einen bestimmten Preis bezahlen müssen. Außer den Anlagen der Landeswasserversorgung und den kleinen privaten Anlagen wurden im Land- kreis Schwäbisch Gmünd bis jetzt 71 Hoch- behälter, darunter elf Wassertürme, mit ins- gesamt über 13000 cbm Inhalt gebaut. Die Zu- nahme der Bevölkerung und der Industrie sowie die Verbesserung der hygienischen Einrichtungen haben eine ständige Erhöhung des Wasserver- brauchs zur Folge. In vielen Orten genügen des- halb die Anlagen nicht mehr, zum Teil sind die Ortsnetze überaltert oder liefern die Quellen Wasser, das insbesondere nach starken Regen- fällen nicht einwandfrei ist. Um die Versorgung auf einen ordentlichen Stand zu bringen, müssen noch für etwa 3 Millionen DM neue Anlagen,

darunter elf Hochbehälter mit zusammen rund | 2000 cbm Inhalt gebaut werden. Auch dann noch | werden eine Reihe kleiner Teilorte, vor allem aber viele der in unserem Kreis so zahlreichen Einzelgehöfte, auf eigene Quellfassungen oder Brunnen angewiesen sein. Von besonderer Wich- tigkeit ist, daß durch die Sauberhaltung der Ge- wässer und des Grundwassers die Voraussetzung | dafür gegeben ist, daß die Wasserversorgungs- anlagen auch tatsächlich gebrauchsfähiges, ein- wandfreies Wasser fördern können. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, daß durch ! die im Landkreis geplanten und zum Teil schon | im Bau befindlichen Hochwasserrückhaltebecken als Nebenzweck eine Anreicherung des Grund- wassers erstrebt wird.

Zur Aufführung des Gmünder Passionsspiels

Ein musikalisches Ereignis ganz besonderer Art steht Schwäbisch Gmünd bevor. Am 29. und 30. März werden Teile ! des alten Gmünder Passionsspieles im Saale des „Pelikan“ aufgeführt. Albert Deibele, unser Gmünder Stadtarchivar, | schreibt hierzu, in Ergänzung des im einhorn Nr.16 von Eberhard Stiefel erschienenen Aufsatzes, die nachstehenden

Ausführungen.

Das Gmünder Passionsspiel war einst hochberühmt. Seine Spuren lassen sich durch die Jahrhunderte zurückverfolgen. Es wurde am Gründonnerstag und Karfreitag auf einer großen Bühne, die auf dem Münsterplatz, vor dem heutigen Stadtarchiv, aufgeschlagen war,. gespielt. Als Text wurden nicht die Evangelien, sondern eine Bearbeitung von Klopstocks Messias durch den aus Immen- stadt gebürtigen Pfarrer Johann Sebastian von Rittershaus benützt. In nicht weniger als 3642 etwas holprigen Versen wurde das Leiden Jesu auf der Bühne dargestellt. Die Kostüme waren denen auf dem Salvator nachgebildet. Die Höhe- punkte des Spiels, wie das Abendmahl, die Fuß- waschung, Christus am Olberg usw., waren mit Musik umrahmt. Am Karsamstag ging der Pas- sion ein Vorspiel voraus, das alle Jahre wechselte, und das seinen Stoff der heiligen Geschichte ent- nahm. So kamen zur Darstellung: der Sünden- fall, Kain und Abel, Josef und seine Brüder usw. Manche dieser Vorspiele wurden als lebende Bil- der dargestellt unter Beiziehung von Musik; ein- zelne von ihnen aber schwollen zu wahren Ora- torien mit Chören, Arien, Rezitativen und Duos an. Der Text des Gmünder Passionsspiels endete . mit der Freigabe Christi durch Pilatus. Dann folgte der Höhepunkt, die große Prozession am Karfreitag. Nicht weniger als 130 Gruppen durch- ‚zogen die Stadt, von Tausenden bewundert und bestaunt: es war das größte Ereignis im Leben der Reichsstadt. Jede Familie wollte bei dem

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großen Werke mitwirken. Man riß sich um die Rollen. Wer so glücklich war, einmal eine solche zu erhaschen, behielt sie so lang wie möglich bei. Ja, manche Rollen gingen vom Vater auf den Sohn und den Enkel über. Nach ihren Rollen bekamen manche Familien ihre Hausnamen. So ging man zu „Herrgöttles“, besuchte den „Hohen- priester“ oder die „Schmerzhafte Mutter Gottes“. Im Jahre 1803 wurde die Passion zum letztenmal

aufgeführt. Damals war Gmünd von den Fran-

zosen besetzt. Man befürchtete Störungen durch die von Revolutionsideen angesteckten Soldaten; allein diese folgten tief ergriffen der heiligen Handlung. Ja, einer von ihnen zog sogar den Säbel, um Christus beizustehen. Ein schlimmerer Feind war die württembergische Regierung. Sie verbot ein Jahr später kurzerhand die Auffüh- rung. |

Seit mehr als 150 Jahren ruht also dieses Spiel, und seine Musik ist verstummt, ja, war sogar verschollen. Da wollte es ein glücklicher Zufall, daß fast die ganze Passionsmusik vor zwei Jah- ren wieder aufgefunden wurde. Die beiden Par- tituren umfassen allein über 500 Seiten; dazu kommen noch Stimmbücher für Gesang und In- strumente. Als Komponisten sind verzeichnet Aloys Bernard vom Kloster Berkheim bei Leut- kirch, Musikdirektor Schmidt aus Ellwangen und der Gmünder Dominikaner Angelo Dreher. Sie | schrieben die Musik in der Zeit von 1765 bis 1775. Selbst von einer älteren Passionsmusik ha-

