r-q S 0 0301 Das Weltbild von Darwin und Lamarck j, Freudig war, vor vielen Jahren, Eifrig so der Geist bestrebt, Zu erforschen, zu erfahren. Wie Natur im Schaffen lebt. Und es ist das ewig Eine, Das sich vielfach offenbart; Klein das Große, groß das Kleine, Alles nach der eignen Art.- Immer wechselnd, fest sich haltend. Nah imd fern, und fern und nah; So gestaltend, umgestaltend — Zum Erstaunen bin ich da." Goethe. (Parabase, aus i,Gott und Welt".) Das Weltbild von Darwin und Lamarck Festrede zur hundertjährigen Geburtstagfeier von Charles Darwin am 12. Februar 1909 gehalten im Volkshause zu Jena von Ernst Haeckel Zweite Auflage LEIPZIG !röne 1909 Alfred Kröner Verlag O ^ f 37 (v^ / 0 7 0 0 Druck von Oscar Brandstetter in leipzig. Hocliansehnliche Festversammlung! Das hohe Fest der Wissenschaft, das uns heute hier zusammengeführt hat, wird gleichzeitig an zahl- reichen Orten der gebildeten Welt feierhch begangen. Nicht allein an den meisten Universitäten und Akade- mien des alten Europa, sondern ebenso in Asien und Afrika, in Amerika und Australien, sind heute viele ge- lehrte Gesellschaften, Naturforscher und Philosophen, Lehrer und Ärzte, Freunde der Aufklärung und Förderer der Wahrheit versammelt, um einmütig den hundert- jährigen Geburtstag von Charles Darwin zu feiern. Kein anderer großer Schriftsteller hat in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts so tief in den inneren Entwicklungsgang des menschlichen Geistes eingegriffen, hat so viel zur Begründung unserer modernen Welt- anschauung beigetragen, wie es diesem gewaltigen eng- lischen Naturphilosophen zu tun beschieden war. Als 1859 sein epochemachendes Hauptwerk „Über die Ent- stehung der Arten im Tier- und Pflanzenreich" erschien, hatte Darwin bereits sein fünfzigstes Lebensjahr über- schritten; so reif war diese Frucht seines zwanzigjährigen Denkens und Forschens, daß sie schon in kürzester Zeit ihren anregenden und teilweise umwälzenden Einfluß auf alle Gebiete menschlicher Erkenntnis zu äußern be- gann. Und doch war der weltbewegende Grundgedanke — 6 — desselben, die Theorie von der beständigen Umbildung aller Lebensformen, keineswegs neu; schon 50 Jahre früher, im Geburtsjahr Darwins selbst, hatte der geist- reiche französische Naturphilosoph Jean Lamarck ihn in eine klare und feste Form gegossen, in seiner bewunde- rungswürdigen „Philosophie zoologique" (Paris 1809). Allein dieser kühne Versuch war seiner Zeit viel zu weit vorausgeeilt und wurde in den Kreisen der strengeren Naturforschung bald vergessen. Erst im Laufe der letzten dreißig Jahre hat sich Lamarcks Werk, und zwar in zunehmendem Maße, die verdiente Anerkennung gewonnen, die ihm seine Zeit- genossen versagten. Es hat sich sogar in neuester Zeit eine extreme Schule des „Lamarekismus" gebildet, welche seine Bedeutung übertreibt und zu seinen Gunsten den ,, Darwinismus" herabsetzen will. Selbst zwei mo- derne Schulen, die sich als „Neolamarckismus" und ,, Neodarwinismus" gegenüberstehen, kämpfen gegen- wärtig um den Vorrang. Da nun außerdem auch noch andere Epigonen besondere Richtimgen der Entwicklungs- lehre vertreten und im Kampfgewühle derselben oft be- trächtliche Staubmassen das sonnenklare Licht der Wahr- heit verdunkeln, wird es zweckmäßig sein, wenn wir heute unseren Blick vor allem auf die Werke und die Personen der beiden großen Heerführer lenken, die wir gleichzeitig hier zu feiern das Recht und die Pflicht haben. Worin besteht denn eigentlich das große Reform- werk von Lamarck und Darwin ? Und in welchen Rich- tungen unterscheiden sich die beiden Geisteshelden? Kurz, in zwei Worte zusammengefaßt, ist das Haupt- verdienst der Lamarck-Darwinschen Theorie die endgültige Lösung der großen ,, Schöpfungsfrage", die wissenschaftliche Beantwortung des uralten Problems : ,,Wie sind die unzähligen Arten von Tieren und Pflanzen, die unsere Erde bevölkern, in die Welt gekommen ? Wie sind die vielen zweckmäßigen Eim-ichtungen ihrer Or- ganisation entstanden? Und woher ist der Mensch selbst gekommen, das vollkommenste aller organischen Wesen?" So lange es denkende Menschen auf diesem Erdball gibt — oder richtiger ausgedrückt: Seitdem sich das Nachdenken des Menschen über sein Wesen und sein Verhältnis zur Natur langsam entwickelt hat, ist die Beantwortung jener großen Schöpfungsfrage in der ver- schiedensten Weise versucht worden ; gewöhnlich durch die anthropistische Hypothese eines persönlichen Schöpfers. Dieser ,, allweise, allgütige und allmächtige Gott" sollte für die Erschaffung einer jeden einzelnen Art einen ,, Schöpfungsplan" entworfen und ihn mit zweckentspre- chenden Mitteln technisch ausgeführt haben. Bald wurde dabei der menschenähnlich denkende und arbeitende Schöpfer mit einem phantasiereichen Dichter verglichen, der die wunderbaren Erzeugnisse seiner Einbildungskraft aus reinem Geiste erschuf; bald mit einem kunstreichen Welten -Baumeister, der mit vollendeter Technik seine komphzierten Maschinen zusammensetzte und ihnen seinen lebendigen Odem einhauchte. Noch 1859 konnte der be- rühmte Louis Agassiz sagen: ,,Jede einzelne Tier- und Pflanzen- Art ist ein verkörperter Schöpfungsgedanke Got- tes." Bekanntlich ist die besondere Form dieses Schöp- fungs-Mythus, welche sich im ersten Buche Moses findet, durch die Ausbreitung der Bibel zur Weltherrschaft ge- langt und wird noch heute in den meisten Schulen früh- zeitig den Kindern als zweifellose Wahrheit eingeprägt. — 8 — Durch Linne fand sie (1735) auch Eingang in dessen grundlegendes Natursystem. Seine bedeutungsvolle Definition des Art -Begriffes lautete: „Es gibt so viel verschiedene Spezies, als ur- sprüngUch verschiedene Formen vom unendhchen Wesen erschaffen worden sind". Diesen und anderen mythologischen Schöpfungssagen gegenüber hatten schon sechs Jahrhunderte vor Christus mehrere Häupter der bewunderungswürdigen jonischen Naturphilosophie den Versuch gemacht, die Entstehung der Erde und ihrer Organismen auf natürlichem Wege zu erklären, durch die Annahme einer selbständigen Entwicklung der Materie; so vor allem Anaximenes, später Heraklit und Empedokles. Allein diese ersten Keime einer naturgemäßen Entwicklungstheorie und einer darauf begründeten monistischen Naturphilosophie wur- den bald unterdrückt durch die Ausbreitung der dualis- tischen ,, Geistesphilosophie", die im vierten Jahrhundert vor Christus von Plato und seiner transzendenten Ideen- lehre ausging. Sie gewann durch ihre Verknüpfung mit dem christlichen Dogmengebäude bald die weiteste Gel- tung und erhielt sich bis zum Beginne des neunzehnten Jahrhunderts. Diesen herrschenden Anschauungen trat zuerst vor hundert Jahren Jean Lamarck bestimmt entgegen. Er behauptete, daß alle Organismen, die unseren Erdball gegenwärtig beleben, von älteren, davon verschiede- nen Arten früherer Erdperioden abstammten und daß sie aus diesen durch allmähliche Umbildung entstanden seien. Das war der bedeutungsvolle Grundgedanke der neuen Abstammungslehre (Deszendenz -Theorie) oder Umbildungslehre (Transformismus). Als die wichtig- _ 9 — sten Faktoren dieses beständigen langsamen Umbildungs- prozesses erkannte Lamarck die Anpassung und die Vererbung. Die allgemeine Veränderlichkeit oder Varia- bilität aller organischen Formen, der Gebrauch oder Nichtgebrauch der Organe, gestattet durch Anpassung an neue Lebensbedingungen ihre weitgehende Umbildung (Transformation); anderseits ist die konservative Ver- erbung bestrebt, die von Eltern und Voreltern über- tragenen Eigenschaften bis zu einem gewissen Grade be- ständig zu erhalten. Bei der beständigen Wechselwirkung, welche zwischen den beiden physiologischen Tätigkeiten der Vererbung und Anpassung stattfindet, ist von höch- ster Bedeutung die progressive oder transformative Ver- erbung, die vielumstrittene ,, Vererbung erworbener Eigen- schaften". Da Lamarck von dem einheitlichen Zusammenhang aller Naturerscheinungen fest überzeugt war, da er eine ununterbrochene Kette zusammenhängender Entwicklung von den niedrigsten bis zu den höchsten Lebensformen annahm, konnte er vernünftigerweise auch den Menschen davon nicht ausschließen. Mit klarem Scharfblick hatte er bereits 1794 die natürliche Einheit des Wirbeltier- Stammes erkannt, der die vier höheren Klassen des da- mals herrschenden Linneschen Systems umfaßt, die Fische, Amphibien, Vögel und Säugetiere. Ihnen stellte er die beiden niederen Klassen, Insekten und Würmer, als Wirbellose gegenüber. Alle Merkmale des Körper- baues, durch welche sich die Säugetiere von den übrigen Wirbeltieren unterscheiden, besitzt auch der Mensch. In der Klasse der Säugetiere selbst aber stehen ohne Zweifel die Affen und Halbaffen dem Menschen am nächsten; deshalb hatte sie schon Linne 1735 mit ihm in — 10 — der Ordnung der Menschenartigen (Anthropomorpha) oder Her rentiere (Primates) vereinigt. Folgerichtig zog Lamarck daraus den Schluß, daß auch ihr Ursprung gemeinsam sein müsse, und daß das Menschengeschlecht im Laufe sehr langer Zeiträume durch allmähliche Um- bildung aus einer vielgestaltigen Stufenleiter von Säuge- tieren hervorgegangen sei. Als die ältesten