- Vibrary of the Museum OF | COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS, | The gift of ee De 18 . AERO FR . u Fan W DENKSCHRIFTEN MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT JENA. ZWEITER BAND ERSTES HEFT. . JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER VORMALS FRIEDRICH MAUKE 1878. DER ORGANISMUS DER MEDUSEN UND SEINE STELLUNG ZUR KEIMBLÄTTERTHEORIE VON DR. OSCAR HERTWIG unD Dr. RICHARD HERTWIG, A. 0. PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT JENA. MIT 5 LITHOGRAPHIRTEN TAFELN. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER voRMALS FRIEDRICH MAUKE 878, Inhalt Seite Einleitung 1 Erster Abschnitt: Das Berk der iekknsen . 3 Allgemeine Charakteristik des Ektoderms (epitheliales und rehimeliales Gewebe) 3 Stütz- und Deckepithel 5 Nesselzellen 5 Nervensystem und Sinnesorgane 6 Muskulatur 7 Geschlechtsorgane . 11 1. Die Geschlechtsorgane der Trachymedusen 11 (Aeginiden, Trachymedusen, Geryoniden.) 2. Die Geschlechtsorgane der Vesiulaten . . . 2... num 22 (Aequorea, Mitrocoma, Oetorchis, Obelia.) 3. Die Geschlechtsorgane der Ocellaten . » © : 2 2 2 u nn mn nn nn nn nn 26 (Oceania, Lizzia.) Barmiheillme der Deeedimgn > 0 5 oo a on 8 5 0 oo mo oO Rn oo EG oo 0 € 29 (Abstammung der männlichen und weiblichen Geschlechtszellen aus dem Ektoderm.) Zweiter. Abschnitt: Das Entoderm der Medusen „ . 0... 000 u Me Das Epithel des Gastrovasculansystems . 0 2 00 00000000 38 Ne Dikierkrnikenrells ul Ser ande a elle ne rn: wol cu Bari, ainare 8: (Trachymedusen, Vesieulaten, Ocellaten, Sporosacs und Acraspeden.) DIET are RE EN N ee en ee ES Die Gallerte . . . De Ne 5 Een, hof ae en 1398) Dritter Abschnitt: Die Stellung ie en zur 5 Keinhlättertheorie De N ee Vierter Abschnitt: Die Homologien zwischen der Medusen- und der Hydroidenform . -» » 22.20.20. 0. 62 NEED AR Ener a0 Rn LE Der sat AR Va. ER Neem Te en N EN. ne Man ER en a Se ee 2 N “ N ö Eu - 3 r ui A h F . b 5 ? ” } — € \ ” r ' r j a a \ ‚ee I i g' { BR 7 ü ir ‚ wi u Di : Me r A A { 1 fi shake STR 'y 2! Mais ra R N y EN RN ai RO Em 10n R me n We an Ba E Di Einleitung. Mit dem Studium des Nervensystems und der Sinnesorgane der Medusen beschäftigt, wurden wir gleichzeitig mit allen übrigen Organsystemen dieser organologisch so einfach beschaffenen Beobach- tungsobjeete bekannt, und da wir unsere Untersuchung über ein reichhaltiges Material ausdehnten und bei Anwendung vervollkommneter Methoden durch die verschiedensten Körperregionen feine Quer- schnitte anfertigten, so fanden wir auch hier theils ganz neue Verhältnisse auf, theils wurden wir in die Lage versetzt, ältere Darstellungen zu berichtigen oder strittige Punkte ihrer Entscheidung näher zu führen. So sammelte sich allmählich ein umfassendes Beobachtungsmaterial an, das in den Rahmen unserer ursprünglich geplanten Arbeit nicht hineinpasste und das wir jetzt, nachdem wir es noch durch speciell vorgenommene Untersuchungsreihen in verschiedenster Richtung vervollständigt haben, für sich gesondert veröffentlichen. Hierbei glauben wir namentlich von dem Bau der Musculatur und der Geschlechtsorgane, sowie von der Morphologie des Gastrovaseularsystems eine einheitliche Darstellung, welche alle wichtigeren Modificationen umfasst, geben zu können. Auch bei der Vornahme dieser Untersuchungen hat uns wie beim Studium des Nervensystems und der Sinnesorgane der Gesichtspunkt geleitet, dass die Medusen geeignete Objecte sind, um das Verhältniss, in welchem die organologischen und histologischen Sonderungen zu den beiden primären Keimblättern stehen, an einem relativ durchsichtigen und einfachen Fall zu erörtern und im Einzelnen zu prüfen. Dieser Gesichtspunkt ist nicht neu, aber er hat auf die Untersuchungsweise erst in der Neuzeit seinen Einfluss auszuüben begonnen. Der Gedanke, dass die beiden Schichten, aus welchen der Körper der Medusen besteht, den beiden primären Keimblättern der höheren Thiere entsprechen, wurde bekanntlich zuerst von Huxley!) ausgesprochen. „A complete identity of structure“, heisst es in seinen Verwandtschaftsbeziehungen der Medusen, „ceonneets the foundation membranes of the Medusae with the corresponding organs in the rest of the series, and it is curious to remark, that throughout the outer and inner membranes ap- pear to bear the same physiologieal relation to one another as do the serous and mucous layers of the germ; the outer becoming developed into the muscular system and giving rise to the organs of offenee and defence; the inner, on the other hand, appearing to be more elosely subservient to the purposes of nutrition and generation.“ In gleichem Sinne äusserten sich später Kölliker2), All- man und Andere, und so errang sich die Auffassung, dass die Medusen sowie die meisten übrigen Coelenteraten zweiblättrige Organismen seien, so allgemeine Geltung, dass sie für die Anordnung bei 1) Th. H. Huxley, On the anatomy and the affinities of the family of the Medusae. Philosophical Transactions of the royal society of London. 1849. Vol. 139. Part. I. II. pag. 425—426. 2) Kölliker, Icones histologicae. Jen. Denkschriften II. 1 2 Einleitung. u der anatomischen Beschreibung maassgebend wurde, indem die Eintheilung in Ektoderm und Entoderm sich einbürgerte. Indessen konnte die Bedeutung, welche diese Thatsache für das Studium der Histiogenese und der Organogenese namentlich im Hinblick auf die höheren Thierstämme besitzt, erst in der Neuzeit voll- ständig gewürdigt werden, als die Anwendung der Prineipien der Entwicklungstheorie zu der Auf- fassung führte, dass alle dreiblättrigen Thiere ursprünglich von zweiblättrigen abstammen, und als diese Auffassung durch die entwieklungsgeschichtlichen Untersuchungen von Kowalevsky!) und Anderen eine festere Begründung erhielt. Hier hat sich namentlich Haeckel2) ein grosses Ver- dienst erworben, indem er die Stellung der niederen Thierstämme zur Keimblättertheorie und die damit zusammenhängenden Fragen zuerst in seiner Monographie der Kalkschwämme, später in seinen bahn- brechenden Abhandlungen zur Gasträatheorie am vollständigsten erörtert hat. Einen weiteren Schritt auf dieser Forschungsbahn glauben wir durch die Untersuchung des Nervensystems und der Sinnesorgane der Medusen?) gethan zu haben, indem wir an einem speeiellen Fall zeigten, wie das Studium phylogenetisch tief stehender Thiere in die Genese mancher Organe einen Einblick gewährt, welchen die Ontogenese der höheren Thiere uns vorenthält. Als Ergänzung und weitere Ausführung schliessen sich an die erstgenannte Arbeit die hier folgenden Untersuchungen an, zu deren Gegenstand wir die noch nicht besprochenen Gewebe und Organsysteme der Medusen gemacht haben. Gemäss dem oben erörterten Gesichtspunkt werden wir unsere Beobachtungen in zwei Kapiteln besprechen, von welchen das erste das Ektoderm und seine Bildungsproducte, das zweite das Entoderm behandelt. In einem dritten Kapitel werden wir auf die Beziehungen der beiden Keimblätter zu den einzelnen Geweben und Organen und auf die Frage nach der Bildungsweise des mittleren Keimblattes eingehen, auf welches ja der complicirtere Bau der höheren Organismen in erster Linie zurückzuführen ist. Hieran wird sich gewissermaassen als Anhang noch ein viertes Kapitel anschliessen, dessen Gegenstand die zwischen der Medusen- und Hydroidenform bestehenden Homologien bilden, über welche unsere Beobachtungen uns gleichfalls weitere mehr ins Einzelne gehende Aufschlüsse ge- geben haben. 1) Kowalevsky, Entwicklungsgeschichte des Amphioxus lanceolatus. Memoires de l’Academie imperiale des sciences de S8. Petersbourg. VII. serie. t. XI. No. 4. 1867. pag. 5. Derselbe, Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden. Memoires de l’Academie imperiale des sciences de S. Petersbourg. VII. serie. t. XVI. No. 12. 1871. pag. 1. 2) Haeckel, Ueber den Organismus der Schwämme und ihre Verwandtschaft mit den Korallen. Jenaische Zeit- schrift. Bd. V. pag. 212. 1870. Derselbe, Die Kalkschwämme. Eine Monographie. Bd.I. pag. 464—471. 1872. Derselbe, Die Gastraea-Theorie, die phylogenetische Classification des Thierreichs und die Homologie der Keimblätter. Jenaische Zeitschrift. Bd. VIII. pag. 1, Bd. IX. pag. 402, Bd. XI. pag. 55. 3) Oscar Hertwig und Richard Hertwig, Das Nervensystem und die Sinnesorgane der Medusen, monographisch dargestellt. Leipzig. F. C. W. Vogel. 1878. Im Folgenden eitirt als: Medusen. Erster Abschnitt. Das Ektoderm der Medusen. Das Ektoderm beginnt am Mundrand der Medusen und überzieht die untere und obere Fläche des Schirms und seine Anhangsorgane; hierbei ruht es entweder auf einer festen Stützlamelle oder auf der Gallerte des Schirms und wird durch beide Bildungen überall vom Entoderm und seinen Pro- ducten getrennt. Am Ektoderm der Medusen — und dieses kann ebenso auch für alle übrigen Coelenteraten gelten — sind histologisch zweckmässiger Weise zwei Schichten scharf von einander zu unterscheiden, eine oberflächliche Schicht (d), welche den Körper nach aussen begrenzt, und eine tiefere Schicht (u), welche von der Berührung mit den umgebenden Medien ausgeschlossen ist. Für die erstere soll fortan allein die Bezeichnung Epithel reservirt bleiben, während wir alle übrigen tiefer gelegenen Elemente als subepitheliale Schicht zusammenfassen. Die Epithelzellen des Ektoderms der Medusen haben nach aussen eine feine Cuticula (e) ausgeschieden, welche einen grösseren Zusammenhalt der einzelnen Elemente untereinander bedingt, was sich bei Untersuchung von Macerationspräparaten deutlich zeigt und früher schon von uns bei mehreren Gelegenheiten beschrieben worden ist. Bei manchen Arten und an bestimmten Stellen des Körpers nimmt die Cutieula eine eigenthümliche Beschaffenheit an, indem sie auf ihrer inneren Seite mit knötchenartigen Verdiekungen bedeckt ist, welche in die oberflächlichste Protoplasmaschicht der Zelle vorragen und auf dem optischen oder natürlichen Querschnitt gesehen einen schmalen Saum bedingen, in welchem dunklere und hellere Stellen mit einander abwechseln (Taf. 1, Fig. 6; Taf. II, Fig. 16c). Eine derartige Cutieula sieht von der Fläche wie getüpfelt aus (Taf. I, Fig. 9). Am meisten ausgeprägt ist dies Verhalten bei den grossen Plattenzellen der Schirmoberfläche von Cunina sol maris. Hier lassen zugleich die einzelnen breiten Verdiekungen der Cuticula eine Sonderung in eine hellere centrale und in eine dunklere und festere periphere Substanz erkennen; von der Fläche erscheinen sie daher wie unregelmässige geformte Ringe, die eine hellere Mitte umschliessen. Auf Querschnitten kann man zuweilen beobachten, dass sich das feine Cutieulahäutehen von der Zellen- oberfläche abgehoben hat, während die Verdickungen im Zellenkörper verblieben sind. Ein solches Verhalten stellt Fig. 16 auf Taf. II dar. Eine Cutieula von ähnlicher Beschaffenheit hat F. E. Schulze!) bei Cordylophora lacustris aufgefunden; auf den oberflächlichen Zellen des Coenenchymektoderms beschreibt er eine membranöse Grenzschieht, die bei seitlicher Ansicht aus stärker und schwächer lichtbreehenden Theilen besteht; auch bei Hydra fusca erkannte er auf der Oberfläche der Ektodermzellen eine getüpfelte Cuticula. 1) F. E. Schulze, Ueber den Bau und die Entwicklung von Cordylophora lacustris. Leipzig 1871. pag. 18. ı1* A: Erster Abschnitt. Die unter dem Epithel gelegene subepitheliale Schicht (u) hat zuerst Kleinenberg') in seiner trefflichen Monographie von Hydra in ihrer histologischen Bedeutung gewürdigt und mit einem besonderen Namen als interstitielles Gewebe bezeichnet. Bei Hydra nämlich wird die Oberfläche des Körpers von den freien Enden der grossen Neuromuskelzellen gebildet. Diese weichen an ihrer Basis, wo sie in die Muskelfortsätze übergehen, aus einander und lassen zwischen sich und den zu einer Membran verbundenen Muskelfortsätzen ein System von communieirenden Lücken frei, welche von kleinen netzförmig angeordneten Zellen, dem interstitiellen Gewebe, ausgefüllt werden. Aus dem interstitiellen Gewebe lässt Kleinenberg die Nesselzellen, die Eier und Spermatozoen hervorgehen. Auf die Unterscheidung Kleinenberg’s glaubt F.E. Schulze?) in seiner Untersuchung über Syn- coryne keinen Werth legen zu müssen und findet er keinen Grund, die tieferen Zellen, „welche durchaus nicht überall ein regelmässiges Netzwerk zwischen den Fortsätzen der oberen Deckzellen bilden, sondern sehr oft ganz isolirt liegen und streckenweise fehlen können, als ein besonderes Ge- webe hinzustellen.“ Diese Einwendungen F.E. Schulze’s sind zwar, soweit sie die Angaben über die Verbreitungsweise des Gewebes anlangen, vollkommen berechtigt; trotzdem aber glauben wir die Unterscheidung nicht aufgeben zu dürfen, da an vielen Orten, ganz besonders aber an den Ge- schlechtsorganen die epithelialen und die subepithelialen Zellen eine verschiedene histologische Ent- wicklung einschlagen, so dass dann schon aus practischen Gründen eine verschiedene Bezeichnung geboten erscheint. Den Namen interstitielles Gewebe haben wir aufgegeben, weil wir die Ansicht Kleinenberg’s, dass die Neuromuskelzellen von Hydra nicht zugleich auch Epithelzellen seien, nicht theilen und weil wir bei der Unterscheidung der zwei Schichten einen Werth darauf legen, im Namen schon den Unterschied in der Lagerung der oberflächlichen epithelialen und der tieferen subepithe- lialen Zellen auszudrücken. Während bei Hydra die beiden Theile des Ektoderms mehr gleichmässig über die Oberfläche des Körpers entwickelt sind, ist dies bei den Medusen nicht der Fall; die subepitheliale Lage kann stellenweise vollkommen fehlen oder sie kann auf isolirte Zellen oder Zellengruppen beschränkt sein. So wird zum Beispiel die Oberfläche des Schirms und des Velum (Taf. I, Fig. 19 u. 20d) fast aus- schliesslich von einer Lage platter Epithelzellen bedeckt, die meist mit ihren Kanten oder Seiten- flächen dicht aneinanderschliessen, mit breiter Basis der Stützlamelle oder Gallerte anhaften und nur hie und da eine oder mehrere subepitheliale Zellen zwischen sich nehmen. Auf der anderen Seite kann die subepitheliale Schicht wieder eine solche Mächtigkeit erreichen, dass im Vergleich zu ihr das Epithel vollkommen zurücktritt. Als Beispiel für dieses Verhalten können die Geschlechtsorgane auf- geführt werden, an denen, wie ‚später gezeigt werden soll, das Epithel durch dicke Schichten von sub- epithelialem Gewebe von der Stützlamelle abgehoben wird, so dass es mit ihr nur durch feine faserartige Fortsätze noch in Verbindung steht. (Siehe namentlich Taf. I, Fig. 4 und Taf. II, Fig. 15). Das Ektoderm der Medusen hat sehr verschiedenartige Leistungen zu erfüllen, wodurch es sich vom Entoderm oder dem inneren Keimblatt in hervorragender Weise unterscheidet; denn aus ihm entstehen die Nesselzellen, die Angriffs- und Vertheidigungswaffen der Coelenteraten, entstehen die Organe der Fortbewegung, die glatten und die quergestreiften Muskeln, entstehen die Nervenzellen und die Sinnesorgane; hier kommen endlich auch die Fortpflanzungszellen, die Spermatozoen und die Eier, zur Entwieklung. Diese Leistungen sind nun aber nicht gleichmässig, wie wir es noch bei den Hydroiden sehen, über das gesammte Ektoderm verbreitet, sondern sie sind mehr oder minder 1) Kleinenberg, Hydra. Leipzig 1872. pag. 12. 2) F. E. Schulze, Ueber den Bau von Syncoryne Sarsii ete. Leipzig 1873. pag. 4. Das Ektoderm der Medusen. 5 vollständig räumlich gesondert, so dass man im Ektoderm der Medusen besondere, wenn auch nicht stets scharf abgegrenzte, durch eigenartige Funetionen ausgezeichnete Bezirke unterscheidet, die man den Organen der übrigen Thiere vergleichen kann. Zunächst ist hier der ausgeprägte Gegensatz zwischen der oberen, dorsalen und der unteren oder ventralen Seite des Medusenkörpers hervorzu- heben; während sich an der letzteren die Muskeln und die Geschlechtsorgane und ein Theil der Sinnes- und Nervenzellen lokalisirt haben, ist auf ersterer das Ektoderm im Grossen und Ganzen mit keinen besonderen höheren Functionen begabt, wenn wir von dem Schirmrand absehen, an welchem sich das Centralnervensystem und die Sinnesorgane entwickelt haben. Ferner ist zu bemerken, dass nicht alle verschieden funetionirenden Theile des Ektoderms sich in gleicher Weise zu bestimmter abgegrenzten Organbezirken concentrirt haben. Am meisten ausgesprochen ist dies bei den Geschlechts- organen, schon weniger gilt es für die Muskeln, das Nervensystem und die Sinnesorgane, am wenigsten aber für die Nesselzellen. Nach diesen allgemeinen Vorbemerkungen gehen wir zur genaueren Darstellung der ver- schieden functionirenden Theile des Ektoderms über und beginnen zunächst mit dem Ektoderm in seiner Bedeutung als Deckorgan des Körpers, um dann von den Nesselzellen, dem Nervensystem und den Sinnesorganen, der Muskulatur und den Geschlechtsorganen zu handeln. Das Ektoderm ist überall da, wo es ausschliesslich als Deckorgan, als Integument, fungirt, auf die obere epitheliale Schicht reducirt, eine Erscheinung, die sich bei der Untersuchung der dorsalen Fläche des Schirms und des Velum leieht nachweisen lässt. Bei den Craspedoten wird die Oberfläche des Schirms von grossen polygonalen Epithelzellen eingenommen, die nur eine dünne, häufig von Vacuolen durchsetzte Schicht von Protoplasma enthalten und nach aussen eine Cutieula ausgeschieden haben. Am Velum sind die Zellen weniger breit und protoplasmareicher und nähern sich zuweilen mehr der eubischen Form (Taf. I, Fig. 19 u. 20). Eine besonders bemerkenswerthe Beschaffenheit nehmen sie über den Gehör- gruben von Mitrocoma, Tiaropsis ete. an, über welchen sie eine bienenwabenartig aussehende Lage von Cylinderepithel bilden (Medusen Taf. VI, Fig. 10, 11 u. 14). Jede Cylinderzelle besitzt derbe dieke Wandungen, welche einen flüssigen Inhalt und den meist basalwärts gelegenen Kern um- schliessen. Die Bedeutung dieses eigenthümlichen und nur auf je einen kleinen Bezirk beschränkten Epithels ist gewiss darin zu suchen, dass bei seiner derbwandigen Beschaffenheit ein Einsinken der Wölbung der Hörgruben verhindert wird. Die Epithelzellen haben hier noch eine besondere Stütz- function übernommen, die sich auch in ihrer histologischen Structur geltend macht; sie können daher, um dies Verhältniss kurz auszudrücken, auch als Stützepithelzellen bezeichnet und so von den übrigen, den Deckepithelzellen, unterschieden werden. Die Nesselzellen des Ektoderms entwickeln sich, wie von den verschiedensten Forschern und neuerdings namentlich wieder in den genauen Untersuchungen von Kleinenberg und F.E. Schulze hervorgehoben wurde, in dem subepithelialen Gewebe, und liegen dann oft mit ihrer Längsaxe parallel zur Körperoberfläche. Später entfernen sie sich von ihrer Bildungsstätte und treten, indem sie mit ihrer Längsaxe sich senkrecht zur Oberfläche stellen und sich gewissermaassen auf- richten, in die Epithelschicht ein, wobei auf ihrem peripheren freien Ende ein feines steifes Haar, ein Cnidoeil, entsteht. Von allen Organen sind die Nesselzellen am meisten diffus über das Ekto- derm vertheilt. Einzeln oder in Gruppen vereint finden sie sich auf den Tentakeln in ganzer Ausdehnung, am Rande, seltener auf der dorsalen Fläche der Schwimmglocke, an den Mundtenta- keln und in der Umgebung des Mundes; hie und da treten sie zu besonderen Nesselstreifen zu- sammen, die vom Rand nach der Mitte des Schirms dorsal verlaufen, wie bei den Aeginiden, den 6 Erster Abschnitt. Geryoniden, Oceaniden ete., oder sie bilden besondere Nesselbatterien und Neselkuspizz wie an der Spitze vieler Tentakeln. Als eigenartige Modification des Nesselgewebes ist endlich noch bei den Trachynemiden und Geryoniden der sogenannte Nesselwulst hervorzuheben, eine