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GMÜÖNDER STADTCHRONIK

e Die USA-Garnison, die zwei Kasernen, eine Wohnsiedlung und das USA-Instandsetzungs- werk mit seinen etwa 1500 Beschäftigten um- schließt, hatin Oberst Otto einen neuen Stand-

ortältesten erhaiten, nachdem sein Vorgänger,

Col. Mc Cormack, zu anderweitiger Verwendung nach Amerika zurückkehrte. Im Deutsch-Ameri- kanischen Beratungsausschuß wurde der neue Kommandant durch Landrat Burkhardt namens der Bevölkerung begrüßt.

o Die Schillerschule, eine der Volksschulen von Gmünd, hat die Patenschaft über die Volks- schule in Pettau, einem kleinen Gebirgsdorf in Südtirol, übernommen. Briefe von Lehrern und Schülern gehen hin und her und bereiten einen gegenseitigen Besuch vor. Dieses nachahmenswerte Beispiel, das der aus dem Isergebirge nach Gmünd gekommene Rektor Urban der Schillerschule in die Wege leitete, schließt enge Freundschaftsbande über die Grenzen des Vaterlandes und wirkt so als ein Beitrag zur friedfertigen Völkerverstän- digung.

© In der Totenliste des neuen Jahres 1958 sind wieder einige Namen von Rang und Verdiensten zu registrieren. Es starben der Kommandant der Feuerwehr, Buchbindermeister Rudolf Weiss- ler, dem Gmünd den Neuaufbau der Wehr nach dem zweiten Weltkrieg und den Neubau des Feuerwehrgebäudes „Florian“ verdankt, dann Professor Karl Schmidt, der ein Menschen- alter lang die Graveurschule an der Gmünder Fachschule vorbildlich betreute. Um die Jahres- wende verschied der in Sport- und Wanderkrei- sen wohlbekannte Eugen Lang, der seit der Aufgabe der mit seinem schon vor Jahren ver- storbenen Bruder Karl Gustav Lang betriebenen Zigarrenfabrik im Ruhestand seinen Neigungen nachgehen und so verdienstlich wirken konnte. Weiterhin verstarben Bezirksnotar Josef Böhm

und der aus Gablonz geflüchtete Oberlehrer Ernst Zappe; beide Herrn lebten schon im Ruhestand. Weiterhin starb in Heubach im Alter von 79 Jah- ren Fabrikdirektor Wilhelm Ostertag, der bis 1949 die Susa-Werke Schneider & Sohn leitete.

© Auch sonst tut sich in Gmünd allerlei, beson- ders im Gaststättengewerbe: Der Gasthof „Zur Goldenen Krone“ am Markt ist vom Erdgeschoß bis zum Dachstock völlig umgebaut worden. Der erste und zweite Stock bergen nunmehr 22 Frem- denzimmer mit 28 Betten, während parterre ein Selbstbedienungs-Restaurant eingerichtet wird. Direkt gegenüber, im Hotel „Josefle“, ist eine Milchbar mit Espresso-Cafe angegliedert worden. Die Metzgerei Paul Kummer hat ihrem Stamm- haus in der Ledergasse einen neuen modernen Anstrich gegeben, auch das Ladengeschäft neu einrichten lassen. Hier, in diesen schmucken, appetitlichen Räumen, wird sich künftig der Be- trieb dieser alteingesessenen Gmünder Metzgerei vollziehen, nachdem die Filiale am Markt in Wegfall gekommen ist.

@ Die Stadt Heubach unter dem Rosenstein hat in der Person des Stadtamtmann Friedrich Schenk einen neuen Stadtvorstand bekommen, nachdem sein Vorgänger, Bürgermeister Leuch- tenmacher, der zehn Jahre lang erfolgreich in Heubach wirkte, in der oberbadischen Stadt St. Georgen zum Bürgermeister gewählt worden ist. Auch die Kreisgemeinde Spraitbach hat einen neuen Bürgermeister, es ist der aus dem Kreis Tuttlingen kommende Stadtinspektor Wal- ter Zepf. Die Reihe der Bürgermeisterneu- wahlen im Kreis Gmünd wurde in Durlangen abgeschlossen, wo am 23. Februar Gemeinde- inspektor Martin Kuhnigk aus Waldstetten neuer Bürgermeister wurde. In Waldstetten, der größten Landgemeinde des Kreises, ist mit einem Kostenaufwand von 700000 Mark ein neues Volksschulgebäude eingeweiht worden.

ben sich Reste erhalten. Schulrat Dr. Nitsch übertrug die gesamte Musik in langwieriger Ar- beit in moderne Schreibweise. Nun regte sich na- türlich der Wunsch, der Gmünder Bevölkerung Proben dieses einzigartigen Werkes zu geben, und es gelang, eine Aufführung zu sichern. Die Kol- pingsfamilie wird die Chöre übernehmen. Die Instrumentalmusik führt das hiesige Kammer- orchester unter Beiziehung von auswärtigen Blä- sern durch. Vier Berufssänger werden die schwie- rigen Solopartien übernehmen. Zur Aufführung kommen:

1. Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg von Angelo Dreher; 2. Proben aus der älteren Passionsmusik. Wir werden also wieder die alten Weisen ver- nehmen, denen unsere Voreltern mit tiefster Hin- gabe gelauscht und deren Klänge zum letztenmal die Soldaten Napoleons vernommen haben. Es ist begreiflich, daß die Aufführung nicht bloß die hiesige Bevölkerung, sondern weite Kreise der Musikwelt mit Spannung erwarten; denn was Schwäbisch Gmünd hier zu bieten hat, ist einzig- artig in Württemberg.

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