Lief. 9 (I, 2 B; Bg. 1—6) Handbuch der Pflanzenanatomie unter Mitwirkung zahlreicher Fachmänner herausgegeben von K. Linsbauer Professor der Anatomie und Physiologie der Pflanzen und Vorstand des pflanzenphyxiclo^. Inft. <). I-iiivpfsität Graz Allgemeiner Teil: Histologle Band IV (1. Hälfte) Das trophische Parenchym A. Assimilationsgewebe von Dr. Fritz Jürgen Meyer Privatdozenten der Botanik an der Technischen Hochschule zu Braunschw^ig Mit 35 Textfiguren QeTTnft«^ ^ . ^ / -^ Berlin Verlag von Gebrüder Borntraeger W35 Schöneberger Ufer 12a 1923 Die übrigen Teile dieses Bandes kommen später zur Ausgabe Handbuch der Pflanzenanatomie Unter Mitwirkung zahlreichei' Fachgelehrter herausgegeben von K. Linsbauer Während die systematische Botanik über zahlreiche Monographien und Handbücher verschiedenen Umfanges verfügt, entbehrt die Pflanzen- anatoniie eines den vielgestaltigen Stoff umfassenden, den derzeitigen Stand der Wissenschaft wiedergebenden Handbuches. Das vorliegende Werk beabsichtigt unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter das Ge- samtgebiet der wissenschaftlichen Pflanzenanatomie einschließlich der Enibrj^ologie unter weitestgehender Benutzung der Literatur und ergänzt durch eigene Erfahrungen und Untersuchungen kritisch darzustellen. Es will sich in erster Linie in den Dienst der Ökonomie wissenschaft- licher Arbeit stellen, eine genaue und zuverlässige Orientierung über alle anatomischen Fragen bieten und dadurch auch die Wege für weitere Forschungen ebnen. Das Handbuch eröffnet eine Darstellung der historischen Entwicklung der pflanzenanatomischen Probleme durch Prof. Lundegaedh (Lund). Es folgen die in allgemein biologischer Hinsicht grundlegenden Kapitel „Die Zelle'' und „Das Cjtoplasma'- vom gleichen Verfasser bearbeitet und ein eigener umfangreicher Band über die „Karyologie der Pflanzen- zelle'' von Prof. Tischler. Die Namen der Verfasser bieten die Gewähr für eine vom modernen Geiste getragene, kritische und erschöpfende Darstellung der behandelten Probleme, die sich wohl für jeden Forscher auf dem Gebiete der pflanzlichen und tierischen Cytologie als unent- behrlich erweisen wird. Das illustrativ reich ausgestattete Werk soll in .3 — 4 Jahren abgeschlossen vorliegen. Um die Anschaffung zu erleichtern, werden einzelne in sich ge- schlossene Teile des in zwanglosen Lieferungen erscheinenden Werkes gesondert abgegeben werden. lahaltsüb ersieht: siehe Seite 3 und 4 des Umschlags Handbuch der Pflanzenanatomie unter Mitwirkung zahlreicher Fachmänner herausgegeben von K. Linsbauer Professor der Anatomie und Physiologie der Pflanzen und Vorstand des pflanzenphysiolog. Inst. d. Universität Graz Allgemeiner Teil: Histologie Band IV (1. Hälfte) Das trophische Parenchym A. Assimilationsgewebe Dr. Fritz Jürgen Meyer Privatdozenten der Botanik nn der Technischen Hochschule zu Braunschwei" Mit 35 Textfiguren Berlin Verlag von Gebrüder Borntraeger W35 Schöneberger Ufer 12 a 1923 « ^ I U' Alle Rechte, insbesondere das Recht der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten Copyright 1923 by Gebrüder Borntraeger in Berlin Druck von E. Buchbinder (H. Dnske) in Neurnppin Madf in Ocrmati'j Vorbemerkung des Herausgebers Unter der Bezeiclmiiiig „trophisches Pareucliym'* sollen alle vorwiegend im Dienste der Ernährung stehenden Gewebe zusammen- gefaßt werden, sofern sie nicht der bloßen Stoffaufnahmo und -leitung dienen; in ihnen vollziehen sich vorwiegend die Prozesse der Assi- milation im weiteren Sinne, der Speicherung und Exkretbildung. Der Begriff „Ernährungssystem", unter dem Haberlandt in seinem ersten Entwurf der Klassifikation der Gewebesysteme diese Gewebe subsumierte, deckt sich mit unserem Terminus nicht, da ihm ein \iel weiterer Um- fang zugedacht war, indem er auch das Leitungs- und Dur(ddüftungs- system umfassen sollte. Indem wir das „typische" Assimilations-, Speicher- und Exkretionsgewebe unter einem Begriff zusammenfassen, wollen wir die Gemeinsamkeit ihi-es Bauplanes im Hinblick auf ilire Funktion betonen. Das Parenchymgewebe ist eben das Prototyp der ernährungstätigen Gewebe, was wir schon in der Namengebung zum Ausdrucke bringen wollten. Damit soll natürlich nicht behauptet werden, daß jede dünnwandige Parenchymzelle eine trophische Leistung für das Ganze übernehmen müßte und ebensowenig, daß nicht gelegentlich trophische Gewebe auch einen anderen histologischen Charakter annehmen könnten. Als Regel kann man es aber wohl bezeichnen, daß ernährungs- tätige Zellen und Gewebe letzterer Art sich entweder entsprechend der Übernahme einer anderen Funktion nach anderer Richtung diffe- renzierten oder Elemente eines anderen Gewebesystems darstellen, die sich einer der in Betracht kommenden ernährungsphysiologischen Funktionen angepaßt haben. Ich persönlich ziehe es vor, derartige Zellen oder Gewebe in dasjenige Gewebesystem einzuordnen, dem sie nach ihi-er ganzen Entwicklung und ihrem sonstigen Charakter nach zugehören. "Will man die Einteilung der Gewebe indessen lediglich nach der Funktion vornehmen, die man als „Hauptfunktion" hervorzuheben wünscht, so wird man natürlich auch unter den ernährungstätigeu Geweben Elemente von sehr abweichenden Formen und sonstigen Eigen- tümlichkeiten vereinigen müssen; in diesem Falle verliert natürlich auch die Gruppenbezeichnung trophisches „Parenchym" ihre Berechtigung. Da den Bearbeitern der einzelnen Kapitel nach Möglichkeit freie Hand in der Umgrenzung des von ihnen behandelten Stoffgebietes gegeben ist, erklärt es sich, wenn gelegentlich die Auffassungen differieren und Umfang und Inhalt der Ausfühi-ungen nicht immer mit den vom Heraus- geber gewählten Überschriften der Abschnitte zur vollen Deckung ge- bracht werden können. Derartige unvermeidliche Unstimmigkeiten treffen indessen nur ein Moment von sekundärem Charakter und fallen sachlich nicht ins Gewicht. Durch entsprechende Verweise wird der wünschens- werte Ausgleich hergestellt werden. Vorwort Seit Habeblandts grundlegender Arbeit über die „Vergleichende Anatomie des assimilatorischen Gewebesystems der Pflanzen" (1882) sind die Assimilationsgewebe vielfach und von den verschiedensten Gesichtspunkten aus untersucht worden; es fehlt jedoch eine Dar- stellung, in der unsere Kenntnisse von den Assimiiationszellen nach allen Richtungen hin erschöpfend behandelt werden. Die einzelnen Arbeiten befassen sich zumeist nur mit der Gestalt der Assimilations- zellen und deren Beziehungen zum Licht und anderen Faktoren, und naturgemäß beschränken sie sich für gewöhnlich auf einen eng begrenzten Kreis von Objekten; dagegen finden sich Angaben über den Bau und die Chemie der Membranen und über den Protoplasten und seine Inhalts- stoffe fast nur zerstreut, überdies meist zwischen solchen über die be- treffenden Bestandteile beliebiger anderer Zellarten. Wenn ich trotzdem versucht habe, ein möglichst vollständiges Bild von den Assimilations- zellen zu entwerfen, so bin ich mir dabei vollkommen bewußt gewesen, daß es unmöglich ist, alle Einzelheiten zu berücksichtigen, aber ich glaube, daß meiner Darstellung nichts ii-gendwie Wesentliches fehlt, wenigstens soweit es überhaupt in den Rnhmen des vorliegenden Ab- schnittes des Handbuches der Pflanzenanatomie hineingehört. Da die Anatomie der einzelnen Organe in späteren Bänden be- handelt werden soll, so kam es hier darauf nö^ nur die Assimilations- zellen, nicht aber die ganzen Assmiilationsgewebe zu betrachten. Dadurch ergaben sich manche Schwierigkeiten. Es gibt Fragen, die sich er- schöpfend nur erörtern lassen unter Berücksichtigung der ganzen Assimilationsorgane, so die Verteilung der Stärke, der Gerbstoffe, der Anthozyane usw., die Einflüsse des Klimas und anderer äußerer Be- dingungen, insbesondere das Problem der Sonnen- und Schattenblätter, die pathologischen Erscheinungen und dergleichen mehr. Kenntnis der Histologie, der Topographie der Assimilationszelltypen wäre Voraus- setzung gewesen. Auf diese Dinge schon an dieser Stelle einzugehen, verbot aber die ganze Anlage des Werkes, und deshalb mußte ich mich darauf beschränken, bei der Darstellung der einzelnen Zelltypen nur über das zu berichten, was sich gerade auf die betreffende Zellart bezieht. Alles andere wird später in dem Bande über das Laubblatt Berücksichtigung finden. Wenn ich trotzdem hier und da diese Um- grenzung des Stoffes überschritten habe, z. B. in dem Abschnitt über das Vorkommen von Palisadenzellen in Blättern und Achsen, so wollte ich damit nur eine leichtei-e Orientierung ermöglichen und muß auch in diesen Fällen auf die ausführlicheren Darstellungen in den späteren Bänden verweisen. Schließlich bei den Sonnen- und Schattenblättern ließ es sich nicht vermeiden, topographische Momente zu streifen, da sonst die an dieser Stelle nicht zu umgehenden theoretischen Betrachtungen Vorwort y Über die Bauprinzipien in Kapitel V nicht hätten durchgeführt werden kcinneu. Ein ausführliches Kapitel über Sonnen- und Schattenhlätter wird jedoch noch im Anschluß an die Histologie des Lauhblattes gegeben werden. Dem Charakter des Handbuches entsprechend ist meine Dai-stellung der Assimilationszellen stark auf die umfangreiche Literatur gestützt. Da aber wie gesagt seit 1882 keine Zusammenfassung unserer Kennt- nisse von den Assimilationszellen gegeben worden ist, so war eine gründliche Sichtung des Materials und im Zusammenhang damit eine neue Klassifizierung erforderlich; dabei hin ich von der Haberla]S[DT- schen Einteilung in nur vier Typen abgewichen, da mir eine Vereinigung aller gestreckten Assimilationszellen, der Arm])alisadoiizelleu , der Trichterzellen und gewisser Assimilations-Epidermiszellen in einem Typus mit Rücksicht auf die sehr verschiedenartigen ökologischen Vor- teile, die die einzelnen Zellformen ohne Zweifel bieten, unzweckmäßig erschien; andererseits möchte ich nicht alle von mir nunmehr getrennt behandelten Typen als gleichwertig betrachten, sondern ich muß betonen, daß vom physiologischen Standpunkte aus einige Formen zu Gruppen zusammengefaßt werden könnten; solclie Gruppierung habe ich jedoch unterlassen, weil sie je nach dem gewählten Gesichtspunkte (Licht- ausnutzung, Oberflächenvergrößerung, Transpirationsmöglichkeit usw.) verschieden ausgefallen und somit durchaus willkürlich gewesen wäre. Abgesehen von einer übersiclitlicheu, möglichst objektiven und nicht durch irgendwelche Theorien beeinflußten Anordnung des Stoffes er- schien mir sodann eine auf Grund unserer Gesamtkenntnisse kurz und klar gefaßte Charakterisierung der einzelnen Zelltypen wünschenswert unter alleiniger Verwendung der anatomischen (d. h. morphologischen und topographischen) Eigenarten der Zellen. Die Dai*stellungen in den einzelnen Abschnitten mußten in manchen Punkten ergänzt werden, damit ein möglichst abgerundetes Ganzes gegeben werden konnte; zum Teil w^ar dies möglich durch Verwendung früherer, noch nicht ver- öffentlichter gelegentlicher Beobachtungen, zum Teil mußten Ergänzungs- untersuchungen angestellt werden, so z. B. wurden zahlreiche Messungen ausgeführt, damit die relativen Begriffe „dick", „stark verdickt", „lang" usw. möglichst vermieden und ein Maß für das Normale oder Typische gegeben werden konnte. Derartige Eigenuntersuchungen sind im Text im allgemeinen nicht besonders als solche charakterisiert, liegen aber überall dort vor, wo Literaturnachweise fehlen. Überdies mußten schließlich einige ältere Ergebnisse nachgeprüft werden, da die Dar- stellung in den ))etreffenden Arbeiten mir keine hinreichende Klarheit verschaffte. Im letzten Kapitel sind die experimentellen Untersuchungen über die Assimilationsgewebe und ihre Bauprinzipien zusammen mit den theoretischen Betrachtungen hierüber dargestellt. Vielleicht würde bei Verteilung der Experimente und der Theorien auf gesonderte Kapitel der Schein vermieden sein, daß der Kontroverse Stahl-Haberla:n:dt ein für ein Handbuch zu breiter Raum zugebilligt worden wäre. Eine derartige Trennung des Stoffes erwies sich aber als unzweckmäßig, weil sie zu sehr vielen Wiederholungen "Anlaß gegeben hätte und somit der Umfang der Arbeit unnötig vergrößert wäre. Andererseits läßt sich die Kontroverse nicht ganz übergehen, da die verscliiedenen Theorien yj Vorwort in den meisten größeren Arbeiten erörtert worden sind nnd überdies als Arbeitshj'pothesen gute Dienste geleistet haben. Das am Ende gegebene Literaturverzeiclmis beschränkt sich anf diejenigen Schriften, welche im Text zitiert wurden. Überdies enthalten aber noch eine Unzahl von anderen Arbeiten, vor allem anatomische Monographien, Angaben über bestimmte Einzelheiten, die hier keine Erwähnung fanden, weil sie über die Assunilationszellen zu wenig Exaktes und nur Unwesentliches bieten. Insofern ist das Literatur- verzeichnis also unvollständig, es wird aber ergänzt werden durch das über die gesamte Laubblattanatomie der Angiospermen. Die in den Text eingefügten Zeichnungen sind zum größten Teil Kopien nach den Originalabbildungen aus der Spezialliteratur. Vom Verfasser stammt — abgesehen von den aus Aethue Meyees „Analyse der Zelle" übernommenen Figuren 1 und 23 — nur das Querschnitts- bild des Blattes von Ficus elasfica (Fig. 20). In diesem FaUe wurde keine ältere Zeichnung wiedergegeben, da dem Verf. keine auf die räumlichen Verhältnisse Rücksicht nehmende Darstellung lockeren Schwammpareuchjms bekannt geworden ist. Daß die Durchführung dieses Abschnittes des Handbuches in der vorliegenden Form geschehen konnte, war nur möglich infolge unbe- grenzten Entgegenkommens des Herrn Herausgebers, der mir bezüglich Umfang, Stoffumgrenzung und Darstellungsweise vollkommen freie Wahl ließ, sowie des Herrn Verlegers, der in freigiebigster Weise meinen Wünschen l»ezüglich der Ausstattung nachkam. Ihnen beiden gebührt mein aufrichtiger Dank. Zum Schluß sei mir noch gestattet, an alle Herren Fachkollegen, die selbst auf dem hier behandelten oder einem verwandten Gebiete, insbesondere der Laubblattanatomie, gearbeitet haben oder noch arbeiten, die Bitte zu richten, mich auf Mängel oder Lück-en der vorliegenden Darstellung aufmerksam zu machen, damit ich solche für den Fall des Erscheinens einer 2. Auflage dieses Handbuches ausmerzen könnte. Vor allem wäre ich aber auch dankbar für die gütige Ül^erlassung von Sonderabdrücken, da mir hierdurch die unter den heutigen Verhältnissen stark erschwerte Arbeit wesentlich erleichtert werden könnte. ßraunschweig, IVIitte März 1923 Fritz Jürgen Meyer Inhaltsübersicht .Seite I. Die Bc'grittV AsNimilatioii iiikI Assiiiiilatiousg'cwebe 1 II. Die Zelli'ormeu 3 Vorbemerkung über die Priiiziiiien der Umgrenzung der Typen. 1. Die Palisadenzellen 4 Allgemeine Charakterisierung. — Streckungsverliältnis. — Länge. — Ge- stalt. — Chloroplasten (Anzalil, Größe, Gestalt, Anordnung;. — Streckungs- richtung. — Schrägstellung. — Quantitative Angaben darüber. — Schichten bildung. — Teilung durch Querwände. — Interzellularen. ■ — Innere Atemhöhlen. — Vorkommen (Topographie). — Vorkommen in den Klassen des Systems. — Vorkommen in Achsen. — Übergangsformen. 2. Die Trichterzelleu 13 Allgemeine Charakterisierung — Streckuugsverhältnis. — Interzellularen. — Zahl und Größe der Chloroplasten. — Lagerung derselben. — Zell- kern. — Physiologie. — Zwischenformen. — Sammelzellen. 3. Die Armpalisadeuzellen 15 Allgemeine Charakterisierung. — Interzellularen — Tiefe der Einfaltungen. — Vergrößerung der Oberfläche — Zahl der Arme — Chloroplasten. — Zellkern. — Physiologie. — Vorkommen (Dikotyledonen. Monokotyledonen, Gymnospermen, Pteridophyten). 4. Die Chlorophy 11 scheide 18 Allgemeine Charakterisierung. — Gestalt der Zellen. — Interzellularen. — Chloroplasten. — Vorkommen bei den Cyperaceen. — Physiologie. — Gramineen. — Porlulaca. — Chenopodiaceen. 5. Sonstige gestreckte Assimilationszellen 21 Parallel zur Blattoberfläche, senkrecht zur Blattlängsrichtung. — t'ro- cosmia. — Sonstige Beispiele parallel zur Blattoberfläche, parallel zur Blattlängsrichtnng. — Sempervivum. — Andere Beispiele. 6. Isodiametrische Assi milations Zellen 23 Gestalt. — Vorkommen. — Interzellularen. — Eiehhornia. 7. Tafelförmige Couiferen - Assimilationszellen mit Membran- falten 23 Allgemeine Charakterisierung. — Bau der Falten. — Entwicklung der Falten. — Aufgaben der Falten. 8. DieAssimilations-Epidermiszellen 2.5 Definition. — Theoretische Bemerkungen über Haupt- und Nebenfunktionen. — Anwendung auf die Unterscheidung von assimilierenden Epidermis- zellen und AssimilatiunsEpidermiszellen. — Beispiele für Assimilations- Epidermiszellen. — Besondere Formen der Assimilations-Epiderraiszellen (Armpalisadenform). 9. D i e S c h w a m m p a r e u c h y m z e 1 1 e ü 28 Allgemeine Charakterisierung. — Gestalt. — Hauptformeu. — Zwischen- formen. — Homogenes Schwammparenchym — Chloroplasten (Anzahl, Lagerung). — Interzellularen. — Physiologische Funktionen (Assi- milation, Transpiration, Gasaustausch, Ableitung der Assimilate, Durch- lüftung). — Innere Atemhöhlen. 10. HyphenartigeAssimilationszellen 33 11. Die Entwicklungsgeschichte der Assimilationsgewebe . . . 83 Entwicklung aus epidermalen Zellen. — Aus dem Periblem. — Ein Aus- nahmefall: Cyperus pannonicus. — Ausgestaltung der Palisadenzellen, — der Armparenchymzellen, — der Schwammparenchym- und anderer Zellen. 12. Sekundäre Veränderung von Assimilationsgeweben .... 34 13. Die Assimilationszellen der Moose und Algen 34 Laubmoose, Blätter. — Sporophyten. — Foliose Lebermoose. — Mar- chantiaceen. — Algen. Vm Inhaltsübersicht Seite 14. Die lokal-assimilatoiischenZellen 35 Definition. — Drüsenhaare. — Coniferen (Harzgang-Assimilationszellen). Spaltöffnungs-Schließzellen. III. Die Zellmombranen der Assimilationszellen 36 1. Die typischen morphologischen und chemischen Eigenschaften 86 Dicke. — Individuelle Unterschiede. — Wandverdickungen. — Kohle- hydratlamellen. 2. Morphologische Eigentümlichkeiten der Membranen gewisser Assimilationszellen .37 "Wellig gefaltete Seitenwände. — Leistenförmige Waudverdickungen. — Verdickungsieisten in den Palisadenzellen der Cycadeen. — Parallel zur BlattoberfJäche verlaufende Verdickungsieisten. — Netzartige Ver- dickungen. — Tüpfel. — Ruscus hypoglossum. — Sklerenchymatisciie "Wand verdickungen. — Menispermaceen. — Drimys Winteri. — Kollen- chymatische Membranen. 3. Chemische Eigentümlichkeiten der Membranen gewisser Assimilationszellen .40 Verholzung. — Verkieselung. — Körnige Einlagerungen von oxalsaurem Kalk, Oxalatkristalle. — Verschleimung. IV. Der Protoplast der AssiiiiilationszeUen und seine Einschlüsse .... 41 1. Das Cytoplasma 41 Gestalt des Plasmaschlauches. — Masse. — Allin. — Fett. — Öltröpfchen. — Mesekret (Definition, Vorkommen, Größe der Tropfen, biologische Bedeutung). — Andere Öltröpfchen. — Kalziumoxalatkristalle. 2. Der Zellkern 43 Lage, Gestalt, Größe. — Einschlüsse. 3. Die Chloroplasten 43 Gestalt. — Gestaltsveränderungen. — Einfluß des Lichtes darauf. — Größe. — Anzahl. — Im Cytoplasma eingebettet. — Lage zum Zellkern. — Lage zum Licht. — Stärke. — Zucker. — Andere Kohlehydrate. — Verhalten der Stärke in wintergrünen Blättern im Verlaufe des Jahres bei Dikotyledonen und Filicinen. — Bei Nadelhölzern. 4. Der Zellsa+'t 49 Zucker. — Inulin. — Eiweiß. — Alkaloide. — Glykoside. — Anthozyane. — Gerbstoffe. — Beziehungen zwischen Gerbstoff- und Stärkeverteilung. ö. Die Kern-Cytoplasma - Chromatophoren - Relation der Assi- milationszellen 51 V. Experimentelle Untersuch ung-en und theoretische Betrachtnng-en über die Beziehungen zwischen dem anatomischen Bau und der physiolog'ischen Funktion der Assimilationszellen 51 Areschoug. — Hesselmann. — Zusammenfassung. — St.\hl 1880. — H.\BERL.\NDT 1882. — PiCK 1882. — JOHOW 1884. — Stellungnahme anderer Autoren. — Haberlandt 1884. — Heinricher 1884. — Schbiper 1885. — Arthur Meyer. — Haberl.\ndt 1886. — Eberdt 1888. — RiCKLI 1895. — H.\berl.\xdt 1896. — Zusammenfassende kritische Betrachtungen. — Eywosch 1897. — Haberl.\NDT 1909. — Zusammen- fassung. — Liese 1919. — Liese 1922. Die Vorteile, welche sich aus dem Bau der Zellarten für die physiologische Funktion derselben ergeben 74 Rückblick auf die verschiedeneu Theorien über die Bauprinzipien und das zurzeit mögliche Gesamturteil 75 Literatur 77 AutorenrejiJster 80 Sachregister 81 Register der lateinischen Pflanzennamen 84 Revision der .Vnthophyten-Namen 86 I. Die Begriffe Assimilation und Assimilationsgewebe In der Physiologie wird die Bezeichnung „Assimilation" in verschiedenstem Sinne benutzt. Am weitesten wird der Begriff von manchen Zoologen und Physiologen gefaßt, die unter Assimilation die Gesamtheit der Vorgänge verstehen, durch die aus anorganischen Ver- bindungen lebende Substanz gebildet wird (z. B. Steche, Grundriß der Zoologie, 1919, S. 179, 258; Verworn, Allgemeine Physiologie, 1909, S. 176), etwas weniger weit von denen, welche auf der einen oder auf der anderen Seite die Grenzen ihrer Definition enger ziehen: so bezeichnet Tröndle (Handwörterbuch der Naturwissenschaften, Bd.X, S. 375) die Überführung organischer Stoffe in den lebenden Zustand als „Assimilation im eigensten Sinne", und JOST spricht in diesem Falle von der „eigent- lichen Assimilation" (Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 1913, S. 430j, während andererseits z. B. Hesse (Handwörterbuch der Naturwissen- schaften, Bd. I, S. 1140) die Gesamtheit der dem Plasmaaufbau voran- gehenden GJ^eschehnisse , also die Synthese von höheren Kohlenstoff- verbindungen aus Kohlensäure, Wasser und Salzen als „Assimilation im engeren Sinne" zusammenfaßt. Bei den Pflanzenphysiologen finden sich in der Hauptsache zwei verschiedene Begriffsbestimmungen. Wohl die Mehrzahl der Botaniker, unter ihnen au erster Stelle Pfeffer und JosT, sprechen von der Assimilation des Kohlenstoffs, des Stickstoffs, des Schwefels, des Phos- phors usw., verstehen also unter Assimilation schlechthin alle die Vor- gänge, bei denen anorganische Substanzen zum Aufbau organischer Verbindungen verwandt werden. Demgegenüber steht die SACHSsche Definition, die dem Begriffe Assimilation die weiteste Einschränkung gegeben hat: Sachs (Experimentalphysiologie, 1865, S. 18) nennt lediglich die Entstehung von Kohlehydraten aus Kohlensäure und Wasser „Assimi^ lation" und stellt ihr die übrigen Vorgänge der Synthese organischer Verbindungen als „Stoffwechsel" gegenüber. Überblicken wir nun die gesamten Vorgänge, welche von den Pflanzenphysiologen als Assimilation bezeichnet werden, so erkennen wir, daß wir nur über einen von ihnen genauer unterrichtet sind, insbesondere nur von einem mit Sicherheit wissen, in welchen Zellen und in welchen Zellorganen er sich abspielt: von der Assimilation des Kohlenstoffs in den Chloroplasten, also der Assimilation im SACHSschen Sinne. Somit bietet sich von dieser Seite keine Schwierigkeit bei der Definition der Assimilationsgewebe^). Wohl aber in anderer Beziehung. Nicht alle Gewebe, die aus assimilierenden oder assimilationsfähigeu Zellen bestehen, ^) Der weniger gebräuchliche Name „Chlorenchym" ist im folgenden vermieden, da er sowohl im Sinne von grünem, assimilierendem Gewebe als auch für „Mesophyll^ angewandt wird (vergl. Schneiders 111. Handwörterbuch der Botanik 1917). Handbuch der Pflanzenanatomie, I, 2 B 1 2 Die Begriffe Assimilation und Assimilationsgewebe dürfen wir ohne weiteres als „Assimilatiousgewebe"' bezeichnen, ins- besondere dürfen wir uns nicht durch den mehr oder weniger reichlichen Chlorophyllgehalt leiten lassen; gibt es doch z. B. in der Einde alter Baumstämme Chlorophyll sogar in Zellen, in die wegen der Dicke der darüber liegenden Borke so wenig Licht eindringt, daß nur gerade die Chlorophyllbildung stattfinden kann, Assimilation aber unmöglich ist („funktionsloses Chlorophyll" Wiesners). Wir wollen deshalb mit Habeelaxdt (1882, S. 76) die Forderung stellen, daß die Assimilations- gewebe nur aus solchen Zellen bestehen, deren Hauptfunktion die Assimilation ist. Daß diese Bedingung tatsächlich erfüllt ist, läßt sich, wie gesagt, nun nicht aus dem Chlorophyllgehalt schließen; denn abgesehen von Geweben mit funktionslosem Chlorophyll gibt es auch Zellen, die reich an assimilierenden Chloroplasten sind, deren Assimi- lation jedoch Nebenfunktion ist; als Beispiel seien die Spaltöffnungs- schließzellen erwähnt, deren Assimilation wegen der damit verbundenen Erhöhung des Turgordruckes nur in den Dienst der Hauptfunktion der Zellen, der Veränderung der Spaltweite, tritt. Um unsere Begriffs- bestimmung durchführen zu können, müssen wir also noch weitere Bedingungen aufstellen: Wir fordern, daß die Assimilations- gewebe gewisse mit ihrer Funktion im Einklang stehende Bauprinzipien erkennen lassen. In der Frage, welches diese Bauprinzipien sind, haben sich Streitig- keiten erhoben, die seit der IVIitte der 80 er Jahre des vorigen Jahr- hunderts zwar mehr oder weniger ruhten, in neuerer Zeit allerdings wieder mehrfach stärker erwacht sind. Welche Zellen vor allem für die Assimilation wichtig sind, das war natürlich schon vor Erörterung der angedeuteten Frage bekannt. Als erster^) suchte Stahl zu ergründen, von welchen Faktoren die Gestalt der Assimilationszelle abhängt. Durch die Betrachtung der Assimilationsgewebe verschiedener Spezies und den Yergteich der Assinii- lationsgewebe der an verschieden belichteten Standorten gewachsenen Individuen derselben Spezies, insbesondere den auffälligen Unterschied zwischen Sonnen- und Schattenblättern unserer Waldbäume, sowie in Hinblick auf seine Beobachtungen über die von den Beleuchtungs- verhältnissen abhängige Stellung und Umlagerung der Chloroplasten kommt Stahl (1880, I, S. 871) zu dem Ergebnis, daß die Palisaden- zellen die für starke Lichtintensitäten, die flachen Schwammparenchym- zellen die für geringe Intensitäten angemessene Zellform sind, da die Palisadenzellen Profilstellung der Chloroplasten bedingen, die Schwamm- parenchymzeUen Flächenstellung ermöglichen. Demnach ist also das Licht als ein für die Gestaltung einer Assimilationszelle im allgemeinen wesentlicher Faktor anzusehen. Stahl betont, daß es sich hierbei nicht um ein unumstößliches Gesetz, sondern um eine Ausnahmen zulassende Begel handelt. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt Pick (1882), der als neues Faktum, das zur Stütze seiner Anschauung dient, anführt, daß in Blättern und Sprossen unter gewissen Verhältnissen eine Beeinflussung der *) Die allerdings etwas früher veröffentlichten Arbeiten von Areschoug übergehe ich einstweilen, da ihnen keine solche große Bedeutung beizulegen ist wie denen von Stahl und Haberlandt. Die Zellformen 3 Streckungsrichtung durch einseitig einfallendes Licht stattfindet. (Näheres siehe Kap. 11, 1 u. V.) Im Gegensatz zu den genannten Autoren betrachtet Haberlandt (1882) als wichtigste allgemeingültige Kriterien für ein eigentliches Assimilationssystem, dem er die lediglich an ihrem großen Chlorophyll- gehalt kennthchen lokal- assimilatorischen Zellen und Gewebe gegen- überstellt, zwei Bauprinzipien: das Prinzip der Oberflächenvergrößerung zugunsten der Chloroplasten und das Prinzip der Ableitung der Assimi- lationsprodukte auf möglichst kurzem Wege. Die Beeinflussung des Baues der Assimilationsgewebe durch die Richtung der einfallenden Lichtstrahlen und durch die Intensität der Beleuchtung hält Haberlandt dagegen für so gering, daß die erstgenannten Bauprinzipieu in ihrer Herrschaft durch sie „fast gar nicht beeinflußt werden". Auf die Belege für seine Theorie und auf die Beweismittel, mit Hilfe derer er die STAHLsche Annahme zu widerlegen versucht, können wir an dieser Stelle noch nicht eingehen, da wir zuvor das gesamte Tatsachenmaterial kennen lernen müssen. Wir sparen uns die Diskussion dieser Frage sowie die Besprechung der Stellungnalime späterer Autoren daher besser bis zum Schlüsse des Abschnitts über Assimilationsgewebe auf. Kurz sei nur noch aus der neuesten Literatur erwähnt, daß ls Liese (1919 u. 1922) gelungen ist, durch dauernd gleichgerichtete Be- lichtung während der Entwicklung der Blätter die Streckungsrichtung gewisser Assimilationszellen zu beeinflussen. Wir stellen somit — einstweilen ohne nähere Begründung — als Kriterien für Assimilationszellen die folgenden drei Prinzipien auf: 1. Gestaltung der Zellen in der für den Lichtgenuß der Chloro- plasten und die Durchleuchtung der Gewebe günstigsten Form, 2. Einschaltung von Zwischenwänden und Membranfalten zum Zwecke der Oberflächenvergrößerung (zugunsten der Anzahl der Chloro- plasten), 3. Ableitung der Assimilationsprodukte auf möglichst kurzem Wege. iL Die Zellformen Bei der im folgenden vorgenommenen Klassifizierung der Assimi- lationszeUen wäre es erwünscht gewesen, stets nur von einem einzigen Gesichtspunkte aus vorzugehen; soweit dieses möglich war, ist es auch geschehen: in der Hauptsache sind die Zelltypen durch die Gestalt (einschl. Streckungsrichtung) charakterisiert. In zwei Fällen mußte jedoch die Lage der Zellen berücksichtigt werden, bei der Chlorophyll- scheide und bei den Assimilations-Epidermiszellen. Die Umgrenzung dieses letzten Typus machte besondere Schwierigkeiten, da die Zellen in ihrer Gestalt stets mit denen eines anderen Typus übereinstimmen; das einzige gemeinsame morphologische Charakteristikum ist die Kutikula. Die betreffenden Beispiele sind deshalb wenigstens zum Teil auch bei den übrigen Zellformeu mit erwähnt. Daß hier aber trotz alledem ein besonderer Tj^us aufgestellt wurde, ist darauf zurückzuführen, daß die Assimilations-Epidermiszellen im Gegensatz zu allen anderen Assimi- lationszellen noch einer mit der Assimilation in keiner Weise zusammen- hängenden Funktion genügen und dadurch eine Sonderstellung einnehmen. 1* Die Zellformen 1. Die Palisadenzellen Der höchstentwickelte Typus der Assiniilationszellen — dem wird niemand widersprechen — sind die Palisadenzellen. Sie sind allgemein charakterisiert durch mehr oder weniger gestreckte prismatische oder zj'lindrische Gestalt, senkrechte Stellung zur Oberfläche des Organes und relativ großen Chlorophyllgehalt; zudem .sind z^vischen ihnen meist nur sehr enge Interzellularen vorhanden. In den Einzelfällen können jedoch die Palisadenzellen eine recht verschiedene Ausgestaltung erfahren. Betrachten wir zunächst das Streckungs- verhältnis^) (Verhältnis von Länge zu Breite), so finden wir schon dabei stärkste Verschiedenheiten zwischen den Palisadenzellen der einzelnen Spezies. Das genannte Verhältnis ist bei einigen Pflanzen so klein, daß die Zellen oft fast als isodiametrisch bezeichnet werden können, so bei Toechima und Rhijsotoechia (Sapindaceae), (Solereder, 1899, 260), Taraxacum officinale, Leontodon hastüis (Compositae), Ad. Müller, 1912), Drymis Winteri (l^Iagnoliaceae), (Arthur Meyer, 1891, Bd. II, 182), im Cladodium von Asparagus retrofradus (Liliaceae), wo das i^r- «i Streckungsverhältnis zwischen 1 : 1 und 1,2 : 1 ^^ ^^l^ schwankt (Keenxe, 1898, 218), im Cladodium von ^^^ "^^^ Opuntia suhulata 2 : 1 und kleiner. In den meisten Fällen beträgt die Länge das drei- bis fünffache der Breite, z. B. bei Hex aquifolium 3:1, siehe Fig. 1, Tropaeolum majus 4:1 bis 5 : 1. Palisadenzellen mit einer unter normalen Verhältnissen noch größeren Streckung kommen vor bei Helianthus annuus (6 : 1) (Haberlakdt, 1882, S. 95), Eupatorium sessilifolium (6 : 1 bis 8 : 1) (Ad. Müller, 1912), Dictamnus fraxineUa (7 : 1 bis 8 : 1) (STAHL, 1880, I, S. 363), Alfredia stenolepis (Compositae) (8:1 bis 10 : 1) (Ad. Müller, 1912, S. 78 j, Ricinus communis (etwa 10 : 1) (Haberlandt, 1882, S. 95). Noch wesentlich höhere Streckungs Verhältnisse konnte Dajstel (1913j durch operative Eingriffe erzielen, so bei Acer Fig. 1. Palisadenzelle eines durch Verdun- kelung entstärkten 2- jährigen Blattes von Hex aquifolium. be- handelt mit Osmium- säure, Alkohol, Chlo- roform, Wasserstoff- superoxyd. Im Cyto- plasma liegen Kern und Chloroplasten ; M ist die Cytoplas- mahülle eines Mese- krettropfens Vergr. 1100. (Aus pseudopManus 19 : 1. A. Meyer 1920.) j^j^ Länge der Palisadenzellen ist sehr großen Schwankungeü unterworfen. Oft sind sogar die benachbarten Zellen derselben Schicht wesentlich ungleich lang, so z. B. in dem einschichtigen Gewebe vieler Cupressineen wie Frenela, Biota, Thuja, Thujopsis, Callitris, Juniperus (KLEMM, 1886). Aber auch da, wo die Schichten einen sehr gleichmäßigen Eindruck erwecken, ist die Zellänge nicht überall die gleiche, sondern sie ist abhängig von der Entfernung der betreffenden Stelle von der Blattbasis, dem Blatt- rande und den Blattnerven, und zwar können die Schwankungen in ^) Ich führe diese Bezeichnung hier ein, um im folgenden die Möglichkeit einer kurzen Ausdrucksweise zu haben. Die Zellformen mannisffachster Weise auftreten. Eine Aufzählung: der verschiedenen Möglichkeiten würde hier zu weit flihren und muß der Besprechung der Histologie der Blattlamina vorbehalten bleiben. Als Beispiele dafür, wie beträchtlich die Unterschiede sein können, seien daher nur ein paar Maße angegeben (nach von Behren, 1906): Die Länge der Palisadenzellen beträgt bei Cirsium canum: in der Mitte der Spreitenhälfte 66 — 75 fi in der Nähe des Bandes 61 — 66 /i in dem herablaufenden Bande des Blattes bis 44 fi abwärts, bei Datura sframonium: am Mittelnerven in verschiedener Entfernung von der Blattbasis 50 — 150 fi am Bande 35 — 110 fi. Fig. 2. Prosenchymatisch zugespitzte Palisadenzellen mit netzförmigen Wand- verdickungen aus dem Mesophyll von Clusia rosea. (Nach Solereder 1899.) Fig. 3. H- förmig verbundene Palisaden- zellen von Äsplenium ruta mu- raria. (Nach Haberlandt 1918.) Allgemeine Angaben über die Länge der Palisadenzellen lassen sich demgemäß kaum machen. Die Gestalt der Palisadenzellen ist in den typischen Fällen pris- matisch oder zylindrisch, die Weite ist oben und unten annähernd dieselbe, und an den Enden sind die Zellen zumeist mehr oder weniger halbkugelig abgerundet. Liegen die Zellen dicht aneinander, so platten sie sich gegenseitig zu prismatischer Gestalt ab, und in Einzelfällen — z. B. in den mehrschichtigen Palisadengeweben von Clusia rosea (Guttiferae) (Solereder, 1899, S. 139) — werden die beiden Enden prosenchymatisch zugespitzt, so daß die Schichten ineinander geschachtelt sind (Fig. 2). Stehen die Zellen in lockerem Verbände, so runden sie sich zylindrisch ab und berühren sich dann meist in schmalen Längsstreifen oder stehen infolge von Aus- und Einbuchtungen der Membranen nur an einzelnen Punkten miteinander in Verbindung. In diesem letzten Falle hängen sie oft nur durch seitliche, einander zugewandte Äste H-förmig zusammen (Fig. 3), so bei einigen monokotyledonen-ähnlichen Eryngien unter der Atemhöhle (MÖBius, 1884, S. 402), bei Caccinia strigosa (Borraginaceae) (Heinricher, 1884, Fig. 2), bei Datura stramomum und besonders auffallend und regelmäßig bei manchen Q Die Zellformen MjTtaceenblättern (Arthur Meyer, 1891, Bd. 11, S. 182). Infolge mehr- facher derartiger Ausbuchtungen wellig ausgestaltete Seitenwände be- sitzen die Palisadenzellen der Blattoberseite von Püocarpus pennatifolius soTÄie die der Blattunterseite von Cassia angustifolia (A. Meyer, 1891, S. 229, 234). Einige Fälle von anormaler Gestalt der Palisadenzellen seien nur anhangsweise erwähnt: Scilla hifolio besitzt unter der Epidermis ein äußerst lockeres Palisadengewebe, dessen Zellen zum Teil am inneren Ende rechtwinklig umgebogen sind (Fig. 4), derart daß sie fast an Schwammparenchjmi- zellen erinnern, sich von diesen aber noch dadurch unterscheiden, daß sie in der äußeren Hälfte genau senkrecht zur Blattoberfläclie stehen (Haberlakdt, 1886). Keilförmige Palisadenzellen kommen in isolateralen Blättern (Palisadenzellen auf der Ober- und Unterseite entwickelt) an den Über- Fig. 4. Rechtwinklig umgebogene Fig. 5. i-förmige Palisadenzellen aus Palisadeuzellen von Scilla hifolia. der Blattspreite von Cycas circinaUs. (Nach HaBERLaXDT 1918.) Vergr. 175. (Nach HaberlaNDT 1882). gangssteilen von der Ober- zur Unterseite in radiärer Anordnung vor (Adolf Müller, 1912, S. 120). Zuweilen haben derartige Zellen auch Ähnlichkeit mit Trichterzellen (siehe Abschnitt II, 2). In der Mitte sanduhrf örmig verengte Palisadenzellen besitzt die Sapindacee Lepidopetalum , kreiseiförmige die zur gleichen Fanliiüe gehörige Harpullia (Solereder, 1899, S. 260). Die Palisadenzellen von Cycas circinalis (Fig. 5) sind am unteren Ende mit einem nach zwei Seiten gerichteten Querstück versehen, haben also i-Form und kommen dadurch mit den angrenzenden ZeUen, welche die Assimilate ableiten müssen, in innigere Berührung (Haberlandt, 1882, Taf. VI, Fig. 15). Die Chloroplasteu der Palisadenzellen bedecken, eingelagert in das wandständige Cytoplasma, die Zellwandung mehr oder weniger dicht, je nachdem sie sich im abgeplatteten oder zusammengezogenen Zustande befinden. Ihre Anzahl ist demgemäß meist recht beträchtlich, so z. B. bei Bicinus communis durchschittUch 36, bei Tropaeolum majus durch- schnittlich 54, bei Dictamnus Fraxinella über 100. Die äußeren Palisadenschichten sind im allgemeinen reicher an Chloroplasteu als die inneren; die umgekehrten Verhältnisse liegen nach Tietge (1916, S. 91) in den Achsen der Juucaceen und Cyperaceen vor. Größe, Gestalt und Anordnung der Chloroplasteu schwanken (Näheres siehe in Abschnitt IV, 3). Die Zellformen Nach Stahl (1880, I, S. 364) und Haberlandt (1882, S. 153 ff.) nehmen die Chloroplasten in den Palisadenzellen beständig die zur Blatt- fläche senkrechten Zellwände ein, sowohl bei Verdunklung, wie in diffusem Licht und bei direkter Insolation; im letztgenannten Falle entsteht in der oberen Hälfte der Zelle ein chlorophyllkornfreier Gürtel und die Chloroplasten lagern sich am unteren Ende der Zelle um so dichter; bei schief einfallendem Lichte weichen die Chloroplasten von der dem Licht zugewandten Seite zurück (von Stahl an Fuchsia glohosa, von Haber- landt an Polygonmn bistorta beobachtet). Die HABERLANDTsche An- gabe (1882, S. 153; Anatomie, 1918, S. 253), daß die Querwände der Palisadenzellen, soweit sie Fugen- wände sind, von Chloroplasten „vollständig entblößt" sind, läßt sich nicht als allgemein gültig aufrecht erhalten. Senn (1908, S. 114, 241) beobachtete z. B. bei Phaseolus vulgaris (mit einscliich- tigem Palisadengewebe), daLl die Chloroplasten bei längerer Ver- dunkelung in der Hauptmenge nach der inneren Fugenwand wandern, während sich nur eine kleine Zahl der äußeren an die Epidermis stoßenden Fugenwand anlegt, und bei Dipsacus silvestris und Gregoria Vitaliana fand er, daß sich die Chloropasten unter den gleichen Verhältnissen auch in den Zeilen der inneren Schich- ten des Palisadenparenchyms nur an deren inneren Fugenwänden sammeln, während die äußeren entblößt werden. Bei eigenen Beobachtungen an dunkelgrünen, also noch vollkommen lebensfrischen Blättern von Tropaeolum majus fand ich gleichfalls nach diffuser Be- leuchtung Chloroplasten auch an den inneren und äußeren Fugenwänden der Palisadenzellen. Fig. 6, a und \>. Palisadenzellen aus der obersten Mesophyllschicht des Blattes von Potamogeton natans; a bei diffusem Licht, b nach Insolation. (Nach Stahl 18801.) c Obere Enden zweier Palisadenzellen aus dem Laubblatt von Dipsacus fullonum. Die knapp unter der Epidermis frei endigende Zelle besitzt oberseits einen Chlorophyllbeleg. Vergr. 260. (Nach Haberlandt 1886.) Als charakteristische Streckungsrichtuug der Palisadenzellen wurde eingangs die Richtung senkrecht zur Organoberfläche angegeben. In der Tat liegt diese in den allermeisten Fällen vor und zwar unab- hängig von der Horizontalen, also unabhängig von der Stellung des Organes, so nach Haberlandt (1882, S. 151) in den aufrechten Sprossen von Junciis- und Scirpus-Arten, desgleichen in unregelmäßig orientierten Organen, wie den zylindrischen Zweigen von Casuarina und den fast zylindrischen und annähernd quer zur Sproßachse gestellten Blättern von Hakea. Demgegenüber findet sich nur in verhältnismäßig wenigen Fällen eine schräge Stellung der Palisadenzellen. Die Belege hierfür seien einstweilen ohne Diskussion der biologischen Bedeutung der Erscheinung kurz zusammengestellt: die Frage nach dem Zustandekommen und den 8 Die Zellformen eventuell dadurch für die Pflanze geschaffenen Vorteilen soll an späterer Stelle (Kap. V) erörtert werden. Als erster beobachtete Pick (1882) Schi'ägstellung der Palisaden- zellen (und zwar „aufwärts zum einfallenden Tageslichte"') in insolierten Blättern von Typha latifolia, Senecio erucaefoUus, Hydrocharis morsKS ranae, Alisma plantago, palisadenführenden Irideen, Lathyrus silvester, Rumex hydrolapathum, Cirsium canum und anderen Pflanzen, deren Blätter mehr oder weniger vertikale Stellung zeigen. Aber auch in rosettenbildenden Blättern von Diplotaxis muralis, Leontodon taraxacum und Plantago media geht die normalerweise senkrechte Orientierung der Palisadenzellen unter geeigneten Bedingungen, z. B. in den nach oben gerichteten Blättern von Pflanzen, welche an Mauern wachsen, über in Schrägstellung (aufwärts). (Ähnliche Angaben macht Lazneewski (1896) über die Palisadenzellen alpiner Rosetten- pflanzen.) Aus der Reihe der von Pick untersuchten Sprosse sei Spartium juncemn zur ausführlichen Beschreibung heraus- gegriffen: In ziemlich vertikalen, allseitig beleuchteten Sprossen stehen die palisaden- artig gestreckten Assimilationszellen des Rindenparenchyms schräg aufwärts; in horizontalen Zweigen sind die Zellen auf der dem Lichte zugewandten Seite senk- Fig. 7. Schräg gestellte Palisaden- recht zur Oberfläche gerichtet, um ein Zellen aus der Assimilationsachse Viertel des UmfaugS Seitlich sind sie auS von OrnithogahimnmbeUatum (j^j. Richtung senkrecht zur Oberfläche Vergr. 130. (Nach Loebel 1889.) ^^^ stärksten abgelenkt und zwar um 30^ (Pick, Fig. 17). Ähnliche oder gleiche Verhältnisse wurden von Pick in den pafisadenzellenführenden Sprossen von Asperula tindorio, Catananehe coeridea, Erigeron giganteiim, Dianthus Carthusianorum, Sarothamnus scoparius, Statice nrmeria, Statice sareptana, Juncus e/fusus, Xarcissus tacetta, Asphodelus microcarpus und Eguisetum palnstre gefunden, also bei Vertretern der Dikotyledonen, Monokotyle- donen und Pteridophj'ten. Weitere quantitative Angaben machen Heineicher (1884, S. 553) und Loebel (1889, S. 62 — 64). Die Abweichung von der Vertikal- stellung (zur Organoberfiäche) beträgt bei Isolepis australis in der Nähe von subepider- malen Bündeln sklerenchy- m atischer Fasern .... 40° „ ., unmittelbar unter der aus längsgestreckten Zellen be- stehenden Epidermis . . 14° Boltonia diffusa 5° Marschalia caespitosa 12° Asperula longiflora, Oberseite 5° ., „ Unterseite 20° Ornithogalum umbellatum 30 — 48° „ nutans 12 — 44° narhonense 26 — 38° Die Zellformen 9 Sarothmnnus scoparius, Oberseite .... 10'' „ „ Unterseite .... 18'' Armeria vulgaris, Blütenstengel 30 — 60° Im allgemeinen sind die Palisadenzellen in Schichten angeordnet, die sich über die ganze Oberfläche des Organes erstrecken oder wenig- stens über eine Seite (meist die morphologische Oberseite) oder über beträchtliche Teile der Oberfläche; der letzte Fall liegt stets dann vor, wenn andersartige Elemente (z. B, sklerenchymatische) möglichst periphere Lage einnehmen müssen. Im einfachsten Falle bilden die Palisadeuzellen ein nur ein- schichtiges Gewebe, so in vielen Blättern (z. B, Datura stramonium, Helianthus tuherosus, Saxifraga sarmentosa) nnd auch in manchen Achsen (z. B. in den Cladodien von Asparagus retrofradus, A. tenuissimus, A. medeoloides). Mehrschichtige Gewebe sind gleichfalls häufig, und zwar ist die Zahl der Schichten sehr verschieden; oft beträgt sie 2 — 3, z. B. bei Juglans regia, Cirsinm canum, seltener mehr: 4 z. B. bei Salvia officinalis, (Arthur Meyer, 1891, II, S. 217), 5 bei Salix Humboldtiana (Gaertner, 1907), 6 — 7 bei Salix Woodii, nigritina, amygdaloides, triandra u. a. (Gaertner, 1907), etwa 12 unregelmäßige Schichten im Cladodium von Opuntia suhidata. Dabei sind nur selten alle Zellen gleich lang {Sorbus tormentalis, Cephalaria procera) oder die inneren länger als die äußeren (Cirsium canum) (v. Behren, 1906); meistens sind die inneren Zellen weniger lang als die äußeren, oft bestehen in dieser Hinsicht sogar ganz be- trächtliche Unterschiede, so z. B. haben nach Arthur Meyer (1891, n, S. 214, 216) die äußersten Palisadenzellen bei Salvia officinalis das Streckungsverhältnis 3:1, die unterste (vierte) Schicht ist annähernd isodiametrisch und dazwischen liegen Übergänge. Auch die Gestalt der Zellen der einzelnen Schichten kann sehr verschieden sein: z. B. bei Opuntia subidata sind die äußeren rechteckig, die inneren mehr oder weniger abgerundet. — Schließlich ist noch zu erwähnen, daß auch innerhalb einer Spezies ein- und mehrschichtige Palisadengewebe neben- einander vorkommen können; z. B. gibt Gleisberg (1922, S. 11) für die von ihm unterschiedenen Typen von Vaccinium Oxycoccus 1 — 3-schichtiges Palisadenparenchym an. Ein besonderes Verhalten zeigt Serratida radiata (Müller, 1912, S. 121): in deren Blättern liegen vom Hauptnerven bis zur Mitte der Spreitenhälfte zwei gleiche Schichten Palisadenzellen, weiter nach dem Rande zu werden die Zellen in der ersten Schicht länger, in der zweiten kürzer. In den mehrschichtigen Palisadengeweben sind entweder die sämt- lichen Zellen gleich lang, so in den Blättern von Salix Humboldtiana, S. longifolia (GAERTNER, 1907) und vielen anderen und in den Cladodien von Asparagus laricinus (Reinke, 1898), oder die Schichtung ist un- regelmäßig, d. h. die Zellen der gleichen Schicht sind verschieden lang oder bei besonders mächtigen Palisadengeweben sind überhaupt keine 10 Die Zellformen eigentlichen Schichten mehr zu erkennen. Beispiele: Sarothamniis scoparius, Silene inflata, Cramhe maritima (Heinricher, 1884), Älthaea officinalis (Arthur Meyer, 1891, ü, S. 208), Cladodium von Asparagus albus (Reinke, 1898). Die Zahl der Zellen nimmt von Schicht zu Schicht häufig- mehr und mehr ab, so daß größere Interzellularen entstehen und die innersten Zellen als Trägerinnen einer größeren Anzahl von äußeren erscheinen, so z. B. bei Juglans regia (Arthur Meyer, 1891, U, S. 184, 226). In Spreiten mit zwei typischen Palisadenzellenschichten kommen öfters lange Zellen vor, die durch beide Reihen hindurch reichen; es sind in diesen Fällen also die zwei Schichten durch Querteilung der Zellen einer Schicht entstanden, bei einzelnen Zellen ist jedoch diese Teilung unterblieben, so bei Lappa major, Solidago gigantea, Tanacetum (Adolf Müller, 1912), Aster cyaneus, Solidago lanceolata (Kühlhorn, 1908). An hoch inserierten Blättern ist diese Erscheinung im allgemeinen seltener. Die von Haberlaxdt angegebene Anordnung der Palisadenzellen in quer zur Blattlängsachse gestellten Lamellen bei Thuja plicata konnte von Klemm (1886, S. 514) weder bei dieser noch bei anderen Cupressineen bestätigt werden. Teilung von einzelnen Palisadenzellen durch Querwände tritt gleichfalls mehrfach auf, so bei Artemisia atrata, Hieracium rubrum, Eupatorium sessilifolium (Adolf Müller, 1912), bei einigen Sapindaceen und Mmosaceen (Solereder, 1899) und in den Cladodien von Asparagus plumosus, in denen etwa jede fünfte Zelle durch eine Querwand geteilt ist (Reinke, 1898). Zuweilen sind die geteilten Zellen breiter als die ungeteilten, so z. B. bei Arnica montana, Artemisia absinthium, Ona- phalium supinum (Adolf Müller, 1912). Zwischen den Palisadenzellen befinden sich stets luftführende Interzellularen, und zwar gi^enzt jede Zelle mit einem Teil ihrer Wandungen daran. Ihrer Funktion gemäß, als Wege für den Gas- austausch treten die Interzellularen niemals isoliert auf, sondern sie bilden ein zusammenhängendes Sj'stem. Im Palisadenparenchym haben die Interzellularen meist die Gestalt gerader und enger Gänge: jeder Gang grenzt au drei oder mehr Zellen, und jede ZeUe grenzt mit mehreren Längsstreifen an mehrere Interzellularen. Die Interzellular- gänge sind meist in ihrer ganzen Erstreckung gleichmäßig weit, zuweilen ■ innen (z. B. bei Cydonia japonica), selten nach außen erweitert (z. B. Ornithogalum umbellatum) (LOEBEL, 1889). — Weite Interzellularen, deren Durchmesser den der benachbarten Zellen übertrifft, kommen im Palisadengewebe selten vor. Ein Beispiel hierfür bietet Symphytum officitiale, in dessen Blättern 10 und mehr Palisa den zellen an einen Interzellularraum, der vollkommen unregelmäßig gestaltet ist, grenzen (LOEBEL, 1889). Berühren sich die Palisadenzellen auch an den Seitenflächen nur durch kleine runde Felder, so bilden die Interzellularen ein engmaschiges Netzwerk, so bei HaTcea siiaveolens, Myrtus ceylonica, Callistemon rigidus (Haberlandt, 1882, S. 156). Sofern die Epidermis eines Organes dort, wo unter ihr Palisaden- gewebe liegt, Spaltöffnungen besitzt, treten in diesem Palisadengewebe Die Zellformen 11 naturgemäß auch innere Atemliöhlen auf. Sind die Spaltöffnungen unregelmäßig verteilt, so entstehen die Atemhöhlen entweder durch Aus- einanderrücken der Palisadenzellen (Fig. 8a), so bei Omithogalum umbeUatum, Asparagus officinalis (Endästchen) (Haberlandt, 1882, S. 159); Jasminum fruticans, Leontodon Taraxacum (Pick, 1882); Cirsium arvense, Moricandia arvensis, Crambe maritima (Heexeicher, 1884, Taf. XXYIII, 2 — 4) oder durch Verkürzung der unter der Spaltöffnung liegenden Paüsadenzellen (Fig. 8b) z.B. bei Anemone silvestris (Haber- LANDT, 1882, S. 159), Brassica Napus (Haberlakdt, 1886) oder durch gleichzeitiges Ausweichen und Verkürzen der Palisadenzellen (Fig. 26), z. B. bei Scabiosa ucrainica (Hehstricher, 1884, Taf. XXIX). Fig. 8. a Atemhöhle einer Artemisia. (Nach Heinricher 1884.) b Atemhöhle von der Blattoberseite von Brassica Napus. Vergr. 