Wurzeln aber dieses vielverzweigten Stammbaumes betrachtete er niederste Tiere einfachster Art, durch Urzeugung aus anorganischer Materie entstanden. Diese Ansichten von Lamarck, die wir heute als Grundpfeiler unserer modernen Entwicklungslehre be- trachten, und welche die alte Schöpfungslehre beseitigten, erregten zwar bei ihrem Erscheinen vor hundert Jahren vielfaches Aufsehen; sie eilten aber ihrer Zeit so weit voraus und wurden von den herrschenden Autoritäten (voran dem großen Cuvier) so energisch bekämpft, daß sie bald nahezu vergessen wurden. Als dann fünfzig Jahre später Charles Darwin sie von neuem aufnahm, und, mit ganz anderen Hilfsmitteln arbeitend, von an- deren Gesichtspunkten ausgehend, sie in kurzer Zeit zu weitester Geltung brachte, erschien die ganze Abstam- mungslehre als eine völlig neue Theorie, die vielfach kurzweg als Darwinismus (im weiteren Sinne !) bezeichnet wurde. Im Verlaufe weniger Jahre machte sich ihr ge- waltiger Einfluß im Gesamtgebiete der Wissenschaft geltend. Der auffälHge Gegensatz zwischen dem Mißerfolge Lamarcks und dem reichen Erfolge Darwins erklärt sich zunächst durch die glänzenden Fortschritte der Naturwissenschaft, welche in das fruchtbare, zwischen beiden liegende halbe Jahrhundert fallen. In diesem — 11 — merkwürdigen Zeitraum entstand eine ganze Reihe von biologischen DiszipHnen, welche die Aufgaben und Ziele der Lebenswissenschaft unendlich erweiterten. Schon in die ersten Dezennien des neunzehnten Jahrhunderts fällt die Begründung der vergleichenden Anatomie und Paläonto- logie durch Cuvier. 1828 veröffentlichte Carl Ernst von Baer seine klassische Entwicklungsgeschichte der Tiere, gegründet auf „Beobachtung und Reflexion". 1838 schufen Schieiden und Schwann die Zellentheorie und öffneten dadurch die Einsicht in den inneren feineren Bau des Tier- und Pflanzenkörpers. 1833 erschien das klassische Lehrbuch der Physiologie, durch welches der große Jo- hannes Müller die Lebenserscheinungen auf physika- lische und chemische Gesetze zurückfülirte. Gleichzeitig wurde durch zahlreiche überraschende Entdeckungen unsere Kenntnis vom Körperbau und Leben, von der Entwicklung und Verwandlung besonders der niederen Tiere und Pflanzen außerordentlich gefördert. So häufte sich in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts ein ungeheures empirisches Material von Kenntnissen an, von denen Darwin 1859 zur Stütze seiner Theorien den ergiebigsten Gebrauch machen konnte, während sie seinem Vorgänger Lamarck noch gefehlt hatten. Das großartige Gebäude der Entwicklungslehre, dessen Umrisse der geniale Griff von Lamarck 1809 mit einemmale in die Welt gesetzt hatte, glich dem eisernen Gerüste eines gewaltigen Palastes, von dessen höchsten Zinnen das erstaunte Auge des denkenden Naturforschers eine entzückende Übersicht über das ein- heitliche Weltbild genoß. Aber die zahlreichen Säle dieses monistischen Museums und die langen Korridore, die sie in vielen Stockwerken verbanden, waren großen- — 12 — teils leer. Der skeptische Beobachter sah sich vergebens nach den empirischen Beweisgründen um, welche die kühnen Hypothesen des weitblickenden Baumeisters durch handgreifliche Tatsachen stützen sollten. Durch die hohen offenen Fenster stürmten von allen Seiten die Zweifel und Bedenken herein, welche einerseits die Kritik der Vernunft, andererseits die Selbstgewißheit des tra- ditionellen rehgiösen Glaubens den neuen Lehren des Transformismus gegenüber stellten. Ganz anders gestaltete sich der wundervolle massive Bau der Entwicklungslehre, welcher jenem schimmernden Phantasiepalast von Lamarck gegenüber fünfzig Jahre später von Charles Darwin errichtet wurde. Darwin füllte die weiten Räume seines Museums mit Tausenden von anschaulichen Objekten, welche der Bienenfleiß der neuen, inzwischen entstandenen biologischen Wissenschaf ts- zweige gesammelt hatte. Tausende von Beobachtungen und Versuchen aus allen Zweigen der modernen Biologie lieferten nun die handgreiflichen, jeden klar denkenden Forscher überzeugenden Beweise für das stolze und fest- gegründete Hypothesengebäude der Deszendenztheorie. Außerdem aber füllte Darwin mit erfahrener Meister- hand die weite Lücke aus, welche Lamarck darin noch offen gelassen hatte. Durch die Aufstellung seiner Se- lektionstheorie — der ihm eigenen „Zuchtwahllehre" — löste er das große Rätsel von der mechanischen Ent- stehung der zweckmäßigen Organisation; er erledigte zuerst befriedigend die dunkle, bisher noch von niemand beantwortete Frage: ,,Wie können die verwickelten, offenbar für einen bestimmten Lebenszweck zusammen- wirkenden Einrichtungen im Körperbau der Tiere und Pflanzen von selbst entstanden sein, ohne daß eine be- — 13 — wußte Schöpferkraft oder ein zielbewußtes metaphysisches Prinzip dabei mitwirkte?" Die klare und überzeugende Antwort auf diese schwierigste Frage der Natui-philo- sophie ist eben die Selektionstheorie, der Darwinismus im engsten und eigentlichsten Sinne. Wenn wir als das höchste und letzte Ziel aller unserer wissenschaftlichen Arbeiten die Gewinnung eines klaren und einheitlichen Weltbildes betrachten, und wenn wir in dieser Hinsicht die allgemeinsten Ergebnisse der riesigen Lebensarbeit unserer beiden bahnbrechenden Meister vergleichen, so kann es keinem Zweifel unter- liegen, daß dieses Ziel für beide Begründer dasselbe war. Das höchste Streben von Lamarck ebenso wie von Darwin war darauf gerichtet, die natürUchen Ursachen für die wundervollen Erscheinungen der organischen Natur zu erkennen, die uns überall umgeben — ,,Rerum cognoscere causas." Die Allmacht des unbeugsamen Naturgesetzes sollte erwiesen werden gegenüber den althergebrachten mystischen Vorstellungen von der technischen Arbeit eines persönlichen Schöpfers. Die- selbe Gesetzmäßigkeit in der historischen Entwicklung der Erscheinungsketten, welche für die anorganische Natur, in der Astronomie und Geologie, längst nach- gewiesen war, sollte nun auch für die gesamte organische Natur geltend gemacht werden, für die stufenweise Ent- wicklung der gesamten Pflanzenwelt und Tierwelt, und für den Menschen an deren Spitze. Indem so die natür- liche Einheit des Weltbildes nachgewiesen wurde, führte die Naturphilosophie von Darwin und Lamarck zum reinen Monismus. Die Wege, auf denen Lamarck und Darwin, un- abhängig voneinander, zur Konstruktion ihres einheit- — 14 — liehen Weltbildes gelangten, waren völlig verschieden, zum Teil sogar entgegengesetzt. Schon vor 20 Jahren hat Arnold Lang in einem Vortrage, den er hier in Jena „Zur Charakteristik der Forschungswege von Lamarck und Darwin" hielt, gezeigt, wie sich dieser Gegensatz erklären läßt: einerseits aus den verschiedenen Geistes- anlagen und inneren Charakterzügen der beiden großen Naturphilosophen, anderseits aus ihr'.-m ganz verschie- denen Lebenslaufe und äußeren Arbeitsbedingungen. Trotzdem war beiden gemeinsam der Charakter des Autodidakten; beide erwarben sich ihre ausgedehnte und tiefgründige Naturerkenntnis nicht durch regelmäßige akademische Studien, nicht durch Vergraben in eine umfangreiche Literatur, sondern durch unmittelbare An- schauung der Naturerscheinungen selbst und durch un- befangenes Nachdenken über ihre Ursachen. Beide For- scher blieben so bewahrt vor manchen Irrtümern und Vorurteilen, welche der Autoritätsglaube im gewöhn- lichen regulären Gange des akademischen Studiums mit sich zu führen pflegt ; sie wurden dadurch befähigt, ihre eigenen neuen Wege selbständig einzuschlagen und ganz neue Pforten der Erkenntnis zu öffnen. Jean Lamarck wurde am 1. August 1744 zu Bazentin in der Picardie geboren, als das elfte Kind des Barons Pierre de Monet, Ritter von Lamarck. Der Vater, der nur ein sehr bescheidenes Vermögen besaß, bestimmte ihn für den Dienst der Kirche und brachte ihn bei den Jesuiten von Amiens unter. Die dortige klerikale Er- ziehung war ihm aber so zuwider, daß er gleich nach dem Tode des Vaters, 1760, aus dem Kloster austrat und nach dem Beispiele seiner älteren Brüder sich zur französischen Armee nach Westfalen begab. Hier zeichnete — 15 — sich der 17jährige JüngUng in einem Gefecht bei Lipp- stadt so aus, daß er sofort zum Offizier befördert wurde. Nach dem bald erfolgten Friedensschluß wurde er in Garnison nach Toulon und Monaco geschickt. Hier er- regte die herrhche Pflanzenwelt der Riviera sein leb- haftes Interesse, und er stürzte sich eifrig in die systema- tische Botanik. Als er dann, infolge von Erkrankung pensioniert, nach Paris übersiedelte, setzte er diese Studien im dortigen Pflanzengarten fort und wurde mit Buff on bekannt. In kurzer Zeit vollendete er hier sein erstes großes Werk, die dreibändige Flore FrauQaise, ,,die Mutter aller späteren Floren, die zum leichten Bestimmen der Pflanzen imd zur Übersicht des Systems dienen". Nachdem dieses Werk unter Buffons Protektion 1778 (im Todesjahre vonLinne) erschienen war, wurde Lamarck in die Pariser Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Der intime viel jährige Verkehr mit dem geistreichen Buffon — einem der ersten Naturforscher, die an der Beständigkeit der Arten zu