absolute Dunkelheit herrscht, und wenn man Pflanzen bei möglichst vollkommenem Lichtabschlusse cultiviren will, so darf man diese Thatsache nicht aus dem Auge verlieren. Für unseren Zweck genügt es übrigens, wenn man die mit den Samen beschickten Blumentöpfe in dem Schrank unter einem undurchsich- tigen Papprecipienten aufstellt und das Schlüsselloch des Schrankes sorgfältig verstopft. Das hypocotyle Glied und die Cotyledonen treten bald über die Erdoberfläche hervor, wenn die Keimungsbedingungen einigermaassen günstige sind ; aber die Keimblätter erscheinen nicht grün, wie die- jenigen am Licht erwachsener Lupinenkeimpflanzen, sondern sie be- sitzen eine gelbe Farbe. Untersuchen wir Querschnitte der Cotyle- donen mikroskopisch, so erkennen wir die Epidermis, die Gefässbündel, sowie das Blattparenchyra deutlich. Die Zellen des letzteren, zumal die mehr peripherisch gelegenen, enthalten, abgesehen von sonstigen Inhaltsbestandtheilen , kleine, gelb gefärbte Körnchen, die Etiolin- körner. Setzt man die im Dunkeln cultivirten Keimlinge dem Licht aus, so ergrünen sie bald, und wir finden nun in den Zellen des Blatt- parenchyms Chlorophyllkörner. Dieselben sind unter dem Einfluss des Lichtes aus den Etiolinkörnern hervorgegangen , unterscheiden sich von diesen aber nicht allein durch ihre grüne Farbe, sondern ebenso durch ihre beträchtlichere Grösse. Werden Keimpflanzen von Phaseolus oder Pisum im Dunkeln zur Entwickelung gebracht, so er- zeugen dieselben lange, weiss gefärbte Stengeltheile und kleine, gelbe Blätter. Ich fand, dass die Blätter von Erbsenkeimpflanzen, die im Finstern mehrere Internodien gebildet hatten, und welche dann ans Licht gelangten, nicht sämmtlich, sondern nur theilweise ergrünten. Die jüngeren Blätter bildeten freilich am Licht Chlorophyll. Die älteren blieben aber gelb. Die meisten Pflanzen bilden allein bei Lichtzutritt normales grünes Chlorophyll; einige Gewächse vermögen aber auch im Finstern zu er- grünen. Werden z. B. Samen von Pinus silvestris in Gartenerde aus- gesäet und bei Lichtabschluss zur Keimung gebracht (die Keimung geht relativ langsam vor sich), so bricht zunächst die Wurzel hervor. Dann streckt sich das hypocotyle Glied, erscheint aber zunächst knie- 1) lieber die winterliclie Färbung ausdauernder Pflanzentheile vgl. H. v. MoHL, Vermischte Schriften, S. 375, und G. Haberlakdt, Sitzungsberichte d. Akademie d. Wiss. zu Wien, Bd. 72, Abtheil. I, Aprilheft. 2) Es sei hier ein für alle Mal bemerkt, dass man zu Culturversuchen ge- wöhnlich am besten die schwarze, sehr humusreiche Erde benutzt, wie sie lür Gewächßhauspflanzen gebraucht wird. Man feuchtet die Erde so weit an, dass sie sich eben noch zwischen den Händen zu einer feinkrümeligen Masse zerdrücken lässt, wirft sie durch ein Sieb, dessen Oeffnungeu 1,5 mm im Quadrat messen, und rüttelt sie in die Culturgefässe ein. Die Nährstoffe der Pflanzen. 27 förmig gebogen, weil die Cotyledonen noch im Samen stecken. End- lich treten die Keimblätter aus dem Boden heror, das hypocotyle Glied streckt sich dann gerade, und die Keimung ist vollendet. Auffallend erscheint vor allem der Umstand, dass die Cotyledonen grün sind. Ich habe mich davon überzeugt, dass dies Ergrünen der Pinuskeim- blätter in einem finsteren Räume erfolgt, in welchem Weizenkeira- pflanzen nicht ergrünen, sondern nur eine gelb gefärbte Plumula ent- wickeln. Die im Finstern erwachsenen Keimlinge mono- sowie dicotyler Pflanzen (Phaseolus, Pisum, Raphanus, Triticum, Zea etc.) ergrünen nicht nur, wenn sie relativ hellem Licht ausgesetzt werden, sondern die Chlorophyllbildung erfolgt auch schon in einem sehr gedämpften Licht, wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man die Unter- suchungsobjecte an der hinteren Wand eines Zimmers aufstellt und sie hier noch in geeigneter Weise beschattet. Man kann Pflanzen ferner auch in künstlichem Licht zum Ergrünen bringen. So stellte ich im Dunkeln erwachsene Weizenkeimlinge mit 2-— 3 cm langer Plumula 15 cm entfernt von der Flamme einer Petroleumlampe auf. Die Keimlinge befanden sich mit etwas Wasser in einer Kry- stallisirschale. Diese von dem Licht, welches von der Lampe aus- ging, beleuchteten Untersuchungsobjecte ergrünten deutlich in wenigen Stunden ; Controlpflanzen, die im Dunkeln gehalten wurden, ergrünten nicht. Lehrreich ist es ferner, den Einfluss des Lichtes von verschiedener Brechbarkeit auf die Chlorophyllbildung zu studiren. Zu dem Ende bringt man z. B. Weizenkeimlinge, deren Plumula etwa 2 cm lang ist, und die sich im Finstern entwickelt haben, mit etwas Wasser in kleine Glasschälchen. Diese, oder auch kleine mit Erde gefüllte Blumentöpfe, in denen die Keimlinge zur Entwickelung gelangten, werden nun unter doppeltwandige Glasglocken gestellt, von denen die eine mit einer Auflösung von doppelt-chromsaurem Kali angefüllt ist, während die zweite eine Auflösung von Kupferoxydammoniak enthält (vgl. unter 8). Man kann sich leicht davon überzeugen, indem man zugleich Stücke photographischen Papiers unter die Glocken legt, dass das gemischte gelbe Licht fast völlig frei von sogen, chemischen Strahlen ist, während das Licht, welches die Kupferoxydammoniak- lösung passirt hat, die Zersetzung des Chlorsilbers sehr schnell be- wirkt. Als ich die Apparate am Morgen eines trüben Novembertages in einem nach Süden gelegenen Zimmer bei einer Temperatur von ca. 20" C. in einer Entfernung von 5 m vom Fenster aufgestellt hatte, fand ich die Plumula der Weizenkeimlinge nach 24 Stunden unter dem Einfluss des gemischten gelben Lichtes völlig ergrünt, während diejenigen Keimpflanzen, welche der Einwirkung des ge- mischten blauen Lichtes ausgesetzt gewesen waren, eine Plumula von hellgrüner Farbe besassen. Setzt man die Apparate hingegen dem directen Sonnenlicht aus, dann erfolgt das Ergrünen im gemischten blauen Licht schneller als im gemischten gelben Licht. Dem Resultat dieses letzteren vergleichenden Experiments gegenüber lassen sich aber, wenn man nicht ganz besondere Vorsichtsmaassregeln in An- wendung bringt, Bedenken geltend machen, denn ich habe mich davon überzeugt, dass sich die Luft unter einer mit Kupferoxydammoniak beschickten doppeltwandigen Glocke, wenn sie dem Einfluss directen Sonnenlichtes ausgesetzt wird, viel stärker erwärmt als die Luft unter 28 Erster Abschnitt. der mit doppelt-chromsaurem Kali angefüllten Glocke. Trotzdem ist es sicher, dass es nicht als gleichgültig für das Resultat des Experi- ments betrachtet werden darf, ob man die im Dunkeln cultivirten Untersuchungsobjecte dem diffusen Licht oder dem directen Sonnen- licht preisgiebt. Werden Weizenkeimlinge mit gelber Plumula dem diffusen, andere gleichzeitig dem directen Sonnenlicht ausgesetzt, so ergrünen jene schnell, z. B. im Laufe von 3 Stunden, während diese weit langsamer normalen Chlorophyllfarbstoff erzeugen. Wir haben nun unter 8 gesehen, dass sich das Chlorophyllpigment in alkoholischen Extracten aus grünen Pflanzen im directen Sonnenlicht sehr schnell zersetzt (verfärbt), während diffuses Licht dieselbe Wirkung sehr lang- sam geltend macht, und diese Thatsache muss bei der Erklärung der im Vorstehenden zur Kenntniss gebrachten Erscheinungen Beachtung finden. Im directen Sonnenlicht, mag dasselbe direct als solches, oder nachdem es eine Lösung von doppelt-chromsaurem Kali passirt hat, auf Keimlinge einwirken, ergrünen diese langsam, weil das entstehende Chlorophyllpigment zum grossen Theil wieder zerstört wird. Im diffusen Licht, wie auch im directen Sonnenlicht, welches eine Auf- lösung des Kupferoxydammoniaks passirt hat, kann keine energische Chlorophyllzersetzung erfolgen, deshalb häuft sich das entstehende Blattgrün schnell in den Zellen der Keimpflanzen an. Schwaches diffuses Licht wirkt kaum mehr zersetzend auf den Chlorophyllfarb- stoff ein, und wenn man Keimpflanzen weit entfernt vom Fenster unter doppeltwandigen Glocken aufstellt, so ergrünen sie im ge- mischten gelben Licht schneller als im gemischten blauen, weil erstere^ fast lediglich seine grössere chlorophyllbildende Kraft geltend macht, während die chlorophyllzersetzende sehr in den Hintergrund tritt *). Will man untersuchen, ob die dunkeln Wärmestrahlen ein Ergrünen im Finstern erwachsener Keimlinge hervorrufen können, so bringt man z. B. Weizenkeimlinge mit gelber Plumula, die sich in kleinen Gläschen befinden, unter doppeltwandige, mit einer Auflösung von Jod in Schwefel- kohlenstoff" angefüllte Glasglocken. Bei hinreichender Concentration lässt diese Lösung gar keine Lichtstrahlen, wohl aber die Wärmestrahlen passiren. Die an ihrem unteren Rande mit Sand umgebenen Glocken werden dem directen Sonnenlicht oder diffusem Tageslicht ausgesetzt; ein Ergrünen der Untersuchungsobjecte tritt aber nicht ein. Handelt es sich um das Studium der Abhängigkeit der ChlorophyU- bildung von den Temperaturverhältnissen, so ist es z. B. bequem, Gersten- keimlinge als Untersuchungsobjecte zu benutzen. Eine ganze Anzahl kleiner Blumentöpfe füllen wir mit Gartenerde an, sähen Gerstenkörner in jeden Topf und stellen dieselben ins Finstere. Wenn die Plumula der Pflänzchen etwa 2 cm Länge erreicht hat, so bringen wir einen Blumen- topf vor das Fenster eines nach Norden gelegenen Zimmers, in welchem eine Temperatur von 6 " C. herrscht. Ein anderer Topf wird in einem benachbarten Zimmer, in welchem das Thermometer 20 " C. anzeigt, auf- gestellt. Die Pflanzen sind also gleichen Beleuchtungsverhältnissen, aber verschiedener Temperatur ausgesetzt, und es ergiebt sich, dass das Er- grünen bei 6 ® C. weit langsamer als bei 20 ° C. erfolgt. Bei 30 ° C. geht die Chlorophyllbildung noch etwas schneller als bei 20" C. vor sich, bei 37" C. wieder langsamer, und bei 45° C. findet kein Ergrünen 1) Vgl. Wiesner, Sitzungsberichte d. Akademie d. Wiss. in Wien, Bd. 69, I. Abtheilung. Die Nährstoffe der Pflanzen. 29 mehr statt. Um die Pflanzen Temperaturen von 30, 37 und 45° C. aus- zusetzen, stellen wir sie in Thermostaten auf, die durch Heizung auf diese Temperaturen gebracht worden sind (Abbildung und Beschreibung eines geeigneten Thermostaten findet man im zweiten Abschnitt bei Ge- legenheit der Untersuchungen über den Wurzeldruck). Es ist noch zu bemerken, dass die Untersuchungsobjecte, bevor sie beleuchtet werden, einige Zeit in den Räumen von genau bekannter Temperatur verweilt haben müssen, damit sich ihnen sowie den Töpfen und dem Boden- material diese mitgetheilt hat. Es existiren nach dem Gesagten Tem- peratur-Minima, -Optima und -Maxima für den Ergrünungsprocess der Pflanzen. Die Lage derselben ist für verschiedene Pflanzen aber keines- wegs genau die nämliche'). Endlich wollen wir noch den Nachweis liefern, dass der Ergrünungsprocess am Licht nicht bei Sauerstoff- ausschluss erfolgen kann. Wir füllen zwei retorten- artige Gefässe (a und fc) mit ausgekochtem und in ver- schlossenen Gefässen wieder abgekühltem destillirtem Wasser an, bringen einige im Dunkeln erwachsene Wei- zenkeimlinge in das Wasser und stellen die Gefässe unter Benutzung eines geeigneten Stativs derartig auf, dass ihre Mündungen unter Queck- silber tauchen (vgl. Fig. 11). Nun verdrängen wir das Wasser in dem Apparat a bis auf einen kleinen Rest durch reines Wasserstoffgas, das Wasser im Apparat h aber durch atmosphärische Luft. Werden die Gefässe jetzt dem Einflüsse diffusen Lichtes aus- gesetzt, so ergrünen die Keimlinge in. b schnell, diejenigen in a aber nicht 2). Es sei noch bemerkt, dass man das Wasserstoffgas aus Zink durch Uebergiessen desselben mit verdünnter Salzsäure herstellt, und zur Reini- gung Lösungen von Kalihydrat, salpetersaurem Silberoxyd und über- mangansaurem Kali passiren lässt. Zur Gasentwickelung dient zweck- mässig ein Kipp'scher Apparat (vgl. den dritten Abschnitt). Fig. 11. Apparat zur Cultur von Pflanzen in saucrstoflTreiem Raum. 11. Die Sanerstoffprodnction bei der Assimilation. Unter dem Einfluss des Lichtes findet in den Chlorphyllkörpern die Zersetzung von Kohlensäure statt. Der Sauerstoff wird abge- 1) Vgl. Wiesneb, Die Entstehung des Chlorophylls in den Pflanzen, Wien 1877. 2) Vgl. Detmek, Landwirthschaitliche Jahrbücher, Bd. 11. 30 Erster Abschnitt. schieden und kann, wenn man geeignete Untersuchungsobjecte be- nutzt, leicht als solcher nachgewiesen werden. Wir bringen in ein Glas etwa 200 ccm Brunnenwasser, in das wir nicht zu viel reine Kohlensäure einleiten. Die Kohlensäure wird aus Marmor durch Uebergiessen desselben mit verdünnter Salzsäure ent- wickelt, und sie muss zur Befreiung von etwa mitgerissener Salzsäure, bevor sie in das Brunnenwasser eintritt, eine Auflösung von doppelt- kohlensaurem Natron passiren. Als Untersuchungsobject wählen wir zunächst ein ziemlich langes Sprossende von Hippuris vulgaris, das, wie es Fig. 12 zeigt, unter dem Wasserspiegel mit seiner Basis in ein mit Wasser angefülltes Probirglas hineinragt. Die Vorrichtung wird nunmehr einige Zeit dem directen Sonnenlicht ausgesetzt. Es zeigt sich, dass von der Schnittfläche des Unter suchungsobjectes Gas- blasen in dem Wasser emporsteigen, und in dem Probirglas sammelt sich nach und nach eine erhebliche Gasmenge an. Wenn wir die Mündung des Reagensrohres schliesslich unter Wasser mit dem Finger verschliessen, dasselbe umkehren und einen glimmenden Span ein- führen, so brennt derselbe sofort mit lebhaft leuchtender Flamme. Unsere Pflanze hat also Sauerstoif producirt. Dies ungemein lehrreiche Experiment zur Nachweisung der Sauer- stoffabscheidung assimilirender Pflanzen kann auch in etwas modifi- cirter Weise angestellt werden (vgl. Fig. 13). Eine ganze Anzahl Zweigstücke von Elodea oder Ceratophyllum wird unter einen Trichter in ein mit kohlensäurehaltigem Wasser angefülltes Glas gebracht. Ueber die sich noch unter dem Wasserspiegel befindende Mündung des Trichterrohres wird ein mit Wasser angefülltes Probirglas ge- stülpt und der Apparat dem directen Sonnenlicht ausgesetzt. Der Sauerstoff oder, besser gesagt, die sauerstofi"reiche Luft sammelt sich, wie bei der Ausführung des vorigen Experimentes, in dem Reagens- glase an. Das Pflanzenmaterial zu diesen Versuchen steht auch lange Zeit im Winter zur Verfügung, wenn man kräftige Elodea-Exemplare im Herbst in ein grosses, mit Brunnenwasser gefülltes Gefäss bringt, das Gefäss im warmen Zimmer am Fenster aufstellt und das Wasser häufig erneuert. Ein Glascylinder wird mit Brunnenwasser, in das wir, wenn das- selbe arm an freier Kohlensäure ist, eine kleine Menge dieses Gases eingeleitet haben, angefüllt. Wir bringen nun ein Zweigstück von Elodea oder Hippuris, das wir zweckmässig an einen Glasstab ange- bunden haben, in die Flüssigkeit (vgl. Fig. 14) und werden beob- achten, dass aus der Schnittfläche am oberen Ende der Pflanzentheile bei Lichtzutritt Gasblasen entweichen. Die Anzahl der aus sauer- stofl'reicher Luft bestehenden Gasblasen lässt ohne Weiteres auf die Energie schliessen, mit der die grünen Pflanzentheile assimiliren. Im directen Sonnenlicht z. B. scheiden Elodeazweige häufig einen so leb- haften Strom feiner Blasen ab, dass man die Zahl der in bestimmter Zeit entweichenden Blasen nicht oder nur mühsam bestimmen kann. Andere Zweige der nämlichen Pflanze assimiliren unter denselben Umständen weniger energisch. Die aus den Schnittflächen von Hip- puriszweigen entweichenden Gasblasen sind ziemlich gross und treten nicht in so übermässiger Anzahl hervor. Ohne näher auf die Beziehungen zwischen der Intensität des Lichtes einer- und der Energie der Assimilation andererseits einzu- gehen, ist es doch leicht, sich davon zu überzeugen, dass die Sauer- Die Nährstoffe der Pflanzen. 31 stoffabscheidung grüner Pflanzentheile im hellen diffusen Licht leb- hafter als im mehr gedämpften Licht vor sich geht. Ein an einem Glasstab festgebundenes Elodeazweigstück wird unter Wasser dem Einfluss hellen diffusen Lichtes ausgesetzt. Wir ermitteln die Zahl der Blasen, welche in bestimmter Zeit, z. B. in einer oder in fünf Minuten, aus der Schnittfläche hervortreten. Nun stellen wir eine matt- geschliffene Glasplatte vor unserem Apparat auf, und es wird sich zeigen, dass jetzt in einer oder in fünf Minuten weniger Blasen als vorher in dem Wasser emporsteigen. Beschatten wir den Elodea- zweig stark, so hört die Assimilation, damit auch die Sauerstoffpro- duction, gänzlich auf. Elodea- oder Hippuriszweige werden in Brunnenwasser, in welches Fig. 13. mmmmm Fig. 14. ^- '-^ Fig*. 12. Apparat zum AulLiiit:« ii des Ton assimilirenden Wasserpflanzen prodncirten SauerstofTs. Fig. 13. Apparat zu demselben Zweck. ¥ig. 14. Apparat zur Beobachtung der Gnsblasenabscheidang assimilirender Wasserpflanzen. man eventuell etwas Kohlensäure eingeleitet hat, sehr hellem diffusen Licht ausgesetzt. Man ermittelt die in bestimmter Zeit entweichende Blasenzahl. Man deckt nun eine mit einer Lösung von doppelt-chrom- saurem Kali gefüllte doppeltwandige Glasglocke über das die Pflanzen- theile enthaltende Gefäss, um abermals die Zahl der entweichenden Blasen zu bestimmen. Dann entfernen wir die Glocke, um sie, nach- dem wir abermals die Blasenzahl ermittelt haben, die im hellen dif- fusen Licht oder im directen Sonnenlicht ausgeschieden wird, durch 32 Erster Abschnitt. eine mit Kui)feroxydammoniak angefüllte doppeltwandige Glasglocke zu ersetzen. Auch unter diesen Umständen stellen wir die Blasen- zahl fest. Man tliut wohl, zur Controle der Temperaturverhältnisse während der einzelnen Stadien des Versuchs ein Thermometer in das die Untersuchungsobjecte umgebende Wasser zu bringen. Auf die im Vorstehenden angegebene Weise gelingt es, wovon ich mich über- zeugte, sehr leicht, die interessante Thatsache festzustellen, dass die weniger brechbaren Strahlen, welche die Lösung des doppelt-chrom- sauren Kali passirt haben, eine fast ebenso energische Sauerstoffab- scheidung aus grünen Pflanzentheilen hervorrufen, wie das gemischte weisse Licht, während dieser Process der Sauer stoffabscheidung unter dem EinHuss der brechbaren Strahlen, \\ eiche die Kupferoxydammoniak- lösung passiren können, mit nur sehr geringer Energie erfolgt^). Elodea- oder Hippuriszweige werden nebst einem Thermometer in kohlensäurehaltiges Wasser in ein Becherglas gebracht. Die Tem- peratur des W^assers möge etwa 12" C. betragen. Wir ermitteln die Blasenzahl, welche die Untersuchungsobjecte in bestimmter Zeit, z. B. in 1, 3 oder 5 Minuten, bei Lichtzutritt abscheiden. Jetzt erwärmen wir das Wasser im Becherglas, ohne die Pflanzen aus demselben zu entfernen, bis auf etwa 24 " C. Es wird sich zeigen, dass die von den Elodea- oder Hippuriszweigen producirte Blasenzahl jetzt erheb- lich grösser ausfällt, als bei niederer Temperatur. Zu achten ist natür- lich darauf, dass die Pflanzen bei den vergleichenden Versuchen mög- lichst genau derselben Lichtintensität ausgesetzt sind ; man stellt die Experimente daher am besten bei völlig wolkenlosem Himmel an. Das Temperaturoptimura für die Sauerstoffabscheidung von Elodea und Hippuris, welches übrigens noch nicht genauer ermittelt ist, dürfte etwa bei 32° C. anzunehmen sein. Bei Temperaturen, die jenseits dieses Temperaturoptimums liegen, erfolgt die Sauerstoffab- scheidung wieder langsamer ^). Einige Elodeazweige setzen wir in kohlensäurehaltigem Brunnen- wasser, das zuvor mit Chloroform geschüttelt worden ist, dem Einfluss des Lichtes aus. Die Sauerstoffabscheidung dauert merkwürdig lange (bei meinen Versuchen über ^j^ Stunde) fort; endlich erlischt sie in Folge der giftigen Wirkung des Chloroforms gänzlich ^). Will man den Nachweis liefern, dass chlorophyllfreie Pflanzen- theile nicht zu assimiliren vermögen, so braucht man z. B. nur Wurzel- stücke in kohlensäurehaltigem W^asser dem Licht auszusetzen. Sauer- stoffabscheidung erfolgt nicht. Eine sehr interessante Methode zum Nachweis der assimilatorischen Thätigkeit grüner Zellen ist zuerst von Engelmank *) in Anwendung ge- bracht worden. Wir entnehmen den Reinculturen von Bacterium Termo, die wir in einer später anzugebenden Weise hergestellt haben, schwärmende Individuen, bringen dieselben in einem Wassertropfen auf den Object- träger, legen das Deckglas auf und verkitten dessen Eänder mit Vaselin. 1) Genauere Angaben über den Einfluss des Lichtes von verschiedener Brech- barkeit auf den Assimilationsprocess finden sich in meinem Lehrbuche der Pflanzen- . Physiologie. Ueber Assimilationsversuche im objectiven Spectrum vergl. Pfeffer, Bo'tan. Zeitung, 1872, No. 23. Ueber Herstellung des objectiven Spectrums vergL den Abschnitt über heliotropische Nutationen. 2) Vgl. Heixmch, Versuchsstationen, Bd. 13, S. 136. 3) Vgl. Detmer, Landwirthschaftliche Jahrbücher, Bd. 11. 4) Vgl ExGELMAKX, Botan. Zeitung, 1881 und 1882. Die NährstoiFe der Pflanzen. 33 Unter Benutzung starker Vergrösserung constatiren wir, dass die sehr :sauerstoffbedürftigen Bacterien bald zur Ruhe kommen ; nur in der Nähe von Luftblasen im Präparat dauert die Bewegung fort, um indessen auch schliesslich aufzuhören. Haben wir aber gemeinsam mit den Schwärmern einen Algenfaden in das Präparat gebracht, so dauert die Bewegung der Bacterien, wenn die Alge beleuchtet ist, ununterbrochen fort. Der von den Chlorophyllkörpern erzeugte Sauerstoff wirkt als Reizursache und be- dingt die Bewegung sowie auch die Bewegungsrichtung der Spaltpilze. Die Ansammlung derselben, welche in der Nähe der sauerstoffspendenden Alge eintritt, folgt, wenn wir z. B. mit Spirogyrafäden experimentiren, dem Verlauf der grünen Bänder. Unsere aerotropen Schwärmer sind also ein ausgezeichnetes Reagens auf Sauerstojff. Bei Verdunkelung der Algenfäden im Präparat hört die Bacterienbewegung auf; sie macht sich aber bei erneuter Beleuchtung sofort wieder geltend, weil dann abermals Sauerstoif durch Assimilation in hinreichender Quantität frei wird^). 12. Bie Kohlensäure und der Issimilationsprocess. Die Kohlensäure, welche im Assimilationsprocess verarbeitet wird, «entstammt ihrer Gesammtmasse nach in letzter Instanz der atmosphärischen Luft. Diese re])räsentirt ein Gasgemisch, das, abgesehen von einigen un- wesentlichen Beimischungen, aus etwa 79 Volumprocent Stickstoff, 21 Vo- lumprocent Sauerstoff und wenig Kohlensäure (in 10000 Volumthl. Luft sind nur 3 Volumth. COg vorhanden) besteht. Dass die Luft Sauerstoff enthält, lässt sich leicht demonstriren. Man befestigt an dem einen Ende eines zweimal in einem rechten Winkel gebogenen dicken Drahtes ein mit Alkohol getränktes Stück Watte. Der Alkohol wird entzündet und ein umgekehrt gehaltener Glascylinder über die Flamme gestülpt. Taucht man die Mündung des Cylinders jetzt schnell unter Wasser, so erhebt sich die Flüssigkeit sogleich in demselben, während die Flamme alsbald erlischt. Der Alkohol bedarf des Sauerstoffes zu seiner Verbrennung; er entnimmt ihn der Luft im Glascjdinder, und in dem Maasse, in welchem der Sauerstoff verschwindet, steigt das Wasser in die Höhe. Dass die atmosphärische Luft Kohlensäure enthält, ist ebenfalls leicht zu beweisen. Ein Luftstrom, den man mit Hülfe einer Wasserluftpumpe oder eines Troj)faspirators erzeugt, wird zu dem Zweck durch klares Barytwasser geleitet. Dieses trübt sich dabei allmählich, weil die Kohlen- säure eine Abscheidung von kohlensaurem Baryt bedingt. Bei genauen quantitativen Untersuchungen über den Kohlensäuregehalt der atmosphä- rischen Luft muss die Menge der den Apparat durchstreichenden Luft mit Hülfe einer Gasuhr gemessen werden. (Ausführliche Angaben über die Bestimmung des Kohlensäuregehaltes von Gasgemischen vergl. im dritten Abschnitt bei Untersuchung der Athmungsvorgänge.) Das Wasser ist im Stande, eine nicht unerhebliche Luftmenge zu absorbiren. Wird ein etwa bis zur Hälfte mit Brunnenwasser gefülltes Glas unter den Recipienten einer Luftpumpe gestellt, und evacuirt man nun, 80 entweicht die im Wasser aufgelöste Luft alsbald, weil der auf 1) Die ExGKLMAXX'srhc Metliodc ist auch benutzt worden, um die Stärke der Kohlcn.säiirezorsetzung und Sanerstoffprofhiction in den verschiedenen Theilen dos Spectrunis zu messen. Zu diesem Zwecke dient das von Zeiss (Catalog 1885, Xr. 03, Preis 124 M.) angofertigte Mikroapoctralobjectiv. D e t m e r , PAanzenphysiologisches Praktikum. 2 AuS. 3 34 Erster Abschnitt. n dem Wasser lastende Luftdruck schnell sinkt. Versetzt man etwas Brunnenwasser mit klarem Kalk- oder Barytwasser, so entsteht eine mehr oder minder erhebliche Trübung der Flüssigkeit, weil sich kohlensaurer Kalk resp. Baryt abscheidet. Freilich beweist das Auftreten dieser Trü- bung nicht streng, dass das Wasser freie Kohlensäure in Lösung ent- hält ; sie kann auch durch Kohlensäure verursacht werden, die in lockerer Bindung im Kalkbicarbonat des Wassers vorhanden ist. Ohne die Gegenwart von Kohlensäure in den die Pflanzen um- gebenden Medien (Luft oder Wasser) ist keine Assimilation, keine- Bildung organischer Substanz und natürlich auch keine Sauer- stoffproduction möglich. Der Nachweis, dass in der grünen Pfianzenzelle nur dann organi- sche Körper neu erzeugt werden,, wenn es nicht an Kohlensäure mangelt, soll später geliefert wer- den. Hier wollen wir ein Ex- periment ausführen, dessen Re- sultat deutlich zeigt, dass die chlorophyllhaltigen Pflanzenzellen nur dann Sauerstoff produciren,. wenn ihnen Kohlensäure zur Disposition steht. Ein Glaskolben von etwa 400 ccm Capacität wird mit 300 ccm Brunnen- wasser angefüllt ')• Wir bringen nun eine erhebliche Menge Elo- deapfianzen in das Wasser, ver- schliessen die Kolbenmündung mit einem durchbohrten Kaut- schukkork und führen in die Bohrung den einen Schenket eines Glasrohres ein, das durch seinen anderen Schenkel mit einem U-förmigen Glasrohre in Verbindung steht, welches vorher mit Bimssteinstückchen, die mit Kalilauge getränkt sind, und mit Stückchen Aetzkali angefüllt wor- den ist (vgl. Fig. 15). Die Pflan- zen leiden keinen Luftmangel,, denn die Luft kann durch das U-förmige Rohr zum Wasser ge- langen. Der Zutritt von Kohlensäure aus der Atmosphäre zu den Pflanzen ist dagegen ausgeschlossen. Setzen wir unseren Apparat dem Einfluss des directen Sonnenlichtes aus, so sehen wir, dass die Pflanzen eine lebhafte Sauerstoffabscheidung auf Kosten der im Wasser gelösten Kohlensäure unterhalten. Wir fassen bestimmte Elodeaexemplare ge- nauer ins Auge und bestimmen von Zeit zu Zeit, etwa alle halbe Fig-. lö. Apparat zur Feststellung der Thatsachc, dass grttne Pflanzen nur dann SauerstoiT produciren können, wenn ihnen Kohlensüure zur VerfUiaruni? steht. 1) Zweckmässiger ist es noch, an Stelle des Kolliens einen Glascylinder voa geringem Durchmesser zu benutzen. Die Nährstoffe der PHanzen, a5 Stunde, die Anzahl von Gasblasen, welche sie in einer Minute liefern. Es ergiebt sich dabei, dass die Sauerstoffabscheidung allmählich schwächer und schwächer wird; endlich (bei meinen Experimenten nach 6 Stunden) hört die Sauerstoffentwickelung völlig auf, weil die Kohlensäure des Wassers verbraucht wird. Oeffnen wir den Apparat jetzt und leiten etwas Kohlensäure in das Wasser ein, so beginnt die Sauerstoffabscheidung der Pflanzen am Licht aufs Neue M- 13. Volumetrische Verhältnisse des Oaswechsels bei der Assimilation. Wir stellen unsere Untersuchungen nach einer Methode an, die von Pfeffer -) genau beschrieben worden ist, und die auch Holle ^) benutzte. Der Apparat ist in Fig. 10 ab- gebildet. Den wesentlichsten Theil des- selben macht ein an seinem oberen Ende bauchig erweitertes Glasrohr aus, dessen Gesammthöhe etwa 360 mm beträgt, von welchen etwa 260 mm auf das calibrirte Rohr c (im Folgenden Steigrohr genannt) fallen. Dieses ist am oberen Ende in einer Länge von 70 bis 75 mm zu einem Bauche b aufgeblasen und endet mit dem kleinen offenen Rohr a. Der Volumengehalt des gesammten Apparates beträgt etwa 115 bis 120 ccm, von denen etwa 75 dem Bauche zukommen. Der Nullpunkt für die Graduirung wird von der durch die freie Aussenöffnung des Röhrchens a gelegten Ebene gebildet; die Theilstriche sind aber erst auf das Steigrohr aufgetragen, dessen Durchmesser, wie noch bemerkt werden mag, 14 — 15 mm beträgt. Die Theilung kann, was in der Abbildung nicht zum Ausdruck gelangt, bequem bis auf '-/i o ccm durchgeführt werden. Bei der Ausführung der Versuche übei die Volumenverhältnisse beim Gaswechsel assimilirender Blätter wird der Blattstiel der Untersuchungsobjecte nöthigenfalls bis auf ein kurzes Stück weggeschnitten, und an dieses kurze Stück ein ganz dünner Eisendraht (<^/) vermittelst Durchstechens und mehrmaligen Umwickeins befestigt. Das an dem Draht befestigte Blatt wird ., - in dem Steigrohr emporgeschoben, eine ™i?^''"^„Ä ^«''.'«"^ö"«- r%^ .• ,.® i. 1- * i" menge, welche apsmiilirende Operation, die gut gelingt, wenn man die Pflanzen zersetzen. ^^,7^' ^^^^^ Schwarz in Untersuchungen aus d. bot. Institut zu Tübingen, Bd. 1, S. 97. 2) Vgl. PraFFER, Arbeiten des botan. Instituts in Würzburtr, Bd. 1. H. 1. 3) Vgl. HOLLK, Flora 1877. ^ ' 3* Figr. 16. Apparat zur Be. 3 — b^) ^ (1+0,00366 t») v' ist das reducirte Gasvolumen; v bezeichnet das abgelesene Gasvolumen, m die Meniscuscorrection, b den Barometerstand, b* die für die Quecksilbersäule im Steigrohr abzuziehende Druckhöhe, b* die Tension des Wasserdampfes bei der Temperatur t". Jetzt leitet man etwas (etwa 8 ccm) gereinigte Kohlensäure in das Eudiometer ein, stellt abermals das Gasvolumen im Apparat fest 1) Das zu venvendendf Quecksilber muss recht rein sein. Die Reinijfung mehrfach gebrauchten Quecksilbers wird in folgender Weise ausgeführt. Man über- giesst das Metall in einer dickwandigen Flasche mit dem gleichen Volum Wasser, nigt wenig Salpetersäure hinzu und schüttelt die Mischimg '/4 — V» Stunde lang gut durch. Nun wäscht man mit Wasser sorgfältig aus. Eventuell sind diese Opera- tionen noch einmal zu wietlerholen. Scnliesslich trocknet man das Quecksilber mit Fliesspapier ab, erwärmt es in einer Schale unter einem Abzug auf 12()" C, bedeckt die Schale mit einem Bogen Papier und lässt abkühlen. Endlich wird das Metall noch durch Schieibpapier filtrirt, das man mit einigen Nadelstichen ver- sehen hat. 2) Vgl. BuNSKX, Gasometrische Methoden. 1857, und Hvmvva., Gasanalvtische Methoden, 1890. Die Nährstoife der Pflanzen. 37 und kann durch Subtraction des früher gefundenen von dem nunmehr ermittelten und reducirten Gasvolumen leicht das Volumen der zuge- führten Kohlensäure bestimmen. Beim Einleiten von Kohlensäure, überhaupt auch bei der Ausführung der vorhergehenden Operationen, ist darauf zu achten, dass man die Apparate möglichst wenig berührt, damit die Temperaturverhältnisse sich vor den Ablesungen möglichst schnell (in etwa 10 — 20 Minuten) ausgleichen können. Alle analytischen Arbeiten müssen bei Ausschluss directen Sonnen- lichtes vorgenommen werden. Ist die Kohlensäure in das Eudiometer eingeleitet, so kann man die Apparate aber, um recht energische Assimilation hervorzurufen, einige Stunden lang den directen Sonnen- strahlen exponiren. Gleich nach der Exposition wird das Blatt aus dem Eudiometer entfernt, wobei man dasselbe etwas dreht, wenn es das sperrende Quecksilber passirt, um anhaftende Luftblasen zu ent- fernen. Nach etwa 2 Stunden, wenn sich der Apparat völlig abge- kühlt hat, liest man das Gasvolumen ab, führt mit Hülfe einer kleinen Pipette, die man am oberen Ende verschliesst und mit der Hand er- wärmt, Kalilauge in das Steigrohr ein und ermittelt das Gasvolumen abermals, wenn die nicht durch den Assimilationsprocess zersetzte Kohlensäure absorbirt ist. Die Experimente über den Gaswechsel bei der Assimilation stellt man zweckmässig mit Blättern von Prunus laurocerasus oder Nerium an. Vor der Einführung in das Eudiometer müssen die Blätter dem Licht ausgesetzt gewesen sein, damit sie keine absorbirte Kohlensäure in ihrem Gewebe enthalten. Die Blätter bleiben im Eudiometer ."> bis 6 Stunden dem Licht exponirt, eine Zeit, in der zumal im directen Sonnenlicht erhebliche Mengen der zugeführten Kohlensäure zersetzt werden können. Mit Bezug auf die Menge der in das Eudiometer einzuleitenden Kohlensäure sei bemerkt, dass 6 — H ccm genügen. In vielen Fällen, wenn nämlich die Intensität des Sonnenlichtes, dem die Blätter ausgesetzt werden, sehr bedeutend ist, empfiehlt es sich, über dem Eudiometer eine doppeltwandige, mit Wasser angefüllte Glocke (vgl. Fig. 9) aufzuhängen, damit die Erwärmung des Blattes und der Gasmenge im Ai)parat keine zu erhebliche werde. Man kann das F^udiometer übrigens ja auch bei zu intensivem Licht etwas beschatten, wobei Papierschirme gute Dienste leisten. Will man den Einfiuss farbigen Lichtes auf die Energie der Kohlensäurezersetzung stu- diren, so hängt man doi)peltwandige Glasglocken, die mit farbigen Lösungen angefüllt sind, über den Eudiometern auf und hält das von unten kommende Licht in geeigneter Weise unter Benutzung von schwarzem Wachstuch ab (vgl. Pfeffer's citirte Abhandlung). Hier interessirt uns aber wesentlich nur das Verhalten der Blätter im gemischten weissen Licht. Unter dem Einfiuss desselben werden in kurzer Zeit ansehnliche Kohlensäure(|uantitäten zersetzt, und man wird sich, wenn man die angegebene Methode bei der Ausführung der Untersuchungen sorgfältig handhabt, davon überzeugen, dass das zurückbleibende Gasvolumen im Eudiometer nach der Exposition der Blätter im Sonnenlicht ebenso gross ist, wie vor der Exposition. Von ganz kleinen Differenzen, welche in das Bereich der Beobachtungs- fehler fallen, ist natürlich abzusehen. Bei der Assimilation wird also eine Säuerst ofl["m enge erzeugt, die dem Volumen nach gleich ist der Quantität der zersetzten Kohensäure. 38 Erster Absclinitt. 14. Der makro- und mikroskopische Nacliweis Ton Starke in den Assimilationsorganeii. In sehr zahlreichen grünen PHanzentheilen wird als erstes leicht sichtbares Assimilationsproduct Amyluni erzeugt. Es gehört daher zu den gewöhnlichsten Aufgaben des Pflanzenphysiologen, diese Stärke in den Assiniilationsorganen nachweisen zu müssen, und dies kann sowohl auf makro- sowie auf mikrochemischem Wege geschehen. Wir fassen zunächst den ersteren Weg ins Auge. Die einfachste, zuerst von Sachs 0 zu ausgedehnten Experimenten angewandte Untersuchungsmethode besteht darin, dass man die auf Stärkegehalt zu prüfenden Objecte (sehr zweckmässig ist es, mit den Blättern von Tropaeolum, Helianthus, Solanum oder Phaseolus zu arbeiten) einige Minuten in kochendes Wasser legt, um sie dann in recht starken, auf 60" C. erwärmten Alkohol zu bringen. Wenn man grössere Alkoholmengen benutzt, so nimmt derselbe den Chlorophyll- farbstoff der Blätter meist sehr schnell vollständig auf, und die ex- trahirten Untersuchungsobjecte sind nach wenigen Minuten farblos. Jetzt gelangen die Blätter in eine Jodlösung. Man bereitet diese, indem man eine grössere Menge Jod in starkem Alkohol auflöst und die Lösung dann in destillirtes Wasser einträgt, bis die Flüssigkeit etwa die Farbe eines dunkeln Bieres besitzt. Sehr zweckmässig verwendet man auch eine Jodjodkäliumlösung. Die Blätter bleiben eine halbe, eine oder mehrere Stunden in der Jodlösung liegen, bis sie keine weitere Farbenänderung erfahren ; man hebt sie mit der Pincette aus der Lösung und legt sie in eine mit Wasser gefüllte weisse Porzellan- schale. Bei völliger Abwesenheit der Stärke erscheinen die mit Jod gesättigten Blätter von hellgelber oder ledergelber Farbe. Kleine Stärkemengen verrathen sich durch schwärzliche Farbe der Blätter, grössere durch tiefer schwarze Farbe derselben. Wenn man die stärkereichen , mit Jod gesättigten Untersuchungsobjecte mehrere Stunden lang auf einem Teller in Wasser liegen lässt, so nehmen sie oft eine blaue Farbe an. Bei Experimenten, die ich mit Tropaeolum- blättern anstellte, trat dieser Farbenton besonders schön hervor. Wenn es sich darum handelt, auf mikrochemischem Wege die Frage zu entscheiden, ob in den Assimilationsorganen Stärke vor- handen ist oder fehlt, so werden die Untersuchungsobjecte (z. B. Algenfäden oder zarte Querschnitte aus Blättern etc.) zunächst zur Extraction des Chlorophyllpigmentes in starken, erwärmten Alkohol gelegt. Die gebleichten Präparate werden dann entweder kurze Zeit mit heisser, oder 20 Stunden lang mit kalter, massig concentrirter Kalilauge in Berührung gebracht, sorgfältig mit Wasser ausgewaschen, zur völligen Neutralisation des Kalis mit verdünnter Essigsäure be- handelt, abermals mit Wasser ausgewaschen und in einen Tropfen Jodjodkäliumlösung (bereitet durch Auflösen von 0,05 g Jod und 0,2 g Jodkalium in lö g- Wasser) gebracht 0. Sehr bequem zu handhaben ist die folgende Methode des Nachweises von Stärke in grünen Zellen ^). Die Untersuchungsobjecte (mit besonderem Erfolg benutzte 1) Vgl. Sachs, Arbeiten d. botan. Institute in Wfirzbure, Bd. 3, S. 1. 2) Vgl. BÖHM, Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss. zu Wien, Bd. 22, S. 479, und Sachs, Botan. Zeitung,' 1864, S. 291. 3) Vgl. A. Meyer, Da? ChlorophvUkoni, 1883, S. 28. Die Nährstoffe der Pflanzen. 39 ich die gar nicht weiter präparirten Blätter von Elodea canadensis und Funaria hygrometrica) werden ohne weiteres, oder, was oft er- forderlich ist, nach der Extraction mit Alkohol auf dem Objectträger in einen Tropfen der Lösung des Chloralhydrats {'■> Thl. Chloralhydrat auf 2 Thl. Wasser) gelegt, etwas Jodjodkaliumlösung hinzugesetzt und sofort beobachtet. Der Chlorophyllfarbstoff wird gelöst, die Stärke- körner quellen etwas auf, und sie nehmen in Berührung mit der Jod- jodkaliumlösung eine schön blaue Färbung an, ebenso wie dies ge- schieht, wenn die mit Kali und verdünnter Essigsäure behandelten stärkehaltigen Untersuchungsobjectfe mit dem Jodreagens in Contact gelangen. Wollen wir uns davon überzeugen, dass das durch Assimilation gebildete Amylum nicht etwa an beliebigen Orten einer Zelle, sondern in den Chlorophyllkörpern vorhanden ist, so wählen wir zweckmässig ^pirogyra, Zygnema oder Blätter von Funaria hygrometrica als Be- •obachtungsobjecte. Wir bedienen uns bei der Ausführung der Unter- suchung der zuletzt angeführten Methode unter Zuhülfenahme von Chloralhvdrat. 15. Die Assimilationsproductc. Es unterliegt gar keinem Zweifel, dass die Stärke in den Blättern zahlreicher Pflanzen als erstes leicht sichtbares Assimilationsproduct auftritt. Dagegen existiren andere Gewächse, welche selbst unter sehr günstigen Assimilationsbedingungen nur relativ geringe, resp. sehr kleine Stärkemengen oder endlich gar keine Stärke erzeugen. Am Nachmittag eines heissen Sommertages schneiden wir z. B. in der- selben Stunde Blätter von Tropaeolum majus, Phaseolus multiflorus, Helianthus annuus, einer Polygonumart, einer Gentianaspecies, von Tamus communis und von Allium Cepa ab. Es ist am besten, wenn sich die Pflanzen, denen wir die Blätter entnehmen, unter möglichst ähnlichen Bedingungen entwickelt haben, wie solche z. B. im System der botanischen Gärten gegeben sind. Zu bemerken ist noch, dass wir stets mit völlig ausgewachsenen Blättern operiren müssen. Die Untersuchungsobjecte werden in der Art, wie es unter 14 angegeben worden ist, makroskopisch oder mikroskopisch auf ihren Stärkegehalt geprüft, und wir constatiren, dass die Blätter von Troi)aeolum. Pha- seolus und Tamus reichliche Amylummengen in ihren grünen Zellen enthalten, während die Helianthusblätter schon weniger Stärke führen. Noch geringer ist der Stärkegehalt der Polygonumblätter, sehr gering derjenige der Gentianablätter, und die Alliumblätter erweisen sich als völlig stärkefrei. Zur weiteren Orientirung über die hier in Rede stehenden Ver- hältnisse stellen wir das folgende lehrreiche Experiment an. Eine erhebliche Quantität der Blätter von Helianthus tuberosus, die wir am Nachmittag eines heissen Sommertages gesammelt und nach Ent- fernung der Blattstiele in kleine Stücke zerschnitten haben, wird zwischen Leinwand mittelst einer Handpresse ausgepresst. Wir be- stimmen das Volumen des gewonnenen , dunkel gefärbten Saftes, kochen ihn auf, ersetzen das verdunstete Wasser wieder, wenn die Flüssigkeit erkaltet ist, und filtriren sie. In genau der nämlichen Weise stellen wir uns Saft aus den Blättern von Allium Cepa dar, die zur 4() Erster Abschnitt. selben Zeit wie die Helianthusblätter eingesammelt worden sind. Wir ermitteln nun durcli Filtriren diejenigen Saftmengen, welche zur Re- duction von 10 ccm FEHLiNo'scher Lösung erforderlich sind, und finden, dass eine bedeutende Quantität des Helianthussaftes, dagegen eine sehr geringe des Alliumsaftes zur Reduction der FEHLiNGschen Lösung verbraucht wird *). Blätter, die reichlichere Stärkemengen er- zeugen, enthalten also wenig Glykose; Blätter, welche keine Stärke bilden, sind sehr glykosereich. Die Glykose in den Blättern von Allium und anderen Gewächsen ist, wie Sachs *) es schon vor langer Zeit aussprach, und wie es Arthur Meyer ^) specieller feststellte, in der That als Assiniilationsproduct zu betrachten. Wir können die Untersuchungen über Stärke- und Zuckergehalt assimilirender Laubblätter auch, wie folgt, ausführen und ebenfalls einerseits Helianthus-, andererseits Alliumblätter verwenden. Das Untersuchungsmaterial wird in einem grossen Trockenschranke bei etwa tSO*^ C. möglichst schnell getrocknet, dann sehr fein zerrieben und bei 100" C. wasserfrei gemacht. Circa 5 g Trockensubstanz übergiessen wir in einem Becherglas mit 100 ccm Wasser von 30** C.^ digeriren einige Stunden, ültriren die Lösung ab und waschen den Rückstand auf dem Filter sorgfältig aus. Die auf 200 ccm auf- gefüllte Lösung theilt man in zwei Portionen. In öO ccm der einen bestimmt man mit FEHLiNG'scher Lösung direct die Menge des vor- handenen, reducirend wirkenden Zuckers. Die zweite Portion wird mit wenigen Tropfen Salzsäure längere Zeit erwärmt und schliesslich ihr Gehalt an Zucker bestimmt. Vergl. Näheres im dritten Abschnitt. Man gewinnt auf solche Weise schliesslich ein Urtheil über den Gehalt der Blätter an direct und erst nach der Inversion reducirend wirkendem Zucker. Um auch den Stärkegehalt der Blätter zu er- mitteln, wird der Rückstand auf dem Filter mit 200 ccm Wasser in einen Kolben gespült und in der im dritten Abschnitt angegebenen Weise weiter behandelt. Mit Hülfe FEHLiNo'scher Lösung ist es schliesslich möglich, die vorhandene Zuckermenge, die ein Maass für den Stärkegehalt der Blätter abgiebt, zu constatiren ^). Diese Methode lässt sich auch bei Untersuchungen über speci- fische Assimilationsenergie der Blätter oder bei dem Studium der Abhängigkeit der Assimilation in den Blättern von Beleuchtungs- verhältnissen etc. verwenden. Wir experimentiren z. B. mit Helian- thus- oder Cucurbitablättern. Wir schneiden von einigen Blättern frühmorgens 5 Uhr die eine Hälfte ohne Verletzung des Mittelnervs ab. legen die Blattstücke auf ein Zeichenbrett, bedecken sie unter Ausschluss der stärkeren Rippen mit dünnen Holzbrettchen von oO oder 100 (icm Fläche, drücken diese an und schneiden mit einem Skalpell die Blattflächen aus. Die zweiten Blatthälften werden erst 1) Handprosson und Presstücher sind von der Firma G. Wicxdkkoth Ln Cassel zu beziehen. Vergl. Preisverzcichniss No. 2907. Sind die Säfte nach dem Filtriren .sehr dunkel gefärbt, so thut man gut, sie mit etwas Bleiessig zu versetzen, zu fil- triren, mit Scnwefelwasserstoff zu entbleien und den Schwefelwasserstoff durch Ein- leiten eines Luftstromes zu entfernen. Ueber Bereitung des Bleiessigs vergl. C. VVoLFK, Anleitung zur Untersuchung landwirthschaftl. wichtiger Stoffe, 1875, S. 188. Die Fj':nLiXG'8che Lösung wird in der im dritten Abschnitt angegebenen W^'eise dargestellt. 2) Vgl. Sachs, Handbuch d. Experimentalphysiologie d. Pflanzen, 1865, S. 320. 3) Arth. Mkvkk, Botan, Zeitung, 1885, ]Nr. 27. 4) Vgl. auch Sai'Oschnikokf, l^r"chte d. Deutschen botan. Gesellschaft, Bd. 9. Femer vergl. Brown und Morris, .Tot- nal of the ehem. society, May 1893. Die Nährstoffe der Pflanzen. 41 nach H — 12-stündiger Assimilationsthätijikeit von der Pflanze ab- geschnitten und dann ebenso wie die ersten behandelt. Es ist darauf zu achten, die Schabionen nach Möglichkeit symmetrisch gleichen Blatttheilen aufzulegen. Gleich nach erfolgtem Ausschneiden der Blattrtächen werden die Blattstücke schnell bei -^^O" C. getrocknet. Bei Helianthus annuus wiegen 5(X) (jcm Blattfläche trocken etwa 4 g. 5—10 g Trockensubstanz dienen dann zur Bestimmung der vorhandenen Kohlehydrate (Zucker, Stärke), und man wird finden, dassdie nachträglich abgeschnittenen Blatthälften erheblich reicher an diesen Stoften sind als die zuerst geernteten, wenn die Assimilationsbedingungen am Tage günstige waren. Während die Blätter assimiliren, häuft sich nicht (lie Gesammtmenge der entstehenden Producte im Blatt an. Ein Theil der Kohlehydrate wandert aus und wird verathmet. Die Quantität dieser Stoffe ist nicht zu vernachlässigen. Man ermittelt sie annähernd genau, indem man am Ai)end Blättern, die jenen sehr ähnlich sind, welche zu den schon erwähnten Experimenten dienen, Stücke ent- nimmt, um sie auf Zucker und Stärke zu prüfen. Die zurückbleiben- den Blattttächen schneidet man erst nach Verlauf von 8 Nachtstunden ab, um sie der Untersuchung zu unterwerfen. Unter Berücksichtigung der Auswanderungsgrösse der Kohlehydrate findet man z. B., dass 1 qm Blattfläche von Helianthus pr. Stunde etwa 2 g dieser Körper unter günstigen Assimilationsbedingungen producirt '). Die ausgewanderte Menge an Kohlehydraten ist bei der Berechnung natürlich der am Tage producirten hinzu zu addiren. Merkwürdig ist, wie neuere Beobachtungen lehrten, dass selbst bei Helianthus nur ein Bruchtheil (etwa Ve) ^^^^ durch Assimilation gebildeten Kohlehydrate Stärke repräsentirt. Die Gesammtmenge der durch Assimilation gebildeten Stoffe findet man auch annähernd genau, wenn man z. B. Helianthuspflanzen in angegebener Weise früh morgens und gegen Abend je öOO qcm Blattfläche entnimmt und dieselben, ebenso wie andere, welche theils abends, theils erst nach 8 Nachtstunden abgeschnitten worden sind, zunächst schnell bei etwa 80" C, dann nach dem Zerpulvern bei 100" C. völlig austrocknet. Die Werthe für die (jewichtszunahmc von je .000 ([cm Blattfläche am Tage und für die Gewichtsabnahme von 500 qcm in der Nacht sind zu addiren. Man gewinnt auf solche Weise ein ungefähres Maass für die assimilatorische Thätigkeit der Untersuchungsobjecte. Diese, sowie auch die früher erwähnten Ex- perimente sind an recht hellen, sonnigen Tagen und in recht warmen Nächten auszuführen. Wir dürfen nun heute von der Anschauung ausgehen, dass auch in den grünen Zellen solcher Blätter, die sich als sehr stärkereich erweisen, in Folge des Assimilationsprocesses aus der Kohlensäure und dem Wasser nicht direct Stärke, sondern zunächst Glykose er- zeugt wird. (Vgl. mein Lehrbuch der Pflanzenphysiologie, 18H3, S. 38 und 19H.) Diese Glykosemenge kann in den amylumreich erscheinenden Blättern in Folge speciflscher Eigenschaften ihrer Chlorophyllkörper sehr leicht in Amylum übergeführt werden, während die Stärkebildung aus der durch Assimilation erzeugten Glykose in den Zellen der Blätter anderer Pflanzen mit mehr oder minder grossen Schwierig- 1) Vgl. Sachs, Arbeiten d. botan. Instituts in Würzburg, Bd. 3, und Sapohch- inKOFF, ^richte «1. Deulscheu botan. Gesellschaft, Bd. K. 42 Erster Abschnitt. keiten verbunden ist. In dem hier in Rede stehenden Zusammenhange ist natürlich die Thatsache von grossem Gewicht, dass es gelungen ist, Blätter zur Stärkebildung auf Kosten der Glykose, die man ihnen von aussen zugeführt hat, zu veranlassen '). Ich habe solche Ver- suche nicht speciell angestellt, mich aber davon überzeugt, dass Blätter aus ihnen von aussen dargel)Otenem Rohrzucker ebenfalls Amylum zu bilden vermögen. Frische Blattstücke von Iris germanica, die etwa 10 cm Länge besassen, wurden, ohne die Wachsschicht zu beseitigen, auf 20-procentige Rohrzuckerlösung gelegt, die sich in einem flachen Glasgefäss befand. Die Blattstücke schwammen auf der Flüssigkeit, und ihre eine Fläche kam gar nicht mit derselben in Contact. Das flache Gefäss wurde mit einer Glasplatte bedeckt, aber zwischen diese und den Rand des ersteren ein Korkstück gelegt, um den Zutritt der Luft zu den Pflanzentheilen nicht zu behindern. Die Untersuchungsobjecte blieben länger als eine Woche bei mittlerer Temperatur und im Dunkeln mit der Rohrzuckerlösung in Berührung. Bei Beginn des Versuchs prüfte ich einige Blattstücke makroskopisch auf Stärke; diese war nicht vorhanden. Die Blattstücke aber, welche 8 Tage lang auf der Zuckerlösung verweilt hatten, gaben deutliche Stärkereaction. Zu bemerken ist, dass die Irisblattstücke, bevor man sie bei Ausführung der Stärkereaction in die Jodlösung legt, ziemlich lange mit warmem Alkohol behandelt werden müssen, wenn man sie völlig vom Chlorophyllfarbstoff befreien will. Die Versuche lassen sich auch bequem mit den Blättern von Nicotiana Tabacum durch- führen. Am frühen Morgen wird die eine Hälfte eines Blattes dieser Pflanze makroskopisch auf Stärkeabwesenheit geprüft, die andere aber auf Rohrzuckerlösung gelegt. Hat das Blattstück auf der Flüssigkeit einige Tage bei Lichtabschluss verweilt, so enthält es reichlich Stärke. 16. Die Abhängigkeit der Stärkebildung bei der Assimilation von äusseren Verhältnissen. Man lege einige Samen von Phaseolus in lockere Gartenerde, die sich in Blumentöpfen befindet, aus, cultivire die Pflanzen so lange im Dunkeln, bis die Cotyledonen eines sehr beträchtlichen Theiles ihres Reservestoff"vorrathes beraubt sind, und untersuche die Primordial- blätter nunmehr auf makrochemischem Wege nach Sachs oder auf mikrochemischem W'ege, indem man dünne Querschnitte mit Chloral- hydrat- und Jodjodkaliumlösung behandelt (vgl. unter 14), auf Stärke. Amylum wird man nicht in den Mesophyllzellen antreffen. Lässt man die Pflanzen jetzt einige Tage lang bei Lichtzutritt stehen, so er- grünen sie, ihr Wachsthum beginnt aufs Neue, und in den Zellen der Blätter ist auf makro- oder mikrochemischem Wege nach der an- gegebenen Zeit Amylum nachzuweisen. Werden die ausgewachsenen Blätter kräftiger, in Blumentöpfen bei Lichtzutritt cultivirter Exemplare von Tropaeolum oder Phaseolus makrochemisch oder mikrochemisch auf Stärke untersucht, so ist diese Substanz leicht in ihren Zellen nachzuweisen. Werden die Unter- 1) Vgl. Böhm, Botan. Zeitung, 1863 ; A. Meyer, Botan. Zeitung, 1885, Nr, 27, und besonaers Botan. Zeitung, 1886, Nr. 5. Die Nährstoflfe der Pflanzen. 43 suchungsobjecte nun bei hoher Sommertemperatur kurze Zeit lang (vielleicht 48 Stunden), bei niederer Temperatur längere Zeit ins Finstere gestellt, so ist die Stärke aus dem Mesophyll ihrer Blätter verschwunden. AVerden die Pflanzen wieder einige Tage lang dem Einfluss des Lichts ausgesetzt, so kann man sich leicht davon über- zeugen, dass ihre Blätter abermals stärkereich sind. Es ist zweck- mässig, bei vergleichenden Untersuchungen über den Einfluss der Beleuchtungsverhältnisse auf die Entstehung und das Verschwinden <). Die Blatthälfte, deren Stomata verschlossen waren , hat keine Stärke gebildet , während die Assimilation in der an- deren Blatthälfte normal stattfand (vgl. Fig. 20). Wird die Oberseite der Blätter bei der Aus- führung der Versuche mit Cacaowachs verkittet, so erleidet die Assimilation keine wesentliche Einschränkung, weil eben durch die Stomata der Unterseite reichliche Kohlensäuremengen in das Blattinnere eintreten. Dieses Experiment lehrt zugleich, dass das Vorhandensein des Wachsüberzuges an sich das Blatt nicht irgend- wie schädigt. Wir schneiden Zweige von Lonicera tatarica, Syringa vulgaris oder Sambucus nigra ab, um sie zunächst zur Entstärkung 24 Stunden lang ins Dunkle zu stellen. Einigen Blättern werden kleine Fragmente ent- nommen und die Abwesenheit des Amylums constatirt. Ist dies ge- 1) Literatur über Stärkebildung: Sachs, Botani.sche Zeitung, 1862, Nr. 44; ebendaselbst 1864, Nr. 38; Arbeiten d. botanischen Instituts in Würzburg, Bd. 3, H. 1; G. Kraus, Pringsheim's Jahrbücher, Bd. 7, S. 511; Nagamatsz, Beiträge zur Kenntnisä d. Chlorophyllfunction. Dissertation, Würzburg, 1886. Fi^. 20. Juug^es Blatt TOii Prunus padus. Die rechte Hälfte unter- seits mit Cacaowachs überzogen gewesen. Die Zeichnung ist nach dem der Jwl probe unter- worfenen Material aus- geführt worden. (Nach Stahl). 48 Erster Abschnitt. schehen, so schneiden wir einige Blätter von den Zweigen ab und zerlegen sie durch einen neben dem Mittelnerv verlaufenden Schnitt in zwei Hälften. Die den Mittelnerv führenden Hälften werden, um sie möglichst turgescent zu erhalten, sofort in feuchte Atmosphäre unter eine Glasglocke gebracht; der Blattstiel taucht mit der Schnitt- fläche in Wasser ein. Die andere Hälfte bleibt an einer schlecht be- leuchteten Stelle des Zimmers liegen, bis sie ziemlich welk geworden ist. Beide Blatthälften werden nun in einem den Luftzutritt ge- stattenden Glaskasten dem directen Sonnenlicht ausgesetzt. Um eine übermässige Erwärmung des mit seinem Stiel in Wasser eintauchenden und des welken Blattstückes zu verhindern , bringt man zwischen Sonne und Untersuchungsobjecten ein parallelwandiges, Wasser ent- haltendes Glasgefäss an. Nach ca. .'J-stündiger Insolation werden die Blatthälften unter Benutzung der Jodprobe auf Stärke untersucht. Das welke Blattstück hat kein Amylum, das frisch gebliebene reichliche Mengen desselben gebildet. Beim Welken haben sich in unserem Falle — und Aehnliches beobachtet man bei Versuchen mit sehr zahl- reichen Pflanzen — die Stomata des Versuchsobjectes geschlossen, und somit war die Kohlensäureaufnahme und Assimilationsthätigkeit des Blattes so gut wie ausgeschlossen. Experimentirt man mit Blatt- hälften von Hydrangea hortensis, so findet man, dass auch das noch nicht gar zu welke Blattstück im Sonnenlicht Amylum erzeugt. Bei der zuletzt genannten Pflanze schliessen sich die Stomata beim Welken des Gewebes nämlich nicht. Wir cultiviren Keimlinge von Zea Mays einmal in normaler Nähr- stofflösung, zweitens in einer solchen, der wir 0,0 Proc. Kochsalz zu- gesetzt haben. Die ersteren Pflanzen gedeihen kräftig, die Kochsalz- pflanzen bleiben aber völlig in ihrer Entwickelung zurück, ohne dass übrigens ihre Gewebe aufl"allende Veränderungen erfahren. In den Blättern der Pflanzen, deren Wurzeln in normale Nährlösung ein- tauchen, sind reichliche Stärke- und Glycosemengen leicht nachzu- weisen. Den Kochsalzpflanzen fehlen dagegen diese Stoff'e völlig. (Die Prüfungen auf Stärke und Zucker sind vorzunehmen, wenn die Mais])flanzen das Alter von einigen Wochen erreicht haben.) Die im Vorstehenden erwähnten und zuerst von Schimper con- statirten Thatsachen finden ihre Erklärung, wie Stahl fand, darin, dass die Maisi)flanzen, welche Chlornatrium aufnehmen, deshalb nicht assimiliren, weil sich ihre Stomata durch die Wirkung des Kochsalzes schliessen. Die Kohlensäureaufnahme seitens der Pflanzen ist dann keine ausreichende. Mit Hülfe der Kobalt])robe, die im Abschnitt über die Transpiration eingehender behandelt werden soll, kann das Geschlossensein der Stomata der Kochsalzpflanzen in der That leicht festgestellt werden ^). \) Vgl. Stahl, Hotan. Zeitung, 1894; Na(;amatsz, in Arl)eiton d. botan. In- stituts in Würzburg, lid. 8 ; Schimper, Sitzungsl)er. d. Akadeni. d. Wiss. zu Berlin, 1890, Sitzung v. 31. .Juli. Die Nährstoffe der Pflanzen. 49 IL Die Entstehung der Eiwelssstoffe in den Pflanzen. 18. Die Versorgung niederer Organismen mit Stickstoff. Es ist sehr wichtig, den Beweis dafür zu liefern, dass viele Pflanzen- zellen die Fähigkeit besitzen, aus stickstofffreien organischen Stofl'en etm er, Fflanzenphysiologtsches Praktikum. 2 Aufl. 82 Erster Abschnitt. sie überall hin und entfalten unter günstigen Umständen ihre Lebens- thätigkeit. Wir füllen einige ERLENMEYER'sche Kolben mit einer filtrirten Flüssigkeit, die in 100 Thl. Wasser 1 Thl. Traubenzucker und 0,5 Thl. Fleischextract gelöst enthält. An den Kolbenwänden und zumal im Fleischextract haften zahllose Bacterienkeime, weshalb sich die Lösungen, wenn wir sie einige Tage stehen lassen, in Folge massen- hafter Bacterienentwickelung bedeutend trüben. Durch zunächst vorgenommene Sterilisirung und dadurch, dass wir die Flüssigkeiten auch nachträglich sterilisirt erhalten, können wir aber diese Bacterien- entwickelung ausschliessen. Die ERLENMEYER'schen Kolben werden zunächst mit concentrirter Schwefelsäure, dann mit gekochtem destillirten Wasser ausgespült. Wir versehen die Mündung mit dichtem Watteverschluss, nachdem 100—200 ccm der erwähnten Nährlösung eingefüllt worden sind. Besser ist es unter Umständen noch, die Kolben vor dem Einfüllen der Lösung 2 Stunden lang im Trockenschrank bei 150" C. stehen zu lassen. Die Sterilisirung der Flüssigkeit wird dadurch herbei- geführt, dass man die mit derselben beschickten Gefässe mindestens 2 Stunden lang im Dampfsterilisirungscylinder nach Koch (zu beziehen von H. Rohrbeck in Berlin) strömendem Wasserdampf aussetzt. ') Bei besonders sorgfältigem Sterilisiren verfährt man oft derartig, dass man das Sterilisiren im Dampfcylinder mehrere Tage hinter einander wiederholt. Sollten zunächst noch Sporen am Leben geblieben sein, so keimen sie in der Zeit bis zum erneuten Erhitzen, und dieses tödtet dann die ausgekeimten Bacterien. W^enn wir unsere mit Watteverschluss versehenen und mit steri- lisirter Nährlösung angefüllten Kolben ruhig stehen lassen, so bleibt die Flüssigkeit klar; selbst nach Monaten zeigt sie noch dies Aus- sehen, weil keine Bacterienentwickelung zur Geltung kommen kann. Reinculturen von Bacterium Termo, einem Organismus, der sehr allgemein beim Zustandekommen der Fäulniss betheiligt ist, kann man relativ leicht gewinnen. Wir bereiten uns CoHN'sche Normal- lösung. Diese enthält auf 200 Thl. Wasser 1 g saures phosphorsaures Kali, 1 g schwefelsaure Magnesia, 2 g neutrales weinsaures Ammoniak und 0,1 g Chlorcalcium. Hier genügt zur Sterilisirung einfaches Kochen der Lösung in den mit Watteverschluss versehenen ERLEN- MEYER'schen Kolben. Wir lassen nun mit Wasser übergossene Erbsen faulen, bringen mit Hülfe eines Glasstabes einen Tropfen der bacterien- reichen Flüssigkeit in die Nährlösung, und übertragen aus dieser, wenn Bacterium Termo sich entwickelt hat, wieder einen Tropfen in eine neue Nährlösung. Dies wiederholen wir mehrfach, bis endlich eine Reincultur erzielt ist. Bei der Uebertragung der Bacterien aus einer in die andere Nährstofflösung bedienen wir uns durch Erhitzen in einer Spiritusflamme sterilisirter Glasstäbe. Zum Abkühlen legt man dieselben unter eine Glasglocke auf eine sterilisirte Glasplatte. Charakteristisch für Bacterium Termo ist es, dass die Flüssigkeiten, in denen er sich entwickelt, in den ersten Tagen milchig trübe werden und später ein grünliches Oberflächenhäutchen erlangen. Bacterium Termo stellt Stäbchen dar, die meistens zu zweien an einander gereiht sind. Die Bewegung dieser Zellen ist eine ruckweise, hin und her 1) Oft eenugt es schon, die Flüssigkeit im Kolben nach erfolgtem Wattever- schluss desselben einfach einige Zeit zu kochen. Die Nährstoffe der Pflanzen. 83 gerichtete. In der Zoogloea, welche in Form der erNvähnten grün- lichen Häute auftritt, sind unbewegliche Individuen vorhanden. Wird etwas Malzextract (hergestellt durch Behandlung von Malz- pulver mit Wasser und Abfiltriren der Lösung) sich selbst überlassen, so trübt sich die ursprünglich klare Lösung im Laufe einiger Tage. Durch mikroskopische Untersuchung lässt sich in der weiter unten an- zugebenden Weise feststellen, dass zahllose Bacterien in der Flüssigkeit vorhanden sind. Bei niederer Temperatur (etwa 15 ** C.) scheint sich zumal Bacterium aceti, bei höherer Temperatur (etwa 50 ° C), der man die Flüssigkeit leicht im Thermostaten aussetzen kann, aber Bacterium acidi lactici im Malzextract einzustellen. Nach Delbrück * ) gewinnt man den Milchsäurepilz sicher, wenn man 200 g Trockenmalz mit 1000 g Wasser übergiesst und das Gemisch, ohne dasselbe zu filtriren, einige Zeit im Thermostaten bei 50 ^ C. stehen lässt. Eine weite Verbreitung in der Natur besitzt der Heupilz, Bacillus subtilis, und um denselben sicher zu gewinnen, übergiessen wir Heu mit „,„„„„,,,.» IUI i»ifS»^ Ij, Flg. 28. Bacillus subtilis. Ä Die Kahmhaut, B schwärmende Stäbchen, C die Sporenbildung. A 500, C 800, B 1000 Mal vergrössert. ^Nach Strasburger.) möglichst wenig Brunnenwasser, lassen 4 Stunden lang bei 36 " C. stehen, giessen die Flüssigkeit, ohne zu filtriren, ab und verdünnen sie, bis sie ein specifisches Gewicht von 1,004 zeigt. Ist der Aufguss zu sauer, so neutralisirt man ihn jetzt mit kohlensaurem Natron, bringt ihn in einen Kolben von 800 ccm Capacität, verschliesst dessen Mündung mit Watte und erhitzt die Flüssigkeit zum Sieden. Sie wird eine Stunde lang bei schwacher Dampfentwickelung gekocht und sich dann bei 36 ° C. im Thermostaten selbst überlassen. Im Verlauf von 1 — 2 Tagen bildet sich eine graue Haut, eine Kahmhaut, auf dem Heuextract, die aus der Zoogloea des Bacillus besteht. Die Sporen dieses Organismus haben die Siede- hitze ertragen, andere Bacterien, die im Aufguss vorhanden waren, sind durch dieselbe vernichtet worden, und wir gelangen auf diese Weise zu einer Reincultur des Heupilzes. Die Kahmhaut besteht aus einer Gallerte, in der zahlreiche, aus Stäbchen zusammengesetzte, parallel zu einander orientirte Fäden vorhanden sind. Um die Stäbchen, aus denen die Fäden sich zusammensetzen, recht deutlich hervortreten zu lassen, färben wir sie, ein Verfahren, das häufig bei Bacterienuntersuchungen in Anwendung 1) VgL Zopf, in Schenk's Handbuch d. Botanik, Bd. 3, S. 65. 6* 84 Erster Abschnitt. gebracht wird. Eine kleine Menge der bacterienhaltigen Flüssigkeit wird auf ein Deckglas gebracht, ausgebreitet und einige Zeit der Luft zum Eintrocknen ausgesetzt. Jetzt zieht man das Deckglas mehrere Male schnell durch eine Spiritusflamme, wobei die mit Bacterien bedeckte Fläche nach oben gekehrt sein muss, breitet einen Tropfen wässeriger Methylviolett- oder Fuchsinlösung (am besten dadurch hergestellt, dass man eine kleine Menge vorräthig gehaltener alkoholischer Lösungen dieser Farbstoffe in destillirtes Wasser einträgt) auf dem Deckglas aus, lässt dasselbe mit nach unten gewandtem Präparat 20 — 30 Minuten lang auf destillirtem Wasser schwimmen, trocknet an der Luft, trägt einen Tropfen Terpentinöl auf und untersucht bei starker Vergrösserung ^). 39. Einige parasitiscli lebende Pilze. Es giebt zahlreiche Pilze, welche als Ursachen von Pflanzenkrank- heiten bekannt sind. Sie ernähren sich auf Kosten der Substanz leben- der Gewächse und gehören daher nicht zu den Saprophyten, sondern zu den Parasiten. Im Mai und Juni gewahrt man häufig Blätter von Berberis vul- garis, die mit auf der Blattunterseite hervorgewölbten, polsterförmigen, orangefarbigen Anschwellungen besetzt sind. Die mikroskopische Untersuchung zarter Querschnitte durch ein Berberisblatt lehrt uns, dass das Mesophyll desselben aus Palissaden- und Schwammparenchym zusammengesetzt ist, und diese Gewebe lassen sich, freilich in etwas veränderter Form, auch an denjenigen Stellen wahrnehmen, welche die Anschwellungen erfahren haben. Hier ist der Zellinhalt (Plasma sowie Chlorophyllkörner) desorganisirt, und in den Intercellularräuraen sind zahlreiche Pilzhyphen vorhanden. Diese gehören der Aecidium- generation von Puccinia graminis an, eben demjenigen Pilz, welcher uns an dieser Stelle interessirt. Bei Behandlung der Schnitte mit etwas Kalilauge treten die erwähnten Verhältnisse besonders deutlich hervor. An der Unterseite der Polster gewahrt man eigenthümliche becher- förmige Gebilde, welche bei ihrer Entwicklung das Gewebe des Polsters und schliesslich auch die Blattepidermis durchbrechen. Unter den Bechern sehen wir ein dichtes, aus Hyphen gebildetes Lager. Jeder Becher besteht seinerseits aus einer Hülle (Peridie) und den zahlreiche Sporen erzeugenden Basidien, die im unteren Bechertheile zum Hjnne- nium vereinigt sind. An der Oberseite des Polsters des Berberis- blattes sind keine Aecidienfrüchte vorhanden, wohl aber birnförmige Gebilde, die Spermogonien. Die Sporen aus der Aecidiumfrucht von Puccinia gelangen nun von Mitte Juni an auf verschiedenen Gräsern (Weizen, Gerste, Hafer etc.) zur Keimung. Sie befallen zumal die Halme und Blattscheiden und rufen die bekannte Rostkrankheit des Getreides hervor. Bei der Unter- suchung zarter Querschnitte aus einem Haferhalm, der in Folge der Vegetation der Uredolager von Puccinia mit rostbraun gefärbten Streifen bedeckt ist, findet man, dass zahlreiche Pilzhyphen das grüne Gewebe des Stengels durchziehen, den Inhalt der Zellen desselben desorgani- 1) Specielleres über Bacterienuntersuchunc vergl. bei Flügge, Die Mikro- organismen, Leipzig 1886, und Hueppe, Methoden d. Bacterienforschung, 1886. Die Nährstoffe der Pflanzen. 85 sirend. Das Mycelium erzeugt ferner an bestimmten Stellen zahlreiche, nach aussen gerichtete Zweige, welche die Epidermis des Halmes durchbrechen und an ihren Enden einzellige Sporen (Uredosporen) abschnüren. Die Uredosporen geben dann schliesslich zur Entstehung der Teleutosporenlager Veranlassung, auf welche wir hier nicht weiter eingehen. Die gewöhnliche und in so hohem Grade epidemisch auftretende KartoflFelkrankheit wird durch einen Pilz hervorgerufen, der zu den Peronosporeen gehört. Es ist Phytophthora infestans, den man im Sommer auf dem Laube, aber auch im Winter an den Knollen von Solanum tuberosum beobachten kann. Werden kranke Kartoffelknollen, die man leicht an dem Vorhandensein bräunlicher, etwas eingesunkener Flecken an der Schale als solche erkennt, zerschnitten, und lässt man die Stücke etwa zwei Tage lang im dampf gesättigten Raum unter einer Glasglocke liegen, so bedecken sich die Schnittflächen mit einem zarten, weissen „Schimmel". In der kranken Knolle ist das Mycel der Phy- tophthora von vornherein vorhanden ; es findet sich hier in reichlicher Menge zwischen den Zellen und lebt auf Kosten der Bestandtheile dieser letzteren. Unter den bezeichneten Umständen treibt das Mycel aber Gonidienträger nach aussen hervor. Diese Gonidienträger sind, wie die mikroskopische Untersuchung lehrt, in ihrem oberen Theile verzweigt und bilden die Sporangien, welche aber in Berührung mit Wasser leicht abfallen. Lässt man Stücke kranker Kartoffeln längere Zeit unter einer Glasglocke liegen, so entwickelt sich eine reiche Pilz- vegetation auf dem Substrat, die aber mit der Phytophthora direct nichts zu thun hat. Sehr lehrreich ist es auch, den Entwickelungsgang einer Peziza- species, nämlich P. sclerotiorum, näher zu verfolgen. Es ist das ein Pilz, der zu den Discomyceten gehört und z. B. die Sclerotienkrank- heit des Rapses bedingt. Ich will beschreiben, in welcher Weise ich den Pilz cultivirte. Einige Sclerotien werden auf die Oberfläche feuchter Gartenerde gelegt, die sich in einem Blumentopfe befindet. Man bedeckt den Topf mit einer Glasplatte, und indem man dafür sorgt, dass die Erde nicht austrocknet, lässt man ihn im diffusen Licht unweit eines Fensters ruhig stehen. Nach 6 — 10 Wochen entwickeln sich die kleinen, gestielten Fruchtkörper der Peziza aus den Sclerotien. Nun wird eine Mohrrübe in Stücke zerschnitten, und nachdem man die Stücke durch Eintauchen in heisses Wasser oberflächlich abge- brüht hat, inficirt man sie unter Benutzung einer ausgeglühten Nadel mit den in den Fruchtkörpern der Peziza zur Reife gelangten Sporen. Die Keimung der Sporen erfolgt in einigen Tagen auf den in einer Krystallisirschale unter einer Glasglocke liegenden Wurzelstückeu. Bald entwickelt sich ein tippig vegetirendes Mycel an der Oberfläche der Mohrrübenstücke, und dieses zerstört auch das durch das Ab- brühen nicht getödtete innere Wurzelgewebe. An einzelnen Stellen des Mycels bemerkt man das Auftreten weicher, weisser Ballen, die sich nach und nach mehr verdichten und sich schliesslich mit dunkel- gefärbter Rinde umgeben. Es haben sich Sclerotien gebildet, aus denen wieder, freilich erst nach längerer Ruhezeit, Fruchtkörper her- vorgehen können. Wir bringen auch eine kleine Menge üppig auf einem Mohrrübenstück vegetirenden Pezizamycels in eine kleine Oeff- nung, die wir an einer in einem zugedeckten Glase liegenden Kürbis- frucht angebracht haben. Das Mycel vermag in das lebende Gewebe 86 Erster Abschnitt. einzudringen ; es entwickelt sich sehr üppig, bildet Sclerotien, während der Kürbis völlig zerstört wird ' ). 40. Die Flechten. Die Flechten sind bekanntlich Organismen, welche ihr Dasein dem Zusammenleben (Symbiose) von Pilzen und Algen verdanken. Die Symbiose vollzieht sich im Allgemeinen derartig, dass die Algen vermöge ihres Chlorophyllgehaltes das für ihr eigenes Dasein und das- jenige der Pilze erforderliche organische Material aus anorganischen Stoffen durch Assimilation erzeugen, während die Pilze den Algen zumal Schutz gegen Austrockuung gewähren. Der Flechtenthallus er- scheint entweder homöomer oder heteromer gebaut, und wir wollen einen Repräsentanten der letzteren Flechtengruppe, nämlich Usnea barbata, benutzen, um uns über den Bau der in Rede stehenden merk- würdigen Organismen zu orientiren. Wir verwenden frisches Material oder, wie ich es gethan habe, in Wasser aufgeweichtes Herbarmaterial und stellen einen zarten Quer- schnitt durch einen stärkeren Thallusast her. Bei mikroskopischer Unter- suchung sieht man leicht, dass der Thallus aus einer Mark- und Rinden- zone besteht. Die Elemente beider Schichten sind vielfach verzweigte Pilzhyphen. Die Rinde sowie ein axiler Strang des Markes sind von dichter Beschaffenheit, während die periphere Region des Markes aus locker neben einander liegenden Hyphen, die lufthaltige Lücken zwischen sich lassen, zusammengesetzt ist. Die grünen Algen sind an der Grenze von Mark und Rinde leicht zu sehen. Sie bilden hier eine besondere Zone, die überall von Hyphen durchsetzt wird, welche vom Mark zur Rinde laufen. Will man sich über den Bau anderer Flechten unterrichten, so gewährt es zumal Interesse, die Fruchtträger von Cladoniaarten und den dorsiventralen Thallus von Stictaspecies zu untersuchen *). 41. Experimente mit fleischYerdauenden Pflanzen. Droserapflanzen, welche man zu physiologischen Versuchen ver- wenden will, cultivirt man am besten in flachen, irdenen Gefässen auf feuchtem Sphagnum unter Glasglocken. Die Droseraarten trifft man häufig auf sumpfigem, moorigem Boden in grosser Menge an; für Culturen braucht man nur einen Rasen der Versuchspflanzen auf das Torfmoos zu legen. Es ist bekannt, dass die Blattspreite sich ein- krümmt, und dass die Tentakeln sich zusammenlegen, wenn das Droserablatt gereizt wird. Wir bringen zunächst ein Stückchen rohen Rindfleisches von der Grösse eines Stecknadelkopfes auf die Mitte des Blattes eines gesunden Exemplares von Drosera rotundifolia. Nach längerer Zeit (bei Versuchen, die ich bei 20° C. anstellte, in 24 Stunden) ist die Einbiegung sämmtlicher oder fast aller Tentakeln erfolgt. Sie 1) Zahlreiche Angaben Ober parasitische Pilze findet man bei Fkank, Krank- heiten der Pflanzen, Breslau, 1880. 2) Ueber Bau und Leben der Flechten vergl. die Zusammenstellungen von DE Bary in dessen vergleichender Morphologie und Biologie der Pilze etc., Leipzig, 1884, S. 425. Die Nährstoffe der Pflanzen. 87 umhüllen das Fleischstückchen nunmehr, das Secret ihrer Drüsen- köpfchen wirkt auflösend auf das Eiweiss ein 0» aber schliesslich (bei meinen Versuchen nach Verlauf von 48 Stunden) breiten sich die Ten- takeln wieder aus. Bringt man stickstofffreie anorganische oder orga- nische Körper (ich experimentirte mit Glasstückchen und Papierkügel- chen) auf ein Droserablatt, so erfolgt freilich auch eine Einbiegung der Tentakeln, aber es lässt sich feststellen, dass diese Substanzen lang- samer zu Stande kommende Bewegungserscheinungen als Fleischstück- chen hervorrufen. Besonders zu beachten ist, dass, mag ein che- mischer Reiz (durch Flei^schstückchen) oder ein Contactreiz (durch Glasstückchen) auf das Droserablatt einwirken, auch Tentakeln durch Fig. 30. Fig. 29. Flg. 29. Blatt Tou Drosera rotiindifolia, von oben gesehen. Viermal vergr. (Nach Darwik). Flgr. ''\0. Tentakel mit Drttsenkopf von Drosera rotiindifolia. Vergr. 60. (Nach Strasbuu(jer.) Reizfortpflanzung in Bewegung versetzt werden, deren Drüsenköpfchen nicht direct mit der als Reizursache wirkenden Substanz in Berührung gebracht worden sind. Untersucht man Droseratentakeln mikroskopisch (es ist zweck- mässig, dieselben zur Aufliellung des Gewebes auf dem Objectträger in einen Tropfen Chloralhydratlösung zu bringen), so findet man, dass der Tentakelstiel aus lang gestreckten Zellen zusammengesetzt ist; die stärkeren Stiele werden in ihrer Mitte von Schraubengefässen 1) Ein peptonimrend wirkendes Ferment ist aus den Droserablättem von Reess mid Will isolirt worden. Vgl. Botan. Zeitung, 1876, Nr. 44. 88 Erster Abschnitt. durchzogen. Das Tentakelköpfchen besteht in seiner Mitte aus schraubig verdickten Elementen, die von radial gestreckten, fächer- förmig angeordneten Elementen umgeben werden (vgl. F'ig. 30). Interessant ist es, die Erscheinungen der Aggregation oder Zusammen- ballung zu beobachten, welche gerade in den Zellen der Tentakeln von Drosera in sehr auffallender Weise unter bestimmten Umständen hervor- treten *), Wir entnehmen einer Drosera, die, um die Entwickelung rother Farbstoffe in den Tentakelzellen recht zu begünstigen, stets intersiver Beleuchtung ausgesetzt gewesen war, einen Tentakel. Dieser wird in einem Wassertropfen mikroskopisch untersucht. Wir stellen eine Zelle der äusseren Schicht des Gewebes ein und sehen wandständiges Plasma sowie die Zellen gleichmässig erfüllenden rothen Saft. Nun bringen wir mit dem ein klebriges Secret absondernden Drüsenköpfchen einiger Ten- takel unserer Pflanze ganz kleine Stücke von gekochtem Eiweiss in Contact. Nach 12 — 20 Stunden untersuchen wir die gereizten und von der Pflanze abgeschnittenen Tentakeln wieder. Wir erblicken das wand- ständige Plasma. Dasselbe umgiebt nun farblosen Zellsaft, in welchem aber die verschieden gestalteten Aggregationen in Form intensiv roth. gefärbter Massen leicht zu sehen sind. Diese Aggregationen bestehen aus einer Wand, deren Natur noch nicht genau ermittelt ist; ich halte wenigstens die bezüglichen Angaben von de Vkiks lür nicht völlig beweis- kräftig. Im Innern der Zusammenballungen ist Zellsaft vorhanden. Bei der Entstehung der Aggregationen muss sich der ursprünglich in der Zelle gleichmässig vertheilte Zellsaft in zwei Theile gesondert haben, einen sehr farbstoffreichen und einen wasserklaren. Wie dies zu Stande kommt, ist noch nicht genügend festgestellt. Auch wenn kohlensaures Ammoniak mit Droseratentakeln in Berührung kommt , machen sich Aggregationsprocesse geltend, bei denen aber noch Eiweissausfällungen be- obachtet worden sind (H. de Vbies). Die für physiologische Untersuchungen zu benutzen- den Exemplare vonDionaea mu- scipula cultivirt man am zweck- mässigsten auf feuchten Torf- stücken unter einer Glasglocke. Auf die Morphologie des Dio- naeablattes gehe ich hier nicht weiter ein, sondern mache nur auf einige leicht auszuführende Versuche aufmerksam. Wer- den die Filamente, die auf der Oberseite des Dionaeablattes vorhanden sind, berührt, z. B. mit einem kleinen Holzstück- chen, so schliesst sich das Blatt sofort. Alsbald (bei meinen Versuchen nach Verlauf von 24 Stunden) sind die Blattlappen aber wieder ausgebreitet. Werden Stück- chen rohen Fleisches auf ein Dionaeablatt gebracht, so tritt, im Fall eine Berührung der Filamente stattfand, eine sofortige Schliessungs- Fig. 31. Blatt von Dionaea luuscipula im ausgebreiteten Zustande, von der Seite (Nach Darwin.) 1) Literatur: Darwin, Insektenfressende Pflanzen, 1876; Schdiper, Botaii. Zeitung, 1882 ; H. de Vries, Botan. Zeitung, 1886 ; Klemm, Flora, 1892. Die Nährstoffe* der Pflanzen. 89 bewegung ein. Das Blatt bleibt nun aber lange geschlossen (bei von mir angestellten Versuchen länger als 8 Tage), im Gegensatz zu solchen Blättern, welche durch auf der Blattfläche verbleibende stickstoff"freie Körper (Glasstückchen, Papierkügelchen) oder durch einfache Berüh- rung der Filamente zu Schliessungsbewegungen veranlasst worden sind. Oefi'net sich ein Dionaeablatt, welches Fleischstückchen erhalten hat, wieder, so ergiebt sich, dass das Fleisch mehr oder minder des- organisirt und aufgelöst ist, ein Vorgang, welcher durch ein Secret vermittelt wird, das die an der Oberseite des Dionaeablattes vorhan- denen Drüsen abscheiden. Dieses Secret ist von saurer Reaction und haftet oft noch in ziemlicher Menge an der Oberseite solcher Blätter, die mit Fleisch gefüttert worden sind, und sich nach Verlauf längerer Zeit wieder geöffnet haben. Stickstofffreie Körper, die auf ein Dionaea- blatt gebracht werden, rufen die Abscheidung eines Drüsensecretes nicht hervor ; die obere Fläche der Blattlappen bleibt bei Abwesenheit von Eiweissstofi'en trocken •)• 1) Specielles über das Verhalten der hier erwähnten Pflanzen vgl. bei Darwin in dessen 1876 erschienenem Werke Ober insektenfressende Pflanzen, Zur allge- meinen Orientirung vgl. Detmer, Ijehrbuch der Pflanzenphysiologie, 1883, S. 65 und 282. Zweiter Abschnitt. Die Molekularkräfte der Pflanzen. I. Die wichtigsten organisirten Gebilde der Pflanzen- zellen. 43. Die Membranen der Pflanzenzellcn. Die Membranen der Pflanzenzellen bestehen keineswegs immer der Hauptsache nach aus Cellulose, sondern sie sind häufig mehr oder minder reich an anderweitigen Substanzen, die im Allgemeinen als „Einlagerungs- körper" bezeichnet werden können. Durch eine solche Einlagerung frem- der Stoffe kommt z. B. die Cuticularisirung und Verholzung der Mem- branen zu Stande, von denen weiter unten die Rede sein soll. In vielen anderen Fällen bildet freilich die Cellulose den wesentlichsten Bestandtheil der Zellhäute, was sich unmittelbar aus dem Verhalten der letzteren ver- schiedenen Reagentien gegenüber ergiebt. Wir bringen Samenhaare einer Gossypiumart oder einige Watte- fasern in den Wassertropfen auf den Objectträger. Es lässt sich leicht feststellen, dass die Haare, welche im Grossen iind Ganzen kegelförmige Gestalt haben , relativ dicke Membranen besitzen und sich auf Zusatz von Jodjodkaliumlösung (bereitet durch Auflösen von 0,05 g Jod und 0,2 g Jodkalium in 15 g Hg 0) nur bräunlich färben. Wir lassen nun Schwefelsäure (Gemisch von 2 Thl. concentrirter Schwefelsäure und 1 Thl. Wasser) vom Deckglasrande aus zum Object treten und beobachten alsbald, dass sich die Haare blau färben. Die Membranen anderer Zellen, welche ebenso wie diejenigen der Baumwollenhaare der Hauptsache nach aus Cellulose bestehen, geben dieselbe Reaction. Desgleichen färben sich alle im Wesentlichen aus Cellulose bestehenden Membranen der Pflanzen- zellen bei Behandlung mit Chlorzinkjodlösung violett, wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man einige Wattefasern auf dem Objectträger mit dem Reagens behandelt. Die Chlorzinkjodlösung bereitet man in folgender Weise. Man löst reines Zink in Stangen in reiner Salzsäure bei gewöhnlicher Temperatur bis zur Sättigung auf, dampft unter stetigem Vorhandensein metallischen Zinks zur Schwefelsäureconsistenz ein, setzt so viel Jodkalium hinzu, als aufgenommen werden kann, und trägt end- lich bis zur Sättigung Jod in die Flüssigkeit ein, das sich allmählich auflöst. Von dem Vorhandensein der Cuticula kann man sich leicht bei dem Die Molekularkräfte der Pflanzen. 91 Studium eines Querschnitts durch einen jährigen Stengel von Viscum album oder durch das Blatt einer Aloespecies überzeugen. Ebenso ist die Cuticula sehr mächtig an der Oberfläche der Blätter von Ilex aqui- folium entwickelt. Ein sehr zarter Querschnitt durch den Mittelnerv eines Ilexblattes lehrt, dass die Epidermiszellen an der Blattunterseite ein halbmondförmiges Lumen besitzen. Die cuticularisirten Schichten der Zellmembranen greifen in die Seitenwandungen der Zellen ein und werden nach aussen von der eigentlichen Cuticula überlagert*). Die Cuticula der meisten Blätter und anderer Pflanzentheile ist dünn und von sehr zarter Beschaffenheit. Handelt es sich darum, das Korkgewebe kennen zu lernen, so unter- sucht man zweckmässig zarte Querschnitte, die man aus der Schale der Kartoffelknolle, dem gewöhnlichen Flaschenkork oder älteren (etwa 1 cm dicken) Stengelstücken von Aristolochia Sipho hergestellt hat. Die in radialen Reihen angeordneten Korkzellen sind von mehr oder minder tafelförmiger Gestalt. Bei dem Studium des Periderms von Aristolochia zeigt sich, dass hier breitere Zonen weiterer und schmälere Zonen engerer Korkzellen mit einander abwechseln. Concentrirte Kalilauge färbt die cuticularisirten sowie verkorkten Membranen gelblich. Diese Färbung wird beim Erwärmen der Präparate intensiver 2). Wir stellen einen Querschnitt durch einen einige mm dicken Linden- zweig her. Das mikroskopische Bild ist leicht zu deuten und vor allem interessirt uns hier der insbesondere aus Gefässen von verschiede- ner Weite und Holzfasern bestehende Holztheil der Gefässbündel, sowie der Basttheil derselben. Die Bastmassen sind keilförmig zugespitzt, und zwar sind ihre Spitzen der Rinde zugewandt, während die keilförmigen Enden der primären Markstrahlen, welche mit den Bastmassen abwechseln, ihre Spitzen dem Holz zukehren. In den Bastmassen wechseln hell er- scheinende Streifen, die aus sehr stark verdickten Bastfasern bestehen, mit dunkel erscheinenden Weichbaststreifen ab. Wir legen unsem Quer- schnitt jetzt auf dem Objectträger in einen Tropfen alkoholischer Phloroglucinlösung. Nach Verlauf einiger Zeit, wenn der Alkohol ver- dunstet ist, betupfen wir den Schnitt mit etwas concentrirter Salz- säure und beoachten ihn mikroskopisch. " Alle verholzten Elemente haben sich roth gefärbt, die unverholzten sind farblos geblieben, so dass das Phloroglucin also als ein vorzügliches Reagens auf Holzsubstanz an- zusehen ist^). Es interessirt uns hier besonders, dass nicht allein die Elemente des eigentlichen Holzkörpers der Fibrovasalstränge, sondern auch die Elemente der Bastfaserstreifen zwischen den Weichbaststreifen roth gefärbt erscheinen, also verholzte Membranen besitzen. Wenn man Querschnitte aus 2 mm dicken Zweigen von Fagus sil- vatica in der angegebenen Weise mit Phloroglucin und Salzsäure be- handelt, so ergiebt sich, dass in den folgenden Geweben Verholzung ein- getreten ist: im gesammten Mark, in den Markstrahlen, im Holztheil der Gefässbündel und in den Bastfaserbelegen, welche sich nach aussen an 1) Specielles vgl. l>ei de Baky, Vergleichende Anatomie d. Vegetationsorgane etc., S. 77. 2) Bezüglich weiterer Reactionen vgl. v. Höhnel, in Sitzungsberichten d. Akadem. d. Wiss. zu Wien, Bd. 76, erste Abthl., S. 507. 3) WiESNER, Sitzungsber. d. Akadem. d. Wiss. zu Wien, Bd. 77, 1. AbthL, 1878, o. 60. Näheres über verholzte und verkorkte Membranen vergl. bei Zimmer- MAlTN, Die botanische Mikrotechnik, 1892, S. 140. Daselbst ist auch die Literatur genau ang^eben. 92 Zweiter Abschnitt. den Weichbast anschliessen. Die Elemente des Cambiums, des Weich- bastes, des Rinden- und Peridermgewebes sind nicht roth gefärbt, also auch nicht verholzt. Ein recht brauchbares Reagens auf Holzsubstanz ist auch das schwefelsaure Anilin. Man stellt eine concentrirte Lösung desselben in Wasser her, der man noch etwas Schwefelsäure hinzugefügt hat, und bringt einen Tropfen des Reagens zu dem auf dem Objectträger liegenden Object, das untersucht werden soll. Die verholzten Elemente färben sich schnell mehr oder minder gelb. Leuchtend goldgelb fand ich z. B. die Bastfaserbelege der Zweige von Fagus silvatica durch schwefelsaures Anilin tingirt. In Contact mit einer wässrigen Lösung des Methylgrüns färben sich die verholzten Membranen schön grünblau, die unverholzten aber meist blau. Um die wichtigsten Verdickungsformen der Elemente verholzter Gewebe kennen zu lernen, sind folgende Untersuchungen anzustellen. Die behöften Tüpfel der Tracheiden des Coniferen- holzes studirt man am besten an sehr zarten Querschnitten und radialen Längsschnitten aus den peripherischen Thei- len des Holzes alter in Alko- hol aufbewahrter Stamm- stücke von Pinus silvestris. (Vergl. Eig. 32.) Die Tra- cheiden sind langgestreckt, sie greifen mit ihren verjüng- ten Enden in einander und lassen auf ihren radialen, also denjenigen Wänden, welche den Markstrahlen zugekehrt sind, die behöften Tüpfel leicht erkennen. Stellt man zarte radiale Längsschnitte aus dem secundären Holz etwa 1 cm dicker Zweige von Aristolochia Sipho her, so beobachtet man zumal viele Tracheiden mit behöften Tüpfeln sowie enge und sehr weite Gefässe mit behöften Tüpfeln und ringförmigen Diaphragmen. Untersucht man radiale Längs- schnitte aus den Zweigen von Berberis vulgaris, so ergiebt sich, dass das ganze Holz fast nur aus Gefässen, die behöft getüpfelt erscheinen, und Holzfasern besteht. Echte Spiralgefässe des primären Holzes der Gefässbündel sind sehr schön neben anderen Elementen (getüpfelten Gefässen, Holzfasern etc.) zu sehen, wenn man radiale Längsschnitte aus dem Stengel von Helianthus annuus oder dem fertig gestreckten hypoco- tylen Glied von Ricinus communis untersucht. Man verwende Alkohol- material oder bei Helianthus getrocknete Stammstücke ^). (Vgl. Fig. 33.) Flg. 32. Piuus silvestris. Ä Ein Hof- tüpfel einer Tracheide in Flächenansicht. B Ein Hoftüpfel im tangentialen Längsschnitt, t der Torus. C Querschnitt einer ganzen Tracheide ; m MittellameUe, m* ein Zwickel, i das Grenz- häutchen. Vergr. 540. (Nach -Strasburger.) 1) Ueber die chemische Natur der die Verholzung der Membranen bedingenden Substanzen vgl. Singer, Sitzungsber. d. Akadera. d. Wiss. zu Wien, 1882, Bd. 85, S. 345. Ein wichtiger Bestandtheii verholzter Membranen der Pflanzenzellen, dessen Vorhandensein die erwähnten Reactionen mit Phloroglucin und schwefelsaurem Anilin wohl bedingt, ist das Vanillin. Meiner Ansicht nach haben die neuereu Arbeiten von Lange, Thomsen, Hegler u. A. die Frage nach der chemischen Natur der Holzsubstanz aber noch nicht erledigt. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 93 r -^•' ,L^^^ '-N Fig. 33. LUnjrssehnitt eines GefiissbUndels des fertig gestreckten liypoeotylen Gliedes von Ricinus communis. /• Rinden parenchym,' f/s Gefässbündelscheide, m Markparenchym, b Bastfasern, p Bastparencliym, e Cambium. Im Holztheil des Stranges bilden sich die Elemente, von .s anfangend, nach und nach bis /' aus; s erstes enges, sehr langes Schraubengefäss, s' weites Schraubengefäss, beide mit abroUbarein Schraubenband, / leiterförmig verdicktes Gefäss, zum Theil netzartig verdickt, h und h' Holzzellen, t getüpfeltes Gefäss, bei q die resorbirte Querwand; h" und //'" Holzzellen, t' getüpfeltes Gefäss, noch jung, die Tüpfel zeigen erst den äusseren Hof, später tritt die Bildung des inneren Porus auf. Man bemerkt in der Gefässwand bei /, t und t' die Grenzlinien der benachbarten, weggenommenen Zellen. (Nach Sachs.) Für denjenigen, der sich mit der Untersuchung der Natur der Holzelemente beschäftigt, ist es lehrreich, dieselben mit Hülfe der Ma- cerationsmethode von einander zu trennen. Wir bringen einige Stückchen chlorsauren Kalis in ein weites Reagensrohr, übergiessen dieselben mit so viel Salpetersäure, dass sie völlig von dieser bedeckt sind, werfen nicht zu dünne Längsschnitte aus dem Holz eines 5 mm dicken Zweigs von Tilia in die Mischung und erhitzen über einer Spiritusflamme, bis lebhafte Gasentwickelung eintritt. Hat das Reagens noch einige Minuten auf die Holzstückchen eingewirkt, so giessen wir alles in eine grössere Wassermenge, fangen die umherschwimmenden Schnitte mit einem Glas- stabe auf. spülen sie in reinem Wasser ab und legen sie in einen Wasser- tropfen auf den Objectträger. Durch das Macerationsverfahren ist die Mittellamelle zwischen den einzelnen Holzelementen zerstört worden, und die Präparate lassen sich daher jetzt leicht mit Nadeln zerzupfen, so dass die Elemente des Holzes isolirt beobachtet werden können. Wir consta- tiren vor allem die Gegenwart vieler Holzfasern und Gefässe (diese letzteren sind zum Theil in Stücke zerfallen), aber auch dünnwandige Holzparenchymzellen und Tracheiden fehlen nicht völlig. (Vgl. Fig. 34.) 48. Bie Stftrkckörner. Eine kleine Menge lufttrockenen KartofFelmehles wird im Wasser- tropfen auf den Objectträger gebracht und mit dem Deckglas bedeckt. 94 Zweiter Abschnitt. V Fifir. 34. Ulla parvlfolia. Durch Maceration isoUrte Elemente aus dem secun- dären Holz und Bast. A mid B Holzfasern (Librifonnfasem). G Holzparenchym. D und E Tracheiden. F Gefässglied. G Bastfaser. Vergr, 180. (Nach Stkas- BUBGER.) Die Molekularkräfte der Pflanzen. 95 Oder man zerschneidet eine KartofFelknolle, schabt mit einem Messer etwas von der Schnittfläche ab und beobachtet die abgeschabte Masse unter dem Mikroskop. Die Kartoffelstärkekörner sind von recht ver- schiedener Grösse; einige erreichen eine relativ sehr bedeutende Grösse. Sie sind excentrisch gebaut, d. h. ihr organischer Mittelpunkt, um den sich die Schichten gruppiren, stimmt nicht mit dem geometrischen Centrum überein (vergl. Fig. 35). Wir durchschneiden ein Rhizom von Canna indica und schaben mit dem Messer eine kleine Menge Substanz von der Schnittfläche ab, um sie in einem Wassertropfen auf den Objectträger zu bringen und mit Fig. 36. Figr. 35. Stärkekörner ans der Kartoffelknolle. A ein einfaches, B ein halb zusammengesetztes, C und D ganz zusammengesetzte Stärkekömer, c der organische Kern, ^'e^gr. 540. (Nach Strasburger.) Fie. 36. Stärkekörner aus dem Rhizom von Canna indica. A und B ein- fache Kömer, C ein halb zu.sammengesetztes, D und E ganz zusammengesetzte Kömer. Vergr. 540. (Nach Strasbürger.) Fl>r. 37. Stärkekörner aus den Cotyledoneu von Phaseolus Tulgaris. Vergr. 540. (Nach Strasburger.) Deckglas zu bedecken. Bei mikroskopischer Untersuchung erblicken wir zahlreiche schön geschichtete, stark excentrisch gebaute Stärkekörner in unserem Präparat, welche eine beträchtliche Grösse besitzen. (Vergl. Fig. 36.) Die Stärkekömer aus den Cotyledonen der Samen von" Phaseolus vulgaris sind centrisch gebaut. Untersucht man sie im Wassertropfen, so erblickt man in der Mitte eines jeden Kornes eine Höhlung, die aber erst unter dem Einflüsse des Wassers entsteht, denn in Glycerin beob- 96 Zweiter Abschnitt. achtete Stärkekörner der Bohne lassen diese Höhlung nicht erkennen. (Vergl. Fig. 37.) Die Annylumkörner aus dem Endosperm von Tritioum präsentiren sich uns bei der Untersuchung als runde Gebilde von recht verschiedener Grösse. Sie sind centrisch gebaut. Schichtungserscheinungen sind schwer zu erkennen. 44. Das Verhalten der Stärke zum Jod. Wenig Kartoffelstärke wird in einem Reagensglase mit dfestillirtem Wasser übergössen. Man lässt unter häufigem Umschütteln längere Zeit (einige Stunden lang) stehen und filtrirt die Flüssigkeit ab. Bringt man mit Hülfe eines Glasstabes etwas alkoholische Jodlösung zu dem Filtrat, so entsteht keine Bläuung der Flüssigkeit. Reines Wasser vermag den unversehrten Stärkekörnern keine Stärkesubstanz zu entziehen. Wenig Kartoffelstärke wird in einem Reagensglase mit Wasser über- gössen. Erwärmt man, so bildet sich ein trübes Gemisch von Amylum- substanz und Wasser (Kleister). Fügt man dem erkalteten Kleister etwas alkoholische Jodlösung hinzu, so nimmt die Flüssigkeit eine sehr charak- teristische, schön blaue Farbe an. Diese Reaction ist sehr empfindlich, wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man eine kleine Kleister- menge in sehr viel Wasser giesst und nun Jodlösung zusetzt. Die Flüssigkeit nimmt auch jetzt eine blaue Farbe an. Erwärmt man durch Jodzusatz blau gefärbten Kleister, so verschwindet der charak- teristische Farbenton alsbald, weil Wasser von höherer Temperatur ziemlich viel Jod aufzulösen und dasselbe unter den bezeichneten Um- ständen daher der Amylumsubstanz zu entziehen vermag. Kühlt der Kleister ab, so tritt die blaue Farbe wieder hervor. Sehr wenig Kartoffelstärke oder kleine Mengen einer anderen Amy- lumsorte werden auf dem Objectträger im Wassertropfen vertheilt. Nach der Bedeckung mit dem Deckgläschen bringt man einen Tropfen eines Jodreagens (Jodwasser, Jodjodkaliumlösung oder verdünnten Jodalkohol) an den Deckglasrand. Das Jodwasser stellt man dar, indem man Jod mit destillirtem Wasser übergiesst und mit diesem einige Tage lang in Berührung lässt. Zur Bereitung der Jodjodkaliumlösung übergiesst man 3 Thl. Jodkalium mit 60 Thl. Wasser und fügt einen Tbl. Jod hinzu. Die Lösung kann durch Wasserzusatz verdünnt werden. Das an den Deckglasrand gebrachte Jodreagens dringt nun allmählich bis zu den Stärkekörnern vor, und es lässt sich bei mikroskopischer Betrachtung feststellen, dass dieselben sich zunächst schwach bläulich, nach und nach aber immer intensiver blau färben, indem sie das Jod mehr und mehr aufspeichern. Trockene Kartoffelstärke wird auf dem Objectträger in einen Tropfen durch Auflösen von Jod in absolutem Alkohol frisch bereiteter Jodtinctur gebracht. Bei mikroskopischer Prüfung ergiebt sich, dass die Amylum- körner keine blaue, sondern eine bräunliche Farbe annehmen. Lässt man Wasser zutreten, so erfolgt die charakteristische Bläuung. Die Stärke- kömer vermögen sich also nur dann auf Jodzusatz blau zu färben, wenn sie mit reichlicheren Wassermengen imbibirt sind. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 97 45. Das Verhalten der Stärkekönier im polarisirten Licht. Es ist sehr lehrreich, sich über die von Mohl *) und Nägeli 2) studirten Erscheinungen specieller zu unterrichten, welche Stärkekörner zeigen, wenn man sie im polarisirten Licht untersucht. Man bedarf dazu freilich eines Polarisationsapparates und eines Mikroskopstatives mit hin- reichend hohem Objecttisch. Der Polarisator wird in den Schlitten der Cylinderblendung eingeschoben. Als Analysator benutzt man am besten das Analysatorocular von Abbe, welches ebenso wie der Polarisator von Zeiss in Jena zu beziehen ist. Die Stärkekörner werden in gewöhnlicher Weise in einem Wasser- tropfen auf dem Objectträger vertheilt und mit Deckglas bedeckt. Wenn die Polarisationsebenen des Analysators und Polarisators parallel zu einander stehen, so erscheint das Gesichtsfeld hell, und unter diesen Umständen muss die Einstellung der Objecte vorgenommen werden. Bei gekreuzter Stellung der Nicols (dieselbe ist leicht zu erreichen, in- dem wir das Analysatorocular drehen) erscheint das Gesichtsfeld dunkel. Die Amylumkörner heben sich sehr hell vom dunklen Grunde ab und tragen ein schwarzes Kreuz. Sehr schöne Farbenphänomene treten hervor, wenn man Stärkekörner mit Hülfe des Polarisationsmikroskops untersucht, nachdem zwischen das Object und den Polarisator Gypsplättchen von bestimmter Beschaffenheit eingeschaltet worden sind.^) Ich habe das Verhalten einer ganzen Reihe verschiedener Stärke- sorten im polarisirten Lichte beobachtet; von allen ergab die Kartoffel- stärke die schönsten Bilder. An der Ansicht, dass die Micellen der Stärkekörner und sonstiger organisirter pflanzlicher Gebilde die Natur optisch zweiaxiger Krystalle besitzen, kann man heute nicht mehr fest- halten ; vielmehr ist das eigenthümliche Verhalten der organisirten pflanz- lichen Gebilde im polarisirten Licht auf andere Weise zu erklären*). Uebrigens lasse ich die Ansicht nicht fallen, wie ich schon an anderer Stelle betonte, dass die organisirten pflanzlichen Gebilde aus Micellen aufgebaut sind *). 46. Die protoplasmatischen Gehilde der Pflanzenzellen. Als protoplasmatische Gebilde der pflanzlichen Zellen sind die sämmtlichen eiweissreichen und organisirten Inhaltsbestandtheile derselben (das eigentliche, lebensthätige Protoplasma, die ZeUkerne, Leukoplasten, sowie die Proteinkörner etc.) anzusehen. Die Chlorophyllkörper wurden bereits unter 5 besprochen, und auf andere mit Farbstoffen imprägnirte protoplasmatische Gebilde kommen wir später zurück. Das Bild, welches das Protoplasma (Cytoplasma) der Zellen unter dem Mikroskop gewährt, ist wesentlich abhängig von der Zahl und Grösse der in denselben vorhandenen mit Zellsaft erfüllten Vacuolen. Zahlreiche kleine Vacuolen im Plasma verleihen demselben ein schaumiges Aussehen, wäh- 1) Vd. H. V. MoHL, Botan. Zeitung, 1858, S. 1. 2) Vgl. Bd. 1, 8. 311. 2) \e\. NlGELi, Sitzungsberichte d. Äkadem. d. Wies, zu München, 1862, 3) Vgl. Specielleres in Nägeli s und Schwekdexer's Mikroskop. " 4) Vgl. Strasburger, Bau und Wachsthum d. Zellhäute, 1882, S. 208, und ZoiMERMANK, Berichte d. Deutschen botan. Gesellschaft, Bd. 2, S. XVII. 5) Vgl. Detäler, Lehrbuch der Pflanzenphysiologie, 1883, S. 71. Detmer, räanzenphyslologischcs Praktikum. 2. Aufl. 7 98 Zweiter Abschnitt. rend sich uns das Protoplasma vieler Zellen, zumal der entwickelten mit einem einzigen zusammenhängenden Saftraum, in der in Fig. 5, S. 15 dargestellten oder ähnlicher Weise präsentirt. (Vergl. auch Fig. 38.) Wir bringen junge Blätter aus der Endknospe von Elodea ohne weitere Prä- paration in einen Wassertropfen auf den Objectträger, legen ein Deckglas auf und untersuchen. Der die Innenseite der Zellhaut jeder Zelle aus- kleidende protoplasmatische Wandbeleg ist leicht zu erkennen, ebenso die Protoplasmaansammlung um den Kern. Jener und diese sind durch frei durch den Saftraum der Zellen ausgespannte Protoplasmafäden mit einander verbunden. Im Protoplasma sind zahl- reiche Chlorophyllkörper leicht zu sehen. Eine ähnliche Beschaffenheit wie bei Elodea ist dem Protoplasmakörper der violetten Zellsaft ent- haltenden und zu einem einfachen Faden ver- bundenen Zellen der Staubfädenhaare von Tra- descantia eigenthümlich (vgl. Fig. 38), wie leicht constatirt werden kann, wenn man im Oeffnen begriffenen Blüthen von T. virginica oder einer verwandten Art einen Haarbüschel mit der Pin- cette entnimmt und zur mikroskopischen Unter- suchung der Zellen schreitet. Von allergrösster Wichtigkeit ist die nunmehr sicher constatirte Thatsache, dass die Plasma- massen benachbarter Zellen fast ganz allgemein durch zarte, die Zellwände durchsetzende Plasma- fäden mit einander in Zusammenhang stehen^). Als Untersuchungsmaterial wählen wir min- destens 1 cm dicke Stammstücke von Rhamnus Frangula. Dieselben werden nach Strasburer wie folgt behandelt : Wir entfernen das Periderm und stellen aus der grünen Rinde sehr zarte, tangentiale Längsschnitte her. Bei der Untersuchung des Baues der secundären Rinde richten wir unser Augen- merk besonders auf das chlorophyllhaltige Bastparenchym, dessen Wände mit unbehöften Tüpfeln versehen sind. Diese Bastparenchymelemente haben rechteckige Gestalt. Zudem sehen wir noch die langgestreckten Bastfasern und die spindelförmig umschriebenen Durchschnitte der Mark- strahlen. Nunmehr bringen wir neue Schnitte aus der secundären Rinde auf ein Deckglas, fügen einen Tropfen concentrirter Schwefelsäure hinzu und tauchen das Deckglas nach wenigen Secunden in ein mit Wasser gefülltes Gefäss, um die Schnitte rasch und möglichst vollkommen aus- zuwaschen. Nun färben wir die Schnitte mit wässerigem Anilinblau, waschen sie mit Wasser aus und legen sie in wässeriges Glycerin. An Stelle des Anilinblaues verwendet man auch mit V ortheil Pikrin- Anilin- blau, hergestellt durch Auflösen von Pikrinsäure in 5-proc. Alkohol bis zur Sättigung und Hinzufügen von Anilinblau, bis die Flüssigkeit blau- grün gefärbt erscheint. Die Präparate sind gelungen, wenn die Wände der Bastparenchymzellen so stark gequollen erscheinen, dass sie etwa den nämlichen Durchmesser wie die contrahirten gefärbten Plasmakörper be- sitzen, und wenn auch die Mittellamellen stark gequollen sind. Nicht Fig. 38. Eine Zelle aus einem Staubfadeiihaar Ton Tradescantia virsi- nlea. Vergr. 240. (Nach Strasbürger.) 1) Vgl. Kienitz-Gerloff, Botan. Zeitung, 1891, daselbst auch Literatur- zusammenstellung. Vgl. auch Strasbürger, Botan. Praktikmn. j Die Molekularkräfte der Pflanzen. 99 alle Präparate und nicht sämmtliche Zellen in einem Präparat eignen sich zur Untersuchung. Die Zellen müssen völlig unlädirt, und die Fixirung durch die Schwefelsäure muss schnell genug erfolgt sein. Die Umrisse der einzelnen Plasmakörper der Parenchymzellen er- scheinen an denjenigen Flächen glatt, mit denen sie an eine mit sehr feinen Poren versehene Zellwand grenzten ; sie zeigen dickere oder dünnere Fortsätze dort, wo die anstossende Zellwand weitere Tüpfel besass. Die Fortsätze der Plasmakörper entsprechen sich in den benachbarten Zellen. Wenn man die gequollene Schliesshaut betrachtet, die zwei besonders breite, gegen einander gerichtete Plasmafortsätze trennt, so findet man zwischen ihnen eine Anzahl äusserst feiner, körnig erscheinender Fäden ausgespannt. Es sind dies eben die Plasmafäden, welche auch die lebenden Plasmakörper mit einander verbinden. Wo die einander zugekehrten Flächen zweier Plasmakörper glatt erscheinen, sehen wir die Mittelschichten der Zellwand oft ihrer ganzen Ausdehnung nach von Fäden durchsetzt, die in ihrer Mitte etwas angeschwollen sind. Der Protoplasmakörper wird stets, also auch dann, wenn er von einer Zellhaut umgeben ist, an seiner Oberfläche von einer hyalinen Schicht, der Hautschicht oder dem Hyaloplasma, begrenzt. Diese Haut- schicht fehlt aber auch dort nicht, wo Theile des Plasmakörpers an den Zellsaft angrenzen. Die Hauptmasse des Protoplasmas wird von der Körnerschicht desselben gebildet, welche sich durch ihren grossen Wasser- reichthum und ihr Bewegungsvermögen, sowie dadurch auszeichnet, dass sie Mikrosomen und oft auch Chlorophyllkörper etc. führt. Das Hyalo- plasma der meisten Zellen ist zu zart, um durch Beobachtung direct wahrgenommen werden zu können. In einigen Fällen lässt sich sein Vor- handensein aber leicht constatiren, und namentlich ist die Hautschicht in den Internodialzellen von Nitella, einer Algengattung, deren Repräsen- tanten in kalkarmen Gewässern häufig angetroffen werden, mächtig ent- wickelt. Die Massen der Körnerschicht des Protoplasmas sind hier in lebhafter Rotation begriffen, während sich das Hyaloplasma nicht an dieser Bewegung betheiligt. Ich habe oft und mit Nachdruck darauf hingewiesen '), dass keines- wegs Identität zwischen todten und lebendigen Eiweissmolekülen des Protoplasmas besteht. Damit in Einklang zu bringen sind die Resultate gewisser Beobachtungen von Loew und Bokorny ^), welche wir etwas ausführlicher erwähnen müssen. Wir stellen Kalilösung von 1,333 spec. Gew. her und vermischen 13 ccm derselben mit 10 ccm Ammoniakflüssig- keit von 0,960 spec. Gew. Das Gemisch wird auf 100 ccm verdünnt. Femer stellen wir eine 1-proc. Lösung von salpetersaurem Silberoxyd dar. Von der Kaliammoniakflüssigkeit und der Silberlösung werden vor dem Gebrauch je 1 ccm mit einander vereinigt und auf 1 Liter verdünnt. Man legt nun in 1 Liter der alkalischen Silberlösung einige Spirogyra faden (andere Zellen zeigen die Reaction, auf die es hier ankommt, zwar eben- falls, aber nicht so deutlich), lässt dieselben einige Zeit in der Lösung verweilen (bei höherer Temperatur, z. B. 30 ** C, etwa 3 Stunden, bei niederer Temperatur länger) und untersucht sie dann. Das Protoplasma in den Zellen hat sich in Folge eingetretener Reduction des Silbersalzes der Lösung schwarz gefärbt, aber es ist besonders wichtig, dass diese 1) Vgl. z. B. Detmeb, Lehrbuch d. Pflanzenphysiologie, 1883, S. 151. 2) Vgl. LoEW und Bokorny, Die chemische Ursache des Lebens, und Botan. Zeitung, 1882, S. 824. 7* 100 Zweiter Abschnitt. BeactioD nur eintritt, wenn die Zellen bei Beginn des Versuchs lebendig waren. Durch Hitze oder Alkohol oder auf andere Weise getödtete Spirogyrazellen nehmen beim Verweilen in der alkalischen Silberlösung nur eine gelbe bis braune Farbe an. Etwas langsamer, aber noch besser tritt die Schwarzfärbung des Protoplasmas ursprünglich lebender Spiro- gyrazellen ein, wenn man einige Algenfäden in eine Lösung legt, die auf 1 Liter Wasser 10 mg salpetersaures Silberoxyd und 5 ccm Kalkwasser enthält. Der Zutritt von kohlensäurehaltiger Luft ist hier während der Reaction sorgsam auszuschliessen. Meiner Meinung nach kommt die Schwarzfärbung des Protoplasmas solcher Zellen, die in lebensthätigem Zustande mit den Silberlösungen in Contact gerathen, freilich nicht immer allein, aber doch häufig, wesentlich dadurch zu Stande, dass die stickstofffreien, aldehydartigen Körper, welche neben Amidosäuren und Säureamiden in Folge der Zersetzung der leben- digen Eiweissmoleküle entstehen, reducirend auf das Silbersalz einwirken. Todte Eiweissmoleküle sind ohne einen solchen Einfluss auf die Silber- lösung, weil sie sich nicht in der Weise wie die lebendigen Eiweiss- moleküle zersetzen. Wir gehen zum Zellkern über. Dass derselbe eiweissartige Sub- stanzen enthält, lehrt sein Verhalten zu Reagentien. In Contact mit Jod- jodkalium (hergestellt durch Vermischen von 0,050 g Jod, 0,200 g Jod- kalium und 15 ccm destiUirten Wassers) nehmen die Zellkerne eine gelb- liche Farbe an. Methylgrünessigsäure (hergestellt durch Eintragen von etwas Methylgrün in 1-proc. Essigsäure) tingirt die Kerne sehr schön. Bei der Behandlung der Zellen mit den erwähnten Reagentien treten die Kerne deutlicher hervor, was oft von besonderer Wichtigkeit ist. Sehr schön färben sich mit Methylgrün essigsaure, wie ich oft constatirte, die Kerne in den Epidermiszellen des Blattes von Aspidistra. Um die Kern- reaction mit Jodjodkalium kennen zu lernen, verwenden wir Epidermis- zellen des Blattes von Escheveria globosa oder zarte Querschnitte aus der ersten Blattscheide junger Maiskeimlinge. In den Zellen des Paren- chyms der Scheide sind ziemlich grosse Zellkerne vorhanden. Schön ent- wickelte Zellkerne enthalten die den Spaltöffnungsapparaten der Unter- seite des Blattes von Tradescantia virginica benachbarten Zellen, wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man Epidermisstreifen der Blätter mikroskopisch untersucht. Ein besonderes Interesse besitzen die Stärkebildner für uns, Leuko- plasten, denen, wie Schimpek ') zuerst zeigte, die Function zukommt, aus wandernden oder schon in Reservestoffbehälter übergegangenen gelösten Kohlehydraten Amylumkörner zu regeneriren. Die schönsten und grössten Stärkebildner, welche man kennt, sind in den Scheinknollen von Phajus grandifolius anzutreffen. Diese zu den Orchideen gehörende Pflanze kann man z. B. zum Preise von 3 M. pro Exemplar von Haage und Schmidt in Erfurt beziehen. Zur Untersuchung wählen wir eine nicht zu alte Knolle, halbiren dieselbe und stellen aus ihrer Scheitelgegend dünne Längsschnitte her, die bis zur grün gefärbten Knollenoberfläche reichen. Ich habe mich davon überzeugt, dass es am besten ist, die Schnitte schnell in concentrirte Pikrinsäure zu übertragen, um sie in dieser zu be- obachten. Die Stärkebildner der Zellen der inneren Schnitttheile sind farblos; nach aussen zu werden die Stärkebildner freilich grösser, aber ihre protoplasmatische Grundmasse ist mit Chlorophyllfarbstoff imprägnirt. 1) Vgl. ScHiMPER, Botan. Zeitung, 1880, Nr. 52. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 101 Die im Profil gesehenen Stärkebildner (vgl. Fig. 39) erscheinen stäbchen- förmig. Sie haben in Folge der Pikrinsäurebehandlung eine gelbliche Farbe angenommen, während die ihnen ansitzenden grösseren oder kleineren Stärkekörner nicht gefärbt sind. Wir wenden uns nunmehr zur Untersuchung der protoplasmatischen Gebilde ruhender Pflanzentheile. Es interessiren uns hier vor allem die Formen, in denen die ReserveproteinstofFe in den Samen vorhanden sind, und wir nehmen zunächst einen Lupinensamen in Untersuchung, indem wir den Samen halbiren, die Schnittfläche der Cotyledonen befeuchten und zarte Schnitte in Wasser untersuchen. Es treten uns in den Zellen zahlreiche, dicht gedrängt neben einander liegende, kleine Aleuron- oder Proteinkörner entgegen, deren Gestalt sich freilich in Folge des Einflusses des Wassers etwas verändert hat. Werden Präparate in Glycerin unter- sucht, so erscheinen die unveränderten Proteinkörner als stark lichtbrechende Gebilde, die auf den ersten Blick wie kleine Stärkekörner aussehen. Eingebettet sind die Aleuronkörner in den Zellen in eine protoplasmatische Grundsubstanz. Sehr schön entwickelte, grosse Proteinkörner sind, eingelagert in eine fettreiche Grund- masse, in den Endospermzellen der Ricinus- samen vorhanden. Das erwähnte Gewebe lässt sich vortrefflich schneiden ; die Schnitte können in Wasser untersucht werden, da sich dessen störende Wirkung erst langsam geltend macht. Fügen wir dem Präparat vom Deckglasrande aus Jodalkohol hinzu, so färben sich die Aleuronkörner gelb ; sie zeigen überhaupt Eiweissreactionen. Lässt man zu den in Wasser liegenden Schnitten Alkohol vom Deckglasrande aus treten, so werden die Eiweisskrystalloide in den Aleuronkörnern ziemlich deutlich. Bei Untersuchung von Schnitten in einem Tropfen wasserfreier Essigsäure (Eisessig), quellen die Proteinkörner stark auf, die Krystalloide verquellen sogar völlig, aber die Globoide treten scharf hervor. Von besonderem Interesse ist es. Schnitte aus dem Endosperm der Samen von Bertholletia excelsa (Paranüsse) herzustellen. Wird zu einem in Wasser liegenden Schnitt absoluter Alkohol hinzugefügt, so treten in den Proteinkörnern eigenthümliche Einschlussgebilde deutlich hervor. (Abbildungen vgl. bei Pfeffer in Pringsheim's Jahrbüchern f. wissenschl. Botanik, B. 8, Tafel 36, Fig. 16 und 17.) Es kommen hier einerseits die Eiweisskrystalloide, welche gerade bei Bertholletia relativ gross sind, und ferner die Globoide, Verbindungen einer gepaarten Phosphorsäure mit Kalk und Magnesia, in Betracht. Behandelt man Schnitte aus der Paranuss mit 1-proc. Uöberosmiumsäure (wässerige Lösung der Säure, die im Dunkeln aufzubewahren ist), so erblickt man die Krystalloide noch deutlicher, da sie sich nur langsam gelblich färben, während der übrige Inhalt der Zellen, zumal die fettreiche Grundsubstanz, in der die Protein- körner liegen, schnell einen dunklen Farbenton annimmt. In den Protein- kömern von Ricinus kann man das Vorhandensein von Eiweisskrystalloiden Fi^. 89. Pkajus grandi- folius, Stärkcbildner aus der Knolle. A C, D und E von der Seite, B von oben gesehen. Vergr. 540. (Nach Strasburger.) 102 Zweiter Abschnitt. ebenfalls feststellen, wenn man zarte Schnitte aus dorn Endosperm in Ueberosmiumsäure untersucht (vgl. Fig. 40). Wir stellen ferner zarte Querschnitte aus den Cotyledonen einer reifen, trocknen Erbse her. Auf die Schnittfläche bringen wir etwas Glycerin und untersuchen das Object auch in Glycerin, dem wir etwa ^/a destillirtes Wasser hinzugefügt haben. Das mikroskopische Bild, welches wir beobachten, ist in Fig. 41 dargestellt. Wir sehen rundliche Zellen, welche dreieckige Intercellularräume zwischen sich lassen. In Fig. 41. Fig. 42. -am Fig:. 40. Aus dem Endospenn Ton Ricinus communis. A eine EndospermzeUe mit Inhalt unter Walser, B einzelne Aleuronkömer in Olivenöl, g das Globoid, h Kry- stalloid. Vergr. 540. (Nach Stras- burger.) Flg. 41. Zellen aus den Cotj- ledonen der Erbse, m Zellhaut, * Intercellularraum, am Stärke-, al Aleuronkömer, p Grundsubstanz, n Zellkern, letzterer nach der Be- handlimg mit Methylgrünessigsäure ergänzend eingetragen. Vergr. 240. (Nach Strasburger.) Fig. 42. Querschnitt durch ein Weizenkorn (Triticum vulgare). p FruehthüUe, t Samenhaut. In den an letztere anstossenden Endosperm- zeLlen : al Aleuron-, am Stärkekömer, n Zellkern. Vergr. 240. (Nach Strasburger.) den Zellen befindet sich eine sehr feinkörnige Grundsubstanz. Dieser sind die ziemlich grossen Stärkekörner und die kleinen Aleuronkömer eingelagert. Auf Jodzusatz färben sich die Amylumkörner blau, die Grund- substanz sowie die Proteinkörner, da sie wesentlich aus Eiweissstoffen bestehen, aber gelb. Zarte Schnitte aus den Erbsencotyledonen, in Methyl- grünessigsäure gebracht, lassen erkennen, dass in jeder Zelle ein Zellkern, der sich grünblau gefärbt hat, vorhanden ist. Wenn wir aus einem reifen Weizenkorn unter Betupfen der Schnitt- Die Molekularkräfte der Pflanzen. 103 fläche mit Glycerin einen zarten Querschnitt herstellen und denselben in Glycerin legen, um ihn mikroskopisch zu untersuchen, so finden wir, dass dicht unter der Frucht- und Samenschale, die wir an anderer Stelle ein- gehender besprechen werden, eine Schicht rechteckiger Zellen liegt. Die Zellen enthalten keine Stärkekörner, wohl aber viele kleine Aleuronkömer. Die Zellen des tiefer liegenden Gewebes führen reichliche Amylummengen (vgl. Fig. 42). IL Die Zerstörung der Molekularstructur organisirter pflanzlicher Gebilde. 47. Die Einwirkung niederer Temperaturen auf Pflanzen. Dem Einfluss niederer Temperaturen gegenüber verhalten sich die Pflanzen sehr verschiedenartig. Manche Gewächse (viele Flechten, Moose und Bakterien, aber auch höhere Pflanzen, z. B. Bellis perennis und Stellaria media etc.) bleiben lebendig, wenn sie bei — 6 = — 8° C. gefroren sind und dann schnell aufgethaut werden. Ich brachte auch Blätter von Primula elatior im Winter in Gläser, die nach dem Ver- schliessen mit einer Kältemischung, welche aus Schnee und Kochsalz in einem grossen Gefässe hergestellt worden war, umgeben wurden. Die Pflanzentheile blieben 6 Stunden lang einer Temperatur von — 5 = — 8 ° C. ausgesetzt und wurden dann durch Eintauchen in Wasser von 6" C. aufgethaut. Die Blätter waren bei Abschluss der Experimente nicht getödtet. Wenn man Kartoffelknollen im Freien oder in Gläsern, die mit einer Kältemischung umgeben werden, einer Temperatur von — S^C. aussetzt, so gefrieren sie durch und durch und sind in diesem Zu- stande klingend hart. Blätter, z. B. solche von Crassulaceen, Kohl-, Raps-, Bohnenpflanzen, einer Temperatur von — 8° ausgesetzt, werden in Folge des Gefrierens spröde wie Glas. Thaut man die Kartoffel- knollen oder die Blätter auf, indem man sie in gefrorenem Zustande in Wasser legt, so gehen sie zu Grunde. Sie sind erfroren und zeigen nunmehr die unter 48 aufgeführten Merkmale. Die Kartoffelknollen sind, wovon ich mich durch zahlreiche Ex- perimente sicher überzeugte, stets getödtet, wenn sie, nachdem ihr Gewebe wirklich gefroren war, nachträglich aufgethaut werden, mag dies langsam oder schnell geschehen. Man bringe einige Kartoffel- knollen in ein grosses Gefäss mit Wasser und setze dieses einer Temperatur von — 8 ° C. aus , so dass die Knollen langsam ge- frieren. Das nachträgliche Aufthauen des Eises und der Knollen kann sehr langsam herbeigeführt werden, indem man das Gefäss in einen Raum stellt, in welchem eine Temperatur von -h 1 — 2° C. herrscht. Die aufgethauten Knollen — und dasselbe Resultat erhielt ich mit Escheveriablättern — sind todt. Ich habe auch Exemplare von Zanni- chellia palustris, die in Wasser liegend unter dem Einfluss des Lichtes reichliche Sauerstoffmengen abschieden, mit dem Wasser gefrieren lassen. Sie erwiesen sich nach dem Aufthauen als todt und zeigten keine assimilatorische Thätigkeit mehr. 104 Zweiter Abschnitt. Sehr lehrreich ist es nach meinen Erfahrungen, Blätter von Be- gonia manicata, deren Blattstiel in Wasser eintaucht, deren Spreite aber unter einer Glasglocke von Luft umgeben ist, im Freien oder in einem Zimmer einer Temperatur von — 5° C. oder — 10° C. auszu- setzen. Die Blätter werden schon in Folge des Gefrierens missfarbig, und dieser Farbenton verschwindet auch nicht wieder, wenn man die Untersuchungsobjecte aufthaut. Die niederen Temperaturen bedingen eine Desorganisation des Protosplasmas, so dass der säurereiche Zell- saft auf die Chloroj^hyllkörper einwirken kann und das Chlorophyll- pigment zersetzt. Wenn man Flächenschnitte erfrorener Blätter von Begonia manicata mikroskopisch untersucht, so ergiebt sich in der That, dass die Chlorophyllkörper nicht, wie im normalen Zustande, grün, sondern gelblich gefärbt sind. Experimente mit den erwähnten Untersuchungsobjecten sind deshalb so lehrreich, weil die bei niederer Temperatur eintretende Farbenänderung der Blätter direct erkennen lässt, dass schon das Gefrieren an sich den Tod der Zellen hervorruft M. Wichtig ist ferner die von verschiedenen Physiologen festgestellte Thatsache, dass dieselben Pflanzentheile, welche im wasserreichen Zu- stande Schaden leiden, wenn sie gefrieren, im wasserarmen Zustande nicht durch den Einfluss der Kälte leiden ^). Man kann dies unter Benutzung lufttrockener sowie gequollener Samen von Phaseolus, Pisum, Triticum etc. leicht constatiren. Wenn man z. B., wie ich es gethan habe, einerseits lufttrockene Weizenkörner, andererseits solche, die 7 Stunden lang mit Wasser in Berührung gewesen waren, in kleinen Gläsern 15 Stunden lang einer Temperatur von — 10 " C. preisgiebt, so findet man , dass die ersteren , auf feuchtem Sande normalen Keimungsbedingungen ausgesetzt, noch keimfähig sind, während die letzteren nicht mehr keimen und zu Grunde gehen •^). Die gesammten Untersuchungen lassen namentlich diese Thatsache deutlich hervortreten, dass verschiedene Pflanzentheile und dieselben Beobachtungsobjecte in verschiedenen Zuständen keineswegs die gleiche Empfindlichkeit der Einwirkung niederen Temperaturen gegenüber be- sitzen. 