130. (Nach Haberlandt 1886.) c Über- wölbte Atemhöhle im Blatte von Elymus canadensis. Vergr. 240. (Nach HaberLaXDT 1882.) d, e Gewölbezelle der Atemhöhle von Equisetum palustre. Stengelquerschnitt (d) und Radialschnitt (e). Vergr. 210. (Nach Haberl.\NDT 1882.) Ist das Palisadengewebe mehrschichtig, wie etwa bei Nymphaea Marliacii Hort, mit 7 — 8 unregelmäßigen Schichten auf der Blattober- seite, so kann sich die Atemhöhle als langer gerader Gang durch das ganze Gewebe hindurch erstrecken bis zu dem lockeren interzeUularen- reichen Gewebe der entgegengesetzten Blattseite. Liegen die Spaltöffnungen in Längsreihen, so verschmelzen die Atemhöhlen zu Kanälen; sie werden dann überwölbt von paarweise zu einem Bogen vereinigten Chlorophyllzellen, dieser Bogen überspannt die Atemhöhle in der Querrichtung, d. h. senkrecht zur Spalte der Schließ- zellen. Beispiele: Spartium jimceum, Spross; Llymiis canadensis {Fig. 8 c), Asphodelus Villarsii, Artemisia u. a. (Haberlandt, 1882, S. 159: Heds-richer, 1884, Taf. XXVIII). Bei Equisetum palustre (Fig. 8d, e) wird der Bogen nur von einer Zelle gebildet, in deren Lumen auf der Innenseite eine Membranfalte hineinragt und deren Hälften an ihrer Basis parallel zur Spalte der Schließzellen fußartig verbreitert sind (Haberlandt, 1882, Taf. V, Fig. 14—16). In den meisten Fällen sind die PaUsadenzellen in den Blättern auf eine Seite und zwar die morphologische Oberseite beschränkt. Öfters freilich treten Palisadenzellen auch beiderseits auf, so z. B. bei Centaurea jacea, Sarothamnus scopariv^, Silene inflaia und vielen 12 Die Zellformen anderen Pflanzen, deren Blätter isolateralen Bau zeigen (Näheres siehe im Bande „Laubblatt" und in der älteren Literatur besonders bei Heixeichee, 1884). Selten ist dagegen die Ausbildung von Palisadenparenchym nur auf der morphologischen Unterseite; sie wird beschrieben von SOLEREDER (1899) bei Muraltia ruscifolia Eckl. et Zeyh. (S. 110), Tamarix articulata Vahl, T. dioica E.oxb. (S. 130), bei denen Palisaden- zellen nur auf der dem Licht zugewandten Unterseite der Blattscheide vorkommen, ferner von Niedexzü (1890) bei einigen Burniaceen, und von Klemm (1886, S. 513) bei den Cupressineeu ohne Ausnahme. Von den Beispielen für vollkommen unregelmäßige Verteilung der Palisadenzellen sei hier nur noch die Lagerung des Palisadengewebes in den Rollblättern von Frankenia thymifoUa Desf., F. Reuteri Boiss. und F. triandra Rem}' nach Solereder (1899, S. 120) beschrieben: „Das Palisadenparenchym findet sich bei diesen drei Arten an allen dem Lichte zugewendeten Teilen des Blattes. Bei Fr. thymifoUa und Fr. Beuten, bei welchen die geometrische Blattunterseite je eine Rinne rechts und links vom vorspringenden Mittelnerven aufweist, sind die Palisaden auf der geometrischen Oberseite und den nach unten gebogenen Blatträndern sowie in der nach unten vorspringenden Mittelrippe vorhanden; bei Fr. triandra, bei welcher die unterseits rinnigen Blätter mit ihrer geometri- schen Oberseite dem Zweige angedrückt sind, fehlen auf dieser die Palisaden und sind hingegen nur auf der geometrischen Unterseite, auch im Grunde der Rinnen, entwickelt." Die systematische Stellung der Pflanzen ist offenbar für die Ausbildung der Palisadenzellen in den Blättern ziemlich belanglos. Wenn auch einzelne Familien ausschließlich andere Assimilationszellformen besitzen, so finden sich doch aber wenigstens in allen großen Gruppen mehr oder weniger viel Beispiele, bei den Pteridophyten unter den Equiseten und Fihces, bei den Gymnospermen z.B. unter den Cupressineen, bei den Monokotyledonen unter den Liliaceen, Iridaceen, und schließlich bei den Dikotyledonen sind die Palisadenzellen die vorherrschende Assimilationszellform. Im wesentlichen ist naturgemäß das Vorkommen von Palisaden- zellen auf die Hauptassindlationsorgane, die Blätter, beschränkt. Bei denjenigen Pflanzen jedoch, die der Laubblätter entbehren und in denen die Sprosse die Funktion von Assimüationsorganen übernommen haben, und ebenso bei solchen Pflanzen mit wenigen unbedeutenden Blättern, treten Palisadenzellen auch in den peripheren Geweben der ober- irdischen Achsen auf. In bezug auf die Schichtenzahl und die Gestalt der Einzelzellen finden sich die verschiedenartigsten Verhältnisse, z. B. 1 Schicht mit Streckungsverhältnis ca. 1 : 1 bei Äsparagus retro- fr actus (ReDvKE, 1898), 2 Schichten mit ,, „1:1 bei Juncus articidatus, 5 — 6 „ „ „ .,1:1., Juncus areticus, 4 „ „ ,, 2 : 1 „ Juncus glaucus, 2 — 3 „ „ „ . 5 : 1 „ Scirpus lacustris (TiETGE, 1916). Die Zellformen 13 Die systematische Stellung scheint auch für die Möglichkeit der Ausbildung von Palisadenzellen in Achsen ohne größere Bedeutung zu sein, denn wir finden grüne Sprosse mit Palisadenzellen bei PteridophA'ten Equisetum (z. B. palustre), Gymnospermen: Ephedra, Monokotyledonen Äsparagus, Narcissiis, Junciis, Scirvus, Cyperus u. a., Dikotyledonen Spartium, Genista, Sarothamnus, Armeria, Statice, Asperula, Diantims, Erigeron u. a. An der Grenze eines Palisadengewebes gegen eine andersartige Schicht kommen selbstverständlich Übergangsformen zwischen Pali- sadenzellen und den benachbarten Zellen vor, wenn die Hauptcharaktere der beiden Zelltypen einander nicht ausschließen, so z. B. bei Wasser- geweben. Oder aber es treten Zwischenformen zwischen verschiedenen Assimilatiouszelltj-pen auf, gestaltliche Cbergangsformen z. B. zwischen Palisadenzellen und Trichterzellen oder zwischen Palisadenzellen und Schwammparenchymzellen. 2. Die Trichterzelleu Als eine besondere Modifikation der Pali- sadenzellen können wir die Trichterzellen be- p.^ g ^^^ hterzellen trachten. Diese Zellen haben kegelförmige oder auf der Blattunterseite kegelstumpfförmige Gestalt und berühren von Taxus baccata,Q_ueT- mit ihrer der Organoberfläche zugekehrten schnittsansicht. Vergr. breiten Grundfläche meist die Epidermis- ^^^- LA.xDT'^iss^f^^^ Zellen oder, falls sie auch in tiefer liegenden Schichten auftreten, die ihnen nach außen zu vorgelagerten Zellen. Sie haben mit den normalen Palisadenzellen die Streckungsrichtung gemein, unterscheiden sich von ihnen aber da- durch, daß sie sich nach innen verjüngen. Tj^pische Beispiele für Trichterzellen zeigen Eranthis hiemalis und Taxus baccata (Fig. 9). Das Streckungsverhältnis beträgt, wenn wir als Breite den Durchmesser der äußeren (größeren) Grundfläche in Kechnung ziehen, meist 3:1 bis 2:1, zuweilen auch weniger. Die untere (innere) Grundfläche ist entsprechend der Verjüngung der Zelle kleiner als die obere, z, B. bei Selaginella apiis und S. apoda ist ihr Durchmesser nur gleich ^s bis Vo der äußeren Grundfläche; mit ihr berühren die Trichterzellen die innen an sie angTenzenden Zellen. Da die Zellen sich höchstens in dem oberen Teil (etwa Vi bis ^'3 der Länge) seitlich berühren, sind die Interzellularen in einer Trichter- zellenschicht wesentlich größer als im normalen Palisadengewebe. Die Zahl und Größe der Chloroplasten ist sehr verschieden. Bei Selaginella Martensii (Fig. 19a) und Selaginella grandis'^) besitzt jede Trichterzelle nur einen großen muldenförmigen Chloroplasten, der die untere Grundfläche und einen beträchtlichen Teil der Seitenwände bedeckt: bei Selaginella Kraiissiana liegen ähnliche Verhältnisse vor oder an Stelle des einen Chloroplasten bilden zwei, die eng aneinander liegen, ^) Die Trichterzellen der Selaginellen sind ihrer Lage nach Epidermiszellen, ihrer Funktion nach AssimilatioDSzellen und müßten somit zu den Assimilations- Epidermiszellen gestellt werden ; da sie aber ihrer Gestalt nach typische Trichterzellen sind, sollen sie schon hier Berücksichtigung finden. 24 üie Zellformen eine derartige Mulde, und bei Selaginella caesia (Fig. 191)) herrscht der letzte Fall (zwei Chloroplasten) vor (Habeelajtot 1918, S. 248). Sonst ist jedoch die Zahl der Chloroplasten recht beträchtlich, z, B. bei Taxus haccata zählte ich 40 und mehr; und das entspricht nach anderen Schätzungen etwa dem allgemeinen Durchschnitt. Die Chloro- plasten sind entsprechend kleiner, und sie unterscheiden sich von denen anderer Assimilationszellen nicht. Ihre Lagerung ist abhängig von den Beleuchtungsverhältnissen. Die Außenwandung ist stets am schwächsten belegt; häufig kommt ge- drängte Anordnung im inneren (engen) Ende der Zelle vor. Der Zellkern liegt bei den genannten Selaginellen in der von dem Einzelchloroplasten oder dem Chloroplastenpaar gebildeten Mulde, in den chloroplastenreichen Trichterzellen meist am Zellgrunde, zuweilen an den Seitenflächen, selten in den Winkeln zwischen Außen- und Seitenflächen. Bei Taxus haccata z. B. fand ich den Kern fast immer am Zellgrunde, dort wo die meisten Chloroplasten lagen. Die Trichterzellen besitzen gegenüber den normalen Palisadenzellen zwei Eigenschaften, die für die Assimilationsvorgänge von Vorteil sein können. Erstens haben sie, wenn auch ihre Oberfläche infolge ihi^er gedrungenen Gestnlt relativ klein ist, im Vergleich zu den Palisadenzellen doch ziemlich große freie, d. h. an Interzellularen grenzende Seitenflächen, so daß also der Gasaustausch erleichtert ist. Dadurch ist ihr Auftreten an Pflanzen feuchter Standorte zu erklären: Oxalis aceto- sella, bestimmte Gesneraceen und Piperaceen. Zweitens sind die Beleuchtungsverhältnisse in den Trichterzellen günstig. Liegen die Chloroplasten hauptsächlich den Seitenwandungen an, so beschatten sie sich wegen der schrägen Stellung der Zellwandungen bei der als normal anzusehenden senkrechten Einfallsrichtung der Licht- strahlen nicht vollständig; sind sie aber, wie es häufig der Fall ist, hauptsächlich im Grunde der Zelle gedrängt angesammelt, so werden sie nicht nur von den direkt dorthin gelangenden Lichtstrahlen getroffen, sondern auch von den an den Seitenwandungen total reflektierten; sie liegen in diesem Falle also an einer besonders stark belichteten Fläche. Somit ist das Vorkommen von Trichterzellen in Schattenpflanzen oder an mehr oder wenigei beschatteten Stellen der Assimilationsorgane ver- ständlich. Klemm (1886, S. 514) gibt Trichterzellen z. B. für die nicht direkt bestrahlten Stellen der Cupressineenblätter an, Habeelajvdt (1882, S. 133/134) für die Unterseite der Blätter von Taxus haccata und Cycas circinalis. Schließlich kann die Ausbildung von Trichterzellen auch in räum- lichen Verhältnissen begründet sein. So z. B. beobachtete ich bei Taxus haccata Trichterzelleu, die an den Flanken der Blattunterseite, also unter der stark gebogenen Epidermis, zwischen isodiametrische Zellen ein- geschaltet waren. In solchem FaU ist die Trichtergestalt schon lediglich durch die Lage der Zellen an einer Stelle, wo außen viel und innen wenig Platz zur Verfügung steht, bedingt. Da die Trichterzellen in gewisser Beziehung Ähnlichkeit mit den Palisadenzellen besitzen — wir können sie ja als Modifikation der Palisadenzellen auffassen — , so gibt es selbstverständlich zwischen Die Zellformen 15 beiden Zellarten Zwischenformen: langgestreckte nach dem Innenende zu verjüngte Zellen, so z. B. bei Impatiens Sidtani; und oft haben solche Zellen, namentlich wenn sie in tiefer liegenden Schichten auf- treten, auch ganz andere Funktion als die Trichterzellen: sie sind „Sammelzellen" geworden. Die Sammelzellen: Es handelt sich bei diesen Zellen zwar nicht um Assimilationszelleu im eigentlichen Sinne, aber als oft typische Elemente des Assimilationssystemes müssen sie in diesem Zusammen- hange doch genannt werden. Sie sind langgestreckt, oft nach dem inneren Ende zu verjüngt und liegen nicht immer senkrecht zur Organ- oberfläche, sondern je nach der Lagerung derjenigen Gewebe, an die sie den Anschluß vermitteln, schräg oder gar parallel zur Oberfläche. An den Enden sind sie meist polygonal abgekantet, da jede von ihnen Trägerin von mehreren Palisaden- oder ähnlichen Zellen ist. Diese ihre Gestalt und Lagerung zeigt, daß die Sammelzellen in erster Linie für den Abtransport der Assimilate aus den peripher liegenden Assimilations- zellen in Betracht kommen; daneben können sie freilich wegen ihres wenn auch nicht übermäßig großen Chlorophyllgehaltes selbst assi- milieren. 3. Die Armpalisadenzellen Den Palisadenzellen in bezug auf die physiologische Wirkungsweise am ähnlichsten sind die Armpalisadenzellen. Sie wurden zuerst von Kareltschikoff (1868) an Bamhusa stricta u. a. Arten entdeckt und genauer — auch an Dikotyledonen, Gymnospermen und Pteridophyten — von Habeelandt (1882, S. 97 ff.) untersucht und von ihm als „Arm- palisadenzellen" bezeichnet. Es sind dicht stehende, relativ breite, oft annähernd isodiametrische Zellen, die oben oder unten oder gleichzeitig oben und unten in mehrere Aste von der Form und Stellung der Palisadenzellen geteilt sind. Diese Verästelung kommt dadurch zustande, daß sich die Membranen nach innen einfalten. Die sich ursprünglich unmittelbar berührenden Wandungen der Falten weichen bei manchen Spezies (z. B. Sambucus nigra, Anemone silvestris, verschiedenen AspidiumS^Qz\%^) später fast immer auseinander und lassen in einzelnen Fällen sogar breite Interzellularen entstehen (Faeonia tenuifolia, Equisetum palustre), in wiederum anderen Fällen bleiben die Faltenhälften in enger Berührung (z. B. Trollius europaeus, Bamhusa Simonii). Die Tiefe der Einfaltungen beträgt durchschnittlich etwa die Hälfte der Zellhöhe, manchmal — besonders bei doppelseitig eingefalteten Zellen — auch mehr, so z. B. bei Anemone silvestris und bei der Tern- stroemiacee Saurauja napaulensis beiderseits '^k (Solereder 1899, S. 147), so daß die Zellen H-förmige Gestalt besitzen (ohne trennende Membran zwischen beiden Hälften, wie sie bei H-förmigem Zusammenhang zweier gewöhnlicher Palisadenzellen vorhanden ist), dagegen z. B. bei Clematis integrifolia mit Einfaltungen hauptsächlich oberseits nur ^!i oder weniger, so daß der Typus der Armpalisadenzellen hier nur noch angedeutet wird. 16 Die Zellformen Die Vergrößerung der Zelloberf lache durch die Ein- faltung beträgt nach Haberlandt (1882, S. 106) z. B. bei Sambucus nigra, Armpalisadenzellen mit 2 Armen ... 28 ^lo . 4 . . . . 480/0 Anemone silvestris, H-förmige Armpalisadenzellen . . . 27 "/o Pinus silvestris, subepidermale H-förmige Armpalisaden- zellen 20—30%. Fig. 10. Armpalisadenzellen. a Aus der Blattfieder von Sainbucus nigra. (Nach HaBERLANDT 1918.) b Dreiarmige Armpalisadenzelle von Sambucus nigra. Vergr. 140. c Paeonia tenuifolia. Vergr. 150. d H-förmige Armpalisadenzelle von Anemone silvestris. Vergr. 140. e Bambusa Simonii (Blattquerschnitt). Vergr. 270. f Elymus canadensis. g Aspidium acuhalum. Vergr. 135. h Desgleichen (Grundriß). Vergr. 135. i Todea aspera (Grundriß). Vergr. 145. (b — i nach HaberlanDT 1882). Die Zahl der Arme ist verschieden, meist 2, auch 3 oder 4, nur selten höher (z. B. bei Paeonia tenuifolia bis 5, Bambusa striata 5 — 6, Todea aspera bis 8, Equisetum palustre 3 — 5). Dabei liegen die Arme entweder mehr oder weniger in einer Ebene (z. B. Sambucus nigra, Equisetum pahistre) oder sie stehen in einem Büschel auf der breiten, bei Paeonia tenuifolia trichterförmigen unteren Zellhälfte. Die Chloropl asten der Armpalisadenzellen liegen allen Wandungen der Zellen und den Falten beiderseits an. Ihre Zahl ist entsprechend dem zur Verfügung stehenden Raum groß. Die Zellformen 17 Der Zellkern liegt für gewöhnlich waudständig in dem großen Zellleib, bei Sambucus wurde er daselbst zumeist auf der Spitze der Falte der Membran gefunden. Eingangs wurde gesagt, daß die Armpalisadenzellen in bezug auf die physiologische Wirkungsweise den Palisadenzellen am ähn- lichsten sind. Diese Ähnlichkeit beruht auf der Gestalt und Richtung der Arme; infolge davon sind nämlich 1. die Lichtverhältnisse innerhalb der Armpalisadenzellen ähnlich wie in den Palisadenzellen, 2. ist die Lagerung der Chloroplasten derjenigen in den Palisaden- zellen vergleichbar, und 3. kann die Zuwanderung der zu assimilierenden Stoffe und der Abtransport der Assimilate in der gleichen Weise stattfinden wie in den Palisadenzellen. Ein physiologischer Vorteil liegt in der oben angegebenen Ver- größerung der Oberfläche durch die Falten der Membranen. • Das Vorkommen der Armpaiisadenzellen scheint nach den bis- herigen Befunden auf gewisse systematische Einheiten beschränkt zu sein, die jedoch auf das ganze System verteilt sind. Bei den Dikotyle- donen sind Armpalisadenzellen vornehmlich bei Vertretern der Ranun- culaceen gefunden und untersucht worden; die eine Gruppe dieser Familie ist durch Armpalisadenzellen ausgezeichnet, die anderen besitzen niemals Armpalisadenzellen; zur ersten Gruppe gehören: Trollius europaeus, Aconitum napellus, A. dissectum, Clematis integrifolia, Cl. recta, Adonis, Calfha palustris, Paeonia coraUina, P. tenuifolia, Anemone silvestris, Delphinium dasyanthes, Nigella; zur zweiten Gruppe gehören: Ranun- culus Ficaria, R. repens, R. acer, Eranthis hiemalis, Aquilegia vulgaris, Hellehorus viridis, H. niger, Anemone pratensis, Delphinium dissectum, D. grandiflorum (Habeelandt, 1882: KüHLHORN, 1908: SOLEREDER, 1908). Weiterhin sind Armpalisadenzellen noch in folgenden Familien nachgewiesen: Trochodendraceen , Ternstroemiaceen , Araliaceen, Stj'H- diaceen, Priniulaceen , Solanaceen, Euphorbiaceen , Menispermaceen, Sabiaceen, Caprifoliaceen , Campanulaceen, Styraceen, Chloranthaceen, Moraceen. Bei den Monokotyledonen sind Armpalisadenzellen festgestellt in den Familien der Amarj^llidaceen, LiKaceen, Gramineen, unter den Gymnospermen bei einigen Coniferen aus der Unterfamilie der Cu- pressineen und in den peripheren Schichten des Assimilationsgewebes von PmM5- Spezies und schließlich unter den Pteridophyten in der Ordnung der Filices und der Equiseten. (Literatur: Haberlandt, 1882 Klemm, 1886; Loebel, 1889; Soleeeder, 1899, 1909; BURUS, 1900 Feitel, 1900; H. Schulze, 1900; Decrock, 1901; H. Schmidt, 1904 KüHLHORN. 1908.) Innerhalb der einzelnen Spezies sind die Armpalisadenzellen im allgemeinen nur in der obersten Schicht zu finden, zuweilen.jedoch auch in tiefer liegenden Schichten, so bei Parartocarpus (Solereder. 1908). Handbuch der Pflanzenanatomie, I, 2 B 2 18 Die Zellformen 4. Die Chlorophyllscheide Als eine der wesentlichsten Eigenschaften der Palisadenzellen wurde die Stellung senkrecht zur Organoberfläche angegeben. In diesem Punkte unterscheidet sich von den Palisadenzellen ein Tj'pus von Assimilationszellen, der am besten ausgebildet in der „Chlorophyll- scheide" der Cyperaceen vorliegt^). Bei den Cyperaceen, speziell in der Unterfamilie der Scirpoideen, von denen Rickli (1895) die Achsen und Blätter von etwa 300 Arten untersucht hat, kommen zwei verschiedene Typen von Assimiiations- systemen vor. Der erste besteht aus einem mehr oder weniger mächtigen Assimilationsring aus Palisadenzellen. In dem anderen Typus ist jedes Leitbündel von drei deutlichen Scheiden umgeben, der „inneren Parenchymscheide" oder „Chlorophyllscheide", einer außen an diese angrenzenden verdickten Schutzscheide und schließlich einem Ring von radial gestellten palisadenzellenähnlichen Assimilations- zellen. Die Zellen der inneren Chlorophyllscheide sind ihrer kreisförmigen Anordnung um das Leitbündel entsprechend nach innen keilartig ver- schmälert oder zugespitzt, manchmal auch breiter als tief (Streckungs- verhältnis 1,5 : 1 bis 1 : 1,5); die Zellen der außerhalb der chlorophyllosen Schutzscheide liegenden Schicht sind gleichfalls innen enger als außen und stets mehr oder weniger radial gestreckt (Streckungsverhältnis bis 3 : 1). Die Interzellularen sind, wenn sie nicht ganz fehlen, äußerst eng. Die Chlor oplasten sind in der äußeren Schicht von Durchschnitts- größe, in den inneren Zellen sind sie so klein und entsprechend zahl- reich, daß bei schwächerer Vergrößerung, die eine deutliche Unter- scheidung anderer Chloroplasten gestattet, das ganze Zytoplasma grünlich erscheint. Das Vorkommen dieses Typus beschränkt sich bei den Scirpoideen auf die sämtlichen Arten der Gattungen Lipocarpha, Hemicari^ha, Äscolepis, Kyllhigia, Flmhristylis, sowie auf gewisse Spezies von Cypervs, Heleocharis und Scirpus, während die zahlreichen anderen, zum Teil monotypischen Gattungen einen mehr oder weniger wichtigen Assimi- lationsring unter der Epidermis besitzen. Insgesamt mögen von den 400 bekannten Scirpoideen v^ohl fast die Hälfte der Arten durch Assimi- lationszeUen vom Typus der inneren Chlorophyllscheide ausgezeichnet sein. Daß die Chlorophyllscheide tatsächlich ein assimilierendes Ge- webe ist, dafür spricht zunächst die Tatsache, daß beim Vorhandensein der Chlorophyllscheide das übrige Assimilationsgewebe stark reduziert ist; selbst bei den großen Stauden von Cyperus papyrus findet sich, obwohl doch für solch stattliche Pflanzen sicherlich ein kräftiges Assimilationssystem notwendig ist, nur ein Kranz von gestreckten Assimilationszellen um jedes Leitbündel herum. Ferner wird bei Ver- ^) Ich habe die von RiCKLl eingeführte Bezeichnung Chlorophyllscheide dem zwar älteren von Haberlandt angewandten Namen „Kranztypus" vorgezogen, da mir namentlich hei Berücksichtigung nicht nur des Querschnittshildes, sondern der räum- lichen Verhältnisse die Bezeichnung „Chlorophyllscheide" den Typus besser zu charak- terisieren scheint. Die Zellformen 19 mehrung der Leitbündel und damit der Assimilationszentren die innere Parenchymscheide allmählich kleiner, und schließlich ist sie in den Blättern, also den eigentlichen Assimilationsorganen, größer und stärker ausgeprägt als in den Achsen. Andererseits lassen sich die Einwände, woher die Zellen die zur Assimilation erforderliche Kohlen- säure und das notwendige Licht erhalten, zwar nicht unbedingt zurück- weisen. Es ist aber doch immerhin zu beachten, daß sich im