zweifeln wagten — wird vielleicht den ersten Keim der Abstammungslehre in Lamarck gelegt haben. Sie befestigte sich in ihm durch die ausgedehnten systematischen botanischen Studien der folgenden 20 Jahre. In einem umfangreichen Werke von 12 Bänden, einem Teile der großen Encyclopedie metho- dique, gab Lamarck die Charaktere von 2000 Pflanzen- gattungen und illustrierte sie durch 900 Kupferstiche; von dem Ertrage dieser mühsamen Arbeiten fristete er sein nicht vom Glück begünstigtes Leben. So war Lamarck als berühmter Botaniker 50 Jahre alt geworden, ohne doch in Paris eine feste Stellung er- langen zu können. Da öffnete sich ihm die Gelegenheit, an dem neu gegründeten Museum für Naturgeschichte — 16 — eine Professur für Zoologie, und zwar für Naturgeschichte der niederen Tiere, zu erhalten. Auch in dieses neue, ihm bisher wenig bekannte Gebiet, arbeitete er sich mit solchem Eifer und Talent ein, daß er nach einjähriger Vorbereitung schon 1794 seine zoologischen Vorlesungen beginnen konnte. Sein erster glücklicher Griff dabei war die Unterscheidung der Wirbeltiere von den Wirbellosen, sowie die Einteilung der letzteren in eine größere An- zahl von verschiedenen Klassen. Die ausgedehnten systematischen Forschungen über dieses große Gebiet fanden ihren Abschluß in den sieben Bänden der be- rühmten ,, Naturgeschichte der wirbellosen Tiere" (1816 bis 1822). Viele Tausende von Tier- und Pflanzenarten hatte Lamarck durch eigene kritische Untersuchung genau kennen gelernt und bei den Bemühungen, sie in die Fächer des Systems, in die Gattungen, Familien, Ord- nungen, KJassen einzuordnen, sich überzeugt, daß ein inneres Band wirklicher Verwandtschaft sie alle verbindet. Das natürliche System gewann so bei ihm zuerst die Bedeutung eines hypothetischen Stammbaums der Orga- nismen. Da er nicht nur die lebenden Arten mitein- ander vergUch, sondern auch die ausgestorbenen Formen, die in früheren Perioden der Erdgeschichte gelebt hatten, zu ihnen in Beziehung brachte, gelangte er zu der Über- zeugung, daß die letzteren die wirklichen Vorfahren der ersteren seien. Dadurch geriet er in scharfe Opposition zu Cuvier, der das herrschende Dogma von der Spezies- Konstanz hartnäckig verteidigte und überdies durch seine sonderbare Lehre von den Katastrophen der Erde und der wiederholten Neuschöpfung ihrer Bewohner der De- szendenztheorie jeden Boden entzog. Seiner hohen Autori- — 17 — tat gegenüber vermochten die weitgehenden Hypothesen von Lamarck keine Geltung zu gewinnen. Er beschloß sein arbeitsreiches Leben 1829 in dem hohen Alter von 85 Jahren in dürftigen Verhältnissen, noch dazu in den letzten 10 Jahren erblindet. Völlig verschieden gestaltete sich der Lebenslauf und Bildungsgang von Charles Darwin. Am 12. Februar 1809 zu Shrewsbury als Sohn eines angesehenen und wohlhabenden Arztes Robert Darwin geboren, wurde er von diesem schon im 17. Lebensjahr, zusammen mit einem älteren Bruder, nach Edinburgh geschickt, um Medizin zu studieren. Allein der dortige Unterricht war so jämmerlich und die Abneigung des angehenden Medi- ziners gegen Anatomie und Krankensäle so groß, daß er diesen Beruf schon nach zwei Jahren aufgab. Er be- zog dann die Universität Cambridge, um Theologie zu studieren und sich auf den angenehmeren Beruf des Land- pfarrers vorzubereiten. Aber auch dafür vermochte er keine tiefere Neigung zu gewinnen. Er benutzte seine Zeit mehr zur Pflege seiner allgemeinen körperlichen und geistigen Ausbildung, besonders aber zu Exkursionen, auf denen er sich mit Reiten und Jagen, Sammeln von Käfern und anderen Naturobjekten beschäftigte. Das theologische Studium nahm ihn nur wenig in An- spruch; er bestand zwar nach drei Jahren das erste Examen und wurde Baccalaureus Theologiae; aber ein- gehender Vertiefung in theologische und philosophische Probleme war er abhold. Um so wichtiger wurde für Darwin in Cambridge der nahe persönliche Umgang mit mehreren ausgezeich- neten Lehrern, vor allem mit dem liebenswürdigen Bota- niker Henslow. Durch ihn gewann er auf gemeinsamen 2 — 18 — botanischen Exkursionen das tiefere Verständnis für das Pflanzenleben sowie für die systematische Unterscheidung der Arten. Henslow, der selbst zugleich streng gläu- biger Theologe war, erkannte richtig, daß in dem jungen Darwin mehr Talent zu einem tüchtigen Naturforscher als zu einem gewöhnhchen Landpfarrer stecke. Er ver- anlaßte ihn auch, sich am Schlüsse seiner dreijährigen Studienzeit noch mit Geologie zu beschäftigen und an einer geologischen Exkursion in das westliche Eng- land, unter Führung von Professor Sedgwick, teilzu- nehmen. Hierbei gewann Darwin Geschmack und Ein- sicht für das Fach, in dem er bald darauf so fruchtbare eigene Tätigkeit entfalten sollte. Aber zu einem ent- scheidenden Entschlüsse über seine Zukunft konnte er nicht kommen. So stand der 22 jährige Darwin am Schlüsse seiner akademischen Studien, ohne ein bestimmtes Lebensziel erreicht zu haben. Da traf ihn ganz unerwartet die Einladung zu einer mehrjährigen Reise um die Welt, welche mit einem Schlage ihn in die richtige Bahn lenken und sein ganzes epochemachendes Lebenswerk bestimmen sollte. Die englische Regierung hatte eine Expedition ausgerüstet für die Aufgabe, die noch ungenügend be- kannten südhchsten Küsten von Südamerika, sowie ver- schiedene Punkte der Südsee genau zu erforschen und kartographisch aufzunehmen. Der ausgezeichnete Führer des Forschungsschiffes, das den Namen ,,Beagle" (Spür- hund) trug, Kapitän Fitzroy, wünschte einen jungen Naturforscher mit an Bord zu nehmen, der diese vor- zügliche Gelegenheit zum Sammeln von Naturalien be- nutzen sollte, und auf Empfehlung von Professor Hens- low wählte er dazu Darwin. — 19 — Die Weltreise des „Beagle" dauerte nahezu fünf Jahre (vom Dezember 1831 bis Oktober 1837); die erste und größere Hälfte davon entfiel auf die Ostküste und später die Westküste von Südamerika. Darwin konnte in diesem merkwürdigen Erdteile viele und weite Land- reisen selbständig ausführen, während die Schiffsoffiziere mit Küstenaufnahmen beschäftigt waren. Besonders wichtig wurde nachher der Besuch der Galapagos-Inseln und der zahlreichen Korallen -Inseln der Südsee. Die seltsamen Formen der letzteren, die ringförmigen Atolle und wallartigen Küstenriffe, über deren Entstehung sich viele Naturforscher vergebens den Kopf zerbrochen hatten, erklärte der junge Darwin durch eine geniale Theorie, die ihn zuerst als selbständigen Naturforscher berühmt machte. Auf der weiteren Reise wurden auch Neusee- land und Australien berührt, später das Kap der Guten Hoffnung und Sankt Helena, zuletzt wieder die Küste Brasiliens bei Bahia. Darwin selbst hat diese fünfjährige Weltreise mit Recht als das glücklichste Ereignis seines Lebens ge- priesen. Aber die Umstände, unter denen er sie aus- führte, waren auch höchst eigentümlich. Seine natur- wissenschaftliche Vorbildung war, trotz seines frühzeitig entwickelten Enthusiasmus für Naturbetrachtung und Naturaliensammeln , höchst mangelhaft und unsystema- tisch, in keinem einzigen Zweige streng durchgeführt. Seine Kenntnis der Literatur und der technischen Arbeits- Methoden war sehr beschränkt. Aber diese empfind- lichen Mängel wurden bald aufgewogen durch den eisernen Fleiß, den er an Bord des Schiffes zu ihrer Ausfüllung entwickelte, durch eine seltene Beobachtungsgabe und Originalität der persönlichen Auffassung, und durch die 2* — 20 — rege Vielseitigkeit und Tiefe seiner geistigen Interessen. Das ausführliche Tagebuch, das er mit größter Gewissen- haftigkeit führte, lieferte später die Grundlage für sein hochinteressantes Werk : ,, Reise eines Naturforschers um die Welt", welches dem klassischen Reisewerk seines Vor- bildes, Alexander von Humboldt, an die Seite ge- setzt wurde. Nach der glücklichen Rückkehr von der gefahr- vollen, vielen Wechselfällen unterworfenen Weltreise ver- lebte Darwin zunächst sechs Jahre teUs in London, teils in Cambridge, um deren wissenschaftliche Ergeb- nisse im Verein mit einer Anzahl ausgezeichneter Fach- genossen zu verarbeiten. AUein die außerordentlichen Strapazen der fünfjährigen Reise, und besonders der un- aufhörliche Kampf mit der widerwärtigen Seekrankheit, hatten seine Gesundheit so zerrüttet, daß er gezwungen wurde, sich von dem unruhigen und aufreibenden Leben in London ganz zurückzuziehen. Nachdem er sich 1839 verheiratet hatte, kaufte er sich im Herbst 1842 ein Landgut in dem kleinen Dorfe Down, in der Nähe von Bromley in der Grafschaft Kent (mit der Eisenbahn kaum eine Stunde von London entfernt). Auf diesem lieblichen Landsitze, dessen Gärten und Wiesen, Felder und Wälder seinem feinen Natursinne eine stetige Quelle reinsten Genusses und vernunftgemäßer Offenbarung bildeten, verbrachte Darwin in stiller Zurückgezogen- heit, begünstigt von einem glücklichen und behaglichen Familienleben, die letzten vierzig Jahre seines Daseins. Hier konnte er, abgeschieden von dem rastlosen Treiben und den vielen Zerstreuungen der Weltstadt, seine ganzen Kräfte ungestört auf die Lösung des großen Rätsels verwenden, auf das er schon im Beginn der Weltreise — 21 — durch seine originellen Beobachtungen in Südamerika hingelenkt worden war, auf die Frage von der natür- lichen „Entstehung der Arten" — oder kurz: die Schöpfungsfrage. Dieses Hauptproblem der Entwickelungslehre hatte Lamarck , gestützt auf die ausgedehntesten systemati- schen Forschungen und morphologischen Vergleichungen, wesentlich auf deduktivem Wege zu lösen versucht, durch Synthese und Reflexion. Er erkannte im natür- lichen System der unzähligen Tier- und Pflanzenarten ihren hypothetischen Stammbaum und suchte die Ab- stammungs-Verhältnisse der größeren Gruppen von den einfachsten Infusorien bis zum Menschen hinauf zu er- kennen. Indem er als weitschauender Naturphilosoph seine Entwickelungstheorie auf das Naturganze ausdehnte, aber seine umfassenden Hypothesen durch die ungenü- genden empirischen Beweismittel des damaligen Be- obachtungskreises nicht genügend zu stützen vermochte, verlor er sich in luftigen Spekulationen, die keine An- erkennung fanden. Ganz anders verfuhr fünfzig Jahre später Darwin. Er ging aus von der unmittelbaren Erfahrung, daß alle Tier- und Pflanzenarten variieren und daß eine scharfe Grenze zwischen Art und Spielart, zwischen Spezies und Varietät nicht zu finden ist. Gestützt auf seine geo- logischen und chorologischen Beobachtungen in Süd- amerika, gelangte er zu der Überzeugung, daß die eigen- tümlichen, heute dort lebenden Säugetiere aus den ähn- lichen, aber spezifisch verschiedenen Formen, die daselbst in früheren Zeiten lebten, durch Umbildung entstanden sein müßten. Die Fragen dieser Transformation suchte er nun durch induktive Forschung zu beantworten, — 22 — durch exakte Analyse und physiologisches Experiment. Zu diesem Behuf e studierte er jahrelang auf das sorg- fältigste die Umbildung der Arten, welche der Mensch durch künstliche Züchtung seit Jahrtausenden an den Haustieren und Kulturpflanzen hervorgebracht hat. Als erfahrener Gärtner und Landwirt und speziell als um- sichtiger Taubenzüchter lernte Darwin die speziellen Be- dingungen und Erfolge des künstlichen Züchtungspro- zesses genauer kennen als irgendein früherer Naturforscher. Er war sogar der erste Physiologe, der sich in die ver- wickelten theoretischen Verhältnisse desselben, die aus der Praxis längst bekannt waren, kritisch vertiefte. Als die wichtigste umbildende Kraft erkannte er die Zucht- wahl oder Selektion, die Benutzung auserlesener In- dividuen zur Nachzucht. Als er dann durch einen glücklichen Zufall (1838) das berühmte Werk des National- ökonomen Malthus über: ,,Die Bedingungen und die Folgen der Volks Vermehrung" in die Hand bekommen hatte, entdeckte er den gewaltigen ,, Kampf ums Dasein" — das große züchtende Prinzip, welches in der freien Natur beständig die allmähliche Umbildung der Formen ebenso unbewußt leitet, wie sie im Zustande der Do- mestikation bewußt durch den zwecktätigen Willen des Menschen geleitet wird. Obgleich nun Darwin schon 1838 die Grundzüge seiner Selektionstheorie festgestellt hatte, konnte er sich doch mehr als zwanzig Jahre lang nicht entschließen, sie zu veröffentlichen. Zwar hatte er tausende und aber- tausende von Beobachtungen und Mitteilungen gesammelt, die zu ihrer Stütze dienen sollten ; er wollte aber immer noch mehr empirische Beweise beisammen haben, um seine Theorie auf möglichst breiter Erfahrungsbasis un- — 23 — erschütterlich zu begründen. So wäre er vielleicht über- haupt nicht zu ihrer Publikation gelangt, wenn nicht 1858 ein unerwarteter Zwischenfall ihn direkt dazu ge- zwungen hätte. Ein ausgezeichneter systematischer Zoologe, Alfred Wallace, der jahrelang in den Ur- wäldern von Südamerika und in den Wüdnissen des malayischen Archipels umhergestreift war , sandte an Darwin selbst ein Manuskript ein, in dem ähnliche Ge- danken enthalten waren, scharfsinnige Betrachtungen ,,über die Neigung der Varietäten, in unbestimmter Weise von dem ursprünglichen Typus abzuweichen". Darwin teilte dieses Manuskript zweien seiner besten und berühmtesten Freunde mit, dem Geologen Charles Lyell und dem Botaniker Josef Hooker, Beide kannten Darwins Arbeiten seit langer Zeit und be- standen nun darauf, daß in den Proceedings of the Linnean Society gleichzeitig (am 1. Juli 1858) ein Aus- zug aus Darwins Arbeiten und das eingesandte Manu- skript von Wallace veröffentlicht wurden. Dem dringenden Rate dieser beiden Freunde folgend, entschloß sich nun Darwin endlich, eine kurzgefaßte Darstellung seiner Theorie baldigst folgen zu lassen. Schon im Jahre 1844 hatte er einen Abriß derselben (im Umfang von 230 Seiten) niedergeschrieben. Aber die Sammlung von Beobachtungen und Mitteilungen wuchs bald dergestalt an, daß ein großes Werk von vielen Bänden daraus zu werden drohte. Als ein Auszug dieses großartig entworfenen Hauptwerkes, das niemals voll- ständig geworden ist, erschien nun im November 1859 das epochemachende Buch: ,,Über die Entstehung der Arten im Tierreich und Pflanzenreich durch natürliche Züchtung, oder die Erhaltung der vervollkommneten — 24 — Rassen im Kampfe ums Dasein". Es wurde in wenig mehr als Jahresfrist niedergeschrieben. Die deutsche Übersetzung von Bronn erschien 1860. Unter den zahl- reichen Schriften, welche Darwin in den folgenden zwanzig Jahren noch veröffentHchte und welche in einer deutschen Gesamtausgabe von 13 Bänden erschienen, sind die wichtigsten: 1868 das zweibändige, äußerst inhaltreiche Werk über ,,Das Variieren der Tiere und Pflanzen im Zustande der Domestikation" und 1871: ,,Die Abstam- mung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl". Ein physiognomischer Anhang des letzteren erschien 1872 unter dem Titel: „Der Ausdruck der Gemüts- bewegungen beim Menschen und bei den Tieren". Weniger allgemein bekannt als diese Hauptwerke Darwins sind seine geistvollen und originellen botanischen Arbeiten: über die Befruchtung der Orchideen (1862), über die verschiedenen Formen der Blüten (1877), über kletternde Pflanzen (1864), über insektenfressende Pflanzen (1875), über die Wirkungen der Kreuz- und Selbst- befruchtung (1876) u. a. Aber auch auf ganz anderen Gebieten der Biologie hatte Darwin schon viel früher eine Fülle von wichtigen neuen Beobachtungen mit- geteilt und sie durch originelle Gedankenverbindungen zu erklären versucht. Dahin gehört vor allem das be- wunderungswürdige Werk über die Entstehung der Korallenriffe, das zuerst seinen hohen Ruf als Natur- forscher begründete (1842); ferner die grundlegende Monographie der Cirripedien — einer Ordnung von fest- sitzenden Krebstieren, die früher sehr irrtümlich beurteilt und selbst von Cuvier noch für Weichtiere gehalten worden waren. Nichts beweist aber mehr die Vielseitig- keit dieses umfassenden Genius als die Tatsache, daß — 25 — er auch auf den entfernter liegenden Gebieten der Greo- logie und Geographie vielfach anregend und bahnbrechend arbeitete. Ja gerade diese weitblickenden Forschungen, die er schon im Anfang seiner Weltreise begann, mit ungenügenden Vorkenntnissen ausgestattet, aber um so mehr vorurteilsfrei und originell, lieferten den großartigen Hintergrund für sein einheitliches Weltbild. Südamerika fesselt hier in erster Linie unsere Auf- merksamkeit, jenes wundervolle Land, welches auch für Darwins großen Vorgänger und leuchtendes Vorbild, Alexander von Humboldt, nicht nur der Ausgangs- punkt seiner besonderen Forschungen, sondern auch seiner allgemeinen Naturanschauung geworden ist. Betrachten wir diesen merkwürdigen Erdteü in gewohnter Weise, so wie ihn jedes Kind im geographischen Schulunterricht kennen lernt, so erscheint er nur als die südliche Hälfte von Amerika, von einem der sogenannten fünf Erdteile. Wii' brauchen aber nur in der Geschichte der Erde ein wenig zurückzugehen und uns von der Gegenwart in die vorhergehende sogenannte „Tertiärzeit" zu versetzen, um eine ganz andere Ansicht zu gewinnen. Die Tertiärzeit oder das zänozoische Zeitalter der Erde ist der jüngste, nächstliegende und kürzeste von den vier oder fünf Hauptabschnitten, in welche die moderne Geologie die organische Erdgeschichte einteilt. Viele Millionen Jahre — jedenfalls mehr als hundert — sind verflossen, seitdem das organische Leben auf unserem Planeten begann und sich durch unzählige Verwandlungen hindurch bis zur gegenwärtigen Gestaltung entwickelte. Eine bestimmte Berechnung der einzelnen großen Ab- schnitte derselben, entsprechend der Dicke der Schichten der Erdrinde, die während derselben aus dem Meere ab- — 26 — gelagert wurden, ist nicht möglich. Wenn wir aber auch nur nach der bescheidensten Schätzung in runder Zahl hundert Jahrmillionen für ihre ganze Dauer an- nehmen, so fällt die größere Hälfte (etwa 52) auf den ungeheuren Zeitraum, in dem die ältesten, archozoischen Schichten abgelagert wurden (vom Laurentium und Algon- kium bis zum Cambrium) ; aus diesem ganzen Schichten- komplex sind noch keine Reste von versteinerten Wirbel- tieren bekannt. Dann folgte das paläozoische oder pri- märe Zeitalter (etwa auf 32 Millionen Jahre geschätzt) ; da treten zuerst im Silur versteinerte Fische auf, die Stamm- formen aller folgenden Wirbeltiere. Es folgen im