48. Die Veränderungen, welche Pflanzen in Folge des Erfrierens erfahren. Beim Gefrieren von Pflanzentheilen tritt keineswegs, wie die Er- fahrung lehrt, ein Zerreissen der Zellhaut ein. Wenn man z. B. Fäden von Spirogyra im Wassertropfen auf dem Objectträger gefrieren lässt, so sind nach dem Aufthauen keine Risse in den Zellhäuten wahrzunehmen. Wir wissen ja auch, dass beim Gefrieren von Ge- weben in der Regel nur in den Intercellularräumen etc., nicht aber in den Zellen selbst Eisbildung erfolgt. Das Erfrieren ist sicher auf eine Zerstörung der Molekularstruc- tur des Protoplasmas zurückzuführen, was sich unmittelbar daraus ergiebt, dass dasselbe, wenn der Tod der Zellen durch Erfrieren ein- 1) Vgl. Detmer, Botan. Zeitung, 1886, Nr. 30. 2) Vgl. DETÄfER, Vergleichende Physiologie d. Keimungsprocesses d. Samen, 1880, 8. 392. 3) Weitere Literatur: Sachs, Versuchsstationen, 1860, Berichte d. sächs. Ge- sellschaft d. Wiss., 1860, Bd. 12, S. 27, und Flora, 1862; Göppert, Wärmeent- wickelung in der Pflanze, 1830. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 105 getreten ist, seine normale Impermeabilität für Farbstoffe, Säuren etc. verloren hat. Legt man gefrorene Stücke rother Rüben in Wasser von gewöhn- licher Temperatur, so nimmt dieses den rothen Farbstoif in grosser Menge auf, während der Saft aus den Zellen nicht gefrorener Stücke rother Rüben, die man nach dem Abspülen in Wasser gelegt hat, nicht austritt. Erfrorene Kartoffelknollen lassen nach dem Aufthauen bei leisem Druck grosse Flüssigkeitsmengen ausfliessen. Die Zellen haben in Folge der Desorganisation des Protoplasmas ihren Turgor verloren, ebenso wie die Zellen erfrorener Blätter, welche schlaff herabhängen und bald vertrocknen. Sehr schön lassen sich diese Phänomene an erfrorenen Begonia- oder Escheveriablättern beobachten. Wird Stärkekleister zum Gefrieren gebracht und dann aufgethaut, so hat man keine homogene Flüssigkeit mehr vor sich, sondern eine schwammige Masse, in deren Poren sich Flüssigkeit befindet. Es ist hier offenbar eine Umlagerung der Moleküle eingetreten, und das Er- gebniss des erwähnten Versuchs ist im Stande, uns manche Vorgänge, welche beim Erfrieren von Pfianzenzellen im Protoplasma derselben stattfinden, einigermaassen zu versinnlichen. 49. Die Eisbildan^ in gefrierenden Pflanzen. Ein einige cm dicker, gut abgewaschener und dann abgetrockneter Schnitt einer rothen Rübe wird in einer Schale, die man, um die Wasserverdunstung auszuschliessen, mit einer Glasplatte bedeckt hat, einer Temperatur von etwa — G" C. ausgesetzt, Ist der Pflanzen- theil vollkommen gefroren, so findet man seine Oberfläche mit einer Eiskruste bedeckt, die, wie geeignete bei Temperaturen unter 0° C. ausgeführte mikroskopische Untersuchungen lehren, aus parallel neben einander gestellten Eissäulen besteht. Besonders reichliche Eismengen findet man an der Unterseite des Rübenschnittes, da wo er den Boden der Schale berührt hat. Dieses Eis ist nicht roth gefärbt, woraus er- hellt, dass nicht der Zellsaft, sondern fast reines Wasser aus den Zellen des Untersuchungsobjectes herausgefroren ist. Unter bestimmten Umständen kann freilich in den Zellen gefrieren- der Pflanzentheile Eis entstehen ; gewöhnlich tritt aber das Wasser beim Gefrieren in die Intercellularräume oder in sonstige Höhlungen der Gewebe über und erstarrt hier erst. Schneidet man an einer grossen Runkelrübe den oberen Theil weg, befestigt denselben aber wieder mit Hülfe eines Bindfadens an seinem ursprünglichen Platze, nachdem man im unteren Theile eine nicht zu grosse Höhlung ange- bracht hat, und setzt das Untersuchungsobject nunmehr längere Zeit einer Temperatur von etwa — 8" C. aus, so sammeln sich beträcht- liche Eismassen in der Höhlung an '). Um den Nachweis zu liefern, dass beim Gefrieren der Pflanzen die erste Eisbildung in den Intercellularen stattfindet, werden Schnitte aus gefrorenen Kartoffelknollen oder Carotten, die mit stark abgekühlten Messern hergestellt worden sind, auf gut abgekühlte Objectträger gelegt und unter dem Mikroskop bei langsamem Aufthauen beobachtet. Man 1) Vgl. über das hier Gesagte und das Folgende Mt^LLER-Thurgau, Landwirth- schaftl. J^bücher, Bd. 9, S. 133. 106 Zweiter Abschnitt. sieht, dass sich die Eiskrystalle nicht in, sondern zwischen den Zellen gebildet haben, und dass sich die Zellreihen, welche durch die Eisdrusen auseinandergedrängt waren, beim Schmelzen des Eises einander nähern freilich nicht mehr bis zur vollständigen Berührung. Die Zellen geben also beim Gefrieren der Pflanzentheile Wasser ab. Dieses scheidet sich zunächst in den Intercellularen als Eis ab, und indem die Eismassen an- wachsen, erfahren auch die Intercellularen eine Vergrössarung. Sehr instructiv ist es, den Gang der Temperatur in gefrierenden Pflanzentheilen festzustellen, wie dies zuerst von Müller -Thurgau geschehen ist. Ich habe zu solchen Versuchen den in Fig. 43 abge- bildeten Apparat benutzt. Unter der tubulirten Glasglocke Gg liegt der Glasring Gr. Auf diesen letzteren gelangt das Untersuchungsobject, z. B. die Kartoffelknolle K. Mittelst eines Korkbohrers ist in die Knolle ein bis zur Mitte derselben reichendes Loch gebohrt, und dieses dient, nachdem es mit Fliesspapier ausgetrocknet worden ist, zur Aufnahme des cylindrischen Queck- silberbehälters eines empfindlichen und in Zehntel-Grade eingetheilten Thermo- meters T. Sehr wünschenswerth ist es, dass die Glasglocke nicht einen, sondern noch einen zweiten, zur Auf- nahme eines zweiten Thermometers die- nenden Tubulus besitzt, um neben der Temperatur der Knolle zugleich diejenige der sie um geben deji Luft unter der Glocke bestimmen zu können. Die ganze Vor- richtung wird in eine grosse Schale gestellt, und die Untersuchung in einem kalten Raum ausgeführt. Man umgiebt die Glocke in der Schale mit einer Kältemischung (Schnee und Kochsalz) und liest nun von 5 zu 5 Minuten den Stand des Quecksilbers in den Thermo- metern ab. Die Temperatur der Knolle sinkt allmählich auf — 3 = — 4 " C. Plötzlich aber steigt sie wieder auf — 1° C, hält sich längere Zeit ziemlich constant, um dann wieder zu sinken, bis die Temperatur der umgebenden Luft, z. B. — 8 ^ C, erreicht ist. Wenn Kartoffelknollen einer Temperatur unter 0 " ausgesetzt werden, so tritt zunächst, ohne dass Eisbildung in dem Gewebe erfolgt, eine Ueberkältung derselben ein. Ist das Ueberkältungsmaximum erreicht, so tritt die Eisbildung plötzlich ein, und durch die dabei frei werdende Wärme steigt die Temperatur in der Knolle auf den Gefrierpunkt derselben, welcher etwa bei — 1 ^ C. liegt. Allmählich sinkt dann die Temperatur der Knolle auf diejenige des umgebenden Mediums herab. Andere Pflanzentheile verhalten sich ähnlich. Ich umwickelte z. B. den Quecksilberbehälter eines Thermometers mit einem Blatt- streifen einer Begonie (B. manicata), befestigte den Pflanzentheil mit Hülfe eines Bindfadens am Thermometer und kühlte das Unter- suchungsobject ab. Das Ueberkältungsmaximum lag bei — 4, 8 " C, der Gefrierpunkt bei — 0, 8 " C. Erst als dieser erreicht war, wurde der Blattstreifen missfarbig (vergl. unter 47). F1^. 43. Apparat zur ünter- snehuner des Temperatnrganges in gefrierenden Kartoffelknollen. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 107 Bei ausführlichen Untersuchungen über den Temperaturgang gefrierender Pflanzentheile verwendet man zweckmässig einen Gefrierkasten, der, wie folgt, construirt ist (MüLLER-Thurgau). Er besteht aus einem kubischen Holz- kasten von 1 m Kantenlänge, mit doppeltem Boden und doppelten Seiten- wänden. Boden und Wände sind mit trockenen Holzsägespänen ausgefüllt. In diesen Holzkasten passfc genau ein doppeltwandiger, oben ebenfalls offener Zinkblechkasten, dessen innere Wandung sich herausheben lässt. Bei der Verwendung des Apparates wird zunächst der äussere Zinkkasten mit etwa nussgrossen Eisstücken so weit angefüllt, wie die den inneren Zinkkasten tragenden Säulen reichen, hierauf der innere Zinkkasten an seine Stelle gebracht, und auch der Zwischenraum zwischen beiden Zink- kästen mit Eis angefüllt. Handelt es sich darum, im Gefrierkasten eine Temperatur unter 0 ", z. B. von — 8 ° C. hervorzubringen, so bringt man auf die Oberfläche des Eises zwischen den Wänden der Zinkkästen bestimmte Kochsalzmengen, die, indem sie einen Theil des Eises zum Schmelzen bringen, Kälte erzeugen. Als Deckel des Apparates dienen zwei viereckige Blechteller, welche, neben einander gelegt, den doppelt- wandigen Zinkblechkasten zudecken und noch nicht völlig den oberen Rand des Holzkastens erreichen. Die Deckel, welche ebenfalls mit Eis unter Kochsalzzusatz zu füllen sind, lassen eine etwa 2 cm breite, nach oben sich erweiternde Spalte über dem ganzen Gefrierkasten offen, durch welche die Thermometer, mit Hülfe welcher die Temperaturverhältnisse der Untersuchungsobjecte sowie diejenigen der diese umgebenden Luft ermittelt werden sollen, ans Tageslicht treten. Die beiden Zinkblech- deckel sind schliesslich noch je mit einem Holzdeckel zugedeckt, die gerade mit dem oberen Eande des Holzkastens abschliessen. Zur Auf- stellung des Gefrierkastens wählt man einen Raum von möglichst constanter Temperatur, z. B. ein nach Norden gelegenes Zimmer. Es gelingt dann bei einiger Aufmerksamkeit im Winter leicht, tagelang eine recht constante Temperatur unter 0° im Apparat zu erhalten. Bei Aus- führung der Beobachtungen müssen die Untersuchungsobjecte sich möglichst in der Mitte des Gefrierkastens befinden. Das obere Ende der Thermo- meter, deren Quecksilberbehälter von den Pflanzentheilen umgeben ist, wird durch geeignete Halter, die auf der einen Deckelhälfte stehen, festgehalten. Natürlich müssen die in Zehntel-Grade getheilten und häufiger mit einem Normalthermometer zu vergleichenden Thermometer derartig construirt sein, dass diejenigen Theile der Scala, auf denen die Temperaturen von 0 bis etwa — 8 " C. verzeichnet sind, noch aus dem Gefrierkasten hervorragen. Die Ablesungen der Thermometer erfolgen bei den Untersuchungen in Zwischenräumen von einer Minute. Alle Resultate dieser Ablesungen werden in tabellarischer Form übersichtlich zusammengestellt. Um die Thatsache zu begreifen, dass Temperaturen unter 0^ ausgesetzte Pflanzentheile eine Ueberkältung erfahren, und dass ihr Gefrierpunkt nicht bei 0", sondern tiefer liegt, müssen wir uns an das Verhalten von Salzlösungen sowie an das Verhalten durch Ad- häsionskräfte seitens fester Körper festgehaltenen Wassers beim Gefrieren erinnern. In den Zellen der Pflanzen ist ja auch kein reines Wasser, sondern eine wässerige Lösung verschiedener Stoffe vorhanden, und die organisirten pflanzlichen Gebilde halten das Wasser fest. Reines Wasser gefriert meist bei 0^, eine Lösung (z. B. Koch- salzlösung) aber stets erst bei tiefer liegenden Temperaturen. Je nach den Concentrationsverhältnissen lassen sich Kochsalzlösungen mehr 108 Zweiter Abschnitt. oder weniger überkälten, bevor die Eisbildung beginnt. Die Temperatur der Lösungen steigt dann plötzlich, bis der eigentliche Gefrierpunkt, der stets unter 0 " liegt, erreicht ist. Man kann diese Verhältnisse leicht durch geeignete Experimente feststellen. Um das Verhalten durch Adhäsionskräfte gebundenen Wassers beim Gefrieren zu unter- suchen, habe ich nach MÜLLER-Thu rgau's Vorgange den Queck- silberbehälter eines Thermometers mit Fliesspapier umwickelt, das zunächst mit Wasser durchtränkt und dann wieder äusserlich abge- trocknet worden war. Unter einer mit einer Kältemischung umgebenen Glasglocke niederer Temperatur ausgesetzt, nahm das Fliesspapier allmählich eine Temperatur von — 3 " C. an (Ueberkältungsmaximum), und dann stieg die Temperatur plötzlich bis auf etwas unter 0 *» C. Das in Lösungen vorhandene, sowie das durch Adhäsionskräfte seitens fester Körper gebundene Wasser — und das Wasser in der Pflanze befindet sich ja unter solchen Verhältnissen — gefriert also nicht bei 0" C, wie reines Wasser, sondern erst bei tiefer liegenden Temperaturen. Der Gleichgewichtszustand zwischen den Wasser- theilchen und den Salztheilchen oder den Theilchen der festen Körper wird erst bei Temperaturen unter 0" C. aufgehoben, so dass die Eis- bildung erfolgen kann. Freilich wird nun bei der Eisbildung eine er- hebliche Wärmemenge frei; indessen die Temperatur der Salzlösungen oder der mit Wasser durchtränkten festen Körper erhebt sich doch nicht ganz auf O'* C, da eine gewisse Wärmemenge verbraucht wird, um die Wassertheilchen beim Gefrieren von den Salztheilchen oder den Theilchen der festen Körper loszureissen. 50. Die Tödtiiii^ der Pflanzen durch zu hohe Temperaturen. Als Untersuchungsobjecte dienen zunächst in kleinen Blumen- töpfen zur Entwickelung gebrachte junge Pflanzen von Zea, Nicotiana, Cucurbita, Phaseolus oder Tropaeolum. Haben die Pflanzen einige Blätter entfaltet, so sind sie für die Experimente geeignet. Man bringt nun die Luft unter der Glocke eines Thermostaten auf die- jenige Temperatur, deren Wirkung auf die Pflanzen studirt werden soll. Ist diese Temperatur constant geworden, so gelangt em Unter- suchungsobject in den Thermostaten. Man wartet, bis die Temperatur, deren Einfluss man untersuchen will, im Apparat wieder hergestellt ist, und überlässt die Pflanze dann dieser Temperatur gewisse Zeit lang. Oft empfiehlt es sich, die Erde in den Töpfen, um einen schnelleren Temperaturausgleich zu erzielen, mit warmem Wasser zu begiessen. Ein Thermometer ist in die Erde, in welcher die Pflanze wurzelt, eingesenkt, ein zweites hängt unter der Glocke und berührt die ober- irdischen Theile der Untersuchungsobjecte. Man kann die Versuche nun vielfältig variiren. Wir belassen eine der genannten Pflanzen z. B. eine halbe Stunde lang bei einer Lufttemperatur von 40 oder 45" C, oder wir setzen die Pflanzen im Apparat 10 — 30 Minuten lang einer Lufttemperatur von 52** C. aus. Darauf werden die Ge- wächse aus dem Thermostaten herausgenommen und normalen Lebens- bedingungen ausgesetzt, um ihr weiteres Verhalten zu beobachten. Ein halbstündiges Verweilen in Luft von 40" C. ertragen die Pflanzen gewöhnlich ohne Nachtheil; ein 10 — 30 Minuten dauernder Aufenthalt in Luft von 52 " C. tödtet sie aber in der Regel. Uebrigens Die Molekularkräfte der Pflanzen. 109 ist zu beachten, dass die Pflanzen keineswegs sofort absterben, wenn sie zu hohen Temperaturen, z. B. 52" C. während 10 Minuten, aus- gesetzt gewesen sind. Vielmehr tritt der Tod oft erst nach Tagen ein. Die eben fertig ausgebildeten Blätter werden allmählich miss- farbig, während die älteren Blätter und Internodien, sowie auch die Knospen erst später absterben. Bei der Ausführung genauer ver- gleichender Untersuchungen über den Einfluss höherer Temperaturen auf Pflanzen ist es nothwendig, jedes Experiment bei bestimmter Tem- peratur mehrfach zu wiederholen , und ebenso ist jeder Versuch mit einer noch nicht benutzten, also vollkommen normalen Pflanze anzu- stellen. Man schützt sich auf diese Weise vor Irrthümern. Lehrreich würde es auch sein. Pflanzen längere Zeit (mehrere Stunden oder gar Tage) bei relativ niederen Temperaturen (z. B. 35 —40" C.) im Thermostaten zu belassen, um das nachträgliche Verhalten der Unter- suchungsobjecte zu beobachten. Während die Pflanzen ein 10 Minu- ten langes oder ein etwas längeres Ver- weilen in Luft von 52 " C. nicht ohne nachtheilige Folgen ertragen, rufen schon Temperaturen von etwa 45 — 48" C, denen die Untersuchungsobjecte 10 Mi- nuten lang ausgesetzt waren, den Tod derselben hervor, wenn das Medium nicht Luft, sondern Wasser ist. Um diese Thatsache zu demonstriren, taucht man die oberirdischen Theile in Töpfen cul- tivirter Pflanzen, nachdem man, um das Herausfallen der Erde aus den Töpfen zu verhindern, Sperrhölzer auf die Boden- oberfläche gelegt hat. in Wasser von der bezeichneten Temperatur. Diese wird während der Experimente constant er- halten, und nach Verlauf von 10 Minuten nimmt man die Pflanzen aus dem Wasser heraus, um ihr ferneres Verhalten zu beobachten. Bei dem Studium über den Einfluss des Wassers von höherer Temperatur auf die Pflanzen kann man auch mit abgeschnittenen Pflanzentheilen, z. B. mit Blättern, experimentiren. Ich benutzte unter anderem zu solchen Versuchen Blätter von Begonia manicata und Vitis vinifera, die sehr geeigneteUntersuchungs- objecte darstellen, weil sie in Folge des Todes der Zellen eine wesentliche Far- benänderung erfahren. Taucht man die Blätter von Begonia 15 Minuten lang in Wasser von 40 " C, so sterben ihre Zellen nicht ab. In Wasser von 75 " C. eingetaucht, verfärben sich die Blätter fast momentan und sind dann getödtet. Wasser von 55 " C. tödtet die Blätter binnen zwei Minuten. Fig. 44. Apparat zur Unter- suchung der Einwirkung IiQlierer Temperatur auf Samen. 110 Zweiter Abschnitt. Um die wichtige Thatsache zu constatiren, dass Ptianzentheile, zumal Samen, höhere Temperaturen weit besser im trocknen als im mit Wasser durchtränkten Zustande überdauern, benutzt man den Fig. 44 abgebildeten Apparat. Das Becherglas B ist mit Wasser angefüllt. Der das Glas verschliessende grosse Kork hat mehrere Bohrungen, und durch die eine derselben ist das Thermometer T gesteckt, während die beiden anderen zur Aufnahme von Probirgläsern (P und P) dienen. Die Mündungen dieser letzteren sind mit Korken verschlossen, in deren Bohrungen Thermometer eingeführt werden. Die ganze Vor- richtung hängt in einem Metallringe und taucht in das Wasser eines Wasserbades ein. Man erwärmt nun mit einer Gas- oder Spiritus- flamme, bis die Thermometer in den Probirgläsern diejenige Tem- peratur anzeigen, bei der man experimentiren will (z. B. 50, 60 oder 70" C). Jetzt werden in das eine Probirglas lufttrockne, in das andere gequollene Samen gebracht, und zwar benutzt man z. B. je 50 bis 100 Samen von Pisum, Zea oder Triticum, um diese Unter- suchungsobjecte einige Zeit lang (z. B. eine Stunde lang) der constant gehaltenen höheren Temperatur auszusetzen. Darauf werden die Samen in Sägespäne gelegt und normalen Keimungsbedingungen aus- gesetzt. Die lufttrocken erwärmten Samen keimen noch zum Theil; die aber im gequollenen Zustande erwärmten gehen sämmtlich zu Grunde und keimen nicht. Lufttrockne Körner von Pisum, Zea oder Triticum kann man eine Stunde lang Temperaturen von 65 oder 70*^ C. exponiren, ohne dass sämmtliche Untersuchungsobjecte ihre Keimfähigkeit einbüssen ; freilich wird dieselbe aber dadurch mehr oder minder geschwächt. Als ich lufttrockne Weizenkörner eine Stunde lang einer Temperatur von 62" C. ausgesetzt hatte, erwies sich nachträglich noch ein nicht unerheblicher Procentsatz der Untersuchungsobjecte keimfähig. Die gequollenen Weizenkörner, welche eine Stunde lang einer Temperatur von 62 " C. ausgesetzt gewesen waren, gingen aber bei der Keimprobe sämmtlich zu Grunde '). 51. Die Veränderungen, welche Pflanzen in Folge der Tödtung durcli zu Lohe Temperaturen erfaliren. Man tauche ein junges Blatt aus der Knospe von Elodea cana- densis, in dessen Zellen das Stattfinden lebhafter Protoplasmabe- wegung constatirt ist, kurze Zeit (etwa 1 Minute lang) in Wasser von 60" G. Infolge des Einflusses der hohen Temperatur wird die Proto- plasmabewegung sofort sistirt ; sie kehrt auch nach längerer Zeit nicht wieder; das Untersuchungsobject geht in einen desorganisirten Zustand über und ist abgestorben. Sehr zahlreiche Blätter (ich experimentirte z. B. mit Kohlblättern) erfahren, wenn man sie einige Zeit lang in Wasser von höherer Tem- peratur (z. B. 60" C.) bringt, keine wesentlichen Farbenveränderungen. Die Blätter sterben aber in dem warmen Wasser sehr schnell ab ; die Zellen verlieren ihren Turgor, und die Pflanzentheile sind schlaff V) Literatur: Sachs, Flora, 1864, S. 5, und Handbuch d. Kxperimentalphysio- logie aer Pflanzen, 1865, S. 64. Femer vgl. Detmer, Vergleichende Physiologie d. Keimungsprocesses LANDT herausgegebenen wissenschl.-prakt. Untersuchungen auf dem Gebiete des Pflanzenbaues, Bd. 2, S. 77, und Detmek, Botan. Zeitung, 1886, Nr. 30. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 111 geworden. Sie können auch nicht wieder in den normalen turgescenten Zustand zurückgebracht werden. Wenn man Blätter, deren Zellen säurereich sind (ausgezeichnete Objecte sind nach meinen Erfahrungen die Blätter von Begonia manicata und Vitis vinifera) in heisses Wasser taucht, so werden dieselben schnell missfarbig, weil die Chlorophyll- körper in Folge der Vernichtung des Protoplasmas jetzt in Contact mit dem säurereichen Zellsaft gelangen, und die Säure das Chloro- phyllpigment zersetzt. Legt man Begoniablätter in W asser von 55° C, so sind sie nach Verlauf von 2 Minuten missfarbig; in Contact mit Wasser von 75" C. verlieren sie fast momentan ihre grüne Farbe. Bei mikroskopischer Untersuchung von Flächenschnitten der getödteten Blätter von Begonia manicata ergiebt sich in der That, dass die Chloro- phyllkörper nicht mehr grün, sondern bräunlich gefärbt sind. Dass das Protoplasma bei dem durch zu hohe Temperaturen hervorgerufenen Absterben seine normale Beschaffenheit einbüsst und in Folge dessen die Säuren des Zellsaftes leicht diosmosiren lässt, kann man nach meinen Erfahrungen leicht in folgender Weise fest- stellen. Ein Stück vom Blattstiele eines lebendigen Blattes von Be- gonia manicata wird nach dem Abspülen in destillirtes Wasser gelegt. Ein zweites Stück desselben Blattstieles tödtet man durch Einlegen in Wasser von 60° C. Ist das Blattstielstück missfarbig geworden, so überträgt man es schnell in destillirtes Wasser. Zu diesem Wasser und ebenso zu demjenigen, in welchem das lebende Blattstück verweilt, fügt man alsbald, nachdem man die Blattstücke entfernt hat, etwas Chlorcalciumlösung hinzu. Die eine P'lüssigkeit bleibt klar, die andere, in der das getödtete Blattstück lag, trübt sich in Folge der Abscheidung von oxalsaurem Kalk. Das zerstörte Protoplasma ist permeabel für die Oxalsäure des Zellsaftes geworden und hat dieselbe nach aussen in das umgebende Wasser austreten lassen. Werden Haare von den Staubfäden einer Tradescantia durch Ein- tauchen in Wasser von 55 oder 60° C. getödtet, dann in einem Wasser- tropfen auf den Objectträger gebracht und ihr Verhalten beobachtet, so zeigt sich, dass der rothe oder violette Farbstoff des Zellsaftes in den Zwischenraum zwischen Protoplasma und Zellhaut übergeht und schliesslich aus den Zellen in das umgebende Wasser gelangt. Das gesunde Protoplasma ist impermeabel für den Farbstoff. Wenn man Stücke frischer rother Rüben zunächst sorgfältig abspült, um den aus den angeschnittenen Zellen hervortretenden Saft zu beseitigen, und dann in Wasser legt, so geben sie selbst bei stundenlangem Verweilen in der Flüssigkeit keinen Farbstoff an dieselbe ab. Sind die Zellen der rothen Rüben aber durch den Einfluss höherer Temperatur ge- tödtet, so lassen sie ihren Farbstoff, in Wasser von gewöhnlicher Tem- peratur gelegt, schnell austreten. Legt man einerseits durch Eintauchen in Wasser von 60° C. getödtete, andererseits aus lebenden Zellen be- stehende Stücke weisser Rüben in den Saft rother Rüben, so dringt der Farbstoff binnen 24 Stunden nicht in die letzteren ein, während sich die ersteren durch und durch roth färben. 53. Die Vernichtung der Molekularstructur durch mechanische Eingriffe. Wenn es auch allbekannt ist, dass Pflanzentheile schwachen Druck oder schwache Zerrung ohne Nachtheil ertragen, wohl aber eine Zerstörung 112 Zweiter Abschnitt. ihrer Molekularstructur unter dem Einflüsse energischer mechanischer Ein- griffe erfahren, so mögen dennoch einige nicht ganz unwichtige Experi- mente angeführt werden, deren Resultate die letztere Thatsaohe deutlich hervortreten lassen. Etwas Kartoffelstärke wird mit Wasser von 15 — 20** C. übergössen. Eine gleiche Menge der Stärke wird mit Wasser übergössen, nachdem man sie in einem Mörser mit reinem Quarzsand möglichst vollkommen verrieben hat. Nach einigen Stunden filtrirt man die Flüssigkeiten ab und kann nun in der einen mit Hülfe von Jod keine Granulöse nach- weisen, während das Wasser der mit Sand verriebenen Stärke Granulöse entzogen hat. Der mechanische Eingriff führt zu einer Zerstörung der Molekularstructur der Amylumkörner, und diese geben daher Granulöse an die Flüssigkeit ab, während die unversehrten Stärkekörner dies nicht vermögen. Wenn man das Gewebe der Spreite des Blattes von Begonia mani- cata heftig zwischen den Fingern zusammenpresst, so nimmt dasselbe an der gedrückten Stelle alsbald eine bräunliche Färbung an. Die mikro- skopische Untersuchung von Flächenschnitten von der gedrückten Stelle lehrt, dass die Chlorophyllkörper in den Zellen missfarbig geworden sind, während sie im normalen Zustande schön grün erscheinen. Durch den Druck ist eine Zerstörung der protoplasmatischen Zellenbestandtheile herbeigeführt worden. Dieselben sind permeabel für den sauren Zellsaft geworden, und dieser hat zersetzend auf das Chlorophyllpigment einge- wirkt '). 53. Die Wirkung des Austrockiiens auf Pflanzentheile. Werden krautige Sprosse abgeschnitten, und führt man ihnen nun- mehr kein Wasser zu, so gehen sie alsbald in den welken Zustand über. Wenn derselbe weit vorgeschritten ist, so kann man die Sprosse durch Wasserzufuhr nicht aufs Neue in den normalen Zustand überführen, da- gegen erholen sich eben angewelkte Sprosse oft wieder, wenn man ihnen reichlichere Wassermengen zur Verfügung stellt. Um den Einfiuss kennen zu lernen, den das Austrocknen auf Samen sowie Keimpflanzen ausübt, verwende man Weizen- oder Erbsensamen. Das Material wird theils nach 24-stündigem Quellen, theils nachdem die Würzelchen soeben hervorgebrochen sind oder sich mehr oder minder weit entwickelt haben, in Glasschalen gebracht und dem austrocknenden Einflüsse der Luft ausgesetzt. Sind die Samen oder Keimpflanzen luft- trocken geworden, so legt man sie in feuchtes Sägemehl und beobachtet ihr Verhalten. Die angequollenen Samen werden durch das Austrocknen wenig gelitten haben ; ebenso diejenigen Untersuchungsobjecte, deren Wurzeln nur einen sehr geringen Grad der Entwickelung erfahren hatten. Der Einfiuss der Austrocknung auf etwas weiter ausgebildete Keimpflanzen macht sich darin geltend, dass die jungen Keimtheile freilich absterben, aber bei erneuter W^^sserzufuhr wieder durch Bildung von Adventivwurzeln und Entwickelung vorhandener Achselknospen ersetzt werden, während noch weiter ausgebildete Keimpflanzen durch das Austrocknen gewöhnlich völlig zu Grunde gehen f). 1) Vgl. Detmer, Botan. Zeitung, 1886, Nr. 30. 2) Vgl. NowoczcK in Haberlandt's wissenschL-prakt. Unters, auf dem Gebiete d. Pflanzenbaues, B. 1, S. 122. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 113 Werden Rasen von Barbula muralis mehrere Wochen an der Luft oder im Exsiccator über Schwefelsäure ausgetrocknet und dann befeuchtet und auf feuchte Erde gebracht, so wachsen sie, ohne die alten Blätter zu verlieren, ruhig weiter. Manche andere Moose verhalten sich ähnlich ; es giebt aber auch Moose, die sich dem Austrocknen gegenüber recht empfindlich erweisen '). Ueber die Frage, wie sich mehr oder minder weit ausgetrocknete, aber freilich noch immer ziemlich wasserreiche Keimpflanzen im Vergleich zu den normalen Untersuchungsobjecten bezüglich ihrer Athmungsenergio verhalten, stellte ich eine Reihe von Beobachtungen an 2). Etwa 30 Erbsen- keimpflanzen werden nach der im dritten Abschnitt angegebenen Methode auf ihre Athmung untersucht. Man bestimmt die Kohlensäuremenge, welche die Keimpflanzen in 2 oder 3 Stunden bei constanter Temperatur aushauchen. Dann wird den Versuchsobjecten einige Tage lang kein Wasser dargeboten und das mehr oder minder ausgetrocknete Material wieder bei derselben Temperatur wie früher auf seine Athmungsenergio geprüft. Dieselbe ist jetzt erheblich gesunken. Lufttrockene Samen geben nach meinen Beobachtungen keine nachweisbaren Kohlensäure- mengen aus. 54. Die Einwirkung der ElelLtrieität anf Pflanzen. Ueber die Einwirkung der Elektricität auf Pflanzen ist, namentlich soweit es sich dabei um das feinere Detail handelt, noch relativ wenig be- kannt ^). Von physiologischem Interesse erscheint zumal die Thatsache, dass constante Ströme so- wie Inductionsströme nicht ohne Einfluss auf die Pro- toplasmabewegungen sind, in- dem sie den Verlauf der- selben meistens verlangsamen oder die Bewegungen völlig aufheben und schliesslich ^. Fi&. 45. Objecttrllger zur Untersuchung der j m j j rr ^^ Li« Em Wirkung elektrischer otrome auf rilanzen- den Tod der Zellen herbei- theile führen. Um die in Frage kommenden Phänomene zu studiren, verwende man junge Blätter von Elodea oder Haare von den jüngeren Theilen einer Kürbispflanze. Die Untersuchungsobjecte werden im Wassertropfen unter Deckglas der mikroskopischen Beobachtung unterzogen, und die Object- träger haben die in Fig. 45 dargestellte Form. Auf der Glasplatte G sind zwei Messingplatten M, M mit Asphaltlack (Auflösung von Asphalt in Terpentinöl) festgekittet. An jeder Messingplatte ist eine Klemm- schraube K festgelöthet. Die beiden Staniolblättchen St, St werden mit Hülfe von Asphaltlack auf den Messingplatten und der Glasplatte be- festigt; sie lassen einen Zwischenraum zwischen sich, der dem Wasser- 1) Vgl. Schröder, Untersuchungen aus dem botan. Institut zu Tübingen, Bd. 2, S. 18. 2) Vgl. Detmer, Landwirthschaftl. Jahrbücher, Bd. 11, S. 230. 3) Literaturzusammenstellungen vergl. an verschiedenen Orten in Pfeffer's Handbuch der Pflanzenphysiologie. Detmer, Fflanzenphygiologisches Fr»ktiknm. 8. Aofl. 8 114 Zweiter Abschnitt, tropfen, in welchem sich das Untersuchungsobject befindet, Raum gewährt. Will man die Einwirkung von Inductionsströmen auf die Pflanzenzellen Studiren, so schraubt man die Enden der vom Inductionsapparat kommen- den Drähte am Objectträger fest und kann nun die mikroskopischen Beobachtungen anstellen, während die Ströme ihren Einfluss auf die Zellen geltend machen. Es ist bei physiologischen Untersuchungen wichtig, die Stärke der Ströme reguliren zu können, und daher verwende man In- ductionsapparate, wie sie für medicinische Zwecke von den Mechanikern geliefert werden. Diese Apparate sind gewöhnlich sammt dem strom- erregenden Elemente in einem geeigneten Kasten angebracht. Die Re- gulirung der Stromstärke kann auch mittelst des Schlittenapparats von Du Bois Reymond vorgenommen werden (vgl. Eig. 46), bei dessen Be- nutzung man die Drahtenden der Hauptspirale Ä mit dem Elektromotor und dem Rheotom verbindet, während von der Nebenspirale B aus die Verbindung mit den Klemmschrauben des Objectträgers hergestellt wird. Gewöhnlich ist der Schlittenapparat mit dem Rheotom (meistens einem magnetischen Hammer), der in Fig. 46 nicht dargestellt ist, verbunden. Als stromerregendes Element verwendet man zweckmässig das in Fig. 47 abge- bildete Chromsäuretauchelement. Die Flasche enthält eine Lösung, die man darstellt, indem man 92 g gepulvertes doppeltchrom- saures Kali mit 93,5 ccm concentrirter Schwefelsäure, das Pulver allmählich zu- Fig. 16. Inductionsapparat. ¥ig, 47. Chromsänre- element. setzend, mischt. Unter Umrühren löst man die Masse dann in 900 ccm Wasser. Die Zinkplatte des Elementes kann zwischen den Kohlen- platten mittelst eines Stabes eingesenkt oder, wenn der Apparat ausser Thätigkeit gesetzt werden soll, über das Flüssigkeitsniveau empor- gehoben werden. Bei Versuchen mit den Blättern von Elodea canadensis fand ich, dass schwächere Inductionsströme die Protoplasmabewegung in den Zellen sistirten ; nach Aufhebung des Stromes stellte sich dieselbe allmählich wieder ein. Stärkere Inductionsströme sistirten die Protoplasmabewegung in einer Zelle für immer. Da stärkere Ströme die Zellen tödten und der abgestorbene Zustand des Protoplasmas leicht daran kenntlich ist, dass dasselbe permeabel für manche Stoffe (z. B. Farbstoffe) wird, die es im lebenden Zustande nicht durchlässt, so würde es instructiv sein, auf Haare der Staubfäden von Tradescantia elektrische Ströme einwirken zu lassen. Das Absterben der Zellen müsste sich leicht an dem Farbstoff- austritt aus dem Zellsaft, resp. aus den Zellen feststellen lassen. Bei Untersuchungen über den Einfluss elektrischer Ströme auf Pflanzenzellen Die Molekularkräfte der Pflanzen. 115 achte man auch auf die Formänderungen, welche das Protoplasma unter der Einwirkung der Ströme erleidet ' ). Lehrreich ist es ferner, das folgende Experiment auszuführen '^). Man legt zwei Blattstücke von Begonia manicata, die einige cm Länge besitzen, auf eine Glasplatte. Durch das eine Blattstück schickt man nun etwa 15 Minuten lang einen nicht zu schwachen Inductionsstrom, indem man die Elektroden (kleine Metallstücke) den beiden Enden des Blattstreifens auflegt. Das zweite Blattstück dient nur als Vergleichs- object. Nach der angegebenen Zeit gelangen beide Blattstreifen in ein verschlossenes Glas. Der nicht elektrisirte Pflanzentheil bleibt grün und frisch; der elektrisirte bräunt sich alsbald, verliert seinen Turgor und wird schlaff, weil der Inductionsstrom das Protoplasma seiner Zellen getödtet hat. 55. Die Einwirkung von Giften auf die Pflanzen. Bei Untersuchungen über die Frage, ob diese oder jene Stoffe sich den Pflanzenzellen gegenüber giftig verhalten, benutzt man zweck- mässig Samen. Freilich ist immer zu beachten, dass ein Stoff, wenn er das Leben einer Pflanzenart schädigt oder vernichtet, darum noch nicht als Gift für alle Gewächse angesehen werden darf. Handelt es sich z. B. darum, die Wirkung des Sublimats, des Kupfervitriols, der Salicylsäure, der Carbolsäure, der Citronensäure, des Atropins, des salzsauren Chinins, des Kochsalzes etc. auf Pflanzen zu prüfen, so stellt man sich 0,1-, 0,2-, 0,5-, 1,0-procentige oder verdünntere, resp. concentrirtere Lösungen dieser Stoffe her, bringt dieselben in kleine Gläser und legt eine nicht zu kleine Anzahl Erbsensamen oder Weizen- körner in die Flüssigkeiten. Nach 24 Stunden werden die gequollenen Untersuchungsobjecte auf flachen Schalen mit etwas Wasser in Contact gebracht oder in feuchtes Sägemehl gelegt. Man stellt nun fest, wie viele Samen in bestimmter Zeit keimen, und welche Länge die Keim- theile im Vergleich zu denjenigen solcher Keimpflanzen erreichen, die sich von Anfang an unter durchaus normalen Verhältnissen entwickelten. So fand ich z. B., dass 0,1-proc. Salicylsäurelösungen schon äusserst giftig auf Erbsen einwirkten ^). Man cultivire ferner Keimpflanzen von Pisum in flachen Schalen, indem man dafür sorgt, dass die Cotyledonen stets bis etwa zur Hälfte vom Wasser bedeckt sind. Nach einigen Tagen bestimmt man die Länge der Wurzel- sowie Stengeltheile der Keimlinge, ersetzt das Wasser durch Lösungen verschiedener Stoffe von bekannter Concentration und lässt die Keimpflanzen 24 Stunden lang mit der Flüssigkeit in Contact. Dann misst man die Länge der Keimtheile wieder, bringt die Unter- suchungsobjecte aufs Neue mit reinem Wasser in Berührung und er- mittelt, ob Wachsthum derselben eintritt pder nicht. Nach meinen Erfahrungen heben manche Gifte das Wachsen der Keimpflanzen für 1) Bei den Untersuchungen über den Einfluss der Elektricitat auf Pflanzen wird man fernerhin, um zu völlig einwurfsfreien Resultaten zu gelangen, bemüht sein müssen , unpolarisirbare Elektroden zu verwenden. Vgl. über dieselben die Abschnitte über elektromotorische Wirkimgen an Pflanzen. 2) Vgl. Detmer, Botan. Zeitung, 1886, Nr. 30. 3) Vgl. Detmer, Landwirthschl. Jahrbücher, Bd. 10, S. 733. 8* 116 Zweiter Abschnitt. immer auf; andere sistiren dasselbe freilich auch, aber die Unter- suchungsobjecte beginnen doch ihre Entwickelung wieder, wenn sie nachträglich mit destillirtem Wasser in Berührung gebracht werden. Ich habe ferner gequollene Samen von Pisum sativum auf flachen Glasschalen mit etwas Wasser in Berührung gebracht und, nachdem noch ein Glas mit Chloroform neben der Schale aufgestellt . worden war, das Ganze mit einer Glasglocke bedeckt. Bei nicht zu niederer Temperatur (18*^ C.) keimte kein Same'). Die giftige Wirkung des Chloroforms auf Pflanzenzellen kann man auch leicht in Vorlesungen demonstriren, wenn man in eine flache Schale Chloroform giesst und diese sowie ein Blatt von Begonia manicata, das mit seinem Stiel in Wasser eintaucht, unter eine Glasglocke stellt. (Vgl. Fig. 48.) Die Blattzellen sterben alsbald ab. Das Blatt wird missfarbig, indem die zu Grunde gehenden Protoplasmamassen für die Säure des Zellsaftes permeabel werden, so dass eine Zersetzung des Chlorophyllfarbstoff'es erfolgen kann '^). Will man untersuchen, ob bestimmte Stoflfe die Entwickelung von Penicillium oder von Bacterien beeinträchtigen oder völlig aufheben, so stellt man die Culturen in derselben Weise an, wie es unter 35 und 38 angegeben ist, nur mit dem Unterschiede, dass den Nähr- lösungen bestimmte Mengen derjenigen Körper (z. B. Salicylsäure, Sublimat etc.) zugesetzt werden, deren Wirkung auf die Pflanzen geprüft werden soll. Con- trolversuche ohne Zusatz der Gifte zu den Nährlösungen sind natürlich nicht zu unterlassen. So habe ich z. B. PASTEUR'sche Nährlösung, die Rohrzucker enthielt (vgl. über Darstellung der Lösung unter 18), einmal ohne weiteren Zusatz und in einem anderen Falle mit einem Zusatz von 0,2 ^Iq Sali- cylsäure 8 Tage lang sich selbst überlassen. Die letztere Flüssigkeit war nach Verlauf dieser Zeit noch klar; in der ersteren hatte sich eine bedeutende Bacterienvegetation entwickelt, und sie erschien da- her sehr trübe. Um die Wirkung von Giften auf Spirogyra oder auf andere Algen festzustellen, bringt man die Fäden derselben ein- fach in die betreffenden Lösungen, z. B. in solche von Kupfersalzen, Oxalsäure etc. =*). Sind die Lösungen nicht gar zu concentrirt, so dass die Giftwirkung langsam eintritt, dann erfolgt meist zunächst ein Einschrumpfen des Kerns und Verquellung der Chlorophyllkörper. Y\g. 48. Apparat zur Unter suchung der Einwirkung des Chloro fonns auf Pflanzentheile. 1) Vgl. Detmer, Wollny's Forschimgen auf dem Gebiete der Agricultur- physik, Bd. 5, S. 253. 2) Vgl. Detmer, Botan. Zeitung, 1886, Nr. 30. 3) Vgl. LoEW, Flora, 1892, Heft 3, S. 374 und 386. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 117 III. Elementare Molekularvorgänge in den Pflanzen. 56. Der Iiubibitioiisprocess. Wir stellen einen zarten Querschnitt aus dem Stengel einer jungen Laminaria her. Bei mikroskopischer Untersuchung des in Alkohol liegenden Objeets ist wenig von den Structurverhältnissen zu sehen. Dieselben treten aber auf Wasserzusatz deutlich hervor. Wir unter- scheiden die Aussenrinde, deren Zellen braune Membranen besitzen, die sog. Innenrinde, welche die Hauptmasse des Gewebes bildet, und deren Zellmembranen farblos sind. In der Mitte des Querschnitts sehen wir das aus schlauchförmigen Zellen bestehende Markgewebe. Wenn man zu den in Alkohol liegenden Laminariastücken Wasser treten lässt, so kann man durch mikroskopische Beobachtung fest- stellen, dass das Beobachtungsmaterial im Moment der Wasserauf- nahme eine bedeutende Volumenzunahme erfährt. Ebenso kann man sich von dieser letzteren überzeugen, wenn man einerseits die Di- mensionsverhältnisse trockner, andererseits diejenigen der nämlichen mit Wasser durchtränkten Stücke von Laminariastielen durch Messung mit dem Millimetermaassstab ermittelt. Die Laminariasubstanz ist also quellungsfähig, und der Vorgang, durch den die Quellung zu Stande kommt, wird als Imbibition bezeichnet. Die Volumenzunahme, resp. Quellung der sich mit Wasser in Contact befindenden Laminariastücke geht aber nicht bis ins Unendliche weiter, sondern sie ist eine be- grenzte, und dieser Umstand ist von besonderer Wichtigkeit, denn derselbe lehrt, dass ein Laminariastück, dem sich die organisirten pflanzlichen Gebilde überhaupt ähnlich verhalten, in Contact mit Wasser von gewöhnlicher Temperatur ganz andere Erscheinungen zeigt, wie z. B. Gummi. Wird ein Stück Laminarialaub, dessen Gewicht im trockenen Zu- stande bekannt ist, in W^asser gelegt und nach Verlauf bestimmter Zeitintervalle (z. B. alle 8 Minuten) aus der Flüssigkeit herausge- nommen, mit Fliesspapier abgetrocknet und gewogen, so ergiebt sich, dass die Wasseraufnahme seitens des Pflanzentheils in der Zeiteinheit zunächst eine rapide ist, allmählich eine Verlangsamung erfährt und schliesslich aufhört. Hängt man das mit Wasser imbibirte Stück La- minarialaub mittelst eines Platindrahts an der freien Luft auf und bestimmt ab und zu (vielleicht alle halbe Stunde) das Gewicht des Untersuchungsobjects, so findet man, dass in der Zeiteinheit zunächst viel, später immer weniger Wasser verdunstet. Einige geschälte Erbsensamen werden in Wasser von etwa b^ G. gelegt. Ferner legt man geschälte Erbsensamen, die möglichst genau dasselbe Gewicht wie die ersteren besitzen, in Wasser von etwa 20 ^ C. Nach Verlauf von 4 Stunden werden die abgetrockneten Samen wieder gewogen. Es ergiebt sich, dass die Samen bei der höheren Temperatur mehr Wasser als bei niederer Temperatur aufgenommen haben; höhere Temperatur beschleunigt also den Verlauf der Quellung. Wenn man gleiche Mengen geschälter Erbsen einerseits in Wasser, andererseits in eine 10- oder 20-proc. Kochsalzlösung legt, so lässt sieb leicht durch nach Verlauf von einigen Stunden vorgenommene Wägungen feststellen, 118 Zweiter Abschnitt. dass die Quellung in Salzlösungen nicht so schnell wie in reinem Wasser vor sich geht. Will man Untersuchungen über die Volumenzunahme anstellen, welche Samen oder Holzwürfel von verschiedenen Pflanzen bei der Quellung er- fahren, so bringt man die Untersuchungsobjecte zunächst im trockenen Zustande in einen schmalen Glascylinder, dessen Volumen bis zu einer am oberen Theile befindlichen Marke genau bekannt ist. Man lässt nun verdünnten Alkohol aus einer Bürette bis zur Marke in den Cylinder einfliessen und kann unter Berücksichtigung der Menge der erforderlichen Flüssigkeit dann leicht das Volumen der Pflanzentheile berechnen. Bei der Volumenbestimmung der gequollenen Samen oder Hölzer benutzt man nicht verdünnten Alkohol, sondern Wasser. Bei vergleichenden Unter- suchungen über die Gewichts- und Volumenzunahme, welche Pflanzentheile bei der Quellung erfahren, wird man oft, zumal bei Experimenten mit Hölzern, constatiren können, dass die factische Volumenzunahme der Untersuchungsobjecte keineswegs dem Volumen der aufgenommenen Wassermenge entspricht. Diese Thatsache ist auch durchaus verständ- lich, wenn man bedenkt, dass die Volumenzunahme quellenden Holzes nur durch die Imbibition der festen Holzsubstanz mit Wasser zu Stande kommt, während die Füllung der Lumina der Holzelemente mit Flüssig- keit keine Volumenzunahme des Untersuchungsmaterials zur Folge haben kann. Die Experimente, bei denen man gleichzeitig die Gewichts- und Volumenzunahme ein und desselben Holzstücks bei der Quellung fest- stellt, sind insofern besonders lehrreich , als sie keinen Zweifel darüber bestehen lassen, dass die Imbibition keineswegs mit der Capillarität ver- glichen werden kann. Wenn Flüssigkeiten in Capillaren übergehen, so dringen sie immer in präformirte Hohlräume ein ; die Capillarität ruft also keine Volumenzunahme der Flüssigkeit aufnehmenden Massen her- vor. Beim Zustandekommen der Imbibition dringen die Flüssigkeits- moleküle zwischen die Micellen der quellenden Körper ein; sie schaffen sich dabei selbst erst Raum zwischen den Micellen, und dadurch wird eben die Volumenzunahme quellender Substanzen herbeigeführt. Quellendes Holz dehnt sich in der Richtung des Radius und des Umfanges weit stärker aus als in der Richtung der Axe. Wenn man die Dimensionsverhältnisse ziemlich grosser walzenförmiger Holzstücke einerseits im trockenen, andererseits im gequollenen Zustande mit Hülfe eines Millimetermaassstabes feststellt, so kann man diese Thatsache leicht constatiren. Man benutze zu diesen Versuchen etwa 100 mm lange und 80 mm Durchmesser besitzende Holzstücke. Sehr energische Quellungserscheinungen, die schliesslich mit der Zer- störung der Molekularstructur endigen, kann man z. B. an Stärkekörnem durch höhere Temperatur, Säuren, sowie Alkalien hervorrufen. Wird Kartoffelstärke auf dem Objectträger unter Ersatz des verdunstenden Wassers vorsichtig über einer Spiritus- oder Gasflamme erhitzt, so tritt eine sehr bedeutende Voluraenzunahme der Körner ein, und bei etwa 70® C. sind sie zu glashellen Massen, deren Begrenzung schwer zu er- kennen ist, verquollen. Lässt man zu Kartoffelstärke, die auf dem Objectträger in Wasser liegt, vom Deckglasrande aus Kalilauge oder Schwefelsäure treten, und sorgt man dafür, dass die Reagentien ihren Einfluss sehr allmählich auf das Untersuchungsobject geltend machen, so sieht man die Schichtung der Kömer bei beginnender Einwirkung deutlicher hervortreten, dann aber schwinden die Schichtungserscheinungen, die Körner erfahren eine Die Molekularkräfte der Pflanzen. 119 bedeutende Volumenzunahme und verquellen endlich zu glashellen Massen. Dringen Wassertheilchen in imbibitionsfähige Körper ein, so musa noth- wendiger Weise in Folge der energischen Anziehungskraft, welche von Seiten der Micellen auf die Flüssigkeit ausgeübt wird, eine Verdichtung derselben eintreten. Wenn aber solche Verdichtungsprocesse zu Stande kommen, so wird dabei Wärme frei, und in der That lässt sich zeigen, dass der Vorgang der Imbibition mit Wärmebildung verbunden ist. Ich habe 100 g Kartoffelstärke oder 100 g Erbsenmehl von bekannter Tem- peratur in Glascylindern mit relativ wenig Wasser von genau der näm- lichen Temperatur vermischt. Am besten ist es, das Wasser aus einer Bürette zu der Stärke treten zu lassen. Die Temperatur der Gemische stieg sofort um etwa 1,5 " C. Die Temperatursteigerung betrug aber, wie ich fand, 5 ^ C, wenn die Kartoffelstärke, nachdem sie zuvor durch Erwärmen ausgetrocknet worden war und sich wieder abgekühlt hatte, mit wenig Wasser vermischt wurde. Bei dem Vorgange der Imbibition wird aber auch Arbeit geleistet, und zwar innere (welche die Micellen von einander entfernt), sowie äussere (durch welche äussere Widerstände, die sich der Volumenzunahme des quellenden Körpers entgegenstellen, überwunden werden können). Um in der Vorlesung über Pflanzenphysiologie zu demonstriren, dass bei der Quellung äussere Arbeit geleistet wird, benutze ich den in Fig. 49 dargestellten Apparat^). Auf der einen Seite des Holzgestelles ist mittelst einer Schraube ein mit Holzfuss ver- sehener Glas- cylinder g, der eine Höhe von 10 cm und einen Durchmesser von 35 mm be- sitzt , befestigt, welcher zur Auf- nahme der quel- lenden Samen und des zur Quel- lung nöthigen Wassers dient. Für wasserdich- ten Verschluss am unteren Ende ist durch Verkittung des Bodens mit Siegellack gesorgt. In dem Glascylinder bewegt sich ein aus Metall gearbeiteter Stempel, dessen 16 cm lange Axe a vertical gerichtet ist und an ihrem unteren Ende eine kreisrunde Scheibe S trägt, welche sich in der Röhre be- quem hin- und herschieben lässt und der Samenschicht unmittelbar aufliegt. An ihrem oberen Ende trägt die Axe eine Messingscheibe s, die zum Tragen der zur Druckleistung dienenden Gewichte bestimmt ist Zum Verschluss des Cylinders dient die Metallkapsel k, durch Fig'. 49. Apparat zur Messung der äusseren Arbeit, welche quellende Samen leisten können. 1) Literatur: Sachs, Handbuch d. Experimentalphysiologie d. Pflanzen, 1865, S. 431 ; Detmer, Vergl. Physiologie d. Keimungsprocesses d. Samen, 1880, S. 78 imd 290; Reinke in den v. Hakstein herausgeecbenen botanischen Abhandlungen, Bd. 4, Heft 1 ; Schleichert, Naturwissenschl. Wochenschrift, Bd. 7. 120 Zweiter Abschnitt. deren Mitte die verticale Axe a geführt ist, so dass sich die Kapsel frei um dieselbe drehen lässt. Zwischen der Kapsel k und der Scheibe s ist an dem verticalen Metallstab der horizontale Zeigerhebel 2 be- festigt, welcher mittelst einer Schraube in verschiedener Höhe an der Axe eingestellt werden kann und bei u seinen Unterstützungspunkt hat. Der kurze Arm dieses Zeigerhebels hat eine Länge von 2 cm, der lange Arm eine solche von ca. 33 cm. Der Zeiger reicht bis zu dem rechts auf dem Gestell angebrachten Kreisabschnitt sk, welchem eine Centimeterscala aufgetragen ist. Jede Aufwärtsbewegung des Stempels in Folge des Druckes quellender Samen bewirkt eine Ab- wärtsbewegung des Hebels an der Scala und ermöglicht in entsprechend vergrössertem Maassstabe die Feststellung der Bewegung des Stempels in Folge der Quellung. Als der beschriebene Apparat z. B. mit 10 g kleiner Erbsen beschickt worden war, vermochten diese beim Quellen noch einen Widerstand von 1000 g zu überwinden. 57. Die Diffusion nnd die Endosmose. Wenn gelöste Stoffe an irgend einer Stelle im Protoplasma oder im Zellsafte einer Zelle auftreten, so können sie sich von hier aus über das gesammte Protoplasma oder über den gesammten Zellsaft ver- breiten. Bei diesem Vorgange spielen die bekannten Diifusionsprocesse eine wichtige Rolle, aber es ist sicher lehrreich, sich davon zu über- zeugen, dass die Geschwindigkeit der Diifusion keineswegs immer eine so erhebliche ist, wie man häufig anzunehmen pflegt. Man stellt einen hohen, mit Wasser angefüllten Glascylinder auf einem zitter- freien Tische auf, wirft ein Stück doppelt-chromsauren Kalis in das Wasser und bedeckt die Mündung des Cylinders mit einer Glasplatte. Das doppelt-chromsaure Kali löst sich auf, aber selbst nach mehreren Tagen sind die oberen Flüssigkeitsschichten nur schwach gelb gefärbt, während die unteren die charakteristische Farbe einer concentrirten Lösung des benutzten Salzes erkennen lassen. Bei der Ausführung unseres Experimentes sind keineswegs alle Bedingungen, welche Ver- anlassung zur Entstehung von Strömungen in der Flüssigkeit geben können, ausgeschlossen; um so deutlicher tritt die Thatsache hervor, dass die Verbreitung gelöster Stoffe durch Diffusion nicht mit be- sonderer Geschwindigkeit vor sich geht. Unter Berücksichtigung dieses Verhältnisses gewinnen solche Mo- mente an Gewicht, durch welche die Ausbreitung gelöster Stoffe im Protoplasma und im Zellsaft eine Beschleunigung erfahren kann, und es müssen in manchen Fällen die Protoplasmaströmungen sowie die Bewegungen, denen die Pflanzentheile durch den Einfluss des Windes ausgesetzt sind, als solche Umstände angesehen werden. Abgesehen von der Diffusion spielen bei der Stoffbewegung in der Pflanze in erster Linie osmotische Vorgänge eine sehr wichtige Rolle, und wir wollen ihnen daher unsere Aufmerksamkeit zuwenden. Ein etwa 8 cm langes und 3 cm weites Glasrohr wird an seinem einen Ende mit einem Stück Schweinsblase verschlossen. Ein durch- aus dichter Verschluss kann leicht erreicht werden , wenn man die Membran im feuchten Zustande über das Ende des Glasrohres bringt und sie mittelst eines Bindfadens oder besser noch mittelst einer Gummischnur festbindet. Das Glasrohr wird nun mit fast con- Die Molekularkräfte der Pflanzen. 121 centrirter Rohrzuckerlösung völlig angefüllt und sein oberes Ende mit Hülfe eines durchbohrten Kautschukkorkes verschlossen, in dessen Bohrung ein langes Glasrohr (Steigrohr) eingeführt worden ist. Mar- kirt man den Stand der Rohrzuckerlösung in dem Steigrohr und taucht man den unteren Theil des Apparates in destillirtes Wasser ein , so findet man , dass die Flüssigkeit im Steigrohre alsbald im Steigen begriffen ist. Das Wasser tritt auf osmotischem Wege durch die Schweinsblase in die Zuckerlösung über, und wenngleich auch eine gewisse Menge dieser letzteren umgekehrt in das Wasser über- geht, so ist doch die in den Apparat einströmende Flüssigkeitsquan- tität grösser als die ausströmende; dadurch muss eine Volumenzu- nahme der Flüssigkeit im Ap- parat erfolgen. Wird unsere *' Vorrichtung mit ihrem unteren Ende bestimmte Zeit lang (1 — 2 Stunden) abwechselnd in Wasser von gewöhnlicher Zimmertemperatur und in war- mes Wasser (z. B. solches von 30" C.) eingetaucht, so kann man durch Feststellung der Erhebung der Flüssigkeit im Steigrohr unter den verschie- denen Bedingungen leicht con- statiren, dass die osmotischen Processe bei höherer Tem- peratur schneller als bei nie- derer vor sich gehen. Eine Verlangsamung der osmoti- schen Processe macht sich aber geltend, wie ohne Schwierigkeit zu ermitteln ist, wenn der un- tere Theil unseres Apparates sich nicht mit reinem Wasser, sondern z. B. mit einer 20- proc. Kochsalzlösung in Be- rührung befindet '). Für die richtige Beurtheilung zahlreicher physiologischer Er- scheinungen, zumal solcher, welche durch den Turgor be- dingt werden, ist es von grosser Bedeutung, sich davon zu überzeugen, dass durch os- motische Processe bedeutende Druckwirkungen erzielt werden können. Man construire sich z. B. den in Fig. 50 abgebildeten Apparat. Das 10 cm lange und 2 cm weite Glasrohr G ist an seinem unteren Ende, mit welchem es in Wasser eintaucht, mit Schweinsblase verschlossen. Durch die Bohrung des das obere Ende des Glasrohres verschliessen- den Kautschukkorkes wird das ^förmige Rohr T eingeführt, dessen Fl ff. 50. Apparat zum Nachweis der durch osmotische Processe erzeugten Druck- wirkungen. 1) Vgl. Detmer, Beiträge zur Theorie des Wurzeldrucks, in Preyer's Samm- lung physiologischer Abhandlungen, Bd. 1, H. 8, S. 29, Jena 1877. 122 Zweiter Abschnitt. verticaler Arm bei a mit einem kleinen, bei b zu einer Spitze ausge- zogenen Glasrohr in Verbindung steht. Der horizontale Arm des t- förniigen Rohres wird dagegen mittelst eines dickwandigen Kautschuk- schlauches, den man noch mit Draht umwickelt, mit dem Manometer M verbunden. In diesem letzteren befindet sich Quecksilber; der übrige Theil des Apparates wird völlig mit fast concentrirter Rohr- zuckerlösung angefüllt und die bei b befindliche Spitze des kleinen Glasrohres schliesslich zugeschmolzen. Die Rohrzuckerlösung zieht bedeutende Wassermengen auf osmotischem Wege an. Dadurch ent- steht ein Druck im Apparat, der das Quecksilber im Manometer zum Steigen bringt, und ich fand z. B., dass bei einem Experiment nach "Verlauf von drei Tagen das Quecksilber in dem einen Schenkel des Manometers 47 cm höher als im anderen stand. Der Druck im Apparat betrug also erheblich mehr als eine halbe Atmosphäre'). 58. Die diosmotischcn Eigenschaften der Zellhaut und des Protoplasmas. Ein ausgezeichnetes Object zur Feststellung der diosmotischen Eigenschaften der Zellhaut sowie des Hyaloplasmas bietet sich uns in den Staubfadenhaaren von Tradescantia dar. Man kann die Haare leicht mit Hülfe einer Pincette vom Filament abtrennen und findet bei mikroskopischer Beobachtung, dass jedes Haar aus einer Zell- reihe besteht. Die Zellhaut, das Protoplasma, der Zellkern und end- lich der schön violett gefärbte Zellsaft sind an jeder Zelle leicht wahr- zunehmen. (Vgl. Fig. 38.) Wir lassen nun vom Deckglasrande aus Glycerin oder auch mehr oder minder concentrirte Zucker- oder Kochsalzlösungen zu den Trades- cantiahaaren treten. Diese Flüssigkeiten entziehen dem Zellsaft Wasser, und daher contrahirt sich das Protoplasma, so dass Zwischenräume zwischen der Zellhaut und der Oberfläche des Plasmakörpers ent- stehen. Wir haben die Zellen aus dem turgescirenden in den plasmo- lytischen Zustand übergeführt. Durch unser Experiment ist aber ferner die wichtige Thatsache constatirt, dass das Hyaloplasma des lebenden Protoplasmas impermeabel für den im Zellsaft der Trades- cantiahaarzellen aufgelösten Farbstoff sein muss, da dieser nach er- folgter Plasmolyse nicht aus dem Protoplasma austritt. Eine ganz andere Erscheinung beobachten wir, wenn wir auf Staubfadenhaare von Tradescantia absoluten Alkohol einwirken lassen und die Zellen dadurch tödten. Der violette Zellsaft geht nun, da das Hyaloplasma permeabel für den Farbstoff geworden ist, in das Plasma über. Dieses sowie zumal der Zellkern färben sich intensiv, und es kann sogar gefärbte Flüssigkeit aus den Zellen in deren Um- gebung austreten. Sehr lehrreich ist es ferner, auf Zellen mit unge- färbtem Zellsaft, z. B. auf Epidermiszellen von Tradescantiablättern, Plasmolyse bedingende und Farbstoffe enthaltende Flüssigkeiten ein- wirken zu lassen. Ich stellte solche Versuche z. B. in folgender Weise an. Epidermis- stückchen von Tradescantiablättern wurden durch Kochsalzlösung in angegebener Weise in den plasmolytischen Zustand versetzt und dann ]) Näheres bei Pfeffer, Osmotische Untersuchungen, 1877. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 123 in den durch Zerquetschen ziemlich dunkel gefärbter Kirschen ge- wonnenen Saft gelegt. Der Farbstoff kann die Zellhaut passiren, er dringt in den Zwischenraum zwischen dieser und dem Plasma ein, aber das Plasma selbst nimmt ihn nicht auf. Werden Epidermiszellen von Tradescantia zunächst plasmolytisch gemacht, tödtet man die Zellen dann durch f^intauchen der Epidermisstücke in heisses Wasser und legt man sie nun in Kirschsaft, so färben sich das Plasma und der Zellkern ziemlich intensiv, weil das getödtete Protoplasma leicht permeabel für viele Stoffe ist, die es im leben sthätigen Zustande nicht aufzunehmen vermag. Will man den Nachweis liefern, dass das Protoplasma im nor- malen Zustande impermeabel, nach dem Absterben aber permeabel für Zucker ist, so werden einerseits sorgfältig abgespülte Stücke rother Rüben direct, andererseits aber solche Stücke nach dem Abtödten durch heisses Wasser in destillirtes Wasser von gewöhnlicher Zimmer- temperatur übertragen. Entnimmt man den Flüssigkeiten nach einigen Stunden kleine Proben, versetzt man sie mit einigen Tropfen ver- dünnter Salzsäure und kocht sie kurze Zeit lang, so lässt sich in der- jenigen Flüssigkeit, die sich mit den getödteten Rübenstücken in Contact befunden hatte, das Vorhandensein von Zucker leicht mit Hülfe von FEHLiNG'scher Lösung feststellen, während die andere Flüssigkeit keinen Zucker enthält. Um den Nachweis zu liefern, dass das normale Hyaloplasma auch häutig impermeabel für Mineralstoffe ist, stellen wir uns 2 — 4-proc. Lösungen von Chlornatrium oder Kalisalpeter her. In diese Lösungen bringen wir Staubfadenhaare von Tradescantia oder Epidermisstreifen von dem Mittelnerv der Unterseite des Blattes von Tradescantia dis- color. Die Zellen dieses letzteren im Gewächshause zu cultivirenden Objectes enthalten gefärbten Zellsaft, und es ist dasselbe in jeder Jahreszeit zu haben. Die Lösungen dringen durch die Zellhäute in die Zellen ein, es erfolgt im Laufe von 1—2 Stunden Plasmolyse, und diese bleibt bestehen, wenn die Untersuchungsobjecte noch mehrere Stunden lang in den Salzlösungen verweilen. Diese letztere Erschei- nung ist aber gerade von besonderer Wichtigkeit für uns, denn wäre das Plasma unter den bezeichneten Umständen permeabel für Koch- salz oder Salpeter, so müsste sich mit wachsender osmotischer Lei- stungsfähigkeit des Zellsaftes der Protoplasmakörper in den Zellen allmählich wieder ausdehnen'). Die diosmotischen Eigenschaften des lebenden Hyaloplasmas einer- und der Zellhaut andererseits sind nach dem, was wir wissen, sehr ver- schiedene. Jenes ist gewöhnlich nicht permeabel für Farbstofte, Zucker etc., während sich die Zellhaut den genannten Stoffen gegenüber ganz ähnlich wie vegetabilisches Pergament verhält. Somit gewährt, es In- teresse, einige Versuche anzustellen, die uns Aufschluss über die Permea- bilität dieses letzteren Materials bei der Osmose geben. Als Dialysator kann man ein weites, an seinem unteren Ende mit Pergamentpapier ver- schlossenes Glasrohr verwenden. Ich habe dem Apparat bei meinen Ex- perimenten der bequemeren Handhabung wegen eine etwas andere Ein- 1) Literatur: Vgl. Sachs, Experimentalphysiolope d. Pflanzen, 1865, S. 447, wo namentlich die wichtigen Arbeiten Nägeli's besprochen sind. Ferner vergl. DE Vries, Archives Nöerlandaises, 1871, T. 6, und Pringsheim's Jahrbücher, ßd. 16, S. 588; Detmer, Journal f. Landwirthschaft, 27. Jahrgang, S. 380, sowie Botan. Zeitung, 1886, Nr. 30. 124 Zweiter Abschnitt. richtuDg gegeben. Ein dickwandiges Glasrohr von 80 mm Länge und 40 mm Weite trägt an seinem unteren Ende einen Messingring, der aussen mit einer Schraubenwindung versehen ist. Der unteren Fläche dieses Ringes liegt die eine Seite der Membran aus vegetabilischem Pergament dicht an, während die andere Seite derselben sich in Berüh- rung mit der nach oben gewandten Fläche eines zweiten, aber ziemlich dünnen Messingringes befindet. Auf den gesammten unteren Theil des Dialysators kann endlich eine mit einer kreisrunden Oeffnung von 40 mm Durchmesser versehene Messingklappe aufgeschroben werden. Die frei liegenden Messingtheile des Dialysators sind mit einem geeigneten Lack überzogen. Man stellt den Apparat nun auf kleinen Glasklötzen in einer Krystallisirschale auf, giesst destillirtes Wasser in dieselbe und die Lö- sung des auf sein osmotisches Verhalten zu prüfenden Stoffes in den Dialysator. Bei Experimenten mit Extracten aus rothen Rüben, Zucker- oder Salzlösungen (z. B. Lösungen von Chlornatrium, salpetersaurem Kali etc.) lässt sich leicht feststellen, dass der Farbstoff, der Zucker sowie die Mineralstoffe im Stande sind, die benutzte Membran zu passiren und in das den Dialysator umgebende Wasser überzugehen. Weiter ist es nun aber auch mit Rücksicht auf die Thatsache, dass viele Stoffe, welche die Zellhaut zu passiren vermögen, nicht in das Plasma eindringen, von besonderem Interesse, Membranen auf künstlichem Wege herzustellen, durch welche Stoffe, die durch Pergamentpapier diosmo- siren, nicht hindurchgehen. Wir bereiten uns 1-proc. Lösungen von Cal- ciumnitrat und Dinatriumphosphat. Diese letztere gelangt in unseren mit Pergamentpapier verschlossenen Dialysator, während jene erstere als Aussenflüssigkeit dient. Es entsteht im vegetabilischen Pergament eine Niederschlagsmembran von Calciumphosphat, und wenn wir der Dinatrium- phosphatlösung im Dialysator nach Verlauf einiger Stunden wenige Tropfen einer wässerigen Methylenblaulösung hinzufügen, so ergiebt sich, dass der Farbstoff nicht in die Aussenflüssigkeit übergeht. Bei meinen Ex- perimenten erschien dieselbe z. B. nach 24 Stunden noch durchaus unge- färbt. Entfernt man die im Dialysator vorhandene gefärbte Flüssigkeit, spannt neues Pergamentpapier in den Apparat ein, ersetzt die Aussen- flüssigkeit durch reines Wasser und giesst die Methylenblau enthaltende Dinatriumphosphatlösung wieder in den Dialysator ein, so findet man, dass der Farbstoff jetzt alsbald durch das vegetabilische Pergament in das Wasser übertritt. Bei meinen Versuchen war dasselbe bereits nach 2 Stunden merklich tingirt. Für Chlornatrium sind Niederschlagsmem- branen von Calciumphosphat, wovon man sich ja leicht überzeugen kann, permeabel. Die angeführten Experimente haben, was besonders zu be- tonen ist, nur den Zweck, den Nachweis zu liefern, dass bestimmte Stoffe, die eine Membran passiren können, eine andere Membran häufig nicht zu diosmosiren vermögen. Solche Versuche sind offenbar für die Beur- theilung des Verhaltens bestimmter Stoffe der Zellhaut einer- und dem Protoplasma andererseits gegenüber von besonderem Interesse. Ob aber ein Körper, der eine künstliche Membran nicht passirt, zugleich nicht im Stande ist, in das Protoplasma einzudringen, muss immer erst durch be- sondere Beobachtungen ermittelt werden, und mit Bezug auf das Methylen- blau ist zu bemerken, dass dasselbe in der That durch das Plasma in das Innere der Zellen übertreten kann. Werden Exemplare von Elodea canadensis 24 Stunden lang mit einer 0,0008-proc. wässerigen Methylenblaulösuug in Berührung belassen (man benutze 1 Liter Flüssigkeit), so ergiebt die mikroskopische Untersuchung Die Molekularkräfte der Pflanzen. 125 der Blätter, dass ihr Zellsaft tief blau gefärbt ist. Die Zellen sind nicht abgestorben, denn es ist Protoplasmabewegung in ihnen vorhanden, und man sieht also, dass der Farbstoff die Zellhaut sowie das Plasma passirt haben muss *). Nach den Resultaten unserer Untersuchungen zu urtheilen, vermögen manche Stoffe (Farbstoffe, Zuckerarten, Pflanzensäuren, Mineralstoffe) die Hautschichten des Plasmas häufig nicht als solche zu diosmosiren. Damit ist aber nicht gesagt, dass das Hyaloplasma unter allen Umständen im- permeabel für die genannten Körper sei. Neuere Beobachtungen ver- schiedener Forscher, die aber noch keineswegs zum Abschluss gelangt sind, führen vielmehr zu einer anderen Ansicht. Es scheint, dass be- stimmte Stoffe, die für gewöhnlich das Plasma nicht passiren, dasselbe zu durchwandern vermögen, wenn energische Stoffaccumulationen in den Zellen stattfinden. Das Hyaloplasma verändert auch wahrscheinlich in Folge der Lebensvorgänge selbst und den Bedürfnissen der Zellen ent- sprechend seine diosmotischen Eigenschaften, aber es wird erst fortgesetzte energische Forschung über diese Verhältnisse Licht verbreiten können. 59. Der Turgor und die Plasmolyse. Die im Zellsaft gelösten Substanzen (Mineralstoffe, organische Säuren, Zuckerarten etc.) befördern auf osmotischem Wege Wasser in das Innere der Zellen. Indem das Volumen des Zellsaftes dadurch mehr und mehr wächst, übt derselbe einen Druck auf das Protoplasma und die Zellhaut aus, welche ihrerseits freilich dehnbar, aber zugleich auch elastisch sind. Die Grösse der Turgorausdehnung einer Zelle ist somit abhängig von der Grösse der in ihrem Innern zur Geltung kommenden Turgorkraft einer- und der Grösse des Widerstandes der gedehnten Zellschichten (Protoplasma sowie Zellhaut) andererseits *). Man kann Apparate construiren, welche in der That gute Dienste leisten, wenn es sich darum handelt, eine unmittelbare Vorstellung vom Wesen des Turgors zu gewinnen. Ich benutze dazu Glasröhren von 80 mm Länge und 40 mm Weite. Man verschliesst zunächst die eine Oeffnung einer solchen Röhre mit einem Stück Schweinsblase, füllt die Röhre mit einer fast concentrirten Rohrzuckerlösung völlig an und bindet auch über das obere Röhrenende ein Stück Schweinsblase. Diese sogen, künstliche Zelle taucht man nun in destillirtes Wasser unter. Die Zuckerlösung zieht auf osmotischem Wege Wasser an, so dass der Zellinhalt, dessen Volumen mehr und mehr wächst, einen immer stärker werdenden Druck auf die Membranstücke geltend macht. Diese wölben sich convex nach aussen vor, üben aber in Folge ihrer Elasticität ihrerseits auch einen Druck auf den Zellinhalt aus, so dass also in unserem Apparat eine beträchtliche Spannung (Tur- gorspannung) zwischen der Zuckerlösung und den Membranstücken zu Stande kommen muss. Wenn die künstliche Zelle energisch turgescirt, wird sie aus dem Wasser herausgenommen. Man durch- sticht die eine ihrer Membranen mit einer feinen Nadel und wird beobachten, dass sofort ein Flüssigkeitsstrahl aus der erzeugten 1) Vel. Pfeffer, Untersuchungen aus d. botan. Institut in TQbineen, Bd. 2, S. 223 u. 302 und Abhandluneen der mathem.-phys. CL der K. Sachs. Gesellschaft d. Wiss., Bd. 16. 2) Speciellere Auseinandersetzungen über das Wesen des Turgors vgl. in meinem Lehrbuch d. Pflanzenphysiologie, 1883, S. 213. 126 Zweiter Abschnitt. Oeffnung hervorspritzt, während die Membranen erschlaifen. In der turgescirenden Zelle muss also ein erheblicher Druck bestanden haben. Sehr lehrreich ist ferner das folgende Experiment, welches man auch bequem in der Vorlesung ausführen kann. Ein Gläschen wird mit verdünnter Ferrocyankaliumlösung angefüllt und ein kleines Stück Kupferchlorid in die Flüssigkeit geworfen. Das Kupferchlorid um- giebt sich sofort mit einer Niederschlagsmembran von Ferrocyankupfer, und indem es Wasser von aussen anzieht, wird diese letztere gedehnt. Es entsteht auf diese Weise eine turgescirende künstliche Zelle (TRAUBE'sche Zelle), die aber schnell an Grösse zunimmt und all- mählich mehrere cm Länge erreichen kann. Indem nämlich die braune Ferrocyankupfermembran gedehnt wird, treten von innen gelöste Kupferchloridmoleküle, von aussen Ferrocyankaliummoleküle in dieselbe ein. Diese Membranogene gerathen in der Membran mit einander in chemische Wechselwirkung; es resultiren Ferrocyankupfermoleküle, welche das durch Dehnung eingeleitete Wachsthum der Membran thatsächlich herbeiführen 0- Wenn man zu den Zellen der Staubfadenhaare von Tradescantia, zu den Epidermiszellen der Blätter dieser Pflanze oder zu Spirogyra- fäden, die im Wassertropfen auf dem Objectträger liegen, vom Deck- glasrande aus Glycerin oder Zuckerlösung treten lässt, so machen sich die unter 58 erwähnten Erscheinungen geltend. Die Zellen gehen aus dem turgescirenden in den plasmolytischen Zustand über. Ihr Protoplasma löst sich von der Zellwand ab und zieht sich zusammen, indem der Zellsaft sein Wasser nach aussen an die wasseranziehenden Flüssigkeiten (Glycerin, Zuckerlösung) abgiebt. Durch die Plasmolyse gehen die Zellen keineswegs sofort zu Grunde, was sich schlagend aus der Thatsache ergiebt, dass das Protoplasma plasmolytisch gemachter Zellen der Staubfadenhaare von Tradescantia noch längere Zeit impermeabel für den im Zellsaft gelösten violetten Farbstoff bleibt. Wir müssen aber auch Versuche anstellen, um den Nachweis dafür beizubringen, dass es leicht möglich ist, aus vielen Geweben bestehende Pflanzentheile aus dem turgescirenden in den plasmolytischen Zustand überzuführen. Wir experimentiren mit jungen Blüthenschäften von Butomus umbellatus und Plantagoarten, mit Blattstielen von Tro- paeolum, mit dem etiolirten Epicotyl von Phaseolus oder mit den Hauptwurzeln dieser Pflanze (Keimpflanzen in Sägespänen gezogen). Auf die 50—100 mm langen Stengel- respect. Wurzelstücke tragen wir in Entfernungen von 40— iX) mm feine Tuschemarken auf. Die Wurzeln werden vor dem Auftragen der Marken sorgsam mit feiner Leinwand abgetrocknet. Wir benutzen beste chinesische Tusche, die wir mit Wasser anreiben. Zum Auftragen der Marken dient ein Marderpinsel, der stets sorgfältig rein zu halten ist. Haben wir die Untersuchungsobjecte nach dem Auftragen der Marken einige Minuten in feuchter Luft liegen lassen, um das Adhäriren der Tusche zu sichern, und die Entfernung der Marken mit Hülfe eines Millimeter- maasstabes festgestellt, so gelangen die Pflanzentheile in eine 10-proc. wässerige Lösung von Kochsalz oder Kalisalpeter. Sie verlieren in diesen Lösungen ihren Turgor, gehen in den plasmolytischen Zustand über, werden schlaflF, und man kann nach Verlauf kürzerer oder 1) Vgl. Traube in du Bgis-Keymond's und Reichert's Archiv f. Anat. und Physiol., 1867, S. 87. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 127 längerer Zeit (4 — 24 Stunden) leicht feststellen, dass die Entfernung der Marken eine weit geringere als bei Beginn der Experimente ist. Die Salzlösungen entziehen den Zellen, ebenso wie dies Glycerin oder Zuckerlösungen thun, Wasser. Der dadurch bedingte Turgor- verlust der Zellen führt die Contraction der Gewebe herbei^). Verlieren Ptianzentheile durch Welken Wasser, so verkürzen sie sich auch hierbei in dem Maasse, in welchem der Turgor ihrer Zellen abnimmt. Wir legen in Sägespänen erwachsene Pisumkeimpflanzen, deren Wurzeln eine Länge von etwa 50 mm erreicht haben, '/ü Stunde lang in Wasser, damit die Wurzelzellen zunächst völlig turgescent werden. Wir trocknen die Wurzeln nun vorsichtig mit einem Leinen- tuch ab und tragen eine Tuschemarke dicht hinter der Wurzelspitze, eine zweite etwa 25 mm von dieser entfernt auf die Wurzeln auf. Lässt man die Wurzeln nun 10 Minuten lang an der Luft welken, so haben sie sich, wie leicht zu constatiren ist, nicht unerheblich verkürzt. Legt man die Keimpflanzen jetzt in Wasser, so verlängern sich ihre Wurzeln wieder, und die Entfernung der Marken wird die- selbe wie bei Beginn der Experimente-). 60/ Die isotonischeii Coßflicienten. Die Grösse der osmotischen Leistungsfähigkeit einer Zelle ist ab- hängig von der Qualität und Quantität der im Zellsaft vorhandenen wasseranziehenden Substanzen. Handelt es sich darum, die Bestand- theile des Zellsaftes kennen zu lernen, so werden saftreiche Pflanzen- theile (z. B. Blattstiele von Heracleum Spondylium, junge Rheum- stengel, Blätter von Crassulaceen etc.) mit Hülfe einer Handpresse, am besten nachdem sie zuvor durch Erhitzen in geschlossenen Ge- fässen im Wasserbade getödtet worden sind, zunächst ausgepresst. Den gewonnenen Saft erhitzt man in verschlossenen Gefässen im Wasserbade bei 100*^ C, um sicher alles Eiweiss zum Coaguliren zu bringen, und filtrirt ihn dann '). Werden 10 ccm des klaren Saftes eingedunstet, um den Rückstand vorsichtig einzuäschern, so kann man in dem wässerigen Auszuge der Asche die Gegenwart von Chlo- riden leicht mit salpetersaurem Silberoxyd nachweisen. Die Gegen- wart von Glycose ist mit Hülfe der FEHLiNG'schen Lösung zu con- statiren. Rohrzucker lässt sich in der im dritten Abschnitt ange- gebenen Weise nachweisen. Als Reagens auf Oxalsäure benutzt man Chlorcalcium, und wenn man zu der chlorcalciumhaltigen Flüssigkeit, eventuell nach dem Abfiltriren des entstandenen Niederschlages, Al- kohol im Ueberschuss hinzusetzt, so scheiden sich äpfelsaure Salze ab, wenn dieselben vorhanden sind. Die saure Reaction der meisten Pflanzensäfte beweist, dass die vorhandenen Basen nicht genügen, um die Gesammtmenge der orga- nischen Säuren zu neutralisiren. Wer quantitative Untersuchungen über die Zusammensetzung der Pflanzensäfte ausführen will, vgl. die Angaben auf S. 570 in der unten citirten werthvollen Abhandlung von H. DE Vries. 1) Vgl. H. DE Vries, Untersuchungen über die mechanische Ursache der Zellstreckung, Halle 1877. 2) Vgl. Sachs, Arbeiten des botan. Instituts in Würzburg, Bd. 1, S. 396. 3) Das Erhitzen der Pflanzentheile und des Saftes erfolgt in Druckflaschen, die man von Desaga in Heidelberg beziehen kann. 128 Zweiter Abschnitt. Es existiren manche Pflanzensäfte (z. B. derjenige aus den Blatt- stielen von Heracleum Spondylium), die sehr reich an Glycose sind, und in solchen Fällen ist diese Substanz von besonderer Wichtigkeit für die osmotische Leistungsfähigkeit des Zellsaftes, also auch für die Turgorkraft der Zellen. In anderen Fällen, z. B. in den Blättern von Solanum tuberosum, tritt die Menge der Glycose sehr hinter der Menge anderer Körper zurück. Es ist nun sehr wichtig, dass die osmotische Leistungsfähigkeit gleicher Mengen der verschiedenen in den Zellsäften der Pflanzen vor- handenen Substanzen keineswegs die nämliche ist Vielmehr ist ein Körper im Stande, das Wasser mit grosser Energie anzuziehen, während ein anderer dies nur in beschränkterem Grade vermag. H. de Vries hat die Zahlen ermittelt, welche uns die relative Grösse der Anziehung eines Moleküls eines Körpers in verdünnter wässeriger Lösung zum Wasser angeben. Diese Zahlen bezeichnet er als die isotonischen Coefficienten der betreffenden Substanzen. Zum Ausgangspunkt seiner gesammten Untersuchungen wählte H. de Vries die wasseranziehende Kraft des Kalisalpeters. Der isotonische Coefficient eines Moleküls dieser Verbindung ist, um mit ganzen Zahlen operiren zu können, = 3 gesetzt worden. Wir lassen hier theoretische Auseinandersetzungen bei Seite, sondern stellen sofort Experimente an, um uns an der Hand der Re- sultate derselben über das Wesen des Gedankenganges sowie der Me- thode von H. DE Vries zu orientiren. Man bereitet sich vier Lösungen von Kalisalpeter in Wasser. Die erste enthält 0,1, die zweite 0,12, die dritte 0,13, die vierte 0,15 Moleküle des Salzes, in Grm. ausge- drückt, im Liter. (Molekulargewicht des Kalisalpeters KN03 = 101). Ferner stellt man sich vier Rohrzuckerlösungen in Wasser her, von denen die erste 0,15, die zweite 0,2, die dritte 0,22 und die vierte 0,25 Moleküle Rohrzucker, in Grm. ausgedrückt, im Liter enthält. (Molekulargewicht des Rohrzuckers CiäHg^O,, =342.) Je 15 ccm dieser 8 Lösungen werden in kleine Glasgefässe gebracht, und in jede Lösung gelangt noch ein kleiner, etwa 1 — 2 mm langer Streifen der Epidermis des Mittelnerven von der Unterseite des Blattes von Trades- cantia discolor. Die Epidermiszellen dieses Untersuchungsobjectes, von dessen vorzüglicher Brauchbarkeit ich mich überzeugte, enthalten rothen Farbstoff" in ihrem Zellsaft. Die Pflanze steht, was von be- sonderer W^ichtigkeit ist, zu jeder Jahreszeit zur Disposition; sie ist im Warmhause zu cultiviren. Man lässt die Epidermiszellen 2 Stunden lang mit den Flüssigkeiten in den verschlossenen Gefässen bei ge- wöhnlicher Zimmertemperatur in Berührung und untersucht das Ge- webe dann mikroskopisch. Es handelt sich darum, festzustellen, ob die Flüssigkeiten eine mehr oder minder weitgehende Plasmolyse in den Epidermiszellen hervorgebracht haben, oder ob eine Plasmolyse noch nicht eingetreten ist. Der Beginn der Plasmolyse, auf den es uns besonders ankommt, ist unter Benutzung der gefärbten Epidermis von Tradescantia discolor leicht zu erkennen. Er ist durch ein eben sichtbares Zurückweichen des Protoplasmas von der Membran der Zellen charakterisirt, und wir reden im Folgenden vom „Beginn" der Plasmolyse,' wenn sich das Plasma in etwa der Hälfte aller Zellen eines Objectes etwas contrahirt hat. Man wird finden, dass die Lösungen von 0,1 Kalisalpeter und 0,15 Rohrzucker keine Plasmolyse hervorrufen, diejenigen von 0,15 Die Molekularkräfte der Pflanzen. 129 Kalisalpeter und 0,2ö Rohrzucker aber schon recht erhebliche plasmo- lytische Wirkungen veranlassen. Der Beginn der Plasmolyse tritt bei dazwischen liegenden Concentrationen ein, z. B. bei Lösungen von 0,13 Kalisalpeter und 0,22 Rohrzucker. Diese beiden Lösungen würden danach die nämliche wasseranziehende Kraft besitzen ; sie rufen beide den Beginn der Plasmolyse hervor ; ihre isotonische Concentration ist die gleiche. Die Werthe 0,22 und 0,13 stehen nun zu einander in dem Verhältniss von 1 zu 0,591, und wenn wir den isotonischen Co- efficienten eines Moleküls des Kalisalpeters = 3 setzen, so berechnet sich derjenige eines Moleküls Rohrzucker zu 1,77. Man sieht also, dass einem Molekül des Kalisalpeters eine grössere wasseranziehende Kraft zukommt, als einem Molekül Rohrzucker. H. DE Vries hat mit Hülfe seiner vergleichenden plasmolytischen Methode die isotonischen Coefficienten einer ganzen Reihe verschie- dener Körper, die im Zellsaft angetroffen werden, ermittelt. Ich gehe aber hier nicht weiter auf seine wichtigen Untersuchungsresultate ein ; empfehle seine Arbeit aber ganz besonders zu genauem Studium *). 61. Die Grösse der Turgorkraft. Handelt es sich darum, die Grösse der in Pflanzentheilen thätigen Turgorkraft festzustellen, so experimentirt man zweckmässig mit Sprossstücken von 1 — 2 mm mittlerer Dicke und 100 mm Länge, z. B. mit Blüthenschäften von Plantago oder mit Stengelstücken von Loni- cera tatarica, welches Untersuchungsobject ich benutzte, etc. etc. Man bringt in einer Ent- fernung von 80 mm Tuschemarken auf den Pflanzentheilen an und versetzt sie durch 24 Stunden dauernden Aufenthalt in 10-proc. Kochsalzlösung in einen völlig plasmolytischen Zustand. Die eingetretene Verkürzung kann leicht mit Hülfe eines Millimetermaassstabes ermittelt werden. Jetzt werden die Unter- suchungsobjecte unter Benutzung des in Fig. 51 abgebildeten Apparates einer Dehnung unter- zogen. Sie ruhen dabei in horizontaler Lage auf einem Brett B oder besser noch auf einer Korkplatte; ihr dünnes Ende wird mit einer kleinen Korkplatte K bedeckt, welcher man mit Hülfe einer Schraube eine unverrückbare Lage ertheilt, während um ihr dickeres Ende ein Faden geschlungen wird. Der Faden läuft über eine Rolle R und trägt eine Schale G, die zur Aufnahme von Gewichten bestimmt ist. Man belastet die Schale so lange, bis die Entfernung zwischen den auf den Sprossstücken vorhandenen Marken wieder die- selbe wie vor der Plasmolyse, also 80 mm, geworden ist. Was im Experiment die Dehnung durch das Gewicht leistet, das leistet in der Natur die Turgorkraft. Wir können somit durch unser Experiment die Grösse der Turgorkraft im unversehrten Pflanzentheile wenigstens 1) Vgl. H. DE Vries in Pringsheim's Jahrbüchern f. wissenschl. Botanik, Bd. 14. Detmer, Fflanzenphyriologisches Fraktikom. 2. Aafl. 9 Flg. Bl Bestimmnn der Turgorl Apparat zur g der Grösse kraft. 130 Zweiter Abschnitt. annähernd genau ermitteln. Wenn der mittlere Durchmesser eines cylindrischen Stengeltheiles 1 mm beträgt, so ist die entsprechende Querschnittfläche = 0,785 qmm, denn der Inhalt eines Kreises (J) lässt sich leicht nach der Formel J = ^/^ r . u berechnen, in der r der Radius, u der Umfang (2 r . 3,141, LuDOLPH'sche Zahl) des Kreises ist. Braucht man ferner 50 g, um den plasmolytisch gemachten Spross von 1 mm Durchmesser bis auf seine ursprüngliche Länge auszu- dehnen, so berechnet sich daraus die Grösse der Turgorkraft im frischen Pflanzentheile = O'/g Atmosphären. Derartige hohe Werthe erreicht die Turgorkraft thatsächlich häufig; in einem bestimmten Falle fand ich sie für ein Stengelstück von Lonicera tartarica = 1,4 Atmosphären ' ). 63. Der Temperaturzustand der Crewächse. Der Temperaturzustand eines Pflanzentheiles ist von sehr zahl- reichen Momenten abhängig. Es kommen als solche in Betracht: die Organisation des Pflanzentheils , seine Lage im Organismus , sein Wassergehalt, seine Eigenwärme, seine Transpirationsgrösse, sein Wärmeabsorptions -, Wärmeleitungs- und Wärmestrahlungsvermögen etc. Somit leuchtet ein, dass es in zahlreichen Fällen schwierig sein wird , die Gründe des Näheren anzugeben , welche Momente eine bestimmte, durch Beobachtung festgestellte Temperatur eines Pflanzen- theiles bedingt haben. Zudem sind viele Verhältnisse, welche hier in Betracht kommen, noch nicht oder nicht eingehend genug untersucht. Stark transpirirende Glieder einer Pflanze sind häufig etwas kälter als die sie umgebende Luft, zumal deshalb, weil bei der Wasserdampf- bildung viel Wärme gebunden wird. Andererseits nehmen Gewächse, die schwach transpiriren und eine fleischige , succulente Beschafienheit besitzen, unter dem Einfluss der directen Sonnenstrahlen oft eine relativ sehr hohe Temperatur an. Wenn man die Blätter stark be- sonnter Crassulaceen (Sempervivum , Escheveria) mit der Hand berührt, so fühlen sie sich ganz warm an; ihre Temperatur ist eine weit höhere als diejenige der zarteren, dünneren Blätter anderer Pflanzen, die sich in ihrer unmittelbaren Nähe entwickeln. Es ist sehr lehrreich, den Tem- peraturzustand succulenter Pflanzen genauer durch thermometrische Mes- sungen festzustellen ^) , und ich habe solche Beobachtungen unter Be- nutzung einer Cactusart (Echinopsis multiplex) ausgeführt. Mit Hülfe eines Korkbohrers wird ein bis zur Mitte des Cactus reichendes Loch in die Pflanze gebohrt, die Bohrung mit Fliesspapier gereinigt, um ein Thermometer mit cylindrischem Quecksilberbehälter in dieselbe einzuführen. Hat man für einen dichten Verschluss der Oeffnung Sorge getragen, der z. B. leicht unter Benutzung von etwas Fliesspapier zu erzielen ist, so wird das Untersuchungsobject an einem Ort im Freien aufgestellt, an welchem es während des Tages den directen Sonnenstrahlen ausgesetzt ist. Man stellt nun am Tage und auch in der Nacht Beobachtungen über den Temperaturzustand der Versuchspflanze an und vergleicht die ge- wonnenen Resultate mit denjenigen, zu welchen man bei Beobachtung 1) Vgl. H. DE Vrees, Die mechanischen Ursachen der Zellstreckung, Halle 1877, S. 118. 2) Vgl. AsKEaiASY, Botan. Zeitung, 1875. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 131 eines im Schatten aufgehängten Thermometers gelangt. Sichere Bestim- mungen der Lufttemperatur sind übrigens gar nicht so ganz leicht aus- zuführen. Am besten ist es, wenn das Thermometer in einem grossen Zinkkasten aufgestellt wird, der in gehöriger Entfernung vom Erdboden vor dem nach Norden gelegenen Fenster eines Gebäudes hängt. Der Kasten muss derartig eingerichtet sein, dass er Luftcirculation gestattet. Er darf auch nicht zu dicht vor dem Gebäude angebracht werden. Man wird bei der Ausführung der Untersuchungen über die Temperaturen erstaunen, welche der Cactus in der Sonne annimmt. An einem warmen Tage besass ein Beobachtungsobject um lO^/g Uhr Morgens eine Temperatur von 23,0° C. ; dieselbe war bis um 2'/g Uhr auf 40,5" C. gestiegen. Lufttemperatur zu dieser Zeit im Schatten 24,5 ^ C. Dieselbe Pflanze hatte am Nachmittag eines anderen Tages eine Temperatur von 45,5 ^ C. angenommen. Will man Aufschluss über die Temperatur erhalten, welche im Innern von Baumstämmen herrscht, so bohrt man dieselben bis zur Mitte an und führt Thermometer in die Bohrungen ein. Ein luftdichter Verschluss kann ohne Mühe durch kurze Stückchen Kautschukschlauchs erzielt werden, welche man über die Thermo- meter gezogen hat. Die Temperaturverhält- nisse im Innern der Bäume sind natürlich dicht über der Bodenoberfläche andere als in höher gelegenen Regionen, und es ist selbst- verständlich ebenso nicht einerlei, ob das Untersuchungsobject im Laufe des Tages von directen Sonnenstrahlen getroffen wird, oder ob dies nicht der Fall ist. Wenn man mit nicht zu dünnen Baumstämmen, z. B. solchen von 40 cm Durchmesser, in welche die Ther- mometer also 20 cm weit hineinragen, operirt, so findet man im Allgemeinen, dass die Baum- temperatur am Tage niedriger, in der Nacht aber höher als die Lufttemperatur ist, und dass das tägliche Temperaturmaximum der Baumtemperatur erheblich später als das tägliche Maximum der Lufttemperatur eintritt. Durch einen einfachen, auch in der Vorlesung über Pflanzenphysio- logie leicht ausführbaren Versuch kann man die Thatsache demonstriren, dass trockenes Holz die Wärme schneller in der zur Stammaxe parallelen als in einer dazu rechtwinkeligen Richtung leitet. Eine glattgehobelte Platte Linden-, Birken- und Eichenholzes wird mit Hülfe eines in ge- schmolzenes Wachs eingetauchten Pinsels mit einer dünnen Wachsschicht überzogen. Man erwärmt nun einen Draht und stemmt sein warmes Ende rechtwinkelig gegen die Holzplatte. Es entsteht eine Schmelzungszone ( /^ Die letzteren werden mit ihrem aus ■ ■ dem Apparat herausragenden Ende ■Ml lAi an den Stativen befestigt. Die Be- jlj |li weglichkeit der Elektroden ist eine __J||^^ ^ ; «^ 1^ hinreichende. Die beiden Enden des WM ' ~fSM "^^ *^^ langen Glasrohres sind noch mit durchbohrten Kautschukkorken «j„ tL* k i. r^ i 1 zu verschliessen. in denen Glasröhren Flg. 54. Apparat zum Gebrauch ^ , -,„. , . j- ^ i - bei Untersuchungen über die elektro- stecke u. Wird nun in die feuchte motorischen Wirkungen an Pflanzen- Kammer ein 10 — 15 cm langer theilen. Im Durchschnitt dargestellt. Erbsenkeimling gelegt, und leitet man (Nach Haake.) langsam Luft, die zur Sättigung mit Wassergas ein kleines, mit nasser Glaswolle angefülltes U-Rohr passirt hat, durch den Apparat, so erhält man nach Haake einen recht starken Ausschlag am Galvanometer, wenn die eine Elektrode dem Wurzelhals, die andere dem Stengel des Keimlings angelegt wird. Der Ausschlag wird aber gering, wenn man nun etwa eine viertel Stunde lang einen langsamen Wasserstoffstrom durch den Apparat gehen lässt. Das Wasserstoffgas reinigt man , indem man es eine Lösung von Kaliumpermanganat passiren lässt; zur Sättigung mit Wassergas leitet man es über feuchte Glaswolle hin. Erneuter Luftzutritt ruft wieder einen starken Galvanometerausschlag hervor. Bei diesen Versuchen ist, um Assimilation auszuschliessen, stets für Verdunkelung des Untersuchungs- objectes zu sorgen. Entzieht man also den Pflanzentheilen den Sauerstoff, so ruft dies eine Aenderung ihrer elektrischen Spannungsverhältnisse hervor und diese Erfahrung berechtigt eben zu dem Schluss, dass Stoffwechsel und Ath- mung als Ursache der elektromotorischen Wirkungen, die man an Pflanzen beobachten kann, betrachtet werden müssen. Freilich, getödtete Pflanzen (z. B. durch heissen Wasserdampf getödtete Erbsenkeimlinge) machen ebenfalls elektromotorische Wirkungen geltend ; indessen erfahren diese bei Sauerstoffentziehung keine wesentliche Aenderung, und dies beweist Die Molekularkräfte der Pflanzen. 135 eben , dass sie ganz anderen Ursachen (chemischen Umsetzungen in den abgetödteten Pflanzentheilen) ihre Entstehung verdanken, wie jene, welche an der lebensthätigen Pflanze zu constatiren sind. Sehr wichtig für die Beurtheilung unserer Beobachtungsresultate ist es, zu beachten, dass wir heute nur im Stande sind, das Vorhandensein von elektromotorischen Wirkungen an Pflanzen überhaupt zu constatiren. Ueber die wahre Grösse derselben erfahren wir aber nichts. Die Zellen können mit kleinen galvanischen Elementen verglichen werden, aber das Galvanometer zeigt immer nur die Difierenz zwischen der Stärke der Ströme, die von den verschiedenen mit den Elektroden in Contact ge- brachten Zellencomplexen ausgehen, an. Selbst wenn das Galvanometer gar keinen Strom mehr anzeigt, könnten doch noch von den Pflanzen elektromotorische Wirkungen zur Geltung gebracht werden; es könnten ja beide Stromcomponenten gleich sein ^). IV. Die Bewegung der Gase in den Pflanzen. 64. £iniges über das Ycrhalteu der Gase im Allgemeinen. Es wird ein Reagensglas mit einem Ptianzensaft angefüllt, z. B. mit Rübensaft, den man durch Zerreiben entrindeter Runkelrübenstücke auf einem Reibeisen und Auspressen des in ein Tuch gebrachten Breies gewonnen und eventuell durch Filtriren geklärt hat. Ferner füllt man eine kleine Schale mit dem Rübensaft, bringt die Mündung des Reagensglases in diese Flüssigkeit und verdrängt endlich den Saft in dem Glase durch Kohlensäure. Lässt man den Apparat dann einige Zeit ruhig stehen, so zeigt sich, dass der Saft in dem Reagensglase emporsteigt. Die Kohlensäure wird von der Flüssigkeit absorbirt, und ebenso ist auch der in der unversehrten Zelle vorhandene Zellsaft im Stande. Kohlensäure, mit der er in Berührung gelangt, zu absorbiren. Das Absorptionsvermögen wässeriger Lösungen für Sauerstoff sowie Stickstoff ist ein weit geringeres als dasjenige für Kohlensäure. Es vermögen auch lufttrockene Pflanzentheile, z. B. Samen, nicht unerhebliche Kohlensäuremengen zu absorbiren. In eine am oberen Ende zugeschmolzene Glasröhre bringt man 15 oder 20 lufttrockene Samen von Phaseolus multifiorus und schiebt noch ein kleines Kork- stückchen oder etwas Glaswolle nach, um die Samen im oberen Röhrentheil festzuhalten. Die Röhre wird nun derartig aufgestellt, dass ihr verschlossenes Ende nach unten gerichtet ist, ein kräftiger Strom Kohlensäure eingeleitet, die Mündung der Röhre mit dem Daumen verschlossen und diese schnell unter Quecksilber gebracht. Das Quecksilber steigt allmählich in der Röhre empor, da die Samen 1) Vgl. Haake, Flora, 1892, und Kunkel, Arbeiten d. botan. Instituts in Würzburg, Bd. 2. Bei Kunkel vergl. auch Beobachtungen über die elektro- motorischen Wirkungen ruhender und mechanisch gereizter Mimosablätter und über die sich Hbei der Reizung geltend machende Stromschwankung. 136 Zweiter Abschnitt. im Laufe mehrerer Tage einige ccm Kohlensäure absorbiren, und wenn man das Volumen des Gases in dem Apparat bei Beginn und bei Abschluss des Experimentes genau feststellt (vergl. Methode unter 13), so ist es möglich, die Quantität der von den Untersuchungsobjecten gebundenen Kohlensäure exact zu bestimmen'). Nach Borodin ab- sorbiren gequollene Bohnensamen nicht viel mehr Kohlensäure als lufttrockene, eine Angabe, die zu weiteren Experimenten auffordert. Nach den Untersuchungen von Graham und Bunsen verhalten sich die Geschwindigkeiten, mit welchen die Gase poröse Scheide- wände, die keine specifische Anziehungs- kraft auf eben diese Gase geltend machen, in entgegengesetzter Richtung durch- ziehen, umgekehrt wie die Quadrat- wurzeln aus den specifischen Gewichten der Gase. In der That lässt sich leicht zeigen, dass der Wasserstoff z. B. weit schneller eine poröse Scheidewand passirt als atmosphärische Luft. Ich benutzte bei meinen bezüglichen Experimenten ein 15 mm weites und etwa 40 cm langes Glasrohr, das an einem Ende mit einer trockenen Thonplatte von 5 mm Dicke verschlossen wurde. Die Thonplatte lässt sich mit Hülfe von Siegellack leicht am Röhrenende befestigen. Wird die Glasröhre jetzt mit Wasserstoffgas an- gefüllt und ihr offenes Ende dann schnell unter Wasser gebracht, so steigt die Flüssigkeit alsbald bis zu bedeutender Höhe im Apparat empor, weil in der Zeit- einheit eine grössere Menge Wasserstoff durch die Thonplatte in die atmo- sphärische Luft übergeht, als atmo- sphärische Luft in den Apparat eintritt. Bequemer ist es, mit dem in Fig. 55 dargestellten, ebenfalls von mir benutzten Apparat zu experimentiren. Die Thon- platte T verschliesst das obere Ende des Glasrohres (r, welches mit seinem unteren Ende in Wasser eintaucht. Durch das Rohr S wird, während der Glashahn H geöffnet ist, Wasserstoff zu- geleitet. Schliesst man den Hahn H, so steigt das Wasser allmählich im Rohr G empor. Dieser Apparat kann auch bei Ausführung mancher der folgenden Versuche Verwendung finden. Die specifisch schwere Kohlensäure passirt nach demjenigen, was wir über die Bewegung der Gase wissen, derartige poröse Scheide- wände wie Thonplatten auf jeden Fall viel langsamer als atmosphärische Luft; indessen eine durchaus abweichende, geradezu entgegengesetzte Erscheinung macht sich geltend, wenn man Kohlensäure und atmo- Fig. 55. Apparat für Unter- suchungen über die Diffusion der Gase. 1) VgL BoEODiN, Mömoires de l'aead. imp. de St. P^tersbourg, T. 28, Nr. 4. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 137 sphärische Luft durch eine Scheidewand von einander trennt, deren Substanz eine specifische Anziehung auf die Kohlensäure ausübt (Gasabsorption). Als ich ein Glasrohr an einem Ende mit einer dünnen Kautschukraembran verschloss (die Kautsckukmembran bindet man am besten mit Gummischnur fest), die Röhre mit Kohlensäure anfüllte und ihre offene Mündung unter Quecksilber brachte, stieg dieses allmählich mehr und mehr in der Röhre empor. Freilich erhebt sich das Quecksilber nicht schnell im Apparat, und es ist daher erforderlich, denselben längere Zeit (etwa 24 Stunden) ruhig stehen zu lassen. Handelt es sich nicht um die Ausführung genauer, messender Ex- perimente, sondern nur um Demonstrationsversuche, so ist es zweck- mässig, neben der mit einer Kautschukmembran verschlossenen Glasröhre noch eine zweite aufzustellen, welche die gleichen Dimensionen wie jene erste besitzt, aber am oberen Ende zugeschmolzen ist. Der Quecksilberstand in dieser zweiten Röhre lässt erkennen, welchen Einfluss die Temperatur- sowie die Luftdruckverhältnisse während der Versuche auf die eingeschlossenen Gase ausüben. Es stellt sich nun nach längerer Zeit heraus, dass das Quecksilber in der mit der Kautschukmembran verschlossenen Röhre erheblich höher steht als in der anderen, denn in Folge des Absorptionsvermögens des Kaut- schuks für Kohlensäure passirt dieses Gas trotz seines hohen speci- fischen Gewichts die benutzte Membran schneller, als die atmosphärische Luft dies vermag. Als ich eine Glasröhre an einem Ende mit einem frischen Blatt- stück von Nerium Oleander verschloss, die Röhre mit Kohlensäure anfüllte und die offene Mündung in Quecksilber eintauchte, stieg dies ziemlich hoch in der Röhre empor. Den luftdichten Verschluss erreicht man bei diesem Experiment am besten dadurch, dass man ein durchbohrtes, als Widerlage dienendes Korkstück so weit über die Glasröhre schiebt, bis die Mündung der letzteren genau in einer Ebene mit der oberen Schnittfläche des Korkstückes liegt. Mit Hülfe von Siegellack, das man auf die untere Schnittfläche des Korkstückes bringt, befestigt man dieses an der Glasröhre. Die obere Korkfläche wird nun mit einer Mischung von 1 Thl. gelbem Wachs, 1 Thl. Olivenöl und 1 Thl. ausgelassenem Hammeltalg bestrichen, das Neriumblattstück über die Mündung des Glasrohres gelegt, so dass die spaltöffnungsfreie Oberseite des Blattes nach unten gewendet ist, und schliesslich ein völlig dichter Verschluss durch Bestreichen der Ränder des Blattstücks mit dem erwähnten Kitt hergestellt. Zu genaueren Resultaten gelangt man unter Anwendung folgender Untersuchungsmethode. Ueber das obere gut abgeschliffene Ende einer Glasröhre von 5 — 6 mm Weite und 50 — 100 cm Länge wird ein als Widerlage dienendes, durchlochtes Stück Kork oder Hollundermark gezogen. Man erwärmt so viel wie möglich und trägt feinstes geschmol- zenes Siegellack auf. Man legt nun das Untersuchungsobject , z, B. ein trockenes unversehrtes Blattstück von Hedera Helix, dessen Oberseite bekanntlich spaltöffnungsfrei ist, oder eine zarte Korklamelle, die eventuell unter Benutzung des Mikrotoms hergestellt ist, auf eine Korkunterlage, kehrt die erwähnte Glasröhre um und bringt sie unter nicht zu starkem Druck, während das Siegellack noch geschmolzen ist, mit dem Gewebe in Berührung. In der Regel erzielt man auf solche Weise einen völlig luftdichten Verschluss. Nach völliger Abkühlung wird die Röhre nahezu horizontal gelegt und vorsichtig gänzlich oder nur zum Theil mit Queck- 138 Zweiter Abschnitt. silber angefüllt, dann senkrecht aufgestellt, so dass ihr ofienes Ende in Quecksilber eintaucht. Man verdrängt nun einen Theil des Quecksilbers ins Glasrohr durch trockene Kohlensäure und lässt den Apparat in einem nach Norden gelegenen Raum ruhig stehen. Unter Berücksichtigung der erforderlichen Vorsichtsmaassregeln, und indem man Temperatur sowie Barometerstand notirt, wird der Stand des Quecksilbers im Rohr ab- gelesen, und wenn man dies häufiger, z. B. jeden Tag einmal wiederholt, so gelangt man zu folgendem Resultat. Im Apparat, der mit einer trockenen Korklamelle verschlossen ist, steigt das Quecksilber sehr langsam. z. B. nur einen mm pro Tag. Gar kein Steigen erfolgt, wenn man mit trockenen Blattstücken von Hedera Helix experimentirt. Ein ziemlich lebhaftes Steigen des Quecksilbers macht sich geltend, wenn man auf die Gewebestücke, nachdem sie befestigt worden sind , das eine Ende eines mit dem anderen Ende in Wasser eintauchenden Eliesspapierstreifens legt, so dass sie sich mit Wasser imbibiren. Es ergiebt sich also, dass Gasdialyse, bei der ja Gasabsorption eine grosse Rolle spielt, nur in aus- giebigerem Maasse stattfinden kann, wenn die Membranen der Pflanzen- gewebe mit Wasser imbibirt sind. Trockene Membranen lassen keine Gase dialysiren oder sie gestatten ihnen den Durchtritt nur sehr langsam (Periderme). Die Kohlensäure passirt die Pflanzenmembranen auf dia- lytischem Wege schneller als Stickstoff und Sauerstoff*). 65. Das Iiitercellularsystein der Pflanzen. Die Intercellularräume der Pflanzen, welche für den Gaswechsel, die Durchlüftung und die an anderer Stelle zu behandelnde Wasser- dampfbildung in den Gewächsen so wichtig sind, kommen namentlich zwischen den Zellen des Parenchyms, aber auch an anderen Orten vor. Sie sind entweder schizogenen oder lysigenen Ursprungs und im letzteren Falle oft von bedeutendem Durchmesser. Im Parenchym sind die Intercellularräume gewöhnlich zwischen den abgerundeten Kanten der Zellen als dreikantige, mit einander communicirende Kanäle vorhanden. Wir unterwerfen zunächst zarte Querschnitte aus den Cotyledonen der ruhenden Samen von Lupinus luteus einer mikro- skopischen Untersuchung. Man benutzt am besten etwas ange- quollene Samen zur Herstellung der Schnitte und constatirt alsbald das Vorhandensein der ziemlich engen Intercellularräume zwischen den Zellen. Die luftführenden Räume sind natürlich für den normalen Verlauf der Keimung, der mit lebhaftem Gaswechsel verbunden ist, von besonderer Wichtigkeit. Auch zwischen den Zellen der über die Erdoberfläche emporgehobenen und ergrünten Cotyledonen von Lupinus lassen sich die Intercellularräume leicht auffinden. Wir stellen ferner Querschnitte durch ein Internodium von Zea Mays her (vgl. Fig. 56). Es kann für unseren Zweck gerne an der Luft getrocknetes Material benutzt werden. Die Gefässbündel sind nicht im Kreise angeordnet, sondern durch das gesammte Grundgewebe vertheilt. Die Zellen des letzteren sind sehr gross, und es fallen uns sofort die 1) Literaturangaben veL bei Detmer, Lehrbuch d. Pflanzenphysiologie, 1883, S. 97, und bei Pfeffkk, Handbuch d. Pflanzenphysiologie, ßd. 1, S. 86. Experi- mentelle Untersuchungen, die hier von Interesse sind, hat N. J. C. Müller (vgl. Pringsheim's Jahrbücher, Bd. 7) ausgeführt. Femer Wiesxer, Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. zu Wien, 1889, Bd. 98, Abth. I, S. 693. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 139 ziemlich weiten, als dreieckige Lücken zwischen den Zellen erscheinenden Intercellularräume auf. Jedes einzelne der coUateralen Gefässbündel ist von einer Scheide, die aus lückenlos zusammenschliessenden, dickwandigen Sklerenchymzellen besteht, umgeben. Im Phloemtheil der Gefässbündel sind die Siebröhren sichtbar, während im Xylem mehrere grosse Gefässe sofort in die Augen fallen. Auf der inneren Seite der Gefässbündel be- obachten wir aber auch einen weiten , Intercellularraum. Derselbe ist lysi- gen en Ursprungs, während die In- tercellularräume des Grundgewe- bes auf schizo- genem Wege ent- standen sind. Werden Quer- schnitte aus dem Stengel von Jun- cusglaucus mikro- skopisch unter- suchtjSO zeigt sich, dass unter der stark cuticulari- sirten Epidermis grünes Gewebe und Gruppen von Sklerenchym- fasern mit ein- ander abwechseln. Unter den Skler- enchymfaserbün- deln sind grosse, mit Luft erfüllte Hohlräume sicht- bar, und femer erblickt man zahl- reiche , in das Grundgewebe ein- gebettete Gefäss- bündel, deren Holz- und Basttheile leicht kenntlich sind. Jedes Gefäss- bündel ist auf seiner Aussen- sowie Innenseite mit einem Sklerenchym- faserbelag versehen. Spaltet man einen Halm von Juncus glaucus der Länge nach, so zeigt sich, dass die weite Höhlung in der Mitte des Untersuchungsobjectes keine continuirliche ist, sondern dass sie gekammert erscheint. Die Höhlung des Halms wird von zahlreichen Gewebeplatten, sogen. Diaphragmen, durchsetzt, welche, wie die mikroskopische Unter- suchung lehrt, aus vielarmigen, sternförmigen Zellen bestehen. Wird ein Querschnitt durch das Intemodium eines vegetativen Sprosses von Equisetum arvense hergestellt, so ist schon bei schwacher Vergrösserung die eigenthümliche Anordnung des grünen Parenchyms einer- und der hypodermalen Sklerenchym faserstränge unter der Epidermis Fig. 56. Qiiei*sclinitt durch ein Gefässbündel aus dem inneren Theile eines Internodiunis des Stengels Ton Zea Mays. a Glied eines Ringgefässes, .sp Schraubengefäss, m und /«' unbehöft getüpfelte Gefässe, v Siebröhre, s Geieitzellen, cp zerquetschte Cnbralprinianen (Erstlinge des Basttheiles), / Intercellulargang, ?■// Scheide, f Zelle des Grundgewebes. Vergr, 180. (Nach STRAsnriUiER.) 140 Zweiter Abschnitt. andererseits leicht festzustellen (vgl. Fig. 57). Nach innen folgt gross- zelliges Rindengewebe, welches weite Luftlücken, die sog. Vallecularhöhlen, umschliesst. Den Gefässbündelkreis umgiebt eine Endodermis, und jeder Fi brovasal Strang läset einen Holz- und einen Basttheil deutlich erkennen. Im Holztheil ist ein weiter Inter- cellulargang, die Carinalhöhle, leicht zu sehen. Es ist endlich noch auf das hohle Mark und auf die relativ engen Intercellulargänge zwischen den Zellen des Rinden- sowie Mark- gewebes des Equisetumstengels zu achten. Bei mikroskopischer Untersuchung eines zarten Querschnittes durch den Blattstiel von Nymphaea alba er- blicken wir eine spaltöffnungsfreie Epidermis und darunter einen Collen- chymring. In der peripherischen Region des Blattstiels sind die Gefäss- bündel in einem Kreise angeordnet; aber es sind auch noch weitere Fibrovasalstränge im Grundgewebe vertheilt. Das Grundgewebe wird ferner von zahlreichen mehr oder minder weiten Luftkanälen durch- zogen. In diese letzteren ragen die sternförmig ausgebildeten inneren Haare hinein, von denen jedes einer einzigen an den Kanal grenzenden Grundgewebezelle entspringt i). Fig. 57. Querschnitt darch das Internodiuni eines sterilen Sprosses von Equisetum arvense. m Mark, cl Carinalhöhle im Gefässbündel, e Endo- dermis, vi Vallecularhöhle, hp Skler- enchymfaserstrang , ch grünes Gewebe, st Spaltöffnungsapparat. (Nach Stras- BURGER.) 66. Die Lenticellen. Wir untersuchen die Zweige von Sarabucus nigra, um uns über das Vorhandensein der Lenticellen, die eine so sehr allgemeine Ver- breitung besitzen, zu unterrichten. An Querschnitten, die aus jungen Zweigen hergestellt worden sind, constatiren wir, dass unmittelbar unter der Epidermis hypodermales Collenchym vorhanden ist, das nur an einigen Stellen von dem grünen Rindenparenchym unterbrochen wird, welches an diesen Stellen eben selbst bis zur Epidermis reicht. Das innere Rindengewebe ist seiner Gesammtmasse nach aus grünen Zellen zusammengesetzt und umschliesst den Gefässbündelkreis. Bei der Untersuchung von Querschnitten älterer Sambucuszweige zeigt sich, dass der Pflanzentheil wesentliche Veränderungen erfahren hat. Es ist nämlich dicht unter der Epidermis ein Korkgewebe entstanden, dessen gelblich gefärbte Zellen die lebendigen Gewebe der Rinde abschliessen. Aber dieser Abschluss ist kein vollkommener, denn die Sambucuszweige sind mit zahlreichen Lenticellen bedeckt. Dieselben lassen sich schon mit unbewaffnetem Auge als bräunliche Flecken erkennen, und bei mikroskopischer Untersuchung von Querschnitten stellen wir fest (vgl. Fig. 58), dass die Epidermis der Sambucus- 1) Literatur: de Bary, Vergleichende Anatomie der Vegetationsorgane etc., 1877, S. 220, und Strasburger, Das botanlBche Praktikum, 2. Aufl., Jena 1887. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 141 zweige an denjenigen Stellen , an welchen sich Lenticellen befinden, aufgerissen ist und dass die letzteren selbst mit einer pulverigen Masse stark gebräunter Zellen (Füllzellen) angefüllt sind. Diese Füll- zellen werden bekanntlich ebenso wie die Zellen des Phelloderraa von dem Cambium der Lenticellen producirt. Die erwähnten Füll- zellen, welche in demselben Maasse, wie sie von aussen der Desorga- nisation unterliegen , vom Cambium nachgebildet werden , schliessen aber nicht lückenlos zusammen , sondern es befinden sich zwischen ihnen mit Luft erfüllte Räume, die mit den Intercellularen der inneren Gewebe der Zweige communiciren. Um diese Thatsache durch ein w Fig. 58. Querschnitt durcli eine Lenticolle von Sambucus ni^ra. e Epi- dermis, ph Phellogen oder Korkcarabium, / Füllzellen, jd Cambium der Lenticelle, pd Phclloderma, Vergr. 90. (Nach Strasburger.) physiologisches Experiment festzustellen , befestigt man eine mit Periderm und Lenticellen bedeckte Sprossachse von Sambucus nigra Salix oder Pavia rubra mit Hülfe einer zum Schmelzen gebrachten Mischung von 2 Thl. Wachs und 1 Thl. Colophonium in dem kürzeren Schenkel eines gebogenen Glasrohres. Die Schnittfläche am oberen Ende des Zweiges wird ferner ebenfalls gut verkittet und die Vor- richtung in einen mit Wasser angefüllten Glascylinder gestellt. Giesst man nun Quecksilber in den längeren Schenkel des Glasrohres, so treten alsbald Gasblasen aus den Lenticellen des Untersuchungs- objectes hervor, die sich allmählich ablösen , um durch neue ersetzt zu werden. Ich habe derartige Beobachtungen im Winter an Sam- bucuszweigon gemacht, woraus erhellt, dass die Lenticellen auch zu dieser Jahreszeit nicht verschlossen sind. Bei manchen Pflanzen werden übrigens im Winter dichter zusammenschliessende Füllzellen in den Lenticellen als im Sommer gebildet. Wenn man daher im December und ferner Anfang Juni derartige Versuche, wie sie soeben beschrieben worden sind, mit Zweigstücken von Ampelopsis anstellt, so ergiebt sich, dass im Juni weit leichter als im December grössere Luftmengen durch die Lenticellen gepresst werden können. Die Lenti- cellen spielen an den mit Periderm bedeckten Zweigen eine ähnliche Rolle wie die Spaltöffnungen an jungen Pflanzentheilen. Sie sind 142 Zweiter Abschnitt. ebenso wie diese für die Durchlüftung der Gewebe von Bedeutung')« Man kann diese Thatsache in einfachster Weise auch so feststellen, dass man Sprossachsen genannter Pflanzen an beiden Enden verkittet und sie dann in Wasser legt. Die erwärmte Luft tritt nun in Form kleiner Blasen aus den Lenticellen hervor. 67. Die Spaltöffnungen und ihre Bedeutung beim Gaswechsel der I^Pflanzen. Ein ganz günstiges Untersuchungsobject für das Studium der Spaltöffnungen ist das Blatt von Iris florentina. Bei mikroskopischer Untersuchung zarter Querschnitte zeigt sich (vgl. Fig. 59), dass die Schliesszellen des Spaltöffnungsapparats Chlorophyllkörner enthalten. Der Spalt der Spalt- öffnungen und die Athemhöhle unter dem Spalt sind ebenso leicht zu er- kennen. Die grüb- chenartige Vertie- fung über den Spalt- öffnungen kommt dadurch zu Stande, dass die den Schliesszellen be- nachbarten chloro- phyllfreien Epider- miszellen über die Schliesszellen grei- fen, dieselben theil- weise deckend. Eine solche ver- tiefte Lage ist dem Spaltöffnungs- apparat der Blätter von Tradescantia virginica, wie die Untersuchung zar- ter Blattquer- schnitte lehrt, nicht eigenthümlich. Dagegen ist es für die Spaltöffnungen von Tradescantia virginica charakteristisch, dass sie fast immer von vier Epidermis- zellen, die, wie leicht zu sehen ist, schöne Zellkerne enthalten, um- geben werden. Um dies Verhältniss festzustellen, untersucht man ein Stückchen von der Unterseite des Tradescantiablattes abgezogener Epidermis. Die Blattoberseite ist weit spaltöffnungsärmer als die Blattunterseite (vgl. Fig. 60). Gute Objecto für das Studium des Spaltöffnungsapparats sind auch noch die Blätter von Hyacinthus Orientalis und Lilium candidum. Fiff. 59. Epidermis der Blaftunterseite von Iris florentina. Ä von oben, B im Querschnitt, f Grübchen> s Spalt, c Cuticula, a Athemhöhle. Vergr. 240. (Nach Strasburqer.) 1) Literatur: Stahl, Botan. Zeitung, 1873, und Klebaiin, Jenaische Zeit- schrift für Medicin und Naturwissenschaft, Neue Folge Bd. 10. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 143 Wer sich mit der Untersuchung der Spaltöffnungen beschäftigt, wird alsbald die Wahrnehmung machen, dass die Anzahl der Stomata, welche auf gleichem Flächenraum bei den Blättern verschiedener Pflanzen oder auf gleichem Flächenraum der Ober- und Unterseite desselben Blattes vorhanden ist, sehr bedeutende Diff"erenzen erkennen lässt. So z. B. beträgt nach Weiss') die Anzahl der Spaltöfl^nungen auf 1 qmm Blattfläche bei: Oberseite Unterseite Acer platanoides 0 550 Brassica oleracea 219 301 Helianthus annuus ; 175 325 Ficus elastica 0 145 Orchis latifolia 20 67 Nymphaea alba 4(10 0 Die Spaltöff"nungszählungen sind freilich mühsam, aber mit Hülfe einer einfachen Methode durchzuführen. Man zieht Epidermisstreifen von der Ober- und Unterseite ausgewachsener Blätter ab, bringt die- selben in einem Wassertropfen auf den Objectträger, legt ein Deckglas auf und bestimmt die Anzahl der im Gesichtsfelde des Mikroskops zu er- blickenden Stomata. Aus einer Reihe solcher Beobach- tungen leitet man dann die Mittel- werthe ab. Die wirk- liche Grösse des Gesichtsfeldes ist leicht festzustellen, indem man den Ge- sichtsfelddurch- messer mit Hülfe eines Objectivmi- krometers ermittelt, um unter Zugrundelegung des erhaltenen Werthes die Fläche des Gesichtsfeldes zu berechnen. Es ist schliesslich nur noch erforderlich, die für die Anzahl der Spaltöff'nungen gefundenen Zahlen auf die Flächeneinheit, z. B. 1 qmm, umzurechnen. Bei der Untersuchung des Spaltöff"nungsapparates der Gewächse ist es wichtig, einer Eigenthümlichkeit derselben Erwähnung zu thun, die für die Vorgänge des Gaswechsels der Pflanzen und ebenso für den später zu besprechenden Transpirationsprocess grosse Bedeutung besitzt. Der Spalte zwischen den Schliesszellen der Stomata kommt nämlich keineswegs immer die nämliche Weite zu. Man kann leicht constatiren, dass die Spalte einer Spaltöff'nung unter bestimmten Um- ständen mehr oder minder weit geöfl"net, unter anderen Verhältnissen aber geschlossen ist. Diese merkwürdigen Erscheinungen haben ihren Grund in Aenderungen des Turgorzustandes der Schliesszellen, sowie der diesen benachbarten Epidermiszellen des Spaltöfi'nungsapparates, A R Figr. 60. Epidermis der Blattnnterseite von Trade- soantia vlri^inicu. A von oben, B Querschnitt, l Leuko- plasten an den Zellkernen. Vergr. 240. (Nach Stras- burger.) 1) Vgl. Weiss, in Pringsheim's Jahrbücher f. Wissenschaft!. Botanik, Bd. 4. 144 Zweiter Abschnitt. und wir wollen, ohne indessen auf die coraplicirten Details näher ein- zugehen, einige Experimente zur Constatirung der Hauptthatsachen anstellen '). "Wir untersuchen zunächst einen Flächenschnitt eines am Tage ab- geschnittenen Blattes von Amaryllis formosissima und finden die Spalt- öffnungen geöffnet. Benutzen wir hingegen ein halb abgewelktes Blatt derselben Pflanze, so bemerken wir, dass die Spaltöffnungen ge- schlossen erscheinen. Man thut wohl, die Schnitte bei der Ausführung dieser Beobachtungen trocken zu untersuchen und ihnen erst dann Wasser hinzuzufügen, wenn man sich davon überzeugt hat, dass die Stomata der abgewelkten Blätter geschlossen sind. Der Wasserzutritt führt nun dahin, dass sich die Spaltöffnungen in wenigen Minuten weit öffnen , weil der Turgor der Schliesszellen erheblich zunimmt. Längeres Verweilen der Untersuchungsobjecte im Wasser bedingt aber einen Verschluss der Spalte, indem allmählich auch der Turgor der Epidermiszellen bedeutend wächst, und der Widerstand der Schliess- zdlen dadurch mehr und mehr überwunden wird. Werden aber Amaryllisblättern, die gut besonnt waren , Schnitte entnommen , so gelingt es nicht , durch Wasserzufuhr einen Spalt- öffnungsverschluss zu erzielen, da die Schliesszellen so reichliche Mengen osmotisch wirksamer Stoffe in Folge von Assimilation ent- halten, dass sie stark genug turgesciren, um dem Turgor der be- nachbarten Epidermiszellen das Gleichgewicht halten zu können. Aehnlich wie die Spaltöffnungen von Amaryllis verhalten sich die- jenigen anderer Gewächse. Dagegen beobachten wir abweichende Verhältnisse bei solchen Pflanzen, für deren Spaltöffnungsapparat die den Schliesszellen benachbarten Epidermiszellen keine hervorragende Bedeutung besitzen. Werden Epidermisstreifen der Blätter von Orchis (ich experimentirte mit 0. mascula) abgezogen und zunächst im Wasser- tropfen untersucht, so ergiebt sich, dass die Spaltöffnungen sich nie- mals schliessen, sondern geöffnet bleiben. Durch Einlegen der Schnitte in einen auf dem Objectträger befindlichen Tropfen Rohrzuckerlösung lässt sich hingegen ein ziemlich schnell eintretender Verschluss der Spaltöffnungen herbeiführen. Ebenso verhalten sich z. B. auch die Spialtöffnungen von Lilium candidum. Reichliche Wasserzufuhr zu der Pflanze, den abgeschnittenen Blättern oder den Schnitten öffnet die Stomata. Welken der Blätter oder Wasserentziehung an den Schnitten vermindert den Turgor der Schliesszellen und ruft einen Verschluss der Spalte hervor. Der Spaltöffnungsapparat vieler Pflanzen reagirt auch auf den Wechsel der Beleuchtungsverhältnisse. In der Nacht sind z. B. die Stomata von Amaryllis formosissima geschlossen. Directes Sonnen- licht öffnet sie weit, und wenn man zunächst hell beleuchtet gewesene Amaryllisexemplare plötzlich verdunkelt, so findet man die Spalt- öffnungen nach einigen Stunden geschlossen. Man kann auch, wie ich es oft that, mit abgeschnittenen und mit der Basis in Wasser gestell- ten Amaryllisblättern experimentiren. Untersucht man Schnitte solcher Blätter, die mehrere Stunden hell beleuchtet waren, so findet man die 1) Literatur über die hier zu besprechenden Erscheinungen : Mohl, Botan. Zeitung, 1856, Schwendexer, Monatsberichte d. Berliner Akademie d. Wiss., 1881. Leitgeb (Mittheilungen d. botan. Instituts zu Graz, Bd. 1, Jena 1886, Schaefer, Jahrbücher f. Nvissenschl. Botanik, Bd. 19. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 145 Stomata stets offen, bei den Dunkelblättern erscheinen dieselben da- gegen geschlossen. Schaefer (1. c. S. 194) zeigte direct, dass der Spaltöffnungsverschluss im Dunkeln durch herabgesetzten Turgor der Schliesszellen zu Stande kommt und nicht durch erhöhten Türgor der benachbarten Epidermiszellen. Bei Untersuchungen über den Ein- fluss der Beleuchtungsverhältnisse auf den Spaltöffnungsapparat von Orchis mascula konnte ich keinen wesentlichen Unterschied in der Spaltweite dem Licht ausgesetzt gewesener sowie verdunkelt gehalte- ner Blätter feststellen, und auch Leitgeb hat kürzlich mit Bezug auf Orchis ein ähnliches Resultat erhalten (vgl. dessen citirte Abhandlung S. 160). Zu sehr überraschenden Resultaten gelangt man ferner bei Ex- perimenten über den Einfluss des Inductionsstroms auf den Spalt- öffnungsapparat. Man zieht einen Epidermisstreifen von der Unterseite eines Blattes ab, dessen Spaltöffnungen sich weit öffnen können. Ich ex- perimentirte mit bestem Er- folg mit Blättern von Orchis mascula, die am Tage abge- pflückt waren und einige Zeit in Wasser verweilt hatten. Der Epidermisstreifen gelangt auf den unter .54 beschrie- benen und in Fig. 45 abgebil- deten Objectträger, welcher für das Studium des Einflusses der Elektricität auf Pflanzen- zellen bestimmt ist. Hat man einige Spaltöffnungen unter dem Mikroskop eingestellt und lässt man den Inductions- strom auf das Untersuchungs- object einwirken, so schliessen sich die Stomata unter dem Auge des Beobachters im Laufe kurzer Zeit ' ). Es ist sehr lehrreich, Ex- perimente anzustellen, welche beweisen, dass die Spaltöff- nungen offen und Ausführungs- gänge der Intercellularen sind. Zunächst möge der nachfolgende Versuch unter Benutzung eines unversehrten I31attes von Primula sinensis ausgeführt werden. Ks wird dazu der in Fig. Gl dargestellte Apparat benutzt. Das mit einem doppelt durchbohrten Kautschukkork verschlossene Glas G füllt man halb mit Wasser an. Der eine Schenkel des rechtwinkelig gebogenen Glasrohres R mündet dicht unter dem Kork; der Stiel des Primula- Fisr. 61. Apparnt zum Nachweis der Wegsamkeit der Spaltöffnungen für Luft. 1) Dieser Verschluss der Spaltöffnungen kommt zu Stande, indem der elek- trische Strom die Schhesszellen tödtet. Die Stomata öffnen sich daher auch nach- träglich nicht wieder, und der Inhalt der Schliesszellen zerfällt oft rasch. Detm er, Pflanzenphysiologisches Praktikum. 2. Anfl. 10 14G Zweiter Abschnitt. blattes P taucht in das Wasser ein. Verdünnt man die Luft im Ap- parat durch Saugen mit dem Munde, so dringt neue Luft in die Spalt- öifnungen des Blattes ein, und dieselbe tritt in Form eines Blasenstromes aus dem unter Wasser befindlichen Blattstielquerschnitt hervor. Ex- perimentirt man mit anderen Blättern, so reicht häufig die durch Saugen mit dem Munde im Apparat erzielte Luftverdünnung nicht hin , um den Austritt von Luft aus dem Blattstielquerschnitt herbei- zuführen. Man muss dann, um eine bedeutendere Evacuation zu er- reichen , das Ende des Rohres R mit der Luftpumpe in Verbindung setzen. Man kann aber auch umgekehrt zeigen, dass Luft, die in den Blatt- stiel eingepresst wird, sich in den Intercellularen fortbewegt und aus den SpaltöflfnuDgen entweicht. Ich benutze auch zu zu solchen Versuchen z. B. die Blätter von Primula sinensis. Nimmt man den Blattstielquerschnitt in den Mund und bläst man heftig in denselben hinein, so sieht man sich grössere und kleinere Luftblasen von der Blattspreite ablösen, wenn diese unter Wasser taucht. Es tritt nicht etwa, wie man vielleicht erwartet, aus jeder Spaltöffnung ein feiner Blasenstrom hervor, sondern die aus- gepresste Luft vereinigt sich zu grösseren Blasen, die sich nun stellenweise von der Blattfläche abheben. Verweilt die Spreite des Primulablattes einige Zeit unter Wasser, so kann man durch einfaches Blasen keine Luft mehr durch das Untersuchungsobject treiben. Die Spaltöffnungen erfahren nämlich allmählich eine Verstopfung durch capillar festgehaltenes Wasser, und sehr schnell erzielt man eine solche bei Primula sinensis auch auf folgende Weise. Man setzt die Lippen an den Blattstielquerschnitt und saugt die Luft aus dem Untersuchungsobject heraus, während die Spreite unter Wasser taucht. Die Stomata und die Intercellularen werden da- durch mit Wasser injicirt, und die Blattspreite erfährt in Folge dessen eine Farben an derung ; sie wird auch durchscheinender. Durch heftiges Blasen vermag man jetzt keine Luft durch das Blatt zu treiben. Um noch specieller den für die Beurtheilung der angeführten Experimente wichtigen Nachweis zu liefern, dass capillar fest- gehaltenes Wasser im Stande ist, einem nicht unwesentlichen Druck das Gleichgewicht zu halten, stelle man den folgenden Versuch mit Hülfe des in Fig. 62 abgebildeten Apparates an. Der kürzere Schenkel eines gebogenen und einige Millimeter weiten Glasrohres wird an seinem Ende zu einer feinen Capillare ausgezogen. Man stellt das Glasrohr nun in einen mit Wasser gefüllten Glascjdinder, so dass sich die capillare Oeff- nung einige Centimeter unter der Wasseroberfläche befindet, und giesst Quecksilber in den langen Schenkel des Rohres, bis eine Druckhöhe von etwa 20 cm erreicht ist. Man sieht aus der Oeffnung des Glasrohres einen feinen Luftstrom hervortreten. Das Quecksilber sinkt im langen Schenkel des Glasrohres mehr und mehr herab, aber wenn nur noch eine Fig. 62. Apparat zur Bestimmung der Wegsam- kdt von Capillaren für Luft. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 147 Druckhöhe von einigen Centimetem vorhanden ist, so erfolgt kein weiteres Sinken des Quecksilbers, und zugleich hört der Luftstrom auf. Die feine Oeffnung ist capillar mit Wasser verstopft. Dem noch vorhandenen Queck- silberdruck wird durch die capillare Anziehung des Wassers in dem aus- gezogenen Theile des Glasrohres das Gleichgewicht gehalten. Taucht man die Spreite des Blattes von Caltha palustris oder Njnn- phaea oder einen Theil des Blattes von Allium Cepa unter Wasser und bläst in den Blattstiel resp. in das offene Ende des Alliumblattes hinein, so gelingt es auch hier, auf diese einfache Weise Luft durch die Unter- suchungsobjecte zu pressen. Die Oberfläche des unter Wasser tauchenden Theiles des Alliumblattes zeigt einen schönen Silberglanz , weil dieselbe mit einer Luftschicht bedeckt ist, welche eine totale Reflexion des Lichtes herbeiführt. Entfernt man an beliebigen Stellen des Blattes die ad- härirende Luftschicht durch Streichen mit dem Finger, so nehmen die jetzt benetzbar werdenden Stellen eine grüne Farbe an. Luft tritt jetzt nur da aus dem Blatte hervor, wenn man in das offene Ende desselben hineinbläst, wo die Epidermis noch mit dem silberglänzenden Ueberzuge versehen ist. Von den benetzten Stellen löst sich keine Luftblase los, da die Spaltöffnungen hier durch capillar festgehaltenes Wasser verstopft sind und der relativ geringe Druck nicht hinreicht, um das Wasser aus den Stomata herauszupressen. Oft ist es auch bei Experimenten zur Feststellung der Wegsamkeit der Spaltöffnungen für Luft zweckmässig, das folgende Verfahren in An- wendung zu bringen. Man befestigt den unteren Theil eines Blattstieles, der eine unversehrte Spreite trägt, oder eines beblätterten Stengels (ich experimentirte z. B. mit dem Ende eines Camelliasprosses, der eine Knospe und ein Blatt trug) luftdicht in der Oeffnung des kürzeren Schenkels eines gebogenen Glasrohres. Den luftdichten Verschluss erzielt man je nach Umständen auf verschiedene Weise. Häufig genügt ein einfacher Verschluss mit einem durch Zusammenschmelzen gewonnenen Gemisch aus gleichen Theilen gelbem Wachs, Olivenöl und ausgelassenem Hammel- talg; in anderen Fällen nimmt man einen Kautschukschlauch zur Hülfe, oder man verschliesst die Oeffnung des Rohres zunächst mit einem durch- bohrten Kork, durch dessen Bohrung der Blattstiel oder der Stengeltheil geführt worden ist, und stellt endlich den luftdichten Verschluss durch sorgfältiges Auftragen eines Kittes her. Giesst man Quecksilber in den längeren Schenkel des gebogenen Glasrohres und stellt man die Vorrich- tung in einen mit Wasser angefüllten Glascylinder, so entweicht die com- primirte Luft aus den Spaltöffnungen, und es steigen kleinere und grössere Luftblasen von der Blattspreite aus im Wasser empor ^). 68. Positiyer und negativer Gasdruek in den Pflanzen. Die Luft in den Intercellularen submerser Pflanzen, denen bekannt- lich Spaltöffnungen gewöhnlich fehlen, steht häufig unter positivem Druck. Dieser Ueberdruck kann auf verschiedene Weise zu Stande kommen ; ins- besondere verdient aber mit Rücksicht auf seine Entstehung die assi- milatorische Thätigkeit der grünen Pflanzentheile unter dem Einfluss des Sonnenlichts Berücksichtigung. Wenn man Zweige von Elodea in 1) IVIit Bezug auf das hier Gesagte vgl. zumal Sachs, Handbuch der Experi- mentalphysiologie d. Pflanzen, 1865, S. 252. 10* 148 Zweiter Abschnitt. Brunnenwasser der Einwirkung des directen Sonnenlichts aussetzt, so quillt, wie wir unter 1 1 specieller nachgewiesen haben, ein Blasenstrom aus dem Stengelquerschnitt hervor. Diese Sauerstoffabscheidung hört fast sofort auf, wenn man dem Lichte keinen Zutritt mehr zu den Unter- suchungsobjecten gestattet. Werden unversehrte Elodea - oder Cerato- phyllumindividuen oder Zweigstücke dieser Pflanzen (ich experimentirte mit Elodeazweigen) , deren Schnittfläche man mit Wachs verklebt hat, unter Wasser dem Einfluss des directen Sonnenlichts ausgesetzt, so ent- weichen keine Gasblasen aus den Untersuchungsobjecten. Der producirt« Sauerstoff sammelt sich in den Intercellularen an ; er geht nicht in dem Maasse, in welchem er gebildet wird, auf dialytischem Wege in das Wasser über, so dass das Gas in den Intercellularen alsbald unter positivem Druck steht. Wenn man den Stengel der Pflanzen mit Hülfe einer Nadel verletzt, so quillt in der That sofort ein sehr lebhafter, freilich sogleich wieder schwächer werdender Blasenstrom aus der verwundeten Stelle her- vor. Wenn man diesen Versuch an Pflanzen wiederholt, die einige Zeit lang im Finstern unter Wasser verweilt haben, so ruft die Verwundung die Abscheidung reichlicherer Gasmengen nicht hervor, da die in Folge der Athmung gebildete Kohlensäure die Druckverhältnisse der Intercellular- gase nicht wesentlich beeinflussen kann. Sie ist leicht löslich in Wasser und kann ohne Schwierigkeiten auf dialytischem Wege aus den Pflanzen in das dieselben umgebende Medium übergehen. Will man sich noch specieller über das Intercellularsystem von Elodea canadensis orientiren, so gelingt dies leicht bei mikroskopischer Untersuchung von Stengelquer- schnitten. Unter der wenig scharf charakterisirten Epidermis liegt das relativ mächtig entwickelte Rindengewebe, das seinerseits das axile Ge- fassbündel umschliesst. Die Zellen des Rindengewebes lassen kleine Inter- cellularräume zwischen sich ; zudem ist aber in der Rinde noch ein Kreis grösserer Luftkanäle vorhanden. Die Luft in den Intercellularen kann aber auch unter Umständen geringen negativen Druck besitzen , also verdünnter sein als die atmo- sphärische Luft. Das Zustandekommen dieses negativen Druckes wird durch verschiedene Umstände herbeigeführt, aber ich will hier nur einen Fall specieller hervorheben. Wenn Baumäste von directen Sonnenstrahlen getroffen werden, so wird zumal ihr Rindengewebe häufig eine höhere Temperatur als die umgebende Luft erlangen. Die Gase in den Inter- cellularen dehnen sich aus, und wenn Lenticellen vorhanden sind, so entweichen sie durch diese. Die Luft in den Intercellularen ist nun verdünnter als diejenige der Atmosphäre. Sehr wichtig und für die Beurtheilung vieler Erscheinungen im Pflanzenleben von grosser Bedeutung ist die Thatsache, dass die Gase in den Elementen des Holzes , zumal zur Zeit starker Transpiration der Gewächse, unter erheblichem negativen Druck stehen. Wir kommen auf diese merkwürdige Erscheinung weiter unten eingehend zurück ; zunächst wollen wir einige Verhältnisse ins Auge fassen, welche zu dem Phänomen des negativen Druckes der Holzluft in Beziehung stehen. Zuerst ist zu bemerken, dass das Korkgewebe an sich, wenn wir von den Lenticellen absehen , selbst bei erheblichem Druck keine Gase passiren lässt'). Ich befestigte einen dünnen Korkquerschnitt, der aus 1) Vgl. WiESXER, Sitzungsberichte d. Akademie d. Wiss. zu Wien, 1879, 1. Abth., Bd. 79, Aprilheft, und ebendaselbst Bd. 98, S. 670. Vergl. femer Lietz- MANN, Flora, 1^7, Bd. 70, und Mangen, Extrait des Ann. de la sdence agronom. frans, etc., T. 1, 1888. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 149 einem kleinen Pfropf mit Hülfe des Rasirmessers hergestellt worden war, luftdicht mittelst Siegellacks auf der Oeffnung des kürzeren Schenkels eines gebogenen Rohres von einigen mm Weite. Als in den längeren Schenkel des Glasrohres Quecksilber gegossen wurde, entwich selbst bei erheblichem Ueberdruck keine Luft durch die Korkscheibe, und der Stand des Quecksilbers im Glasrohre war auch nach einiger Zeit noch derselbe, wie bei Beginn des Experimentes. Ebenso sind alle übrigen Gewebearten, die Wiksner prüfte, nicht im Stande, unter Druck stehende Gase durchfiltriren zu lassen, wenn diese Gewebe nach aussen völlig ab- geschlossen sind. In vielen Fällen ist es bei der Ausführung der Untersuchungen zweck- mässig, die Gewebeschichten bei den Druck- versuchen, wie folgt, in dem gebogenen Glasrohr zu befestigen. Auf das 5 — 6 mm weite Glas- rohr wird ein zerlegbarer Metallaufsatz einge- kittet, in den das Untersuchungsobject luftdicht eingepasst werden kann. Um letzteres vor dem Zerquetschen zu bewahren, liegt es zwischen durchlochten Kautschukscheiben. Die Verschraubung der Theile des Apparates muss natürlich eine durchaus luftdichte sein. Geeig- nete Untersuchungsobjecte bilden die Eruchthaut des Apfels, Samenschalen der Erbse und Bohne sowie Stücke lebender oder trockener Epheu- blätter, deren Oberseite bekanntlich spaltöff- nungsfrei ist. Weiter wollen wir hier, bevor wir zur Be- sprechung des negativen Druckes der Gase in den Elementen des Holzes übergehen, einige Angaben über die Wegsamkeit des Lumens der Holzgefässe sowie der Membranen der Holz- elemente für Gase machen. Werden berindete Zweigstücke verschiedener Pflanzen von etwa 6 cm Länge und 8 mm Dicke mit Hülfe eines Kautschukschlauches in der Oeffnung des kür- zeren Schenkels eines gebogenen Glasrohres be- festigt (vergl. Fig. 63), giesst man dann Queck- silber in den längeren Schenkel des Rohres und stellt den Apparat in einen Cylinder mit Wasser, so dass der obere Quer- schnitt des Zweigendes sich einige cm unter dem Wasserspiegel befindet, so sieht man zahlreiche Luftblasen aus der glatten Schnittfläche hervor- quellen, wodurch eben die Wegsamkeit des Lumens der Gefässe für Luft bewiesen wird. Das Quecksilber sinkt mehr und mehr im längeren Schenkel herab, während es im kürzeren steigt, bis die Niveaudifferenz des Quecksilberstandes nur noch etwa einen oder einige cm beträgt. Ist das Quecksilber zur Ruhe gekommen, so hält das von aussen in die Gefässe (selbst in die weitesten Gefässe) eingedrungene und in diesen capillar gebundene Wasser dem noch vorhandenen Quecksilberüberdruck das Gleichgewicht. Es ist auch leicht verständlich, weshalb schliesslich ein geringerer Quecksilberüberdruck bestehen bleibt, wenn man das Ex- periment z. B. mit Vitiszweigstücken anstellt, als wenn man Sambucus-, Prunus- oder Crataeguszweigstücke benutzt. Die Gefässe der ersteren Pflanze sind, wovon man sich leicht durch mikroskopische Untersuchung Fig. 63. Apparat zur Bestimmung der Wegsam- keit der Gefässe des Holzes für Luft. 150 Zweiter Abschnitt. überzeugen kann, viel weiter als diejenigen der letzteren Gewächse , und deshalb ist auch der Widerstand des von den Gefässen des Vitiszweiges capillar festgehaltenen Wassers geringer als derjenige, welchen das Wasser, das in die Gefässe der Sambucus-, Prunus- oder Crataegus- zweigstücke eingedrungen ist, geltend machen kann'). Von Interesse ist es auch, sich davon zu überzeugen, dass die Länge der Gefässe, respect. Gefässglieder der Pflanzen weitaus nicht so bedeutend ist, wie man seither gewöhnlich annahm. Aus einem etwa 5-jährigen Zweige von Alnus glutinosa isolirt man ein ca. 7 cm langes Mittelstück unter Wasser. An dem oberen Ende dieses Zweigstückes, d. h. demjenigen, welches dem Sprossgipfel ursprünglich zugekehrt war, bringt man mit Hülfe eines Kautschukschlauches eine 6 cm lange Glasröhre an, um die- selbe an ihrem entgegengesetzten Ende mit der Luftpumpe in Verbindung zu setzen. Das untere Ende des Zweigstückes taucht man in eine Flüssigkeit ein, die aus 3 Thl. Wasser und 1 Thl. des officinellen Liquor ferri oxychlorati^) besteht. Evacuirt man nun, so dringt die braune Flüssigkeit in die geöffneten Gefässe des Untersuchungsobjectes ein. In der Glasröhre erscheint aber eine völlig wasserklare Flüssigkeit. Man setzt die Evacuation etwa ^/^ Stunde lang fort und schneidet dann mittelst einer Gartenscheere am unteren Ende des Zweiges ein Stück fort. Bleibt die Flüssigkeit bei Fortsetzung des Injectionsverfahrens auch jetzt noch wasserklar, wenn sie in die Glasröhre übertritt, so wiederholt man das Abschneiden abermals, eventuell noch vielfach, bis endlich die braune Lösung in dem Rohr erscheint. Dies wird eintreten , wenn der Alnus- zweig nur noch eine Länge von ungefähr 5,5 — 6 cm besitzt. Das Eisenoxychlorid ist ein durchaus colloidaler Körper, der also nicht im Stande ist, Pflanzenmembranen zu passiren. Wenn demnach das Eisenoxychlorid bei erheblicherer Länge des Zweigstückes nicht in der Glasröhre erscheint, so muss sich seiner Fortbewegung in den Gefässen eine Membran (Querwand) in den Weg gestellt haben, und die Existenz solcher nicht perforirter Gefässquerwände kann in der bezeichneten Weise constatirt werden. Zugleich gewährt das Injectionsverfahren ein Mittel, um die Länge der mit schräg gestellten Zwischenwandungen versehenen Gefässe zu bestimmen. Diese Länge ist offenbar gleich derjenigen, welche das Zweigstück besitzt, wenn die Eisenlösung beim Evacuiren in der Glasröhre erscheint. Wir haben es immer mit Maassen zu thun, die sich aber auf die längsten der vorhandenen Gefässe beziehen. In 3-jährigen Sprossen von Corylus avellana beträgt die Gefässlänge etwa 11 cm; sehr lanp sind die Gefässe in Aristolochiazweigen, oft 200 cm lang (6 -jähriger Spross). Wir behandeln nun ein 10 cm langes, mehrjähriges Zweigstück von Alnus genau in der angegebenen Weise. Wenn dasselbe nach länger dauernder Evacuation genugsam mit der Eisenlösung injicirt ist, tauchen wir das untere Ende des Untersuchungsobjectes in eine Mischung von 1 Thl. käuflichen Salmiakgeistes und 3 Thl. Wasser ein und evacuiren weiter. Durch mikroskopische Beobachtung von Längsschnitten sowie durch Vergleichung succesiver Querschnitte stellen wir fest, bis zu welcher Höhe in den Gefässen der unter dem Einfluss der Ammoniakflüssigkeit entstandene rothbraune Niederschlag reicht. An diesen Grenzen sind auch, 1) Vgl. Sachs, Handbuch d. Experimentalphysiologie d. Pflanzen, 1865, S. 250. 2) Diese Flüssigkeit ist eine wässerige Lösung von Eisenoxychlorid. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 151 zumal auf Tangentialschnitten, die schräg gestellten, nicht perforirten Go- iassscheidewände zu sehen'). Sehr wichtig ist nun die Thatsache, dass die Membranen der Holzelemente in hohem Grade imperniermeabel für Luft sind, selbst für solche, die unter erheblichem Druck steht*). Diese Thatsache ist für die Theorie des negativen Druckes der Holzluft von grosser Be- deutung, ebenso für die Theorie der Wasserbewegung in der Pflanze, und sie gewinnt auch ein ganz besonderes Interesse, wenn wir sie in Verbindung mit der später zu constatirenden Thatsache bringen, dass dieselbe Holzsubstanz, welche der Luft den Durchtritt so schwer gestattet, der Wasserbewegung fast gar kein Hinderniss entgegensetzt. Will man sich davon überzeugen, dass die Holzsubstanz in der That sehr schwer permeabel für Luft ist, so thut man am besten, aus frisch gefällten Stämmen von Taxus baccata oder Abies pectinata einige cm lange und etwa fingerdicke Holzstücke, die man den jüngsten Jahresringen entnimmt, herauszuschneiden. Diese Holzstücke werden mit Hülfe eines Kautschukschlauches in dem kürzeren Schenkel einer gebogenen Glasröhre luftdicht befestigt. Man giesst Quecksilber in den längeren Schenkel und stellt die Vorrichtung in einen mit Wasser gefüllten Glascylinder (vgl. Fig. 63). Experimentirt man mit frischen Holzstücken, oder noch besser mit solchen frischen Holzstücken, die noch einige Zeit in Wasser gelegen haben, so genügt oft der Druck von 76 cm Quecksilber nicht, um Luft durch die Untersuchungsobjecte zu pressen. Wir werden an anderer Stelle sehen, dass die Tracheiden des Holzes nicht direct mit einander communiciren. Wir werden auch sehen, dass durch die Schliessmembranen der Hoftüpfel der Tracheiden Wasser überaus leicht filtrirt werden kann , während die- selben Luft selbst unter hohem Druck nicht passiren lassen. Wenn man findet, dass mit Hülfe des erwähnten Apparates bei erheblichem oder selbst bei relativ geringem Quecksilberdruck Luft durch Zweig- stücke von Coniferen gepresst werden kann — und dies Resultat erhält man wirklich zuweilen — , so deutet dies immer darauf hin, dass im Untersuchungsobject sehr lange Tracheiden (z. B. in der Markkrone) oder Intercellularen vorhanden sind, die ja auch dem Coniferenholz nach Russow nicht völlig fehlen. Als ich z, B. mit einem entrindeten Zweigstück von Taxus baccata von etwa 50 mm Länge und 6 mm Durchmesser experimentirte, trat bei 20 cm Quecksilber- tiberdruck Luft aus der oberen Schnittfläche des Zweigstückes hervor, bei 15 cm Quecksilberüberdruck entwich aber keine Luft mehr. Auch mit Hülfe des Poroskops von Christiani kann man zeigen, dass die Tracheiden des Holzes impermeabel für Luft sind, die unter gewissem Druck steht Der aus Glas gefertigte Apparat ist in Fig. 64 dargestellt und besteht, wie man sieht, im Wesentlichen aus zwei Manometern. Wird zwischen a und h ein entrindetes kurzes Stück eines Zweiges von Taxus oder Abies mit Hülfe von Siegellack luftdicht eingeschaltet, und bläst man nun in das Ende des Schlauches Seh hinein, so verändert sich natürlich der Stand des Quecksilbers im Manometer M bedeutend, derjenige des Quecksilbers im Manometer M' 1) VgL zumal Adler, Inaucural-Dissertation, Jena 1892, und auch Steab- BURGER, Histologische Beiträge, Jena 1891, Heft 3, S. 510. 2) Vgl. Sachs, Arbeiten d. botan. Instituts in Würzburg, Bd. 2, S. 324, und >I. Scheit, Botan. Zeitung, 1884, S. 180. 152 Zweiter Abschnitt. aber nicht, da keine Luft das Holz passirt. Verwendet man gefäss- reiches Holz dicotyler Pflanzen zum Versuch , so ruft natürlich das Einblasen von Luft sofort eine Aenderung des Quecksilberstandes in beiden Manometern hervor, indem durch die Gefässe eine offene Conimunication zwischen a und b hergestellt ist. Ferner ist die durch das folgende Experiment auch in der Vor- lesung zu erweisende Thatsache von Wichtigkeit, dass keine offene Conimunication zwischen den Gasen der cellularen Lufträume in der Pflanze und denjenigen der Intercellularräume vorhanden ist. Wir experimentiren mit 30 cm langen und 1 cm dicken, mit vielen Lenti- cellen besetzten Zweigstücken von Cornus mas, Philadelphus und Syringa. Ein Zweigstück wird in dem kürzeren Schenkel eines gebogenen Glasrohres derartig befestigt, dass es bis etwa ^|:^ seiner Länge in dieses hineinragt. Vorher hat man diejenige Schnittfläche, welche in das Rohr eingeführt werden soll , luftdicht mit Siegellack Fig. 65. Fig. 64. Fig. 64. Poroskop. Fig'. 65. Apparat für Untersuchungen über Gasbewegung in der Pflanze. (Nach Pfeffer.) verklebt. Man bringt die Vorrichtung nun in einen grossen , mit Wasser angefüllten Glascylinder und giesst Quecksilber in den längeren Schenkel des Rohres. Wendet man keinen zu hohen Quecksilberdruck, etwa 20—30 cm, an, so tritt Luft auch am oberen Querschnitt der Untersuchungsobjecte nur aus der Rinde hervor, was eben beweist, dass keine offene Communication zwischen den Intercellularen einer- und den Gefässen andererseits besteht. Steigert man den Quecksilber- druck, so entweicht, zumal nach Verlauf einiger Zeit, ebenfalls Luft aus dem Holzkörper der Untersuchungsobjecte, weil unter solchen Umständen ein Einpressen von Luft in die nach neueren Untersuch- ungen auch im Holz nicht völlig fehlenden, freilich sehr engen Inter- cellularen erfolgt'). 1) Vgl. HöHNEL in Pringsheim's Jahrb. f. wissensch. Botanik, Bd. 12, S. 72. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 153 Uebrigens ist ja auch möglich, dass wenigstens bei manchen Pflanzen, bei hohem Druck Luft aus den Intercelliilaren durch die Mem- branen der Gefässe in kleiner Menge in diese übertritt (Gasfiltration). Lehrreich ist es auch, die hier in Rede stehenden Erscheinungen mit dem in Fig. 05 abgebildeten Apparat zu untersuchen und Blätter von Heracleum, Aegopodium etc. oder Sprosse von verschiedenen Pflanzen (z. B. von Prunus Padus) als Untersuchungsobjecte zu wählen. Der Glascylinder g ist mit einem Kork verschlossen, in dem der Blattstiel oder die Sprossachse des Beobachtungsobjectes luftdicht eingekittet wurde. Der Glascylinder /' ist ferner dem erwähnten Kork aufgepasst und enthält Wasser. Dicht unter der Wasseroberfläche liegt der Querschnitt des Blattstieles oder der Sprossachse, so dass sie unter Benutzung eines an einem geeigneten Stativ angebrachten Mikroskops bei 20- bis 40-facher Vergrösserung beobachtet werden kann. Wird nun Queck- silber in das Rohr J gegossen, um die in g vorhandene Luft, die am besten durch eine auf dem Quecksilber befindliche Wasserschicht feucht zu halten ist, zu comprimiren, so dringt die Luft in die Spalt- öff"nungen ein und entweicht, wie die mikroskopische Untersuchung lehrt, nur aus der Rinde und dem Mark am Querschnitt. Steigert man den Druck, so können auch aus den Gefässen kleine Luftquantitäten hervortreten. Ganz instructiv ist es endlich noch , das Gefäss g mit Kohlensäure und den Gylinder /" mit klarem Kalkwasser anzufüllen, um nun erst die Druckversuche anzustellen. Es ergiebt sich , dass die in die Spaltöfl'nungen eingepresste Kohlensäure, indem sie am Querschnitt hervortritt, eine Trübung des Kalkwassers hervorbringt. Wir gehen nunmehr dazu über, uns specieller mit den Thatsachen vertraut zu machen, die über den negativen Druck der Gefässluft be- kannt sind. Es ist sicher, dass die Gefässe des Holzes zu bestimmten Zeiten, wenn die Transpiration der Gewächse gering ist, also im Früh- jahr und auch im Sommer zur Nachtzeit, mehr oder minder reichliche Wassermengen enthalten. Bei stärkerer Transpiration der Gewächse wird das Wasser verbraucht, und da, wie wir gesehen haben, die Holz- substanz in einem sehr hohen Grade impermeabel für Luft ist, so wird sich ein negativer Gasdruck in den Gefässen entwickeln, d. h. die Luft in den Gefässen wird unter geringerem Druck als die atmo- sphärische Luft stehen. Die Grösse dieses negativen Drucks kann eine sehr verschiedene sein ; es ist sogar nicht ausgeschlossen , dass der Druck der Gase in den Gefässen ein sehr unbedeutender wird. Um uns von der Thatsächlichkeit des negativen Drucks der Gefässluft zu überzeugen, stellen wir folgende Experimente an. Wir bohren im Sommer eine Birke an, befestigen in der bis zur Stammmitte geführten Bohrung den einen Schenkel eines in einem rechten Winkel gebogenen Glasrohres luftdicht und lassen den anderen Schenkel des Rohres in Wasser eintauchen. Wir werden alsbald sehen, dass das Wasser in diesem Schenkel des Rohres emporsteigt. Wir stellen uns einen Apparat zusammen, wie er in Fig. 6G ab- gebildet ist. Ein abgeschnittener Spross (ich experimentirte mit solchen von Lonicera und zumal mit Weidenzweigen) wird mit seiner Basis in Wasser gestellt. Wir bringen nun das gebogene Glasrohr G etwa bei a mittelst eines Kautschukschlauches in luftdichte Verbindung mit dem Spross und sorgen dafür, dass das Glasrohr mit seinem off"enen Ende in Wasser oder Quecksilber eintaucht. Infolge der durch die Trans- piration des Sprosses hervorgerufenen Verdünnung der Gefässluft 154 Zweiter Abschnitt. wird die Sperrflüssigkeit, ebenso wie bei der Ausführung des vorigen Experiments, alsbald in dem Glasrohre emporsteigen. Zu den ferneren Versuchen verwenden wir Sprosse von Ampelopsis, Vitis, Clematis, Aristolochia, Phaseolus, Helianthus, Quercus, Robinia oder Juglans, die aber vor der Hand noch nicht von ihrer Mutterpflanze ab- getrennt werden. Die Bohnenpflanzen können in Blumentöpfen zur Ent- wickelung gelangt sein. Bei Versuchen mit Ampelopsis, Quercus, Juglans etc. prüfen wir das Verhalten mehrjähriger Zweige. Wir biegen diesel- ben herab, tauchen sie an einer Stelle, die etwa 50 oder 100 cm weit von der Zweigspitze entfernt ist, in eine wässrige Lösung von Eosin und schneidenden Zweig an dieser Stelle un- ter der Lösung mit einer Scheere ab. Die Schnittflächen verweilen noch 2 Minuten in der Lö- sung , wir spülen sie dann sorgfältig ab und untersuchen den abgeschnit- tenen sowie den noch mitderMutter- pflanze in Verbin- dung stehenden Zweigtheil. Es er- giebt sich, dass die Farbstoff lösung viele Centimeter weit in die Unter- suchungsobjecte eingedrungen ist, wie leicht an der Färbung zu erken- nen ist, welche das Holz der krautigen oder holzigen Un- tersuchungsobjecte angenommen hat. Die Experimente gelingen, wovon ich mich überzeugte, besonders gut mit Ampelopsis- und Phaseolussprossen und liefern zumal schöne Resul- tate, wenn man mit in Töpfen cultivirten Bohnenpflanzen, die ziemlich welk geworden sind, arbeitet, oder wenn man die Sprosse des wilden Weins an recht heissen, trockenen Sommertagen abschneidet. Die beobachteten Erscheinungen beweisen das Vorhandensein nega- tiven Drucks der Gefässluft, denn die bedeutende Erhebung der Farbstofflösung in den Pflanzentheilen kann nur dadurch zu Stande kommen, dass der Luftdruck die Flüssigkeit in die Gefässe hinein- presst. Dass die Erhebung der Eosinlösung nicht etwa nur Folge von Capillarwirkungen ist, lässt sich leicht beweisen. Schneidet man Flg'. 66. Apparat zum Nacliweis des negativen Druckes der Gefässluft, Die Molekularkräfte der Pflanzen. 155 Sprosse der erwähnten Pflanzen in Luft ab und taucht sie dann als- bald mit ihrer Schnittfläche in Farbstofi"lösung, so erhebt sich diese nur wenig in den Gefässen, weil Luft in dieselben eingedrungen ist und kein negativer Luftdruck mehr in ihnen besteht. Es ist natürlich, dass sich die Farbstofflösung bei diesen letzten Versuchen bis zu einer um so geringeren Höhe capillar in den Gefässen erheben wird, je weiter dieselben sind. Wir stellen unsere Versuche nun in etwas modificirter Weise an, indem wir unsere Zweige an einer etwa 50 cm vom Gipfel entfernten Stelle in Quecksilber eintauchen und unter demselben durchschneiden. Nach 2 Minuten nehmen wir das Zweigende aus dem Quecksilber heraus, entrinden es und finden, dass das Quecksilber, wie sich an dem Vorhandensein vieler grauer, parallel laufender Linien schon äusserlich zu erkennen giebt, bis zu beträchtlicher Höhe durch den äusseren Luftdruck in die Gefässe des Holzes hineingepresst worden ist. Bei Robinia kann z. B. das Quecksilber im proximalen Zweigstück, d. h. dem an der Pflanze verbleibenden, in einzelnen Gefässen 50 cm hoch emporgestiegen sein. Im distalen , d. h. dem abgeschnittenen Zweigende erhebt es sich nicht so hoch. Taucht man in Luft abge- schnittene Zweige mit ihren unteren Enden einige Centimeter tief in Quecksilber ein, so erhebt sich das Metall gewöhnlich nicht in den Gefässen, weil der Quecksilberdruck meistens einen geringeren Werth als die Capillardepression des Quecksilbers besitzt. Während es leicht ist, das Vorhandensein des negativen Druckes der Gefässluft überhaupt zu constatiren , ist die Bestimmung der wahren Grösse dieses negativen Drucks mit Schwierigkeiten verbun- den '). Weitere Untersuchungen wären hier sehr erwünscht. Recht lehrreich ist noch das folgende Experiment, welches auch be- quem in der Vorlesung über Pflanzenphysiologie ausgeführt werden kann. Wir schneiden einen langen Zweig von Ampelopsis in der Luft ab, lassen die Schnittflächen einige Minuten mit der Luft in Berührung und stellen den Spross mit seiner Basis nun in Wasser. Nach 24 Stunden biegen wir eine Stelle des Sprosses, die etwa 10 cm höher als die erste Schnitt- fläche liegt, in Eosinlösung und schneiden sie unter der Flüssigkeit ab. Die Lösung steigt bis zu beträchtlicher Höhe in den Gefässen em- por, woraus folgt, dass der negative Druck der Gefässluft sich in Sprossen, die in Luft abgeschnitten worden sind, nach Verlauf einiger Zeit unter den bezeichneten Umständen wiederherstellt, eine Erscheinung, die ver- schiedene Ursachen haben kann ^). 1) Vgl. Pfeffer, Handbuch der Pflanzenphysiologie, Bd. 1, S. 109, und V. HÖHTTEL, Jahrbücher f. wissenschl. Botanik, Bd. 12, S. 99. Bei vergleichenden Untersuchungen über den negativen Gasdruck hat man weit mehr, als seither ge- schehen, Rücksicht zu nehmen auf die Länge und Weite der Gefässe, auf etwaige Veränderungen in der Weite eines Gefässes an verschiedenen Stellen desselben, auf die capillaren Widerstände der Gefässe und andere Verhältnisse. Es würde uns viel zu weit führen, alle diese Dinge hier näher zu erörtern. Vgl. auch besonders Adler, Dissertation, Jena 1892, S. 42. 2) Die Verhältnisse, welche sich auf den negativen Luftdruck in den Gefässen beziehen, sind zumal von Höhnel, Wissenschi. -praktische Untersuchungen auf dem Gebiete des Pflanzenbaues, herausgegeben von Haberlandt, Bd. 2, S. 89 u. 120, sowie von Sachs, Arbeiten d. botan. Instituts in Würzburg, Bd. 2, S. 168, unter- sucht worden. 156 Zweiter Abschnitt. V. Die Wasseraufnahme seitens der Pflanzen. 69. Die Wasseraufnahme seitens der Wurzeln aus dem Boden. Die einzelnen Partikelchen des Bodens sind in mehr oder minder feuchtem Zustande desselben mit Wasserhüllen umgeben. Man kann sich vorstellen, dass diese letzteren die Bodenelemente in concentrischen Schich- ten umgeben, und es leuchtet ein, dass die Bodentheilchen die ihnen direct anliegenden Wassermoleküle energischer festhalten werden als die mehr peripherisch gruppirten. In der That ist dies der Fall, wie der folgende Versuch lehrt. Wir cultiviren eine Bohne in einem Blumentopfe. Die Pflanze wurzelt in guter Gartenerde, und der Topf wird, wenn die Primordial blätter der Bohne eine beträchtliche Grösse erreicht haben, in einen Raum gestellt, in welchem sie vor directem Sonnenlicht geschützt ist und nur schwach transpiriren kann. Wir führen dem Boden von jetzt ab kein Wasser mehr zu, so dass die Pflanze langsam welken muss. Wenn das Untersuchungsobject sehr welk geworden ist , entnehmen wir dem Boden an Stellen, die von vielen Wurzeln durchzogen sind, kleine Proben von einigen g Gewicht und bestimmen den Wassergehalt durch Trocknen bei 100 *' C. genau. Ich fand bei Versuchen, die freilich nicht mit Phaseolus, sondern mit Cucurbita angestellt wurden, dass die benutzte humose Gartenerde nach eingetretenem Welken der Pflanze noch über 15 Proc. Wasser enthielt, und man sieht also, dass ein Theil des Bodenwassers von den Erdtheilchen sehr festgehalten wird. Die Pflanzen welken unter den bezeichneten Umständen eben deshalb , weil die Wurzeln dies fest gebundene Wasser nicht schnell genug und nicht in hinreichender Menge aufnehmen können, um die Transpirationsverluste zu decken *). Lehrreich ist es ferner, kleine Bodenmengen von einigen g Gewicht, die man dem Blumentopfe nach eingetretenem starken Welken der Versuchspflanzen entnommen hat, in einen wassergasreichen Raum, in dem aber Thaubildung ausgeschlossen ist, zu bringen und auf ihr Verhalten unter diesen Umständen zu prüfen. Man thut am besten, die gewogenen Erdproben in kleinen Schälchen nebst einem Wasser enthaltenden Gefäss und einem Psychrometer unter einen Kasten zu stellen. Die Luft im Kasten ist offenbar sehr wassergasreich, und das Quecksilber im trockenen Thermometer des Psychrometers wird daher auch nur einen wenig höheren Stand als dasjenige des feucht gehaltenen Thermometers besitzen. Trotz dieses hohen Wassergehaltes der die Bodenproben umgebenden Luft stellt sich heraus, dass dieselben kein Wasser durch Condensation binden; im Gegentheil, sie verlieren noch Wasser durch Verdunstung. Wir wissen, dass allerdings trockener Boden Wassergas zu condensiren im Stande ist, aber dieses Wassergasverdichtungsvermögen des Bodens besitzt für die Vegetation im Allgemeinen keine Bedeutung, da die meisten Gewächse, wie unsere Experimente lehren, schon zu Grunde gehen, wenn der Boden noch so viel Wasser enthält, dass sein Condensationsvermögen für Wasser- 1) Vgl. Detmer in Wollny's Forschungen auf dem Gebiete der Agricultur- physik, Bd. 1, und Journal f. Landwirthschaft, 27. Jahrgang, Daselbst ist auch die Literatur angegeben und sind weitere Verhältnisse der Wasseraufnahme seitens der Wurzeln besprochen. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 157 gas selbst unter sehr günstigen Umständen noch gar nicht zur Geltung kommen kann. 70. Die Wasscraufnabme seitens der BlStter. Die Frage nach der Wasseraufnahme seitens der Blätter beansprucht kein hohes physiologisches Interesse ; trotzdem mag dieselbe hier kurz be- rührt werden. Beim Eintauchen der Lamina vieler Blätter (Brassica, Zea oder Aristolochia Sipho etc.) in reines Wasser erscheinen die Pflanzen- theile von einer silberglänzenden Schicht überzogen , die nur dort , wo grössere Blattnerven verlaufen, unterbrochen ist. Nimmt man die Blätter aus dem Wasser heraus, so überzeugt man sich, dass lediglich die Cuti- cula über den Blattnerven sowie eventuell vorhandene Haare eine Be- netzung erfahren haben. Die Cuticula über dem Meso])hyll ist in Folge ihres mehr oder minder erheblichen W^achsreichthums nicht benetzbar und daher selbst nach der Berührung mit dem Wasser trocken. Der erwähnte Silberglanz rührt von einer Luftschicht zwischen dem Blattgewebe und dem Wasser her, wodurch das Licht eine totale Reflexion erfährt. Bei längerem Verweilen der Blätter unter Wasser wird die Oberfläche der- selben benetzbar, und dann verschwindet auch der Silberglanz ^). Bei solchem längeren Verweilen der Blätter unter Wasser kann die Flüssig- keit ohne Zweifel durch die Cuticula (aber auch auf anderem Wege) in das Innere der Pflanzentheile eindringen. Werden gewogene Blätter bei Abschluss des Lichts mit der Spreite in Wasser getaucht, während der Blattstielquerschnitt, den man zweckmässig mit etwas Wachs verkittet hat, unbenetzt bleibt, so ergiebt sich in der That, dass die nach einiger Zeit aus der Flüssigkeit entfernten und sehr vorsichtig mit Fliesspapier abgetrockneten Blätter jetzt ein höheres Gewicht als zu Beginn des Ver- suchs besitzen. Natürlich kann dies nur eintreten, wenn man mit Blättern experimentirt, deren Zellen nicht von vornherein das höchste Maass von Turgescenz erkennen lassen. Ich erhielt besonders günstige Resultate, wenn ich Blätter von Coffea arabica oder Syringa vulgaris kürzere Zeit (3 Stunden) oder längere Zeit (etwa 20 Stunden) mit der Spreite in Wasser tauchte, und wenn die abgeschnittenen Blätter vor Ausführung der Ver- suche 2 Stunden lang an einem schattigen Ort verweilt hatten und somit nicht zu wasserreich waren '). 71. Einige Bewcgungscrsclieininijien an Pflanzentlicllen, die mit der Wasseraufnalimc derselben Im Zusammenhang stehen. Recht interessante Erscheinungen in Folge der Wasseraufnahme zeigen die inneren Blätter des Involucrums von Carlina acaulis , einer Pflanze, die auf trockenem, kalkreichem Boden wächst. Wird der gesammte Blüthenstand benetzt, so legen sich die sämmtlichen inneren Involucral- blätter zusammen (vgl. Fig. 67); Austrocknung ruft wieder Ausbreitung der Blattgebilde hervor (vgl. Fig. 68). Die Involucralblätter besitzen silberweisse Farbe ; nur der mittlere Theil ihrer Unterseite ist braun 1) Vgl. Sachs, Handbuch d. Experimentalphysiologie d. Pflanzen, S. 159. 2) Vgl. Detmer in Wollny's Forschungen, Bd. 1, Heft 2, und Journal für Landwirthschaft, 27. Jahrgang, S. 105. 158 Zweiter Abschoitt. gefärbt. Wird diese braun erscheinende ßegion eines einzelnen aus dem Blüthenstande der Carlina entfernten Involucralblattes mit Wasser benetzt, so tritt sogleich eine Bewegungserschei- nung an demselben hervor, und die Un- terseite des Blattes ist alsbald convex gekrümmt. Wir stel- len auch feine Quer- schnitte durch den mittleren Theil eines Involucralblattes her und constatiren das Folgende. Auf der Ober- sowie Unter- seite ist eine Epider- mis vorhanden. Die Epidermiszellen der Unterseite sind braun gefärbt. Die Haupt- masse des Gewebes zwischen den Epi- dermislagen wird vom Parenchym ge- bildet, das von eini- gen Gefässbündeln durchzogen ist. Das Parenchym grenzt auf der Unterseite nicht direct an die Epidermis, sondern zwischen beiden ist eine Sklerenchym- schicht vorhanden, die aus etwa 3 Lagen stark verdickter, lückenlos zusammen- schliessender Zellen besteht. Dieses Skler- enchym vermittelt nun die erwähnten Bewegungen, indem die Zellen desselben sich bei Benetzung der Blätter beträcht- licher verlängern als diejenigen des Paren- chyras , und indem sie sich beim Aus- trocknen der Blätter Flg. 68. Carliua acaulfs, Blüthenstand mit aus- am bedeutendsten zu- gebreitetem Invohicrum. sammenziehen. Die Fig. 67. Carlina schlossenem Involucrura. acanlis, Blüthenstand mit gc- Die Molekularkräfte der Pflanzen. 159 Bewegungserscheinungen der Involucralblätter von Carlina hängen nicht direct mit der Lebensthätigkeit der Zellen zusammen; denn auch die trockenen abgestorbenen Blätter sind bewegungsfähig ^). Wenn man Carlinapflanzen an ihrem natürlichen Standorte beobachtet, so stellt man leicht fest , dass die Carlinablüthenstände bei feuchter, regnerischer Witterung geschlossen erscheinen, indem sich die Involucral- blätter in Folge eingetretener Benetzung zusammengelegt haben und die Blüthen da- durch vor nachtheiligen Witterungseinflüssen schützen. Eigenthümliche Bewegungserscheinungen, die durch Wasseraufnahme bedingt werden, aber ebensowenig wie diejenigen der Carlina- Involucralblätter mit dem Leben der Zellen direct zusammenhängen, lassen sich an den Schnäbeln der Erodiumfrüchte sowie an den Grannen von Stipa beobachten. In Fig. 69 ist eine trockene Theilfrucht von Erodium Fig. 69. Erodiumfinieht. Fig. 70. Stipa pennata, Frucht mit Granne. 7s natürl. Grösse. mit dem Schnabel dargestellt. Der untere Theil des Schnabels s ist schraubig gedreht, der obere s' nicht. Wir legen eine solche Theilfrucht kurze Zeit lang (etwa ^j^ Minute) in Wasser und stecken sie alsdann mit der Basis in lockeren, feuchten Sand, der sich in einem unter eine Glasglocke gestelltei^ Gefässe be- findet. Die eintretende Bewegung ist leicht zu constatiren ; sie datiert in der feuchten Luft so lange fort, bis die Windungen des unteren Schnabeltheils verschwunden sind, und der ganze Schnabel gerade gestreckt ist. Wenn man eine angefeuchtete Erodiumfrucht in feuchten Sand steckt und der Bewegung des im trockenen Zustande fast horizontal gerichteten Schnabeltheils ein Hinderniss in Form eines senkrecht gerichteten Holzstäbchens entgegenstellt, so wird die eintretende Bewegung auf die Frucht über- tragen, und indem ein senkrechter Druck auf ihre Spitze hinzukommt, wird sie in den Boden eingeschraubt. In der Natur graben sich die Erodiumfrüchte in der That vermittelst des eigenthümlichen Bewegungs- vermögens ihrer Schnäbel in den Boden ein. Fig. 70 stellt die Frucht sammt Granne von Stipa dar. Der untere Theil der Granne (e) ist im trockenen Zustande schraubenförmig gewunden. Der Grannentheil k ist zwischen zwei Knieen eingeschlossen und trägt die mit Haaren besetzte Fahne der Granne. Diese Fahne ist horizontal gerichtet, und wenn das Untersuchungsobject unter dieselben Verhältnisse 1) Vgl. Detmer, Journal für Landwirthschaft, 27. Jahrgang, S. 110, und RlTHAY, Sitzungsberichte der Akadem. d. Wiss. zu Wien, Bd. 83. 160 Zweiter Abschnitt. wie eine Erodiumfrucht gebracht wird (vgl. oben), so bewirkt die Wasser- aufnahme unter Zurückwinden des schraubigen Theils der Granne ein Einbohren der Frucht in den Boden. Die Ursachen der hier besprochenen Bewegungserscheinungen sind in gewissen Structurverhältnissen bestimmter Zellen der schraubenförmig gewundenen Theile der Erodium- und Stipa- früchte zu suchen. 72. Die Wasscrauftiabme der Früchte und Samen. Es kommt häufig vor, dass saftreiche Früchte (Steinfrüchte, Beeren), die sich noch in Verbindung mit ihrer Mutterpflanze befinden, bei regnerischem Wetter aufreissen. Diese Erscheinung ist insbeson- dere Folge der unter den bezeichneten Verhältnissen fast völlig auf- hörenden Transpiration der Pflanzen. Die Zellen des Parenchyms der Früchte turgesciren sehr stark, es kommen Spannungsverhältnisse im Fruchtgewebe zur Geltung (namentlich wird die Epidermis einer energischen Dehnung ausgesetzt), und schliesslich erfolgt das Auf- reissen der Früchte. Bei dem Zustandekommen dieser Erscheinung kann nebensächlich auch ein anderes Moment mitwirken, nämlich die Aufnahme von Wasser seitens der Früchte, wodurch der Turgor der Parenchymzellen noch mehr gesteigert wird. Zur Constatirung der. Thatsächlichkeit dieser Wasseraufnahme werden unversehrte Kirschen oder Weinbeeren genau gewogen, derartig in Wasser gelegt, dass der Fruchtstiel aus der Flüssigkeit hervorragt, und nach 4— 8-stündigem Verweilen in derselben sorgfältig abgetrocknet. Abermalige Wägung ergiebt gewöhnlich eine nicht unwesentliche Gewichtszunahme der Untersuchungsobjecte. Wir legen einige Weizenkörner in Wasser. Nach etwa 12 Stunden ist der Quellungsprocess bereits sehr weit fortgeschritten, und die Körner sind weich geworden. Die dünne das Weizenkorn umgebende Schale lässt das Wasser leicht in das Innere desselben eindringen. Wollen wir .uns über den anatomischen Bau der Frucht- sowie Samen- schale des Weizens orientiren, so stellen wir die erforderlichen Quer- schnitte nicht aus einem Korn her, das bereits völlig aufgequollen ist, denn ein solches lässt sich sehr schlecht schneiden. Wir benutzen vielmehr Körner, die nicht zu lange mit Wasser in Contact gewesen sind, und behandeln die möglichst dünnen Schnitte vor der Beobachtung mit Kalilauge. Diese ruft eine starke Quellung der Gewebe hervor, wodurch die Structurverhältnisse der Frucht- und Samenschale ziemlich deutlich werden (vgl. Fig. 71). Die Fruchtschale besteht aus der cuticularisirten Epidermis ep, einer Parenchymschicht e und einer weiteren sich an diese anschliessenden Zellschicht, deren Elemente tangential gestreckt erscheinen , chh Die Samenschale besteht aus mehreren Zellschichten, aber die zellige Structur der äusseren Lagen ii ist auf dem Querschnitt nicht gehörig zu erkennen, und dieselben präsentiren sich der Hauptsache nach nur als braun gefärbter Streifen. Die innerste Schicht n der Samenschale, welche direct unter dem er- wähnten braunen Streifen liegt, besteht aus wasserhellen Zellen. Die Samenschale umschliesst das Endosperm und den Embryo. Auf diese Theile des Weizenkornes kommen wir später zurück. Es sei hier nur erwähnt, dass die unmittelbar unter der Samenschale liegende Endo- spermschicht (Kleberzellschicht) aus einer einfachen Lage fast Die Molekularkräfte der Pflanzen. 161 Flg. 71. Triticuni vulgare. J. Querschnitt durch die Frucht- und Samenschale. An dieser ep die Epidermis, e an clie Epidermis grenzende Schicliten, c/l, S. 541. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 191 Gläschen gestellt, das o-pi-oc. Gelatinelösung enthielt, und die Ober- fläche derselben mit Olivenöl bedeckt, a und b verweilten nun wieder eine Stunde lang im Apparat. Die Untersuchungsobjecte transpirirten und b nahm E Saüssl'RE, Kecherches sur la v^g<$tation, 1804, 8. 247. 2) Vgl. ^V. Wolf, Versuchsstationen, B. 6 u. 7. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 2Ö3 feuchtem Sand angefüllt und ein gequollener Same von Phaseolus in denselben gelegt. Die Keimung beginnt alsbald. Die Wurzeln der Pflanzen dringen nach unten in den Sand vor, aber trelTen nach einiger Zeit auf die Marmorplatte. Auf dieser wachsen sie in horizontaler Richtung hin, um, wenn sie den Rand der Platte erreicht haben, wieder mehr oder minder vertical im Sande weiter zu wachsen. Unterbricht man den Versuch, nimmt die Marmorplatte aus dem Bodenmaterial heraus, spült sie mit Wasser ab und trocknet sie mit einem weichen Tuche ab, so erblickt man an ihrer Oberfläche ein getreues Abbild derjenigen Wurzeltheile, die ihr angeschmiegt waren. Die Politur ist an den Contactstellen zwischen Marmor und Wurzeln entfernt. Ich erhielt, wie Fig. 89 zeigt, ziemlich breite Corrosionslinien, eine Er- scheinung, die oiTenbar auf die corrodirende Thätigkeit der seitlich von den Wurzeln ausgehenden Wurzelhaare zurückzuführen ist. Die abwärts wachsende Hauptwurzel traf bei a auf die Marmorplatte; sie schlug dann die durch den breiten Streifen in der Abbildung ange- deutete Richtung ein, während die übrigen Corrosionslinien den Seiten- wurzeln ihre Entstehung verdanken. Zu bemerken ist noch, dass es sich empfiehlt, die Bohnenpflanze, deren Wurzeln die Corrosionen be- dingen, nicht zu lange Zeit (etwa nur 10—14 Tage) vegetiren zu lassen, da bei längerer Versuchsdauer sehr zahlreiche Wurzeln mit der Mar- morplatte in Contact gerathen und die Corrosionslinien der einzelnen Wurzeln nicht mehr deutlich hervortreten '). 91. Die Ursachen der Corrosionserscheinungen. Die Corrosionserscheinungen können offenbar nur dadurch zu Stande kommen, dass die den Gesteinmassen oder den Bodentheilchen dicht anliegenden Wurzeln bestimmte Stoff'e ausscheiden, die befähigt sind, zersetzend auf jene einzuwirken. Es ist hier natürlich vor allem an die Kohlensäure zu denken, welche in Folge des Athmungsprocesses in den Wurzelzellen entsteht, aber auch organische Säuren, ja selbst Salzsäure, kommen als weitere Substanzen, die mit Rücksicht auf die Entstehung der Corrosionen Berücksichtigung verdienen, in Betracht. Wenn die Zellhäute der Wurzelzellen mit verdünnten Lösungen der erwähnten Körper imbibirt sind, so ist damit sofort die Möglichkeit einer Einwirkung der Wurzeln auf die Gestein- und Bodenelemente gegeben, ein Verhältniss, das unter Beachtung der Resultate des fol- genden Experimentes sofort klar hervortritt''). Wir stellen den in Fig.TK) abgebildeten Apparat zusammen. Das Glas G enthält verdünnte Salzsäure. Durch die Bohrung des dies Glas ver- schliessenden Korkes geht das ziemlich weite Glasrohr R, welches an seinem unteren Ende mittelst eines Stückes Schweinsblase verschlossen ist. In unserem Apparat vertritt die Flüssigkeit den Zellinhalt, die Schweinsblase aber die Membran der Wurzelzellen. Legen wir ein Stückchen Marmor auf die mit verdünnter Salzsäure imbibirte Schweinsblase, so wird dasselbe alsbald theilweise in Lösung über- gehen, und die gebildete Lösung von Chlorcalcium geht auf dem Wege 1) Die Corrosionserscheinungen sind zuerst von Sachs, vgl. dessen Handbuch der Experiraentalphysiolo^e der Pflanzen, 1865, S. 188, eingehender studirt worden, 2) Dies Experiment ist zuerst von Zöller auf Anregung Liebio's ausgeffihrt worden. 204 Zweiter Abschnitt. Figr. 90. Apparat zur Veranschaulichung einiger Vorgänge, die sich bei dem Zustandekommen der Cor- rosionserscheinungen gel- tend machen. der Dift'usion in die Salzsäure über. Wir können die Gegenwart von Calcium leicht mit Hülfe von oxalsaurem Ammoniak in der Flüssig- keit, die im Apparat vorhanden ist, feststellen. Ebenso üben die in den Membranen der Wurzelzellen in imbibirtem Zustande vorhandenen Lösungen einen zersetzenden Einfluss auf Gesteine sowie Boden- elemente aus; es entstehen die Corrosionserscheinungen, und die ge- lösten Stoife werden seitens der Pflanze aufgesogen. Aus den folgenden Experimenten, welche ich kürzlich ausführte, die aber zur Sicherstellung der fraglichen Verhältnisse noch weiter ausge- dehnt werden müssen, scheint mir hervorzugehen, dass nicht allein Kohlensäure und organische Säuren, sondern auch Salzsäure als Stoffe anzu- sehen sind, die Bedeutung für die Entstehung der Corrosionserscheinungen besitzen. Wir cul- tiviren Maispflanzen mit Hülfe der Methode der Wassercultur (vgl. unter 1) in einer Flüssigkeit, die in 1000 g Wasser 1 g schwefelsauren Kalk, ^/j g Chlorkalium, ^/^ g schwefelsaure Mag- nesia, ^|^ g saures phosphors^ures Kali und etwas Eisenchlorid enthält. Die Culturgefässe brauchen nicht gross zu sein ; es genügt, wenn sie nur 250 ccm Flüssigkeit fassen. Wenn die Maispflanzen das vierte Blatt in den stickstoff- freien Nährstofflösungen entwickelt haben, so befinden sie sich auf jeden Fall in hohem Grade im Zustande des Stickstoffhnngers. Zwei Maispflanzen wurden nun aus der erwähnten Nährstoff lösung herausge- nommen und in zwei Gefässe versetzt, von denen das eine Wasser (a), das zweite 0,1-proc. Chlorammoniumlösung enthielt (b). Ferner wurde ein drittes Gefäss (c) nur mit Chlorammoniumlösung ohne Pflanze beschickt. Eine Pflanze blieb in der stickstofffreien Nährstofflösung (d), eine fernere Pflanze verblieb ebenfalls in der ursprünglichen Nährstofflösung, nachdem derselben Chlorammonium (auf 100 ccm Wasser 0,1 g) hinzugefügt worden war (e). Nach etwa 8 Tagen wurden Lakmuspapierstreifen 30 Secunden lang mit den Flüssigkeiten von b und e, andere 15 Secunden lang mit den Flüssigkeiten von a, sowie d, und darauf 15 Secunden lang mit der Flüssigkeit von c in Berührung gebracht. Jene Streifen des blauen Lak- muspapiers färbten sich erheblich intensiver roth als diese, eine Thatsache, die nicht anders als durch die Annahme erklärt werden kann, dass das Chlorammonium unter Bildung freier Salzsäure durch Vermittelung der Pflanzen zersetzt worden iyt. Das in das Gewebe der Pflanzen einge- drungene Chlorammonium kommt in den Zellen mit organischen Säuren in Contact. Diese wirken zersetzend auf die Chlorverbindung ein, und da die entstehende Salzsäure keine Verarbeitung in den Gewächsen findet, so wird sie in die Nährstofflösung ausgeschieden und erhöht den sauren Charakter derselben. Will man sich davon überzeugen, dass organische Säuren im Stande sind, Chloride auch ausserhalb der Pflanze unter Salzsäurebildung zu zer- setzen, so sind die folgenden Experimente auszuführen. Wir stellen zwei Bechergläser auf, die 500 ccm destillirtes Wasser enthalten, a erhält einen Zusatz von 3 g Oxalsäure, b einen solchen von 3 g Oxalsäure und 0,4 g NaCl. In beide Gefässe hängen wir nun in der Die Molekularkräfte der Pflanzen. 205 Weise, wie es unter 25 angegeben worden ist, Marmorplatten hinein. Die Flüssigkeit in a bleibt klar, weil sich die Marmorplatte schnell mit einer Kruste von oxalsaurem Kalk umgiebt, die der weiteren Einwirkung der Oxalsäure ein Hinderniss entgegenstellt. Die Flüssigkeit in h trübt sich dagegen schnell bedeutend, eine Thatsache, deren Ursache nur in folgen- der Reaction liegen kann. Die Oxalsäure zersetzt das Chlornatrium. Die freigemachte Salzsäure wirkt auf den Marmor ein. Es entsteht Chlor- calcium, und auf dieses wirkt nun die Oxalsäure ein. Der gebildete Oxal- säure Kalk, welcher sich alsbald in grosser Menge zu Boden setzt, ruft die Trübung der Flüssigkeit hervor. Auch auf andere Weise kann man sich nach meinen Erfahrungen davon überzeugen, dass organische Säuren im Stande sind, zersetzend auf Chloride einzuwirken *). Es werden sechs "Versuchsflüssigkeiten herge- stellt: a) 15 ccm destillirtes Wasser; b) 15 ccm Wasser mit 0,020 g Ci- tronensäure; c) 15 ccm Wasser mit 0,7 g Chlorkalium; d) 15 ccm Wasser mit 0,7 g Chlomatrium; e) 15 ccm Wasser mit 0,020 g Citronensäure und 0,7 Chlorkalium; f) 15 ccm Wasser mit 0,020 g Citronensäure und 0,7 g Chlomatrium. Die Flüs.sigkeiten bleiben nun etwa 24 Stunden lang ruhig stehen und erhalten dann einen Zusatz von einigen Tropfen wässeriger, sehr verdünnter Methylanilinviolettlösung. Die Flüssigkeiten a, b, c und d zeigen nahezu den nämlichen violetten Farbenton; die Flüssigkeiten e und f sind dagegen deutlich blau gefärbt. Diese Reaction zeigt die Gegenwart freier Salzsäure an, denn während sehr verdünnte Citronen- säurelösungen die Farbe des Methylanilinvioletts kaum verändern, nimmt der Farbstoff in Contact mit sehr verdünnter Salzsäurelösung einen blauen Farben ton an ^). 92. Das Absorptionsvermögen des Bodens. Es ist eine sehr wichtige Thatsache, dass der Boden im Stande ist, eine Reihe von Körpern, mit denen er in Berührung kommt, sehr energisch festzuhalten (zu absorbiren). Kali, Ammoniak und Phosphor- säure werdea vom Boden am lebhaftesten absorbirt und dadurch vor dem Versinken in die Tiefe geschützt, eine Thatsache, die offenbar von hoher Bedeutung für das Pflanzenleben ist. Wenn in Wasser lösliche Salze, mögen dieselben im Boden selbst entstanden oder dem Boden direct von aussen zugeführt worden sein, die Kali, Ammoniak oder Phosphorsäure enthalten, mit den Feinerdepartikeln in Berührung gerathen, so erfolgt je nach der Natur des Bodens eine mehr oder minder lebhafte Absorption der genannten Stoff'e. Sie werden chemisch gebunden, und wir wollen uns im Folgenden von der Thatsächlichkeit der Absorption eines Körpers, nämlich des Ammoniaks, durch geeig- nete Experimente überzeugen ^). (Methode nach Knop.) 1) Verd. Detmkr, Botan. Zeitung, 1884, No. 50. 2) Auch die GüxsBURG'sche Reaction auf Salzsäure bei gleichzeitiger G^en- wart von Chloriden dürfte hier sehr gute Dienste leisten. Man mischt mit 30 g Alkohol 1 g VaniUin und 2 g PhlorogTucin. Einige Tropfen dieser Mischung sowie einige Tropfen der Versuchsflüssigkeit werden in eine wei-sse Porzellanschale gebracht. Tritt beim Erhitzen ßothfärbung ein , so ist die Gegenwart freier Salzsäure nach- gewiesen. 3) AusführUches über das Absorptionsvermögen des Bodens und dessen Ur- sachen vgl. bei Detater, Lehrbuch d. Bodenkunde, Leipzig 1876. 20G Zweiter Abschnitt. 100 g lufttrockener Feinerde eines Bodens werden mit 10 g Kreidei)ulver innig gemischt und in einer Flasche mit 200 ccm einer Salmiaklösung Übergossen, die in 208 ccm genau 1 g Salmiak enthält. Man lässt die Erde mit der Flüssigkeit 48 Stunden lang unter häufigem Umschütteln in Berührung, filtrirt 40 ccm Flüssigkeit ab und dampft unter Zusatz eines Tropfens reiner Salzsäure bis auf etwa 10 ccm ein. In diesen 10 ccm Flüssigkeit bestimmt man den Stickstoff; ebenso in 40 ccm der ursprünglichen Salmiaklösung, die man auch durch Eindunsten auf 10 ccm concentrirt hat: 40 ccm der Chlorammoniumlösung müssen, wenn dieselbe richtig bereitet worden ist, genau 40 ccm Stickstoff (bei O** C. und 760 mm Barometerstand) geben. Aus den Resultaten der Stickstoffbestimmungen, die man mit Hülfe eines Azotometers (vgl. über diesen Apparat Zeitschr. f. analytische Chemie, Bd. 9, S. 226, und eben- daselbst Bd. 13, S. 101 u. S. 38.3) und bromirter Natronlauge ausführt, lässt sich die vom Boden absorbirte Ammoniak- menge leicht berechnen. Die bromirte Lauge (Auf- lösung von unterbromig- saurem Natron) stellt man durch Auflösen von 100 gAetznairon in 1250 ccm Wasser und Zusatz von 25 ccm Brom zu der erkalteten Flüssigkeit her. Man wende für jeden Versuch auf je 10 ccm durch Eindampfen concentrirter Salmiaklösung 50 ccm Lauge an. Für Feststellung der Stickstoffabsorption durch 60 ccm Entwickelungsfiüssigkeit (50 ccm bromirte Lauge und 10 ccm Wasser benutze man die von Dietrich (Zeitschrift f. analytische Chemie, Bd. 5) berechnete Tabelle. Das Azotometer ist für einen Preis von etwa 30 Mk. von Ehrhardt und Metzger in Darmstadt zu beziehen. Dieser Apparat, der in Fig. 91 dargestellt ist, besteht zunächst aus einem Entwickelungsgefäss, welches durch eine nicht bis oben hinauf- reichende Glaswand — in der Figur nicht sichtbar — in zwei Theile getheilt wird. In die eine Abtheilung bringt man 50 ccm der bromirten Lauge, in die andere 10 ccm Untersuchungsflüssigkeit. Man verschliesst das Entwickelungsgefäss mit einem Kautschukkork, taucht es in ein Kühl- gefäss ein, das ebenso, wie der lange Glascylinder, mit W'asser angefüllt worden ist. Durch den Kork des Entwickelungsgefässes geht ein mit Glashahn versehenes Glasrohr hindurch. Dasselbe steht mittelst eines Schlauches mit dem graduirten Glasrohr im Cylinder in Verbindung. Der Glashahn wird herausgezogen und die im Glascylinder eingeschlossenen Fla:. 91. Azotometer. Die Molekularkräfte der Pflanzen. 207 communicirenden Röhren durch Zusammendrücken des mit einem Loch versehenen Kautschukballes unter gleichzeitigem OefFnen des Quetschhahnes mit Wasser angefüllt. Durch Ablassen des Wassers durch den Quetsch- hahn stellt man den unteren Meniscus des Wasserspiegels genau auf den Nullpunkt der graduirten Röhre ein. Nach Ablauf von 5 Minuten wird der Glashahn wieder eingesetzt, jedoch so gestellt, dass das Entwickelungs- gefäss mit dem graduirten Rohr in Communication bleibt. Man controlirt nun nach einiger Zeit, ob der Wasserspiegel in dem letzteren keine Ver- änderungen erfährt. Sollte dies der Fall sein, so muss der Glashahn noch- mals gelockert und die Einstellung des Wassermeniscus auf den Nullpunkt wiederholt werden. Das Entwickelungsgefäss wird nun aus dem Kühlgefäss herausge- nommen. Durch Neigen des Glases lässt man die bromirte Lauge lang- sam zur üntersuchungsflüssigkeit treten, nachdem man durch den Quetsch- hahn 20 — 30 ccm Wasser hat abfliessen lassen. Darauf schliesst man den Glashahn, schüttelt das Entwickelungsgefäss kräftig und öffnet den Hahn wieder, damit der Stickstoff in das graduirte Glasrohr übertreten kann. Diese Operationen werden mehrfach wiederholt. Darauf wird das Entwickelungsgefäss wieder in den Kühlcylinder zurückgestellt und durch den Glashahn mit der graduirten Röhre in Verbindung gebracht. Nach Verlauf von etwa 15 Minuten hat dasselbe die frühere Temperatur wieder angenommen, und man lässt nun durch den Quetschhahn so viel Wasser ab- bezw. zufliessen, dass das Niveau in den beiden communi- cirenden Röhren gleich hoch steht ; endlich liest man noch die entwickel- ten Cubikcentimeter Stickstoff, die Temperatur des im Cylinder befind- lichen Thermometers und den Barometerstand ab. Die Reductionen der Gasvolumina sind leicht unter Benutzung der dem Apparat beigegebenen Tabellen durchzuführen. Dritter Abschnitt. Die Stoffwecliselprocesse im vegetabilischen Organismus. I. Das Verhalten der stickstoffhaltigen Verbindungen. 93. Die Eiweissstoffe, welche man aus Pflanzentheilen abscheiden kann. Wir sehen hier gänzlich von den bereits unter 46 behandelten organisirten plasmatischen Gebilden der Pflanzenzellen ab, sondern wollen nur den Nachweis liefern, dass verschiedene Eiweisskörper im vegetabilischen Organismus angetroffen werden. Wenn man Weizen- oder Gerstenfrüchte zermahlt und das Pulver (ca. 25 g) mit Wasser einige Zeit in Berührung lässt, so kann man durch Filtration eine klare Flüssigkeit gewinnen, in der das Vorhanden- sein von Albumin nachzuweisen ist. Erhitzt man diese Flüssigkeit, so gerinnt das Eiweiss und scheidet sich als Coagulum ab. Wenn man den aus Früchten (z. B. Weinbeeren) ausgepressten und filtrirten Saft erwärmt, so erhält man ebenfalls ein Eiweisscoaguluni. Zu der zweiten grossen Gruppe der pflanzlichen Eiweissstoffe, den Pflanzencaseinen, rechnet man das Legumin der Bohnen, Erbsen etc., das Conglutin der Lupinen und das Glutencasein der Gräser. Wir untersuchen das Conglutin etwas genauer. Samen von Lupinus luteus werden auf einer kleinen Handmühle zermahlen, das Pulver (ca. 25 g) wird mit destillirtem Wasser Übergossen, und dem Gemisch so viel Kalilauge hinzugefügt, dass die Flüssigkeit bleibend schwach alkalisch reagirt. Die Samenrückstände werden mit Hülfe eines Haarsiebes von der conglutinhaltigen Flüssigkeit getrennt, diese darauf filtrirt und ganz schwach mit Essigsäure angesäuert. Das ausgefällte Con- glutin sammelt man auf einem Filter und wäscht den Eiweisskörper mit Wasser aus. Das Conglutin ist unlöslich in Wasser. Suspendirt man aber etwas Conglutin in Wasser und fügt Phosphorsäure, Essig- säure, Citronensäure oder eine Auflösung von phosphorsaurem Natron (Na2HP04) hinzu, so wird der Eiweissstoff aufgelöst'). 1) Genaueres vgL bei Detmer in Wolt^ny's Forschungen auf dem Gebiete der Agriculturphysik, Bd. 2, Heft 4. Auf Weyl's Untersuchungen über die Pflanzen- caseine (vgl. I)ET>rER, Lehrbuch der Pflanzenphysioiogie, 1883, S. 157) gehe ich hier nicht näher ein. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 209 Repräsentanten der dritten Gruppe der pflanzlichen Eiweissstoffe sind zumal in grosser Menge im Weizenmehl vorhanden. Dasselbe wird mit Wasser angerührt und der Teig zwischen den Händen unter einem continuirlichen, dünnen Wasserstrahl ausgeknetet. Es bleibt eine zähe, elastische Masse, der Kleber, zurück, welcher nur noch kleine Mengen Stärke beigemischt sind. Der Kleber, der in kalihaltigem Wasser löslich ist, besteht aus einer Reihe von Eiweissstoffen (Kleber- proteinstoffen), namentlich aus Glutenfibrin, Gliadin und Mucedin, welche ihm zum Theil durch Alkohol entzogen werden können *). 94. Die makro- und mikrochemisch en Eiweissreactioneii. Handelt es sich darum, eine der wichtigeren mikrochemischen Eiweissreactionen (die Biuretreaction) kennen zu lernen, so wird eine wässerige Albuminlösung oder Wasser, in welchem etwas Conglutin aus Lupinensamen suspendirt ist, zum Sieden erhitzt, wenig Natron- lauge hinzugesetzt und in die heisse Flüssigkeit ein Tropfen Fehling- scher Lösung mit Hülfe eines Glasstabes gebracht. Die Gegenwart von Eiweissstoffen giebt sich durch Violettfärbung der Versuchsflüssig- keit zu erkennen. Zur Darstellung der FEHLiNo'schen Lösung werden 34,65 g durch Umkrystallisiren gereinigten Kupfervitriols in 200 ccm Wasser aufgelöst. Diese Lösung vermischt man mit einer Auflösung von 173 g weinsauren Natron-Kalis in 480 ccm Natronlauge von 1,14 spec. Gewicht (ca. 10-proc. Natronlauge) und verdünnt die Flüssig- keit bei 15» C. auf 1000 ccm. In den Zellen des Parenchyms der Cotyledonen von Phaseolus sind bekanntlich neben den Stärkekörnern reichliche Eiweissmengen vorhanden. Schnitte aus den Bohnencotyledonen , welche aber min- destens zwei Zellschichten dick sein müssen, kann man daher bequem benutzen, um die mikrochemischen Eiweissreactionen kennen zu lernen. Einige ccm concentrirter Kupfervitriollösung ^) oder einer Lösung von weinsaurem Kupferoxyd ^) werden in ein Schälchen gebracht. Das weinsaure Kupferoxyd bereitet man, indem man eine Lösung von 5 Thl. Kupfervitriol mit einer Lösung von 9 Thl. einfach weinsaurem Kali mischt und von dem entstehenden , relativ schwer löslichen schwefelsauren Kali abfiltrirt. Die Schnitte gelangen in eine der Kupfersalzlösungen, werden nach einigen Minuten mit einer Pincette gefasst, durch Eintauchen in reines W^asser oberflächlich abgespült und sofort in Kalilauge gelegt, die zum Sieden erhitzt ist. Der Inhalt der Zellen färbt sich in Folge seines Eiweissgehaltes violett*). Wird ein Schnitt aus den Cotyledonen einer trockenen Erbse auf dem Objectträger in ein aus 1 Thl. Wasser und 2 Thl. Glycerin be- stehendes Gemisch gelegt, mit Deckglas bedeckt, und ein Tropfen Jod- lösung an den Deckglasrand gebracht, so färben sich die Stärkekörner alsbald blau, die Aleuronkörner und die Grundniasse, in der letztere eingebettet sind, aber in Folge ihres Eiweissreichthums g^lb. 1) Genaueres vgl. belRiTTHAUSEN, Die Eiweissstoffe der Getreidearten, 1872, S. 28. 2) Vgl. Sachs, Prixgsheim'.s Jahrbücher, Bd. 3, S. 187. 3) Vgl. Pfeffer, Pringsheem's Jahrbücher, Bd. 8, S. 538. 4) Diese Eiweissreaction ist übrigens, ebenso wie andere, nicht durchaus ein- deutig. Bei der Ausführung der Resiction kann man die Schnitte übrigens auch auf dem Objectträger in einen Tropfen FEHLixo'scher Lösung legen, mit Deckglas bedecken und erhitzen, bis sich kleine Blasen bilden. Detmer, Pflanzenphysiologisches Praktikum. 2. Aufl. 14 210 Dritter Abschnitt. In Contact mit Zucker und Schwefelsäure färben sich die Protein- stoffe roth, und um diese Reaction kennen- zu lernen, bringen wir z. B. Schnitte aus den Cotyledonen eines trockenen Bohnensaraens auf den Objectträger in einen Tropfen concentrirter Rohrzuckerlösung und lassen vom Deckglasrande aus concentrirte Schwefelsäure auf das Object einwirken. Werden Schnitte aus eiweissreichen Pflanzentheilen auf dem Objectträger einige Minuten lang in einen Tropfen kalter rauchender Salpetersäure gelegt und dann mit Ammoniak behandelt, so nehmen sie eine intensiv gelbe Farbe an (Xanthoproteinsäurereaction). Das MiLLON'sche Reagens, welches man bereitet, indem man Quecksilber in der Kälte mit dem gleichen Gewichtstheil concentrirter rauchender Salpetersäure behandelt und die Flüssigkeit nach erfolgter Auflösung des Metalls mit ihrem gleichen Volumen Wasser verdünnt, färbt die Eiweissstoffe ziegelroth. Es ist zu empfehlen , das Reagens nur im frisch bereiteten Zustande zu benutzen. Wenn man Schnitte aus den Cotyledonen von Pisum in einen Tropfen des eventuell etwas erwärmten MiLLON'schen Reagens einlegt, so wird der Inhalt der Zellen desorganisirt ; er färbt sich aber in Folge der Anwesenheit der Eiweissstoffe nach einiger Zeit ziegelroth. In neuerer Zeit hat man zahlreiche Reagentien (zumal Lösungs- mittel) auf die protoplasmatischen Gebilde der Zellen einwirken lassen und auf Grund der erzielten Ergebnisse die Ansicht zu begründen versucht, nach welcher eine ganze Reihe verschiedener eiweissartiger Stoffe im Protoplasma, Zellkern etc. vorhanden sind. In der That ist sicher, dass z. B. das Nuclein, wie wir unter 97 sehen werden, wesentlich andere Eigenschaften als das gewöhnliche Eiweiss besitzt; indessen, abgesehen von diesem und einigen wenigen anderen Resul- taten, hat der bezeichnete Weg, obgleich principiell nichts gegen den- selben einzuwenden ist, bis jetzt zu keinen wesentlichen Ergebnissen geführt. So z. B. kann man den meisten diesbezüglichen Angaben von Frank Schwarz (vgl. Cohn's Beiträge zur Biologie d. Pflanzen, Bd. 5, H. 1) von einem streng chemischen Standpunkte aus keinen Werth beimessen. 95. Allgemeines über das Verhalten der Eiweissstoffe in der Pflanze. An anderer Stelle sind schon die Aleuronkörner der Samen be- sprochen worden. Dieselben sind reich an Reserveproteinstoffen, und ebenso wie die Stärkekörner bei der Keimung der Samen bedeutsame Veränderungen erfahren, unterliegen auch die Aleuronkörner solchen Veränderungen, wenn der Keimungsprocess beginnt. Die Protein- körner werden nämlich aufgelöst, ihre Substanz wird zur Bildung leben sthätiger, protoplasmatischer Gebilde verbraucht. Wir haben nur nöthig, um uns von diesem Auflösungsprocess zu überzeugen, Samen von Ricinus communis anzukeimen und dann möglichst zarte Schnitte aus dem Endosperm zu untersuchen. Die Proteinkörner erscheinen nicht mehr als glänzende Gebilde, wie im ruhenden Samen, sondern ihre Hüllmasse ist aufgelöst und mit der Grundmasse zu einer trüben Emulsion vermischt. Die StoiFwechselprooesse im vegetabilischen Organismus. 211 Wenn man Lupinensamen auf einer Handmühle zermahlt und das Pulver mit Wasser behandelt, so kann man sich leicht davon überzeugen, dass in der Lösung reichliche Eiweissmengen vorhanden sind. Man braucht zu der zum Sieden erhitzten Flüssigkeit nur etwas Kali und einen Tropfen FßHLiNG'scher Lösung hinzuzufügen. Auf jeden Fall geht bei der Be- handlung des Lupinensamenpulvers mit Wasser und ebenso bei der Quel- lung der unversehrten Samen vor allem Conglutin in Lösung. Dieser Eiweissstoff ist aber unlöslich in reinem Wasser, daher müssen Substanzen zugegen sein, welche die Auflösung des Proteinkörpers vermitteln. Unter- sucht man die Reaction der Lupinenpulverextracte mit Hülfe von Lack- muspapier, so ergiebt sich, dass dieselbe eine ziemlich intensiv saure ist. Diese saure Reaction wird unter Umständen durch die in manchen Lu- pinensorten vorhandene Citronensäure bedingt (und die Citronensäure ist ja ein Lösungsmittel für Conglutin); sie kann aber auch auf andere Weise zu Stande kommen. Vertheilt man etwas Conglutin in Wasser, so nimmt die Flüssigkeit höchstens eine ganz schwach saure Reaction an. Fügt man eine Lösung von phosphorsaurem Kali K.2HPOJ, die als solche schwach alkalisch reagirt, hinzu, so löst sich das Conglutin auf, und die Flüssigkeit reagirt viel stärker sauer als zuvor. Der Eiweissstoff ent- zieht dem Ko H PO^ Kali, wodurch seine Auflösung zu Stande kommt, während sich andererseits saures phosphorsaures Kali KHg PO4 bildet. Die Samen enthalten nun bekanntlich relativ reichliche Kali- und Phos- phorsäuremengen, und wenn sie mit Wasser in Berührung gelangen, so kann sich nach dem Gesagten offenbar leicht eine Lösung bilden, die stark sauer reagirt und doch erhebliche Quantitäten von Eiweissstoffen aus der Gruppe der Pflanzencaseine enthält i). Auf Experimente, welche lehren, dass in Folge des Stoifwechsels bei der Keimung der Samen weder Ammoniak noch freier Stickstoff abge- schieden werden, ist schon an anderer Stelle (vgl. unter 19) hingewiesen worden. 96. Das Pepsin und die Peptone. Die Eiweissstoffe als solche sind nicht im Stande, die Zellhaut oder Membranen von ähnlicher Beschaifenheit auf osmotischem Wege zu passiren. Es besitzt daher die Thatsache ein physiologisches In- teresse, dass manche Pflanzen Fermente produciren, welche die Ei- weisskörper in Peptone, Substanzen, die wenigstens eine geringe Diffusionsfähigkeit besitzen, umzuwandeln vermögen. Peptonisirend wirkende Fermente (Pepsin) werden von den Drüsen- köpfchen der Droseraarten secernirt und sind im Nepenthessecret so- wie in manchen Milchsäften (z. B. demjenigen von Carica Papaya) vorhanden ^). Wem kein Papayotin, das übrigens käuflich ist, oder kein pepsinhaltiger Milchsaft zur Verfügung steht, der kann den fol- genden lehrreichen Versuch anstellen, um wenigstens den Process der Peptonisirung überhaupt kennen zu lernen. Eine Pepsinlösung ist nämlich leicht zu erhalten, wenn man frische Stücke der Schleimhaut 1) Vgl. Dktmer in Wollny's Forschungen auf dem Gebiete der Agricultur- physik, Bd. 2, Heft 4. 2) Vgl. zumal Hansen, Arbeiten des botan. Instituts in Würzburg, Bd. 3, H. 2. Ferner vgl. über Pepsingehalt der Keimpflanzen Neumeister, Zeitschr. f. Biologie, Bd. 30. 14* 212 Dritter Abschnitt. des Schweineraagens mit Glycerin extraliirt und filtrirt. Werden nun etwa 500 ccm Wasser, das 0,2 Proc. Salzsäure enthält, in einer Por- zellanschale auf dem Wasserbade auf 40^ C. erwärmt, 40 g Fibrin einige Zeit mit der warmen Flüssigkeit digerirt, bis der Eiweissstolf möglichst aufgequollen ist, so bewirkt Zusatz einiger Tropfen des fermenthaltigen Glycerins in einigen Minuten eine fast vollständige Peptonisirung und Verflüssigung des Fibrins. Das erforderliche Fibrin (aus Ochsenblut) ist vom Fleischer zu beziehen und kann in Glycerin aufbewahrt werden. Will man den Eiweissstoff zu einem Verdauungs- versuch benutzen, so wäscht man ihn sorgfältig mit Wasser aus und bringt ihn dann in die verdünnte, warme Salzsäure. Benutzt man Nepenthessecret oder Milchsäfte als pepsinhaltige Flüssigkeiten, so ist wenigstens in manchen Fällen dafür Sorge zu tragen, dass die ver- dünnte Salzsäure, in der man das Fibrin aufgequollen hat, längere Zeit auf einer Temperatur von 40^ C. erhalten bleibt, denn die Peptoni- sirung geht in diesen Fällen oft nicht so schnell vor sich. Uebrigens ist in manchen Fällen der Pepsingehalt von Milchsäften sehr schnell zu constatiren, und ich beobachtete dies z. B. bei Ausführung des folgenden Experiments, das leicht wiederholt werden kann. In ein Probirglas wurden einige ccm sehr verdünnter Salzsäure gebracht, wenige Stückchen Fibrin hinzugefügt und das Probirglas nun in Wasser eingetaucht, das auf 40*^ C. erwärmt war. Nach erfolgtem Aufquellen des Fibrins wurden der Flüssigkeit einige Tropfen Milchsaft hinzugesetzt, der aus den Stielen im unreifen Zustande abgeschnittener Feigenfrüchte ausgeflossen war. Die Peptonisirung und Verflüssigung des Fibrins trat in wenigen Augenblicken ein. Wenn Pepsin auf Eiweissstoffe einwirkt, so machen sich complicirte chemische Processe geltend. Als Endproducte sind verschiedene Pep- tone anzusehen, die aber durch die Biuretreaction leicht als solche erkannt werden können. Wenn man eine kleine Quantität einer pep- tonhaltigen Flüssigkeit erwärmt, mit Kalilauge neutralisirt und nun FEHLiNG'sche Lösung hinzufügt, so nimmt die Mischung keine violette Färbung, wie bei Gegenwart von Eiweissstoff"en, sondern eine purpur- rothe Färbung an. 97. Bas Nuelein. Während das Protoplasma besonders reich an Eiweissstofi"en ist, muss das Nuelein als ein charakteristischer Bestandtheil des Zellkerns angesehen werden. Von den Protein steifen unterscheidet sich das stickstoflFlialtige Nuelein durch seinen Phosphorgehalt sowie sein eigen- thümliches Verhalten zu Reagentien. In letzterer Beziehung ist namentlich wichtig, dass das Nuelein nicht von pepsinhaltigen Flüssig- keiten angegriffen wird. Um dies zu beobachten, bringt man ein Stückchen der Epidermis von der Blattunterseite einer Tradescantie (ich benutzte mit vorzüglichem Erfolg Tradescantia virginica) auf den Objectträger und fügt eine pepsinhaltige Flüssigkeit (Mischung von 1 Voluraentheil Glycerinextract aus Schweinemagen mit 8 Volumen- theilen 0,2-proc. Salzsäure) hinzu. Die Untersuchung lehrt, dass das Protoplasma sich contrahirt hat. während die Kerne in den Zellen bald völlig homogen werden. Die Kerne nehmen dann an Volumen zu und stellen endlich gelbliche, stark lichtbrechende Gebilde dar, Die Stoffwechsel processe im vegetabilischen Organismus. 213 die keine weitere Veränderung erfahren. Wenn die homogen ge- wordenen Kerne beginnen, sich zu vergrössern, wird das contrahirte Protoplasma an einer oder an mehreren Stellen blasig aufgetrieben. Schliesslich platzt die Blase, und es bleiben nur unbedeutende Proto- plasmareste übrig, die den Kern umgeben. Verdünnte Salzsäure ver- ändert die mit der künstlichen Verdauungsflüssigkeit behandelten Kerne nicht, während sie sich in verdünnter Sodalösung sofort auf- lösen ^). 98. Der mikrochemische Nachweis des Asparagins. Ich habe mit Nachdruck die Ansicht zur Geltung zu bringen ge- sucht*), dass die lebendigen Eiweissmoleküle des Protoplasmas, die physiologischen Elemente, wie ich dieselben nenne, unter allen Um- ständen und in jeder in Lebensthätigkeit begriffenen Zelle durch Dis- sociationsprocesse in stickstoffhaltige und stickstofffreie Verbindungen zerfallen (Dissociationshypothese). Diese letz- teren werden verathmet und liefern das für n /> den Wachsthumsprocess der Zellen erforder- l\ \j 0 liehe Material etc., während die ersteren sich V/O A bald in mehr oder minder grossen Quantitäten ^ \^ in den Zellen anhäufen oder unter Beihülfe t a^* i von stickstofffreien Körpern zu Proteinstoffen i,_Jfi*„ ,xr„^vfy?y,^fir 1 rr A 1 -x j> i- 1 krystalle. (rsacnZiMMER- regenerirt werden. Zudem besitzen die stick- mann.) Stoffhaitigen Dissociationsproducte der physio- logischen Elemente des Protoplasmas (Asparagin, Glutamin, Leucin, Tyrosin, Allantoin) insofern grosse Bedeutung, als sie bei der Stoff- wanderung im vegetabilischen Organismus eine wichtige Rolle spielen. Unter allen stickstoffhaltigen Zersetzungsproducten der Eiweiss- stoffe scheint das Asparagin (Amidobernsteinsäureamid) die hervor- ragendste Bedeutung zu beanspruchen. Wir widmen demselben aus diesem Grunde unsere specielle Aufmerksamkeit und wollen zunächst sehen, in welcher Weise es gelingt, seine Gegenwart auf mikro- chemischem Wege in den Pflanzenzellen zu constatiren. Versetzen wir eine concentrirte wässerige Asparaginlösung mit absolutem Alkohol, so scheidet sich das Asparagin ab, da es fast un- löslich in Alkohol ist. Ebenso kann man das Asparagin, welches im Zellsaft gelöst ist, durch Alkohol niederschlagen, und da die sich bil- denden, dem rhombischen System angehörenden Krystalle, zumal die- jenigen, welche in Form rhombischer Tafeln mit einem stumpfen Winkel von 129" 18' auftreten, eine beträchtliche Grösse sowie charakteristische Form besitzen, so ist es in der angedeuteten Weise möglich, die Gegenwart des Säureamids in den Zellen auf mikro- chemischem Wege festzustellen ^). (Vgl. Fig. 92.) Die Schnitte, welche dicker sein müssen als eine Zellenschicht, damit nicht alle Zellen geöffnet sind, legt man in ein Uhrgläschen, 1) Vgl. Zacharias, Botan. Zeitung, 1881, S. 169. 2) Vgl. Detmer, Vergleichende Pnysiologie d. Keimungsprocesses der Samen, 1880, Pringsheim's Jahrbücher, Bd. 12, 'Wollny's Forschungen auf d. Gebiete d. Agriculturphysik, Bd. 5, und Lehrbuch d. Pflanzenphysiologie, 1883. 3) Vgl. Pfeffer, Pringsheim's Jahrbücher, Bd. 8, S. 533, vmd Borodin, Botan. Zeitung, 1878, S. 804. 214 Dritter Abschnitt. in dem sich absoluter Alkohol befindet, schwenkt sie schnell in der Flüssigkeit hin und her und untersucht sie. Ist nur sehr wenig As- paragin in den Zellen vorhanden, so thut man am besten, die Schnitte auf dem Objectträger mit absolutem Alkohol zu betupfen, das Deck- glas aufzulegen, um das Präparat nach dem Trocknen der mikro- skopischen Beobachtung zu unterziehen. Um jede Verwechselung der ausgeschiedenen Asparaginkrystalle mit anderen Körpern, z. B. Salpeterkrystallen, zu vermeiden, behan- delt man die Schnitte nachträglich mit einer völlig gesättigten As- paraginlösung. Bestehen die durch Alkohol erzeugten Krystalle wirk- lich aus Asparagin, so lösen sie sich nun nicht auf. Andere Krystalle werden aber von der Asparaginlösung aufgenommen. 99. Die quantitative Bestimmung des GresammtstlckstofPs und des Stielistoffs der Protein stoft'e und der Säureamide in Keimpflanzen. Aus einem grossen Vorrath der Samen von Lupinus luteus werden etwa 300 Stück, die sehr normal und gleichmässig ausgebildet sind, ausgesucht. Man stellt das mittlere Gewicht eines Samenindividuums fest und ermittelt den Trockensubstanzgehalt der Untersuchungsobjecte (vgl. unter 1). Die Samen gelangen nun zum Quellen 24 Stunden lang mit Wasser in Berührung. Jetzt durchfeuchtet man Sägespäne völlig mit Wasser und füllt grosse Blumentöpfe oder Zinkblechkästen mit denselben an, indem man die Späne zwischen den Händen zerreibt und in die Töpfe oder Kästen einfallen lässt, so dass ein ganz lockeres Keimbett entsteht. Die Samen werden in dasselbe eingelegt, mit feuchten Sägespänen bedeckt und bei etwa 20" C. bei Lichtabschluss sich selbst überlassen. Man hat nur für Ersatz des verdunstenden Wassers Sorge zu tragen. Nach 3, 5 oder 7 Tagen wählt man diejenigen Keimlinge aus, welche sich sehr gleichförmig entwickelt haben. Sie werden gesäubert, in einer Reibschale zerquetscht, zunächst unter häufigerem Umrühren des Breies auf dem Wasserbade, dann im Trockenschrank bei 50 bis 60° C. getrocknet. Das Untersuchungsmaterial bleibt alsdann, lose bedeckt, 24 Stunden lang an der Luft stehen ; es wird gewogen , um darauf sogleich Proben zu Trockensubstanzbestimmungen zu entnehmen. Man kennt nun das Trockengewicht der geernteten Anzahl der Keim- linge. Das Trockengewicht der entsprechenden Anzahl von Samen ist ebenfalls bekannt, und somit ist man im Stande, die Resultate der folgenden Untersuchungen auf sich entsprechende Mengen von Samen- und Keimpflanzentrockensubstanz zu beziehen. Zur Bestimmung des Gesammtstickstofls werden 1 — 2 g Trocken- substanz der Samen und Keimlinge in gut gepulvertem Zustande nach Kjeldahl untersucht. (Vergl. Methode in König's Untersuchung land- wirthschl. wichtiger Stoffe, 1891, S. 150.) Den Stickstoff der Eiweissstoffe bestimmt man nach Stutzeb's Methode. (Vergl. König, S. 212.) Subtrahirt man die Menge des Stickstoffs der Eiweisskörper von der Quantität des Gesammtstickstoffs, so erhält man einen Werth, durch den die Menge des Stickstoffs der nicht eiweissartigen Verbindungen zum Ausdruck gelangt. Die Samen enthalten nur sehr kleine Quantitäten Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 215 solcher Stoffe, während die Keimpflanzen, zumal weiter entwickelte, reich an Amidosäaren und Säureamiden etc. sind. Will man speciell den Gehalt der Untersuchungsobjecte an Säure- amiden (in den Lupinenkeimlingen ist fast nur von solchen Körpern Asparagin vorhanden) feststellen, so werden etwa 8 g Trockensubstanz zweimal mit 40 ccm kaltem Wasser je 1 Stunde lang extrahirt. Nach dem Filtriren unter Benutzung einer Saugpumpe wird der Rückstand einmal mit 50 ccm Wasser ausgekocht, um alle Filtrate, sowie die zum Auswaschen des Rückstandes benutzte Flüssigkeit zu vereinigen ^ ). Man kocht die Flüssigkeit nun zur Ausfällung gelöster Eiweissstoffe schnell auf, filtrirt und bringt das Filtrat auf 200 ccm. 100 ccm werden nach Zusatz von 10 ccm Salzsäure 1 — l*/j Stunde lang unter Ersatz des verdunsteten Wassers gekocht, wodurch das As- paragin sich in Asparaginsäure und Ammoniak spaltet. Den Stickstort" des Ammoniaks bestimmt man mit Hülfe bromirter Lauge (bereitet durch Auflösen von 100 g Aetznatron in 1250 ccm Wasser und Eintragen von 25 ccm Brom in die völlig erkaltete Lösung) im Azotometer (vgl. unter 92). Es kommen dabei je 10 ccm Untersuchungsflüssigkeit zur Verwendung. Das gefundene Stickstoifvolumen wird auf 0 *^ C. und 760 mm Barometerstand reducirt, und es ist dann leicht, die Gewichtsmenge des Stickstoffs und daraus die Quantität des vorhandenen wasserfreien Asparagins (C^ H^ Og Ng) zu berechnen. Manchmal enthalten Keimpflanzenextracte kleine Mengen eines Körpers, der schon ohne vorheriges Kochen mit Salzsäure Stickstoff bei der Behandlung mit bromirter Lauge ausgiebt. Es ist daher erforder- lich, 10 ccm des Keimpflanzenauszugs direct im Azotometer mit der Lauge zu schütteln und die eventuell gefundene Stickstoffquantität von derjenigen abzuziehen, die man nach dem Kochen des Extractes mit HCl findet 2). Den Stickstoff der Säureamide kann man auf die angegebene Weise recht genau in seiner Menge feststellen. Eine Berechnung dieser Stickstoff- quantitäten auf Asparagin ist nur dann einigermaassen zulässig, wenn die Untersuchungsobjecte, wie es allerdings bei den Lupinen der Fall ist, neben dem Asparagin nur noch geringe Mengen anderer An:ide enthalten. 100. Das Verhalten des Asparagins in den Pflanzen. Handelt es sich darum , Aufklärung über die physiologische Function des Asparagins zu gewinnen, so bieten sich uns in erster Linie die Keimpflanzen von Lupinus luteus als ausgezeichnete Unter- suchungsobjecte dar. Bei der Keimung der Lupine streckt sich das hypocotyle Glied sehr bedeutend , die Cotyledonen werden über die Erde gehoben, streifen die Samenschale alsbald ab und fungiren als Assimilationsorgane. Alsbald streckt sich dann auch das epicotyle Stengelglied, und die ersten Laubblätter entfalten sich. Das hypocotyle Glied hat ein mächtiges Rindenparenchym entwickelt, welches den Gefässbündelkreis sowie das Mark umschliesst. In den Stielen der Cotyledonen sind die Gefässbündel halbmondförmig angeordnet. Das Orundgewebe der Cotyledonen ist nur in der peripherischen Region 1) Sollte das Filtriren der pekochten Flüssigkeit Schwierigkeiten machen, so leitet man in dieselbe etwa '/« Stunde lang einen kräftigen Strom gewaschener Kohlensäure ein. Das Filtriren geht dann sehr schnell vor sich. 2) Vgl, Sachsse, Die Chemie und Physiologie d. Farbstoffe etc., 1877, S. 257, imd Detmer, Physiol.-chemische Untersuchungen über die Keimung etc., 1875, S. 74. 216 Dritter Abschnitt. derselben reich an Chlorophyllkörnern. Die Vertheilung des Aspara- gins in der sich unter normalen Verhältnissen , also bei "fjichtzutritt, entwickelnden Keimpflanze von Lupinus gestaltet sich nun nach den mikrochemischen Untersuchungen Pfeffer's, von denen ich eine ganze Reihe wiederholt habe, wie folgt: Die Samen sind asparaginfrei. Hat die Wurzel 12 und das hypocotyle Glied 2—4 mm Länge erreicht, so ist in diesen Organen sowie im unteren Theile der Saraenlappenstiele wenig Asparagin vorhanden, Keimpflanzen von 30—40 mm Wurzel- länge, deren Cotyledonen noch nicht wesentlich über die Erde hervor- gehoben worden sind, führen in der Wurzel Asparagin ; dasselbe fehlt aber der Wurzelspitze. In den Rindenzellen des hypocotylen Gliedes sowie im unteren Theile der Stiele der Cotyledonen ist Asparagin vorhanden. Der Lamina der Cotyledonen fehlt aber das Asparagin noch. Ist die Keimung so weit fortgeschritten, dass sich die Cotyle- donen ausbreiten, dann ist in diesen Asparagin vorhanden. In den Samenlappenstielen, zumal aber im hypocotylen Glied finden sich jetzt sehr reichliche Asparaginmengen. Das Säureamid kommt aber nur in den Zellen des Parenchyms dieser Organe vor; den Elementen der Gefässbündel fehlt dasselbe, wie immer, vollkommen. Wenn sich das epicotyle Stengelglied streckt, so ist auch in diesem Asparagin nach- zuweisen, während die übrigen Organe der Keimpflanze, zumal das hypocotyle Glied, allmählich asparaginärmer werden. Bei weiter fort- schreitender Entwickelung der Pflanzen unter normalen Vegetations- bedingungen verschwindet das Asparagin gänzlich aus allen Organen, weil jetzt in Folge lebhafter Assimilation so erhebliche Mengen stick- stoff"freier organischer Körper erzeugt werden, dass die durch Dis- sociation gebildeten sickstoff'reichen Zersetzungsproducte der physio- logischen Elemente sofort ihrer Gesammtmasse nach zu Eiweisstoffen regenerirt werden können. Beachtung verdient auch noch die That- sache, dass in dem Maasse, wie die Asparaginbildung bei der Keimung Fortschritte macht, die Menge der Reserveproteinstoffe in den Reserve- stoffTDchältern abnimmt. Untersucht man z. B. die Cotyledonen von Lupinus, wenn die Streckung des epicotylen Gliedes beginnt, so er- scheint der Zellinhalt bereits sehr aufgeklärt, und die Behandlung der Schnitte mit Jod lehrt, dass der Eiweissgehalt der Zellen kein über- mässig grosser mehr sein kann ^). Um den bestimmten Nachweis dafür zu liefern, dass die Rückbildung von Eiweissstoffen aus Asparagin nur unter Vermittelung von stickstoff- freien Körpern erfolgen kann, füllen wir zwei Blumentöpfe mit Sand an, den wir mit Nährstofflösung getränkt haben, und legen einige Samen von Lupinus luteus in den Boden. Die Pflanzen des einen Topfes ent- wickeln sich unter ganz gewöhnlichen Bedingungen vor einem Fenster. Der andere Topf wird in dem unter 16 beschriebenen Apparat ebenfalls dem Licht ausgesetzt, aber die Untersuchungsobjecte bilden sich in kohlensäurefreier Luft aus. Sie können somit nicht assimiliren, und da- her hört ihr Wachsthum, wenn sich das zweite Laubblatt entfaltet hat, auf. Jetzt und auch noch später bis zu ihrem schliesslich erfolgenden Absterben sind reichliche Asparaginmengen in den Organen der Keim- linge, zumal im hypocotylen Gliede, nachzuweisen, weil keine Kohle- hydrate gebildet werden, welche die Eiweissregeneration vermitteln könnten. Die sich unter normalen Verhältnissen ausbildenden Lupinen- 1) Vgl. Pfeffer, Pringsheim's Jahrbücher f. wissenschaftl. Botanik, Btl. 8. Die Stoffwechselpro cesse im vegetabilischen Organismus. 217 pflanzen, welche fort und fort kräftig weiter wachsen, enthalten hingegen zu derselben Zeit, während welcher die bei Kohlensäureausschluss ent- wickelten Untersuchungsobjecte sehr asparaginreich sind, kein Asparagin mehr oder höchstens kleine Quantitäten desselben '). Werden Keimlinge von Lupinus bei Lichtabschluss zur Entwickelung gebracht, so sind auch noch die nach Verlauf längerer Zeit absterbenden Untersuchungsobjecte asparaginreich, weil es unter den bezeichneten Umständen an stickstofffreiem Material, das für die Eiweissregeneration verwendet werden könnte, fehlt. Alles dies ist durch mikrochemische Untersuchung (vergl. unter 98) oder durch Analyse (vergl. unter 99) festzustellen. IL Der Athmungsprocess der Pflanzen. 101. Experimente zur allgeni einen Orientirung über die Fflanzenathmung. Die bei genauen quantitativen Untersuchungen über den Athmungs- process der Pflanzen in Anwendung zu bringenden Methoden sollen erst in den folgenden Abschnitten Erwähnung finden; hier handelt es sich zunächst nur um Demonstrationsversuche, welche uns namentlich über die verschiedenen Formen der Pflanzenathmung Orientiren werden. Wir stellen zwei weithalsige Glascylinder auf. In den einen Cy- linder bringen wir grössere Mengen von Blüthen oder Keimpflanzen (Weizen, Erbsen, Bohnen) und verschliessen beide Gefässe mit Glas- stöpseln oder Korken. In jeden Cylinder führen wir nach Verlauf einiger Stunden ein an einem Draht befestigtes brennendes Licht ein. Dasselbe wird in dem mit Pflanzen beschickten Cylinder erlöschen ; in dem anderen brennt es ruhig weiter. Die athmenden Pflanzen haben den Sauerstoff der Luft im Apparat verbraucht und dafür Kohlensäure erzeugt, welche den Verbrennungsprocess nicht zu unter- halten im Stande ist. Diesen einfachen Vorlesungsversuch verbinden wir mit einem ferneren, der die Kohlensäureproduction in Folge der normalen Athmung direct nachweist. Wir stellen den in Fig. 93 abgebildeten Apparat zusammen. Die mit Wasser angefüllte Flasche von etwa 10 l Inhalt dient als Aspirator. Der Kork, welcher die Mündung der Flasche verschliesst, ist doppelt durchlocht. In der einen Bohrung steckt das Rohr G, welches mit dem mit einem Glashahn versehenen Glasrohr R in Verbindung steht. Vor Beginn des Versuchs werden die Röhren G und R mit Wasser angefüllt. Das Rohr G' ist mit den Apparaten a, 6, c und d in Verbindung gesetzt. Die Cylinder a und c enthalten klares Barytwasser. Man übergiesst Barythydrat in einer grösseren Flasche mit destillirtem Wasser, schüttelt wiederholt tüchtig um, lässt absetzen und bringt eine hinreichende Menge der Flüssigkeit mit Hülfe einer gut ausgetrockneten Pipette in die völlig trockenen Cylinder a und e. In dem U-förmigen Rohr b befinden 1) Vgl. Pfeffer, Botan. Zeitung, 1874, S. 249. 218 Dritter Abschnitt. sich die athmeriden Pfianzentheile (Bltithen oder Keimlinge). Der untere Theil des Gefässes d ent- hält Kalilauge, der obere Aetz- kalistücke. Oeffnen wir sogleich nach Zusammenstellung des Ap- parates den Glashahn der Röhre R wenig, so fliesst Wasser aus dem Rohr Jti ab und den ganzen Apparat R Fig. 93. Apparat zur Demonstration der Kolüensäurepro- duction bei der Athraung der Pflanzen. passirt ein Luftstrom. Die Luft wird in d von Kohlen- säure befreit. Das Barytwasser in c bleibt daher auch klar. In a entsteht dagegen sehr schnell eine Trü- bung des Barytwassers resp. ein Niederschlag von kohlensaurem Baryt, wodurch eben die Kohlensäure- production der Untersuchungsobjecte nachgewiesen wird. Zur Demonstration des Sauerstoffverbrauchs bei normaler Athmung dient der folgende Apparat (vgl. Fig. 94). In einem Holzgestell H hängen zwei röhren- artige Gefasse, die am unteren Ende in Wasser eintauchen, das sich in den Gläsern G und 6r' befindet. Der dünnere, etwa 45 cm lange und 15 mm weite Theil dieser Gefässe A und B ist bis auf 0,2 ccra genau calibrirt, er erweitert sich oben in den 30 cm langen und 40 mm weiten Theil W und W' der Apparate. In den sorgfältig ausgewählten, sehr gut schliessenden durchbohrten Kautschukkörken stecken die mit Glashähnen versehenen Glasröhren h und h' \). Das kleine recht weite Gläschen des einen Apparates hängt an einem Draht und enthält völlig klare concentrirte Kali- lauge. Nun werden z. B. in jeden Apparat 25 Erbsenkeimlinge, die 3 Tage alt sind und sich bei 15" C. entwickelten gebracht. Sie finden auf feuchter Glaswolle ihren Platz im oberen, erweiterten Theil der Vorrichtungen. Die Apparate stellt man in einem Räume von recht constanter Temperatur auf, saugt etwas Wasser in den Röhren A und B empor, schliesst die wohl eingefetteten Hähne und wartet etwa 1) An Stelle der KautschukkÖrke können auch eingeschliffene Glasstopfen Verwendung finden. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 219 'SifQh w eine halbe Stunde lang, bevor man den Stand des Wassers in den Röhren A und U abliest. Man notire ferner die am Thermometer T abgelesene Temperatur. Bei einem von mir mit 25 Erbsenkeimlingen bei 15" C. angestellten Experiment stieg das Wasser im mit Kali- lauge beschickten Apparat im Laufe von 21 Stunden von 22,2 bis 60,4 ccm. Im Apparat ohne Kalilauge verändert sich der Wasserstand bei nahezu constant bleibender Temperatur dagegen nur wenig, weil die im Athmungsprocess erzeugte Kohlensäure der Hauptmasse nach an Stelle des verbrauchten Sauerstoffs tritt. Bei Kaligegenwart muss aber das Wasser emporsteigen, denn die von den Pflanzen producirte Kohlensäure wird schnell absorbirt und ersetzt den consumirten Sauerstoff nicht. Auch für den folgenden Demonstrationsversuch genügt es, Wasser und nicht Quecksilber als Sperrflüssigkeit zu verwenden. Beide Apparate werden ohne Benutzung von Kalilauge mit Pflanzenniaterial beschickt. Als solches finden 5 g Erbsensamen oder 5 g Weizenkörner und 5 g Hanf- körner'Verwendung. Je 5 g des Beobach- tungsmaterials werden abgewogen, und nach dem Anquellen führt man in einen unserer Apparate die stärkereichen, in den anderen die fettreichen Unter- such ungsobjecte ein. Beobachtet man den Wasserstand in den Röhren Ä und B, während die Apparate in einem Raum stehen, in welchem bedeutendere Temperaturschwankungen nicht stattfin- den, so findet man im Laufe von 1—2 Tagen , dass derselbe im Apparat, der mit stärkereichen Samen beschickt wor- den ist, keine erhebliche Veränderung erfährt. Im anderen Apparat erhebt sich die Flüssigkeit aber beträchtlich. Die fettreichen Körner unterhalten freilich, ebenso wie die stärkereichen, normale Athmung; zugleich bringen die ersteren bei der Keimung aber noch jene Ath- mungsform zur Geltung, welche ich als Vinculationsathmung bezeichnet habe. Das Wesen derselben besteht in einer Sauerstoffabsorption ohne entsprechende Kohlensäurebildung, und der gebundene Sauerstoff findet zur Ueberführung des Fettes in sauerstoftreichere Körper (Kohlehydrate) Verwendung. Endlich füllen wir noch den oberen Theil eines unserer Appa- rate völlig mit Blüthen (Rosa oder Dahlia etc.) oder mit Keimlingen von Vicia Faba an. Wir saugen das Wasser bis zu bedeutender Höhe empor, schliessen den Glashahn und lassen die Vorrichtung ruhig stehen. Die Untersuchungsobjecte unterhalten zunächst nor- male Athmung. Bald aber ist der Sauerstoff der Luft im Apparat verbraucht, und nun macht sich selbst bei etwas sinkender Temperatur T Ffg, 94. Appai'at für Ex- perimente über Pflanzenathmimg. 220 Dritter Abschnitt. ein Fallen der Wassersäule geltend. Die Pttanzentheile produciren in Folge intramolekularer oder innerer Athmung im sauerstofffreien Raum Kohlensäure. Dadurch wird das Gasvolumen im Apparat ver- grössert und das Wasser im Rohr hinabgedrückt. Um die Production von Kohlensäure (Athmung) bei der Gährung zu constatiren, stellen wir den in Fig. 95 abgebildeten Apparat zusammen. Wir bringen in den Kolben A 200 ccm PASTEUR'sche Nährlösung (vgl. unter 18) und fügen zu derselben etwa 5 g Press- hefe. Alsbald beginnt die Gährung. Die entweichende Kohlensäure kann durch das in dem Gefässe B vorhandene klare Kalk- oder Barytwasser als solche nachgewiesen werden. Gährung und reichliche Fig. 95. Fig. 96. Fig. 95. Apparat zur Demonstration der Kohlensäureproduction bei der Gälirung. Fig. 96. KilhneVhes GäliruugsgefUss. Kohlensäureentwickelung findet nicht statt, wenn man die Hefe im Kolben A mit einer Flüssigkeit in Berührung bringt, welche ebenso wie die PASTEUR'sche Nährlösung zusammengesetzt ist, der aber der Zucker fehlt und die an Stelle des weinsauren, salpetersaures Ammoniak enthält. Auch unter Benutzung der KüHNE'schen Gährungsgefässe ') (Fig. 96) kann man sich leicht von der Kohlensäurebildung bei der Gährung tiberzeugen. Das Rohr des Apparates wird völlig mit PASTEUR'scher Nährlösung angefüllt, während die Kugel frei davon bleibt. Wir bringen nun ein Hefekügelchen in die Flüssigkeit. In Folge der alsbald beginnenden Kohlensäureentwickelung wird die Nährlösung 1) Diese Apparate stellt jeder Glasbläser her. Die Stoflfwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 221 aus dem Rohr in die Kugel des Apparates gedrängt. Wenn man dann ein Stückchen Aetzkali in denselben einführt, so steigt die Flüssigkeit, da eine Absorption der Kohlensäure erfolgt, wieder in das Rohr zurück. Wird ein langer Glascylinder bis zur Hälfte mit PASTEUR'scher Nährlösung beschickt, derselben Presshefe zugesetzt, und das Gefäss nun nicht völlig luftdicht verschlossen , so kann man die alsbald gebildete Kohlensäure einfach nachweisen, indem man in den geöffneten Cylinder ein brennendes Licht einführt. Die Flamme wird erlöschen ^). 102. Methode zur Bestimmung der bei intramolekularer und normaler Atlimung der Pflanzen producirten Kohlensäure. In Fig. 1)7 ist ein Apparat abgebildet, der bequem bei Unter- suchungen über Kohlensäureproduction in Folge intramolekularer Atli- mung der Pflanzen Verwendung finden kann. Wir wollen hier zu- nächst diesen Apparat näher kennen lernen. Die bei Experimenten über normale Athmung zu benutzende Vorrichtung ist eine weit ein- fachere -). Bei der Ausführung der Untersuchungen handelt es sich darum, über das Beobachtungsmaterial einen kohlensäurefreien Wasserstoff- strom hinzuleiten und die von den Pflanzen bei Sauerstoffausschluss producirte Kohlensäure ihrer Quantität nach festzustellen. Die Ge- schwindigkeit des Wasserstoffstromes kann leicht mit Hülfe des Aspi- rators A regulirt werden. Man kann ja die in den Cylinder M ab- fliessende W^assermenge z. B. von 10 zu 10 Minuten messen und den Glashahn H"' so reguliren, dass z. B. pro Stunde 3 1 Wasser ab- fliessen. Behufs genauer Einstellung ist der Glashahn .ff'" mit einer lang ausgezogenen Spitze versehen, die vor dem Gradbogen Gh spielt. Wenn das W^asserniveau im mindestens 15 — 20 1 W^asser fassenden Aspirator A erheblich sinkt und dadurch eine Verminderung der Strom- geschwindigkeit zu Stande kommt, so muss der Hahn //"• häufiger verstellt werden. Es ist daher vortheilhaft, den Aspirator stets mög- lichst mit Wasser angefüllt zu benutzen, zumal die Füllung durch Vorbindung des Abflussrohres (an der Stelle i) mit der Wasserleitung mittelst eines Gummischlauches sehr bequem und schnell vor jedem Versuch bewirkt werden kann. Auch die Benutzung recht grosser Aspiratorgefässe, z. B. grosser Säureballons, ist sehr empfehlenswerth. Das Wasserstoffgas wird im grossen Kipp'schen Apparat TT aus che- misch reinem, arsenfreiem Zink und arsenfreier Salzsäure (1 Thl.Wasser und 1 Thl. Säure) entwickelt. Um sicher jede Spur für die Pflanzen schäd- 1) Meine Ansichten über das Wesen der normalen und intrauiokjkularen Ath- mime sowie der Gährunc habe ich in meinem Lehrbuch der Pflanzcmphysiologie, Breslau 1883, ausgesprochen. Vergl. femer Df:TMER, PRlxciHHiciM'.* .lanrbüchor f. ^^•issenschl Botanik, Bd. 12, und Berichte d. Deutschen botan. Gesellschaft, Bd. 10, S. 433. 2) Ich bespreche hier die Methoden, welche von mir und memcn Schülern mit bestem Erfolg benutzt wurden. Vgl. DETifER, Physiolog. Untersuchungen Ober die Keimmig, Jena 1875, und Sitzungsber. d. .Tenaischen Gesellschaft f. Medicin u. Naturwiss., 1881; Claüsen, Landwirthschl. .Tahrb., 1890, Bd, 19; Amm, Prings- heim's Jahrb. f. wiss. Botanik, Bd. 25 ; Detmer, Botan. Zeitung, 1888, und Berichte der Deutschen botan. Gesellschaft, Bd. 8, 10 und 11 ; Ziegenbkin, Pringsheim's Jahrb., Bd. 25; Aereboe, Wolt.ny's Forschungen auf dem Gebiet der Agricultur- physik, Bd. 16. 222 Dritter Abschnitt. lieber Beimengungen zu beseitigen, passirt das Gas die Waschflasche (Je, welche eine Lösung von Kaliumpermanganat enthält, und das mit Bimsteinstückchen, die mit einer Lösung von salpetersaurem Silber- oxyd getränkt sind, angefüllte Ü-Rohr S. Der Inhalt beider Vorlagen ist häufiger zu erneuern. Indem das Wasserstotfgas das unten mit concentrirter Kalilauge, oben mit Aetzkalistücken ange- füllte Absorptionsgefäss K' so- wie die mit Kalilauge getränk- ten Bimsteinstückchen in den U-Röhren K'^ und Ä"'" durch- strömt, wird es jeder Spur von Kohlensäure beraubt. Zwischen -K""! und dem Schlangenrohr des die Pflanzen enthaltenden Re- spirationsgefässes li wird zweckmässig noch eine kleine als Sperrventil dienende und wenig concentrirte Schwefel- säure enthaltende Flasche ein- geschaltet. Dies Ventil, ebenso beschaff"en wie das Ventil Seh und in der Abbildung nicht dargestellt, macht einen, übri- gens ohnedies kaum stattfin- denden, Rücktritt von Kohlen- säure aus dem Schlangenrohr in Z"'" absolut unmöglich. Das zur Aufnahme der ünter- suchungsobjecte bestimmte Ge- fäss besitzt je nach Bedürfniss einen Inhalt von 200 — 400 ccm und läuft unten in ein Schlan- genrohr aus, welches neben dem eigentlichen Respirations- raum R in die Höhe steigt. Dieser letztere ist oben durch einen doppelt durchbohrten Kautschukkork verschlossen. In der einen Bohrung steckt das Thermometer T", in der anderen ein im stumpfen Win- kel gebogenes Glasrohr. Das Thermometer, in Zehntel- Grade getheilt, besitzt zweck- mässig einen langen, cylindri- schen Quecksilberbehälter, der sich inmitten der Versuchs- Der Nullpunkt der Thermometerscala muss über liegen, damit sichere Ablesungen möglich sind, Temperatur arbeitet. Auf den Grund des Respiration sgefässes bringt man etwas angefeuchtete Glaswolle und auf diese das Pflanzenmaterial, eventuell im benetzten Zustande. pflanzen befindet, dem Kautschukkork wenn man bei niederer Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 223 Das Respirationsgefäss findet in einem mit Wasser angefüllten, mit Holzdeckel versehenen und auf einem Dreifuss D stehenden thönernen Urahüllungsgefäss 6r Platz. Durch Zugiessen von warmem oder kaltem Wasser, oder durch Erwärmen des Wassers mittelst einer Gasflamme kann die Temperatur der Flüssigkeit, welche das Thermometer 2'> an- zeigt, und somit auch diejenige der Untersuchungsobjecte in R re- gulirt werden. Der gereinigte und kohlensäurefreie Wasserstoff wird in dem Schlangenrohr auf die Temperatur des Wassers gebracht, durchstreicht den Pflanzenbehälter dann von unten nach oben, tritt in das mit wenig concentrirter Schwefelsäure beschickte Sperrventil Seh ein und giebt die von den Untersuchungsobjecten producirte Kohlensäure in dem mit 75 ccm Barytwasser gefüllten PETTENKOFER'schen Barytrohr B ab. Das Sperrventil hat den Zweck, den Uebertritt von Luft in den Respirationsraum unmöglich zu machen ; dieser letztere kann übrigens noch durch den Hahn i/" gegen das Ventil hin völlig abgesperrt werden. Die Röhre K^^, welche Aetzkalistückchen enthält, hat den Zweck, den Uebertritt von kohlensäurehaltiger Luft aus dem Aspirator in die Barytröhre auszuschliessen. Soll ein Experiment über intramolekulare Athmung angestellt werden, so leitet man zunächst eine Stunde lang einen kräftigen Wasser- stoffstrom durch den vor der Hand bei l geöffneten Apparat. Dann wird die Verbindung zwischen / und o mittelst eines Glasrohres her- gestellt und unter Benutzung des Aspirators weiter V2 — 1 Stunde lang Wasserstoffgas durchgeleitet. Die Temperaturverhältnisse in R und die Stromgeschwindigkeit (3 1 pro Stunde) sind dabei sorgsam zu reguliren. Erst jetzt, nachdem, wie die eingehende Prüfung der Unter- suchungsmethode gelehrt hat, der Sauerstofl" verdrängt ist, schaltet man zwischen l und 0 die Barytröhre ein; nach Verlauf je einer Stunde werden neue Röhren vorgelegt'). Absolut luftdichter Schluss aller Theile des Apparates ist natür- lich Hauptbedingung für das gute Gelingen der Experimente. Man benutze nur sorgsam ausgewählte Kautschukkörke und Schläuche (letztere gut eingefettet), wohl eingeschliffene Glashähne und achte darauf, dass die Glasröhren an den Verbindungsstellen mit ihren Enden zusammenstossen. Von dem guten Schluss des functionirenden Apparates kann man sich dann leicht durch Zudrehen der Hähne /i' oder H'" überzeugen. Im ersteren Falle muss alsbald der Wasser- abfluss bei Ab, im letzteren die Wasserstoffentwickelung aufhören. Zur Herstellung des Barytwassers übergiesst man Barythydrat und Chlorbarium mit destillirtem Wasser (auf je 1 1 Wasser 21 g Ba- rythydrat und 8 g Chlorbarium). Man lässt die Mischung längere Zeit unter häufigem Umschütteln stehen und giesst in die hochgestellte Flasche (Fig. 98) ab. Diese Flasche fasst etwa 10 1 P'lüssigkeit. Das mit Kalistückchen angefüllte Rohr k" dient dazu, das klare Baryt- wasser vor Kohlensäureaufnahme zu schützen. Das Barytwasser kann in die Bürette b, welche am oberen Ende das Kalirohr k' trägt, ab- 1) Will man constatiren, ob aller Sauerstoff durch den Wasserstoff aus dem Apparat verdrängt ist, so braucht man das Sperrventil Seh nur mit einem Gläschen in Verbindung zu setzen, welches etwas Phosphor enthält. Von der völligen Ab- sorption der producirten CO, durch 75 ccm Barytwasser überzeugt man sich, indem man an die Barytröhre noch ein weiteres Barytwasscr enthaltendes Gefäss an- schliesst. Dies Barj-twasser bleibt klar. 224 Dritter Abschnitt. gelassen werden, und von der Bürette aus erfolgt endlich das Füllen der gut gereinigten und vollkommen trockenen PETTENKOFER'schen Barytröhren. Den Inhalt dieser Röhren bringt man bei Abschluss jedes Versuches schnell in lange, wohl verschliessbare Cylindergläser, und nach dem Absetzen des Niederschlages werden von der darüber- stehenden wasserklaren Flüssigkeit mit Hülfe einer Pipette zweimal 25 ccm zum Titriren abgehoben. Hierbei (ebenso natürlich auch beim Titriren des ur- sprünglichen Baryt- wassers) kommt eine Oxalsäurelösung in Anwendung, die im Liter 2,8630 gkrystal- lisirte Säure enthält und von der 1 ccm 1 mg CO 2 entspricht. Die Oxaisäurelösung wird aus einer mit Schwimmer ver- sehenen Bürette zu dem Barytwasser gelassen. Als Indicator dienen stets einige Tropfen einer Phenolphta- leinlösung (IOC) ccm Alkohol und 0,5 g Phenol- phtalein). Die Methode gestattet es, die Kohlen- säure bis auf Vio mg genau zu bestimmen, üeberhaupt ist die Untersuchungsmethode von mir und meinen Schülern mehrfach nach ver- schiedenen Richtungen hin auf ihre Brauch- barkeit geprüft worden und es haben sich da- bei sehr befriedigende Resultate ergeben ^). Zu beachten bleibt aber, dass die Resultate der Beobachtungen, wenn man dieselben in angegebener Weise anstellt, stets etwas zu hoch ausfallen. Experimentirt man nämlich mit dem Apparat ohne Pflanzenmaterial, so findet man dennoch, dass der Titer des Barytwassers sich geändert hat. Diese Aen- derung, auf eine Stunde und 75 ccm Barytwasser bezogen, entspricht einer Kohlensäuremenge von 0,5 — 1 mg. Der Versuchsfehler, dessen Höhe bei den Respirationsversuchen häufiger in angegebener Weise festzustellen ist, kann in manchen Fällen völlig vernachlässigt werden, da thatsächlich sehr oft die aus der Individualität der untersuchten Pflanzen entspringenden Differenzen in der Kohlensäureproduction sogar noch grösser ausfallen. Handelt es sich bei Respirationsversuchen darum, nicht die Kohlensäureproduction bei intramolekularer, sondern bei normaler Athraung festzustellen, so arbeitet man ebenfalls mit unserem Apparat. 1) Vergl. auch Sachsse, lieber einige chemische Vorgänge bei der Keimung von Pisum Bativiim, Leipzig 1875, Pfeffer, Unters, a. d. botan. Institut zu Tübingen, Bd. 1, S. 636, u. Möller, Ber. d. Deutschen botan. Gesellschaft, Bd. 2. Fi?. 98. Titrirapparat. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 225 Es werden nur der Kipp'sche Apparat, die Waschflache mit Kalium- permanganat und das U-Rohr mit Höllensteinlösung ausgeschaltet. Experimentirt man mit leicht welkenden Pflanzentheilen (z. B. Kronen- blättern oder zarten Blüthen), dann empfiehlt es sich, die Luft, bevor sie in das Schlangenrohr eintritt, ein Gefäss passiren zu lassen, welches feuchte Glaswolle enthält. Man leitet bei Ausführung der Versuche zunächst 1 V2~2 Stunden Luft mit Hülfe des Aspirators durch den Apparat (3 1 p. Std.). Dann hat die Luft im Respirationsraum bezüglich ihres Kohlensäuregehaltes sicher einen stationären Zustand angenommen. Jetzt schaltet man die erste Barytröhre ein, nach einer Stunde die zweite und so fort. Um sicher zu sein, dass beim Vorlegen der Barytröhren keine Kohlensäure aus dem Respirationsraum entweicht, thut man gut, den Glashahn H" (das Sperrventil Seh kann fehlen) und einen zweiten, am oberen Ende des Schlangenrohres anzubringen- den Glashahn (oder Quetschhahn) zu schliessen, wenn eine neue Röhre eingeschaltet werden soll. Ueber die Vorsichtsmaassregeln , welche bei tagelang und ununterbrochen fortzuführenden Respirationsversuchen zu beachten sind, vergl. die citirten Abhandlungen von Sachsse (1872) und von mir (1875). Mit Bezug auf Untersuchungen, die den Zweck haben, das Ver- hältniss der Kohlensäureproduction bei innerer und normaler Athmung \^) für ein gegebenes Pflanzenmaterial unter übrigens gleichen Be- dingungen festzustellen, ist Folgendes zu bemerken. Wir stellen den gesammten Apparat zusammen ; nur der KiPP'sche Apparat bleibt fort. Haben wir 1 V2 Stunde unter Benutzung des Aspirators Luft durchgeleitet, so beginnt die Feststellung der bei normaler Athmung producirten Kohlensäure. Nach 1 oder 2 Stunden schalten wir dann den Kipp'schen Apparat ein , leiten 1 Stunde lang einen starken Wasserstoflfstrom, dann 1 Stunde lang mit Benutzung des Aspirators 3 1 H über die Pflanzen und legen zur Ermittelung der bei intra- molekularer Athmung producirten Kohlensäure eine Barytröhre vor. Schliesslich wird der Wasserstoif durch Luft verdrängt, um abermals die Höhe der normalen Athmung zu constatiren. Bei vergleichenden Untersuchungen über die Athmung der Pflanzen in reinem Sauerstoff und in Luft, leitet man an Stelle des Wasserstoffs, dessen man bei der Prüfung intramolekularer Athmung bedarf, reinen Sauer- stoff aus einem grossen Gasometer über die Untersuchungsobjecte hin. Der O passirt zur Reinigung eine Waschflasche, welche Kalilauge enthält. Den 0 gewinnt man in bekannter Weise durch Erhitzen einer Mischung von chlorsaurem Kali und Braunstein in einer Retorte. Sehr bequem ist es auch, den Gasometer unter Benutzung einer SauerstoffTjombe, die com- primirten Sauerstoff enthält (zu beziehen aus der chemischen Fabrik von Dr. Elkan in Berlin), zu füllen. Es empfiehlt sich, das Wasser, welches zur Verdrängung des 0 aus dem Gasometer dient, vorher mit 0 zu sättigen. Keimpflanzen von Pisum sativum athmen wenigstens zunächst ebenso lebhaft in reinem 0 wie in atmosphärischer Luft, andere Keim- pflanzen verhalten sich nicht genau in derselben Weise ^ ) 1) Vgl. J0HAN8EN, Untersuchungen aus dem botan. Institut zu Tübingen, Bd. 1. Detmnr, Pflanzenphytlologlsches Praktilrain. 2. Aafl. 15 226 Dritter Abschnitt. 103. Die Kohlensäureprodnctlon bei normaler Atlimaiig der Pflanzen. Nach den im vorigen Abschnitt gegebenen Darstellungen wird es nicht gar zu schwierig sein, bei Untersuchungen über die normale Athmung der Pflanzen zu richtigen Resultaten zu gelangen. Zur Uebung in der Benutzung der Methode bringe man z. B. 25 g frischer Blumenblätter von Rosa oder einer anderen Pflanze in das Respirations- gefäss und ermittele, wie viel Kohlensäure dieselben pro Stunde bei einer Temperatur von 20° C. produciren. Die Resultate der einzelnen Experimente werden bei sorgsamer Arbeit nur ganz kleine Differenzen (etwa 1 mg) zeigen. Man kann sich auch leicht davon überzeugen, dass die Blüthentheile der Pflanzen im Allgemeinen unter übrigens gleichen Umständen lebhafter athmen als die Vegetationsorgane, z. B. die Laubblätter. rt?« " ' ' ' 1 1 1 — ! ! ' ! \/t/JL j/L,,AMLl.'Oi^K.\/i»i^ C'iAi\,ßLijLtrii/mji,7ij,-i/^i^uii,iJi,^^m ' J^.i»,i.,i, ' ' — • — 1~ , - -M r 1 ■ ■ 1 1 1 ( 1 ; i 1 1 r yn"T 1 [ ; 1 1 ! 