Tracheen- teil des Leitbündels ein ansehnlicher Luftkanal befindet und daß auch Fig. 11. Blattquersehnitt von Cyperus incompletus. (Nach RiCKLI 1895.) die seitlichen Gefäße teilweise Luft (Jaminsche Kette) enthalten: die Lichtstrahlen dürften aber — abgesehen davon, daß ein Teil durch Brechung und Totalreflektion verloren geht — die mehr oder weniger verdickte Schutzscheide ebenso gut durchdringen wie die kutikularisierte Epidermis. Der Verlust von Lichtstrahlen, der durch Brechung und Totalreflektion entsteht, ist von Rickli noch nicht beachtet: jedoch ist der skizzierte schwache Beweis für die Wahrscheinlichkeit einer assimi- latorischen Tätigkeit der Chlorophj^llscheide von Rickli noch gestützt durch experimentelle Prüfung der Assimilation vermittels der ExGEL- MANNschen Bakterienmethode und der Blasenzählmethode. Freilich ist auch hier der gewünschte Erfolg, ein quantitativer Vergleich zwischen der Assimilation der Chlorophyllscheide und der der Palisadenzellen, wegen der Schwierigkeiten der Versuchsanordnungen, in denen nur mit Längsschnitten gearbeitet werden konnte, nicht erzielt worden; aber 20 Die Zellformen immerhin ist die Assimilationstätigkeit selbst doch bewiesen. — Bezüglich des physiologischen Wertes der Chlorophyllscheide glaubt RiCKLl (a. a. 0. S. 534) annehmen zu dürfen, daß die schwache Ausbildung des Assimilationsgewebes bei den hier in Betracht kommenden C3T)eraceen durch den Vorteil, den die dii-ekte und somit rasche Ableitung der Assimilate aus den Assimilationszellen in die angrenzenden Leitbündel bietet, wieder ausgeglichen wird; denn die Assimilation geht um so leichter vonstatten, je schneller die dabei entstehenden Produkte aus dem assimilierenden Organe entfernt werden. Fig. 12. Blattquerschnitt von Bassia muricata (Nach VoLKENS aus Solereder 1899.) Auch für einige Gramineen gibt Habeelajstdt (1918, S. 265, nach VoLKEisrs) den Typus der Chlorophyllscheide als „zuweilen sehr schön ausgebildet" ah, so bei Saccharuni officinarum, Cynodoii Dactylon. Ändropogon hirtus, Ä. foveolatus, Spartina cynosuroides, Panicum tur- gidum, Danthonia Forsjcalii, Pennisetum dichotomum. Assimilationszellen ähnlicher Art kommen außerdem bei einigen Dikotyledouen vor: Eine einfache Form der Chlorophyllscheide findet sich nach Vesque (SOLEEEDER, 1899, S. 127) bei Portulaca oleracea. Die Leitbündel sind von einer einfachen chlorophyllfreieu Parenchj^mscheide umgeben, und an diese setzt sich nach außen eine nicht überall lückenlos schließende, aus radiär gerichteten, mehr oder weniger palisadenartig gestreckten (1,5 : 1 bis 3:1) chlorophj'llhaltigen Zellen an. Diese sind die einzigen den Blättern zukommenden Assimilationszellen. In den von Volkens (Solereder, 1899, S. 741: Volkens in Engler-Prantl , in, 1, a) untersuchten Chenopodiaceen kommen gleichfalls Assimilationsgewebe vor, welche an die Chlorophyllscheiden der Cyperaceeu erinnern. In dem einen Typus, z. B. bei Bassia muricata All., wird jedes Leitbündel der Blattspreite auf der morphologischen Blattoberseite und -Unterseite in gleicher Weise nach außen hin halb- Die Zellformen 21 kreisförmig von radial angeordneten, palisadenartig gestreckten Assimi- lationszellen umgeben; zwischen den Assimilationszellen und den Leit- bündeln liegen noch einige große, radial kaum gestreckte Zellen, welche gleichfalls chlorophyllhaltig sind (Fig. 12). In dem zweiten Typus, der z. B. bei Ätriplex Halimus L. vorliegt (Fig. 13), sind die in der Mitte der Blattspreite in einer Ebene liegenden Leitbündel gleichfalls von einer nicht immer vollkommen geschlossenen Scheide aus einigen großen chlorophyllhaltigen Zellen umgeben, und an diese Scheide setzen sich palisadenartige Assimilationszellen mehr oder weniger radial ausstrahlend (einschichtig) an. In den zwischen den Leitbündeln liegenden Zwischen- räumen, welche auch von palisadenartig gestreckten Assimilationszellen ausgefüllt sind, suchen die Assimilationszellen möglichst eine zur Blatt- oberfläche senkrechte Stellung einzunehmen. Fig. 13. Blattquerschnitt von Atriplex Halimus. (Nach Volkens aus Solereder 1899.) 5. Sonstige gestreckte Assimilationszellen Außer den Palisadenzellen und ihren Modifikationen gibt es noch andere Typen von gestreckten Assimilationszellen. War bei den ersten die Streckungsrichtung senkrecht zur Oberfläche charakteristisch, so ist für die anderen gestreckten Assimilationszellen die Lage parallel zur Oberfläche das entscheidende Merkmal, und zwar haben wir hier zwei Hauptfälle voneinander zu sondern: 1. Assimilationszellen, welche parallel zur Blattoberfläche und senk- recht zur Blattlängsrichtung gestreckt sind, und 2. Assimilationszellen, welche parallel zur Blattoberfläche und parallel zur Blattlängsrichtung gestreckt sind. Als Beispiel für den ersten Typus diene Crocosmia aurea (Fig. 14). Die Assimilationszellen dieser Iridacee sind mehr oder weniger zylin- drisch oder in der Mitte etwas tonnenartig erweitert, bezw. an den Enden verjüngt; an den unteren und oberen Längsflächen haben sie sich gegenseitig abgeplattet, an den seitlichen Längsflächen, mit denen sie an die Interzellularspalten grenzen, sind sie mehr oder weniger bauchig vorgewölbt. Sie bilden einfache Zellschichten, welche sich senk- recht zur Blattoberfläche und senkrecht zur Blattlängsrichtung durch das ganze Mesophyll hindurchziehen und nur von den Leitbündeln und 22 Die Zellformen vereinzelten Idioblasten unterbrochen werden. Diese einzelnen lamellen- artigen Zellschichten liegen zueinander parallel und lassen zwischen sich mehr oder weniger breite Interzellularen frei. Die Schichten sind an den Stellen, an denen drei Zellen aneinander grenzen, von äußerst kleinen Interzellulargängen durchbrochen, so daß die großen Interzellular- räume zwischen je zwei Schichten untereinander in Verbindung stehen. Das Streckungsverhältnis beträgt bei diesen Zellen durchschnittlich etwa 4:1 bis 5:1. Fig. 14. Crocosmia aurea, Blattspreite, a Querschnitt, b Längsschnitt, c Tangential- schnitt von dem unter der Epidermis liegenden Assimilationsparenchym. (Nach A. Meyer 1915.) Weiterhin finden sich solche- Assimilationszellen z.B. bei Gladiolus floribundus (Streckungsverhältnis 7:1 bis 4 : 1), G. segetum, Q. imbri- catus, Iris germanica (Streckungsverhältnis 2,5 : 1 bis 1,5 : 1), Tritonia deusta (de Baey, 1877, S. 425: Habeela]st)T, 1882), Ginkgo biloba LOEBEL, 1899, S. 61). Bei anderen Arten bilden diese Zellen nicht das ganze Mesophyll, sondern liegen unter einer Palisadenschicht, dann meist in einem lockeren Geftige. Die Interzellularen, welche die einzelnen Schichten durchsetzen, sind größer, die Zellen selbst oft an den Enden kurz gegabelt oder an den Seiten mit schwachen an Nachbarzellen anstoßenden Yorwölbungen versehen (Iris aurea, I. halophila, Cycas circinalis, Ginkgo biloba). In ihrer äußeren Gestaltung erinnern die Zellen manchmal an Schwamm- parenchymzellen, so bei Taxus baccafa. Ein Beispiel für den zweiten Typus ist Sempervivum tectorum: In ihrer Gestalt gleichen die Assimilationszellen von Sempervivum tec- torum denen von Crocosmia, ein Unterscliied Hegt nur in der Lagerung parallel zur Blattlängsrichtung. Sie bilden gleich den entsprechenden Zellen im ersten T313US dichte, nur von kleinen Interzellularen unter- brochene Schichten, die unter sich und zur Blattlängsrichtung parallel, zur Blattoberfläche senkrecht liegen. Die einzelnen Schichten stehen unter sich in höchst lockerem Zusammenhang. Das Streckungsverhältnis beträgt bei Sempervivum tectorum nur 1,5 : 1 bis 2,5 : 1. Weitere Beispiele für diesen Typus liefern Galanthus nivalis, Leucojum vernum und aestivum, Zygadenus glaberrimus. Schließlich sei noch erwähnt, daß nach Loebel (1889) bei Lilium Martagou L., mehreren Funkia-Kvi^n, Veratrum album L., V. nigrum und Polygonatum latifolium parallel zur Oberfläche der Blätter gestreckte Assimilationszellen sowohl in Quer- wie in Längsrichtung vorkommen. Die Zellformen 23 6. Isodiametrische Assimilatioiiszellen Mehr oder weniger isodiametrische Assimilationszellen kommen in verschiedener Form und Lagerung vor, häufig von streng isodiametrischer Gestalt abweichend als Übergangsform zu irgend einem anderen Zell- typus, den Palisadenzellen, sonstigen gestreckten Assimilationszellen oder, auch zum Schwammparenchym. Annähernd kugelige Assimilationszellen besitzt z. B, Cassia angusti- folia in den mittleren Mesophyllschichten ; nur in der Nähe der Leitbündel sind diese Zellen in deren Richtung etwas gestreckt zu ellipsoider Gestalt (Aethür Meyer, 1891, EL, S. 233). Ähnliche Zellen kommen z. B. bei Sedum alhum vor (Arthur Meyer, 1915, S. 122), in den Hochblättern aus der Mitte des Blütenstandes von Delphinium dasyanthes (Kühlhorn, 1908), bei verschiedenen ^gfaven-Spezies (C. Müller, 1909), vielen Liüaceen (Schulze, 1893), bei Gräsern (nach Breymann, 1912, der über 100 mitteleuropäische Tieflandgräser untersuchte, besteht bei diesen das gesamte Chlorophyllparenchym aus solchen Zellen); überhaupt finden sich isodiametrische Assimilationszellen . ganz besonders oft bei Mono- kotyledonen. Der Chlorophyllgehalt dieser isodiametrischen Assimilationszellen ist im allgemeinen ziemlich gering, kann jedoch auch groß sein, z. B. im Blatt von Opuntia subulata enthalten die Zellen bis über 100 Chloro- plasten; bilden die Zellen ein mehrschichtiges Gewebe, so sind die innersten Zellen meist größer als die äußeren, besitzen aber außerdem weniger Chloroplasten, teils infolge der ungünstigeren Lichtverhältnisse, teils infolge der Übernahme der Funktion des Wasserspeicherns. Die Interzellularen sind für gewöhnlich groß, da die Zellen dieser Gewebe nur selten stark abgeplattet sind. Einen ganz andersartigen Typus von isodiametrischen Assimilations- zellen besitzen einige Wasserpflanzen, deren Blätter oder Blattstiele infolge der Bildung großer lufthaltiger Interzellularräume zu Schwimm- organen geworden sind. Die Zellen sind von der Fläche, d. h. von einer der beiden angrenzenden großen Lakunen aus gesehen pol3'gonal, meist sechseckig, die beiden an die Interzellularlakunen grenzenden Flächen sind schwach vorgewölbt. Die Zellen bilden große zusammen- hängende Flächen, welche weite, annähernd isodiametrische Lakunen zwischen sich lassen. Diese Lakunen nehmen von außen nach innen an Größe zu. Sie stehen untereinander in Verbindung vermittels kleiner dreieckiger Interzellularkanälchen, die überall dort, wo drei Zellen zu- sammenstoßen, vorhanden sind. Der Chlorophyllgehalt der Zellen nimmt von außen nach innen liin ab. Nur die äußeren Zellen sind daher als typische Assimilationszellen anzusehen, während die inneren mehr als Wasserspeicher und als interzellularenbildendes Füllgewebe in Betracht kommen, z. T. sogar ohne Chloroplasten sind. Ein charakteristisches Beispiel für diesen Typus bilden die Zellen in dem knollenartig ver- dickten unteren Teile- der Blattstiele von Eichhornia. 7. Tafelförmige Conifereii-Assimilationszelleii mit Membranfalten An die polygonal-tafelförmigen Assimilationszellen der Eichhornia- Blattpolster können wir diejenigen gewisser Coniferen, der Pinus-Arten, anschließen. Diese Assirailationszellen von Pimis bilden einfache zur 1 24 Die Zellformen Blattlängsrichtung quergestellte Schichten, die nur von äußerst feinen Interzellularen durchsetzt sind^), beiderseits aber an große flächenhaft ausgedehnte Interzellularen grenzen; insofern gleichen sie also den Assimüationszellen von Eichhornia. Der wesentliche Unterschied, durch den sie zu einem besonderen Tj^pus werden, liegt in dem Vorhandensein von tief in die Zellen hineinragenden Membranfalten. In den zu äußerst liegenden Zellen sind die Falten gewöhnlich auf die Außen- und Innen- wand verteilt und senkrecht zur Blattoberfläche gestellt; weiter innen treten sie auf allen Wänden, die an Nachbarzellen grenzen, auf und haben zu den Membranen, denen sie aufsitzen, mehr oder weniger senk- rechte, im Raum somit beliebige Richtung. Der endgültige Bau der Falten kann verschieden sein: Entweder erscheinen die Falten homogen, so daß sie auch als Verdickungsleisten angesehen werden können (Fig. 15 a), oder sie lassen ihre beiden zu- sammenhängenden, manchmal durch einen schmalen Z\\ischenraum getrennten Hälften * b c erkennen (Fig. 15 b), oder sie erscheinen als Fig. 15. a Assimilationszellen, hohe schmale Waudverdickungen, denen zu b Eine zu einer Öse erweiterte oberst eine Öse aufsitzt (Fig. 15 c); auf der Membranfalte, c Eine Ose, Qg^ findet sich überdies zuweilen noch eine welche einer weit vorspringen- i -v i, i i, i\t u j- ^ den Leiste aufsitzt. Aus dem deuthch erkennbare Membranverdickung. Blatt von Pinus longifolio. Mit Ausnahme der unter den Spalt- (Nach Reinhardt 1905.) Öffnungen liegenden Falten werden nach Relnhardt (1905), der die Membranen von Pinus silvesiris, P. austriaca, P. longifolia und P. Pinea genauer unter- suchte, alle Falten als Leisten angelegt. Diese Anlagen sind manchmal kurze, knopfförmige Bildungen, meist aber deutliche, weit ins Zellinnere vorragende Leisten. Ihre Bildung muß sehr schnell vor sich gehen, sobald die Zellen eine gewisse Größe erreicht haben. Zuerst kann man, sobald das Plasma vakuolig geworden ist, eine Anzahl Plasmalamellen beobachten, die vom Kern aus nach den Seitenwänden verlaufen; in diesen Plasmalamellen treten so rasch, daß eine Beobachtung des Vor- ganges noch nicht geglückt ist, Zelluloseleisten von bedeutender Höhe (bis 5 ^) auf. Bei der weiteren Entwicklung sind verschiedene Vorgänge beobachtet: 1. Die Anlagen bleiben unverändert, 2. sie wachsen einfach als Leisten in die Länge und können dann bis zu 45 ^ in das Zellumen hineinragen, so z. B. bei Pinus longifolia, 3. sie differenzieren sich in zwei Lamellen, die streng parallel nebeneinander liegen und gewissermaßen eine ideale Falte bilden (auch hier ist der Entwicklungsvorgang bisher nicht beobachtet), 4. die differenzierten zwei Lamellen trennen sich und bilden eine wirkliche Falte, 5. bei einigen trennen sich die beiden Lamellen nur an einem und zwar dem äußersten, am weitesten in das Zellinnere vorragenden Teile voneinander und bilden hier eine kopfartige Schleife, eine Öse. Nur in der Nähe der Atemöffnungen sind diese Interzellularen etwas weiter. Die Zellformen 25 Angrenzend an die Atemhöhlen werden die Falten jedoch direkt als solche angelegt. Die Aufgaben dieser Falten sind je nach ihrer Ausgestaltung verschiedene: 1. Interzellularenbildung (nur in Einzelfällen), 2. mecha- 'nische Wirkung und 3. Oberflächen Vergrößerung zugunsten der Chloro- plasten (abgesehen von ganz niedrigen Leisten). 8. Die Assimilations-Epidermiszellen^) In den typischen Epidermiszellen — ich betrachte als solche die- jenigen Oberhautzellen der Achsen und Blätter, deren Außenwand (oft relativ stark) verdickt und von einer aus Eutin bestehenden Kutikula überzogen ist — kommen bei vielen Phanerogamen , besonders bei Schattenpflanzen auf der Blattunterseite und zuweilen sogar auf der Blattoberseite Chloroplasten vor. Bei der Assimilation in diesen Zellen handelt es sich aber ganz offenbar nur um eine Nebenfunktion; die betreffenden Zellen können infolge der relativ geringen Zahl ihrer Chloro- plasten im Vergleich zu den eigentlichen Assimilationsgeweben der be- treffenden Organe nur verschwindend wenig assimilieren und zeigen überdies auch in ihrem Bau keinerlei Eigenschaften, welche die Funktion der Assimilation begünstigen. Anders liegen die Verhältnisse dort, wo der Chlorophyllgehalt so groß ist, daß die Epidermiszellen einen wesentlichen Teil der Assimilate liefern. Solche Zellen, bei denen also die Assimilation zu einer wichtigen Funktion geworden ist, sollen hier als Assimilations-Epidermis- z eilen beschrieben werden. Bisher waren die hierher gehörigen Zellen in Anlehnung an Haberlandt (1882, S. 170 ff.) entweder zu den Epidermiszellen oder zu einem Typus der AssimilatioDSzellen gestellt. Geleitet vod dem Grundgedanken, daß jede Zelle nur eine Hauptfunktion versehe, daß von zwei gleichzeitigen Funktionen also die eine nur Nebenfunktion sei, unterscheidet HABERRAisrDT zwischen assimilierenden Epidermiszellen und an der Organoberfläche liegenden Assimilationszellen. Um diese Unter- scheidung durchführen zu können, ist in jedem Einzelfalle natürlich er- forderlich, festzustellen, was die Hauptfunktion der Zelle ist. Mag auch im allgemeinen der Haberlandt sehe Grundgedanke berechtigt sein, so scheinen mir aber doch in dem Fall, wo die Funktionen der Epidermis und die der Assimilationszellen nebeneinander auftreten, die Verhältnisse anders zu liegen: Die Hauptcharaktere der t}T)ischen Epidermiszellen sind — wie gesagt — die verdickte Außenwandung und die Kutikula; die Gestalt der Zellen und ihr Inhalt werden von der Hauptfunktion nicht beein- flußt; infolgedessen besitzen die Epidermiszellen für gewöhnlich die- jenige Gestalt, die sich aus ihrer Entwicklung aus mehr oder weniger isodiametrischen Meristemzellen ohne weiteres ergibt: sie sind niedrig zylindrisch bis plattenförmig, ihre Wandungen zeigen — abgesehen von ^) Nach der vom Herausgeber getroffenen Abgrenzung der Gewebesysteme ge- hören die Assimilations-Epidermiszellen natürlich nicht zum „trophischen Parenchym" ; er sieht in diesen Zellen nur Epidermiszellen, ein Hautgewebe, das sich mehr oder weniger nach einer Richtung spezialisierte (vgl. Vorwort zum II. Teil „Histologie"). Der Herausgeber. 26 Die Zellformen den für die Hauptfunktion wichtigen Eigenschaften der Außenwand — keinerlei Besonderheiten, wie Verdickungen, Falten oder ähnliches. Nebenfunktionen können die Form der Zellen und die Ausgestaltung der Membranen jedoch leicht und stark beeinflussen, da die Haupt- funktion hierbei nicht im Wege steht. Die Hauptcharaktere der Assimüationszellen sind ein gut ent- mckelter ChloropM'llapparat und gewisse gestaltliche Eigenschaften der Zellen, welche die Assimilation, den Gasaustausch und die Ableitung der Assimilate begünstigen. Demnach ist eine Kollision zwischen den Hauptcharakteren der Epidermiszellen und denen der Assimilationszellen nicht möglich. Die Beispiele von Assimilations-Epidermiszellen zeigen, wie ver- schieden stark die Funktion der Assimilation dort, wo sie in epidermalen Zellen eine Hauptfunktion geworden ist, den Bau der Zellen beeinflußt hat. Selbstverständlich ist es schwer, hier eine Grenze zwischen assi- milierenden Epidermiszellen (Assimilation ist Nebenfunktion) und Assi- milations-Epidermiszellen (Assimilation und Schutz sind mehr oder weniger gleichwertige Funktionen) zu ziehen. Auf der Grenze stehen z. B. die (Assimilations-) Epidermiszellen im Wedel von Pteris elegans: Die Spreite besteht einschließlich der beiden Epidermen aus nur 5 Zellschichten. Die Epidermiszellen ent- halten nach Habeblandt (1882, S. 170) ebensoviel Chlorophyll wie die Mesoph3'llzellen , so daß sie also einen beträchtlichen Anteil an der Assimilation haben. Ihre Gestalt ist tafelförmig mit seitlichen tiefen Einbuchtungen („Verzahnung"); daß keine Abweichungen von dieser bei Epidermiszellen sehr häufigen Form zugunsten der Assimilationstätigkeit vorliegen, nimmt nicht wunder, da auch die Mesophyllzellen tafelförmig sind. — Ähnliche (Assimilations-) Epidermiszellen besitzen auch andere Farne. Assimilations-Epidermiszellen, bei denen gegenüber den anderen Blattgeweben die Assimilation noch mehr in den Vordergrund tritt, wo Mar ihr also bestimmt den Charakter einer Hauptfunktion zusprechen dürfen, besitzen eine Reihe von untergetauchten Wasserpflanzen (Schenck ' 1886). Allen Beispielen, die im folgenden genannt werden, ist die Er- scheinung gemeinsam, daß die Hauptmasse der Chloroplasten in der Epidermis enthalten ist; ferner sind die Seitenwandungeu der Zellen dünn und gerade und die Kutikula, wie auch sonst bei Wasserpflanzen, nur schwach entwickelt; dagegen ist die Gestalt der Zellen sehr ver- schiedenartig. Bei den Wasserformen von Mijriophyllum und bei Zostera sind die Assimilations-Epidermiszellen klein und kubisch, bei Ranunculus divaricatus isodiametrisch pol3'gonal, ähnlich (quadratisch bis polygonal) bei Potamogeton pedinatus, bei Utricularia minor, U. vulgaris lang ge- streckt polygonal, bei CeratophyUum demersum quer gestreckt polygonal, überdies nur niedrig, bei Alisma plantago schwach längs gestreckt, aber verhältnismäßig hoch (im Querschnitt quadratisch). Ahnliche'Assimilations-Epidermiszellen finden sich auch bei manchen anderen Wasserpflanzen, so bei Ranunculus fluitans, Aldrovandia vesi- culosa im Blattstiel, der infolge der Metamorphose der Spreite zu Fang- organen zum Assimilationsorgane geworden ist, ferner bei ZanicheUia palustris, Alisma natans. Tsoetes lacustris. Die Zellformeu 27 Durch besonders überwiegenden Chloroplastengehalt in den Epi- dermiszellen zeichnen sich Vallisneria spiralis und Zostera marina aus, von denen die letzte in ihren inneren Geweben fast chlorophyllfrei ist. Somit liegt bei Zostera der Fall vor, daß die Epidermis fast ausschließlich das einzige assimilierende Gewebe ist, so daß der Assimilation in ihren Zellen der Charakter einer Hauptfunktion unbedingt nicht abgesprochen werden kann. Der extreme Zustand, daß die Epidermiszellen wirklich die einzige Assimilation zu leisten haben, liegt schließlich da vor, wo das ganze Blattgewebe nur aus zwei Epidermen besteht, so bei Helodea und Hydrilla. Helodea canadensis z. B. besitzt eine äußerst dünne Spreite, welche abgesehen von der unmittelbaren Umgebung des Leit- bündels nur aus zwei Epidermen besteht; die Zellen sind langgestreckt rechteckig. Fig. 16. Querschnitt darcli ein Blatt von Elodea canadensis; An- ordnung der Chloroplasten bei diffusem Licht. (Nach Stahl 18801.) ii Fig. 17. Kutikularschicht in der Außenwand der Assi- milatious-Epidermiszellen von Dedynochlaena sinuosa. (Nach Haberlandt 1882.) Zum Schluß sei nochmals betont, daß diese Zellen der genannten Wasserpflanzen mit einer zarten, eben den Verhältnissen im Wasser entsprechend dünn ausgebildeten Kutikula überzogen sind, ihren Cha- rakter als Epidermiszellen also keineswegs verloren haben. Helodea canadensis möchte ich, da in ihr Schutz und Assimilation vollkommen friedlich nebeneinander in den gleichen Zellen als Hauptfunktionen be- stehen, ohne daß die eine die Zelle zu Ungunsten der anderen beeinflußt, als ideales Beispiel für die Assimilations -Epidermiszellen hinstellen (Fig. 16). In anderen Fällen sind die Zellen in ihrer Gestalt der Funktion der Assimilation derart angepaßt, daß sie — abgesehen von den Epidermischaraktereu der Außenwandung — vollkommen gewdssen Typen der Assimilationszellen gleichen. Bei Dedynochlaena sinuosa sind nach Haberlandt (1882, S. 171) die Assimilations-Epidermiszellen (auf der Blattoberseite) nach Art der Armpalisadenzellen ausgebildet; sie sind annähernd so breit wie hoch, und in jede Zelle ragt eine Membranfalte von 0,5 — 0,7 der Zellhöhe von unten empor; dazwischen finden sich palisadenförmige Zellen vom Streckungsverhältnis 2,5 : 1 bis 3:1. Nach dem Rande der Spreite zu gehen die Assimilations-Epidermiszellen all- mählich in gewöhnliche Epidermiszellen über. Unter der Kutikula tritt — wie Haberlandt besonders hervorhebt — eine wohlausgebildete Kutikularschicht auf, welche sich gegen die nicht kutikularisierte Membran scharf abgrenzt und über den Seitenwandungen der Zellen leistenförmig nach innen vorspringt (Fig. 17). Die Zellen vereinigen also in sich die typischen Eigenschaften der Epidermis und der Armpalisadenzellen, ohne daß diese sich gegenseitig stören. 