massenhafte An- häufung von Nesselzellen, die sich zum Schutz über den oberen Nervenring gelagert haben und dabei in ihrer Gesammtheit gleichzeitig auch als Stützgebilde, als eine Art ektodermaler Skeletring zu fun- giren scheinen. (Siehe Medusen Taf. II, Fig. 1 u. 2; Taf. IV, Fig. 2, pag. 49—50). Von grösserem Interesse für den Zweck der vorliegenden Arbeit, als die besprochenen, sind die übrigen Differenzirungsproduete des Ektoderms, das Nervensystem und die Sinnesorgane, die Mus- kulatur und die Geschlechtsorgane. Da die beiden erstgenannten Bildungen schon in einer besonderen Schrift von uns monographisch dargestellt worden sind, so mögen sie hier nur in soweit eine kurze Erwähnung finden, als es nothwendig ist, um das Gesammtbild von den Leistungen des Ektoderms zu vervollständigen. Ganglienzellen und Nervenfibrillen sind fast über das gesammte Integument der Me- dusen, aber in verschieden reichem Maasse auf einzelne Bezirke vertheilt. In grosser Menge sind sie am Schirmrand zu einem Centraltheil des Nervensystems angehäuft und bilden hier zwei Stränge, den oberen und den unteren Nervenring, welche durch die Stützlamelle des Velum in unvollkommener Weise von einander getrennt werden, da Fasern von einem zum andern Strang durch kleine Oefl- nungen in der Scheidewand hindurchtreten. Vereinzelt finden sich die nervösen Elemente in der Subumbrella, an dem Magenstiel und den Tentakeln, an welchen Orten sie unter einander zu einem Plexus vereint sind, der den peripheren Theil des Nervensystems der Medusen darstellt und mit dem centralen Theil überall durch isolirte Nervenfädchen oder Bündelchen zusammenhängt. Ganglien- zellen und Nervenfibrillen gehören überall der subepithelialen Ektodermschicht an; im oberen Nerven- ring werden sie von einem Sinnesepithel überzogen, im unteren Nervenring sind sie von Deckepithel- zellen wie die Sehstäbechen vom Pigmentepithel der Retina eingescheidet, in der Subumbrella liegen sie in Lücken zwischen der Muskelfaserlamelle und den zu ihr gehörigen Epithelmuskelzellen. Die Ganglienzellen zählen mit zu den protoplasmareichsten Elementen des Medusenkörpers, welche in höherem Maasse als andere Theile die Osmiumsäure reduciren; am Nervenring gehen sie meist in zwei, am Nervenplexus in zahlreichere Fibrillen über; in dem einen Fall besitzen sie eine mehr spindlige, in dem andern eine mehr unregelmässige Gestalt. Die Sinnesorgane der Medusen sind Theile der Epithelschicht des Ektoderms und treten daher überall, wo sie nicht in bläschenförmige Hohlräume secundär eingeschlossen sind, mit den umgebenden Medien in directe Beziehungen. Theils sind die Sinnesepithelzellen einzeln im Integument verbreitet, theils sind sie in besonderen Bezirken massenhafter angehäuft; so bilden sie namentlich über dem oberen Nervenring ein zusammenhängendes Sinnesepithel, in welches nur vereinzelte eylinder- förmige nicht sensible Zellen als Stützepithelzellen eingestreut sind. Mit wenigen Ausnahmen zeigen die Sinneszellen eine eylindrische oder eine spindlige Gestalt und gehen an ihrem basalen Ende in eine, selten in zwei oder mehrere Nervenfibrillen über. Indem wir hinsichtlich des weiteren Details auf unsere Separatschrift verweisen, gehen wir nun- mehr zu der Muskulatur und den Geschlechtsorganen über, bei deren Darstellung wir länger ver- weilen werden, da uns hier unsere Untersuchungen zu manchen neuen Ergebnissen geführt haben. Das Ektoderm der Medusen. 7 Die Muskulatur. Die Muskulatur der Medusen ist, wenn wir von den Tentakeln absehen, auf die untere Seite des Schirms beschränkt und setzt sich aus zwei Fasersystemen, einem eirculär und einem radial verlaufenden zusammen. Von diesen ist das erstere das bei weitem wichtigste und zerfällt wieder in zwei Abschnitte, in die Muskulatur des Velum und in die Muskulatur der Subumbrella. Beide Ring- faserlagen werden von einander allein durch einen schmalen, am Schirmrand gelegenen, muskelfreien Saum getrennt, in welchem der untere Theil des Nervenrings Platz findet; durch ihre rhythmisch erfolgenden Contractionen vermitteln sie die Fortbewegung des Körpers im Wasser. Das System der radialen Muskelfasern ist sehr wenig entwickelt und nur auf kleine Bezirke beschränkt. Bei der Mehrzahl der Craspedoten verlaufen an der unteren Wand der Radialkanäle vom Schirmrand bis in die Nähe des Magens radiale Faserzüge, welche besonders bei den Geryoniden wegen ihrer starken Entwicklung gut zu sehen und hier zuerst von Haeckel!) beschrieben worden sind (Taf. I, Fig. 5m; Taf. Il, Fig. 1m; Taf. III, Fig. 3, Fig. 16m); weniger auffallend sind sie bei den Oceaniden, bei denen sie F.E. Schulze?) aufgefunden hat; dasselbe gilt von den Trachyne- miden und den Vesiculaten (Aequoriden) (siehe Medusen pag. 40, 52). Ein zweiter Ort, wo radiale Muskeln vorkommen, ist der Magenstiel, mit welchem einzelne Me- dusen versehen sind. Bei den Geryoniden sind sie von Haeckel entdeckt und als longitudinale Stielmuskeln benannt worden. Es sind ansehnliche, in der Längsaxe des Magenstiels hinziehende Stränge, welche den Zwischenraum zwischen den zum Magen hinabsteigenden Radialkanälen aus- füllen (Taf. II, Fig. 19) und daher an Zahl diesen entsprechen; sie bedingen die ausserordentliche Beweglichkeit des Magenstiels, welche bei der Ergreifung der Beute eine Rolle spielt. Endlich ge- hören in das System der radialen Muskulatur noch die Faserstränge, welche am Magen der Ocel- laten in longitudinaler Richtung verlaufen und bei Besprechung der Geschlechtsorgane noch weitere Erwähnung finden werden (Taf. I, Fig. 8; Taf. II, Fig. 2, 4, 7m). An den Anhangsorganen des Medusenkörpers, an den Tentakeln des Schirms und des Mundrandes, sind die Muskeln stets parallel zur Längsaxe dieser Gebilde angebracht, dagegen fehlt eine circuläre Faserlage. Bei der Untersuchung des histologischen Baues der Muskulatur kann man zwei Theile, die Muskelfibrille und die Muskelzelle oder das Muskelkörperchen unterscheiden. Die erstere tritt uns in zweierlei Modifikationen, hier glatt, dort quergestreift entgegen. (uergestreift sind ausnahmslos die eir- eulär verlaufenden Fibrillen der Subumbrella (Taf. I, Fig. 11 u. 13m) und des Velum, homogen und ohne Querstreifung sind ebenso ausnahmslos die Fasern am Magen, an den Radialkanälen und am Magenstiel der Geryoniden; das eireuläre und das radiale System der Muskulatur stehen daher ausser in der Verlaufsriehtung auch in ihrer feineren Struetur in einem Gegensatz zu einander, der auch in ihrer Function sich in sofern äussert, als das erstgenannte System rhythmisch wiederkehrende Contractionen ausführt, das andere nicht. Eine Zwischenstellung nehmen die Tentakeln ein, indem hier je nach den einzelnen Arten bald die glatte, bald die quergestreifte Form vorgefunden wird. Die Muskelfibrillen sind gewöhnlich nicht zu Bündeln vereint, sondern meist in einer Lage dieht neben einander ausgebreitet, wobei sie der Stützlamelle des Ektoderms fest aufliegen; bald 1) E. Haeckel, Die Familie der Rüsselquallen (Medusae Geryonidae). Jenaische Zeitschrift Bd. II. pag. 167. 1866. 2) F. E. Schulze, Ueber den Bau von Syncoryne Sarsii. Leipzig 1873. pag. 21. 8 Erster Abschnitt. sind sie drehrund, bald sind sie zu schmalen Bändern abgeplattet. Letztere können entweder senk- recht zu der unter ihnen hinziehenden Stützlamelle gestellt und wie die Blätter eines Buches an ein- ander gereiht sein, wie dies am Velum und der Subumbrella der Geryoniden der Fall ist (Taf. I, Fig. 20); oder sie sind umgekehrt wie z. B. in der Subumbrella von Lizzia und ÖOctorchis so ange- ordnet, dass sie mit den Kanten an einander stossen und mit der breiteren Fläche auf der Stütz- lamelle ruhen. Die zu den Muskelfibrillen gehörenden Zellen sind meist protoplasmareiche Körper, welche die Muskellamelle einseitig von aussen bedecken. Hierbei lässt sich nicht entscheiden, wie viel con- tractile Substanz von dieser, wie viel von jener Zelle gebildet worden ist. Je nach der Lagerung kann man zwei Arten von Muskelzellen, 1) epitheliale und 2) subepitheliale unterscheiden. Die er- steren, welche bei den Medusen gewöhnlich vorkommen, tragen zur Begrenzung der Körperober- fläche mit bei und sind daher von uns schon in der früheren Schrift als Epithelmuskelzellen be- zeichnet worden, in welchem Namen sowohl die Function als auch das so wichtige Lageverhältniss in gleicher Weise ausgedrückt wird. Als Beispiel kann die Subumbrella von Carmarina dienen, in deren Bereich auf der quergestreiften Muskellamelle ventralwärts grosse hexagonale, platte Epithel- zellen liegen und den Muskelfibrillen zur Matrix dienen (Taf. I, Fig. 11). Bei anderen Medusen da- gegen gehören die Muskelzellen dem subepithelialen Gewebe an und bilden eine besondere Schicht, die nach aussen noch von einem zusammenhängenden dünnen Epithelhäutehen überzogen wird, wie wir dies sogleich in einzelnen Fällen näher werden kennen lernen (Taf. I, Fig. 15mz). Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass im ersten Fall ein primäres, im zweiten ein secundäres Verhältniss gegeben ist. Die Muskulatur ist nicht bei allen Medusen gleich stark entwickelt, vielmehr lassen sich, wenn die Untersuchung über eine grössere Anzahl von Arten ausgedehnt wird, leicht verschiedene Ausbildungsstufen nachweisen, die in einer Entwicklungsreihe angeordnet werden können und deren Studium uns von einem weitergehenden Interesse zu sein scheint. Das gewöhnliche und zugleich primitivste Verhalten, welches bisher fast ausschliesslich berücksichtigt worden ist, bieten uns diejenigen Befunde dar, wo die Muskelfibrillen in einer Ebene auf einer glatten Stützlamelle ausgebreitet und von den zugehörigen Epithelmuskelzellen bedeckt sind. In allen den Fällen nun, in denen eine Volums- zunahme der Muskulatur beobachtet wird, ist dieselbe dadurch herbeigeführt worden, dass die Muskel- lamelle sich in Falten legt. Eine Anzahl Beispiele werden uns mit verschiedenen Stadien dieses Processes bekannt machen. Ein Anfangsstadium zeigt das Velum von Aequorea und von Carmarina, von welcher letzteren die Figur 20 auf Tafel I genommen ist. Auf dem Querschnitt gesehen beschreibt die Stützlamelle (s) eine Wellenlinie und dem entsprechend sind auch die Querschnitte der Muskelbänder (m) in einer Wellenlinie angeordnet. Die Unebenheiten, die hierdurch an der Oberfläche des Velum entstehen müssten, werden zum Theil dadurch ausgeglichen, dass die Epithelmuskelzellen (d), deren Cutieulae nahezu in einer glatten Ebene liegen, in den Wellenthälern eine Volumszunahme erfahren haben. Durch diese Einfaltung ist bei Carmarina im Vergleich zu andern Medusen auf einer gleich grossen Fläche die Muskelmasse bedeutend vermehrt, wobei das Velum an Dicke zugenommen hat. Uebrigens tritt die Einfaltung erst allmählich bei älteren Thieren ein, bei jüngeren ist die Muskellamelle noch glatt ausgebreitet und wie bei den meisten Medusen beschaffen (Taf. I, Fig. 19). Ein weiteres Entwicklungsstadium desselben Vorgangs in etwas modifieirter Form giebt sich uns in der Muskulatur an den Tentakeln und am Magenstiel von Carmarina zu erkennen. Das Ektoderm der Medusen. 9 Ein Querschnitt durch die Wand eines hohlen, schlauchförmigen Tentakels von Car- marina (Taf. I, Fig. 14) zeigt einen zusammengesetzteren Bau, als ihn die gleichen Theile der meisten andern Medusen ‘besitzen. Die Stützlamelle (s), welche Entoderm und Ektoderm von einander scheidet, ist von einer aussergewöhnlichen Stärke und bildet auf dem Querschnitt einen dicken, homogen er- scheinenden Ring. Auf ihrer Aussenfläche erheben sich zahlreiche dünne Leisten, die aus derselben Substanz wie die Stützlamelle bestehen und dicht bei einander parallel zur Längsaxe des Tentakels gestellt sind. Die Stützleisten oder Stützblätter, wie wir sie auch nennen können, zerfallen zuweilen noch in kurzer Entfernung von ihrem Ursprung in feinere secundäre Blätter. Sowohl die ringförmige Stützlamelle als auch die von ihr sich erhebenden Leisten werden auf ihrer Aussenfläche von einer Lage longitudinaler Muskelfasern (m) bedeckt, die auf Querschnitten durch Osmiumpräparate als dunkel glänzende Körner erscheinen. Es ist daher die Muskellamelle, welche bei andern Medusen die Gestalt eines Cylindermantels besitzt, bei Carmarina nach Art einer Halskrause in zahlreiche, dicht an einander gedrängte Falten gelegt, zwischen welche sich von der Stützlamelle aus dünne Blätter als Unterlage hineinschieben. Ektodermzellen füllen den Zwischenraum zwischen den einzelnen Falten aus und be- decken auch die freien Kanten derselben in mehreren Lagen, so dass die Tentakelwand wieder eine glatte Oberfläche gewinnt. Zahlreiche Nesselzellen (n) sind sowohl in die oberflächlichen als auch in die tieferen Schichten des Ektoderms eingestreut und sind bald senkrecht, bald parallel zur Längsaxe des Tentakels gestellt. Schon Haeckel (Geryoniden pag. 157—166) hat die Geryonidententakeln auf Querschnitten untersucht, schreibt ihnen aber bei der Schilderung seiner Befunde eine noch ver- wickeltere Structur, als wir aufgefunden haben, zu, indem er es für wahrscheinlich hält, dass Strei- fungen der Stützlamelle auf eine Zusammensetzung aus glatten Muskelfasern zurückzuführen sind und dass daher ausser longitudinalen auch noch ringförmig angeordnete Muskelfasern vorkommen. Die von Haeckel gegebene Darstellung hat Korotneff!) in seiner Untersuchung von Lucernaria, bei welcher er einen ähnlichen Bau der Muskulatur beobachtet hat, in richtiger Weise umgedeutet. Noch ausgeprägter als an den Tentakeln ist die Faltenbildung der Muskelhaut in mancher Be- ziehung an den longitudinalen Muskelsträngen des Magenstiels von Carmarina. Die Muskel- stränge füllen, wie schon früher erwähnt wurde, den Zwischenraum zwischen den dicht neben einander zum Magen herablaufenden Radialkanälen aus (Taf. IIT, Fig. 19). Auch hier erheben sich von einer dünnen Stützlamelle zahlreiche äusserst feine Blätter von Stützsubstanz, welche den Blättern eines Buches vergleichbar senkrecht zur Oberfläche des Stiels gestellt sind und nur durch schmale Zwischen- räume von einander getrennt werden (Taf. I, Fig. 16). Auf ihren beiden Seiten werden die Stütz- blätter von einer dünnen Lage runder Muskelfasern überzogen. In den schmalen Zwischenräumen sind spärliche Zellen, die wir wohl für die Matrixzellen der Muskulatur halten müssen, eingebettet; nach aussen wird das Gänze noch gleichmässig von ein bis zwei Lagen von Ektodermzellen zu- gedeckt. In den zwei zuletzt geschilderten Fällen kann man verfolgen, dass mit der auftretenden Ein- faltung der Muskellamelle und in Folge derselben die Muskelzellen — ob vollständig oder theilweise, sei dahingestellt — aus dem Epithel ausscheiden und zu Bestandtheilen einer subepithelialen Schicht werden. Das Ausscheiden der Muskelzellen aus dem Epithel hat aber hiermit innerhalb der Medusen seinen Abschluss noch nicht erreicht; vielmehr giebt es einige Craspedoten, die in dieser Hinsicht noch höher stehen als selbst Carmarina, indem bei ihnen die Muskulatur der Subumbrella entweder ganz 1) Korotneff, Histologie de !’hydre et de la Lucernaire. Archives de zoologie exp. t. V. pag. 382. 1876. Jen. Denkschriften II. 2 10 Erster Abschnitt. oder innerhalb des an den Schirmrand stossenden Bezirks sich vom Ektoderm gleichsam abspaltet und ein mehr oder minder vollständig gesondertes Muskelblatt repräsentirt. Am schönsten prägt sich diese Entwieklungsstufe bei Aequorea aus (Taf. I, Fig. 15 u. 18). Die F altung der Fibrillenschicht (m) ist hier nieht so ansehnlich, wie es an den Tentakeln oder am Magenstiel von Carmarina der Fall ist. Nur in der Nähe des Schirmrandes unter dem Ringeanal (Fig. 15) bilden die Querschnitte der Muskel- fibrillen eine vielfach geknickte und ausgebuchtete Linie, die schon in einiger Entfernung in eine nur wenig gebogene Linie übergeht (Fig. 18). Ueberall jedoch sind im Ektoderm deutlich zwei Zellenlagen zu unterscheiden. Die eine ist dieker, folgt unmittelbar nach aussen von den Muskelfibrillen und be- steht aus protoplasmareichen Elementen (mz), die unregelmässig gegen einander gepresst meist in einer einfachen Schicht, selten zu zweien über einander liegen. Die andere Lage (d), welche als Epithel fungirt, ist dünner und unscheinbar, so dass der rundliche Kern in jeder Zelle einen über die Ober- fläche hervorspringenden Höcker bedingt. Epithelzellen und Muskelzellen sind auf dem (Querschnitt durch eine scharfe Linie (s‘) getrennt, die nur in wenigen Punkten unterbrochen ist, wo Zellen des subepithelialen Gewebes gegen das Epithel hervorragen. Wir glauben dies Bild nicht anders deuten zu können als durch die Annahme, dass zwischen dem Epithel und den Muskelzellen eine Stützlamelle ausgeschieden worden ist, wenn wir sie auch nicht isolirt haben darstellen können. Dieselbe ist zweifellos eine Neubildung und dadurch für uns von Bedeutung, dass sie die selbständig gewordene Muskelschicht noch schärfer gegen das darüber liegende Epithel abgrenzt. Man kann wohl sagen, dass durch die Bildung dieser Grenzscheide die Muskulatur von ihrem Mutterboden, dem Ektoderm, losgelöst und zu einer besonderen mesodermalen Lage geworden ist. An Macerationspräparaten ist es ein Leichtes, die Epithelschicht auf grosse Strecken im Zu- sammenhang als ein zartes schleierartiges Häutchen abzulösen und haben wir in unseren Unter- suchungen über das Nervensystem der Medusen, wo die erörterten Verhältnisse zum Theil schon ihre Darstellung gefunden haben, von einem derartigen Präparat eine Abbildung gegeben (Medusen pag. 79, Taf. VI, Fig. 9). Unter dem Häutchen bleibt dann die Schicht der Muskelzellen mit ihren Muskel- fibrillen zurück. Durch Zerzupfen isolirt man aus derselben einzelne Fibrillen, von denen eine jede ihr anhaftendes Protoplasmaklümpchen mit Kern, ihr Muskelkörperchen, besitzt. Aehnliche Verhältnisse, wie bei Aequorea, kehren bei Lizzia, Oceania und Mitrocoma Annae wieder; doch sind es hier immer nur Theile der Subumbrella und zwar die an den Schirmrand grenzenden, innerhalb welcher die Muskelkörperchen aus der Epithelschicht des Ektoderms ausscheiden. Hinsichtlich der bei Mitroeoma vorhandenen Verhältnisse verweisen wir auf eine unserer früheren Zeich- nungen (Medusen Taf. VII, Fig. 14). Die untersuchten Medusen zeigen dem Gesagten zu Folge in der Beschaffenheit ihrer Musku- latur sehr wesentliche Verschiedenheiten, die dadurch für uns von Interesse sind, dass sie verschiedene Stufen in der Ausbildung dieses Gewebes veranschaulichen. Bei einem Theil sind die Muskel- zellen zugleich Epithelzellen, bei einem anderen ist eine Differenzirung in ein ge- sondertes ektodermales Epithel und eine gesonderte mesodermale Muskulatur ein- getreten. Uebergangsformen vermitteln zwischen beiden Extremen und deuten uns den Weg an, auf dem die Ausscheidung der Muskulatur erfolgt sein mag. Die Grössenzunahme der Muskellamelle zwingt dieselbe, sich einzufalten. So scheiden zuerst einige der Muskelzellen von der Oberflächenschicht des Körpers aus; ihnen folgen die übrigen nach, während eine Epithellage über ihnen zur Entwicklung kommt. Ist diese Auffassung richtig, so ist in der Volumszunahme der Grund zu suchen, dass sieh vom Ektoderm eine besondere Das Ektoderm der Medusen. 