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In den Versuchen bei 0° C. steht das Re- spiration sgefäss sammt Schlangenrohr in einem mit Eisstückchen ange- füllten Umhüllungsgefäss von erheblicher Grösse. Die Temperatur- verhältnisse müssen stets während des Durchleitens der Luft vor Einschaltung der Barytröhre regulirt werden, um zu genauen Resultaten zu gelangen. Recht bequem ist es, mit Keimpflanzen, z. B. mit denjenigen von Lupinus luteus, zu experimentiren. Eine grössere Menge der Samen wird 24 Stunden lang eingequollen und dann in Sägespänen, mit denen geeignete Zinkkästen angefüllt sind, bei 20° C. (eventuell in einem Wärmeschrank) zur Keimung gebracht. Die 4 bis 5 Tage alten Keimlinge mit Hypocotylen von ca. 2 und Wurzeln von ca. 3 cm Länge dienen nach Säuberung von den Sägespänen in Mengen von je 50 g zu den Experimenten. Es ist sorgfältig darauf zu achten, dass stets ein genügender Vorrath sehr gleichförmig aus- Die StofFwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 227 gebildeter Keimlinge zur Disposition steht. Die Resultate der Beob- achtungen sind in der Art, wie es die obere Kurve in Fig. 99 zeigt, graphisch darzustellen. Bei 0" C. athmen die Lupinenkeimlinge bereits deutlich nachweisbar. Bei 40 " C. liegt das Temperaturoptimum und bei 45" C. das Temperaturmaximum für die normale Athmung der Lupinen- keimlinge. Bei noch höherer Temperatur treten bereits Absterbevorgänge in den Zellen ein, und die Kohlensäureproduction sinkt daher rapide. Prüft man 50 g Lupinenkeimlinge zunächst bei 20" C, auf ihre Athmungsgrösse und setzt die Untersuchungsobjecte dann im Re- spirationsgefäss längere Zeit einer Temperatur von etwa 100" C. aus, um sie dann abermals auf Kohlensäureproduction zu prüfen, so findet man, dass die Kohlensäureproduction jetzt völlig erloschen ist. Getödtete Pflanzen athmen nicht. Die Athmung ist eine Function des lebensthätigen Protoplasmas. Die Pflanzen sind natürlich beim Erhitzen vor erheblichem Wasserverlust zu schützen. Empfehlenswerth ist es auch, um jede nachträgliche Bacterienentwickelung auszuschliessen, dem Untersuchungsmaterial, nachdem dasselbe im normalen Zustande auf seine Athmungsgrösse geprüft worden ist , etwas Salicylsäure beizumischen. Bei Experimenten über den directen Einfluss des Lichtes auf die Pflanzenathmung benutzt man als Respirationsraum das in Fig. 100 dargestellte Gefäss. Dasselbe wird von Tittel & Co. in Geiers- thal bei Wallendorf (Thüringen) gefertigt und stellt eine Glas- flasche mit parallelen Wänden dar. Der Durchmesser der kreis- förmigen Wände beträgt 13 cm, der Abstand der Wände von ein- ander ca. 20 mm. In den Hals am unteren Ende des Respirations- gefässes wird das Schlangenrohr luftdicht eingeführt; die obere, weitere Oeffnung dient zur Auf- nahme des Thermometers und des Gasableitungsrohres. Das Gefäss hängt in Wasser hinein, mit welchem der .'iO cm hohe und 10 cm weite Zinkblechkasten, dessen Vorder- und Rückwand durch Glasplatten gebildet wer- den, angefüllt ist. Diesen Kasten stellt man an einem nach Süden gelegenen Fenster etwas nach rückwärts geneigt auf, so dass die aus Glas hergestellte Vorder- und Rückwand schräg gerichtet sind. Vor dem Kasten, also nach dem Fenster zu, findet noch ein zweiter, grösserer, ebenfalls etwas nach rückwärts geneigter Glaskasten Platz, der concentrite, filtrirte Alaunlösung enthält. Als Untersuchungsob- jecte benutzt man völlig chlorophyllfreie Blüthentheile, Wurzeln oder Pilze (etwa je 25 — 40 g Sb). Bei den Experimenten selbst sind die schon früher angegebenen Vorsichtsmaassregeln zu beachten. Näheres ist auch noch in der citirten Arbeit von Aereboe nachzulesen. Die grösste Aufmerksamkeit hat man darauf zu richten, dass die in den verschiedenen Versuchsperioden abwechselnd dem Licht und der Dunkel- 15* Fljf. 100. Apparat zur Prüfung des Lichteinflusses auf die Athmung der Pflanzen. 228 Dritter Abschnitt. heit (Verdunkelung kann leicht dadurch erzielt werden, dass man den Wasserkasten mit einem geeigneten, unten offenen Pappkasten bedeckt) ausgesetzten Untersuchungsobjecte stets der nämlichen Temperatur exponirt bleiben. Dies ist, wie ich aus Erfahrung weiss, bei Be- nutzung der Alaunlösung in den Lichtversuchen selbst dann möglich, wenn man mit direc- tem Sonnenlicht arbeitet. Die Experimente lehren, dass die Lichtstrahlen vielleicht nur in ganz wenigen Fällen eine photochemische Wirkung auf die Pflanzenathmung geltend machen ; sehr gewöhnlich ath- men die chlorophyllfreien Pflan- zen im Licht die gleiche Koh- lensäuremenge wie im Dunkeln aus. Indirect übt das Licht na- türlich einen bedeutsamen Ein- fluss auf die Pflanzenathmung aus, indem ja unter Ver- mittelung desselben in Folge der Assimilation diejenigen Stoffe erzeugt werden, welche bei derAthmung eine Oxydation erfahren. Um diese Thatsache festzustellen, cultiviren wir Keimlinge von Lupinus bei Lichtzutritt in Blumentöpfen, Sind die Pflanzen einige Wochen alt, so schneiden wir von 25 recht gleichförmig ent- wickelten Pflanzen die Stengel dicht über dem Boden ab und stellen die Kohlensäure fest, welche sie bei 20" C. in 2 Stun- den produciren. Die Töpfe gelangen jetzt ins Dunkle. Nach 2—3 Tagen prüfen wir aber- mals 25 Pflanzen auf ihre Ath- mungsgrösse. Nun werden die Pflanzen in den Culturgefässen wieder normal beleuchtet, um 25 Exemplare nach 4 Tagen wieder auf ihre Kohlensäureproduction zu untersuchen. Eine von Aereboe unter meiner Leitung ausgeführte Versuchsreihe lieferte folgende Resultate: Je 25 Pflanzen producirten in 2 Stunden bei 20» C. CO 2 6. August, Abends 18,35 mg (beleuchtet gewesen), 9. „ „ 7,95 „ (2'/2 Tage verdunkelt), 13. „ „ 18,72 „ (vom 9. bis 13. Aug. beleuchtet). Untersuchungen über die normale Athmung der Wurzeln stellt man zweckmässig mit dem in Fig. 101 abgebildeten Apparat an, wenn es sich darum handelt, die Kohlensäureproduction der normal vege- Fig. 101. Apparat für Experiment« über die Athraung der Wurzeln. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 229 tirenden und mit den oberirdischen Theilen der Pflanze in Zusammen- hang stehenden Organe zu bestimmen. Ein grösserer Glascylinder, der in einem Wasserkasten Platz gefunden hat, dient als Culturgefäss. Der Cylinder enthält eine Nährstofflösung. Der zum Verschluss der Oetfnung des Cylinders dienende halbirte Kork kann so weit einge- schoben werden, dass von seiner Oberfläche bis zum Rande des Cul- turgefässes noch ein Raum von ca. 3 cm Höhe bleibt. Der Kork hat fünf Bohrungen, eine für die Pflanze (z. B. Mais), eine für das Thermo- meter T, eine für das mit Glashahn versehene Trichterrohr Tr, durch welches der Nährlösung nach Bedürfniss ausgekochtes destillirtes Wasser zugeführt werden kann, eine für das mit Schlangenrohr ver- sehene Gaszuleitungsrohr Z und eine für das Gasableitungsrohr A. Zur Herstellung eines völlig luftdichten Verschlusses füllt man den Raum über dem Kork mit einer bei relativ niederer Temperatur (ca. 40" C.) schmelzenden Mischung, aus Wachs, Olivenöl und Hammel- talg bestehend , aus. Die Regulirung der Temperaturverhältnisse der Nährlösung, in welche die Pflanzenwurzeln eintauchen, macht keine besonderen Schwierigkeiten, da das Culturgefäss ja in dem grossen Wasserkasten steht. Für Verdunkelung der Wurzeln ist zu sorgen ; die oberirdischen Theile des Unter suchungsobjectes können dem Licht ausgesetzt bleiben. Vor Beginn eines jeden Versuchs leitet man, ohne zunächst die Kohlensäureproduction der Wurzeln zu bestimmen , längere Zeit (etwa 4 Stunden lang) Luft durch die Nährlösung. Da der Widerstand dieser letzteren recht erheblich ist, muss der Luftstrom stets ziemlich kräftig sein (ca. 8 — 10 1 pro Stunde). Als Aspirator verwendet man eine sehr grosse Flasche. Das Wurzel- system der in der Fig. 101 abgebildeten grossen, normal vegetirenden Maispflanze producirte in je 2 Stunden bei 20" C. 80 mg CO,. Wenn das Untersuchungsobject nur ab und an zur Bestimmung der Kohlen- säureproduction benutzt wird, so muss in der Zwischenzeit stets Luft durch die Nährlösung geleitet werden, damit die Wurzeln keinen Sauerstoff'mangel leiden. 104. Die Kohlensäureproduction bei intramoleicularer Athmung der Pflanzen. Die Kohlensäureproduction bei intramolekularer Athmung der Ge- wächse stellt man nach der unten angegebenen Methode fest. Ge- wöhnlich ist die von den Pflanzen intramolekular producirte Kohlen- säuremenge unter übrigens gleichen Umständen weit kleiner als die bei normaler Athmung gebildete. In einigen Fällen (z. B. Keimlinge von Vicia Faba) ist das Verhältniss -:j^ aber doch gleich 1. Natürlich sind bei vergleichenden Experimenten über normale und intramole- kulare Athmung Untersuchungsobjecte von gleichem Entwickelungs- stadium zu benutzen, wenn es sich z. B. darum handelt, den Einfluss der Temperatur auf die Athmung festzustellen. Am allerbesten ist es, mit ein und demselben Material mehrere vergleichende Experimente hinter einander durchzuführen. Bei niederen Temperaturen ertragen die Pflanzen ein längeres (vielständiges) Verweilen in Wasserstoff" ohne Schädigung; sie produciren dann nachträglich bei wiederkehrender normaler Athmung ebenso viel CO 2 wie vor Beginn der intramole- kularen Athmung (vgl. die Versuche von Amm in dessen citirter Ab- 230 Dritter Abschnitt. handlung). Bei höherer Temperatur (von 30 oder 35 " C. an) leiden die Pflanzen leicht, wenn sie zu lange im Wasserstoff verweilen ; die Experimente dürfen daher nur über wenige Stunden ausgedehnt werden. Die Resultate der Versuche kann man graphisch darstellen. Fig. 99 zeigt, dass Keimlinge (4 — 5 Tage alte) von Lupinus bei intramole- kularer Athmung stets weit weniger CO, produciren als bei normaler. Das Temperaturoptimum liegt für beide Athmungsformen bei 40" C. *). Die Erscheinung der intramolekularen Athmung tritt auch ein, wenn Pflanzen in das Vacuum gebracht werden. Experimente im Vacuum, die ich z. B. mit Pisumkeimpflanzen nach Woktmann's *) Methode ausführte, stellt man in folgender Weise an. Ein starkwandiges Glasrohr von etwa 100 cm Länge und 1,5 cm. Weite, das an einem Eode zugeschmolzen ist, wird mit gereinigtem, völlig trockenem Quecksilber gefüllt. Ueber Reinigung des Quecksilbers vergl. unter 13. Das Adhäriren von Luftblasen an den Wänden des erwähnten Rohres beim Füllen desselben vermeidet man dadurch am besten , dass man das Quecksilber mittelst eines mit ziemlich feiner Spitze endigenden Trichters durch ein dünnes Glasrohr, welches bis auf den Boden des zu füllenden Rohres reicht, laufen lässt. Nach dem Füllen des Rohres wird die Mündung desselben verschlossen und der Apparat umgekehrt in ein flaches, theilweise mit Quecksilber angefülltes Glasgefäss gestellt. Man hat jetzt also ein Barometer mit ziemlich grosser ToRRiCELLi'scher Leere vor sich. In dem Quecksilber der Barometerröhre lässt man jetzt einige von den Samenschalen befreite, mit Fliesspapier abgetrocknete Keim- pflanzen, die sich in Contact mit feuchten Sägespänen entwickelt haben, und ebenso, um das Untersuchungsmaterial während der Versuchsdauer feucht zu erhalten, ein mit ausgekochtem Wasser durchtränktes Fliess- papierkügelchen aufsteigen. Bei Experimenten mit Pisum sativum oder Vicia Faba verwendet man 6 — 10 Keimpflanzen; experimentirt man mit Keimpflanzen von geringem Gewicht, so ist eine entsprechend grössere Zahl derselben zu benutzen. Wenn das Quecksilber in der Barometer- röhre nach Einbringung der Untersuchungsobjecte zur Ruhe gekommen ist, so schreitet man dazu, die Zeit, die Temperatur, den Barometerstand, sowie den Stand der Quecksilbersäule (den oberen Stand und den unteren Stand, also die Stelle, an welcher das Barometerrohr das Quecksilber in dem flachen Glasgefäss berührt) zu bestimmen. Arbeitet man mit nicht calibrirten Barometerröhren, so fixirt man den oberen sowie unteren Stand der Quecksilbersäule durch aufgeklebte Papiermarken, wiederholt dies bei jeder vorkommenden Ablesung , misst die fixirten Quecksilberhöhen und ermittelt später die ihnen entsprechenden Volumina, indem man aus einer Bürette Quecksilber bis zu den die Volumina anzeigenden Marken fliessen lässt. Alle Volumina werden auf 0" C. und 1000 mm Hg reducirt. 1) Dies letztere, zuerst von Amm festgestellte Resultat bestätigte auch Chu- DIAKOW (Landwirthschl. Jahrbücher, Bd. 23). Dagegen bestreitet er die Richtigkeit einiger Schlussfolgerungen von Amm und mir. Wir hatten gefunden, dass der Werth 1^ nicht bei allen Temperaturen der nämliche sei, eine Angabe, deren N Richtigkeit Chudiakow auf Grund der Ergebnisse seiner Versuche in Abrede stellt. Die Ausführungen des genannten Beobachters sind aber nicht zwingend für mich, imd daher haben weitere Untersuchungen Klarheit zu gewähren. 2) Vgl. WoBTMANN, Arbeiten d. botan. Instituts in Würzbiu-g, Bd. 2. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 231 War bei Anfang des Versuchs: Vo das Volumen, h die Höhe des Hg in der Barometerröhre, t die Temperatur und b der Barometerstand, bezeichnet ferner ts die der Temperatur entsprechende Tension des Wasserdampfes auf das Quecksilber der Röhre und a den Ausdehnungscoefficienten der Luft, so war das reducirte Volumen: y _ b —(h-h ts) Vo "~ 1000 ' {1 -\- a . i). War V das Volumen bei Beginn des Versuches, V, das etwa nach 6 Stunden berechnete Volumen, so war mithin Fj — V das in dieser Zeit ausgeschiedene Kohlensäurequantum. Da beim Vacuum das Anfangsvolumen gleich Null war, so bezeichnet V^ direct die ausgeschiedene Kohlen- säuremenge. Es ist vielfach erwünscht, die Grösse der intramolekularen Athmung mit der Grösse der normalen Athmung vergleichen zu können, und wenn dies geschehen soll, so wird neben dem Barometerrohr ein zweites Glasrohr von derselben Grösse wie jenes aufgestellt, nachdem man ebenfalls Keim- pflanzen in dasselbe eingeführt hat, die möglichst genau das gleiche Gewicht und den näm- lichen Entwickelungsgrad wie diejenigen im Vacuum haben müssen. Um das Herabfallen der Untersuchungsobjecte zu verhin- dern, wird ihnen ein kleiner Kork nachgeschoben. Das Glasrohr taucht mit seinem unteren, offenen Ende in Quecksilber ein, und es werden etwa 20 ccm der in dem Rohre vorhandenen at- mosphärischen Luft durch Her- aussaugen entfernt, wodurch natürlich das Quecksilber em- porsteigt (vgl. Fig. 102). Um einen Theil der Luft aus dem Rohr zu entfernen, wird ein Glaskolben, welcher durch einen Kautschukkork verschlossen ist, in dessen Bohrung ein gebo- genes, einen Kautschukschlauch tragendes Glasrohr steckt, er- wärmt, der Schlauch mit einer Klemme verschlossen und sein Ende in das die Keimpflanzen enthaltende Glasrohr eingeführt. Der erkaltende Glaskolben dient also, wenn die Klemme geöffnet wird, als Saugapparat; es ist mit Hülfe desselben leicht, das Quecksilber in Fig. 102. Apparat zur Bestimmung der Sauerstoff menge, welche Pflanzentheile bei der Athmung aufzunehmen vermögen. 232 Dritter Abschnitt. dem Glasrohr zum Steigen zu bringen. Man bedeckt nun endlich noch das Quecksilber im Glasrohr mit einer etwa 3 mm hohen Wasserschicht, macht die zur Bestimmung des Luftvolumens im Apparat erforderlichen Ablesungen und führt ein Stückchen Kalihydrat in das Glasrohr ein. Das Aetzkali wird von dem Wasser über dem Quecksilber schnell auf- gelöst, und da die gebildete Kalilauge die bei der normalen Athmung der Keimpflanzen entstehende Kohlensäure absorbirt, so kann man jeder Zeit neue Ablesungen zur Feststellung der producirten Kohlensäure- quantität vornehmen. Diese Methode liefert freilich durchaus nicht so genaue Resultate wie die unter 102 angegebene. Wenn man die Untersuchungen über die intramolekulare Athmung längere Zeit, z. B, einige Tage lang, fortsetzt, so wird man finden, dass eine gegebene Menge Keimpflanzen in der Zeiteinheit und unter sich gleich bleibenden äusseren Umständen fortschreitend weniger Kohlen- säure producirt. Die Untersuchungsobjecte gerathen allmählich in einen pathologischen Zustand, und es ist wichtig, dies zu wissen, weil sich daraus ergiebt, dass man bei vergleichenden Untersuchungen über intra- molekulare und normale Athmung keine zu lange Versuchsdauer (etwa nur 6 — 8 Stunden) innehalten darf. Derartige vergleichende Experimente lehren wieder, dass nur wenige Pflanzen, z. B. Keimpflanzen von Vicia Faba, bei intramolekularer Athmung ebenso viel COg wie bei normaler Athmung produciren. Die meisten Untersuchungsobjecte liefern in Contact mit Sauer- stoff erheblich grössere Kohlensäurequantitäten als bei Ausschluss desselben. 105. Elementaranalytische Untersuchungen über den Athmungs- process. Für die Behandlung mancher sich auf den Athmungsprocess der Pflanzen beziehenden Fragen ist es erforderlich, den Gehalt der Unter- suchungsobjecte an Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff vor Beginn der Experimente und nach Abschluss derselben festzustellen. Ermittelt man z. B. den absoluten Gehalt von 100 g Samen, sowie den absoluten Gehalt der aus 100 g Samen nach bestimmter Zeit hervorgegangenen Keimpflanzen an den genannten Elementen, so gewinnt man vergleichbare Zahlen, die sofort erkennen lassen, wie gross die Menge des verathmeten Kohlenstoffs, Wasserstoffs etc. ist. Besondere Bedeutung besitzen elementar- analytische Untersuchungen, wenn es sich z. B. um die Frage handelt, ob die Gesammtmasse des Kohlenstoffs, den keimende Samen verlieren, in Form von Kohlensäure abgeschieden wird, oder ob bei der Keimung auch noch andere kohlenstoffhaltige Gase (Kohlenoxyd, Kohlenwasserstoffe) entstehen. Bei solchen Untersuchungen vergleicht man die Resultate directer Kohlensäurebestimmungen, die nach der unter 102 angegebenen Me- thode anzustellen sind, mit den Ergebnissen der elementaranalytischen Unter- suchungen. Ergiebt sich eine gute Uebereinstimmung zwischen denjenigen Zahlen, welche durch die Respirations versuche über den Kohlenstoffverlust bei der Keimung ermittelt werden können, und jenen, welche die elementar- analytischen Untersuchungen bezüglich des Kohlenstoffverlustes feststellen lassen, so ist der Schluss berechtigt, dass sämmtlicher Kohlenstoff die keimenden Samen in Verbindung mit Sauerstoff als Kohlensäure verlässt. Bezüglich mancher Details der Untersuchungsmethode sind die in der Anmerkung citirten Abhandlungen nachzusehen. Ich bemerke nur noch bezüglich der Elementaranalysen, deren Ausführung übrigens grosse Uebung Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 233 voraussetzt, dass die Samen- und Keimpflanzensubstanz mit Rücksicht auf ihren Chlor- und Schwefelgehalt mit chromsaurem Bleioxyd gemischt verbrannt werden muss, und dass mit Rücksicht auf den Stickstoffgehalt der Untersuchungsobjecte metallisches Kupfer (Kupferdrehspäne) vorzulegen ist. Die Verbrennung selbst geschieht am besten im Sauerstoffstrom ^). 106. SauerstofFaiiftiahme bei der Athmung und Ermittelung des Respirationsqnotienten 0 2 2 ). Bei Untersuchungen, welche den Zweck haben, die Grösse der Sauerstoffaufnahme und zugleich die Grrösse der Kohlensäureproduction bei normaler Athmung festzustellen, benutzt man zweckmässig den in Fig. 103 dargestellten Apparat. Die Glasglocke a von ca. 800 ccm Inhalt ruht mit ihrem sorg- fältig abgeschliffenen breiten und eingefetteten Rande auf einer ge- schliifenen Glasplatte. Als Kittmaterial benutzt man eine durch Zusammen- schmelzen von 1 Thl. Wachs und 3 Thl. Schmalz hergestellte Mischung. Oben wird die Glocke mittelst eines Kautschuk- korkes luftdicht verschlossen, in welchem die Röhren Vi und r stecken, r^ ist mit Glashahn versehen und gestattet es, die Verbindung des Innenraumes mit der Atmosphäre herzustellen. Das Glas- rohr r taucht mit seinem längeren Schen- kel, der einen lichten Durchmesser von 7 mm besitzt und bis auf Zehntelcubik- centimeter calibrirt ist, in ein Queck- silbergefäss ein. b ist ein mit durch- löchertem Boden versehenes und auf einem Glasdreifuss ruhendes Porzellan- gefäss, in welches man die Untersuchungs- objecte bringt. Sie liegen hier auf feuch- tem Filtrirpapier oder auf feuchter Glas- wolle, g stellt ein tlaches Schälchen dar, in welchem sich die zur Absorption der Kohlensäure dienende Kali- lauge befindet. Die ganze Vorrichtung, auf einem vernickelten Stativ ruhend, wird beim Gebrauch in Wasser versenkt, mit welchem ein Glaskasten mit paralleler Vorder- und Rückwand angefüllt ist. Man ist auf solche Weise im Stande, die Temperaturverhältnisse im Apparat bequem zu reguliren und constant zu erhalten. Bei Beginn eines Experimentes hebt man das Quecksilber in r durch Saugen an r^ etwas empor, schliesst den gut eingefetteten Glas- Fig. 103. Apparat nach Stich zur Bestimmung der Sauer- stoffaufnahme und Kohlensäure- production bei der Athmung der Fllanzen. 1) Vgl. Sachsse, Ueber einige chemische Vorgänge bei der Keimung von Pisum sativum, Leipzig 1872; Detmer, Physiologische Untersuchungen über die Keimung ölhaltiger Samen etc., Jena 1875. 2) Literatur: Detmer, Physiol.-chem. Unters, über Keimung, 1875; GOD- LEWSKi, Prlxgsheim's Jahrb., Bd. 13; Moeller, Bericht d. Deutschen botan. Ge- sellschaft, Bd. 2 ; Stich, Flora, 1891 ; Bonnier und Maxgin, Annal. d. sc. nat., S^r. 6, T. 17 u. 18, geben hier eine z. B. auch von Stich benutzte Methode der Gasanalyse an, die in manchen Fällen sehr gute Dienste leistet. Femer vergl. Bonnier und Mangin in Annal. d. sc. nat.,'^S6r. 6, T. 19; S6r. 7, T. 2. 234 Dritter Abschnitt. hahn und wartet etwa eine halbe Stunde, bis man zur Ablesung des Quecksilberstandes in r schreitet. Die Ablesungen werden stets unter Benutzung eines Fernrohres ausgeführt. Man ermittelt natürlich auch die Länge der Quecksilbersäule, bestimmt ebenfalls die Temperatur sowie den Barometerstand. Für die Berechnungen ist es erforderlich, den Volumeninhalt der Glasglocke, des Rohres r und des Rohres r, bis zum Glashahn zu kennen. Von diesem Volumen ist aber dasjenige sämmtlicher Gegenstände im Apparat (Schälchen mit Kalilauge, Glas- dreifuss, Porzellanschale, feuchtes Fliesspapier, Untersuchungsobjecte) zu subtrahiren. Das Volumen dieser Objecte ermittelt man zum Theil durch Eintauchen in Wasser, das sich in einem calibrirten Gefäss be- findet. Grosses Gewicht ist auf genaue Ablesung der Temperatur sowie des Barometerstandes zu legen. Die Reduction der Gasvolumina kann leicht unter Benutzung der auf S. 231 angegebenen Formel geschehen. Die wesentlichste Fehlerquelle der Methode liegt darin, dass man die Ablesungen bei Beginn der Versuche nicht sofort, sondern erst nach etwa einer halben Stunde, wenn die Temperaturverhältnisse sich ausgeglichen haben, vornehmen kann. Während dieser halben Stunde nehmen die Pflanzen aber schon Sauerstoff auf, und um die Quantität desselben annähernd zu bestimmen, corrigirt man das thatsächlich ge- fundene Volum von den Pflanzen absorbirten Sauerstoffs, indem man demselben eine Quantität hinzuaddirt, die sich durch Rechnung für die Zeit einer halben Stunde ergiebt. Diese Correctur ist natürlich nur dann nahezu zutreffend, wenn die Untersuchungsobjecte während der Beobachtungszeit keine wesentliche Aenderung ihrer Athmungs- energie erfahren. Die zur Absorption der Kohlensäure dienende Kalilauge wird ge- nau gewogen. Sie muss nahezu concentrirt und völlig klar sein. Bei Abschluss eines jeden Experimentes bringt man die Lauge in ein Kölbchen, verdünnt mit Wasser und füllt die Kohlensäure mit BCL, aus. Zum Auswaschen des Niederschlages auf dem Filter benutzt man zunächst mit BaCOg gesättigtes, dann reines Wasser. Das Quantum des gefüllten kohlensauren Baryts bestimmt man nach dem Trocknen und schwachem Glühen durch Wägung und rechnet die Kohlensäure auf das Volumen bei 0 ** C. und 1000 mm Barometerstand um. Da die be- nutzte Kalilauge stets schon von vornherein mehr oder minder reich an kohlensaurem Kali ist, so muss durch besondere Versuche der Kohlen- säuregehalt der Lauge festgestellt und mit in Rechnung gestellt werden ^). Unter Benutzung unseres Apparates kann man zahlreiche physio- logische Fragen behandeln. Vor allem ist es lehrreich, die Athmung keimender Samen näher zu verfolgen, und die bezüglichen Experimente führt man aus, indem man z. B. 2 g Weizenkörner, 4 g Erbsen oder 1 g Samen von Raphanus sativus nach dem Anquellen auf das feuchte Fliesspapier legt. Nach je 24 Stunden, wird der Apparat geöffnet, die Kalilauge durch neue ersetzt und die Beobachtung fortgeführt. Die Temperatur ist stets recht constant, z. B. auf 15 oder 20" C. zu halten. Bei den Experimenten mit Weizen findet man z. B., dass 2 — 2,5 g Körner mit fortschreitender Keimung auch wachsende Mengen 0 auf- nehmen und CO2 produciren. Vom 5. Tage an werden in je 24 Stunden bei 20° C. etwa 20 ccm CO 2 producirt und 20 com 0 absorbirt. Der 1) Besser ist es noch, die CO, unter Benutzung der Titrirmethode (vgl. unt«r 102) zu bestimmen. Es muss die CO, dann natürUch vor und nach dem v ersuch aus der Kalilauge mit BaCl, ausgefällt werden, um erst die restirende Flüssigkeit zu titriren. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus 235 Respirationsquotient ist hier (und überhaui)t bei stärkereichen Pflanzen- theilen) nahezu = 1. Bei der Keimung fettreicher Samen (z. B. Raphanus) findet man einen Quotienten von 0,6 — 0,8. Es wird von ihnen relativ viel 0 aufgenommen, da das Fett bei der Keimung eine Oxydation erleidet und Kohlehydrate aus demselben entstehen. 107. Das Verhalten der Pflanzen in Contact mit Stlekstoff- oxydul^as. Es ist mehrfach die Behauptung aufgestellt worden, dass die Pflanzenzellen im Stande seien, den Sauerstoff des Stickstoffoxydulgases für die Zwecke der normalen Athmung zu verwerthen. Ich habe die bezüglichen Fragen einer speciellen Untersuchung unterzogen ^), und zwar sind meine Experimente in folgender Weise angestellt worden. Ein retortenartiges Gefäss (vgl. Fig. 11) von ca. DO ccm Capacität wurde mit ausgekochtem und dann wieder in einem verschlossenen Gefäss völlig abgekühltem, destillirtem Wasser angefüllt, und das Wasser darauf durch Stickstoffoxydulgas verdrängt (a). Eine Retorte (b) wurde mit ausgekochtem Wasser angefüllt und N gO eingeleitet, nachdem zuvor 20 Stück 7 Tage alte, im Dunkeln erwachsene Erbsenkeimlinge eingeführt worden waren. Eine dritte Retorte (c) wurde ebenso mit Wasser sowie Erbsenkeimlingen beschickt, dann aber atmosphärische Luft eingelassen. Das Stickstoffoxydulgas stellt man dar, indem man käufliches salpetersaures Ammonium in einer Retorte erhitzt und das entweichende Stickstoffoxydulgas vor dem Auffangen zur Befreiung von etwa vorhandenen kleinen Mengen von Stickstoffoxyd und sal- petriger Säure durch eine Auflösung von schwefelsaurem Eisenoxydul sowie durch Kalilauge leitet. Beim Einleiten der Gase ist darauf zu achten, dass eine ganz kleine Wassermenge in der Retortenröhre zurückbleibt. Die Apparate blieben bei meinen Versuchen, nachdem sie in der angegebenen Weise beschickt worden waren, 20 Stunden lang bei etwa 20° C. ruhig stehen. Ihre Röhrenmündungen tauchten in Quecksilber ein, und die erwähnten geringen Wasserquantitäten hatten eben den Zweck, die Keimpflanzen vor den schädlichen Queck- silberdämpfen zu schützen. Nach Verlauf von 20 Stunden wurden sämmtliche Apparate, ohne dass aber Luft in dieselben eintrat, unter Wasser gebracht, welches man zweckmässig durch Eisstücke auf nie- derer Temperatur erhält. Es erfolgte nun allmählich eine fast völlige Absorption der in den Retorten a und b vorhandenen Gasmengen, während in der Retorte c ein grosses Gasvolumen zurückblieb. Das Stickstoffoxydul konnte demnach nicht von den Keimpflanzen zer- setzt worden sein. Die geringen Gasmengen, welche nach der Ab- sorption des NoO in der Retorte a (bei Abwesenheit von Keimpflanzen), sowie in der Retorte b (bei Gegenwart von Keimpflanzen) zurück- blieben, stammten offenbar aus dem als Absorptionsflüssigkeit dienen- den Wasser -). 1) Vgl. Detmer, Landwirthschaftl. Jahrbücher, Bd. 11, 8. 213. Vgl. auch Möller, Ber. d. Deutschen botan. Grese lisch., Bd. 2. 2) Mit dem Einleiten des Stickstoffoxyduls in die retortenartigen Gefässe be- ginnt man natürlich erst nach längerer Entwickelungsdaucr des Gases, wenn das- selbe luftfrei ist. Bei Abschluss der Experimente bringt man die Apparate zweck- mässig nicht in kaltes Wasser, sondern in kalten Alkohol, der das Stickstoffoxydul- gas stärker absorbirt. 236 Dritter Abschnitt. Wir stellen ferner den folgenden Versuch an, um uns noch spe- cieller davon zu überzeugen, dass Samen nicht im Stickstoffoxydulgas zu keimen vermögen. Zwei retortenartige Gefässe (a und b) werden mit ausgekochtem und in verschlossenen Gefässen völlig abgekühltem, destillirtem Wasser angefüllt. In jedes Gefäss bringen wir noch einige angequollene Weizenkörner, tauchen die Mündung der Apparate unter Quecksilber und verdrängen das Wasser in a durch Stickstoffoxydul- gas, das Wasser in b aber durch atmosphärische Luft. Im Laufe von einigen Tagen keimen die Körner in 6; diejenigen in a keimen nicht. Werden sie aber an die Luft gebracht und normalen Keimungsbe- dingungen ausgesetzt, so entwickeln sich ihre Keimtheile nachträglich, im Falle die Untersuchungsobjecte nicht zu lange Zeit, z. B. nur 2 Tage, im Stickstoffoxydulgas verweilt haben. 108. Die Alkohol bilduiig in Pflanzen und das Verlialten anaerober Organismen. Wir verschaffen uns aus einer Brauerei Bierwürze, füllen etwa 200 ccm derselben in einen Kolben und fügen ihr eine kleine Menge recht reiner Hefe hinzu, die mit etwas Wasser zu einem Brei angerührt worden ist. Den Trockensubstanzgehalt der Hefemenge haben wir durch einen Controlversuch ermittelt. Nach Verlauf längerer Zeit, wenn die Gährung, die alsbald lebhaft wird, schwächer geworden ist, sammeln wir die Hefe des Kolbens auf einem gewogenen Filter und finden bei der Trockensubstanzbestimmung, dass unter den bezeich- neten Umständen eine bedeutende Hefeproduction stattgefunden hat. Saccharomyces cerevisiae wächst lebhaft bei reichlichem Sauerstoff- zutritt. Unter diesen Umständen vermag der Pilz aber auch in gewissen Nährlösungen ebenso wie bei beschränktem Luftzutritt oder völligem Sauerstoffmangel recht lebhafte alkoholische Gährung zu erregen, eine Thatsache, die man leicht constatiren kann , wenn mau durch Bierwürze, die einen reichlicheren Hefezusatz empfangen hat, Luft mit Hülfe eines Aspirators hindurchsaugt oder gar Sauerstoff aus einem Gasometer in dieselbe einleitet. Hierbei und in vielen anderen Fällen kommt es darauf an, ein Maass für den Verlauf der Gährung zu gewinnen. Dies Maass gewinnt man durch Ermittelung der bei der Gährung zersetzten Zuckermenge oder der producirten Alkoholquantität. Bei den Zuckerbestimmungen werden 10 ccm der PASTEUR'schen Lösung, mit der man z. B. experimentirte, derartig verdünnt, dass sie nur noch '/i — V2 °/o Zucker enthalten, und, wenn Rohrzucker zur Herstellung der PASTEUR'schen Lösung benutzt worden war, mit Schwefelsäure längere Zeit erhitzt. (Vgl. unter Zuckerbestimmung.) Die Zuckerbestimmungen sind dann mit Hülfe der FEHLiNo'schen Lösung leicht auszuführen. Die gegohrene Flüssigkeit ist in jedem Fall vor Ausführung der Zuckerbestimmungen im verdünnten Zustande längere Zeit zu erhitzen, um den Alkohol zu verjagen. Quantitative Alkoholbestimmungen sind in folgender Weise aus- zuführen. 200 ccm der vergohrenen Flüssigkeit werden, ohne sie zu filtriren, in einem 400 ccm fassenden Kolben der Destillation unter- worfen. Zur Vermeidung des Ueberschäumens der Flüssigkeit bringt man ein Stückchen Paraffin in dieselbe. Der Kolben, in welchem man Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 237 das Destillat autfängt, ist, um Alkoholverlusten vorzubeugen, fast luftdicht zu verschliessen. Den Kühler muss während der Destillation kaltes Wasser durchströmen. Hat man etwa 100 ccm Destillat gewonnen, so bestimmt man das specifische Gewicht desselben mittelst der WESTPHAL'schen Waage. Aus dem gewonnenen Resultat lässt sich dann direct unter Benutzung geeigneter Tabellen (vergl. König, Untersuchung landwirthschaftlich und gewerblich wichtiger Stoffe, Tabelle 15) der Alkoholgehalt von 100 ccm Destillat in Gewichts- oder Volumenprocenten ableiten. Die gefundene Zahl ist endlich noch bei Anwendung von 200 ccm vergohrener Flüssigkeit und 100 ccm Destillat durch 2 zu dividiren, da das Destillat die Gesammtalkohol- menge der ursprünglichen Flüssigkeit enthält. Kommt es darauf an, Gährungsversuche unter Durclileiten von Gasen (Luft, W^asserstoff) durch die Nährlösungen auszuführen, so benutzt man den in Fig. 104 dargestellten Apparat. Der trichterförmige Theil Ä des die Nährlösung aufnehmenden Gährgelässes geht in das mit einer Kugel versehene Glas- rohr B über. In dem Kautschukkork K steckt das Thermometer T und das Gasableitungsrohr 6r. Durch B wird der Flüssigkeit Gas zu- geführt, welches sie von unten her durch- strömt. Der Theil A des Apparates hat einen Gehalt von ca. 250 ccm. Um den Alkohol nicht zu verlieren, den das Gas mit fort- reisst, wird G mit einem Condensations- apparat in Verbindung gesetzt. Dieser besteht aus einem Glaskölbchen , das mittelst eines doppelt durchbohrten Korkes verschlossen wer- den kann. In der einen Bohrung steckt ein Gasableitungsrohr, in der anderen das Gas- zuleitungsrohr, dessen in dem Kölbchen befind- licher Theil ein Schlangenrohr darstellt. Das untere Ende dieses Schlangenrohres taucht in Wasser ein, das den Boden des Kölbchens bedeckt. Die Condensationsvorrichtung findet in einem grossen Glase Platz, welches Wasser und Eisstückchen enthält. Soll ein Versuch, bei dem die Gährung noch nicht vollendet ist, unterbrochen werden, um z. B. nach bestimmter Zeit die producirte Alkoholmenge zu ermitteln, so öffnet man das Gährgefäss und fügt der Nährlösung, um momentanen Stillstand der Gährung zu erzielen, 20 ccm 5-proc. Sublimatlösung hinzu. Der hier beschriebene Apparat leistet z. B. gute Dienste, wenn es darauf ankommt, den Nachweis zu liefern, dass Hefe in Bier- würze sowohl bei Sauerstoffabwesenheit als auch bei Luftzutritt starke Gährung hervorbringt, während die Gährung unter Benutzung PASTEUR'scher Nährlösung bei Luftzutritt nur schwach, bei Sauerstoff- abwesenheit aber lebhaft ist. Ueber die zu verwendende Hefe vgl. unter „Bezugsquellen". Der Nährlösung in A sind einige ccm Hefeflüssigkeit zuzusetzen ^). Tig. 104. Apparat zu Gähningsversuchen. 1) Näheres über Gährungsversuche siehe bei Chtjdiakow in Landwärthschl. Jahrbücher, Bd. 23. Vergl. Anmerkung 1 auf S. 240. 238 Dritter Abschnitt. Handelt es sich nur darum, qualitativ die Alkoholbildung in Folge der Gährung festzustellen, so verfährt man genau in derselben Weise. Das gewonnene Destillat wird aber nochmals der Destillation unter- zogen. Die nun resultirende Flüssigkeit riecht stark nach Alkohol; sie ist brennbar. Löst man doppeltchrom saures Kali in wenig Wasser auf, setzt etwas concentrirte Schwefelsäure hinzu und bringt einige Tropfen dieser Mischung in das letzte Destillat, so färbt sich dasselbe grün, weil die Chromsäure, indem der vorhandene Alkohol oxydirt wird, eine Reduction erleidet. Um die sehr wichtige Thatsache zu constatiren, dass höhere Pflanzen bei Abwesenheit des freien Sauerstoffs, indem sie intramole- kulare Athmung unterhalten und schliesslich allmählich absterben, Alkohol produciren, experimentiren wir mit Weinbeeren, Kirschen oder Erbsen. Die Untersuchungsobjecte werden 1 Minute lang zur Tödtung ihnen etwa äusserlich anhaftender Hefezellen in Sublimat- lösung (1 : 1000) gelegt und gut mit Wasser abgespült. Die Früchte benutzt man dann sofort zum Versuch . während die Erbsensamen durch Uebergiessen mit Wasser angequollen und auf feuchtem Fliess- papier 1 — 2 Tage lang angekeimt werden^). Nun füllt man einen Literkolben mit den Früchten oder Keimpflanzen gänzlich an und verschliesst mit einem durchbohrten Kautschukkork, in dessen Bohrung der kürzere Schenkel eines zweimal im rechten Winkel gebogenen Glasrohres steckt, während der längere Schenkel in Quecksilber ein- taucht. Der Sauerstoff im Apparat ist bald verbraucht. Es kommt schnell intramolekulare Athmung zu Stande, und diese hat eine oft wochenlange Gasentwickelung zur Folge, die schliesslich langsam wird, um endlich völlig aufzuhören , wenn die Untersuchungsobjecte ab- gestorben sind. In diesem Zustande gehen sie, an die Luft gebracht, schnell in Zersetzung über. Haben die Früchte oder Keimlinge 3 — 4 Wochen lang im Apparat verweilt, so öffnet man denselben, zerquetscht das Pflanzenmaterial und unterwirft es (die Keimpflanzen nach Zusatz von Wasser) der Destillation. Die Früchte liefern etwa 1 V2 Vo Alkohol (auf das Gewicht des frischen Materials bezogen), die Erbsenkeimlinge 5°/o Alkohol vom Gewicht der Trockensubstanz. Der Alkohol ist in oben angegebener Weise leicht als solcher nach- zuweisen. Dem gebildeten Alkohol sind stets aromatische Ver- bindungen und Fuselöl in mehr oder minder grosser Menge bei- gemischt-). Die Hefe vermag, wie zumal Pasteur's werthvolle Untersuch- ungen ergeben haben, nicht nur bei Zutritt der Luft, sondern auch, freilich langsamer, bei völligem Sauerstoffmangel zu wachsen. Dagegen gehört der Buttersäureorganisnius (Clostridium butyricum, ein Spalt- pilz) zu den obligaten Anaerobien. Der Spaltpilz tritt in Form kurzer und längerer Stäbchen auf. Wir bereiten 5-proc. Rohrzuckerlösung, der wir etwas Fleischextract, so dass die Flüssigkeit gelblich erscheint, hinzusetzen. Ausserdem fügen wir zu der Lösung etwas kohlensaures 1) Wasser und Fliesspapier sind vorher zu sterilisiren. 2) Die Alkoholproduction seheint wirklich, so weit wir heute orientirt sind, eine Function des lebensthätigen Protoplasmas zu sein. Der ganze Gegenstand be- darf aber einer ferneren, sehr eingehenden experimentellen Behandlung. Es sind dabei zumal auch die Schädigiuigen ins Auge zu fassen, welche Pflanzenzellen that- sächlich erfahren, wenn sie längere Zeit in sauerstofffreiem Eaum verweilen. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 239 Kali, so dass sie schwach alkalisch reagirt. iNoch geeigneter ist folgende Nährlösung. Auf 1 1 Wasser 50 g Kartoffelstärke, 0,5 g Chlor- ammonium, 0,2 g schwefelsaure Magnesia, 1 g saures phosphorsaures Kali und 25 g Kreide. Werden die Lösungen sich in nicht gar zu fest verkorkten, dickwandigen Gefässen im Thermostaten bei 35° C. selbst überlassen, so macht sich schon am 2. oder 3. Tage lebhafte Gährung geltend. Die Gasentwickelung (COj und H) ist in Folge des spontanen Auftretens des Buttersäureorganismus, wie ich es auch beobachtete, eine so energische, dass die Korke mit Gewalt fort- geschleudert werden , und die Flüssigkeiten nehmen alsbald den charakteristischen Geruch nach Buttersäure an. Wir wollen nun den Nachweis von der anaeroben Natur des Clostridium butyricum führen. Dazu stellen wir den in Fig. 105 abgebildeten Apparat zusammen. Flg:. 105. Apparat zur Constatirung der Thatsache, dass es Organismen giebt, die bei völligem Sauerstoffausschluss zu wachsen vermögen. Der Kolben d von ca. 500 ccm Capacität wird zu ^/^ mit Nähr- lösung von der angegebenen Zusammensetzung angefüllt. Man versieht die Mündung des Kolbens mit einem Wattepfropf und kocht die Lösung etwa ^/g Stunde lang zur Sterilisirung. Nach dem Erkalten entfernt man die Watte, inficirt den Kolbeninhalt schnell mit einigen Tropfen einer Flüssigkeit, in der bereits Buttersäuregährung eingetreten ist, und verschliesst die Mündung des Gefässes sofort mit einem doppelt durchbohrten, sehr gut passenden Kautschukkork. Die Glasröhren jR', R" und R", welche in der aus der in Fig. 105 ersichtlichen Art gebogen sind, hat man vor Zusammenstellung des Apparates sterilisirt. Das Rohr R" mündet mit seinem längeren Schenkel in das Queck- silber des Gefässes e. R' und R" sind in dem Gefässe c mittelst des kurzen Kautschukschlauches k mit einander verbunden. Das Gefäss b enthält eine Lösung von übermangansaurem Kali. Nun entwickelt man aus arsenfreiem Zink und Salzsäure (das zur Verdünnung der- selben dienende Wasser ist vorher, um es möglichst von Luft zu befreien, ausgekocht worden) Wasserstoffgas, welches, bevor es in h eintritt, noch eine mit Kalilauge beschickte Waschflasche passirt hat. Diese Waschflasche sowie der Kipp'sche Apparat sind in unserer Fi- gur nicht dargestellt (vgl. aber Fig. 97). Man leitet etwa 2 Stunden lang Wasserstoff durch den zusammengestellten Apparat, um allen Sauerstoff zu verdrängen, giesst dann Quecksilber in die Schale c und 240 Dritter Abschnitt. entfernt den Schlauch /c, so dass die Mündung des Glasrohres R" nun unter Quecksilber geöffnet ist. Der Apparat wird bei 35" C. im Thermostaten aufgestellt. Im Laufe einiger Tage beginnt die Gährung. Die Flüssigkeit in d trübt sich mehr und mehr, und man sieht also, dass der Buttersäureorganismus im Stande ist, sich bei völligem Ausschluss des freien atmo- sphärischen Sauerstoffs zu ent- wickeln »)• Will man den Ver- such mit Hefe ausführen, so verwendet man Bierwürze als Nährlösung, die man mit wenig möglichst reiner Hefe inficirt. Sehr bequem ist es auch, bei den Experimenten den in Fig. 106 abgebildeten Apparat zu verwenden. Der Kolben K fasst ca. 250 ccm. Man füllt ihn mit Nährlösung an und kocht diese zur Sterilisirung. Nach dem Erkalten der Lösung führt man durch das mit dem Glas- hahn H versehene Gaszuleitungsrohr R mittelst einer dünnen Glas- röhre eine kleine Flüssigkeitsmenge in den Apparat ein, die Clostridium oder Hefezellen enthält, leitet 2 Stunden lang Wasserstoff durch die Lösung im Kolben, führt das Ende des Rohres R' unter Quecksilber und schliesst den Hahn H sofort. Die Kugel Kl am Rohr R' hat nur den Zweck, den Uebertritt von Quecksilber in den Kolben bei erheblicherer Temperaturabnahme im Laboratorium unmöglich zu machen. Fig. 106. Apparat zu Gährungsversuchen bei Ausschluss des freien Sauerstoffs. 109. Die Wärmeentwickelung und die Phospliorescenz der Pflanzen. Mit dem Athmungsprocesse der Pflanzen ist noth wendig eine Frei- werdung von Wärme verbunden. Die Eigenwärme der Gewächse kann unter Umständen eine bedeutende Höhe erreichen, und man hat z. B. gefunden, dass lebhaft athmende Gewebemassen zuweilen um mehrere Grade wärmer als ihre Umgebung sind. Insbesondere ist die Selbst- erwärmung des Kolbens der Aroideenblüthenstände eine beträchtliche ^), 1) Literatur zu diesem Abschnitt: A. Mayer, Lehrbuch d. Gährungschemie, 1874, Nachtraff 1876; PasteüR, Compt. rend., 1861, T. 52; ebenso in den Jahr- gängen 1863, 1872 u. 1875, ferner in Etüde s. 1. bifere, 1876; Brefeld. Landwirth- schaftl, Jahrbücher, 1874, 1875 u. 1876. Ueber Alkoholbildung in Zellen höherer Pflanzen vergl. Brefeld, Landwirthschaitl. Jahrbücher, 1876, S. 324, und Leohar- TIER et Bellamy, Compt. rend., T. 69, 75 und 79. Ueber anaerobe Organismen vergl. Pasteür's citirte Schriften und Prazmowski, Unters, über einige Bacterien- arten, Leipzig 1880; Detmer, Lehrbuch der Pflanzenphysiologie, 1883, S. 173. 2) Vgl. iGr. Kraus, Abhandlungen d. naturforsch. Gesellschaft zu Halle, Bd. 16. In dieser Schrift ist auch die Literatur zusammengestellt. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 241 aber da dieses Untersuchungsobject nicht immer zur Verfügung steht, so wollen wir zur Constatirung der Thatsache, dass Pflanzen Wärme produciren, zunächst keimende Samen verwenden, mit denen die Experi- mente zu jeder Zeit bequem ausgeführt werden können. Wir benutzen den in Fig. 107 abgebildeten Apparat. Unter einer Glasglocke steht ein Gefäss G, welches starke Kalilauge enthält. Auf den Trichter T gelangt zunächst ein kleines durchstochenes Filter, und ferner werden die Keimpflanzen, welche man bezüglich ihrer Selbsterwärmung unter- suchen will, in den Trichter gebracht. Der Tubulus der Glasglocke ist mittelst eines Korkes verschlossen , durch dessen Bohrung ein Thermometer Tm in den Apparat eingeführt wird, so dass die keimenden Samen den Queck- silberbehälter des Thermometers vollkommen umgeben. Das Keimpflanzenmaterial gewinht man leicht, indem man die Samen (Pisum, Triti- cum) nach dem Anquellen in Glasschalen auf feucht gehaltenes Fliesspapier legt, auf welchem die Keimung alsbald beginnt. Neben den mit Keimpflanzen beschickten Apparat stellt man noch einen zweiten, genau ebenso eingerichteten auf. Der Trichter wird aber nicht mit in Ent- wickelung begriffenen Pflanzen, sondern mit Papierkügelchen, die mit Wasser durchtränkt worden sind, angefüllt. Ich experimentirte z. B. mit 4 Tage alten Weizenkeimlingen, die auf einem Trichter von etwa 200 ccm Capacität zu- samraengehäuft waren. Das Thermometer zeigte nach Verlauf einiger Zeit 19° C, während das Thermometer des mit feuchten Papierkügelchen beschickten Apparates nur 17" C. angab. Tem- peraturüberschuss der Keimpflanzen also = 2° C. Bei der Benutzung des beschriebenen Apparats braucht man nicht zu befürchten, dass die Untersuchungsobjecte Sauerstofi'mangel leiden, denn es ist ja kein luftdichter Verschluss her- gestellt, und die producirte Kohlensäure wird von der Kalilauge absorbirt. Dagegen ist es wichtig, die Apparate einige Stunden, bevor die Temperaturablesungen (z. B. in einer Vor- lesung) gemacht werden sollen, zusammenzustellen und mit Keim- pflanzen, resp. Papierkügelchen zu beschicken. Ebenso ist es noth- wendig, die beiden Thermometer, welche man benutzt, vor Anstellung der Experimente sorgfältig mit einander zu vergleichen. Lehrreich ist es auch, an Stelle der Keimpflanzen Blüthen, z. B.von Anthemis oder Bellis, als Untersuchungsobjecte zu verwenden. Die Wärme- production dieser Pflanzentheile ist eine ziemlich ausgiebige. Zur Constatirung der Thatsache, dass bei der durch Hefezellen erregten allkoholischen Gährung Wärme frei wird, verfährt man ein- fach in folgender Weise. Man stellt zwei Cylinder {Ä und B) auf. In Ä bringt man 300 ccm PASTEUR'scher Nährlösung (vgl. über Be- reitung derselben unter 18), in B 300 ccm Wasser. Beide Flüssig- keiten erhalten einen erheblichen Hefezusatz und werden sich dann bei etwa 24° C. selbst überlassen. Wenn im Cylinder Ä lebhafte Detmer, Pflanzenphyslologiiches Praktikum. 8. Aufl. 16 Fig. 107. Apparat zum Nachweiß der Eigenwärme der Pflan- zen. 242 Dritter Abschnitt. Gährung eingetreten ist, bestimmt man den Temperaturzustand der Flüssigkeiten. Es ergiebt sich, dass die Flüssigkeit im Cylinder A um 1 — 2° C. wärmer ist als das Wasser im Cylinder B. Bei eingehenderen und genaueren Untersuchungen über die Eigen- wärme der Pflanzen können wir bequem das in Fig. 97 abgebildete, mit Schlangenrohr versehene Respirationsgefäss von ca. 200 ccm In- halt verwenden. Wir bedürfen zweier solcher Apparate. Den einen füllen wir mit 4 oder 5 Tage alten Weizen- oder Gerstenkeimlingen an, die in Sägespänen erwachsen sind, den anderen mit Keimlingen, die wir in kochendem Wasser, welchem etwas Salicylsäure zugesetzt war, getödtet haben. Beide Apparate werden mit einander mittelst eines Kautschukschlauches verbunden, mit den sorgfältig verglichenen Thermometern versehen und, völlig in Watte verpackt, in einen Holz- kasten gestellt. Dieser findet in einem nach Norden gelegenen Raum, in welchem die Temperatur wenig schwankt, seinen Platz. Den Ap- parat mit den lebenden Pflanzen verbinden wir mit einem Aspirator und leiten einen langsamen dampfgesättigten Luftstrom über die Untersuchungsobjecte hin. Die Luft tritt in das Schlangenrohr des mit dem getödteten Material angefüllten Gefässes ein. Die von Zeit zu Zeit (etwa jede halbe Stunde) anzustellenden Temperaturbeobach- tungen ergeben, dass die frischen Untersuchungsobjecte alsbald eine um 2 — 3° C. höhere Temperatur gewinnen als die getödteten. Diese letzteren entwickeln keine Eigenwärme, während die lebendigen Keim- linge eine erhebliche Temperatursteigerung erfahren. Wir wollen nun noch durch unsere Apparate etwa 1 Stunde lang einen kräftigen Wasserstoff'strom (das Gas wird gereinigt, indem man es Waschflaschen passiren lässt, die übermangansaures Kali und Kali- lauge enthalten) leiten. Ist dies geschehen, so schliessen wir den Hahn ü" (Fig. 97) und ebenso einen Hahn, welcher sich an dem Schlangenrohr des mit den getödteten Pflanzen angefüllten Apparates befindet. Die Gefässe, immer in Watte eingepackt, bleiben sich nur einige Stunden lang selbst überlassen. Der Temperaturüberschuss der lebendigen Keimlinge ist jetzt, da dieselben intramolekulare Athmung unterhalten, ein nur sehr geringfügiger, etwa 0,2 — 0,3" C. ; er steigt aber schnell wieder auf 2-^3 " C., wenn man abermals Luft durch die Apparate leitet. Beobachtungen über Wärmeentwickelung von Keimlingen bei normaler Athmung zeigten mir auch, dass dieselbe um so bedeutender ausfällt, je mehr sich die Temperatur, bei der man experimentirt, dem Temperaturoptimum (40" C.) nähert. Dies ist ganz natürlich, denn mit steigender Temperatur machen sich Stoffwechsel sowie Ath- mung in den Pflanzenzellen (also auch Wärmeentwickelung) lebhafter geltend als bei niederer Temperatur. Wenn man unsere Apparate statt mit Keimlingen mit hinreichen- den Mengen der Keulen der Blüthenstände von Arum maculatum beschickt, deren Spatha sich eben geöffnet hat (den einen Apparat mit getödteten, den anderen mit lebendigen Keulen\ so findet man den Temperaturüberschuss des normalen Untersuchungsmaterials bei intramolekularer Athmung etwa = 0,2 " C., bei normaler Athmung aber = 10—15 » C. Eingehende Untersuchungen über die Eigenwärme der Blüthen sind von DuTKOCHET, HoppE, G. Kraus und vielen Anderen durchgeführt wor- den. Man benutzt zu denselben zweckmässig in Töpfen cultivirte Exem- Die StofFwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 243 plare von Colocasia cordifolium oder von Arum maculatum, die man längere Zeit vor der Blüthe im Frühjahr mit dem Erdballen in Töpfe eingesetzt hat. Die Pflanzen werden in einem nach Norden gelegenen Zimmer, in welchem möglichst geringe Temperaturschwankungen herrschen, diffusem Licht ausgesetzt. Die Eigenwärme der Blüthen lässt sich erst dann leicht constatiren, wenn die Geschlechtsorgane des Blüthenstandes zur Reife gelangt sind und die Scheiden sich öffnen. Diese Eigenwärme« kann man schon durch einfaches Anlegen empfindlicher Thermometer z. B. an die Blüthenkeule nachweisen. Besser experimentirt man in folgender Weise. Die Keule eines blühenden Arumexemplares wird etwas aus der Scheide hervorgezogen und dem cylindrischen Quecksilberbehälter eines empfindlichen Thermo- meters, das an einem geeigneten Stativ befestigt ist, angelegt. Mittelst eines dünnen Kautschukringes erfolgt die Befestigung des Pflanzentheiles am Thermometer. Man kann auch zweckmässig Thermometer mit dem oberen Keulenende in Berührung bringen, deren Quecksilberbehälter man die Form einer doppeltwandigen Glocke gegeben hat. In jedem Falle ist natürlich auch die Lufttemperatur im Versuchsraum genau zu er- mitteln. Es ergiebt sich, dass die untersuchten Pflanzentheile um einige Grad C. wärmer als die umgebende Luft sind. Bei längere Zeit (mehrere Tage) fortgeführten Beobachtungen findet man die Differenz zwischen der Temperatur der Luft und der Theile des Blüthenstandes nicht zu jeder Tageszeit genau gleich. Vielmehr ist diese Differenz ge- wöhnlich zu einer bestimmten Zeit des Nachmittags am grössten. Es besteht also, was sehr merkwürdig ist, eine tägliche Periodicität der Blüthenwärme ^). Kommt es darauf an, überhaupt nur den Nachweis zu führen, dass in den Keulen der Aroideenblüthenstände eine sehr erhebliche Wärme- production erfolgt, so werden z. B. blühende Pflanzen von Arum macu- latum abgeschnitten, mit der Stengelbasis in Wasser gestellt und einige Keulen nach Entfernung der Blüthenstandsscheiden mittelst dünner Kautschukringe an dem cylindrischen Quecksilberbehälter eines empfind- lichen Thermometers befestigt. Wir stellen zwei Kolben von ca. 500 ccm Inhalt (a und b) auf. a wird bis zu '^Z, mit Wasser, b bis zu ^/g mit gährender Flüssigkeit (Bierwürze mit Hefezusatz) angefüllt. Beide Kolben werden mit drei- fach durchbohrten Kautschukkörken verschlossen. Die Bohrungen eines jeden Korkes dienen zur Aufnahme eines Thermometers, eines bis auf den Boden reichenden Gaszuleitungs- und eines Gasableitungs- rohres. Das Ableitungsrohr des Kolbens b wird, nachdem man die Kolben in Watte eingepackt hat, mit einem Aspirator in Verbindung gesetzt. Ein langsamer Luftstrom passirt dann zunächst den Kolben a und dann den Kolben 6, der mit ersterem durch einen Gummischlauch verbunden ist. Nach Verlauf einiger Zeit findet man, dass die gährende Flüssigkeit ca. 2 ° C. wärmer als das Wasser ist, und diese Temperatur- differenz bleibt auch bestehen, wenn man Wasserstoff durch die Flüssig- keiten leitet. Die Hefe erzeugt also, im Gegensatz zu anderen Pflanzen, bei normaler sowie intramolekularer Athmung etwa die gleichen Wärmemengen ^). 1) In manchen Fällen empfiehlt es sich auch, die Pflanzen bei den Unter- suchungen, um deren Transpiration recht zu beschränken, imter grossen, nicht völlig luftdicht schhessenden, aus Zink und Glastafeln construirten Käfigen zu halten. 2) Vgl. Eriksson, Unters, a. d. bot. Inst, zu Tübingen, Bd. 1. 16* 244 Dritter Abschnitt, In manchen Fällen ist es zweckmässig, die Eigenwärme der Pflanzen unter Anwendung thermoelektrischer Apparate nachzuweisen. Diese Methode kann unter anderem bei der Untersuchung von Sprossen benutzt werden, deren Erwärmung im Allgemeinen eine nur gering- fügige ist. Ich hatte Gelegenheit, bei derartigen Versuchen zu er- fahren, dass z. B. lebendige Helianthussprosse von ca. 15 cm Länge •im dampfgesättigten Raum einen Temperaturüberschuss von ca. 0,3 ° C. gegenüber den getödteten Vergleichsobjecten zeigten. Wir experiraen- tiren mit dem in Fig. 108 dargestellten Apparat nach Dutrochet's Vorgange ^). Die durch Zusammenlöthen der Enden des Eisenbügels e mit den Kupferdrähten o und h gewonnenen und sorgfältig mit Firniss überzogenen Spitzen sind in den lebenden Spross c und in den durch Eintauchen in heisses Wasser getödteten Spross d ein- geführt, deren Temperaturdifferenz durch den Ausschlag des zwischen den Drähten n und m eingeschalteten Galvanometers er- mittelt werden soll. Durch besondere Vor- versuche ist natürlich festzustellen, wie gross der Ausschlag am Galvanometer ist, der z. B. 0,1 " C. Temperaturdifferenz ent- spricht. In unserer Figur ist der getödtete Spross d mittelst eines am Träger s be- festigten Fadens aufgehängt, während der lebende Spross in das Wassergefäss x ein- gestellt ist. Zur Erzielung dampfgesättigter Luft sind die Versuchspflanzen in den Blumentopf a gebracht, dessen Rand mit einer Gypsplatte b bedeckt ist, auf welcher eine am unteren Rande mit feuchtem Sand umgebene Glasglocke ruht. Bei der Handhabung der hier erwähn- ten Methode ist mehr, als dies seither ge- schehen, auf die Möglichkeit zu achten, dass schon allein in Folge der Berührung der ther- moelektrischen Nadeln mit den feuchten Pflanzentheilen elektrische Ströme entstehen. Dass einige Pflanzen in Folge ihres Lebensprocesses Licht ent- wickeln, ist eine erwiesene Thatsache. So existiren z. B. eine Reihe phosphorescirender Bacterienarten, und ich hatte selbst einmal Ge- legenheit, das durch Spaltpilze verursachte Leuchten faulender Fische zu beobachten. Ebenso ist die Phosphorescenz von Agaricus olearius, Agaricus melleus und Xylaria hypoxylon bekannt. Die bezüglichen Erscheinungen sind besonders von Fabre und Ludwig in Greiz studirt worden. Agaricus melleus wächst zumal an Nadelhölzern, und wenn man im Herbst Wurzeln der befallenen Bäume ausgräbt oder Theile der Holz- stöcke sammelt, welche sein Mycelium enthalten, so kann man das Flg. 108. Dutrochet's Ap- parat zu thernioelektrischen Untersuchungen an Pflanzen. 1) Vgl. Dtjtrochet, Annal. d. sc. nat., 1840, S^r. II, T. 13, p. 5. Vgl. auch Pfeffer, Handbuch, Bd. 2. Die StofFwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 245 Leuchten des Holzes im Dunkeln leicht beobachten, besonders wenn dasselbe vorher einen Tag lang im feuchten Keller verweilt hat. Merkt man sich die von der genannten Agaricusart befallenen Bäume oder Stöcke, dann hat man Gelegenheit, zu jeder Jahreszeit „Leuchtholz" zu beschaffen. Die erwähnte Xylariaspecies ist während des ganzen Jahres an Buchenstöcken zu finden. Das inficirte Holz leuchtet mit grünlich- gelbem Licht. Das Licht, welches vom Mycel des Agaricus melleus durchsetztes „Leuchtholz" aussendet, erscheint dagegen weisslich mit einem Stich ins Grünliche. Wird Leuchtholz kurze Zeit lang in Wasser von 80 oder 100" G. eingetaucht, so leuchtet es nachträglich im Dunkeln nicht mehr, da der Pilz durch den Einfluss der hohen Temperatur getödtet worden ist. Ebenso hört das Leuchten des Holzes bei Sauerstoffentziehung, z. B. in einem Wasserstoffstrom auf, stellt sich aber bei Luftzutritt wieder ein. Das Leuchten ist Folge eines Oxydationsprocesses, der durch das lebensthätige Protoplasma in noch nicht näher bekannter Weise vermittelt wird. III. Das Verhalten der stickstofffreien plastischen Stoffe der Pflanzen. 110. Bas Amyluin als Beservestoff. In sehr zahlreichen Reservestoft'behältern sind die stickstofffreien Substanzen in Form von Amylum abgelagert. Man kann sich von dieser Thatsache überzeugen, wenn man zarte Schnitte aus den Cotyle- donen der Erbse oder Bohne, aus dem Endosperm eines Weizenkornes, aus einer Kartoffelknolle oder dem Rhizom von Canna indica in einen Wassertropfen auf den Objectträger bringt und die Schnitte mikro- skopisch untersucht. Die Stärkekörner in den Zellen sind leicht als solche zu erkennen, und zum Ueberfluss kann man sie noch durch Jodzusatz blau färben. Auch in den Markstrahlen sowie im Holz- körper der Bäume und Sträucher wird die Stärke sehr allgemein während des Winters als Reservestoff" aufgespeichert^). Ich erhielt besonders günstige Resultate, als ich Zweige von Berberis vulgaris, Fraxinus excelsior und Fagus silvatica im Januar und Februar mit Bezug auf das in Rede stehende Verhältniss untersuchte. Man stellt Quer- und Längsschnitte durch das Holz von Berberis vulgaris her, legt dieselben in einen auf dem Objectträger befindlichen Tropfen von Jodglycerin (dadurch bereitet, dass man Jod längere Zeit mit Glycerin in Berührung gelassen hat), bedeckt mit einem Deckglas und erwärmt den Objectträger über einer Spiritusflamme. Nach dem Erkalten zeigt sich bei mikroskopischer Untersuchung, dass zumal die Markstrahlen, aber auch Elemente des Holzes blau gefärbte, 1) Vgl. Sanio, Untersuchungen über die im Winter Stärke führenden Zellen des Hokes, Haue 1858. 246 Dritter Abschnitt. verkleisterte Stärkemassen enthalten. Das Holz von Fraxinus besteht aus weiten und engen Gefässen, spärlichem Holzparenchym, das sich zumal in der Umgebung der Gefässe vorfindet, und Holzfasern. Querschnitte durch das Eschenholz, die man in der angegebenen Weise mit Jodglycerin behandelt, lehren, dass namentlich die Markstrahl- zellen reich an Amylum sind. Bei Fagus ist im Holz ausser den Gelassen und Holzfasern ziemlich viel Holzparenchym, das in tangen- tialen Binden auftritt, vorhanden. Dieses letztere, sowie die Zellen der breiten Markstrahlen, ist sehr amylumreich. Im Frühjahr ver- schwindet die Stärke aus den Markstrahlen und dem Holztheil der Gefässbündel. Offenbar wandert das Amylum jetzt aus den erwähnten Geweben, in denen es als Reservestoff" aufgespeichert war, aus, um den wachsenden Theilen der Pflanzen zuzuströmen. Wollen wir uns genauer über den Stärkegehalt eines Rhizoms Orientiren, so wählen wir den horizontal im Boden kriechenden Wurzel- stock von Pteris aquilina zur Untersuchung. Wir können Alkoholmaterial benutzen, wählen aber nicht zu dicke Rhizomstücke aus. Das Grund- gewebe besteht der Hauptsache nach aus Parenchym, dessen Zellen sehr reichliche Amylummengen führen, und wird von sehr mächtig entwickelten Sklerenchymplatten durchsetzt, die schon bei makroskopischer Betrachtung eines Rhizomquerschnittes als breite, schwarze Linien hervortreten. Zwischen diesen Sklerenchymplatten sind die bicollateralen Gefässbündel leicht zu erkennen. Jedes Gefässbündel wird von einer einfachen Schicht stärke- reicher Zellen (Vorscheide) und der eigentlichen, aber stärkefreien Endo- dermis umgeben. Auf die Bedeutung der in Reservestoffbehältern aufgespeicherten Stärke kommen wir noch oft zurück. Es sei hier nur erwähnt, dass die Stärke das wichtigste stickstofffreie Reservematerial der Pflanzen darstellt und dass sie, wenn sie für die Entwicklung bestimmter Organe der Gewächse verwerthet werden soll, zunächst in lösliche Verbindungen übergeführt wird, welche die Reservestoffbehälter verlassen können. Unter Vermittelung diastatischer Permente wird nämlich die Substanz der Stärke, wie wir unter 112 sehen werden, in Glycose umgewandelt, welche die Wanderung der Amylumsubstanz ermöglicht. 111. Die quantitative Ainylnmbestiinmang:. ; Es sind bereits an anderer Stelle zahlreiche Angaben über die Eigenschaften sowie das Verhalten der Stärkesubstanz gemacht worden. Hier handelt es sich zumal darum,, auf die Methode hinzuweisen, welche bei quantitativen Amylumbestimmungen in Anwendung zu bringen ist. Das Amylum als solches ist bekanntlich nicht im Stande, reducirend auf FEHLiNo'sche Lösung einzuwirken; dagegen kann die Stärke durch Einwirkung von Säuren in Traubenzucker übergeführt werden, und die Menge desselben lässt sich leicht mit Hülfe der FEHLiNo'schen Flüssigkeit feststellen. 2 — 3 g reiner Kartofi"elstärke, die bei 100 — 110° C. vom Wasser befreit worden sind, werden in einem Kolben mit 200 ccm Wasser erhitzt. Die Flüssigkeit erhält dann noch einen Zusatz von 20 ccm 25-proc. Salzsäure und wird unter Ersatz des verdunstenden Wassers 3 Stunden lang im lebhaft kochenden Die Stoflfwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 247 "Wasserbade erhitzt^). Die erkaltete Flüssigkeit wird mit Kali neu- tralisirt und auf 500 ccm gebracht-). Man erhitzt jetzt verdünnte FEHLiNo'sche Lösung in einer Porzellanschale auf dem Wasserbade, fügt 20 ccm der zuckerhaltigen Lösung hinzu und erhitzt noch weitere 10 — 15 Minuten ^). Das gebildete Kupferoxydul wird möglichst schnell auf einem Filter gesammelt, mit heissem Wasser ausgewaschen und getrocknet. Jetzt verbrennt man das Filter, glüht das Kupfer- oxydul im Platintigel unter Zusatz von etwas Salpetersäure und bestimmt schliesslich das Gewicht des erhaltenen Kupferoxyds. 220,5 Theile desselben entsprechen 100 Theilen Traubenzucker oder 90 Theilen Stärke. Die erforderliche FEHLiNo'sche Flüssigkeit wird in folgender Weise dargestellt. Man löst 34,65 g reinen schwefel- sauren Kupferoxyds in 200 ccm Wasser auf, vermischt mit einer Auflösung von 173 g weinsaurem Natron-Kali in 480 ccm Aetznatron- lauge von 1,14 spec. Gew. (ca. 10-proc, Natronlauge) und verdünnt die Flüssigkeit bei 15 " C. auf 1000 ccm. Es ist noch zu bemerken, dass die Stärke sehr kleine Mineralstoff- mengen enthält. Dieselben sind zu bestimmen und in Abzug zu bringen. 113. Das Yorkoininen der Diastase in den Pflanzen und die Wirkungsweise des Fermentes. Die Diastase ist freilich sehr verbreitet im Pflanzenreich, aber die in verschiedenen Pflanzenarten vorhandenen Diastasequantitäten sind keineswegs die nämlichen. Sehr diastasereich ist die gekeimte Gerste. Wird das aus einer Brauerei bezogene Malz auf einer kleinen Handmühle zermahlen, so gewinnt man ein Pulver, das sich in hohem Grade zur Darstellung einer diastasehaltigen Lösung eignet. 25 g Malz- pulver übergiesst man mit 100 ccm Wasser, lässt die Flüssigkeit einige Zeit (z. B. 1 — 2 Std.) unter häufigem Umrühren mit dem Pulver in Berührung und filtrirt die Lösung endlich ab. Versetzt man 25 ccm 1-proc. Stärkekleister (hergestellt durch Vermischen von 100 ccm destillirten Wassers mit 1 g Kartoffelstärke 'und Erhitzen bis zum Sieden) mit 5 ccm der klaren Diastaselösung , so macht sich die Amylumumbildung alsbald bemerklich. Sogleich nach Herstellung des aus Kleister und Malzextract bestehenden Gemisches nimmt eine Probe desselben auf Zusatz einer Spur alkoholischer Jodlösung eine blaue Farbe an. Nach wenigen Minuten ist die Stärke und Diastase enthaltende Flüssigkeit klar geworden, aber eine Probe derselben färbt sich auf Jodzusatz noch blau. Wartet man einige Zeit, so nimmt eine Probe der Versuchsflüssigkeit auf Jodzusatz eine violette Färbung an. Noch später färbt sich eine Probe der Versuchsflüssigkeit auf Jodzusatz braun, und schliesslich (etwa nach 2—3 Stunden) bringt Jod keine erhebliche Färbung einer Probe der Versuchsflüssigkeit 1) Früher benutzte man Schwefelsäure zur IJeberführung des Amylums in Traubenzucker. Der Gebrauch der Salzsäure ist aber vorzuziehen. Vgl. R. Sachsse, Phytochemische Untersuchungen, 1880, S. 47. 2) Ueber anderweitige, zum Theil noch genauere Methoden der Stärkebestim- mung vergi. König, Anleitung zur Untersuchung landwirthschafti. wichtiger Stoffe, 1891, S. 231. 3) Zu bemerken ist noch, dass die zuckerhaltigen Flüssigkeiten, welche der heibsen FEHLDfG'schen Lösung zugesetzt werden, nicht mehr als etwa '/4 — V» ^lo Zucker enthalten dürfen. 248 Dritter Abschnitt. mehr hervor. Unter dem Einflüsse der Diastase wird die Amylum- substanz bekanntlich in eine Reihe nach einander entstehender Dextrin- arten sowie Zucker (Maltose) umgewandelt. Diese Dextrine färben sich auf Jodzusatz nicht sämmtlich in der nämlichen Weise, und daher gewährt die Jodreaction ein sehr bequemes Mittel, um den Fortgang des Processes der Stärkeumbildung durch Diastase genauer zu ver- folgen. Aus Gründen, die Wortmann in seiner unten citirten Arbeit näher darlegt, ist es zur ganz sicheren Constatirung der diastatischen Wirkung eines Pflanzenauszuges geboten , zumal bei Gegenwart geringer Fermentquantitäten, das Jod erst nach Aufkochen und völliger Wiederabkühlung der aus dem Pflanzenextract und Kleister bestehenden Flüssigkeit zuzusetzen. Tritt dann keine Bläuung ein, so ist sicher keine Stärke mehr vorhanden. Die Zuckerbildung lässt sich ebenfalls leicht constatiren. Man bestimmt mit Hülfe der FEHLiNG'schen Lösung den Zuckergehalt von 5 ccm Malzextract (vergl. unter 115), versetzt 25 ccm Kleister mit 5 ccm Malzextract und ermittelt nach einigen Stunden den Zuckergehalt der Versuchsflüssigkeit. Es ergiebt sich, dass dieselbe weit zuckerreicher ist als 5 ccm Malzextract. Wird eine nicht zu kleine Menge möglichst concentrirten Malz- extractes mit einem grossen Ueberschuss von absolutem Alkohol versetzt, so entsteht ein voluminöser Niederschlag. Man sammelt denselben auf einem Filter, wäscht mit Alkokol aus und trocknet den Rückstand an der Luft. Derselbe besteht aus einer Reihe ver- schiedener Stoffe, enthält aber auch die durch den Alkohol gefällte Diastase. Löst man eine kleine Menge der trockenen Masse in Wasser auf, so erhält man eine sehr energisch stärkeumbildend wirkende Flüssigkeit. Von Interesse ist es, noch einige Versuche anzustellen, welche beweisen, dass nicht nur Gerstekeimpflanzen, sondern ebenso andere Keimpflanzen, Blätter und Stengel verschiedener Gewächse Diastase enthalten. Ich habe einige Tage alte Weizenkeimlinge sowie 10 Tage alte Erbsenkeimpflanzen (die Untersuchungsobjecte hatten sich im Finstern entwickelt), ferner Laubblätter von Sedum maximum und Stengel von Impatiens Balsamina im Mörser zerquetscht, mit wenig Wasser Übergossen und die Flüssigkeiten nach einiger Zeit abfiltrirt. Die gewonnenen Lösungen wirkten in Berührung mit Kleister, wie sich mit Hülfe der Jodreaction feststellen Hess, stärkeumbildend. Da die Untersuchungsobjecte aber bei weitem nicht so viel Diastase wie die Gerstenkeimlinge enthalten, so ist es zweckmässig, sehr verdünnten Kleister zu benutzen und nur eine kleine Menge desselben (vielleicht 2 ccm) mit grösseren Quantitäten der Pflanzenauszüge (etwa 20 ccm) in Berührung zu bringen *)^). Zur Herstellung der diastasehaltigen Auszüge werden die Pflanzen- theile zerschnitten, mit etwas Wasser im Mörser zerquetscht und dann 2 — 6 Stunden lang mit ihrem doppelten bis vierfachen Volumen Wasser in Berührung gelassen. Endlich erfolgt Filtration. Wenn man in dieser Art operirt, so kann man das Ferment freilich in Pflanzentheilen entdecken, die reich daran sind. Bei Gegenwart kleiner Diastasequantitäten reicht die Methode aber nicht aus, und Wortmann kommt daher auch zu dem Schluss, dass z. B. viele 1) Vgl. Detmek, Landwirthschaftl. Jahrbücher, Bd. 10. 2) Näheres vergl, bei Woetmann, Botan. Zeitung, 1890. Die Stoffwechselprocesse -im vegetabilischen Organismus. 249 Laubblätter, in denen er unter Benutzung des angegebenen Verfahrens keine Diastase auffinden konnte, kein isolirbares Ferment führen. Die Stärkeaufiösung soll dann durch das Protoplasma direct vermittelt werden. Dies mag seine Richtigkeit für manche Fälle haben ; indessen Brown und Morris wiesen neuerdings mit Nachdruck darauf hin, dass es in vielen Fällen überhaupt nicht zu empfehlen sei, die frischen Pflanzentheile zur Extraction der Diastase mit Wasser zu behandeln. Die Zellen dieser frischen Pflanzentheile sind nicht leicht sämmtlich zu zerquetschen, so dass die Bereitung der Auszüge unvollkommen gelingt, und ein negatives Resultat bei der Prüfung auf Diastase erhalten werden kann, während das Ferment thatsächlich doch in den Pflanzentheilen vorhanden ist. Man gelangt zu viel sichereren Ergeb- nissen, wenn man die Untersuchungsobjecte zunächst bei etwa 40" C. trocknet, dann feinstens zerreibt und nun dies Pulver oder Extracte desselben in Stärkekleister einträgt. So findet man, dass auch viele Laubblätter recht diastasereich sind, wovon ich mich unter Benutzung der Laubblätter von Pisum sativum überzeugte '). Es ist mit Rücksicht auf die Wirksamkeit der Diastase in der Pflanze von Wichtigkeit, sich davon zu überzeugen, dass das Ferment nicht nur Stärkekleister, son- dern auch unversehrte Stärke- körner verändern und auf- lösen kann. 3 cg lufttrockener Weizenstärke werden in einem Uhrschälchen mit 3 ccm con- centrirten Malzextracts oder mit 3 ccm einer wässerigen Lösung des durch Alkohol ge- fällten Ferments übergössen. Wendet man diese letztere Flüssigkeit an, so fügt man ihr eine sehr kleine Citronen- säuremenge hinzu, da, wie unter 113 angegeben ist, Säure- gegenwart die Wirksamkeit der Diastase wesentlich be- günstigt. Das Uhrglas wird gut zugedeckt, und man be- obachtet im Laufe von 24 — 28 Stunden wiederholt die Veränderungen, welche relativ grosse Stärke- körner erfahren, indem man Tropfen der Flüssigkeit auf den Object- träger bringt und mikroskopisch untersucht. Ich überzeugte mich davon, dass sich die einzelnen Körner individuell sehr verschieden- artig unter dem Einfluss der fermenthaltigen Lösung verhalten; im Allgemeinen machen sich die zu Stande kommenden Corrosionen an den Amylumkörnern in der Weise geltend, wie dies in Fig. 109 a, b, c, d dargestellt ist. Die Auflösung der Stärkesubstanz schreitet von aussen nach innen fort; es entstehen helle, radial gerichtete Streifen, diese werden mit zunehmender Corrosion der Körner breiter, und allmählich schreitet die Veränderung der Körner immer mehr in das Flg. 109. StUrkekörner aus dem Endo- sperm des Weizenkornes in verschiedenen Stadien der Corrosion. a schwach, b stärker, c noch stärker, d am stärksten corrodlrt. (Nach Baranetzky.) 1) Sehr eingehend ist die Literatur ül)er das diastatische Ferment von ScHLElCHERT behandelt worden. Vgl. Nova Acta d. Leop.-Caroi. Academ., Bd. 62. 250 Dritter Abschnitt. Innere derselben vor, wobei sich die unter dem Einflüsse des Fer- mentes gebildeten Corrosionscanäle auch vielfach verzweigen, so dass schliesslich das Stärkekorn zerfällt^). 118. Der Einfluss verschiedener Substanzen sowie der Tempe- raturverliältnlsse auf den Verlauf des Processes der Stärke- umblldun^ durcli Diastase. In eine Anzahl kleiner Gläser bringt man je 25 ccm 1-proc. Stärke- kleisters. Das Gefäss a erhält zunächst keinen weiteren Zusatz, b er- hält einen Zusatz von einigen Tropfen Salzsäure, c einen Zusatz von einigen Tropfen einer concentrirten Citronensäurelösung, d einen Zusatz von einigen Tropfen Kalilauge, e einen Zusatz von einigen Tropfen Alkohol, f einen Zusatz von einigen Tropfen Chloroform. In jedes Glas bringt man jetzt noch 5 ccm Malzextract, um den Flüssigkeiten nach Verlauf von 24 Stunden eine kleine Menge alkoholischer Jodlösung mit Hülfe eines Glasstabes hinzuzufügen. Die Flüssigkeiten a, e und f färben sich nicht blau; alle übrigen nehmen auf Jodzusatz eine blaue Farbe an. Alkohol sowie Chloroform haben die Wirksamkeit der Diastase nicht aufgehoben ; die Säuren und das Kali haben das Ferment dagegen unwirksam gemacht. Mit Bezug auf den Einfluss, welchen Säuren dem diastatischen Fer- mente gegenüber geltend machen, ist übrigens zu betonen, dass nur grössere Säuremengen die Wirksamkeit der Diastase vernichten. Versetzt man einerseits 25 ccm Kleister mit 5 ccm Malzextract, andererseits aber 25 ccm Kleister mit 5 ccm Malzextract und 2 — 3 mg Citronensäure, so erfolgt die Amylumumbildung in der letzteren Flüssigkeit schneller als in der ersteren. Kleine Citronensäuremengen (ähnlich verhalten sich kleine Mengen anderer Säuren) heben die Wirksamkeit der Diastase also nicht auf, sondern begünstigen dieselbe im Gegentheil. Wenn man einerseits 25 ccm Stärkekleister von 15 oder 20 '^C. mit 5 ccm Malzextract von 15 oder 20° C. versetzt und das Gemisch bei 15 oder 20 ^ C. stehen lässt, andererseits aber 25 ccm Kleister sowie 5 ccm Malzextract nach erfolgter Abkühlung auf 4 ^^ C. mit einander vermischt, so kann man sich mit Hülfe der Jodreaction leicht davon überzeugen, dass der Process der Stärkeumbildung durch Diastase bei höherer Tem- peratur weit schneller als bei niederer verläuft. Das Temperaturoptimum für die Diastasewirkung liegt bei 63 ° C. (Kjeldahl). Erhitzt man Malzextract zum Sieden und vermischt die wieder er- kaltete Flüssigkeit mit Kleister, so ergiebt sich, dass keine Stärkeum- bildung erfolgt. Das Ferment ist durch den Einfluss dei* hohen Temperatur zerstört worden ^). 114. Die Entstehung der Diastase in den Zellen höherer Pflanzen. In zwei retortenartige Gefässe von etwa 90 ccm Capacität bringt man je 20 lufttrockene Weizenkörner, füllt die Gefässe mit ausge- 1) Vgl. Baranetzky, Die stärkeumbildenden Fermente in den Pflanzen, 1878, S. 48. Vgl. auch Krabbe, Jahrbücher f. wissenschl. Botanik, Bd. 21. 2) Vgl. Detmer, Pflanzenphysiologische Untersuchungen über Fermentbildung und fennentative Processe, Jena 1884, ferner Landwirthschaftl. Jahrbücher, Bd. 10. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 251 kochtem und wieder abgekühltem Wasser an, verschliesst die Mün- dungen der Gefösse mit dem Finger und stellt jedes derselben in der Art, wie es Fig. 11 zeigt, in einem mit Quecksilber und Wasser gefüllten Glase auf. Nach Verlauf von 24 Stunden wird das Wasser des einen retortenartigen Gefässes durch atmosphärische Luft, das- jenige des anderen durch Wasserstoifgas verdrängt. Den Wasserstoff stellt man durch Uebergiessen von arsenfreiem Zink mit verdünnter Salzsäure in einem geeigneten Apparate dar und leitet das Gas zu- nächst durch eine Lösung von Aetzkali, dann durch eine solche von übermangansaurem Kali, um eventuell vorhandene Spuren von Schwefel- wasserstoff sowie Kohlenwasserstoffen zu beseitigen. In den Röhren der retortenartigen Gefässe muss übrigens eine kleine Wassermenge über dem Quecksilber zurückbleiben, damit die Untersuchungsobjecte nicht mit Quecksilberdämpfen in Berührung kommen. Die Weizen- körner, welche sich mit atmosphärischer Luft in Contact befinden, keimen alsbald; im Wasserstoffgas erfolgt keine Keimung. Control- versuche lehren aber, dass die Körner im Wasserstoffgas keineswegs schnell zu Grunde gehen, sondern ihre Keimfähigkeit ziemlich lange (mindestens mehrere Tage) bewahren und ihren Embryo daher zur Entwickelung bringen, wenn sie nachträglich günstigen Keimungsbe- dingungen bei Luftzutritt ausgesetzt werden. Haben die Untersuchungs- objecte sich 2—3 Tage lang mit atmosphärischer Luft, resp. Wasser- stoffgas in Berührung befunden, so werden sie aus den retorten artigen Gefässen herausgenommen, im Mörser zerquetscht und der Brei mit 20 ccra Wasser übergössen. Nach einiger Zeit filtrirt man durch vor- her nicht angefeuchtete Filter. Versetzt man nun 10 ccra der Filtrate mit 20 ccm verdünnten Stärkekleisters, so ergiebt die Jodreaction, dass der Extract aus den in dem retortenartigen Gefäss bei Luft- zutritt zur Entwickelung gelangten Weizenkeimpflanzen ziemlich ener- gisch stärkeumbildend wirkt, während der Auszug aus den Unter- suchungsobjecten, die sich in Contact mit Wasserstoff' befunden hatten, eine sehr schwache stärkeumbildende Kraft geltend macht. Diese letztere ist nicht grösser wie diejenige eines Extractes, den man durch Behandlung von 20 zerquetschten ruhenden Weizenkörnern mit 20 ccm Wasser hergestellt hat. Der angestellte Versuch lehrt also, dass sich in den Zellen höherer Pflanzen nur bei Zutritt des freien atmosphärischen Sauerstoffs Diastase bilden kann ' ). 115. Die Bestimmung und der mikrocliemisclic Nacliweis der Glycose. Dextrose, Maltose etc. besitzen die Fähigkeit, unmittelbar redu- cirend auf FEHLiNo'sche Flüssigkeit einzuwirken. Diejenigen Zucker- arten, welche sich in dieser Weise verhalten, werden unter der ge- meinschaftlichen Bezeichnung „Glycose" zusammengefasst. Handelt es sich z. B. darum, den Gehalt des Malzes an Glycose zu bestimmen, so wird zunächst in einer kleinen Quantität des auf einer Handmühle zerraahlenen IJntersuchungsmaterials der Trockensubstanzgehalt fest- gestellt. Ferner werden etwa 3 g des Malzpulvers wiederholt mit 1) Vgl. Detmek, Botan. Zeitung, 1883, No. 37, und Pflanzenphysiologische Untersuchungen über Fermentbildung und ferraentative Processe, Jena 1884. 252 Dritter Abschnitt. kaltem Wasser behandelt und die entstandene Lösung filtrirt. Extracte aus Samen oder Keimpflanzen, mit denen wir es hier ja auch zu thuu haben, lassen sich häufig nicht ohne weiteres klar filtriren. Dies ge- lingt aber leicht, wenn man längere Zeit gewaschene Kohlensäure in die Flüssigkeit einleitet. Die vereinigten Filtrate fällt man mit Blei- essig, filtrirt und bringt sie auf ein bestimmtes Volumen, z. B. 200 ccm. In der erhaltenen Plüssigkeit bestimmt man den Zucker mit Feh- LiNG'scher Lösung (vgl. unter 111). Nicht zu vergessen ist übrigens bei der Berechnung der Versuchs- ergebnisse, dass 100 Theile Maltose, die in erster Linie als Zucker in Malzauszügen auftritt, erst so viel Kupferoxyd wie 61 Theile Dextrose reduciren (Brown und Heron). Handelt es sich darum, die Gegenwart der Glycose in Geweben auf mikrochemischem Wege zu ermitteln, so stellt man zunächst Schnitte aus den Untersuchungsobjecten, z. B. aus Birnen oder Aepfeln her, die aber nicht zu dünn sein dürfen, damit nicht alle Zellen geöffnet sind. Am besten ist es, wenn die Schnitte 3 Lagen unversehrter Zellen enthalten. Die Schnitte werden in eine concentrirte Kupfer- sulfatlösung von gewöhnlicher Temperatur gelegt, nach kurzer Zeit mit der Pincette erfasst und oberflächlich abgespült, indem man sie in reines W^asser eintaucht. Jetzt bringt man die Schnitte sofort in siedende Kalilauge^) oder besser^) in eine siedende Lösung von 10 g weinsaurem Natronkali und 10 g Aetzkali in 10 g Wasser. Ist Gly- cose vorhanden, so ist nach wenigen Secunden in denjenigen Zellen, welche dieselbe enthalten, ein schön roth gefärbter Niederschlag von Kupferoxydul entstanden. Die mikroskopische Untersuchung der Schnitte gewährt Aufschluss über die Vertheilung des Zuckers im Gewebe. Sehr bequem ist auch die folgende Methode des Glycosenachweises. Die Schnitte werden nach dem Umschwenken in Wasser auf dem Objectträger unter Deckglas in einen Tropfen FEHLiNo'scher Lösung (vgl. unter 111) gelegt. Mau erhitzt nun, bis kleine Blasen entstehen, aber nicht länger. Kupferoxydul hat sich dann bei Zuckergegenwart in den Zellen abgeschieden. 116. Das Dextrin. 100 ccm Wasser werden mit 1 g Kartoffelstärke vermischt und zum Sieden erhitzt. Der erkaltete Kleister empfängt einen Zusatz von einigen Tropfen Schwefel- oder Salzsäure und wird dann wieder erwärmt. Die Flüssigkeit klärt sich schnell, und eine kleine Probe derselben nimmt nach dem Erkalten auf Jodzusatz noch eine blaue Farbe an. Kocht man die saure Lösung weiter, um derselben von Zeit zu Zeit (etwa alle 5 Minuten) kleine Proben zu entnehmen, die man nach dem Erkalten mit Jodlösung versetzt, 80 zeigt sich, dass die ersten Proben auf Jodzusatz einen violetten, weitere einen rothbraunen und noch weitere einen gelblichen Farbenton annehmen. Diese Farbenreactionen lehren, dass sich unter dem Einflüsse der Säure 1) VeL Sachs, Pringsheim's Jahrbücher f. wissenschaftl. Botanik, Bd. 3, S. 187. 2) Vgl. Akthue Meyer, Berichte d. Deutschen botan. Gesellschaft, Bd. 3, S. 332. Die Stoffwechselprocesso im vegetabilischen Organismus. 253 aus dem Amylum successive verschiedene Dextrinarten bilden. Zunächst zerfällt die Amylumsubstanz in das sich auf Jodzusatz violett färbende Amylodextrin I und Zucker. Das erstere spaltet sich dann durch die Säurewirkung in Zucker und Amylodextrin II, das sich durch Jod roth- braun färbt. Ferner bilden sich aus dem Amylodextrin II neben Zucker neue Dextrinarten, die sich auf Jodzusatz gelblich färben, und schliesslich verschwinden die Dextrine völlig, weil sie ihrer Gesammtmasse nach in Zucker übergeführt worden sind '). Nach neueren Untersuchungen ist der Vorgang vielleicht ein anderer. Dass in den Zellen der Pflanzen Dextrinarten (und zwar auch solche, die sich auf Jodzusatz bräunlich färben) vorkommen, kann man auf fol- gende Weise feststellen. Erbsensamen werden auf einer Handmühle zu Pulver zermahlen. Das Pulver üV)ergiesst man mit nicht zu viel Wasser und leitet nach Verlauf einer Stunde reine Kohlensäure in die trübe Flüs- sigkeit ein. Dann filtrirt man, und zwar wird diese Operation durch die Gegenwart der Kohlensäure in hohem Grade erleichtert. Eine kleine Menge des klaren Filtrates bringt man mit einem Jodkrystall in Be- rührung, und man wird finden, dass sich die Flüssigkeit nach und nach bräunlich färbt; sie verhält sich ebenso wie die wässerige Lösung des käuflichen Dextrins, wenn diese mit Jod in Contact gelangt. Reines Wasser nimmt in Berührung mit festem Jod nur einen gelblichen Farben- ton an *). Wird das Verhalten des wässerigen Erbsensamenextractes zu FKHLiNo'scher Lösung untersucht, so zeigt sich, dass keine Reduction er- folgt. Kocht man dagegen den wässerigen Extract nach Zusatz einiger Tropfen Schwefelsäure längere Zeit, so ist die Flüssigkeit nunmehr im Stande, energisch reducirend auf FEHLiNo'sche Lösung einzuwirken, weil das Dextrin unter dem Einfluss der Säure in Glycose übergeführt wurde. 117. Die Bestiuimiiui;^ und der mikrochemische Nachweis des Kohrznclters. Der Rohrzucker ist ein Bestandtheil vieler Pflanzensäfte, und be- sonders reich an Rohrzucker ist der Saft der Zuckerrübe. Handelt es sich darum, die Menge des in den Wurzeln vorhandenen Zuckers festzustellen, so verfährt man nach E. v. Wolff ^), wie folgt. Die sorg- fältig gereinigten Rüben werden in Scheiben zerschnitten. 500 — 1000 g dieser Scheiben hängt man an Fäden im Trockenschrank bei ßO — 70° C. auf. Die trockene Masse wird zu einem nicht zu feinen Pulver zer- stossen, und nach der Gewichtsbestimmung des Pulvers in einer kleinen Quantität desselben (5 — G g) der Trockensubstanzgehalt festgestellt 2 — i) g des Rübenpulvers kocht man wiederholt mit 80 — 85-proc. Wein- geist aus, filtrirt die Lösung nach jeder Auskochung ab und wäscht den Rückstand auf dem Filter schliesslich mit heissem Alkohol aus. Die gesammte Lösung versetzt man nunmehr mit viel Wasser und erwärmt so lange auf dem Wasserbade, bis der Alkohol völlig ver- dampft ist. Jetzt wird die Flüssigkeit auf ^KX) ccm aufgefüllt. 100 ccm untersucht man sofort mit FEHLiNo'scher Lösung auf einen Gehalt 1) Vgl. W. Nägeli, Beiträge zur näheren Kenntniss der Stärkegruppe, 1879, und Detmer, Landwirthschaftl. .Jahrbücher, Bd. 10, S. 752. 2) Vgl. Detmer, .Journal f. Landwirthschaft, 27. Jahrgang, S. 379. 3) Vgl. E. V. Wolff, Anleitung zur ehem. l^ntcrs. landwirthschl. \\-ichtiger Stoffe, 1875, S. 184. 254 Dritter Abschnitt. an Traubenzucker; es muss aber bemerkt werden, dass die Menge desselben, wenn er überhaupt nicht völlig fehlt, sehr gering ist. 200 ccm Flüssigkeit erwärmt man nach Zusatz von 4 Tropfen Schwefelsäure 3 Stunden lang unter Ersatz des verdunstenden Wassers auf dem Wasser- bade, füllt auf 400 ccm auf und bestimmt in 100 ccm nach erfolgter Neutralisation mit kohlensaurem Natron mit Hülfe der FEHLiNo'schen Lösung die vorhandene Traubenzuckermenge. Schliesslich ist es leicht, aus den gefundenen Werthen den Rohrzuckergehalt der frischen Rüben oder der Rübentrockensubstanz zu berechnen. Ueber Darstellung und Anwendung der FEHLiNo'schen Lösung ist schon früher (vgl. unter 111) das Erforderliche mitgetheilt worden. Nach dem Gesagten ist es ohne weiteres klar, in welcher Weise man zu verfahren hat, wenn es sich nur darum handelt, qualitativ die Gegenwart des Rohrzuckers in Rüben nachzuweisen. Kommt es darauf an, das Vorhandensein des Rohrzuckers in den Rüben auf mikrochemischem Wege nachzuweisen, so werden Schnitte, die nicht zu dünn ausfallen dürfen, damit nicht sämmtliche Zellen geöffnet sind, in derselben Weise, wie es unter 115 angegeben ist, mit Kupfer- und Kalilösung behandelt. Bei mikroskopischer Betrach- tung der Schnitte zeigt sich, dass der Inhalt ihrer Zellen eine schön blaue Färbung angenommen hat, was die Gegenwart von Rohrzucker anzeigt 1). Dieselbe Reaction tritt ein, wenn man die Schnitte auf dem Objectträger unter dem Deckglas in einem Tropfen Fehling- scher Lösung erwärmt. (Vergl. unter 115.) 118. Die ßeservecell alose und das Amyloid. Es giebt manche Samen, in denen die Cellulose als stickstofffreier Reservestoff auftritt. Ein Dattelkern wird quer durchschnitten, um nun mit Hülfe eines sehr scharfen Rasirmessers einen zarten Quer- schnitt aus dem Endosperm herzustellen. Die Wände der gestreckten Zellen sind ausserordentlich stark verdickt, aber es sind viele einfache Tüpfel vorhanden. Wir imprägniren einen Schnitt aus dem Endosperm des Dattelkerns mit Jodjodkaliumlösung und lassen darauf vom Deck- glasrande aus verdünnte Schwefelsäure , die durch Vermischen von 2 Volumthl. Schwefelsäure mit 1 Volumthl. Wasser hergestellt worden ist, zutreten. Die Verdickungsschichten der Zellwände färben sich schön blau. Werden Schnitte aus dem Endosperm in der früher (unter 42) angegebenen Weise mit Phloroglucinlösung und dann mit Salzsäure behandelt, so tritt keine Rothfärbung der Objecte ein. Die Verdickungsschichten der Endospermzellen sind also nicht ver- holzt; sie bestehen aus Cellulose. Bei der Keimung des Dattelsamens wird diese Cellulose verbraucht. Dieselbe ist aber nicht durchaus identisch mit der gewöhnlichen Cellulose, wie neuere Untersuchungen, z. B. diejenigen von Reiss, (Landwirthschaftliche Jahrbücher, 1889) gezeigt haben, und sie wird daher als Reservecellulose unterschieden. In den Zellen der Cotyledonen ruhender Samen von Tropaeolum majus sind die Parenchymelemente, wie leicht bei der Untersuchung von Querschnitten zu sehen ist, mit stark verdickten, getüpfelten Membranen 1) Vgl. Sachs, Pringsheim's Jahrbücher, Bd. 3, S. 183. - Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 255 ausgestattet. Zwischen den Zellen beobachtet man dreiseitige Inter- cellularen. Die Verdickungsschichten färben sich bei Behandlung mit verdünnter Jodjodkaliumlösung direct blau ; sie bestehen nicht aus Reserve- cellulose, sondern aus Amyloidsubstanz. Dieses Amyloid wird bei der Keimung der Tropaeolumsamen verbraucht. Es wird unter Bildung von Corrosionskanälen aufgelöst, und schliesslich bleibt nur noch die Mittel- lamelle zwischen den benachbarten Elementen des Parenchyms der Cotyle- donen erhalten. 119. Das Inulin. Das Inulin ist besonders reichlich in den unterirdischen Organen vieler Compositen vorhanden. Es tritt als gelöster Körper im Zellsaft auf und hat die Functionen eines stickstofffreien Reservestoffes. Wird etwas Inulin mit kaltem Wasser Übergossen, so zeigt sich, dass sich die Substanz ziemlich schwer in dem- selben auflöst. Erwärmt man, so löst sich das Inulin dagegen völlig auf. Das Inulin ist nicht im Stande, reducirend auf FEHLiNo'sche Lösung einzuwirken. Versetzt man aber heisse FEHLiNG'sche Flüssigkeit mit einer bei höherer Temperatur bereiteten Inulinlösung, so tritt die Abscheidung kleiner Mengen Kupferoxyduls ein, weil schon heisses Wasser im Stande ist, geringe Quantitäten des Inulins in Glycose umzuwandeln. Wird wässerige Inulinlösung nach Zusatz einiger Tro- pfen Schwefelsäure gekocht, so bildet sich viel Glycose, und die Flüssigkeit wirkt nunmehr sehr energisch redu- cirend auf FEHLiNG'sche Lösung ein. Eine heisse Inulinlösung zeigt beim Erkalten die merkwürdige Er- scheinung, dass sich das Inulin nicht sofort, sondern erst nach Verlauf längerer Zeit wieder abscheidet. Fügt man aber zu einer eben erkalteten Inulinlösung einen Ueberschuss von Alkohol hinzu, so erfolgt die Abschei- dung des Inulins schnell. Die Unlös- lichkeit des Inulins in Alkohol wird nun bei der mikrochemischen Nachweisung desselben in Pflanzentheilen ver- werthet. Nicht zu dünne Schnitte aus dem Mark der Georginenknolle (Dahlia variabilis) werden auf dem Objectträger mit Alkohol bedeckt und nach einiger Zeit in Wasser eingetaucht. Bei mikroskopischer Unter- suchung der in Wasser liegenden Schnitte zeigt sich , dass sich das Inulin abgeschieden hat. Unter Umständen scheidet sich das Inulin in Form schöner Sphärokrystalle in den Zellen ab. Sehr deutlich treten dieselben hervor, wenn man grössere Stücke der Georginen- knollen mindestens 8 — 14 Tage lang in Spiritus liegen lässt, aus dem Fig. 110. Zelle aus einem Stück einer Knolle von Dahlia variabilis welches mehrere Monate lang in Alkohol gelegen hatte. Sphäro- krystalle an den Wänden. Vergr. 240. (Nach Stkasbürger.) 256 Dritter Abschnitt. Alkoholmaterial die Schnitte herstellt und dieselben in Wasser unter- sucht. Die Sphärokrystalle sitzen den Zellwänden an; sie stellen kugelige Gebilde von charakteristischem Aussehen dar *) (vgl. Fig. 110). 120. Die Pflanzenfette und die quantitative Bestimmung derselben. Wenn man getrocknete und zerkleinerte Pflanzenmassen mit Aether extrahirt, so erhält man eine Lösung, die beim Eindunsten einen wesentlich aus Fett bestehenden Rückstand liefert. Gewöhnlich ist die Menge der dem Fett beigemengten anderweitigen Stoffe so gering, dass man bei der quantitativen Bestimmung des Fettgehaltes von Pflanzentheilen meist keine Rücksicht auf diese Verunreinigungen zu nehmen braucht. Bei Fettbestimmungen benutzt man zweckmässig den in Fig. 111 dargestellten Apparat. Der Apparat, nach Soxhlet's Angaben zusammengestellt, ist im Preis von ca. 10 M. von Muencke in Berlin zu beziehen. Er besteht aus dem Kolben K, dem eigentlichen Extractionsraum E und der Kühlvorrichtung Kv^ die mit der Wasserleitung in Verbindung gesetzt wird. Als Extractionsflüssigkeit benutzt man wasserfreien Aether. Bei der Ausführung der Untersuchungen bringt man 3 — 5 g der sehr fein gepulverten und bei An- wendung sehr fettreicher Körper am besten mit reinem Quarzsand zerriebenen Substanz in eine aus Fliess- papier gefertigte Patrone. Diese stellt man her, indem man um einen Holzcylinder, dessen Durchmesser 4 mm geringer ist als derjenige des Extractionscylinders E, ein Stück Fliesspapier zweimal herumrollt, über die Basis des Holzcylinders ein dem Durchmesser des- selben entsprechendes Stück der gebildeten Rolle hervorstehen lässt, dieses ähnlich, wie man ein Packet schliesst, umbiegt und den gebildeten Boden der Rolle durch kräftiges Aufdrücken ebnet. Hat man die Sub- stanz eingefüllt, so schliesst man die obere Oeffnung der Patrone ebenfalls durch Umbiegen. Die gefüllte Hülse wird nun 2 — 3 Stunden lang im Trocken schrank einer Temperatur von 45 ^ C. aus- gesetzt. Dann erfolgt in bekannter Weise die Ex- traction mit Aether. Schliesslich wird der Aether der Fettlösung im Kolben K abdestillirt und der Rück- stand (Rohfett) 1 — 2 Stunden lang bei 95 ^ C. ge- trocknet, um endlich sein Gewicht festzustellen. Die Fette bestehen aus Gemischen von freien Fettsäuren und Qly- ceriden. Um das Glycerin in diesen letzteren überhaupt nachzuweisen, verfuhr ich in folgender Weise. Etwa 75 ccm Olivenöl wurden längere Zeit in einer Porzellanschale auf dem Wasserbade mit verdünnter Kali- lauge digerirt. Nach dem Erkalten wurde der Flüssigkeit viel schwefel- saures Natron hinzugefügt, die abgeschiedene Seife abfiltrirt, und das Fig. 111. Fett- extractionsapparat. 1) Vgl. Sachs, Botanische Zeitung, 1864, S. 25, mid Pkaxtl, Das Inulin, München, 1870. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 257 Filtrat mit Schwefelsäure neutralisirt. Dann wurde die Flüssigkeit ein- gedunstet, der Rückstand mit Alkohol behandelt, die Lösung von den schwefelsauren Salzen abfiltrirt, eingedunstet und der Rückstand zur Reinigung abermals mit Alkohol behandelt, um die Lösung nach erfolgter Filtration wieder einzudunsten. Es bleibt eine sjTupartige Flüssigkeit von süsslichem Geschmack, eben das Glycerin, zurück. Wird dieser Rück- stand in Wasser aufgelöst und ein Theil der Flüssigkeit mit einer ver- dünnten Lösung von schwefelsaurem Kupferoxyd vermischt, in der man durch Zusatz von Kalilauge eine Abscheidung von Kupferoxydhydrat hervorgebracht hat, so wird dieser letztere Körper aufgelöst. (Glycerin- reaction.) 121. Die fieactioncn der fetten Oele. Wir bringen eine kleine Menge irgend eines fetten Oeles mit Hülfe eines Glasstabes auf den Objectträger, fügen eine Mischung von Alkohol und Aether hinzu, damit sich das Fett auflöse, bedecken mit dem Deckglase und beobachten unter dem Mikroskop. Wenn der Al- kohol und der Aether verdunstet sind, so sehen wir grosse sowie kleine Tropfen in unserem Präparat, die Fettmassen darstellen. Sie er- scheinen, auf den optischen Durchschnitt eingestellt, hellgrau und sind von einem schmalen, schwarzen Ring umgrenzt. Wird der Tubus ge- senkt, so erscheint jeder Oeltropfen nicht mehr von einem schwarzen, sondern von einem hellen Ringe umsäumt. Die Oeltropfen können nicht wohl mit Luftblasen verwechselt werden, denn hat man diese letzteren im Mikroskop eingestellt und senkt den Tubus, so wird ihre Randpartie nicht hell, sondern der schon bestehende dunkle Rand nimmt im Gegentheil noch an Breite zu. In den Zellen des Endosperms von Ricinus oder in denjenigen der Cotyledonen von Brassica sind neben den Eiweissstoifen reich- liche Fettmengen vorhanden, und um diese nachzuweisen, brauchen wir nur dünne Schnitte aus den erwähnten Samen auf dem Object- träger mit einer Mischung von Alkohol und Aether zu behandeln. Die sich alsbald abscheidenden Fetttropfen sind leicht als solche zu erkennen. Auch die Alkann atinctur (ein tief gefärbter Auszug aus der Al- kannawurzel, der durch Behandlung derselben mit 70 — 80-proc. Al- kohol hergestellt worden ist) kann zum Nachweis der Fette dienen. Untersucht man z. B. Schnitte aus dem Endosperm von Ricinus, dessen Zellen ein Fett enthalten, das im Gegensatz zu anderen Fetten löslich in Alkohol ist, so versetzt man die Alkannatinctur mit dem gleichen Volumen Glycerin, schwenkt die Schnitte in der Mischung einige Male hin und her, spült sie oberflächlich mit Alkohol ab und legt sie in Glycerin. Die Aleuronkörner erscheinen gar nicht oder schwach ge- färbt, während die Grundmasse in Folge ihres Fettgehaltes tief roth tingirt ist. Ein weiteres Reagens auf fette Oele ist die Ueberosmiumsäure in wässeriger l-proc. Lösung. Legt man Schnitte aus dem Endosperm von Ricinus in diese Lösung, so nehmen dieselben nach einiger Zeit eine dunkle Farbe an, weil die Ueberosmiumsäure das vorhandene Fett schwärzt. Zu beachten ist übrigens, dass durch die Alkanna- tinctur sowie die Ueberosmiumsäure nicht nur Fett gefärbt wird. D etmer , Fflanzenphysiplogisches Praktikum. 2. Aufl. 17 258 Dritter Abschnitt. 132. Das Verhalten des Fettes bei der Keimung der Samen. Sehr zahlreiche Samen (Ricinus, Helianthus, Cucurbita, Brassica etc.) enthalten Fett als stickstofffreien Reservestoff. Dieses Fett ist dem Amylum stärkereicher Samen physiologisch gleichwerthig. Es liefert das Athmungsmaterial und ebenso das Material zur Bildung der Zellhäute. Das Fett geht aber, bevor es an die Verbrauchsorte ge- langt, in vielen Fällen (z. B. Ricinus, Cucurbita) zunächst in Stärke und Zucker über. In anderen Fällen, z. B. bei Linum, ist dies fast gar nicht zu beobachten, und dann müssen auch die Fette der Haupt- sache nach als solche in den Keimpflanzen wandern, um die Trans- location des stickstofffreien plastischen Materials zu ermöglichen. In der That ist von H. Schmidt eine solche Wanderung der Fette von Zelle zu Zelle beobachtet worden. Wir wollen hier den Stoffwechsel bei der Keimung eines fettreichen Samens näher verfolgen, welcher mit der Bildung reichlicher Quantitäten von Kohlehydraten ver- bunden ist. Wir wählen als Untersuchungsobject die Samen von Ricinus com- munis. In einer centralen Höhlung des mächtig ausgebildeten Endo- sperms liegt der Embryo, der aus den beiden dünnen Cotyledonen und der Keimachse bestellt. Die grossen Zellen des Endosperms ent- halten, wie wir schon bei anderer Gelegenheit feststellten, eine fett- und eiweissreiche Grundmasse, in der die Aleuronkörner liegen. Stärke ist in den Endospermzellen und ebenso in denjenigen des Em- bryo, wie man mit Hülfe von Jodreagentien leicht feststellen kann, nicht vorhanden. Einige Samen von Ricinus werden in Gartenerde, die sich in einem Blumentopfe befindet, bei Lichtabschluss und bei nicht zu niederer Temperatur (etwa 20^ C.) zur Keimung gebracht. Wenn sich die Hauptwurzel und ebenso das hypocotyle (jlied beträchtlich gestreckt haben, der obere Theil des letzteren Organs aber noch gekrümmt er- scheint, weil die Cotyledonen noch im Endosperm stecken, so enthalten die Zellen dieses Gewebes, ebenso wie vor der Keimung, keine Stärke, sondern nur Eiweiss und Fett. Die Cotyledonen haben die Aufgabe, die Reservestoffe des Endosperms aufzusaugen, damit diese von der jungen Keimpflanze verwerthet werden können. In den Zellen des Parenchyms der Cotyledonen ist viel Fett vorhanden ; Amylum, das dem Keimblattgewebe vor Beginn der Keimung, wie erwähnt, völlig fehlte, findet sich in denjenigen Parenchymzellen reichlich, welche den Mittelnerven nach aussen umgeben. Die Cambiumzellen des hypo- cotylen Gliedes enthalten nur Eiweissstoffe. Das Parenchym der Rinde und des Markes des oberen, noch nicht völlig gestreckten Theiles des h}'pocotylen Gliedes ist, wie sich in bekannter Weise leicht feststellen lässt, sehr stärke- sowie zuckerreich, während die Menge dieser Körper im unteren gestreckten Theile des hypocotylen Gliedes mehr und mehr abnimmt. In dem fertig gestellten Theile des hypocotylen Gliedes fehlen Zucker und Stärke im Parenchym ; nur in den Zellen der den Gefässbündelring umgebenden Stärkescheide sind Amylumkörner nach- zuweisen. Im Gewebe der Hauptwurzel ist jetzt weder Stärke noch Fett zu finden, dagegen führt das Parenchym der sich lebhaft strecken- den Nebenwurzeln viel Zucker. Schreitet die Keimung weiter fort, so verschwindet das Fett immer Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 259 mehr und mehr aus dem Endosperm des Ricinussamens, weil es für die Zwecke des Wachsthums der Keimpflanze Verwendung findet. Das hypocotyle Glied streckt sich gerade, und die Holz- sowie Basttheile der Gefässbündel desselben erfahren eine weitere Ausbildung. In dem Maasse, in welchem diese Streckung des oberen Theiles des hypocotylen Gliedes zu Stande kommt, verschwinden auch die aus dem Fett ent- standenen Stärke- und Zuckermengen aus den Zellen des Parenchyms; nur in den Zellen der die Fibrovasalstränge umgebenden Stärkescheide sind noch Amylumkörner nachzuweisen. Fig. 112. Theil eines Qaerselinittes aus dem fertig gestreckten hypocotylen Glied von Ricinus communis. Der Längsschnitt ist in Fig. 33 dargestellt, r Paren- chym der primären Rinde, m des Markes. Zwischen r und h die einfache Gefäss- bündelftcheide mit Stärkekömem (Stärkescheide*. Der Fibrovasalstrang besteht aus dem Phloem 6, y, dem Xylem t, a und dem Cambium c c. Das Canibium des Stranges c c setzt sich auch in das zwischen den benachbarten Strängen liegende Grundgewebe fort, als Interfascicularcambium eh. Im Phloem sind h b Bastfasern, // y der Weichbast, z. Th. Parenchym, z. Th. Siebröhren; im Xylem sind t t enge getüpfelte, g g weite getüpfelte Gefässe, dazwischen Holzfasern. (Nach Sachs.) Die Function der Stärkescheide wird weiter unten genauer be- handelt werden ; hier genügt es, auf ihre Existenz hinzuweisen. Sie tritt als geschlossene Scheide auf, welche den Gefässbündelkreis um- giebt, und ist, wie Fig. 112 zeigt, im Hypocotyl von Ricinus schön entwickelt. Im Uebrigen vergleiche man die Figurenerklärung. 17* 260 Dritter Abschnitt. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass die Ausbildung der Organe des Ricinusembryo von der Wurzel durch das hypocotyle Glied zu den Cotyledonen allmählich aufwärts steigt. Bei beginnender Streckung und innerer Entwickelung der Organe tritt reichliche Stärke in den Zellen des Parenchyms auf. Wenn die Streckung schnell fortschreitet, so ist im Parenchym auch viel Zucker vorhanden. Aber die erwähnten Kohle- hydrate verschwinden wieder mit vollendeter Streckung und Ausbildung der Organe aus dem Parenchym ; sie sind eben zur Bildung von Zellstoflf verbraucht worden * ). Es ist angeführt worden, dass im Rinden- und Markgewebe des oberen Theiles des hypocot5»len Gliedes von Ricinus, wenn dasselbe noch ge- krümmt ist und die Cotyledonen noch im Endosperm stecken, reichliche Stärkemengen vorhanden sind. Diese Amylummenge ist, wie ich feststellte, eine so grosse, dass es möglich ist, ihre Gegenwart in einer Vorlesung makroskopisch zu demonstriren. Schnitte aus dem oberen Theil des hypo- cotylen Gliedes werden dazu auf dem Objectträger mit Chloralhydrat und Jodjodkaliumlösung behandelt. Halten die Zuhörer das mit Deckglas bedeckte Präparat gegen das Licht, so können sie sich in Folge der ein- getretenen Blaufärbung des Objects von dem Vorhandensein bedeutender Stärkemengen überzeugen. Auch bei der Keimung der Samen von Raphanus sativus tritt ziemlich viel Stärke auf. Ich fand im sich streckenden Hypocotyl etwa 4 Tage alter Keimlinge der genannten Art, die sich bei 20'' C. entwickelt hatten, reichlichere Amylummengen. Die Wurzel der Keim- pflanzen war recht stärkearm. Im Hypocotyl fand sich die Stärke zumal in der Nähe der Gefässbündel, aber auch im übrigen Paren- chym. Wenn in den Keimtheilen ölreicher Samen reichlich Stärke auftritt, so enthalten meist auch die im ruhenden Samen amylumfreien Cotyledonen bei Beginn der Keimung mehr oder minder grosse Stärke- mengen und die stickstofffreien Körper wandern in Form von Kohle- hydraten. Wenn sich dagegen Fettwanderung geltend macht (z. B. bei Linum), dann sind die Cotyledonen stets stärkefrei, und Kohle- hydrate treten auch in den übrigen Organen der Keimpflanze meist nur in geringerer Quantität auf. 123. Die Keimung der Samen Yon Phaseolus multiflorns. Ein sehr günstiges Object für das Studium einer Reihe von Stofi"- wechselprocessen sowie mancher Erscheinungen der Stoffwanderung in der Pflanze bietet der keimende Same der Schminkbohne (Phaseolus multiflorus) dar ^). Die Samenschale der Bohne besteht, wovon man sich bei dem Studium von Querschnitten überzeugen kann, aus vier Schichten. Die innerste Schicht besteht aus zusammengedrückten Zellen. Es folgt dann eine aus mehreren Zelllagen zusammengesetzte Schicht, und zwar führen die Zellen, wenn man es mit bunten Samen zu thun hat, einen rothen Farbstoff. An diese Schicht schliesst sich 1) Vgl. Sachs, Botanische Zeitung, 1859, S. 177, vgl. femer Detmer, Ver- gleichende Physiologie des Keimungsprocesses der Samen, 1880, S. 316, und iL Schmidt, tlora, 1891, S. 320, 342 und 344. 2) Vgl. Sachs, Sitzvmg^berichtc der Akadem. d. Wiss. zu Wien, 1859, Bd. 37, S. 57, und Detmer, Vergleichende Physiologie des Keimimgsprocesses der Samen, 1880, S. 308. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 261 eine dritte an, die aus recht kleinen Zellen besteht, und endlich folgt die Palissadenschicht, deren Elemente radial zur Samenoberfläche ge- streckt und stark verdickt sind. Gruppen von Palissadenzellen führen einen schwarzen Farbstoff, wodurch die Samen ihr geflecktes Aus- sehen erlangen. Um recht günstige Präparate aus der Samenschale zu gewinnen, ist es nach meinen Erfahrungen zweckmässig, die Bohnen zunächst 24 Stunden lang einzuquellen und dann 12 Stunden lang austrocknen zu lassen. Das auf diese Weise vorbereitete Material lässt sich gut zur Herstellung dünner Querschnitte der Samenschale ver- wenden. Die Samenschale umschliesst den Embryo, welcher aus den beiden grossen Cotyledonen und der Keimaxe (Wurzel, hypocotyles Glied, erstes Stengelglied, Terminalknospe) mit den beiden Primordial- blättern zusammengesetzt ist. Man überzeugt sich leicht davon, dass die Cotyledonen, da ihre nach innen gerichteten Flächen concav sind, einen Hohlraum zwischen sich lassen, und dass die Axe des Embryo knieförmig gebogen ist. Die Cotyledonen bestehen aus der Epidermis, dem mächtig entwickelten Parenchym und den dieses durchziehenden Gefässbündeln. Die Epidermiszellen führen keine Stärke, dagegen sind die Elemente des Parenchyms sehr stärkereich. Ueberdies führen sie Eiweissstoffe, wovon man sich bei der Behandlung von Schnitten aus den Cotyledonen mit Jod und FEHLiNG'scher Lösung überzeugen kann. Die Zellen der Gefässbündel sind amylumfrei; sie führen aber Eiweissstoffe. Feine Querschnitte durch die Keimaxe lehren, dass diese aus der Epidermis, dem Rinden- sowie Markparenchym und der dazwischen liegenden Gefässbündelregion zusammengesetzt ist. Die Primordialblätter besitzen einen Stiel sowie eine Lamina. Wird ein Blatt auf dem Objectträger im Wassertropfen ausgebreitet, mit Deckglas bedeckt und mikroskopischer Betrachtung unterzogen, so kann man sich von dem Vorhandensein der Nerven in der Lamina überzeugen. Alle Zellen des Parenchyms dieser letzteren sind stärkefrei, führen aber Eiweissstoffe. Werden Bohnensamen in feuchte Erde eingelegt, so beginnt die Keimung alsbald. Die junge Pflanze wächst auf Kosten der in den Cotyledonen vorhandenen Reservestoff'e. Man achte besonders bei der Betrachtung der sich entwickelnden Keimpflanzen auf das zuerst er- folgende Hervorbrechen der Wurzel aus der Samenschale, auf das Hervortreten des an seiner Spitze gekrümmten Stengels, auf die Entstehung der Nebenwurzeln, die Bildung der Wurzelhaare sowie der Haare am Stengel, welche am ruhenden Keim noch fehlen, auf das Wachsthum der Primordialblätter und die Differenzen, welche sich bei der Keimung im Dunkeln einer- und bei Lichtzutritt andererseits herausstellen etc. Mit Bezug auf das Verhalten des plastischen Materials bei der Keimung ist namentlich das Folgende zu bemerken. Hat die Wurzel eine Länge von 2—3 cm erreicht, so finden sich in der Rinde und dem Mark der Wurzel sowie des hypocotylen Gliedes viele kleine Stärkekörner, während die Zellen der Axe des Embryo vor Beginn der Keimung gewöhnlich nur wenig Amylum führten. Glycose ist, wie man bei Behandlung von Schnitten mit Kupferlösung und Kali constatiren kann , in den Rinden- und Markzellen der Axe vorhanden, während sich Eiweissstoffe zumal in der Gefässbündelregion vorfinden. Indem sich bei dem Fortgang der Keimung die Wurzel verlängert und das erste Stengelglied bedeutend streckt, verschwindet das Amylum 262 Dritter Abschnitt. aus den fertig gestreckten Zellen der Rinde sowie des Markes. So z. B. sind die Zellen der Rinde und des Markes an der Basis des Stengels alsbald amylumfrei, während Rinde und Mark der höheren Theile des Stengels noch Stärke führen. Endlich verschwindet diese aber auch. Ebenso verschwindet das Amylum in dem Maasse aus den Primordialblättern , in welchem sich diese ausbilden. Ist die Streckung des ersten Stengelgliedes vollendet, so sind Rinde und Mark desselben völlig stärkefrei. Nur die bei der Bohne sehr schön entwickelte Stärkescheide, welche aus einer Zellenlage besteht und den Gefässbündelkreis umgiebt, führt noch reichlich Amylumkörner. Die Mark- und Rindenzellen, welche ihre Stärke verloren haben, führen jetzt Zucker, der aber auch mehr und mehr verschwindet, wenn die Keimung ihrem Ende naht. EiweissstoflPe sind besonders reichlich, wie sich mit Hülfe von Kupferlösung und Kali feststellen lässt, im Siebtheil der Gefässbündel vorhanden. Wenn sich die Primordialblätter völlig entwickelt haben, so kann das Keimungsstadium der Bohnen- pflanze als abgeschlossen betrachtet werden. Die Cotyledonen sind fast völlig frei von Reservestoffen. Schnitte, die man mit Kupferlösung und Kali behandelt, färben sich nicht mehr violett, da kein Ei weiss vorhanden ist, sondern hellblau. Der Amylumgehalt der Cotyledonen ist nur noch ein geringer. Die Auflösung der Stärkekörner in den Keimblättern beginnt sofort, wenn das Leben im Keim angeregt wird, und zwar sind es die der Axe zunächst liegenden Zellen der Cotyledonen, in denen die Stärkekörner zuerst angegrifien werden. Wenn das erste Stengelglied der Bohnen- keimpflanzen in lebhafter Streckung begriffen ist, so sind bereits reichliche Mengen corrodirter Amylumkörner, freilich neben noch unversehrten, in den Zellen der Cotyledonen vorhanden, und fernerhin greift der Process der Amylumauflösung immer weiter um sich. 124. Die Keimung von Triticum vulgare. Handelt es sich darum, die Natur der ruhenden Weizenfrucht genauer kennen zu lernen, so ist nicht das trockene Korn, sondern es sind bis zu einem gewissen Grade in Wasser aufgeweichte Körner zur Herstellung der erforderlichen Schnitte zu benutzen. Die Frucht besteht aus der Frucht- und Samenschale, die wir bereits an anderer Stelle besprachen, dem Endosperm und dem Embryo. Wir stellen zunächst Querschnitte durch ein Korn her und constatiren, dass die äusserste Schicht des Endosperms eine einfache Lage auf dem Quer- schnitt fast quadratisch erscheinender Zellen darstellt, deren Mem- branen stark verdickt sind, und die körnige Masse als Inhaltsstoflfe führen. Stärkekörner sind in diesen Zellen nicht vorhanden ; sie führen aber, wie sich leicht mit Hülfe von Jod oder schwefelsaurem Kupfer- oxyd und Kali ermitteln lässt, reichliche Eiweissmengen. Die Haupt- masse des Endosperms zeigt sich aus Zellen von rundlichem Querschnitt zusammengesetzt, die Stärkekörner von verschiedener Grösse sowie Eiweissstoffe enthalten. Letzteres ist bei Behandlung von Schnitten mit schwefelsaurem Kupferoxyd und Kali festzustellen. Der Embryo liegt dem Endosperm seitlich an. Für das Studium des Keims sind mediane Längsschnitte durch das Weizenkorn anzufertigen, und die Betrachtung derselben zunächst bei schwacher, dann bei stärkerer Die Stoffwechsel processe im vegetabilischen Organismus. 263 Vergrösserung, führt uns ein complicirtes Bild vor das Auge. (Vergl. Fig. 71). Zunächst ist auf denjenigen Theil des Embryos hinzu- weisen, der direct an das Endosperm angrenzt. Es ist das Schild- chen (Scutellum) , welches unsere besondere Aufmerksamkeit er- fordert. Dasselbe besteht seiner Hauptmasse nach aus kleinen, ab- gerundeten Zellen ; nur die an das Endosperm anschliessende Zellschicht des Schildchens ist, wie man namentlich bei Behandlung der Schnitte mit Kalilauge deutlich sieht, von anderer Beschaffenheit. Die Zellen dieses Epithels des Scutellums sind nämlich von gestreckter, cylin- drischer Form. Am oberen Theil des Keims erkennen wir weiter das geschlossene Scheidenblatt, die jungen Laubblattanlagen und den Vegetationskegel. Die Wurzel des Weizenembryos ist von einer Wurzelscheide (Coleorhiza) umschlossen, und zwar ist die Grenze zwischen jener und dieser scharf durch eine helle Linie markirt Amylum oder Glycose sind weder in den Zellen des Schildchens noch in denjenigen der übrigen Theile des Keims vorhanden. Dagegen führen die sämmtlichen Zellen des Embryos reichliche Eiweissquantitäten. Zu bemerken ist noch, dass auch das Endosperm des ruhenden Weizenkornes keinen Zucker enthält. Werden angequollene Weizenkörner auf in Wasser liegende Bim Steinplatten gebracht, so beginnt die Keimung alsbald, indem die Organe des Embryos auf Kosten der ihnen aus dem Endosperm zukommenden plastischen Stoffe wachsen. Die Wurzel tritt hervor, und die ersten Seitenwurzeln, welche sich fortan lebhafter als jene entwickeln, kommen zum Vorschein. Ebenso erfahren die Blattanlagen schnell eine bedeutende Streckung, sie bleiben aber noch zu- nächst von dem lebhaft wachsenden ersten scheidenförmigen Blatt umschlossen. (Vgl. Fig. 113.) Der Stengel entwickelt sich erst später. Das Keimpflanzenmaterial muss nun von Zeit zu Zeit untersucht werden, wenn es sich darum handelt, Aufschluss über die Stoffwechselprocesse bei der Keimung zu erlangen. Bald nach Be- ginn der Keimung treten im Endosperm be- deutende Glycosemengen auf, wie mit Hülfe von schwefelsaurem Kupferoxyd und Kali leicht festzustellen ist. Das Schildchen, welches bei der Keimung im Weizenkorn stecken bleibt, vermittelt den Uebertritt des gesammten plastischen Materials aus dem Endosperm in den Keim, aber es ist wichtig, dass die Zellen des Scutellums niemals Zucker führen. Das Cylinderepithel dient dem Schildchen als Saugorgan, und wenngleich in den Epithelzellen niemals die Gegenwart von Amylum oder Glycose nachzuweisen ist, so enthalten die übrigen Zellen des Schildchens doch alsbald nach Beginn der Keimung transitorische Stärke. Die Gegenwart dieses Körpers ist namentlich bei Behandlung von Schnitten mit Kali, Essigsäure und verdünnter Jodlösung in den Zellen des Scutellums leicht festzustellen. Uebrigens ist hier zu be- merken, dass die gekeimten Weizenkörner, um für die Untersuchung Figr.113. Keimpflanze von Triticum vulgare. 264 Dritter Abschnitt. brauchbare Schnitte herzustellen, etwas ausgetrocknet werden müssen. Eiweissstoffe werden der sich entwickelnden Keimpflanze ebenso wie stickstoflffreie Körper unter Vermittelung des Schildchens aus dem Endosperm zugeführt. Haben sich die Weizenkeimlinge z. B. 5 Tage lang bei gewöhnlicher Zimmertemperatur entwickelt, so ist es nament- lich leicht, die Gegenwart grösserer Eiweissmengen mit Hülfe von schwefelsaurem Kupferoxyd und Kali in den jüngeren Theilen der Wurzeln sowie in den einander diametral gegenüberstehenden Gefäss- bündeln des Scheidenblattes nachzuweisen. Dieses letztere wächst jetzt noch sehr lebhaft und ist dem entsprechend auch reich an plastischem, aus dem Endosperm stammendem Material. Im Parenchym des Scheidenblattes sind zahlreiche Stärkekörner leicht zu erkennen, deren Menge sich in dem Maasse vermindert, in welchem das Wachsthum der Scheide mit fortschreitender Keimung allmählich erlischt. Auch die Zellen der übrigen wachsenden Blätter führen Amylumkörner. Das Vorhandensein von Glycose habe ich zu keiner Zeit in irgend einem Theil des Weizenembryos nachweisen können (die von mir untersuchten Keimpflanzen entwickelten sich im Dunkeln) ; es ist nur im Endosperm des keimenden Weizens Glycose zugegen. Uebrigens ist es gar nicht ausgeschlossen, dass unter bestimmten Umständen Glycose auch im Embryo der Weizenkeimpflanze auftritt. Die Zellen des Endosperms werden natürlich mit fortschreitender Entwickelung der Keimpflanze immer ärmer an Reservestoften (Eiweissstoö"en sowie Amylum), und wenn man kleine Mengen des ziemlich erschöpften Endospermgewebes im Wassertropfen auf dem Objectträger vertheilt, so lassen sich bei möglichst starker Vergrösserung neben noch un- versehrten Amylumkörnern andere erkennen, die in Folge der Ein- wirkung des bei der Keimung des Weizens entstehenden diastatischen. Fermentes corrodirt und gleichsam zerfressen erscheinen '). 125. Die £eimun^ der Kartoffelknollen. Das Gewebe der Kartoffelknollen besteht fast ausschliesslich aus dünnwandigem, stärkeführendem Parenchym. Es ist nämlich nicht allein das Mark- sowie das Rindengewebe der Hauptsache nach von solcher Beschaffenheit, sondern ebenso fast das gesammte Gewebe der im Kreise angeordneten Gefässbündel besitzt parenchymatische Natur und führt Stärkekörner von verschiedener Grösse. Im Holz- theil der Gefässbündel sind nur einzelne Gruppen verholzter Elemente (Gefässe und Holzfasern) vorhanden, während im Basttheil einzelne Stränge vorkommen, deren Zellen kein Amylum, wohl aber Eiweiss- stoffe enthalten. Das Rindenparenchym der Kartoffelknolle wird von innen nach der Schale zu kleinzelliger und stärkeärmer. Dagegen führen die Rindenzellen dicht unter der Schale häufig im Zellsaft ge- löste Farbstoffe etc. Die Schale der Knollen besteht aus Korkgewebe, dessen Zellen tafelförmige Beschaffenheit besitzen. Ich habe mich oft davon überzeugt, dass die Keimung solcher Kartoffeln, die man im Herbst in einen mit einem nicht luftdicht schliessenden Deckel versehenen Kasten legt, lange auf sich warten lässt. Die Knollen machen unter gewöhnlichen Umständen eine Ruhe-. 