28 Die Zellformen In ähnlicher Weise sind die Assimilations-Epidermiszellen von Adiantum trapeziforme ausgestaltet (Fig. 18); die Falten sind zwar nicht so hoch, einzelne Zellen neigen zur Trichterform. Bei Adiantum capiUus veneris sind die Assimilations-Epidermiszellen parallel zu den Leitbündeln gestreckt und tragen auf der Unterseite 2 — 6 trichterförmige Fortsätze. In der Oberflächenansicht erscheinen die Zellen wellig umgrenzt, die Wellenberge liegen über den trichterförmigen Fortsätzen. Ihrer Gestalt nach typische Trichterzellen sind die schon im Abschnitt „Trichter- zeUen'' beschriebenen Assimilations-Epidermiszellen der Selaginellen (Fig. 19). Fig. 18. Assimilation s - Epidermis- zellen von Adiantum trapezi forme. (Nach Haberlaxdt 1918.) Fig. 19. Trichterförmige Assimilations-Epi- dermiszellen. a von Selaginella Martensii mit einem einzigen muldenförmigen Chloroplasten; b von Selaginella caesia mit je zwei Chloror plasten. (Nach HaberlaNDT 1918.) 9. Die Schwamuipareiiclij mzellen Unter dem Namen „Schwamniparenchymzellen" fassen wir aUe jene chlorophyllhaltigen Zellen zusammen, welche infolge ihrer Gestalt und Anordnung ein schwammartig lockeres Gewebe bilden. Ihre Gestalt kann recht mannigfach sein. Es finden sich wohl aUe überhaupt möglichen Übergänge zwischen fast isodiametrischen und allseitig strahlig verzweigten Zellen. Die einfachsten Formen sind an- nähernd isodiametrische ovale Zellen, welche infolge ihrer starken Ab- rundung weite Interzellularen zwischen sich lassen und somit schwamm- parenchymatischen Charakter angenommen haben. (Zum Teil erinnern sie in gewisser Weise an die backsteinförmigen, parallel zur Blattober- fläche gestreckten Assimilations-Epidermiszellen, wie sie bei Helodea vorkommen, ohne jedoch ein solch festes Gefüge zu bilden wie jene.) Beispiele: Arctostaphylus uva ursi (AethüR Meyee, 1891, S. 221), Salix pyrifolia, canariensis, humilis, aurita u. a. (Gärtner, 1907). Bei den nächsten Typen der Schwammparenchymzellen handelt es sich um gestreckte Zeilen, und zwar kann zunächst die Streckungs- richtung mit der der Palisadenzellen übereinstimmen; der lockere Zu- sammenhang der sich nur an einzelnen Stellen berührenden Zellen wird durch kurze seitliche Arme hergestellt oder die Zellen und die Inter- zellularen sind „schachbrettartig" angeordnet, d. h. so, daß jede Zelle an ihrem unteren oder oberen Ende im Querschnittsbild an je zwei, in Wirklichkeit aber im Raum an je 3—4 Zellen der nächsten Schicht mit kleiner abgeschrägter Eckfläche angrenzt. Die Zellformen 29 Beispiel: Malva silvestris (Arthur IVIeyer, 1891, II, S. 184, 206). Bei der „schachbrettartigen" Anordnung: sind die Zellen oft an den Enden schenkelknochenartig- verdickt, so z. B. bei der Convolvulacee Cardiochlamys (Hallier, 1893, S. 497). Häufiger sind die vSchwammparenchymzellen , deren Streckungs- richtung mehr oder weniger parallel zur Blattoberfläche liegt; die Größenverhältnisse der nach den ver- schiedenen Richtungen hin sich er- streckenden Arme sind dabei sehr mannigfach. Allerseits gleichmäßig lange Arme kommen bei den sog. ,,ge- spreiztarmigen" Schwammparenchym- zellen vor, z. B. bei Psychotria Ipeca- cuanha (Arthur Meyer, 1891, 11, Seite 183 f.), gewissen Ericaceen der Gattung Pernettya (Niedenzü, 1890, S. 163, 188 ff.), Helianthus ttiberosus, Silphium integrifolium und anderen Heliantheen (Ad. Müller, 1912, S. 42) und mit besonders langen Armen bei Juglans regia. Oft sind die nach verschiedeneu Richtungen ausgestreckten Arme der ZeUen verschieden lang, und zwar sind dann meist die vertikal stehenden Arme sehr kurz, die horizontal aus- laufenden Arme länger („flacharmige" Schwammparenchvmzelleu). Die Inter- zellularen sind entsprechend enger als J^^\ ^0. Teil eines Querschnittes , . - . ^ ^ . r-j ^^ durcfa Qas Blatt von Jiicus elasnca. bei den gespreiZtarmigen Zellen. (Damit die räumlichen Verhältnisse Beispiele: Melissa officinalis, Dri- zum Ausdruck gebracht werden konn- mys Winteri (Arthur IVIeYER, 1891, II, ten, sind die in dem relativ dicken S. 183f., 214), gewisse Ericaceen, so Schnitt am höchsten liegenden Zellen ^ ,,, '. 1 1 T-, ,, die unverdeckten ralisadenzellen und Gaultheria und manche Pernettya- ein Teil des Schwammparencbyms, am Spezies (NiEDENZU, 1890, S. 188 ff.), dunkelsten und die tieferen Zellen je Acer platanoides (HaBERLAKDT, 1882, nach ihrer Lage mehr oder weniger Q 143") hell gezeichnet. Einzelne im Bilde frei Jt\ ■, TT 4-A 1 oder verdeckt endigende Schwamm- ^eDen den Maupttypen der parenchymzellen sind zu betrachten Schwammparenchymzellen finden sich als im Zusammenhang stehend mit selbstverständlich nach Lagerung und Zellen über oder unter dem gezeich- Gestaltung der Zellen die mannig- °^*^° Schnitt.) fachsten Zwischenformen, oft sogar sehr verschiedene im gleichen Ge- webe; denn gerade das Schwammparenchym ist nur selten homogen ausgebildet, zumeist ändert sich — soweit hier überhaupt von Schichten zu sprechen ist — Lage und Gestalt der einzelnen Zellen von Schicht zu Schicht. Vor allem bei dem sog, „bifacialen" Typus des Blattbaues (Oberseite Paüsadenparenchym, Unterseite Schwammparenchym) kommen Übergänge von einem Gewebe zum anderen vor, dergestalt daß die innerste Paüsadenzellschicht, sofern überhaupt mehrere vorhanden sind, sich auflockert und sog. ,, Sammelzellen" bildet (s. S. 15) und daß auf 3Q Die Zellformen diese zunächst Schwammparenchymzellen folgen, die mehr oder weniger senkrecht zur Blattoberfläche gerichtet sind, während weiter innen ge- spreiztarmige oder flacharmige Schwammparenchymzellen von mehr oder weniger querer Richtung folgen. In solcher Weise unterscheiden sich überhaupt im allgemeinen die innersten Schwammparenchymzellen von den äußeren, besonders auch an der Grenze gegen Epidermen, wo die Schwammparenchymzellen für gewöhnlich kurzarmig sind und infolge- dessen näher aneinander liegen. Die Interzellularen sind demgemäß außen oft wesentlich enger als iu der Mitte des Gewebes. Auch die Richtung der Schwammparench3'mzellen der gleichen Schicht ein und desselben Blattes ist nicht überall dieselbe. Die Zellen des Schwamm- parenchyms der von Paulma]S'X (1905, S. 250) untersuchten Spezies zeigen z. B. zur Blattspitze hin fortschreitend das Bestreben, aus ihrer ursprünglich mit der Blattfläche parallel verlaufenden Streckung eine mehr zur Blattoberfläche senkrecht gerichtete Orientierung ein- zunehmen. Schließlich kann auch die Dicke der Zellmembranen in den einzelnen Schichten verschieden sein. Homogenes Schwammparenchym, das derartige Differen- zierungen nicht zeigt und dessen Interzellularen fast gleichmäßig groß sind, besitzt nach Aethue Meyee (1891, II, S. 186) z. B. Oxalis acetosella. Der Protoplast der Schwammparenchymzellen enthält stets eine größere Anzahl von Chloroplasten, jedoch sind diese nicht so zahlreich wie in den Palisadenzellen, sofern solche in dem gleichen Mesophyll vorkommen. Nach Habeelaxdt (1882, S. 92), der eine größere Anzahl von Pflanzen daraufhin untersucht hat, enthält in bifacialen Blättern das Palisadenparenchym mindestens doppelt so viel Chloroplasten wie das Schwammparenchym, meist aber 3 — 4 mal und im Maximum sogar 6 mal so viel. Habeelandt macht folgende Angaben über die Anzahl der Chloroplasten, ausgedrückt in Prozenten der Gesamtmenge: Palisaden- Schwamm- gewebe parenchym Fragaria elatior . . Pulnionarm officinalis Ricinus communis Brassica rapa . . . Galeopsis tetrahit . Tropaeolinn majus Helianthus annuus . Phaseolus muUifiorus Bellis perennis . . Die Lagerung der Chloroplasten ist sehr verschiedenartig und zwar abhängig von der Gestalt der Zellen, von der relativen Größe der Chloroplasten und von äußeren Faktoren, insbesondere den Lichtverhält- nissen. Beispielsweise fand Stahl (1880, I) in den sternförmig ver- zweigten flacharmigen Schwammparenchymzellen von Oxalis acetosella mit relativ großen und für intensives Licht hochempfindlichen Chloro- plasten folgende Verhältnisse: 86 14 85 15 82 18 80 20 79 21 77 23 73 27 69 31 67 33 Die Zellformen 31 1. in beschatteten Blättern sind sämtliche Chloroplasten ungefähr gleichmäßig auf die der Blattfläche parallelen Wände verteilt (Fig. 21a), 2. nach nicht zu langer Insolation sind die Chloroplasten auf die zur Blattfläche senkrechten Wandpartien hinübergewandert (Fig. 21b), und 3. nach einstündiger oder längerer direkter Sonnenbeleuchtung liegen die Chloroplasten zu Klumpen vereinigt an den zwei benachbarten Stern- zellen gemeinsamen Wandungen (Fig. 21c). ^andererseits beobachtete Senn (1908, S. 88 ff.) z. B. au Phaseolus vulgaris, dessen Schwammparenchymzellen die Gestalt einer in der Mitte am dicksten nach dem Rande zu allmählich immer dünner werdenden, sternförmigen Scheibe mit niedrigen Kanten besitzen, in diffusem Licht (von mittlerer Intensität) „stets streng zweiseitige Anordnung der Chro- mat ophoren auf Ober- und Unterseite der Zellen''. Dagegen bilden die Fig. 21. Schwammparenchymzellen aus der untersten Mesophyllschicht von Oxalis aceiosella. a Flächenstellung der Chloroplasten bei diffusem Licht, b Profilstellung der Chloroplasten nach kurzer Insolation, c Chloroplastenverteilung nach anhaltender Insolation. (Nach St.\hl 18801.) Chloroplasten in intensivem Licht einen dichten Belag an den Flanken der Zellen, und in schwachem Licht oder Dunkelheit rücken sie inner- halb einer geraumen Zeit (bei Phaseolus „oft schon in drei Tagen") an die Fugenwände. Im großen und ganzen ähnliche Verhältnisse fand Senn auch bei einigen anderen von ihm untersuchten Pflanzen. Die Interzellularen im Schwammparenchym sind entsprechend der Gestalt der Zellen sehr groß, ganz besonders zwischen gespreizt- armigen Zellen, wo sie oft die Zellen um ein Vielfaches ihres Volumens übertreffen können. (Man vergleiche hierzu die Abbildung vom Mesophyll von Ficus elastica [Fig. 20] unter Berücksichtigung der Tatsache, daß sich wegen der nur zweidimensionalen Ausdehnung des Querschnittbildes noch nicht das wirkliche Größenverhältnis zwischen Schwammparenchym- und Interzellularen ohne weiteres erkennen läßt.) Die physiologischen Funktionen des Schwammparenchyms. Im Gegensatz zu den übrigen ., Assimilationsgeweben" kommt dem Schwammparenchym nicht nur die Funktion der Assimilation zu. Zwar sind die Schwammparenchymzellen infolge ihres Chlorophyllgehaltes auch fähig zu assimilieren; da aber die Zahl der Chloroplasten relativ klein ist und da wegen der Lage des Schwammparenchyms auf der Blattunter- seite (beziehungsweise auf der beschatteten Seite) der Lichtgenuß der Chloroplasten gering ist, so ist das Schwammparenchym selbstverständlich 100 100 72 64 118,5 129 124,5 122 32 Die Zellformen nur ein Assimilationsgewebe zweiten Ranges. Die angenäherte Pro- portionalität zwischen der Assiuiilationsenergie und der Chloroplastenzahl geht z. B. aus den Versuchen von Weber (1879) hervor, der Pflanzen mit verschieden großem Chlorophyllgehalt verglich. Haberlamdt hat zu den WEBERschen Werten für die spezifische Assimilationsenergie die relative Zahl der Chloroplasten bestimmt und folgende Werte gefunden: Spezifische ^ ^^^ Assimilations- cWoroplasten energie ^ Tropaeolum majus Phaseolus multiflorus Ricinus communis Helianthus annuus Die geringen Abweichungen von der vollkommenen Proportionalität führt er auf die Größenuntersehiede der Chloroplasten zurück. (Nur die Chloroplasten von Helianthus annuus besitzen die gleiche Größe wie die von Tropaeolum majus.) Überdies werden natürlich auch der ana- tomische Bau und die Lichtverhältnisse, unter denen sich die Schwamm- parenchymzellen bei den verschiedenen Pflanzen befinden, von Einfluß sein. Des weiteren ist das Schwammparenchym dasjenige Gewebe, das vorzugsweise zur Transpiration dient. Daß es dazu ganz be- sonders geeignet ist, geht ohne weiteres daraus hervor, daß seine Zellen im Gegensatz zu den anderen Assimilationszellen (die nur schmale Streifen freier, d. h. an Interzellularen grenzender Oberfläche besitzen) mit dem bei weitem größten Teil ihrer Oberfläche an Interzellularen grenzen. Gleichzeitig ist natürlich auch der Gasaustausch erleichtert. Eine dritte Hauptleistung, die den Schwammparenchymzellen obliegt, ist die Ableitung der Assimilate aus den benachbarten Assimilations- zellen, meist aus Palisadenzellen. Dieser Funktion entsprechend sind die Schwammparenchymzellen ausschließlich oder vorzugsweise in der Richtung nach den Leitbündeln hin gestreckt. Schließlich kommt indirekt dem Schwammparenchym auch die\ Funktion der Durchlüftung zu, indirekt, weil ja nur die durch die Gestalt der Schwammparenchymzellen bedingten weiten Interzellularen der Durchlüftung dienen. Im Zusammenhang hiermit steht das fast regelmäßige Auftreten von inneren Atem höhlen im Schwammparenchym. Es sind dies Er- weiterungen des Interzellularsystemes , welche sich unter den Spalt- öffnungen befinden. Ist das Schwammparenchym locker gebaut (bes. gespreiztarmig), so sind die Atemhöhlen nicht besonders stark aus- geprägt; besteht das Schwammparenchym dagegen aus kurzarmigen oder ovalen bis isodiametrisch runden Zellen, so weichen diese unter den Spaltöffnungen derart auseinander, daß ein mehr oder weniger halb- kugeliger Luftraum entsteht, von dem aus schmale Gänge zu dem Interzellularsystem der betreffenden Gewebe führen. Sind schließlich die Schwammparenchymzellen, wie etwa bei Tussi- lago farfara, zu Schichten angeordnet, welche große Luftkammern mehr oder weniger gegeneinander abgrenzen, so sind diese Interzellular- kammern zugleich innere Atemhöhlen, da auf ihrer Außenseite in der Epidermis eine Spaltöffnung vorhanden ist. Die Zellformen 33 10. Hyplieiiartige Assimilatioiiszellen Anhang:sweise seien noch die das Schwammparenchym bildenden hyphenartigen, zuweilen miteinander verwobenen Zellen oder Zellreihen erwähnt, die von Solereder (1908) bei den Rhamnaceeu Reynosia, Sarcomphalus (S. 100), den Campanulaceen Lightfootia cüiata, fasciculata, rubioides (S. 193) und den Moraceen Artocarpus Sect. Jaca und Ficus Sect, ürostigma (S. 298) angegeben werden. 11. Die Entwicklungsgescliichte der Assimilationszelleu Die in den vorigen Abschnitten beschriebenen Arten von Assi- milationszellen können, wie es zum Teil schon aus ihrer verschieden- artigen Lage zu ersehen ist, aus verschiedenen meristematischen Geweben hervorgehen. Zunächst bei den Assimilations-Epidermiszellen ist es ohne weiteres klar, daß sie sich aus der jugendlichen Epidermis, dem „Dermatogen" Haj^steins, entwickeln. In allen übrigen Fällen läßt sich das Assi- milationsgewebe aus dem „Periblem", dem Initialgewebe der Rinde, und zwar aus dessen äußersten Schichten herleiten, da ja diese allein unter dem Epiblem an der Bildung der Blattanlage beteiligt sind. (Ich verweise auf den diesbezüglichen Abschnitt im -Bande über das Laubblatt.) Im einzelnen kann jedoch die Entstehung der Assimilationszellen noch verschieden verlaufen. Für gewöhnlich entwickeln sich die Assi- milationszellen direkt aus dem meristematischen Blatt- bezw. Achsen- gewebe, also unmittelbar aus einem Urmeristem. Daneben scheint von Haberlandt (1879, S. 79) in einem Falle die Entstehung von Assimilationszellen aus einem vom Urmeristem sich ableitenden, längere Zeit meristematisch bleibenden Strange prosenchymatischer Zellen \), also aus einem „primären Meristeme" beobachtet worden zu sein: Bei Cyperus pannonicus liegen unter der Epidermis der Achse kleine Leitbündel, welche von einer doppelten Chlorophyllscheide um- geben sind, wie sie für, die Cyperaceen charakteristisch ist; auf der Außenseite ist dieser Chlorophyllscheide ein Skleren chymstrang vor- gelagert. Leitbündel, Sklerenchymstrang und die dazwischen liegenden Parenchymzellen haben sich hier aus einem einheitlich angelegten Procambiumbündel entwickelt. Die ersten Differenzierungen, welche in dem Bündel stattfinden, bestehen nach Haberlandts Untersuchungen in der radialen Streckung derjenigen Zellreihe, aus welcher später die Zellen der äußeren Chlorophyllscheide entstehen; fast gleichzeitig ver- größern sich auch jene Zellen des Procambiums, welche die innere Chlorophyllscheide liefern. Die auf der Innenseite und den Flanken der äußeren Chlorophyllscheide liegenden Zellen entwickeln sich dagegen aus dem Grundgewebe, stammen also direkt vom Urmeristem ab. Auch die Differenzierung der Assimilationszellen vollzieht sich in verschiedenster Weise (Haberlaisidt 1882): Die meristematischen Zellen sind mehr oder weniger kubisch; auch die Mutterzellen der Palisaden- zellen zeigen diese Gestalt, ihr Streckungsverhältnis beträgt 1:1 bis *) Nach der damaligen Nomenklatur (HaberlaNDT 1879) als „Cambium", jetzt (Haberlandt 1918) als „Procambium" bezeichnet. Handbuch der Pflanzenanatomie, I, 2 B 3 34 Die Zellformen 1,0 : 1; nur selten sind die Zellen schon in meristematischem Zustande zur Oberfläche parallel g'estreckt (Mutterzellen von Schwammparenchyni- zellen, Armpalisadenzellen usw.). Die Ausgfestaltung der Palisadenzellen wird durch rasch aufeinander folgende Teilungen mit Anlage von Radialwänden (senkrecht zur Organ- oberfläche) eingeleitet; das Streckungsverhältnis nimmt dabei natur- gemäß zu, freilich infolge des nicht allseitig gleichmäßigen Wachstums des Gewebes nicht in dem der Zahl der Zellteilungen entsprechenden Maße. Die endgültige Form (mit dem definitiven Streckungsverhältnisse) nehmen die Zellen erst nach Beendigung der Teilungen an. Die Entwicklung von Armparenchymzellen beginnt in gleicher Weise. Z. B. bei Samhucus nigra teilen sich die Mutterzellen, die zuerst breiter als hoch sind, mehrfach durch radiale Wände, so daß die Tochter- zellen bis zum Streckungsverhältnis 2 : 1 senkrecht zur Blattoberfläche gestreckt erscheinen. Beim weiteren Wachstum verbreitern sich die Zellen wieder (Streckungsverhältnis 1:1 bis 1 : 1,5), und dann werden die Membraufalten angelegt und damit die Zellarmbildung begonnen. Bei Schwammparenchym-, Trichter- und ähnlichen Zellen beginnt die Differenzierung mit dem Auftreten kleiner Interzellularräume; etwas später erfolgen Zellteilungen, und es beginnt die Ausgestaltung der Zellen (Längsstreckung, Vorwölbungen, Verzweigungen). Der Zeitpunkt des Anfangs und die Art der ersten Differenzierung der einzelnen Gewebe ist je nach der Spezies verschieden. Beispiels- weise bei Ficus elasiica ist das erste Zeichen der Differenzierung das Auftreten kleiner Interzellularen zwischen den Schwammparench}^!- mutterzellen, bei Caragana frufescens gehen den ersten Interzellular- bildungen Zellteilungen voraus. Weitere Verschiedenheiten ergeben sich bei der Berücksichtigung der Entwicklung der übrigen Blattgewebe (Epidermis, Hj-podermis, Leitbündel). Da diese Verhältnisse aber nur zusammenhängend dargestellt werden können, verweise ich auf das Kapitel über die Entwicklungsgeschichte im Bande über das Laubblatt. 12. Sekundäre Veränderung von Assimilationsgeweben ZiMMEBMAXN (1922, S. 12) berichtet: „In älteren Stengeln finden innerhalb des Assimilationsgewebes bei manchen Arten (seil. Cucurbita- ceen) zahli^eiche Zellteilungen statt, durch die die Dicke derselben be- deutend vergrößert wird. So kann man an älteren Internodien von Cucurbita moschata beobachten, daß die außerhalb der durch Sprengung des Bastringes entstandenen Bastsicheln gelegenen Zellen sich in radialer Richtung stark gestreckt und durch tangentiale Wände geteilt haben, wähi'end über den Lücken zwischen den Bastsicheln eine vorwiegend tangentiale Streckung und Teilung durch radiale Wände stattgefunden hat. Auch in den älteren Internodien von Momordica umhellata wird durch ähnliche Streckungen und Teilungen der Zellen eine bedeutende VergTößerung des Assimilationsgewebes bewirkt." 13. Die Assimilationszellen der Moose und Algen Im Vorstehenden sind ausschließlich die Assimilationszellen der höheren Pflanzen berücksichtigt worden, da eine ausführliche Darstellung der Assimilationsgewebe der Bryophyten und Thallophyten in einem be- Die Zellformen 35 sonderen Bande dieses Handbuches gegeben wird. Lediglich um hier einen gewissen Abschluß zu bieten, sei aber wenigstens kurz skizziert, welche Assimilationstypen bei den betreffenden niederen Pflanzen vor- kommen; im übrigen muß auf die ausführliche Behandlung in Band VII verwiesen werden. .yti^M Bei den Laubmoosen besteht meist das Assimilationssystem der Blätter wie überhaupt das ganze Blatt nur aus einer einzigen Zell- schicht; die Zellen sind für gewöhnlich parallel zum Mittelnerven oder schräg abwärts zu diesem gestreckt. Eine Aus- nahme in dieser Beziehung stellen die kräf- tigen Blätter von Polytrichiim dar, bei denen die Assimilationszellen in mehreren auf der Oberseite der Blätter parallel zu deren Längs- richtung verlaufenden Lamellen angeordnet sind. In den Sporophyten vieler Laubmoose sind die Assimilationsgewebe dagegen oft viel stärker differenziert; es finden sich dort (oft nebenein- ander) palisadenartige, trichterförmige, parallel zur Oberfläche gestreckte und schwammparen- chymatische Assimilationszellen, welche mit denen der höheren Pflanzen vergleichbar sind. Bei den foliosen Lebermoosen liegen ähnliche Verhältnisse vor wie bei den Laub- moosen. Die Marchantiaceen dagegen zeigen wiederum einen komplizierteren Bau: In die auf der Thaliusoberseite unter jeder Spaltöffnung liegenden großen Hohlräume ragen einfache oder verzweigte Reihen aus kugeligen bis ovalen Assimilationszellen hinein (Fig. 28 — 31). Unter den Algen besitzen naturgemäß nur die größeren Formen der Rhodophyceen, Phaeophyceen und Chlorophyceen einschließlich Fig. 22. Drüsenhaare mit lokal-assimilatorisclien Zellen (Drüsenzellen schraf- fiert, dunkle Chloroplasten schwarz, blasse Chloro- plasten punktiert); a von Silene viscosa, b von Rubus odoratus. (Nach Haberlandt 1882.) der Characeen besondere Assimilationszellen, während bei den einfacheren Typen die Differenzierung der Zellen nicht so weit geht, daß eine Arbeitsteilung unter den vegetativen Zellen statt- findet. Wo jedoch spezielle Assimilationszellen ausgebildet sind, da kann auch bei diesen wiederum eine sehr differente Ausgestaltung vorliegen. 14. Die lokal-assiiiiilatorischen Zellen Als eine Hauptbedingung dafür, daß eine Zelle zu den Assi- milationszellen gerechnet werden dürfe, ist oben (S. 2) gefordert, daß ihre Hauptfunktion die Assimilation sei. Es gibt nun noch einige Fälle, in denen Assimilationszellen in diesem Sinne nicht zu weiten Geweben vereinigt sind und Assimilate für die ganze Pflanze zu schaffen haben, sondern in kleineren Gruppen an bestimmten Stellen liegen und Assi- milate nur für einige Zellen besonderer Art liefern. Derartige Zellen, welche nur für ihre nächste Umgebung arbeiten, sind als lokal-assi- milatorische Zellen zu bezeichnen. Als typische Vertreter solcher Zellen sind zunächst die chlorophyll- haltigen Zellen in Drüsenhaaren zu nennen (Habeelandt 1882). 3* 36 Die Zellmembranen der Assimilationszellen Ihre Anzahl kann sehr gering sein, z. B, bei Silene viscosa nur 2, oder sie ist größer, z. B. bei Riihus odoratiis 5 — 10 (Fig. 22j. Als lokal-assi- milatorische Zellen sind sie stets dadurch gekennzeichnet, daß die an- grenzenden Zellen chlorophyllfrei oder -arm sind. Ähnliche lokal- assimilatorische Zellen besitzen nach Zimmeemann (1922) auch die „Explosionshaare'' gewisser Cucurbitaceen (z. B. Momordica umbellata, I. c. S. 178). In den Brennhaaren von Urtica dioica besitzen z. B. nach Habeelandt die Stielhaarzellen je 30 — 40 Chloroplasten, während die angrenzenden Epidermiszellen nur 6—10 enthalten, so daß der Unter- schied deutlich zutage tritt. Auch die an die Coniferen-Harzgänge angrenzenden Assimilations- zellen dürfen wohl unter Berücksichtigung der Tatsache, daß ihre Assi- milate vorwiegend oder ausschließlich für die Harzdrtisenzellen bestimmt sind, mit Habeelandt zu den lokal-assimilatorischen ZeUen gerechnet werden. Dagegen möchte ich die Spaltöffnungsschließzellen nicht mit hierherstellen, da bei ihnen die Assimilation im Dienste der Haupt- funktion, der Regelung des Öffnens und Schließens, steht und somit sekundäre Funktion ist, so daß also die assimilierenden Spaltöffnungs- zellen nach unseren Begriffsbestimmungen überhaupt nicht als eigent- liche Assimilationszellen anzusehen sind. (Hier haben nur die einzelnen Chloroplasten lokal-assimilatorische Bedeutung.) III. Die Zellmembranen der Assimilationszellen 1. Die typischen morphologischen und chemischen Eigenschaften Die Membranen der typischen Assimilationszellen sind — abgesehen von verhältnismäßig wenigen Ausnahmen — dünn und zart; ilire Dicke beträgt z. B. in den Palisadenzellen von Hex aquifolium . . . . 