Devon die Lurchfische, im Carbon die ältesten landbewohnen- den Wirbeltiere, salamanderähnliche Amphibien (Stego- cephalen), im Perm die ältesten Amniontiere. Dagegen fehlen noch alle Spuren der höchst entwickelten Klasse, der Säugetiere. Diese erscheinen erst im Beginn der Sekundärzeit oder des mesozoischen Zeitalters, während- dessen die Schichten der Trias, Jura und Kreide ab- gelagert wurden (zusammen auf etwa elf Millionen Jahre geschätzt). Indessen sind alle diese älteren Mammalien- Reste noch sehr spärhch und gehören nur kleinen, unan- sehnlichen Formen der niedersten Ordnungen an, den Monotremen und Marsupiaüen. Die vielgestaltige Ent- faltung der Säugetierklasse fand erst in dem nachfolgen- den zänozoischen oder tertiären Zeitalter statt, das viel kürzer war, vielleicht nur drei bis vier Millionen Jahre, nach neueren Schätzungen allerdings das Doppelte oder noch mehr. Die großen Fortschritte der modernen Geologie haben uns in den Stand gesetzt, uns ein allgemeines Bild von der Oberfläche unserer Erde im Beginn der Tertiärzeit, — 27 — also vor mindestens 3 Millionen von Jahren, zu ent- werfen. Die eozäne Erdkarte ist von unserer moder- nen so verschieden, daß es schwer hält, sich hinein- zudenken. Die Verteilung von Wasser und Land, die Ausdehnung der Ozeane und Kontinente, war völlig anders als jetzt. Die ungeheuren Gebirgsketten, welche gegenwärtig die Physiognomie unserer fünf Erdteile in erster Linie bestimmen, die Alpenkette in Europa, der Atlas in Afrika, der Himalaja in Asien, die Kordilleren in Amerika, existierten noch nicht ; sie alle sind infolge langsamer Erhebung von Falten der erstarrten Erdrinde, unabhängig von vulkanischen Katastrophen, erst während der Tertiärzeit entstanden. Ein riesiger zusammenhängen- der Kontinentalgürtel bedeckte wie eine Kappe die ark- tische Zone; die nördlichsten Teile von Europa, Asien und Nordamerika standen Hunderttausende von Jahren in ununterbrochenem Zusammenhang, so daß vielfache Wanderungen der landbewohnenden Tiere und Pflanzen von Osten nach Westen und umgekehrt stattfinden konnten. Hingegen war Südamerika ein selbständiger Kontinent, durch ein breites und tiefes Mittelmeer von Nordamerika getrennt; erst viel später, in der jüngsten Tertiärzeit, trat er mit ihm durch die Hebung von Zentralamerika in Verbindung. Bereits in der vorhergehenden Kreideperiode war Australien von dem übrigen Festlande abgeschnitten worden und auch später isoliert geblieben. So erklärt sich der uraltertümliche Charakter der landbewohnenden Fauna und Flora, den dieser Erdteil bei seiner Ent- deckung bot. Abgesehen vom Menschen und seinem steten Begleiter, dem Hunde, sowie einigen kleineren, durch Fhegen oder Schwimmen zu Wanderungen besonders — 28 — befähigten Säugetieren — sämtlich erst später ein- gewandert — fehlten in AustraUen damals alle Plazen- taltiere, alle jene höheren und vielgestaltigen Säugetiere, die erst in der Tertiärzeit die Weltherrschaft gewannen; Raubtiere und Huftiere, Nagetiere und Herrentiere. Die emgeborene Mammalien-Bevölkerung von Australien be- stand nur aus Vertretern der niedrigsten Ordnungen : Monotremen und Marsupialien; das sind jene älteren Ordnungen, zu denen auch die ausgestorbenen Säugetiere gehörten, deren versteinerte Reste sich im Jura von Europa, Asien und Amerika finden. Ihre ältesten, klein- sten und niedrigsten Stammformen liegen in den oberen Schichten der Trias-Formation, im Keuper begraben. Während mehrerer Millionen Jahre gab so in der älteren und mittleren Tertiärzeit die räumliche Isolie- rung des großen, damals wahrscheinlich viel weiter aus- gedehnten, südamerikanischen Kontinentes, die Gelegen- heit zur Entwicklung selbständiger Formengruppen, die der übrigen Welt fehlten. Noch heute ist Südamerika ausgezeichnet durch den Besitz mehrerer höchst eigen- tümHcher Familien von altertümlichen Säugetieren, be- sonders Westaffen, Nagetieren und Zahnarmen (Gürtel- tieren, Ameisenfressern und Faultieren). Dieselben Grup- pen sind aber auch versteinert in den düuvialen und den darunter liegenden Tertiärschichten desselben Erdteils zu finden, vertreten durch ähnliche, aber verschiedene, zum Teil riesengroße Formen. Auf Darwin machte es den tiefsten Eindruck, als er selbst dort Ausgrabungen mit reichem Erfolge anstellte und ausgestorbene Gürteltiere (Glyptodon) und Faultiere (Megatherium) von der Größe eines Rhinozeros und Elephanten entdeckte. Unwill- kürlich drängte sich ihm der Gedanke eines direkten Zu- — 29 — sammenhanges zwischen diesen fossilen Riesen und den ähnlich gestalteten Zwergen der Gegenwart auf — beide ausschließlich auf diesen Erdteil beschränkt. Dieser Zu- sammenhang konnte nur ein genetischer sein ; die heute noch lebenden Gürteltiere und Faultiere mußten die ver- kümmerten Nachkommen derselben, charakteristisch ge- stalteten Familien sein, die in früheren Zeiten dieselben Gegenden in jenen erstaunlichen Koloßformen bewohnt hatten. Diese genetischen Gedankenverbindungen, die ersten Keime von Darwins eigener Deszendenztheorie, erhielten weitere Begründung durch die vielseitigen chorologi- schen und geologischen Beobachtungen, die der eifrige junge Naturforscher auf seinen Wanderungen durch Süd- amerika während eines Zeitraumes von S-^/g Jahren machte (vom April 1832 bis zum Oktober 1835). Durch unmittelbare eigene Beobachtung lernte Darwin, längs der Ostküste Südamerikas hinabwandernd, die ver- schiedensten Zonen und Klimate, die größten Gegen- sätze der Landschaft und Bevölkerung kennen, von den üppigen Urwäldern Brasiliens zu den ungeheuren Gras- steppen Argentiniens, von diesen Pampas weiter hinab zu den Einöden von Patagonien und den undurchdringlichen Wäldern des Feuerlandes ; den wüsten Falklandinseln und der berüchtigten Magellanstraße. Dann wieder längs der Westküste bis zum Äquator aufsteigend besuchte er das südliche, zentrale und nördliche Chile, den wilden Archipel der Chonosinseln und Chiloe, überstieg die ge- waltige Kette der Kordilleren und erforschte die öden Bergwerke von Peru. Obgleich nun diese Gegenden in bezug auf Klima und Lebensbedingungen die auffallend- sten Unterschiede zeigen, bleibt dennoch der Charakter — 30 — ihrer Fauna und Flora in vielen Beziehungen derselbe; verschiedene, aber naheverwandte Arten derselben Fa- milien ersetzen einander in den verschiedenen Breiten; auch diese Erscheinung erklärt sich nur mit Hilfe der Deszendenztheorie und Migrationstheorie. Von ganz besonderer Bedeutung für diese wurde aber der Schlußakt der langen Südamerika-Reise, der Besuch der einsamen Galäpagos-Inseln (im September und Oktober 1835). Dieser merkwürdige Archipel, aus fünf größeren und zehn mittleren und vielen kleineren Inseln bestehend, liegt unter dem Äquator, gegen 600 Meilen von der Westküste Südamerikas (von Ecuador) entfernt. Die Gebirgsmasse dieser Inseln, die sich bis gegen 4000 Fuß Höhe erhebt, ist rein vulkanischer Natur und erst in neuerer Zeit aus dem Schöße des pazifischen Ozeans emporgestiegen ; über 2000 einzelne Kraterberge lassen sich unterscheiden. Die organische Bevölkerung dieser öden, früher von Menschen selten besuchten Inseln ist höchst eigentümlich. Die Mehrzahl der Tier- und Pflanzenarten ist eingeboren und findet sich sonst nir- gends; sogar die einzelnen Inseln sind teilweise durch den Besitz besonderer Arten ausgezeichnet. Aber alle diese Spezies sind mehr oder weniger nahe mit ähnlichen Arten verwandt, welche die benachbarte, 600 Meilen ent- fernte Küste des Festlandes von Ecuador bewohnen. Es kann kein Zweifel bestehen, daß alle diese ,, ein- geborenen" Bewohner der Galapagos-Inseln von anderen Arten abstammen, die erst in neuerer Zeit von der West- küste Amerikas eingewandert und durch Anpassung an die besonderen Lebensbedingungen der einzelnen Inseln spezifisch umgebildet worden sind. Von hohem Reize ist die Schilderung dieser ori- — 31 — gineilen Beobachtungen und der daran geknüpften Schluß- folgerungen, die Darwin selbst in seinem Reisetagebuch gibt. Schritt für Schritt läßt sich hier der strenge in- duktive Charakter seiner mustergültigen Forschungs- weise verfolgen, das ängstliche Bestreben, überall Massen von sicher beobachteten Tatsachen zu sammeln, und doch anderseits der weite und klare philosophische Blick, der die ursächlichen Beziehungen dieser mannigfaltigen, oft scheinbar isolierten Erscheinungen zu erkennen strebt. Das tiefsinnige Wort von Goethe: ,,Es kommt alles auf die Beziehungen an" — ist in Darwins Forschungen tatsächlich der Leitstern geblieben. Dasselbe gilt ja eigentlich auch von seinem großen Vorgänger Lamarck, aber freilich in anderem Sinne. Bei dem großen fran- zösischen Naturphilosophen war in erster Linie das um- fassende morphologische Verständnis der verwandten Gestalten bestimmend, zu welchem ihn seine vieljährigen systematischen Untersuchungen von unzähligen Tier- und Pflanzenarten geführt hatten, und das beständige Be- streben, sie möglichst naturgemäß, d. h. ihrer wahren ,, Verwandtschaft" entsprechend, in die gewaltige Re- gistratur des ,, Natürlichen Systems" einzuordnen. Hier- bei mußte der deduktive