11 Muskellamelle abspaltet; da nun die Volumszunahme in den engsten Beziehungen zum Gebrauch des Organs steht, so ist in letzter Instanz die Muskelthätigkeit als der Factor zu bezeichnen, der aus dem Epithelmuskelgewebe ein selbständiges Muskelgewebe macht. Die Geschlechtsorgane. Im Gegensatz zu den bisher betrachteten einfacher gestalteten Organsystemen herrscht im Bau der Geschlechtsorgane eine grössere Mannigfaltigkeit vor; denn nicht allein die Hauptgruppen unter- scheiden sich hier wesentlich von einander, sondern auch die einzelnen Familien zeigen häufig be- merkenswerthe Besonderheiten. Wenn es dieserhalb schon zweckmässig ist, die Bildung der Ge- schlechtsorgane bei den wichtigsten Familien getrennt zu besprechen, bevor wir zu einer allgemeinen Uebersicht schreiten, so empfiehlt sich eine derartige Behandlungsweise auch noch aus zwei weiteren Gründen. Erstens fehlen zur Zeit genauere und umfassendere Angaben über diesen Theil der Medusen- organisation. Wenn wir F.E. Schulze’s Arbeit über Syncoryne Sarsii ausnehmen, so gründet sich Alles, was wir über die Geschlechtsorgane wissen, auf die trügerischen Bilder, die man auf optischen Durehschnitten oder Flächenansichten erhält, Bilder, die denn auch zu manchen irrigen Auffassungen Veranlassung gegeben haben. Wie in vielen anderen Punkten, so kann auch hier nur mit Hilfe der Querschnittsmethode, deren wir uns fast allein bedient haben, Sicherheit erlangt werden. Zweitens haben wir uns der prineipiellen Wichtigkeit des Gegenstandes halber zu einer detaillirten Darstellung unserer Beobachtungen entschlossen. Da in der Neuzeit der Ursprung der Geschlechtsorgane in her- vorragender Weise das Interesse der Forscher in Anspruch nimmt und gerade die Hydromedusen Veranlassung zu wichtigen Verallgemeinerungen gegeben haben, wollen wir unserem Leser Gelegenheit bieten, sich über die Berechtigung derselben ein eigenes Urtheil zu bilden. 1. Die Geschlechtsorgane der Trachymedusen. Aeginiden. — Indem wir von dem Grundsatz ausgehen, dass ein Organ eine um so niedrigere Entwicklungsstufe einnimmt, je weniger es scharf umschrieben und localisirt ist, stellen wir die Ge- schlechtsorgane der Aeginiden an die Spitze unserer Darstellung. Denn bei keiner craspedoten Meduse sind die Geschlechtsproducte so weit verbreitet, wie innerhalb dieser auch sonst in ihrer Organisation so eigenartig beschaffenen Gruppe. Nach den übereinstimmenden Angaben früherer Forscher entwickeln sich die Geschlechtspro- duete der Aeginiden in der unteren Wand der Magentaschen. Hier wurden sie zuerst von Kölliker!) bei Aeginopsis Mediterranea und später von Gegenbaur?) bei Aegineta (?) flavescens aufgefunden. Weitere Mittheilungen über ihre Vertheilung verdanken wir Leuckart?), welcher das über Aeginopsis Bekannte bestätigte und ausserdem eine Cunina (C. moneta) untersuchte. Nach ihm sind bei letzterer Meduse ebenso viele Geschlechtsorgane als Magentaschen vorhanden; ein jedes besitzt die Gestalt eines halbmondförmigen Wulstes, der zwei benachbarten Magentaschen angehört, indem er ihre einander zu- gewandten seitlichen Ränder, sowie die dazwischen gelegene Strecke des Magens einnimmt. Diese 1) A. Kölliker, Ueber Scheibenquallen. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. IV. pag. 320. 2) C. Gegenbaur, Versuch eines Systems der Medusen. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. VILI. pag. 264. 3) R. Leuckart, Beiträge zur Kenntniss der Medusenfauna von Nizza. Archiv f. Naturgesch. Jahrg. 1856. Bad. I. pag. 34 u. 37. y* 12 Erster Abschnitt. Schilderung wurde von F. Müller!) für die Cunina Koellikeri und von E. Haeckel?) für die Cunina rhododaetyla bestätigt. Namentlich machte Haeckel ausführlichere Angaben über die Hoden, die bald auf den zwischen zwei Magentaschen gelegenen Raum beschränkt sein, bald sich auf die Magentaschen ausdehnen sollen. Da wir an lebenden Thieren, auf welche Leuckart, Haeckel und Müller allein Bezug nehmen, keine Beobachtungen angestellt haben, können wir uns auch nicht darüber aussprechen, welehe Bilder zu den unter einander übereinstimmenden, von uns jedoch nicht bestätigten Angaben jener drei Forscher Veranlassung gegeben haben. Bei unserer Arbeit waren wir auf ein Material an- gewiesen, das zwar in Osmiumsäure vortrefflieh eonservirt war, aber wegen der starken Schwärzung der Gewebe zu Flächenbildern nieht gebraucht werden konnte; und wurden daher unsere Resultate allein mit Hilfe von Querschnitten gewonnen, zu denen wir drei verschiedene Arten, Aeginopsis Medi- terranea, Cunina lativentris und C. sol maris verwandten. Mit einer einzigen Ausnahme, die noch später besonders besprochen werden soll, stimmten alle untersuchten Aeginiden unter einander darin überein, dass die untere Wand des Magens und der Magentaschen in weiter Ausdehnung mit der Bildung der Geschleehtsproduete betraut und dem ent- sprechend bei geschlechtsreifen Thieren beträchtlich verdiekt war. Die Verdickung fehlte nur an zwei Stellen, im Umkreis des Mundes und an den Enden der Magentaschen. Der Mund wurde von einer verschieden breiten Zone umgeben, die keine Geschlechtsproduete, dafür aber häufig dichte Massen von Nesselzellen enthielt. Die ausserdem noch von den Geschlechtsorganen freigelassene Stelle an den Enden der Magentaschen war stets klein und lag unter der Wurzel der Tentakeln, da wo bei Cunina lativentris die beiden Schenkel des so abweichend beschaffenen Ringeanals entspringen. Radialschnitte durch die untere Wand des in Taschen ausgezogenen Magenraumes ergeben daher folgende Bilder. Ist der Schnitt durch eine Magentasche in der Nähe der Tentakelbasis gelegt worden (Taf. III, Fig. 11), so erhält man eine Lamelle, die auf der einen Seite mit dem Rand der Mundöffnung abschliesst, auf der anderen Seite sich je nach den einzelnen Arten in verschiedener Weise fortsetzt. Bei Cunina lativentris, wo ein Ringeanal vorhanden ist, verlängert sie sich in die untere Wand desselben; wo dagegen wie bei €. sol maris und Aeginopsis Mediterranea ein funetio- nirender Ringeanal fehlt, inserirt sie sich unmittelbar an der subumbrellaren Fläche der Schirmgallerte. Die beiden Enden der Lamelle sind nicht verdiekt; die dazwischen liegende Strecke aber, welche allein die Geschlechtsproducte erzeugt, ist beim männlichen Thier nach den beiden Enden zu am dicksten, während ihr Bild bei weiblichen Medusen verschieden ausfällt, je nachdem auf dem Schnitt eine der in geringer Anzahl vorhandenen Eizellen getroffen worden ist oder nicht. Ein Radialschnitt durch die Magenwand mitten zwischen zwei Taschen sieht im Grossen und Ganzen dem beschriebenen Bilde sehr ähnlich (Fig. 9). Die Lamelle ist nur kürzer und weicht ferner auch darin ab, dass die Verdiekung der Geschlechtsorgane gleich an der Stelle anhebt, wo die Magen- wand von der unteren Fläche der Umbrella entspringt. Auf einem Schnitt endlich, der in der Mitte zwischen den zwei geschilderten geführt worden ist (Fig. 10), erblickt man ausser dem Querschnitt der Magenwand noch den Querschnitt durch die seitlich vorspringende Ausbuchtung einer Magen- tasche und kann sehen, dass die untere Wand derselben in ganzer Ausdehnung Geschlechtsproduete entwickelt hat. \ 1) F. Müller, Cunina Koellikeri. Beitrag zur Naturgeschichte der Aeginiden. Archiv f. Naturgesch. Jahrg. 1861. Bd. I. pag. 47. 2) E. Haeckel, Anatomie von Cunina rhododactyla. Geryoniden pag. 267. Das Ektoderm der Medusen. 13 Die hervorgehobenen Unterschiede zwischen den Querschnitten aus verschiedenen Körper- gegenden kommen bei allen denjenigen Exemplaren in Wegfall, bei denen sich keine Taschen vom Magen abgesondert haben und daher nur ein einziger grosser verdauender Hohlraum vorhanden ist. An allen Stellen gleicht dann das Bild eines Radialschnittes völlig der Figur 9 auf Tafel IN. Nach diesen Beobachtungen, die wir durch Anfertigung von tangentialen Schnitten noch weiter sicher gestellt haben, bilden die Geschlechtsproduete der Aeginiden in der unteren Wand des Magens eine ringförmige Schicht, die verschieden breit ist, indem sie bald bis ganz in die Nähe des Mund- randes reicht, bald in grösserer Entfernung von demselben aufhört. Sie dehnen sich bei den mit Magentaschen versehenen Thieren auf diese aus und lassen dann nur den nach der Peripherie ge- legenen Rand frei. Man kann daher bei den Aeginiden nicht, wie es die früheren Forscher gethan haben, von einzelnen getrennten Geschlechtsorganen reden, da noch die ganze untere Fläche des Gastrovascularsystems mit Ausnahme des Ringcanals die Fähigkeit besitzt, Geschlechtsproduete zu erzeugen. Der einzige Fall, der unter den von uns untersuchten Thieren eine Ausnahme von dem be- schriebenen typischen Verhalten machte, betrifft eine durch ihre Körpergrösse besonders ausgezeichnete weibliche Cunina sol maris. Hier waren nur kleine umschriebene Stellen nachweisbar, in denen je ein Ei vorhanden war; sie schienen in den Magentaschen unregelmässig zerstreut zu sein, am Magen selbst zu fehlen. Leider ist die Querschnittsmethode wenig geeignet, um die Vertheilung derartiger kleiner Heerde mit Sicherheit festzustellen, so dass wir hierüber nichts Genaueres mittheilen können. Ueber den feineren Bau der Geschlechtsorgane der Aeginiden liegen in der Literatur keine irgend wie ausführlicheren Angaben vor. Alles was wir hierüber wissen, beschränkt sich auf die Be- merkung Haeckel’s (Geryoniden pag. 267), dass die Eier und Spermatozoen aus dem Epithel des Gastrovascularsystems hervorgehen. — Ein ziemlich umfangreiches Material hat uns in den Stand ge- setzt, nicht allein erwachsene männliche und weibliche Thiere, sondern auch Entwicklungsstadien zu untersuchen, welche zum Theil so wenig differenzirt waren, dass ihr Geschlecht überhaupt nicht fest- gestellt werden konnte. Im Folgenden sollen zuerst die männlichen Thiere, dann die weiblichen und zuletzt die indifferenten Entwieklungsformen besprochen werden. An Querschnitten, die in tangentialer oder radialer Richtung durch die untere Wand des Magens oder der Magentaschen einer männlichen, nahezu geschlechtsreifen Cunina geführt worden sind (Taf. II, Fig. 15), erbliekt man die beiden aus den primären Keimblättern hervorgegangenen Haupt- schichten des Medusenkörpers, das Entoderm und Ektoderm, durch eine sehr deutliche Stützlamelle getrennt. Das Entoderm (en) zeigt dieselbe Beschaffenheit wie auch sonst in der unteren Wand des Gastrovascularsystems und besteht, wie wir später noch genauer besprechen werden, aus grossen Zellen, deren Grenzen an Carminosmiumpräparaten nicht hervortreten, deren Körper in dem an die Stützlamelle grenzenden Abschnitt von grossen und zahlreichen Vacuolen durchsetzt sind, während die Kerne in ein oder mehreren Schichten angeordnet meist im mittleren Theile der Zelle liegen. Eine genauere Besprechung verlangt das nach aussen von der. Stützlamelle (s) gelegene, stark verdiekte Ektoderm, an welehem man deutlicher als an den meisten übrigen Stellen des Medusen- körpers die beiden Bestandtheile, das Epithel und die subepitheliale Zellenschieht, unterscheiden kann. Die subepitheliale Zellenschicht ist so stark entwickelt, dass sie auf den ersten Blick allein das Ektoderm zu bilden scheint; sie setzt sich aus zweierlei Zellformen zusammen, die allein in der Grösse von einander abweichen. Während die kleineren (p) einen Durchmesser von 4,5 x besitzen, messen die grösseren (q) bis 9p. Im Uebrigen stimmen die beiden Zellenarten in ihrem Bau überein, 14 Erster Abschnitt. indem ihr Körper fast nur aus dem Kern besteht, der von einer dünnen Schicht Protoplasma um- hüllt wird. Die kleineren und die grösseren Zellen theilen sich in den Raum zwischen dem Epithel und der Stützlamelle in der Weise, dass die ersteren nach aussen unter dem Epithel, die letzteren nach innen unmittelbar auf der Stützlamelle liegen. In Bezug auf die Masse ihres Vorkommens stehen sie in einem Wechselverhältniss; bei manchen Exemplaren — zweifellos den jüngeren Thieren — wird das ganze subepitheliale Gewebe fast nur von den grösseren Zellen gebildet (Fig. 13), während die- selben bei anderen wieder durch die kleineren Zellen fast völlig verdrängt und auf eine dünne Lage in den tiefsten Sehichten des Ektoderms beschränkt sind (Fig. 15). Aus dieser Verbreitungsweise geht hervor, dass die kleineren Zellen durch Theilung aus den grösseren entstehen; sie sind, wie beim Zerzupfen sich feststellen lässt, entweder schon reife Spermatozoen selbst, indem dann ihr Körper sich in einen feinen langen Faden, den Spermatozoenschwanz, verlängert, oder Bildungszellen, die in Um- wandlung zu Spermatozoen begriffen sind. Dem entsprechend müssen die grösseren Elemente als Spermatozoenmutterzellen gedeutet werden. Die Epithelschicht (d), welche die dieke Masse der subepithelialen Zellen bedeckt, ist ein dünnes, leicht zu übersehendes Häutchen. Ihr ansehnlichster Bestandtheil ist die wohl entwickelte Cutieula, die mit knötchenartigen Verdiekungen auf der inneren Seite versehen ist. Die unter der Cutieula gelegenen Zellenkörper sind unter einander zu einer dünnen feinfaserigen Lage verschmolzen, die von Strecke zu Strecke ovale, 8p lange Kerne umschliesst und in grösseren oder geringeren Abständen Ausläufer in das darunter gelegene Gewebe entsendet. Diese Ausläufer (b) sind fein längsgestreift und lösen sich beim Zerzupfen in Büschel sehr zarter Fibrillen auf; da sie in Osmium- säure sich stark bräunen, heben sie sich deutlich von ihrer Umgebung ab und lassen sich gut in ganzer Ausdehnung verfolgen. Sie beginnen an der Epithelschieht mit einer trichterförmigen, ein oder mehrere Kerne umschliessenden Verbreiterung, indem ihre Fibrillen in die subeuticulare Faserschicht nach allen Seiten ausstrahlen; von hier aus verlaufen sie senkrecht zur Stützlamelle und bis an diese heran, wo sie mit einer kleinen Verbreiterung aufhören. Da sie naturgemäss bei dieser Anordnung eine parallele Richtung einhalten, verleihen sie dicken Schnitten ein streifiges Aussehen; auf dasselbe müssen wohl auch die Bilder zurückgeführt werden, die Allman!) von optischen Durchschnitten männlicher Gonophore giebt und von denen er als charakteristisch hervorhebt, dass die Anordnung der Spermatozoen eine radiale Streifung der Hodensubstanz bedingt. Die auf der Lamelle aufsitzenden Enden der Stützfasern — denn als solche können wir die Ausläufer der Epithelzellen bezeichnen — erscheinen häufig an den Osmiumpräparaten als dunkle, scharf begrenzte Körperchen, die den Quer- schnitten von Muskelfibrillen sehr ähnlich sehen (Fig. 18). Wir haben uns daher die Frage vorgelegt, ob Muskelfibrillen bei den Aeginiden in der unteren Wand des Magens oder der Magentaschen vor- kommen; haben uns jedoch von der Existenz derselben nicht überzeugen können und müssen es un- entschieden lassen, durch welches Gewebe die mannigfachen Formveränderungen der Mundöffnung bedingt sein mögen. In ihrem Verlauf geben die Stützfasern unter spitzem Winkel seitlich Fibrillenbündel ab, die sich unter einander verbinden. So entsteht ein Fachwerk, in dem die Spermatozoen und Spermato- zoenmutterzellen eingelagert sind. Stellenweise findet man ferner ovale Kerne (y) den Stützfasern äusserlich angeklebt, wie es Figur 18 auf Tafel IT zeigt; doch liess sich die Zusammengehörigkeit von Fasern und Kernen auf Zerzupfungspräparaten nicht sicher stellen. 1) G. J. Allman, A monograph of the Gymnoblastie or Tubularian Hydroids. London 1871. pag. 65. Das Ektoderm der Medusen. 15 Wie in der Beschaffenheit der subepithelialen Zellenschicht sich Verschiedenheiten nachweisen liessen, die vom Reifezustand des Thieres abhängig sind und sich in dem Ueberwiegen der Sperma- tozoenzellen oder der Spermatozoenmutterzellen aussprachen, so verhält sich auch das System der Stützfasern nach dem Alter der Meduse verschieden. Reichlich entwickelt, wie wir es eben geschildert haben, ist es nur bei Thieren, bei denen das subepitheliale Zellenlager zu einer kleinzelligen Masse geworden ist (Fig. 15 u. 18). Bei jungen Individuen dagegen, bei denen sich nur Spermatozoen- mutterzellen vorfinden, sind die Stützfasern spärlich entwickelt, wie in Figur 13, oder können sogar ganz fehlen. In gleicher Weise wie bei den Hoden ist auch bei den Eierstöcken die Verdickung der Magenwand im Bereich des als Geschlechtsorgan funetionirenden Bezirks einzig und allein durch die Ausbildung des Ektoderms und speciell durch die Ausbildung seines subepithelialen Theiles bedingt; das Entoderm dagegen zeigt keine Abweichungen von seinem gewöhnlichen Verhalten. Das subepitheliale Gewebe der Ovarien ist eine mehrschichtige Lage dieht an einander gedrängter Zellen, die wir als Keimzellen bezeiehnen wollen (Fig. 14k). Die Keimzellen variiren im Allgemeinen nur wenig in ihrer Grösse, indem die kleinsten 10x, die grössten 25]. messen. Jene finden sich besonders in dem Theil der Magenlamelle, welcher an die Subumbrella stösst, diese mehr in den mittleren Theilen. Die Grösse der Zelle wird im Wesentlichen vom Kern bedingt, da das Proto- plasma nur eine dünne Rindenschicht bildet, wenn es auch reichlicher als bei den Spermatozoenmutter- zellen vorhanden ist. Die Kerne sind rundlich und lassen niemals in ihrem Inneren ein Kernkörper- chen von der Gestalt eines kleinen stark lichtbrechenden Korns vermissen; sie sind häufiger zu zwei oder vier in einer Zelle zusammengedrängt, als wären sie aus der Theilung eines grösseren Mutterkerns entstanden. Nach aussen werden die Keimzellen, zwischen denen nur selten hier und da eine Nesselzelle (n) eingesprengt ist, von einer einfachen Lage von Epithelzellen (d) bedeckt. Diese unterscheiden sich von den Epithelzellen des Hodengewebes durch den Mangel der faserigen Differenzirung und der als Stützfasern fungirenden Ausläufer; sie sind einfache Deckzellen und haben nicht für die Festigkeit des subepithelialen Gewebes, dessen grosszellige Masse keiner Stützsubstanz bedarf, zu sorgen. Gleich den Deckepithelzellen an vielen anderen Stellen des Medusenkörpers sind sie protoplasmaarm, so dass die Cutieula der ansehnlichste Theil des Zellkörpers ist. In das durch die Keimzellen erzeugte Stroma sind die Eier (0) eingebettet, welche bei den von uns untersuchten Medusen in so geringer Anzahl vorhanden waren, dass auf vielen Schnitten das subepitheliale Gewebe nur aus Keimzellen bestand. Sie liegen mit einer Seite unmittelbar auf der Stützlamelle (s), welche sie gegen das Entoderm hin vorbuchten, ohne sie im Uebrigen zu durch- brechen; auf der anderen Seite werden sie entweder direet vom Epithel überzogen oder zuvor noch von einer Lage Keimzellen bedeckt. Sie erreichen eine bedeutende Grösse und sind dann scharf gegen die Umgebung abgegrenzt, als wären sie von ihr durch eine feine Membran getrennt. Ihr Protoplasma hat ein schaumiges Aussehen; ihr Keimbläschen enthält mehrere kleine Nucleoli. Bei der Cunina sol maris, auf die sich vorliegende Schilderung bezieht, konnten zwischen Ei- zellen und Keimzellen keine ausgeprägten Uebergangsformen nachgewiesen werden. Denn wenn auch vereinzelte Keimzellen die übrigen durch ihre Grösse beträchtlich übertrafen, so war doch immer noch ein sehr bedeutender Unterschied zwischen ihnen und den kleinsten Eizellen bemerkbar; es würde daher die durch den Namen „Keimzellen“ ausgedrückte Auffassung, dass die subepithelialen Zellen die Anlagen zukünftiger Eier sind, nur eine Vermuthung geblieben sein, wenn es uns nicht geglückt 16 Erster Abschnitt. wäre, in einem zweiten Fall hierüber grössere Sicherheit zu gewinnen. Dieser zweite Fall betrifft das hen oben erwähnte Exemplar von Cunina sol maris, das sich von allen übrigen durch die Verthei- lung; seiner Geschlechtsproduete unterschied. Bei der genannten Meduse wurden zwei Magentaschen sammt dem au En Sell des Magens in suecessive Querschnitte zerlegt und dabei drei getrennte Ovarialanlagen, zwei in der einen, die dritte in der anderen Magentasche vorgefunden. Von diesen enthielt eine nur Keimzellen, die anderen beiden umschlossen ausserdem noch je ein durch seine ausserordentliche Grösse auffal- lendes Ei. Die Anschwellung im Ektoderm war in dem Fall, wo kein Ei vorhanden