1 ^a, „ „ „ „ Tropaeolwrn majus . . . 0,5 fi, ■ „ „ „ „ Vicia faba l (i, „ „ Assimilaiicuszellen von Eichhornia, Blattstiel 1—3 //, durchschnittlich etwa 1 fi. Diese Zahlen haben jedoch alle nur relativen Wert, da sich die ZeUen ein und derselben Pflanze und sogar ein und desselben Gewebes nicht immer gleich verhalten. Niedenzü (1890) gibt z. B. für einige Ericaceen (Vaccinioideen) solche Unterschiede an : „bei Macleania Hiim- holdtiana Kl. und Tliemistodesia pendula (MOEITZ) Kl. werden nur inner- halb eines mäßig breiten Streifens am Blattrande hin die sämtlichen Palisadenschichten starkwandig. Im übrigen aber bleibt bei Macleania Humholdtiana die oberste Schicht dünnwandig, während das ganze übrige Mesophyll starkwandig ist; bei Themistoclesia pendula ist umgekehrt das innere Mesophj^ll dünnwandig, das äußere starkwandig". Und bei einigen Disterigma-ST^ezies treten sogar innerhalb ein- und derselben Schicht zwischen den gewöhnlichen Palisadenzellen einige starkwandige auf, die aber keineswegs als eigentliche Spikularzellen anzusprechen seien. Die Zellmembranen der Assimilationszellen 37 Partielle sekundäre Verdickungen der Membran kommen für gewöhnlich nicht vor, und somit fehlen den Assimilationszellen meist auch die Tüpfel. Im turgeszenten Zustande sind die Membranen im allgemeinen glatt und ungefaltet. Ihrer chemischen Zusammensetzung nach bestehen die Wandungen der Assimilationszelien stets aus Kohleh3'dratlamelien, welche jedoch bei einzelnen Pflanzen Einlagerungen erhalten oder Umwandlungen er- fahren haben. 2. Morphologische Eigeiitüiiilichkeiten der Membranen gewisser Assimilationszelien In den Assimilationszellen der Gattung Pinus haben wir einen ZeUtypus kennen gelernt, in dem eigenartige Falten der Membran ein Hauptcharakteristikum darsteilen; ebenso in den sogenannten Arm- palisadenzellen. Außer diesen auffälligen Faltungserscheinungen, welche zur Aufstellung eines besonderen, morphologisch und physiologisch von den übrigen Assimilationszellen abweichenden Typus veranlaßten, sind einige weniger bedeutungsvolle Erscheinungen der in Rede stehenden Art an sonst normalen Palisadenzellen bekannt geworden. Wellig gefaltete Seitenwände, die den Zellen „balsebalg- ähnliche" oder „harmonikaartige" Gestalt geben, sind an den Längs- seiten von Palisadenzellen in den Blättern folgender Pflanzen gefunden worden : Polygalaceae: Monnina poUjstachya Ruiz et Pav., Monnina revoluta H. B. K. (Vesque 1882 83, zitiert nach SOLEEEDER 1899, S. HO), Begoniaceen : Arten der Gattung Begonia (untersucht von Fellerer in SOLEREDER 1899, S. 451), Ericaceen: Arten der Gattungen Arbutus und Gmdtheria (NiEDENZU 1890), Rutaceen: Püocarpus pennaüfoUus (ARTHUR Meyer 1891, S. 229), Leguminosen: Cassia acutifolia auf der Blattunterseite (Arthur Meyer 1891, S. 234). Im übrigen kommen ähnliche Erscheinungen häufig in nicht mehr turgeszenten Palisadenzellen (z. B. an Herbarmaterial!) solcher Pflanzen vor, in denen die betreffenden Gewebe gleichzeitig als Wasserspeicher dienen. So z. B. können die chlorophyllarmen, palisadenartigen Zellen der obersten Mesophyllschicht von Sophoclesia nummulariaefolia Klotsch bei völliger Wasserentziehung auf etwa Vio ihrer Höhe zusammen- schrumpfen, indem sich die völlig zarten Wände nach Art einer Zieh- harmonika in sehr zahlreiche, parallel zur Blattfläche streichende Falten zusammenlegen (Niedenzu 1890). Sekundäre Wandverdickungen treten in den Assimilations- zellen, wenn auch nur selten, so doch in mannigfachster Form auf. Einfache leistenförmige Wandverdickungen kommen zuweilen im Armpalisadengewebe von Farnen vor, z. B. Aspidiwn aculeatum (Haber- LANDT 1882, S, 103); ferner sind sie in den tafelförmigen, mit Membran- falten versehenen Chlorophyllzellen von Cedrus- und Peni^en.) Die Chloroplasten sind als Organe des Protoplasten stets in das Cj'toplasma eingebettet (Fig. 1); sie liegen demgemäß mit w^enigen Ausnahmen, wie z. B. in den von Cytoplasmasträngen durchzogenen (jüngeren) Assimilationszellen von Helodea densa, ausschließlich an den Zellwandungen und sind der Hautschicht des Cytoplasmas eng ange- schmiegt. Bei nicht zu großer Zahl liegen die Chloroplasten besonders an den Stellen der Wandung, wo die Zelle gegen lufthaltige Inter- *) Durchschnittswerte aus 40 Messungen. *) Durchschnittswerte aus 20 Messungen. ') MöBIus giht für Tropaeoluyn majus 5 [a an. Der Protoplast der Assimilationszellen nnd seine Einschlüsse 47 zellularen grenzt, eine Lagerung, die für den Gasaustausch der Zelle günstig ist. Andererseits lassen die Chloroplasten infolgedessen meist die an andere Zellen grenzenden Membranteile frei, so daß sie dem Stoffaustausch nicht im Wege stehen. Kettenföraiige Anordnung ist von Habeelandt (1918, S. 33) in verhältnismäßig chloi'oplastenarmeo Rindenzellen von Selaginellen beobachtet. Der Zellkern liegt dann dieser Kette an. Auch sonst findet sich Anhäufung von Chloro- plasten in der Umgebung des Zellkernes (z. B. in den nicht sehr reichen inneren chlorophyllreichen inneren Palisadenzellen des Cladodiums von Opuntia subidata), besonders auffällig in absterbenden Blättern (z. B. von Tropaeolum majus A. Meyer 1920). Die Lagerung der Chloroplasten ist überdies durch die Licht Ver- hältnisse stark beeinflußt; es kann je nach der Gestalt der Zelle, der Einfallsrichtung der Lichtstrahlen und der Lichtintensität verschiedenste Einstellung der Chloroplasten stattfinden. L'nter allen Umständen ordnen sich die Chloroplasten so an, daß sie möglichst die optimale Lichtmenge empfangen. (Näheres siehe in dem Bande über Piastiden.) Von den Einschlüssen der Chloroplasten stehen als häufigste und wichtigste die Stärkekörner an erster vStelle. Sie kommen als erstes nachweisbares Produkt der Assimilation in den Chloroplasten der Assi- milationszellen fast aller höheren Pflanzen vor, einzeln oder zu mehreren in einem Chloroplasten. Nur wenige Beispiele sind bekannt, in denen die Stärke fehlt und durch ein anderes Kohlehydrat ersetzt ist. Im allgemeinen handelt es sich in diesen Fällen um „Zuckerblätter". Zucker kommt auch neben der Stärke in den Chloroplasten vor, und in solchen Blättern, in denen normalerweise nie Stärke entsteht, wird nach der Ansicht Pfeffers (1897, I, S. 301) nur die zur Stärkebildung not- wendige Zuckerkonzentration nicht erreicht. Als „stärkefrei" (in den Assimilationsgeweben) werden folgende Pflanzen angegeben: Dikotyledonen : Asclepiadaceen : Äsdepias Cornuti (Aethur Meyee 1885, S. 453); Monokotyledonen : Araceen: Arum (Kniep 1912, S. 796); Liliaceen: Allium Molij, victorialis. Spirale, sativum, porrurn, odorum, cepa: Scilla maritima, hyacinthioides : Muscari racemosuni, moschatum; Ornithogalum comosum: Asphodelus Intens ; Heme- rocallis fulva, flava; Antherium racemosum; (Anthericum) Liliago; Yucca filamentosa (Arthur Meyer 1885, S. 453); Tulipa: Colchicum (Pfeffer 1897); Amaryllidaceen: Narcissus poeticus, odorus, hiflorus: Amaryllis undulata; Leiicojum aestiviim (Arthur Meyer 1885, S. 453); Iridaceen: Iris (KxiEP 1912, S. 796), nach A. Meyer (1. c.) höchst selten stärkehaltig; Musaceen: Musa: Strelitzia (ibidem); Orchidaceen: Orchis fusca (A. Meyer 1885, S. 453). Jedoch ist es durch verschiedene Mittel gelungen, künstlich die Zuckerkonzentration in den betreffenden Blättern so zu erhöhen, daß doch Stärkekörner entstanden. Eine Ausnahme stellt in dieser Hinsicht 48 Der Protoplast der Assiniilationszellen und seine Einschlüsse nur Allium eepa dar, bei dem es mit keinem Mittel zu erreichen war, Stärkebildung zu veranlassen. Als Ersatz für Stärke sind eine Reihe von anderen Kohle- hydraten gefunden: es seien folgende Beispiele genannt: Dextrose und Lävulose bei Allium porrum (Arthur Meyer 1886, S. 488), Saccharose in der Bohne („haricot") (Perrey 1882, S. 1124), Mannit bei Ligustrum vulgare, Syringa vulgaris, Olea europaea, Fraxinus excelsior (Arthur Meyer 1886, S. 129), Sinistrin bei Yucca filamentosa (Arthur Meyer 1885, 8. 490). Das Verhalten der Stärke in wintergrünen Blättern im Verlaufe des Jahres wurde an einer Reihe von Dikotyledonen und Filicinen von Engel (1915) verfolgt. Die meisten untersuchten Objekte sind im Dezember und Januar stärkefrei, während sie noch im November (mit Ausnahme von Hellehorus foetidus und Saxifraga altissima) Stärke führen, manche sogar in erheblichen Mengen (z. B. Erica carnea, Arahis procurrens, Potentilla verna, Oeranium Rohertianum, Asplenium Trichomanes). Zum großen Teil enthalten die Blätter dann im Februar schon wieder Stärke. Einige der untersuchten Objekte sind jedoch auch im Dezember — Januar nicht ohne Stärke, so die meisten Ericaceen, Buxus, Viscum und Vertreter der verschiedensten anderen Familien. Ein sehr ausgeprägtes Stärkemaximum wird vor dem Absterben der alten Blätter erreicht. Die nicht absterbenden Blätter pflegen — mit Ausnahmen — im Sommer stärkereich oder ziemlich stärkereich zu sein. Bei Nadelhölzern fand Kirchhoff (1913) ein ausgesprochenes Stärkemaximum im Frühjahr, von April bis Mai oder Juni, während sich im Sommer und Herbst eine auffallende Stärkearmut einstellt. Abgestorbene Mesophj'llzellen, die in den Wintermonaten durch Stärkereichtum auffallen und die mit dem Alter der Blätter an Zahl zunehmen, kommen nach Exgel (1915) bei den Dikotyledonen häufig vor, so bei Kalmia latifoUa, Rhododendron hirsutum, Calluna, Iheris sempervirens u. a. ; nach Kirchhofe stellen sie bei den Nadelhölzern eine ganz allgemein verbreitete Erscheinung dar. Bezüglich der Verteilung der Stärke im Mesophyll der Blätter kommen die verschiedenartigsten Fälle vor (GusT. Müller 1913): 1. Abnahme der Stärkemenge in den unteren Blättern, 2. Gleiche Menge in allen Blättern, 3. Zunahme in den unteren Blättern, 4. Minimum in den mittleren Blättern, 5. Maximum in den mittleren Blättern, und weiterhin in bezug auf die Stärkenlenge in den einzelnen Zellen eines Blattes: gleichmäßige Verteilung und Schwankungen in vertikaler Richtung (von der Oberseite zur Unterseite), wie in querer Richtung (von der Mitte zum Rande). Eine besondere Eigentümlichkeit in der Stärkespeicherung der Palisadenzellen tritt uns dort entgegen, wo einzelne Zellen der obersten Palisadenschicht geteilt sind: in der Regel besitzt die untere Teilzelle dann ein stärkeres Speichervermögen z. B. bei Deutzia gracilis, Forsyth'm, Syringa vidgaris, Linaria). Über das Auftreten von Eiweiß und Fett in den Chloroplasten sowie über das Autoplastensekret siehe Bd. lA dieses Handbuches (Abschnitt „Piastiden"). Der Protoplast der Assimilationszellen und seine Einschlüsse" 49 4. Der Zellsaft Unsere Keuntnisse über den Zellsaft sind recht lückenhaft; vor allem beschränken sich die Untersuchungen an Assimilationszellen aus- nahmslos nur auf die qualitative Feststellung- gewisser einzelner Stoffe, so daß wir uns von der Zusammensetzung des Zellsaftes kein klares Bild machen können. Es sollen deshalb hier nur einzelne Stoffe oder Stoffgruppen hervorgehoben werden, deren Vorkommen im Zellsaft der Assimilationszellen mit Sicherheit feststeht und die für Assimilations- zellen typisch sind. Naturgemäß treten in den Zellsaftlösungen meist Kohlehydrate auf, und zwar für gewöhnlich Zucker, w^enn nicht als Reservestoff, so doch wenigstens vorübergehend. An Stelle des Zuckers enthalten eine Reihe von Pflanzen, welche keinen Zucker bilden, im Zellsaft der Assimilationsgewebe gelöstes Inulin, freilich nur in älteren Blättern, weil das Inulin nur zur Speicherung dient. Nachgewiesen ist Inulin im Zellsaft der Assimilations- zellen z. B. in der Blattstielbasis von Helianthus tuherosus (G, Meyer 1896), im Blatt von Ligularia Kaempferi, Hertia crassifoUa, Droso- phyllum lusüanicum : in der Nähe der Blattleitbündel von Petasites niveus, Petasites officinalis (H. Fischer 1898, S. 92), im Blatt von Selliera radkans (Kraus 1877). Quantitative Angaben macht Gräfe (1914, S. 136): er fand bei Cichorium Intibus, Helianthus tuherosus, JDahlia in den Blättern 4 — 5°/o Inulin. Angaben über im Zellsaft der Assimilationszellen gelöste Eiweiß- körper, die dort ebensowohl vorkommen könnten wie im Zellsaft anderer Zellen, fehlen. Außer diesen Reservestoffen und den mit dem Bodenwasser auf- genommenen anorganischen Stoffen finden sich im Zellsaft der Assi- milation szellen noch eine Reihe von Abfallstoffen, die bei den Assi- railationsvorgängen nel)enbei entstehen und zum Teil ökologischen Zwecken dienen, so vor allem das Kalziumoxalat, die Alkaloide, die Glykoside, die Anthozyane und die Gerbstoffe. Bezüglich des Kalziumoxalates erübrigen sich nähere Angaben an dieser Stelle wegen der weiten Verbreitung dieses Stoffes auch in anderen Geweben. Alkaloide kommen vielleicht häufig in den Assimilations- zellen der Laubblätter vor; jedoch ist ihre Lokalisation im allgemeinen wegen des Mangels an ausreichenden mikrochemischen Reagentien nicht sicher zu bestimmen gewesen. Genaue Angaben liegen über die Blätter verschiedener Rubiaceen vor, die im entwickelten Zustande im ganzen Mesophyll reichlich Alkaloide enthalten (Molisch 1921, S. 297). Gewisse Glykoside, welche tatsächlich in Assimilationszellen vorhanden sind, waren bisher direkt im Gewebe zwar nicht selbst nach- weisbar, wohl aber ihr Spaltungsprodukt, die Blausäure. Mit einer zuerst von Traub angewandten, dann von Peche vervollkommneten Methode ist es z. B. gelungen, die Verteilung der von dem Prulaurasin her- stammenden Blausäure in den Blättern von Prunus laurocerasus L. festzustellen. Das Glykosid kommt demnach in bestimmten Zellen des Palisaden- und Schwammparenchyms vor, abwechselnd mit Gerbstoffen, die ihrerseits im Zellsafte gewisser anderer Zellen enthalten sind (Peche 1912; Reaktionen auch bei Molisch 1921). Handbuch der Pflanzenanatoniie. I. 2 B 4 50 Der Protoplast der Assimilationszellen und seine Einschlüsse Anthozyane treten zwar vor allem in den Epidermen auf, finden sich aber auch im Mesophyll. Z. B. die Blätter unserer deutschen Quercus-Si^ezies enthalten im jugendlichen Zustande einen roten Farb- stoff besonders in den Palisadenzellen; andere Pflanzen besitzen rot oder violett gefärbten Zellsaft dauernd, wieder andere nur am Ende der Vegetationsperiode, so ein Teil unserer Waldbäume. Der Farbstoff der dauernd gefärbten Blätter kann über die ganze Spreite gleichmäßig ver- teilt sein (z. B. Microstylis metallica) oder auf einzelne Teile beschränkt sein, so daß er rote und braune Zeichnungen hervorruft (z. B. Microstylis calophylla, Sarcanthus rostratus, MÖBIUS 1887). Bei den letztgenannten Beispielen tritt der Farbstoff auch im Schwammparenchym auf. (Weitere Beispiele bei Wyxekex 1908, Kühlhorn 1908). Die unter dem Sammelnamen Gerbstoff zusammengefaßten Stoffe kommen im Pflanzenreich äußerst häufig vor und zwar entweder in dem großen Zellsaftraum oder in besonderen kleinen Gerbstoffvakuolen. Die Verteilung der Gerbstoffe soll ausführlich in dem Bande über die Ana- tomie des Laubblattes behandelt werden. Hier sei einstweilen nur hervor- gehoben, 1. daß Gerbstoffe in allen Arten von Assimilationszellen vorkommen können, zuweilen freilich auch auf Idioblasten beschränkt sind, 2. daß sie in allen assimilierenden Geweben auftreten können, auch in den Assimilationsgevreben von Sprossen, z. B. Junciis und Cyperiis (TiETJE 1916), 3. daß sie in allen hier in Betracht kommenden Klassen des Pflanzenreichs gefunden sind, bei Dikotyledonen, Monokotyledoneu, Gymnospermen, Pteridophyten. (Literatur: VON Beheen 1906, Petzold 1876, Kühlhorn 1908, Seydel 1910, Kirchhofe 1913, Tietje 1916, Sperlich 1917.) Die Beziehungen zwischen Gerbstoff- und Stärkeverteilung sind von v. Beheen (1906) und genauer von Sperlich (1917) mit Hilfe seiner Jodreaktion untersucht, welche ein^i gleichzeitige Färbung der Stärke und der Abkömmlinge der Gerbstoffe erlaubt: In der Regel schließen sich Stärke und Gerbstoffe wechselseitig aus; kommen jedoch beide Körper in einer und derselben Zelle neben- einander vor, so ist eine „Abnahme des einen bei gleichzeitiger Zunahme des anderen unverkennbar (1. c. S. 138). In der Mehrzahl dieser Fälle räumt die Stärke df^m Gerbstoff das Feld, jedoch auch umgekehrt, so in dem in allen Organen mehr oder weniger gerbstoffreichen Pelargonium (1. c. S. 144). Dort, wo in einem und demselben Gewebe gerbstoff- führende und stärkeführende Zellen nebeneinander vorkommen, laufen Zunahme und Abnahme des Inhaltes der betreffenden Zellen parallel, meist jedoch ist das Schwinden der Stärke weitergehend als die Ver- dünnung der Gerbstofflösung, doch auch das Gegenteil wurde einmal beobachtet (S. 142). Die Ursache dieser Parallelansammlung sieht Sperlich darin, daß Stärke und Gerbstoffe aus den gleichen, dem Ge- webe zuströmenden oder in den assimilierenden Zellen gebildeten Zucker- massen stammen. Die eine Zelle kondensiert nun den Zucker zu Stärke, die nebenliegende verarbeitet ihn zu Gerbstoff. Entsprechend ist auch im inhaltlich homogenen Gewebe oder in einer und derselben Zelle das Weichen der Stärke vor dem zunehmenden Gerbstoffe verständlich (S. 147f.). Experimentelle Untersiuhuiigeu und theoretische Betrachtungen usw. 51 5. Die Kern-Cytoplasma-Chroniatophoreii-Relatioii der Assiniilatiouszelleu Aus den schon in den vorhergehenden Abschnitten gegebenen Daten über die Größe der Zellkerne, der Chloroph^sten und der C>to- plasmamassB ausschließlich der in diesen Zellorganen enthaltenen mikro- skopisch sichtbaren ergastischeu Gebilde läßt sich die Relation der reinen Kern -Cytoplasraa-Chromatophoren- Substanz berechnen. Ich fand für lebensfrische (dunkelgrüne) Blätter von Ttoiiaeolum majus in den Pali- sadenzellen das Verhältnis 1 : 4,7 : 9,4 und in absterbenden (gelben) Blättern, in denen das amikroskopisch fein verteilte Eiweiß der Chloro- plasten und des Cytoplasmas schon stärker herausgelöst und abtrans- portiert ist als das der Kerne, 1:2,8:5.9 (siehe Arthue Meyer 1917). Ahnliche Untersuchungen für andere Pflanzenspezies und andere Arten von AssimilationszeUen fehlen einstweilen noch. V. Experimentelle Untersuchungen und theoretische Betrach- tungen über die Beziehungen zwischen dem anatomischen Bau und der physiologischen Funktion der Assimilationszellen Ich habe schon in der Einleitung die Unterschiede kurz gestreift, die zwischen den beiden wichtigsten Theorien, der von Stahl vertretenen Auffassung über die Gründe der spezifischen Ausbildung der Assimi- lationsgewebe in der einen oder anderen typischen Form und den von Habeelaxdt aufgestellten und verteidigten Anschauungen, bestehen. Nunmehr nach der Behandlung der verschiedenen Typen der Assimilations- gewebe ist es an der Zeit, die beiden einander gegenüber stehenden Standpunkte in der Streitfrage Stahl — Haberlaxdt noch einmal au der Hand des schon gegebenen Materials und der durch Experimente festgestellten Tatsachen kritisch zu beleuchten und nach Möglichkeit eine Entscheidung zugunsten der einen oder der anderen Hypothese zu treffen. Zuvor wollen wir uns jedoch kurz mit der allerersten, im Laufe der Zeit aber mehr und mehr außer acht gelassenen Theorie von Aeeschoüg befassen: Aeeschoug hat seine Theorie von der Beeinflussung der Assimilationsgew-ebe durch klimatische Faktoren zuerst 1878, dann 1882 ausgesprochen, und in anderen Arbeiten hat er sie auch fernerhin vertreten und gegen Angriffe verteidigt. Durch Vergleich der Mesophylle von Pflanzen der verschiedensten Standorte nicht nur in seinem Heimatlande, sondern aus allen Zonen der Erde kam Aeeschoüg zu der Erkenntnis, daß in trockenen Klimaten und an trockenen Standorten das Palisadenparenchym besonders stark entwickelt ist, während das Schwammparenchym an schattigen und feuchten Standorten zum vorherrschenden Gewebe wird. Im Hinblick hierauf betrachtet er das Schwammparenchym als das eigentliche tran- spiratorische Gewebe, welches besonders starke Ausbildung bei Pflanzen feuchter Klimate zeige; w^enn aber die lokalen oder klimatischen Ver- hältnisse eine lebhafte Transpiration nachteilig machen, werde diese 4* 52 Experimentelle Untersuchungen und theoretische Betrachtungen usw. moderiert durch das Auftreten eines Palisadenparenchyms (1882, S. 519). Dabei glaubt Areschoug (S. 520) an eine Transpirationsverminderuug nicht nur infolge der Verkleinerung der freien (an Interzellularen grenzenden) Oberflächen der Assirailationszellen, sondern auch dadurch, daß das Palisadengewebe „infolge seines Reichtums an Chlorophyll im- stande ist, Wärme zu absorbieren und damit das unterliegende tran- spiratorische Gewebe gegen die Wärme, die das direkte Sonnenlicht den Blättern zuführt, zu schützen". Mehr oder weniger vollkommene Anerkennung fand die Auffassung Ajieschougs durch Stahl, Kohl und einige andere Autoren. Dagegen glaubte Hesselmann (1904) auf Grund von Versuchen die Theorie ab- lehnen zu müssen. Er bestimmte an einer Reihe von Pflanzen, die er an ihrem natürlichen Staudorte untersuchte, die Größe der Transpiration. Er verwandte dabei ganze in Töpfe gepflanzte Exemplare, und zwar die Sonnenformen an insolierten, die Schattenformen an beschatteten Plätzen. Es stellte sich heraus, daß der Wasserverlust, auf 10 qcm der Blattfläche berechnet, bei den Souueuformen sämtlicher Versuchspflanzen erheblich reicher war und zwar am größten bei denjenigen Pflanzen, deren Blätter ein stark differenziertes Palisadenparenchym besaßen. Und hieraus zieht er den Schluß, daß das Palisadenparenchjui keinen modifizierenden Einfluß auf die Transpiration der Blätter ausübe. Diese Folgerung ist aber wohl kaum berechtigt, da Hesselmaistn" eine große Reihe von Umständen außer acht gelassen hat, die ohne Zweifel von Einfluß auf die Transpirationsgröße sind: äußere Faktoren und manche andere Organisationsverhältnisse sprechen hier noch mit. so die Transpiration der krautigen Stengel, die Entwicklung der wasser- absorbierenden und der wasserleitenden Gewebssysteme, die Anzahl, die Lage, der Bau und der Öffnungszustand der Spaltöffnungen, der Bau des Schwammparenchyms, lauter Elemente, welche Areschoug selbst in seiner Entgegnung (1906, S. 333 f.) zur Verteidigung seiner Theorie anführt und auf Grund derer er in den Transpirationsversuchen Hessel- MANNs ,,an und für sich keine Widerlegung" seiner Auffassung sieht. — Diese Verteidigung Areschougs dürfte in puncto „Öffnungszustand der Spaltöffnungen" durch die neueren Untersuchungen von Molisch (1912) und Stein (1912) noch an Bedeutung gewonnen haben. Andererseits läßt sich die Ansicht Areschougs nicht vereinbaren mit den bei vielen Pflanzen beobachteten lockeren, also interzellularenreichen Palisadengeweben, wie sie besonders auffällig sogar bei den von Volkens (1887) untersuchten Wüstenpflanzen mit starkem Bedürfnis nach Tran- spirationsschutz vorliegen. Schließlich spricht auch die häufig äußerst geringe Dicke der Membranen der Palisadenzellen gegen die Auffassung Areschougs. Überblicken wir den gesamten Tatbestand, so dürfen wir der Theorie Areschougs wohl bei weitem nicht die Bedeutung beilegen, wie es Areschoug selbst getan hat, sondern wir können die Tran- spiration als zellformbildenden Charakter nur in gewissen Fällen an- erkennen und auch dann, wie wir in den folgenden Abschnitten sehen werden, wohl nicht einmal als den den anderen gegenüber vorherrschenden Faktor. Weit wichtiger als die Theorie von Areschoug sind die von Stahl und von Haberlajsidt, denen ihrer Bedeutung entsprechend hier eine Experimentelle Untersuchungen und theoretische Betrachtungen usw. 53 ausführlichere Darstellung gewidmet werden muß. Da beide Theorien annähernd gleichzeitig- publiziert wurden und in der Folgezeit einander gegenüberstanden und beide ebenso eifrig befehdet wie verteidigt wurden, läßt sich die Darstellung der Theorien nicht trennen. Der Überblick wird wohl am leichtesten, wenn wir die Entwicklung der Streitfrage zunächst möglichst historisch verfolgen und Betrachtungen von be- stimmten anatomischen oder physiologischen ( resichtspunkten aus erst später einflechten oder nachträglich anschließen. Der erste von den beiden genannten Forschern, der sich die Frage nach dem Wesen der Assimilationszellen stellte, war Stahl. Bei seinen Untersuchungen über den Einfluß der Beleuchtung auf Gestalts- und Lageveränderungen der Chromatophoreu und auf die Struktur und die Anordnung des Assimilatonsparenchyms (1880, 1 u. II) stellt er fest, daß die Palisadenzellen immer diejenigen Blattpartien einnehmen, welche unmittelbar vom Licht getroffen werden, während sich die flachen Schwammparenchymzellen auf der beschatteten Seite befinden. Zwischen dieser Verteilung der Gewebe und dem Verhalten der Chloroplasten (in den Palisadenzellen dauernd Profilstellung, aber Abflachung oder Zu- sammenziehung je nach den Beleuchtungsverhältnissen, in den Schwamm- parenchymzellen Profil- oder Flächenstellung je nach der Lichtintensität) vermutete nun Stahl einen Zusammenhang, und er suchte diese Be- ziehungen in folgender Weise zu erklären (S. 870 f.): .,Die Chlorophyll- körner der Palisadenzellen empfangen das Licht von erster Hand; die Schwammzellen dagegen werden nur noch von den durch Absorption in den oberen Zellschichten geschwächten Strahlen getroffen. Durch die in den Schwammzellen mögliche Flächenstellung wird aber dieser Nachteil bis zu einem gewissen Grade wieder ausgeglichen, da die Körner der Lichtquelle eine größere Oberfläche zu bieten vermögen als die in der oben angedeuteten Hinsicht bevorzugten Palisadenzellen. „Der Palisadentypus bietet für dickere Blätter zugleich den Vorteil, daß selbst bei schwächerer Beleuchtung die tiefer liegenden Parenchym- lagen noch gewisse Lichtmengen empfangen, da die Strahlen, um zu ihnen zu gelangen, durch das zur Blattfläche senkrecht orientierte Lumen der Palisadeuzellen passieren können. Bei direkter Besonnung werden zuerst die Körner der Palisadenzellen getroffen, welche schon sowieso die intensivem Lichte entsprechende Profilstelluug inne haben; die Körner der tiefer gelegenen Schwammzellen aber werden, wenn das zu ihnen gelangende Licht eine ge\^isse Intensität erreicht oder über- schreitet, die Flächenstellung mit der Profilstellung vertauschen. „In den flachen Parenchymzellen veranlaßt also jede intensive Beleuchtung eine jedenfalls mit Kraftaufwand verbundene Umlagerung der Körner, in den Palisadenzellen dagegen meist nur eine geringe Gestaltsveränderung. Diese Überlegung macht uns in Verbindung mit dem oben gesagten begreiflich, warum wir die flachen Zellen vorwiegend an minder stark beleuchteten Orten antreffen, sei es daß sie wie bei vielen Moosen, Farnprothallien usw. zu einfachen Zellagen verbunden an schattigen Orten vorkommen, sei es daß sie im Gewebe mehrschichtiger Laubblätter von höher liegenden Zellagen bedeckt sind: Die Palisaden- zellen sind die für starke Lichtintensitäten, die flachen Schwammzellen die für geringe Intensitäten angemessene Zellform". 