1) Vgl. Sachs, Botan. Zeitung, 1862. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 265 Periode vor der Keimung durch. Diese letztere beginnt erst etwa zu Neujahr, indem einzelne Knospen gewisser Augen (zumal solcher, welche in der Nähe des dem Nabelende entgegengesetzten Theiles der Knollen stehen) sich langsam durch Wachsthum vergrössern. Wir lassen die Knollen nun ruhig bei Lichtabschluss und ohne ihnen Wasser zuzuführen liegen. Anfang März sind bereits manche Triebe der Knollen einige Centimeter lang geworden und es sind schuppen- artige Blättchen an denselben sichtbar. Auf Querschnitten durch den Stengeltheil der Triebe ist es leicht, die Epidermis, das Parenchym der Rinde sowie des Markes, und den Gefässbündelkreis zu erkennen. Sucht man die Stotfvertheilung in den Trieben von verschiedenen Ent- wickelungszuständen mit Hülfe der bekannten mikrochemischen Methoden festzustellen , so ergiebt sich zumal das Folgende. Das Parenchym sehr junger Triebe enthält viel Stärke. Wenn die Zellen des Parenchyms sich mit zunehmendem Alter lebhaft strecken, so sind sie zumal glycosereich. Eiweissstoffe sind im Weichbast der Gefäss- bündel auf der Wanderung begriffen. Das Cambium , die Stengel- vegetationspunkte und die in den Internodien entstehenden Anlagen der Nebenwurzeln, welche, wie ich oft constatirte, bei solchen Trieben, die sich in Contact mit trockener Luft entwickeln, die Epidermis nicht durchbrechen, enthalten nur Eiweissstoffe, wie es denn überhaupt eine allgemeine Erfahrung ist, dass in denjenigen Geweben, z. B. dem Cambium , deren Zellen sich in sehr lebhafter Theilung befinden, Kohlehydrate in Folge des ausserordentlich schnellen Verbrauchs derselben nicht nachgewiesen werden können. Auf Details gehe ich hier nicht näher ein; sie sind übrigens leicht festzustellen'). Vergl. auch unter 126. 126. Der Einfluss der Teniperaturverhaitnisse auf den Zuckergehalt der Kai*toftclkiiollen. Die Untersuchung der Kartoffelknollen auf ihren Zuckergehalt bietet hohes Interesse dar, da derartige Prüfungen Resultate liefern, die für die Beurtheilung einer ganzen Reihe physiologischer Fragen von Interesse sind. Die Untersuchung selbst führt man in der Weise aus, dass man die Knollen (etwa 4 Stück) auf dem Reibeisen oder mittelst einer breiten Feile (Raspel) zu einem feinen Brei zerreibt, denselben auf ausgekochte Leinwand, die in einer grossen Porzellan- schale liegt, bringt und mit der Hand auspresst. Man spült das Reibeisen oder die Feile, sowie die Hände mit Wasser ab, mischt das Spülwasser mit dem Pressrückstand, presst abermals aus und wiederholt diese Operationen noch zwei Mal. Die gewonnenen Flüssigkeitsmengen werden in einen Kolben von V2 Liter Capacität gebracht. Man füllt bis zur Marke auf, versetzt eine gewisse Flüssigkeitsmenge zur Fällung von Eiweiss etc. mit etwas Bleiessig, filtrirt und ermittelt im Filtrat mit Hülfe der FEHLiNo'schen Lösung den Zuckergehalt. Eben gereifte Kartoffeln enthalten Zucker. Werden ungekeimte Knollen untersucht, die längere Zeit (einige Wochen) im warmen Zimmer bei 15 — 20'* C. verweilt haben, so zeigt sich, dass diese Knollen zuckerfrei sind. Werden derartige zuckerfreie Kartoffeln etwa 14 Tage lang in einem 1) Vgl. H. DE Vries, Landwirthsch]. Jahrbücher, Bd. 7, S. 217. 266 Dritter Abschnitt. Eaum (z. B. in einem Keller) aufbewahrt, in welchem die Temperatur nicht unter 0" sinkt, aber auch nicht über 2 — 3" C. steigt, so sind sie süss geworden und enthalten viel Zucker. Besonders zweckmässig ist es, die Knollen bei Abkühlungsversuchen in einen in einem Keller auf- gestellten Thermostaten zu bringen , der aus einem doppeltwandigen Zinkblechgefäss hergestellt ist. Der Zwischenraum zwischen den Wänden wird mit Eis angefüllt, und zum Verschliessen des Apparates benutzt man keinen gewöhnlichen Deckel, sondern ein mit Eis angefülltes Blechgefäss. Die Knollen sind also im Thermostaten einer constanten Temperatur von 0*^ C. ausgesetzt. Näheres über einen solchen Thermostaten vergl. unter 49. Werden Kartoffeln, die keinen oder nur wenig Zucker enthalten, in ein Glasgefäss gebracht, dieses in eine Kältemischung (Schnee oder Eis und Kochsalz) gestellt und auf diese Weise bewirkt, dass die Knollen schnell gefrieren und klingend hart werden, so ergiebt die Untersuchung der in gefrorenem Zustande zer- riebenen und mit Wasser extrahirten Knollen keine Veränderung in ihrem Zuckergehalte. Die hier erwähnten Thatsachen sind zuerst von MÜLLER-Thurgau constatirt worden ^). Einige bezügliche Angaben finden sich auch in einer von mir publicirten Abhandlung -). Müller- Thurgau hat nachgewiesen, dass das Verhältniss zwischen den Pro- cessen der Zuckerbildung und der Athmung in den Kartoffelknollen bei verschiedenen Wärmegraden ein sehr verschiedenes ist, und dass es bei der Erklärung der festgestellten Erscheinungen, wenn auch nicht ausschliesslich, so doch in erster Linie darauf ankommt, diesen Gesichtspunkt nicht aus dem Auge zu verlieren. Bei höherer Tem- peratur (etwa 15 — 20" C.) verläuft die Athmung relativ energisch, so dass der Zucker in dem Maasse, wie er sich bildet, verbraucht wird und sich nicht in den Knollen anhäufen kann. Bei niederer Temperatur (z. B. 0 — 3° C.) wird mehr Zucker aus der vorhandenen Stärke ge- bildet, als die unter diesen Umständen schwache Athmung zu ver- brauchen im Stande ist. Daher tritt bei niederen Wärmegraden Zuckeransammlung in den Knollen ein. Das Gefrieren der Kartoffel- knollen selbst ist ohne Einfluss auf den Zuckergehalt derselben. Ueber Ausführung von Beobachtungen über Athmung vergl. unter 102. 137. Das Reifen der Früchte und Samen. W^ird ein dünner Querschnitt aus dem reifen Samen von Brassica Napus untersucht, so zeigt sich, dass die Samenschale aus einer Reihe verschiedener Schichten besteht. Von aussen nach innen folgt zunächst auf eine aus zusammengedrückten Zellen bestehende, farblose Schicht eine andere, die aus braun gefärbten Zellen , deren Lumina ziemlich deutlich sind, zusammengesetzt ist Daran schliesst sich eine aus zu- sammengedrückten, braunen Zellen bestehende Schicht. Es folgt eine vierte Schicht, deren Zellen stark verdickt sind und deutliche Lumina erkennen lassen, während die fünfte Schicht ebenso wie die erste keine zellige Structur mehr zeigt. Die zweite und dritte Schicht der Samenschale bedingen die braune Färbung des Samens. In den 1) Vgl. 2) Vgl. Vgl. MÜLLER-Thurgau, Landwirthschl. Jahrbücher, Bd. 11, S. 751. . Vgl. Detmer, Pflanzenphvsiologische Untersuchungen über Fermentbildung und fermentative Processe, 1884, Ö. 41. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 267 Zellen der gefalteten Cotyledonen sind reichliche Eiweiss- und Fett- mengen vorhanden. Stärke fehlt dem reifen Samen vollkommen. Die sich entwickelnden noch unreifen Samen enthalten aber viel Amylum. Dasselbe strömt ihnen aus den Assirailationsorganen der Rapspflanze zu und wird schliesslich vollkommen zur Fettbildung im Samen verbraucht. Wir stellen Querschnitte aus einer grünen Schote von Brassica Napus (ich untersuchte z. B. am 20. Mai 6 — 8 cm lange Schoten) her. Zwischen den beiden Fruchtblättern sieht man bei der Untersuchung die falsche Scheidewand. Das Fruchtgewebe selbst besteht aus einer stark cuticularisirten Epidermis, grünem und farb- losem Grundgewebe, sowie einer Anzahl Gefässbündel. Die jungen Samen sitzen an den verwachsenen Rändern der Fruchtblätter. Be- handelt man Querschnitte mit Chloralhydrat und Jodjodkaliumlösung, so zeigt sich, dass Frucht- und Samengewebe viel Stärke enthalten. Das Hypanthium der reifen Birnen ist bekanntlich sehr zucker- reich. Da nun die Frucht selbst nur wenig Chlorophyll enthält, so muss ihr auf jeden Fall das meiste Material, dessen sie zu ihrer Aus- bildung und zur Erzeugung des in dem Hypanthiumgewebe abgelagerten Zuckers bedarf, zugeführt werden. Der Fruchstiel vermittelt die Zu- leitung des plastischen Materials. Stellt man Querschnitte aus dem Fruchtstiel der Birne her (ich untersuchte dieselben z. B. am 8. Juni), so lässt sich der Gefässbündelkreis zwischen der Rinde und dem Mark sofort selbst bei schwacher Vergrösserung erkennen. Der Basttheil der Gefässbündel besitzt nach aussen zu einen starken Beleg von Bastfasern. An diese letzteren grenzt unmittelbar eine Zellenschicht (die Stärkescheide), in deren Elementen man reichliche Amylummengen beobachtet. Im Parenchym des Hypanthiums der Birnen fand ich am 8. Juni wenig Stärke, nur einzelne Zellen ent- hielten dieselbe, offenbar ein Beweis dafür, dass das Amylum sehr schnell verbraucht wird. In einem noch früheren Entwickelungsstadium der Birne (am 2. Mai) konnte ich selbst durch Behandlung dünner Schnitte des Hypanthiums mit Chloralhydrat und Jodjodkaliumlösung keine Stärke in den Zellen nachweisen. Wenn man von einer Phaseolusblüthe die Blumen- sowie Kelch- blätter entfernt und den noch übrigen Theil der Blüthe zur Her- stellung von Querschnitten benutzt, so erblickt man bei der Unter- suchung den monomeren Fruchtknoten, umgeben von der geschlitzten Staubfadenröhre. Bei Phaseolus und vielen anderen Papilionaceen sind ja von den 10 Staubgefässen nur 9 mit einander verwachsen ; ein Staubgefäss ist frei. Der Fruchtknoten trägt die Ovula an seiner Bauchnäht. Nach Sachs \) ist bei dem Reifen der Früchte und Samen von Phaseolus (Ph. vulgaris) namentlich das Folgende zu con- statiren. Sogleich nach dem Abblühen findet sich sowohl in den Zellen der äusseren grünen als auch in denjenigen der inneren farblosen Schicht des Fruchtknotens keine Stärke. Nur in unmittelbarer Nähe der Gefässbündel an der Bauch- und Rückennaht ist wenig Amylum vorhanden. Der Embryosack enthält keine Stärke (wohl in Folge starken Verbrauchs derselben). Amylum ist aber in der Umgebung des Embryosackes und im Parenchym des Funiculus vorhanden. Hat die Frucht eine Länge von 3 cm erreicht, so enthält die äussere grüne 1) Vgl. Sachs, Pringshelm's Jahrbücher f. wissenschl. Botanik, Bd. 3, S. 231. 268 Dritter Abschnitt. Schicht des Fruchtknotens Stärke, die innere farblose aber keine, da- gegen viel Zucker. Im P'uniculus und in nächster Umgebung des Embryosackes ist Stärke vorhanden. Der noch sehr kleine Embryo ist stärketrei. Schreitet die P'rucht- und Samenentwickelung weiter fort, so ist immer noch viel Stärke (aber kein Zucker) in dem Paren- chym des als Zuleitungsorgan dienenden Funiculus zu finden, und auch in den Cotyledonen des sich ausbildenden Embryos häuft sich allmählich viel Amylum an. Es sind mir Falle vorgekommen, in denen weder im Embryosack noch im Gewebe des Knospenkernes und Funiculus (wohl in Folge sehr lebhaften Wachsthums der Zellen) Stärke oder Zucker nachzu- weisen waren. Ich untersuchte am 4. Mai Blüthen von Tulipa syl- vestris und fand in den Zellen der anatropen Samenknospen, die der dreifächerige Fruchtknoten in grosser Zahl beherbergt, nur reichliche Eiweissmengen, aber weder Stärke noch Glycose. 138. Die Gewinnung des für quantitative chemisclie Unter- sucliungen über Stoffwechselprocesse erforderliclien Materials. Eine der wichtigsten, aber zugleich auch schwierigsten und mühe- vollsten Aufgaben bei quantitativ - chemischen Untersuchungen über Stoffwechselprocesse im Organismus der Pflanzen besteht in der Ge- winnung des geeigneten Materials. Am zweckmässigsten ist es, Keim- pflanzen bei derartigen Beobachtungen, z. B. bei dem Studium über das Verhalten der Stärke oder der Fette, zu benutzen. Zunächst sucht man sich Samenmaterial von gleichförmiger Ausbildung der einzelnen Individuen sowie hoher Keimfähigkeit zu verschaffen, bestimmt den Trockensubstanzgehalt desselben , indem man zur Erlangung eines Mittelwerthes mehrere Proben des durch Zermahlen der Samen auf einer Handmühle hergestellten Samenpulvers bei 102 " C. trocknet, und berechnet alle Ergebnisse der Samenuntersuchung auf Samentrocken- substanz. Die zur Gewinnung der Keimpflanzen zu benutzenden Samen müssen genau gewogen werden ; ihr Trockensubstanzgewicht lässt sich somit leicht berechnen. Das Einquellen der Samen, die Cultur der Keimpflanzen und die Ermittelung des Trockensubstanzgewichts dieser letzteren werden in derselben Weise ausgeführt, wie dies bei der ex- perimentellen Behandlung der Frage nach der Verwerthbarkeit des freien atmosphärischen Stickstoffs für die Pflanzen geschehen ist (vgl. unter 19). Die Keimpflanzen müssen sich aber natürlich bei völligem Lichtabschluss , z. B. in einem Schrank, entwickeln und brauchen nicht unter Glasglocken zur Ausbildung zu gelangen. Die hauptsächlichste Schwierigkeit bei den Untersuchungen be- steht darin, gleichförmig ausgebildetes Keimpflanzenmaterial zu ge- winnen. Legt man eine Anzahl Samen zum Keimen aus, so kommt es sehr oft vor, dass manche Keimpflanzen sich kräftig, andere schwäch- lich entwickeln, oder dass einige Samen gar nicht keimen und faulen. Beim Experimentiren mit manchen Samen (z. B. Weizen oder Erbsen) erhält man übrigens bei einer Anzahl von Culturen solche, die durch- aus befriedigend ausfallen, bei denen also alle benutzten Samen nahe- zu gleichförmig ausgebildete Keimpflanzen geliefert haben, und das ist ja der denkbar günstigste Fall. Experimentirt man mit kleinen Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 2G9 Samen (Raps, Mohn), die man am besten nach dem Anquellen auf im Wasser liegenden Bimssteinplatten, auf feuchtem Filtrirpapier oder feuchter Glaswolle zur Keimung bringt, so ist es zweckmässig, die Samen zu zählen, das mittlere Gewicht eines Samens zu berechnen, die nicht gekeimten Samen zu zählen und ihr ursprüngliches Gewicht von dem anfänglichen Gewicht der benutzten Samenquantität in Ab- zug zu bringen. Wenn nicht zu viele Samen schlecht oder gar nicht keimen, so bringt dieses Verfahren keine allzu grossen Fehler mit sich. Bei Versuchen mit grossen Samen (Bohnenarten) ist es zweck- mässig, jedes einzelne Untersuchungsobject individuell zu behandeln. Jeder einzelne Same wird für sich gewogen, nach dem Quellen auf feuchter Glaswolle an gekeimt und dann jede einzelne Keimpflanze in einem besonderen Glase, welches destillirtes Wasser enthält, zur weiteren Entwickelung gebracht, in ähnlicher Weise, wie dies bei der Handhabung der Methode der Wassercultur geschieht (vgl. unter 1). Auf mancherlei kleine Vorsichtsmaassregeln, die aber dennoch von Wichtigkeit sind, um brauchbares Keimpflanzenmaterial zu gewinnen, wird man bei der Ausführung der Arbeiten leicht selbst aufmerksam werden. Handelt es sich um ein vergleichendes Studium der Abhängigkeit der Stoff"wechselprocesse von den Temperaturverhältnissen, so müssen die Samen natürlich in Thermostaten (vgl. unter 77) bei verschiedenen Wilrmegraden zur Keimung gebracht werden. 129. Quantitativ- chemische üiitersuchungen über das Verhalten der Fette und Kohlehydrate beim pflanzlichen Stoffwechsel '). Das Studium derjenigen Vorgange, die sich bei der Keimung der Samen geltend machen, ist sehr geeignet, uns Aufschluss über das Verhalten der Fette und Kohlehydrate beim Stoffwechsel zu geben. W^ir suchen zunächst die procentische Zusammensetzung der Samen und diejenige der Keimungsproducte, welche in der unter 128 ange- gebenen Weise gewonnen worden sind, zu ermitteln und rechnen dann, um vergleichbare Zahlen zu gewinnen, die Ergebnisse dieser Unter- suchungen auf 100 g Samentrockensubstanz und auf die aus 100 g Samentrockensubstanz hervorgegangene Menge Keimpflanzentrocken- substanz um. Hatten 100 g Samensubstanz z. B. 90 g Keimpflanzen- substanz ergeben, so müssen die für die procentische Zusammensetzung der Keimpflanzen gefundenen Werthe auf 90 g umgerechnet werden. Die Analyse der Samen sowie Keimpflanzen wird in folgender Weise ausgeführt. Etwa 3 g Samen- oder Keimpflanzentrockensubstanz werden in sehr fein zerriebenem Zustande in der unter 120 angegebenen Weise mit Aether zur Fettbestimmung extrahirt. Den Rückstand von der Fettbestimmung digerirt man wiederholt einige Zeit mit Wasser von gewöhnlicher Zimmertemperatur, filtrirt und füllt das Filtrat auf 200 ccm auf. Je 50 ccra dienen zur Zuckerbestimmung (vgl. unter 1) Neuerdings sind viele werthvolle Methoden aufgefunden worden, um die Menge der einzelnen in den Samen und Keimpflanzen vorhandenen Körper genau festzustellen. Hier ist nicht der Ort, auf solche Details einzugehen. Man vergleiche daher die neuere agriculturchemische Literatur und KöNiG's mehrfach citirtes Buch. 270 Dritter Abschnitt. 115), je 50 ccm, nachdem man die Flüssigkeit mit etwas Schwefel- säure gekocht hat, zur Dextrinbestimmung (vgl. unter 116). Den mit Wasser erschöpften Rückstand oder besser etwa 3 g neuer Samen- resp. Keimpflanzensubstanz (nur bei sehr fettreichen Samen oder Keimpflanzen muss das Fett zunächst entfernt werden) übergiesst man in einem 500 ccm fassenden Kolben mit 200 ccm Wasser, kocht längere Zeit bis zur völligen Verkleisterung der Stärke und digerirt die Flüssigkeit noch etwa 2 Stunden lang bei 70 " C, nachdem man ihr einige Tropfen Salzsäure zugefügt hat. Man füllt nach dem Erkalten bis auf 500 ccm auf, lässt ruhig stehen und filtrirt 200 ccm durch ein nicht befeuchtetes P'ilter klar ab. Das Filtrat vermischt man mit 15 ccm 25-proc. Salzsäure, kocht 3 Stunden lang unter Ersatz des verdunstenden Wassers und füllt nach dem Erkalten wieder bis auf 200 ccm auf. In je 50 ccm Flüssigkeit ermittelt man mit Hülfe der FEHLiNo'schen Lösung den Zucker, dessen Menge dann auf Stärke umgerechnet wird (vgl. unter 111)^). Den Rückstand von der Behandlung mit Salzsäure kocht man eine halbe Stunde lang mit 200 ccm 1-proc. Kalilauge aus, filtrirt und kocht die auf dem Filter gesammelte Masse eine halbe Stunde lang mit 200 ccm Wasser. Der nun noch bleibende Rückstand wird auf einem gewogenen Filter gesammelt, mit Alkohol und Aether aus- gewaschen, getrocknet und gewogen. Von der Menge der erhaltenen Rohfaser ist die in ihr vorhandene und zu bestimmende Quantität Asche sowie die Menge an Eiweissstoffen in Abzug zu bringen. Besondere Proben der Samen- und Keimpflanzensubstanz dienen zur Ermittelung des Aschengehaltes derselben. Ebenso ist die Quan- tität der in den Samen sowie den Keimpflanzen vorhandenen Eiweiss- stofiFe, eventuell auch die Menge des vorhandenen Asparagins etc. festzustellen (vgl. unter 99). Bei der Berechnung der procentischen Zusammensetzung der Samen und Keimpflanzen auf Grund der Resultate der angeführten Untersuchungen bleibt stets ein nicht unerheblicher Rest. Die Menge der „unbestimmten Stofi'e" muss aber mit aufgeführt werden. lieber die Bedeutung quantitativ-chemischer Untersuchungen beim Studium des Stoff"wechsels habe ich mich an anderer Stelle eingehend ausgesprochen ^). Hier sei nur erwähnt, dass man sich mit Hülfe der quantitativ-chemischen Methode z. B. darüber Klarheit verschaffen kann, in welchem Verhältniss die beim Stoffwechsel verschwindende Stärkemenge zu der Menge der verschwindenden Trockensubstanz steht, wie viel Zucker unter bestimmten Umständen entsteht, wie gross die Menge des Amylumquantums ist, das bei der Keimung fettreicher Samen gebildet wird, wenn eine gewisse Fettmenge ver- schwunden ist, etc. etc. Alle diese Fragen haben ein hohes wissen- schaftliches Interesse ^). 1) Vgl. auch König, Untersuchung landwirthschl. wichtiger Stoffe, 1891, S. 231. 2) Vergl. Detmer, Vergl. Physiologie d. Keimungsprocesses der Samen, 1890. 3) Vgl. am soeben angegebenen Orte auch die Literatur. Ferner vgl. Detmer, Physiol. Untersuchungen über die Keimung ölhaltiger Samen und die Vegetation von Zea Mays, 1875 ; Detmer in Wollxy's Forschungen auf dem Gebiete der Agri- culturphysik, Bd. 2, und Sachsse, Ueber einige ehem. Vorgänge bei der Keimimg von Pisum sativum, 1872. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 271 IV. Die Nebenproducte des pflanzlichen Stoffwechsels. 130. Die organischen Säuren der Pflanzen. Die organischen Säuren in den Pflanzen sind nicht als Assi- milationsproducte anzusehen, sondern sie entstehen, wie unter 131 noch specieller gezeigt werden soll, meistens durch Oxydationsprocesse aus Kohlehydraten. Entweder sind die in den Pflanzen vorkommen- den organischen Säuren (Oxal-, Citronen-, Apfelsäure etc.) in freier Form in den Zellsäften vorhanden, oder sie treten, wie wohl meistens, in Verbindung mit Basen in sauren resp. neutralen, leicht löslichen oder sehr schwer löslichen Salzen in den Zellen auf. Die Säfte des Parenchyms enthalten ganz allgemein mehr oder minder bedeutende Quantitäten freier organischer Säuren oder saurer Salze derselben, und man kann sich sehr leicht von dieser Thatsache überzeugen, wenn man die frische Schnittfläche irgend eines beliebigen Pflanzen- theiles mit blauem Lackmuspapier in Contact bringt. Die eintretende Röthung des Papiers zeigt die Gegenwart der Säure an. In zahl- reichen Fällen lässt sich der saure Charakter der Pflanzensäfte schon durch den Geschmackssinn wahrnehmen. Den freien Säuren sowie ihren sauren Salzen kommen mannig- faltige Functionen in den Zellen zu, die wir zum Theil schon er- wähnten. Die Säuren erhöhen die Turgorkraft des Zellinhaltes ganz wesentlich, sie beschleunigen den Verlauf des Processes der Stärke- umbildung durch Diastase, sie dienen manchen Pflanzen als Schutz- mittel gegen den Angriff" schädlicher Thiere, sie zersetzen die aus dem Boden mit Hülfe der Wurzeln aufgenommenen Nitrate, ein Vor- gang, der für die Eiweissbildung von grosser Wichtigkeit ist, sie binden den seitens der Pflanzen im Uebermaass aufgenommenen Kalk und sie zersetzen die Chloride im vegetabischen Organismus unter Freimachung von Salzsäure. Eine sehr grosse V^erbreitung besitzt die Oxalsäure im Pflanzen- reich. Sie kommt im freien Zustande und in sauren Salzen, die im Zellsaft löslich sind, zudem aber ungemein häufig in Verbindung mit Kalk vor. Die Krystalle des Oxalsäuren Kalkes trifl't man in beson- deren Zellen an, und wir haben schon einmal auf ihr Vorkommen hingewiesen (vgl. unter 24). Hier mögen fernere Beispiele Erwähnung finden. Wir stellen einen Längsschnitt rechtwinklig zur Blattfläche aus dem Blatt von Aloe arborescens her. Die Epidermis, das grüne Par- enchym und das chlorophyllfreie Wassergewebe sind bei mikrosko- pischer Untersuchung leicht zu erkennen. In dem grünen Gewebe sehen wir überdies parallel zur Längsaxe des Blattes gestreckte, schlauchförmige Zellen, die mit grossen Mengen nadeiförmiger Krystalle von oxalsaurem Kalk dicht angefüllt sind. Diese Rhaphidenbündel ruhen in einem schleimigen Inhalt der Zellen, und bei der Herstellung der Schnitte treten häufig, wenn ein Rhaphidenschlauch zufällig geöffnet wird, diese Schleimmassen mit den Rhaphiden aus den Zellen hervor, so dass man sie ausserhalb des Untersuchungsobjectes in der dasselbe umgebenden Flüssigkeit beobachtet. Behandelt man die Schnitte mit 272 Dritter Abschnitt. Kalilauge oder Essigsäure, so lösen sich die Rhaphiden nicht auf. Wir stellen ferner Querschnitte aus dem Blatt von Beta vulgaris her. Bei mikroskopischer Untersuchung sieht man die Epidermis der Blatt- ober- und -Unterseite, das wenig ausgeprägte Palissadenparenchym und das an Intercellularen reiche Schwammparenchym deutlich. In dem letzteren liegen die sog. Körnchenschläuche, Zellen, welche mit kleinen Krystallen von Kalkoxalat dicht angefüllt sind. Wir stellen auch noch einen Querschnitt aus einem etwa 5 mm dicken Zweige von Tilia parvifolia her. Das Querschnittsbild ist bereits unter 42 beschrieben worden ; hier verdient nur die Thatsache Beachtung, dass im äusseren Theil der Markstrahlen sowie im Gewebe der primären Rinde viele Zellen vorhanden sind, die Krystalldrusen von Kalkoxalat enthalten. Einige Pflanzen , zumal die Crassulaceen (z. B. Sempervivum, Echeveria, Bryophyllum), sind dadurch ausgezeichnet, dass ihre Säfte sehr bedeutende Mengen Aepfelsäure enthalten, die, wie Kraus ^ specieller nachwies, zum grössten Theil an Kalk gebunden ist Das im Zellsaft lösliche Malat macht zuweilen 50 Proc. der Trockensub- stanz des Saftes der Blätter der genannten Pflanzen aus. Wir zer- reiben einige Bryophyllumblätter im Mörser, bringen den Brei auf ein trockenes Filter und bestimmen in einem kleinen Theil des gewonnenen Saftes den Trockensubstanzgehalt desselben, während die grössere Saftmenge mit der 4 — 5-fachen Menge 96-proc. Alkohols vermischt wird. Es scheidet sich das Malat in Form eines weissen, pulverigen Niederschlages ab, den man abfiltriren, auswaschen, trocknen und wägen kann. Es kommt heute in der Pflanzenphysiologie sehr oft darauf an, die Acidität von Pflanzensäften, d. h. den Gehalt derselben an titrir- barer Säure, festzustellen. Je nach Umständen werden verschiedene Methoden zur Anwendung kommen müssen, und wir wollen hier auf dieselben eingehen. In erster Linie ist es wichtig, die Säfte oder Ex- trakte aus den Pflanzen zu gewinnen, in denen die Säuremenge be- stimmt werden soll. Handelt es sich bei vergleichenden Untersuchungen nur um die Ermittelung relativer Werthe für die Acidität, so werden die Untersuchungsobjecte, wenn sie, wie z. B. Rheumblattstiele. sehr wasserreich sind, auf dem Reibeisen zerrieben, oder man zerquetscht die in Stücke zerschnittenen wasserärmeren Pflanzentheile möglichst vollständig in einem Porzellanmörser. Die breiigen Massen presst man im Colirtuch unter Anwendung möglichst gleichartigen Druckes mit den Händen oder unter Zuhülfenahme einer Presse aus, um den erhaltenen Saft schliesslich durch Filtration zu klären. Unter Um- ständen ist es auch zweckmässig, die zerquetschten Pflanzenmassen mit wenig Wasser auszulaugen und die erhaltenen Flüssigkeiten zu filtriren. Handelt es sich darum, absolute Werthe für die Acidität der Pflanzentheile zu gewinnen, so werden dieselben, nachdem sie gewogen worden sind, zerquetscht, der Brei mit etwas Wasser in dickwandigen Gläsern 1 Stunde lang bei 80 bis höchstens OO^* C. im Wasserbade erwärmt, um Kohlensäure auszutreiben, dann auf ein Filter gebracht und mit möglichst wenig heissem Wasser ausgewaschen (vgl. unter 60). Bei Untersuchungen über das Verhalten der freien 1) Vgl. G. Kraus, Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft zu Halle, Bd. 16. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 273 organischen Säuren im Organismus der Crassulaceen (vgl. unter 131) verfährt man am besten derartig, dass man die als Untersuchungs- objecte dienenden Blätter nach dem Wägen im Mörser zerquetscht, den Brei mit der erforderlichen, aber möglichst geringen Spülwasser- menge in dickwandigen Gläsern 1 Stunde lang bei 80 bis höchstens 90" C. im Wasserbade erhitzt, um ihn dann wieder mit etwas Spül- wasser in den Mörser zurückzubringen und nach dem Abkühlen direct zu titriren. Zum Titriren der Säfte, Extracte oder der breiartigen Massen ver- wendet man verdünnte Kali- oder Natronlauge. Man löst in 1000 ccm Wasser 1 g Aetzkali oder Aetznatron auf, fügt Barytwasser in geringem Ueberschuss hinzu und dann Natriumsulfat, um den Barytüberschuss wieder zu beseitigen. Die klare und nun kohlensäurefreie Lauge darf mit Schwefelsäure keinen Niederschlag geben. Zum Einfüllen der Lauge in die Bürette wird eine ähnliche Vorrichtung verwandt, wie eine solche in Fig. 98 dargestellt ist. Die Kali- oder Natronlauge lässt man beim Titriren aus der Bürette zu den säurehaltigen Säften, Extracten oder zu dem Brei fliessen und benutzt, wenn man es mit sehr klaren Säften zu thun hat, 3—5 Tropfen einer verdünnten, alkoholischen Lösung von Phenolphtalein als Indicator. In anderen Fällen, zumal beim Titriren von breiartigen Massen, muss man Gur- cumapapier verwenden. Bei vergleichenden Untersuchungen ist es gar nicht erforderlich, den Titer der Natron- oder Kalilauge festzustellen. Soll dies übrigens geschehen, so stellt man sich eine Normallösung einer Säure her, d. h. eine Lösung, die in 1000 ccm 1 Aequiv. einer einbasischen Säure in g ausgedrückt, enthält. Bei Benutzung von Oxalsäure (GjHoO^ -f- HoO = 126) müssen 63 g reiner Säure in 10(X) ccm Wasser aufgelöst werden. Mit dieser Lösung ist der Titer der Kali- oder Natronlauge leicht zu ermitteln 0- 131. Das Verhalten der freien orgianischen SRuren im Orji^anisnins der Crassulaceen und einijrcr anderer Pflanzen. Zahlreiche Grassulaceen und andere Pflanzen, zumal succulente Oewächse, zeigen bezüglich des Gehalts ihrer Säfte an organischen Säuren (wir haben es in diesen Fällen namentlich mit Aepfelsäure zu thun) die höchst merkwürdige Erscheinung, dass derselbe am Tage viel geringer als in der Nacht ist. Die bezüglichen, äusserst ver- wickelten Verhältnisse sind noch keineswegs nach allen Richtungen hin gründlich untersucht worden. Aber einige Thatsachen stehen doch fest, und diese sollen weiter unten experimentell constatirt werden, nachdem ich zunächst in aller Kürze die Anschauungen mittheilen will, welche ich mir auf Grund der vorliegenden Untersuchungen über das Verhalten der organischen Säuren in den Crassulaceen gebildet habe ^). Im Gewebe (zumal dem Blattgewebe) der Crassulaceen sowie 1) lieber Titrirmethoden vergl. Mohr, Lehrbuch d. analytisch-chem. Tritrir- methode. 2) Literatur: A. Mayer, Landwirthschaftliche Versuchsstationen, Bd. 18 und Btl. 21 ; Detmer, I'rinosheim's' Jahrbücher, Bd. 12, und Lehrbuch der Pflanzen- phvsiologie, 1883; H. de Vries, Verslagen en Mededeelingen der Koninkl. Aka«leni. van Wetenschappen, 1884; G. Kraus, Abhandlungen der Naturforschonden Gesell- schaft zu Halle, Bd. 16; Warbur«, Untersuchungen aus dem botan. Institut zu Detmer, Fflanzenpliygioloslsches Praktikum. 2 Aufl. 18 274 Dritter Abschnitt. einiger anderer Pflanzen laufen continuirlich und unter allen Umständen zwei Processe neben einander her, die für die Aciditiitsverhältnisse ihrer Säfte von hervorragender Bedeutung erscheinen. Einerseits erfolgt stets Säureproduction, andererseits wird immer Säure zersetzt. Der momentane Säuregehalt ist also die Resultirende aus diesen beiden Processen '). Es ist von grosser Wichtigkeit, dass sich in den Zellen der Crassu- laceen unter bestimmten Umständen sehr schnell erhebliche Mengen freier Säure anhäufen können, eine Thatsache, die ohne Zweifel biologische Bedeutung für diese Organismen besitzt. Dieselben wachsen nämlich der Kegel nach an trockenen und oft sehr kalkreichen Standorten; sie bedürfen daher bestimmter Mittel, durch welche die osmotische Leistungsfähigkeit ihres Zellinhaltes für den Zweck reichlicher Wasseransammlung in ihrem Gewebe erhöht und zugleich eine Bindung des ihren Zellen im Ueber- maass aus dem Boden zugeführten Kalkes ermöglicht wird. Die or- ganischen Säuren leisten beides. Die Säuren bilden sich aus Kohlehydraten unter dem Einfluss des Sauerstoffes. Sie entstehen durch Oxydation der Assimilationsproducte. Dass sich gerade im Gewebe succulenter Pflanzen so erhebliche Säure- mengen ansammeln, hängt mit der Organisation dieser Gewächse zusammen. Die Succulenten können nämlich in Folge des Besitzes einer dicken Cuticula, relativ weniger Spaltöffnungen und fleischiger Gewebe einen nur recht beschränkten Gaswechsel mit der Aussenwelt unterhalten. Sauerstoff steht ihren Zellen nicht in überreicher Menge zur Disposition, und die Verbrennung der Kohlehydrate ist daher nur eine unvollständige. Sie geht wenigstens unter bestimmten Umständen nicht bis zur Erzeugung von Kohlensäure und Wasser, sondern es werden erhebliche Quantitäten organischer Säuren als unvollständige Verbrennungsproducte angehäuft. Der Process der Säurezersetzung, welcher continuirlich neben dem Vorgange der Säurebildung im Gewebe der Crassulaceen verläuft, ist bezüglich der Energie, mit der er erfolgt, in hohem Grade abhängig von den Temperatur-, sowie den Beleuchtungsverhältnissen. Höhere Temperatur und Lichtzutritt beschleunigen die Säurezersetzung sehr erheblich. Danach muss eine Abnahme der Acidität des Crassulaceengewebes erfolgen, wenn die Pflanzen im Dunkeln hoher Temperatur ausgesetzt, oder wenn sie dem Lichteinfluss exponirt werden. Im Dunkeln — zumal bei niederer Temperatur — steigt die Acidität des Crassulaceensaftes hingegen. Und in der That wessen wir, dass die Acidität des Crassulaceensaftes einem täglichen periodischen Wechsel unterworfen ist; am Tage reagirt der Saft schwach, in der Nacht stark sauer. Das Wesen der Säurezersetzung ist auf jeden Fall in einem mit Kohlensäureproduction verbundenen Oxydationsprocesse zu suchen. Die durch Oxydation gebildete Säure wird vollkommen verbrannt, und es handelt sich hier namentlich noch um die Frage, wie es kommt, dass Tübingen, Bd. 2. Die Ansichten, welche ich in meinen citirten Schriften über unseren Gegenstand ausgesprochen habe, sind wesentlich verschieden von den hier von mir vertretenen. 1) Abgesehen von der Zersetzung freier orcanischer Säuren im Gewebe der Crassulaceen findet in demselben noch continuirlich eine Bindung der Säure durch Basen statt (Kraus). Dadurch häufen sich allmählich grosse Mengen gewisser Salze in den Zellen an, und die Entstehung dieser Verbindungen, die wir hier in- dessen nicht weiter berücksichtigen, ist natürUch ebenfalls nicht ohne Bedeutung für die Aciditätsverhältnisse des Crassulaceensaftes. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 275 die Lichtstrahlen beschleunigend auf diesen Vorgang einwirken. Es wurde schon erwähnt, dass die Crassulaceen aus verschiedenen Gründen einen nur beschränkten Gaswechsel unterhalten können. Dieser Umstand ist für das Zustandekommen einer beträchtlichen Säureansammlung von maass- gebender Bedeutung. Im Dunkeln herrscht offenbar Sauerstoffmangel im Crassulaceengewebe ; Lichtzutritt steigert dagegen die Sauerstoffquantität im Gewebe wesentlich, denn bei dem Processe der Assimilation wird Sauerstoff frei. Die assimilirenden Chlorophyllkörper sind nicht direct an dem Säurezersetzungsprocesse betheiligt, wohl aber indirect, indem sie zur Entstehung reichlicherer Sauerstoffmengen im Gewebe der Crassu- laceen Veranla.ssung geben, die nun ihrerseits eine vollständige Verbrennung der Säure bewirken. Die dabei entstehende Kohlensäure kann in den Chlorophyllkörpern wieder verarbeitet werden, und der in Freiheit gesetzte Sauerstoff ist aufs Neue im Stande, die Säurezersetzung zu beschleunigen. Die angeführten Verhältnisse sind in allererster Linie für die ge- steigerte Säurezersetzung von Bedeutung; durch sie allein kann die Beschleunigung der Säurezersetzung unter dem Einflüsse des Lichtes zur Geltung kommen. Aber es ist mir wahrscheinlich, dass die Licht- strahlen hierbei auch noch in directer Weise betheiligt sind. Wir werden unten Experimente kennen lernen , deren Resultate zeigen , dass Licht- zutritt die Oxydation organischer Säuren ausserhalb des Organismus begünstigt. Eine directe Beeinflussung des Säurezersetzungsprocesses in den Zellen der Pflanzen durch Lichtstrahlen erscheint daher sehr wohl möglich. Man weiss, dass Theile succulenter Pflanzen, die einige Zeit (z. B. eine Nacht lang) in einer beschränkten Luftmenge verweilen , das Volumen derselben vermindern. Es wird eben Sauerstoff bei der Bildung organischer Säuren gebunden. Dieselben Pflanzentheile vergrössern dagegen das sie umgebende Luftvolumen am Tage, indem sie Sauerstoff expiriren. Dieser Sauerstoff wird aber nicht direct aus den Molekülen der sich zersetzenden organischen Säuren abgespalten , sondern er ist ein Product wirklicher assimilatorischer Thätigkeit der Chlorophyllkörper. Die erforderliche Kohlensäure liefern freilich in der oben erörterten Weise die sich zer- setzenden organischen Säuren. Wir kommen nunmehr dazu, Anleitung zu Experimenten zu geben, deren Resultate uns über das Verhalten organischer Säuren im Or- ganismus der Crassulaceen orientiren können. Als Beobachtungsobjecte verwendet man in Töpfen gezogene, unter günstigen äusseren Verhältnissen kräftig entwickelte Exemplare von Bryophyllum calycinum, Echeveria metallica oder Rochea falcata (die letztere Pflanze ist besonders geeignet). Bei vergleichenden Untersuchungen über die Säureansammlung, resp. Säureabnahme im Gewebe der Blatter benutzt man entweder die beiden opponirten Glieder eines Blattpaares (z. B. Rochea), oder man experimentirt nur mit einem Blatt (z. B. Echeveria metallica) und theilt dasselbe der Länge nach in zwei möglichst gleiche Theile. Die von der Pflanze abge- trennten Untersuchungsobjecte werden sofort gewogen. Wenn es sich darum handelt, ihren Gehalt an freier Säure nicht sofort, sondern erst nach Verlauf einiger Zeit zu bestimmen, so gelangen die Blätter z. B. auf durchfeuchtetes Fliesspapier unter Glasglocken. Den Säure- gehalt der Blätter ermittelt man durch Titriren. Die beim Titriren verbrauchte Menge an Kalilauge giebt ein unmittelbares Maass für die Acidität des Zellsaftes der Untersuchungsobjecte (vgl. die Methode unter 130). 18* 276 Dritter Abschnitt. Wir führen zunächst die folgenden Versuche aus. Gegen Abend, etwa um 5 oder 6 Uhr, wird ein Blattpaar von Rochea abgeschnitten, nachdem die Pflanze den Tag über dem directen Sonnenlicht aus- gesetzt gewesen war. Experimentirt man mit Bryophyllum, so ent- nimmt man der Pflanze einige Blattpaare, und bei Versuchen mit Echeveria verwendet man nur eins der grossen Blätter. Die Hälfte der Untersuchungsobjecte wird sofort acidimetrisch geprüft; der andere Theil am nächsten Morgen, nachdem die Blätter bis dahin bei völligem Lichtabschluss in feuchter Luft unter einer Glasglocke verweilt haben. Ich fand z. B., dass die beiden Blätter eines Blattpaares von Rochea falcata 12,6 (a) und 13,6 g (//) wogen, a wurde nach dem Abschneiden sogleich am Abend untersucht, h erst am nächsten Morgen. Der Brei von n bedurfte 2,6, derjenige von h 12,5 ccm verdünnter Kalilauge zur Neutralisation. Auf je 10 g Blattsubstanz bezogen, erhalten wir für a 2,1, für b 9,2 ccm Kalilauge, Diff'erenz 7,1 ccm. Man kann auch derartig verfahren, dass man nur ein Blatt der Pflanze am Abend abschneidet, um dasselbe sogleich auf seinen Säuregehalt zu prüfen, während man das zweite erst am nächsten Morgen von der Pflanze entfernt, nachdem dieselbe bis dahin bei völligem Licht- abschluss verweilt hat. Die Experimente ergeben stets eine erheblich höhere Acidität für den Saft derjenigen Blätter, die einige Zeit im Dunkeln verweilt haben. Will man sich noch sicherer davon überzeugen, dass die Acidität des Saftes der Crassulaceen durch Lichtzutritt vermindert, im Dunkeln aber erhöht wird, so ist es erforderlich, das folgende Experiment aus- zuführen. Es werden zwei opponirte Blätter eines Exemplars von Rochea früh am Morgen abgeschnitten. Das eine Blatt wird der Länge nach halbirt, um in der einen Blatthälfte, nachdem man die- selbe gewogen hat, sofort die Acidität des Zellsaftes durch Titriren festzustellen. Die zweite Blatthälfte hängt man im dampfgesättigten Raum unter einer Glasglocke auf und verdunkelt durch Üeberdecken mit einem Pappcylinder. Das zweite Blatt wird im dampfgesättigten Raum unter einer Glasglocke bei Zutritt recht hellen, diff'usen Tages- lichtes aufgehängt und dafür Sorge getragen, dass auch die Rückseite des Blattes durch einen in geeigneter Weise aufgestellten Spiegel reflectirtes Licht empfängt. Bei dieser Versuchsanordnung sind die Untersuchungsobjecte nahezu den gleichen Temperaturverhältnissen ausgesetzt, und es ist daher eine Wärmeentsäuerung möglichst aus- geschlossen. Prüft man Abends die Acidität der Blatthälfte sowie des Blattes, so findet man jene (natürlich bezogen auf gleiche Gewichts- mengen frischer Blattsubstanz) säurereicher als dieses. Von dem be- deutsamen Einflüsse der Temperaturveihältnisse auf den Process der Säurezersetzung in den Crassulaceenblättern kann man sich leicht überzeugen, wenn man Exemplaren von Bryophyllum, Rochea oder Echeveria, die seither normalen Lebensbedingungen ausgesetzt waren, am frühen Morgen einige säurereiche Blätter entnimmt, um in einem Theil derselben sofort die Acidität des Saftes festzustellen, während die übrigen erst auf ihren Gehalt an freier Säure untersucht werden, nachdem sie bei völligem Lichtabschluss etwa 12 Stunden lang theils bei niederer Temperatur (z. B. 12 — 16" C), theils in einem Thermo- staten bei 30" C. verweilt haben. Es wird sich ergeben, dass der Einttuss der hohen Temperatur trotz des Lichtausschlusses eine starke Entsäuerung herbeigeführt hat. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 277 Wir entnehmen einem Exemplar von Rochea (man kann auch mit Echeveria oder Bryophyllum experimentiren) gegen Abend ein Blatt- paar. Das eine Blatt wird sogleich auf seinen Gehalt an freier Säure untersucht, das andere Blatt halbirt man der Länge nach. Jedes der Blattstücke wird nach dem Wägen in kleine Stücke von etwa 1 cm Länge zerschnitten, um diese Stücke in retortenartige Gefässe zu bringen, die mit ausgekochtem und wieder völlig abgekühltem, destil- lirtem Wasser angefüllt sind. Das Wasser der einen Retorte wird durch Luft, dasjenige der anderen durch reinen Wasserstoff verdrängt (Methode vergl. unter 10). Am nächsten Morgen bestimmt man den Säuregehalt der Untersuchungsobjecte, und es wird sich zeigen, dass die Blattstücke in der Luft viel freie Säure entwickelt haben, während im Wasserstoflfgas höchstens geringe Quantitäten freier Säure gebildet worden sind. Es ist demnach freier Sauerstoff für die aus- giebige Säureproduction erforderlich. Es ist schon erwähnt worden, dass Lichtzutritt die Zersetzung organischer Säuren ausserhalb des Organismus zu beschleunigen ver- mag, eine Thatsache, welche, wie ich bereits bemerkte, wohl sicher mit Rücksicht auf die uns hier beschäftigenden Fragen Interesse beansprucht. Den Einfluss des Lichtes auf die Säurezersetzung kann man leicht (auch in der Vorlesung) demonstriren, wenn man zu einer Lösung von 0,2 Aequiv. Oxalsäure, mit der ein Reagensglas völlig angefüllt ist, etwas frisch bereitetes Eisenoxydhydrat (hergestellt durch Vermischen einer Eisenchloridlösung mit Ammoniak und sorgfältiges Auswaschen des Niederschlages) bringt und die nach einiger Zeit in- tensiv gelb gefärbte Flüssigkeit in dem Probirrohr nunmehr über Quecksilber dem directen Sonnenlicht aussetzt. Es beginnt sogleich Gasentwickelung. Das Gas (Kohlensäure) sammelt sich im oberen Theile des Apparates an, während sich die Flüssigkeit unter Abschei- dung eines Niederschlages von oxalsaurem Eisenoxydul entfärbt. Es ist nicht unmöglich, dass der Oxydationsprocess organischer Säuren in der Pflanze ebenfalls durch den directen Einfluss der Lichtstrahlen wesentlich gefördert wird. Endlich wollen wir noch Experimente anstellen, welche lehren, dass succulente Pflanzentheile, wie schon erwähnt wurde, in der That relativ viel Sauerstoff aufnehmen, wenn in ihren Zellen Säureanhäufung erfolgt. Für Demonstrationszwecke in Vorlesungen genügt es voll- kommen, wenn man das Experiment in folgender Weise ausführt. Wir entnehmen einem Exemplar von Rochea falcata am Abend eines heissen Sommertages ein Blatt (bei meinen Versuchen besass dasselbe ein Gewicht von 24 g), zerschneiden dasselbe in Stücke und bringen diese in den oberen, bauchig erweiterten Theil des unter 10 in Fig. 11 abgebildeten Eudiometers. Wir tauchen den unteren Theil des Steig- rohres in Wasser, verschliessen den Apparat und stellen ihn im Dunkeln auf. Nach Verlauf längerer Zeit (z. B. 12 Stunden) stellen wir fest, dass das Wasser sich beträchtlich im Steigrohr erhoben hat, während dies nicht bei Parallelversuchen der Fall ist, in denen wir in ein zweites Eudiometer junge Stengeltheile nicht succulenter Pflanzen (z. B. Helianthus) eingeführt haben. Die Rocheablattstücke unter- halten eben nicht nur normale Athmung, sondern zugleich Vinculations- athmung. Es wird Sauerstoff ohne entsprechende Kohlensäurepro- duction zur Ueberführung von Kohlehydraten in organische Säuren von ihnen absorbirt. 278 Dritter Abschnitt. Bei genauen quantitativen Untersuchungen über die Sauerstoff- inspiration der Succulenten muss man natürlich Quecksilber als Sperr- flüssigkeit des Eudiometers benutzen und die Versuche überhajupt in einer Weise ausführen, die sich nach demjenigen, was unter 13 an- geführt worden ist, von selbst ergiebt. 182. Die Gumuiiartcii und die Pflauzciisclileime. Das arabische Gummi (Stammpflanzen : verschiedene Acaciaarten) be- steht der Hauptsache nach aus Arabinsäure. Wenn man etwas arabisches Gummi in einem Uhrschälchen mit Jodjodkaliumlösung behandelt und dann Schwefelsäure hinzufügt, so nimmt die Masse nur eine braune Färbung an. Alle echten Gummiarten verhalten sich so, während sich die Pflanzen- schleime bei der Behandlung mit Jod und Schwefelsäure violett oder blau färben. Das Traganthgummi entsteht nach den Untersuchungen von Mohl durch Desorganisation der Mark- und Markstrahlzellen verschiedener Astragalusarten. Das Traganthgummi stellt keine homogene Masse dar, wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man das käufliche und gepulverte Material mit viel Wasser behandelt. Es entsteht eine Lösung, die beim Eindampfen eine farblose, glasartige Masse, das eigentliche Tra- ganthgummi, zurücklässt, und es bildet sich ein Bodensatz, der, wie die mikroskopische Untersuchung lehrt, aus Amylumkörnern sowie Zellhaut- fragmenten besteht. Der Gehalt der einzelnen Traganthsorten an Zell- membranen, die nicht völlig in Gummi umgewandelt sind, ist ein ver- schiedener. Gummibehälter der Pflanzen lassen sich leicht nachweisen, wenn man Schnitte aus etwa f) mm dicken Zweigen von Tilia parvifolia untersucht. Die luftführenden Markzellen sind gross; sie sind rosettenförmig um ein- zelne kleinere Zellen gruppirt, welche Gerbstoff, Stärke oder Krystalldrusen enthalten. Die Gummibehälter, als Höhlungen auftretend, liegen in den äusseren Theilen des Markes. Die Peripherie des Markes, in welche die primären Holztheile hineinragen, wird von einem kleinzelligen Parenchym gebildet, dessen Elemente Gerbstoff oder Stärke führen. Untersucht man einen Querschnitt aus einer Knolle von Orchis mas- cula oder 0. Morio mikroskopisch, so zeigt sich, dass das Parenchym, in welchem die Gefässbündel zerstreut liegen, aus kleinen, stärkeführenden Zellen und grossen Zellen besteht, die sehr schleimreich sind. Zieht man pulverisirte Orchideenknollen mit kaltem Wasser aus oder behandelt man den käuflichen Salep mit kaltem Wasser, so erhält man nach dem Fil- triren eine klare Flüssigkeit, in der sich auf Alkoholzusatz weisse, flockige Massen des in Weingeist unlöslichen Orchideenschleims abscheiden. Dampft man die auf die angegebene Weise gewonnene Schleimlösung ein und be- handelt den Rückstand mit Jodjodkalium und Schwefelsäure, so färbt er sich violett bis blau. Die schleimigen Massen in Orchideenknollen re- präsentiren also kein Gummi, sondern echten Pflanzen schleim '). 133. Die Gerbsäuren. Die Gerbsäuren scheinen zumal als Schutzmittel der Pflanzen gegen den Angriff von Thieren und als antiseptisch wirkende Sub- 1) Die Literatur über Gummiarten und Pflanzenschleime findet man zusammen- gestellt bei Sachsse, Die Chemie und Physiologie der Farbstoffe, Kohlehydrate etc., Leipzig 1877, S. 161. Die StoflPwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 279 stanzen zu dienen. Damit hängt es auch wohl zusammen, dass in sehr vielen Fällen gerade die peripherisch gelegenen Pflanzengewebe besonders gerbsäurereich sind. Das beste Reagens auf Gerbsäuren ist das zweifach-chromsaure Kali'), und wir wollen mit Hülfe des- selben z. B. untersuchen, welche Gewebe der Zweige von Corylus Avellana Gerbsäure enthalten. Zur Orientirung stellen wir uns zu- nächst einen Querschnitt aus einem etwa 4 mm dicken Zweige her. Auf das Periderm folgt Collenchym, dann Rindenparenchym, ferner ein Ring, der aus stark verdickten Sklerenchymzellen besteht, ferner der Bast mit eingestreuten Bastfasern und endlich das Holz. Lassen wir der Länge nach halbirte Zweigstücke von Corylus (ich untersuchte 4 mm dicke Zweige im November) einige Tage in einer 10-proc. Lö- sung von zweifach-chromsaurem Kali liegen und untersuchen dann feine Querschnitte mikroskopisch, so ist das Vorhandensein von Gerb- säure in gewissen Geweben (namentlich in der Rinde, dem Bastparen- chym und den meist einchichtigen Holzmarkstrahlen) leicht zu con- statiren, denn der Inhalt der gerbsäureführenden Zellen hat sich rothbraun gefärbt. Bei der Untersuchung des Längsschnittes aus dem Mark eines diesjährigen Rosenzweiges sehen wir, dass dasselbe einerseits aus grossen Zellen besteht, sowie ferner aus der Länge nach verlaufenden und unter einander verbundenen Zellenzügen, die das grosszellige Gewebe durchsetzen. Untersuchen wir Schnitte aus dem Rosenmark, welche auf dem Objectträger in einen Tropfen einer 10-proc. wässerigen Lösung von zweifach-chromsaurem Kali gebracht worden sind, so zeigt sich, dass der Inhalt der meisten schmalen Zellen rothbraun gefärbt erscheint. Die Gegenwart von Gerbsäure in den schmalen Zellen kann man ebenso feststellen, wenn man Schnitte des Rosenmarkes in einen Tropfen wässeriger Eisenchloridlösung oder in einen Tropfen der Lösung des schwefelsauren Eisertt)xyds legt. Der Inhalt der gerb- säureführenden Zellen färbt sich dann dunkelblau. Auch die Blätter der Rosen sind sehr gerbsäurereich, und um diese Thatsache z. B. in der Vorlesung zu demonstriren, presst man ein auf Fliesspapier liegen- des, zusammengefaltetes Blatt stark mit den Fingern aus, so dass der aus den Zellen austretende Saft von dem Papier festgehalten werden kann. Auf Betupfen der feuchten Papierstellen mit Eisenchloridlösung tritt die Gerbsäurereaction sofort hervor. Neuerdings hat man sich mehrfach bemüht, quantitativ chemische Untersuchungen über das Auftreten des Gerbstoffs in den Pflanzen anzu- stellen, um zu einem näheren Verständniss derjenigen Processe zu gelangen, welche die Entstehung der Gerbstoffe im Organismus vermitteln. Bei diesen Untersuchungen und ebenso bei den mit Hülfe mikrochemischer Methoden durchgeführten Studien über die genetischen Beziehungen der Gerbstoffe darf freilich nicht vergessen werden, dass diejenigen Körper, welche man als „Gerbstoff" bezeichnet, recht verschiedener chemischer Natur sein können, und daher sämmtliche Arbeiten nach der bezeichneten Richtung hin noch immer einen provisorischen Charakter tragen müssen. Die erwähnten Untersuchungen verdienen aber dennoch, wie ein näheres Studium derselben lehrt, hohe Beachtung, und wir dürfen sie hier nicht ausser Acht lassen. Bei quantitativen Gerbstoffbestimmungen verwendet man bei 100 ^ C, 1) Vgl. Sanio, Botan. Zeitung, 1863, S. 17. 280 Dritter Abschnitt. getrocknetes Untersuchungsmaterial, wenn man es mit Rinden, Hölzern oder massigen Rhizomen zu thun hat. Die Substanz wird auf geeigneten Mühlen^) feinstens zermahlen. Ebenso benutzt man Trockensubstanz bei der Untersuchung, wenn man mit weichen Rhizomen oder Wurzeln, mit Blättern, Samen oder Keimlingen experimentiren will. Die Substanz wird in diesen Fällen in Wasser aufgeweicht, um sie alsdann in der Reibschale feinstens zu zerkleinern ^). Zur Extraction des Gerbstoffs verwendet man sehr zweckmässig den in Fig. 114 dargestellten E.xtractionsapparat , welcher vom Zinngiesser C. FocKE in Dresden (Grosse Kirchgasse 3) in vorzüglicher Ausführung geliefert wird. Der aus Zinn gefertigte Apparat besteht aus einem mit Ausguss versehenen Kochcylinder von 12,5 cm Höhe und 7 cm Durch- messer im Lichten, mit einer am Stempel befindlichen Siebplatte zum Ab- pressen. Beim Gebrauch wird eine dünne Gaze über die Siebplatte ge- bunden, was mit besonderer Sorgfalt geschehen muss. 2 — 5 g des bei 100 ^ C. getrockneten Untersuchungsmaterials werden mit 200 ccm Wasser Übergossen, um die Flüssigkeit nach 12 Stunden in einen Literkolben zu giessen. Der Rückstand gelangt jetzt in den Extractionsapparat und wird in demselben 4mal je eine halbe Stunde b6i Kochhitze, indem man den Kochcylinder in ein Wasserbad setzt, mit 200 ccm Wasser digerirt. Der Extract wird schliesslich filtrirt. Den Gerb- stoffgehalt der Auszüge bestimmt man genau nach der Löwenthal - v. ScHRöDEK'schen Methode, wie sie in dem in der letzten Anmerkung citirten Commissionsbericht dargelegt ist, durch Titriren mit Chamäleonlösung und indigschwefelsaurem Natron (Carminum coerul. apt. von Gehe & Co. in Dresden). Die einzelne Dosis von der Gerbstoff- lösung ist derartig zu wählen, dass der Chamäleon- verbrauch für sie nicht viel hinter dem für die Indigodosis (10 ccm) zurückbleibt. Die gefundenen Cubikcentimeter verbrauchter Chamäleonlösung werden auf sog. Gerb- stoffprocente berechnet, unter der Annahme, dass 1 ccm der Lösung 2 mg Tannin entsprechen. Zu den wichtigsten Thatsachen, die Kraus in seiner citirten Schrift feststellte, gehören diese, dass die Gerbstoffe in grünen Blättern bei Licht- zutritt und bei Gegenwart von Kohlensäure, nicht aber im Dunkeln oder bei Kohlensäureabwesenheit entstehen. Trotzdem sind die Gerbstoffe nicht als Assimilationsproducte anzusehen; sie entstehen vielmehr ver- muthlich in Folge von Stoffwechselprocessen als Nebenproducte bei der Synthese der Eiweissstoffe. Manche Pflanzen bilden zudem überhaupt keine Gerbstoffe, und oft werden sie auch in normalerweise gerbstoff- führenden Organen, trotzdem sich Kohlehydrate durch Assimilation bilden, Figr. 114. Extractions- apparat für Gerbstoffbe Stimmungen. 1) Hat man es nicht mit gar zu harten Pflanzentheilen zu thun, so empfiehlt es sich, eine sogen. Excelsiormünle zn benutzen, die im Preise von 30-40 M. von Gkuson in Magdeburg-Buckau zu beziehen ist. Zum Zermahlen von Holz etc. sind Mühlen von G. Wexderoth in Cassel zu beziehen. 2) Näheres vgl. bei Kraus, Grundlinien zu einer Physiologie des Gerbstoffs, Leipzig 1889, und berichte über die Verhandlungen der Commission zur Feststellung einer einheitlichen Methode der Gerbstoff-sbestimmung, geführt am 10. Nov. 1883 zu Berlin, Verlag von Fischer in Cassel, 1885. Die Stoffwechselprooesae im vegetabilischen Organismus. 281 nicht erzeugt. Dies letztere ist z. B. bei relativ schwacher Lichtintensität der Fall. Wir schneiden im Sommer bei warmer Witterung 6 ausgewachsene Blätter von Saxifraga crassifolia ab, trennen von jedem Blatt der Mittel- rippe entlang (ohne diese aber zu verletzen) die eine Blatthälfte ab und isoliren aus diesen Hälften Stücke von je etwa 50 qcm Fläche unter Be- nutzung von Matrizen, die aus Millimeterpapier bestehen. Die Blattstücke werden getrocknet und sofort auf Gerbstoffgehalt untersucht. Die mit der Blattrippe noch versehenen Blatthälften stellt man mit ihrem Stiel in Brunneuwasser, mit dem kleine Gläser angefüllt sind. Diese gelangen in einen Glaskasten, der nach Bedürfniss oben mit einer Glasplatte geschlossen werden kann. So vorbereitet, exponirt man die Untersuchungsobjecte im leichten Schatten, wie ihn z. B. Birken geben, dem Einfluss des Lichtes. Nach Verlauf einiger Tage entnimmt man den Blatthälften ebenso wie den früher abgeschnittenen und zwar an genau entsprechenden Stellen mit Hülfe des Millimeterpapiers für die Trockensubstanz- und Gerbstofi- bestimmung geeignete Stücke. Zu ähnlichen Versuchen eignen sich auch die Blätter von Quercus und Viburnum. Man wird finden, dass die Blätter in Folge des Verweilens am Licht an Trockensubstanz- und an Gerbstofi"- gehalt zunehmen; dies ist nicht der Fall, wenn die Blätter einige Tage im Finstern gehalten werden. Stellt man Experimente in der soeben an- gegebenen Weise mit Blättern von Saxifraga, aber mit der Modification an, dass die Untersuchungsobjecte dem Licht unter einer grossen Glas- glocke in kohlensäurefreier Atmosphäre ausgesetzt werden, so ergiebt sich, dass keine Gerbstoffvermehrung erfolgt. Wir haben demnach be- wiesen, dass Gerbstoff' in grünen Blättern nur unter dem Einfluss des Lichtes und bei Kohlensäuregegenwart entstehen kann (indirecter Einfluss der Assimilation) ^). Von 10 Blättern der Alnus glutinosa, die man aber nicht von der Pflanze abtrennt, werden Blatthälften am Abend eines warmen Sommertages abgeschnitten, um 150 qcm Blattfläche auf Gerbstoff zu untersuchen. Am nächsten Morgen kommen die übrigen Blatthälften zur Prüfung. Es hat ein Gerbstoffverlust stattgefunden. Die eingehenden Versuche von Kraus (S. 9 seiner Arbeit) lehren, dass der Gerbstoff keine Zersetzung in den Blättern erfährt, sondern aus denselben auswandert. Er bewegt sich durch die Blattnerven in die Stengel oder Zweige, wandert in der Rinde weiter und wird endlich je nach der Pflanzenart in Rhizomen, dem Holz oder an anderen Orten abgelagert. Dieser in den Blättern gebildete primäre Gerbstoff tritt nicht wieder in den Stoffwechsel ein. Er dient namentlich dazu, die Organe, in denen er abgelagert worden ist, gegen Thierfrass und Fäulniss zu schützen. Abgesehen von den primären, giebt es nun aber noch sog. secundäre Gerbstoffe, d. h. solche, die sich im Dunkeln in Folge von Stoffwechsel- processen in manchen Pflanzen bilden. Prüft man Samen von Vicia Faba, so findet man diese gerbstofffrei. Wenn man dagegen die im Dunkeln erwachsenen Keimlinge von Vicia untersucht, so erweisen sie sich recht gerbstoffreich. 1) Dies Kesultat ist für die benutzten Untersuchungsobjecte und unter den in miseren Experimenten eingehaltenen Bedingungen sicher richtig. Unter modificirten Umständen gestaltet sich das Ergebniss der Versuche aber etwas anders. Vergl. darüber Büsgex, Beobachtungen über das Verhalten des Gerbstoffes in den Pflanzen, Jena 1889, S. 28. 282 Dritter Abschnitt. Handelt es sich darum, die Entstehung und das weitere Verhalten der Gerbstoffe mit Hülfe mikrochemischer Methoden näher zu studiren, so geht man am besten, wie folgt, vor. Man injicirt die Untersuchungs- objecte unter der Luftpumpe mit einer 10-proc. Lösung von Kaliuni- bichromat, lässt sie darin absterben und untersucht sie dann nach sorgsamem Auswaschen sofort oder nach Aufbewahrung in Al- kohol. Mit Hülfe dieser Methode kann man z. B. leicht feststellen '), dass secundärer Gerbstoff in Keimlingen von Vicia Faba, die sich im Dunkeln entwickelt haben, in besonders grosser Menge auftritt, in der Epidermis sowie dem subepidermalen Gewebe und in dem die Gefässbündel umgebenden Parenchym. Die Hauptwurzel der Vicia- keimlinge führt in der Rinde viel Gerbstoff, ihr Centralcylinder ist fast gerbstofffrei. Seeundären Gerbstoff führen auch die Stengel im Dunkeln er- wachsener Keimlinge von Phaseolus multifiorus. Der Gerbstoff kommt in besonderen Schläuchen des Siebtheils der Gefässbündel vor. Die Keimwurzel von Phaseolus ist gerbstofffrei ; ebenso enthält der Embryo ruhender Phaseolussamen gar keinen Gerbstoff. Zum Nachweis des Gerbstoffs in den Phaseoluskeimlingen benutzt man ebenfalls eine Lösung von doppeltchromsaurem Kali oder von Eisenchlorid. Wir schneiden im F'rühjahr Zweige von Lonicera tatarica ab, die wir mit ihrer Basis in Wasser stellen. Das Austreiben der Knospen dieser Zweige erfolgt theils im Dunkeln, theils bei Lichtzutritt. Nur in dem Axentheil der jungen Triebe, die sich im Licht entwickelt haben, ist auf mikrochemischem Wege (z. B. in Epidermis und Einden- parenchym) primärer Gerbstoff nachzuweisen. Die im Dunkeln ent- standenen Triebe sind gerbstofffrei. Weiteres vergleiche in Büsgen's Abhandlung. 134. Die ätherischen Oele and Harze. Die ätherischen Oele dürfen in vielen Fällen sicher nicht als Excrete angesehen werden, sondern man muss sie als Secrete, d. h. als Absonde- rungen, denen physiologische Functionen zukommen (Anlockung für die Uebertragung des Pollens nothwendiger Thiere, Fernhaltung schädlicher Thiere etc.) betrachten. Ebenso sind viele Harze gewiss als Secrete aufzufassen ^). Aetherische Oele sind häufig in Intercellularräumen vorhanden. Unter- suchen wir z. B. nicht gar zu dünne Querschnitte aus dem Stengel von Ruta graveol6ns, so sehen wir, dass auf die Epidermis ein hypodermales Gewebe und unter diesem grünes Parenchym folgt. In dem letzteren sind hier und dort mit einer gelblichen, stark lichtbrechenden Flüssigkeit (eben dem ätherischen Oele) angefüllte Lücken vorhanden. Ebenso sind die intercellularen, mit ätherischem Oel angefüllten Secretbehälter leicht zu sehen , wenn man Blattquerschnitte von Citrus untersucht. Alkohol löst die ätherischen Oele auf. Aber nicht nur in Intercellularräumen , sondern auch in Zellen ein- geschlossen kommen ätherische Oele in den Pflanzen vor. Derartige 1) Vgl. BÜSGEN, Beobachtungen über das Verhalten des Gerbstoffes in den Pflanzen, Jena 1889. 2) Vgl. H. DE Vries, Landwirthschaftl. Jahrbücher, Bd. 10. Die StoiFwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 283 Secretbehälter, und zwar speciell solche, die nach de Baky zu der Kate- gorie der „kurzen Schläuche" gehören, weil die betreffenden Zellen nahezu isodiametrisch sind, finden wir z. B. bei Aristolochia Siplio. Bei der Untersuchung des Querschnittes aus einem etwa 4 mm dicken Stengel dieser Pflanze erkennen wir leicht das Mark sowie die Gefässbündel mit ihrem entwickelten Holz- und Basttheil. Jedes Gefässbündel ist nach aussen umrahmt vom parenchymatischen Rindengewebe, und an dieses schliesst sich ein geschlossener Ring von Sklerenchymfasern an , der zwischen den Gefässbündeln etwas nach innen vorspringt. Ausserhalb des erwähnten Ringes folgt grünes Parenchym, dann Collenchym und die Epidermis. In dem Rindenparenchym, welches ausserhalb und innerhalb des Sklerenchymfaserringes liegt, beobachtet man nun bei der Untersuchung von Quer- und auch von Längsschnitten des Aristolochiastengels das Vor- handensein zerstreut liegender Zellen , die einen gelblichen , stark licht- brechenden Inhalt führen. Es sind dies eben die Secretbehälter, um deren Nachweis es uns zu thun war. Gegen Alkannatinctur und Osmium- säure verhalten sich die ätherischen Oele ebenso wie die Fette. Erhitzt man die Schnitte aber auf dem Objectträger ohne Deckglas 10 Minuten lang im Wärmeschrank bei 130" C, so verschwinden die ätherischen Oele, weil sie flüchtig sind. Lehrreich ist es auch , die Thatsache festzustellen , dass die Früchte vieler Umbelliferen reich an ätherischem Oel sind, das hier in Inter- cellularräumen angetroffen wird und offenbar als Schutzmittel gegen schädliche Thiere fungirt. Wir stellen z. B. Querschnitte durch die von der Seite zusammengedrückte Frucht von Carum Carvi her. Jede der beiden Theilfrüchte ist mit Endospermmassen ausgefüllt, in deren Mitte der Embryo ruht. Ferner sieht man die fünf Hauptrippen jeder Theil- frucht. Im Gewebe der Fruchtwand erblickt man die Oelstriemen, welche die mit ätherischem Oel erfüllten Intercellularräume darstellen. Handelt es sich darum, Harzgänge kennen zu lernen , so untersucht man zweckmässig sehr zarte Querschnitte der Nadeln von Pinus syl- vestris. Auf die Epidermis, deren Zellen sehr stark verdickt sind, folgt hypodermales Gewebe. An den beiden Kanten des Blattes ist diese Schicht stärker entwickelt. Die Harzgänge (es ist stets eine ganze An- zahl derselben vorhanden) liegen im grünen Gewebe des Untersuchungs- objectes. Jeder Harzgang ist von einer Schicht dünnwandiger Zellen, dem Epithel, umkleidet, die ohne Zweifel das Material liefern, aus welchem sich das Secret bildet, und ferner wird jeder Harzgang von einer Schicht stark verdickter Sklerenchymfasern umsäumt. Weiter erblickt man das grüne Blattgewebe und das fast chlorophyllfreie Gewebe in der Mitte des Blattes, welches von dem grünen Gewebe durch eine Endo- dermis abgegrenzt ist. Das fast farblose Grundgewebe der Blattmitte zeigt sich aus dickwandigen und dünnwandigen Elementen zusammen- gesetzt und schliesst zwei Gefässbündel ein. Aehnlich wie das Blatt von Pinus sylvestris ist dasjenige von Pinus Pinaster gebaut. Die Nadeln der letzteren Pflanze lassen sich besser als diejenigen der ersteren Pflanze schneiden, und man hat ihnen daher, wenn sie zur Disposition stehen, bei der Untersuchung den Vorzug zu geben. Ferner ist es sehr leicht, das Vorhandensein von Harzgängen im Stengelgewebe vieler Umbelliferen festzustellen. Wir untersuchen z. B. Querschnitte des Blüthenschaftes von Foeniculum officinale bei schwacher Vergrösserung. Die Epidermis, das Rindengewebe, der Bast- sowie Holz- theil der Gefässbündel und das Mark treten deutlich hervor. Die Harz- 284 Dritter Abschnitt. gänge sind den Gefässbündeln vorgelagert. Sie liegen in der Rinde, zwischen den Fibrovasalsträngen und einem Gewebe, das wir sofort als CoUenchym erkennen. 135. Die Farbstoffe. Zahlreiche Pflanzentheile führen Farbstoffe von sehr verschiedenartiger Natur. Es ist hier zunächst zu betonen, dass diese Farbstoffe schon deshalb ein nicht geringes physiologisches Interesse beanspruchen, weil manche derselben uns unmittelbar Aufschluss über die Reaction derjenigen Zellen gewähren, in denen sie angetroffen werden. Im Zellsaft der Haare von den Blattstielen mancher Begoniaspecies sind rothe Farbstoffe gelöst, was auf saure Reaction des Zellsaftes schliessen lässt. Wird ein Haar auf dem Objectträger mit sehr verdünnter Kalilauge behandelt, so geht in der That die rothe Farbe des vorhandenen Pigmentes in eine blaue über; auf Säurezusatz tritt die rothe Farbe aber wieder hervor. Im Zellsaft der Myosotisblumenblattzellen ist blauer Farbstoff' gelöst. Die Reaction des Zellsaftes ist hier eine schwach alkalische, denn Säurezusatz färbt das Pigment roth. Wenn wir Staubfäden haare einer Trades- cantia mikroskopisch untersuchen, so können wir leicht feststellen, dass in dem Zellsafte ihrer Zellen ein violetter Farbstoff aufgelöst ist. Wir ziehen mit einer Pincette ein Stückchen Epider- mis von dem Blumenblatte einer Vincaart und einer rothen Rose ab. Bei mikroskopischer Prü- fung finden wir, dass beide Präparate im Zell- saft aufgelöste Pigmente enthalten. In einem Falle ist der Farbstoff aber blau, im anderen rosa. Die blauen , violetten oder rothen, im Zellsaft gelösten Farbstoffe werden als Antho- cyan bezeichnet. Manche Pigmente kommen nicht im gelösten Zustande in den Zellen vor, sondern sie werden, an eine Grundmasse gebunden, in denselben an- getroffen. Die mit dem Pigment imprägnirten Farbkörperchen (Chromatophoren) besitzen mei- stens charakteristische Formen, und wir wählen zunächst nicht gar zu reife, aber doch bereits schön geröthete Hagebutten als Untersuchungsmaterial. Wir stellen Schnitte aus dem Hypanthium- fleisch her. Die Zellen desselben enthalten neben Protoplasma und Kern zugespitzte , orangefarbene Spindeln oder in derselben Weise tingirte dreieckige Gebilde, eben die Farbkörperchen. Die orangerothe Farbe der Wurzeln der Mohrrübe (Daucus carota) wird durch Farbkörper hervor- gerufen , die man leicht in Form rechteckiger Tafeln oder gestreckter Prismen bei mikroskopischer Untersuchung in den Zellen auffinden kann. Weiter stellen wir Flächenschnitte von der Oberseite der Kelchblätter eben geöffneter Blüthen von Tropaeolum majus her. In den Zellen, zumal in den Epidermiszellen, sind zahlreiche eckige, gelb gefärbte Farbkörper bei mikroskopischer Untersuchung leicht zu entdecken (vergl. Fig. 115.) Die braunen Streifen an der Oberseite der Tropaeolumkelchblätter rühren. Fig. 115. Von der Ober- seite des Kelches von Tro- paeolum majas. Untere Wandung einer Epidermis- zelle mit den ihr anliegen- den Farbkörpern. Vergr. 540. (Nach Strasburger.) Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 285 wovon man sich beim Studium geeigneter Schnitte überzeugen wird, da- her, dass die betreffenden Epidermiszellen carminrothen Zellsaft enthalten. " Die gelben Pigmente der Pflanzen sind fast ausnahmslos an eine proto- plasmatische Grundmasse gebunden. Nur selten treffen wir sie im Zellsaft gelöst an. Dies letztere ist z. B. der Fall in den Epidermiszellen der Blumenblätter von Verbascum nigrum '). Der in den meisten gelben Blüthen enthaltene Farbstoff" ist nicht ohne weiteres im Wasser löslich, wohl aber in Alkohol. Er kann mit Hülfe dieses Lösungsmittels z. B. den Kronenblättern einer gelb blühen- den Ranunculusspecies leicht entzogen werden. Die meisten rothen Blüthen- farbstoffe sind hingegen in Wasser löslich, und wenn man z. B. Blumen- blätter einer rothon Rose oder von Paeonia in einem Mörser mit Wasser zerquetscht, um die erhaltene Lösung abzufiltriren, so erhält man ein roth gefärbtes Filtrat, das nach meinen Beobachtungen (ich experimentirte mit Paeonia) auf Ammoniakzusatz eine blaue Farbe annimmt. Zusatz von Salzsäure stellt die rothe Farbe der Flüssigkeit wieder her. Es kann auch Interesse besitzen, die Extracte aus gelben oder rothen Blüthen spectro- skopisch zu untersuchen-). Dabei sind die unter 7 angegebenen Me- thoden in Anwendung zu bringen. Lehrreich ist es auch, sich mit den Farbstoff'en, welche das Kern- holz mancher Bäume enthält, bekannt zu machen. Wir untersuchen z. B. einen Querschnitt des rothen Sandelholzes (Stammpflanze: Pterocarpus santalinus). Die weiten Gcfässe lehnen sich an die den Jahresringen parallel laufenden Binden des Holzparenchyms an. Ferner sehen wir die zahlreichen Markstrahlen, deren Zellen eine harzige, tief schwarzrothe Masse enthalten, und die Holzfasern mit stark verdickten Wänden. Alle Elemente des Sandelholzes führen in ihren Membranen Farbstoff", und zwar ist es besonders die rothe Santalsäure, welche in den Membranen vorkommt. Destillirtes Wasser extrahirt aus dem Sandelholz nur Spuren von Farbstoff"; mit ammoniakalischem Wasser erhält man aber leicht einen carminrothen Auszug. Die Elemente des Fernambukholzes (Stammpflanze: Caesalpinia echi- nata) führen in ihren Membranen einen gelblichen Farbstoff", das Brasilin. Behandelt man Femambukholz mit heissem Wasser, so geht eine ziem- liche Quantität dieses Körpers in Lösung, und die Flüssigkeit nimmt auf Ammoniak- oder Kalizusatz eine blutrothe Farbe an '). 136. Der mikrochemische Nachweis yoii Allialoiden und einisjer anderer Stoffe in den Pflanzen. Es ist eine bekannte Thatsache, dass in den Geweben der verschie- densten Pflanzen Alkaloide, Glycoside oder andere Stoff'e vorkommen, über deren physiologische Bedeutung bis jetzt wenig bekannt ist. Manche dieser Körper dienen den Gewächsen ohne Zweifel als Schutzmittel gegen schädliche Thiere, andere (z. B. Glycoside) liefern wohl auch unter be- stimmten Umständen in Folge von Zersetzungen, denen sie unterliegen, 1) Bezüglich verschiedener hier erwähnter Verhältnisse vgl. Strasburgeb, Das botanische Praktikum, 1884, S. 59. 2) Vgl. Hansek, Verhandlungen der Physikalisch-medicinischen Gesellschaft zu Würzburg, Neue Folge Bd. 18, No. 7. " 3) Ueber den anatomischen Bau des Fernambukholzes vgl. WiESNER, Rohstoffe des Pflanzenreiches, 1873, S. 555. 286 Dritter Abschnitt. plastisches Material (Zucker), aber alle diese Verhältnisse sind noch wenig studirt. Ebenso sind die mikrochemischen Reactiouen, deren man sich bedient hat, um die Gegenwart wenigstens einiger Alkaloide sowie Glyco- side im pflanzlichen Gewebe zu constatiren, zum Theil noch ziemlich un- sichere, wovon ich häufiger Gelegenheit hatte mich zu überzeugen. Einige Reactionen mögen hier dennoch Erwähnung finden, und bei der Ausfüh- rung derselben wird man finden, dass die fraglichen Körper wenigstens häufiger zumal in den peripherisch gelagerten Geweben der Organe oder in der Umgebung der Gefässbündel angehäuft sind, Beobachtungen, die schon von vornherein auf die Function der betreifenden Substanzen als chemisch wirkende Schutzmittel der Pflanzen gegen Thierfrass hin- deuten '). Untersuchen wir einen dünnen Schnitt aus dem hornigen Endosperm des Samens von Strychnos nux vomica, so lässt sich leicht feststellen, dass die Zellen ziemlich dickwandig sind. Ihr Inhalt besteht aus EiweissstofFen, Zucker und fettem Oel. Werden dünne Schnitte aus dem trockenen Samen auf dem Objectträger in einen Tropfen concentrirter Schwefelsäure gebracht, so färbt sich der Zellinhalt in einigen Minuten röthlich. Wir fügen dem in Schwefelsäure liegenden Object nun ein Splitterchen chrom- sauren Kalis zu, bedecken mit dem Deckglas und beobachten. Der Zell- inhalt, zumal derjenige der subtestalen Endospermzellen, färbt sich bald schön violett, während die Membranen ungefärbt bleiben (Strychnin- reaction) ^). Bei der Untersuchung von Querschnitten aus dem Stamm oder den Zweigen von Berberis vulgaris (man benutze z. B. etwa 6 mm dicke Zweig- stücke) unterscheidet man das Rindengewebe ^) xind die Gefässbündel leicht. In der Rinde, dem Weichbast sowie den Phloemstrahlen fallen viele Zellen mit gelbem Inhalt auf, und zwar rührt diese Farbe von der Gegenwart des Berberins her. Auch im peripherischen Theil des Holz- körpers ist Berberin (nämlich als Einlagerung in die Membranen) vorhanden. Bei Behandlung der Schnitte mit Alkohol und sehr verdünnter Salpeter- säure (1 Thl. Salpetersäure auf 50 Thl. Wasser) verschwindet die gelbe Farbe der berberinführenden Elemente. Die Anwesenheit grösserer Ber- berinmengen bedingt nun aber die Abscheidung gelber Krystalle von sal- petersaurem Berberin. Wir stellen feine Quer- oder Längsschnitte aus einer Knolle von Colchicum autumnale her. In unmittelbarer Nähe der Gefässbündel gewahrt man Zellen, die eine stark lichtbrechende, gelbliche Flüssigkeit führen, während die Hauptmasse des Parenchyms sehr stärkereich ist. Jene gelblich erscheinenden Zellen führen das Colchicin. Bei Behandlung der Schnitte mit Ammoniak nimmt ihr Inhalt eine intensiv gelbe Farbe an. Die Wurzeln von Colchicum enthalten Colchicin in der Epidermis und der Schutzscheide. Im Stengel von Aconitum Napellus findet sich Aconitin in der Gefäss- bündelscheide und in dem dieser benachbarten Parenchym. Das Aconitin giebt mit Jodjodkalium einen braunrothen Niederschlag und mit Schwefel- säure, die mit ^/g — */g ihres Volumens Wassers verdünnt ist, zumal 1) Vgl. Errera, Botan. C«ntralblatt, Bd. 32, S. 71. 2) Rosoll, Sitzungsber. d. Akadem. d. Wiss. zu Wien, Abthl. I, Bd. 89. 3) Genaue Angaben über den Bau der BerberLsstammtheile, zumal auch ihrer Rinde, findet man m einer von BöxiNS abgefassten Königsberger Dissertation vom Jahre 1885 über die Anatomie des Stammes der Berberitze. Die StofFwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 287 nach vorheriger Behandlung der Präparate mit Rohrzuckerlösung, eine carminrothe Färbung (Errera). Werden Querschnitte von etwa 3 mm dicken Zweigstücken der Syringa vulgaris auf dem Objectträger in verdünnte Schwefelsäure (1 Volumthl. uoncentrirte Schwefelsäure und 2 Volumthl. Wasser) ge- legt, so färben sich die Membranen der Holzelemente, der Holzmark- strahlen sowie der Bastfasern gelbgrün und später blaugrün. Alle übrigen Zellen bleiben ungefärbt. Die erwähnte Reaction wird durch das Vorhandensein des Syringins bedingt. Dieser Körper ist in den Membranen abgelagert. Zuweilen nimmt auch der Inhalt der Zellen des Rindenparenchyms bei Behandlung der Syringaschnitte mit Schwefelsäure eine bläuliche Farbe an. Diese Erscheinung rührt aber nur daher, dass etwas Syringin bei Ausführung der Reaction durch Diffusion in diese Zellen übergetreten ist. Wir stellen Querschnitte aus etwa 3 mm Durchmesser besitzenden Zweigstücken von Rhamnus Frangula her und behandeln dieselben auf dem Objectträger mit weingeistiger Kalihydratlösung. Verschiedene Ele- mente der Schnitte, zumal die dünnwandigen Elemente des Bastes, färben sich intensiv roth, eine Färbung, die aber wenig beständig ist (Frangulin- reaction). Beim Studium der Querschnitte aus der Wurzel von Rumex crispus werden wir das Korkgewebe, die Rinde, den Bast- sowie den Holztheil der Gefässbündel leicht unterscheiden. Das Holz bildet in den etwas älteren Wurzeltheilen einen geschlossenen Cylinder, der von Markstrahlen durchsetzt wird. Werden die Schnitte mit verdünnter Kalilauge behandelt, so färbt sich namentlich der Inhalt der dickwandigen Rinden- und Phloemelemente intensiv roth, und zwar ist diese Färbung eine sehr beständige (Chrysophansäurereaction) ^). 137. Die Nebenproducte des pflanzlichen Stoifweclisels als Schutzmittel der Pflanzen. Zahlreiche Thiere, zumal Säugethiere, Insekten und Schnecken würden das Leben der Pflanzen im höchsten Grade gefährden, wenn dieselben nicht mehr oder minder gegen Thierfrass geschützt wären. Diese Schutzmittel der Pflanzen sind theils mechanische, theils chemische, und man findet oft, freilich nicht immer, dass Pflanzen, die mechanisch geschützt sind, keine sog. chemischen Schutzmittel produciren und umgekehrt. Viele Nebenproducte des pflanzlichen Stoff'wechsels haben nun, wie schon mehrfach angedeutet wurde, unter anderem in erster Linie die Aufgabe, den Pflanzen einen chemischen Schutz gegen Thiere zu gewähren, und wir wollen hier unter Zugrundelegung der Unter- suchungen von Stahl 2) Versuche angeben, durch welche diese Thatsache leicht festgestellt werden kann. Es wird sich für uns namentlich darum handeln, zu zeigen, dass Gerbstoff'e, Pflanzensäuren, ätherische Oele etc. als Schutzmittel der Pflanzen gegen Schnecken- frass dienen. 1) Vgl. BoRSKOW, Botan. Zeitung, 1874, und 0. Herrmann, Leipziger Disser- tation, 1876. 2) Vgl. Stahl, Pflanzen und Schnecken, Jena 1888. 288 Dritter Abschnitt. Man sammelt eine Anzahl Schnecken , z. B. Helix pomatia und H. hortensis. Den Thieren wird 2 — 3 Tage lang kein Futter verabreicht, damit sie, wenn die eigentlichen Versuche beginnen sollen, recht hungerig sind. Je 2 oder 3 Exemplare von Helix pomatia oder eine grössere Zahl von Individuen der kleineren Schnecken gelangen nun in geräumige Krystallisirschalen , die man mit Glasplatten bedeckt. Diese Platten beschwert man, um das Auskriechen der Thiere zu verhindern. Den Schnecken in den Krystallisirschalen wird verschieden- artige Nahrung dargeboten. Wir wollen mit folgenden Blättern experimentiren : Trifolium pratense (gerbstoffhaltig) , Rumex, Oxalis (säurereich), Ruta graveolens (reich an ätherischem Oel), Ranunculus acris und Tropaeolum majus. In die Krystallisirschalen zu den Schnecken gelangen je ein oder einige frische Blätter dieser Pflanzen; zugleich aber bieten wir den Thieren noch Blätter dar, die zur Ex- traction der chemischen Schutzmittel zunächst durch Erwärmen mit Alkohol ausgezogen, dann an der Sonne oder im Trockenschrank ausgetrocknet und endlich mit destillirtem Wasser ausgewaschen worden sind. Da die Schnecken besonders Abends und Nachts fressen, so empfiehlt es sich, die Krystallisirschalen mit den Thieren und Blättern stets längere Zeit stehen zu lassen. Die frischen Blätter werden gar nicht oder nur wenig von den Schnecken berührt; die extrahirten vertilgen sie schnell. Auch die folgenden Versuche lehren bestimmt, dass z. B. Gerbstoffe und Pflanzensäuren den Pflanzen einen aus- gezeichneten Schutz gegen Schneckenfrass gewähren müssen. Man bietet den in Krystallisirschalen verweilenden Schnecken einmal dünne Scheiben der Möhre (Daucus carota) dar, daneben aber auch solche Möhrenscheiben, die in siedendem Wasser getödtet, im Ofen getrocknet und endlich in einer 1-proc. Gerbstofflösung oder 1-proc. Lösung von saurem oxalsaurem Kali aufgeweicht worden sind. Die frischen Möhrenstücke werden von den Schnecken sehr gern gefressen; die gerbstoff- und säurehaltigen Scheiben verschmähen sie durchaus. Wir wollen nicht versäumen, um auch die Wirkung mechanischer Schutzmittel kennen zu lernen , die folgenden Versuche anzustellen, Wir legen einigen Schnecken, die sich in Krystallisirschalen befinden, unversehrte Blätter von Symphytura officinale oder Boraya officinalis vor. Zugleich erhalten die Thiere Blätter dieser Pflanzen, die mittelst eines scharfen Messers von den die Oberfläche der Organe bedecken- den spitzen , rauhen Borsten befreit worden sind. Diese letzteren Blätter werden gern von den Versuchsthieren gefressen; sie rühren die unversehrten Blätter dagegen kaum an. Blätter von Arum maculatum werden selbst von sehr hungerigen Schnecken nicht gefressen. Diese Blätter sind durch Rhaphiden mechanisch geschützt, die sich, wenn die Pflanzentheile benagt werden, sofort in die Mundwerkzeuge der Thiere einbohren und dadurch eine höchst unangenehme Empfindung hervorrufen. Wenn man kleine Stücke der Arumblätter zerkaut, so nimmt man einen intensiv brennenden Geschmack wahr, der ebenfalls durch die Rhaphiden verursacht wird. Der ausgepresste, unfiltrirte Arumsaft ruft, auf die Zunge gebracht, die nämliche Empfindung hervor, während der durch Filtriren von den Rhaphiden befreite Saft nur süsslich schmeckt. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 289 V. Die Translocation plastischer Stoffe in den Pflanzen. 138. Experimente mit l^eimeiiden Pollenliömern. Die Beobachtungen und Experimente, welche wir über das Ver- halten der stickstoffhaltigen und sticktoff"freien Körper in den Pflanzen anstellten, haben uns bereits mit einer grossen Reihe verschiedener sich auf die Stoff*wanderung im vegetabilischen Organismus beziehen- der Thatsachen bekannt gemacht. Hier und im Folgenden sollen einige Verhältnisse der Stofttranslocation specieller behandelt werden. Als erstes Untersuchungsobject wählen wir Pollenkörner. Wir stellen uns zuerst eine kleine feuchte Kammer her, indem wir aus nicht zu dicker Pappe einen Rahmen schneiden, dessen inneres Lumen etwas kleiner als das zu benutzende Deckglas sein muss. Dieser Papprahmen wird, nachdem er vollständig mit Wasser durch- tränkt worden ist, auf einen Objectträger gelegt. Wir bringen nun einen Tropfen derjenigen Flüssigkeit, in welcher die Pollenkörner keimen sollen, auf ein Deckglas, fügen das Pollenmaterial, welches wir reifen Antheren entnommen haben, hinzu und drehen das Deck- glas jetzt mit rascher Wendung um. Es wird mit nach unten ge- kehrtem Tropfen auf den Papprahmen gelegt, und die Keimung der Pollenkörner kann nun in dem hängenden Tropfen vor sich gehen. Wir haben nur dafür zu sorgen, dass in der feuchten Kammer kein Wassermangel eintritt. Es empfiehlt sich daher, die Objectträger, welche die feuchte Kammer tragen, auf feuchtes, in einer Krystallisir- schale befindliches Fliesspapier zu legen und das Gefäss mit einer Glasplatte zu bedecken. Die Pollenkörner von Alliumarten, von Tulipa Gesneriana und von Narcissus poeticus keimen nach Strasburger besonders leicht, wenn man sie in eine etwa 3-proc. Auflösung von Rohrzucker in Brunnenwasser legt, und ich habe z. B. sehr schöne Resultate erzielt, als ich mit dem Pollen von Allium Victoriale experi- mentirte. Ich übertrug die Pollenkörner einmal in einen hängenden Tropfen Brunnenwassers, ferner andere Körner in einen Tropfen 3-proc. Zuckerlösung. Bei 18^10" C. hatten sich nach Verlauf von 2 Stunden bei Lichtabschluss schon Pollenschläuche entwickelt, und nach ferneren 2 Stunden waren dieselben beträchtlich gewachsen. In der Zucker- lösung keimte eine grössere Anzahl der Pollenkörner, und es wurden in derselben Zeit längere Pollenschläuche als im Brunnenwasser ge- bildet Dass die Keimung der Pollenkörner mit einer Stoff"wanderung verbunden sein muss, liegt auf der Hand, denn bei der Entwickelung der Pollenschläuche geht ja das Protoplasma und gehen Reservestoff"e aus den Pollenkörnern in die Schläuche über. Wenn die Pollen- schlauchbildung besser in der Zuckerlösung als im Wasser stattfindet, so macht diese Thatsache es wahrscheinlich, dass der von aussen auf- genommene Zucker von den keimenden Pollenkörnern als Nahrungs- mittel vefwerthet werden kann. 139. Experimente mit Blättern. Die in den Blättern durch Assimilation gebildete Stärke wird nur zum kleinsten Theil für die Ausbildung des Blattes selbst verbraucht. Detmcr, l'fl»iizenph>siologisdies Praktikum. 2. Aafl. 19 290 Dritter Abschnitt. Die Hauptmasse des Amylums verlässt das Blatt; sie wandert aus demselben in andere Organe der Pflanze, um deren Entwickelung zu ermöglichen. Das Lösungsproduct der Stärke ist in vielen Fällen ohne allen Zweifel Glycose, und diese entsteht, indem die in den Blättern vorhandenen diastatischen Fermente (vgl. unter 112) auf die Amylumkörner einwirken. Es werden Blätter von Tropaeolum, So- lanum oder Cucurbita am Abend eines warmen Sommertages abge- schnitten. Man kocht sie mit Wasser aus, behandelt sie zur Entfernung des Chlorophyllfarbstoflfes mit Alkohol und legt einige, um sich von der Anwesenheit reichlicher Stärkemengen in ihren Zellen zu über- zeugen, in Jodlösung (vgl. unter 14). Die übrigen Blätter werden nach der Behandlung mit Alkohol mit Wasser ausgewaschen und in einem frisch bereiteten Malzextracte einige Stunden lang einer Tem- peratur von 45" C. ausgesetzt. Legt man die Blätter nun in Jod- lösung, so geben sie keine oder höchstens noch eine schwache Stärke- reaction, woraus hervorgeht, dass die Diastase im Stande ist, die durch Assimilation in den Blattzellen erzeugte Stärke aufzulösen. Dieser Auflösungsprocess geht häufig mit ganz merkwürdiger Ge- schwindigkeit vor sich. Wir schneiden am Abend eines recht warmen Sommertages des Juni oder Juli einige Blätter von sehr kräftig im Freien wachsenden Solanum-, Nicotiana-, Atropa-, Cucurbita- oder Phaseoluspflanzen ab und untersuchen dieselben sofort nach der unter 14 angegebenen Methode makroskopisch auf Stärke. Die Blätter erweisen sich als sehr stärkereich. Wenn wir den genannten Pflanzen am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang abermals einige Blätter entnehmen, um ihren Stärkegehalt makroskopisch zu prüfen, so finden wir, falls die Nacht warm war, kein Amylum in den Zellen ; dasselbe ist während der Nacht aufgelöst worden und aus den Blättern in andere Organe gewandert. Sehr lehrreich ist der folgende Versuch, den ich mit in Töpfen cultivirten Exemplaren von Tropaeolum majus anstellte. Man über- zeugt sich zunächst auf makroskopischem Wege, dass die Blätter der kräftig entwickelten Untersuchungsobjecte reichliche Stärkemengen enthalten. Sie werden jetzt ins Dunkle gestellt, nachdem man noch einige Blätter von ihnen abgeschnitten hat, die man unter einer Glas- glocke auf eine feuchte Unterlage bringt und ebenfalls verdunkelt Nach einiger Zeit (bei meinen Versuchen, die bei einer Temperatur von nur 12 — 15" C. angestellt wurden, erst nach 5 Tagen) untersucht man die abgeschnittenen Blätter und ferner solche, ;^welche nicht ab- getrennt worden waren, makroskopisch auf Amylum. Die nicht abgetrennt gewesenen Blätter enthalten nur in den Nerven Stärke, während die abgeschnittenen noch mehr oder minder stärkereich sind. Diese letzteren konnten sich während des Verweilens im Finstern ihrer Kohlehydrate nicht entledigen, weil sie nicht mehr, wie die an der Pflanze belassenen Blätter, mit anderen Organen im Zusammenhang standen. Wenn man Blätter von Impatiens parviflora (diese Pflanze wächst oft bei uns wild oder kann leicht im Garten an einem etwas schattigen Orte aus Samen gezogen werden) makroskopisch auf Stärke prüft, so findet man dieselbe in reichlicher Menge in den normalen Vegetations- verhältnissen ausgesetzt gewesenen Untersuchungsobjecten. Es fällt aber auf, wovon ich mich überzeugte, dass die Nerven im Vergleich Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 291 zum Mesophyll stärkearm sind; sie nehmen daher in Contact mit Jodlösung eine gelbe oder nur schwach bläuliche Farbe an. Werden in Töpfen cultivirte Impatiensexemplare und einige von diesen ab- geschnittene Blätter ins Dunkle gebracht, so findet man die an der Pflanze belassenen und ebenso die abgetrennten Blätter nach 48 oder 72 Stunden stärkefrei. Abgeschnittene Impatiensblätter verhalten sich also in der hier in Rede stehenden Hinsicht im Finstern anders wie abgeschnittene Tropaeolum blatten Diese vermögen die als Lösungs- product des Araylums entstehende Glycose , welche die noch an der Pflanze befindlichen Blätter verlässt, wieder in Stärke umzuwandeln; die Impatiensblätter sind dazu höchstens in geringem Grade im Stande. Wir stellen nun einen Querschnitt durch das Blatt von Impatiens parviflora her und erkennen leicht, dass das Mesophyll in Palissaden- und Schwammparenchym gegliedert ist. Der Hauptnerv besteht, wie gewöhnlich bei den Blättern, aus einer peripherischen Lage lang- gestreckter chlorophyllarmer Zellen und aus mehreren Gefässbündeln, deren Bastseite von einer Stärkeschicht überzogen ist. Jene Schicht langgestreckter Zellen , welche die Gefässbündel der dickeren und ebenso diejenigen der dünneren Nerven umgiebt, bezeichnet man zweckmässig als Leitscheide. Es ist schon erwähnt worden, dass die Nerven, zumal die dickeren Nerven, der unter normalen Verhältnissen zur Entwickelung gelangten Impatiensblätter auf jeden Fall stärkearm sind. Werden in Töpfen cultivirte Impatiensexemplare 24 Stunden lang verdunkelt, um einige dann abgeschnittene Blätter makroskopisch auf Stärke zu prüfen, so tritt die Stärkearmuth der Nerven noch klarer hervor. Dieselben heben sich als gelbes Netz vom blau tingirten, noch ziemlich amylum- reichen Mesophyll ab. Wir belassen ferner in Töpfen cultivirte Im- patienspflanzen und ebenso abgeschnittene Blätter derselben, die wir unter eine Glasglocke in einen wassergasreichen Raum bringen, 48 Stunden lang im Finstern. Sämmtliche Blätter sind fast oder völlig stärkefrei geworden. Die mikrochemische Prüfung auf Glycose (vergl. die Methode unter 115) ergiebt, wovon ich mich überzeugte, dass in den Zellen der Leitscheide der abgeschnitten gewesenen Blätter viel Zucker vorhanden ist, während die entsprechenden Zellen der nicht abgeschnittenen Blätter zuckerarm erscheinen. Wir gelangen zu dem Schluss, dass die Leitscheide der Nerven als dasjenige Gewebe der Blätter anzusehen ist, welches die Auswan- derung der Assimilationsproducte aus den Blättern in andere Organe vermittelt. Bei vielen Pflanzen, z. B. Tropaeolum, kann das aus der Stärke gebildete Lösungsproduct, zumal in den Zellen der Leitscheide, mit Leichtigkeit wieder transitorisch in Stärke übergeführt werden. Bei anderen Pflanzen, z. B. Impatiens, ist dies nicht oder nur in be- schränktem Maasse möglich •). 140. Experimente mit Zweigen. Wenn man im Herbst gleich nach eingetretenem Laubfall die mehrjährigen Zweige oder Stämme unserer Bäume mit Hülfe der unter 1) Literatur: Sachs, Arbeiten des botanischen Instituts in Würzburg, Bd. 3. Heft 1 (sehr wichtige Arbeit). Schimper, Botanische Zeitung, 1885, No. 47—49. 19* 292 Dritter Abschnitt. 1 10 angegebenen Methode auf Stärke untersucht, so findet man reich- liche Mengen derselben in den Geweben, zumal in den Markstrahlen sowie dem Holz- und Rindenparenchym. Bei Quercus und Betula etc. enthält auch das Mark viel Stärke; in anderen Fällen (z. B. bei Corylus) ist das Mark stärkefrei *). Den Zustand, in welchem sich die Bäume oder Sträucher nach dem Laubabfall befinden, können wir als denjenigen des herbstlichen Stärke maximums be- zeichnen. Die Gewebe ihrer Stammgebilde sind dann mit sehr reichlichen Reservestoffm engen angefüllt, welche die Blätter producirt hatten. Neben der Stärke führen aber auch bei vielen Bäumen ge- wisse Elemente des Holzes und der Rinde, was besonders wichtig ist, im Herbst (und auch im Sommer) Glycose. Zum Nachweis der Glycose benutzen wir die von A. Fischer angegebene Methode. Ast- stücke werden median gespalten, 5 Minuten lang in eine concentrirte Lösung von Kupfervitriol gelegt, mit Wasser abgespült und dann 2 — 3 Minuten lang in einer siedenden Lösung von weinsaurem Natron- Kali in Natronlauge belassen. Die erforderlichen Schnitte sind jetzt leicht herzustellen. In den glycosehaltigen Elementen hat sich ein Niederschlag von Kupferoxydul gebildet. Aufhellung der Schnitte ist meist nicht erforderlich ; sie kann übrigens nöthigenfalls durch Glycerin herbeigeführt werden. Untersucht man die mehrjährigen Zweige von Alnus, Betula, Acer, Syringa etc. im Sommer in angegebener Weise, so findet man reichliche Zuckermengen in den Gefässen. Die Holzfasern sowie die lebendigen Holzelemente (Markstrahl- und Holzparenchymzellen) sind meist glycosefrei. In den Gefässen der dickeren Blattnerven ist ebenfalls keine Glycose vorhanden, wohl aber in dem die Nerven umgebenden und als Leitscheide dienenden Parenchym. Zur Zeit des herbstlichen Stärkemaximums ist die Vertheilung der Glycose ungefähr noch dieselbe, wie im Sommer. Wenn der Laubfall eingetreten und das herbstliche Stärkemaximum erreicht ist, so beginnt alsbald eine Auflösung der Stärke in den Stämmen und Aesten unserer Bäume und Sträucher. Es führt dieser Vorgang zur Entstehung des winterlichen Stärkeminimums, das z. B. schon im December völlig eingetreten sein kann und bis etwa Anfang März dauert. In zahlreichen Fällen (Salix, Quercus, Corylus, Syringa) enthält das Holz zur Zeit des winterlichen Stärkeminimums noch viel Stärke, während das Amylum aus dem Rindengewebe ver- schwunden und wahrscheinlich der Hauptsache nach in Form von Glycose, die übrigens im Winter, ebenso wie im Sommer, in der Rinde nicht fehlt, in die tiefer liegenden Baumtheile ausgewandert ist (Stärkebäume). Untersuchen wir dagegen Aeste von Tilia oder Betula im Januar, so finden wir weder im Holz noch in der Rinde Stärke (Fettbäume). Dieselbe hat sich in Fett umgewandelt, und dieser Körper ist bei Behandlung der Schnitte mit Alkannatinctur leicht in den Geweben nachzuweisen (vergl. unter 121). Bei Tilia z. B. sind zumal die Markstrahlen und inneren Rinden- gewebe im Winter fettreich, während dieselben im Herbst viel Stärke führen. Im Mark von Tilia ist im Winter neben Fett reichlich Glycose vorhanden, während namentlich der peripherische Theil des Markes im Herbst viel Stärke beherbergt 1) Vgl. über das Gesagte und Folgende A. Fischek, Jahrbücher f. wissenschl. Botanik, Bd. 22. Die StofFwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 293 Wir setzen unsere Untersuchungen nun derartig fort, dass wir Aeste von Corylus und Tilia im April auf Stärke prüfen. In der That finden wir jetzt wieder sowohl im Holz als auch in der Rinde Amy- lum. Dasselbe ist offenbar aus Fett und Glycose regenerirt worden. Dieser Process beginnt Anfang März (bei Fettbäumen zuerst in der Rinde); er dauert bis gegen Ende April. Um diese Zeit ist das Frühlings-Stärkemaximum erreicht. Bei beginnender Laubentfaltung wird die Stärke wieder aufgelöst, und auf solche Weise kommt das Starkem in im um des späteren Frühjahres zu Stande. Die Auflösung beginnt in den jungen Aesten, so dass diese schnell (etwa im Laufe von 14 Tagen) in der Rinde sowie im Holz entstärkt erscheinen ; sie macht sich später auch in den älteren Aesten geltend. Ein gutes Untersuchungsobject ist Betula. Wenn die Blätter sich nun endlich völlig entfaltet haben, so dass reichliche Mengen von Kohlehydraten entstehen, dann wandern die- selben nach und nach in fortschreitend grösseren Mengen in die Stammgebilde ein, ein Process, der natürlich in seinem Verlauf ganz wesentlich durch die herrschenden Witterungsverhältnisse beeinflusst werden muss. Schliesslich kommt auf solche Weise das herbstliche Stärkemaximum zu Stande, von welchem oben die Rede war. Wir stellen auch noch das folgende interessante Experiment an, um zu zeigen, dass der Process der Rückbildung von Stärke aus Fett oder Glycose in den Aesten unserer Bäume ganz wesentlich abhängig ist von den herrschenden Temperaturverhältnissen. Zur Zeit des Stärkeminimums im Winter, also z. B. im December oder Januar, wird ein Lindenast abgeschnitten, ins warme Zimmer gebracht und sich hier, mit der Basis in Wasser stehend, selbst überlassen. Die Stärkeregeneration beginnt bereits nach einigen Tagen und macht fernerhin weitere Fortschritte. 141. Die Bingelnn^yersnche. Zu Ringelungsversuchen eignen sich vor allem Weidenzweige- Am zweckmässigsten ist es, die Beobachtungen im Frühjahre anzu- stellen, und ich erhielt besonders gute Resultate bei Versuchen mit Salix fragilis. Die etwa 200 mm langen und 12 mm dicken Weiden- zweige werden an ihrer morphologischen Basis geringelt, indem man z. B. 40 mm von ihrem unteren Ende entfernt einen ca. 20 mm breiten Rindenring fortnimmt, wodurch also der Holzkörper an dieser Stelle frei gelegt wird. Nun wird der Zweig in einem genügend hohen Glascylinder aufgehängt, indem man einen Bindfaden um das obere Zweigende schlingt und den Faden mit Hülfe von Siegellack an einer die Oeffnung des Glascylinders verschliessenden Glasplatte befestigt. Der Boden des Cylinders ist einige mm hoch mit Wasser bedeckt, in das das untere Zweigende aber nicht eintauchen darf. Feuchte Fliesspapierstreifen, welche die Innenfläche des Cylinders bedecken, tragen nicht unwesentlich zu einer möglichst gleichmässigen Feuchtigkeitsvertheilung im Apparat bei. Bei einem von mir an- gestellten Versuch verweilte ein Weidenzweig vom 19. März bis zum 21. April bei Lichtabschluss in einem Glascylinder. Das Resultat des 294 Dritter Abschnitt. Ringelungsversuchs ist aus untenstehender Abbildung zu ersehen. Das kurze, 45 mm lange Zweigstück unterhalb der Ringelungsstelle hat kleine Wurzeln erzeugt; aus dem Zweigstück oberhalb der Ringelungs- stelle sind lange Wurzeln und am oberen Ende auch Triebe hervor- gegangen. Die Ursache, weshalb an dem kurzen Zweigstück unter der Ringelungsstelle nur kurze Wurzeln producirt werden, ist darin zu suchen, dass in diesem Theil des Untersuchungsobjects nicht genü- gende Mengen plastischen Materials zur Verfügung stehen. Die kleine Quantität stickstoffhaltiger und stick- stofffreier Baustoffe im Zweigsttick unter der Ringelungsstelle ist bald verbraucht. Dann können dem- selben freilich eventuell noch stick- stofffreie Substanzen zuströmen, denn es lässt sich, wovon ich mich z. B. im Februar unter Benutzung eines Zweiges von Salix fragilis von 6 mm Durchmesser überzeugte, leicht feststellen (vergl. Methode unter 110), dass zumal die peri- pherische Holzregion der Weiden- zweige viel Stärke enthält. Aber die Eiweisszuleitung, die, wie gerade die Ringelungsversuche sowie ander- weitige Beobachtungen (vgl. unter 143) lehren, zumal durch Elemente des Weichbastes vermittelt wird, ist in Folge der Ringelung unterbrochen. Natürlich wird die Wurzelbildung unterhalb der Ringelungsstelle um so ausgiebiger, je höher die Stelle am Zweige liegt, von der man den Rindenring entfernt. Andererseits sah ich gar keine Wurzelbildung unterhalb der Ringelungsstelle mehr eintreten, wenn das kurze Stück am unteren Zweigende nur 20 mm Länge besass. Wenn man keine vollständige Ringelung vornimmt, sondern zwischen dem langen oberen und dem kurzen unteren Zweig- stücke einen senkrechten Rinden- streifen als Brücke bestehen lässt, so erfolgt eine relativ ausgiebige Wurzelbildung am unteren Zweigstücke, da nicht unerhebliche Ei- weissmengen die erwähnte Brücke passiren können. Untersucht man Querschnitte aus Weidenzweigen mikroskopisch, so überzeugt man sich leicht, dass der Holzkörper der Fibrovasal- stränge auf seiner Innenseite direct an das Mark grenzt. Es ist nur zwischen der eigentlichen Rinde sowie der Aussenseite des Holzes Bastgewebe vorhanden, und somit muss durch eine bis aufs Holz gehende Ringelung die Eiweissleitung unterbrochen werden. Fljr. 116. Geringelter Zweig von Salix ftngrilis, an dessen oberem Theil kräftige Wurzeln und Triebe zur Ent- wickeiung gekommen sind. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 295 Ganz andere Resultate wie an geringelten Weidenzweigen oder überhaupt an solchen Zweigen, welche den für die Stammgebilde dicotyler Gewächse typischen Bau besitzen, treten bei Ringelungs- versuchen hervor, wenn man z. B. mit Mirabilis Jalappa oder Nerium Oleander experimentirt. Und in der That ist der anatomische Bau der Stammgebilde dieser Pflanzen ein sehr eigenthümlicher. Stellt man Querschnitte aus etwa 4 mm dicken Stengeln von Mirabilis her, so erblickt man bei mikroskopischer Untersuchung die Epidermis', die primäre 'Rinde mit ihrem äusseren Collenchymring, ferner besonders einen aus stark verholzten Zellen (Sklerenchymfasern) und eingeschalteten Gefässbündeln bestehenden Ring und den centralen Stengeltheil. Dieser besteht aus Markgewebe, dessen Zellen ich noch Ende October, nachdem Blätter der Pflanze bereits [durch einen Nachtfrost getödtet waren, reichlich mit Stärke angefüllt fand, und in dem Grundgewebe vertheilten Gefässbündeln mit deutlichem Bast- und Holztheil. Von einer Ringelung werden diese centralen Gefässbündel gar nicht berührt, so dass also durch die Fortnahme eines Rinden- ringes in diesem Fall weder die Leitungsbahnen für| die stickstoff'freien noch diejenigen für die stickstoffhaltigen plastischen Stoff'e eine wesent- liche Unterbrechung erleiden. Wir wählen einen kräftigen, reich beblätterten Spross von Nerium Oleander aus, entfernen in einer Höhe von etwa 20 mm über der Sprossbasis einen Rindenring und befestigen das Untersuchungsobject derartig unter Beihülfe von Watte in der Bohrung eines Korkes, der ein mit Wasser angefülltes Gefäss verschliesst , dass der Spross mit seinem unteren Ende etwa 80 mm weit in das Wasser eintaucht. Bei hinreichend hoher Temperatur und nicht zu grosser Trocken- heit der Luft (es ist zweckmässig, die Neriumsprosse im Warmhause zu halten) brechen nach einiger Zeit zahlreiche Wurzeln aus dem oberhalb der Ringelungsstelle befindlichen, noch vom Wasser benetzten Stammtheile hervor. Weiterhin entwickeln sich ebenfalls ziemlich viele Wurzeln an der Basis des Sprosses, also unterhalb der Ringe- lungszone. Die Neriumsprosse verhalten sich also wesentlich anders wie die Weidensprosse, und die Ursache dieser Erscheinung ist im anatomischen Bau der Untersuchungsobjecte zu suchen. Bei Salix sind nur an der Peripherie der Gefässbündel Weichbastelemente vor- handen. Nerium besitzt nicht nur auf der Aussen-, sondern ebenso auf der Innenseite der Gefässbündel Weichbast, wovon man sich durch mikroskopische Untersuchung zarter Querschnitte leicht überzeugen kann. Bei Nerium wird also die Bahn für die Eiweissleitung durch die Ringelung keineswegs völlig unterbrochen, während dies bei Salix der Fall ist. Bei Nerium können dem unterhalb der Ringelungsstelle liegenden Stengeltheile erhebliche Mengen stickstoff'freier und auch stickstoffhaltiger plastischer Stoffe zuströmen, und aus diesem Grunde ist eine ziemlich ausgiebige W^urzelbildung an demselben möglich 0 ^)- Was die Wanderung der stickstofffreien Körper in den sich unter normalen Vegetationsverhältnissen befindenden Bäumen und Sträuchem anbetrifft, so ist auf Grund der Untersuchungen von Th. Habtig, Sachs 1) Literatur: Hanstetn in PRmasHEiM's Jahrbüchern f. wissenschl. Botanik, Bd. 2, und Sachs, Flora, 1863, .8. 33. 2) Uebrigens können Eiweissstoffe auch in manchen Fällen im Holz translocirt werden. Vgl. Stasburger, Bau und Verrichtung der Leitungsbahnen, 1891, S. 900 imd 911. Die Translocation von Amiden etc. findet im Parenchym statt. 296 Dritter Abschnitt. und A. Fischer ') nicht daran zu zweifeln, dass die in den Blättern ge- bildeten Kohlehydrate fast nur im Parenchj'm der Rinde translocirt werden, während die Aufwärtsbewegung der Kohlehydrate im Frühjahr beim Aus- treiben der Knospen in den glycosereichen Gefässen des Holzes statt- findet. Ein mehrjähriger Ast von Betula, dessen basaler Theil zweig- und blattlos sein muss, wird, ohne von der Pflanze getrennt zu werden, An- fang Juni etwa 10 cm über seiner Ansatzstelle geringelt. Das froi ge- legte Holz überzieht man mit Baumwachs. Anfang August schneidet man den Ast ab und prüft entsprechende Querschnitte auf Stärke. Es genügt oft schon eine makroskopische Untersuchung, indem man die Querscheiben mit Jodlösung betupft. Oberhalb der Ringelungsstelle erweisen sich Holz und Rinde als überaus stärkereich. Das Holz der Ringelungsstelle ist sehr stärkearm ; ebenso das Holz sowie die Rinde unterhalb der Ringelungs- stelle. Die Kohlehydrate konnten in unserem Ast die Ringelungsstelle, weil hier die Rinde fehlte, offenbar nicht passiren. Im unversehrten Ast bewegen sie sich dagegen im Rindenparenchym nach abwärts, um sich von hier aus über das Holz, die Maj-kstrahlen und das Mark zu verbreiten, woselbst sie in Form von Stärke zur Ablagerung gelangen. Die Thatsache der Aufwärtsbewegung der Kohlehydrate im Holz zur Zeit des Austreibens der Knospen wird durch folgendes Experiment fest- gestellt. Man schneidet Ende Januar einen Syringazweig, der zwei ein- jährige Gabelästo trägt, ab, stellt ihn mit der Basis in Wasser und bringt dicht unter der Gabelung einen Ringelschnitt an. Im warmen Zimmer entfalten sich die Knospen im Laufe von 14 Tagen bis 3 Wochen. Das durch die Ringelung freigelegte Holz ist mit Baumwachs zu bedecken. Bei Beginn des Versuchs enthält der Holzkörper des Zweiges viel Stärke. Haben die Knospen sich entfaltet, so ist die Stärke nicht nur aus den Gabelästen, sondern auch aus dem Holz der Ringelungsstelle und aus demjenigen Holz fast völlig verschwunden , welches dem zweijährigen Zweigtheil unterhalb der Ringelungsstelle angehört. Die Substanz der Stärke ist in Form von Glycose in den Gefässen des Xylems nach auf- wärts befördert worden. 143. Die Stärke- und Zuckerscheide und ihre Functionen bei der StofPwanderung. Zahlreiche Pflanzen sind durch den Besitz einer entwickelten Stärkescheide ausgezeichnet, und wir können dieselbe z. B. bequem beobachten, wenn wir Querschnitte durch den Stengel von Bohnen- pflanzen ausführen, die sich im Dunkeln .so weit ausgebildet haben, dass das erste Stengelglied erheblich gestreckt ist. Epidermis, Rinde, Mark sowie Gefässbündelkreis sind leicht zu unterscheiden. Der letztere wird an seiner Peripherie, also auf seiner Bastseite, rings von einer Zellenschicht umgeben, deren Elemente kleiner sind als diejenigen des Rindengewebes, und dies ist eben die Stärkescheide. Wir finden reichliche Mengen von Stärke in den Zellen der erwähnten Gefäss- bündelscheide , eine Thatsache, die zu der Vermuthung geführt hat, dass die Translocation der Kohlehydrate in allererster Linie in der Stärkescheide stattfinden möchte. Indessen* verschiedene Verhältnisse 1) Vgl. A. FiscHEE, Jahrbücher f. wissenschl. Botanik, Bd. 22, S. 137 u. 142. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 297 sind nicht mit einer derartigen Anschauung in Einklang zu bringen. Man stelle im Juli Querschnitte aus dem unteren Stengeltheile kräftiger und im Freien zur Entwickelung gelangter Phaseolusexemplare her. Jedes Gefässbündel ist an seiner Aussenseite mit einem mächtigen Bastfaserbeleg versehen, und bei mikroskopischer Untersuchung kann man sich leicht davon überzeugen, dass in dem Rinden- sowie Mark- parenchym reichliche Amylummengen vorhanden sind. Die Zellen der Stärkescheide sind dagegen, wovon ich mich überzeugte, sehr stärkearm oder sie enthalten gar keine Stärkekörner. Danach findet die Trans- location der Kohlehydrate sicher hauptsächlich in der Rinde sowie im Mark statt. Die Stärkescheide enthält nur dann viel Amylum, wenn die Elemente des Bastfaserbeleges der Fibrovasalstränge noch nicht völlig ausgebildet sind. Mit fortschreitender Entwickelung der- selben verschwindet aber die Stärke mehr und mehr aus den Zellen der Stärkescheide, weil sie beim Aufbau der dickwandigen Bastelemente verbraucht wird '). Es ist eine schon von uns erwähnte Thatsache, dass viele Pflanzen die Fähigkeit besitzen, die aus dem Mesophyll der Blätter auswandern- den Kohlehydrate transitorisch in den Ableitungsbahnen (den Blatt- nerven) in Stärke umzuwandeln. Andere Gewächse vermögen dies nur in geringem Grade, weshalb wir ihre Blattnerven nicht mit Stärke, sondern z. B. mit Glycose erfüllt finden. Wir stellen Querschnitte aus dem unteren Theil der Lamina und dem oberen Theil des Blatt- stieles eines ausgewachsenen Rübenblattes her. Die in der Spreite durch Assimilation gebildete Stärke wandert unter normalen Verhält- nissen durch die Nerven und den Blattstiel in die Rübenwurzel, die Entwickelung der letzteren bedingend. Aber wir finden mit Hülfe mikrochemischer Methoden in dem Parenchym, das die Gefässbündel der Nerven sowie des Blattstieles umgiebt, nur sehr kleine Stärke- mengen, hingegen sehr grosse Glycosequantitäten, und man kann das die Kohlehydrate leitende Gewebe daher als Leitscheide, speciell als Zuckerscheide, bezeichnen ^). 143. Die Siebröhren und ilire Function bei der Stoifwanderung. Wenn wir den Stengel eines Exemplars von Cucurbita durch- schneiden, so quillt eine bedeutende Menge einer schleimigen Flüssig- keit aus dem Querschnitt hervor. Unter Berücksichtigung der Quan- tität des ausfliessenden Saftes wird es uns sofort klar, dass derselbe unter Mitwirkung von Druckkräften aus der verletzten Pflanze ausge- presst werden muss, und in der That sind, wie wir weiter unten sehen werden, die Bedingungen für das Zustandekommen solcher Druck- wirkungen im Organismus gegeben. Zunächst wollen wir uns über die Natur des ausgepressten Saftes unterrichten. Wir durchschneiden den Stengel eines Exemplars von Cucurbita, z. B. C. Pepo (ich experimentirte mit C. minensis). Jetzt bringen wir ein Stückchen rothen Lackmuspapiers mit dem Stengelquerschnitt in Berührung und werden zu unserer Ueberraschung wahrnehmen, dass sich dasselbe blau färbt. Auf jeden Fall besitzt demnach ein grosser 1) Vgl. H. Heine, Berichte der Deutschen botan. Gesellschaft, Bd. 3, Heft 5. 2) Vgl. H. DE Vries, Landwirth. Jahrbücher, Bd. 8, S. 445. 298 Dritter Abschnitt. Theil des aus dem Cucurbitastengel ausfliessenden Saftes eine relativ stark alkalische Reaction, während die meisten Pflanzen, wenn sie verwundet worden sind, einen Saft von überwiegend saurer Reaction liefern, der also blaues Lackmuspapier roth färbt. Wenn wir unseren Stengelquerschnitt von' Cucurbita wiederholt mit rothem Lackmuspapier abtupfen, so finden wir bald nicht mehr die Gesammtfläche des den Querschnitt berührenden Papiers gebläut, sondern nur einzelne Stellen desselben zeigen diese Farbe, diejenigen nämlich, welche mit den Ge- fässbündeln in Berührung gekommen sind. Bringen wir den Stengel- querschnitt nun mit blauem Lackmuspapier in Contact, so färbt sich derselbe mit Ausnahme einzelner Stellen roth. Unmittelbar nach dem Durchschneiden eines Cucurbitastengels fliesst aus dem Querschnitt ein Saftgemisch von überwiegend alkalischer Reaction aus. Auf die angegebene Weise kann man sich aber leicht davon überzeugen, dass der Saft des Parenchyms bei Cucurbita, wie bei anderen Pflanzen, sauer reagirt, während die Säfte gewisser Gewebe der Fibrovasal- stränge, nämlich diejenigen des Weichbastes, eine alkalische Reaction besitzen. Bei anderen Pflanzen liegen die Verhältnisse ähnlich; sie sind aber nicht so leicht sicher festzustellen •). Wir stellen nun einen Querschnitt aus dem hypocotylen Gliede von Cucurbita Pepo her, und zwar benutzen wir Alkoholmaterial. Bei den meisten Gewächsen ist nur auf der Aussenseite der Gefässbündel Weich- bast vorhanden ; unser Untersuchungsobject lässt aber auf der Aussen- sowie Innenseite des Holztheiles der Fibrovasalstränge das Vorhandensein von Weichbast erkennen. Stellen wir nach der unter 94 angegebenen Methode Prüfungen über den Eiweissgehalt der Gewebe an , so ergiebt sich, dass die Weichbastelemente sehr reich an Proteinstoffen sind. Der alkalisch reagirende, eiweissreiche Schleim, welcher beim Durchschneiden von Cucurbitastengeln hervorquillt, ist in besonders grosser Menge in den Siebröhren des Weichbastes vorhanden, eigenthümlichen , lang ge- streckten Elementen , die durch mit vielen Poren versehene Querwände (Siebplatten) gegliedert sind. In den Siebröhren ist wandständiges Proto- plasma vorhanden, und sie sind mit einem eiweissreichen , alkalisch reagirenden Schleim erfüllt, der unter Vermittelung der Siebporen aus einem Siebröhrengliede in ein anderes übergehen kann. Und in der That muss eine solche Bewegung des. Schleimes in der unversehrten Pflanze durch dieselben Ursachen erfolgen, welche es bedingen, dass aus verletzten Pflanzen der Schleim hervorquillt. Die Siebröhren stehen nämlich unter dem Druck des in der Nähe vorhandenen , turgescirenden Parenchyms. Somit kann ihr Inhalt nach den Orten geringeren Druckes, zumal nach den noch sehr jugendlichen Theilen des Pflanzenkörpers hin, befördert werden, und man sieht also, was mit den Ergebnissen der Ringelungsversuche in völligem Einklänge steht, dass die Siebröhren als Translocationsorgane für Eiweissstoife im Organismus functioniren. Das Circulationseiweiss des Schleimes der Siebröhren unterliegt einer Massen- bewegung in denselben und kann von einem Orte in der Pflanze zu anderen, oft weit entfernten transportirt werden. Wir müssen uns aber noch etwas genauer mit dem Bau der Siebröhren, zumal mit demjenigen der Siebplatten, vertraut machen. Wir stellen Querschnitte aus einem 10 mm dicken Stengel von Cucurbita Pepo her (Alkoholmaterial). Bei schwacher Vergrösserung 1) Vgl. Sachs, Botap. Zeitung, 1862. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus. 299 erkennt man die Epidermis, das unterbrochene Collen chym, das Rinden- gewebe, den Sklerenchymring und die in doppeltem Kreise gruppirten Gefässbündel leicht. Diese besitzen einen Holztheil mit sehr weiten Gefässen und einen inneren sowie äusseren Basttheil. Der innere Bast- Fif. 117. Cucurbita Pepo. Theile Ton Siebröhren nach lükoholmaterial. Ä im Querschnitt, B — D im Längsschnitt. Ä eine Siebplatte von oben, B und C die zwei anstossenden Siebröhrenglieder von der Seite, I) die verbundenen Inhalts- massen zweier Siebröhrenglieder nach Schwefelsäurebehandlung, s Geleitzellen, u Schleimstrang, pr Protoplasmaschlauch, c Callusplatte, c* kleine, einseitige Callus- platte eines seitenständigen Siebfeldes. Vergr. 54ö. (Nach Strasburger.) oder Siebtheil umfasst die Innenseite des Holz- oder Gefässtheils mond- sichelförmig. Zur genaueren Untersuchung bei stärkerer Vergrösserung thut man nach Strasburger gut, die Schnitte [kurze Zeit lang in Anilinblau zu legen, um sie dann in einem Tropfen Glycerin auf den Objectträger zu bringen. Das Gewebe des inneren und äusseren Bastes besteht aus weitlumigen Siebröhren, deren Geleitzellen mit ihrem dunkelblau tingirten Inhalt (vgl. Fig. 117) und aus Cambiformzellen. Die porösen Siebplatten sind, wo der Schnitt solche getroffen hat, leicht kenntlich '). 144. Der Milchsaft. Zahlreiche Pflanzen enthalten bekanntlich Milchsaft. Schneidet man z. B. eine Euphorbia an, so quillt der weiss gefärbte Milchsaft oft (zumal wenn man mit cactusartigen Euphorbien experimentirt) in grosser Menge aus der Wunde hervor. Offenbar steht der Inhalt der Milch saftbehälter unter einem nicht unerheblichen Druck, der von den turgescirenden Zellen des benachbarten Parenchyms geltend gemacht 1) Vgl. Wilhelm, Beiträge zur Kenntniss des Siebröhrenapparates dicotyler Pflanzen, Leipzig 1880, und Fiscuer, Untersuchungen über das öiebröhrensystem der Cucurbitaceen, Berlin 1884. 