war, nur unbedeutend und besass die Gestalt eines über die Oberfläche wenig hervortretenden Hügels, dessen Basis sich auch nach der Entodermseite hin schwach hervorwölbte (Taf. I, Fig. 9). Nach aussen wurde sie von einer einfachen Lage platter Epithelzellen (d) bedeckt, während sie ihrer Hauptmasse nach aus 19—50 x grossen Keimzellen (k) bestand, die unmittelbar auf der einen Seite an die Stützlamelle, auf der an- deren Seite an das Epithel grenzten. Die Keimzellen waren durch gegenseitigen Druck polygonal abgeplattet und von einander durch eine dünne Schicht Kittsubstanz getrennt, die in Osmiumsäure sich stark geschwärzt hatte. In ihren grossen runden Kernen lagerte stets ein scharf contourirtes 1,5 — 3,0 x grosses Kernkörperchen; einige Zellen enthielten 2, 3 oder 4 Kerne dicht gegen einander ge- presst, wie wir es oben schon von der anderen Cunina geschildert haben, woraus wir auch hier auf eine fortdauernde Vermehrung der Keimzellen durch Theilung der vorhandenen schliessen (Taf. II, Fig. 17). Die beiden anderen Ovarialanlagen waren ungefähr stecknadelkopigross und wurden zum grössten Theil von der sehr voluminösen Eizelle gebildet, deren Dotter beidesmal scharf in zwei ihrem Aussehen nach verschiedene Partien gesondert war (Taf. II, Fig. 10). Die an die Stützlamelle grenzende Hälfte war an den in Osmiumsäure conservirten Präparaten in eine krümelige klumpige Masse zer- fallen. Die andere Hälfte zeigte dagegen eine alveoläre Structur, als wäre ihr Protoplasma von zahl- reichen Vacuolen durchsetzt. In der Rindenschicht fanden sich einige Fetttropfen. Beide Hälften der Eizelle setzten sich mit einer scharfen Linie gegen einander ab und an ihrer Grenze lagerte das Keim- bläschen (h), das von einer deutlichen Membran umgeben wurde und in einem feinkörnigen Inhalt zahlreiche wie zerstäubte Nucleoli umschloss. Den neben der Eizelle übrig bleibenden Raum nahmen die Keimzellen in Anspruch, unter denen einige sich dadurch auszeichneten, dass sie grösser und protoplasmareicher waren und einen grösseren Kern besassen wie die übrigen. Wir halten sie für Keimzellen, die im Begriff sind, zu Eiern heran- zuwachsen. Dies konnte namentlich bei einer 76x grossen Zelle mit 53x grossem Kern keinem Zweifel unterliegen, da dieselbe schon vollständig das Aussehen einer jungen Eizelle darbot. Die Keimzellen und das Ei bildeten eine zusammengehörige Masse, die von dem Epithel des Magenraums (en) durch eine derbe Stützlamelle (s), einen Theil der Grenzscheide zwischen Ektoderm und Entoderm, getrennt wurde; ebenso wurden sie auch gegen das Epithel der Körperoberfläche durch eine deutliche Membran abgegrenzt (s), die nur als eine innerhalb des Ektoderms entstandene Neu- bildung angesehen werden kann, da sie in der schon besprochenen jungen Ovarialanlage vollkommen fehlte. Diese Membran war an einer kleinen Stelle unterbrochen, wo sie allmählig sich verdünnend mit einem zugeschärften Rand aufhörte, so dass hier die Keimzellen unmittelbar an das Epithel stiessen (Fig. 16); an der Peripherie des Ovarium verschmolz sie mit der zwischen Ektoderm und Entoderm befindlichen Stützlamelle. Das Ektoderm der Medusen. 17 Von den Fällen, in denen das Geschlecht der Meduse wegen des geringen Ausbildungsgrades der Organe noch nicht bestimmt werden konnte, mögen hier nur zwei Erwähnung finden. Das jüngste Exemplar, das wir auf Querschnitten untersucht haben, war eine Cunina lativentris, deren Scheibendurchmesser 5m betrug. Bei derselben war das Ektoderm im Bereich der Magentaschen eine dünne Zellenlage, die meist nur von einer Schicht Epithelzellen gebildet wurde. Nur ganz isolirt fand sich unter den Epithelzellen hier und da eine rundliche Zelle, die an der Oberflächenbegrenzung keinen Antheil hatte und die daher als ein Theil der subepithelialen Zellenschicht zu betrachten ist. Bei einer älteren Meduse derselben Art sind diese subepithelialen Zellen in der Wand der Magentaschen zahl- reicher (Taf. II, Fig. 12u); zu zwei oder drei liegen sie in geringen Abständen von einander oder sie häufen sich sogar zu grösseren Gruppen an, welche das Ektoderm nieht unwesentlich verdieken. Die Epithelzellen (d) bedecken nicht allein diese Gruppen, sondern sie schicken sogar scheidenartige Fort- sätze zwischen sie hinein, welche die Zellengruppen von einander trennen und bis an die Stützlamelle reichen. Letztere ist bei ganz jungen Thieren nicht gut zu erkennen und erscheint nur unter dem Bild einer scharfen Grenzlinie zwischen Ektoderm und Entoderm; bei älteren Exemplaren dagegen, wie z.B. bei denen, auf welche sich die zweite Schilderung bezieht, ist sie deutlich doppelt eontourirt (s). — Auch bei diesen jungen Medusen bot das Entoderm (en) keine erwähnenswerthen Besonderheiten im Bereich der Geschlechtsanlagen dar. Die Traehynemiden. Bei den Trachynemiden sind die Geschlechtsorgane in der Achtzahl im Verlauf der acht Radialkanäle entwickelt, an denen sie je nach den einzelnen Arten einen ver- schiedenen Platz einnehmen. Bei den meisten Aglauriden hängen sie als ovale Körper im Um- kreis des Magenstiels herab, bei Rhopalonema sind sie als runde Säckehen in der Mitte der Schirmhöhle wahrzunehmen. Nur bei der letzteren Art wurde die Bildung der 'Ovarien auf Durchschnitten unter- sucht, wobei sich im feineren Bau mehrfache Beziehungen zu den Aeginiden erkennen liessen. Das kuglige Ovarium springt, wie der Durchschnitt (Taf. II, Fig. 8) zeigt, frei an der Unterfläche des Schirms (x) hervor, an welcher es nur mit einem schmalen Streifen befestigt ist. Der durch seine Mitte verlaufende und hier ampullenartig erweiterte Radialkanal (er) wird von grossen, blasigen Ento- dermzellen (en) ausgekleidet, deren Kerne von etwas Protoplasma umgeben im peripheren Zellenende liegen. Das Entoderm wird nur durch eine sehr feine, wellig verlaufende Stützlamelle (s) vom Ekto- derm getrennt, welches in verschiedener Weise an der unteren und an den seitlichen Flächen des Ovarium differenzirt ist; während es an der erstsenannten Stelle einzig und allein aus einer dünnen Lage platter Zellen besteht, ist es an den Seitenflächen bedeutend verdickt, so dass hier zwei Streifen entstehen, die wir als Ovariallamellen (gl) bezeichnen wollen. Diese zeigen dieselbe zellige Zusammen- setzung wie bei den Aeginiden, indem kleine polygonale Keimzellen (k), die durch einen verhältniss- mässig grossen Kern sich auszeichnen, in mehreren Lagen über einander liegen. Dazwischen sind auf fast jedem Schnitte vereinzelte Eier (0) von meist beträchtlicher Grösse anzutreffen; sie nehmen die sanze Dicke der Lamelle ein und bedingen ausserdem noch nach dem Epithel des Radialkanals zu hügelförmige Hervorragungen. Geryoniden. Die Geschlechtsorgane der Geryoniden, der dritten Familie der Trachymedusen, sind auf ihren Bau von Haeckel!) und F. E. Schulze?) histologisch genauer untersucht und von ersterem in seiner Monographie von Carmarina und Glossoeodon, von letzterem in einem Aufsatz: 1) Haeckel, Geryoniden l.c. pag. 99—101. 148-150. 2) F.E. Schulze, Ueber die Cuninenknospenähren im Magen von Geryonien. Mittheilungen des Naturw. Vereins für Steiermark. Jahrg. 1875. pag. 125. Jen. Denkschriften II. 3 18 Erster Abschnitt. „Ueber die Cuninen-Knospenähren im Magen von Geryonien“ beschrieben worden. Beide Forscher sind durch ihre Beobachtungen zu Resultaten geführt worden, die in sehr wesentlichen Punkten von ein- ander abweichen. Nach Haeckel sind die Genitalblätter „nichts anderes als ganz flache, taschenartige Ausstülpungen der Radialkanäle. Letztere gehen, während sie an der Subumbrella herablaufen, mit offenem Lumen mitten durch die mit Geschlechtsprodukten erfüllten breiten Taschen hindurch, wie Blattrippen durch das Blatt.“ Die Spermatozoen sowohl als auch die Eier entwickeln sich allein in der untern. nach der Subumbrella zugekehrten Wand aus dem Epithel des Gastrovascularsystems, in der Weise, dass allein das Epithel des mitten durch das Blatt hindurehtretenden Kanals seinen ur- sprünglichen Charakter beibehält. Unter diesem unveränderten Epithel verläuft zugleich von radialen Muskeln begleitet der Radialnerv. Nach der Schirmhöhle zu werden die Eier nur von den eirculären Muskelfasern und dem flachen Epithel der Subumbrella bedeckt und werden sie nach eingetretener Beife dureh Bersten des dünnen Ueberzugs direet nach aussen entleert, was Haeckel bei verschie- denen Medusen hat beobachten können. Zu einem entgegengesetzten Ergebniss, was die Genese der Eier anlangt, ist F. E. Schulze gelangt; er unterscheidet an der subumbrellaren Wandung des Genitalblattes vier differente Schichten, „D) das aus mehr oder minder hohen Cylinderzellen gebildete einschichtige Entoderm, 2) die an den meisten Stellen nur dünne glashelle Stützlamelle, eine direete Fortsetzung der Scheibengallertmasse, 3) eine Lage schmaler, an den beiden Enden spitz zulaufender, im Allgemeinen eireulär gerichteter Muskelfasern und endlich 4) das Zellenlager des Ektoderms.“ Die Eizellen entstehen nun nicht im Entoderm, sondern wie Schulze „an senkrechten Durchschnitten der subumbrellaren Genitaltaschen- wand auf das sicherste nachweisen konnte, sämmtlich in dem unteren äusseren Epithel der Subum- brella, welches durch die Muskelschieht und die hyaline Grenzschicht von dem eylindrischen Gastro- vaseularepithel vollkommen geschieden ist, also im Ektoderm.“ Ausserdem beschreibt noch F. E. Schulze eine sehr eigenthümliche Bildung an der schmalen bandförmigen Mittelzone der Genital- blätter; er findet nämlich hier unter dem radialen Längsmuskelband an Stelle „des benachbarten, Eier haltenden Epithelzellenlagers ein System von krausenartig vorspringenden Querwülsten, welche aus einer grossen Menge kleiner, ziemlich stark liehtbrechender kugeliger Elemente vom Aussehen fast reifer Spermatozoenzellen bestehen“. Er ist geneigt, den so beschaffenen Streifen als Hoden zu deuten und die zwei von ihm untersuchten Exemplare von Geryonia hexaphylla als Zwitter zu bezeichnen, indem er es dahin gestellt sein lässt, ob hier nur ein Ausnahmefall oder vielleicht eine normale Bil- dung vorliegt. Unsere eigenen Untersuchungen erstrecken sich auf Carmarina hastata und Glossoeodon muero- natum, zwei Arten, die von einander im Bau ihrer Geschlechtsorgane mehrfach abweichen. Bei Carmarina, von welcher wir leider ebenso wie von Glossocodon nur weibliche Thiere zu untersuchen Gelegenheit hatten, sind sechs Geschlechtsorgane vorhanden, welche an der unteren Wand je eines taschenförmig erweiterten Radialkanals gelegen sind, in einiger Entfernung vom Ursprung des Magenstiels beginnen und fast bis zum Ringkanal herabsteigen. Sie besitzen beim erwachsenen Thier etwa die Gestalt von lanzetförmigen Blättern, liegen in einer Ebene mit der Innenfläche der Subum- brella und zerfallen dadurch, dass längs eines schmalen Mittelstreifens weder Eier noch Samenzellen entwickelt werden, in eine rechte und eine linke Hälfte, welche wie bei Rhopalonema als Ovarial- lamellen bezeichnet werden sollen (Taf. II, Fig. 16 gl). Im Mittelstreifen verläuft, wie bei mikroskopischer Untersuchung eines flach ausgebreiteten Stücks der Subumbrella und besonders schön an Osmium-Carminpräparaten wahrzunehmen ist, ein unpaarer radialer Muskelstrang (m); er beginnt in Das Ektoderm der. Medusen. 19 der Nähe des Ringkanals, begleitet den Radialkanal in seiner ganzen Länge, und setzt sich mit ihm, wenn auch in geringerer Stärke, noch eine Strecke weit auf den Magenstiel fort. Auf seiner unteren Fläche wird der unpaare Radialmuskel von grossen, eigenthümlich beschaffenen Epithelzellen bedeckt, in denen F. E. Schulze eine Hodenanlage vor sich zu haben vermuthete (Taf. II, Fig. 1f). Besondere Beachtung verdient bei der Untersuchung eines flächenhaft ausgebreiteten Präparates der Rand der Genitalblätter, da hier die Ringmuskulatur der Subumbrella plötzlich aufhört und mit einer gezackten Linie abschneidet (siehe Medusen Taf. V, Fig. 1). An Querschnitten durch die untere Wand der Radialkanäle, in welcher sich die Geschlechts- producte gebildet haben (Taf. II, Fig. 1, 2, 3), können wir nicht wie F.E. Schulze vier, sondern nur drei Schichten unterscheiden: 1) das Entoderm oder das subumbrellare Epithel des Radialkanals, 2) die Stützlamelle der Subumbrella, 3) das Ektoderm, von welchem das Genitalblatt gebildet wird. Die von Schulze als weitere Schicht noch aufgeführte Ringmuskellamelle kommt zwar sonst überall in der Subumbrella vor, fehlt aber an den Genitalblättern, wie bereits an Flächenansichten festgestellt werden konnte. Das subumbrellare Epithel (en) des Radialkanals ist einschichtig und setzt sich aus grossen hohen Zellen zusammen, deren seitliche Grenzen an Durchschnitten schwer zu bestimmen sind. Die Entodermzellen zeigen nur an ihrem peripheren Ende eine dünne zusammenhängende Schicht von homogenem Protoplasma, sonst sind sie durch und durch von grossen blasigen Räumen durchsetzt, die nur durch dünne Protoplasmascheidewände von einander getrennt sind und sich gegenseitig polye- drisch abplatten. Der Kern liegt in der Mitte oder mehr nach der Peripherie im vacuolisirten Proto- plasma. Im Bereich des Genitalblattes ist das Epithel nicht überall gleich hoch; sondern ist derartig vertheilt, dass es die bedeutendste Höhe in der Mitte einer jeden Genitallamelle in einem Bezirk er- reicht, wo auch die Geschlechtsproducte stets am weitesten entwickelt sind; von hier wird es sowohl nach den beiden Rändern, als auch nach dem unpaaren Radialmuskel zu und über diesem selbst sue- cessive etwas niedriger. Die an zweiter Stelle angeführte Schicht, die Stützlamelle (s) der Subumbrella ist auch im Be- reich der Genitalblätter sehr deutlich ausgeprägt und bildet eine scharfe und leicht erkennbare Grenze zwischen den zum Entoderm und den zum Ektoderm gehörigen Theilen; auf dem Durchschnitt ist sie deutlich doppelt eontourirt und erreicht eine Dicke von 2%; an Macerationspräparaten kann sie isolirt dargestellt werden, wenn man die ganze Subumbrella von der Schirmgallerte abzieht und mit einem Pinsel von ihr die Entoderm- und Ektodermzellen abstreift; da sie bei diesem Verfahren nicht einreisst, muss sie eine nicht geringe Festigkeit besitzen. Es geht hieraus hervor, dass die Stützlamelle nicht, wie F. E. Schulze meint, ein Theil der Schirmgallerte ist, sondern als eine besondere Lage von ihr unterschieden und den Basalmembranen unter Epithelschichten verglichen werden muss. Auch kann sie im ganzen Bereich der Subumbrella schon insofern in die Gallerte nieht übergehen, als sie von dieser durch ein feines Zellenhäutchen, wie später nachgewiesen werden wird, überall getrennt ist. Die dritte Schicht des Querschnitts oder das Ektoderm ist sehr verschiedenartig differenzirt, wodurch die Eintheilung in drei Zonen, in den Mittelstreifen und die beiderseits von ihm gelegenen Genitallamellen bedingt ist. In der Ausdehnung des Mittelstreifens (Taf. II, Fig. 1) sieht man an Quer- schnitten durch Osmiumpräparate dicht unterhalb der Stützlamelle die durchschnittenen gebräunten glatten Fasern des Radialmuskels (m), welcher nach der Schirmhöhle zu von einer einfachen Schicht Epithelzellen (f) bedeckt wird. Diese sind grosse cubische Gebilde, deren periphere Enden als „pa- pillenartige Erhebungen“ (F. E. Schulze) auf der Oberfläche des Mittelstreifens hervorspringen. Sie 3%* 20 Erster Abschnitt. tragen ihren Kern bald in der Mitte, bald mehr ihrer Basis genähert; ihr Zelleninhalt ist in sehr auf- fälliger Weise verändert, indem er aus kleinen polygonalen stark glänzenden Körperchen besteht, welche dicht zusammengedrängt den Nucleus umgeben. Diese Körperehen, welche bei Anwendung von Tinetionen völlig ungefärbt bleiben, sind es, welche bei F.E. Schulze den Eindruck von fast reifen Spermatozoenzellen erweckten und ihn veranlassten, im Mittelstreifen des Genitalblattes einen Hoden und im Gesammtbau der Geschlechtsorgane eine Zwitterbildung zu vermuthen. Die Unter- suchung von jüngeren und älteren Thieren hat uns gelehrt, dass diese Vermuthung nicht zutrifft. Denn die als Spermatozoen gedeuteten Körperchen, welche den Inhalt von grossen eubischen Zellen bilden, finden sich bei jungen und alten Thieren vor und sind nie mit dünnen Fäden verbunden, wie sie sonst von den Kopftheilen der Spermatozoen bei den Medusen ausgehen. Auch mag hervor- gehoben sein, dass die Epithelschicht des Mittelstreifens sich über die Genitalblätter hinaus noch weiter auf die Radialkanäle des Magenstiels bis zum Magen selbst verfolgen lässt und dass sie hier genau dieselbe Beschaffenheit darbietet. Ueber die Bedeutung der grossen Ektodermzellen mit ihren glän- zenden Körperchen haben wir nichts sicheres ermitteln können. Wir haben daran gedacht, dass viel- leicht ein exeretorisches Epithel — eine Niere — vorliegen könnte. Die Lage der Zellen im Verlauf der Radialkanäle und ihre Vergesellschaftung mit den Generationsorganen könnte wohl für eine der- artige Auffassung sprechen. Die an den Mittelstreifen (m) angrenzenden Eierstockslamellen (Taf. II, Fig. 16 g1) zeigen bei Thieren, welche noch nicht auf der Höhe der Geschlechtsreife angelangt sind, Eier auf den verschie- densten Entwicklungsstadien. Die grösseren Eier finden sich im mittleren Bezirk einer jeden Lamelle, wo sie mit ihrer dorsalen Fläche der Stützmembran unmittelbar anliegen und diese nach dem Radial- kanal zu der Art ausbuchten, dass kleine Grübchen zu ihrer Aufnahme entstehen (Taf. I, Fig. 2); nach der Schirmhöhle zu treten sie nicht frei zu Tage, sondern werden noch von einem dünnen Epithel- häutehen (d) überzogen, in welchem hie und da ein ovaler Kern auf dem Querschnitt zu sehen ist; sie gehören somit der subepithelialen Schicht an. In den zwischen ihnen gelegenen verdünnten Ekto- dermstrecken kommen kleinere Eier auf den verschiedensten Entwicklungsstadien zur Beobachtung; diese besitzen zum Theil schon einen grösseren Kern wie ein Keimbläschen, zum Theil aber sind sie nicht zu unterscheiden von kleinen subepithelialen Zellen, wie sie auch andern Orts anzutreffen sind und z. B. zur Bildung von Nesselzellen verwandt werden. Alle diese Eikeime ruhen unmittelbar und zwar in einfacher Schicht auf der Stützlamelle und werden nach der entgegengesetzten Seite zu wie die grossen Eier von dem feinen Epithelhäutchen (d) bedeckt. Letzteres hebt sich an Schnittpräpa- raten zuweilen von der subepithelialen Schicht eine Strecke weit ab, so dass es dann am besten zu erkennen ist (Taf. II, Fig. 5d). Am Rand der Genitalblätter geht das derartig beschaffene Gewebe un- mittelbar in die einfache Lage der Epithelmuskelzellen über. Unter den von uns conservirten Exemplaren von Carmarina fanden sich auch solche vor, die trotz ihrer schon ganz ansehnlichen Grösse doch noch sehr unentwickelte Geschlechtsorgane besassen. Dies liess sich schon daran erkennen, dass die Geschlechtsblätter an Breite nur sehr wenig den cen- tralen Abschnitt des Radialkanals übertrafen und fast gar nicht als gesonderte Organe von ihm abzu- grenzen waren. Von einem derartigen Objeet ist ein Querschnitt, der die Entwicklungsgeschiehte der Geschlechtsproducte weiter aufklärt, auf Taf. I, Fig. 3 abgebildet. Wie sofort zu sehen ist, sind auch hier die drei oben aufgezählten Schichten recht scharf von einander gesondert und zwar zeigt sich das Entoderm im Wesentlichen wie bei älteren Thieren beschaffen mit dem Unterschied, dass es in der ganzen Länge des Schnittes ziemlich gleichmässig hoch ist; die Stützlamelle ist deutlich doppelt con- Das Ektoderm der Medusen. 