54 Experimentelle Untersuchungen und theoretische Betrachtungen usw. Diese letzte Folg:erung stellt Stahl übrigens nicht etwa dikta- torisch als unumstößliches Gesetz auf, sondern er betont, wie in der Einleitung schon gesagt wurde, ausdrücklich, daß wir es hier wie in ähnlichen Fällen „bloß mit einer Ausnahmen zulassenden Regel zu tun haben". Als Belege für die Richtigkeit dieser Regel bringt Stahl (S. 871 ff.) „einige typische Beispiele'': Die Blätter der in tiefem Waldesschatten gedeihenden Pflanzen, wie Oxalis acetosella, Mercurialis perennis, Den- taria bulbifem, vieler Farne usw. bestehen vorwiegend aus parallel zur Blattfläche gestreckten Schwammparenchymzellen; kaum daß die oberste Zellage in geringem Maße eine Andeutung von Palisadenähnlichkeit auf- weist. Das Umgekehrte an Pflanzen sonstiger Standorte wie Peucedanum cervaria, Linosyris vulgaris, Galium verum u. a. : das Mesophyll bestellt fast nur aus Palisadenzellen, das Schwammparenchym ist stark reduziert. Weiterhin weist Stahl auf die große Plastizität bei den Blättern unserer meisten Waldbäume hin, auf Sonnen- und Schattenblätter; ferner das Verhalten von Lactuca scariola mit ausschheßlich Palisadenzellen an sonnigen Standorten und mit flachen Schwamm2ellen an Standorten mit diffusem Licht. Da diese so grundverschiedene Struktur des Assimilationsparenchyms erst in den entfalteten Blättern vvahrzunehmen ist, so ist sie nach Stahls Meinung den während der Entfaltung des Blattes waltenden Beleuchtungs Verhältnissen zuzuschreiben. Gleichzeitig mit den Veröffentlichungen Stahls erschien Haber- LANDTs umfassende Arbeit über die Assimilationsgewebe (H. 1882). Haberlandt geht bei der Suche nach den für das Assimilationsgewebe charakteristischen Bauprinzipien aus von der Betrachtung der Palisadeu- zelleu und insbesondere der Armpalisadenzellen. Die auffälligste Eigen- tümlichkeit der Armpalisadenzellen sowie auch der Assimilationszellen gewisser Coniferen ist das Auftreten der Membranfalten; und Haber- landt fragt zunächst, worauf diese Erscheinung zurückzuführen sei: Eine mechanische Bedeutung der Wandeinfaltungen (als Haupt- bedeutung) weist Haberlandt zurück; eine solche Auslegung wäre nur dann statthaft, wenn die besagte Ausgestaltung der Zellwandungen nicht mit dem Assimilationsvorgange in Zusammenhang gebracht w^erden könne. „Denn es ist eine notwendige Forderung der anatomisch-physio- logischen Betrachtungsweise der Gewebe, die morphologischen Eigen- schaften womöglich und in erster Linie aus der Hauptfunktiou des betreffenden Gewebes zu erklären. Erst in zweiter Linie darf an Neben- funktionen gedacht werden". In dem Abschnitt über die Assimilatious- epidermiszellen ist jedoch schon darauf hingewiesen, daß eine Zelle zwei gleichwertige Funktionen haben kann, besonders dann, wenn die diese Funktionen ermöglichenden Charaktere der betreffenden Zelle sich nicht gegenseitig im Wege stehen. Also prinzipiell wäre es nicht unmöglich, daß derartige Membranfalten, wie sie etwa bei den Coniferen vorkommen, in erster Linie aus mechanischen Gründen entstanden sind, daß sie aber gleichzeitig Vorteile bieten, die der Assimilatioustätigkeit der Zelle zustatten kommen. Einen tatsächlichen Vorteil für die Assimilation bietet die Falten- bildung allerdings insofern, als durch sie die Oberfläche der Zellen und damit der flir die Chloroplasten zur Verfügung stehende Platz erweitert Experimentelle Untersuchungen und theoretische Betrachtungen usw. 55 wird. Und hieraus folgert Haberlandt sein erstes „Bauprinzip", das der „0 her f lachen verg-rößerung". Fragen wir uns nun noch einmal: Ist die Oberflächenvergrößerung überall dort, wo sie von Haberlandt hervorgehoben wird, wirklich in erster Linie zugunsten der Assimilation entwickelt? Ist sie also wirklich Bauprinzip für die Assimilationszellen? Bei den Coniferen traten Bedenken auf. Es könnten die besagten Einrichtungen der Zellen im Laufe der Phylogenie auch zugunsten der mechanischen Festigkeit herangebildet sein und nur sekundär — wenn auch in starkem Maße — der Assimilation zugute kommen. Eine Stütze für eine derartige Auffassung ist das Auftreten von chlorophyllai-men Zellen mit Membranfalteu in der Mitte mancher Coniferennadeln. Im zweiten Fall, bei den Armpalisadenzellen, läßt sich dagegen solche Auffassung von der primär mechanischen Aufgabe der Falten nicht verteidigen, da ja in Geweben, welche nebeneinander Palisaden- zellen und Armpalisadenzellen, besitzen, die Armpalisadenzellen ohne Zweifel weniger fest sind als die Palisadenzellen. Die Palisadenzellen stellt Haberlandt zusammen mit den Arm- palisadenzellen. In einer Zusammenfassung (1. c. S. 104) sagt er: „Die einzelnen 'Palisaden' des sogenannten Palisadengewebes können auf zweifache Weise zustande kommen. Erstens durch wirkliche Scheide- wände, welche die Bildung von Palisaden z eilen zur Folge haben. Zweitens durch Wandeinfaltungen, welche die Palisaden als bloße Teile, als Arme von Zellen erscheinen lassen. Da sich nun das Palisaden- gewebe eines und desselben Blattes aus beiderlei Palisaden zusammen- setzen kann, so ist einleuchtend, daß dieselben trotz des großen Unter- schiedes ihrer morphologischen Bedeutung als physiologiscli gleichwertig anzusehen sind. Mit anderen Worten: Man kann sich die radialen Läugs- wände des echten Palisadenparenchyms physiologisch als vollständig ausgezogene, bis zum entgegengesetzten Wandstück reichende Falten denken, oder umgekehrt die Falten als 'unvollständige Scheidewände' vorstellen. Dasselbe physiologische Prinzip, welches in dem einen Falle die Membranfalteu fordert, verlangt in dem anderen die Bildung von Scheidewänden". Die notwendige Schlußfolgerung ist: Die gestreckte Gestalt der Palisadenzellen ist gleichfalls aus dem Prinzip der Ober- flächenvergrößeruug zu erklären. Diese Deutung berücksichtigt nun aber zwei Tatsachen nicht, die nicht unbeachtet bleiben dürfen. Das ist erstens die Orientierung der Palisadenzellen in denjenigen Fällen, wo die Richtung des auffallenden Lichtes während der Ontogeuie der Zellen einen bestimmenden Einfluß auszuüben vermag, und zweitens die Verschiedenheit der Gestalt, d. h. des Streckuugsverhältnisses der Palisadenzellen in Sonnen- und Schatten- blättern. Daß die Streckuugsrichtung der Palisadenzellen bei mehr oder weniger dauernd gleichgerichteter Beleuchtung von der Lichtrichtung abhängig ist (wenn auch nicht mit ihr vollkommen zusammenfallend), ist im Abschnitt „Palisadenzellen, Streckuugsrichtung" zur Genüge an- gegeben, wird aber überdies für verschiedene Pflanzen noch neuerdings besonders experimentell bestätigt durch die Versuche von Liese (1919 n. 1922). Das würde freilich im wesentlichen nur besagen, daß die Streckuugsrichtung, die ja vom Prinzip der Oberflächenvergrößerung unbeeinflußt sein muß, ' von den Lichtverhältnissen abhängig ist. 56 Experimentelle Untersuchungen und theoretische Betrachtungen usw. Wichtig:er ist deshalb der Unterschied zwischen Sonnen- und Schatten- blättern, bei dem es sich um Verschiedenheit der Gestalt, d. h. speziell des Streckungsverhältnisses und somit der relativen Oberflächengi'öße handelt. Es muß also hier das Prinzip der Oberflächen Vergrößerung unter gewissen äußeren Verhältnissen einer stärkeren Macht, dem Ein- fluß des Lichtes, mehr oder weniger nachgeben. Diese Tatsache beweist, daß sich das Prinzip der Oberflächenvergrößerung nicht durchaus ver- allgemeinern läßt. Dagegen in den übrigen Fällen, bei den rundlichen oder isodia- metrischen Assimilationszellen von Sukkulenten sowie bei Florideen und Phaeophyceen, bei denen die äußeren autoplastenreichen Zellen wesent- lich kleiner sind und somit relativ größere Oberfläche besitzen als die inneren weiten nicht assimilationsfähigen Zellen, bei allen diesen könnte wieder das mechanische Prinzip das ursprüngliche sein; denn die peri- pheren Zellen bedingen die Festigkeit eines mehr oder weniger zylindrischen Organes, sie müssen also unterhalb einer gewissen Größengrenze bleiben, während die zentralen Gewebe für die Mechanik belanglos sind, überdies durch die peripheren mechanisch geschützt werden und somit eine Größe erreichen können, bei welcher ihnen eine nennenswerte Festigkeit fehlt, andererseits aber an Material gespart wird. Überblicken wir das Gesagte, so ergibt sicli also: Das Prinzip der Oberflächenvergrößerung ist ausschlaggebend für die Gestaltung der .\rmpalisadenzellen, vielleicht auch für die der Coniferen-Assimilations- zellen und der rundlichen und isodiametrischen Assimilatiouszellen von Sukkulenten (und gewissen Algen), obwohl liier auch das mechanische Prinzip das primäre sein kann, es muß dagegen bei den Palisaden- zeilen in Fällen, in denen experimentelle Prüfung möglich ist, dem Einfluß des Lichtes gewisse Zugeständnisse machen. Das zweite von Haberlaxdt aufgestellte Prinzip der Ab- leitung der Assimilationsprodukte aus den Assimilationszellen auf möglichst kurzem Wege bietet weniger Schwierigkeiten. Haber- LAKDT geht davon aus, daß in den Assimilationsgeweben der meisten Pflanzen, insbesondere der höchstentwickelten, die Assimilate aus den Zellen mit stärkster Assimilation stets möglichst rasch abgeleitet werden können zu denjenigen Zellen, durch welche der Weitertransport zu den Leitungsbahnen, den Siebteilen der Leitbündel, stattfindet. Im kompli- ziertesten Falle setzen sich an die Assimilationszellen solche Zellen an, welche die Assimilate möglichst rasch übernehmen und an die eigent- lichen Ableitungsgewebe weitergeben; Habeelaxdt spricht hier von „Zuleitungsgeweben"; Beispiele dafür sind die „Sammelzellen" und die in der Nähe von Leitbündeln liegenden, nach diesen hingebogenen palisadenartigen Zellen. Sie stellen — ohne Rücksicht auf eine möglichst rasche Ableitung der Assimilate aus dem Organ — die kürzeste Ver- bindung zwischen den Assimilationszellen und dem Ableitungsgewebe her, befördern also die Assimilate auf möglichst kurzem Wege zu dem eigentlichen Ableitungsgewebe hin. Dieses Ableitungsgewebe seinerseits sorgt für den Abtransport der Assimilate aus dem Organ und legt sich in Form von unvollständigen oder geschlossenen Scheiden um die Leit- bündel henim, so daß es die Assimilate an deren Siebteile leicht ab- geben kann. In einfacheren Fällen setzen sich die Assimilatiouszellen direkt an das Ableitungsgewebe an. Der Bau der einzelnen Zellen, die Experimentelle Untersuchungen und theoretische Betrachtungen usw. 57 langgestreckte Gestalt, also das Vorhaudeiiseiu von nur verhältnismäßig wenigen Querwänden, erleichtert überdies den Abtransport der Assirailate. Experimentelle Stützen für diese hier skizzierte Auffassung fehlen; denn die von Haberlandt zitierten Versuche von de Vries sagen nichts Positives aus über die Verhältnisse in den Assimilations- und Zuleitungs- geweben, sondern nur über entfernt liegende Ableitungsgewebe. Also es handelt sich hier um eine Hypothese, jedoch um eine solche, die un- befehdet dasteht. Nur scheint mir Haberlandts Auffassung, daß die gestreckte Form der Palisadenzellen und ihre Orientierung auf dieses Prinzip zurückzuführen sei (S. 112), in Hinblick auf die Verhältnisse in Sonnen- und Schattenblättern und auf die Versuche von Liese etwas zu weit zu gehen. Bezüglich des Einflusses des Lichtes auf die Gestalt der Assi- milationszellen nimmt Haberlandt eine im großen und ganzen ab- lehnende Haltung ein. Zunächst sieht er Beziehungen des Assimila4;ions- systemes zur Intensität der Beleuchtung nur in der Anordnung der Assimilationsgewebe, abgesehen vom Fall der Trichterzelleu, welche er als eine von der Intensität der Beleuchtung abhängige Modifikation der Palisadenzellform betrachtet (1. c. S. 149). Bei seinen Überlegungen über die Beziehungen des Assimilationssj^stems zur Richtung des einfallenden Lichtes betrachtet Haberlandt die Palisadenzellen ..als einen Spezial- fall in der Reihe der gestreckten Assimilationszellen überhaupt" ^), und aus dieser seiner Betrachtungsweise folgert er, daß nur eine solche Erkläi'ung berechtigt sei, welche alle von ihm zu einer Gruppe zusammen- gestellten Zelltypen in gleicher Weise berücksichtige. Eine einheitliche Erklärung sieht er aber nur im Prinzip der möglichst raschen Stoff- ableitung. Das Prinzip der möglichst vollständigen Durchleuchtung lasse sich nur auf das Palisadenparenchym anw^enden. Dagegen gibt er als selbstverständlich zu, daß sich, nachdem durch das Prinzip der Stoff- leitung die Stellung der Palisadenzellen gegeben ist, nachträglich auch bestimmte Beziehungen zwischen der Stellung und der Richtung des einfallenden Lichtes herausstellen. Das heißt also: Die Beziehungen zwischen Zellgestalt und Lichtrichtung sind sekundär, und als Bauprinzip kommt das Prinzip der möglichst vollständigen Durchleuchtung nicht in Betracht. Bei der Begründung dieser Auffassung führt Haberlandt zunächst als Wichtigstes die Tatsache ins Feld, daß die Stellung der Palisaden- zellen gar keine konstanten Beziehungen zum Horizonte erkennen läßt. Er übersieht dabei aber, daß sogar unter den von ihm angeführten Bei- spielen solche sind, bei denen die Stellung der Palisadenzelleu ganz offenbar unter dem Einfluß der Lichtrichtung steht, ohne daß eine Ab- hängigkeit vom Stoffableitungsprinzip überhaupt möglich ist, z. B. in den Sprossen von Spartium Junceum (vergl. den Abschnitt über Palisaden- *) Haberlandt begründet diese Auffassung in der 1 . Auflage seiner Anatomie — in den späteren Auflagen nicht mehr — in folgender "Weise: „Die Richtigkeit dieser Auffassung wird u. a. durch die eigentümliche Orientierung der gestreckten Assimilations- zelleu in den Blättern verschiedener Ci/perus-Arten bestätigt. Dieselben sind nämlich radienförmig um die größeren und kleineren Leitbündel herum angeordnet, und so gibt es denn in ihrer Stellung alle Übergänge von der zur Oberfläche des Organs senk- rechten, d. i. palisadenförmigen Orientierung bis zur tangentialen, mit der Oberfläche parallelen Lagerung." 58 Experimentelle Untersuchungen und theoretische Betrachtungen usw. Zellen, Streckuugsrichtung). Da hier eine Ablenkung bis zu 30*^ von der Senkrechten vorkommt, so läßt sich wohl der Einfluß des Lichtes nicht leugnen. Haberlandt glaubt aber sogar annehmen zu dürfen, daß von einer bestimmten Richtung des auf die Assimilationsoi-gane einfallenden Lichtes nicht die Rede sein kann, da ja nach Sachs das direkte Sonnenlicht für die Pflanze weniger in Betracht kommt als „das vom gesamten Himmelsgewölbe reflektierte und überhaupt das diffuse Licht". Dabei müßte aber beachtet werden, daß auch bei diffuser (wirklich allseitig gleicher) Beleuchtung die senkrecht auffallenden Strahlenbündel die wirksamsten sind, weil doch nach einer bekannten physikalischen Tatsache die Intensität eines Lichtstrahlenbündels pro- portional dem Cosinus des Einfallswinkels ist (Maximum bei 0*^, Minimum [0] bei 90^ d. h. bei Streiflicht). Im Falle Spartiwn werden nun auch bei diffusem Himmelslicht gewisse Teile der Sprosse nicht allseitig beleuchtet, nämlich die horizontal liegenden Palisadenzellen in horizontalen Zweigen; sie erhalten nur von oben und schräg oben Licht, und demgemäß findet sich bei ihnen eine um 30*^ von der ohne Lichteinfluß zu erwartenden abweichende Stellung. In diesem Falle nehmen also die Palisadenzellen die für möglichst vollständige Durchleuchtung bei diffusem Licht günstige Stellung mehr oder weniger genau ein. Blicken wir auf die beiden grundlegenden Arbeiten von Stahl und von Haberlandt zurück, so können wir zusammenfassend fest- stellen: Stahl stellt das Bauprinzip der möglichst vollständigen Durch- leuchtung auf, Haberlandt das der Oberflächenvergrößerung und das der möglichst raschen Stoffableituug, lehnt aber die möglichst vollständige Durchleuchtung als Bauprinzip ab und weist ihr nur den Charakter einer Sekundärerscheinung zu. Die erste Arbeit, die sich nach Stahl und Haberlandt mit der Frage der Assimilationsgewebe beschäftigt, ist die schon mehrfach zitierte Arbeit von Pick (1882). Pick stellt sich durchaus auf die Seite Stahls, freilich unter gleichzeitigem Hinweis, wie für die Ausnutzung einer gegebenen Licht- quelle, für den Gasaustausch und die Ableitung der Assimilate das Palisadengewebe sehr zweckmäßig eingerichtet sei. Läßt sich auch Stahls Behauptung von dem Verschwinden der Palisadenzellform in ScJiattenblättern nicht in allen Fällen bestätigen, so zeigen doch aber die von Pick untersuchten Pflanzen, daß die Längs- streckung in den Schattenblättern geringer ist als in den Sonnenblättern: ja es wurden sogar Beispiele dafür bekannt, daß die Assimilationszellen in Sonnenblättern palisadenartig gestreckt, in Schattenblättern dagegen rundUch oder selbst parallel zur Oberfläche gestreckt waren (z. B. Leontodon taraxacum, Hedera helix). In einem Falle fand Pick sogar an einer typischen Schattenpflanze, Osmunda regalis, an Individuen, die in der Sonne gewachsen waren, an der Blattunterseite Palisadenzellen, während die beschatteten Blätter und auch die unteren Teile der be- treffenden besonnten Blätter normal rundliche oder parallel zur Ober- fläche gestreckte Zellen besaßen. In anderen Fällen ließ sich erkennen, daß die bei Scliattenpflanzen häufige Längsstreckung der Zellen parallel zur Blattoberfläche bedeutend verringert war und dafür eine schwache Streckung der zur Oberfläche mehr odei' weniger vertikal Experimentelle Untersuchungen und theoretische Betrachtungen usw. 59 stehenden Zellwandungfen eintrat (z. B. Convallaria majalis, Poly- gonatum multiflorum). Gleiche Unterschiede stellte Pick an Assimilationssprossen von Jasminum fruticans und Spartium fest, die unter verschiedenen Be- leuchtungsverhältnissen gewachsen waren. Um zu beweisen, daß es sich hier nicht etwa nur um eine Folge einer allgemeinen Wachstumshemniung handele, untersuchte Pick noch Blätter von Folygonum Siebold i, die er in jugendlichen Stadien mit Hilfe schwarzen Papieres auf der einen Blatthälfte verdunkelt hatte: Die beleuchtete Hälfte hatte, als das Blatt ausgewachsen war, typisches Palisadenparencln-m entwickelt, während dasselbe in der verdunkelten Blatthälfte unterdrückt war. Das Mesophj'll war im ganzen Blatt gleich stark entwickelt, die zwar vorhandenen Unterschiede in der Dicke der Blattspreite auf der beschatteten und der beleuchteten Seite waren • lediglich auf verscliiedene Höhe der Epidermiszellen zurückzuführen. Älinliche Versuche mit jungen. Sprossen von Jasminum fruticans und Spartium junceum ergaben das gleiche Resultat. Bezüglich der Frage, ob die Palisadenform der Zellen bei den einzelneu Pflanzen eine erbliche Eigentümlichkeit des Mesophylls der Blattoberseiten von Sonueublättern ist, so daß das Licht bei der Ent- faltung der jungen Laubblätter eine schon in der Knospenanlage der- selben vorgebildete gestreckte Zellform im gleiclien Sinne weiter- entwickelt, beziehungsweise deren Ausbildung bei Minderung der Be- leuchtung hemmt — oder ob das Licht die längsgestreckte Zellform direkt erzeugt, neigt Pick auf Grund seiner Beobachtungen zu der ersten Annahme. Denn erstens weisen viele Pflanzen mit typischen Palisadeuzellen schon in der Knospenanlage deutlich ausgeprägte Längsstreckuug der Zellen der liypodermalen Scliicht auf (Populus, Fhaseolus, Äsciepias, Ficus), obwohl die Blätter in diesem Zustande stärkerem Lichteinfluß entzogen sind. Überdies ist bei den meisten Pflanzen während der Blattentwdcklung die Blattunterseite dem Lichte ausgesetzt, und Sonnen- und Schattenblätter zeigen in jugendlichen Stadien noch keine be- deutenden Unterschiede. Auch auf dem Klinostaten allseitig gleich- mäßig beleuchtete Blätter weisen nach Pick keine vom normalen Bau wesentlichen Abw^eichungen auf. Also dürfen wir wohl wirklich das Palisadengewebe als angeerbte Zellform betrachten. Andererseits wird allerdings bei Thuja occidentalis, Biota orientalis, Lactuca scariola und Cirsium nach Picks Untersuchungen die Bildung von Palisadenzellen durch das Licht direkt veranlaßt. Ebenso gelang es in den von Pick angestellten Versuchen bei Pflanzen mit normaler- weise annähernd vertikal wachsenden Blättern (Colchicum autumnale, Rumex alpinus) auf der Unterseite durch Insolation Palisadengewebe hervorzurufen, während bei anderen Pflanzen {Ficus repens, Fopidus grandifolia usw.) eine Anomalie im ]\Iesophyll durch umgekehrte Be- leuchtung nicht zu erzielen war. Eine besonders starke Beeinflussung der Zellausgestaltung durch das Licht fand Pick bei manchen Pflanzen in bezug auf die Streckungs- richtung. Da es sich hierbei um Erscheinungen handelt, die unter normalen Verhältnissen in der freien Natur vorkommen, sind die dies- ßO Experimentelle Untersuchungen und theoretische Betrachtungen usw. bezüglichen Angaben schon in dem Abschnitt über das Streckungsver- hältnis der Palisadenzellen gemacht, und es braucht hier nur noch darauf hingewiesen zu werden, daß Pick diese Vorkommnisse mit Rücksicht auf seine Beobachtungen auf einen Einfluß der Beleuchtungsrichtung zurückführt. Zu der gleichen Anschauung wie Stahl und Pick gelangte auch JOHOW (1884) auf Grund seiner Beobachtungen in West-Indien. Wenn es sich auch nicht um systematisch durchgeführte Untersuchungen, sondern nur um mehr oder weniger gelegentliche Beobachtungen handelt, so sind die Ergebnisse umso beachtenswerter, da sie sich auf tropische Gewächse beziehen. Der Unterschied zwischen Sonnen- und Schattenblättern, die besonders typische und prägnante Ausbildung von Palisadenzellen bei Bewohnern sonniger Standorte und in manchen Fällen auch eine Ein- stellung der Palisadenzellen mit ihrer Längsachse in die Richtung des einfallendeu Lichtes schräg zur Oberfläche des Organes ließen sich fest- • stellen (freilich mit Ausnahmen, was wohl auf die geringere individuelle Anpassungsfähigkeit mancher Pflanzen zurückzuführen sei) ; das wichtigste aber ist wohl die Ausbildung von Palisaden bei Chrysodium vulgare (auf Trinidad) an sonnigen Lokalitäten, obwohl diese Pflanzengruppe im allgemeinen sehr typisches Schwammparenchym besitzt. Der von Stahl und Pick vertretenen und durch die genannten Belege gestützten Ansicht schließt sich in einer ausführlichen Besprechung auch Wilhelm (1884) an; er sagt: „Nach allen mitgeteilten Tatsachen kann also über den Einfluß des Lichts auf die gesamte Ausbildung der Laubblätter kein Zw^eifel bestehen. Dies muß ausdrücklich hervorgehoben werden, da vor kurzer Zeit die Meinung laut wurde, es seien die Be- leuchtungsverhältnisse ohne erhebliche Bedeutung für die Blattstruktur und nur maßgebend für die Anordrung des Assimilationsparenchyms (Habeelakdt)." Also die HABERLAJsroTsche Auffassung war Wilhelm schon bekannt und wird ausdrücklich abgelehnt. In gleicher Weise schließt sich Schenck (1886, S. 3) an Stahl und Pick an; erwähnt sei gleich an dieser Stelle auch noch, daß LOTHELEEE (1893, S. 137) eine vermittelnde Stellung zwischen Stahl und Aeeschoüg einnimmt, indem er dem Licht und der Luftfeuchtigkeit gleiche Bedeutung zuspricht: „L'influence de Tombre est le plus souvent parallele ä celle de Thumidite de l'air". In der ersten Auflage seiner Anatomie (1884) vertritt Habeelandt im wesentlichen den gleichen Standpunkt wie in seiner grundlegenden Arbeit über die Assimilationsgewebe (1882). Er hebt auch den tat- sächlichen Zusammenhang zwischen der Gestalt der Palisadenzellen und der günstigen Durchleuchtbarkeit des Blattes hervor, ohne jedoch in der Palisadengestalt eine direkte Anpassung zu sehen; vielmehr erkennt er als bedingende Faktoren nur seine beiden Bauprinzipien an. Den Be- leuchtungsverhältnissen spricht er auch jetzt noch in Hinblick auf die Pick sehen Beobachtungen nur einen sekundären Einfluß auf die Orientierung der Palisadenzellen zu. Er spricht von ., allerdings kaum zweifelhaften Fällen einer direkten Anpassung des Palisadengewebes an die Richtung des einfallenden Lichtes". Weiter erkennt er die von Pick konstatierte Tatsache an, daß das Licht einen fördernden Einfluß auf die Entwicklung des Palisadengewebes ausübt, und ebenso übernimmt er auch Stahls Auffassung, daß die Palisadenzellen wegen der in ihnen Experimentelle Untersuchungen und theoretische Betrachtungen usw. 61 vorliegenden dauernden Profilstellung der Chloroplasten die für starke Lichtintensitäten angemessene Zellforni seien. Heineicher (1884) erkennt den „hohen Einfluß, den das Licht auf die Ausbildung des Assiniilationsgewebes besitzt", an, nimmt aber zwischen den Auffassungen von Stahl-Pick und Haberlandt eine vermittelnde Stellung ein. Haberlandts Prinzip der Oberflächenvergrüßerung berührt er in seiner Arbeit nicht, er wendet sich vielmehr sofort der Stoff leitung zu. Er beschreibt da einige Beispiele von Assimilationsgeweben, die dieses Prinzip in noch besserer Weise verköii)ern, als die von Haber- landt herangezogenen Fälle. Ganz besonders bei Scahiosa ucrainica (Heinricher, Tafel XXIX, Fig. 2) tritt hervor, daß die ganze Anordnung des Meso- phylls von dem Streben be- herrscht wird, Anscliluß an die Leitbündelscheiden zu finden : das Mesophyll besteht nämlich lediglich aus langgestreckten Zellen, die zu senkrecht zur Blattoberfläche beginnenden , gekrümmten und senkrecht zu den Leitbündelscheiden enden- den Reihen vereinigt sind, und überdies sind die Leitbündel- scheiden „besonders sorgfältig und regelmäßig" ausgebildet (Schwammparenchym fehlt). Derartige Krümmungen nach den Leitbündelscheiden treten jedoch zurück oder fehlen wohl auch ganz, wo ein Schwamm- parenchym vorhanden ist. Diese Tatsachen veranlassen Heinricher zu seiner Stellungnahme, obschon die Deutung — wie er selbst betont — „vorläufig noch hauptsächlich auf anatomischen Tatsachen fußt'". Den Einfluß des Lichtes faßt Heinricher aber nicht so auf, daß er die Form der Zellen direkt bestimme; er erblickt vielmehr ,.in dem Lichte lediglich den anregenden Faktor, der zu einer immer voll- kommeneren Gestaltung des Assimilationsgewebes führt". Soweit es sich um die Gestalt der Assimilationszellen handelt, stellt sich Heinricher auf den Standpunkt Picks, daß die durch Vererbung fixierten Eigenschaften der Assimilationszellen während der Ontogenie noch mehr oder weniger vom Licht beeinflußt werden können, so daß also z. B. zur vollkommensten Ausgestaltung der langen Palisadenzellen Licht notwendig ist und daß im Falle des Lichtmangels die betreffenden Zellen nur so weit als Palisadenzellen ausgebildet werden, wie es infolge ihrer hereditären Disposition möglich ist. Bezüglich der Streckungs- richtung der assimilierenden Zellen lehnt Heinricher dagegen Pick ab und schließt sich dem Haberlandt sehen Stoffleitungsprinzip an. Erstens Fig. 26. Teil eines Querschnittes durch ein isolaterales Laubblatt von Scahiosa ucrainica. (Nach Heenricher 1884, aus Haberlandt 1918.) 62 Experimentelle Untersuchungen und theoretische Betrachtungen usw. spreche schon die Verschiedenheit der Lage, in welcher wir die Palisaden- zellen dem Licht gegenüber fänden, nicht für einen orientierenden Ein- fluß des Lichtes; überdies seien in den Kotyledonen mancher Pflanzen ausgesprochene Palisadeuzellen differenziert, obgleich hier von einer Ein- wirkung des Lichtes auf diese Stellung gar keine Rede sein könne. Schließlich gibt Heinricher auch für die schon von Pick beob- achtete und von ihm nachgeprüfte Schrägstellung von Palisadenzellen eine andere, das Licht nicht berücksichtigende Erklärung: „Diese Verschiebungen dürften zum größten Teil passiv durch Wachs- tum und Streckung anderer Gewebe -Elemente des Blattes ]i er vor geh rächt werden"^). Einige Belege werden dazu beschrieben: entweder handelt es sich um nach der Ausbildung der Palisadenzellen stattfindendes Streckungs Wachstum der benachbarten Zellen oder in anderen Fällen vermutet Heinricher durch geotropische oder helio- tropische Reaktionen veranlaßte Wachstumsvorgänge. Selbst im Falle Sparfium jimceiim lehnt Heinricher die Erklärung Picks ab : „Übrigens gebe ich zu, daß die Aufwärtskrümmung der Palisaden, welche PiCK an einem horizontalen Sprosse von Spartimn jimceum beobachtete und 1. c. S. 44 (Fig. 17, Taf. V) beschreibt, in der Tat einigermaßen für eine direkte Orientierungsfähigkeit der Assimilationszellen dem Lichte gegen- über zu sprechen scheint, halte sie aber auch hier nicht für erwiesen." Also wälirend Pick das Durchleuchtungsprinzip weit über das Stoff- leitungsprinzip stellt, betrachtet Heinricher das letztere für das über- ragende. Schimper (18851) wendet sich gegen Haberlandt und zwar, weil er dessen Untersuchungsmethoden nicht als beweiskräftig anerkennt. Er wirft der Arbeit von Haberlandt vor (S. 738): „Umsonst aber sucht man in derselben nach experimentellen Belegen, welche doch allein Sicherheit, bringen würden. Überall begnügt sich der Verf. mit bloßen Analogieschlüssen, welche mehr oder weniger berechtigt sein mögen, aber natürlich bloß den Wert von Hypothesen haben." Im übrigen (S. 775) stellt sich Schimper auf die Seite Stahls, indem er ausdrücklich sagt, daß die Untersuchung von Stahl und Pick über die Bedeutung des Lichtes für die Ausbildung der Palisadenzellen das Prinzip der Stoff- ableitung auf möglichst kurzem Wege „beseitigt oder doch sehr in den Hintergrund verlegt". Den gleichen Standpunkt wie Schimper vertritt auch Arthur Meyer, wie schon an dieser Stelle erwähnt werden mag, in den kriti- schen Anmerkungen der 2. Auflage seines „Ersten mikroskopischen Praktikums" (1907, S. 195 ff., desgL 1915, S. 223 ff.). Er sieht in Haberlant)Ts Darlegungen nur „Deutungen", nur „unbewiesene An- sichten", denen man den Wert guter heuristischer Hypothesen zu- sprechen dürfe-). ') Zur Annahme passiver Verschiehungen gelangte später auch RENNER (1919) auf Grund seiner Untersuchungen üher die Blattentwicklung von Muscari botryoides MiLL. u. a. ^) Die gleiche Einschätzung erfahren übrigens auch die anderen Hypothesen (Stahl, Areschoug, Rywosch); Arthur Meyer sagt von ihnen: „Aber überall stehen hier fast nur Vermutungen gegen Vermutungen, und Beweise für die Hypothesen sind überall durch das Experiment noch weiter zu schaffen." Experimentelle Untersuchungen und theoretische Betrachtungen usw. 63 Habeelandt (1886) glaubt dem Vorwurfe Schimpers schon deshalb widersprechen zu müssen, weil der für verschiedene Fcälle erbrachte Nach- weis, daß die Ableitung der Assimilatiousprodukte, zufolge des jeweiligen anatomischen Baues des Organes, nur in ganz bestimmten Bahnen erfolgen kann, mit einem bloßen Analogieschluß nichts gemein hat. Demgegenüber ist freilich zu beachten, daß eine derartige durch den anatomischen Bau bedingte Festlegung des Ableitungsweges nur in einzelnen Fällen vorliegt: und eine Verallgemeinerung, die von solchen Fällen ausgeht, ist demnach doch wohl nichts anderes als das, was SCHIMPEE unter „Analogieschluß" verstand. Bei seiner in dieser zweiten Arbeit erneuten Beweisführung stellt Habeelandt als erstes Argument die Tatsache hin, daß nach seinen Beobachtungen im spezifisclien Assimilationsparenchym, dem Palisaden- gewebe, jene Zellwände, durch welche hindurch ein regelmäßiger Stoff- verkehr stattfindet, von Chloroplasten entblößt sind. Er deutet diese Erscheinung dahin, daß die angegebene Verteilung der Chloroplasten die übliche sei, weil sie den Stoffaustausch zwischen den in der Strom- richtung aufeinander folgenden Zellen nicht behindere. Die Begünstigung der Stoffableitung durch die Chloroplasten ist zwar Tatsache; aber ist sie auch wirklich der Grund für die Chloroplastenverteilung? Feank (1872) hat schon darauf hingewiesen, daß die Chloroplasten die freien d. h. an Interzellularen grenzenden Wände der Assimilationszellen bevor- zugen wegen des leichteren Gasaustausches. Dem wendet Habeelandt entgegen, daß auch au den gemeinsamen Längswänden der Palisaden- zellen Chloroplasten lägen, also auch an Stellen, an w^elchen der Gas- austausch nicht erleichtert sei. Betrachten wir nun aber die Breite dieser gemeinsamen Längsstreifen und die der Querwände, so finden wir doch oft, vielleicht sogar meist, daß die Chloroplasten an den seitlichen Fugenwänden den Interzellularen näher sind, als sie es an den Quer- wänden sein könnten. Also eine — sagen wir — chemotaktische An- ziehung der Chloroplasten an die sämtlichen Seitenwände wäre, falls der Raum an den freien Wänden nicht ausreicht, immerhin doch möglich. Und schließlich dürften m. E. doch diejenigen Momente für die Chloro- plastenanordnung die wichtigeren sein, welche den Chloroplasten direkt selbst Vorteile gewähren. Ich halte demgemäß das Bestreben der Chloro- plasten, in eine bezüglich der Beleuchtung und des Gasaustausches günstige Lage zu kommen, für das primäre, die Beziehungen zum Stoff- verkehr innerhalb des Gew^ebes dagegen für sekundär. Die Auffassung Picks über die die Streckungsrichtung bestimmende Wirkung des Lichtes, der Habeelandt in seiner Anatomie zunächst beigestimmt hatte, lehnt er nunmehr auf Grund der Untersuchungen Heineichers und einiger eigener nachträglicher Beobachtungen ab. Denn erstens komme Scliief Stellung der Palisadenzellen auch schon in ganz jungen Blättern vor, in denen ein Einfluß des Lichtes von vorn- herein ausgeschlossen sei; zweitens in überhängenden Blättern sei die Schrägstellung von der Basis bis zur Spitze die gleiche (gegen die Spitze gekehrt), also die Abweichung zur Horizontalebene in der unteren und oberen Hälfte gerade entgegengesetzt (Heinrichee: Isolepis australis; Habeelandt: Omithogalum umbellatum, Muscari racemosum, Scilla bifolia u. a.). Deshalb nimmt Habeelandt nunmehr auch mechanische Ursachen (Wachstumsverschiebungen) an. 64 Experimentelle Untersuchungen und theoretische Betrachtungen usw. Bei der zweiten Gruppe von Beispielen ist jedoch m. E. auch zu beachten, daß die ttberhängfenden Blätter zur Zeit der Ausbildung der Palisadenzellen noch nicht ihre endgültige Lage eingenommen haben: in Hinblick auf die erste Gruppe könnte man aber die Frage aufwerfen, ob nicht wenigstens die schon in den ersten Anlagen erkennbare Schräg- stellung im Laufe der Phylogenie durch den Einfluß des Lichtes heran- geztichtet und nunmehr vererbt sei, im Laufe der Ontogenie aber noch wiederum unter dem Einfluß des Lichtes verstärkt werde. M. E. dürfte eine solche zwar auch nur theoretische Frage mit gleicher Berechtigung Anspruch auf Beachtung erheben wie manche andere, die gleichfalls nicht zuverlässig durch Experimente nachgeprüft werden kann. Sclüießlich faßt Habeelandt den Unterschied zwischen Sonnen- und Schattenblättern auf Grund seiner Beobachtungen anders auf als St^^jtl. Während Stahl angibt, daß an sonnigen Standorten stärkere Entwicklung des Palisadenparenchjans, an schattigen stärkere Ausbildung des Schwammparenchyms stattfände, sagt Haberlandt, daß der stärkeren oder schwächeren Intensität des Lichtes eine stärkere oder schwächere Ausbildung des spezifischen Assimilationsgewebes, des Palisadenparen- chyms, entspreche, während das Schwammparenchym absolut genommen stets annähernd gleich mächtig entmckelt werde. (Diese Angaben stehen im Widerspruch mit denen von Pick über Polygonum Sieholdi.) Dem- gemäß mißt Hajbeelandt dem Einfluß des Lichtes nicht jene Bedeutung zu, wie es Stahl tut, sondern er faßt das Licht nur als Reiz auf, welcher für die Ausbildung des Palisadengewebes (in bezug auf die Stärke, d. h. die Quantität) mehr oder weniger maßgebend ist. Das Palisadengewebe ist seiner Meinung nach' aber stets ein ererbtes Merkmal, und „wo die »hereditäre Disposition« zur Ausbildung eines Palisadengewebes fehlt, dort wird auch die intensivste Beleuchtung ein solches nicht zur Entwicklung bringen". Ebeedt (1888) lehnt auf Grund von Versuchen den STAHLschen Satz, daß die Palisadenzellen die für starke Lichtintensitäten, die Schwammparenchymzellen die für geringe Lichtintensitäten angemessene Zellform seien, ab. Bei Clematis integrifoUa, Phlox panicidata und Tropaeolum majus konnte er experimentell keine Unterschiede zwischen im Licht und im Dunkeln erwachsenen Blättern erzielen. Ebenso wenig gelang es bei Clematis integrifoUa, Phlox paniculafa, Hydrolea spinosa durch intensive Belichtung auf den Blattunterseiten Palisadenzellen hervorzurufen. (Diese Beispiele stehen also im Widerspruch mit den Angaben Stahls.) Das positive Ergebnis der Versuche von Ebeedt, das er durch Kultur von Tropaeolum majus bei verschiedenster Boden- und Luft- feuchtigkeit, sowie auch mit Hilfe von anderen Pflanzen gewann, ist folgendes: „Die Verlängerung der Paüsadenzellen, die Vermehrung ihrer Lagen wird herbeigeführt durch das Zusammenwirken der Assiuiilation und Transpiration und zwar so, daß, je inniger die beiden Faktoren zusammenwirken, die Zellen umso länger, der Lagen umso mehr werden.'' Es handelt sich hierbei allerdings nur um Palisadenzellen und es ist deshalb kein verallgemeinernder Schluß auf die gesamten Assimilations- zelltypen möglich,' wie es besonders von Habeelandt stets angestrebt wurde. Immerhin sind die Ergebnisse für die Palisadenzellen be- achtenswert. Experimentelle Untersuchungen und theoretische Betrachtungen usw. 65 RiCKLi stimmt mit Rücksicht auf seine ausführlichen I^nter- suchungen der Cyperaceen (1895) Habeelandt bei. Die Cyperaceeu mit innerer Parenchymscheide liefern ihm eine „neue glänzende Be- stätigung" für das Stoffableitungsprinzip: Das Assimilationssystem ist bei den betreffenden Cyperaceen verhältnismäßig nur schwach, daher stehen die Assimilationszellen in direktem Zusammenhang mit dem Ab- leitungsgewebe. — Dieser Auffassung können wir durchaus beistimmen, besser freilich nicht in dieser, sondern der folgenden von Rickli selbst an etwas späterer Stelle ausgesprochenen Form: „Die schwache Aus- bildung des Assimilationsgewebes der Chlorocyperaceen wird somit durch das Auftreten einer inneren chlorophyllhaltigen Parenchymscheide und durch die direkte Ableitung der Assimilationsprodukte aus den Palisaden ermöglicht." .1896 nimmt Habeelandt in der 2. Auflage seiner Physiologischen Pflanzenanatomie noch einmal Stellung zu der Frage der Bauprinzipien. Er stellt seine und Stahls Theorie einander gegenüber und sucht die Auffassung Stahxs durch 7 „ffauptgründe" zu widerlegen. Da diese Auseinandersetzungen abgesehen von einer kleinen Änderung, die zwar eine gewisse Konzession bedeutet, von der 2. in die 3., 4. und 5. Auf- lage wörtlich übernommen sind, also den endgültigen Standpunkt Habee- LANDTs darstellen, so seien sie hier wiedergegeben und noch einmal im Zusammenhang kritisch beleuchtet: „1. Unter den in der freien Natur gegebenen Verhältnissen fällt das Sonnenlicht niemals senkrecht auf die Laubblattfläche ein. Bei dem wechselnden Stand der Sonne von Morgen bis Abend werden die in fixer Lichtlage befindlichen Laubblattspreiten von den Sonnenstrahlen unter den verschiedensten Winkeln getroffen, und wenn sich das Blatt in horizontaler Lage befindet, so kann dasselbe in unseren Breiten über- haupt niemals senkrecht bestrahlt werden. In ^Vlitteleuropa (zwischen dem 45. — 55. Breitengrade) beträgt die Mittagshöhe der Sonne am 21. Juni, also der höchste Sonnenstand, welcher überhaupt erreicht wird, 58,5 bis 68,5 Grade. Was das diffuse Tageslicht betrifft, so fällt dieses ja von vornherein unter den verschiedensten Winkeln auf die Laubblattfläche ein. Die für das Assimilationssystem wichtigsten, annähernd senkrecht auffallenden Lichtstrahlen werden aber infolge der unausbleiblichen Re- flexionen, Brechungen und Absorptionen einerseits bedeutend ge- schwächt, und andererseits so stark zerstreut, daß schon in einer geringen Entfernung von der Epidermis von einer Profil- und Flächen- stellung im gleichen Sinne, wie bei einem einschichtigen Moosblatt oder einem Farnprothallium, überhaupt nicht mehr die Rede sein kann. 2. Bei vielen Pflanzen wird auch im tiefen Schatten ein Pali- sadengewebe ausgebildet, welches sogar aus mehreren Zellagen bestehen kann. Besonders gilt dies für die Blätter wintergrüner Gewächse. Diesem Widerspruch sucht Stahl mit der Annahme zu begegnen, daß an die langlebigen Blätter der immergrünen Gewächse noch andere An- sprüche — größere Festigkeit, Widerstand gegen Frost — gemacht werden, die eine weitergehende Anpassung an die Beleuchtungsverhält- nisse nicht gestatten. Doch ist nicht einzusehen, weshalb ein festerer Bau und Widerstandsfähigkeit gegen Frost die Anpassung an die Be- leuchtungsverhältnisse beeinträchtigen sollen. Die Ausbildung von Pali- sadenzellen macht ja das betreffende Blatt in genannter Hinsicht wider- Handbnch der Pflanzenanatomie, L 2B 5 66 Experimcutelle Untersiuhungen und theoretische Betrachtungen usw. staudsfaliiger. Übrigens besitzen auch bei manchen Pflanzen mit im Herbst abfallenden Blättern die Schattenblätter ein typisches Palisaden- gewebe (MagnoHa aciiminata. Tropaeolmn majus, Chelidonium majus nach Eberdt). 3. In Palisadenzellen mit seitlichem Anschloß an die untere Zellage sind die Querwände auch dann stets von Chlorophyllkörnern entblößt, wenn sie eine geneigte oder zur Organfläche nahezu senkrechte Stellung zeigen, und demnach annähernd die Profilstellung ermöglichen würden, während anderei'seits auch die umgebogenen, zur Organober- fläclie ungefähr parallel orientierten Teile der Seitenwände mit Chlorophyll- kürnern dicht besetzt sind, obgleich sich die letzteren derart in dauernder Flächenstellung befinden. Ebenso sind auch die freien Enden der in Atemhöhlen hineinragenden Palisadenzellen in der Regel mit einem all- seitigen Chlorophyllbeleg versehen, obgleich die obersten Cliloroplasten dabei in die Flächenstellung geraten. 4. Sehr häufig sind einzelne Palisadenzellen mehr oder weniger gekrümmt, wenn sie z. B. den Anschluß an Sammelzellen oder Leit- parenchymscheiden erreichen sollen, oder wenn sie die Atemhöhlen der Spaltöffnungen begrenzen und überwölben. Selbst rechtwinklige Krüm- mungen der Palisaden kommen vor {Scilla hifolia, ....). Die Chlorophyll- verteilung in solclien Zellen untersclieidet sich in keiner Weise von jener in typischen, gerade gestreckten Palisaden: die Seitenwände sind überall gleichmäßig von Chlorophyllkörnern bedeckt, obgleich auf diese Weise je nach dem Grade der Krümmung eine größere oder geringere Anzahl von Körnern aus der Profil- in die Flächenstellung gelangt. 5. Da die so häufige Schiefstellung der Palisaden, wie sie schon .... auseinandergesetzt worden ist, nicht (seit der 4. Aufl. schreibt H. : in den meisten Fällen nicht) mit der Beleuchtungsrichtung zusammen- hängt, so spricht dieselbe gegen die STAHLsche Auffassung. In über- hängenden Blättern sind die Palisadenzellen im unteren, aufrechten Blatteile von innen nach außen schief aufwärts orientiert, sie nehmen also in bezug auf die Hichtung des einfallenden Lichtes zwei einander entgegengesetzte Stellungen ein. 6. Beim Kranztypus (und verwandten Typen) sind von den radienförmig um das Gefäßbündel herum angeordneten gestreckten Assimilationszellen die zwischen dem Gefäßbündel und der Blattober- fläclie gelegenen Zellen annähernd senkrecht zur Oberfläclie orientiert, mithin als Palisadeuzellen zu bezeichnen. Die seitlichen Zellen dagegen sind parallel zur Organoberfläche gelagert; dazwischen gibt es natürlich alle mediären Stellungen. Da niemand bezweifeln wird, daß für die Streckung und Orientierung sämtlicher Zellen des Kranzes ein und dasselbe Erklärungsprinzip zu gelten hat, so ist auch für die Palisaden- zellen des Kranzes eine Beziehung zur Richtung und Intensität des einfallenden Lichtes ausgeschlossen. Dasselbe gilt ferner mutatis mutandis für jene reihenweise angeordneten, gestreckten Assimilations- zellen, welche gekrümmte Kurven bilden, die den ableitenden Gefäß- bündeln zustreben {Scahiosa ucrainica, ....). Für die ganze Kurve hat offenbar ein Erklärungsprinzip zu gelten, s(»wohl für die oberste Zelle der Kurve, welche noch eine typische Palisadenzelle ist, wie für die unterste Zelle, die zur Oberfläche schräg odei' sogar parallel ist. Experimentelle Untersuchungen und theoretische Betrachtungen usw. (37 7. Endlich darf iiiclit übersahen werden, daß die Palisaderizellen überhaupt bloß einen Spezialfall in der Reihe der gestreckten Assimi- lationszellen bilden, die zur Or