300 Dritter Abschnitt. wird, denn sonst könnten beim Anschneiden Milchsaft enthaltender Pflanzen nicht so grosse Flüssigkeitsquantitäten aus der Wunde heraus- fliessen, wie es thatsächlich der Fall ist. Die Frage nach der physiologischen Function der Milchsäfte ist noch ungelöst. Ich kann mich dem Eindruck nicht entziehen, dass die Milchsäfte unter anderem eine ernährungsphysiologische Bedeutung besitzen; auch die Experimente Faivres sprechen dafür. Besondere Wichtigkeit dürfte der Milchsaft aber als Schutzmittel der Pflanzen haben. In der wässerigen Flüssigkeit der Milchsäfte sind , ebenso wie im Serum der thierischen Milch, zahlreiche kleine, feste Körpertheilchen suspendirt, wodurch die Milchsäfte meist von weisser Farbe erscheinen. Die Menge dieser festen Partikelchen ist aber je nach der Herkunft sowie dem momentanen Zustande des Milchsaftes eine sehr verschiedene. Wenn man einen Tropfen Milchsaft aus den Stengeln oder den Blättern der Feige ohne Wasserzusatz auf den Objectträger bringt, so kann man sich durch Beobachtung bei starker Vergrösserung leicht davon überzeugen, dass der Gehalt dieses Milchsaftes an suspendirten Theilen ein relativ geringer ist. Der Milchsaft der Euphorbien und derjenige von Ficus elastica erscheint gewöhnlich viel reicher an festen Bestandtheilen. In der wässerigen Flüssigkeit der Milchsäfte sind Mineralstoffe, Zucker, Eiweissstoffe , zuweilen auch Pepsin (vergl. unter 96) etc. im aufgelösten Zustande vorhanden. Die suspendirten Körpertheilchen werden sehr oft der Hauptsache nach von Kautschuk gebildet. Manche Milch- säfte enthalten aber auch Fett oder Amylumkörner. Wird etwas Milchsaft einer Euphorbie mit wenig Wasser oder Al- kohol auf dem Objectträger vermischt, so tritt Gerinnung des Milchsaftes ein. Bei mikroskopischer Untersuchung ergiebt sich , dass sich die ur- sprünglich gleichmässig im Milchsaft suspendirten Bestandtheile desselben zu grösseren Massen zusammengeballt haben. Die Milchsaftbehälter der Pflanzen sind von sehr verschiedenartiger Natur. Ein sehr günstiges Object für das Studium von Milchsaftbehältem giebt die Wurzel von Scorzonera hispanica (Schwarzwurzel) ab. Wir verwenden Alkoholmaterial und stellen nach Entfernung der oberfläch- lichen Rindenschichten tangentiale Längsschnitte her. Die leicht an ihrem Inhalt kenntlichen Milchsaftbehälter stellen in unserem Falle vielfach unter einander anastomisirende , lang gestreckte Gefässe dar, welche das kleinzellige Parenchym durchziehen. Wir nehmen ferner Stengeltheile von Chelidonium majus in Unter- suchung, und zwar benutzen wir Alkoholmaterial. Bei Beobachtung von Querschnitten sehen wir die Epidermis, Collenchym und grünes Rinden- parenchym. An dieses schliesst sich nach innen ein geschlossener Ring mechanischen Gewebes, dessen Elemente stark verdickt sind. Die Gefäss- bündel besitzen einen entwickelten Bast- und Holztheil. Im ersteren, aber auch im Grundgewebe, welches die Fibrovasalstränge umgiebt, erblicken wir Elemente-, die einen braunen Inhalt führen. Es sind das die Milchsaftgefässe. Der Milchsaft von Chelidonium besitzt bekanntlich im frischen Zustande eine orangerothe Farbe. In Folge der Behandlung des Untersuchungsmaterials mit Alkohol ist er in seinen Behältern in einen geronnenen Zustand übergegangen. Die Stoffwechselprocesse im vegetabilischen Organismus, 301 145. Die Stoffaccumnlation. Es ist offenbar eine merkwürdige Thatsache, dass bestimmte Ge- webecomplexe des Pflanzenkörpers als Leitungsbahnen, andere als Ablagerungsorte für bestimmte Stotfe dienen. Wir sind heute nicht im Stande, uns im Detail Rechenschaft über die Ursachen dieser Phänomene zu geben ; es ist dies nur im Allgemeinen möglich, und ich habe die bezüglichen Verhältnisse auch schon in meinem Lehr- buche der Pflanzenphysiologie besprochen. Wenn z. B. eine Accumulation von Stärke in den Geweben der Reservestotfbehälter stattfinden soll, so müssen in den Zellen dieser letzteren Ursachen thätig sein, welche es bedingen, dass das zugeführte stickstoff"freie Material in Form von Amylumkörnern niedergeschlagen wird. Aehnliche Ursachen müssen ferner auch bei der transitorischen Stärkebildung in den Zellen der Leitungsbahnen der Kohlehydrate zur Geltung kommen. Die Stärkeaccumulation kann nur in Zellen er- folgen, in denen Stärkebildner ihre Thätigkeit entfalten, und indem dies geschieht, wird die Bedingung erfüllt, welche gegeben sein muss, wenn ein erneuter Zustrom gelöster Kohlehydrate nicht ausbleiben soll. Die Resultate der folgenden Experimente sind geeignet, uns eine Vorstellung von dem Wesen der Stofi'accumulation zu gewähren. Wir füllen ein Becherglas mit verdünnter Kupfervitriollösung an und hängen in die Flüssigkeit ein an seinen beiden Enden mit Pergament- papier verschlossenes, etwa 6 cm langes und weites Glasrobr hinein, das vorher mit Wasser angefüllt worden ist und in das man auch eine Zink- spirale gebracht hat. Die Lösung des schwefelsauren Kupferoxyds dringt in das Glasrohr ein, sie verbreitet sich in dem Wasser, wird aber, wenn sie mit dem Zink in Berührung gelangt, zersetzt. Es entsteht lösliches schwefelsaures Zinkoxyd, während sich das Zink mit einer allmählich an Dicke zunehmenden Kruste von metallischem Kupfer und Kupferoxyd be- deckt. Die Accumulation von Kupfer in dem Glasrohr ist also leicht zu constatiren. Dass gelöste Stoffe ihren Lösungsmitteln durch imbibitionsfähige Körper entzogen und aufgespeichert werden können, lässt sich in folgen- der Weise demonstriren. Wir versetzen Wasser mit einigen Tropfen alkoholischer Jodlösung, so dass die Flüssigkeit eine gelbliche Farbe annimmt, und fügen Weizen- stärke hinzu. Diese letztere speichert das Jod auf; sie färbt sich in Folge dessen blau, während die Flüssigkeit alsbald entfärbt ist. Wir ver- sehen ferner einen Glastrichter mit 6 oder 8 in einander gesteckten Fliess- papierfiltem und giessen eine verdünnte, wässerige Methylanilinviolett- lösung auf das Filter. Das Papier hält den Farbstoff vollkommen zurück. Es läuft eine wasserklare Flüssigkeit vom Filter ab. Zweiter Theil. Physiologie des Wachsthums und der Reizbewegungen. Vierter Abschnitt Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. I. Die Eigenschaften wachsender Pflanzentheile und die auf inneren Ursachen beruhenden WachsthumS" be^vegungen. 146. Die Dehnbarkeit und Elasticität wachsender Pflanzentheile. Für die Theorie des Wachsthums ist es von grosser Bedeutung, dass die wachsenden Pflanzentheile in einem hohen Grade dehnbar und elastisch sind. Auf Details kommen wir weiter unten zurück; hier handelt es sich zunächst nur darum, diese Thatsache ganz im Allgemeinen zu constatiren ^). Als Untersuchungsobjecte wählen wir ganz frische, abgeschnittene Stengelstücke von Aristolochia Sipho oder Sambucus nigra. Wir bringen am oberen, sowie am unteren Ende eines jüngeren und des folgenden älteren Internodiums mit chinesischer Tusche feine Striche als Marken an, fassen den Pflanzentheil mit den beiden Händen und dehnen ihn, während er auf einer Millimetertheilung liegt, so stark wie möglich, aber ohne dass die Gefahr des Zerreissens eintritt Es ist nun leicht zu constatiren, dass die jüngeren Internodien viel dehn- barer als die älteren sind, und ich fand z. B., dass die Dehnbarkeit eines jungen, 50 mm langen Internodiums von Aristolochia Sipho 9 °/o betrug. Ueberlässt man die Sprosse nach der Dehnung sich selbst, so ziehen sie sich wieder mehr oder minder zusammen; ihr Gewebe ist also elastisch, aber da sie ihre ursprüngliche Länge nicht wieder völlig annehmen, sondern nach erfolgter stärkerer Dehnung dauernd länger bleiben, so ergiebt sich, dass sie als unvollkommen elastisch bezeichnet werden müssen. 1) Vgl Sachs, Lehrbuch d BotÄnik, 4 Aufl., S. 753. Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. 303 Völlig frische, gerade gewachsene, etwa 6 mm dicke Internodien von Vitis oder Aristolochia werden auf einem Carton, auf dem concentrische Kreise aufgezeichnet worden sind, mittelst der beiden Hände derartig gebogen, dass die Axe des Untersuchungsobjectes mit einem der Kreise zusammenfällt. Den bekannten Radius dieses Kreises notirt man als Krümmungsradius des gebogenen Internodiums. Ueberlässt man den Pflanzentheil sich selbst, so streckt er sich nicht wieder gerade, sondern bleibt ziemlich stark gekrümmt, und man kann seinen Krümmungsradius auch jetzt leicht feststellen. Wachsende Pflanzentheile sind demnach biegsam. Sie besitzen freilich Biegungselasticität ; dieselbe ist aber eine unvollkommene. Wenn man geraden , in lebhaftem Längenwachsthum begriffenen Sprossen an ihrem unteren Theil, dessen Längenwachsthum bereits voll- endet ist, mit Hülfe eines Stockes einen Schlag oder einige Schläge bei- gebracht hat, so schreitet die der gestossenen Region ertheilte Krümmung in Form einer Welle bis in den frei schwebenden Gipfel fort. Dieser erscheint in Folge dessen gekrümmt und zwar liegt die Concavität der Krümmung stets auf derjenigen Seite, von welcher der Schlag unten ein- traf Das Auftreten dieser Stoss- oder Erschütterungskrümmungen, welches ich besonders schön bei Experimenten mit Vitissprossen und Sprossen von Lonicera tatarica beobachtete, verdankt, wie in meinem Lehrbuch der Pflanzenphysiologie näher nachzusehen ist, der Biegsamkeit und unvoll- kommenen Elasticität der Pflanzentheile seine Entstehung. . 147. Relationen zwischen der Gr($sse der Turgorausdelinung, dem Waclistlium und der Delinbarlieit der Pflanzentheile. Für unseren Zweck ist es zunächst unerlässlich, die relative Wachs- thumsgeschwindigkeit der auf einander folgenden Partialzonen eines Pflanzentheiles festzustellen. Wir experimentiren mit abgeschnittenen jungen Blüthenschäften von Butomus umbellatus, Plantagio media und Papaver oder mit nicht abgeschnittenen epicotylen Gliedern von Pha- seolus multiflorus, welche sich bis zur Länge von einigen Centimetern im Dunkeln entwickelt haben. Auf den Untersuchungsobjecten bringen wir mit Hülfe von chinesischer Tusche in Entfernungen von je 10 oder 20 mm feine Striche als Marken an und theilen sie dadurch der Länge nach in Partialzonen ab. Das Auftragen der Marken erfordert einige Sorgfalt und ist in der unter 59 und 148 angegebenen Weise auszu- führen ^). Die abgeschnittenen Blüthenschäfte werden nun senkrecht in einem mit Brunnenwasser angefüllten Cylinder aufgestellt, so dass sie völlig von der Flüssigkeit bedeckt sind, während man die Bohnen- stengel auch jetzt noch nicht abschneidet. Nach 12 oder 24 Stunden bestimmt man die Entfernungen der Marken und wird finden, dass die- selben nicht mehr 10 oder 20 mm betragen, sondern grösser geworden sind. Diese Erscheinung ist die Folge eingetretenen Wachsthums. Es lässt sich nun aber leicht constatiren, was besonderes Interesse be- ansprucht, dass der Zuwachs der einzelnen Partialzonen keineswegs derselbe ist Das stärkste Wachsthum hat entweder in der jüngsten 1) Handelt es sich darum, gekrümmte Pflanzentheile, z. B. die Epicotyle von Phaseolus, mit Tuschemarken zu versehen, so kann dies unter Zuhülfenahme eines mit einer MiUimetertheUung versehenen Papierstreifens geschehen. 304 Vierter Abschnitt. Zone stattgefunden (so fand ich es in Uebereinstiramung mit H. de Vries, als ich einen jungen Blüthenschaft von Plantago, der in Partialzonen von 20 mm Länge eingetheilt worden war, zum Versuch benutzte), oder das Wachsthumsmaximum liegt nicht in der allerjüngsten, wohl aber in einer der jüngsten (z. B. in der dritten) Zonen. So fand ich es bei Experimenten mit dem epicotylen Glied von Phaseoluskeim- lingen, die sich im Finstern, in Sägemehl wurzelnd, entwickelten. Das Epicotyl besass eine Länge von 70 mm, und es wurden in Entfernungen von nur je 5 mm Tuschestriche aufgetragen. Im Laufe von 48 Stunden und bei 15" C. wuchs die jüngste Partialzone um 1, die zweite um 3, die dritte um 8, die vierte um 6, die fünfte um 5, die sechste um 3 und die siebente um 1 mm. Es ergiebt sich überhaupt immer, dass die Wachsthumsgeschwindigkeit der Zellen mit fortschreitendem Alter mehr und mehr abnimmt, bis ihr Wachsthum schliesslich völlig erlischt. Haben wir die Vertheilung der Wachsthumsgeschwindigkeit an unseren Untersuchungsobjecten constatirt, so versetzen wir sie in den plasmolytischen Zustand (vgl. unter 59) indem wir sie in eine 10-proc. Kochsalz- oder Salpeterlösung legen. 2 — 3 mm dicke Stengeltheile können ohne weiteres in die Salzlösung gebracht werden; dickere muss man vorher halbiren. Nach kürzerer oder längerer Zeit (3 bis 12 Stunden) ist vollkommene Plasmolyse eingetreten. Die Partialzonen haben sich in Folge der Aufhebung des Turgors verkürzt, und wenn man die Verkürzung auf die Anfangslänge der Zonen (also 5, 10 oder 20 mm) berechnet, so ergiebt sich, dass sie in denjenigen Regionen der Stengeltheile im Allgemeinen oder genau am bedeutendsten aus- gefallen ist, in welchen das ausgiebigste Wachsthum stattfand. Es ist eine deutliche Relation zwischen der Grösse der Turgorausdehnung der Zellen der einzelnen Partialzonen und ihrer Wachsthumsgeschwindig'- keit vorhanden, ein Ergebniss, welches zu der Anschauung führt, dass die Geschwindigkeit des Flächenwachsthums der Zellen von der Grösse ihrer Turgorausdehnung abhängt. Diese letztere wird nun aber be- stimmt durch die Grösse der Turgorkraft und durch die Grösse des Widerstandes der gespannten Zellschichten (Protoplasma und Zellhaut). Dieser Widerstand hängt unter anderem von der Dehnbarkeit der gespannten Zellschichten ab, so dass es ein besonderes Interesse ge- währt, die Grösse dieser Dehnbarkeit genauer zu ermitteln. Wir benutzen z. B. ein 30 mm langes Epicotyl von Phaseolus zum Versuch, das wir in Partialzonen von je 5 mm Länge eingetheilt haben, dessen Wachsthumsgeschwindigkeit wir ermittelten und das wir dann in den plasmolytischen Zustand versetzt haben. Der schlaffe Stengel wird vorsichtig auf eine Korkplatte gelegt, sein oberes Ende mit einer kleinen Korkplatte bedeckt, und diese letztere mittelst einer Klemmschraube gegen die erstere Platte angedrückt. An dem älteren Ende des Stengels befestigt man einen P'aden mit einer Schlinge. Dieser wird angezogen, und, sobald die gewünschte Dehnung des Untersuchungsobjectes erzielt ist, mit Hülfe einer Nadel auf der Korkplatte festgesteckt. Die Dehnung wird nur so weit geführt, bis dem Stengel jene Länge künstlich aufgenöthigt worden ist, die er vor der Plasmolyse besass. Wir stellen mit Hülfe eines Millimetermaassstabes die Dehnungsgrösse der einzelnen Partialzonen fest und berechnen dieselbe auf gleiche Anfangslänge der Zonen (5 mm). Es ergiebt sich, dass die Dehnbarkeit des Gewebes in den jüngeren Regionen des Pflanzentheiles erheblich viel grösser ist, als in den Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. 305 älteren. Es lässt sich also eine Beziehung zwischen der Wachsthums- geschwindigkeit, der Grösse der Turgorausdehnung der Zellen und der Dehnbarkeit des Gewebes in den einzelnen Partialzonen consta- tiren *). Wortmann hat z. B. bei Experimenten mit einem jungen Bohnenepicotyl, das er durch Tuschestriche in 6 Zonen von je 5 mm Anfangslänge getheilt hatte, die folgenden Werthe für den Zuwachs der Partialzonen in 24 Stunden, für die Verkürzung in der Salzlösung und für die Längenzunahme bei der Dehnung erhalten. Zone •§21 tp 2 «5 fl S e Nach 10 Std. in der Lösung. To- tallänge 60,5 mm Bei Dehnung des Ganzen auf die ursprüngliche Länge von 64,5 mm 11 Auf gleiche Länge (10 mm) berechnet, ist ge- dehnt worden I 8,5 3,5 7,5 8,5 1,0 1,33 II 17,5 12,5 16,0 18,0 2,0 1,25 III 17,5 12,5 16,5 17,5 1,0 0,60 IV 9,0 4,0 8,5 8,5 0,0 0,00 V 6,0 1,0 6,0 6,0 0,0 0,00 VI 6,0 1,0 6,0 6,0 0,0 0,00 Diese und andere Beobachtungen ergaben stets, was nicht völlig mit den von H. de Vries gewonnenen Resultaten übereinstimmt, dass die Zone grösster Dehnbarkeit in der jüngsten Region der Unter- suchungsobjecte liegt und nicht mit der Zone ausgiebigsten Wachs- thums zusammenfällt. In den jüngsten Zonen ist die Turgorkraft der Zellen, wie Wortmann (Botan. Zeitung, 1889, S. 250) constatirte, aber relativ gering, daher wachsen sie trotz hoher Dehnbarkeit ihrer Mem- branen noch nicht so sehr energisch. Das Maximum des Wachsthums fällt in eine Zone, deren Zellen noch recht dehnbar sind und ge- steigerte Turgorkraft entwickeln (daher auch hier die Turgorausdeh- nung der Zellen am grössten ist), während in den älteren Zonen das Wachsthum wieder langsamer wird, trotzdem die Turgorkraft der Zellen eine bedeutende Grösse behält, weil die Dehnbarkeit der Mem- branen sehr erheblich abnimmt. 148. Die Contractlon der Wurzeln. Bei aufmerksamer Beobachtung zahlreicher Pflanzen fällt es auf, dass, während die Keimlinge ihre Cotyledonen über der Erde aus- breiten und die Plumula mehr oder weniger aus der Erde hervorragt, die Ansatzstellen der Cotylen und der aus der Knospe hervorgetretenen Blätter später im Boden versteckt sind. Dies nachträgliche Hinein- schieben der Ansatzstellen der Blattgebilde in den Boden kann nur 1) Die Grundgedanken unserer heutigen Wachsthumstheorie sind von Sachs entwickelt worden. Vergl. darüber n)ein Lehrbuch d. Pflanzenphysiologie, S. 213. Bezüglich der angeführten Experimente ist auf die Arbeit von H. DE Vrie8, Ueber mechanische Ursachen der Zellstreckung, Halle 1877, hinzuweisen. Ferner vergl. Wortmann, Botan. Zeitung, 1889. Detmer, Pflanzenphysioingisches rr^tktikaro, 8. Aufl. 20 306 Vierter Abschnitt. durch eine Contraction der Wurzeln verursacht werden, und in der That ist das Vorhandensein einer solchen von H. de Vries ^) sicher festgestellt worden. Die Contraction, deren biologische Bedeutung darin zu suchen ist, dass durch sie den Knospen im Boden Schutz gewährt wird, kommt durch sehr eigenthümliche Wachsthumsverhält- nisse der Wurzeln zu Stande. In den Zellen der parenchymatischen Gewebe der Wurzeln herrscht ein starker Turgor. Dieser ist die Vor- bedingung für das Zustandekommen des Wachsthums. Aber da nun in den schon etwas älteren Wurzeln die Dehnbarkeit der Membranen der Zellen in der queren Richtung bedeutender ist als in der Rich- tung parallel zur Längsaxe der Wurzeln, so findet thatsächlich eine stärkere Dehnung der Zellen in jener als in dieser Richtung durch den Turgor statt, und es muss in Folge dessen eine Contraction der Organe eintreten. Die Verkürzung wird dann allmählich durch Wachs- thum fixirt. Für uns ist es nun von besonderem Interesse, die durch den Turgor hervorgerufene Wurzelcontraction genauer kennen zu lernen, denn sie ist ja die unerlässliche Vorbedingung für die nachträglich durch das Wachsthum bedingte bleibende und nicht wieder rückgängig zu machende Verkürzung. Wir säen Samen von Carum carvi im Sommer in gute Garten- erde im Freien aus und lassen die Pflanzen heranwachsen, bis sie 2 — 3 Monate alt geworden sind. Ich säete Ende Juli und benutzte das Untersuchungsmaterial Ende October. Man zieht die Pflanzen, wenn die Experimente über die Wurzelcontraction angestellt werden sollen, aus dem Boden heraus, schneidet das Kraut sofort ab, um vor einem erheblichen Wasserverlust der Wurzeln durch Transpiration der Blätter gesichert zu sein, bringt die Wurzeln ins Laboratorium und befreit sie nach dem Abwaschen und Abtrocknen von den Neben- wurzeln sowie ihrem dünnen unteren Ende. Es kommt jetzt darauf an, die Wurzeln mit Tuschemarken zu versehen, und um dies auszu- führen, legt man die zu untersuchende Wurzel auf eine Korkplatte, auf deren einer Längshälfte eine zweite Korkplatte befestigt ist, welche ungefähr die Höhe der zu verwendenden Wurzel besitzt. Die Wurzel wird nun gegen den Rand der oberen Korkplatte angelegt, mit Nadeln, welche dicht neben der Wurzel in die untere Platte, ge- steckt werden, befestigt, um endlich unter Benutzung eines Millimeter- maassstabes und eines Pinsels Tuschestriche als Marken in bestimmten Entfernungen aufzutragen. Bei meinen Versuchen mit Carumwurzeln, die am oberen Ende, d. h, an ihrer morphologischen Basis, eine Dicke von 6—9 mm besassen, betrug die Entfernung der beiden Marken 70 — 100 mm. Die Wurzeln gelangen jetzt in flache, mit Wasser an- gefüllte Glasschalen ^). Misst man die Entfernung der Marken von einander nun nach bestimmter Zeit zu wiederholten Malen, z. B. nach 2, 4, 24, 2 X 24, 4 X 24 Stunden, so findet man, dass sie sich näher und näher rücken, bis endlich keine weitere Wurzelcontraction mehr eintritt Die Grösse der Contraction ist erheblich ; sie betrug in ver- schiedenen von mir beobachteten Fällen nach 24 Stunden 2,5—4 Proc. Trocknet man die contrahirten Wurzeln ab, und legt man sie 1) Vgl. H. i>E Vries, LandwirthschaftL Jahrbücher, Bd. 9, S. 37. 2) Es ist zu empfehlen, die mit Marken versehenen Wurzehi vor dem Ein- bringen in das Wasser wenige Minuten in feuchter Luft liegen zu lassen, um das Adhäriren der Tusche zu si(3iem. Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. 307 dann, um sie in den plasmolytischen Zustand zu versetzen, in Koch- salz- oder Kalisalpeterlösung, so ergiebt sich, dass sich die Unter- suchungsobjecte unter Erschlaffung schon nach einigen Stunden er- heblich verlängert haben, eine eigenthümliche Erscheinung, die aber mit der Contraction der Wurzeln bei Erhöhung des Turgors ihrer Zellen durch Wasseraufnahme im genauesten Zusammenhange steht. Wenn Wurzeln in Wasser liegen, so wächst natürlich, trotzdem sie sich verkürzen, ihr Gesanimtvolumen und ebenso das Volumen ihrer einzelnen Zellen. Es erfolgt Ausdehnung der Zellen in der zur Längsaxe der Wurzel rechtwinkeligen Richtung; die Wurzel wird dicker, und wir stellen die folgenden Beobachtungen an, um diese Ausdehnung festzustellen. Man stellt '/a mm dicke Querschnitte aus den Carumwurzeln her, isolirt durch zwei parallele Schnitte einen mittleren Theil und zeichnet die Länge desselben bei schwacher Vergrösserung (etwa 10 maliger) mit Hülfe des Zeichenprismas auf Papier auf. Die Schnitte gelangen nun sofort in Wasser. Zeichnet man ihre Länge nach etwa einer Stunde wieder auf, so ergiebt ein Vergleich der neuen mit den früheren Zeichnungen, dass die Wurzelstreifen an Länge zugenommen haben. Misst man die Länge der gezeichneten Linien und dividirt die gefundenen Zahlen durch 10 (bei benutzter 10 maliger Vergrösserung), so erhält man absolute Werthc für die Länge der Wurzelstreifen vor und nach der Wasseraufnahme. 149. Die Längsspannung. Handelt es sich darum, die Thatsache festzustellen, dass in vielen Pfianzentheilen Längsspannungen vorhanden sind, so werden ganze, gerade gewachsene Internodien oder Stücke derselben auf dicken Carton, auf dem feine Linien gezogen worden sind, gelegt, und die Länge der Pflanzentheile durch zwei Punkte mittelst eines sehr spitzen Bleistiftes fixirt. Hierauf zieht man mit Hülfe eines scharfen Rasir- messers Streifen der einzelnen Gewebe der Internodien (Epidermis [gewöhnlich mit dem Collenchym verbunden], Rinde, Holz, Mark, das man durch Längsschnitte vom Holze befreit) vollständig und ohne Continuitätstrennung ab, legt die isolirten Streifen, ohne sie zu zerren, auf den Carton und fixirt ihre Länge durch Punkte. Man kann nun mit Hülfe eines Millimetermaassstabes die fixirte Länge der unver- sehrten Internodien sowie ihrer isolirten Gewebe feststellen. Die Beobachtungen, von denen hier die Rede ist, werden zweckmässig unter Benutzung lebhaft wachsender, etwa 50 mm langer Internodien von Sambucus nigra, Nicotiana Tabacum, Vitis vinifera, Helianthus tuberosus angestellt. Es ergiebt sich stets, dass die Länge der isolirten Gewebestreifen von aussen nach innen zunimmt, und zwar ist das isolirte Mark lebhaft wachsender Internodien gewöhnlich weit länger, die isolirte Epidermis aber kürzer als das unversehrte Inter- nodium, während ein isolirter Gewebestreifen, der sich ursprünglich zwischen Epidermis und Mark befand, genau oder nahezu die Länge des unversehrten Pflanzentheiles aufweist. Das Mark ist also stark positiv oder activ, die Epidermis negativ oder passiv gespannt. Wird die Länge des unversehrten Internodiums = 100 gesetzt, und die Differenz zwischen der Länge der isolirten Epidermis sowie 20* 308 Vierter Abschnitt. des isolirten Markes in Procenten ausgedrückt, so erhält man Werthe (freilich nicht solche von absoluter Genauigkeit), durch welche die Spannungsintensität in den unverletzten Pflanzentheilen zum Ausdruck gelangt. Beträgt z. B. die Gesammtlänge eines zum Versuch benutzten Internodiums 50 mm, die Länge der isolirten Epidermis 49, diejenige des isolirten Markes 54 mm, so wäre die Spannungsintensität im un- versehrten Pflanzentheil (auf 100 mm Länge desselben bezogen) durch die Zahl 10 ausgedrückt. In der That erhält man derartige Werthe häufig, wenn man z. B. Internodien von Sambucus nigra untersucht. Es ist lehrreich, die Spannungsintensität in den einzelnen auf einander folgenden Internodien eines Sprosses nach der angegebenen Methode zu ermitteln. Wenn man die Längendifferenz der isolirten Epidermis sowie Markstreifen stets auf 100 berechnet, so erhält man vergleichbare Werthe, und es ergiebt sich dann, dass die Spannungsintensität in den jüngsten Internodien gering ist, während sie in den schon etwas älteren zu be- deutender Höhe ansteigt, um in den noch älteren wieder viel geringer zu werden. Sprosse von Sambucus nigra sind hier besonders gute Unter- suchungsobjecte. Mit Bezug auf die Ursachen der Längsspannung in den Internodien ist zu bemerken, dass die Entstehung derselben in erster Linie auf die starke Turgescenz der Zellen des Markes zurück- geführt werden muss. Die Markzellen vermögen sehr grosse Wassermengen aufzunehmen. Das Mark sucht sich in Folge dessen möglichst zu strecken und ist bestrebt, die dehnbaren peri- pherischen Gewebe zu zerren. Diese sind aber nicht allein dehnbar, sondern zugleich elastisch und suchen ihrerseits das Mark zu comprimiren. Die bedeutende Turgescenz der Markzellen führt Fig. 118. Der Läni^e ferner ein besonders energisches Wachsthum der- nach lialbirter BlUthcn- selben herbei, ein Umstand, der die Spannungs- ^^ • 1 ^*" Taraxacum grosse in den Internodien noch mehr steigern otlicmale, welcher, m ® -,,,. , n^ i -^ r i. i, -i. j Wasser gelegt in Folge muss. Wenn das Mark mit tortscnreitendem von Wasseraufnahme spi- Alter der Stengel sein Wasser verliert und ralige Einrollungen erfah- nicht mehr wächst, so erlischt nun auch die ren hat. Längsspannung. Dafür kommt aber in Ver- bindung mit dem jetzt eintretenden ausgiebigeren Dicken wachsthum der Pflanzentheile die Querspannung zur Geltung, auf die wir unter 150 näher einzugehen haben. Dass das Mark in der That das Vermögen besitzt, ohne Schwierig- keit beträchtliche Wassermengen aufzunehmen, lässt sich leicht in der Vorlesung über Pflanzenphysiologie unter Zuhülfenahme der Blüthenschäfte von Taraxacum officinale demonstriren. Die mikroskopische Untersuchung eines Querschnittes lehrt, dass von aussen nach innen Epidermis, Collen- chym, grünes Gewebe und Markparenchym folgen ; im Grundgewebe liegen die Fibrovasalstränge. Spaltet man einen jungen Blüthenschaft der Länge nach und legt die erhaltenen Stücke in Wasser, so rollen sie sich unter den Augen des Beobachters rasch schneckenförmig ein, und zwar wird die Markseite convex (vgl. Fig. 118). Das Markgewebe nimmt schnell reichliche Wassermengen auf, seine Zellen strecken sich in Folge dessen, und dadurch kommt die spiralige Einrollung des Untersuchungsobjectes zu Stande. Wird ein Internodium einer Pflanze unmittelbar nach dem Abschneiden auf seine Spannungsgrösse in der früher angegebenen Weise Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. 309 geprüft, ein zweites, das dem ersteren möglichst ähnlich sein muss, aber erst analysirt. nachdem dasselbe durch Liegen an der Luft etwas welk geworden ist, so findet man die Dififerenz zwischen der isolirten Epidermis und dem isolirten Mark für das erstere grösser als für das letztere, was wieder beweist, dass der Wassergehalt der Gewebe von hoher Bedeutung für die in den Pflanzentheilen herrschenden Spannungsgrössen ist * ). 150. Die Querspannuiig. Handelt es sich darum, das Vorhandensein der Querspannung an irgend einer Stelle eines Stengels oder Stammes zu constatiren, so schneidet man an dieser Stelle eine Querscheibe heraus, misst den Umfang derselben mit Hülfe eines Papier Streifens, trennt durch einen senkrechten radialen Schnitt die Continuität der peripherischen Ge- webe und schält dann die ganze Rinde von dem Untersuchungsobject ab. Der isolirte Rindenring wird nun wieder, ohne ihn zu dehnen, in seine natürliche Lage zurückgebracht. Es zeigt sich aber, dass seine Schnittflächen nicht mehr zusammenschliessen, woraus sich er- giebt, dass die Rinde im unversehrten Stengel oder Stamm passiv oder negativ gespannt gewesen sein musste (vgl. Fig. 119). Bestimmt man die Weite des Abstandes der Schnittflächen des nach dem Isoliren wieder in seine natürliche Lage zurück- gebrachten Rindenringes durch Messung und subtrahirt den erhaltenen Werth von dem für den Umfang der unver- sehrten Querscheibe gefundenen, so erhält man eine Zahl, durch welche die Grösse des nach dem Isoliren verkürzten Rinden- ringes zum Ausdruck gelangt. Die Spannungsintensität kann schliesslich leicht in Procenten des ursprünglichen Umfanges des Untersuchungsobjectes an- gegeben werden. Geeignete Untersuch- ungsobjecte zur Constatirung des Vorhan- denseins der Querspannung sind Helian- thusstengel sowie 5 — 10-jährige Stamm- oder Aststücke von Prunus-, Pyrus- oder Salixarten. Ich habe z. B. 5 mm hohe Querscheiben aus Aesten von Prunus insititia und einer Salixart auf ihre Spannungsintensität geprüft. Umfang der Quer- scheiben 106 (Prunus), resp. 132 (Salix) mm. Abstände der Schnitt- flächen 4,5, resp. 6 mm. Spannungsintensitäten 4,2, resp. 4,5 Proc. Ermittelt man die Spannungsintensität in der angegebenen Weise gleichzeitig an verschiedenen Stellen eines Stammgebildes, indem man z. B. aus einem Stengel von Helianthus annuus an der Basis, in der Mitte so- wie am oberen Ende Querscheiben herausschneidet, um von diesen Rinden- ringe zu isoliren, so ergiebt sich im Allgemeinen, dass die Intensität der Querspannung in den jüngeren Regionen des Untersuchungsobjectes relativ gering ist, in den älteren aber erheblich zunimmt. Fi^. 119. Querscheibe aus einem Ast von Prunus. Die Rinde ist zunächst abgelöst und dann wieder um den Holzkörper ge- legt worden. 1) Vgl. Kraus, Botan. Zeitung, 1867. Mancherlei Angaben, die für die Be- urtheilung der sich auf die Gewebesp.innung beziehenden Vernältnisse von Wichtig- keit sind, finden sich in meinem Lehrbuch der Pflanzenphyaiologie, 1883, S. 229. 310 Vierter Abschnitt. Das Auftreten beträchtlicherer Querspannung in den Stengeln und Stämmen ist an das Stattfinden ausgiebigeren Dickenwachsthums derselben gebunden. Der Umfang der centralen Gewebe (zumal des Holzes) nimmt in Folge des Dickenwachsthums bedeutender zu als derjenige der peri- pherischen. Diese werden daher gedehnt und verkürzen sich beim Iso- liren. Die producirte Holzmasse besitzt nun aber keineswegs stets den gleichen Umfang; vielmehr kann die Grösse desselben beträchtliche Schwankungen erfahren, eine Thatsache, die sich leicht erklärt, wenn man bedenkt, dass der jeweilige Gehalt des Holzes an Imbibitionswasser von bedeutsamem Einfluss auf dessen Volumenverhältnisse ist. Erhöhung des Wassergehaltes des Holzes muss danach eine Steigerung der Spannungs- intensität im Stamme zur Eolge haben. Wenn man z. B. Querscheiben aus einem Ast von Prunus insititia herstellt, die Spannungsintensität einiger Querscheiben sofort ermittelt, diejenige anderer aber erst fest- stellt, nachdem die Untersuchungsobjecte 24 Stunden lang in Wasser ge- legen haben, so findet man die Spannung in den letzteren grösser als in den ersteren. Bei Versuchen, die ich mit etwa 15 mm hohen und ca. 100 mm Umfang besitzenden Prunusquerscheiben ausführte, stieg die In- tensität der Querspannung durch 24-stündiges Verweilen derselben in Wasser von 4,5 auf 5,5 Proc. Mit Bezug auf die Abhängigkeit der Spannungsverhältnisse von anderen äusseren Factoren (Temperatur, Licht) verweise ich auf die Abhandlung von G. Kraus in der Botanischen Zei- tung sowie auf mein Lehrbuch der Pflanzenphysiologie. Ebenso sind an diesen Stellen die merkwürdigen, freilich noch lange nicht eingehend genug studirten Erscheinungen der Periodicität der Gewebespannung be- sprochen. 151. Die Yegetationspnnkte und das Längenwachsthum der Pflanzen. Die Vegetationspunkte der Pflanzenorgane sind je nach Umständen von sehr verschiedenartiger Beschaffenheit Für unsere Zwecke genügt es, den Vegetationspunkt von Hip- puris vulgaris genauer ins Auge zu fassen; ähnlich wie bei dieser Pflanze ist er auch in anderen Fällen gebaut. Wir schneiden von recht kräftig entwickelten Sprossen die Endknospe in einer Länge von etwa 1 cm ab, entfernen die vorhandenen Blätter so viel wie möglich und stellen zarte Längsschnitte aus der Knospe her. In Fig. 120 erblicken wir das Bild eines wohl gelungenen medianen Längsschnittes. Es ist erforderlich, die Schnitte, um die Anordnung der Zellen des Vege- tationskegels klar und deutlich er- kennen zu können, aufzuhellen, was z. B. dadurch erreicht wird, dass wir die Präparate mit concentrirter Kalilauge behandeln, dann mit Fig. 120. Längsschnitt durch den Tegetationskegel von Hippnris ml- garis. d Dermatosen, pr Periblem, pl Plerom, f Blattamage, (Nach SXKASBÜKGER.) Vergr. 240. Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. 311 Wasser auswaschen und in concentrirte Essigsäure legen. Die Scheide- wände der mantelförmig über einander gelagerten Zellschichten bilden eine Schaar confocaler Parabeln. Die äusserste Zellschicht, aus der die Epidermis hervorgeht, bezeichnet man als Dermatogen (d). Es folgt dann das die Stengelrinde erzeugende, mehrschichtige Peri- blem (pr). Endlich folgt das Plerom (pl), aus welchem, wie tiefer am Schnitt constatirt werden kann, der axile Gefässbündelcylinder des Stengels hervorgeht. Bei Hippuris, keineswegs aber bei allen höheren Pflanzen, ist also eine scharfe Trennung des Dermatogens, Periblems und Pleroms am Vegetationskegel vorhanden. Die Anordnung der Zellen in den Vegetationspunkten entspricht nach Sachs * ) dem von diesem Forscher aufgestellten Princip der rechtwinkeligen Schneidung. Die Antiklinen, d. h. die senkrecht die Oberfläche des Vegetationspunktes treffenden Zellwände, und die Periklinen, d. h. die mit der Oberfläche gleichsinnig gekrümmten Wände, schneiden sich in rechten Winkeln. Die antiklinen Wände stellen also eine Schaar ortho- gonaler Trajectorien für die Periklinen dar. Die Erscheinung, dass die Zellwände in einem rechten Winkel auf einander treffen, ist übrigens sehr allgemein im Pflanzenreich zu beobachten. In einfachster Form können wir die rechtwinkelige Schneidung bei der Untersuchung von Algen- fäden (z. B. Spirogyra) feststellen. Errera*) und Berthold •') haben nun neuerdings betont, dass es ein noch allgemeineres Princip als dasjenige der rechtwinkeligen Schneidung für die Anordnung der Membranen giebt. Es ist dies das Princip der kleinsten Oberflächen. Viele Erscheinungen, z. B. diese, dass die Zell- wände oft nicht in einem rechten, sondern im spitzen Winkel auf einander treffen (vergl. Ber^hold, S. 231 und 253), sind nur unter Berücksichtigung des zuletzt erwähnten Princips verständlich, wie die genannten Autoren auch näher ausführen. Dieselben kommen zu dem Resultat, dass die Gruppirung der Membranen von den nämlichen Gesetzen beherrscht wird, welche ebenfalls für die Ausbildung von Flüssigkeitslamellen maassgebend sind. Für diese ist das Princip der kleinsten Oberflächen , wie zumal Plateau nachwies, entscheidend, und es gewährt daher Interesse, einige Experimente anzustellen, welche dies darzuthun im Stande sind. Wir lösen 3,75 g gepulverte medicinische Seife (aus der Apotheke zu beziehen) in einem Gemisch von 187,5 g destillirtem Wasser und 75 g concentrirtem Glycerin auf. Die Lösung kocht man einmal auf und kann sie dann lange aufbewahren. Nun verfertigt man sich Modelle verschie- dener Körper (Würfel, Tetraeder, Cylinder) aus Draht. Der Draht wird der- artig zusammengebogen, dass er die Kanten der erwähnten Körperformen bildet. Beim Cylinder wird die obere Kreisfläche mit der unteren durch drei Drähte verbunden. Modelle von etwa 50 mm Höhe genügen voll- kommen. Die Seifenlösung wird in ein Becherglas gebracht, und nun taucht man die Modelle an einem an geeigneter Stelle befestigten Draht in dieselbe ein. Hebt man die Modelle aus der Lösung heraus, so sieht man zwischen den Drahtkanten Seifenlamellen ausgespannt. Dieselben sind nun eben, wie die specielle Prüfung und mathematische Rechnung ergiebt , nach dem Princip der kleinsten Oberflächen angeordnet. Zerstört man eine der ausgespannten Lamellen durch vorsichtiges Berühren mit 1) Vgl. Sachs, Arbeiten des botan. Instituts in Würzburg, Bd. 2, 2) Vgl. Ebeeba, Ber. d. Deutschen botan. Gesellsch., 1886, S. 441. 3) Berthold, Studien über Protoplasmamechanik, 1886, S. 219. 312 Vierter Abschnitt. einem Glasstab, dann wird in dem Lamellensystem ein neuer Gleich- gewichtszustand angestrebt und durch Bildung oft sehr merkwürdiger La- mellenformen erzielt, die aber immer dem erwähnten Princip Genüge leisten. Sehr lehrreich ist das folgende Experiment. Ein auf 4 Drahtstiften von ca. 1 cm Höhe ruhendes Drahtquadrat von ca. 60 mm Seitenlänge wird mittelst eines an geeigneter Stelle befestigten Drahtes in die Seifen- lösung eingetaucht. Das aus der Lösung herausgenommene Drahtmodell wird in horizontale Lage gebracht und auf die ausgespannte Lamelle ein Faden in beliebiger Weise aufgelegt, dessen Enden man mit einander ver- knüpft hat. Durchsticht man die Seifenlamelle nun mit Hülfe eines Glasstabes an einer Stelle, die innerhalb der von dem Faden umgrenzten Zone liegt, so bildet die Lamelle sofort eine Minimalfläche, und der Faden ordnet sich daher in Kreisform an. Wollen wir Wurzelvegetationspunkte unter- suchen, so stellen wir mediane Längsschnitte aus den Wurzeln von Zea Mays oder Hor- deum her. Es ist hier auch ein Dermatogen, Periblem und Plerom vorhanden ; besonders auffallen wird uns die Wurzelhaube, welche den Scheitel der Wurzeln bedeckt. Die Zellen der Vegetationspunkte der Stengel und Wurzeln sind in lebhafter Theilung be- griffen. Ein ausgiebiges Flächenwachsthum, das zur Streckung der Organe führt, erfahren die Zellen erst, wenn sie etwas älter gewor- den sind^). Bezüglich der weiteren Ausbildung der in den Vegetationspunkten erzeugten Elemente ist namentlich zu betonen, dass dieselbe ent- weder an der Spitze oder der Basis der neu entstehenden Organe stattfinden kann. Halten wir uns hier an diejenigen Verhältnisse, welche beim Wachsthum der Sprossaxen höherer Pflanzen beobachtet werden können. Bei den Gräsern — aber auch bei man- chen anderen Gewächsen — bewahrt das an der Basis der einzelnen Internodien von der Blattscheide umschlossene Gewebe der Axe längere Zeit einen jugendlichen Charakter, während die höher liegenden Theile der Inter- nodien schon in Dauergewebe übergegangen sind. Diese merkwürdige Thatsache des Vor- handenseins einer basalen, intercalaren Vege- S Fig. 121. Unterer Thell eines Internodiums aus dem Halme von Seeale. Das Stück a ist durch intercalares Wachsthum hervorgeschoben worden. 1) Auf Grund der Ergebnisse der neueren Untersuchungen von Zimmermajjn, CORBENS, Zacharias, Klebr u. A. darf man wohl behaupten, dass das Flächen- wachsthum der Zellhäute unter normalen Umständen durch Apposition und In- tu.ssu8ception vermittelt wird. Jene führt zur Anlagerung neuer Zellstoff schichten, diese zur Einlagerung neuer Cellulosemoleküle. Das Wachsthum turgorloser Zellen (vergl. Klebs, Untersuchungen aus dem botan. Institut zu Tübingen, Bd. 2, S. 561) wird allein durch Apposition vennittelt; ebenso erfolgt das normale Dickenwachs- thmn der Zellhante (und auch das WachsÜium der Stärkekömer) durch Apposition. Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. 313 tationszone lässt sich sehr leicht durch das folgende Experiment demonstriren. Wir schneiden aus einem Halm von Seeale ein Inter- nodium heraus. Dasselbe wird in eine obere und eine untere Hälfte zerlegt. Wir stellen nun die beiden Stücke des Internodiuras, die mit ihrer Basis in Wasser eintauchen, unter eine Glasglocke und finden nach Verlauf von 24 Stunden, dass sich an der oberen Hälfte des Internodiums keine Wachsthumsvorgänge geltend gemacht haben, wohl aber an der unteren. In Fig. 121 ist die untere Hälfte eines Internodiums von Seeale, nachdem dieselbe 24 Stunden in feuchter Luft verweilt hatte, dargestellt. K ist das Knotengelenk. Der Theil a ist durch Wachsthumsprocesse aus den äusseren Theilen hervor- geschoben worden. Bei der Bohne (Phaseolus) und bei vielen anderen Pflanzen be- findet sich die in Streckung begriff"ene Region der Internodien an der Spitze derselben. Wenn man z. B. am oberen Ende des zweiten Internodiums einer Bohne, d. h. desjenigen Stengelgliedes, welches auf das Epicotyl folgt, zwei Tuschestriche als Marken in einiger Ent- fernung von einander anbringt, während das dritte Internodium schon lebhafte Streckung zeigt, so ergiebt sich nach 24 Stunden, dass die Entfernung der Marken erheblich grösser geworden ist. Die Bohnen- internodien wachsen noch an ihrer Spitze, nachdem ihre basalen Theile bereits aufgehört haben zu wachsen; sie verhalten sich also ganz anders wie die Internodien der Gräser. 152. Bas Dicken wachsthum. Das Dickenwachsthum verschiedener Pflanzen und Organe geht durch- aus nicht in ein und derselben Weise vor sich. Wir wollen uns hier darauf beschränken, das Dickenwachsthum der Stammgebilde und Wurzeln einiger dicotyler Gewächse ins Auge zu fassen. Fig. 122. Querschnitt durch einen 5 mm diclien Zweig* von Aristoiochia Sipho. m Mark, fv Gefäßsbündel, und zwar vi Gefässtheil, cb Siebtheil, fc Fascicularcambiura, ifc Interfascicular- cambimn, p Cribralparenchym an der Aussenseite des Siebtheiles, das den Uebergang zum Grundgewebe vermit- telt, pc Pericykel, sk Sklerenchymring, e Stärkescheide, c grüne Rinde, cl CoUenehym. Vergr. 9. (Nach Stras- BUBGER.) Wir nehmen zunächst eine 3 — 4 mm dicke Sprossaxe von Aristo- iochia Sipho in Untersuchung und können frisches Material oder Alkohol- material verwenden. In Fig. 122 ist das Bild eines zarten Querschnittes bei schwacher Vergrösserung dargestellt. Man orientirt sich leicht, und es sei hier besonders darauf aufmerksam gemacht, dass die in einem Kreise angeordneten Gefässbündel noch ziemlich weit von einander getrennt 314 Vierter Abschnitt. sind. Das aus schmalen, radial angeordneten Zellen bestehende Fasci- cularcambium (fc) der einzelnen Stränge setzt sich zwischen diesen in das aus dem Parenchym des Grundgewebes hervorgegangene Interfasci- cularcambium {ifc) fort, und dadurch entsteht ein geschlossener Cam- biumring. Bei weiterer Entwickelung der Sprossaxen von Aristolochia erzeugt nun das Cambium (hier nur das Fascicularcambium) nach innen fortdauernd Holz-, nach aussen Bastgewebe. Das auf diese Weise zu Stande kommende Dickenwachsthum der Stammtheile führt zumal zu einer sehr bedeutenden Massenzunahme des Holzkörpers der Fibrovasalstränge, wie man sofort erkennt, wenn man z. B. Querschnitte aus 10 mm dicken Aristolochiastengeln untersucht. Wir erblicken dabei auch etwa 10 primäre Markstrahlen , die den Holzkörper seiner gesammten Dicke nach durch- setzen, also vom Cambium bis zum Mark reichen. Secundäre Markstrahlen sind in beträchtlicher Anzahl vorhanden. Zu achten ist noch darauf, dass in der Peripherie der älter gewordenen Sprossaxen Peridermbildung eingetreten, und dass der in den jüngeren Pflanzentheilen geschlossene Sklerenchymring (vgl. Fig. 122 sh) in einzelne Stücke zerlegt ist. Ein günstiges Object zur Orientirung über diejenigen Veränderungen, welche in Stammth eilen in Folge des Dicken wachsthums derselben ein- treten, stellt auch das hypocotyle Glied von Ricinus communis dar. In Fig. 112 ist das Bild des Querschnittes eines Gefässbündels aus dem völlig gestreckten Hypocotyl von Ricinus dargestellt. Wir unter- suchen Alkoholmaterial und stellen ohne Mühe das Vorhandensein des Interfascicularcambiums und des Fascicularcambiums fest. In Folge des Dickenwachsthums des Ricinusstengels wird nach innen secundäres Holz, nach aussen secundäres Bastgewebe erzeugt. Wir stellen uns Schnitte aus dem oberen Theil der Wurzel einer Keimpflanze von Phaseolus multiflonis her, die eben beginnt, die ersten Nebenwurzeln zu bilden. Wir erblicken die Epidermis, das Rindengewebe und den die Gefässbündel einschliessenden Centralcylinder. Dieser wird in seinem ganzen Umfange von einem eigenthümlichen Gewebe umgeben, welches man als Endodermis bezeichnet. Besonders charakteristisch ist für die Wurzeln, dass der Holz- und Basttheil ihrer Gefässbündel eine wesentlich andere Anordnung wie in den Sprossen besitzen. Es sind nämlich in den Wurzeln mehrere Xylembündel vorhanden, mit denen ebenso viele, mehr nach der Peripherie des Centralcylinders gerückte Phloembündel altemiren. Der Querschnitt der Bohnen wurzel zeigt uns vier Xylem- und vier Phloembündel; wir bezeichnen sie daher als tetraarch. Wenn mit fortschreitender Entwickelung der Wurzeln das Dickenwachsthum derselben sich geltend macht, so verwandelt sich das zwischen den Xylem- und Phloembündeln vorhandene Gewebe in Cambium. Es entsteht ein geschlossener Cambiumring, der nun nach innen secundäres Holz, nach aussen secundären Bast erzeugt. 153. Apparate zur Messnng der Znwachsbewegnngen. Zur Demonstration der Zuwachsbewegungen eignet sich besonders ein Apparat, der von Sachs zuerst benutzt wurde und als „Zeiger am Bogen" bekannt ist. Dieser Apparat, in Fig. 123 in der Form, wie er von Pfeffer construirt worden ist, dargestellt, kann in sehr guter Ausführung im Preise von 60 Mk. vom Universitätsmechaniker Albrecht in Tübingen bezogen werden. Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. 315 Der an die Pflanze angekuppelte Faden f ist über die auf den Mittelpunkt des Quadranten q centrirte Rolle r geführt. Als Unter- suchungsobjecte benutzte ich zumal junge Keimpflanzen von Phaseolus, die sich in Gartenerde, mit welcher Blumentöpfe angefüllt waren, so weit entwickelt hatten, dass das Epicotyl etwa 2 cm aus dem Boden hervor- ragte. Der Faden kann leicht mit einer Schlinge an der Pflanze befestigt werden. Die Rolle trägt einerseits den Zeiger z, andererseits den Arm a, welcher den Faden f durch eine Durchbrechung zu führen gestattet und femer die zum Aequilibriren des Zeigergewichtes, respect. zur Herstellung Fig. 123. Fig. 124. Fig:.S123. Zeiger am Bogen. (Nach Pfeffer.) Fig. 124. Auxanometer. (Nach Pfeffer.) eines gewissen einseitigen Uebergewichtes dienende verstellbare Kugel h trägt. Am besten ist es, den Zeiger vollkommen zu äquilibriren und das einseitig gewünschte Uebergewicht durch einen entsprechend über die Rolle geführten, durch ein Gewicht gespannten Faden herzustellen. Der Quadrant hat 70 cm Radius; die Rolle r ist klein, so dass eine etwa 43-fache Vergrösserung des Zuwachses von dem aus einem sich verjüngen- den Messingrohr gebildeten Zeiger z angezeigt wird. Der Quadrant ist an dem schweren Eisenstativ e verschiebbar; er muss zitterfrei auf- gestellt werden, z. B. auf einem Consoltisch, der an einer massiven Wand angeschlagen ist. Für viele Zwecke ist es bei genaueren Untersuchungen über Wachs- thurasvorgängo sehr wünschenswerth , ja oft nothwendig, einen Apparat 316 Vierter Abschnitt. zuhaben, der die Zuwachsgrösse selbstthätig registrirt. Sachs ^) hat einen solchen Apparat, das selbstregistrireude Auxanometer, zuerst construirt. Nach ihm gaben Wiesner, Baranetzky, Pfeffer *) und Andere der Vorrichtung veränderte Form, und am aller leistungsfähigsten dürfte wohl der Apparat von Pfeffer sein , der im Preis von 320 Mk. vom Uni- versitätsmechaniker Albrecht in Tübingen bezogen werden kann. Auf- stellung der Vorrichtung (Fig. 124) auf einem zitterfreien Tisch ist natürlich Hauptbedingung für das Gelingen, der Experimente ^). „Der an die Pflanze gekuppelte Faden wird über das kleine Rad x geführt, das mit dem grossen Rad r verkettet und mit diesem auf dem gleichen Mittelpunkt genau centrirt ist. Ein an dem grösseren Rad befestigter und um dieses geschlungener Faden trägt den in unserer Aufstellung mit dem Zuwachs sich senkenden Zeiger z, der durch ein an einem entgegen- gesetzt geschlungenen Faden befestigtes Gewicht g äquilibrirt wird. Die berusste Trommel t wird durch ein in einem schweren Eisenkasten L befindliches Federuhrwerk getrieben, dessen Regulation ein conisches Pendel p besorgt. Die 70 cm hohe Trommel erlaubt durch Umsetzung der Führungsachse f eine centrale und eine excentrische Stellung, kann ausserdem mitsammt der Achse aus den Lagern (bei L) entfernt werden. Die Spitze des horizontalen, aus Messing gefertigten und nicht zu leichten Zeigers hat, wie die Figur zeigt, auf der Trommel zu schleifen , die in einer Stunde eine Umdrehung macht. Die Anpressung gegen die Trommel wird durch eine dem Faden gegebene Torsion erreicht, und wenn die excentrisch gestellte Trommel nur zeitweise gestreift werden soll, gleitet der Zeiger inzwischen auf der zwischen den verstellbaren Backen b aus- gespannten Darmsaite. In der hier abgebildeten Zusammenstellung liefert das Auxanometer eine 15-fache Vergrösserung des Wachsens." Die Befestigung des Fadens (Seidenzwirn) an der Pflanze kann leicht dadurch erreicht werden, dass man an dem einen Fadenende eine Schlinge anbringt, das andere Fadenende durch diese hindurchsteckt, um den Faden endlich um das obere Ende eines Internodiums unmittelbar unter die Basis eines Blattes zu legen. Um die Fehlerquellen des Apparates, soweit sie ihren Grund in den hygroskopischen Eigenschaften der Fäden haben, möglichst einzuengen, empfiehlt es sich, nur für die über die Rollen laufenden und zur An- kuppelung an die Pflanze dienenden Theile der Fäden Seidenzwirn, sonst aber dünnen Silber- oder Platindraht, der an beiden Enden scharf um- gebogen ist, so dass leicht kleine Fadenschlingen befestigt werden können, zu verwenden. Stellt man die Beobachtungen bei Lichtzutritt an, so muss man senkrecht und parallel zu dem Fenster einen Spiegel hinter die Pflanze stellen, um die störenden heliotropischen Krümmungen auszuschliessen. Die Experimente sind ferner in einem Räume, der möglichst geringe Tem- peraturschwankungen erfährt, auszuführen. Temperaturbestimmungen sind natürlich stets vorzunehmen (Näheres vergleiche unter 77). Der Boden, in welchem die Pflanzen bereits geraume Zeit gewurzelt haben, muss 1) Vgl. Sachs, Arbeiten d. botan. Instituts in Würzburg, Bd. 1, S, 113. 2) Pfeffer, Handbuch d. Pflanzenphysiologie, Bd. 1, S. 86. 3) Der hier abgebildete und zu beschreibende Apparat ist derselbe, den auch Pfeffer in seinem Handbuche erwähnt. Neuerdings ist das Auxanometer noch in einiger Hinsicht von Pfeffer verbessert worden und in dieser Form zu dem er- wähnten Preise aus Tübingen zu beziehen. Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. »17 längere Zeit vor dem Versuch begossen worden sein und darf während der Beobachtungen nicht austrocknen. Der rotirende Cylinder des Auxanometers muss noch vor dem Ge- brauch des Apparates mit Papier überklebt werden. Man legt dazu ein hinreichend grosses Stück auf einer Seite geglätteten Grlacepapiers auf den Tisch, überstreicht die rauhe Seite des Papiers gleichmässig mit einem massig feuchten Schwamm, überzieht die beiden langen Ränder mit Gummi- lösung und rollt den Cylinder über das Papier hin. Wenn das Papier angetrocknet ist, führt man den Cylinder so über einer grossen, breiten Terpentinflamme hin und her, dass das Papier gleichmässig mit Russ be- deckt wird. Beim Gebrauch des Auxanometers kommt der in Folge des Wachsthums in Bewegung versetzte Zeiger z bei excentrischer Trommel- stellung stündlich einige Zeit lang mit dem rotirenden Cylinder in Be- rührung xind entfernt den Russ an den Berührungsstellen von der Cy- linderoberfläche. Bestimmt man die Entfernung der entstehenden Linien von einander, nachdem man das berusste Papier von der Trommel abge- nommen, zur Fixirung der Linien durch eine alkoholische Colophonium- lösung gezogen und getrocknet hat, so gewinnt man unmittelbar einen Maassstab zur Feststellung der Grösse der Zuwachsbewegung des Unter- suchungsobjectes. Sachs hat sich über Art der Messuug sowie überhaupt über die ganze Methode der Untersuchung und deren Fehlerquellen so eingehend geäussert, dass wir noch besonders auf seine citirte Arbeit, zumal S. 116, 118 und 119, hinweisen. Das selbstregistrirende Auxanometer kann bei zahlreichen Unter- suchungen über das Wachsthum Verwendung finden. Ganz insbesondere ist es unentbehrlich, wenn es sich darum handelt, näheren Aufschluss über den Verlauf der täglichen Periode des Wachsthums von Intemodien zu gewinnen (vgl. weiter unten). Unentbehrlich für genaue Messungen sehr kleiner Zuwachsbewegungen vertical wachsender Pflanzentheile ist ein horizontal gestelltes Mikroskop (oder Fernrohr). Sehr empfehlenswerth ist der in der Fig. 125 abgebildete , QüiNCKE-PFEFFER'sche Apparat, der im Preise von 110 Mk. vom Universitäts- mechaniker Albrecht in Tübingen be- zogen werden kann. „Der Tubus des Mikroskops wird durch den Trieb t auf das zu beobachtende Object eingestellt. Zur groben Verschiebung in verticaler Richtung dient die in der Hülse h be- wegliche Säule s, während mit der Mikrometerschraube m die feine Ein- stellung erzielt und das Object von neuem eingestellt wird, wenn es die Scala des Ocularmikrometers durch- laufen hat. Mit Hülfe dieser genau gleichförmig geschnittenen Schraube kann man zugleich, analog wie mit einem Kathetometer, grössere, das Gesichtsfeld überschreitende Distanzmarken messen. Bei dem Instrument entspricht z. B. eine Umdrehung 0,792 mm, und auf der in 100 Theilen getheilten Trommel können '/j-Theilstriche exact abgelesen werden. Die Horizontal- stellung des Tubus wird durch die Stellschrauben r erreicht und durch die Libelle L controlirt." ig I FifT. 125. Horizontales Mess- mikroskop. (Nach Pfeffer.) 318 Vierter Abschnitt. Bemerkt sei noch, dass der Fccalabstand des Mikroskops bei 20-facher Vergrösserung 80 mm beträgt. Das Ocularmikrometer ist in 120 Theile getheilt. Jeder Theilstrich hat bei 20-facher Vergrösserung den Werth .von 0,07 mm; der Werth einer Schraubenumdrehung beträgt, wie gesagt, 0,792 mm. Die Schraube gestattet, Strecken bis zu 3 cm, das Mikro- meter Strecken bis zu 8 mm zu messen. Beide Messungsweisen können Verwendung finden. Bei der Benutzung des beschriebenen Mikroskops ist dasselbe vor allem zitterfrei aufzustellen, z. B. auf einem geeigneten Consoltisch oder auf einer festen Tischplatte, die von einem starken hölzernen Dreifuss getragen wird und vertical verschiebbar ist. Auf dem Tisch steht ferner ein Klinostat (vgl. im fünften Abschnitt), dessen Axe vertical gerichtet ist, so dass sich die mit derselben verbundene Scheibe langsam in horizontaler Ebene bewegt (Umdrehungszeit etwa eine Stunde). Als Untersuchungsobjecte können wir zunächst Fruchtträger von Phycomyces oder Mucor benutzen. Ein Stück Brot wird zur Sterilisirung nach dem nicht zu starken Durchfeuchten mit i/, ^-proc. Traubenzuckerlösung in einer mit Glasplatte bedeckten Glasschale längere Zeit lang im Trockenschrank bei 100 *^ C. be- lassen und nach dem Abkühlen mittelst einer sterilisirten Nadel mit we- nigen Phycomycessporen oder Mucorsporen besäet^). Mucorsporen kann man leicht nach dem unter 86 angegebenen Verfahren gewinnen. Das Brot bleibt unter einer Glasglocke im Dunkeln so lange sich selbst über- lassen, bis die Fruchtträger genügende Grösse erlangt haben ; es wird dann in einer Glasschale auf die Scheibe des Klinostaten gestellt und abermals mit einer Glasglocke, die zur Aufnahme eines Thermometers tubulirt sein muss, bedeckt. Die Fruchtträger wachsen jetzt, wenn der Klinostat in Bewegung gesetzt wird, auch bei Lichtzutritt gerade in die Höhe. Helio- tropische Krümmungen können unter den bezeichneten Umständen nicht zur Geltung kommen. Bevor das Uhrwerk des Klinostaten in Gang ge- bracht worden ist, haben wir unser Mikroskop derartig auf einen Frucht- träger eingestellt, dass der Scheitel des Sporangiums einen Theilstrich des Ocularmikrometers scheinbar berührt. Beginnt jetzt der Versuch, so gelangt das Sporangium bei einstündiger Rotationsdauer der Scheibe des Klinostaten erst nach einer Stunde wieder deutlich ins Gesichtsfeld. Die Zuwachsgrösse kann durch Drehung der Schraube m (Fig. 125) leicht be- stimmt werden. Unsere Fruchtträger erfahren in einer Stunde nicht selten einen Zuwachs von 1 — 2 mm, und sie gestatten es auch, die Untersuch- ungen längere Zeit fortzusetzen (weitere Experimente nach dieser Methode vgl. weiter unten). Kommt es darauf an, die in kurzen Zeiträumen stattfindende Zu- wachsbewegung an Keimstengeln (z. B. am Hypocotyl von Lepidium) zu constatiren, so sind auf den Untersuchungsobjecten feine Striche mit chi- nesischer Tusche anzubringen. Die Keimlinge werden alsbald, nachdem ihre Entwickelung begonnen hat, mit Hülfe von Watte so in kleine Gläs- chen eingesetzt, dass ihre Wurzeln in Wasser eintauchen, oder man culti- virt die Untersuchungsobjecte in kleinen Thoncylindern in Sägespänen. Ihr weiteres Wachsthum erfolgt bei langsamer Drehung des Klinostaten unter einer Glasglocke, und bei den mikroskopischen Messungen dienen scharfe Ecken oder Kanten der aufgetragenen Tuschestriche als Distanz- marken. 1) Besser ist es noch, einige Sporangien in sterilisirtes Wasser zu bringen, in welchem sie alsbald platzen und iJire Sporen entlassen, um dann das Brot mit einigen Tropfen der sporenhaltigen Flüssigkeit zu inficiren. Die Zuwachsbewegungen der pflanzen. 319 154. Die grosse Wachsthumsperiode. Es ist eine Thatsache von fundamentaler physiologischer Bedeutung, dass alle wachsenden Pflanzentheile (Wurzeln, Stengel, Blätter etc.) selbst bei constant bleibenden äusseren Bedingungen in auf einander folgenden gleichen Zeitabschnitten nicht die nämlichen Zuwachse er- fahren. Jeder Pflanzentheil wächst im Beginn seiner Entwickelung langsam ; allmählich wird das Wachsthum lebhafter, erreicht ein Maxi- mum der Geschwindigkeit, um dann wieder langsamer zu werden und schliesslich völlig zu erlöschen. Will man sich zunächst ganz im All- gemeinen über diese Thatsache unterrichten, so genügt es, einige Erbsensamen nach dem Anquellen in eine Krystallisirschale zu legen, welche nur so viel Wasser enthält, dass die Samen halb von demselben bedeckt sind. Oder man befestigt den eben angekeimten Samen einer Erbse oder Bohne mit Hülfe von Watte in der Bohrung eines Korkes, der ein mit Wasser angefülltes Glasgefäss verschliesst, so dass die Wurzel in die Flüssigkeit hineinwächst. Die Keimung der Samen er- folgt im Dunkeln bei möglichst constanter Temperatur (etwa 20" C), und man stellt täglich zu bestimmter Stunde die Länge der Keim- wurzeln fest. Es ergiebt sich, dass die Zuwachsgrösse jeder Wurzel zunächst relativ gering ist, allmählich beträchtlicher wird, früher oder später (bei meinen Versuchen, die bei 16" C. ausgeführt wurden, am 9. Tage) ein Maximum erreicht, um dann wieder geringfügiger zu werden. Wir quellen schön ausgebildete Samen von Pisum, Phaseolus oder Vicia Faba 24 Stunden lang in Wasser ein. Die Samen werden dann in feuchte Sägespäne eingelegt, die vorher jedesmal zwischen den flachen Händen gerieben und zu einem möglichst lockeren Keimbett in grossen Holzkästen oder Blumentöpfen angehäuft waren. Es ist hierbei darauf zu achten, dass die austretenden Wurzeln keine Krüm- mungen zu machen brauchen, um senkrecht nach abwärts wachsen zu können. Die Viciasamen legen wir derartig in die Sägespäne, dass ihre Mikropyle nach abwärts gerichtet ist. Den Phaseolussamen ertheilen wir eine horizontale Lage, so dass die austretende Haupt- wurzel einen rechten Winkel mit der Längsachse des Samens bildet. Haben die Wurzeln eine Länge von 1,5 — 2 cm erreicht, so werden die Keimlinge aus dem Keimbett herausgenommen, sorgfältig abgewaschen, mit einem Stück weicher Leinwand abgetrocknet und mit Marken ver- sehen. Man benutzt beste schwarze chinesische Tusche, die man mit etwas Wasser auf einer Porzellanplatte angerieben hat und mit Hülfe eines Marderpinsels in Form feiner Striche auf die Untersuchungs- objecte aufträgt. Die Entfernung der einzelnen Marken von einander kann je nach Umständen 1, 1,5 oder 2 mm betragen. Der erste Strich wird also 1, 1,5 oder 2 mm entfernt vom Vegetationspunkt der Wurzel aufgetragen ^), der zweite 1, 1,5 oder 2 mm entfernt vom ersten etc. Am besten ist es, 1 mm Entfernung zu wählen. Um das Auftragen bequem und mit Ruhe vornehmen zu können, benutzt man eine etwa 2 cm dicke Korkplatte, an deren linkem Rande mittelst einer runden Feile verschiedene grosse Kerben eingefeilt worden sind; von jeder 1) Den Vegetationspunkt sieht man freilich nur undeutüch durchschimmern er liegt ca. 0,2—0,5 mm entfernt von der Wvu-zelspitze. 320 Vierter Abschnitt. Fig:. 126. Olaseylhider zur Ciiltur Ton Keim- pflanzen. derselben gehen auf der Oberfläche des Korkes einige mit dünner runder Feile gemachte Rinnen nach verschiedenen Richtungen aus. Man probirt nun, in welche Kerbe sich der Same mit einiger Reibung so einschieben lässt, dass er festhält und seine Wurzel zugleich in eine der Rinnen zu liegen kommt. Neben diese legt man eine Milli- metertheilung derartig hin, dass man die mit dem Pinsel aufzutragenden Striche als Ver- längerungen der Theilstriche des Maassstabes ziehen kann. Die Keimpflanzen, deren Wur- zeln markirt worden sind, werden nun in der Weise, wie es Fig. 126 zeigt, mit Hülfe von langen Stecknadeln in Glascylindern befestigt. Ich benutzte Cylinder von etwa 30 cm Höhe und 7 — 8 cm Durchmesser oder auch, was vorzuziehen ist, weit grössere Gefässe. Die mit Hülfe von Siegellack an die untere Fläche des Glasstöpsels festgekittete Kork- platte K, welche man mit Wasser durch- tränkt hat, dient zur Aufnahme der Nadel- spitzen. Der Boden jedes Cylinders wird mit einer W^asserschicht bedeckt, so dass die W^urzeln von feuchter Luft umgeben sind. Wenn es erforderlich scheint, kann man die Wurzeln auch noch ab und an mit etwas Wasser bespritzen oder die Wände im Innern des Cylinders mit feuchtem Fliesspapier be- legen. Man stellt die Cylinder ins Dunkle und setzt die Keimpflanzen möglichst constanten Temperaturverhältnissen (z. B. 20" C.) aus. In den Cylindern kann man die Wurzeln auch in Wasser wachsen lassen. Man befestigt die Keimlinge an recht langen Nadeln und lässt die Wurzeln, aber nicht die Reservestolfb ehälter, in die Flüssigkeit eintauchen, mit der die ca. 3 Liter fassenden Gefässe bis zur Hälfte angefüllt sind. Nach Verlauf von 12 oder 24 Stunden wird man leicht durch Messung feststellen können, dass das W^achsthum in der jüngsten, dem Vegetationspunkte der Wurzeln nächsten Par- tialzone kein übermässig ausgiebiges gewesen ist. In der nächsten Zone hat sich schon ein energischeres Wachsthum geltend gemacht Eine der folgenden Zonen ist diejenige, in welcher das Wachsthum am lebhaftesten vor sich gegangen ist. Es folgen dann Zonen, in denen wieder langsameres Wachsthum con- statirt werden kann, und die ältesten Theile der Wurzeln haben gar keinen Zuwachs mehr erfahren. Vergl. Fig. 127. Die älteren Par- tialzonen der Wurzeln haben das Stadium stärksten Wachsthums schon hinter sich; die derselbe Keimling, nach- jüngsten sind noch nicht in dieses Stadium dem die Wurzel emige eingetreten. Jede Querzone eines Pflanzen- Zeit gewachsen ist. -i. m •• i ^ i i^ • • j /-\ theils wachst aber, ebenso wie jedes Organ in seiner Gesammtheit, zuerst langsam, dann schneller, erreicht ein Maximum der Wachsthumsgeschwindigkeit, um schliesslich wieder langsamer zu wachsen. Daher findet man auch, Flp.127. Links Erbsen- keimlin^'. auf dessen Wur- zel Tuscneraarken aufge- tragen worden sind. Rechts Die Zuwaclisbewegungeii der Pflanzen. 321 dass die jüngsten Querzonen einer Wurzel, welche z. B. im Verlaufe von 12 Stunden nicht sehr stark gewachsen sind, in den folgenden 12 Stunden schon lebhafter wachsen. Zu einer bestimmten Zeit liegt natürlich in diesen Zonen das Maximum des Wachsthums, aber später nimmt die Wachsthumsgeschwindigkeit dann wieder ab. Es ist über- haupt lehrreich, das Wachsthum der Partialzonen einer Wurzel während längerer Zeit zu beobachten und ab und an (aber in relativ kurzen Zwischenräumen von 6—10 Stunden) die Zuwachse festzustellen. Eine Schwierigkeit, die aber nicht unüberwindlich ist, liegt hierbei in dem Umstände, dass die auf die Wurzeln aufgetragenen Tuschestriche in Folge des Wachsthums auseinandergezogen werden *). Bei den Untersuchungen über das Wurzelwachsthum wird dem Beobachter die beachtenswerthe Thatsache nicht entgehen, dass die Länge der wachsenden Wurzelstrecke, d. h. die Länge der ursprünglich markirten Strecke, in der nach Verlauf einiger Zeit (z. B. 20 Stunden) überhaupt Wachsthum stattgefunden hat, stets recht gering ist. Je nach der Samenart und der Individualität der Untersuchungsobjecte ist die wachsende Wurzelregion (z. B. bei Pisum , Phaseolus etc.) nämlich nur etwa 4—8 mm lang. Die wachsende Region der Stengel ist im Gegensatz hierzu, wie wir sehen werden, weit länger ^). Wir gehen nunmehr dazu über, die grosse Wachsthumsperiode der Stengeltheile näher zu verfolgen, und es hat keine besonderen Schwierigkeiten, den allgemeinen Verlauf des Wachsthums dieser Or- gane festzustellen. Wir cultiviren Keimlinge von Phaseolus oder Pisum, die in lockerer Gartenerde wurzeln, bei Ausschluss des Lichts und möglichst Constanten Temperaturverhältnissen. Durch einfache, von Tag zu Tag wiederholte Messungen kann man constatiren, dass die Internodien (die epicotylen oder die folgenden) zunächst langsam, dann schneller wachsen, zu einer bestimmten Zeit das Maximum der Streckungsgesehwindigkeit erkennen lassen, um dann wieder langsamer zu wachsen. Im Dunkeln wachsende Keimlinge (ich experimentirte z. B. mit Pisumpllanzen , die aus grossen Samen hervorgegangen waren) können unter Umständen sehr lange, aus einer ganzen Anzahl von Internodien bestehende Stengel erzeugen. Ein Exemplar meiner Untersuchungsobjecte hatte einen Stengel von über 500 mm Länge gebildet, und dieser bestand aus 7 Internodien. Misst man die Länge der ausgewachsenen Internodien, so findet man, dass die ältesten re- lativ kurz sind ; es folgen längere (bei meinen Pflanzen war das fünfte das längste), und die jüngsten Internodien sind dann wieder kürzer. Es ist eine sehr allgemein zu beobachtende Erscheinung, dass die auf einander folgenden, fertig gestreckten Internodien eines Stengels nicht die nämliche Länge besitzen, eine Thatsache, die einen einfachen Ausdruck dadurch findet, dass wir sagen, die Wachsthumsenergie der einzelnen Stengelglieder ist aus inneren Wachsthumsursachen eine verschiedene. Wir cultiviren Keimlinge von Phaseolus multiflorus bei Lichtab- schluss in Blumentöpfen. Wenn die epicotylen Glieder eine Länge 1) Vgl. Sachs, Arbt^ileii <1. botan. Instituts in Würzburg, Bd. 1, 8. 421. Zur Vermeidung von Fehlern thut man gut, jedesmal einen feinen Tuschestrich in die Mitte der Marke einzutragen, um diesen Strich zum Ausgangspunkt für die weiteren Messimgen zu nehjnen. Vergleiche auch bei Sachs weiteres über die hier an- gegebenen Methoden. 2) Vgl. Sachs, Arbeiten des botan. Instituts in Würzburg, Bd. 1 , S. 413. D«tmer , Fflanzenphyslolo^sches Praktikum. 8. Aofl. 21 322 Vierter Abschnitt. von etwa öO mm erreicht haben, so bringen wir auf den am kräftigsten entwickelten Stengeln eine Anzahl von Tuschestrichen als Marken in Entfernungen von 3 oder 5 mm an (Methode vgl. unter 147 u. 14^). Die Untersuchungsobjecte bleiben im Dunkeln möglichst constanten Temperaturverhältnissen ausgesetzt. Alle 24 Stunden bestimmen wir die Grösse der Zuwachsbewegung in den einzelnen Partialzonen durch Messung. Die wachsende Region des Stengels ist im Gegensatz zu derjenigen der Wurzeln eine sehr ausgedehnte. Ich fand z. B., dass eine Strecke von 35 mm des Phaseolusepicotyls im Wachsthum be- griffen war. In der jüngsten (obersten) Partialzone ist das Wachs- thum bei Beginn des Versuchs nicht sehr ausgiebig. In der folgenden schon lebhafter. In der dritten oder vierten liegt das Wachsthums- maximum, in den folgenden nimmt die Wachsthumsgeschwindigkeit wieder ab. Setzt man die Beobachtungen längere Zeit hindurch fort, so erlischt das Wachsthum alsbald in den älteren Partialzonen, während das Wachsthumsmaximum nicht mehr in der dritten oder vierten Zone, sondern in einer jüngeren liegt. Später nimmt auch in diesen letz- teren Partialzonen die Wachsthumsgeschwindigkeit ab ')• Will man das Vorhandensein der grossen Periode bei dem Wachs- thum der Blätter constatiren, so cultivirt man Kürbis- oder Tabakpflanzen in grossen Blumentöpfen und stellt dieselben, wenn sich einige Blätter entfaltet haben, unter grosse Glasglocken in einen Raum von möglichst constanter Temperatur, z. B. in ein nach Norden gelegenes Zimmer. Die Untersuchungsobjecte bleiben dem Licht ausgesetzt. Nahe der Basis der Spreite einiger junger Blätter hat man mit Hülfe von Tusche Punkte als Marken aufgetragen. Man misst täglich mit Hülfe eines Millimetermaass- stabes die Entfernung zwischen dem Punkte an der Basis eines Blattes und der Blattspitze. Die Temperaturverhältnisse sind natürlich stets ge- nau zu notiren. Als ich im Mai und Juni das Längenwachsthum im Freien wachsender Blätter von Aristolochia Sipho verfolgte, trat zunächst bei ziemlich constant bleibender Temperatur das Phänomen der grossen Wachsthumsperiode deutlich hervor. Der Zuwachs betrug in je 24 Stunden zunächst nur 5, dann 7, fernerhin 10 mm. Später machten sich in Folge bedeutender Temperaturschwankungen grosse Unregelmässigkeiten im Blatt- wachsthum geltend, aber es ist dennoch lehrreich, derartige Beobachtungen zu wiederholen, weil sie uns zeigen, wie wichtig es bei dem Studium der grossen Wachsthumsperiode der Pflanzentheile erscheint, die äusseren das Wachsthum beeinflussenden Momente keinen Augenblick unberücksichtigt zu lassen *^). Handelt es sich darum, die Ursachen der grossen Wachsthumsperiode ganzer Organe festzustellen, so hat man, wie ich in meinem Lehrbuch der Pflanzenphj'siologie S. 241» hervorhob, namentlich die Frage nach den Ursachen der im Laufe der Entwickelung sich verändernden Wachsthums- geschwindigkeit einzelner Partialzonen der Pflanzentheile zu beantworten. Dies ist, soweit es heute möglich erscheint, unter 147 geschehen, so dass wir hier auf die bezüglichen Angaben verweisen müssen. Bei Beginn des Wachsthums eines ganzen Orgaus summiren sich anfangs nur wenige und geringe Partialzuwachse, später mehr und grössere, bis endlich die Parti al zuwachse wieder unbedeutender werden. 1) Vgl. Sachs, Arbeiten des botanischen Institut« in Wörzburg, Bd. 1, S. 99, und WoRTMANX, Botan. Zeitung, 1882. 2) Vgl. Pbantl, Arbeiten d. botan. Instituts in Würzburg, Bd. 1, S. 371. Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. 323 155. Die Wachsthumsgcschwindii^kcit und TVachsthuinsencrgie. Die tägliche Erfahrung lehrt, dass die Wachsthumsgeschwindigkeit der Pflanzen eine überaus verschiedenartige ist. Selbst die einzelnen Individuen einer und derselben Pflanzenspecies lassen unter gleichen äusseren Verhältnissen eine verschiedene Wachsthumsgeschwindigkeit erkennen. Der experimentirende Pflanzenphysiolog hat bei seinen Untersuchungen stets Rücksicht auf das individuell differente Verhalten seiner Unter- suchungsobjecte zu nehmen, das oft den Fortgang der Beobachtungen in sehr unliebsamer Weise beeinflusst, und deshalb ist es lehrreich, einmal den folgenden Versuch anzustellen. Möglichst normal und gleichartig ausgebildete Erbsen, Bohnen oder Samen an- derer Pflanzen werden in grösserer Anzahl in feuchten Sägespänen zum Keimen gebracht. Ge- naue Messungen der Wurzeln, Stengeltheile sowie Blätter, die man nach Verlauf einiger Zeit vor- nimmt, lehren, dass die Wachsthumsgeschwin- digkeit der einzelnen Organe bei verschiedenen Individuen derselben Species, trotzdem sämmt- liche sich unter dem Einfluss genau der näm- lichen äusseren Bedingungen entwickelten, keines- wegs die gleiche gewesen ist. Das individuell oft sehr verschiedene Verhalten der einzelnen Untersuchungsobjecte tritt bei derartigen Beobach- tungen deutlich hervor. Unter gleichen äusseren Umständen besitzen aber auch die gleichnamigen Organe verschie- dener Pflanzenspecies eine specifisch verschiedene Wachsthumsgeschwindigkeit. Die Stengel und Blätter von Aristolochia Sipho und Humulus lupulus wachsen z. B. relativ schnell; die ent- sprechenden Organe anderer Pflanzen sehr lang- sam. Sehr schnell wachsen ferner z. B. die Stengel von Polygonum Sieboldi, und ich fand z. B., dass ein Trieb dieser Pflanze, der am 3. Mai (50 cm Höhe besass, nach 24 Stunden bei warmer, feuchter Witterung (Temperatur Abends um 11 Uhr noch 15° C.) eine Höhe von 71 cm erreicht hatte. Die Wachsthumsenergie ist eine Function der Wachsthumsdauer und Wachsthumsge- schwindigkeit. Es ist selbst die Wachsthums- energie, also der schliesslich erlangte Zuwachs, der einzelnen Internodien eines Stengels nicht die gleiche. Entwickeln sich Erbsenkeimpflanzen z. B. einige "Wochen im Dunkeln, und bestimmt man die Länge der einzelnen Internodien, wenn das Stengelwachsthum völlig erloschen ist, so ergiebt sich, dass die unteren Internodien kurz, die mittleren lang, die oberen wieder kürzer sind '). Flff. 12S. Apparat zur l'ntersufhung de« Wnrzel- wachsthunis. 1) Vgl. Detaier, Lehrbuch d. Pflanzenphysiologie, 1883, S. 24a 21* 324 Vierter Abschnitt. Von Interesse ist es ferner, sich davon zu überzeugen, dass es möglich ist, den Zuwachs, welchen Pflanzentheile in kurzer Zeit (z. B. 20 Minuten) erfahren, festzustellen. Auf die bei genauen Beobachtungen in Anwendung zu bringende Methode ist schon unter 158 aufmerksam gemacht worden. Hier folgt ein Demonstrationsversuch. Ein Trichter- rohr (Fig. 128 T) wird mit seinem unteren Ende durch die Bohrung eines Kautschukkorkes geschoben, welcher ein kleines, etwas Wasser enthalten- des Glas G verschliesst. In den oberen, erweiterten Theil des Trichter- rohres bringt man einen in feuchten Sägespänen angekeimten Samen von Pisum oder Phaseolus und breitet etwas nasse Watte über demselben aus. Die obere Oeffnung des Trichterrohres wird durch die kleine Glas- platte Gp verschlossen. Die Keimwurzel wächst in der feuchten Luft, welche sie umgiebt, ganz gut; sie verlängert sich beträchtlich. Wir stellen unseren Apparat nun auf einen Klinostaten (der Apparat ist weiter unten beschrieben und abgebildet), dessen Axe senkrecht gerichtet ist, und versetzen die Keimpflanze, um jede heliotropische Krümmung der Wurzel auszuschliessen , in langsame Rotation. Bevor der Klinostat in Gang gebracht wird , haben wir die Wurzelspitze in das Gesichtsfeld eines mit Hülfe eines geeigneten Stativs horizontal gerichteten Mikroskops eingestellt. Wir benutzen natürlich nur schwache Vergrösserung. Jetzt wird der Klinostat in Rotation versetzt, und wenn z. B. nach 20 Minuten die Wurzel wieder im Gesichtsfeld des Mikroskops erscheint, so lässt sich constatiren, zumal dann, wenn der Versuch bei relativ hoher Temperatur (20 — 25** C.) angestellt wird, dass der Pflanzentheil gewachsen ist. 156. Die Torsionen. Torsionen sind häufig an Internodien und auch an Blättern zu beobachten. Schöne Torsionen lassen zumal ältere Internodien win- dender Stengel , worauf an anderer Stelle zurückgekommen werden soll, sowie im Dunkeln erwachsene Ptianzen erkennen. So sind z. B. die bei Lichtabschluss zur Ausbildung gelangten Blüthenschäfte von Hyacinthus orientalis häufig stark tordirt und ebenso die im Dunkeln erwachsenen hypocotylen Glieder von Helianthus annuus, während die entsprechenden Organe der unter normalen Verhältnissen erwachsenen Keimlinge dieser Pflanzenspecies keine Torsionen zeigen. Werden Samen von Helianthus annuus in feuchten Sägespänen ausgelegt, und die Untersuchungsobjecte theils im Finstern, theils bei Lichtzutritt cultivirt, so kann man sich leicht von der Thatsächlichkeit der er- wähnten Verhältnisse überzeugen. Es ergiebt sich auch, dass die Torsionen an den etiolirten hypocotylen Gliedern der Helianthus- keirapflanzen erst gegen Ende des Längenwachsthums derselben zum Vorschein kommen. Viele Torsionen sind Folge innerer Wachsthumsuraachen. Andere, von denen hier gleich die Rede sein mag, entstehen auf ganz anderem Wege. Der Stengel einer kräftigen, in einem Blumentopf erwachsene Kürbispflanze wird derartig an einen Stab angebunden , dass er keine Krümmungen ausführen kann. Auf die Oberseite einiger Blattstiele und die Mittelrippen ihrer Spreiten werden mit Tusche eine Anzahl Punkte, die in einer Linie liegen, aufgetragen, um das vorbereitete Untersuchungs- object jetzt, nachdem der Erdballen im Topfe durch Sperrhülzchen be- festigt worden ist, in umgekehrter Lage im Finstern aufzustellen. Aus Die Zuwachsbewegnngen der Pflanzen. 325 verschiedenen Ursachen (Geotropismus, photoepinastische Nachwirkungen) tritt im Laufe einiger Stunden eine nach aufwärts gerichtete Krümmung der Blattstiele ein, aber da die Last der von den Stielen getragenen Spreiten fast niemals gleichmässig zu beiden Seiten der Krümmungsebene vertheilt ist, so kommen Torsionen zu Stande, deren Ausdehnung leicht beurtheilt werden kann, wenn man die nun nicht mehr in gerader Linie stehenden Tuschemarken ins Auge fasst. Diese Torsionen können durch Wachsthums Vorgänge zu bleibenden werden *). 157. Einige spontane Nntationsei'sclieinungen. Wir legen einige angequollene Samen von Vicia Faba mit, nach abwärts gewandter Mikropyle in lockere, feuchte Sägespäne. Unter- suchen wir unsere Keimpflanzen genauer, wenn der Keimstengel so- eben beginnt, zwischen den Cotyledonen herauszutreten, so finden wir, dass sie gerade, senkrecht nach abwärts gerichtete Wurzeln besitzen. Wir befestigen nun einige Viciakeimlinge mit Hülfe von Nadeln in einem Recipienten und sorgen für Licht- abschluss. Nach Verlauf von 24 Stunden con- statiren wir, dass die Wurzeln ihre ursprüngliche senkrechte Richtung verlassen haben. Die Wur- zeln sind in der Weise gekrümmt, wie es Fig. 120 darstellt, eine Erscheinung, die wesentlich durch eine im hypocotj'len Gliede und oberen Wurzeltheile stattfindende Krümmung hervor- gerufen wird. Das fortwachsende Wurzelende kommt natürlich in Folge der eingetretenen Nutation schief gegen die Verticale zu liegen und sucht sich daher vermöge seiner geotropischen Reizbarkeit in einem Bogen nach abwärts zu wenden. Aehnlich wie die Keimpflanzen von Vicia pig^ 129. Keim- verhalten sich in der in Rede stehenden Hinsicht pflanze von Vicia Faba. diejenigen verschiedener anderer Papilionaceen, und es ist noch zu bemerken, dass die Wurzeln die erwähnte Nutatjon nicht nur in feuchter Luft, sondern auch, obgleich in schwächerem Grade, ausführen, wenn sie sich in lockerer Erde oder Sägespänen entwickeln. Bezeichnet man bei den Keimpflanzen der Papilionaceen diejenige Seite als hintere (vergl. Fig. 129 //), auf welcher die Con- vexität des Keirastengels liegt, die entgegengesetzte, nach welcher sich unsere Wurzeln stets hinwenden, als vordere (F), so fällt die Median- ebene der Keimpflanzen genau mit derjenigen Ebene zusammen, in der sich die beiden Cotyledonen berühren. Die Thatsache, dass die aus der Nutation des Hypocotyls und der Wurzelbasis resultirenden Wurzelkrümmungen stets in den Medianebenen der Keimlinge erfolgen, ist bei Untersuchungen über das Verhalten der Wurzeln in horizon- taler Lage aus leicht verständlichen Gründen wohl zu beachten. Man muss den Viciakeimlingen z. B. auf einer horizontalen Unterlage eine solche Stellung geben , dass sie dieser Unterlage mit ihrer rechten 1) VgL H. DE Vries, Arbeiten d. botan. Instituta in Würzburg, Bd. 1, 8. 268, und Sachs, Lehrbuch d. Botanik, 1874, S. 833. 326 Vierter Abschnitt. oder linken Flanke, also mit der Aussenfläche einer ihrer Cotyledonen, aufliegen ^). Interessante Nutationserscheinungen sind ferner an den ersten Stengelgliedern vieler Dicotyledonen zu beobachten, und wir wollen uns etwas genauer mit denselben bekannt machen, indem wir Phaseolus multiflorus als Untersuchungsobject wählen. Wenn wir einen im Wasser zur Quellung gebrachten Samen durchschneiden, so beobachten wir an der Spitze des zwischen den Cotyledonen liegenden Stengel- theiles des Embryo eine ziemlich starke Krümmung, Bei der Keimung der Samen wird diese Krümmung noch erheblicher, so dass die End- knospe in völlig nickendem Zustande aus dem Boden hervortritt. Die Convexität der Krümmung liegt auf der von den Cotyledonen abgewandten, also hinteren Seite des Epicotyls, und die Nutationserscheinung kommt durch ein beschleunigtes Wachsthum eben dieser hinteren Seite zu Stande. (Vergl. Fig. 130. Bei a liegt die Convexität der Krümmung). Entwickeln sich unsere Phaseoluspflanzen dauernd im Finstern, so bleibt die Nutation am oberen Ende des Keim- stengels lange bestehen; nur in den letzten Kei- mungsstadien richtet sich die Endknospe senkrecht empor. Dies geschieht dagegen sehr schnell, wenn man junge Keimlinge, deren Endknospe z. B. eben den Boden durchbrochen hat, dem Einfluss hellen diffusen Tageslichts aussetzt. Die Krümmung des Epicotyls gleicht sich dann alsbald völlig aus. Fig-. 130. Keim- Wenn man an derjenigen Stelle eines nutiren- pflanze von Phase- den Epicotyls von Phaseolus, welche die stärkste Ollis nniltiflorus, Krümmung zeigt (Fig. 130 bei a), einen Tuschestrich ^^n^^ ^^^^ ^^^^' als Marke anbringt, so findet man diese Marke nach -24 oder 48 Stunden, während welcher Zeit das Untersuchungsobject natürlich im Dunkeln verweilen muss, bei h wieder. Daraus erhellt, dass die ursprünglich nutirenden Theile des Epicotyls sich in Folge ihres Wachsthums allmählich gerade strecken. Die Nutation geht aber auf die neu entstandenen Stengeltheile über. Es zeigt sich aber bei genauerer Betrachtung der Marken auch oft, dass die Ebene, in (1er die Nutation erfolgt, nicht immer die nämliche ist. Uebrigens muss die Nutation als eine durchaus spontane angesehen werden. Sie tritt auch ein, wenn die Keimlinge im Dunkeln langsam um eine horizontale Achse rotiren. Näheres vergl. im Abschnitt über Experi- mente mit dem Klinostaten. Der Winkel, welcher von dem nutirenden Theile des Phaseolus- epicotyls gebildet wird, beträgt gewöhnlich 1S0^ d. h. also die End- knospe des aufwärts wachsenden Stengels ist senkrecht abwärts gerichtet. Bei genauerer Beobachtung zumal recht lebhaft wachsender Phaseoluskeimlinge findet man aber, dass jener Winkel nicht immer derselbe bleibt Ist er an einem Tage = 180", so kann er am fol- genden z. B. = 90", am dritten == 145" sein ■'). Spontane Nutationen zeigen die meisten Pflanzentheile, wie es scheint, sehr allgemein. Hierher gehören auch die Circumnutationen 1) Vgl Bachs, Arbeiten d. botan. Instituts in Würzburg, Bd. 1, S. 402. 2) Vgl. Wortmann, Botan. Zeitung, 1882, No. 52. Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. 327 vieler Keimlinge '), und wenn man z. B. Haferkeimlinge im Dunkeln cultivirt, so kann man durch oft (z. B. jede Viertelstunde) wiederholte Beobachtungen feststellen, dass die Spitze der ca. 1 — 2 cm langen Plumula der Untersuchungsobjecte in einer mehr oder minder kreis- förmigen Bahn im Raum herumgeführt wird. Uebrigens gehe ich nicht näher auf die Circumnutation ein, da der ganze Gegenstand einer eingehenden kritischen weiteren Untersuchung bedarf. Zumal ist bei den Arbeiten der Einfluss äusserer Verhältnisse auf die Bewegung der Organe mehr als seither zu beachten. II. Die nothwendigen Wachsthumsbedingungen und die Beeinflussung der Zuwachsbewegung durch äussere Verhältnisse. 158. Das Stoffbedürfniss wachsender Pflanzentheile. Das Wachsthum eines Pflanzentlieils kann nur dann in normaler Weise erfolgen, wenn die erforderlichen Stoffe und Kräfte für das Wachsthum der einzelnen Zellen disponibel sind. Entwickeln sich z. B. Keimlinge bei völligem Lichtabschluss, so hört das Wachsthum der Keimtheile auf, wenn der Reservestoffvorrath der Samen erschöpft ist. Es ist lehrreich, sich etwas specieller über die Beziehungen zwischen der Energie, mit der das Wachsthum erfolgt, und dem Vor- rath an Reservestoffen zu unterrichten. Zu dem Zweck pflanzen wir Samen von Phaseolus multiflorus in Gartenerde ein, die sich in Blumen- töpfen befindet. Ein Topf wird mit möglichst grossen Samen beschickt; ein zweiter mit ebensolchen, von denen wir aber, wenn die Keimung eben begonnen hat und die Hauptwurzel aus der Samenschale hervor- gebrochen ist, je einen der beiden Cotyledonen entfernen. In einen dritten Topf säen wir kleine Phaseolussamen ein. Die Keimung er- folgt im Dunkeln oder bei Lichtzutritt. Wir finden, dass sich die aus grossen Samen erwachsenden Pflanzen kräftiger entwickeln als die- jenigen, welche aus den kleinen oder jenen hervorgehen, von welchen wir einen der Cotyledonen abgeschnitten haben. Bei meinen Ver- suchen, die bei Lichtzutritt ausgeführt wurden, zeigten sich zunächst keine sehr auffallenden Differenzen im Aussehen der Untersuchungs- objecte. Dies trat erst ein, als sich das erste gedreite Blatt entfaltet hatte, und das dritte Internodium in lebhafter Streckung begriffen war. Die aus grossen Samen hervorgegangenen Pflanzen besassen erheblich grössere Blätter und längere Internodien als jene, welche sich aus kleinen oder eines ihrer Cotyledonen beraubten Samen entwickelten. Messungen zur Bestimmung der Dimensionsverhältnisse der einzelnen Theile der Versuchspflanzen sind leicht vorzunehmen. Der Reserve- stoffvorrath der Bohnensamen ist ein sehr grosser, so dass die ersten Stadien der Keimung bei meinen Experimenten in allen Fällen normal durchlaufen werden konnten. Später machte sich dann, trotzdem die 1) Vgl. Darwin, Bewegungsvermögen d. Pflanzen, 1881. 328 Vierter Abschnitt. assimilatorische Thätigkeit der Untersuch ungsobjecte nicht ausge- schlossen war, ein wesentlicher Unterschied im Wachsthum der Pflanzen geltend, und derselbe Hess sich der Haui)tsache nach nur auf den mehr oder minder bedeutenden Vorrath an Reservestoffen in den Cotyledonen der Samen zurückführen. 159. Der Wassergehalt der Pflanzen und das Wachsthnm. Normales Wachsthum der Pflanzenzellen ist nur dann möglich, wenn dieselben hinreichende Wassermengen enthalten. Diese That- sache ist unter Berücksichtigung verschiedener Verhältnisse leicht ver- ständlich. Hier sei nur darauf hingewiesen, dass ein ausgiebiges Wachsthum eine energische Turgorausdehnung der Zellen zur Voraus- setzung hat, welche ihrerseits nur bei reichlichem Wassergehalt der Gewebe möglich ist. Sinkt die Turgorausdehnung der Zellen, indem sie Wasser verlieren, so vermindert sich zugleich auch ihre Wachsthums- geschwindigkeit. Wir bringen Mais-, Erbsen- oder Bohnensamen in Säge- spänen zur Keimung. Haben die Wurzeln einige cm Länge erreicht, so bringen wir auf ihnen 2 cm entfernt von ihrer Spitze feine Tusche- striche als Marken an und befestigen die Keimpflanzen in der Weise, wie es unter 154 angegeben ist, mit Nadeln in geeigneten Glascylin- dern. Diese letzteren füllen wir mit verschiedenen Flüssigkeiten an ; einen mit Brunnenwasser, einen zweiten mit einer 0,5-, einen dritten mit einer 1,0-, einen vierten mit einer 2,0-proc. Kalisalpeterlösung. Die Wurzeln müssen senkrecht in die Flüssigkeiten hineinragen. Nach Verlauf von 24 oder 48 Stunden stellen wir die Zuwachse, welche die Wurzeln erfahren haben, fest. Jeder einzelne Versuch wird, um zu Mittelwerthen zu gelangen, mit H oder 4 Keimpflanzen durchgeführt. Es ergiebt sich, dass die Wurzeln in Contact mit Brunnenwasser am lebhaftesten wachsen. Mit zunehmender Concentration der Salpeter- lösung wird ihr Wachsthum aber geringer, weil die Salzlösungen den Zellen Wasser zu entziehen vermögen und dadurch deren Turgoraus- dehnung herabsetzen. In Berührung mit ziemlich concentrirten Sal- peterlösungen (z. B. mit 10-proc.) wachsen die Wurzeln gar nicht. Sie verkürzen sich vielmehr, indem sie in den plasmolytischen Zustand tibergehen ^). Merkwürdig ist, dass Pilze auch noch in Contact mit Flüssigkeiten wachsen, deren Concentration für das Wachsthum der Zellen höherer Ge- wächse viel zu bedeutend ist. Wir stellen eine Lösung her, die in 100 Tbl. Wasser 0,4 Tbl. Ammoniumnitrat, 0,2 Thl. saures phosphorsaures Kali, 0,02 Thl. schwefeis. Magnesia und 0,01 Thl. Chlorcalcium enthält. Je 50 ccm dieser Lösung gelangen in Glaskölbchen und werden mit 5 g (10 Proc), 10 g (20 Proc), 25 g (50 Proc.) Traubenzucker versetzt. Die mit Watteverschluss versehenen Kölbchen werden im Dampfapparat sterilisirt. Als Beobachtungsobject wählen wir Penicillium glaucum. Die Flüssigkeiten werden mit den Sporen dieses Pilzes inficirt und dann sämmtlich den nämlichen äusseren Bedingungen ausgesetzt. Es ergiebt sich, dass die Entwickelung des Pilzes selbst noch in der 50-proc. Zuckerlösung erfolgt; freilich wächst er in der betreffenden 1) VgL H. DE Vries, Untersuchungen über die mechanischen Ursachen der Zellstreckung, HaUe 1877, S. 56. Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. 329 Flüssigkeit erheblich langsamer als in den übrigen. Die Ursache des Wachsthums von Zellen bei hoher Flüssifirkeitsconcentration ist wohl darin zu suchen, dass diese letztere selbst als Reiz auf die Zellen einwirkt und den Stoffwechsel derselben derartig beeinflusst, dass eine hinreichende Steigerung der osmotischen Leistungsfähigkeit des Zellinhaltes erzielt wird *). 160. Die Athmnn^ und das Wachsthmn. Es giebt, wie bereits unter 108 hervorgehoben worden ist, einige Pflanzen, die auch bei völligem Ausschluss des freien Sauerstofl'es zu wachsen vermögen. Die meisten Pflanzen sind aber nur zum Wachs- thum befähigt, wenn ihnen freier Sauerstoff" zur Disposition steht. Diese Thatsache lässt sich leicht in folgender Weise constatiren -). Zwei Jretorten artige Gefässe von ca. 90 ccm Capacität (vgl. Fig. 11) werden mit ausgekochtem und bei Luftabschluss wieder völlig abge- kühltem, destillirtem Wasser angefüllt. In jedes Gefäss bringt man einige lufttrockene Weizenkörner oder Erbsensamen und taucht die Mündungen der Gefässe unter Quecksilber. Nach 24 Stunden, wenn die Samen gequollen sind, verdrängt man das Wasser des einen Ge- fässes bis auf einen 'ganz kleinen Rest durch atmosphärische Luft, dasjenige des anderen durch reines Wasserstoff'gas. Dieses entwickelt man aus arsenfreiem Zink durch Uebergiessen desselben mit ver- dünnter Salzsäure und leitet es zur Befreiung von schädlichen Stoff'en durch wässerige Lösungen von Kalihydrat und übermangansaurem Kali. In Contact mit der Luft keimen die Samen alsbald; in Wasserstoff" tritt keine Keimung ein. Haben die Samen keine allzu lange Zeit (etwa nur 2 — 3 Tage) im Wasserstoff verweilt, so keimen sie aber, wenn man sie nachträglich normalen Keiinnngsbedingungen aussetzt. Es ist ferner lehrreich, Keimlinge (z. B. solche von Pisum), die bereits Wurzeln von einigen cm Länge besitzen, in mit luftfreiem Wasser angefüllte und durch Quecksilber abgesperrte Gefässe zu bringen, um das Wasser in dem einen Apparat durch Luft, im anderen dagegen durch Wasser- stoff" zu verdrängen. Die Wurzeln der Keimlinge wachsen in der Luft weiter, im Wasserstoff" aber gar nicht, wovon man sich leicht durch Messungen überzeugen kann. Mit Hülfe der angegebenen Methode ist auch der Nachweis zu führen, dass die Keimung der Samen noch in einem recht sauerstoff"- armen Gasgemisch (welches z. B. aus atmosphärischer Luft und mehr oder minder grossen Wasserstoff"quantitäten besteht) möglich ist. Um in sehr exacter Weise den Nachweis zu führen, dass ohne Sauer- ste ffgegen wart höhere Pflanzen nicht wachsen, verfährt man, wie folgt. In ein Reagensglas R (Fig. LSI) von etwa 1.5 mm Durchmesser und ca. 60 ccm Capacität bringt man einen in Sägespänen zur Entwickelung gekommenen Erbsenkeimling, auf dessen Wurzel je zwei Tuschestriche als Marken auf- getragen sind. Die Innenwand des Glases wird mit einigen Tropfen aus- gekochten Wassers angefeuchtet. Das Glas wird mit einem vollkommen passen- den, mit zwei Bohrungen versehenen Kautschukpfropfen verschlossen. Die eine Bohrung dient zur Aufnahme des Glasrohres g, die andere zur Aufnahme des Rohres g', dessen einer Schenkel in das Quecksilber des Gefässes Gf 1) V^l. EsOHRNTHAGEN, Einfluss von Lösungen auf da« Wachsthum von Schimmelpilzen, Stolp 1888. 2) Vgl. Detmek, Landwirthechaftl. Jahrbücher, Bd. 11, B. 225. 330 Vierter Abschnitt. Tl I eingetaucht werden kann. Nun leitet man, um die Luft völlig aus dem Appai-at zu verdrängen, 1 — 2 Stunden Wasserstoff durch den Apparat und schmilzt das Rohr g bei s ab. Den Wasserstoff entwickelt man z. B. im Kipp'schen Apparat (vergl. unter 102) aus arsenfreiem Zink und verdünnter Salzsäure. Zur Reinigung durchstreicht das Gas Gefässe, welche Lösungen von Kali und übermangan- saurem Kali enthalten. Das Wasser, welches zur Her- stellung der verdünnten Salz- säure, sowie dieser Lösungen dient, wird zweckmässig vor dem Gebrauch ausgekocht und in verschlossenen Fla- schen abgekühlt. Dass un- sere Untersuchungsobjecte in der Atmosphäre des reinen Wasserstoffs nicht wachsen, lässt sich leicht constatiren, indem man die Entfernung der aufgetragenen Marken mit Hülfe des horizontalen Mikroskops (vergl. unter 153) in Intervallen von einigen Stunden misst. Oeffnet man den Apparat, so beginnt das Wachstlium der Pflanzen so- gleich wieder. Dem reinen Sauerstoff gegenüber scheinen sich die Samen verschiedener Pflan- zenspecies bei der Keimung nicht gleichartig zu ver- halten 1). Ich fand, dass Weizenkörner im reinen Sauerstoff ebenso schnell wie in atmo- sphärischer Luft keimen. Den erforderliclien Sauerstoff entwickelt man in einer Retorte aus einem Gemisch von chlorsaurem Kali und Braunstein, leitet ihn zur Reinigung durch Kalilauge und fängt ihn in den Gefässen. welclie in der angegebenen Weise mit luftfreiem Wasser und den Samen beschickt worden sind, auf 2). Figr. 131. Appnrat zur Constatirung der Thatsacihe, dass Wurzohi bei Ausschhiss des freien Sauerstoffs nicht zu wachsen vermögen. 161. Die ßeeinflnssun^ des Wachsthiims durch Druck und Dehnung. Aus der Theorie des Wachsthumsprocesses ergiebt sich ohne Weiteres, dass Druckkräfte, deren Wirkung auf die turgescirenden Zellen in einer Compression der gespannten Zellentheile (Hyaloplasma 1) Die ältere Literatur ist in meiner vergleichenden Physiologie d. Keimimgs- processes der Samen, 1889, S. 272, zusammengestellt. 2) Specielleres vgl. bei Wieler und Jentyp in Untersuchungen aus dem botan» Institut zu Tübmgen, Bd. 1, S. 216 und Bd. 2. Die Znwachsbewegungen der Pflanzen. 331 und Zellmembran) besteht, eine Verlangsamung des Wachsthums herbei- führen müssen. Umgekehrt wird eine Dehnung der nämlichen Zellen- theile Wachsthumsbeschleunigung zur Folge haben. Ebenso sind Druckkräfte und dehnende Kräfte nicht ohne Einfiuss auf die Richtung des ausgiebigsten Wachsthums. Nach den Untersuchungen von Scholtz^) und Hegler O, auf die wir hier aber nicht näher eingehen, wirkt übrigens Dehnung keineswegs stets entsprechend ihrem mechanischen Aequivalent fördernd auf das Wachsthum ein, denn wenn z. B. Stengel durch eine Zugkraft beeinflusst werden, so verlangsamt sich ihr Wachsthum zunächst, um erst späterhin eine dem mechanischen Aequivalent des Zuges ent- sprechende Beschleunigung zu erfahren. Der Zug wirkt bei Beginn als Reizursache auf das Protoplasma ein. Man kann sich denken, dass die Zellhäute durch das gereizte Plasma Qualitätsänderungen erfahren, die ihr verlangsamtes Wachsthum zur Folge haben. Wenn man die Gestalt der Epidermiszellen der langen Blätter vieler monocotyler Pflanzen ins Auge fasst, so findet man, dass diese Zellen sehr langgestreckt sind. Diese Erscheinung hat ihren Grund wohl wesentlich darin, dass die Epidermiszellen der erwähnten Organe durch die Gewebespannung hauptsächlich in longitudinaler Richtung gezerrt werden. Wenn wir ein kleines Epidermisstückchen des Blattes von Syringa oder anderer Dicotyledonen untersuchen, so ergiebt sich, dass die Epidermiszellen die Gestalt polygonaler Tafeln besitzen, eine Er- scheinung, die sicher mit der nach zwei Richtungen hin in nahezu der- selben Weise erfolgenden Flächenentwickelung der Blätter im Zusam- menhang steht. Wir stellen Querschnitte durch einen etwa 5 mm dicken Zweig von Tilia parvifolia her. Das Bild, welches sich uns bei mikroskopischer Untersuchung darstellt, ist schon unter 42 beschrieben worden. An dieser Stelle hat wesentlich nur der Holzköqier der Gefässbündel für uns Interesse. Wir sehen , dass mehrere Jahresringe vorhanden sind. Das Frühlingsholz geht ganz allmählich in das Herbstholz des nämlichen Jahresringes über, während das Frühlingsholz des nächsten Jahresringes ganz scharf gegen das Herbstholz de.s vorjährigen abgesetzt ist. Für das Frühlingsholz ist namentlich das Vorhandensein weiter Gefässe charak- teristisch. Weiterhin verschwinden diese mehr und mehr. Das Herbst- holz besteht nur aus englumigen Elementen. Sachs hat schon vor längerer Zeit auf einen Zusammenhang zwischen dem verschiedenartigen Bau des Frühlings- sowie Herbstholzes einerseits und den im Laufe einer Vegetationsperiode zur Geltung kommenden Schwankungen der Intensität der Querspannung andererseits hingewiesen. Im Frühling wird die Rinde offenbar weniger gespannt als später, wenn die Holzentwickelung weitere Fortschritte gemacht hat. Im Frühling ist daher der Druck, welchen das Holz erleidet, geringer als später, und in diesen Umständen ist vor allem die Ursache der Erscheinung zu suchen, dass die aus den Cambiumzellen bei Beginn der Vegetationsperiode ent- stehenden Holzelemente weitlumig sind, während ferner, zumal gegen den Herbst hin, nur englumige Elemente entstehen. Wir wollen sehen , in welcher Weise Drucksteigerung und Druck- vermindemng, denen wir in die Dicke wachsende Pflanzentheile künstlich 1) Vgl. Schultz, Cohn's Beiträge zur Biologie der Pflanzen, Bd. 4. 2) VgL Hegleb, ebendaselbst. Bd. 6. 332 Vierter Abschnitt. aussetzen, auf dieselben einwirken. Als Untersuchungsobjecte dienen 2 — 3-jährige Aeste verschiedener Sträucher oder Bäume. Druckerhöhung erzielt man , indem man Anfang April um eine einige cm lange Strecke der Aeste einen nicht zu dicken Bindfaden in einer Schraubenlinie windet. Die einzelnen Umgänge der Schraube müssen einander möglichst eng berühren, und die Ligatur wird fest angezogen. Druckverminderung bewirkt man, indem man auf einer etwa 3 cm langen Strecke das Rinden- und Bastgewebe 3-jähriger Aeste durch 6 radiale Einschnitte, die in gleichen Entfernungen von einander angebracht werden, spaltet. Prüft man die Untersuchungsobjecte im August, so ergiebt sich, dass der Durchmesser der Aeste unter den Ligaturen von Bindfaden ein erheblich geringerer ist, als oberhalb und unterhalb der Ligaturen, während die Druckverminderung andererseits eine nicht unwesentliche Steigerung des Dickenwachsthums an den betreifenden Versuchsstellen der Aeste hervor- gerufen hat. Zu Experimenten über den Einfluss gesteigerten Druckes auf das Dickenwachsthxim von Zweigen verwandte ich mit sehr gutem Erfolg Salix cinerea als Versuchspflanze. Die Ligatur wurde Anfang April angelegt und Anfang August entfernt. Die Versuchsstelle unter der Ligatur war bei Abschluss des Versuches viel dünner als die Asttheile ober- und unterhalb derselben i). 162. Die Beeinflussung: des Waclisthuins durch die Temperaturverliältiiisse. Es ist eine bekannte Thatsache, dass das Waclisthum aller Pflanzen- theile bei verschiedenen Temperaturen durchaus nicht mit der näm- lichen Geschwindigkeit verläuft. Wachsthumsvorgänge machen sich nur innerhalb bestimmter Temperaturgrenzen geltend ; bei gewissen niederen und höheren Temperaturen erlischt das Wachsthum aber voll- kommen, und um diese Thatsache zunächst wenigstens für niedere Wärmegrade festzustellen , führen wir das folgende Experiment aus. Ein wohl entwickelter Erbsenkeimling, den wir so lange in lockeren, feuchten Sägespänen cultivirt haben, bis seine Hauptwurzel eine Länge von 3—4 cm erreicht hat, wird mit etwas feuchter Watte in den in Fig. 126 abgebildeten Apparat gebracht. Ich fand z. B., dass die Wurzel in 8 Stunden bei 20'' C. einen Zuwachs von 5 mm erfuhr. Als ich die Vorrichtung nun 22 Stunden lang in einem ungeheizten Zimmer bei 1—2" C. stehen Hess, konnte nach Verlauf dieser Zeit kein merklicher Zuwachs festgestellt werden. Ein solcher (10 mm) war aber zu constatiren, nachdem der Apparat fernere 18 Stunden lang in einem Räume, in welchem eine Temperatur von 15" C. herrschte, verweilt hatte. Genaue Untersuchungen über den Einfluss verschiedener Wärme- grade auf die Wachsthumsgeschwindigkeit der Pflanzen sind mit vieler Mühe verbunden, aber trotzdem müssen wir versuchen, uns mit den wichtigen bezüglichen Verhältnissen bekannt zu machen. Als Unter- suchungsmaterial benutzen wir Keimpflanzen. Die Samen, aus denen dieselben erzogen werden sollen, müssen sorgfaltig ausgewählt werden. 1^ Eingehende Untersuchungen' Ober 'Jden anatomischen Bau des Holzes das bei künstlicher Erhöhung oder Verminderung des Druckes entsteht, sind von H. DE Vries ausgeführt worden. Vgl. Flora, 1872, No. 10, und 1875, No. 7. Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. 333 Wir verwenden nur gleichförmig und wohl entwickelte, völlig ausge- reifte Individuen. Man wird finden, dass dieselben bei günstigen Temperaturverhältnissen (etwa 20 — 25"C.) gut keimen; dagegen be- merkt man auch bald, dass die Keimfähigkeit derselben Samen bei relativ hohen oder relativ niedrigen Wärmegraden keine so voll- kommene mehr ist Die Samen (wir experiraentiren mit Pisum, Pha- seolus, Zea, Cucurbita etc.) werden zunächst 24 Stunden lang in Wasser gelegt, um sie in einen völlig gequollenen Zustand zu versetzen. Dann bringen wir sie in einer derartigen Lage in feuchte Sägespäne oder Gartenerde, dass die hervorbrechenden Hauptwurzeln, ohne erhebliche Krümmungen ausführen zu müssen, gerade nach abwärts wachsen können. Die Erde ist die humusreiche Gartenerde, wie sie bei der Cul- tur von Gewächshausptianzen Verwendung findet. Sie wird vor dem Gebrauch so weit angefeuchtet, dass sie sich eben noch zwischen den Händen zu einer feinkrümeligen Masse zerreiben lässt, dann durch ein Sieb mit OefFnungen von 1,5 mm geworfen und in Blumentöpfe locker eingefüllt. Die in angemessener Entfernung von einander in das Keimbett eingelegten gequollenen Samen bedeckt man schliess- lich mit Erde und sorgt besonders dafür, dass sämmtliche Unter- suchungsobjecte möglichst genau die nämliche Tieflage erhalten. Jeder Blumentopf wird mit einem Thermometer versehen, welches die Tem- peratur derjenigen Bodenschicht anzeigt, in der die keimenden Samen ruhen. Auch auf Ersatz des verdunsteten Wassers ist zu achten. Die Gefässe, in denen die Samen zum Quellen gebracht werden, müssen von Anfang an ebenso wie auch die mit den gequollenen Samen be- schickten Blumentöpfe denjenigen Temperaturverhältnissen exponirt werden, deren Einwirkung auf das Wachsthum wir zu constatiren wünschen. Wollen wir bei Temperaturen von 25, 30, 35, 40 oder 45" C. experimentiren, so sind wir gezwungen, die Culturgefässe in Thermostaten zu stellen, in denen die gewünschte Temperatur constant erhalten werden kann. Wir benutzen z. B. den in Fig. 70 abgebildeten Apparat. Beobachtungen bei 5, 10, 15, 20" C. wird man oft am zweckmässigsten ohne Thermostaten in geeigneten, ungeheizten oder durch gute Reguliröfen erwärmten Localitäten (im Sommer z. B. in nach Norden gelegenen Zimmern oder in Kellern) ausführen. P^s dürfen aber im Laufe von 24 Stunden keine irgendwie erheblichen Temperaturschwankungen vorkommen ; darauf ist besonders zu achten, und es muss der Temperaturzustand des Mediums, in welchem die keimenden Samen- liegen, daher täglich mehrfach controlirt werden. Dasselbe muss natürlich auch bei Benutzung von Thermostaten geschehen. Die Resultate aller Temperaturablesungen sind zu notiren, um das Temperaturmittel berechnen zu können. — Jeder Versuch wird über 4H — 72 Stunden oder über eine noch längere Zeit ausgedehnt. Er beginnt mit dem Momente des Ein- quellens der Samen. Nach V^ erlauf der angegebenen Zeit nimmt man die Keimpflanzen aus dem Boden heraus, l)estimnjt durch Messung die Länge ihrer Wurzeln und gewinnt auf diesem Wege Zahlen, aus denen sich leicht ein Mittelwerth für die Länge, welche eine Wurzel im Laufe bestimmter Zeit bei bestimmter Temperatur erreicht hat, ableiten lässt. Bei 25" C. kann z. B. die Hauptwurzel von Zea Mays in 48 Stunden eine Länge von 31) mm erreichen. Bei 34" C. kann in 48 Stunden eine Wurzellänge von über 50 mm erzielt werden, während eine Temperatur von 42" C. das Wachsthum der Wurzel von Zea be- 334 Vierter Abschnitt. deutend beeinträchtigt. Auch bei einer Temperatur von 15" C. wächst die Wurzel nur langsam und erreicht daher selbst in 96 Stunden noch keine erhebliche Länge. Das Wachsthum der Pflanzenzellen beginnt bei einer gewissen nied- rigen Temperatur (dem Temperaturminimum), es nimmt bis zu einem be- stimmten Temperaturgrade (dem Temperaturoptimum) an Geschwindigkeit zu, um mit noch mehr steigender Temperatur wieder langsamer zu werden. Den höchsten Temperaturgrad, bei dem überhaupt noch Wachsthum statt- findet, bezeichnet man als Temperaturmaximum. Die Lage der Tempera- turminima, -Optima und -Maxima ist für das Wachsthum verschiedener Pflanzentheile übrigens nicht die gleiche, eine Thatsache, die sich z. B. mit Bezug auf das Temperaturminimum auch darin ausprägt, wie unschwer festzustellen ist, dass manche Samen bei Temperaturen noch gar nicht keimen, durch welche die Evolution der Keimtheile anderer Samen bereits ermöglicht wird. Die Samen von Cucurbita keimen selbst im Verlauf langer Zeit bei 10 "^ C. nicht, während die Weizenkörner sowie die Samen von Phaseolus multiflorus bei dieser Temperatur keimen können ^). In der folgenden Tabelle ist die Lage der Cardinalpunkte für die Keimungstemperatur einiger Samen angegeben: Temperatur- minimum in ** C. Optimum in " C. maximum in •* C Triticum vulgare 5,0 2) 28,7 42,5 Phaseolus multiflorus 9,5 33,7 46,2 Pisum sativum 6,7 26,6 — Zea Mays 9,5 33,7 46,2 Cucurbita Pepo 13,7 33,7 46,2. 163. Die Jahresperiode der Pflanzen. Bei zahlreichen Gewächsen wird der allgemeine Gang ihrer Ent- wickelung durch Ruheperioden unterbrochen, denen ihre Organe zu bestimmten Zeiten unterliegen. Die meisten bei uns einheimischen Bäume und Sträucher werfen ja im Herbst ihre Blätter ab, und die vorgebildeten Knospen überdauern den Winter in einem Ruhezustande, um sich erst im nächsten Frühjahre zu entfalten. Ohne Zweifel haben wir es hier mit einem ursprünglich durch den Wechsel der Jahres- zeiten inducirten Phänomen zu thun, das aber in derjenigen Form, in welcher es uns heute entgegentritt, keineswegs mehr eine unmittel- bare Abhängigkeit von äusseren Factoren erkennen lässt. Wenn näm- lich auf ein Pflanzenindividuum oder auf Generationen von Individuen stets dieselben äusseren Umstände in einem bestimmten Wechsel ein- wirken, so erlangen die Pflanzen dadurch in Folge von Nachwirkungen specifische Eigenschaften, die sogar erblich werden können, und diese Eigenschaften erscheinen dann oft in einem so hohen Grade tixirt, 1) Literatur: Sachs, in Prinosheim's Jahrbüchern f. Wissenschaft!. Botanik, Bd. 2; Fr. Haberi.andt in wis-senschaftL-pruk tischen Untersuchungen auf dem Gebiete des Pflanzenbaues, und Detmer, Vergleichende Physiologie des Keimungs- processes der Samen, 1880. 2) Die Temperaturminima liegen im Allgemeinen nach neueren Untersuchungen tiefer. Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. 335 dass sie es in erster Linie sind, welche das gesammte Verhalten der Gewächse bestimmen. Dieser Umstand muss namentlich Berück- sichtigung linden, wenn es sich um Beantwortung dergFrage handelt, weshalb die Winterknospen unserer Bäume und Sträucher nicht stets alsbald austreiben, wenn man sie unter geeigneten Umständen im Winter höherer Temperatur aussetzt. Die Ruheperiode der Knospen ist freilich anfänglich durch den Wechsel der Jahreszeiten inducirt, aber sie ist schliesslich in angegebener W^eise zu einer specifischen Eigenthümlichkeit der Pflanzen geworden, die sich erst im Laufe langer Zeit wieder beseitigen lässt. Werden nicht zu kleine Zweige von Prunus avium Ende October mit der Basis in Wasser gestellt und ins Warmhaus gebracht, so treiben ihre Knospen trotz der dargebotenen günstigen Vegetations- bedingungen nicht aus, sie gehen vielmehr allmählich zu Grunde. Prunuszweige, die man Mitte December ins W^armhaus bringt, blühen dagegen nach etwa 4 Wochen. Wenn man die Zweige erst Mitte Januar zum Versuch abschneidet, so entfalten sich die Blüthen noch schneller. Aehnliche Resultate erhält man bei Versuchen mit den Zweigen anderer Bäume, z. B. Tilia. Sehr schnell treiben auch Forsythiazweige. Als ich solche Anfang December in Wasser stellte, entfalteten sich ihre Blätter und Blüthen in drei Wochen. Uebrigens ist die Energie, mit der die Winterknospen verschie- dener Pflanzenarten austreiben, wenn man abgeschnittene Zweige der- selben in Wasser stellt und in einen warmen Raum bringt, graduell sehr verschieden. Die Knospen von Weidenzweigen entwickeln sich z. B. recht schnell, ebenso diejenigen von Syringa (ich fand, dass gegen Ende Februar abgeschnittene Zweige im Warmhaus nach kaum 14 Tagen ihre Blätter völlig entfaltet hatten), während die Knospen des Goldregens schon nicht ganz so leicht zur Entfaltung gelangen. Experimente, die man mit verschiedenen Pflanzen zu verschiedenen Zeiten des Winters anstellt, liefern hier in mancher Hinsicht inter- essante Resultate. Man braucht die möglichst gross gewählten Aeste oder Zweige dabei nur mit ihrem unteren Ende in Wasser zu stellen und hat ferner darauf zu achten, dass die Luft, welche die Pflanzen umgiebt, nicht zu trocken ist, weshalb die Versuche im Warmhause gewöhnlich besser als im Zimmer gelingen. Wenn man im Herbst Kartoftelknollen ins warme Zimmer bringt uiid dieselben in einem Kasten ruhig liegen lässt, so findet man, dass sie erst um Neujahr zu keimen beginnen. Den Knollen ist also ebenso wie den Knospen eine Ruheperiode eigenthümlich. Müller- Thurgau *) hat sich bemüht, die Ursachen dieser Ruheperiode festzu- stellen, und ich habe mich nach ihm mit derselben Frage beschäftigt ^). Untersucht man die schon einige Zeit im Zimmer liegenden Kartotfel- knollen auf Zucker, indem man einige Knollen auf einem Reibeisen zerreibt, dem Brei etwas Wasser hinzufügt, um die vorhandene P'lüssigkeit nach Verlauf einiger Zeit abzufiltriren und mittelst P'eh- LiNG'scher Lösung zu prüfen, so findet man keine Glycose oder nur 1) Vgl. MÜLLER-Thurgau, Laiidwirthschaftl. Jahrbücher, Bd. 11, S. 813. 2) Vgl. DüTMER, Pflanzenphysiologische Untersuchungen über Fermentbildung etc., Jena 1«84, S. 41. 336 Vierter Abschnitt. Spuren dcrsülbeu. Bei Beginn der Keimung der Knollen im Januar ist ihr Zuckergehalt ebenfalls noch sehr gering; er wächst aber all- mählich beträchtlich. Wenn man im December eine kleine Menge (20 ccm) der in angegebener Weise aus Kartoffelknollen gewonnenen Flüssigkeit mit wenig verdünntem Stärkekleister versetzt, so ist das Vorhandensein von Diastase nicht sicher zu constatiren (vgl. Methode unter 112). Im Keimen erheblich fortgeschrittene Kartoffelknollen enthalten aber, wovon ich mich überzeugte, sicher Diastase. Danach darf man annehmen, dass die Kartoffelknollen im Herbst deshalb nicht sofort keimen, weil sie nicht im Stande sind, Diastase- niengen zu bilden, die für eine ergiebige Zuckerproduction hinreichen. Die Zuckermengen, die im Herbst in den Knollen entstehen, reichen freilich hin, die Athmung der Knollen zu unterhalten, aber sie häufen sich nicht merklich im Gewebe an und genügen nicht für das Zu- standekommen eines energischen Wachsthums der Knospentheile. All- mählich bildet sich mehr und mehr Diastase in den Knollen ; es ent- stehen grössere Zuckerquantitäten, und die Keimung kann beginnen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Resultate, zu denen man bei dem Studium der Ruheperiode der Kartoffelknollen gelangt ist, von Be- deutung für die Beurtheilung der Frage nach der Ruheperiode der Winterknospen unserer Bäume und Sträucher sind, und es dürfte daher von um so grösserem Interesse sein, noch das folgende von MÜLLER-Thurgau ausgeführte Experiment zu erwähnen. Wir bringen einige Kartoffelknollen im August unmittelbar nach dem Ausgraben in einen Thermostaten, in welchem eine Temperatur von 0 " C. herrscht (vgl. unter 49). Nach etwa 4 Wochen werden die Knollen in lockerer, feucht gehaltener Gartenerde, die sich in Blumentöpfen befindet, bei Lichtabschluss günstigen Keimungs- bedingungen ausgesetzt. Die Entwickelung der Knospen beginnt als- bald, während Parallelversuche lehren, dass nicht vorher abgekühlte Knollen keineswegs im Herbst, sondern erst viel später keimen. Man hat die Ruheperiode der Knollen also durch die Abkühlung beseitigt. Unter 126 ist gezeigt worden, dass die Knollen in ihren Geweben bei niederer Temperatur erhebliche Zuckermengen anhäufen, weil bei diesen geringen Wärmegraden die Athmung der Zellen sehr schwach ist. Nach der Abkühlung steht den Knospen also eine ziemlich reich- liche Menge plastischen Materials zur Verfügung, und sie können sich daher schnell entwickeln. Im Zusammenhang mit dem Ange- führten besitzen nun auch die Resultate einiger Beobachtungen, die ich an Paviazweigen machte, Interesse. Paviazweige, die Mitte Januar abgeschnitten, mit ihrer Basis in Wasser gestellt und ins Warmhaus gebracht worden waren, entfalteten ihre Knospen Mitte März. Als ich Paviazweige Ende October abschnitt und ins Warmhaus brachte, trat die Evolution der Knospen erst nach Mitte März ein. Die relativ schnelle Entfaltung der Knospen solcher Zweige, die erst im Januar ins Warmhaus gelangten, hat vielleicht darin ihren Grund, dass sich in ihren Geweben während ihres Verweilens im Freien in Folge der herrschenden niederen Temperatur Zucker anhäufen konnte. Die schon im October ins Warmhaus gestellten Zweige haben hier auch wohl Zucker gebildet, derselbe wurde aber, solange die Glycose- erzeugung nicht sehr ausgiebig war, für die Zwecke der Athmung verbraucht, so dass sich die Knospen erst im März entfalten konnten. Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. 337 Zu dieser Zeit tritt gewiss eine besonders energische Production diastatischer Fermente in den Zweigen ein; es wird eine Zucker- menge gebildet, die sowohl für die Unterhaltung der Athmung als auch für den Beginn des Wachsthums der Knospentheile genügt^). Interesse beansprucht noch folgende Beobachtung. Die auf S. 7 erwähnte Weide (Salix fragilis), welche in Wassercultur gezogen wurde und den ganzen Winter über im warmen Zimmer stand, ist völlig gesund, hat aber erst heute, am 26. März 1895, Triebe zur Entfaltung gebracht. Auch von dieser Weide abgeschnittene und in Wasser gestellte Zweige bildeten erst in den letzten Tagen neue Triebe. Als ich dagegen Mitte December im Freien stehenden Exemplaren von Salix fragilis Zweige entnahm und dieselben im warmen Zimmer in Wasser stellte, bildeten die Untersuchungsobjecte im Laufe von 4 Wochen Wurzeln und neue Triebe. 164. Bas Wachsthum der Pflanzen theile in constanter Finsterniss. Ein ausgiebiges Wachsthum in constanter Finsterniss können natürlich nur Pflanzentheile erfahren, denen unter diesen Umständen hinreichende Mengen plastischer Stoffe zur Verfügung stehen. Aus diesem Grunde eignen sich zu den nachfolgenden Experimenten vor allem Keimpflanzen, denn in den Reservestoffbehältern der Samen sind ja mehr oder minder grosse Mengen plastischer Stoffe vorhanden. Handelt es sich zunächst ganz im Allgemeinen darum, die Erschei- nungen zu constatiren, welche Pflanzen bei ihrem Wachsthum in con- stanter Finsterniss im Vergleich zu ihrem Wachsthum unter normalen Beleuchtungsverhältnissen erkennen lassen, so legen wir einige an- gequollene Samen von Pisum, Phaseolus und Cucurbita in mit durch- feuchteter Gartenerde angefüllten grossen Blumentöpfen aus. Einige Töpfe werden am Fenster dem Wechsel von Tag und Nacht ausgesetzt, andere stehen unmittelbar daneben unter einem grossen, mit schwarzem Papier überzogenen Pappkasten. Man stellt die Experimente zweck- mäsig in einem Räume an, in welchem die Pflanzen nur von diffusem Licht getroffen werden, denn unter dem Einfluss des directen Sonnen- lichtes würde die Luft unter dem Pappkasten leicht eine sehr hohe Temperatur annehmen. Es ergiebt sich bald, dass die Unter- suchungsobjecte, die sich im Finstern einer- und unter normalen Beleuchtungsverhältnissen andererseits entwickeln, ein sehr verschieden- artiges Aussehen besitzen. Sehen wir hier von der nicht grünen Farbe der im Dunkeln cultivirten etiolirten Pflanzen völlig ab, so finden wir z. B. bei Cucurbita, dass das hypocotyle Glied im Dunkeln eine sehr bedeutende Länge erreicht, während es bei den Lichtpflanzen relativ kurz bleibt. Die Cotyledonen der Dunkelpflanzen sind hingegen weder so breit noch so lang wie diejenigen der bei Lichtzutritt cultivirten Untersuchungsobjecte. Durch genauere Messungen (es sind dabei stets mehrere Pflanzen zu berücksichtigen, um brauchbare Mittel- werthe zu erhalten) kann man sich von dieser Thatsache noch 1) Für die geltend gemachten Anschauungen sprechen auch die Resultate der Untersuchungen A. Fischee's, vgl. Jahrb. f. wissenschl. Botanik, Bd. 22, S. 127 und 154. Etwas anders fasst MÜLLER-Thurgau neuerdings das Zustandekommen der Ruheperiode bei den Pflanzen auf, vgl. Landwirthschaftl. Jahrbücher, Bd. 14, S. 878. Man vgl. auch noch Askenasy, Botan. Zeitung, 1877. Detmer, FSanzenphystolosisches Praktikam. S. Aufl. 22 338 Vierter Abschnitt. Fig. 133. specieller überzeugen. In Fig. 132 ist der oberirdische Theil einer etiolirten, in Fig. 133 derjenige einer normalen Cucurbitakeimpflanze dargestellt. Bei der Cultur von Phaseoluskeimlingen im Licht und im Dunkeln (vergl. Fig. 134 und Fig. 135) überzeugt man sich leicht davon, dass das hypo- Fig. 132. cotyle Glied der Unter- suchungsobjecte auch im Finstern sehr kurz bleibt, während na- mentlich das Epicotyl zu viel bedeutenderer Länge als bei Licht- zutritt heranwächst. Die Blattstiele der Primordialblätter wer- den im Finstern länger als unter normalen Verhältnissen ; die Spreiten der Blätter erreichen dagegen nur bei Lichtzutritt ihre normale Form und Grösse. Aehnlich wie die Phaseoluskeim- linge verhalten sich auch Pisum- und Vicia- keimpflanzen. Aus- gezeichnete Unter- suchungsobjecte sind ferner Keimpflanzen von Tropaeolum majus. Bei Versuchen mit manchen monocotylen Gewächsen (Zea, Tri- ticum) stellt man fest, dass die in constanter Finsterniss erwach- senen Blätter der Keimpflanzen im Ver- gleich zu gleichalteri- gen Blättern, die bei Lichtzutritt zur Entwickelung gelangt sind, eine bedeutende Länge, aber geringe Breite erreichen M. Es ist von Interesse, dass nicht allein Pflanzen, welche einerseits bei gewöhnlicher Beleuchtung, andererseits in tiefer Finsterniss cultivirt werden, bedeutende Unterschiede mit Bezug auf ihre gesammte Ent- wickelung erkennen lassen, sondern dass derartige Differenzen auch schon bei der Cultur von Pflanzen in einem mehr oder weniger intensiven Licht klar hervortreten 2). Ich habe zur Feststellung der bezüglichen That- sache Holzkästen von 55 cm Höhe und etwa 680 qcm Grundfläche be- nutzt, in welchen die Culturgefässe mit den Pflanzen standen. Die Kästen waren im Innern geschwärzt. An Stelle ihrer vorderen Wand konnten y Fig. 132. Oberirdischer Tliell einer im Dunkeln erwachsenen Keimpflanze von Cucurbita. Fig. 133. Oberirdisclier Theil einer unter normalen Verhältnissen erwachsenen Keimpflanze von Cucurbita. 