21 tourirt und frei von grubenförmigen Vertiefungen; das Ektoderm bietet den am meisten abweichenden Anblick dar, indem der Mittelstreifen wallartig über die untere Fläche des Schirms vorspringt, während die Genitallamellen viel weniger verdickt sind. Die Höhe des Mittelstreifens hängt von den Körner- zellen ab, welche den ziemlich starken Radialmuskel bedecken, an Grösse hinter den früher beschriebenen nur wenig nachstehen und bereits auch die eigenthümlichen glänzenden Körperchen obwohl nur in ihrem peripheren Theil ausgeschieden haben. Die noch unentwickelten dünnen Genitallamellen (Taf. II, Fig. 3) werden von kleinen grosskernigen Zellen gebildet, die in einfacher Schicht immer gruppenweise beisammenliegen und nach der Schirmhöhle zu einen Ueberzug von platten Epithelzellen besitzen. Ob aus den grosskernigen Zellen später Eier oder Spermatozoen hervorgehen, dafür bot sich bei der Untersuchung kein Merkmal dar, so dass wir an den beschriebenen Objeeten noch einen indifferenten Zustand in der Ausbildung der Geschlechtsorgane annehmen müssen. Von Carmarina weicht Glossocodon im feineren Bau der Geschlechtsorgane trotz der nahen Verwandtschaft in mehrfacher Hinsicht erheblich ab. An den in Vierzahl vorhandenen ovalen Ge- schlechtsblättern fehlt der bei Carmarina beschriebene Mittelstreifen mit den charakteristischen Körner- zellen und dem Radialmuskel; die Geschlechtsproduete stellen daher eine einzige in ihrer Mitte am meisten verdiekte Lamelle dar. Von den drei verschiedenen Altersstadien, welche uns von den Eier- stöcken zur Untersuchung vorlagen, zeigt ein Querschnitt vom jüngsten Stadium das subumbrellare Epithel des Radialkanals als eine einfache, überall gleich hohe Schicht von grossblasigen eubischen Zellen, deren Kern dem peripheren Zellende mehr genähert ist (Taf. II, Fig. 6). Unter dem Epithel verläuft eine zarte, glatt ausgebreitete Stützlamelle (s) und auf diese folgt nach der Schirmhöhle zu die ungetheilte Eierstockslamelle, die aus ein bis zwei Lagen kleiner subepithelialer Zellen besteht, von denen sich einzelne (0) durch ihren Kern schon als Eier auszeichnen. Der subepithelialen Schicht liegen auch hier wieder dünne platte Epithelzellen auf, die an ihrem ovalen, horizontal gestellten Kern leicht kenntlich sind. Auf einem nächst älteren Entwicklungsstadium (Taf. II, Fig. 4) sind sowohl die blasigen Ento- dermzellen, als auch namentlich einzelne Eier beträchtlich gewachsen. Letztere haben sich nach dem Radialkanal zu vergrössert und die Stützlamelle ausgebuchtet, welche zu ihrer Aufnahme mit ent- sprechend tiefen Gruben bedeckt ist; hierbei verursachen sie aber trotz ihres stärkeren Wachsthums weder eine Hervorwölbung an der Oberfläche der Ovariallamelle, noch an dem subumbrellaren Epithel des Radialkanals. Es kommt dies einfach daher, dass die Entodermzellen über den vergrösserten Eiern sich abplatten, dagegen an andern Stellen noch an Höhe zunehmen und in dieser Weise alle Uneben- heiten, die sonst entstehen müssten, durch ihr ungleiches Wachsthum wieder ausgleichen. Nur so erklärt es sich, dass trotz des ungleichen Wachsthums der einzelnen Eier die Dicke der Ovariallamelle, wenn man von einer nach den Rändern zu allmälich erfolgenden Verdünnung absieht, auf einem Quer- schnitt überall die gleiche bleibt. Auf einem dritten, der Reife nahen Entwicklungsstadium endlich (Taf. IL, Fig. 5) haben einzelne Eier an Volumen so zugenommen, dass sie fast die ganze Dieke eines Querschnitts für sich beanspruchen und dass. sie von dem Radialkanal nur durch eine dünne Schicht abgeplatteter Entodermzellen ge- schieden werden. Die tiefen Thäler zwischen ihnen sind vollständig ausgeglichen durch eine Wuche- rung der blasig beschaffenen Entodermzellen, die gewissermaassen als Ausfüllungsmasse dienen. Ferner sind auf dem vorliegenden Querschnitt die mittelgrossen Eier von dem oberflächlichen Epithelhäut- chen (d) durch noch kleinere jüngere Eikeime abgedrängt und fast vollständig in die blasige Entoderm- schicht eingebettet worden. Von diesen tiefgreifenden Veränderungen ist auch jetzt noch eine schmale 22 Erster Abschmilt. Randzone ausgenommen, in welcher sich nur jüngere Eizellen vorfinden, in welcher sich daher ein mehr ursprünglicher Zustand erhalten hat. Wenn wir jetzt die bei jüngeren und älteren Thieren von Glossocodon beobachteten Thatsachen zusammenfassen, so erhalten wir das nicht unwichtige Ergebniss, dass je mehr die Geschlechts- producte reifen, um so mehr die Ektoderm- und die Entodermschicht sich gegen- seitig durchwachsen, dass hierbei dasjenige, was die Eier an Ausdehnung zuneh- men, immer wieder durch eine Abflachung der Entodermschicht ausgeglichen wird, und dass in Folge dieser gegenseitigen Durehwachsung und Ausgleichung bei der Diekenzunahme des Ovarialblattes der Durchmesser überall der gleiche bleibt. 2. Die Geschlechtsorgane der Vesiculaten. Aequorea Forskalea gehört zu den wenigen vesiculaten Medusen, bei denen die Zahl der Radialkanäle und mit derselben auch die Zahl der Geschlechtsorgane im Lauf des Wachsthums eine fortdauernde Zunahme erfährt. Bei den von uns untersuchten Exemplaren, die etwa einen Scheiben- durchmesser von !|, Fuss besassen und sich insgesammt als weibliche Thiere auf der Höhe der Ge- schlechtsreife auswiesen, mögen nach einer ungefähren Schätzung an hundert Radialkanäle vorhanden gewesen sein. In der unteren Wand derselben liegen die Geschlechtsproducte, indem sie 3== vom Ringkanal entfernt beginnen und etwa ebenso weit von der Stelle, wo sich die Radialkanäle in den weiten Magen öffnen, aufhören. In dieser Ausdehnung bildet die untere Wand eine 1—2 "m breite Falte, die von der Subumbrella in die Schirmhöhle schlaff herabhängt (vergl. den Querschnitt durch eine Anzahl Geschlechtsfalten auf Tafel II, Fig. 1). In ihr ist reichliches Pigment abgelagert, welches ihr ein grau violettes Colorit verleiht. An Aequoreen, die in Alkohol ceonservirt sind, kann man die gesammte Subumbrella mit den ihr angehörenden Organen ohne grosse Mühe im Zusammenhang von der Gallertscheibe ablösen, die einzelnen Geschlechtsfalten ihrer ganzen Länge nach isoliren und platt ausbreiten. Ein auf diese Weise angefertigtes Präparat, von dem Figur 3 auf Tafel II den an den Ringkanal anstossenden Theil um das doppelte vergrössert darstellt, zeigt, dass die beiden dunkel pigmentirten Blätter der Falte (gl) durch einen helleren Streifen (m), welcher der Umschlagsstelle der Falte entspricht, von einander ge- trennt werden; wie eine mikroskopische Untersuchung lehrt, enthalten nur die dunkel pigmentirten Abschnitte Eizellen, während in dem hellen Streifen der schon bei der Muskulatur besprochene Strang von radialen Muskelfasern verläuft. Jede Geschlechtsfalte wird somit durch den Muskelstrang in zwei Hälften oder zwei Ovariallamellen zerlegt. Ferner vermissen wir die Eizellen zu beiden Seiten da, wo die Falte von der Subumbrella entspringt; auch hier verläuft daher ein schmaler Streifen, der heller erscheint und weniger pigmentirt ist. Auf Quersehnitten (Taf. II, Fig. 1) setzen sich die einzelnen Theile der Genitalfalte ebenfalls deutlich von einander ab; die beiden Ovariallamellen sind beträchtlich verdiekt und werden sowohl von einander wie von dem angrenzenden Abschnitt der Subumbrella durch dünnere Partien getrennt. In allen diesen Theilen besteht die Genitalfalte aus 3 Schichten: 1) dem Ektoderm, 2) dem Entoderm, 3) der zwischen beide sich einschiebenden Stützlamelle. In dem Abschnitt, der an die Subumbrella stösst und sich in das Epithel derselben eontinuirlich fortsetzt, ist das Ektoderm ein dünner unscheinbarer Ueberzug (Taf. II, Fig. 22 A und B,d). Die einzelnen Epithelzellen, die es zusammensetzen, sind niedrig, enthalten kleine Ay messende Kerne Das Ektoderm der Medusen. 23 mit einem kornartigen Kernkörperchen und spärliche Pigmentkörnehen. Die Grenzen der Zellen liessen sich an den von uns untersuchten Präparaten nicht erkennen. Unter dem Epithel liegen zahlreiche subepitheliale Zellen, rundliche Körperchen, die der Hauptsache nach aus dem Kern bestehen und nur eine dünne Rindenschicht von Protoplasma be- sitzen (Taf. II, Fig. 20 und 21). Im Kern findet sich ein hellglänzender Nucleolus, der an Präparaten, die mit Osmiumsäure behandelt sind, besonders deutlich hervortritt. Die Zellen grenzen unmittelbar an die unter ihnen liegende Stützlamelle und sind von der Körperoberfläche durch das Epithel aus- geschlossen; sie werden um so zahlreicher, je mehr wir uns der Ovariallamelle nähern und bilden hierbei kleine Haufen, die das Epithel hervorbuchten (Fig. 19). Einzelne von ihnen (0) zeichnen sich durch ihre Grösse vor den übrigen aus; da die Grössenzunahme besonders auf Rechnung des Kernes kommt, so gewinnt derselbe schon eine gewisse Aehnlichkeit mit dem Keimbläschen der Eizelle, um so mehr als auch das Kernkörperchen ansehnlicher geworden ist. In den Ovariallamellen enthält das Ektoderm zahlreiche Eizellen von der verschiedensten Grösse (Fig. 22,0). Die grössten derselben besitzen einen Durchmesser von 130, ein grosses Keimbläschen mit einem 10 x messenden Keimfleck. Von ihnen ausgehend kann man alle Grössenabstufungen bis zu Zellen herab verfolgen, die sich von den gewöhnlichen subepithelialen Zellen nicht unter- scheiden lassen. Dies Verhältniss lässt sich am schönsten an einfachen Flächenbildern studiren, aber auch Querschnitte zeigen meist auf demselben Schnitt getroffen die mannichfachsten Uebergangsformen. In der Dieke des Ektoderms findet sich gewöhnlich nur eine Eizelle; so lange dieselbe klein ist, be- dingt sie eine nur unbedeutende Hervorwölbung des Ektoderms, mittelgrosse Eier, die meistens von ovaler Form sind, dagegen verursachen einen beträchtlich nach aussen hervortretenden Vorsprung, während die grössten, der Reife nahe stehenden in gleicher Weise in das Gastrovascularsystem hinein- ragen. Zwischen die Eizellen sind die kleineren subepithelialen Zellen (u) eingestreut; ihre Haufen füllen namentlich die kleinen Zwischenräume zwischen den ziemlich dicht bei einander liegenden Ei- zellen aus. Die geschilderten Theile sind überall auf ihrer äusseren Fläche von einer Epithelschicht (d) überzogen, welche stark pigmentirt und Sitz der für die Ovariallamellen charakteristischen grau violetten Färbung ist. Die einzelnen Epithelzellen sind eng mit einander verbunden und erzeugen eine scheinbar eontinuirliche Schicht mit zahlreichen kleinen Kernen, die jedoch auf Querschnitten meist vom Pigment verdeekt werden. Das Pigmentepithel schiekt Fortsätze zwischen die Eizellen und scheidet sie in dieser Weise von oben und seitlich ein. Auf dünnen Querschnitten löst es sich gern im Zusammenhang als ein dünner Streifen vom unterliegenden Gewebe ab; ebenso kann es an Macerationspräparaten auf grössere Strecken hin abgezogen werden. Die zarten Lamellen, die man so erhält, eignen sich vor- trefflich zum Studium; das Pigment besitzt in ihnen eine netzförmige Anordnung; die Kerne treten an gut gefärbten Präparaten deutlich hervor. Dass zwischen dem Pigmentepithel einerseits und dem darunter liegenden Gewebe namentlich den Eizellen andererseits nur ein lockerer Zusammenhang be- steht, äussert sich abgesehen von den hervorgehobenen Verhältnissen auch noch darin, dass die Eizellen auf dünnen Schnitten sehr leicht herausfallen. Von der Stelle an, wo die Ovariallamelle aufhört und der Zwischenstreifen beginnt, der die Geschlechtsfalte in zwei Theile zerlegt, nimmt das Ektoderm wieder die zuerst beschriebene Be- schaffenheit an (Taf. I, Fig. 22D). Das Epithel wird pigmentärmer, die subepithelialen Zellen werden kleiner; letztere hören in der Nähe der Mittellinie so gut wie ganz auf. Dagegen bemerken wir auf Durechschnitten zwischen dem Epithel und der Stützlamelle eine Reihe hellglänzender kleinster Kreise, [2 24 Erster Abschnitt. die Querschnittsbilder der Muskelfibrillen (m), die am freien Rand der Genitalfalte einen ansehnlichen Strang bilden. In dem Ektoderm der Genitallamellen finden sich, hier und da zerstreut, umschriebene Stellen, die mit Flimmerhaaren bedeckt sind; über ihre Verbreitungsweise können wir keine genaueren An- gaben machen, da wir auf ihr Vorkommen erst an dem in Reagentien conservirten Material, welches keine genauere Untersuchung zulässt, aufmerksam geworden sind. Nesselzellen haben wir auf keinem unserer Schnitte wahrgenommen. Während das Ektoderm in den einzelnen Partien der Genitalfalten sich sehr verschieden verhält, besteht das Entoderm (en) überall aus kleinen Zellen, die mit kleinen Kernen versehen eine ein- schichtige Lage zusammensetzen. Im Bereich der Ovariallamellen sind die Zellen durchschnittlich etwas grösser als im Zwischenstreifen und in den an die Subumbrella grenzenden Theilen; auch ist ihr Proto- plasma hier meist von kleinen Vacuolen durchsetzt und ab und zu erhebt sich die eine oder die andere mit einem kolbenförmig verdickten Ende über die Oberfläche der übrigen in den Binnenraum des Radialkanals hinein. Auf ihrem freien Ende tragen sie die eigenthümlichen dieken Geisseln, die für die Zellen des Gastrovaseularsystems bei Aequorea charakteristisch sind. Die beschriebene klein- zellige Beschaffenheit des Entoderms hat insofern etwas auffälliges, als das Epithel des Gastrovaseular- systems an anderen Orten, wenn es sich mit dem Ektoderm berührt, resp. von ihm nur durch die Stützlamelle getrennt wird, von grossen blasigen Cylinderzellen gebildet wird. Die zwischen dem Entoderm und dem Ektoderm gelegene Stützlamelle ist am deutlichsten und am dieksten da, wo die Genitalfalte am dünnsten ist, somit einmal unter dem radialen Muskelstrang und zweitens in der Nähe der Subumbrella. Indessen auch in der dazwischen liegenden Strecke ist sie nicht zu übersehen und namentlich auf diekeren Schnitten überall ohne Mühe wahrnehmbar. Auf dünnen Schnitten bekommt man sie nicht selten isolirt, indem sich das Entoderm von der einen und das Ektoderm von der anderen Seite abhebt. Da wo grössere Eizellen nach dem Lumen des Gastro- vascularsystems vorspringen, wird natürlich auch die Stützlamelle vorgebuchtet, ohne indessen dabei durchbrochen zu werden. Mitrocoma, Octorchis, Obelia. — Während bei Aequorea an der unteren Fläche des Schirms sehr zahlreiche Radialkanäle und dem entsprechend auch zahlreiche Geschlechtsorgane liegen, sind bei den meisten anderen Familien der Vesieulaten die genannten Theile auf die Zahl vier redueirt. Unsere Beobachtungen beschränken sich auf Mitrocoma Annae, Octorchis Gegenbauri und Obelia. Die vier Geschlechtsorgane von Mitrocoma beginnen in der Nähe des Magens und reichen bis dicht an den Ringkanal heran, sie springen als Falten in die Schirmhöhle vor, an deren Wand sie nur längs eines schmalen Streifens befestigt sind (Taf. I, Fig. 3). Da an ihrem freien Rande niemals Geschlechtsproduete zur Entwicklung kommen, zerfallen sie, wie bei Aequorea, in zwei symmetrische Lamellen, zwischen welchen der hier sackartig erweiterte Radialkanal seinen Weg nimmt. An jeder Genitallamelle sind beim männlichen Thiere, das wir zunächst betrachten wollen, auf dem Querschnitt deutlich drei Schichten, eine Entoderm- und eine Ektodermschicht und zwischen beiden eine Stützlamelle zu unterscheiden (Taf. I, Fig. 3 rechte Hälfte u. Fig. 5). Das Entoderm (en) ist eine Lage hoher Zellen, die im ganzen Bereich der Aussackung des Radialkanals die gleiche Beschaffen- heit besitzen und nur an der schmalen dorsalen Wand, wo sie unmittelbar die Gallerte (x) bekleiden, ein wenig niedriger werden. Der Kern liegt am peripheren protoplasmahaltigen Ende der Zelle, wäh- rend der basale Theil eine grosse Vaeuole enthält. Die Stützlamelle, obwohl von zarter Beschaffenheit, Das Ektoderm der Medusen. 35 erscheint an feinen Querschnitten als doppeltcontourirter Streifen. Das Ektoderm endlich, in welchem wir wieder die am verschiedenartigsten differenzirte Schicht vor uns haben, ist am Rand der Genital- falten, wo sich keine Geschlechtsproducte entwickeln, einschiehtig und mit kleinen Nesselkapseln (n) durchsetzt. Unter der Lage cubischer flimmender Zellen sind auch hier auf der Aussenfläche der Stützlamelle die Querschnitte von einschichtig neben einander angeordneten Fasern (m) zu sehen, die wohl in ähnlicher Weise wie bei andern Medusen auf einen Radialmuskel zu beziehen sind. Im Be- reiche der Hodenlamellen dagegen ist das Ektoderm erheblich verdickt und wird von einer kleinzelligen Masse gebildet, in welcher sich zwei Schichten unterscheiden lassen (Taf. I, Fig. 5). Die tiefere, der Stützlamelle zugekehrte Schicht (q) besteht aus kleinen, dicht an einander gepressten Zellen mit runden bläschenförmigen Kernen; die zweite oberflächliche Schicht (p) kann von der tieferen nicht scharf ab- gegrenzt werden und enthält dicht bei einander noch kleinere solide, stark glänzende Kernchen, die an Grösse den Köpfen von Spermatozoen entsprechen und von uns auch dafür gehalten werden. Nach aussen wird die kleinzellige Hodenmasse von einem feinen, stark abgeplatteten Epithelhäutchen über- zogen, das an Querschnitten zuweilen auf eine Strecke weit abgehoben ist; ferner wird sie noch von fasrigen, in Osmiumsäure gelblich gefärbten Streifen (b) durchsetzt, die senkrecht zur Stützlamelle von dieser bis zur Cuticula dringen und parallel angeordnet in kurzen Abständen von einander verlaufen. Wir erblicken in ihnen, wie in den bei den Aeginiden beschriebenen fasrigen Theilen, die wir alsbald auch noch von einer Oceania kennen lernen werden, metamorphosirte epitheliale Stützzellen, die dem subepithelialen Gewebe einen festeren Zusammenhalt verleihen. Bei der Untersuchung der weiblichen Geschlechtsorgane war an @uerschnitten keine Stützlamelle nachzuweisen; es schwindet daher hier die scharfe Grenze zwischen Ektoderm und Ento- derm. Das letztere (Taf. I, Fig. 3 [linke Hälfte] en) ist in eigenthümlicher Weise modifieirt. Nach dem Radialkanal zu sind die Geissel tragenden Entodermzellen aus Protoplasma gebildet, in welchem sich der Kern und kleine Vacuolen vorfinden; an diese protoplasmatische kernhaltige Randzone des Ento- derms schliessen sich nach dem Ektoderm zu grosse, durch dünne Scheidewände getrennte Vacuolen an und stellen eine zweite Zone dar, in welcher keine Zellgrenzen mehr zu unterscheiden sind. In diese sind die Eier zum Theil eingebettet; die grössten liegen in grubenförmigen Vertiefungen und dringen so weit gegen den Radialkanal vor, dass sie von dem Lumen desselben nur noch durch die dünne, protoplasmatische Randzone des Entoderms getrennt werden. An der Oberfläche der Ovariallamellen erkennt man auf dem Querschnitt eine Lage eubisch gestalteter Ektodermzellen, die mit Geisselhaaren bedeckt sind. Unmittelbar unter ihnen liegen namentlich an den Rändern der Ovarial- lamellen kleine Eizellen theils isolirt, theils in grösserer Anzahl. Ausserdem kommen solche auch ver- einzelt an der unteren Seite mittelgrosser Eier vor, denen sie sieh dieht anschmiegen, und sind sie in diesem Fall fast überall vom blasigen Entodermgewebe umgeben. Wie aus unsrer Darstellung hervorgeht, lässt sich an älteren Thieren von Mitrocoma, wenn man die Untersuchung auf sie beschränken würde, keine Entscheidung darüber fällen, ob die Eier aus Entoderm- oder Ektodermzellen ihren Ursprung genommen haben. Wenn man indessen diese Befunde mit den bei Trachymedusen und bei Aequorea erhaltenen Ergebnissen vergleicht, dann wird es auch hier nicht mehr zweifelhaft erscheinen, dass die Eier sich aus subepithelialen Zellen entwickeln und dass in Folge ihrer Grössenzunahme bei Mitrocoma ein ähnlicher Durchwachsungsprocess der zwei Zellenschichten Platz greift, wie er sich bei Liriope im Einzelnen hat verfolgen lassen. Bei Octorchis sind die Geschlechtsorgane an zwei Stellen im Verlaufe eines jeden der vier Radialkanäle entwickelt, so dass, wie der Name besagt, im Ganzen acht vorhanden sind; von diesen Jen. Denkschriften II. 4 26 Erster Abschnitt. sind vier in der Mitte des Magenstiels und vier an der Unterseite des Schirms angebracht; die ersteren sind kleiner und spindelförmig, die letzteren länger und eylindrisch beschaffen. An dem einzigen von uns untersuchten Exemplar, einem Weibchen, dessen Geschlechtsproducte schon der Reife nahe standen, springen die Ovarien als Wülste oder Falten über die Oberfläche des Magenstiels und des Schirms hervor, an deren Gallerte sie nur längs eines schmalen Streifens angeheftet sind (Taf. I, Fig. 11). In ihrem Innern verläuft in Form eines schmalen Spaltes der Radialkanal, der hier von eubischen flimmernden Entodermzellen begrenzt wird. Die Trennung in zwei Ovariallamellen ist nur wenig ausgesprochen, indem beide fast unmittelbar in einander übergehen. An die Duplieität der Anlage wird man nur dadurch erinnert, dass am freien Rand der Falte die kleinsten Eikeime liegen, wodurch eine weniger verdickte intermediäre Zone entsteht. Die Ovariallamellen zeigen eine Zusammensetzung aus zwei Schichten, aus einer oberflächliehen Lage eubischer flimmernder Epithelzellen und aus einer subepithelialen Lage von Eizellen, die bei vorliegendem Objecte schon weit entwickelt waren und seitlich sich unmittelbar berührten und platt- drückten. Weder nach dem Entoderm- noch nach dem Ektodermepithel zu scheinen die Eier durch eine Stützlamelle abgegrenzt zu sein, so dass an einem derartigen Präparat ihre Zugehörigkeit zu einer der beiden Epithelschiehten nicht bestimmbar ist. Wenn auf einem Schnitte zwei neben einander liegende Eier herausfallen, so wird eine dünne Haut sichtbar, welche zwischen ihnen eine Scheidewand bildet und sich mit dem inneren, und äusseren Epithel in Verbindung setzt. Die Geschlechtsorgane von Obelia, der dritten von uns untersuchten Vesieulate, liegen an den Radialkanälen nach dem Schirmrand zu als vier kleine Säckchen, die in den Hohlraum der Schwimm- glocke hervorspringen. Schnitte wurden nicht angefertigt, doch konnte bei Untersuchung junger In- dividuen auf dem optischen Durchschnitte festgestellt werden, dass die Geschlechtsproduete, nach dem Lumen des Radialkanals zu von einer Schicht platter fimmernder Entodermzellen überzogen werden. 