Charakter seiner Spekulationen um so mehr hervortreten, zu je höheren Stufen seiner Naturbetrachtung er sich erhob. Dagegen besaß La- marck weder Neigung und Talent, noch Anregung und Gelegenheit zu jenen überwiegend physiologischen Untersuchungen, die Darwin namentlich in späteren Jahren zur exakten Begründung seiner Selektionstheorie anstellte und vielfach experimentell stützte. So verschieden nun auch in diesen und anderen Be- ziehungen die Forschungswege der beiden Begründer der — 32 — Abstammungslehre waren, begegneten sie sich doch nicht nur in den höchsten allgemeinen Zielen, sondern auch in vielen wichtigen besonderen Fragen. Von diesen ist keine bedeutungsvoller, als das Problem vom Ursprung des Menschen — die „Frage aller Fragen", wie sie Huxley 1863 genannt hat. Mit voller Klarheit und Sicherheit erklärte Lamarck schon vor hundert Jahren, daß es nur eine richtige Antwort auf diese Frage gebe, und daß diese durch die Abstammungslehre bereits gegeben sei. Wenn alle höheren Tiere sich ursprünglich aus niederen entwickelt haben, so muß dieser Satz auch für das höchstentwickelte Wirbeltier, den Menschen, gelten. Da aber der Mensch, wie schon 1735 Linne erkannt hatte, im gesamten Körperbau unter allen Säugetieren den Affen am nächsten steht, da er im System der Herrentiere (Primates) von diesen nicht getrennt werden kann, so ist die Hjrpothese durch- aus gerechtfertigt, daß der Mensch ursprünglich durch Umbildung aus einer Reihe von menschenähnlichen Affen entstanden ist. Lamarck erörtert auch bereits in sehr scharfsinniger Weise den wahrscheinlichen Gang dieses Transformations-Prozesses. Er nimmt an, daß zunächst die Angewöhnung an den aufrechten Gang ( — der ja auch bei noch heute lebenden Menschenaffen zeitweilig versucht wird — ) die Sonderung der vorderen und hin- teren Gliedmaßen herbeigeführt habe ; vorn entwickelten sich Greifarme und Hände, hinten Waden und platte Fußsohlen. Der aufrechte Gang hatte die freiere Um- schau, die höhere Entwicklung der Sinne und des Ge- hirns zur Folge. Die Herrschaft über die Natur, welche die Anthropoiden dadurch erlangten, wurde verstärkt durch ihre sozialen Gewohnheiten, die Bil- — 33 — düng von Gesellschaften, in denen die Mitteilung ihrer Gedanken und Neigungen zur allmählichen Ausbil- dung der Sprache führte. Die weitere Artikulation der Sprache hatte wieder eine höhere Entwicklung des Ge- hirns zur Folge, und so entstand zuletzt als dessen höchste Tätigkeit die Vernunft. Auch diese vollkom- menste Seelenfunktion ist langsam durch stufenweise Entwicklung entstanden; sie ist in Wahrheit eine physio- logische Arbeit der Gehirnzellen, und als solche zuletzt auf physikalische Verhältnisse zurückzuführen. Genau dieselbe Auffassung des großen „Menschen- Problems' * wie bei L a m a r c k , finden wir auch bei D a r w i n ; sobald er sich ( — schon im Jahre 1838 — ) von der Ver- änderlichkeit der Arten und von der gemeinsamen Ab- stammung formverwandter Spezies fest überzeugt hatte, war er nicht in Zweifel, daß dieses allgemeine Gesetz auch auf den Menschen seine Anwendung finden müsse. Er fürchtete aber mit Recht, daß das allgemein herr- schende Vorurteil gegen die tierische Abstammung des Menschen auch für die Annahme seiner allgemeinen De- szendenz-Theorie hinderlich sein werde. Als er daher deren Grundzüge 1859 in seinem Hauptwerk veröffentlichte, be- schränkte er sich darauf, im Schlußkapitel die wichtigsten Folgeschlüsse zu berühren und dabei den kurzen Satz einzuschalten: ,, Licht wird auch fallen auf den Ursprung des Menschen und seine Geschichte". Aber selbst diese geheimnisvolle Andeutung erschien dem deutschen Über- setzer, B r o n n , so bedenklich, daß er sie wegheß . Erst nach- dem 1863 der kühne Thomas Huxley in seinen gedanken- reichen drei Vorlesungen über ,,die Stellung des Menschen in der Natur" die morphologischen, embryologischen und paläontologischen Beweise für die verhaßte „Abstammung 3 — 34 — des Menschen vom Affen" überzeugend dargestellt hatte, und nachdem auch Karl Vogt, Ludwig Büchner und andere sich in gleichem Sinne geäußert hatten, entschloß sich Darwin, in einem selbstständigen Werke seine An- sichten darüber zu entwickeln; dieses gedankenreiche Buch erschien 1871 unter dem Titel: ,,Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl". Dieser letztere Gegenstand, ein besonderes Kapitel seiner Se- lektions- Theorie, gab Darwin wieder Gelegenheit, die Fälle seiner vielseitigen biologischen Kenntnisse, im Ver- ein mit dem Reichtum seiner originellen Ideenverknüp- fungen, im glänzendsten Lichte zu zeigen. Dasselbe gut auch für das physiognomisch- psychologische Werk über den ,, Ausdruck der Gemütsbewegungen beim Menschen und bei den Tieren", welches im Jahre 1872 erschien. Die hohe allgemeine Bedeutung dieser anthropo- logischen Werke Darwins liegt besonders darin, daß er in ihnen offen und rückhaltlos seine einheitliche oder moni- stische Auffassung des menschlichen Organismus bekannte. Ebenso wie jedes einzelne Organ unseres Körpers sich als ein Erbstück von unseren affenartigen Säugetier- Ahnen nachweisen läßt, ebenso hat sich auch seine ge- samte Seelentätigkeit aus den niederen Vorstufen dieser letzteren stufenweise entwickelt. Die ,, Seele" des Men- schen ist kein besonderes übernatürliches Wesen, sondern die Summe seiner Gehirnfunktionen ; und ebenso wie der verwickelte Wunderbau unseres menschlichen Gehirns sich morphologisch von einer langen Kette aufsteigender Entwicklungsstufen unserer tertiären Säugetierahnen ab- leiten läßt, ebenso ist auch physiologisch unsere Geistes- tätigkeit aus der psychologischen Stufenleiter der letzte- ren hervorgegangen. Das gilt nicht allein für die niederen — 35 — Sinnes- und Verstandes-Tätigkeiten, sondern auch für die höheren Gehirnfunktionen der Vernunft und des Ge- mütes; auch unsere feinsten moraHschen Eigenschaften sind ursprünglich aus den sozialen Instinkten tertiärer Säugetiere hervorgegangen. Zur Vermeidung vielfach noch herrschender Mißver- ständnisse und zur Beseitigung altgeheiligter Vorurteile ist es wichtig, bei dieser Gelegenheit daran zu erinnern daß die verhaßte ,, Affen- Abstammung des Menschen" noch heute vielfach ganz falsch aufgefaßt wird. Erstens ist es ganz sicher, daß keine einzige von den lebenden Affenformen ( — auch nicht die menschenähnlichsten, Gorilla und Schimpanse, Orang und Gibbon — ) als direkter Vorfahre des Menschen gelten kann; sie sind sämtlich einzelne Ästchen eines vielverzweigten Stamm- baums, dessen meiste Äste längst abgestorben sind. Zweitens ist es aber für die außerordentliche Tragweite dieser phyletischen Erkenntnis und insbesondere für ihre philosophischen Folgerungen ganz gleichgültig, ob wir die besondere Stammlinie des Menschengeschlechts weiter oben oder weiter unten, in geringerem oder in größerem Abstände von dem gemeinsamen Primatenstamm ab- gehen lassen. Das wichtigste allgemeine Ergebnis der zahlreichen genauen Untersuchungen über die Naturgeschichte der Säugetiere ist die Überzeugung der Einheit ihres Stam- mes, die jetzt fast alle Zoologen und Anatomen ( — mit vereinzelten skeptischen Ausnahmen — ) teilen. In vielen wichtigen Merkmalen ihres Körperbaues stimmen alle Mammalien — trotz der großen Manigfaltigkeit äußerer Körperform — völlig überein ; ihre Haut trägt Haare und Milchdrüsen ; ihre Brusthöhle (Lunge und Herz enthaltend) 3* — se- ist von der Bauchhöhle (in der Magen, Leber und Dünn- darm liegen) durch ein Zwerchfall vollständig getrennt, während beide Höhlen bei den übrigen Wirbeltieren noch zusammenhängen ; das Kiefergelenk der letzteren ist nicht so stark umgebildet wie bei den Mammahen; auch die Gaumenfalten, der Kehldeckel, die Kniescheibe u. a. sind Körperteile, die nur den Säugetieren zukommen. Wir müssen daraus auf den monophyletischen Ursprung aller Säugetiere schließen, von den niedersten Mono- tremen und Beuteltieren bis zu den Affen und Menschen hinauf; und dieser wichtige Schluß wird bestätigt durch die Paläolontogie. Die ältesten Säugetierreste, die wir kennen, sind in der oberen Trias (im Keuper) gefunden worden; sie gehören kleinen Formen an, deren Gestalt etwa zwischen Eidechse und Maus die Mitte hielt, weshalb man sie heute vielfach als ,, Molchmäuse" bezeichnet. Auch in der folgenden Juraperiode bleiben die fossilen Reste noch spärlich und unbedeutend, ebenso in der jüngeren Kreide. Erst in der nachfolgenden Tertiärzeit beginnt jene reiche Entfaltung der vielgestaltigen Säugetierklasse, welche für diesen jüngsten Zeitraum der organischen Erdgeschichte charakteristisch ist. Wenn wir uns die auffällige Verschiedenheit der lebenden Säugetiere vor Augen halten und besonders die mannigfaltige Form ihrer Bewegungsorgane und ihres Schädels, so erfüllt uns mit immer neuem Staunen, daß trotzdem ihr inneres Knochengerüst überall in gleicher Weise aus denselben Stücken zusammengesetzt ist. Die kurzen Beine der kriechenden Mäuse und Spitz- mäuse, die langen Laufbeine der schnelKüßigen Raubtiere und Huftiere, die gedrungenen Grabschaufeln der Maul- würfe und Wühlmäuse, die breiten Schwimmflossen