1) Vgl. Sachs, Botan. Zeitung, 1863, Beilage. 2) Vgl. Detäeer, Versuchsstationen, Bd. 16. Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. 339 Glasplatten eingeschoben werden. Den einen Kasten kann man mit einer gewöhnlichen Glasplatte versehen, einen anderen mit einer Milchglasplatte, einen dritten mit zwei, einen vierten mit drei Milchglasplatten. Zum Vergleich werden auch Pflanzen bei völligem Lichtabschluss gezogen. Die Kästen stellt man vor die Fenster eines nach Norden, gelegenen Raumes. Bei Culturen mit Bohnen wird man alsbald bemerken, dass die Pflanzen, welche am meisten Licht empfangen, die kürzesten Stengeltheile und grössten Blätter produciren. Mit sinkender Lichtintensität hinter den Milchglasplatten steigt die Länge der Stengeltheile, wäh- rend die Grösse der Blätter ab- nimmt. Es giebt ver- schiedene Pflanzen, die im Stande sind, nicht allein zahlreiche Blätter und lange Stengel, sondern auch. Blüthen in constanterFin- sterniss zur Ausbildung zu bringen. Wer- den Hyacin- thenzwiebeln in sogen. Hya- cinthengläsem bei dauerndem und völligem Lichtausschluss zum Austreiben gebracht, so kommen die Untersuchungsobjecte in der That zur Blüthe. Ich überzeugte mich davon, dass die Blüthen, was die Form und Farbe derselben anbelangt, in völliger Dunkelheit eine durchaus normale Ent- wickelung erfahren, sich also abweichend von den meisten Stengeln Laubblättem verhalten •). Von Interesse ist es weiter, das folgende Experiment anzustellen, cultivirt Pflanzen von Phaseolus multiflorus in Blumentöpfen. Wenn die Primordialblätter unter gewöhnlichen Verhältnissen normal entwickelt haben und die auf das Epicotyl folgenden Internodien in lebhafter Streckung begriffen sind, so führt man den Gipfel einer Pflanze in einen dunkeln Raum ein, während der übrige Theil des Untersuchungsobjectes dem hellen Tageslicht ausgesetzt bleibt. Ein Stativ trägt einen grossen Metallring, auf dem in horizontaler Lage eine in der Mitte mit einem Loch ver- sehene dicke Pappscheibe ruht. Der Gipfel der Bohnenpflanze wird durch dies Loch geführt und in demselben mit Watte wohl befestigt. Man 134. Fig. 135. Piar. 134. Oberirdischer Theil einer im Dimkebi erwach- senen Keimpflanze von Phaseohi.s. Figr. 135. Oberirdischer Tlieil einer imter normalen Ver- hältnissen erwachsenen Keimpflanze von Phaseolus. und Man sich 1) Vgl. auch Sachs, Arbeiten d. botan. Instituts in Würzburg, Bd. 3, S. 372. 22* 340 Vierter Abschnitt. deckt endlich einen möglichst hohen, mit schwarzem Papier überklebten Pappcylinder, dessen Ränder auf der Pappscheibe ruhen, über den Gipfel der Pflanze und wird im Laufe von 2 — 3 Tagen wahrnehmen, dass die im Finstem neu entstehenden Internodien abnorm lang werden, während die Blätter klein bleiben ^ ). Soll das Experiment schön gelingen, so müssen die Pflanzen z. B. an einem Fenster 'stehen, wo sie wenigstens längere Zeit am Tage directes Sonnenlicht empfangen. Einer zu starken Erwärmung des Pflanzentheiles unter der Papphülle ist durch Verwendung ge- eignet aufgestellter Schirme vorzubeugen. Bei meinen Versuchen fand ich auch, dass die im Dunkeln wachsenden Theile der Bohnen- stengel sich um eine Stütze zu schlingen vermochten. 165. Die Ursachen der Etiolirungserscbeinungen. Es ist Thatsache, dass zahlreiche Pflanzenarten, wenn sie in völ- liger Finsterniss zur Entwickelung gelangen, überverlängerte Stengel- theile und kleine Blätter erzeugen. Es fragt sich zunächst, ob die eigenthümliche Formbildung etiolirter Gewächse nicht vielleicht Folge der im Dunkeln ausgeschlossenen assimilatorischen Thätigkeit ihrer Blätter ist Zur Beantwortung dieser Frage führen wir die folgenden Versuche mit Keimpflanzen von Kaphanus sativus aus ^). Wir quellen Raphanussamen in Wasser an, legen dieselben dann auf mit verdünnter Nährstoff'lösung begossenen grobkörnigen Sand, mit welchem zwei kleine Blumentöpfe angefüllt sind, und bringen diese letzteren in Apparate, wie sie unter 16 beschrieben und in Fig. 18 abgebildet wurden. Der eine Apparat wird hellem, diff'usem Tageslicht ausgesetzt, der andere wird in unmittelbarer Nähe des ersteren unter einen mit schwarzem Papier überzogenen Pappkasten gestellt. Die Samen keimen bald, und während die sich im Dunkeln entwickelnden Pflänzchen lange hypocotyle Glieder und Cotyledonen von geringer Breite sowie Länge besitzen, zeigen die bei Lichtzutritt erwachsenen und ergrünten Keimlinge ein ganz normales Aussehen. Diese letz- teren konnten aber trotz ihres Chlorophyllgehalts nicht assimiliren, da sie von kohlen säurefreier Luft umgeben waren, und somit muss geschlossen werden, dass das Fehlen assimilatorischer Thätigkeit nicht als Ursache der eigenthümlichen Formbildung etiolirter Pflanzen an- gesehen werden kann ''). Für denjenigen, der sich specieller mit den Ursachen der Etio- lirungserscheinungen bekannt machen will, ist es von Wichtigkeit, die folgenden Experimente anzustellen. Es werden einige Raphanussamen 1) Dies K«sultat meiner Versuche stimmt mit gewissen Angaben von Sachs, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 1887, S. 538, nicht völlig überein. Bei den Experimenten von Sachs waren aber auch die Bedingungen andere, als bei den memigen, denn seine Untersuchungsobjecte besassen zahlreicne, am Licht befindhche imd stark assimiürende Blätter. Die im Dunkeln befindlichen Blätter erreichten dabei eine bedeutende Grösse, und Aehnliches mag auch bei Phaseolus unter gleichen Umständen geschehen. Uebrigens bedarf die ganze Frage einer weiteren experi- mentellen Prüfimg. Vgl. noch Frank, Lehrbuch der Botanik, Bd. 1, und Amelung, Flora, 1894. 2) Vgl. GoDLEWSKi, Botan. Zeitung, 1879. 3) Wohl aber kann das Licht von Wichtigkeit für die Bildimg specifischer Stoffe sein, die für eine normale Ausbildung der Blätter erforderlich sind. Diese Körper können vorläufig als blattbildende Stoffe bezeichnet werden. Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. 341 von möglichst gleicher Grösse ausgewählt. Wir bestimmen das Ge- wicht jedes einzelnen Samens und benutzen nur solche Samen zum Versuch, die nahezu das nämliche Gewicht besitzen. Nach dem An- (luellen legen wir die Samen auf mit Nährstotflösung durchfeuchteten Sand, der sich in kleinen Blumentöpfen befindet. Jeder Topf wird mit 4 oder G Samen beschickt. Die eine Cultur wird in angegebener Weise in kohlensäurefreier Luft bei Lichtzutritt, die andere im Finstern vorgenommen. Wenn die Pflanzen nach Verlauf einiger Tage ziem- lich weit in der Keimung vorgeschritten sind, heben wir sie sorgfältig aus dem Sande heraus und zerlegen sie in ihre einzelnen Organe. Nicht durchaus normal entwickelte Ptiänzchen lassen wir bei Seite. Es genügt für uns, nur das hypocotyle Glied und die Cotyledonen weiter zu berücksichtigen. Wir stellen das Lebendgewicht dieser Or- gane fest, trocknen sie in kleinen Gläschen bei 100" C. und wägen wieder. Wir gelangen bei sorgfältiger Arbeit zu folgenden Resultaten. Die hypocotylen Glieder der bei Lichtzutritt erwachsenen Pflanzen sind absolut ärmer an Trockensubstanz als diejenigen der im Dunkeln zur Entwickelung gelangten Untersuchungsobjecte. Jene enthalten procentisch weniger Wasser als diese. Die im Licht erwachsenen Cotyledonen sind absolut reicher an Trockensubstanz als die im Dun- keln ausgebildeten. Diese letzteren sind procentisch wasserärmer als jene ersteren '). Es handelt sich nun um die speciellere Beantwortung der Frage, weshalb etiolirte Internodien gewöhnlich beträchtlich länger als nor- male sind, und weshalb die Blätter bei Lichtmangel meistens be- deutend im Wachsthum zurückbleiben. Mit Bezug auf die Ueber- verlängerung etiolirter Internodien ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Membranen der Elemente ihrer Gewebe (Epidermis, Collen- chym, Bast, Holz) auf einer frühen Stufe der Entwickelung ver- harren und nicht ihre normale Dicke erreichen. Diese Thatsache lässt sich z. B. constatiren, wenn man, wie ich es gethan habe, die Aus- bildung der Membranen der Holzelemente bei Lichtzutritt erwachsener und etiolirter epicotyler Glieder von Phaseolus mit einander vergleicht. Das Gewebe etiolirter Internodien muss demnach dehnbarer als das- jenige normaler sein, und jede einzelne Zelle etiolirter Stengeltheile wird auch, weil ihre Membranen der Turgorkraft einen relativ nur geringen Widerstand entgegensetzen, lebhafter wachsen können, als die entsprechenden Zellen unter dem Einfluss des Wechsels von Tag und Nacht ausgebildeter Internodien. Es sei hier auch darauf hinge- wiesen, was mit dem Gesagten in unmittelbarem Zusammenhang steht, dass, wie Kraus zuerst nachgewiesen hat, die Intensität der Gewebe- spannung (Längsspannung) in etiolirten Internodien erheblich geringer als in normalen ist. Man kann sich von dieser Thatsache überzeugen, wenn man nach der unter 149 angegebenen Methode vergleichende Untersuchungen über die Gewebespannung normal ausgebildeter und etiolirter epicotyler Glieder von Phaseolus anstellt. Man prüfe gleich- alterige, in lebhaftem Wachsthum befindliche Objecte. Ein weiterer Grund für das lebhafte Wachsthum etiolirter Inter- nodien scheint in gewissen Fällen darin zu liegen, dass in ihren Zellen eine grössere Turgorkraft entwickelt wird als in denjenigen der nor- malen Organe. Einige Beobachtungen von Wiesner und H. de Vries ^) 1) Ich habe schon früher (Versuchsstationen, Bd. 16, S. 212) gezeigt, dass etiolirte Pflanzen wasserreicher als bei Lichtzutritt erwachsene sind. 2) Vgl. H. DE Vries, Botan. Zeitung, 1879, S. 852. 342 Vierter Abschnitt. deuten auf einen relativ hohen Gehalt etiolirter Pflanzentheile an or- ganischen Säuren hin, und da diese Körper eine grosse Bedeutung für das Zustandekommen des Turgors besitzen, so würde es Interesse beanspruchen, den Gegenstand näher zu verfolgen. Geeignete Unter- suchungsobjecte würden sich z. B. in den epicotylen Gliedern von Vicia sativa oder Phaseolus darbieten. Es wäre nur erforderlich, den Säuregehalt der bei Lichtabschluss , sowie der bei Lichtzutritt erwachsenen Organe mit einander zu vergleichen (Methode siehe S. 273). Freilich sprechen andere Beobachtungen (vgl. Pfeffer, Handbuch, Bd. 2, S. 145, DE Vries, Jahrb. f. wissensch. Botanik, Bd. 14, S. 561, und Wortmann, Botan. Zeitung, 1889, S. 296) dafür, dass die Turgor- kraft der Zellen etiolirter Stengeltheile nicht grösser als diejenige nor- maler ist. Die ganze Frage bedarf einer eingehenden Untersuchung. Das lebhafte Wachsthum etiolirter Stengeltheile beruht also auf einer bedeutenden Turgorausdehnung ihrer Zellen. Diese ist ihrer- seits Folge einer gesteigerten Turgorkraft des Zellinhalts (?) und zu- gleich einer relativ geringen Widerstandsfähigkeit der Zellmembranen. Es kann nach dem Gesagten von vornherein angenommen werden, dass die Zellen etiolirter Stengel eine bedeutendere Länge besitzen, als die entsprechenden Zellen normaler Internodien. In der That ist dies der Fall. Ich habe z. B. die Länge der Markzellen aus dem mittleren Theil normaler und etiolirter epicotyler Glieder von Phase- olus mit Hülfe eines Objectivmikrometers bestimmt. Jene waren etwa 0,2 mm lang (es ist stets erforderlich, eine ganze Anzahl von Zellen zu messen, um zu brauchbaren Mittelwerthen zu gelangen), diese 2— 3mal länger ^). Bezüglich der Ursachen, welche es bedingen, dass die Blätter der meisten dicotylen Pflanzen im Dunkeln so sehr klein bleiben, sei nur das Folgende bemerkt. Im Dunkeln können in den Blattzellen die- jenigen Processe, welche ein ausgiebiges Flächenwachsthum der Zell- häute vermitteln, nicht zur Geltung kommen. Um welche Vorgänge es sich hier handelt, ist nicht genauer bekannt (vgl. übrigens An- merkung 3 auf S. 340). Sicher ist nur, dass diese Processe — und somit auch das Flächenwachsthum der Blattzellen — stattfinden können, wenn die Pflanzen von den Lichtstrahlen, sei es auch nur vorüber- gehend, getrofl^en werden. Ein Experiment Batalin's das leicht zu wiederholen ist, zeigt dies deutlich. Wir cultiviren Keimpflanzen von Phaseolus in Blumentöpfen bei Lichtausschluss. Wenn sich die Prim- ordialblätter bis zu einem gewissen Grade entwickelt haben, suchen wir zwei Pflanzen (a und h) mit Blättern von möglichst gleicher Länge aus und messen die Länge sowie Breite der Blätter, n bleibt auch ferner im Finstern. h wird im Laufe von 8 Tagen jeden Tag etwa 2 Stunden lang schwachem, diff"usem Licht ausgesetzt, verweilt sonst aber auch im Finstern. Die Blätter von b dürfen nicht ergrünen, daher beleuchten wir sie jeden Tag nur so kurze Zeit lang. Die Blätter von a bleiben klein, während hingegen diejenigen von b be- trächtlich wachsen*). 1) Vgl. G. Kraus in Pringsheim's Jahrbüchern f. wissenschl. Botanik, ßd. 8. Neben der Zellüborverlängerunp spielt auch noch die Zellübervermehrung eine Rolle bei dem Zustandekommen des Eüoienients. 2) V^. Literaturzusammenstellung über das Etiolement bei Detb4ER, Ver- gleichende Physiologie des Keimungsprocesses d. Samen, 1880. Die ZuwachsbeweguDgen der Pflanzen. 343 166. Der Eiiiflnss des Lichts auf das Wachsthnin. Es ist eine bekannte Thatsache, dass das Licht einen retardirenden Einfluss auf das Wachsthum der verschiedensten Pflanzentheile geltend macht. Zur Feststellung dieser Thatsache führen wir die folgenden Beobachtungen aus. Eine grössere Anzahl wohl ausgebildeter Erbsen- samen wird nach dem Anquellen in einem mit feuchten Sägespänen angefüllten Kasten zur Keimung gebracht. Haben die Hauptwurzeln der Keimlinge eine Länge von 2 cm erreicht, so nehmen wir die Unter- suchungsobjecte aus dem Keimbett heraus und bringen 10 mm ent- fernt von der Wurzelspitze in bekannter Weise feine Tuschestriche als Marken an. Es ist mit besonderer Sorgfalt darauf zu achten, dass nur sehr gleichartig und völlig normal entwickelte Keimlinge zur ferneren Untersuchung Verwendung finden. Die weitere Cultur der Pflanzen erfolgt unter Zuhülfenahme von etwa 25 cm hohen und 10 cm weiten Glascylindern, die mittelst eines passenden, mit einer Anzahl von Löchern versehenen Holzdeckels verschlossen werden können und mit Brunnenwasser gefüllt sind. AVir stellen zwei solche Cylinder auf. Jeder wird mit einer nicht zu kleinen Anzahl der Keimlinge (etwa 10 — 15) beschickt, die man mit Hülfe von etwas Watte in den Löchern der Holzdeckel befestigt, so dass die Wurzeln in das Wasser eintauchen. Die Wurzeln in dem einen Culturgefäss bleiben dem Licht ausgesetzt; es ist zweckmässig, dicht hinter dem Cylinder und parallel mit dem Fenster einen Spiegel aufzustellen oder den Cylinder auf einem Klinostaten langsam rotiren zu lassen, um jede heliotropische Krümmung der Wurzeln auszuschliessen. Der andere Cylinder ist mit schwarzem Papier beklebt, so dass das Licht keinen Zutritt zu den Wurzeln findet. Man stellt die Beobachtungen im Sommer in einem nach Norden gelegenen Zimmer bei möglichst hoher Temperatur an. Von Zeit zu Zeit, z. B. alle 24 Stunden, ermittelt man den Gesammtzuwachs, den sämmtliche Wurzeln in beiden Cylindern erfahren haben, und man wird zu dem Ergebniss gelangen, dass dieser Zu- wachs bei Lichtzutritt geringer als bei Lichtabschluss ausfällt. Werden Pflanzen bei möglichst constanten Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnissen dem Wechsel von Tag und Nacht ausgesetzt, so lässt sich bei Untersuchungen über die Grösse der Zuwachsbewegung ihrer Organe feststellen, dass dieselbe im Allgemeinen vom Abend bis zum Morgen eine Steigerung, vom Morgen bis zum Abend aber eine Verminderung erfährt. Diese tägliche Periode des Wachsthums ist Folge der im Laufe von 24 Stunden wechselnden Beleuchtungs- verhältnisse. Am Tage wirkt das Licht retardirend auf das Wachsthum ein ; die Dunkelheit der Nacht beschleunigt den Verlauf der Zuwachs- bewegung. Sachs *) hat die Thatsache der täglichen Periode des Wachsthums für die Internodien verschiedener Pflanzen unter Be- nutzung des Auxanometers festgestellt, und Prantl *) hat ebenfalls für Blätter das Vorhandensein einer täglichen Periode des Wachsthums constatirt. Die erforderlichen Untersuchungen sind mit sehr vieler Mühe verbunden. Am einfachsten ist es noch, die Thatsache der täg- lichen Wachsthumsperiode an Blättern zu constatiren. Man hält dabei die unter 154, Seite 322 angegebene Methode ein. Die Untersuchungs- 1) Vgl. Sachs, Arbeiten d. botan. Instituts in Würzburg, Bd. 1, S. 99. 2) Vgl. Prantl, ebendaselbst, S. 371. 344 Vierter Abschnitt. objecte (Cucurbita- oder Nicotiana-Exemplare) werden unter Glasglocken in einem nach Norden gelegenen Zimmer dem Wechsel von Tag und Nacht bei möglichst constanter, aber recht hoher Temperatur aus- gesetzt Von Zeit zu Zeit (z. B. alle 3 oder 4 Stunden) misst man die Entfernung zwischen der Marke an der Basis der Blattspreite und der Blattspitze unter Benutzung eines Millimetermaassstabes, unter sorgfaltiger Vermeidung irgendwie erheblicher Zerrungen beim Flach- legen der Blätter. Es ergiebt sich namentlich, dass die Zuwachs- bewegung in der Nacht grösser als am Tage ausfällt. Wenn am Abend die Dunkelheit eintritt, so wird das Wachsthum der Blätter nicht sofort bedeutend beschleunigt, sondern ganz allmählich, so dass das Maximum des täglichen Zuwachses auf die Morgenstunden fällt. Ebenso drückt der Zutritt des Lichts die Wachsthumsgeschwindigkeit der Blätter nicht sofort auf das Minimum herab; dieses fällt viel- mehr erst auf die Stunden des Abends. Aehnliche Resultate erhält man auch, wenn man neben dem Längenzuwachs der Blätter zugleich deren Breitenzuwachs bestimmt Die erforderlichen Marken werden an den beiden Längsrändern in der Nähe des grössten Breitendurchmessers der Blätter aufgetragen, um ihre Entfernungen in 3- oder 4-stüHdigen Zeitabschnitten festzustellen. Bei Untersuchungen über die tägliche Wachsthumsperiode von Inter- nodien verwendet man sehr zweckmässig bei Lichtzutritt zur Entwickelung gelangte Triebe von Dahlia variabilis. Die Knollen werden lange vor Beginn der Versuche in Erde, die sich in recht grossen Blumentöpfen befindet, eingesetzt, damit sich die Pflanzen schön bewurzeln. Mehrere Tage vor Beginn der Experimente wird die Erde in den Töpfen gründ- lich durchfeuchtet, und man stellt dieselben dann am besten, um ein Aus- trocknen der Erde, die sehr störend auf den Gang der Beobachtungen einwirkt, in einen Zinkblechrecipienten mit halbirtem Deckel. Die Ver- suche führt man unter Benutzung des Auxanometers (vgl. unter 153 aus). Der Faden kann z. B» unter den Blättern des 3., 4. oder 5. Intemodiums befestigt werden. Diese Blätter und auch die tiefer stehenden schneidet man alsdann zweckmässig dicht an ihrer Basis ab und bestimmt immer die Gesammtgrösse des Zuwachses der unter der Ankuppelungsstelle liegenden Stengeltheile, also z. B. des 2. und 3. oder 4. und 5. Inter- nodiums. Die Pflanzen sind vor directem Sonnenlicht zu schützen; sie müssen also z. B. in einem nach Süden gelegenen Raum in genügender Entfernung vom Fenster aufgestellt werden. Zur Verhütung des Zustande- kommens heliotropischer Krümmungen dienen Spiegel (vgl. unter 153). Die Temperatur- sowie Feuchtigkeitsverhältnisse der Luft sind durch trocken und feucht gehaltene Thermometer, welche in unmittelbarer Nähe der Beobachtungsobjecte frei aufgehängt sein müssen, zu ermitteln (vgl. unter 76). Um die Luft im Arbeitsraum annähernd gleichmässig feucht zu erhalten, sind die Dielen desselben mehrfach am Tage mit Wasser zu besprengen. Auch auf die Bewölkungsverhältnisse ist zu achten. Die Deutung des Zahlenmaterials, welches die Temperaturbestimmungen und die Ermittelungen über die stündlichen Zuwachse ergeben, ist nicht ganz leicht. Ziemlich deutlich tritt die eigenartige Abhängigkeit der Zuwachsgrösse von den Beleuchtungsverhältnissen schon hervor, wenn man aus den stündlichen Werthen die dreistündigen Zuwachse und Mittel- temperaturen berechnet. Am allerdeutlichsten tritt das Abhängigkeits- verhältniss des Wachsthums von den Beleuchtungsumständen hervor, wenn man die Resultate der Beobachtungen graphisch darstellt. Die Con- Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. 345 struction der Curven geschieht in bekannter Weise. Ueber einige be- achtenswerthe Momente, auf die hier, um Raum zu sparen, nicht näher ein- gegangen werden soll, hat Sachs (Arbeiten d. botan. Instituts in Würzburg Bd. 1, S. 12G, 185 u. 192) aufmerksam gemacht. Die Curven lehren, dass vom Morgen bis zum Abend Verminderung, vom Abend bis zum Morgen Steigerung des Wachsthums herrscht. Dies tritt selbst dann hervor, wenn die Temperatur in der Nacht etwas niedriger als am Tage ist. Sehr lehrreich ist es endlich, das Wachsthum der Sporangienträger von Mucor bei Lichtzutritt und im Dunkeln zu beobachten. Wir ver- fahren genau so, wie es unter 153 auf S. 318 angegeben worden ist. Die Glasglocke, unter der sich die Mucorpflanzen entwickeln, wird abwechselnd mit einem Papprecipienten überdeckt oder unbedeckt gelassen. Während der Dunkelperioden des Versuches ist das Wachsthum der Sporangien- träger lebhafter als bei Lichtzutritt (vgl. die folgende Tabelle und die correspondirende graphische Darstellung). Es ergiebt sich, dass Lichtzutritt das Wachsthum in dem vorliegenden Falle sofort retardirend beeinflusst, während Dunkelheit dasselbe sogleich beschleunigt i). Wachs- Tem- T agesstunde thum peratur p. Stunde in 0 C. 8—9 Vorm. 2,70 22,9 10 „ 2,70 24,3 11 „ 2,30 26,0 12 „ 2,90 25,0 1 Nachm. 2,70 25,8 •> 3,20 25,8 3 3,50 25,2 4 „ 2,90 25,0 5 „ 3,20 25,1 6 „ 2,80 253 Flg. 136. Die dicke gebrochene Linie flebt die wechselnde Wachsthumsgeschwindig- eit eines Mucorschlauches bei wechselnder Beleuchtung und Verdunkelung. an. Die dünne Linie ist die Temperaturcurve. (Nach ViNES.) 167. Der Einfluss der Beleuchtungsverhitltnisse auf die Keimung der Kartoffel liiiollen. Wir legen einige Kartoffelknollen im Herbst oder im Laufe des Winters in einen Kasten, den wir mit einer Pappscheibe zudecken, um das üntersuchungsmaterial vor dem Lichtzutritt zu schützen. Andere Knollen bringen wir in einen mit einer Glasplatte bedeckten Kasten. Die Kästen stehen vor dem Fenster eines nach Norden gelegenen geheizten Zimmers. Wasser wird den Knollen gar nicht zugeführt. Im Laufe des Winters keimen die Kartoffeln, aber während die Dunkelknollen ziemlich lange Triebe entwickeln, bleiben diejenigen der Lichtknollen kurz und von gedrungenem Aussehen. Wir können den Versuch bis in den Sommer hinein fortsetzen und constatiren stets, dass die Ausbildung der ersten 1) Vgl. ViNES, Arbeiten des botan. Instituts in Würzburg, Bd. 2, S. 133. 346 Vierter Abschnitt. Die Zuwachsbewegungen der Pflanzen. Internodien der aus den Knollen hervorgehenden Kartoffeltriebe nur im Dunkeln (unter gewöhnlichen Verhältnissen im Boden) in normaler Weise vor sich gehen kann. Zerreiben wir ab und an eine Knolle der Licht- und Dunkelreihe auf einem Reibeisen, um den erhaltenen Brei mit etwas Wasser zu behandeln, und um die abfiltrirte Lösung mit Hülfe FEHLiNo'scher Flüssigkeit auf Zucker zu prüfen, so finden wir in den Dunkelknollen viel Zuckor, in den Lichtknollen aber gar keinen oder nur Spuren. Mit diesem Mangel an geeignetem, plastischem Material in den Lichtknollen hängt offenbar das schwächliche Wachsthum ihrer Triebe zusammen. Ich habe die Thatsache, dass bei Lichtzutritt keimende KartoffölknoUen keinen Zucker enthalten, zuerst constatirt •); Ziegenbein (Pringsh. Jahrb., Bd. 25) verfolgte den Gegenstand weiter. Beachtenswerth ist noch, dass die dem Einfluss des Lichts ausge- setzten Kartoffelknollen allmählich ergrünen. Untersucht man zarte Quer- schnitte aus einer ergrünten Knolle mikroskopisch, so findet man dicht unter der Schale Zellen, die Chlorophyllkörper mit Stärkeeinschlüssen enthalten. Diese Chlorophyllkörper gehen unter dem Einfluss des Lichts aus farblosen Stärkebildnern, welche die Kartoffelknollen enthalten, hervor. Wesentlich anders gestaltet sich das Aussehen der Triebe keimender Kartoffelknollen, wenn ihr Wachsthum nicht bei Mangel von Wasserzu- fuhr erfolgt. Wir füllen einige Teller mit feuchtem Sand an und halten den Sand auch fernerhin stets feucht. Einige Knollen werden durch Ein- drücken mit ihrer morphologischen Basis in den Sand senkrecht aufge- stellt. Die Teller gelangen zum Theil unter eine grosse Glasglocke, zum Theil unter einen grossen Zinkblechrecipienten. Die Triebe der Licht- knollen, zumal die ersten Internodien, entwickeln sich als kurze, dicke, mit vielen Schuppenblättern besetzte Gebilde, aber es entstehen auch Wurzeln, die in den Sand eindringen. Die Triebe der Dunkelknollen er- reichen auch hier bei geringem Durchmesser erhebliche Länge, und ihre Wurzelanlagen treiben aus. In feuchter Luft kommen also an den Kar- toffeltrieben stets viele Wurzeln zur Entwickelung, was in trockener Luft nicht oder nur in sehr beschränktem Maasse der Eall ist. Auch die Aus- bildung der Stolonen gestaltet sich in feuchter Luft meist günstiger als in trockener. Wir legen Kartoffelknollen in massig feuchte Erde ein, so dass sie völlig von derselben bedeckt sind. Die Erde befindet sich in grossen Blumentöpfen, und diese stellen wir im warmen Zimmer unter einen grossen Zinkblechrecipienten. Bei der Keimung der Knollen bilden sich sehr lange Triebe mit kleinen Blättern. Ferner entstehen viele oberirdische Wurzeln und alsbald als Achselsprosse auch Stolonen, die in die feuchte Luft hineinragen und an ihren Enden häufig zu kleinen Knollen an- schwellen. Oft sind die Knollen aber auch ungestielt und sitzen direct in den Blattachseln. Ueberhaupt ist die Entwickelung der Pflanzen unter den bezeichneten Umständen nicht immer genau die nämliche ; schon die Knollen Varietät ist in dieser Hinsicht von Bedeutung *). Winterknospen von Fagus sollen nach neueren Untersuchungen nur im Licht austreiben. Meine bezüglichen Experimente sind noch nicht abgeschlossen. 1) Vgl. Detmer, Pflanzenphysiologische Untersuchungen über Fermentbildung und fermentative Processe, Jena 1884, S. 34. Bei meinen Versuchen wurde den Kartoffelknolien gar kein Wasser dargeboten. Das für das Wachsthum der Triebe erforderliche Wasser strömte den Zellen derselben aus dem Knollengewebe zu. 2) Zahlreiche Detailangaben vgl. bei Vöchtixg, Bibliotheca botanica, Cassel 1887, Heft 4. Fünfter Abschnitt. Die Reizbeweguiigen der Pflanzen. I. Die Reizbe^wegungen protoplasmatischer Gebilde. 168, Die Bewegungserschcinuiigeii des Protoplasmas. Als erstes Untersuchungsobject wählen wir Nitella, Algen, die in stehenden, kalkarmen Gewässern ziemlich häufig vorkommen, und zwar benutzen wir zweckmässig jüngere Internoclien zur mikrosko- pischen Beobachtung. Ohne hier näher auf die bekannten Eigen- thümlichkeiten der langgestreckten Nitellazellen einzugehen, sei nur bemerkt, dass die Hautschicht oder das Hyaloplasma in denselben besonders mächtig entwickelt ist. Diese Hautschicht und ebenso die derselben anliegenden Chlorophyllkörper sind bewegungslos; dagegen ist in der Körnerschicht des Protoplasmas sehr lebhafte Bewegung wahrzunehmen. Wir haben es hier mit typischer Rotation zu thun, indem ein in sich zurücklaufender Strom vorhanden ist. Durch den Indilferenzstreifen wird der aufsteigende von dem absteigenden Theile des Stromes getrennt. Wenn wir Blätter aus der Knospe von Elodea canadensis in einen Wassertropfen auf den Objectträger bringen und mikroskopisch unter- suchen, so erkennen wir ohne jede Mühe in den Zellen den wand- ständigen Theil des Protoplasmas, die durch den Zellsaft ausgespannten Protoplasmabänder, den Zellkern sowie die Chlorophyllkörper. Als- bald sieht man auch Bewegungserscheinungen im Protoplasma zu Stande kommen, die leicht an der OrtsTeränderung kenntlich sind, welche die Chlorophyllkörper erfahren. Die Protoplasmabewegung in den Blattzellen von Elodea trägt bald mehr den Charakter der Rotation, bald mehr denjenigen der Circulation. Bei dieser letzteren besitzen die Strömungen, welche sowohl in dem wandständigen Plasma als auch in den Protoplasmasträngen ver- laufen können, die mannigfachsten Richtungen ; oft sind die Ström- ungen in einem Bande sogar verschieden gerichtet. Dabei machen sich Massenverschiebungen im Protoplasmakörper geltend ; einige Stränge werden dünner, andere verschwinden völlig, oder es entstehen auch neue Stränge etc. etc. Gute Objecto für das Studium der Cir- culation des Protoplasmas sind z. B. die Staubfadenhaare von Trades- cantia (z. B. T. virginica), die man im Oeffnen begritfenen Blüthen 348 Fünfter Abschnitt. entnimmt, um sie unter Deckglas im Wassertropfen zu untersuchen, und die Haare der jungen Sprosse von Cucurbita Pepo. In den Haaren von Tradescantia, Cucurbita etc. ist primäre Plasma- bewegung gegeben, d. h. die Circulation macht sich schon in den völlig intacten Zellen geltend und kann daher sofort nach Herstellung der Präparate beobachtet werden. In den Blattzellen von Elodea (wir wählen solche aus, in denen wir die Plasmastränge gut sehen und an deren Vorderwänden nicht gar zu viele Chlorophyllkörner liegen) ist sofort nach dem Abschneiden der Blätter die Plasmabewegung nur schwach und oft nur schwierig zu erkennen. Allmählich, z. B. im Verlaufe von '/g bis 1 Stunde, wird sie energischer und reisst dann auch viele Chlorophyll- körper mit fort. Sehr allgemein erscheint das Plasma in den völlig intacten Pflanzen- zellen in Ruhe; die Bewegung tritt erst in Folge der als Reiz wirkenden Verletzungen ein, welche bei der Herstellung der Präparate unvermeidlich sind. Wenn man von 6 cm hohen Maispflanzen Epidermisstreifen abzieht und am besten (um den nachtheiligen Einfiuss des Wassers zu vermeiden) iu 4-proc. Rohrzuckerlösung untersucht, so sieht man keine Protoplasma- bewegung. Dieselbe tritt erst nach etwa ^/^ — ^j.^ Stunde deutlich hervor. Hier fehlt also, wie in sehr zahlreichen anderen Fällen, die primäre Proto- plasmabewegung völlig. Die secundär auftretende ist Folge der Verletzung i). lieber die Ursachen, welche das Zustandekommen der Proto- plasmabewegungen bedingen, ist noch wenig bekannt. Auf jeden Fall aber greifen eine ganze Reihe verschiedener Processe und wohl in verschiedenen Fällen nicht immer die nämlichen physikalischen sowie chemischen Vorgänge zusammen, wenn sich Protoplasmabewegungen geltend machen. Berthold -) hat versucht, die verschiedenen Formen der Bewegung plasmatischer Massen unter Heranziehung derjenigen Bewegungserscheinungen begreiflich zu machen, welche todte Körper- theilchen unter bestimmten Umständen zeigen. Es ist lehrreich, sich von der Thatsache zu überzeugen, welche, abgesehen von vielen anderen Momenten, ohne Zweifel bei Begründung einer zukünftigen Theorie der Protoplasmabewegungen Berücksichtigung finden muss, dass todte Substanzen oft zu Bewegungen befähigt sind, die mit Protoplasmabewegungen eine gewisse Aehnlichkeit haben. Auf eine trockene Glasplatte, die auf einem Bogen weissen Papiers ruht, bringen wir mit Hülfe eines Glasstabes einige Tropfen nicht zu concentrirter alkoholischer Fuchsin- oder Methylanilinviolett-Lösung. Die Tropfen breiten sich an ihrem Umfange nicht gleichmässig auf der Glasplatte aus, sondern es bilden sich bald hier, bald dort, Flüssig- keitsausstülpungen, und man wird unwillkürlich an amöboide Proto- plasmabewegungeri erinnert. Wir bringen destillirtes Wasser in eine sorgsam gereinigte Krystallisirschale und werfen kleine Kampfer- stückchen in die Flüssigkeit. Die Kampferstückchen gerathen nun, indem sie sich ganz allmählich in dem Wasser auflösen, in sehr leb- 1) Vgl. Hauptfleisch in Pringsheim's Jahrbüchern f. wissenschl. Botanik, Bd. 24, S. 173. Kiexitz-Gerloff, Botan. Zeitung, 1893, ist der Ansicht, dass in jeder lebensthätigen Zelle normalerweise Plasmabewegung bestehe. Er kommt zum Theü auf Grund allgemeiner Erwägungen zu diesem Eesultat, welche Beachtung verdienen. Wenn Zellen, die aus ihrem normalen Verbände losgelöst sind, zunächst keine Bewegung zeigen, so ist das nach Kieiotz Folge des mechanischen Eingriftes. Der Gegenstand bedarf weiterer Prüfung. 2) Vgl. Berthold, Studien über Protopla-smaraechanik, Leipzig 188ö. Die Reizbewegungen der Pflanzen. 349 hafte Bewegung, und ich sah diese letztere oft stundenlang fort- dauern. Wenn wir auf das Wasser, auf welchem sich der Kampfer bewegt, mit Hülfe eines Glasstabes eine Spur Olivenöl bringen, so hört die Bewegung schnell auf. Das sich ausbreitende Oel erhöht nämlich die Oberflächenspannung an der Wasseroberfläche sehr bedeutend, und dadurch kommt die zuletzt erwähnte Erscheinung zu Stande. Wird ein Tropfen Leberthran auf 0,25-proc. Sodalösung gesetzt, so treten sehr interessante Ausbreitungserscheinungen am Tropfen hervor. Es sind Veränderungen der Oberflächenspannungsverhältnisse, die für das Zustandekommen der hier in Rede stehenden Bewegungen vielfach maassgebend erscheinen, und Spannungsänderungen spielen auch bei dem Auftreten der Plasmabewegungen sicher eine grosse Rolle. Es wird aber noch sehr eingehender Studien bedürfen, um die compli- cirten Phänomene, wie sie sich in der lebendigen Zelle geltend machen, im Detail zu begreifen ' ). Von sehr wesentlichem Einfluss auf die Geschwindigkeit der Proto- plasmabewegung sind die Temperaturverhältnisse. Bei niederer Tempe- ratur bewegt sich das Protoplasma langsam. Mit steigender Temperatur nimmt die Geschwindigkeit der Bewegung zu, um nach Ueberschreitung des Temperaturoptimums, welches z. B. nach Velten^) für die Proto- plasmabewegung in den Blattzellen von Elodea bei 36 ** C. liegt, wieder langsamer zu werden. Lehrreich ist es, sich durch Beobachtung davon zu überzeugen, dass das Plasma bei einer bestimmten Temperatur, die nicht weit von derjenigen entfernt ist, durch welche die Zellen getödtet werden, den Zustand der vorübergehenden Wärmestarre annimmt. Wir erwärmen Wasser in einer Porzellanschale auf dem Wasser- bade. In das Wasser taucht ein Thermometer ein. Wir ziehen nun einen Epidermisstreifen von den jüngeren Theilen, z. B. einem jungen Blattstiel, eines Exemplars von Cucurbita Pepo ab, constatiren das Vor- handensein der Circulation des Plasmas in den Zellen der Haare, merken uns einige der beobachteten Haare genau und tauchen den Epidermis- streifen, den wir mittelst einer Pincette festhalten, in unmittelbarer Nähe der Thermometerkugel in das erwärmte Wasser ein. Verweilt das Unter- suchungsobject zwei Minuten lang in Wasser von 46" C, so ist, wie die mikroskopische Untersuchung ergiebt, jede Bewegung des Proto- plasmas in den Haarzellen sistirt. Das Protoplasma ist in den Zustand der vorübergehenden Wärmestarre übergegangen. Nach Verlauf von 1 bis 2 Stunden macht sich die Protoplasmabewegung bei niederer Tem- peratur aber wieder geltend ^). Ebenso wie bei zu hoher Temperatur erlischt die Protoplasmabewegung bei niederen Wärmegraden. In manchen Fällen ist die Temperatur, bei der das Protoplasma freilich noch nicht abstirbt, wohl aber vorübergehend kältestarr wird, bei 2 oder 4° C. zu suchen. Werden aber Cucurbita- sprosse einige Zeit bei einer Temperatur von 10** C. gehalten, so dass sie sich auf diesen Wärmegrad abkühlen, dann ist das Protoplasma in den 1) Ein näheres Eingehen auf diese Din^ ist hier nicht am Platze. Vergl. übrigens Bütschli, Untersuchungen über mikroskopische Schäume; Vebworn, Bewegungen der lebenden Substanz, 1892. Detmek, Berichte der Deutschen botan. Gesellschaft, Bd. 10, S. 436; Engelmann, Ursprung der Muskelkraft, 1893. 2) Vgl. Veltex, Flora, 1876. 3) Vgl. Sachs, Flora, 1864, S. 67. 350 Fünfter Abschnitt. Haaren bereits kältestarr. Temperaturerhöhung ruft die Circulation des Plasmas wieder hervor. Will man feststellen, dass mit steigender Temperatur vom Temperatur- minimum aus die Protoplasmabewegung lebhafter wird, bei einer bestimmten Temperatur (z. B. etwa 35 '^ C. in den Haaren von Cucurbita) am leb- haftesten vor sich geht, um bei noch höherer Temperatur wieder an Geschwindigkeit abzunehmen, so bedarf man eines besonderen Apparates zur Temperaturregulirung. Ein sehr leistungsfähiger Apparat dieser Art ist von Pfeffer con- struirt worden *), aber auch der in Fig. 137 abgebildete Apparat von Sachs kann Verwendung finden. Die Grösse des Wärmekastens muss derjeni- gen des Mi- kroskops ent- sprechen. Der nahezu würfel- förmige Kasten hat unten und an den Seiten doppelte Wände von Zinkblech, die einen Zwi- schenraum von 25 mm Dicke umschliessen, der mit Was- ser gefüllt wird. Oben ist der Kasten ganz offen, an der vorderen Seitenwand aber eine Oeff- nung ange- bracht, die mit einer gut pas- senden, aber nicht weiter befestigten Glasplatte ver- schlossen wird. Dies Fenster D ist so gross und derartig angebracht, dass es hinreichend Licht auf den Spiegel des im Kasten stehenden Mikroskops gelangen lässt. Die Höhe Fig. 137. WHrniekasten nach Sachs. 1) Vgl. Pfeffeb, Zeitschrift f. wissenschl. ^Mikroskopie, Bd. 7. 2) Vgl. Sachs, Lehrbuch d. Botanik, 4. Aufl., S. 746. Die Reizbewegungen der Pflanzen 351 des Kastens ist so abgemessen, dass der obere Rand des Doppelkastens mit der Brücke des Mikroskops in gleicher Höhe liegt. Die OefFnung des Kastens wird mit einem dicken Pappdeckel verschlossen, in dem man eine OefFnung so angebracht hat, dass sie die Brücke genau um- schliesst. Neben dem Tubus ist in dem Deckel ein rundes Loch vor- handen, durch welches man mit starker Reibung ein kleines Thermo- meter einschiebt, so dass dessen Kugel neben dem Objectiv hängt. Der Kasten ist inwendig mit schwarzem Lack angestrichen, und ein mit Wasser durchtränktes Pappstück liegt unter dem Fuss des Mikroskops, welches dadurch fester steht. Auch hat der feuchte Pappdeckel den Zweck, die Luft in der Umgebung des Objects feucht zu erhalten. Durch die über den Deckel hervorragende Stellschraube kann die Einstellung auf das Object bequem geregelt werden ; zwei seitliche OeiFnungen, von denen die Figur eine zeigt, dienen dazu, den Objectträger, wenn nöthig, mit einer Pincette zu verschieben. Noch bequemer ist es, die Objectträger an einem Draht zu befestigen, der durch einen in die OefFnung F passenden Kork geht. Der Wärmekasten ist von Leitz in Wetzlar zu beziehen. Will man bei höherer Temperatur beobachten (über 50 '^ C. darf man nicht gehen, da die Objective sonst leiden), so erwärmt man das Wasser im Kasten durch eine untergestellte Spirituslampe ; hat die Temperatur ungefähr die gewünschte Höhe erreicht, so setzt man statt jener eine Oellampe mit Schwimmer unter und wartet, bis die Temperatur constant bleibt. Um höhere oder niedere Temperaturen zu bekommen, genügt es, 1, 2 oder 3 Sc\i wimmer mit Nachtlichtern in die Lampe zu setzen. Um bei niederen Temperaturen zu beobachten, genügt es, dem Wasser im Kasten ab und an Eisstückchen zuzusetzen. Sehr empfehlenswerth ist es, den aus dem Wärmekasten herausragenden Theil des Mikroskops mit Watte zu umwickeln, um auf der Hand liegende Fehlerquellen der Methode mög- lichst auszuschliessen. Bei genauen Untersuchungen über den Einfluss der Temperatur auf Protoplasmabewegung ist es erforderlich, die Zeit festzustellen, welche ein Inhaltsbestandtheil einer Zelle, z. B. ein Chlorophyll- kom, bei bestimmter Tem- peratur bedarf, um von dem einen Rande des Gesichts- pigr. 138. Gaskammer zum Gebrauch bei Feldes, die Mitte desselben mikroskopischen Untersuchungen, im Durch- passirend, zum anderen zu schnitt dargestellt, gelangen. Auch kann man die Zeit constatiren, welche ein Chlorophyllkorn braucht, um sich an der nicht das ganze Gesichtsfeld einnehmenden Längswand einer Zelle fort- zubewegen. Zu beachten ist, dass man nur solche Chlorophyllkörper bei der Beurtheilung der Geschwindigkeit der Plasmabewegung ins Auge fasst, die sich frei und ungestört durch andere Chlorophyllkörper bewegen. Handelt es sich um die Constatirung der wichtigen Thatsache, dass Mangel freien Sauerstoffs die Protoplasmabewegung aufhebt, so experi- mentirt man sehr bequem unter Benutzung einer vom Mechaniker Albrecht in Tübingen im Preise von 15 Mk. gelieferten Gaskammer. Vergl. Fig. 138. Dieselbe hat etwa 7 cm Länge, 4,5 cm Breite und 5 mm Höhe. Sie ist aus Metall gearbeitet. In den unteren Boden ist eine ziemlich grosse Glasplatte luftdicht eingekittet; der obere Boden besitzt ein kreisrundes Loch. Hier wird das Deckglas aufgelegt, so dass sich das Untersuchungs- object im hängenden Tropfen im Innern der Gaskammer befindet. Der Boden derselben wird mit einer dünnen Schicht ausgekochten Wassers 352 Fünfter Abschnitt. benetzt, um das Object vor Austrocknung zu schützen. Das Deckglas kann leicht mit Hülfe von Fett luftdicht aufgelegt werden. Die Röhren R und R dienen zum Zu- und Ableiten der Gase. Das zu verwendende Wasserstoffgas wird mit Berücksichtigung der unter 160 angegebenen Vor- sichtsmaassregeln entwickelt und gereinigt. Die Gaskammer findet ihren Platz auf dem Tisch des Mikroskops. Als Untersuchungsobjecte wählen wir z. B. Staubfadenhaare von Tradescantia oder Haare des jungen Blatt- stieles von Cucurbita Pepo. Bequem ist es auch mit Infusorien zu ex- perimentiren. Wir erhalten dieselben leicht, wenn wir Heu mit Wasser übergiesseu und etwa 8 Tage lang ruhig stehen lassen. In der Flüssigkeit sind dann meist viele Paramecien, deren gestreckter Körper mit Cilien besetzt ist, vorhanden. Auch Vorticellen findet man. Sind die Unter- suchungsobjecte (Haare oder Infusorien) in den hängenden Tropfen gebracht, und hat man das Vorhandensein von Bewegungserscheinungen constatirt, so beginnt man sogleich mit dem Durchleiten des Wasserstoffs. Mir ist aufgefallen, dass man oft lange Zeit (zuweilen mehrere Stunden lang) Gas durch den Apparat leiten muss, bevor die Bewegungen aufhören. Die Strömungen des Piasmas und ebenso die freien Ortsbewegungen der Organismen finden eben noch bei Gegenwart minimaler Sauerstoff- mengen statt. Ist das Plasma endlich bewegungslos geworden, so kann der erzielte Zustand der Asphyxie durch Luftzutritt wieder aufgehoben werden '). 169. Die freien Ortsbewegungen niederer Organismen (Scliwämierbewegungen etc.). Es giebt zahlreiche niedere Pflanzen, welche ebenso wie die typischen animalischen Wesen zu freien Ortsbewegungen befähigt sind. Die Mechanik dieser Bewegungen ist noch unklar, weshalb wir auf dieselbe nicht näher eingehen. Dagegen handelt es sich hier um Constatirung der Bewegungserscheinuugen selbst und um Feststellung des Einflusses, den äussere Verhältnisse auf dieselben ausüben. Wir wollen zunächst Euglena viridis in Untersuchung nehmen, einen Organismus, der freilich in morphologischer Hinsicht nicht mit typischen Algen, sondern mit den Infusorien zusammenhängt, aber sich in mehr als einer physiologischen Beziehung den Algen anschliesst. Das Untersuchungsmaterial ist leicht zu erlangen; es findet sich in stehenden Gewässern, Strassenrinnen und Dorflachen. Ich habe das Euglenamaterial, um recht lebenskräftige Individuen zur Untersuchung zu gewinnen, zunächst einige Tage auf Torfstücken cultivirt, die in einer Schale lagen, in welcher sich Nährstoff lösung, wie man sie zu Wasserculturversuchen benutzt, befand. Die Torfstücke tauchten etwa bis zu halber Höhe in die Lösung ein, und das grüne Euglenamaterial wurde einfach auf ihre feuchte Oberfläche gebracht. Haben die Cultur- gefässe einige Tage vor einem nach Süden gelegenen Fenster gestanden, so werden die Torfstücke in eine Porzellanschale gelegt, mit Brunnen- wasser Übergossen und einige Stunden unter Wasser belassen. In dieser Zeit sammeln sich zahlreiche Euglenaschwärraer in dem Wasser an. Die mikroskopische Untersuchung ergiebt, dass der Körper der Euglena viridis von spindelförmiger Gestalt ist. Kern und Chlorophyll- 1) Vgl. auch Clark, Berichte der Deutschen botan. Gesellschaft, Bd. 6, S. 273. Die Reizbewegungen der Pflanzen. 353 körper sind vorhanden. Am vorderen Körperende, das eine lange Cilie trägt, sind Vacuolen und ein rother Augenfleck zu sehen. Nach Klebs ist der Euglenaorganisnius zeitlebens von einer Membran umgeben , und unter ungünstigen äusseren Bedingungen gehen die Euglenen in einen Dauerzustand über, in welchem sie bewegungslos werden. Die freien Vorwärtsbewegungen der Euglenaschwärmer werden durch die Cilie vermittelt und sind stets mit Rotation des ganzen Körpers verbunden. Um diese Vorwärtsbewegungen genau verfolgen zu können, bringen wir Schwärmer mit Hülfe einer Glas- röhre, die wir in das Euglenaindividuen enthaltende Wasser, in welchem unsere Torfstücke gelegen haben, eintauchen, in den hängen- den Wassertropfen einer kleinen feuchten Kammer und beobachten mit Hülfe des Mikroskops. (lieber die Herstellung derselben vergl. unter 138.) Die Schwärmer vermögen sich bei völligem Lichtabschluss zu bewegen, ebenso wie bei Lichtzutritt; indessen ist das Licht von einem richtenden Einfluss auf die Bewegung der Euglena; diese gehört also zu den phototaktischen Organismen. Bei Beginn unseres Ex- periments sind die Schwärmer ziemlich gleichmässig in dem hängenden Tropfen der feuchten Kammer vertheilt. Es lässt sich aber leicht unter dem Mikroskop feststellen, dass sich fast alle Schwärmer, zumal wenn wir das vom Spiegel reflectirte Licht abblenden, sehr schnell an dem nach dem Fenster, also der Lichtquelle, zugewandten Tropfen- rande ansammeln. Drehen wir den Objectträger mit der feuchten Kammer um 180°, so gerathen die Schwärmer wieder in lebhafte Bewegung und suchen aufs Neue den der Lichtquelle zugekehrten Tropfenrand zu erreichen. Diese Erscheinungen beobachtet man aber nur dann, wenn das Licht, welches auf die Schwärmer einwirkt, kein zu intensives ist. Bei hoher Lichtintensität nämlich sammeln sich die meisten Schwärmer nicht am Lichtrande des Tropfens, sondern am gegenüberliegenden Rande desselben an. Sie fliehen also unter diesen Umständen das Licht. Wird ein flacher Teller mit Wasser gefüllt, in welchem viele Euglenen vorhanden sind, und in die Nähe des Fensters gebracht, so sammeln sich die Schwärmer bei nicht zu intensivem Licht am Fensterrande des Tellers an. Dreht man den Teller um ISO", dann sind alsbald wieder die meisten Schwärmer am Fensterrande gruppirt. Ich habe mehrfach bei derartigen Experimenten mit Euglena eine so lebhafte Bewegung der Schwärmer zur Lichtquelle beobachtet, dass der richtende Einfluss der Lichtstrahlen auf die Organismen im Laufe einer Stunde mehrfach an demselben Material festgestellt werden konnte. Unter gewissen Umständen, zumal dann, wenn die freie Vorwärts- bewegung der Schwärmer gehindert ist (z. B. in unserer feuchten Kammer bei Ansammlung der Schwärmer am Lichtrande des Tropfens), verändert sich die Körpergestalt der Schwärmer von Euglena in auf- fallender Weise (Metabolie). Euglena viridis schwillt mit Vorliebe in der Mitte an und zieht sich an den Enden dünn aus ; die Schwärmer anderer Euglenaspecies krümmen sich halbmondförmig. Geeignetes Untersuchungsmaterial bei Beobachtungen über Schwär- merbewegungen bietet auch Haematococcus lacustris dar, eine Alge, die z. B. bei Jena in der Leutra vorkommt und die Steine, auf denen sie sitzt, schön roth färbt Wir bringen einige mit Haematococcus besetzte Steine in eine grosse flache Schale, deren Boden nur eben Detm.er, fAaazeapbjrtiologiiiche« rnktikum. 2. Aufl. 23 3ö4 Fünfter Abschnitt. mit Wasser bedeckt ist, legen eine Glasplatte auf die Schale und lassen die Gefässe mehrere Tage ruhig stehen. Nach Verlauf dieser Zeit werden einige Steine in einem anderen Gefäss mit Wasser über- gössen. Wir lassen sie bis zum nächsten Tage im Wasser liegen und finden gewöhnlich, dass dieses nun viele rothe Haematococcusschwärmer enthält. Die Schwärmer sind, ebenso wie diejenigen von Euglena, phototaktisch. Sie bewegen sich bei nicht zu intensivem Licht und günstigen Temperaturverhältnissen (etwa 20" C.) dem Licht entgegen. Ich habe mich davon überzeugt, dass es wichtig ist, um recht viele Haematococcusschwärmer zu erhalten, die Steine, bevor man sie mit Wasser völlig übergiesst, einige Tage lang in angegebener Weise im dampfgesättigten Räume aufzubewahren *). Aehnliche Experimente, wie solche im Vorstehenden erwähnt worden sind, lassen sich auch mit den kleinen grünen Schwärmern von Glamydomonas ausführen, die sich z. B. zuweilen in nicht be- nutzten Brunnentrögen in grosser Menge entwickeln. Es ist noch zu beachten, was zumal bei Versuchen mit Haematococcus nicht selten sehr deutlich hervortritt, dass die Schwärmer in verschiedenen Ent- wickelungsstadien auf Licht von ganz verschiedener Intensität gestimmt sein können. Nicht immer z. B. suchen die Schwärmer, wenn man ihr Verhalten im hängenden Tropfen studirt, im diffusen Licht den Lichtrand des Tropfens auf. Oft sammeln sie sich vielmehr, wenn das Mikroskop dicht am Fenster aufgestellt ist, an dem dem Zimmer zugewandten Tropfenrande an. Die Schwärmer sind dann auf Licht geringer Intensität gestimmt, und um sie an den Lichtrand des Tropfens zu bringen, muss das Mikroskop mehr oder minder weit vom Fenster entfernt werden. In einem Dunkelzimmer bringen wir im Fensterladen eine 5 — 7 cm weite, kreisrunde Oeffnung an. Vor dieser Oeffnung können Glasflaschen mit parallelen Wänden Platz finden, die entweder eine Lösung von doppeltchromsaurem Kali oder eine solche von Kupferoxydammoniak enthalten. Die erstere Flüssigkeit ist derartig hergestellt, dass sie nur die minder brechbaren Strahlen (Roth, Orange, Gelb und etwas Grün) durchlässt; die zweite Lösung absorbirt diese Strahlen und lässt allein die stärker brechbaren Strahlen passiren. Steht kein Dunkelzimmer zur Disposition, so lässt sich der Versuch auch unter Benutzung eines grossen Kastens, der im Innern mit mattschwarzem Papier überklebt ist, durchführen. Wir setzen nun Schwärmer im hängenden Tropfen dem Licht von verschiedener Wellenlänge aus. Unter dem Einfluss der weniger brechbaren Strahlen verhalten sich die Organismen wie im Dunkeln ; die Strahlen dagegen, welche die Kupferoxydammoniaklösuug passirt haben, sind, ebenso wie gemischtes weisses Licht, von wesentlichem Einfluss auf die Bewegungsrichtung der Schwärmer. Ueber die Methode, welche bei Untersuchung des Verhaltens der Schwärmer in den einzelnen Strahlengruppen des objectiven Spectrums anzuwenden ist (vgl. Strasburger's citirte Arbeit; Methodisches aucji bei Pfeffer, Botan. Zeitung, 1872, Nr. 23). Hier und in manchen anderen Fällen dürfte es sich für pflanzeuphysiologische Versuche sehr 1) Vgl. Stkasbdkgkr, Wirkung der Wärme und des Lichts auf Schwärm- sporen, Jena 1878, und Klebs, Untersuchungen aus dem botan. Institut zu Tübingen, Bd. 1, H. 2. Die Reizbewegungen der Pflanzen. 365 empfehlen, das Spectium mittelst des RAULAND'schen Gitters herzu- stellen. Auch unter dem Einfluss von Gaslicht lassen die Schwärmer ihre phototaktischen Eigenschaften erkennen. Wenn man zwischen das Gaslicht und das Mikroskop eine concentrirte Alaunlösung in ge- eigneter Weise einschaltet, so reagiren die Organismen in gewöhn- licher Weise auf den Lichtreiz. Diese Reaction hört aber bei Ein- schaltung einer Lösung von Jod in Schwefelkohlenstoff auf. Da die Alaunlösung sehr atherman, die zweite Flüssigkeit in hohem Grade diatherman ist, so darf man unter Beachtung der Resultate der letzten Experimente schliessen, dass dunkle Wärmestrahlen ohne Einfluss auf die Richtung der Schwärmerbewegung sind. Ebenso kommen den Algenschwärmern, wie man leicht unter Be- nutzung von Papierstreifen nach der unter 171 angegebenen Methode constatiren kann, keine rheotropischen Eigenschaften zu. Dagegen sind die Algenschwärmer geotropisch reizbar, wie das folgende Ex- periment wohl sicher beweist ^). Wir saugen etwas Wasser, das Euglenen enthält, in einer unten und oben offenen Capillare von 0,5 mm Durch- messer empor. Stellen wir die Capillare im Dunkeln senkrecht auf, so sammeln sich die Schwärmer im oberen Theil der Capillare an. Von Interesse ist es, dass die Schwärmer mancher Algen in aus- geprägter Weise aerotropisch sind. Diese Erscheinung ist für die Schwärmer von Euglena specieller von Aderhold constatirt worden, und wir stellen das folgende Experiment an, um dieselbe kennen zu lernen. Eine kleine Schale wird mit Wasser angefüllt, das sehr zahl- reiche Euglenaschwärmer enthält. Ebenso füllen wir ein Probirglas mit diesem Wasser bis zum Rande an, verschliessen die Mündung mit dem Daumen und stellen das Probirglas nunmehr derartig auf, dass sein offenes Ende in das Wasser eintaucht, welches sich in der Schale befindet. Bei Lichtabschluss haben nach Verlauf längerer Zeit fast sämmtliche Schwärmer das Wasser im Probirglase verlassen und sich in dem Wasser der Schale angesammelt. Diese Erscheinung ist keineswegs Folge von positivem Geotropismus der Schwärmer oder anderer Ursachen, sondern sie beruht auf dem Aerotropismus der Schwärmer ; dieselben suchen an solche Orte zu gelangen, an welchen ihnen reichlichere Sauerstoffmengen zur Verfügung stehen. Dies geht mit aller Deutlichkeit aus den folgenden Beobachtungen hervor. Wenn die Schwärmer das Probirglas verlassen haben, so verdrängen wir etwas Wasser aus demselben durch Luft, breiten auf der Oberfläche der an Schwärmern reichen Flüssigkeit in der Schale eine Oelschicht aus und überlassen den Apparat im Dunkeln sich selbst. Die Schwärmer treten nunmehr in erheblicher Menge aus dem Wasser der Schale in dasjenige des Probirglases über, weil sich ihnen hier reichlichere Sauerstoffmengen darbieten. Eine weitere Verbreitung besitzen in stehenden Gewässern und auf schlammigem Boden meistens blaugrün gefärbte Organismen, die in Form von Fäden auftreten und als Oscillarien bekannt sind. Diese Organismen zeigen verschiedene Bewegungserscheinungen, welche man unter dem Mikroskop näher verfolgen kann. Besonders auffallend sind 1) VereL Aderhold, Jenaische Zeitschrift f. Naturwissenschaft, Bd. 22, und Jensen, Aroiiv f. d. ges. Physiologie, Bd. 53. 23* 856 Fünfter Abschnitt. die unregelmässigen Krümmungen, welche die sich nacli vorn oder rückwärts bewegenden Oscillarienfäden ausfüliren. Bei dem Zustandekommen der bisher erwähnten Bewegungsphä- nomene verhalten sich die niederen Organismen activ. Es müssen hier aber ferner noch einige merkwürdige Erscheinungen Erwähnung finden, die ihre Ursache in rein passiven Bewegungen, denen Schwärm- sporen unterliegen, haben. Wird grün gefärbtes Wasser, welches viele Clamydomonas- oder Euglenaschwäriner enthält, in einen Teller gegossen und dieser nach Be- deckung mit einer Glasplatte in die Mitte eines grossen Zimmers unter einen Papprecipienten gestellt, so findet man nach Verlauf einiger Zeit, dass sich die Algen in Form concentrisch angeordneter Wolken oder in Form anderweitiger regelmässiger Figuren in dem Wasser gruppirt haben. Entfernt man die Glasplatte von dem Teller, dann lösen sich die Figuren schnell auf. Wird ein Teller, in dem man algenhaltiges Wasser gegossen hat, derartig (z. B. vor einem Fenster) aufgestellt, dass der eine Teller- rand eine etwas höhere Temperatur als der andere annimmt, dann sammeln sich die Schwärmer (auch bei Lichtabschluss) je nach Umständen an diesem oder jenem Tellerrande an. Nach den Untersuchungen von Sachs ^) kommen alle diese Phänomene durch Wasserströmungen zu Stande, welche die Schwärmer in bestimmter Weise gruppiren und ihrerseits ihren Grund in Temperaturverhältnissen haben. Diesen Nachweis führte Sachs unter Berücksichtigung derjenigen Ergebnisse, zu denen er bei dem Studium von Emulsionsfiguren gelangte. Die Flüssigkeit, welche dazu dienen soll, uns diese Figuren zur Anschauung zu bringen, bereiten wir in folgender Weise. Es wird grob zerkleinerte Alkannawurzel mit reinem Baumöl Übergossen und das nach Verlauf von 24 Stunden intensiv roth gefärbte Oel abfiltrirt. Es wird weiter in einem Glascylinder eine Mischung von Wasser und Alkohol hergestellt, deren specifisches Gewicht, wie die Prü- fung mit dem Aräometer ergiebt, genau 0,920 beträgt. Diese Flüssigkeit hat fast genau das specifische Gewicht des Baumöls. Wenn man eine kleine Menge der Mischung des Wassers und Alkohols in ein Becherglas giesst und etwas gefärbtes Baumöl hinzufügt, so müssen grössere Oeltropfen sehr langsam in der Flüssigkeit emporsteigen; sie ist also von etwas höherem specifischen Gewicht als das Oel. Sind diese Controlversuche angestellt, so bringt man zu je 500 ccni de» Gemisches von Alkohol und Wasser je 5 ccm des rothen Ooles, schüttelt, worauf besonderes Gewicht zu legen ist. sehr kräftig, wobei die grösseren Oeltropfen in Tausende feinster Tröpfchen zertrümmert werden, und hat auf diese Weise die erforderliche Emulsionsflüssigkeit bereitet. Zum Gebrauch wird sie in flache Porzellanteller gegossen, so dass sie in denselben eine Schicht von etwa 10 — 15 mm Höhe bildet. Man bedeckt den Teller mit einer Glasplatte oder lässt ihn unbedeckt stehen und beobachtet, wie die sich bewegenden Oeltropfen zunächst Tupfen und Netze bilden und sich im Laufe einiger Zeit ('/*" V2 Stunde) zu regel- mässigen Figuren gruppiren. Hatte man den Teller nach dem Eingiessen der Emulsionsflüssigkeit mit einer Glasplatte bedeckt, und hebt man diese nach der Bildung der Emulsionsfiguren ab, so lösen sich diese letzteren schnell unter den Augen des Beobachters auf. Die Gestalt der Emulsionsfiguren ist eine sehr mannigfaltige. In Fig. 139 B ist eine häufig auftretende Form dargestellt. Solche concen- 1) Vgl. Sachs, Flora, 1876. Die Reizbewegungen der Pflanzen. 357 irische Figuren bilden sich aber nur, wenn die Teller, in welche man die Emulsion hineingiesst, in der Mitte des Zimmere stehen. Polarisirte Fi- guren, wie eine solche in Fig. 13ü Ä abgebildet ist, entstehen dagegen, wenn man die Teller in der Nähe eines Fensters oder eines geheizten Ofens aufstellt und der eine Tellerrand also wärmer als der andere ist. Experimen- tirt man z. B. mit der erwähn- ten Emulsion, deren gefärbtes Oel ganz wenig specifisch leich- ter als das Gemisch von Alko- hol und Wasser ist, so sind die Spitze und die Randlinien der polarisirten Figur stets nach dem kälteren Tellerrande hin- gewandt. Die Entstehung der Emulsionsfiguren ist auf Flüssig- keitsströmungen, die ihrerseits ihren Grund in Temperaturver- hältnissen haben, zurückzuführen . Die Emulsionsfiguren selbst ha- ben die grösste Aehnlichkeit mit denjenigen Figuren, welche die Zoosporen unter den schon oben bezeichneten Umständen bilden, und allen diesen Erscheinungen liegen auch die nämlichen ur- sächlichen Momente zu Grunde. Von erheblichem Interesse ist es auch, die Beeinflussung der Bewegung von Bacterien- schwännern durch verschie- dene Substanzen zu studiren. Auf das aerotaktische Ver- halten dieser Schwärmer wurde bereits unter 11 hingewiesen; hier handelt es sich um die sog. chemotactischen Beweg- ungen derselben >) -). Wir tödten einen Erbsensamen durch Eintauchen in kochendes Wasser, übergiessen ihn mit 100 ccm Wasser und lassen ein oder zwei Tage lang stehen, bis sich in der Flüssigkeit reichlichere Mengen von Bacterium termo entwickelt haben. Die Flüssigkeit wird zur Beseitigung grösserer Zusammenballungen von Spaltpilzen durch grobes Papier filtrirt und direct zu den Beobachtungen verwandt. Bei stärkerer Vergrösserung sieht man, dass die Schwärmer von Bac- terium termo langsamere oder schnelle, bald nach vorwärts, bald nach rückwärts gerichtete Bewegungen ausführen. Wir schieben nun dem auf Fig. 139. Emulsionsfl^uren. (Nach Sachs.) 1) Freilich ist die Bewegung der ( )rganiänien nach Orten relativ grossen Sauer- stoffreichthums auch nur eine Form des chemotaktischen Verhaltens. 2) Vgl. AusführUches Im Pfeffer, Untersuchungen aus dem botan. Institut zu Tübingen, Bd. I, S. 450, und Bd. 2, S. 584. 358 Fünfter Abschnitt. offenem Objectträger befindlichen bacterienhaltigen Tropfen eine Capillare zu, welche diejenigen Lösungen enthält, deren Wirkung auf den Spalt- pilz geprüft werden soll. Die Capillare, etwa 6 mm lang und von 0,06 mm Weite, wird nach Einlegen in die Versuchsflüssigkeit durch partielles Evacuiren unter der Luftpumpe so weit gefüllt, dass am zageschmolzenen Ende ein lufterfüllter Raum von etwa 3 mm Länge bleibt. Als Versuchs- flüssigkeiten benutzen wir folgende: 1) In angegebener Weise bereiteten Erbsenaufguss, in dem durch Kochen die Bacterien getödtet worden sind und den man durch Schütteln wieder mit Luft gesättigt hat; 2) 1-proc. Fleischextractlösung, bereitet durch Auflösen von 0,5 g Ex- tract von gewöhnlicher Consistenz in 50 g Wasser; 3) 2-proc. Lösung von Chlorkalium; 4) 2-proc. Lösung von Chlorkalium mit Zusatz von o-proc. Citronensäure. Resultate der Versuche: 1) Es dringen nur einzelne Spaltpilze in die Capillare ein. 2) In kurzer Zeit (einige Minuten) sind sehr viele Bacterien in die Capillare eingetreten. Auch sammeln sich zahlreiche Schwärmer in der Nähe der Oeffnung der Capillare an. Allmählich vertheilen sich mit Fort- gang der Diffusion der Lösung aus der Capillare diese letzteren Bacterien wieder mehr und die in dem Glasrohr vorhandenen rücken in Folge ihres Sauerstoffbedürfnisses zum Theil bis zur Luftblase empor, hier eine zweite, nach und nach sehr dicht werdende Ansammlung bildend. 3) Aehnlich wie 2. 4) Einzelne Individuen dringen in die Capillare ein und gehen hier zu Grunde. Die meisten Bacterien prallen, da die Citronensäure abstossend auf sie einwirkt, vom Capillarmund zurück. Bei Ausführung der Experimente ist das Mikroskop zitterfrei aufzu- stellen. Strömungen im Bacterientropfen sind nach Möglichkeit auszu- schliessen, und die mit den Versnchsflüssigkeiten beschickten Capillaren müssen, bevor sie dem Schwärmer führenden Tropfen zugeschoben werden, durch schnelles Schwenken in Wasser äusserlich abgespült sein. Wollen wir uns von der Thatsache des galvanotropischen Verhaltens niederer Organismen überzeugen, so experimentiren wir sehr bequem mit Paramecien, z. B. Paramecium aurelia^). Dies Infusor von gestreckter Gestalt führt in seinem Innern einen Kern sowie zwei abwechselnd pul- sirende Vacuolen und ist an seiner Oberfläche mit vielen Cilien besetzt. Wird eine Hand voll Heu in einem grösseren Glasgefäss mit Teichwasser übergössen, dann entwickeln sich im Laufe von 8 — 14 Tagen neben Bac- terien so zahlreiche Paramecien in der Flüssigkeit, dass dieselbe milchig getrübt erscheint. Wir stellen nun folgenden Apparat zusammen. Die Drähte, welche von einer aus mehreren Elementen bestehenden galvanischen Batterie kommen ^\ sind mit einem Stromwender (PoHL'schen Wippe) verbunden. Von der Wippe gehen noch zwei fernere Drähte ab, deren Enden an un- polarisirbaren Elektroden (vgl. unter 63) befestigt sind. In die eine dieser letzteren Drahtleitungen ist ein elektrischer Schlüssel eingeschaltet. Nun stellt man ein Mikroskop auf. Auf dem Tisch desselben findet ein Uhrglas Platz, welches Paramecien haltige Flüssigkeit enthält. Man 1) Vgl. Verworn, Pflüger's Arch. f. d. gesammte Physiologie, Bd. 45 und Bd. 46. 2) Der Strom, mit dem man arbeitet, darf weder zu schwach noch zu stark sein. Starke Ströme vernichten die Lebensthätigkeil der Infusorien. Die Reizbewegungeu der Pflanzen. 359 sieht die Infusorien schon bei schwacher Vergrösserung in lebhafter Be- wegung die Flüssigkeit nach allen Richtungen hin durchkreuzen. Taucht man die Pinsel der unpolarisirbareu Elektroden in dieselbe ein und schliesst den Strom, so drehen sich sämmtliche Paramecien wie auf Commando mit dem vorderen Körperpol nach der negativen Elektrode und alle schwimmen schnell auf dieselbe zu. In kurzer Zeit ist die Anodenseite der Flüssig- keit frei von Paramecien ; alle haben sich an der Kathode versammelt. Oeifnet man den Strom, dann wenden sich die Infusorien mit ihrem vor- deren Kör})erpol der Anode zu ; sie schwimmen derselben entgegen, sam- meln sich an, aber die Ansammlung wird keine so vollständige wie nach der Schliessung des Stromes an der Kathode, denn die Paramecien ver- theilen sich alsbald wieder gleichmässig in der Flüssigkeit. Haben sich in Folge der Stromschliessung die Paramecien an der Kathode angehäuft, und wird die Poui/sche Wippe jetzt umgelegt, so führen die Paramecien sofort Axeneinstellungen und Bewegungen aus, die den nunmehr gegebenen Verhältnissen entsprechen, und die Infusorien können durch abwechselndes Umlegen der Wippe jeden Augenblick zur Umkehr gezwungen werden. Bei Euglena viridis sind bis jetzt noch keine galvanotropischen Eigenschaften mit Sicherheit constatirt worden. 170. Die Bewegungen der Chlorophyllkörper. Die Bewegungen der Chlorophyllkörper in den Pflanzenzellen be- sitzen eine grosse biologische Bedeutung. Wir haben es hier, wie es scheint, nicht mit Eigenbewegungen der Chlorophyllkörper zu thun, sondern die Stellungsänderung, welche dieselben erleiden, wird durch Bewegungen des Protoplasmas vermittelt. Will man sich über die Bewegungen der Chlorophyllkörper genauer orientiren, so ist es be- sonders zweckmässig, Moosblätter oder Farnprothallien als Unter- suchungsobjecte zu wählen, denn im Palissadenparenchym der gewöhn- lichen Laubblätter erfahren die Chlorophyllkörper im Allgemeinen nur unbedeutende Aenderungen ihrer Lage, und im Schwammparenchym, in dessen Zellen freilich erhebliche Stellungsänderungen der Chloro- phyllkörper eintreten können, sind die bezüglichen Verhältnisse aus mehrfachen Gründen oft nicht leicht zu verfolgen. Werden die Pflanzen von Funaria hygrometrica oder Farnprothallien, die man in Gewächshäusern, in denen Farne cultivirt werden, ziemlich leicht findet, unter sonst normalen Verhältnissen einige Zeit im Dunkeln gehalten, so gehen die Chlorophyllkörper in die Dunkel- stellung über, d. h. sie wandern in unserem Falle auf die zur Fläche unserer Objecte senkrechten Zellwandungen. In den Zellen anderer Objecte verhalten sich die Chlorophyllkörper übrigens nicht genau in derselben Weise. Die Chlorophyllkörper sind nun, wenn die Ver- dunkelung nicht zu lange (nur mehrere Stunden) gedauert hat, der Inhalt der Zellen also nicht in den Zustand der Dunkelstarre über- gegangen ist, sondern sich noch im Phototonus befindet, in eigenthüm- licher Weise für Lichtreiz empfindlich. Wir setzen Rasen von Funaria oder. Farnprothallien, die im Dunkeln verweilt haben, dem diff'usen Licht aus, so dass die Pflanzen von oben her von den Lichtstrahlen getrofi'en werden. Nach einigen Stunden bringen wir einige Funaria- blätter oder einige Prothallien in den Wassertropfen auf den Object- träger, legen ein Deckglas auf und untersuchen. Die Chlorophyllkörper 360 Fünfter Abschnitt. sind nicht mehr wie in der Dunkelstellung den Seiten Wandungen der Zellen angelagert, sondern sie haben sich auf die Vorder- und Hinter- wände derselben begeben, und zwar kehren sie dem Beobachter ihre breitere Fläche (Flächenstellung) zu. Nun setzen wir unsere Unter- suchungsobjecte auf dem Objectträger unmittelbar dem directen Sonnen- licht aus und sorgen, um eine zu starke Erwärmung der Pflanzentheile zu verhüten, dafür, dass das Deckglas auf seiner Aussenseite stets reichlich mit Wasser benetzt ist. Untersuchen wir nach Verlauf einiger Minuten, so gewahren wir die Chlorophyllkörper noch an dem nämlichen Platze wie bisher, aber ihre Form hat sich geändert. Die vorher polygonal erscheinenden Körner haben ihre Ecken eingezogen ; sie sind rundlich geworden, und es tritt das Bestreben der Chlorophyll- körper deutlich hervor, dem zu intensiven Licht eine möglichst geringe Oberfläche darzubieten. Diese Abrundung der grünen Inhalts- bestandtheile der Zellen ist Folge einer Eigenbewegung derselben, dagegen wird ausser dieser durch recht intensives Licht auch eine Lageänderung der Chlorophyllkörper hervorgerufen, die das Proto- plasma vermittelt. Wenn wir nämlich unsere Untersuchungsobjecte längere Zeit (bei meinen Versuchen mit Funariablättern ^j ^ Stunden) dem directen Sonnenlicht exponiren, so haben sich die Chlorophyll- körner von der Vorder- und Hinterwand der Zellen nach den Seiten- wandungen derselben begeben, und sie sind hier in Profilstellung angeordnet. Die Gruppirung der Chlorophyllkörper in der Flächen- stellung an" der Vorder- und Hinterwand der Zellen kehrt übrigens zurück, wenn die Präparate einige Zeit diffusem Tageslicht ausgesetzt werden. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die hier erwähnten Stellungsänderungen der Chlorophyllkörper von biologischer Bedeutung für die Pflanzen sind. Im diff'usen Licht nehmen die grünen Inhalts- bestandtheile der Zellen eine Lage ein, durch welche sie in den Stand gesetzt werden, die Lichtstrahlen für den Zweck der Assimilation in sehr vollkommener Weise auszunutzen, während sie vor dem zerstören- den Einfluss zu intensiven Lichtes und zu starker Wärme durch Um- lagerung auf die Seitenwandungen der Zellen geschützt werden '). Die bezeichneten, durch Lichtreiz verursachten Bewegungen der Chlorophyllkörper machen sich nur geltend, wenn die Zellen normalen Lebensbedingungen ausgesetzt sind. Bei zu niederer Temperatur, Feuchtigkeits- und Sauerstofi'mangel treten sie dagegen nicht hervor, wie man durch ' entsprechend angeordnete Experimente leicht con- statiren kann. 17L Die Bewegung der Plasmodien von Aetlialium septicum. Die Plasmodien der Myxomyceten sind zu eigenthümlichen Be- wegungen befähigt; sie können von einem zu einem anderen Orte kriechen und verändern dabei fortwährend ihre Umrisse. Aeussere Umstände beeinflussen diese Bewegungen in hohem Grade, ein Ver- hältniss, welches für die Plasmodien hervorragende biologische Bedeutung besitzt. Das Aethalium septicum kommt zunial in der Gerberlohe vor. Die gelben Plasmodien sind inj Frühjahr (z. B. im Mai, zu welcher 1) Vgl. Stahl, liotan. Zeitung, 18S0, S. 821. Die Reizbewegungen der Pflanzen. 361 Zeit ich zahlreiche Experimente mit denselben anstellte) in den älteren Lohemassen aufzufinden. Ausserdem trifft man aber auch zu dieser Zeit und ebenso im Winter Aethaliumsclerotien in Form kleiner, etwa 2 mm langer, knotenförmiger, gelber Massen in der Lohe an, aus denen man leicht Plasmodien gewinnen kann. Es muss hier aus- drücklich bemerkt werden, dass die Plasmodien sehr zarte, leicht ab- sterbende und gegen Berührung mit der Hand empfindliche Gebilde sind. Daher müssen die Lohemassen mit den dieselben durchziehenden Plasmodien vorsichtig behandelt werden, und man thut am besten, die plasmodienhaltige Lohe, ohne sie viel zu berühren, in einem Kasten aus der Gerberei ins Laboratorium zu bringen. "Wir stellen nun die folgenden Experimente an. Ein schmaler, befeuchteter Streifen schwedischen Filtrirpapieres wird mit seinem einen Ende in ein zur Hälfte mit Wasser angefülltes Becherglas eingetaucht. Das andere Ende des Streifens hängt frei nach unten herab und wird bei der Ausführung der Versuche auf der die Plasmodien enthaltenden Lohe ausgebreitet. Verdunkelt man nun die ganze Vorrichtung, und hat man sie in einem Raum aufgestellt, in dem eine Temperatur von 25 — 30" C. herrscht, so treten alsbald Plasmodienmassen aus der Lohe hervor und kriechen mehr und mehr an dem Papierstreifen empor. Diese Wanderung der Plasmodien auf einem völlig mit Wasser durchtränkten Substrat ist keine hydrotropische Erscheinung, sondern sie wird durch Wasserströmung bedingt. Die Plasmodien sind also rheotropisch, und zwar wandern sie stets dem Wasserstrom entgegen. Die Plasmodien reagiren aber auch auf eine verschiedene Feuchtig- keitsvertheilung im Substrat; sie sind nicht nur rheo-, sondern ebenso hydrotropisch. Um diese Thatsache festzustellen, bringt man Plas- modien, die sich unter dem Einflüsse eines Wasserstromes auf Fliess- papier angesammelt haben, in die Mitte einer mit mehrfacher Lage durchfeuchteten Filtrirpapiers bedeckten Glasplatte. Die Plasmodien breiten sich in einem Dunkelkasten, in welchem die Luft mit Wasser- dampf gesättigt ist, gleichmässig auf dem horizontalen und durch- feuchteten Substrat aus. Gelangen die Untersuchungsobjecte nunmehr in einen trockenen, aber verdunkelten Raum, und bringt man in geringer Entfernung über den Plasmodien einen mit verdünnter Gelatinegallerte bestrichenen Objectträger an, so ist alsbald (oft nach wenigen Stunden) eine interessante Erscheinung zu beobachten. Das Fliesspapier trocknet allmählich aus, und die Plasmodien ziehen sich von den austrocknenden Stellen des Substrats zurück, sammeln sich aber unter dem Feuchtigkeit spendenden Objectträger an. Die Plas- modien verhalten sich also positiv hydrotropisch. Es muss bemerkt werden, dass unsere Untersuchungsobjecte während der grössten Zeit ihres Entwickelungsganges in der Weise, wie es hier angegeben worden ist, auf verschiedene Feuchtigkeitsverthcilung reagiren. Die der Fructification nahen Plasmodien sind dagegen negativ hydro- tropisch. Geotropisch sind die Myxomycetenplasmodien gar nicht, denn wenn man Fliesspapierstreifen mit Plasmodien auf eine vertical stehende feuchte Unterlage (z. B. auf mit Wasser durchtränktes Papier, das einer Glasplatte anliegt) bringt, so breiten sie sich bei Licht- abschluss und im dampfgesättigten Räume nach allen Richtungen hin gleichmässig auf dem Substrat aus. 362 Fünfter Abschnitt. Licht von irgendwie grösserer Intensität, z. B. schon diffuses Tageslicht, fliehen die Plasmodien wie es scheint stets. Setzt man von Plasmodien durchzogene Lohestücke im dampfgesättigten Raum dem Licht aus, so zieht sich das Plasmodium in die Lohe zurück. Ebenso suchen auf Glasplatten ausgebreitete Plasmodien bei Licht- zutritt die Orte geringster Lichtintensität, z. B. beschattete Stellen, auf. Auf die Glasplatten, z. B. auch Objectträger, sind die Plasmodien leicht in folgender Weise zu bringen. Wir stellen ein mit Wasser angefülltes Trinkglas auf, bringen in das Wasser das eine Ende eines Fliesspapierstreifens, dessen Breite etwas geringer als diejenige unserer Objectträger ist, legen das andere Ende des Streifens auf die eine Fläche eines neben dem Glase vertical aufgestellten Objectträgers und stellen den ganzen Apparat auf einer Sandschicht auf, die das vom Objectträger abfliessende Wasser aufnimmt. An der Basis des Object- trägers findet nun ein Stück Lohe mit aufsitzendem Plasmodium Platz, und zwar wird die Lohe derjenigen Glasfläche angelehnt, an der das Wasser herabrinnt. Die ganze Vorrichtung stellt man im Dunkeln unter einer Glasglocke auf. Die Plasmodien kriechen nun in Folge ihres rheotropischen Verhaltens auf den Objectträger und breiten sich auf demselben aus. Will man für den Zweck näherer Untersuchung Plasmodien auf dem Objectträger unter Deckglas haben, so thut man gut, diese letzteren auf dem Objectträger auf der Seite, auf der der Wasserstrom herabfliesst, dadurch aufzukitten, dass man unter ihre vier Ecken kleine Wachsfüsschen bringt. Es ist dann die Möglichkeit gegeben, dass Plasmodienzweige unter die Deckgläser kriechen und sich hier, zarte Fäden bildend , ausbreiten. Die Ansammlung der Plasmodien auf den Objectträgern geht nicht immer mit gleicher Schnelligkeit vor sich ; meist erfolgt sie im Laufe eines halben Tages sicher. Von ganz besonderem Interesse ist es, die anziehenden sowie ab- stossenden Wirkungen, welche verschiedene Substanzen auf die Be- wegungsrichtung der Plasmodien ausüben, genauer kennen zu lernen. Man verwendet bei bezüglichen Experimenten Plasmodien, die durch einen Wasserstrom auf Fliesspapier gelangt sind, oder das Unter- suchungsmaterial wird aus Aethalium Sclerotien gewonnen, die man auf eine feuchte Unterlage (mehrere Bogen mit Wasser durchtränkten Fliesspapiers) gebracht hat. Ich erhielt auf diesem letzteren Wege schöne Plasmodien, und als dieselben durch längeres Verweilen unter einer Glasglocke ziemlich ausgehungert waren, was für den folgenden Versuch günstig ist, wurden kleine mit Loheaufguss durchtränkte Fliesspapierkügelchen auf die ausgebreiteten Schleimpilzmassen gelegt. Die Substanzen des Loheextracts wirken anziehend auf die Plasmodien ein. und daher erscheinen die Papierkügelchen bereits nach Verlauf einiger Stunden nach allen Richtungen hin von Plasmodiensträngen durchsetzt. Der Trophotropismus der Schleimpilze ist hiermit constatirt. Auf irgend eine Stelle in der Mitte eines auf horizontaler feuchter Unterlage ausgebreiteten Plasmodiums bringe man einen kleinen Kochsalzkry stall. Die direct berührten Schleimpilztheile bräunen sich und sterben ab, während sich die nicht getödteten Theile des Unter- suchungsobjects von dem Kochsalz zurückziehen, so dass Lücken im Plasmodium entstehen, die sich übrigens wieder schliessen können, wenn eine hinreichend gleichmässige Vertheilung des sich allmählich auflösenden Kochsalzes im feuchten Substrat erfolgt ist. Chlornatrium Die Reizbewegungen der Pflanzen. 363 wirkt also nicht anziehend, sondern abstossend auf die Plasmodien ein ^). Dass die ausserordentlich feine Reactionsfähigkeit der Plasmodien auf die erwähnten sowie auf einige andere äussere Einflüsse von bio- logischer Bedeutung für ihren zarten Organismus ist, wird von vorn- herein klar sein, und wir brauchen hier darauf nicht näher einzugehen. II. Die geotropischen, heliotropischen und hydro^- tropischen Nutationen und einige andere Reizerscheinungen. 172. Das ^^otroplsche Verhalten der Wurzeln. Die Wurzeln, zumal die Hauptwurzeln der Gewächse, haben das Bestreben, senkrecht nach abwärts zu wachsen, eine Erscheinung, die durch das positiv geo tropische Verhalten der Organe bedingt ist. Um das positiv geotropische Verhalten der Wurzeln zu constatiren, stellen wir den folgenden Versuch an. Samen von Pisum, Vicia Faba oder Phaseolus werden nach 24-stün- digem Anquellen in Brunnenwasser in feuchte Sägespäne gelegt, mit denen grosse Blumentöpfe oder Holzkästen angefüllt worden sind. Das Keimbett muss sehr locker und gleichmässig durchfeuchtet sein, wenn die Entwickelung der Keim- linge normal erfolgen soll. Die Samen von Vicia Faba werden so mit der Mikropyle nach abwärts in die Sägespäne gelegt, dass die aus- tretende Hauptwurzel keine Krüm- mungen zu machen braucht Die Samen von Phaseolus legt man horizontal in das Keimbett; die Haupt- wurzel bildet dann nach ihrem Austritt einen rechten Winkel mit der Längsaxe des Samens. Wir stellen die Blumentöpfe oder Holzkästen unter grosse Pappkästen oder in einen Schrank und nehmen einige Keimlinge mit recht gerade gewachsenen Wurzeln aus den Sägespänen heraus, wenn die Wurzeln eine Länge von etwa 3 cm erlangt haben. Wir spiessen einige der Untersuchungsobjecte nach sorgfältigem Ab- waschen auf langen Stecknadeln auf und befestigen jeden Keimling in der Weise, wie es Fig. 140 zeigt, unter einer genügend grossen Glasglocke so, dass die Wurzel horizontal gerichtet ist. Beim Auf- spiessen ist das auf S. 325 Gesagte zu berücksichtigen. Der untere Rand der Glasglocke taucht in Wasser, mit welchem eine Krystalli- Fig. 140. Apparat zur Constatirving geotropischer Wurzelkrümmungen. 1) Vel. Stahl, Botanische Zeitung, 1884, Nr. 10. Daselbst finden sich auch Angaben rar weitere Experimente sowie Literaturzusammenstellungen. 364 Fünfter Abschnitt. sirschale angefüllt ist, während die Innenwand der Glasglocke mit feuchtem Fliesspapier ausgekleidet wird. Wir stellen unseren Ap- parat ins Dunkle. Wir können das Experiment auch einfach in der Weise ausführen, dass wir einige unserer Keimlinge aus den Säge- spänen herausnehmen und mit horizontal gerichteten Wurzeln wieder in dieselben hineinlegen. Wir können nun bei genügend hoher Temperatur {20 — 2b^C.) schon nach einigen Stunden (bei niederer Temperatur erst später) eine je nach Umständen mehr oder minder scharfe, nach abwärts gerichtete Krümmung der W^urzelspitze wahr- nehmen. Die W^urzel führt eine positiv geotropische Krümmung aus und wächst nicht horizontal, sondern nach abwärts weiter. Wenn wir Keimlinge von Phaseolus etc. derartig in Sägespäne legen, dass ihre Wurzeln senkrecht nach aufwärts, ihre Spitzen also nach oben gerichtet sind, so krümmt sich die Spitze alsbald na.ch abwärts und wächst dann ' in dieser Richtung weiter. Bei meinen Versuchen mit Phaseolus (22" C.) hatte sich die Wurselspitze bereits nach Ver- lauf von 4 Stunden erheblich gekrümmt. Werden Keimpflanzen in der Weise in Sägespäne gelegt, dass ihre Wurzeln schief nach auf- oder abwärts gerichtet sind, dann treten natürlich auch geotropische Kriimmungen ein, welche bestrebt sind, das Wurzelende senkrecht nach abwärts zu führen. .- Für die weiteren, specielter auf die geotropische Abwärtskrüm- müng der W^urzeln eingehenden Untersuchungen bedürfen wir zu- nächst eines besonderen Kastens, wie ein solcher von Sachs zuerst construirt wurde und in Fig. 141 ab- gebildet ist. Ein solcher Kasten ist der Hauptsache nach aus starkem Zinkblech gefertigt. Die Vorder- und Hinterwand werden aber von ca. 2() cm hohen und ca. 30 cm breiten Glas- platten gebildet, und zwar dürfen diese Wände nicht senkrecht stehen, sondern sie müssen einen Neigungs- Pijf. 141. Zinkkasten mit Glaswänden zu winke! von etwa 10» besitzen. Beobachtungen über Wurzelentwiekelung. AJer Boden des KastenS und seine metallenen Seiten- wände sind mit vielen kleinen Löchern versehen, um den Luftwechsel in der einzufüllenden Erde zu begünstigen. Wir verwenden leichte, sehr humusreiche Erde, wie sie für Gewächshauspflanzen benutzt wird, be- feuchten dieselbe mit so viel W^asser, dass sie sich eben noch zwischen der Hand zu einer krümeligen Masse zerreiben lässt, und werfen sie dann durch ein Sieb mit 1,5 mm weiten Oeffnungen. Das Boden- material darf beim nun erfolgenden Einfüllen in den Kasten nicht zusammengepresst werden ; es muss eine lockere Beschatfenheit haben, wenn sich die Wurzeln der Untersuchungsobjecte ungestört entwickeln sollen. Die erforderlichen Keimpflanzen haben wir in angegebener W^eise in feuchten Sägespänen cultivirt. Wir verwenden sie, wenn ihre Wurzeln einige cm lang geworden sind. Zunächst handelt es Die Reizbewegungen der Pflanzen. 365 sich darum, feine Tuschestriche auf den Wurzeln, die als Marken dienen sollen, anzubringen. Wir trocknen die Wurzeln vorsichtig mit etwas Leinwand ab und bringen dann mit Hülfe eines Pinsels in Ent- fernungen von je 2 mm die Tuschestriche auf ihnen an (vergl. unter 154). Diese sehr sorgfältig auszuführende Operation gelingt am besten, wenn man eine grosse, glatte, etwa 2 cm dicke Korkplatte zu Hülfe nimmt, an deren linkem Rande mittelst einer grossen Feile verschiedene grosse Kerben angebracht sind, von denen auf der Oberfläche der Korkplatte mit dünner, runder Feile hergestellte Rinnen ausgehen. In die Kerben werden die Samen eingeschoben ; die Rinnen nehmen die Wurzeln auf, und neben ihnen liegt eine Millimetertheilung. Die vorbereiteten Keimlinge werden mit horizontal gerichteter Wurzel in die Erde un- seres Kastens gelegt, so zwar, dass die Wurzel der einen Glasplatte dicht angeschmiegt ist, mit Erde locker bedeckt und beobachtet. Man klebt der AussenHäche der Glasplatte ein kleines, dreieckiges Papier- stückchen auf, dessen eine Spitze genau auf die erste, gleich hinter der Wurzelspitze angebrachte Marke hinweist. Bei Phaseolus fand ich, wie es Sachs auch für Vicia angiebt, dass die Wurzel etwa eine Stunde lang horizontal weiter wuchs; die erste Marke entfernt sich dabei etwas von der Papierspitze. Dann aber machte sich alsbald eine geotropische Krümmung an den Wurzeln bemerklich, und von Zeit zu Zeit wiederholte Beobachtungen lehrten, dass zuerst eine Krümmung in der zwischen der ersten und zweiten Marke liegenden Zone deutlich zu constatiren ist; später dann auch in den übrigen Zonen. Man stellt fest, dass alle im Längenwachsthum begriffenen Zonen der Wurzel sich an dem Zustandekommen der geotropischen Abwärtskrümmung betheiligen; aber um dies wichtige Resultat ganz sicher zu constatiren, führen \yir das folgende Experiment aus. Wir benutzen z. B. Keimlinge von, Vicia Faba mit 2 cm langen Wurzeln. Diese werden in angegebener-Weise in den Culturkasten gelegt, nachdem der wachsende W urzeitheil durch aufgetragene Tuschestriche in Zonen von je 2 mm Länge getheilt word^ ist. Nach etwa 8 Stunden hat die horizontal gelegte Wurzel bei 20" C. bereits eine ansehnliche Krümmung vollzogen, und wir könneir..zur Messung des erzielten Zuwachses schreiten. Wir benutzen "dazu ein ..dünnes Glimmerplätt- chen, auf dem mit der Zirkelspitze eine"Änzahl concentrischer Kreise von bekanntem Radius') eingeritzt sind. 'i5ie Viertelkreise theilt man nun zweckmässig nicht in !H) Theile, sondern .durch leicht und genau ausführbare fortgesetzte Halbirung in 8, lü^ 3i^.Theile. Man berechnet für jeden Radius die Länge eines solchen Bogenstückes. Die in einer Tabelle zusammengestellten Werthe dienen zur Feststellung der Bogen- längen der gekrümmten Wurzeln. Die Kreistheilung wird an der Glasplatte, hinter der sich die Wurzel befindet, angelegt. Man probirt, welcher Kreis mit der Krümmung oder einem Theil derselben der con- vexen Seite der Wurzel zusammenfällt Man befestigt die Glimmerplatte durch gummirte Papierstreifen an der Glaswand und stellt die weiteren Beobachtungen an. In unserem Falle beträgt der Gesammtzuwachs auf der convexen Wurzelseite etwa 4 mm. Die gesammte wachsende Region der Wurzel hat sich au dem Zustandekommen der geotropischen Abwärtskrümmung betheiligt. Das schnellste Wachsthum hat etwa ift der dritten Zone stattgefunden. 1) Der grösste Kreis möge ei»en^ Jiadiu8'Von-20 mm haben. 366 Fünfter Abschnitt. Wir suchen ferner je zwei sehr gleichartig ausgebildete Keimlinge von Vicia Faba aus, die sich in Sägespänen entwickelten und Wurzeln von 1,5 — 2 cm Länge haben. Vom Vegetationspunkt aus tragen wir in Entfernungen von 2 mm feine Tuschestriche als Marken auf (die erste Marke liegt am Vegetationspunkt selbst) und legen je einen Keim- ling derartig in die Erde unseres Vegetationskastens, dass die Wurzel an der Glaswand völlig liorizontal gerichtet ist, während der zweite Keimling mit genau vertikal gerichteter Wurzel in die Erde gelangt. Nach 12 — 16 Stunden (20° C.) messen wir den Zuwachs an der ge- raden und an der geotropisch gekrümmten Wurzel. Diese letztere Messung wird in erwähnter Weise unter Benutzung des Glimmer- plättchens ausgeführt. Wir bestimmen nicht nur den Zuwachs der convexen, sondern auch denjenigen der concaven (unteren) Wurzel- seite. Ist z. B. der Zuwachs auf der convexen Wurzelseite = 10 mm, derjenige auf der concaven 6 mm, so beträgt der Zuwachs in der Mittellinie (Axe der Wurzel) 8 mm. Die gerade Vergleichswurzel mag sich um 9,5 mm verlängert haben. Daraus ergiebt sich, wie Sachs zuerst klarstellte, dass die convexe Seite sich krümmender Wurzeln etwas schneller wächst als eine gerade Wurzel unter gleichen Um- ständen. Die concave Seite der gekrümmten Wurzel wächst erheblich langsamer als die gerade, und der Gesammtzuwachs der ersteren ist merklich geringer als derjenige der letzteren. Bei Gelegenheit der Untersuchungen über das Wachsthum der Hauptwurzeln von Phaseolus oder Vicia Faba hinter einer Glaswand wollen wir nicht versäumen, uns im Allgemeinen über die Form der geotro- pischen Krümmung, welche unsere Unter- suchungsobjecte er- fahren haben, zu un- terrichten. Wir be- dienen uns dabei der dünnen Glimmer- platte, auf der ein System concentrischer Kreise mit der Zirkel- spitze eingeritzt ist Durch Anlegen der Glimmerplatte an die Glaswand, hinter wel- cher die Wurzel wächst, können wir leicht erfahren, welche Form die Wurzelkrümmung besitzt. Sie gleicht bei beginnender geotropischer Nutation einem Kreisbogen von bedeutendem Radius. Die Wurzelkrümmung erscheint später weniger flach als im ersten Stadium der Beobachtung. Ferner- hin gleicht die Krümmung aber keinem Kreisbogen mehr, sondern sie wird parabolisch. Die Zone des lebhaftesten Wachsthums der Figf. 14*i. Theil einer hinter einer Glaswand er waehsenen Wurzel Ton Phaseolus multiflorus. Die Reizbewegungen der Pflanzen. 367 Wurzel ist stark gekrümmt; vor und hinter dieser Region ist die Krümmung viel flacher. Wir wollen nunmehr dazu übergehen, das geotropische Verhalten der Nebenwurzeln zu betrachten, und beschränken uns darauf, die aus den Hauptwurzeln von Phaseolus, Pisum, Vicia, Zea hervorgehenden Neben- wurzeln erster und zweiter Ordnung ins Auge zu fassen. Es werden Keimpflanzen in unserem Erdkasten hinter einer Glaswand cultivirt. Die Hauptwurzel wächst gerade nach abwärts. Die in acropetaler Reihen- folge sich an der Hauptwurzel bildenden Nebenwurzeln erster Ordnung schlagen diese Richtung aber nicht ein, sondern sie wachsen, wie es Fig. 142 zeigt, in mehr oder minder schiefer Richtung nach abwärts. Man kann sich leicht davon überzeugen, dass den Nebenwurzeln erster Ordnung in der That ein geotropisches Verhalten zukommt; denn wenn man den Erdkasten umkehrt, so dass die Spitze der Hauptwurzel nach oben gerichtet ist, dann findet man nach einiger Zeit, dass die Enden der fortwachsenden Nebenwurzeln sich in einem Bogen nach abwärts gewendet haben. Die Nebenwurzeln erster Ordnung wachsen also im Gegensatz zu den Hauptwurzeln nicht senkrecht nach abwärts , sondern ihre geo- tropische Abwärtskrümmung hört auf, wenn sie mit der Verticalen einen bestimmten Winkel, den ge o tropis chen Grenzwinkel, bilden. Die aus den Nebenwurzeln erster Ordnung hervorgehenden Nebenwurzeln zweiter Ordnung sind, wie noch bemerkt werden mag, gar nicht geo- tropisch ; sie wachsen ihrer Anlage gemäss weiter und reagiren nicht auf den Einfluss der Schwerkraft *). 173. Das geotropische Verhalten der Sprosse. Zahlreiche Stengel besitzen ein ausgeprägt negativ geotropisches Verhalten und wir wollen dieselben daher benutzen, um uns weitere Aufklärung über die Einwirkung der Schwerkraft auf die Pflanzen zu verschaffen. Werden negativ geotropische Pflanzentheile in eine hori- zontale Lage gebracht, so krümmen sie sich aufwärts, eine Erschei- nung, die unter Benutzung der verschiedensten Untersuchungsobjecte leicht constatirt werden kann. Wir bedecken den Boden eines grossen Zinkkastens mit feuchtem Sand, häufen den Sand an den Wänden derartig zusammen, dass er hier ziemlich hoch liegt, stecken in die auf diese Weise gebildeten Sandwälle das untere Ende der auf ihren Geotropismus zu prüfenden Stengelstücke hinein, so dass sie im Ueb- rigen frei hervorragen, ohne den Sand zu berühren, und verschliessen den Kasten mit einem Deckel. Als icii z. B. Blüthenknospen tragende Sprosse von Chrysanthemum Leucanthemuni in den feuchten, dunkeln Raum des Zinkkastens in horizontale Lage brachte, hatten sich die- selben bei 24 °C. schon nach wenigen Stunden stark nach aufwärts gekrümmt. Die geotropische Wachsthumsbewegung hört schliesslich auf, wenn der obere Stengeltheil mit dem unteren einen rechten Winkel bildet. Das Auftreten geotiopischer Krümmungen ist ebenso an abgeschnittenen epicotylen Gliedern der im Dunkeln erwachsenen 1) Die Literatur über den GeotropLamus der Wurzeln habe ich iu meinem Lehrbuch der Pflanzenphysiologie zusammengestellt. In Bezug auf die Unter- suchungsmethode verdient in erster Lime eine Arbeit von Sachs in den Arbeiten d. botan. Listitute in Würzburg, Bd. 1, Beachtung. 36S Fünfter Abschnitt. Bohnenkeimlinge in der angegebenen Weise leicht festzustellen (vgl. Fig. 143). Bei Experimenten mit Aristolochia Sipho benutzte ich nicht ganze Sprosse, sondern aus lebhaft wachsenden Internodien herausgeschnittene Stücke. Sie zeigten ein stark negativ geotropisches Verhalten, und diese Thatsache, die auch an Stengelstücken anderer Pflanzen (z. B. Stücken aus dem Epicotyl im Dunkeln erwachsener Phaseoluskeimlinge) ohne jede Schwierigkeit festgestellt werden kann, ist mit Rücksicht auf das unter 175 Angeführte, wo von der Bedeutung der Wurzelspitze für das Zustandekommen geotropischer Wurzelkrüm- mungen die Rede sein wird, von Interesse, denn sie lehrt mit aller Be- stimmtheit, dass die Spitze des Phaseolusstengels für das geotropische Verhalten desselben nicht durchaus maassgebend erscheint. Das epico- tyle Glied von Phaseolus eignet sich für Versuche über den Geotropis- mus besonders, weil Bohnenkeimlinge zu jeder Jahreszeit ohne Mühe cultivirt werden können. Die Reactionsfahigkeit verschiedener Pflanzen- theile auf die Wirkung der Schwerkraft ist übrigens keineswegs in quantitativer Beziehung die gleiche. Während die erwähnten Objecte sich sehr schnell und stark krüm- men, wenn sie in einem feuchten Raum in hori- zontale Stellung gebracht worden sind, führen z. B. junge entblät- terte Sprosse von Sambucus nigra Fig. 143. Negativ geotrojnsch gekrümmtes Ei)ieotyl unter gleichen von Phaseolus mnltlflorus. ' Umständen nur langsam geotro- pische Krümmungen aus. Hohe geotropische |Reizbarkeit besitzt die Plumula von Triticum vulgare. Legt man kleine Töpfe, in denen sich Weizenkeimlinge mit ca. 2 cm langer Plumula entwickelt haben, horizontal, so krümmt sich die Plumula derselben schnell aufwärts. . . Lehrreich ist der folgende Versuch, den ich wiederholt ausführte. Wir stecken das untere Ende eines beblätterten Sprosses von Hippuris vulgaris in den feuchten Sand unseres Zinkkastens. Hat der Spross bei höherer Temperatur 1 — IV2 Stunden in horizontaler Lage ver- weilt, so ist schon eine deutliche, freilich noch nicht sehr starke Krümmung wahrnehmbar. Jetzt bringen wir den Spross in senk- rechter Stellung unter eine Glasglocke. Sein unteres Ende steckt in feuchtem Sand und das Licht wird vom Untersuchungsobjecte abge- halten. Wir gewahren nun nach einiger Zeit zu unserer lieber- raschung, dass die bei horizontaler Lage des Hippurisstengels aufge- tretene Krümmung jetzt, wo derselbe in senkrechter Lage verweilt, erheblich stärker wird. Damit haben wir eine Erscheinung constatirt, die auf geotropischer Nachwirkung beruht, und welche daher auch bald einer anderen Platz macht. Die bei verticaler Stellung-4€S Untersuchungsobjectes zunächst stärker gewordene Krümmung ver- schwindet nämlich allmählich vollständig; der Spross richtet sich ge- rade auf, -weil die Schwerkraft nach dem Erlöschen der g^otropischen Nachwirkung in gewöhnlicher Weise auf sein gekrümmtes Ende ein- Die Reizbewegungen der Pflanzen. 369 wirkt. Das Phänomen der geotropischen Nachwirkung lässt sich üb- rigens auch unter Benutzung anderer Sprosse feststellen. Bei den meisten Pflanzen beschränkt sich das Vermögen, Krüm- mungen unter dem Einflüsse der Gravitation ausführen zu können, auf die Internodien des Gipfels. Die ausgewachsenen, tiefer liegenden Sprosstheile reagiren nicht mehr auf die Wirkung der Schwerkraft. Um so merkwürdiger ist daher das geotropische Verhalten der Halme der Gräser. Zwischen den einzelnen, scharf von einander abgesetzten Internodien dieser Pflanzen liegen bekanntlich die durch ihre Färbung und angeschwollene Form leicht kenntlichen Knotengelenke, welche nichts anderes als die basalen Theile der Blattscheiden repräsentiren. Während die zwischen ihnen liegenden Halmtheile schon ausgewachsen steif und hart geworden sein können, bewahren diese Knotengelenke ihren jugendlichen Charakter relativ lange und sie vermögen daher auch das Zustandekommen geotropischer Wachsthumskrümmungen leicht zu vermitteln. Freilich erlischt schliesslich ebenfalls in den Zellen der Knotengelenke dies Wachsthumsvermögen. Die jüngeren Knotenge- lenke der Grashalme sind, weil ihr Parenchym noch sehr energisch turgescirt und weil die Zellen desselben noch die Fähigkeit zu sehr ausgiebigem Wachsthum besitzen, zu stärkeren geotropischen Krüm- mungen als die älteren Knotengelenke befähigt. Wenn man z. B. aus Fig. 144. Halmstttck eines Grases, geotropisch gekrümmt. dem Halm einer blühenden Roggen- oder Gerstenpflanze einzelne, etwa 10 cm lange Stücke herausschneidet, von denen jedes einzelne in seiner Mitte einen Knoten trägt, um dem Untersuchungsmaterial nun sofort in unserem Zinkkasten eine horizontale Lage zu ertheilen, so findet man, dass sich die jüngeren Halmstücke z. B. nach Verlauf von 24 Stunden viel stärker geotropisch gekrümmt Ihaben als die älteren. Durch Winkelmessung lässt sich der Krümmungsgrad noch genauer angeben. Die ältesten Halmstücke krümmen sich gar nicht mehr. Die Form, welche geotropisch sich aufrichtende Grashalmstücke annehmen, ist in Fig. 144 zur Anschauung gebracht. Durch einen Versuch kann man sich leicht davon überzeugen, dass nicht allein un- versehrte, sondern auch der Länge nach gespaltene Grashalmstücke zu geotropischen Krümmungen befähigt sind. Werden einige Grashalm stücke, die in ihrer Mitte einen Knoten tragen (ich experimentirte mit Halmstücken von Hordeum), horizontal, andere, mit jenen gleichalterige, aber schief nach aufwärts gerichtet in feuchten Sand gesteckt, so findet man nach 1 — 2 Tagen, dass die ersteren sich stärker als die letzteren gekrümmt haben, wie Winkel- messungen sofort ergeben. Nach dem Resultat dieses Experiments, Detmor, Fflanzenphytiologisches Praktikum. 2. Aufl. 24 •>70 Fünfter Abschnitt. (las auch mit beliebigen anderen Stengeltheilen, die energisch auf den Reiz der Schwerkraft reagiren, wiederholt werden kann, ist die Ein- wirkung der Gravitation auf die Pflanzen eine um so kräftigere, je mehr sich der Winkel, in welchem sie ihren Einfluss auf dieselben geltend macht, einem Rechten nähert. Schliesslich wollen wir noch einige Versuche über das Wachsthum .sich geotropisch krümmender Grasknotengelenke und anderer Pflanzen- theile anstellen. Es ist bekannt, dass die Knotengelenke, nachdem sie eine gewisse Entwickelung erfaliren haben, ihr Wachsthum unter normalen Verhältnissen einstellen. Merkwürdigerweise beginnt aber das Wachsthum in den Zellen der Knotengelenke wieder, wenn dem Grashalmstücke eine horizontale Lage ertheilt wird. Wir schneiden aus Roggen- oder Gerstenhalmen Stücke heraus, die in ihrer Mitte mit einem Knoten versehen sind, markiren die Länge der Knoten- gelenke auf zwei Seiten durch feine Tuschestriche und bringen die üntersuchungsobjecte in unseren Zinkkasten. Nach 2 oder 3 Tagen messen wir die Entfernung der Tuschestriche wieder an den geotropisch gekrümmten Halmstücken, indem wir uns dabei einer auf einem Papier- streifen aufgetragenen Millimetertheilung bedienen. Es ergiebt sich, dass die convexe Unterseite des Knotengelenkes beträchtlich an Länge zugenommen hat, während die concave Oberseite sich in Folge ein- getretener Compression ihres Gewebes verkürzt hat. Bei dem Zu- standekommen negativ geotropischer Krümmungen wird also auf jeden Fall die Wachsthumsenergie der Zellen der convex werdenden Unter- seite ganz bedeutend gefördert. Sehr lehrreich ist es, die folgende Beobachtung, die ich unter Benutzung stark geotropisch gekrümmter Halmstücke des Hafers mit besonders gutem Erfolg anstellte, vorzunehmen. Man stellt radiale Längsschnitte aus einem Knoten her und unterzieht dieselben der mikroskopischen Betrachtung. Die Zellen des Parenchyms von der Unterseite erscheinen, wie sich sofort ergiebt, beträchtlich in Rich- tung der Längsaxe des Organs gestreckt, während die Zellen von der Oberseite eine tafelförmige Gestalt besitzen. Ihr Längsdurchmesser ist kürzer als ihr radialer Durchmesser. Die Erscheinung, dass die Uöterseite der sich geotropisch krümmenden Grasknoten convex wird, beruht also auf einem sehr stark geförderten Wachsthum der Zellen dieser Seite. Zu weiteren Beobachtungen über das Wachsthum sich geotropisch krümmender Pflanzentheile eignen sich besonders Stengelstücke von Sida Napaea oder Inula Helenium, und zwar benutzen wir 200 — 300 mm lange, ihrer Blätter sowie ihrer Endknospe beraubter, aus einigen Internodien bestehende Sprosse, die völlig gerade gewachsen sein müssen, und die wir sorgsam ausgewählt haben. Wir schneiden 9 solcher Stengelstücke ab, machen sie säramtlich gleich lang und bringen sie in Gruppen von je 3 Stück. Die 3 Stengelstücke der ersten Gruppe analysiren wir sofort, indem wir mit einem scharfen Rasirmesser zwei Rindenstreifen von den- selben abziehen und ihre Länge durch Messung feststellen. 3 Stengel- stücke bringen wir in unserem mit feuchtem Sand beschickten Zinkkasten in horizontale Lage, die 3 letzten Stücke führen wir in wenig geneigter Stellung in einen grossen Glascylinder ein, dessen Boden mit feuchtem Sand bedeckt ist und dessen Mündung mit Hülfe eines Korkes verschlossen werden kann. Nach 24 Stunden werden die Stengelstücke der zweiten und dritten Gruppe analysirt. Wir ziehen von ihrer concaven und con- vexen Seite Rindenstreifen ab und messen deren Länge. Vergleichen wir Die Reizbewegungen der Pflanzen. 371 die Mittelwerthe, welche sich bei unseren Untersuchungen mit Rücksicht auf die Zuwachsbewegung der horizontal gelegten, daher stark geotropisch gekrümmten Sidasprosse ergeben, so stellt sich heraus, dass das Wachs- thum der convex gewordenen Seite derselben grösser, das Wachsthum der concav gewordenen Seite aber geringer gewesen sein muss als das- jenige der gleichnamigen Seiten der im Glascylinder aufgestellten und daher gar nicht oder nur schwach gekrümmten Vergleichsobjecte '). Wenn man nach der S. 322 angegebenen Methode auf Sprossen mit Gipfelwachsthum (z. B. Epicotyl von Phaseolus) Tuschestriche als Marken zur Bestimmung der Zuwachse in den einzelnen Stengelzonen anbringt und den Spross in dem Zinkkasten horizontal legt, so findet man zu be- stimmter Zeit (nach ca. 12 Stunden) die stärkste Krümmung in der am lebhaftesten wachsenden Stengelregion, später aber, wenn die geotropische Aufrichtung zum Abschluss gekommen ist, an der Basis der wachsenden Region des Sprosses, weil auf diese die Gravitation so lange Zeit als Reiz einwirken kann. Experimentirt man mit sehr schnell wachsenden, dünnen Sprossen (z. B. Agrostemma), dann ergiebt sich, dass der Spross- gipfel zu bestimmter Zeit, wenn die geotropische Nutation des ganzen Sprosses aber noch keineswegs ihren Abschluss gefunden hat, nicht senk- recht aufgerichtet, sondern in Folge geotropischer Nachwirkung (vgl. S. 368) weit über die Verticale hinausgeführt ist. Später richtet sich der Gipfel dann unter dem Einfluss der Gravitation senkrecht empor. Vgl. Sachs, Flora, 1873. Bei den Beobachtungen ist erforderlich, die jeweilige Krümmungsform der Sprosse aufzuzeichnen. Dabei zeigt sich auch, dass die Krümmung bei AVjschluss der geo- tropischen Nutation eine sehr scharfe ist. In früheren Stadien der Nutation sieht man zumal deutlich, dass die Krümmung keinem Kreisbogen ent- spricht, dass vielmehr an einer Stelle eine stärkste Krümmung (mit klein- stem Radius) gegeben ist, von wo aus sie nach hinten und vom abnimmt. 174. Die Ui*sacheii der geotropischen Krümmungen. Als Quelle derjenigen Kraft, welche die innere und äussere Arbeit bei dem Zustandekommen geotropischer Krümmungen leistet, ist natürlich nicht die Erdanziehung anzusehen. Jene Kraft wird vielmehr von der Pflanze selbst geliefert, und die Schwerkraft, welche als Reizursache wirkt, löst sie nur unter bestimmten Umständen aus. Dass bei dem Zustandekommen negativ geotropischer Krümmungen eine erhebliche äussere Arbeit geleistet wird, ist ohne weiteres klar, wenn man sich an die durch die Krümmung herbeigeführte Hebung der oft ein nicht un- bedeutendes Gewicht besitzen- den Sprossenden erinnert. Aber auch bei dem Hervor- treten positiv geotropischer Nutationen werden die Pflan- zentheile nicht einfach passiv durch die Schwere nach ab- i,. ,.r »- . « ,r. . ^ ». WärtS gezogen, sondern sie ^eren Wurzelspitze iS Quecksilber eindringt! betheiligen sich in activer (Nach Sachs.) 1) Vgl. zumal Sachs in Arbeiten des botanischen Instituts in Würzburg, Bd. 1, und H, de Vries in Landwirthschl. Jahrbüchern, Bd. 9. 24* 372 Fünfter Abschnitt. Weise an der stattfindenden Bewegung. Das Eindringen sich positiv geo- tropisch krümmender Wurzeln in Quecksilber zeigt dies deutlich. Vergl. Fig. 145. In ein Gefäss von etwa 10 cm Durchmesser wird bis zu einer Höhe von 3 cm reines Quecksilber gegossen. Wir befestigen nun an einer Stelle der Seitenwand ein Stück Kork mittest Siegellack oder in anderer Weise. Mit Hülfe einer langen Nadel wird dann eine Keimpflanze von Vicia Faba oder Phaseolus mit einer einige cm langen Wurzel derartig angespiesst, dass der vordere Theil ihrer Wurzel horizontal auf dem Quecksilber ruht. Nachdem wir noch etwas Wasser auf das Quecksilber gegossen haben und der Apparat unter eine Glasglocke gestellt worden ist, überlassen wir ihn sich selbst. Abgesehen von Nebenerscheinungen, lässt sich nach Verlauf längerer Zeit (etwa 24 Stunden) namentlich das Eindringen des Wurzelendes in das Quecksilber constatiren. Die geotropisch gekrümmte Wurzel über- windet den Widerstand, welchen das Metall ihr darbietet, und wächst senkrecht in dasselbe hinein. (Vergl. Fig. 145.) Auch mit Hülfe des in Fig. 146 abgebildeten Apparates lässt sich die Thatsache demonstriren, dass Wurzeln sich mit erheblichem Kraft- aufwand geotropisch nach abwärts krümmen. Auf dem Brett B steht die Metallsäule S. Der Metallstab St kann an der Säule S ver- schoben werden ; ebenso ist er in horizontaler Richtung von rechts nach links beweglich. Zur Fixirung von St dienen Schrauben. An seinem Ende trägt St den von oben nach unten verschiebbaren Metall- stab St'. Dieser trägt die leicht bewegliche Rolle R. Ueber die Rolle läuft ein Faden. An dem einen Ende desselben hängt das kleine Gläschen Seh. Das andere Ende des Fadens ist an einem Haken befestigt. Der leicht bewegliche Zeiger Z, der vor dem Gradbogen G spielt, ist an seiner Basis etwas verbreitert. Hier wird der erwähnte Haken befestigt und ebenso ein zweiter, an den man ein kleines Gewicht hängt, um das Gläschen Seh, wenn es in Wasser eintaucht, das sich in einem untergestellten geeigneten Gefässe befindet, zu äquilibriren. Wir hängen nun an den Haken noch ein weiteres Gewicht, z. B. etwa 1 g, wenn wir mit Keimlingen von Vicia Faba ex- perimentiren. Die Keimlinge sind in geeigneter Weise mit Nadeln auf einem Korkstück befestigt, das in dem Wassergefäss fixirt ist. Die nach abwärts wachsende Hauptwurzel, deren Spitze in das Gläs- chen Seh eingeführt ist, übt auf dieses einen Druck aus. Der Druck, den die Flg. 146. Apparat zur Demonstration der Arbeits- wachsende Wurzel leistung sich geotropisch krümmender Wurzeln. geltend macht. Die Reizbewegungen der Pflanzen. 373 drückt das Gläschen trotz der Gegenwirkung von ca. 1 g herab und der Zeiger Z verändert in Folge dessen seine Lage ^). Wir wissen — und wir kommen darauf noch specieller zurück — dass die geotropischen Krümmungen (abgesehen von den geotropischen Variationsbewegungen) durch VVachsthumsvorgänge zu Stande kommen. Die meisten Pflanzen wachsen nicht, wenn ihnen kein freier Sauerstoff zur Disposition steht, und somit werden auch die geotropischen Nutationen in einem sauerstofffreien Medium unterbleiben. Mit Hülfe des in Fig. 147 abgebildeten Apparates lässt sich diese Thatsache leicht feststellen. In einen Glascylinder bringen wir ein durch Aus- kochen in Wasser mit diesem getränktes dünnes Brettchen {B\ auf welchem wir mit Hülfe von Nadeln Keimlinge von Pisum oder Phaseolus oder abgeschnittene epicotyle Glieder dieser letzteren Pflanze oder z. B. mit Blüthenknospen versehene Schäfte von Taraxa- cum (/SO befestigt haben. Die wachsthumsfähigen Regionen der Wurzeln resp. Stengel müsssen frei und horizontal schweben. Der Cylinder wird mit einem doppelt durchbohrten Kork verschlossen. Die Bohrungen dienen zur Aufnahme im rechten Winkel gebogener Glasröhren, und während die eine (a) mit einem Wasserstoffent- wickelungsapparat in Verbindung steht, dient die andere (6) zur Ab- leitung des den Cylinder verlassenden Gases. Wir leiten stundenlang -^^ Figr. 147. Apparat zur Constatirung der Thatsache, dass Pflanzentheile bei Sauerstoffausschluss keine geotropischen Krümmungen erfsdiren. einen Strom feuchten Wasserstoffs durch den Apparat, aber eine geotropische Krümmung lässt sich an den Untersuchungsobjecten nicht wahrnehmen, wenn der Cylinder horizontal gelegt wird, nach- dem er zuvor (bis etwa eine halbe Stunde nach Beginn des Durch- leitens von Wasserstoffgas) vertical gestanden hatte. In einem ähn- lichen Cylinder führen Keimlinge oder Sprosse, welche in demselben in Contact mit atmosphärischer Luft verharren, zumal bei höherer Temperatur, schnell energische geotropische Nutationen aus ^). Experimentiren wir mit Keimlingen (z. B. von Pisum), so können wir auch sehr bequem den in Fig. 131 dargestellten Apparat benutzen. Das Gasableitungsrohr mündet aber nicht unter Quecksilber, sondern trägt einen kurzen, dickwandigen Kautschukschlauch ,und wird, nach- dem man 1 — 2 Stunden lang Wasserstoffgas durchgeleitet hat, mittelst eines eingeführten Glasstabes luftdicht abgeschlossen. Legt man den Apparat nun horizontal, so tritt dennoch keine geotropische Krümmung der Wurzeln ein. Die Untersuchungen über das Zustandekommen der geotropischen Krümmungen haben zu dem Resultat geführt, dass die Gravitation, 1) Sehr schöne und eingehende Untersuchungen über Druck und Arbeits- leistung durch wachsende Pflanzen stellte neuerdings Pfeffer an. Vergi. Ab- handlungen der Königl. sächs. Gesellschaft d. Wiss., 1893, Bd. 20. Leider Konnte ich diese Arbeit nicht mehr berücksichtigen. 2) Vgl. G. Kraus, Abhandliuigen der Naturforschenden Gesellschaft zu Haue, Bd. 16, und Correns, Flora, 1892. 374 Fünfter Abschnitt. welche als Reizursache wirkt, nicht direct das Wachsthum der krüm- mungsfähigen Organe, sondern zunächst die Turgorverhältnisse ihrer Zellen beeinflusst. Wir experimentiren mit dem epicotylen Stengel- glied von Phaseolus, mit 20 cm langen, jungen Sprossenden von Aristolochia, Taraxacum, Plantago, Papaver etc. Die Untersuchungs- objecte werden in den feuchten, dunkeln Raum eines Zinkkastens (vgl. unter 173) in horizontale Lage gebracht. Wenn nach Verlauf einiger Zeit (2 — 4 Stunden) eine deutliche geotropische Aufwärtskrümmung an ihnen zu sehen ist, so legen wir sie auf einen Carton, auf dem con- centrische Kreise aufgetragen sind. Wir suchen denjenigen Kreis auf, dessen Krümmung mit derjenigen des Pflanzentheils möglichst genau zusammenföllt, und ermitteln den Radius des Kreises. Nun legen wir unser Untersuchungsobject in eine 20-proc. Kochsalzlösung enthaltende Krystallisirschale. Nach einigen Stunden stellen wir die Schale auf den Carton und suchen wieder, indem wir den plasmolytisch gemachten schlafi'en Stengeltheil mit der Pincette verschieben, den seiner Krüm- mung entsprechenden Kreis auf. Der Radius dieses Kreises ist grösser als derjenige jenes Kreises, den wir vor der Plasmolyse auffanden. Man sieht, dass der in den plasmolytischen Zustand versetzte geo- tropisch gekrümmte Pflanzentheil eine bleibende Krümmung behält, eine Erscheinung, die eben Folge des durch die Schwerkraftwirkung erzielten Wachsthumsvorganges ist. Derjenige Theil der ursprüng- lichen Krümmung, welcher durch Plasmolyse beseitigt werden kann, ist dagegen auf Rechnung der Turgorverhältnisse zu setzen. Wenn die erwähnten Untersuchungsobjecte etwa 24 Stunden im Zinkkasten in horizontaler Lage verweilt haben, so wird ihre Krümmung durch Plasmolyse nicht zum Theil aufgehoben; sie bleibt in ihrem ganzen Umfang in der Salzlösung bestehen, weil sie durch Wachsthums- vorgänge in den Zellen fixirt worden und deshalb nicht mehr rück- gängig zu machen ist. Wenn man Halmstücke von Gräsern (ich experimentirte z. B. mit Seeale), die 10 cm lang und in ihrer Mitte mit einem Knoten ver- sehen sind, in horizontaler Lage in unserem Zinkkasten befestigt, in- dem man ihr unteres Ende in den an einem der Kastenwände zu- sammengehäuften Sandwall steckt, so tritt alsbald eine beträchtliche Krümmung im Knotengelenk ein. Diese betrug z. B. in einem Falle, den ich beobachtete, 45". Als ich das Halmstück in den völlig plas- molytischen Zustand versetzt hatte, war die Krümmung nur noch = 25°. Die Betheiligung von Turgor- und zugleich von Wachsthumsverhält- nissen an der geotropischen Aufwärtsbewegung ist also auch hier unzweifelhaft festgestellt^). Nach demjenigen, was ich in meinem Lehrbuche der Pflanzenphysio- logie über die Grundursachen der geotropischen Nutationen gesagt habe, darf wohl daran festgehalten werden, dass die Schwerkraft die Turgorkraft der Zellen auf der convex und concav werdenden Seite der sich krümmen- den Pflanzentheile nicht, wohl aber die Widerstandsfähigkeit der unter dem Einfluss des Turgors gedehnten Zellschichten (Protoplasma sowie Zellhaut) modificirt. Bei negativ geotropischen Organen wird die Wider- standsfähigkeit dieser Schichten in den Zellen der convex werdenden Unterseite vermindert, diejenige der Zellen der concav werdenden Ober- seite aber erhöht. Somit kann die Turgorausdehnung der Zellen der Unterseite bei gleich bleibender Turgorkraft derselben gesteigert, jene 1) Vgl. H. DE Vrees, Landwirthschaftl. Jahrbücher, Bd. 9, S. 500. Die Reizbewegungen der Pflanzen. 375 der Zellen der Oberseite herabgesetzt werden, und damit ist sofort die Bedingung für ein verschiedenartiges Wachsthum der antagonistischen Seiten des Pflanzentheiles gegeben. Voraussichtlich wird auch der Wasser- gehalt der unteren Hälfte negativ geotropisch gekrümmter Pflanzentheile grösser als derjenige der oberen Hälfte sein, und in der That will Kraus ^) derartige Differenzen im Wassergehalt constatirt haben. Es sind aber über die Wasservertheilung in geotropisch gekrümmten Pflanzentheilen erneute Untersuchungen anzustellen, da wenigstens die Angaben von Kraus be- züglich der Wasservertheilung in heliotropischen Stengeln durch Thatb's ^) Beobachtungen keine Bestätigung gefunden haben. Dass in der That die Turgorkraft der Zellen der antagonistischen Seiten geotropisch gekrümmter Organe die nämliche ist, wie bereits angedeutet wurde, lässt sich auch experimentell mit Hülfe der plas- molytischen Methode nachweisen ^). Werden im Dunkeln erwachsene Bohnenepicotyle horizontal gelegt, um den Untersuchungsobjecten nach erfolgter Aufwärtskrümmung an der convexen sowie concaven Seite der Krümmung zarte Rindenschnitte zu entnehmen, so zeigt die mikro- skopische Prüfung derselben Folgendes. Legt man die Schnitte in 2-proc. Salpeterlösung, so macht sich noch keine Plasmolyse geltend. Die- selbe tritt erst ein, wenn man mit etwa 2,5-proc. Salpeterlösungen arbeitet, und zwar wirkt die Lösung von bestimmter Concentration in gleicher Weise auf die Rindenzellen von der convexen Unter-, sowie der concaven Oberseite des gekrümmten Epicotyls ein. Wenn nicht Differenzen der Turgorkraft auf den antagonistischen Seiten gekrümmter Pflanzentheile als Ursachen der Nutationen zu betrachten sind, so sind diese Ursachen vermuthlich in einem beson- deren Verhalten der Membranen zu suchen. Wortmann *) ist bestrebt, diese Ansicht durch folgende lehrreiche Experimente zu begründen. Eine in einem Blumentopf cultivirte Phaseoluspttanze mit lebhaft wachsendem Epicotyl wird horizontal gelegt, um die Stengelspitze ein Seidenfaden geschlungen, dieser über eine leicht bewegliche Rolle geführt und an seinem freien Ende mittelst eines Gewichtes so stark gespannt, dass das Epicotyl keine geotropische Krümmung ausführen kann. Nach 30-48 Stunden entnehmen wir der wachsenden Region des Epicotyls feine Querschnitte und constatiren das Folgende. Die Rindenzellen der Oberseite sind sehr plasmareich, englumig und haben sehr stark collenchymatisch verdickte Membranen. Die Rinden- zellen der Unterseite erscheinen dagegen plasmaarm, weitlumig und dünnwandig. Bei den Experimenten mit dem Bohnenepicotyl, deren geotropische Krümmung man in angegebener Weise verhindert, lässt man den Plasmakörper der Zellen natürlich Zeit, seine in Folge der Schwerkraft- wirkung zu Stande kommende Reizbewegungen voll und ganz aus- zuführen. Diese Reizbewegungen bestehen aber in einer Wanderung des Plasmas von der Stengelunterseite zur Oberseite. Als Bahnen dienen dabei offenbar die Plasmaverbindungen zwischen den Zellen. Die bedeutende Plasmaansammlung in den Zellen der Oberseite der Stengel hat hier ein starkes Dickenwachsthum der Membranen und daher ein schwaches Flächenwachsthum derselben zur Folge. Auf 1) Vgl. G. Kraus, Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft zu Halle, Bd. 15. 