3. Die Geschlechtsorgane der Ocellaten. Im Unterschied zu den bisher betrachteten Abtheilungen der Medusen sind die Geschlechtsorgane bei den Ocellaten nicht an den Radialkanälen, sondern an dem in die Schirmhöhle herabhängenden Magen gelagert, und ist hierin eines der am meisten durchgreifenden und systematisch wichtigsten Merkmale gegeben, was auch bereits Gegenbaur!) in seinem System der Medusen besonders in den Vordergrund gestellt hat, wenn er in seiner diagnostischen Tabelle von den Oceaniden (Ocellaten) be- merkt: „Geschlechtsorgane am Magen, Ocelli an der Tentakelbasis.“ Ueber den feineren Bau dieser Geschlechtsorgane handelt am eingehendsten F. E. Schulze2) in seiner sorgfältigen Untersuchung über Syncoryne Sarsii und der dazu gehörigen Meduse, Sarsia tubulosa. Bei Sarsia hängt der Magen als ein langer dünner Schlauch sogar noch aus der Oeffnung der Schwimmglocke heraus. An dem mitt- leren, etwa *|, der ganzen Länge einnehmenden Haupttheil des Magens beschreibt F. E. Schulze bei jungen, noch nicht geschlechtlich entwickelten Quallen als Bestandtheile des Ektoderms „ein mässig hohes Zellenlager, dessen obere Elemente eine platte polyedrische Grenzfläche haben, während die tiefer ge- legenen unregelmässig rundlich sind“ und zum Theil durch die Grösse des Kernkörperchens auffallen. In dieser letzteren Schicht, unserem subepithelialen Gewebe, erblickt er die Bildungsstätte der Keim- producte, indem er bei den männlichen Quallen die Spermatozoen, bei den weiblichen die Eier aus den rundlichen Zellen mit grossen Kernkörperchen hervorgehen lässt. Die reifen Geschlechtsproducte, 1) Gegenbaur, Versuch eines Systems der Medusen. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. 8. 1857. page. 218. 2) F.E. Schulze, Ueber den Bau yon Syneoryne Sarsii ete. Leipzig 1873. pag. 25—26. Das Ektoderm der Medusen. 297 zwischen denen zerstreut einzelne grössere körnige Zellen und hier und dort eine Nesselkapsel liegen, findet er nach aussen noch von einer Grenzlage platter Deckzellen überzogen und vermuthet er, dass bei der schliesslichen Reife diese Schicht einfach durchbrochen werde Zu dem von F.E. Schulze gewonnenen Resultat, dass die beiderlei Geschlechtsproducte sich aus dem Ektoderm anlegen, haben auch unsere Untersuchungen geführt, welche wir an Oceania conica und Lizzia Koellikeri an- gestellt haben t). Oceania. Bei Oceania hängt der Magen wie ein Sack etwa bis in die Mitte der Schwimm- glocke herab und verlängert sich an der weiten Mundöflnung in vier auf ihrer Innenseite rinnenförmig ausgehöhlte Zipfel, deren Ränder krausenartig gefaltet und mit Nesselknöpfen besetzt sind (Taf. II, Fig. 5). Wenn der Magen contrahirt ist, so springen an seiner Oberfläche vier starke Falten hervor, die von der Einmündungsstelle der Radialkanäle zu den Mundzipfeln verlaufen. An der Innenfläche führen dementsprechend vier Rinnen von den Mundzipfeln bis in die Radialkanäle hinein (Taf. III, Fig. 7 rr). Die Magenwand zwischen den vier vorspringenden Falten wird von den vier ovalen Ge- schlechtsorganen eingenommen (Taf. III, Fig. 4g, Fig. 7g). Sehr schön zeigen sich diese Verhältnisse an Osmiumpräparaten, in denen sich die Eier und Spermatozoen bräunen, während die Magenfalten ziemlich durchsichtig bleiben; eine weitere Bestätigung finden sie an Querschnitten, die senkrecht zur Längsaxe durch den Magen geführt sind (Taf. IN, Fig. 4). An den männlichen Geschlechtsorganen, auf deren histologischen Bau wir bei Oceania allein näher eingehen wollen, sind dieselben drei Schichten wie auch sonst aufzuführen; von diesen erreicht das Entoderm (Taf. I, Fig. 8en) eine ganz bedeutende Dicke, indem es im Bereich der Hoden 60 y. misst. Es besteht aus langen derbwandigen Zellen, deren peripheres Ende buckelförmig über die Ober- fläche vorspringt, Protoplasma mit zahlreichen Fettkörnchen und anderen Einschlüssen, sowie eine oder mehrere runde kleine Nuclei enthält und eine lange Geissel trägt, während der grössere centrale Ab- schnitt der Zellen mit einem hellen Safte erfüllt ist, m welchem hie und da Fettkörnchen schwimmen. Im Bereich der Magenfalten nimmt das Entoderm noch beträchtlich an Höhe zu und gewinnt, indem es seine Beschaffenheit etwas verändert, ein völlig pflanzenzellähnliches Aussehen. Die Zellen ver- lieren ihren Protoplasmagehalt bis auf geringe Spuren, in welehen dann die Kerne eingebettet sind; sie stellen grosse derbwandige, mit Flüssigkeit erfüllte Räume dar, die auf Quersehnitten ein unregel- mässig geformtes Maschenwerk bilden. Einschlüsse fehlen mehr oder minder vollständig. Die unter dem Entoderm befindliche Stützlamelle (Taf. I, Fig. 8s) ist im Bereich des Hodens dünn und nur als ein doppelt eontourirter feiner Streifen an Schnittpräparaten wahrzunehmen; am Uebergang in die Magenfalten wird sie dicker und erreicht hier den beträchtlichen Durchmesser von 7,64. Das Ektoderm setzt sich an den Magenfalten aus zwei Lagen zusammen, erstens aus einer Lage polygonaler Epithelzellen und zweitens aus einer darunter befindlichen Sehicht von Muskelfasern, die an unseren Abbildungen auf dem Querschnitte sichtbar sind und der Aussenfläche der Stützlamelle fest anhaften (Taf. I, Fig. 8m; Taf. II, Fig. 4m). Zwischen den Magenfalten verdickt sich das Ekto- derm bedeutend und bildet vier ovale Hodenlamellen, die bei unseren Exemplaren der Reife nahe waren (Taf. II, Fig. 4 u. 78). An diesen konnten drei verschiedene Gewebszonen unterschieden werden, die von innen nach aussen in folgender Weise angeordnet sind (Taf. I, Fig. 4): 1) eine Lage kleiner Zellen (q), die dicht gedrängt zusammenliegen und fast ausschliesslich aus den rundlichen 1) Das Beobachtungsmaterial erhielten wir durch die freundliche Vermittlung des Herrn Dr. Paul Mayer aus dem Institut des Herrn Dr. A. Dohrn in Neapel und nehmen wir die Gelegenheit wahr, beiden Herrn unseren Dank aus- zudrücken. 28 Erster Abschnitt. Kernen bestehen; 2) eine Lage reifer Spermatozoen (p), die einen kleinen kernhaltigen Kopftheil und einen langen feinen Faden zeigen und immer zu Bündeln vereint sind; 3) eine einfache Lage von Epitheldeckzellen (d), welche die beiden erstgenannten sübepithelialen Schiehten überziehen. Die Deck- zellen sind von Cylindergestalt und zerfallen in einen peripheren und einen basalen Abschnitt; der erstere enthält allein feinkörniges Protoplasma mit dem runden Kern und hat nach der freien Fläche eine feine Cuticula (e) abgeschieden, der basale Abschnitt dagegen wird von einer grossen Vacuole eingenommen, die von derben Zellwänden begrenzt wird. Es entsteht so eine schmale vacuolige Zone, unter welcher dann gleich die Bündel der reifen Spermatozoen lagern. An ihrer Basis verlängern sich die Deckepithelzellen endlich noch in feine Fasern (b), welche zuerst die Schicht der reifen Spermato- zoen, alsdann die Schicht ihrer Bildungszellen senkrecht durchsetzen, bis sie auf die Stützlamelle stossen, wo sie verbreitert enden. Durch diese Epithelstützfasern — denn als die Umbildungsproducte von Epithelzellen müssen wir sie ja betrachten — wird das Hodenparenchym auf dem Querschnitt in einzelne Fächer untergetheilt. Am Rand des Hodens liegen ringsum mehrere Reihen von eigenthümlich gestalteten, grossen Zellen, die sich durch ein trübkörniges Protoplasma auszeichnen; sie werden eben- falls vom Epithel bedeckt und von den Ausläufern desselben umscheidet. Wahrscheinlich sind es Elemente, die durch suecessive Theilungen das Spermatozoengewebe bilden und die daher auf den Namen von Spermatozoenmutterzellen ein Anrecht haben (Taf. I, Fig. 8 q). Lizzia. Bei Lizzia Koellikeri ist der carmoisinroth gefärbte Magen weniger in die Länge ge- zogen und breiter als bei Oceania, er ist seiner ganzen Ausdehnung nach mit vier Aussackungen versehen, welche in der Verlängerung der vier Radialkanäle liegen und dem Magen im contrahirten Zustand, wenn man ihn von oben oder unten betrachtet, die Form eines Kreuzes verleihen (Taf. II, Fig. 6). Den vier Aussackungen entsprechend ist die Mundöffnung in vier Fortsätze ausgezogen, von denen je ein stark verästeltes Büschel von Mundtentakeln entspringt. An den vier Aussackungen sind die vier Geschlechtsorgane entwickelt, die demnach in der Verlängerung der Radialkanäle an- gebracht sind; sie zeigen, wie schon Gegenbaur bemerkt, „eine hoch entwickelte äussere Form, wodurch sie sich von den viel einfacheren Bildungen der gleichen Organe nahe verwandter Medusen unterscheiden.“ Ein jedes der vier Geschlechtsorgane besitzt die Gestalt eines Blattes und wird durch einen medianen und der Längsaxe des Magens parallel gerichteten Streifen, der der Blattrippe ent- sprechen würde, in zwei symmetrische Hälften, in die Genitallamellen, zerlegt. Jede Lamelle ist wieder der Quere nach gefaltet, wodurch an den Rändern Einkerbungen und auf der Fläche Furchen erzeugt werden, die von den Einkerbungen quer nach dem medianen Streifen verlaufen. So kommt eine Bil- dung zu Stande, die man mit Gegenbaur einem Eichenblatt vergleichen kann. Die einzelnen Furchen sind verhältnissmässig recht tief, wovon man am besten sich an Querschnitten überzeugt (Taf. III, Fig. 2). Bei der Untersuchung des feineren Baues, die an Querschnitten angestellt wurde, kann im Be- reich der Magenwandung überall als Scheidewand zwischen Ektoderm und Entoderm eine feine Stütz- lamelle deutlich wahrgenommen werden. Die ihr nach einwärts aufsitzenden Entodermzellen sind fast durchweg; gleichmässig 20 px hoch, enthalten an ihrer Basis grosse Flüssigkeitsräume und im peripheren Theil Protoplasma mit dem runden Nucleus (Taf. I, Fig. 12en u. Fig. 2en). Interradial und nach der Mundöffnung zu bildet das Entoderm kleine, in den Magenraum vorspringende Zotten, durch welche die resorbirende und secretorische Oberfläche des Magens vergrössert wird (Taf. III, Fig. 2). Das Ektoderm besteht zwischen den Geschlechtsorganen oder, was dasselbe ist, zwischen den Aussackungen und ferner im Bereich des oben als Blattrippe beschriebenen Mittelstreifens aus kleinen Das Ektoderm der Medusen. 29 Zellen mit Nesselkapseln. Unter diesen verlaufen am Mittelstreifen noch longitudinale Muskelfasern, die der Stützlamelle dieht angefügt sind. An den Geschlechtsorganen ist das Ektoderm um ein mehrfaches verdickt. Das Hodengewebe gewährt denselben Anblick wie bei Oceania mit dem Unterschiede, dass die hohe und mit Vaeuolen reichlich versehene Deckzellenschicht hier durch ganz dünne abgeplattete Zellen ersetzt ist. Die Eierstockslamellen sind ähnlich gebildet, wie es F. E. Schulze von Sarsia tubulosa beschrieben hat (Taf. I, Fig. 12). Nach aussen von der Stützlamelle finden sich dicht ge- drängt bei einander theils grosse, ziemlich reife Eier, theils jüngere Keime zwischen ihnen. Die grossen Eier nehmen die ganze Dicke des Ektoderms ein und grenzen einerseits unmittelbar an die glatt unter ihnen hinziehende Stützlamelle an, andererseits reichen sie fast bis zur freien Oberfläche, von welcher sie nur durch einen dünnen Ueberzug von Epitheldeckzellen getrennt werden. Von diesem Ueberzug erstrecken sich zwischen die an einander gedrängten Eier dünne Scheidewände hinein, die wohl aus abgeplatteten Stützzellen des Ektoderms zusammengesetzt sind. Die kleineren Eikeime sind bald der Stützlamelle, bald der Oberfläche der Ovariallamellen genähert. Zwischen ihnen findet sich hie und da ein kleinzelliges, die Dicke des Ektoderms vervollständigendes Gewebe, in welches auch Nesselkapseln mehr oder minder zahlreich eingestreut sind. Während die grossen Eier mehr in der Tiefe der Falten liegen, trifft man auf der Höhe derselben zuweilen nur sehr kleine Keime an (Taf. I, Fig. 2). Das Ektoderm, welches meist auch noch Nesselzellen enthält, ist dann an derartigen Stellen, die man als Wachsthumszonen bezeichnen kann, verhältnissmässig verdünnt. Beurtheilung der Beobachtungen. Die vorstehenden Untersuchungen haben einen in den Grundzügen übereinstimmenden Typus in der Bildungsweise der Geschlechtsorgane bei zahlreichen Arten aus den verschiedensten Abthei- lungen der eraspedoten Medusen ergeben. Wir stellen zum Schluss die Punkte zusammen, in denen sich diese Uebereinstimmung äussert und besprechen zuerst die topographischen und dann die histologischen Verhältnisse. Bei allen Medusen entstehen die Ei- und Samenzellen in den subumbrellaren Wan- dungen des Gastrovascularsystems. Am weitesten verbreitet sind sie bei den Aeginiden, bei denen man kaum von Geschlechtsorganen reden kann, da die gesammte untere Fläche des Magens und der Magentaschen ein einziges zusammenhängendes Organ darstellt. Bei den übrigen Trachy- medusen und allen Vesiculaten hat sich die Fähigkeit, Geschlechtsproducte zu entwickeln, auf die Radialkanäle beschränkt. Hier findet eine reichliche Zellenwucherung entweder nur an einer umschrie- benen Stelle oder fast in der ganzen Ausdehnung der Radialkanäle Statt. Da in Folge der Zellen- wucherung die untere Wand des Kanals eine Vergrösserung erfährt, muss sie sich entweder wie bei den Geryoniden blattartig ausdehnen, wobei das Kanallumen sich in querer Richtung erweitert, oder sie muss sich falten und in den Raum der Schwimmglocke hervorspringen; in letzterem Falle, der für alle Vesiculaten und unter den Trachymedusen für die Trachynemiden gilt, wird der Radialkanal bruchsackartig nach abwärts hervorgewölbt. Bei vielen Medusen verläuft in der unteren Wand des Radialkanals ein ebenfalls radial gerich- teter Strang glatter Muskeln. Dieser Muskelstrang, welcher am schönsten bei Carmarina (Taf. II, Fig. 16m) zu sehen ist und ausserdem von uns bei Aequorea (Taf. IN, Fig. 3m) und Mitrocoma (Taf. I, Fig. 3m) beobachtet wurde, theilt die blatt- oder faltenförmigen Geschlechtsorgane in symmetrische Hälften, die zwei Geschlechtslamellen (g]). 30 Erster Abschnitt. Diese Verhältnisse leiten über zu der Anordnung der Geschlechtsorgane bei den Ocellaten, bei denen sie bekanntlich durchweg in den Wandungen des Magens entstehen, wenn sie sich auch nach den einzelnen Arten sehr wesentlich im Bau unterscheiden. Bei Lizzia (Taf. III, Fig. 2) sind sie in Vierzahl vorhanden und liegen in der Verlängerung der Radialkanäle. Sie werden ebenfalls durch Muskelstränge (m), die von der Basis des Magens aus an die vier Mundarme herantreten und somit in das System der radialen Muskeln gehören, halbirt. Die hierdurch erzeugten acht Geschlechts- lamellen (e)), die im vorliegenden Fall mannigfach gefaltet sind, entsprechen in ihren Lagebeziehungen zu den Muskelsträngen den Geschlechtslamellen der Vesieulaten, unterscheiden sich von ihnen dagegen dadurch, dass sie gleichsam von der Schirmfläche auf den Magen verlagert sind. Die andere von uns untersuchte Ocellate, Oceania conica (Taf. IN, Fig. 4. 5. 