der — 37 — Robben und Waltiere, die verlängerten Finger in den Flughäuten der Fledermäuse, die schlanken Kletterbeine der Halbaffen und Affen, die gesonderten Arme und Beine des Menschen — sie bestehen alle aus denselben Knochen- Gruppen; ihre Unterschiede sind bloß durch verschiedene Größe und Form der einzelnen Teile be- dingt, und deren Ursache ist das verschiedene Wachstum, inAnpasssung an die verschiedenen Lebensbedingungen und Gewohnheiten. Die Gemeinsamkeit ihrer inneren Struktur ist nur durch Vererbung von gemeinsamen Stammformen erklärbar. Das wurde ebenso von La- marck wie von Darwin klar erkannt; und beide stim- men auch darin überein, daß sie dabei das größte Ge- wicht auf die transformative Vererbung legen, auf die vielbestrittene ,, Vererbung erworbener Eigenschaften". Aber schon Jahrzehnte vorher, und ohne von La- marck etwas zu wissen, war durch ähnliche Studien in der vergleichenden Anatomie hier in Jena unser größter Dichter und Denker, Wolf gang Goethe zu ähnlichen Anschauungen gelangt. Es ist viel darüber gestritten worden, inwieweit Goethe als wirklicher Vorläufer von Darwin angesehen werden kann. Aber so viel steht jetzt fest, daß die Morphologie, wie sie Goethe zuerst hier 1807 nannte, die vergleichende Formenlehre, uns überall zur Erkenntnis einheitlicher Entwicklungsgesetze hinführt. Ebenso in seiner ,, Metamorphose der Pflanze", wie in seiner „Wirbeltheorie des Schädels" ist der ge- meinsame Grundgedanke unserer modernen Entwick- lungslehre offenbar, die Entstehung der mannigfaltigen Gebilde aus gemeinsamen einfachen Urformen. Und daß Goethe aus diesem allgemeinen Entwicklungsgesetze auch den Menschen nicht ausschloß, ergibt sich unzwei- — 38 — deutig aus dem unermüdlichen Eifer, mit dem er jahre- lang den Schädel des Menschen und der übrigen Säuge- tiere vergleichend studierte ; die glänzenden Früchte dieser Studien, auf die Goethe mit Recht stolz sein konnte, waren die Entdeckung des Zwischenkiefers beim Men- schen — hier auf unserer Anatomie in Jena ausgeführt — und die berühmte ,, Wirbeltheorie des Schädels." Diese bewunderungswürdigen biologischen Studien von Goethe, die er schon als Studiosus juris in Straß- burg begann und über sechzig Jahre hindurch mit leben- digem Interesse verfolgte, lieferten den festen, realen Untergrund, auf welchem der größte deutsche Genius sein ideales einheitliches Weltbild aufbaute. In seiner klaren monistischen Weltanschauung sind die Begriffe von Gott und Natur untrennbar verknüpft; und wenn wir in den erhabensten Dichtungen von Goethe uns an den unvergleichlichen Offenbarungen seines tief reli- giösen Gemütes erbauen, so beruht das auf ihrer Har- monie mit unserem modernen Monismus. Das ist die- selbe pantheistische Religion, die schon vor 300 Jahren Giordano Bruno und Baruch Spinoza gelehrt hatten und die durch unsere moderne Entwicklungslehre erst ihre volle empirische Begründung erlangt hat. Bruno sagt von dieser ,, Weltseele, die das ganze Weltall er- füllt und erleuchtet: „Ein Geist findet sich in allen Dingen, und es ist kein Körper so klein, der nicht einen Teil der göttlichen Substanz in sich enthielte, wodurch er beseelt wird". Ebenso legt Spinoza seiner allumfassenden univer- salen Substanz die beiden fundamentalen Attribute der Ausdehnung (Materie) und des Denkens (Geist) bei. Nachdem die Gesetze von der Erhaltung des Stoffes und — 39 — der Kraft jetzt sicher nachgewiesen sind, vereinigt unser Monismus beide im „Substanz-Gesetz". Die großen Grundzüge dieses klaren, einheitlichen Weltbildes sind bei Goethe dieselben wie bei Lamarck und Darwin, obgleich seine Ausführung im einzelnen bei diesen drei Naturphilosophen vielfach verschieden ist. Gemeinsam ist ihnen vor allem das Endergebnis ihres tiefgründigen Denkens, daß ein großes einheitliches Ent- wicklungsgesetz das Gesamtgebiet der Natur beherrscht, und daß auch der Mensch, als deren vollkommenstes Produkt, von diesem Gesetz nicht ausgeschlossen ist. Durch seine Anerkennung gewinnen wir jene umfassende kosmologische Perspektive, welche unseren forschenden Geist über die Schranken von Zeit und Raum erhebt; wir werden dadurch von den Irrtümern und Vorurteilen der traditionellen, dualistischen und anthropistischen Weltanschauung befreit. Kopernikus hatte den geozen- trischen Irrtum widerlegt, daß die Erde der feststehende Mittelpunkt der Welt sei. Darwin zerstörte das anthro- pozentrische Dogma, daß der Mensch der vorausbestimmte Mittelpunkt des Erdenlebens und die übrige Natur nur zu seinem Dienste erschaffen sei. Wohl aber dürfen wü' es als den höchsten Vorzug des Menschen rühmen, daß seine höher entwickelte Vernunft ihn allein befähigt, sich ein beglückendes, klares und einheithches Weltbüd auf Grund der Naturerkenntnis zu entwerfen ; und wir dürfen schließlich mit Goethe sagen: ,,Was kann der Mensch im Leben mehr gewinnen, Als daß sich Gott-Natur ihm offenbare: Wie sie das Feste läßt zu Geist verrinnen, Wie sie das Geisterzeugte fest bewahre." Phyletische Tabellen des Verfassers zur Erläuterung seiner eigenen Auffassung vom hypothetischen Stammbaum des Menschen. Abgedruckt aus: Ernst Haeckel, Über unsere gegen- wärtige Kenntniss vom Ursprung des Menschen. Leipzig, Alfred Kröner Verlag. 10. Auflage. 1908. (Die nähere Begründung dieser stammesgeschichtlichen Hjrpothesen enthält des Verfassers Schrift über: Unsere Ahnenreihe (Pro- gonotaxis hominis); kritische Studien über Phyletische Anthropologie. Festschrift zur 350 jährigen Jubelfeier der Universität Jena, am 30. Juli 1908. Mit 6 Tafeln. Jena, Gustav Fischer). Erläuterung der Ahnenreihe (Progonotaxis) des Menschen. In den nachstehenden phyletischen Tabellen (S. 44, 45) ist neben jeder Stufe der Ahnenreihe (1 — 30) rechts diejenige Gruppe von lebenden Organismen der Gegenwart angegeben, welche die nächsten Verwandten der hypothetischen Ahnen enthält. In den drei schmalen Spalten daneben (rechts) ist von jeder der drei phylogenetischen Urkunden der relative Wert angedeutet, welchen dieselbe (bei dem gegen- wärtigen Zustande unserer empirischen Kenntnisse) für die Begrün- dung der betreffenden phyletischen Hypothese besitzen dürfte. In der ersten Spalte: Paläontologische Urkunde, bedeutet: 0 gänzlichen Mangel an versteinerten Resten, w daß dieselben selten und unbedeutend, ß daß sie in mäßiger Fülle bekannt und wichtig, K daß sie reichhaltig mid bedeutungsvoll sind. Ontogenetische Urkunde (zweite Spalte), bedeutet: ? daß ihr phylogenetischer Wert zweifelhaft, ! daß er gering oder vieldeutig, I! daß er bedeutungsvoll, und endlich !!! daß er höchst wichtig und lehrreich ist. Morphologische Urkunde (dritte Spalte), bedeutet: 1 daß die vergleichende Anatomie nur wenig, II daß sie viel historische Auskunft gibt, III daß sie sehr viel über die Phylogenie aussagt. System der Primaten oder Herrentiere. (NB. + bedeutet ausgestorbene Formen, — V noch lebende Gruppen, — ® die hypothetische Stammform. Vgl. meine Natürliche Schöpfungsgeschichte, 11. Aufl. 1909, Vortrag 27; Anthropogenie, V. Aufl. 1903. Vortrag 23.) Ordnungen Unterordnungen Familien Gattungen Prosimiae Halbaffen (Hemipitheci vel Lemures ) Orbita von der Tem- poral-Grube durch einen Knochenbo- gen unvollständig getrennt. Uterus duplex oder bicor- nis. Placenta dif- fusa indeeidua (meistens 1). Groß- hirn relativ klein, glatt oder schwach gefurcht. 1. Lemuravida ( Palalemures ) Alte Halbaffen (Generalisten) Ursprünglich Krallen an allen oder den meisten Fingern, spä- ter Übergang zur Nagelbildung. Tar- sus primitiv. 2. Lemurogona (Neolemures) Moderne Halb- affen (Spezialisten) Gewöhnlich alle Finger mit Nägeln (ausge- nommen die zweite Hinterzehe). Tarsus modifiziert. 1. Pachylemures + ( Hyopsodina) Dent. (44) = I : -1 : |. : I Primitive Dentur 2. Necrolemures + ( Anaptomorpha) Dent. (40) = |-:|:|-:| Eeduzierte Dentur 3. Autolemures V (Lemurida ) Dent. (36)= |:|:|:|- Spezialisierte Dentur 4. Chlrolemures V (Chiromyida) Dent. (18) = i-:-g-:-^:|- Rodentien-Dentu^ Archiprimas Lemuravus Alt- Eozän IPelycodus Alt-Eozän Hyopsodus Jung-Eozän ® + + + Adapis -f Plesiadapis + Necrolemur -h Eulemur Eapalemur LepUemur Nycticebus Stenops , Oalago Chiromys (Krallen an al- len Fingern, ex- cepto Halluce) II. Simlae Affen {Pitheci vel Pitheeales) Orbita von der Tem- poral-Grube durch ein Knochen-Sep- tnm vollständig getrennt. Uterus Simplex, pyrifor- mis. Placenta dis- coidea, deciduata. Großhirn relativ groß, stark ge- furcht. I 3. Platyrrhinae Plattnasige Affen Eesperopitheca Westaffen (Amerika) Nasenlöcher seitlich, ' mit breitem Septum, Drei Prämolaren. 4. Catarrhinae Schmalnasige Affen Eopitheca Ostaffen (Arctogaea) Europa, A^ien u. Afrika Nasenlöcher vorn, mit schmalem Septum. ZweiPrämolaren. Nägel an allen Fingern. 5, Arctopitheca Dent. (32) ■> i 3 2 } S^ap«"^« T • T • "3 • Y : I Midas Nur am Hallux ein Nagel \ \ 6. Dysmopitheca V Dent. (36) = f : -}- : f : I Nägel an allen Fingern 7. Cynopitheca V Dent. (32) = f : t; : f : f Meist mit Schwanz und Backentaschen. Kreuz- bein mit 3 oder 4 Wirbeln, i 8. Anihropomorpha V Dent.