2» Vgl. Thate in Pringsheiäi's Jahrbüchern f. wissensch. Botanik, Bd. 13. 2) Vgl. Wortmann, Berichte der Deutschen botan. Gesellschaft, Ba. 5, S. 461 . 4) Vgl. Wortmann, Botan. Zeitung, 1887, S. 81Ü, und 1888, S. 488. 376 Fünfter Abschnitt. der Stengelunterseite macht sich geringfügiges Dickenwachsthum, aber energisches Flächenwachsthum der Zellhäute geltend. Die Turgor- ausdehnung der Zellen kann hier daher auch leicht eine grosse werden. Nach Wortmann kommen sämmtliche Reizbewegungen wachsender Organe in der Weise zu Stande, dass die Reizursachen zunächst Wanderungen des Plasmas zur Folge haben, welche dann ihrerseits (las Wachsthum der Zellhäute beeinflussen. Die von dem genannten Forscher constatirten Thatsachen sind auch unzweifelhaft richtig, in- dessen bezüglich der Deutung derselben ist, worauf hier aber nicht näher eingegangen werden kann, noch keine Einigung erzielt^). 175. Die Function der Wurzelspitze bei dem Zustandekommen geotropiselier Krümmungen. Darwin *) hat bekanntlich in neuerer Zeit mit grosser Bestimmt- heit die Behauptung aufgestellt, dass das Vorhandensein der Wurzel- spitze von wesentlicher Bedeutung für das Zustandekommen geotro- pischer Krümmungen der Wurzeln sei. Er redet aus diesen und anderen Gründen von einer „Gehirnfunction" der Wurzelspitze, freilich ein unglücklich gewählter Ausdruck, der sehr leicht zu Missverständ- nissen führen kann. Die von Darwin angeregte Frage, welche übrigens schon früher von Ciesielski und Sachs behandelt worden war, hat Veranlassung zur Ausführung zahlreicher Untersuchungen gegeben, deren Resultate theils für, theils gegen die Ansicht des brittischen Naturforschers sprechen ^). Man führt die Experimente am zweckmässigsten mit Keimpflanzen von Pisum, Zea, Vicia Faba oder Phaseolus aus. Nach dem Anquellen werden die Samen in feuchten Sägespänen zur Keimung gebracht, bis ihre senkrecht nach abwärts gewachsenen Wurzeln eine Länge von 2 — 3 cm erreicht haben. Jetzt bringt man auf einer Reihe von Wurzeln (es ist am besten, zahl- reiche, z. B. 20 Untersuchungsobjecte zu verwenden) in einer Ent- fernung von 15 — 20 mm von der Spitze Tuschestriche als Marken an und legt die Hälfte der Keimlinge derartig in feuchte Sägespäne, dass ihre Wurzeln horizontal gerichtet sind. Von den übrigen Wurzeln entfernt man ein 1,5—2 mm langes Stück der Spitze, indem man die Wurzeln an ein Korkscheibchen anlegt und mit Hülfe eines scharfen Rasirmessers in möglichst horizontaler Richtung Querscheibchen ab- trägt, bis der gewünschte Erfolg erzielt ist. Auch die Keimlinge mit den decapitirten Wurzeln werden nun horizontal in Sägespäne gelegt. Nach 24 — 48 Stunden stellt man die Grösse der Zuwachsbewegung an sämmtlichen Untersuchungsobjecten fest und beobachtet, ob sie geo- tropische Krümmungen ausgeführt haben. Ich fand bei Versuchen mit Phaseolus multiflorus, dass die normalen Wurzeln im Laufe von 48 Stunden sämmtlich einen beträchtlich grösseren Zuwachs erfuhren als die decapitirten. Es war die Wurzelspitze in einer Länge von 2 mm abgetragen worden. Dies Resultat steht aber nicht mit den 1) Vgl. zumal Pfeffer, Abhandlungen der Königi. sächs. Gesell, d. Wissensch., Bd. 18, S. 240. 2) Darwin, Das Bewegungsverraögen der Pflanzen, 1881. 3) Vgl. Wiesner, Bewegungsverraögen der Pflanzen, 1881; Detlefsen, Ar- beiten d. botan. Instituts in Würzburg, Bd. 2 ; Kirchner, Programm zur 64. J^res- fcier der Akademie Hohenheim, 1882; vergl. ferner die Angaben von Krabbe, Molisch, Wiesner, Brunchorst im ersten und zweiten Jahrgang der Berichte der Deutschen botan. Gresellschaft. Die Reizbewegungen der Pflanzen. 377 Angaben sämmtlicher, wohl aber mit denjenigen einiger Beobachter, die den nämlichen Gegenstand untersuchten, in Einklang. Meine Ver- suche mit Phaseolus lehrten ferner, dass die Wurzeln der intacten Pflanzen normale geotropische Krümmungen ausführten, während die decapitirten Wurzeln sich freilich ebenfalls krümmten, aber in ver- schiedener Richtung, nämlich nach oben, seitlich oder auch nach unten. Ich bin weit entfernt davon, aus meinen Beobachtungen Schlüsse über die Function der Wurzelspitze bei dem Zustandekommen der geotropischen Krümmungen ziehen zu wollen, denn dazu ist die Anzahl meiner Versuche mit Phaseolus und ebenso mit Viciakeimlingen zu gering gewesen. Bei Experimenten mit Vicia Faba fand ich übrigens, dass die decapitirten Wurzeln in den ersten 24 Stunden ebenso lebhaft wuchsen wie die in- tacten. Die verschiedenen Fragen, um welche es sich hier handelt, sind nach meinen eigenen Erfahrungen noch nicht als erledigt zu betrachten. Die neuesten Arbeiten Pfeffer's konnte ich nicht mehr berücksichtigen. Wenn man die Literatur über die Function der Wurzelspitze durch- geht, so wundert man sich über die zahlreichen Widersprüche in den Angaben bezüglich der Bedeutung der Spitze für Längenwachsthum und geotropische Krümmungen. Mir scheint, dass viele der Experimentatoren eine Reihe von Gesichtspunkten bei ihren Untersuchungen nicht genügend gewürdigt haben. 1) Es ist möglich, dass die Wurzelspitze für Wachs- thum und Geotropismus der Wurzeln verschiedener Pflanzenspecies nicht dieselbe Bedeutung besitzt. 2) Man hat, um zu einem sicheren Resultate zu gelangen, stets mit zahlreichen Untersuchungsobjecten zu operiren. 3) Es ist für den Erfolg der Versuche nicht gleichgültig, ob man die Wurzelspitze in einer Länge von 1, 1,5 oder 2 mm abträgt, denn häufig wird bei zu unbedeutender Decapitation noch ein Theil der den Reiz nach Darwin übermittelnden Wurzelspitze nicht entfernt sein. 4) Bei längerer V^ersuchsdauer ist auf die an den decapitirten Wurzeln erfolgenden Regenerationsvorgänge zu achten •). 5. Man hat mit Rücksicht auf die Nutationen der Wurzeln (vergl. unter 157) darauf Gewicht zu legen, welche Lage man den decapitirten und intact gelassenen Wurzeln ertheilt. 176. Experimente mit dem Kliiiostaten. Der Klinostat, ein von Sachs *) eingeführter Apparat, gehört zu den wichtigsten Instrumenten bei zahlreichen pflanzenphysiologischen Untersuchungen. Er dient zur Ausschliessung heliotropischer sowie geotropischer Krümmungen an Pflanzentheilen *). Eine vorzügliche Form hat Pfeffer dem Klinostaten gegeben, und ist der PFEFFER'sche Apparat im Preise von 320 Mk. vom Universitätsmechaniker Albrecht in Tübingen zu beziehen. Der hohe Preis des Apparates *) veranlasste Wortmann, den Klinostaten in erheblich billigerer Form (200 Mk.) von der technischen Anstalt der Gebrüder Ungerer in Strassburg herstellen zu lassen *). Diesen WoRTMANN'schen Apparat benutzte ich vielfach und kann ihn zur Anschaffung empfehlen. Er wird freilich 1) In dieser Hinsicht vergl. Prantl, Arbeiten d. bot. Instit. in Würzburg, Bd. 1. 2) Vgl. Sachs, Arbeiten des botan. Instituts in Wurzburg, Bd. I, S. 597, und Bd. II, S. 21.5. 3) Ueber das besondere Verhalten dorsi ventraler Organe am Klinostaten sprachen sich zumal Sachs und Noll (Flora, 1893) aus. 4) Uebrigens liefert jetzt auch Albrecht einen Klinostaten für 220 M. 5) Vgl. WoRXULANN, Berichte der Deutschen botan. Gesellschaft, Bd. 4. 378 Fünfter Abschnitt. an Leistungsfähigkeit von dem grossen PPEFFER'schen Apparat über- troffen, ist aber doch in den meisten Fällen gut zu verwenden. Ueber Construction und Gebrauch des Apparates ist das Folgende zu sagen: „Der ganze Klinostat, wie ihn Fig. 148 darstellt, besteht aus zwei Theilen, dem Triebwerk und den Nebenapparaten, welch letztere wesent- lich die von Pfeffer gegebene Construction besitzen. Das Triebwerk A auf einem festen Fuss ß aufgeschraubt, besteht aus einem Uhrwerk, dessen Gang, um vollkommen ruhige Rotation zu erzielen, nicht durch einen Anker, sondern durch Windflügel regulirt wird, und drei senkrecht über einander liegenden Rotationsaxen, a, b, C, welche, für sich frei be- weglich, durch einen Schieber d auf gleich zu beschreibende Weise mit einem Rade des Uhrwerks in Verbindung gebracht und dadurch in Rotation gesetzt werden können. Die Axe e dient zum Ansetzen des Uhrschlüssels. Die Nebenapparate bestehen zunächst aus einer soliden Axe /", welche durch ein Knotengelenk g an einer der Rotationsaxen a, b, C, angeschraubt werden kann. Durch dieses Knotengelenk wird es ermöglicht, dass die Axe f sowohl in horizontaler als auch in verticaler Richtung verschoben werden kann. Dadurch lassen sich, ohne den ganzen Apparat zu ver- stellen, Rotationen der Beobachtungsobjecte von horizontaler Lage der Drehungsaxe bis zu einer Neigung derselben um 45 " gegen die Horizon- tale einerseits, sowie verschiedene Stellungen zu einfallenden Lichtstrahlen erzielen. Auf der Axe f ist ein verschiebbarer Ring aufgeschraubt, welcher an einem Stifte h ein auf diesem verschiebbares Gewicht i trägt. Stift und Gewicht dienen als Centrirungsvorrichtung, um ein eventuelles Ueber- gewicht des in Rotation zu setzenden Gegenstandes zu eliminiren, ohne dessen Vermeidung die Regelmässigkeit der Axenumdrehungen sehr ge- stört werden kann. Die Axe f ruht bei a auf zwei FrictionsroUen, welche an der Axe Je eines festen Stativs in verticaler Richtung — auf- und abwärts — sowohl als auch um die Axe ß in horizontaler Richtung (letzteres bei Neigung der Drehungsaxe zur Horizontalen) verschiebbar resp. drehbar sind. Auf das Ende der Axe f wird der Topfhalter l aufgeschraubt. Dieser besteht aus einem dreiarmigen Messingfuss, in dessen Arme drei eiserne Stäbe senkrecht eingenietet sind. An jedem dieser Stäbe ist ein verschieb- bares Messingdreieck angebracht, welches, wie aus der Zeichnung ersicht- lich ist, auf den Rand des Blumentopfes fest aufgesetzt werden kann und letzteren dadurch unverrückbar macht. Soll nun ein Gegenstand, etwa eine im Topf gezogene Pflanze in Rotation versetzt werden, so verfährt man folgendermaassen : Der Topf wird zunächst in den Topfhalter l eingesetzt und vermittelst der Messing- dreiecke befestigt, welche Manipulation in weniger als einer Minute voll- zogen ist. Nach Anschrauben des Topfhalters an die Axe f wird dieselbe durch einen entsprechenden Stoss mit der Hand, den man gegen den Stift h führen kann (von welchem das Gewicht i zuvor abgenommen ist), in Rotation versetzt. War nun der Topf so auf den Topfhalter aufgesetzt, dass ein Uebergewicht vorhanden ist, so wird durch Verrücken des Schwer- punktes unter die Horizontale immer eine bestimmte Seite des Topfes bei der eintretenden Ruhelage nach unten sehen. Durch entgegengesetzte Stellung der Centrirungsvorrichtung und geeignetes Verschieben des Ge- wichtes t wird nun das Uebergewicht eliminirt, so dass nach mehreren, durch geringen Stoss hervorgerufene Rotationen der Topf in beliebiger Lage zur Ruhe kommt. Ist die Centrirung genau erreicht, so wird die Die Reizbewegungen der Pflanzen. 379 Rotationsaxe mit dem Uhrwerk in Verbindung gesetzt. Das wird durch einfaches Verschieben eines Stiftes auf folgende Weise ermöglicht. Jede der drei Rotationsaxen a, b, c trägt, wie Fig. 149, einen Längs- schnitt durch das Uhrwerk darstellend, andeutet, ein Zahnrad. Die Zahn- räder der Axen b und c greifen dauernd in einander, dasjenige der Axe a steht nicht in unmittelbarer Verbindung mit diesen. Durch Einschiebung eines in der Zeichnung schattirten Rades q, dessen Zähne in die der beiden obersten Axenräder und zugleich in die eines Rades vom Uhrwerk eingreifen, werden nun alle drei Rotationsaxen zugleich in Bewegung ge- setzt. Wie diese Einschiebung geschieht, ist aus Fig. 150, welche einen anderen, zu Fig. 149 senkrechten Längsschnitt durch das Uhrwerk dar- stellt, ersichtlich. Die Figur ist so gezeichnet, dass keine Communication zwischen Uhrwerk und den Rotationsaxen stattfindet, das Uebertragungsrad q also zunächst nicht ein- greift. Der Stift p, Fig. 148. auf dem dasselbe befestigt ist, ruht in einer Führung, welche durch einen kleinen Knopf p' verschiebbar ist. Durch einen Druck auf den Knopf des Stiftes p wird nun das Uebertragungs- rad q eingeschoben; ein zweiter Druck auf den Knopf p' senkrecht abwärts macht den Stift (und dadurch auch das Uebertragungsrad) unverschiebbar, in- dem ein bei x ange- deuteter kleiner Gang des Stiftes in die Führung eingreift. Muss an dem Be- obachtungsobject während der Rota- tionszeit irgend etwas geändert werden, soll z. B. das Begiessen des Topfes u. dergl, vorgenommen wer- den, so ist jedesmal zuvor durch Aus- ziehen des Stiftes p die Communication der Rotationsaxe mit dem Uhrwerk zu pj^ 148-152. Wortmann's Kllnostat mit Neben- unterbrechen. Apparaten. Fig. 149. Fig. 150. Oc^S- /T^ * f O Jf \^ ^ '0( o V. -^0 Oc=> ' Fig. 151. Fig. 152. 380 Fünfter Abschnitt. Um eine Rotation um horizontale oder geneigte Axe, aber in einer, zu der in Fig. 148 angedeuteten, senkrechten Richtung zu ermöglichen, befestigt man mittelst Draht den Topf in einem der drei in Fig. 151 ge- zeichneten Ringe. Bei geneigter Umdrehungsaxe werden die Frictions- rollen an einem zweiten sehr starken Stative befestigt. Handelt es sich um Beobachtungen von Gegenständen, welche im feuchten Räume verweilen müssen , wie etwa Pilze (Fruchtträger von Phycomyces), Wurzeln, abgeschnittene Pflanzentheile etc., so kann man dieselben an einer (durch keine Zeichnung wiedergegebenen) 80 cm langen Messingaxe befestigen, welche durch einen feuchte Luft enthaltenden Glaskäfig geführt wird und deren äusserstes Ende dann ausserhalb des Glaskäfigs durch das Stativ mit den Frictionsrollen gestützt wird. Sollen die Beobachtungsobjecte um verticale Axe rotiren, so muss der Klinostat, da das Triebwerk nicht verstellbar ist, anders hergerichtet werden. Fig. 152 zeigt denselben mit verticaler Drehungsaxe. Auf eine der Rotationsaxen a, 6, c wird ein konisches Rad gesetzt, dessen Zähne in die eines zweiten konischen Rades eingreifen. Dieses letztere ist an einer verticalen Axe w beweglich, welche auf einem Stahllager ruht, oben eine flache Messingscheibe trägt und durch eine Schraube r in kürzester Zeit an dem Triebwerk befestigt werden kann. Die Umdrehungsgeschwindigkeiten der drei Rotationsaxen sind ver- schieden, und zwar so gewählt, dass ohne Belastung und bei horizontaler Drehungsaxe ein Umlauf von a in 10, von h in 15 und von c in 20 Mi- nuten vollendet wird. Doch lassen sich, wenn es darauf ankommt, durch Verkleinerung der Windflügel auch grössere Umdrehungsgeschwindigkeiten erzielen. Das Aufziehen des Uhrwerkes hat alle 20 — 21 Stunden zu geschehen. Die Vorzüge des Klinostaten sind nun folgende: 1) Bei der Rotation ist jeder Stoss ausgeschlossen, so dass eine voll- kommen ruhige Bewegung der Objecto ermöglicht wird. 2) Ist derselbe sehr bequem und leicht transportirbar und kann da- her auf jedem Arbeitstische aufgestellt werden. 3) Da der Gang des Uhrwerkes fast geräuschlos ist, so ist der Ap- parat auch für Vorlesungsdemonstrationen geeignet. 4) Die Handhabung ist eine höchst einfache. Die zu beobachtenden Gegenstände können im Verlauf von 1 — 2 Minuten befestigt, an den Apparat gebracht und dieser in Gang gesetzt werden. Ebenso einfach und schnell geschieht das Abnehmen der Gegen- stände. 5) Die Tragfähigkeit ist für gewöhnliche Versuche vollständig aus- reichend. Bei der angestellten Prüfung fand bei horizontaler Drehungsaxe (in Fig. 148 dargestellt) bei einer Belastung von 2 kg noch ganz regelmässige und ruhige Bewegung statt. Aller- dings bei einer Verlangsamung von 1 Minute pro Umdrehung. Bei verticaler Axe (in Fig. 152 dargestellt) aber konnte eine Be- lastung von 5 kg angewendet werden, ohne dass eine Verlang- samung der Umdrehung eintrat. 6) Der Preis des Apparates mit allem Zubehör ist 200 Mk." Zur Orientirung über die Leistungsfähigkeit unseres Apparates und für das Studium des Verhaltens vieler Pflanzenorgane bei ver- schiedener Rotationsform führen wir folgende Experimente aus. Wir stellen den Klinostaten am Fenster auf und bringen auf die in hori- zontaler Ebene um verticale Axe rotirende Scheibe (vgl. Fig. 152) Die Reizbewegungen der Pflanzen. 381 einen Blumentopf, in welchem wenige heliotropisch sehr empfindliche Keimlinge (Sinapis, Lepidium), die bis dahin im Dunkeln verweilten, eben die Erde durchbrochen haben. Bei fortdauernder Rotation er- leiden diese Keimlinge trotz der einseitigen Beleuchtung doch keine heliotropischen Nutationen, während nicht gedrehte Vergleichsobjecte sich sämmtlich nach dem Fenster hinkrümmen. Handelt es sich darum, bei Experimenten mit Keimlingen etc. die einseitige Schwerkraftwirkung zu eliminiren, so muss die Rotations- axe des Apparates genau horizontal gestellt werden (vergl. Fig. 148). Die Rotation der Untersuchungsobjecte in verticaler Ebene erfolgt in 10—20 Minuten langsam genug, um jede Wirkung der Centrifugal- kraft auszuschliessen. Vor allen Dingen ist aber äusserst wichtig, um eine gleichmässige Drehung der Axe zu ermöglichen, dass die Belastung derselben eine allseitig gleiche sei. Dies kann durch Verwendung des Stiftes h und des Gewichtes i (vergl. Fig. 148) erzielt werden. Die Keimlinge selbst, z. B. Mais-, Erbsen-, Bohnenkeimlinge, in Sägespänen cultivirt, gelangen in eine aus dünnem Zinkblech gefertigte Trommel. Diese wird an Stelle eines Blumentopfes dem Topfhalter aufgesetzt und auf irgend eine Art befestigt. Den Boden der Trommel bildet eine aus weichem Holz gefertigte Platte, so dass die langen Steck- nadeln, welche die Keimlinge tragen, sich ohne Mühe befestigen lassen. Die Innenwände der Trommel werden mit mehreren Lagen ange- feuchteten Fliesspapiers bedeckt, ebenso die nicht wachsenden Theile der Keimlinge. Auf dem Holzboden der Trommel breitet man feuchte Watte aus, die mit kleinen Stiften befestigt wird. Recht bequem ist es auch, in folgender Weise zu experimentiren. Man verbindet das eine Ende einer ca. 80 cm langen Axe mit dem Uhrwerk des Klino- staten; das andere Ende ruht aber auf den Frictionsrollen. Man schiebt nun einen Kork mit starker Reibung über die Axe, so dass dieser wie ein Rad in verticaler Ebene gedreht werden kann. Am Umfang des Korkes werden nun mit je zwei Nadeln die Keimpflanzen der- artig befestigt, dass die Last möglichst gleichmässig vertheilt ist. Unter dem rotirenden Kork steht ein Wasser enthaltendes Bassin so, dass die Pflanzen bei jeder Umdrehung von 20 Minuten z. B. einen Theil ihres Weges (1—2 Minuten lang) in Wasser eintauchen. Durch Ueberdecken eines mit entsprechendem Schlitze für die Axe versehenen Glaskäfigs wird die Luft in der Umgebung der Keimlinge feucht er- halten. Der ganze Apparat ist in einem Dunkelzimmer aufgestellt Die Untersuchungsobjecte (z. B. 4 Keimlinge von Phaseolus Pisum oder Vicia Faba) werden auf dem Kork befestigt, wenn die Hauptwurzel eben hervorgetreten ist. Man befestigt die Keimlinge derartig, dass die Hauptwurzeln eine verschiedene Richtung zu der Axe einnehmen, und findet im Laufe einiger Tage (am besten ist es, bei relativ hoher Temperatur, etwa 20" C. zu experimentiren), dass sämmtliche Wurzeln sich in der ursprünglichen Wachsthumsrichtung verlängert haben, einen gleichmässigen Gang des Apparates voraus- gesetzt Es treten wohl gelegentlich Krümmungen an den Wurzeln auf; dieselben sind aber keine in gleichem Sinne gerichtete, geo- tropische Nutationen, sondern spontane Nutationen. Was nun das Verhalten der Nebenwurzeln anbelangt, so wachsen diese im Laufe einiger Tage aus den Hauptwurzeln der seit beginnen- der Keimung rotirenden Untersuchungsobjecte hervor. Der Winkel, den sie mit der Hauptwurzel bilden, der sog. Eigen winkel der Neben- 382 Fünfter Abschnitt. wurzeln erster Ordnung, wird in unserem Experiment allein durch, innere Wachsthumsursachen bestimmt. Dieser Eigenwinkel ist bei ver- schiedenen Untersuchungsobjecten und bei den einzelnen Neben- wurzeln einer Hauptwurzel keineswegs immer derselbe. Im All- gemeinen ergiebt sich, wie leicht durch Winkelmessungen festzustellen ist, dass die Nebenwurzeln an der Wurzelbasis fast oder völlig recht- winkelig zur Hauptwurzel gerichtet sind, während die weiterhin auf- tretenden Nebenwurzeln einen spitzen Eigenwinkel haben ; ihre Spitze ist dem Scheitel der Hauptwurzel zugewandt. Häutig treten auch bogenförmige Krümmungen an den Nebenwurzeln hervor. Ganz besonders eignen sich Phaseoluskeiralinge zu den hier erwähnten Ver- suchen. Bei dieser Pflanze entspringen auch gewöhnlich Nebenwurzeln aus dem kurzen Hypocotyl, die, wie besonders zu erwähnen ist, einen stumpfen Eigenwinkel erkennen lassen. Sollen Pflanzen einseitig beleuchtet, der einseitigen Wirkung der Schwerkraft aber entzogen werden, so richtet man die Axe des Klinostaten parallel zu den einfallenden Lichtstrahlen. Die Rotations- ebene der Untersuchungsobjecte muss mit den Lichtstrahlen einen rechten Winkel bilden. Die Töpfe, in welchen die Pflanzen wachsen, werden in der bereits auf S. 380 angegebenen Weise in einem der in Fig. 151 abgebildeten Ringe befestigt. Näheres vergl. unter 178. Ein Brodwürfel von 4 — 5 cm Kantenlänge wird massig (ja nicht zu stark) mit Wasser durchfeuchtet. Man thut am besten, den Würfel zur Sterilisirung im feuchten Zustande in einer mit Glasplatte bedeckten Krystallisirschale in einem Trocken schranke einige Stunden lang einer Temperatur von etwas über 100 •* C. auszusetzen. Nun wird der Brod- würfel über die ca. 80 cm lange Messingaxe des Klinostaten geschoben, deren eines Ende mit dem Uhrwerk in Verbindung steht, während das andere Ende auf den Frictionsrollen ruht. Der Brodwürfel befindet sich in der Mitte der völlig horizontal und parallel zu den Fensterscheiben gerichteten Axe. Ebenfalls über diese mit grosser Reibung geschobene, durchbohrte Korkstücke zur rechten und linken Seite des Würfels können zur sicheren Befestigung dieses letzteren dienen. Unter der Axe des Klinostaten steht eine etwas Wasser enthaltende Zinkschale von 50 cm Seitenlänge. Ein Glaskäfig, durch den die Rotationsaxe quer hindurch- geht und der in das Wasser der Zinkschale eintaucht, dient dazu, die Luft in der Umgebung des Brodwürfels feucht zu erhalten. Der Käfig besteht aus einem Zinkgestell, welches an den zwei Seiten, wo die Axe hindurchgeht, Schlitze besitzt, die nach völliger Zusammenstellung des Apparates genügend verschlossen werden können. Vorder- und Rückwand des Käfigs sowie das Dach desselben werden von Glasplatten gebildet. Will man nun einen Versuch anstellen, so werden einige Sporangien von Mucor oder Phycomyces nitens in sterilisirtem Wasser vertheilt. Mit Hülfe einer ausgeglühten flachen Nadel besäet man darauf alle sechs Flächen des Brodwürfels mit Sporen und setzt den Klinostaten sofort nach Ueberdecken des Glaskäfigs in Gang. Nach Verlauf weniger Tage treten die Sporangienträger aus dem Substrat hervor und haben schnell eine erhebliche Länge erreicht. Die Sporangienträger auf den Flanken des Würfels, die wir nicht weiter berücksichtigen wollen, sind freilich etwas gekrümmt, weil sie zeitweilig bei jeder Umdrehung in den Schatten der Axe kamen und dadurch zu heliotropischen Krümmungen Veran- lassung gegeben war. Auf den übrigen Flächen des Brodwürfels sind die Fruchtträger aber gerade aufgerichtet; sie stehen hier senkrecht zum Die Reizbewegungen der Pflanzen. 383 Substrat*). Diese Substratrichtung der Organe, die sicher nicht, wie von einigen Physiologen vermuthet wurde, durch die Masse des Brodes bedingt ist, kommt in ziemlich complicirter Weise zu Stande 2). Der Geotropismus kann die erwähnte Substratrichtung des Mucor nicht bedingen, denn die einseitige Wirkung der Gravitation ist ja bei Bewegung der Untersuchungsobjecte am Klinostaten ausgeschlossen ^). Wohl aber ist der weiter unten noch näher zu besprechende negative Hydro- tropismus von Bedeutung für das Zustandekommen der Substratrichtung des Mucor, und ebenso verdient in dieser Hinsicht die Fähigkeit der Fruchtträger Beachtung, auf Berührung *) und auf einseitige Beleuchtung mit Reizkrümmungen zu reagiren. Von der heliotropischen Reizbarkeit der Fruchtträger kann man sich leicht überzeugen, indem man die auf Brodwürfeln im Dunkeln zur Ent- wickelung gelangten gerade gestreckten Orgaue in einer heliotropischen Kammer (vergl. unter 178) einseitig beleuchtet. Und wenn nun bei Klinostatenversuchen bei Lichtzutritt die Fruchtträger schief zur Fläche des Substrates aus diesem hervorwachsen, so ist ihre dem Brodwürfel zugewandte Seite stets, mag die betreffende Würfelfläche dem Fenster zugekehrt oder von demselben abgewandt sein, schwächer als die op- ponirte beleuchtet. Es müssen somit heliotropische Wirkungen eintreten, die den Sporangiumträger ebenso wie die freilich in erster Linie thätigen hydrotropischen Vorgänge in eine zum Substrat senkrechte Stellung bringen. Wir bringen nun auf durchfeuchtete Torfwürfel von etwa 5 cm Kantenlänge, die wir auf der parallel zu den Fensterscheiben gerichteten Axe des Klinostaten befestigt haben, einige Samen von Lepidium sa- tivum oder Sinapis nigra. Die beiden Flanken des Würfels wollen wir unbesäet lassen. Die Samen haften ohne weiteres am feuchten Torf. Unser Apparat, mit Glaskäfig bedeckt, ist hellem, diffusem Tageslicht aus- gesetzt. Im Laufe mehrerer Tage beobachten wir an den rotirenden Untersuchungsobjecten , dass die entstehenden Wurzeln sich in Folge ihres positiven Hydrotropismus dem feuchten Substrat fest anschmiegen, zum Theil sogar in dasselbe eindringend. Die Hypocotyle nutiren zu- nächst stark ; bald erlangen sie aber eine senkrechte Stellung zu den Flächen des Torfwürfels. Bei dem Zustandekommen dieser Substrat- richtung spielen, wie Dietz nachwies, Hydrotropismus und Contactreiz keine oder nur eine ganz untergeordnete Rolle. Wesentlich kommen hier vielmehr heliotropische Wirkungen in Betracht, und zwar in dem näm- lichen Sinne, wie dies für die Fruchtträger von Mucor angegeben worden ist. Lässt man nämlich Torfwürfel, die mit Lepidium oder Sinapis besäet sind, im Dunkeln um horizontale Axe langsam rotireu, dann stellen sich 1) Die Fruchtträger auf den Kanten des Würfels haben eine solche Lage, dass ihre Richtung den Winkel der Kanten halbirt. 2) Vgl. Sachs, Arbeiten d. botan. Instituts in Würzburg, Bd. 2, S. 217, und Deetz, Unters, a. d. botan. Institut zu Tübingen, Bd. 2, S. 478. 3) Damit soll natürlich nicht gesagt werden, dass Mucor nicht geotropisch reizbar sei. Dies ist vielmehr in hohem Grade der Fall. Wird z. B. ein mit Mucor- sporen besäeter Brodwürfel, den man auf eme lange Nadel aufgespiesst hat, in emem grossen Glascylinder, dessen Boden mit Wasser bedeckt ist, schwebend be- festigt, so treten nach einigen Tagen bei Lichtabschluss gerade gestreckte Sporangien- träger aus der oberen \\^rfelfläche hervor. Die Sporangicnträger, die an den Flanken des Würfels zur Entwickelung gelangen, sind im Bogen negativ geotropisch nach aufwärts gekrümmt, und aus der Unterfläche des "\Vurfels wachsen positiv geotropisch reagirende verzweigte Mycelfäden hervor. 4) Vgl. WOETMANN, Botan. Zeitung. 1887, No. 49. 384 Fünfter Abschnitt. die Hypocotyle nicht senkrecht zum Substrat, sondern sie nehmen die verschiedensten Richtungen an. Sehr geeignet zu Versuchen am Klinostaten sind auch sicher Keim- linge von Phleum pratense, die sich allerdings nicht so schnell, wie z. B. diejenigen von Lepidium entwickeln. Wenn man Torfwürfel, die in etwas Wasser enthaltenden Krystallisirschalen ruhen , mit Phleum besäet und unter einen Pappkasten stellt, so wächst die Plumula der Keimlinge an der horizontalen Oberfläche des Würfels senkrecht nach aufwärts. Die Plumula der Keimlinge, welche an den verticalen Seiten des Würfels liegen, erscheint bogenförmig nach aufwärts gekrümmt, eine Folge ihrer starken geotropischen Reizbarkeit. 177. Experimente mit dem Centrifugalapparat. Zunächst will ich hier einen von mir construirten und in Fig. 153 abgebildeten Centrifugalapparat beschreiben, der sehr leicht und billig hergestellt werden kann und für Deraonstrationsversuche recht ge- eignet erscheint. Den wichtigsten Theil des Apparates bildet die ca. 50 cm lange Messingaxe Ä, welche die 40 mm Durchmesser besitzende Zinkscheibe Z trägt , an der sechs 3 cm breite und 7,5 cm lange Metallflügel angelöthet sind. Der Axe ist ferner am entgegengesetzten Ende eine Holzscheibe von 140 mm Durchmesser H aufgeschroben, auf der noch eine Korkplatte ruht. Der Zinkring Zr ist an dem Rande der Holzscheibe be- festigt, ragt aber über diesen hervor und kann benutzt werden, um einem an einem Ende ver- schlossenen, als Deckel dienenden Zinkcylinder von ca. 11 cm Länge Halt zu gewähren, so dass sich z. B. Keimlinge, die man mit Nadeln auf der Korkplatte be- festigt, in einem verdunkelten Raum befinden, wenn der Zinkdeckel aufgesetzt ist. In der Abbildung trägt die Holzscheibe H eine Glas- glocke K. Die Axe A ruht bei h in einem Lager. Bei c liegt ein zweiter Unterstützungspunkt für die Axe, deren Ende hier eine Spitze bildet Wie unsere Abbildung zeigt, dient zur Aufnahme der be- schriebenen Vorrichtung ein Kasten. Derselbe ist ca. 15 cm hoch, 27 cm breit und 41 cm lang. Die Wände der kleineren Abtheilung, in welcher sich die Flügel bewegen sollen, sind mit Zinkplatten aus- gekleidet. In der Vorderwand befindet sich eine Oeffnung, welche mittelst eines durchbohrten Korkes verschlossen wird. In der Boh- rung steckt ein Glasrohr, dessen den Flügeln zugekehrtes Ende etwas Fig. 153. Centrifugalapparat. Die Reizbewegungen der Pflanzen. 3fö ausgezogen ist, während über das andere Ende ein mit der Wasser- leitung in Verbindung stehender Schlauch gezogen werden kann. Es ist nun bei einigermaassen starkem Druck des Wassers in der Leitung, indem man einen Wasserstrahl auf die Flügel einwirken lässt, eine 200 — 300malige Rotation der Vorrichtung in der Minute zu erzielen. Zur Verhütung des Umherspritzens des Wassers wird die kleinere Abtheilung des Kastens mittelst eines gewölbten Holzdeckels ver- schlossen. Das von den Metalltiügeln abtropfende Wasser fliesst durch ein Loch im Boden des Kastens direct in den Ausguss der Wasser- leitung, auf welchem der Apparat Platz gefunden hat. Geeignete Untersuchungsobjecte sind z. B. Keimlinge der Erbse, die, in feuchten Sägespänen zur Entwickelung gelangen, Wurzeln von ca. 2 cm Länge besitzen. Man legt auf den mit Wasser durchtränkten Kork, der auf der Holzscheibe H ruht, nasse Watte. Diese wird mit Steck- nadeln befestigt. Ebenso befestigt man die Keimlinge z. B. derartig mit Nadeln nahe dem Umfange der Korkplatte, dass ihre Hauptwurzeln parallel zur Rotationsaxe gerichtet sind. Der Zinkdeckel wird innen mit feuchtem Fliesspapier ausgekleidet und aufgesetzt. Bei meinen Versuchen bei ca 20° C. war iM'he Kammer. 390 Fünfter Abschnitt. Wenn in Töpfen cultivirte Keimlinge von Lepidium sativum oder andere Untersuchungsobjecte von sehr {schwachem Licht getroffen werden, so krümmen sie sich nur langsam dem Licht entgegen. Un- mittelbar vor einem nach Süden gelegenen Fenster erfolgte bei meinen Versuchen die heliotropische Nutation der Stengel von bis dahin im Dunkeln cultivirten Lepidiumkeimlingen bei diffusem Licht schneller als dann, wenn die Pflanzen mehrere Meter entfernt vom Fenster ein- seitig beleuchtet wurden. Es scheint aber, dass hohe Lichtintensität das Zustandekommen heliotropischer Nutationen wieder verlangsamt. (Vergl. weiter unten.) Werden in Töpfen cultivirte Keimlinge (ich experimentirte mit Lepidium) nach der unter 8 angegebenen Methode in einen Kasten gebracht, in welchem sie dem durch eine Lösung von doppelt-chrom- saurem Kali hindurchgegangenen gemischten gelben Licht ausgesetzt sind, so krümmen sie sich den einfallenden Lichtstrahlen gar nicht oder nur sehr langsam entgegen. Bei dem Versuch, dessen Resultat durch Fig. 159 veranschaulicht wird, war gar keine heliotropische Krüm- mung der Keimlinge erfolgt. Wies- ner beobachtete dagegen auch im gemischten gelben Licht langsam zu Stande kommende heliotropische Nutationen, eine Angabe, die für die Bedingungen, unter denen er Fig. 159. Heliotropisehe Kammer. experimentirte, wohl richtig sein wird. Unter dem Einfluss des gemischten blauen Lichtes, das eine Lösung von Kupferoxyd- ammoniak passirt hat, tritt aber eine energische heliotropische Nu- tation auf Bei eingehenden Studien über den Einfluss des Lichtes von ver- schiedener Brechbarkeit auf das Zustandekommen der heliotropischen Nutationen ist es sehr zu empfehlen, unter Benutzung des objectiven Spectrums zu arbeiten. Ein vor dem Fenster zitterfrei aufgestellter He- liostat wirft ein Bündel paralleler Sonnenstrahlen durch einen schmalen Spalt in ein Dunkelzimmer. Der Spalt wird durch die GRAVESAND'schen Schneiden gebildet. Nachdem das Licht eine Biconvexlinse passirt hat, die in nicht ganz der doppelten Brennweite vom Spalt aufgestellt ist, trifft es auf das Flintglasprisma, das einen brechenden Winkel von 60" besitzt. Da Glas die stark brechbaren Strahlen energisch absorbirt, ist es sehr zweckmässig, den Heliostaten mit einem Silberspiegel zu versehen und mit einer Quarzlinse sowie Quarzprisma zu experi- mentiren. Als Untersuchungsobjecte benutzt man z. B. in sehr kleinen Thon- gefässen im Finstern cultivirte Wickenkeimlinge. Sie werden derartig innerhalb des Spectrums aufgestellt, dass die Flanken der Stengel den einfallenden Strahlen zugewandt sind. Auch Sinapis- und Triticura- keimlinge eignen sich gut zu den Versuchen. Im Verlauf einiger Stunden tritt das Resultat der Versuche klar hervor. Sehen wir von dem Zustandekommen der sog. lateralen Flexion ab, so zeigt sich zumal, dass die Strahlen an der Grenze zwischen Violett und Ultra- violett die grösste heliotropische Kraft entfalten. Recht empfindlichen Objecten gegenüber nimmt die heliotropische Kraft der Strahlen von Die Reizbewegungen der Pflanzen. 391 Violett bis Grün ab ; Gelb ist unwirksam : im Ultraroth liegt ein zweites kleineres Maximum. Wenn man nach der unter 181 angegebenen Methode Mucor Mu- cedo im Dunkeln auf Brot cultivirt und die heranwachsenden Pflänz- chen dann einseitig beleuchtet, so krümmen sie sich dem Licht «ntgegen. Die einzelligen Mucorfruchtträger sind demnach positiv heliotropisch, eine Thatsache, die, wie ich S. 308 meines Lehrbuches der Pflanzenphysiologie specieller auseinandergesetzt habe, von Be- deutung für die Theorie des Heliotropismus erscheint. Wenn sich heliotropische Nutationen geltend machen, so wächst stets in Folge des Lichtreizes die convex werdende Seite der Pflanzen- theile stärker als die concav werdende. Zu heliotropischen Nutationen sind auch nur wachsende Pflanzentheile befähigt, wie ein sehr einfaches Experiment ergiebt. Wir cultiviren Bohnenkeimlinge im Dunkeln. Hat das Epicotyl eine Länge von einigen cm erreicht, so bringen wir mit Hülfe eines Pinsels feine Tuschestriche in Entfernungen von je 5 mm auf den Stengeln an und beleuchten unsere Untersuchungs- objecte dann einseitig. Eine heliotropische Krümmung tritt nur in der oberen, noch im Wachsthum begriffenen Region der epicotylen Glieder ein. Wenn man etiolirte Wickenkeimlinge etwa 12 Stunden lang ein- seitig beleuchtet und die abgeschnittenen epicotylen Glieder dann in 15-proc. Kochsalzlösung bringt, so wird die heliotropische Nutation durch die Plasmolyse nicht wieder rückgängig gemacht, weil sie durch Wachsthumsvorgänge bereits völlig fixirt worden ist. Beleuchtet man aber Wickenkeimlinge nur so lange einseitig, bis das Epicotyl schwach gekrümmt erscheint, dann vermindert sich die Krümmung durch Plas- molyse etwas, weil wenigstens derjenige Theil der ersteren, welcher auf einer Differenz der Turgorausdehnung der Zellen auf der con- vexen sowie concaven Seite der Pflanzentheile beruht und nicht bereits durch Wachsthumsprocesse fixirt worden ist, noch aufgehoben werden kann *). 179. Weitere Orientirung über den HeHotropisinus. Zur genaueren Constatirung mancher sich bei dem Zustande- kommen der heliotropischen Nutationen geltend machenden Erschei- nungen stellen wir noch folgende Versuche an. In einem Dunkel- zimmer stellen wir unseren Klinostaten derartig auf, dass die Axe desselben parallel zu den durch die Oeffnung im Fensterladen ein- fallenden Lichtstrahlen gerichtet ist. Ein Blumentopf, in welchem sich eine Phaseoluspflanze bei Lichtabschluss entwickelt hat, wird nun derartig, wie es S. 380 angegeben ist, auf dem Klinostaten befestigt. Die Lichtstrahlen müssen senkrecht auf der Nutationsebene des Epi- «otyls stehen, und dies letztere muss sich noch in lebhaftem Wachs- thum befinden und wird durch Tuschemarken, die man auf seiner dem Licht zugekehrten und auf der vom Licht abgewandten Flanke in Ent- fernungen von 5 zu 5 mm anbringt, in einzelne Zonen eingetheilt. 1) Zahlreiche Literaturangaben über den Heliotropismus findet man S. 303 und 304 meines Lehrbuches der Pflanzenphysiologie, Breslau 1883. Zahlreiche werthvolle Details findet man zumal bei Sachs und Wiesner (Denkschr. d. Akad. d. Wiss. zu Wien, Bd. 39 und 43). 392 Fünfter Abschnitt. Setzt man den Klinostaten in Bewegung, so können die heliotropischen Bewegungen in reiner Form beobachtet werden. Geotropische Nu- tationen sind ausgeschlossen, und ebenso stört die spontane Nutation des Epicotyls nicht. Die heliotropische Nutation macht sich nun freilich nicht sofort, aber nach Verlauf einiger Zeit geltend. Ist sie recht ausgiebig geworden, so unterbrechen wir den Versuch und bestimmen mit dem C)'clometer (Carton mit concentrischen Kreisen» deren Radien 1, 1,5, 2 etc. cm betragen) den Radius der erzielten Krümmung sowie die Zuwachse unseres Untersuchungsobjectes. Wir finden, dass auf der convex gewordenen Seite des Epicotyls ein viel grösserer Zuwachs erfolgt ist als auf der concav gewordenen. Nur die noch nicht ausgewachsenen Theile des Epicotyls sind heliotropisch krümmungsfähig. Bei hinreichender Dauer des Versuchs haben sich auch nach einander sämmtliche Zonen des Epicotyls an der Nutation betheiligt, die noch im Stadium der Streckung begriffen waren '). Unter 169 ist betont worden, dass Algenschwärmer sich bei inten- sivem Licht von diesem abwenden, während sie schwächeres Licht auf- suchen. Daher darf man von vornherein vermuthen , dass auch difr Organe höherer Pflanzen auf ein Licht ganz bestimmter Intensität gestimmt sind. Freilich bedarf es noch sehr eingehender Studien zur sicheren Begründung dieser Vermuthung; indessen die Resultate gewisser Ex- perimente Oltmanns' ^) sprechen sicher für die Richtigkeit derselben. Werden junge Lepidiumkeimlinge, die in einem Blumentopf zur Ent- wickelung gelangten, in einem innen geschwärzten Kasten mit etwa 3 cnx breitem Spalt dicht vor diesem aufgestellt und directem Sonnenlicht aus- gesetzt (durch Drehen des Kastens sorgt man dafür, dass er ungefähr immer die nämliche Stellung zur Sonne behält), dann bleiben die Hypo- cotyle gerade, während sie sich im minder intensiven Licht stark positiv heliotropisch verhalten. Ferner kann man derartig experimentiren, dass man die mittelst eines Heliostaten in ein Dunkelzimmer gelenkten Sonnen- strahlen eine dicke Schicht concentrirter Alaunlösung und dann eine grosse biconvexe Linse passiren lässt. Hinter dieser wird ein Topf mit Lepi- diumkeimlingen aufgestellt. Die Keimlinge sind in einer Reihe gepflanzt, und diese wird zu den vom Brennpunkt der Linse divergirenden Strahlen unter einen Winkel von etwa 45 " gestellt. Eine Keimpflanze steht somit nahe am Brennl)unkt der Linse; die übrigen in wachsender Entfernung, ohne sich gegenseitig zu beschatten. Bei genügend starker Beleuchtung findet man, dass die Stengel derjenigen Lepidiumkeimlinge, welche dem Brenn- punkt der Linse am nächsten sind, eine negativ heliotropische Krümmung ausführen. Keimling 3 oder 4 der Reihe bleibt völlig gerade, 5, 6, 7 führen positiv heliotropische Nutationen aus. Wenn man über die Mitte eines Algenschwärmer enthaltenden Ge- fässes ein schmales Brettchen derartig legt, dass dasselbe senkrecht zum Fenster, also nahezu parallel zu den einfallenden Lichtstrahlen gerichtet ist, dann sammeln sich die Schwärmer nicht am Vorderrande der Schale, sondern zu beiden Seiten des Brettchens in dessen Halbschatten an. Famin-tzin und zumal Oltmakxs (Flora 1892, S. 203) schliessen daraus, dass nicht die Richtung der Lichtstrahlen, sondern die Lichtintensität oder der Lichtabfall maassgebend für die phototactische Bewegung der Schwärmer sei. Aehnliches nimmt Oltmanns auch für die heliotropischen Nutationen an, und einige Versuche, die ich anstellte, sprechen vielleicht 1) Vgl. MÜLLER-Thurgau, Flora, 1876. 2) Vgl. Oltmaxns, Flora, 1892, S. 223. Die Reizbewegungen der Pflanzen. 393 auch zu Gunsten dieser Anschauung. Die wichtige hier berührte Frage bedarf aber sehr eingehender weiterer Prüfung, und bei den folgenden Versuchen scheint mir, ebenso wie bei den erwähnten, die Frage nach der Mitwirkung reflectirten Lichtes einer besonders genauen Berücksich- .tigung zu verdienen, um Fehler in den Schlussfolgerungen auszuschliessen. Zu meinen Experimenten diente ein innen geschwärzter Kasten, dessen eine Wand mit einem Spalt von geringer Breite, aber erheblicher Länge versehen war. Hinter diesem Spalt fand im Innern des Kastens eine keilförmige, mit Wasser, in welchem chinesische Tusche vertheilt war, angefüllte Glasflasche Platz. Die Weite des mit der Flüssigkeit ange- füllten, ca. 18 cm langen keilförmigen Raumes der Flasche betrug an dem einen Ende desselben nur etwa 8 mm, am anderen aber über 25 mm. Wurden Töpfe mit Lepidiumkeimlingen in den Kasten gebracht, und dieser im Freien derartig aufgestellt, dass der Glaskeil horizontal lag und die Lichtstrahlen von oben her in den Apparat eintraten, dann krümmten sich alle Keimlinge nach dem Orte stärkster Lichtintensität im Kasten, also rechtwinklig zu den einfallenden Strahlen nach demjenigen Kastenende hin, an welchem sich das Keilende von geringster Weite befand. Wurde der Kasten im Zimmer so aufgestellt, dass der Glaskeil parallel zur Fensterscheibe, also nahezu senkrecht zu den einfallenden Licht- strahlen lag, und stand der mit Lepidiumkeimlingen beschickte Topf etwa in der Mitte hinter dem Glaskeil, dann krümmten sich die Hypocotyle freilich nicht genau rechtwinkelig zu den einfallenden Lichtstrahlen, sie wandten sich denselben aber auch nicht gerade entgegen, sondern krümmten sich schief dem Orte stärkster Lichtintensität im Kasten zu. Auch die folgenden Experimente über heliotropische Nutationen be- anspruchen grosses Interesse i). Wir legen Körner von Avena sativa in Schalen, die wenig Wasser enthalten. Wenn die Keimung eben begonnen hat, suchen wir recht gleichmässig entwickelte Keimlinge aus, um sie in gute Gartenerde, mit der zahlreiche kleine Blumentöpfe angefüllt sind, einzusetzen. Wir benutzen KU den eigentlichen Experimenten nur solche Töpfe, in denen nach einiger Zeit 5 — 10 Haferkeimlinge mit ca. 2 cm langer Plumula bei Lichtabschluss zu sehr gleichförmiger Entwickelung gelangt sind. Die Töpfe stellen wir in geeignete heliotropische Kammern, deren vordere Wand mit einem einige cm breiten, horizontalen Spalt versehen ist. In Folge ihrer starken Circumnutation sind die im Dunkeln erwachsenen Pflänzchen oft nicht völlig gerade gerichtet Man stellt die Töpfe in der heliotropischen Kammer daher derartig auf, dass keiner der Keimlinge dem Licht, welches vom Fenster her auf sie einwirkt, zugeneigt ist. Es lässt sich constatiren, dass die heliotropische Nutation an der äussersten Spitze des scheiden- formigen Blattes der Plumula beginnt und allmählich weiter nach unten fortschreitet, während der vorgeneigte Obertheil sich in immer längerer Ausdehnung gerade streckt. Zuletzt finden wir nur noch an der Basis des Scheidenblattes eine meist sehr scharfe Krümmung, und der Obertheil bildet mit der Basis des Blattes einen Winkel von 60 — 90° *) '). Dieser 1) Vgl. RoTHERT, Ber. d. Deutschen botan. Gesellsch., Bd. 10, und Cohn's Beiträge zur Biologie d. Pflanzen, B. 7. Diese letztere Arbeit habe ich leider nicht mehr eingehend berücksichtigen können. 2) Die Grösse der erfolgten Krümmung kann durch Messung festgestellt werden. Die Messungen, bei denen man die Neigung des gekrümmten Theiles der Pflanzen zur Verticalen ermittelt, führt man mit Cartonquadranten aus, auf denen von 5 zu 5 * Radien aufgetragen sind. Es ist stets das Mittel aus mehreren Messungen zu nehmen. 3) Dass bei dem Abschluss heliotropischer Nutationen in den meisten Fällen 394 Fünfter Abschnitt. Erfolg wird nach Verlauf von etwa 5 oder 8 Stunden erzielt. Wenn wir nun gleichzeitig mit den erwähnten Objecten Avenakeimlinge dem Licht exponiren, nachdem wir eine etwa 3 mm lange Zone der Spitze ihrer Plumula durch Aufsetzen kleiner Stanniolkappen (hergestellt durch Um- wickeln eines Drahtes von entsprechender Dicke mit Stanniolstreifen und . sorgfältiges Zukneifen des einen Endes des entstandenen Röhrchens) ver- dunkelt haben, dann beginnt die Nutation an der Spitze des nicht ver- dunkelten Theiles des Scheidenblattes, sie schreitet langsamer als bei voller Beleuchtung der Keimlinge nach unten fort und bleibt auch verhältnissmässig flach 10—40°. Die tiefer liegenden Theile des Scheiden- blattes sind freilich, wie die Versuche lehren, an und für sich heliotropisch empfindlich, aber ihre Empfindlichkeit ist im Vergleich zu derjenigen der Spitze gering. Wenn die Spitze vom Licht getroffen wird und energisch heliotropisch reagirt, so pflanzt sich der Reiz auf den Untertheil des Scheidenblattes fort und löst eine weit stärkere Nutation aus, als sie in Folge seiner eigenen Empfindlichkeit zu Stande kommen könnte. Auch Darwin (vergl. Bewegungsvermögen der Pflanzen), hat schon auf diese interessanten Verhältnisse hingewiesen. Die Thatsache der Reizfortpflanzung von der Spitze zur Basis der Scheidenblätter kann ferner in folgender Weise dargethan werden. Man cultivirt Haferkeimlinge in nicht völlig mit Erde angefüllten Töpfen. Hat die Plumula eine Länge von etwa 1,5 cm erreicht, so bedeckt man die Keimlinge soweit mit feingesiebter, trockener Erde, dass sie nur noch mit ihrer 3 mm langen Spitze aus derselben hervorragen. Die Erde ist schon in 2 — 3 mm dicker Schicht völlig undurchlässig für Licht, trotzdem krümmt sich der basale Theil der Plumula in Folge des ihm von der Spitze zu- geführten heliotropischen Reizes, wenn die Keimlinge einseitig beleuchtet werden. Im zuletzt angeführten Experiment ist die heliotropische Krüm- mung des verdunkelten Theiles der Untersuchungsobjecte allein durch den zugeleiteten Reiz verursacht; unter normalen Umständen kommt die Nu- tation der basalen Blattscheidentheile zu Stande, indem sich diese Reiz- fortpflanzung und die directe heliotropische Perceptionsfähigkeit des Or- gans Summiren. Diese Resultate des Versuchs sind gewiss für die Be- urtheilung der heliotropischen Phänomene überhaupt von grosser Wichtigkeit. Nicht minder verdienen die Ergebnisse der folgenden Experimente Be- achtung. Die Plumula der Keimlinge von Avena von etwa 1,5 cm Länge wird durch Tuschemarken in Zonen von 2 mm Länge eingetheilt. Die in be- kannter Weise angestellten Messungen über das erfolgende Wachsthum ergeben dann, dass die Spitze der Plumula nur sehr langsam wächst; nach unten zu steigt die Wachsthumsgeschwindigkeit, erreicht etwa in der 4. oder 5. Zone ihr Maximum, um dann wieder abzunehmen. Daraus erhellt, was gewiss interessant ist, dass die Zone stärkster heliotropischer Perceptionsfähigkeit (die Spitze) keineswegs zugleich auch diejenige ist, welche am lebhaftesten wächst. Wenn man völlig gerade, im Dunkeln zur Ausbildung gelangte Keim- gerade an der Basis der wachsthumsfähigen Begioo, also keineswegs in der Zone des jeweiligen stärksten Wachsthuras der Organe, die stärkste Krümmung bestehen bleibt, stimmt ganz mit den Angaben von Sachs (Flora, 1873, und Vorlesungen, S. 724) über geotropische Nutationen ivon Sprossen überein. Vgl. auch Mülleb- Thurgau, Flora, 187Ö, S. 90. Die Reizbewegungen der Pflanzen. 395 linge von Avena köpft, indem man eine 3 oder 4 mm lange Zone ihrer Spitze durch einen scharfen Querschnitt abtrennt und die decapitirten Unter- suchungsobjecte nun einseitig beleuchtet, so ist ihr Wachsthum ein nur langsames, und heliotropische Nutationen werden gar nicht ausgeführt. Nach Verlauf einiger Stunden wird die Wachsthumsgeschwindigkeit des Scheidenblattes aber wieder lebhafter, und die heliotropische Empfindlich- keit kehrt auch zurück ^). Viele der hier erwähnten Versuche sind auch deshalb von grosser Bedeutung, weil sie lehren, dass die Reactionsfähig- keit und Perceptionsfähigkeit der Organe (Reizbarkeit und Empfindlichkeit derselben) als zwei verschiedene Dinge betrachtet werden müssen. 180. Der Hydrotropisraus der Wurzeln. Wenn die Feuchtigkeitsverhältnisse in denjenigen Medien, in welchen sich Wurzeln entwickeln, nicht gleichmässig vertheilt sind, so führen diese Pflanzentheile hydrotropische Krümmungen aus, und zwar lässt sich nach dem Vorgange von Sachs ^) leicht feststellen, dass die Wurzeln positiv hydrotro- pisch sind. Der zur De- monstration der hier in Be- tracht kommenden Erschei- nungen erforderliche Ap- parat ist in Fig. 160 im Durchschnitt dargestellt. Ein Reifen von starkem Zinkblech (a n) von etwa b cm Höhe und 20 cm Durch- messer wird mit weitma- schigem Tüll derartig über- spannt, dass man ein Sieb erhält, dessen poröser Boden von dem Tüll gebildet wird. Man füllt (las Sieb mit feuchten Sägespänen an und legt in diese angequollene Samen aus. Ich experimen- tirte mit den Samen von Phaseolus; man kann aber auch ebenso gut andere Samen (Pisum, Zea etc.) be- nutzen. Der Apparat wird an drei Bindfäden (c, c, d) in einem Schranke oder unter einem grossen Pappkasten schief aufgehängt, so dass der Siebboden etwa unter 45 " gegen den Horizont geneigt ist. Die Haupt- wurzeln der sich bei völligem Abschluss des Lichtes entwickelnden Flgr. 160. Apparat für Beobachtungen über hydrotropische Wurzelkrüromungen. (Nach Sachs.) 1^ Die Decapitirung vernichtet das heliotropische Perceptionsverniögen der Keimlinge zunächst völlig ; dieselben krümmen sicn daher nicht, trotzdem sie ein freilich langsames Wacfothum unterhalten. Später wird gewissermaassen eine „physiologische Spitze" an den Keimlingen regenerirt. Dieselben sind dann fast «o reizbar wie völlig unversehrt gebliebene. 2) Vgl. Sachs, Arbeiten d. botan. Instituts in Würzburg, Bd. 1, S. 209. 396 Fünfter Abschnitt. Keimpflanzen treten alsbald aus den Tüllmaschen hervor; sie wachsen aber nicht gerade nach abwärts, sondern ihre Spitze legt sich sofort schief an die Unterfläche des Tülls an und wächst nun an dieser dicht angeschmiegt abwärts fort. Die Wurzeln wenden sich, wie es auch unsere Abbildung zeigt, bei ihrem Austritt aus dem Siebboden nach derjenigen Seite hin, wo das Keimbett mit der Verticalen den kleinsten, spitzen Winkel bildet. Die eintretende Krümmung ist Folge einer verschiedenen Feuchtigkeitsvertheilung auf der dem Keimbett zu- und abgekehrten Seite der Wurzeln, indessen erscheint es be- sonders merkwürdig, dass gerade diejenige Seite der Wurzeln convex wird, also am energischsten wächst, welche dem feuchten Siebboden nicht zugewandt ist. Die erwähnten Krümmungen der Wurzeln unter- bleiben vollkommen, wenn man den beschriebenen Apparat horizontal oder auch schief in einer völlig mit Wasserdampf gesättigten Atmo- sphäre, z.B. unter einer grossen Glasglocke, deren Wände mit Wasser benetzt sind, aufhängt. In diesem P'alle wachsen die Hauptwurzeln der Keimpflanzen gerade nach abwärts. Wachsthumskrümmungen in Folge ungleichmässiger Feuchtigkeitsvertheilung können nicht ein- treten; die Wurzeln folgen, wenn sie sich im dampfgesättigten Raum bei Ausschluss des Lichtes entwickeln, allein dem richtenden Einfluss der Schwerkraft. 181. Der Hydrotropismus ron Mucor Mucedo. Den Mucor Mucedo lernten wir bereits unter 3G kennen. Die Sporangienträger der Mucorarten zeichnen sich, wie Wortmann ^) feststellte, dadurch aus, dass sie negativ hydrotropisch sind. Ent- wickeln sie sich in der Nähe eines feuchten Körpers, so wenden sie sich daher von diesem ab. Ich habe mich davon überzeugt, dass es leicht gelingt, diese Thatsache in folgender Weise festzustellen. Etwas Kuh- oder Pferdemist bleibt unter einer Glasglocke einige Tage sich selbst überlassen. Es entwickelt sich eine üppige Vege- tation von Mucor Mucedo, eben derjenige Pilz, den wir für unser Ex- periment brauchen. Wir legen einen kleinen, mit Wasser durch- feuchteten Brotwürfel in eine flache Glasschale und bedecken diese mit einer Glasplatte, welche dem Rande der Schale dicht aufliegt und in der Mitte mit einem Loch von einigen Millimetern Durchmesser ver- sehen ist. Vor dem Bedecken der Schale mit der Glasplatte bringen wir mit Hülfe einer ausgeglühten Nadel einige reife Sporangien der Mucor- vegetation des Mistes auf das Brot und vertheilen die Sporen auf diesem. Die Sporen keimen alsbald; nach 1 oder 2 Tagen wachsen schon einige Sporangienträger durch das Loch der Glasplatte hervor, und es handelt sich nun darum, das negativ hydrotropische Verhalten dieser Organe zu constatiren. Zu dem Zweck wird an einem Kork ein Streifen dicker Pappe mit Siegellack befestigt. Dann durchtränkt man den Pappstreifen mit Wasser und stellt ihn in unmittelbarster Nähe der aus dem Loche der Glasplatte hervorwachsenden Sporangien- träger auf. Die ganze Vorrichtung wird jetzt, wie auch schon früher nach der Aussaat der Mucorsporen, mit einem Papprecipienten bedeckt, um das Licht auszuschliessen. Nach Verlauf von etwa 24 Stunden .1) Vgl. WoBTMANjf, Botanische Zeitung, 1881. Die Rei2}bewegungon der Pflanzen. 397 hat die Länge der Sporangienträger erheblich zugenommen, und es ist leicht wahrzunehmen, dass sie nicht senkrecht emporgewachsen sind. Sie erscheinen vielmehr gekrümmt; ihre convexe Seite ist dem feuchten Pappstreifen zugewandt. Wenn man keinen durchfeuchteten, sondern einen trockenen Papp- streifen in der Nähe der Sporangienträger aufstellt, so krümmen sich die- selben nicht. Die Nutation ist also nicht, wie van Tieghkm * ) meinte, als eine somatotropische, d. h. als eine durch die Masse der Pappe be- dingte, sondern wirklich als eine hydrotropische anzusehen. 183. Der Tliermotropismus der Pflanzen. Es gewährt Interesse, sich davon zu überzeugen, dass wachsende Pflanzentheile Reizbewegungen ausführen, wenn ihre antagonistischen Seiten verschiedener Temperaturwirkung ausgesetzt sind *). Wir führen unsere Experimente in einem grossen, womöglich nach Norden ge- legenen Zimmer aus, in welchem möglichst unbedeutende Temperatur- schwankungen herrschen. Am einen Ende eines langen Arbeitstisches stellen wir eine vorn berusste, 60 — 70 cm hohe und breite Eisenblech- platte unter Benutzung eines starken Gestelles derartig auf, dass die Fläche der Platte senkrecht zu den Fensterscheiben gerichtet ist. Die hintere Fläche der Platte kann durch vier derselben genäherte und je nach Bedürfniss verschiebbare Gasflammen erwärmt werden. Die Untersuchungsobjecte (in Töpfen in Sägemehl cultivirte Keimlinge von Lepidium und Zea) können nun in verschiedenen Entfernungen von der Platte aufgestellt werden. Zur Ausschliessung heliotropischer Nutationen stellt man hinter die ursprünglich völlig geraden Keim- linge einen grossen Planspiegel parallel zum Fenster, durch welches durch Vorhänge gedämpftes Licht einfällt. Vor Aufstellung der Töpfe erwärmt man die Platte und hängt in verschiedenen Entfernungen von derselben Thermometer auf. Zeigen diese bestimmte Tempera- turen an, bei denen man experimentiren will, so werden die Keim- linge in ihre unmittelbare Nähe gebracht, und der Versuch beginnt. Versuch mit Lepidium. 10 Keimlinge. 3 — 4 cm hoch. Zimmertem- peratur 12° C. Temperatur über der Mitte des Topfes 30 — 35"C. Nach einigen Stunden starke negativ thermotropische Nutation. Ver- such mit Zea. 2 Keimlinge 2 — 3 cm hoch. Zimmertemperatur 12" 0. Temperatur über der Mitte des Topfes 30" C. Nach einigen Stunden positiv thermotropische Nutation (Wortmann). Das Temperaturoptimum für das Wachsthum von Lepidium liegt etwa bei 28 " C, für Zea aber bei 33 " C. Das Zustandekommen der Krümmungen kann also nicht aufgefasst werden als Folge einer Wachs- thumsdiflFerenz auf den antagonistischen Seiten der Keimlinge, die ihrer- seits direct durch die auf diesen verschiedenen Seiten herrschenden Temperaturen bedingt ist. Läge die Sache so, dann hätten sich die Lepidiumkeimlinge unter den bezeichneten Bedingungen z. B. gerade der Wärmequelle zukrümmen müssen, denn die von der Platte abge- wandte Seite der Untersuchungsobjecte war einer für das Wachsthum 1) Vgl. VAN TiEGHEM, Extrait du Bulletin de la Soci^t^ botanique de France, T. XXIII. 2) Vgl. Wortmann, Botan. Zeitung, 1883 und 1885. 3 Proc 15 ji 20 40 10 10 10 15 398 Fünfter Abschnitt. an sich günstigeren Temperatur als die der Platte zugewandte Seite ausgesetzt Die beobachteten Krümmungen sind vielmehr als Reiz- wirkungen aufzufassen, welche die Wärmestrahlen ausgelöst haben. Es bedarf übrigens noch sehr eingehender Studien zur näheren Er- forschung des Thermotropismus der Pflanzen 0- 183. A^rotropismus und Chemotropismns der Pollen- und Pilz- schläucne. Die Keimung der Pollenkörner, von der im Folgenden oft die Rede sein wird, erfolgt am besten in Zuckerlösungen (Rohrzucker) von bestimmter Concentration, Diese Concentrationen sind zu- nächst für einige Pollensorten in nachstehender Uebersicht angegeben : Allium Victoriale Anthyllis vulneraria Berberis vulgaris Colchicum autumnale Digitalis ambigua Fritillaria imperialis Narcissus poeticus Vincetoxicum officinale 15 Wir stellen nun Zuckerlösungen unter Zusatz von 1 — 2 Proc. Gelatine her. Diese Lösung erstarrt bei 18 ° C. zu einer zitternden Gallerte. Ein Tropfen der Lösung gelangt auf einen Objectträger und wird mit Pollenkörnern versetzt, die man schnell mittelst einer Nadel recht gleichmässig in Tropfen vertheilt. Nun legt man ein Deck- glas auf, wobei darauf zu achten ist, dass keine Flüssigkeit über den Rand des Deckglases heraustritt. Auch die Bildung von Luftblasen ist thunlichst zu vermeiden. Die Objectträgerculturen gelangen bei 18 ^ C. unter eine durch Wasser abgesperrte Glasglocke. Experimen- tiren wir z. B. mit den Pollenkörnern von Narcissus Tazetta (7-proc. Rohrzuckerlösung), so sehen wir schon nach 6 Stunden viele Körner gekeimt. Aber nur die Pollenkörner in der Nähe des Deckglasrandes haben Schläuche entwickelt; die übrigen sind in Folge von Sauer- stoffmangel überhaupt nicht gekeimt. Die Schläuche wachsen fast sämmtlich der Mitte des Tropfens zu ; sie lassen ein ausgeprägt negativ aerotropisches Verhalten erkennen. Uebrigens ist zu bemerken, dass es manche Pollenarten giebt, deren Schläuche in keiner Weise aero- tropisch reizbar sind (Orobus vernus etc.) Ein vorzügliches Object zur Feststellung des negativ aerotropen Verhaltens wachsender Pollenschläuche sind nach meinen Erfahrungen diejenigen von Lathyrusarten. Die Körner werden in Zuckergelatine, die 15 Proc. Rohrzucker enthält, ausgesäet. Viele Pollenschläuche (Narcissus Tazetta, N. poeticus, Fritillaria imperialis, Vincetoxicum officinale etc.) sind auch recht energisch chemotropisch reizbar. 1) Die Wurzeln sollen nach JöxssoN, Berichte der Deutschen botan. Gresell- schaft, Bd. 1, S. 512, auch rheotropische Eigenschaften besitzen. Meine bezügUchen Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen, lieber den Aerotropismus der Wurzeln (vgl. MoiJSCH, Berichte d. Deutschen botan. Gesellschaft, Bd. 2, S. 160) und den Galvanotromsmus derselben (vgl. Elfving, Botan. Zeitung, 1882» stdlte ich bis jetzt keine Experimente an. Die Reizbewegungen der Pflanzen. 399 Wir vertheilen die Pollenkörner im Zuckergelatinetropfen und legen in die Mitte desselben ein Stückchen frisch abgeschnittenen Narben- oder Gritfeigewebes oder Samenknospen der betreffenden Pflanzen. Im feuchten Räum keimen die Körner, und die in der Nähe der Narbenstücke etc. zur Entwickelung kommenden Schläuche wenden sich, da sie ein positiv chemotropisches Verhalten zeigen,. diesen Stücken zu. Tödtet man die Narbenstücke durch Eintauchen in heisses Wasser, bevor man sie auf den Zuckergelatinetropfen legt, so ver- halten sich die Pollenschläuche ebenso, wie es bereits angegeben wurde. Hierdurch ist festgestellt, dass die bezeichnete Wachsthumsrichtung der Schläuche im vorliegenden Falle nicht Folge ihrer aerotropischen Reizbarkeit sein kann, denn die todten Gewebemassen produciren, was die lebendigen ja thun, keine Kohlensäure, die von Einfluss auf die Vertheilung der Sauerstotfspannung im Präparat sein könnte. In vielen Fällen ist es bei Untersuchung des Chemotropismus der Pollenschläuche zweckmässig, dieselben in einem Gelatinetropfen zu vertheilen, dem nur wenig Zucker (z. B. 0,2-0,4 Proc.) beigemengt wurde, die Narbenstücke etc. auf die Gelatine zu legen und das Prä- parat in einen feuchten Raum zu bringen. Als Reizmittel für die Schläuche wirkt in erster Linie Rohrzucker, der in dem Gewebe des Gynaeceums vorhanden ist und von den Zellen desselben ausgeschieden wird. Wir injiciren Blätter einer Tradescantia (z. B. T. discolor) unter der Luftpumpe ' mit Rohrzuckerlösung von bestimmter Concentration. Die durchscheinend gewordenen Blätter spült man mit Wasser rasch ab und trocknet sie äusserlich mit Fliesspapier. Nun vertheilt man Pollen auf der spaltöffnungsreichen Unterseite der Blätter und bringt sie in einen wassergasreichen Raum. Nach kürzerer oder längerer Zeit stellen wir fest, dass die Pollenschläuche bei ihrem Wachsthum die Neigung zeigen, sich den Spaltöffnungen zuzuwenden, um in diese einzudringen. Hat man das Blatt nur mit Wasser injicirt, so wachsen die Schläuche indifferent über die P'läche dahin. Der Rohrzucker ist also ein Körper, der die Pollenschläuche zu chemotropischen Be- wegungen veranlasst. Auch die Keimschläuche der Pilze sind chemotropisch reizbar. Werden Tradescantiablätter mit 2-proc. Rohrzucker- oder Fleischex- tractlösung injicirt, um auf die Unterseite der Blätter dann Mucor- sporen im dampfgesättigten Raum zur Keimung zu bringen, so findet man, dass die Schläuche sich auch hier wieder den Spaltöffnungen zuwenden und in dieselben eindringen. Hat die Rohrzuckerlösung nur 0,1 Proc. Concentration, so reagiren die Schläuche nur noch sehr schwach positiv chemotropisch ; dasselbe ist bei hohen Concentrations- graden der Zuckerlösung (z. B. bei 20 Proc.) der Fall '). 184. Die durch den Wechsel der BeleiichtiingsverhSlltiiisse niul durch Temperaturschwaiikuiigen inducirten Bewegungen der Laub- blätter und Blüthentheile. (Nyctitropische Bewegungen.) Es existiren zahlreiche Laub- und Blumenblätter, welche, wie die experimentellen Untersuchungen mehrerer Physiologen ergeben haben, 1) Vgl. Molisch, Sitzungsber. d. Akadem. d. Wiss. zu Wien, Bd. 102, Abthl. 1. Juli 1893; MiYOsm, Botan. Zeitung, 1895, und Flora, 1894. 400 Tünfter Abschnitt. nur in geringem Grade durch Wachsthumsbewegungen auf Terapera- turschwankungen, dagegen in ausgezeichneter Weise auf den Wechsel der Beleuchtungsverhältnisse reagiren. Wir wollen uns zunächst be- mühen, einige Erscheinungen, um die es sich hier handelt, genauer festzustellen. Wir beobachten im Freien wachsende Exemplare von Impatiens parvitlora, Chenopodium bonus Henricus und Mirabilis jalapa. Die für uns Interesse besitzenden Bewegungserscheinungen treten an den jüngeren, noch nicht ausgewachsenen Laubblättern deutlich hervor. Am Tage sind diese Blätter mehr oder minder horizontal gestellt; nachts nehmen sie dagegen eine andere Lage ein. Bei Chenopodium und zumal bei Mirabilis heben sich die Blätter am Abend, während sie sich bei Impatiens zu dieser Zeit senken und daher mit Eintritt der Dunkelheit aus einer horizontalen in eine verticale Lage über- gehen. Am folgenden Tage kehren die Blätter wieder in ihre Licht- stellung zurück. Beobachtet man in Blumentöpfen cultivirte Keimlinge von Rapha- nus sativus, so zeigt sich, dass die Cotyledonen derselben am Tage ausgebreitet, nachts aber mehr oder minder zusammengeschlossen er- scheinen. Junge Blätter von Tropaeolum majus, welche man von oben beleuchtet, nehmen am Tage eine solche Stellung ein, dass sie recht- winkelig von den einfallenden Lichtstrahlen getroffen werden. Nachts stellen sie sich vertical. Dies tritt nach den Resultaten meiner Ver- suche mit Topfpflanzen aber nur bei relativ hoher Temperatur in vollem Maasse ein. lieber die durch Beleuchtungswechsel inducirten Wachsthums- bewegungen der Blüthen stellte ich, meistens unter Benutzung im Freien wachsender Pflanzen, folgende Beobachtungen an, welche man wiederholen möge. Ich constatirte, dass sich die Blüthenköpfe der meisten Exemplare von Taraxacum officinale an sonnigen Tagen zu Anfang Mai zwischen 7 — 8 Uhr morgens öff"nen, um sich nachmittags zwischen 4 — 5 Uhr wieder zu schliessen. Die Blüthen von Tradescantia bleiben tagsüber geöffnet, wenn der Himmel bedeckt ist; bei wolkenlosem Himmel schliessen sie sich aber morgens um 10 Uhr. Die Blüthenköpfe von Tragopogon pratensis sind morgens off"en. Im Juni schliessen sie sich aber bei Sonnenschein um 9 Uhr, bei bedecktem Himmel etwa um 11 Uhr. Abends schliessen sich die Blüthen von Adonis vernalis sowie die Blüthenköpfe von Bellis perennis und Leontodon hastilis (vgl. Fig. IGl und 162, in denen Blüthenschäfte von Leontodon mit einem geschlossenen und einem off'enen Blüthenköpfe dargestellt sind), um sich am nächsten Morgen wieder zu ötfnen. Ich fand, dass sich die Blüthen von Adonis Ende April um 3 Uhr nachmittags schliessen, während das Schliessen der Blüthenköpfe von Bellisexemplaren, die dicht daneben standen, erst IV2 Stunden später erfolgte. Die Blüthen von Oenothera biennis blühen abends auf und morgens schliessen sie sich. Ich brachte abgeschnittene und in Wasser gestellte Blüthen- schäfte von Leontodon hastilis am Tage ins Dunkle. Die Blüthen- köpfe schlössen sich abends, öff'neten sich aber wieder am folgenden Tage, trotzdem die Untersuchungsobjecte constant verdunkelt blieben, und zeigten am Abend abermals, freilich keine sehr ausgiebigen, Schliessungsbewegungen. Am nächsten Tage wurden die Blüthen- schäfte aufs Neue dem Tageslicht ausgesetzt. Am Abend dieses Tages Die Reizbewegungen der Pflanzen. 401 Fig. 162 schlössen sich die Blüthenköpfe in durchaus normaler Weise. Die Resultate dieser Experimente lehren, dass die Einzelblüthen der Blüthenköpfe von Leontodon hastilis — und ihnen analog werden sich auch manche andere Blüthen verhalten — wenn sie constanter Dunkelheit ausgesetzt werden, Nachwirkungsbewegungen zeigen, welche ein OefTnen der Köpfe zur Tageszeit und ein Schliessen derselben zur Nachtzeit herbei- führen. Freilich dauern Fig. 161. diese Nachwirkungs- bewegungen nicht lange fort Die Blüthen wer- den nach einiger Zeit bewegungslos (dunkel- starr), können aber wie- . Tlieil eines Sprosses von Sicyos ani^ilatus mit einer Banlce. Wird ein Zweig einer Sicyosranke an verschiedenen Punkten mit einem dünnen Holzstäbchen berührt, so findet man leicht, dass die Reizbarkeit des Organs besonders gross im vorderen Drittel ist, von hier aus nach der Basis zu aber erheblich abnimmt. Ferner kann man feststellen, dass in der sensiblen Zone nur eine Flanke der Ranken- zweige auf den Contactreiz reagirt, und zwar ist allein diejenige Seite der Sicyosranken für Berührung empfindlich, welche, wenn die Ranken- zweige noch sehr jung und daher noch spiralig eingerollt sind, die Convexität bildet. Es sei hier übrigens bemerkt, dass es auch Pflanzen giebt,' deren Ranken nicht nur auf einer, sondern auf allen Seiten reizbar sind. Will man sich von dem hohen Grade der Empfindlich- keit der Sicyos- oder Cyclantheraranken specieller überzeugen, so ist es zu empfehlen, Stückchen baumwollenen Garnes oder kleine Papier- reiter von wenigen Milligramm Gewicht sanft auf die Rankenspitzen zu bringen. Es treten sehr schnell deutliche Krümmungen hervor. Andere Ranken, z. B. diejenigen von Vitis, welche wir weiter unten genauer untersuchen wollen, sind weit weniger empfindlich als die 414 Fünfter Abschnitt. hier erwähnten ; Belastungen mit Körpern von wenigen Milligramm Gewicht bringen sie überhaupt noch gar nicht zur Einkrümmung. Von principieller Wichtigkeit ist die durch geeignete Experimente leicht festzustellende Thatsache, dass die Ranken nicht schlechthin für Druck, Stoss oder Berührung empfindlich sind, sondern dass nur eine bestimmte Form der Berührung als Reiz wirkt '). Werden ranken- tragende Sicyossprosse kräftig, aber unter sorgfältiger Vermeidung jeder Berührung der Ranken mit einem festen Körper geschüttelt, so treten an den Ranken wohl Erschütterungskrümmungen auf, aber jene auffallende Reizwirkung, welche durch Contact mit einem festen Körper zur Geltung kommt, unterbleibt. Das Ergebniss unseres Experimentes lehrt auch, dass Luftreibung nicht als Reiz auf die Ranken einwirkt. Auch durch einen Wasserstrahl, den man z. B. aus einer Spritzflasche gegen die reizbare Seite der Ranken von Sicyos richtet, werden die- selben nicht gereizt. Wesentlich anders wie die Ranken verhalten sich, wovon ich mich überzeugte, die empfindlichen Blätter von Mi- mosa pudica sowohl einem Wasserstrahl als auch einfacher Erschütte- rung gegenüber. Diese Blätter werden durch jede beliebige mecha- nische Erschütterung gereizt, und wenn man z. B. einen Wasserstrahl gegen ein ausgebreitetes Blatt richtet, so erfolgen die bekannten Schliessungsbewegungen sehr schnell. Die Ranken sind nicht durch jede beliebige mechanische Erschütterung reizbar, sondern sie reagiren nur dann, wenn in ihrer sensiblen Zone discrete Punkte beschränkter Ausdehnung gleichzeitig oder in genügend schneller Aufeinanderfolge von Stoss oder Zug betroff"en werden. Wir haben also zwischen Stoss- reiz, auf den z. B. die Mimosablätter reagiren, und Contactreiz, der die Rankenbewegungen auslöst, zu unterscheiden. Wird in der Nähe der Ranken von Cucurbita, Sicyos oder Cyclan- thera eine Stütze, z. B. ein Draht oder ein dünner Holzstab, aufgestellt^ so gelangen die reizbaren Organe in Folge der schon erwähnten Nuta- tionsbewegungen alsbald mit der Stütze in Berührung. Der Contact löst eine Reizwirkung aus, und die Ranken krümmen sich. Durch diese Krümmung kommen weitere Punkte der Ranken mit der Stütze in Contact, neue Reizwirkungen machen sich geltend, und so kommt schneller oder langsamer ein Umwinden der Stütze zu Stande (vergl. Fig. 166, Rankenzweig d). Hat eine Ranke eine Stütze ergriffen, so treten an demjenigen Rankentheile, der zwischen der Stütze und der Pflanze ausgespannt ist, sehr schnell merkwürdige Veränderungen ein. Dieser Rankentheil bildet nämlich, wie es in Fig. 166 dargestellt ist, korkzieherförmige Einrollungen, und aus freilich rein mechanischen Gründen entstehen zwischen entgegengesetzt verlaufenden Windungen sog. Wendepunkte (vergl. Fig. 166 bei W). Ich sah z. B., dass eine Sicyosranke, die am I.Juli nachmittags um 4 Uhr eine Stütze er- griffen hatte, schon am Morgen des nächsten Tages in ihrem zwischen der Stütze und der Pflanze ausgespannten Theile korkzieherförmig gewunden war; Wendepunkte waren auch bereits vorhanden. Ich sah ferner, dass eine Cyclantheraranke, die eine Stütze ergriffen hatte, bei hoher Sommertemperatur schon nach 8 Stunden die ersten korkzieher- förmigen Windungen an dem zwischen Stütze und Pflanze ausge- spannten Theile hervortreten Hess. Diese ersten Windungen bildeten 1) Vri. Pfeffer, Untersuchungen aus dem botan. Institut zu Tübingen, Die Beizbewegungen der Pflanzen. 415 sich in unmittelbarer Nähe des Befestigungspunktes der Ranke an der Stütze. Die Entstehung der korkzieherförmigen "Windungen schreitet im frei ausgespannten Rankentheil von der Spitze nach der Basis fort. Ranken unserer Cucurbitaceen, welche keine Stütze ergriffen haben» zeigen ebenso wie die befestigten Organe EinroUungserscheinungen» aber man kann sich leicht davon überzeugen, dass dieselben, während sie an befestigten Ranken schnell entstehen, an solchen Ranken, die keine Stütze ergriffen haben, nur sehr langsam zur Ausbildung kommen. Diese Thatsachen lassen keinen Zweifel darüber bestehen, dass das beschleunigte Auftreten der Einrollungen befestigter Ranken Folge des Contactreizes ist, dem dieselben ausgesetzt gewesen sind, und zudem leuchtet ein, dass hierbei auch eine Reizfortpflanzung eine wichtige Rolle spielen muss, denn die korkzieherförmigen Windungen bilden sich ja am frei ausgespannten, nicht am direct berührten Rankentheile. Mit Bezug auf die Mechanik der Rankenbewegungen ist so viel mit Sicherheit bekannt, dass, wenn eine Ranke durch Berührung gereizt worden ist und Krümmungen eingetreten sind, die Turgorausdehnung der Zellen auf der concaven Seite geringer ist als diejenige der Zellen der convexen Seite. Diese zunächst zur Geltung kommende und durch den Contactreiz hervorgerufene Differenz der Turgorausdehnung ist dann ferner die Ursache eines verschiedenartigen Wachsthums der Zellen der concav sowie convex gewordenen Rankenseite. Die Zellen der letzteren wachsen lebhafter als diejenigen der ersteren, und da- durch werden die durch den Contactreiz hervorgerufenen Krümmungen fixirt. Mit Hülfe der plasmolytischen Methode (vgl. unter 59) ist man im Stande, den Antheil festzustellen, den die Turgorausdehnung der Zellen einer- und das Wachsthum derselben andererseits an dem Zu- standekommen der Rankenkrümmungen nehmen, und es ist lehrreich, derartige Experimente auszuführen. Man verfährt dabei derartig, dass man die Ranken schwächer oder stärker reizt und dann, wenn mehr oder minder erhebliche Krümmungen eingetreten sind, abschneidet, um sie sofort in 20-proc. Kochsalzlösung zu legen. Strecken sich die gekrümmten Ranken bei der Plasmolyse wieder völlig gerade, so war die in Folge des Contactreizes erzeugte Krümmung nur durch Ver- schiedenartigkeit der Turgorausdehnung der Zellen auf der concaven und convexen Rankenseite hervorgerufen. Wenn dagegen durch Plas- molyse keine völlige Geradestreckung erzielt wird, so ist damit die Betheiligung des Wachsthums an der Ausbildung der Windungen erwiesen. Ich habe Sicyosranken gereizt und, nachdem sie '/4> ^/4 oder 1 V4 Windungen gebildet hatten, der Plasmolyse unterzogen. Die beiden ersten Ranken streckten sich alsbald völlig gerade ; an der letzten blieb in der Salzlösung ^'4 Windung erhalten^). Die Ranken der Cucurbitaceen sind, worauf für Sicyosranken be- reits hingewiesen wurde, nur an ihrer Spitze sehr reizbar ; nach ihrer Basis zu nimmt die Reizbarkeit allmählich ab. Hiermit im Zusammen- hang steht ohne allen Zweifel die Thatsache, von deren Richtigkeit ich mich nach den Angaben von 0. Müller ^) überzeugte, dass die Basis der Cucurbitaceenranken radiär gebaut ist, während der dorsi- 1) Vgl. H. DE Vries, Arbeiten des botanischen Instituts in Wörzburg, Bd. 1, S. 302, und Landwirthschaftliche Jahrbücher, Bd. 9, S. 511. 2) Vgl. 0. Müller in Cohn's Beiträgen zur Biologie der Pflanzen, Bd. 4, S. 120. 416 Fünfter Abschnitt. ventrale Bau der Ranken um so mehr hervortritt, je mehr wir uns der sehr empfindlichen Rankenspitze nähern. Wir stellen z. B. eine ganze Anzahl von Schnitten aus einer Ranke von Bryonia dioica her. An der Basis ist die Ranke völlig oder nahezu radiär gebaut. Wir erblicken die regelmässig im Mark vertheilten Gefässbündel, einen geschlossenen Sklerenchymring, dessen Elemente aber noch nicht ver- holzt zu sein brauchen, dann grünes Gewebe, das aber nur an einigen Stellen bis zur Epidermis reicht, da reichliches CoUenchym vor- handen ist. Wenn wir Schnitte aus der Mitte oder dem oberen Theile der Brjoniaranken untersuchen, so tritt der dorsiventrale Bau des reiz- baren Organes immer klarer hervor. Die Gefässbündel sind im Grund- gewebe auf der Rankenunterseite zusammengedrängt, das Sklerenchym bildet keinen Ring mehr, sondern einen Bogen auf der Rankenunter- seite. Ebenso ist das CoUenchym hier besonders reichlich entwickelt, während das grüne Parenchym vor allem als Hauptgewebe der Ranken- oberseite auftritt. 191. Experimente mit Ampelideenranken. Die verzweigten Ranken von Vitis vinifera sind bei weitem nicht so reizempfindlich, wie die unter 190 besprochenen Ranken von Si- «yos und Cyclanthera. Diese letzteren reagiren unter günstigen Um- ständen ja fast momentan sehr energisch auf Berührung. Die Vitis- ranken krümmen sich selbst nach starker Reizung nur langsam. Ich fand einmal, dass ein Zweig einer Vitisranke, der mehrfach zwischen den Fingern hindurchgezogen worden war, bei hoher Sommertempera- tur nach 20 Minuten deutlich gekrümmt erschien. In allen anderen Fällen, zumal bei nicht so hoher Temperatur, wurde die Reizwirkung erst nach Verlauf von einer oder einigen Stunden deutlich sichtbar. Ist eine Ranke von Vitis vorübergehend gereizt worden, und hat sie sich in Folge dessen gekrümmt, so streckt sie sich langsam wieder gerade und ist dann abermals reizbar. Stellt man in die Nähe einer Vitisranke einen dünnen Holzstab als Stütze auf, so kann dieser leicht umwunden werden. Der zwischen der Stütze und der Pflanze aus- gespannte Rankentheil zieht sich korkzieherartig zusammen, aber dies erfolgt langsam, oft erst im Laufe einiger Tage. Sehr eigenthümlich verhalten sich die Ranken von Ampelopsis quinquefolia (wilder Wein). In Fig. 167 ist eine solche Ranke abge- bildet, welche noch gar keine Befestigung erfahren hat. Die Ranken- Zweige sind nur bei einzelnen Individuen zum Winden befähigt; meist vermögen sie es nicht, sich in typischer Weise wie viele Cucurbita- ceenranken oder Vitisranken zu befestigen. Dagegen sind die Enden der Rankenzweige im Stande, Haftballen zu erzeugen. Wenn nämlich diese Enden mit dem Mauer- oder Holzwerk, an dem die Pflanze wächst, in Berührung gerathen, so schwellen sie in Folge des Con- tactreizes alsbald zu den Haftballen an. Die Zellen dieser letzteren scheiden klebrige Secrete ab, vermittelst welcher eine Befestigung der Rankenenden herbeigeführt wird. In Fig. 168 ist eine Ampelopsis- ranke abgebildet, die von einer Holzwand abgelöst worden war, nach- dem die Enden ihrer Zweige eben begonnen hatten, Haftballen zu erzeugen. Hat sich eine Ampelopsisranke in der angegebenen Weise Die Reizbewegungen der Pflanzen. 417 befestigt, so treten in den zwischen den Befestigungspunkten und der Pflanze ausgespannten Rankentheilen korkzieherförmige Windungen auf. Die Entstehung dieser letzteren ist, wie bei den Ranken von Sicyos, Vitis etc., Folge einer Reizfortpflanzung und hängt mit dem Contactreiz, der zur Haftballenbildung führte, innig zusammen. Wenn die Ampelopsisranken sich nämlich nicht befestigen, so unterbleibt das Auftreten der korkzieherförmigen Windungen. Die nicht befestigten Ranken unserer Pflanze werden sogar im Laufe einer oder zweier Fig. 167. Fig. 168. Fig. 167. Ranke von Ampelopsis qainquefolia, nicht befestigt. Fig. 168. Ranlte von Ampelopsis quinquefolia mit Haftballenbildung. Wochen welk und fallen ab. Der zur Haftballenbildung führende Contactreiz an den Enden der Rankenzweige ruft aber nicht nur die Bildung der erwähnten korkzieherförmigen Windungen hervor, sondern es machen sich in Folge von Reizfortpflanzung noch weitere Ver- änderungen im frei ausgespannten Rankentheile geltend. Untersucht man einen zarten Querschnitt eines noch nicht be- festigten Rankenzweiges von Ampelopsis, so gewahrt man ein gross- zelliges Mark, das von einem Gefässbündelkreis umgeben wird. Die Verbindung zwischen dem Mark und der grünen Rinde stellen grosse Markverbindungen her, und in der Peripherie der Rinde, dicht unter der Epidermis, ist Collenchym vorhanden. Wenn die Ampelopsis- ranken sich befestigt haben, so erfährt ihr Bau zugleich mit der Bil- dung der korkzieherförmigen Windungen wesentliche Veränderungen. In den Markverbindungen tritt Zwischencambium auf; der Holzkörper Detmer, Pflanzenphysiologisches Praktikum. 2. Aufl. 27 418 Fünfter Abschnitt. der Gefässbündel vergrössert sich in bedeutendem Maasse, bis endlich ein geschlossener Holzring entstanden ist, wodurch die Ranken sehr bedeutend an Festigkeit und Widerstandsfähigkeit gewinnen und der Pflanze erst von rechtem Nutzen werden '). IV. Die Dorsiventralität, Polarität und Anisotropie der Pflanzenorgane und die Correlationserscheinungen. im Pflanzenreich. 193. Die Doi-slYentralität der Pflanzentheile. Viele Pflanzentheile, zumal plagiotrope (z. B. viele Laubblätter)^ sind in ausgeprägter Weise dorsiventral gebaut. Es giebt aber auch Stengeltheile , denen in morphologischer resp. physiologischer Be- ziehung Dorsiventralität eigenthümlich ist, und für gewisse derselben ist sogar die Ursache der Dorsiventralität bekannt; sie kann daher in bestimmter Weise hervorgerufen werden. Einige Beobachtungen sollen uns näheren Aufschluss über diese interessanten Verhältnisse gewähren. Wir legen im Sommer einige Samen von Tropaeolum majus in gute Gartenerde aus, die sich in Blumentöpfen befindet. Die Cultur- gefässe stellen wir vor ein Fenster, welches recht helles Licht empfängt.. Die epicotylen Glieder der sich entwickelnden jungen Keimlinge (wir dürfen stets nur wenige in einem Blumentopf cultiviren, damit sie sich nicht gegenseitig beschatten) wenden sich zunächst dem Licht entgegen ; sie verhalten sich positiv heliotropisch. Bleiben die Pflanzen, unverrückt im hellen Licht vor dem Fenster stehen, so geht der posi- tive Heliotropismus der epicotylen Glieder der Keimlinge in einen negativen Heliotropismus über. Sie wenden sich, ebenso wie die weiteren neu entstehenden Stengeltheile, von der Lichtquelle ab. Ihre Lichtseite (Oberseite) wird daher convex. Der Einfluss intensiven Lichts ruft also einen Plagiotropismus der Tropaeolumstengeltheile hervor ; derselbe ist aber kein tief eingreifender, denn die Axenglieder unserer Pflanzen bewahren stets, sowohl mit Rücksicht auf ihren ana-^ tomischen Bau als auch in Bezug auf die Stellung der an ihnen ent- stehenden Blätter einen multilateralen oder radiären Charakter. Es- ist wichtig, dass die Licht- oder Oberseite des epicotylen Stengel- gliedes von Tropaeolum nicht allmählich convex wird, wenn die Be- obachtungsobjecte schwachem Licht ausgesetzt sind ; das negativ helio- tropische Verhalten der Pflanzentheile kommt dann nicht zur Geltung ; sie krümmen sich dann nur positiv heliotropisch dem Licht entgegen^ Uebrigens kann jede .beliebige Flanke der Tropaeolumstengel (ebea die am stärksten beleuchtete) zur Oberseite derselben werden ^). 1) Vgl. Darwin, Die Bewegungen und Lebensweise der kletternden Pflanzen^ 1876, S. 105, und v. Lengebken, Botan. Zeitung, 1885, No. 22-26. 2) Vgl. Sachs, Arbeiten des botan. Instituts in Würzburg, Bd. 2, S. 27U Die Reizbewegungen der Pflanzen. 419 Ein ausgezeichneter Fall localer Induction von Dorsiventralität lässt sich bei Experimenten mit den horizontal wachsenden Sprossen von Thuja occidentalis constatiren ^). An diesen Sprossen sind vier Blattzeilen vorhanden: je eine Blattzeile auf der Ober- und Unter- seite (Facialblätter) ; je eine an den beiden Flanken (Marginalblätter). Die unter gewöhnlichen Verhältnissen erwachsenen Thujasprosse sind nun deutlich dorsiventral gebaut, wovon man sich leicht bei mikro- skopischer Untersuchung zarter Querschnitte überzeugen kann. Ihr Mesophyll z. B. ist auf der Oberseite palissadenartig entwickelt, auf der Unterseite besteht es aus nahezu isodiametrischen Zellen (vergl. Frank, Pringsheim's Jahrbücher, Bd. 9, Tafel 16, Fig. 4). Wenn man nun im zeitigen Frühjahr vor dem Erwachen der Vegetation (die von mir ausgeführten Versuche begannen Anfang März) horizontale Thuja- sprosse umkehrt und in dieser Lage fixirt, ohne sie von der Mutter- pflanze abzutrennen, so dass ihre morphologische Unterseite nach oben gewandt ist, dann entwickeln sich die Sprossenden im Laufe des Frühlings ganz normal und erlangen auch wie gewöhnlich dorsiven- tralen Bau. Diejenige Seite der Thujasprosse aber, welche ohne Um- kehrung zur morphologischen Unterseite geworden wäre, wird jetzt zur Oberseite, wie z. B. das Vorhandensein von Palissadenparenchym deutlich zeigt, während die erdwärts gewandte Seite der umgekehrten Sprosse den normalen Charakter der Unterseite annimmt. Die Dorsi- ventralität der Thujasprosse ist also Folge localer Induction. Sie wird durch Lichtwirkung hervorgebracht, nicht, wie Frank noch specieller nachzuweisen sucht, durch Schwerkraftwirkung. Werden die mehr oder minder zweizeilig beblätterten Sprosse von Taxus baccata zur Zeit des Austreibens der Knospen, also im Mai, um 180° gedreht und in dieser Lage, ohne sie von der Mutterpflanze abzutrennen, durch Festbinden fixirt, so beobachtet man, dass die jungen Triebe (natürlich nicht die älteren, schon ausgewachsenen) nach Verlauf einiger Tage durch Drehung wieder in diejenige Lage zurückgekehrt sind, welche sie vor Beginn des Experiments besassen. Wenn man die Taxussprosse vor dem beginnenden Austreiben der Knospen (meine Versuche begannen Mitte März) um 180° dreht und in dieser Lage fixirt, dann wird, wohl namentlich unter dem Einfluss der Schwerkraft, alsbald eine Dorsiventralität in den sich entwickeln- den Sprossen inducirt, die der neuen Lage entspricht, so dass die Jahrestriebe nunmehr nach einer Umkehrung in die beim Austreiben angenommene Orientirung zurückstreben. Der Unterschied zwischen solchen Taxussprossen, die sich in gewöhnlicher Weise entwickelt haben, und solchen, welche aus Knospen hervorgegangen sind, die an zeitig im Frühjahr um 180° gedrehten älteren Spross sassen, prägt sich aber wesentlich darin aus, dass bei jenen die Länge der Nadeln von der Unter- zur Oberseite der Zweige abnimmt, während bei diesen die längsten Nadeln der Oberseite angehören (Anisophyllie) ^). 193. Die Polarität der Pflanzentheile. Zahlreiche Pflanzentheile, zumal viele Sprosse, lassen die Er- scheinung einer ausgeprägten Polarität deutlich erkennen. Die 1) Vgl. Frank in Pringsheim's Jahrbüchern, Bd. 9, 8. 147. 2) Vgl. Frank, Die natürliche wagerechte Richtung von Pflanzen theilen, 1870, S. 24. 27* 420 Fünfter Abschnitt. Organisationsverhältnisse oder auch das physiologische Verhalten solcher Pflanzentheile weisen direct auf einen Unterschied von Basis und Spitze hin, und wir wollen zunächst einige Experimente anstellen, um zu einem genaueren Verständniss der hier berührten merkwürdigen Thatsachen zu gelangen (Vöchting). In einen Glascylinder wird etwas Wasser gebracht, so dass dieses den Boden des Cylinders etwa 1 cm hoch bedeckt. Die Innenwand unseres Apparats belegen wir ihrer ganzen Ausdehnung nach mit durchfeuchteten Fliesspapierstreifen ; dieselben müssen mit ihrem unteren Ende in das Wasser eintauchen. Die Oeffnung am oberen Ende des Cylinders wird durch Bedecken mit einer Glasplatte ver- schlossen. Wir können unseren Versuch zu sehr verschiedener Jahres- zeit anstellen und wollen zunächst sehen, welchen Erfolg wir bei Ex- perimenten mit Weidenzweigen im Februar oder März erzielen. Wenn man zur angegebenen Zeit Stücke von Weiden- zweigen (Salix viminalis oder S. fragilis) von etwa 200 mm Länge und 12 mm Durchmesser, die ihrer ganzen Länge nach mit möglichst gleichartig entwickelten Knospen besetzt sind, in dem Glascylinder an Fäden aufliängt (vgl. Fig. 169), so dass ihre morphologische Spitze nach oben, ihr basales Ende nach unten ge- richtet ist, aber nicht in das Wasser eintaucht, dann beginnt alsbald das Austreiben der Knospen und der unter der Rinde verbor- genen Wurzelanlagen unserer Untersuchungs- objecte ^). Die Weidenzweigstücke bilden in der feuchten Luft und bei hinreichend hoher Temperatur (etwa 20 " C.) im Laufe von 3 bis 4 Wochen, während welcher Zeit sie bei Licht- abschluss gehalten worden sind, kräftige Triebe sowie Wurzeln. Wir finden nun aber, dass Triebe nur aus den an der Spitze der Zweig- stücke vorhandenen Knospen hervorgehen, während aus einem recht beträchtlichen Theil der Oberfläche der Zweigstücke Wurzeln her- vorbrechen. Bei zahlreichen Beobachtungen, die ich anstellte, fand ich aber in Ueberein- stimmung mit Vöchting ^) stets mehr oder die Wurzeln nach der morphologischen Basis an Zahl und Länge zunehmen. (Vergl. auch Figr. 169. GlascyUnder, in welchem ein austrei- hendes Weiden zweigstück hängt. minder deutlich, dass der Zweigstücke hin Fig. 116.) Wenn wir im Juli aus dem mittleren Theile eines kräftigen diesjährigen Weidenzweiges, dessen Blätter wir entfernt haben, Stücke von etwa 200 mm Länge herausschneiden und dieselben in angegebener Weise in einem Glascylinder in feuchter Luft aufhängen, so ent- wickeln sich am oberen Ende unseres Untersuchungsobjectes Triebe. Was die Wurzelbildung anbelangt, so ist dieselbe bei den jungen Zweigstücken im Gegensatz zu älteren, auf deren morphologische 1) Betont muss werden, dass die Wurzelanlagen unter der Rinde gleichmässig über den ganzen Weidenzweig vertheilt sind. 2) Vgl. Vöchting, Ueber OrganbUdung im Pflanzenreich, 1878. Vergl. femer VöcarriNG, Ueber Transplantationen am Pflanzenkörper, Tübingen 1892. Die Reizbewegungen der Pflanzen. 421 Basis beschränkt. Wir hängen auch noch ältere oder jüngere Weiden- zweigstücke im März oder Juli derartig in Glascylindern auf, dass ihre morphologische Spitze nach abwärts, ihre morphologische Basis aber nach oben gekehrt ist. Es ergiebt sich wieder, dass an der Spitze Triebe, an der morphologischen Basis aber besonders zahl- reiche und kräftige Wurzeln zur Ausbildung gelangen. Die Experi- mente mit umgekehrt aufgehängten Zweigstücken lehren also, dass die Wirkung der Schwerkraft nicht die unmittelbare Ursache der von uns bezüglich der Entwickelung von Trieben und Wurzeln con- statirten Erscheinungen sein kann. Es ist sicher, dass die Polarität von Pflanzentheilen, d. h. der Gegensatz von Basis und Spitze an denselben, nicht Folge geheimniss- voller vitaler Kräfte ist, sondern dass dieselbe äusseren Kräften ihre Entstehung verdankt. Wir haben allen Grund zu der Annahme, nach welcher in erster Linie die Schwerkraft jene Polarität ursprünglich bedingte, und wir können uns mit Rücksicht auf die hier in Betracht kommenden Fragen etwa die folgende Vorstellung bilden. Wenn die Gravitation stets in der nämlichen Richtung und durch zahllose Generationen hindurch auf die Gewächse einwirkt, so kann durch Summirung der Wirkungen schliesslich eine erbliche Eigenschaft der Pflanzentheile resultiren, die wir eben als Polarität bezeichnen. Diese letztere wäre danach als eine durch die Schwerkraft herbeigeführte, über das Leben des Individuums hinausgreifende Nachwirkungs- erscheinung, als ein Phänomen inhärenter oder stabiler Induction, oder, wie man gewöhnlich zu sagen pflegt, als eine erbliche Disposition aufzufassen. Von diesem Gesichtspunkte aus würde auch die That- sache begreiflich sein, dass die Schwerkraft keinen wesentlichen directen Einfluss auf das Auswachsen der Knospen und Wurzeln an Pflanzentheilen mit ausgeprägter Polarität geltend zu machen im Stande ist'). Uebrigens übt die Gravitation auf diese letzteren dennoch unter bestimmten Bedingungen eine in die Augen fallende Wirkung aus, wovon man sich leicht durch ein Experiment, das ich in folgender Form anstellte, überzeugen kann. Ein ziemlich grosser Zinkkasten wurde bis zur Hälfte mit Wasser angefüllt, lieber die Wasserfläche wurde dann eine Reihe von Weidenzweigstücken von 200 mm Länge und 12 mm Durchmesser in eine horizontale Lage gebracht, was leicht geschehen kann, indem man sie an ihren Enden auf geeignete, aus dem Wasser hervorragende Unterlagen auflegt. Das Zinkblechgefäss schloss ich nicht völlig luftdicht mit einem Deckel ; die Untersuchungs- objecte befanden sich aber im Dunkeln. Die Experimente, welche im März und April angestellt wurden, ergaben, dass die Knospen sich vorwiegend an der morphologischen Spitze der Weidenzweigstücke entwickelten, während zumal die Basis derselben Wurzeln bildete. Es ist aber hier für uns besonders die speciellere räumliche Orien- tirung der Triebe und Wurzeln von Bedeutung. Jene bildeten sich nämlich insbesondere an der Ober-, diese an der Unterseite der hori- zontal gelegten Weidenzweigstücke aus, ein Erfolg, der ohne Zweifel auf Schwerkraftwirkung beruht. Uebrigens sind bei derartigen Ver- suchen mit Rücksicht auf das individuell recht verschiedenartige Ver- 1) Nicht alle Sprosse besitzen eine derartig auseeprägte Polarität wie die Weidenzweige, und solche sind dann auch localer Induction zugänglich. Vere;l. Sachs, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. 422 Fünfter Abschnitt. halten der Zweigstücke stets eine Anzahl Objecte neben einander zu verwenden. Beiläufig sei noch bemerkt, dass, wie Vöchting specieller nach- gewiesen hat, das Licht einen bedeutsamen Einfluss auf die Ausbil- dung von Wurzeln an Weidenzweigen geltend macht. Wenn man Weidenzweigstücke in angegebener Weise in Glascylindern aufhängt, einen Glascylinder unter einen schwarzen Recipienten stellt, den an- deren aber diffusem Tageslicht aussetzt, so findet man, dass bei Licht- zutritt nicht so viele Wurzeln wie im Dunkeln aus der Rinde der Zweigstücke hervorbrechen, und dass sich die Wurzelentwickelung bei Lichtzutritt auch langsamer als im Finstern vollzieht. f, -^ An vielen Pflanzentheilen ist eine ebenso ausgeprägte Polarität wie an den Weidenzweigen zu constatiren. Ich habe z. B. KartoflFel- knollen im Winter in einem Kasten auf- gestellt, so dass sie vor dem Licht geschützt waren ^). Die Spitze mehrerer Knollen war nach aufwärts, diejenige anderer nach abwärts gerichtet, aber stets entwickelten sich vor- wiegend nur an der morphologischen Spitze, d. h. an demjenigen Knollenende, das dem Nabelende entgegengesetzt ist, kräftige Triebe. Das für ihre Ausbildung erforderliche Wasser sowie die Nährstoffe entnehmen die Triebe unter den bezeichneten Umständen allein der Knolle (vergl. Fig. 170). Werden 100 — 150 mm lange und 10 mm dicke Wurzelstücke, z. B. solche von Ulmus campestris, bei Lichtabschluss in Glascylindern, die etwas Wasser enthalten, derartig aufge- hängt, dass ihre morphologische Spitze nach'ab- wärts oder aufwärts gerichtet ist, so produciren sie stets nur an ihrer morphologischen Basis Adventivsprosse. Neue W^urzeln werden an der morphologischen Spitze der Untersuchungs- objecte seltener erzeugt; sie entstehen hier überhaupt nicht leicht. Die Sprosse bilden, wie wir gesehen haben, an ihrer morphologischen Spitze neue Triebe, die Wurzeln erzeugen hingegen Triebe an ihrer morphologischen Basis. ¥ig. 170. Keimende KartoffelknoUe. T Trag- faden. 194. Die Anisotropie der Pflanzen organc. Die Richtung, welche die Pflanzentheile bei ihrem Wachsthum einschlagen und schliesslich beibehalten, ist keineswegs abhängig von zufälligen Umständen, sondern sie steht in bestimmter Weise in einer causalen Beziehung zu einer Reihe innerer sowie äusserer Wachs- thumsmomente. Aus diesem Grunde ist es auch in manchen Fällen möglich, die Ursachen wenigstens bis zu einem gewissen Grade dar- zulegen, weshalb ein Pflanzentheil unter gegebenen Umständen diese und keine andere Wachsthumsrichtung einschlägt, und es mögen hier einige dieser Fälle speciellere Erörterung finden. 1) "Vgl. Detmer, Sitzungsberichte der Jenaischen Gesellschaft f. Naturwissen- schaft unaMedicin, 1884, 8. 5. Die Reizbewegungen der Pflanzen. 423 Cultivirt man Phaseoluskeimlinge in der Weise, wie es unter 172 angegeben worden ist, in einem Zinkkasten hinter Glaswand, so ist leicht zu constatiren, dass die Nebenwurzeln erster Ordnung mit der Hauptwurzel einen bestimmten Winkel, den man als geotropischen Orenzwinkel bezeichnet, bilden. Wir haben unsere Cultur im Dunkeln angestellt, und wenn eine Anzahl von Nebenwurzeln zur Ausbildung gelangt ist, bezeichnen wir die Richtung ihrer Spitzen durch auf die Aussenfläche der Glasscheibe angebrachte Tuschestriche. Jetzt setzen wir unseren Apparat bei constant bleibender Temperatur dem Ein- fluss des diffusen Tageslichtes aus. Die Spitzen der Nebenwurzeln verändern, wie schon nach 24 Stunden unzweifelhaft hervortritt, ihre "Wachsthumsrichtung erheblich. Freilich wachsen die Wurzeln auch bei Lichtzutritt nicht senkrecht nach abwärts, aber der geotropische Orenzwinkel der neu gebildeten Wurzeltheile ist doch ein erheblich geringerer als derjenige der im Finstern entstandenen. Das Licht ist also im Stande, das geotropische Verhalten der Wurzeln in be- stimmter Weise zu beeinflussen. Untersuchen wir im Frühjahr den Boden in der Nähe blühender Exemplare von Adoxa Moschatellina, so findet man, dass zahlreiche «Ifenbein weisse Rhizome dieser Pflanze das Erdreich durchziehen. Sie wachsen horizontal im Boden fort, und es fragt sich, welche Umstände den Plagiotropismus der in Rede stehenden Organe bedingen. Wir schneiden die Enden einiger Rhizomzweige in einer Länge von mehreren Centimetern ab, stecken sie mit ihrer Basis in feuchte Erde, die sich in einem Blumentopfe befindet, so dass ihre Spitzen gerade nach aufwärts gewandt sind, und stellen unsere Vorrichtung unter einer Glasglocke in einen dunkeln Raum. Nach Verlauf von einigen Tagen (bei meinen Versuchen nach 2 — 3 Tagen) ist der fortwachsende Theil der Rhizomspitzen horizontal gerichtet, und zwar ist die ein- getretene Wachsthumskrümmung, wie aus unserem Experiment sowie anderweitigen Versuchen hervorgeht, ausschliesslich Folge einer Schwer- kraftwirkung. Der Geotropismus der Rhizome von Adoxa bringt die- selben aber nicht in eine verticale, sondern, worauf das Hauptgewicht zu legen ist, in eine horizontale Stellung 0- Wenn wir die mit ihrer Basis in Erde gesteckten Adoxarhizome in verticaler oder besser in horizontaler Stellung einseitig beleuchten, so krümmen sich ihre wachsenden Spitzen im Laufe einiger Tage vertical ab- wärts. Die Abwärtskrümmung erfolgt bald nach dieser, bald nach jener Seite hin ; sie zeigt keine bestimmten Beziehungen zu dem Lichteinfall. Das Licht beeinflusst auch hier wieder das geotropische Verhalten der Organe in eigenthümlicher Art t^heterogene Induction nach Noll). Lehrreich ist es ferner, das folgende Experiment, welches ich mit entblätterten Sprossen von Sida Napaea ausführte, anzustellen, da das- selbe lehrt, dass vorübergehend auch geotropische Nachwirkungen von Bedeutung für die Wachsthumsrichtung von Pflanzentheilen sein können t handlung des genannten Forschers näher dargelegt wird, dass die trachealen Bahnen nicht nur Wasser, sondern daneben nicht zu viel Luft von geringer Spannung führen. Dring aber viel Luft in die Leitungsbahnen ein, z. B. in Folge des Abschneidens von Pflanzen- theilen in der Atmosphäre, dann ist eine schnelle Wasserströmung in den Untersuch ungs- objecten alsbald ausgeschlossen, und dieselben welken, wenngleich sie mit der Schnittfläche in Wasser eintauchen. 1) Vergl. Rdssow, BoUn. Centralblatt, 1888, B. 13, S. 101, und STBASBtrBGBB, Leitnngsbahnen, S. 685. 2) Bezüglich der Untersuchung auf Luftgehalt sind die Angaben Strasrürorb's, Leitungsbahnen, S. 682, zu beachten. 29* Register. Absorption der Gkise 135. Absorptionsvermögen des Bodens 205. Accumulation plastischer Stoffe 301. Acidität von Pflanxensäften 272. Aerotropisches Verhalten der Algenschwär- mer 355. Aerotropismus der Pollen- und Pilz- schläuche 398. Aetherische Oele 282. — , Reactionen ders. 283. Aggregationen 88. Aleuronkömer 101. Alkaloide 285. Alkannatinctur 257. Alkoholbestimmung 236. Alkoholbildung in Pflanzen 236. Ammoniak als Pflanzennahrungsmittel 49, 61. — , Nachweis dess. 57. Amyloid 254. Amylumherd 14. Anaerobe Organismen 236. Anilin, schwefelsaures 92. Anisotropie der Pflanzentheile 422. Anthocyan 284. Arbeitsleistung bei der Quellimg 119. — bei geotropischen Nutationen 371. Aschenanalyse 68. Aschenbestandtheile der Pflanzen 65. Asparagin, Nachweis dess. 213. — , quantitative Bestimmung dess. 214. — , Verhalten dess. in der Pflanze 215. Asphyxie des Protoplasmas 352. Aspirator 221. Assimilation, Abhängigkeit ders. von äusse- ren Verhältnissen &. Assimilationsenergie, specifisohe 40. Assimilationsorgan 8. Assimilationsprocess 1. Assimilationsproducte 39. Athmung , Beeinflussung ders. duroi äussere Verhältnisse 226. — der Pflanzen 217. — , intramolekulare 220, 221. — , normale 226. Atmosphärische Luft, Zusammensetzung ders. 33. Austrocknen, Wirktmg dess. auf die Pflan- zen 112. Auxanometer 315. Azotometer 206. Bacillus subtüis 83. Bacterien, Reinculturen ders. 82. Bacterienmethode nach Engelmann 32. Bacterium Radicicola 52. — Termo 32, 82. Bacteroiden 56. Barytwasser 223. Bastkörper, Bau dess. 93. Bewegungen der Algenschwärmer, Beein- flussung ders. durch Temperaturverhält- nisse, 356. — der Chlorophyllkörper 359. — der Schwärmer 352. — von Plasmodien 360. — niederer Organismen .352. Bewegungserscheinungen an Pflanzen, durch Wasseraufnahme bedingte 157. Biuretreaction 209. Bleiessig 40. Bodenanalyse, mechanische 65. Bodenbestandtheile 66. Brucin 58. Buttersäuregähnuig 239. Cacaowachs 47. Calcium als Pflanzennährstoff 71. Calciumoxalat 62. Cambium 314 CeUiüosereactionen 90. Centrifugalapparate, Experimente mit den- selben 384. Chemotaktische Bewegungen der Bacterien 357. Ghemotropismus der Pollen- und Pilz- schläuche 398. Chloralhydrat 8, 39. Chloroform, Einwirkung dess. auf Pflanzen 116, 449. Register. 453 Chlorophyllferbstoff 17. — bei Fucus 16. — bei Neottia 16. — , Absorptionsspectrum dess. 18. — , Entstehiing aess. 26. — , Fluorescenz dess. 18. — , Zersetzung dess. 22. Chlorophyllköiper 13. Clilorzintjod 90. Chromsäureelement 114. Chromsaures Kaü 23. Circumnutationen 326. Collenchym 431. Contactreiz 414. Contraction der Wurzehi 305. Correlationserscheinungen 436. Gorrosionserscheinungen 202. Corrosionen der StärKekömer durch Dia- stase 249. Cuticula 90. Cyclometer 392. Cytoplasma 97. DAEWiN'sche Krümmung 403. Dehnbarkeit von Pflanzengeweben 432. — wachsender Pflanzentheile 302, 304. Dextrin 2.52. Dialysator 123. Dialyse der Gase 137. Diaphanoskop 12. Diastase, Entstehung ders. 250. — , Vorkommen ders. 247. — , Wirkungsweise ders. 247. Dicken wachsthum 313. Diffusion 120. — der Gase 136. Diphenylamin 58. Dissociationshypothese 213. Dorsiventralität von Pflanzentheilen 418. Druckflasche 127. Dimkelstarre 440, 444. Dunkelzimmer 21. Durchleuchtung der Pflanzengcwebe 11. Dynamometer 442. Eigen Winkel der Neben wurzeln 381. Eisbildimg in gefrierenden Pflanzentheilen 105. Eisen als Pflanzennährstoff 71. Eiweissbildung, Ort ders. 61. Eliweissreactionen 209. Ei Weissstoffe der Pflanzen 206. — , Entstehung ders. 40. — , Verhalten ders. 210. Elasticität von Pflanzengeweben 432. — wachsender Pflanzentheile 302. Elektricität, Einwirkung ders. auf Pflanzen 113. Elektrode, unpolarisirbaro 133. Elektromotorische Wirkungen an Pflanzen 132. Elementaranalytische Untersuchungen 232. Emulsionsfiguren 357. Endodermis 314. Endofimoae 120. EosinlÖsung 190. Epinastie 426. Erfrieren der Pflanzen 103. Erschütterungskrümmungen 303. Etiolement, Ursachen dess. 340. EtioUnkömer 18. Etioürte Pflanzen 338. Eudiometer 35. Farbstoffe 284. — in bunten Blättern 16. FEHLiNG'sche Lösung 209. Feinerde des Bodens 65. Festigung der Pflanzentheile 430. Fett, Bestimmung dess. 256. Fettbäume 292. Fette Oele, Reactionen ders. 257. Fette, Verhalten ders. bei der Keimung 258. Filtriren, Erleichterimg dess. 215. Filtration von Gasen 148, 153. Flankenkrümmung bei Schlingpflanzen 407. Flechten 86. Fleischverdauende Pflanzen 86. ©allenbildimgen 403. Galvanometer 132, 244. Galvanotropismus niedererOrganismen 358. Gartenerde als Culturmedium 26. Gasabsorption 135. Gasbewegung in der Pflanze 135. Gasdruck in den Pflanzen, negativer 147. — , positiver 147. Gaskammer 351. Gaswechsel bei der Assimilation 35. Gährung, alkoholische, 236. Gefässe des Holzes, Länge ders. 150. Gefrierkasten 107. Geotropische Nutationen, Ursachen ders. 371. Geotropisches Verhalten der Grasknoten 369. — der Sprosse 367. — der Wurzeln 363. Gerbsäuren 278. — , Nachweis ders. 279. Gerbstoff, quantitative Bestimmung dess. 279. Gifte, Einwirkung ders. auf Pflanzen 115. Glasglocken, doppel wandige 24. Globoide 101. Glycerin als Bestandtheil der Pflanzen- fette 256. — , Nachweis dess. 256. Glycose, 25L — , Nachweis ders. 252. Glycoside 285. Grenzwinkel, geotropischer 367. Gummiarten 'J78. Haemoskop 21. HaftbaUen 416. Harze 282. Hefe, Ernährung ders. 81. 454 Register. Heliostat 21. Heliotropische Kammer 389. — Nutationen 388. Heliotropismus und Lichtintensitat 392. Herbstliche lärbung der Blätter 25. Holz als wasserleitendes Gewebe 189. — .Verhalten dess. gegen Gase, die unter Druck stehen 149. Holzkörper, Bau dess. 93. Holzreactionen 91. Humuskörper 76. Hyaloplasma 99. Hydrotropisches Verhalten der Plasmodien 361. Hydrotropismus der Wurzeln 395. — von Mucor 396. Hypochlorinreaction 23. Imbibition 117. Induction, heterogene 423. Inductionsapparat 114. Intercellularen 138. Inulin 255. Isotonische Coefficienten 127. Jahresperiode der Pflanzen 334. Jod, in Schwefelkohlenstoff gelöst 28. .Todglycerin 245. Jodjodkalium 38. Jodprobe 38. Kammer, feuchte 289. Kältemischung 103. Kahum als Pflanzennährstoff 71. Keimung der KartoffelknoUen 264. — , Beeinflussung ders. durch Beleuch- tungsverhältnisse 345. — von Phaseolus 260. — von Triticum 262. Kittmaterial 32, 45, 51, 137, 141, 147, 177, 180. Kieselskelett 70. Kipp'scher Apparat 221. Kleinste Oberflächen, Princip ders. 311. Klinostat, Experimente mit demselben 377. Kobaltprobe 181. Kohlensäure, Bedeutung derselben für die Assimilation 44. — , Darstellung derselben 30. — , Nachweis derselben 33. — , Zersetzung derselben bei der Assi- milation 34, 37. Kohlensäurebestimmungsapparat 68. Kohlensäureproduction bei d. Gährung 220. — bei der Athmung 217. — bei intramolekularer Athmung 229. — bei normaler Athmung 226. Korkgewebe 91. Kömerschicht des Plasmas 99 Krystalloide 101. Kupferox^'dammoniak 23. Kyanophyll 17. l<ängenwachsthum der Pflanzen 310. Längsspannang 307. X^ubblatt, Bau desselben 9, Leitscheide 291. Lenticellen 140. Lichtstimmung der Algenschwärmer 353. Lithium, Vorkommen dess. in der Pflanze 69. Macerationsmethode 93. Magnesium als Pflanzen nährstoff 71. Maltose 252. Marken, Auftragen ders. auf Pflanzen- theUe 126, 306, 319, 365. Mechanische Eingriffe, Wirkung ders. auf die Pflanzen 111. Mechanisches Gewebe, Anordnung dess. in den Pflanzen 434. Mechanisches System 431. Membranen der Zellen 90. Mesophyll 9. Metabolie der Schwärmer 353. Methylgrünessigsäure 100. Methylviolett 17. MiceUen 97. Mikroskop, horizontales, zum Messen des Zuwachses 317. Mikrospectralobjectiv 33. Mikrospectroskop 19. Müchsaft 212, 299. MiUimeterpapier 434. MrLLON'sches Keagens 210. Mineralstoffe, Formen, in denen sie in den Pflanzen vorkommen 74. — , mikrochemischer Nachweis ders. 74. Mineralstoffaufnahme der Pflanzen 199. Mineralstoffbedürfniss der Pilze 73. — höherer Pflanzen 70. Mycorhiza 77. Nachwirkungsbewegungen 438, 439, 444. — an Blüthen 401. — , geotropische 368. Nährstofflösung für Bacterien 82. — für Hefe 49. — für höhere Pflanzen 2, 71, — für Nitromonasculturen 58. — für PeniciUium 78. — für Saccharomyces 73, 81. — nach CoHN 82. — nach Pasteür 81. Natrium, Entbehrlichkeit dess. 70. Nebenproducte als Schutzmittel 287. — des Stoffwechsels 271. Nectarien 175. Nervatur der Blätter 8. NESSLER'sches Reagens 57. Niederschlagsmembran 124, 126. Nitrate, Vorkommen ders. in den Pflan- zen, 58. Nitratzersetzung in der Pflanze 63, 6>4. Nitriflcation 59. Nitromonas 58. Nucldn 212. Nutation, rotirende 405. Nutationen, spontane 325. von Wurzeln 403. Nyetitropische Bewegungen 399. — , Ursachen ders. ^Sß. Register, 465 Oefen 170. Organischfe Säuren, Verhalten ders. in den Crassulaceen 273. — , Vorkommen in den Pflanzen 271. Organische Substanz, Erzeugung ders. 1. OrÜiotrope Organe 424. Oxalsäurclösung 224. Palissaden pareuchym der Blätter K. PapUionaceen als Stickstoff Sammler 52. PASTEUR'sche Nährlösung 49. Periderra 91. Pepsin 211. Peptone 211. Pepton als Pflanzennahrungsmittel 50. PirrrENKOFER'sche Röhre 224. Perceptions- und Reactionsvermögen der Pflanzen 395. Pflanzenschleime 278. Phenolphtaleinlösung 224. Phloroglucinlösung 91. Phosphor als Pflanzennährstoff 71. Phosphorescenz der Pflanzen 245. Photoepin astische Nutationen 427. Phototaktische Schwärmer 353. Phycocyan 17. Phycoerythrin 17. ^ Phycophaein 17. Physiologische Elemente 213. Pilze, parasitisch lebende 84. — , saprophytisch. lebende 80. Plagiotrope Organe 424. Plasmolyse 126. Polarisationsapparat 97. Polarität von Pflanzentheilen 419. Polarplan iraeter 434. Pollenkömer, Keimung ders. 289. Poroskop 151. Prothalhen der Farne 14. Protoplasma 97. — , diosmotische Eigenschaften ders., 122. Protoplasmabewegmigen 347. — , Beeinflussung ders. durch Temperatur- verhältni88e2-349. — , Ursachen ders. 348. Protoplasmabewegung, Abhängigkeit ders. von Sauertoff^egenwart 351. Protoplasmaverbindungen 98. Psyclu-ometer 168. Pyrenoid 14. Quecksilber, Reinigung dess. 36. Qufllung von Pflanzentheilen 117. — der Samen 161. Quellungscapaeit&t 163. Querspannung 309. i Ranken der AmpeUdeen 416. I — der Cucurbitaceen 412. I Rechtwinkelige Schneidung, Princip d. ] 311. RectipetaUtät der Pflanzentheile 410. Reifen der Früchte und Samen 266. ■ Reinculturen von Bacterien 82. — von Pilzen 79. I Reizbewegungen 347. Reizfortpflanzung bei heliotropischen Nu- tationen 394. --bei Mimosa 447. Reservecellulose 254. Respirationsapparat 222. Respirationsquotient 233. Rhaphidenbündel 62. Rheotropisches Verhalten der Plasmodien 361. Ringelöchnitt 189. Ringelungsversuche 293. Rohrzucker 253. Sägespäne als Culturmedium 2. Saftausfluss aus Bäumen 168. Saftausscheidung aus Baumstänunen 175. — an Pflanzen 173. Sand als Culturmedium 53. Salpetersäure als Pflanzennahrungsmittel 49, 60. — , Nachweis ders. 57. Salzsäurebildung in der Pflanze 204. Samenschalen. Bau ders. 160. Saprophyten 80. Sauerstoff, Darstellung dess. 225. Sauerstoffaufnahme bei der Athmung 233. Sauerstoffbombe 225. Sauerstoffproduction bei der Assimilation 29. Sauerstoffverbrauch bei der Athmung 218. SAUssuRE'sches Gesetz 202. Schlammcyhnder 66. Schnecken und Pflanzen 287. Schwamm parenchym der Blätter 9. Schwefel als Pflanzennährstoff 71. Scutellum der Gräser 263. Siebröhren 297. Silberlösung, alkalische 99. SUicium, Entbehrlichkeit dess Sklerenchym 431. Soraatotropische Nutation 397. Spaltöffnungen 142. — , Einfluss von InductionsstrÖmen auf dies. 145. — , Oeffnungs- u. Schliessungsbew^ungen ders. 144. — und Assimilation 47. — und Transpiration 180. Spectralapparate 18. Spectrum, objectives 390. Stärke als Assimilationsproduct 39. — in Reservestoffbehältem 245. Stärkebäume 292. Stärkebestimmung 246. Stärkebildner 100. Stärkekömer 93. - , Verhalten ders. im polarisirten Licht 97. — , Verhalten zum Jod 96. Stärkenachweis, makroskopischer 38. — , mikroskopischer 38. Stärkescheide 296. Stereiden 431. Stereom 431. Sterilisiren 82. 70. 456 Register. Stickstoff, freier, als Pflanzennährstoff 52. Stickstoffbestimmung 50, 214. Stickstoff oxydul. Wirkung dess, auf Pflan- zen 235. Stickstoffversorgung niederer Organismen 49. Stoffwanderung in Blättern 289. — in Zweigen 291. Stoffwechsel der Pflanzen 208. — , quantitativ-chemische Untersuchungen über dens. 269. Stossreiz 414. Substratrichtung 383. Symbiose der Hydra mit Algen 14, Temperatur, Wirkung der hohen auf die Pflanzen 108. — , Wirkung der niederen auf die Pflanzen 103. Temperaturzustand der Gewächse 130. Thermoelektrischer Apparat 244. Thermometer 169. Thermoregulatoren 170. Thermostaten 170. Thermotropismus 397. Titrirapparat 224. Titrirmethode 224, 273. Torsionen 324. Tracheiden 195. Translocation plastischer Stoffe 289. Transpiration, Beeinflussung ders. durch äussere Verhältnisse 181. — und Organisation der Gewächse 176. — und Spaltöffnungen 180, 186. Transpirationsversucne 178. Trockensubstanzbestimmung 1. Trophotropisches Verhalten der Plasmodien 362. Turgor 125. Turgorausdehnung wachsender Pflanzen- theile 303. Turgorkraft 129. Tüpielbildungen 92. Ueberosmiumsäure 101, 257. Variationsbewegungen 438. — , Beeinflussimg ders. durch äussere Ver- hältnisse 449. — , durch Beleuchtungswechsel verursachte 438, 439, 444. — , durch Erschüttenmgen verursachte 445, 447. — , spontane 448. — , Ursachen ders. 440. V^etationspunkte 310. Vegetationszonen, intercalare 312. Vergrösserung, Bestimmung ders. 434. Vorkrümmung bei Schlingpflanzen 407. Wachsthum , Beeinflussung dess. durch Druck imd Dehnung 330. -, durch Licht 343. — , durch Temperaturverhältniflse 332. Wachsthum in constanter Finstemiss 337. — und Athmung 329. — und Stoffbt lürfniss der Pflanzen 327. — und Wassergehalt der Pflanzen 328. Wachsthumsbedin^ngen 327. Wachsthum senergie 323. Wachsthumsgeschwindigkeit 323. Wachsthumsperiode, grosse 319. — , tägliche 343. Wärmeent Wickel ang bei der Imbibition 119. — der Pflanzen 240. Wärmekasten für mikroskopische Zwecke 350. Wärmeleitung im Holz 131. Wärmestarre 450. Wasser, Beweglichkeit dess. im Holz 193. — , Gehalt desselben an Pflanzennähr- stoffen, 67. Wasseraufnahme der Blätter 157. — der iVüchte 160. — der Moose 164. — der Samen 160. — der Wurzeln 156. Wasserbewegung , Geschwindigkeit ders. in der Pflanze 195. — im Holz, Ursachen ders. 191, 450. Wassercultur, Methode ders. 2. Wassergewebe 178? Wasserleitung im Stamm 189. Wasserstoff, Darstellung dess. 29. Welken der Pflanzen 197. WESTPHAL'sche Waage 237. Winden der B;anken 412. — der Schlingpflanzen 404. — der Schlingpflanzen, Mechanik ders. 409. Windungen, freie, der Schlingpflanzen 408. Winterliche Färbung von Pflanzentheilen 25. Wurzeldruck 166. — , Einfluss äusserer Verhältnisse auf dens. 169. — , Periodicität dess. 172. — , Ursachen dess. 172. Wurzelhaare 199. Wurzelknöllchen der Papilionaceen 55. Wurzeln als Organe der Mineralstoffauf- nahme 199. Wurzelspitze , Function ders. bei geo- tropischen Nutationen 376. Xanthophyll 17. Zeiger am Bogen 314. Zelle, künstliche nach Traube 126. Zellhaut, diosmotische Eigenschaften ders. 122. Zellkern 100. Zellsaft, Zusanunensetzung dess. 127. Zucker als Assimilationsproduct 39. Zuckerarten der Pflanzen 251. Zuckerbildimg in Kartoffelknollen 265. Zuckerscheide 296. Froninaaaiche Baehdrockerai (llermmaa PoUe) in Jena. — 1S83 Anzeigen. Farbsfoffe Reagentien für Mikroskopie und Bakteriologie gewissenhaft nach Angabe der Autoren. PJiysiologiscli-clieni. Präparate Ur. U. brÜDlBri LßlpZlyi ChtMuiseh. laUorator. Preisliste« gratis und franlio. Werlslätte fir wlsseiiscMtlicIie Glas-Präcisioiis-Instramente nM Anparate, verfertigt als Specialitllt : ^= Normal-Thermometer = ans Jenaer Normal- und Brosilikatglas 59 m, hochgradige Thermometer bis + 550^ sowie alle Arten T h. e r m Ometer für A\'-issensc haftliche Zwecke. Oefässbarometer mit constantem Nullpunkt eigener Conatruction, ^^:=^^ Thermoregulatoren -<^=^ mit verstellbarer Scala, sowie alle im Yorllegenden Werke erwähnten Glaslnstrumente. 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Die zweite Abteilung erscheint zunächst alle 14 Tage. Der Jahrgang umfasst somit 26 Nummern im Umfange Ton mindestens 3 Bogen ; der Abonnementsx)reis beträgt 16 Mark. Probenummern stehen auf Wunsch gratis und franko zn Diensten. KroDimanoscht] Buchdruckerei (Hermann Fohle) tn Jena.