7) besitzt vier dem Interradius angehörende Geschlechtsorgane, die durch breite Zwischenräume, in denen die Radialmus- keln (m) verlaufen, von einander getrennt werden. Wenn wir diese Anordnung mit der bei Lizzia bestehenden vergleichen, so entspricht offenbar ein jedes interradiales Geschlechtsorgan von Oceania den zwei einander zugewandten Geschlechtslamellen benachbarter Geschlechtsorgane von Lizzia. Die letztgenannte Meduse kann daher als eine vermittelnde Form zwischen den Typen, wie sie einerseits bei Oceania, andererseits bei den Vesiculaten ausgebildet sind, angesehen werden. Wie man aus dieser Zusammenstellung entnehmen kann, ist bei den Ocellaten und bei den übrigen Craspedoten, den Trachymedusen und Vesieulaten, in der Bildung der Geschlechtsorgane kein prineipieller Unterschied, wie ihn Allman annimmt, vorhanden. Nach der Ansicht des englischen Forschers (Tubulariden pag. 35) sollen die an den Radialkanälen entstehenden Geschlechtsorgane der Vesieulaten und Trachymedusen, die bald als Bänder, bald als knospenartige Buckel in die Schirm- höhle vorspringen, die Bedeutung von „sporosacs“ oder von ganzen Medusen besitzen, die anstatt sich abzulösen, wie es von Sarsia prolifera, Steenstrupia u. A. bekannt ist, an ihrem ungeschlechtlichen Mutterthier sitzen geblieben sind und sich rückgebildet haben. Allman bezieht sich hierbei auf die analogen Verhältnisse bei den Hydroiden, bei denen ja alle Uebergangsformen zwischen frei schwim- menden Medusen und kleinen unansehnlichen Knospen nachgewiesen worden sind. Er nennt nur die Ocellaten Gonocheme, d. h. medusenförmige Thiere, die geschlechtsreif werden; die übrigen Craspedoten dagegen Blastocheme, weil sie nicht selbst Geschlechtsthiere sind, sondern erst Geschlechtsthiere, die freilich in den vorliegenden Fällen auf einer ausserordentlich niedrigen Ausbildungsstufe verharren, durch Knospung erzeugen. Diese Auffassung muss schon deshalb als ungenügend begründet angesehen werden, weil zwischen den Medusen, welche auf dem Weg der Knospung von Medusen erzeugt werden, und den an den Radialkanälen sitzenden Geschlechtsorganen keine Uebergangsformen bekannt sind, wie solche auf allen Stufen der Rückbildung bei den Hydroiden vorkommen. Sie entspricht ferner nicht den in der Natur bestehenden Verhältnissen, indem sie zwischen den Geschlechtsorganen der Ocellaten und denen der Vesieulaten einen tiefgreifenden prineipiellen Unterschied annimmt, wie er bei der oben durchgeführten Uebereinstimmung im Bau nicht angenommen werden kann. Endlich scheint sie uns unhaltbar in Anbetracht der Beziehungen, in denen die sogenannten Sporosaes zum Organismus der Meduse stehen. Bei den Geryoniden müsste die gesammte untere Wand des verbreiterten Radialkanals als Knospe angesehen werden, ausserdem würde bei ihnen wie bei einigen anderen Medusen ein dem Mutterthier angehöriges Organ, der Radialmuskel, in den Körper der Knospe eintreten und denselben durchsetzen. Dies alles, sowie die mit der Deutung als Knospe wenig harmonirende symmetrische Anordnung der Geschlechtsproduete lassen es wohl als vollkommen gesichert erscheinen, dass wir es Das Ektoderm der Medusen. öl in der That mit Organen, nieht mit rückgebildeten Knospen zu thun haben. Wenn in den meisten Fällen die Hervorwölbung der Geschlechtsfalte eine gewisse Aehnlichkeit mit den Geschlechtsgemmen der Hydroiden hervorruft, so ist dieselbe doch allein als eine unmittelbare Folge der Vergrösserung zu betrachten, welche die Wand des Radialkanals durch die Wucherung der Geschlechtszellen er- fahren hat. Bei der Besprechung der histologischen Beschaffenheit der Geschleehtsorgane ist be- sonders hervorzuheben, dass die Geschlechtsproducte sich überall aus gleichen Zellen hervorbilden. Es sind dies Zellen, die im Ektoderm unter dem eigentlichen Epithel liegen und von Kleinenberg als interstitielle, von uns als subepitheliale Zellen bezeichnet worden sind. Dieselben vermehren sich durch Theilung und bilden bei weiblichen Thieren Eier, bei männlichen Thieren, bei denen der Theilungs- process ein lebhafterer ist, schliesslich Spermatozoen. Während dieser Veränderungen erleiden die Epithelzellen bei den weiblichen Medusen keine Umwandlungen, bei den männlichen Thieren dagegen liefern sie der weichen Spermatozoenmasse ein festes Gerüste, indem ihre in das subepitheliale Gewebe reichenden Fortsätze an Zahl zunehmen, sich unter einander verbinden und dabei eine eigenthümliche faserige Differenzirung eingehen. Die so entstandenen Stützfasern erinnern an die Müller’schen Fasern der Retina, die ja auch, wie dies in der Neuzeit besonders durch Babuchin!), W. Müller?) und G. Schwalbe?) betont worden ist, umgewandelten Epithelzellen ihren Ursprung verdanken. In der geschilderten Weise entwickeln sich bei den Medusen Eier und Spermatozoen aus dem- selben Gewebe, den subepithelialen Zellen; es bleibt uns nur noch zu entscheiden übrig, welchem der beiden primären Keimblätter die Mutterzellen der Geschlechtsorgane ange- hören. Wenn wir, wie es zuerst F. E. Schulze*) gethan hat, die Stützlamelle als die Grenzscheide zwischen Ektoderm und Entoderm betrachten, so sind die subepithelialen Zellen Theile des Ektoderms. Denn sehon bei den jüngsten Thieren, bei denen hier und da die ersten Spuren eines subepithelialen Gewebes bemerkbar waren, lagerten dieselben nach aussen von der Stützlamelle. Da letztere nirgends Durchbrechungen erkennen liess, sondern überall als eine scharfe Linie zwischen Entoderm und Ekto- derm verlief, so fehlten jedwede Anhaltspunkte für die Idee, dass vereinzelte Zellen aus dem Entoderm ausgeschieden und in das Ektoderm gleichsam als Keime des subepithelialen Gewebes übergewandert sein könnten. Die geschilderten Befunde lassen somit nur die eine Deutung zu, dass männliche und weibliche Geschlecehtszellen Abkömmlinge der nach aussen von der Stütz- lamelle gelegenen Zellenlage sind, mit anderen Worten, dass beide dem Ektoderm angehören. Bei dieser Ableitung der Geschlechtsproducte aus dem Ektoderm könnte die Abhängigkeit derselben vom Gastrovascularsystem, die sich in ihrer Verbreitungsweise ausspricht, auf den ersten Blick hin auffällig erscheinen. Wenn die Geschlechtszellen stets nur da entstehen, wo sich Theile des Gastrovaseularsystems vorfinden, so liegt es nahe, dies Verhalten durch die Annahme zu deuten, dass Epithelzellen des Gastrovascularsystems den Eiern und Spermatozoen ihren Ursprung ver- 1) Babuchin, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Auges, besonders der Retina. Würzburger naturw. Zeit- schrift Bd. IV. pag. 71. 1863 (eitirt nach Schwalbe). 2) Wilhelm Müller, Ueber die Stammesentwicklung des Sehorgans der Wirbelthiere. Beiträge zur Anatomie und Physiologie, als Festgabe für Carl Ludwig. Leipzig 1874. pag. 14 u. 62. 3) 6. Schwalbe, Mikroskopische Anatomie der Retina in: Graefe und Saemisch, Handbuch der gesammten Augenheilkunde Bd. I. pag. 369. 4) F. E. Schulze, Ueber den Bau und die Entwicklung von Cordylophora lacustris. pag. 36. 32 Erster Abschnitt. leihen. Aehnliche Ideengänge haben wohl manchen Forscher veranlasst, den Ursprung der Geschlechts- organe bei den Zoophyten im Entoderm zu suchen. Indessen sind im vorliegenden Falle wohl ander- weitige Verhältnisse maassgebend gewesen. Die Geschlechtsorgane bedürfen der Zufuhr reichlichen Nahrungsmaterials und suchen daher Orte auf, wo ihnen dies geboten wird. Solche Orte sind in dem der Gefässe enthehrenden Körper der Medusen nur die Theile des Gastrovascularsystems, dessen Epi- thelzellen von reichlichem Nahrungsmaterial erfüllt sind; Ei und Spermazellen grenzen bei allen Me- dusen dieht an diese Nahrungsreservoirs an und sind von ihnen nur durch die Stützlamelle getrennt. Vielfach wuchern sie sogar, wie dies namentlich bei Glossoeodon und Mitrocoma schön zu sehen ist, in das blasige Entodermepithel hinein, so dass es aussieht, als wären sie im Innern desselben ent- standen. Wenn so die Lagerung der Geschlechtsorgane an dem Magen und an den Radialkanälen auch ohne die Annahme, dass sie aus dem Entoderm entstehen, sich erklären lässt, so wird dagegen ihr Verhältniss zur Muskulatur nur durch den Nachweis, dass beide Abkömmlinge des Ektoderms sind, verständlich. Bei allen Vesieulaten und Trachymedusen, bei welchen die Hoden und Övarien noch in dem Bereich der Ringmuskellage der Subumbrella liegen, ist die Muskulatur unterbrochen und schneidet unmittelbar am Rand der genannten Organe ab. Umgekehrt fehlen die Geschlechtsproducte an den Stellen, wo Radialmuskeln in der Mitte des Genitalblattes von Carmarina oder der Genitalfalte von Aequorea und Mitrocoma verlaufen. Muskeln und Geschlechtsorgane scheinen sich somit gegen- seitig in ihrem‘ Vorkommen auszuschliessen, so dass die einen fehlen, wo die anderen vorhanden sind; oder richtiger gesagt — da ja immer die Möglichkeit gegeben ist, dass die Zellen auch innerhalb eines beschränkten Verbreitungsbezirks sich in verschiedenen Richtungen differenziren 1) — die Entwick- lung des einen Gewebes ist der Entwicklung des anderen Gewebes hinderlich. Dies Verhältniss müsste auffallend erscheinen, wenn beide Gewebe aus zwei verschiedenen Keimblättern entständen; da beide Ektodermbildungen sind, erscheint es fast selbstverständlich. Die im Vorhergehenden erörterte Frage nach der Abstammung der Geschlechtsorgane bei den Medusen und weiter auch bei den übrigen Coelenteraten ist vielfach behandelt und in sehr verschie- denem Sinne beantwortet worden, was um so mehr auffallen dürfte, als im Allgemeinen der Bau der meisten Coelenteraten und speciell der Medusen und Hydroiden einfacher Natur ist. Da nur zwei durch eine Stützlamelle geschiedene Zellenschichten existiren, von denen von fast allen Autoren die eine als Ektoderm, die andere als Entoderm bezeichnet wird, so sind überhaupt nur drei Möglichkeiten gegeben, wie man sich die Abstammung der Geschlechtsorgane vorstellen kann; es können 1) männ- liche und weibliche Geschleehtsorgane aus dem Ektoderm stammen, oder 2) beide gehören genetisch dem Entoderm an oder endlich 3) sie entstehen je nach dem Ge- schlecht bald aus dem Entoderm, bald aus dem Ektoderm. Alle drei Möglichkeiten haben ihre Vertreter gefunden. Aus dem Ektoderm wurden die Geschlechtsorgane in früheren Jahren von Huxley, Kefer- stein, Ehlers und Claus und in der Neuzeit besonders von Kleinenberg und F. E. Schulze abgeleitet. Die beiden letztgenannten Autoren, deren Arbeiten nahezu gleichzeitig erschienen sind und deren Angaben auch in Bezug auf die Details des Vorgangs mit der von uns gelieferten Darstellung übereinstimmen, stellten zum ersten Mal die auch von uns in ihrem ganzen Umfang: bestätigte Ansicht 1) Dies scheint bei Sarsia tubulosa der Fall zu sein; wenigstens giebt F. E. Schulze an, dass bei dieser Meduse sowohl die Geschlechtsorgane wie die Muskellage sich im ganzen Umkreis des Magens vorfinden (Sarsia tubulosa pag. 25. Taf. II, Fig. 20; Taf. III, Fig. 23). Das Ektoderm der Medusen. 35 auf, dass die Geschlechtszellen stets von Zellen abstammen, welche zwar unter dem oberflächlichen Epithel liegen, deren Zugehörigkeit zum Ektoderm aber nicht bezweifelt werden kann, weil sie sich nach aussen von der Stützlamelle befinden. Kleinenberg stützte sich auf Beobachtungen an Hydra, F. E. Schulze hat die Gonophore von Cordylophora lacustris und einjge Medusen, die Sarsia tubulosa und Geryonia, untersucht. Letzterer hat zugleich auch Querschnitte, wenigstens durch die Geschlechts- organe der beiden Medusen, angefertist und sich somit der Methode bedient, die in der so zweifel- haften Frage allein zu sicheren Resultaten führen kann. Für die Annahme eines entodermalen Ursprungs der Geschlechtsorgane haben sich die meisten übrigen Forscher, namentlich fast alle diejenigen Autoren, deren Arbeiten weiter als 10 Jahre zurückreichen, wie z. B. Kölliker, Haeckel, ausgesprochen. Vielfach mögen sie hierbei durch die Beziehungen der Geschlechtsorgane zum Gastrovaseularsystem, die wir oben in anderer Weise zu deuten versucht haben, bestimmt worden sein, da von keiner Seite eine genaue histologische Be- sründung der Annahme versucht worden ist. Dies letztere ist erst in der Neuzeit durch Allman!) und Claus?) geschehen; indessen scheinen uns die Objeete, an denen dieselben ihre Auffassung ge- wannen, für die Entscheidung der uns beschäftigenden Frage wenig geeignet zu sein. Claus hat die Acraspeden untersucht, deren complicirter gebaute Geschlechtsorgane jedenfalls nicht die übersichtlichen Verhältnisse bieten wie die der Craspedoten. Allman dagegen hat namentlich die sessilen Geschlechts- gemmen der Tubulariden auf die Abstammung der Geschlechtsorgane geprüft, ebenfalls Objeete, die in sofern ungünstig sind, als hier eine relativ complicirte Organisation auf einen kleinen Raum zusammen- gedrängt ist. Da die bei der Meduse frei entfalteten Theile hier wie die Blüthenblätter in der Knospe zusammengefaltet sind, wechseln von innen nach aussen Ektoderm- und Entodermlagen mehrfach mit einander ab, so dass die Gefahr zu Irrungen in der Deutung der einzelnen Schichten grösser ist als bei den Medusen. In der That scheint uns Allman auch in der Zurückführung der einzelnen Schichten auf eines der beiden primären Keimblätter nicht das Rechte getroffen zu haben; namentlich scheint bei Myriothela, über welche die genauesten Angaben gemacht werden, nach Allman’s eigenen Beobachtungen zu schliessen, die Samen und Eier erzeugende Zellenmasse nicht aus dem Entoderm, sondern aus dem Ektoderm zu stammen. Zum besseren Verständniss haben wir eine der Allman’schen Figuren copirt (Taf. II, Fig. 20). In der Mitte der Geschlechtsgemme verläuft eine Ausstülpung (en) des Gastrovascularsystems des Hydroiden, welche dem Magen der Meduse homolog ist. Dieselbe wird nach oben und seitwärts von der auf dem optischen Durchschnitt hufeisenförmigen Masse der Geschlechtszellen (ek3) umhüllt, welche ihrerseits wieder nach aussen von zwei Zellenlagen bedeckt sind. Die äussere Zellenlage (ek!) ist mehr- schichtig und gehört dem Ektoderm an; die innere (el) hängt an der Basis der Geschlechtsgemme mit dem Epithel der gastrovaseularen Ausstülpung zusammen und besteht nur aus einer einzigen Schicht Entodermzellen; sie ist am apicalen Pole des Sporosacs unterbrochen und besitzt hier eine Oeffnung, die wegen der Pigmentirung der angrenzenden Zellen deutlich hervortritt. Bei jungen Entwicklungs- stadien der Knospe soll die Oeffnung sowohl wie die Pigmentirung fehlen. Aus dem Umstand, dass die Geschlechtsproduete zwischen zwei dem Entoderm angehörenden Zellenlagen entstehen, schliesst Allman auf ihren entodermalen Ursprung; zwar zieht er auch die Möglichkeit in Erwägung, dass die 1) 6. J. Allman, On the Strueture and Development of Myriothela. Philosoph. Transactions of the R. Soc. vol. 165. pt. 2. pag. 557—560. pag. 568. Tubulariden pag. 148. 2) C. Claus, Studien über Polypen und Quallen der Adria. I. Acalephen. Denkschriften der Wiener Acad. Math. nat. Cl. XXXVIII. Bd. 1. Abth. pag. 24. Jen. Denkschriften IT. 5 34 Erster Abschnitt. Anlage vom Ektoderm aus durch die Oeffnung der äusseren Entodermschicht hineingewuchert sein könnte, hält aber doch diese Möglichkeit deswegen für höchst unwahrscheinlich, weil die Oeffnung bei jungen Knospen fehlt. Nach unserer Ansicht ist dagegen die von Allman verworfene Deutung die einzig berechtigte. Denn wie später bei Erörterung der Homologien zwischen Meduse, Hydroidpolypen und Geschlechts- knospen ausführlicher begründet werden soll, besitzt der Zellenhaufen, welcher bei Myriothela die Eier und Spermatozoen liefert, nicht allein die Bedeutung eines Geschlechtsorgans, sondern ist das Aequi- valent der gesammten Zellenlage, welche den Magenstiel und die untere Wand der Schwimmglocke bedeckt und unter anderen auch die Aufgabe erfüllt, die geschlechtliche Fortpflanzung des Organismus zu vermitteln. Da diese Zellenlage bei den Medusen zweifellos dem Ektoderm angehört, so kann sie bei Myriothela kein Theil des Entoderms sein; vielmehr ist sie sicherlich in der Weise, wie es zuerst von Agassiz!) für die jungen Anlagen der Medusen und von E. van Beneden?) — auf dessen Angaben wir sogleich näher eingehen werden — für die medusoiden Geschlechtsknospen nachgewiesen worden ist, vom Ektoderm aus in das Entoderm gewuchert und hat sich von ersterem erst secundär abgeschnürt. Wenn Allman bei jungen Knospen diesen Wucherungsprocess des Ektoderms und die durch denselben verursachte Oeflnung in der äusseren Entodermlage nicht gesehen hat, so erklärt sich dies wohl aus dem Mangel der Pigmentirung, die erst später im Entoderm auftritt und den Rand der vorher schon vorhandenen Oeffnung deutlicher erkennen lässt. Für die Ableitung der Geschlechtsorgane aus dem Entoderm hat Allman ausserdem ihre Wachsthumsverhältnisse in seiner die Tubulariden behandelnden Monographie geltend gemacht: es sollen die jüngsten Entwicklungsstadien der Geschlechtszellen immer in der Nähe des Entoderms liegen und sich mit zunehmender Reife von demselben entfernen und nach aussen rücken. Gegen diese Beweisführung müssen zweierlei Einwände erhoben werden. Erstens besitzt der Satz nicht die all- gemeine Giltigkeit, mit welcher er ausgesprochen wurde, da nur innerhalb der Hoden die Reife in centrifugaler Richtung fortschreitet, während innerhalb der Ovarien entweder jedes bestimmte Prineip fehlt oder sogar umgekehrt die Eizellen gegen das Entoderm, also in centripetaler Richtung, vordringen. Zweitens werden die Wachsthumsverhältnisse weniger durch den ursprünglichen Ort der Genese als durch die bei Hoden und Eierstöcken verschiedenartigen Ernährungsbedingungen bestimmt. Die Hoden sind eine in lebhafter Theilung begriffene Zellenmasse; wie nun fast in jedem proliferirenden Gewebe der höheren Thiere die jüngste Schicht, gleichsam das Cambium des Gewebes, der Nahrungsquelle der Blutgefässe zugewandt ist, so erhalten sich bei den Medusen die sich theilenden Spermatozoenmutter- zellen am längsten im Umkreis des Gastrovaseularsystems, welches physiologisch noch die Stelle von Blutgefässen vertritt. Einem gewissermaassen entgegengesetzten Entwieklungsprineip folgt das Ovarium. An die Stelle der Massenproduetion zahlreicher Keime tritt hier die voluminösere Entfaltung und höhere Ausbildung des einzelnen Keims; der reichlichste Nahrungsverbrauch fällt nicht in die Zeit der Keimanlage, sondern der Keimreife, und so finden sich denn auch die reifsten und grössten Eizellen entweder in unmittelbarer Nähe des Entoderms oder in das Innere desselben hinein- gewuchert. 1) Louis Agassiz, Contributions to the Natural History of the United States of America, Vol. IV. p. 193 (im Folgenden citirt als Contributions). 2) Edouard van Beneden, De la distinetion originelle du testicule et de l’ovaire. Bulletins de !’Academie roy. de Belgique, 2"° serie, tome XXXVII. No. 5. pag. 39 (eitirt als Hydractinia). 2 Das Ektoderm der Medusen. 35 Die dritte Möglichkeit, dass die Geschlechtsorgane zum Theil dem Ektoderm, zum Theil dem Entoderm angehören, ist von E. v. Beneden aufgestellt worden, und zwar lässt derselbe bei Hydraetinia echinata die Hoden aus dem Ektoderm, die Eierstöcke aus dem Entoderm entstehen; hierbei sollen sich die Verhältnisse folgendermaassen gestalten. Die sessilen Geschlechts- knospen des genannten Hydroiden sind anfänglich nichts als hohle Ausstülpungen der Magenwand und werden wie diese von einer Ektoderm- und einer Entodermschicht und einer beide Schichten trennenden Stützlamelle gebildet (Hydractinia pag. 36). Am apicalen Pole wuchert das Ektoderm in das Entoderm hinein (vergl. die Figuren 23 u. 24 Taf. II, welche Copien der Zeichnungen v. Bene- den’s sind) und erzeugt ein auf dem optischen Querschnitt halbmondförmig gestaltetes Organ (pag. 39), das aus einer äusseren und aus einer inneren Zellenlage (ek? und ek®) besteht, zwischen denen sich ein kleiner Spaltraum befindet. Bei männlichen Thieren wird das ganze Organ als Hoden bezeichnet, weil die innere Zellenlage (Fig. 24 ek?) die Spermatozoen liefert (pag. 59). Bei weiblichen Thieren ist die Ektodermeinstülpung zwar ebenfalls vorhanden; da sie aber nicht mit der Entwicklung der Eizellen betraut und auch sonst funetionslos ist, kann sie hier nur als rudimentäre Hodenanlage gedeutet werden (pag. 51). Dagegen entstehen die Eier, indem sich einzelne Zellen des Epithels des Gastro- vascularsystems vergrössern, einen ansehnlichen Kern mit Kernkörperchen erhalten und so die Cha- raktere von Eizellen annehmen (pag. 37). Derartige Eianlagen finden sich im Entoderm des Hydroiden in der die Geschlechtsknospen erzeugenden Körperregion schon früher vor, als die betreffende Stelle zur Bildung einer Knospe sich hervorgestülpt hat (pag. 35). Dieses kurze Referat zeigt, dass v. Beneden in Bezug auf die Genese der Spermatozoen der Hauptsache nach mit uns übereinstimmt. Dagegen weicht seine Darstellung der Eientwieklung so vollständig von der unserigen ab, dass es nicht möglich ist, durch eine andere Deutung des Beobach- teten übereinstimmende Resultate zu erzielen, wie uns dies mit den Angaben Allman’s geglückt ist. Wenn wir daher erst von eigenen Untersuchungen der Hydraetinia echinata unser definitives Urtheil über die Schilderung v. Beneden’s abhängig machen, so müssen wir doch hier schon gegen einige Punkte von secundärer Bedeutung in derselben Bedenken erheben. E. v. Beneden geht von der von Gegenbaur aufgestellten Ansicht aus, dass die Medusen höher entwickelte Geschlechtsorgane der Hydroidpolypen sind, die sich vom Organismus abgelöst und die Befähigung zu einem selbstständigen Leben erlangt haben. Bei dieser Umgestaltung soll die Ekto- dermeinstülpung, welche bei männlichen Thieren die Anlage des Hodens, bei weiblichen Thieren das Hodenrudiment liefert, zu der Schwimmglocke der Meduse werden. Diese Auffassung der genetischen Beziehungen zwischen der freien Meduse und den sessilen Geschlechtsknospen ist heutzutage wohl allgemein verlassen. Wie zuerst Allman hervorgehoben hat und auch Gegenbaur jetzt annimmt, ist die Meduse ein an die schwimmende Lebensweise angepasster Hydroidpolyp, die Geschlechtsknospen dagegen sind Medusen, die amı Mutterstock sitzen geblieben sind und eine mehr oder minder aus- gesprochene Rückbildung erfahren haben. Dem entsprechend muss die Organisation der Knospe aus derjenigen der Meduse erklärt werden und nicht umgekehrt, wie es v. Beneden gethan hat. Wenn wir von dem hier bezeichneten Standpunkt ausgehen, dann ist die von Hydractinia be- schriebene Ektodermeinstülpung in erster Linie die rudimentär bleibende Anlage des Schwimmsacks der Meduse und die Bezeichnung Hoden muss auf den Abschnitt beschränkt werden, welcher das Manubrium oder den Spadix überzieht und in der That auch nach v. Beneden allein die Spermatozoen entwickelt. Bei den weiblichen Knospen aber kommt jeder Grund in Wegfall, von einem Hodenrudi- ment zu sprechen. 