(32) = |:|:|:| Ohne Schwanz und ohne Backentaschen. Kreuz- bein mit 5 Wirbeln Callithrix Nyotipithef-us Cebus Mycetes Ateles ' Cynocephalus Cercopithecvs Inuus Semnopüfiecus Cdobus Nasalis ' Hylobates Satyrus Pliopitkecus + Oorilla Anthropithecus Dryopitfiecus + Pithecanthropus -|- l Homo Progonotaxis des Menschen. Erste Hälfte: Ältere Ahnen-Reihe, ohne fossile Urkunden, vor der Silur-Zeit. PalS- Mor- Haupt- Stammgroppen Lebende Verwandte onto- Onto- Dho- Stufen. der Ahnen-Reihe der Ahnen-Stufen logle genle logie 1. Monera 1. Chromaeea O !? I 1.— 5. Stufe: (Plasmodoma) Ohne Zellkern (Chwococcus) Phycochromacea Protisten- \ Ahnen 2. Algaria Einzellige Algen Z. Paulotomea Palmellacea O !P I Einzellige Mit Zellkern Eremosphaera Organismen / 3. Lobosa 3. Amoebina 0 !! n 1—2: Einzellige (Amoebina) Amoeba Plasmodome Rhizopoden Leucocyta Protophyten 4. Infusoria 4. Flagellata O I P II 8 — 5: Einzellige Euflagellata Infusionstiere Zoomonades Plasmophage Protozoen 6. Blastaeades Vielzellige Hohlkugeln (Coenobia) 5. Catallacta Magosphaera, Volvocina Blastvla! o I ; 1 ITT 6. Gastraeades 6. Gastrula o ! ! ! m Mit zwei Keimblättern Hydra, Olynthus Urdarmtiere Pemmatodiscus 6.— 11. Stnfe: 7. Piatodes I 7. Cryptocoela 0 P I Wirbellose Platodaria (Convoluta) Metaioen- (Ohne Nephridien) (Proporus) Ahnen < 1 8. Piatodes II 8. Rhabdocoela 0 ? I 6—8 Platodinia (Vortex) Cölenterien, , (Mit Nephridien) (Morwtus) ohne After und 9. Provermalia 9. Gastrotricha o ? I Leibeshöhle (Urwurmtiere) Trochozoa i i fr-11: Rotatoria Trochophora j 1 Vermalien, 10. Frontonia 10. Enteropneusta o ? I mit After und (Rhynchdminthes) Balanoglossus mit Leibes- höhle 1 Küsselwürmer Cephalodiscus 11. Prochordonia 11. Copelata 0 j ! II Chordawürmer Appendicaria Mit Chorda! Chordula-Larvenl 12. Acrania 1 12. Larven von O !!! II 12.— 15. Stufe: Ältere Schädellose Amphioxus Monorrhlnen- Ahnen (Prospondylla) 18. Leptocardia 0 ! m 1 13. Acrania II Amphioxus 11 teste Jüngere Schädellose (Lanzelot) Wirbeltiere, ohne Kiefer und 14. Cyclostoma 1 14. Larven von O ! ! ! n ohne paarige Ältere Rundmäuler Petromyzon 1 Gliedmaßen, (Archicrania) 15. Marsipobranchia 1 1 O ! III mit unpaarer 15. Cyclostoma II Myxinoides 1 Naaenbildung Jüngere Rundmäuler Petromyzontes Progonotaxis des Menschen. Zweite Hälfte: Jüngere Ahnen-Reihe, mit fossilen Urkunden, im Silur beginnend. Perioden der Erdgeschichte j Stammgruppen Lebende Verwandte der Ahnen-Reihe i der Ahnen-Reihe ! Paiä- „ . Onto- onto- . , gerne logie Mor- pho- logie Silurische Periode Silurische Periode Devonische Periode Karbonische Periode Permische Periode r 16. Seiachii } Urflsclie 1 Prosdachii ( 17. Ganoides } Schmelzfisciie y Proganoides ( 18. DIpneusta < Lurcliflsche y Paladipneusta ( 19. Amphibia i Lurche ( StegocephcUa ( 20. Reptilia i Schleiclier ( Proreptüia 16. Notidanidet Chlamydoselachus Heptanchus 17. Accipenserides (Störfl'^che) Polypterus 18. Neodipneusta Ceratodus Protopterus 10. Phanerobranchia Salamandrina (Proteus, Triton) 20. Rhynchocephaiia Ureidechsen Hatteria ö H 0 B !I ! !! ! ! ! t f 111 n ni n Trias- Periode (Mesoz. I) Jura- Periode (Mesoz. II) Kreide- Periode (Mesoz. 111) ( 21. Monotrema < Gabeltiere y Promammalia ( 22. IVIarsupialia } Beuteltiere [^ Prodidelphia ( 23. iVlallotherla < Urzottentiere y Prochoriata 21. Ornithodelphia Echidna Ornithorhynchus 22. Didelphia Didelphys Perameles 23. Insectivora Erinaceida (Ictopsida +) H H !!! M ; TTT n I Alt- Eozän- Periode Neu- Eozän- Periode Ollgozän- Periode Alt-Miozän- Periode Neu-IMiozän- Periode Pliozän- Periode Pleistozän- Periodo ( 24. Lemuravida l Ältere Halbaffen [ Dent. 3. 1. 4. 3. ( 25. Lemurogona < Jüngere Halbaffen [ Dent. 2. 1, 4. 3. ( 2d. Dysmopitheca l Westaffen y Dent. 2. 1. 3. 3. ( 27. Cynopitheca < Hundsaffen [ (geschwänzt) ( 28. Anthropoides < Menschenaffen y (schwanzlos) ( 29. Pithecanihropl < Affenmenschen y (Alali, sprachlos) f 30. Homines (.(Loquacea, sprechend) 24. Pachylemures (Eyopsodus +) (Adapis -{-) 25. Autolemures Evdemur Stenopa 2Ö. Piatyrrhinae (Änthropops +) (Homunculus -\-) 27. Papiomorpha Papstaffen Cynocephalm 28. Hylobatida Hylobates Satyrus 29. Anthropitheca Anthropithecua Gorilla SO. Weddalet Australneger ö M ö H H H a M IP !? 1 ! I! IM in n II n ni in in III Alfred Kröner Verlag in Leipzig. Allen, Graut, Der Farbensinn. Ursprung und Entwicklung. Preis2M. Baumann, J., Neuchristentum und reale Religion. Preis 1 M. 60 Pf. — „ — Die Gemütsart Jesu. Preis 1 M. 60 Pf. Bender, W.D., Reformation und Kirchentum. d.knü. Preis 1 M. 20 Pf. Büchner, Ludwig, Darwinismus und Sozialismus oder der Kampf um das Dasein und die moderne Gesellschaft. 2. Aufl. Preis 1 M. — ^ — Die Macht der Vererbung und ihr Einflnss auf den moralischen und geistigen Fortschritt der Menschheit. Preis 2 M. Buckman, S. S., Vererbungsgesetze und ihre Anwendung auf den Menschen. Preis 2 M. Carneri, B., Dermoderne Mensch. Volksausgabe. Kart. Preis 1 M. — „ — Grundlegung der Ethik. Volksausgabe. Kart. Preis 1 M. — „ — Empfindung und Bewusstsein. 2. Auflage. Preis 1 M. Darwin, Charles, Gesammelte kleinere Schriften. Herausgegeben von Dr. Ernst Krause. I. Band : Darwin und sein Verhältnis zu Deutschland. Preis 5 M. IL Band: Gesammelte kleinere Schriften. Preis 5 M. — „ — Die Entstehung der Arten. Volksausgabe. Kart. Preis 1 M. — „ — Die Abstammung des Menschen. Volksausgabe, Kart. Preis 1 M. — „ — Die geschlechtliche Zuchtwahl. Volksausgabe. Mit 75 Ab- bildungen im Text. Kart. Preis 1 M. Elfeld, Carl Julius, Die Religion und der Darwinismus. Preis 2 M. Feuerbach, Ludwig, Das Wesen der Religion. Dreissig Vor- lesungen. Volksausgabe. Kart. Preis 1 M. Forel, August, Gehirn und Seele. 10. Aiiflage. Preis 1 M. Haeekel, Ernst, Die Welträtsel. Gemeinverständliche Studien über monistische Philosophie. 10. Auflage. Geheftet Preis 8M.; in Leinwand geb. 9 M. — „ — Die Welträtsel. Volksausgabe. Mit Nachträgen zur Be- gründung der monistischen Weltanschauung. Kart. Preis 1 M. — „ — Die WelträtseL Neu bearbeitete Taschenausgabe. In Leinwand geb. Preis 1 M. — „ — Die Lebenswunder. GemeinverständlicheStudien über biologische Philosophie. Ergänzungsband zu dem Buche über die Welt- rätseL 4. Auflage. Geheftet Preis 8 M. ; in Leinwand geb. 9 M. — „ — Die Lebenswunder. Volksausgabe. Kart. Preis 1 M. — „ — Gemeinverständliche Vorträge und Abhandlungen aus dem Ge- biete der Entwickelungslehre. 2. Auflage. 2 Bände mit 80 Ab- bildungen im Text und 2 Tafeln in Farbendruck. Geh. Preis 12 M. ; geb. in Leinen 13 M. 50 Pf. ; in Halbfranz 15 M. — „ — Aus Insulinde. MalayischeReisebriefe. 2. Aufl. Mit 72 Ab- bildungen und 4 Karten im Text und 8 Einschaltbildern. In Leinwand geb. Preis 6 M. — „ — Der Monismus als Band zwischen Religion und Wissenschaft. Glau- bensbekenntnis eines Naturforschers. 13. Aufl. Preis 1 M. 60 Pf. — „ — Über unsere gegenwärtige Kenntnis vom Ursprung des Menschen. 10. Auflage. Preis 1 M. 60 Pf. — „ — Das Weltbild von Darwin und Lamarck. 2. Auflage. Preis 1 M. — „ — Das Protistenreich. Eine populäre Übersicht über das Formenge- bietderniedersteuLebewesen. Mit 58 Abbild, im Text. Preis 2 M. — „ — Freie Wissenschalt und freie Lehre. 2. Aufl. Preis 1 M. 60 Pf. Za beziehen durch alle Buchhandlungen. Alfred Kröner Yerlag in Leipzig. Hellwald, Friedrich von, Die menschliche Familie nach ihrer Ent- stehung und natürlichen Entwicklung. Preis 5 M. Hertz, Heinrich, Über die Beziehungen zwischen Licht und Elek- trizität. 12. Auflage. Preis 1 M. Herzen, A., Grundlinien einer allgemeinen Psychophysiologie. Preis 2 M. Kant, Immanuel, Kritik der reinen Vernunft. Volksausgabe. Kart. Preis 1 M. Kick, A., Ernst Haeckel und die Schule. Preis 1 M. Kohut, Adolph, David Friedrich Strauss als Denker und Erzieher. Geheftet Preis 3 M. ; geb. 4 M. Krause, Ernst (Carus Sterne), Erasmus Darwin und seine Stellung in der Geschichte der Descendenz-Theorie. Mit einem Lebens- und Charakterbilde von Charles Darwin. Preis 2 M. Lange, F. 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Preis 1 M. Stenglin, F. v., über die letzten Dinge und die Überwindung des Leides. Geb. Preis 2 M. Strauss, David Friedrich, Werke. Herausgegeben von Ed. Zeller. Auswahl in 6 Bänden in 5 eleg. Liebhabereinbänden. Preis 20 M. 1. Band: Kleine Schriften. Preis geb. 4 M. 50 Pf. 2. u. 3. Band: Das Leben Jesu. Preis in 1 Band geb. 6 M. 4. Band: Der alte und der neue Glaube. Preis geb. 4 M. 50 Pf. 5. Band : Ulrich von Hütten. Biographie. Preis geb. 4 M. 50 Pf. 6. Band: Voltaire. Sechs Vorträge. Preis geb. 4 M. 60 Pf. — „ — Ausgewählte Briefe. Herausgegeben und erläutert von Eduard Zeller. Preis 2 M. ; geb. 3 M. — „ — Das Leben Jesu. Für das deutsche Volk bearbeitet. 2 Teile. Volksausgabe in 2 Bänden. Kart. Preis 2 M. — „ — Der alte und der neue Glaube. Ein Bekenntnis. Volksans- gabe. Kart. Preis 1 M. — „ — Voltaire. 6 Vorträge. Neu herausgegeben von Dr. B. Lands- berg. Volksausgabe. Kart. Preis 1 M. — „ — Poetisches Gedenkbuch. Eingeleitet durch Eduard Zeller. 2. Auflage. Preis 2 M. ; geb. 3 M. Zeller, Eduard, David Friedrich Strauss in seinem Leben und seinen Schritten. 2, Auflage. Preis 3 M. Zu beziehen durch alle BucbhandluDgen. ; /