5* 36 Erster Abschnitt. Zweitens ist die veränderte Grundanschauung nicht ohne Bedeutung für die Beurtheilung der Darstellung von der Eientwicklung. Wären in der That die im Entoderm von Hydractinia beschrie- benen Zellen die Keime von Eiern, so hätten wir das etwas paradoxe Verhältniss, dass die Geschlechts- producte früher vorhanden sind, als der mit der Bildung der Geschlechtsproduete betraute Organismus. Wenn nun ein derartiges Verhältniss auch nicht gerade undenkbar ist, so muss es doch zunächst als unwahrscheinlich angesehen werden !). Im Anschluss an die Resultate seiner Beobachtung hat v. Beneden einige allgemeine An- schauungen über den Ursprung der Geschlechtsorgane aufgestellt, auf deren Besprechung wir noch zum Schluss eingehen, da sie in der Neuzeit von vielen Zoologen adoptirt und weiter gebildet worden sind. E. v. Beneden nimmt an, dass bei allen Thieren die Spermatozoen im Ektoderm, die Eier im Entoderm entstehen. Jedes der beiderlei Geschlechtsproducte repräsentirt die Eigenschaften des Keim- blattes, aus dem es stammt; die Spermatozoen sind Vertreter des animalen Ektoderms, die Eier die Vertreter des vegetativen Entoderms. So ist schliesslich die sexuelle Differenzirung der Metazoen im Wesentlichen nichts als eine Folge der Differenzirung der beiden Keimblätter. Durch die Befruchtung wird die einseitig vegetativ entwickelte Eizelle befähigt, ausser vegetativen auch animale Zellen zu lie- fern, sie wird so auf einen Zustand der Indifferenz zurückgeführt. Wie nun die Resultate unserer Untersuchung nicht mit den empirischen Grundlagen übereinstimmen, welche die v. Beneden’sche Theorie voraussetzt, ebenso können wir uns auch nicht mit der in derselben ausgesprochenen allgemeinen Auffassung vom Wesen der geschlechtlichen Differenzirung einverstanden erklären. Die geschlechtliche Differenzirung ist ein Vorgang, der über die Grenzen des Thierreiches hinausgreift. Gerade die Untersuchungen der Neuzeit haben gezeigt, dass er in völlig gleicher Weise bei den Pflanzen wiederkehrt und haben seine Existenz auch bei einzelligen Protisten, bei den Infusorien, wahrscheinlich gemacht. Die Ursaehen zur geschlechtlichen Differenzirung können somit nicht in Erscheinungen gesucht werden, die in ihrem Vorkommen auf die Metazoen beschränkt sind, sondern in Eigenthümliehkeiten, die der gesammten Organismenwelt zukommen. Hiermit ist schon gesagt, dass die Ursachen zur geschlechtlichen Differenzirung schon in den Lebenserscheinungen der Zelle selbst gegeben sein müssen, da diese der Elementarorganismus ist, der allein bei allen Organismen sich in annähernd gleicher Weise vorfindet?). Steht somit die geschlechtliche Differenzirung zu der Keimblätterbildung in keiner unmittelbaren Beziehung, so fällt auch zunächst jede Nöthigung weg, die Entwicklung der Geschlechtsorgane in der ganzen Thierreihe in gleicher Weise mit dem einen oder dem anderen Keimblatt in Zusammenhang zu bringen. Eier und Spermatozoen sind, wenn wir von der geschlechtlichen Differenzirung absehen, zu- 1) Neuerdings hat Korotneff (Histologie de ’Hydre et de la Lucernaire. Archives de Zool. exper. et gener. T. V. pag. 398) die Resultate van Beneden’s mit denen anderer Autoren in Einklang zu bringen gesucht, wenn auch in wenig glücklicher Weise. Indem er der Stützlamelle jede Bedeutung für die Unterscheidung von Ektoderm und Entoderm abspricht, deutet er als Ektoderm und Entoderm nur die beiderseitigen Epithellagen und fasst das subepitheliale Gewebe, die Geschlechtsorgane und die Stützlamelle als Mesoderm zusammen. Nach Korotneff ist es von untergeordnetem Interesse, ob die Geschlechtsorgane nach aussen oder nach innen von der Stützlamelle liegen, da sie beidesmal dem Meso- derm angehören. Wir glauben, dass durch eine derartige zunächst völlig willkürliche Begriffverschiebung der Wissenschaft wenig genützt ist; empfehlenswerther ist es, nach Uebereinstimmung in den Resultaten zu streben, ehe man sich dazu ent- schliesst, der Verschiedenheit in denselben die prineipielle Bedeutung abzusprechen. 2) Vergl. auch hierüber 0. Hertwig, Beiträge zur Kenntniss der Bildung, Befruchtung und Theilung des thierischen Eies. Morpholog. Jahrbuch Bd. I. pag. 386. Anm. Das Ektoderm der Medusen. 37 nächst nur Zellen, welche den ursprünglichen Charakter der Indifferenz beibehalten haben und daher die Fähigkeit besitzen, einen Organismus gleicher Art, wie derjenige ist, von dem sie stammen, zu erzeugen. Es ist denkbar, dass ein derartiges indifferentes Zellenmaterial sich sowohl im Entoderm als im Ektoderm lange Zeit erhalten und den Ausgangspunkt für die Bildung der Geschlechtsorgane ab- gegeben hat; ebenso ist es aber auch denkbar, dass schon frühzeitig eine Localisation der Geschlechts- ide in einem der Keimblätter, als welches dann das Ektoderm angesehen werden müsste, ein- getreten ist, und dass diese Localisation sich in der ganzen Reihe der Metazoen vererbt hat. Wenn wir den letzteren Fall für wahrscheinlicher halten, so kann es sich hier nur um eine Meinungssache handeln, über welche die einzelnen Forscher nach ihrer subjectiven Auffassungsweise verschieden denken werden. Wir haben es hier mit einer Frage zu thun, zu deren Lösung theoretische Erwä- gungen nicht einmal als Wegweiser dienen können, deren Entscheidung daher allein an der Hand der Beobachtung gewonnen werden kann. Zweiter Abschnitt. Das Entoderm der Medusen. Die innere Körperschicht oder das Entoderm der Medusen steht in einem ausgesprochenen Gegensatz zu dem Ektoderm. Während wir bei diesem mit einer Fülle verschiedener physiologischer Leistungen und in Folge dessen auch mit einer grossen Mannigfaltigkeit histologischer Differenzirungs- producte bekannt geworden sind, zeigt uns das Entoderm bei einem mehr gleichförmigen Charakter der Funetionen im Ganzen auch eine grössere Einfachheit in seiner histologischen Beschaffenheit; wir vermissen Zellen, die zur Fortpflanzung bestimmt sind; ebenso vermissen wir Sinnes- und Ganglien- zellen; auch Muskeln und Nesselzellen fehlen im Entoderm bei den meisten Medusen; wir selbst haben diese beiden Bildungen bei keiner einzigen der von uns untersuchten Arten beobachtet; dagegen gibt F.E. Schulze (Syneoryne Sarsii pag. 25) an, dass am Magen von Sarsia tubulosa nach innen von der Stützlamelle eine Ringmuskelschicht vorkommt, und Claus (Acalephen pag. 13) theilt mit, dass er bei Acraspeden häufig Nesselzellen auch im Epithel des Gastrovascularsystems wahrgenommen habe. Wenn wir jedoch von diesen vereinzelten Fällen absehen, dann besitzt die innere Körperschicht der Medusen nur zwei Functionen, erstens die Nahrung aufzunehmen und der äussern Schicht zuzuführen und zweitens für diese letztere hie und da besondere Stützorgane zu liefern. Bei der genaueren Be- schreibung des Entoderms, zu der wir uns jetzt wenden, werden wir die morphologischen und die histologischen Verhältnisse in gleicher Weise berücksichtigen und besprechen wir hierbei zunächst 1) das Epithel des Gastrovascularsystems, 2) ein feines Zellenhäutehen, welches die vom Magen ent- springenden Gastrovascularkanäle bis zum Schirmrand verbindet und kurzweg als Entodermlamelle bezeichnet werden: soll, 3) die Axenzellen der Tentakeln und der Hörkölbehen, 4) die Schirmgallerte. 1. Das Epithel des Gastrovascularsystems. Während bei der Polypenform der Hydroiden das Gastrovascularsystem eine einfache verdauende Cavität vorstellt, erreicht es bei den Medusen einen höheren Grad der Differenzirung und sondert sich in einen centralen und in einen peripheren Abschnitt. Der centrale Abschnitt oder der Magen ist ein weiter Hohlraum, der in der Mitte der Medusenglocke angebracht ist und sich nach aussen durch einen sehr erweiterungsfähigen Mund öffnet; der periphere Abschnitt besteht, wenn wir von den Aeginiden absehen, aus Kanälen, die in radialer Richtung vom Magen in den Schirm ausstrahlen und am Rand desselben durch einen Ringkanal unter einander verbunden sind. Die Anzahl der Radialkanäle schwankt in den einzelnen Medusenfamilien und wird zur Abgrenzung der Genera und Arten in der Systematik mit verwerthet. So besitzen die Trachynemiden 8, die Geryoniden theils 6, theils 4 Kanäle, wodurch Zweiter Abschnitt. Das Entoderm der Medusen. 39 6- und 4strahlige Formen gebildet werden. Für die Ocellaten ist die Vierzahl charakteristiseh; dieselbe herrscht auch bei den Vesiculaten vor mit Ausnahme einiger Arten, wie Aequorea etc. Bei der letzt- genannten Meduse sind 100 und mehr Radialkanäle vorhanden und zwar vermehren sich dieselben mit dem Wachsthum und der Alterszunahme der einzelnen Thiere; sie sprossen, wie Allman (Tubu- larien pag. 80) beobachtet hat, entweder aus dem Grund des Magens oder von einem der schon vor- handenen Radialkanäle hervor, verlängern sich dann in centrifugaler Richtung, bis sie den Ringkanal treffen und in ihn einmünden. In seiner Darstellung hebt Allman besonders hervor, dass „das Ein- dringen der hervorsprossenden Kanäle in schon gebildetes Gewebe, ihr beständiges Einhalten einer bestimmten Richtung und ihr Einmünden in einen schon vorhandenen Kanal Phänomene sind nicht ohne allgemeine Bedeutung für die formbildenden Kräfte der lebenden Wesen.“ Wie wir später sehen werden, lassen sich diese Phänomene in sehr einfacher Weise aus den anatomischen Verhältnissen erklären. Eine in ihrem Vorkommen sehr beschränkte Eigenthümlichkeit zeigt der periphere Theil des Gastrovascularsystems bei einigen Geryoniden. Bei Carmarina entspringen vom Ringkanal noch einige blind endende Schläuche, die zwischen den Radialkanälen nach dem Magen zu eine Strecke weit ihren Weg nehmen und von Haeckel (Geryoniden Il. pag. 150) als Centripetalkanäle be- schrieben worden sind. Eine Ausnahmestellung unter den Craspedoten nehmen die Aeginiden im Bau ihres Gastro- vascularsystems ein. Bei ihnen ist der Magen mit zahlreichen Aussackungen, den Magentaschen, besetzt, die nahe bis zur Insertion des Velum vordringen und von hier ab noch unter einander bei einigen Arten, wie bei Cunina lativentris, durch enge Kanäle zusammenhängen. Vom Ende einer jeden Magentasche entspringen nämlich zwei Kanäle, die dicht bei einander bis zur Insertion des Velum verlaufen; hier biegen sie, der eine nach rechts, der andere nach links fast rechtwinklig um und folgen eine Strecke weit dem Schirmrand, um dann von Neuem der benachbarten Tasche gegenüber umzu- biegen und sich mit ihr in Verbindung zu setzen. So kommt eine Art von Ringkanal zu Stande, der aus so viel bogenförmigen Abtheilungen besteht, als Taschen vorhanden sind; derselbe ist zuerst von Haeckel (Geryoniden II. p. 268) bei Cunina lativentris entdeckt, darauf von Metschnikoff!) be- stätigt und neuerdings auch von uns eingehender beschrieben worden. Der Ringkanal fehlt dem grössten Theil der Aeginiden, oder besser gesagt, er hat sich bei ihnen rückgebildet; denn, wie wir andern Orts schon gezeigt haben, wird er bei ihnen morphologisch noch durch einen Zellstrang re- präsentirt, der am Ursprung des Velum auf Durchschnitten nachzuweisen ist (Medusen pag. 16. Taf. I, Fig. 7 u. 8). Gewöhnlich ist man der Ansicht, dass das Gastrovascularsystem der Medusen nur durch den Mund nach aussen geöffnet se. Wenn dies auch im Allgemeinen richtig sein mag, so trifft es doch keineswegs für alle Craspedoten zu. Schon Metschnikoff hat, wie wir einem Referat Leuckart's?) entnehmen, in einer russisch geschriebenen Untersuchung die Mittheilung gemacht, dass bei Tima pel- lueida und Zygodaetyla rosea „je an der Basis der ihrer Zahl nach beträchtlich variirenden Tentakeln ein nach aussen offener Zapfen stehe, der zur Entleerung von Execretionsstoffen diene.“ Aehnliches haben wir bei Aequorea Forscalea, also einer ganz nahe verwandten Art, beobachtet. Bei Aequorea finden sich auf der subumbrellaren Seite der Schwimmglocke unterhalb des Ringkanals kleine conische 1) Metschnikoff, Studien über die Entwicklung der Medusen und Siphonophoren. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. 24. pag. 26. 2) Leuckart, Archiv f. Naturgeschichte. Jahrgang 38. Bd. 2. 1872. pag. 231. 40 Zweiter Abschnitt. Erhebungen, die schon früher von uns als Subumbrellapapillen beschrieben worden sind (Me- dusen pag. 73 u. 74). Jede Papille umschliesst einen Hohlraum, der nichts als eine Ausstülpung des Ringkanals ist und wie dieser von Entodermzellen ausgekleidet wird. Letztere schneiden an der Um- randung; der Oefinung gegen das Ektoderm zu scharf ab. In ihrer Zahl entsprechen die marginalen Stomata, wie wir die zahlreicheren kleinen Oeffnungen des Gastrovascularsystems zu benennen vor- schlagen, der Anzahl der Padialkanäle, da sie überall da vorkommen, wo einer der letzteren in den Ringkanal einmündet. Ihre Bedeutung scheint darauf zu beruhen, dass sie unbrauchbar gewordene Stoffe, Exerete, nach aussen entleeren, mithin im Gegensatz zum central gelegenen einfachen Mund als multiple After fungiren. An Durchschnitten fanden wir — was für die obige Deutung spricht — die Geisseln der Entodermzellen stets nach aussen gerichtet. Ueber die Verbreitungsweise der marginalen Stomata innerhalb der einzelnen Familien der Craspedoten lässt sich zur Zeit noch kein Urtheil fällen. Da Subumbrellapapillen bei den Medusen häufiger wiederkehrende Bildungen sind, so werden auch die Oeffnungen in Zukunft wohl noch bei anderen Arten nachgewiesen werden. Doch sei hierbei gleich bemerkt, dass nicht in allen Fällen die Papillen hohl zu sein scheinen; wenigstens haben wir bei Octorchis Gegenbauri auf Durchschnitten keine Oeffnungen an ihnen wahrnehmen können. Das Epithel, welches die Wandungen des Gastrovascularsystems auskleidet, bildet überall nur eine einfache Schicht und scheint dies auch für diejenigen Stellen zu gelten, wo das Entoderm, wie z. B. an der Magenwand der Ocellaten, bedeutend verdickt is. Wenn man hier auf Durchschnitten (Taf. I, Fig. 8) das Bild erhält, als ob mehrere Zellen über einander lägen, so erklärt sich dasselbe wohl nur daraus, dass die langen Cylinderzellen auf dem Schnitt nicht ihrer ganzen Länge nach ge- troffen worden sind. Im gesammten Gebiet des Gastrovascularsystems macht sich ein sehr bemerkens- werther Gegensatz in der Beschaffenheit und Form des Epithels bemerkbar, je nachdem dasselbe den dorsalen, der Schirmoberfläche zugekehrten, oder den entgegengesetzten, ventralen Wandungen angehört. Dorsalwärts besteht das Epithel entweder aus kleinen ceubischen Zellen oder es ist sogar, wie es meistentheils der Fall ist, zu ganz dünnen Plättchen abgeflacht, von denen auf Querschnitten wenig mehr als die dickere, Kern führende Mitte zu sehen ist. Im Gegensatz hierzu stellt das Epithel der ventralen Wandungen des Gastrovascularsystems (Taf. I, Fig. 15 en; Taf. II, Fig. 1—6 en) eine dicke Schieht von Cylinderzellen dar, die sich bei manchen Arten durch eine ganz beträchtliche Länge aus- zeichnen. Die Cylinderzellen sind nach dem Kanallumen zu meist durch eine feine Cuticula abge- grenzt, die bei Cunina sol maris eine ähnliche Zeichnung wie die beim Ektoderm beschriebene Cuticula (Taf. I, Fig. 9) erkennen lässt. Jede Zelle trägt eine einzige Geissel, die bei manchen Arten, z. B. bei Aequorea, von einer sehr ansehnlichen Länge und Stärke ist. Eine sehr auffällige Eigenthümlichkeit des ventralen Epithels ist der Reiehthum an Vaeuolen; von diesen kann das Protoplasma so vollständig durchsetzt sein, dass es sich nur nach dem Kanallumen zu in einer zusammenhängenden dünnen Schicht erhält, während es sonst auf dünne Scheidewände zwischen den wie Schaumblasen an einander gedrängten Vacuolen redueirt ist (Taf. IL Fig. 2en). Zuweilen nehmen die Entodermzellen eine ganz pflanzenzellähnliche Beschaffenheit an, indem sie derbe Membranen besitzen, nur geringe Spuren von Protoplasma enthalten und anstatt dessen mit einer hellen Flüssigkeit erfüllt sind. Als Beispiel ver- weisen wir auf das beträchtlich verdiekte Entoderm, welches an den Magenwandungen von Oceania gelegen, schon bei Besprechung der Geschlechtsorgane von uns beschrieben wurde (Taf. I, Fig. 8 en). Ausser den Vacuolen finden sich im ventralen Epithel häufig die verschiedenartigsten Ein- schlüsse vor: Pigmentkörnchen, grössere und kleinere Fetttropfen, endlich noch eigenthümlich glänzende Das Entoderm der Medusen. 41 kleine Kügelchen, die sich in Osmiumsäure matt bräunen und mit der Assimilation der Nahrung wohl in Zusammenhang zu bringen sind (Taf. II, Fig. 13). Die letztgenannten Bildungen sind schon von Kleinenberg!) und Claus (Acalephen pag. 14) bei Hydra und bei Medusen beschrieben worden; wir selbst haben sie am schönsten bei den Aeginiden beobachtet, deren Entodermzellen häufig von ihrer Peripherie an gerechnet bis zu einem Dritttheil ihrer Höhe ganz von Concerementkügelchen erfüllt sind. In geringerer Anzahl treten sie bei Aequorea auf (Taf. I, Fig. 15), wo sie die kolbig verdickten Enden der Zellen zum Theil mit füllen. Nach den mitgetheilten Befunden kann es wohl keinem Zweifel unterliegen, dass die zur Ver- dauung wichtigen Theile des Gastrovaseularsystems die hohen Entodermzellen der ventralen Seite sind, während die platten Zellen der dorsalen Seite hierbei ziemlich bedeutungslos erscheinen. Die ersteren werden nicht allein die Nahrungsstoffe assimiliren, sondern dieselben auch in geeigneter Form zu wei- terem Verbrauch längere Zeit aufbewahren können, sie werden daher gleichzeitig auch eine Art von Nahrungsreservoir bilden. Für diese Annahme scheint uns das Vorkommen von Fetttropfen, von Con- crementkügelchen und die massenhafte Ausbildung von Vacuolen zu sprechen, deren Saft wahr- scheinlich ernährende Bestandtheile enthalten wird. Der Gegensatz, den wir zwischen dem Epithel der dorsalen und der ventralen Wandungen des Gastrovaseularsystems in morphologischer und physiologischer Beziehung beobachtet haben, erklärt sich aus der verschiedenen Beschaffenheit der umliegenden Gewebe. An die platten Entodermzellen grenzt die mehr oder minder starke Schirmgallerte, deren Oberfläche wiederum nur von einem dünnen ekto- dermalen Deckepithel überzogen wird. Beides sind Theile, in welchen nur ein sehr geringer Stofl- umsatz stattfinden kann. Mit dem hohen Entoderm dagegen stehen Gewebe von grossem physio- logischem Werth in Berührung, wie die Geschlechtsorgane, die Muskulatur der Subumbrella, die Ganglienzellen und Sinnesepithelien des Nervenrings; zu ihrer Erhaltung und um zu functioniren haben dieselben eine lebhafte Stoffzufuhr nothwendig, welche von dem hohen Cylinderepithel des Gastro- vascularsystems besorgt wird. So sehen wir bei den Medusen zwischen dem Ektoderm und Entoderm in ihrer morphologischen Ausbildung und in ihren Functionen eine innige und sehr auffällige Correlation, welche insofern vielleicht ein besonderes Interesse verdient, als es sich um eine Correlation zwischen den Elementartheilen eines Organismus handelt. Es lässt sich dies Wechselverhältniss noch mehr als es bis jetzt geschehen ist, in das Einzelne verfolgen, wie namentlich eine Betrachtung der Beziehungen, in welchen die Ausbreitung des oberen Nervenrings zum Epithel des Ringkanals steht, uns lehren wird. Bei Aequorea bildet der obere Nervenring mit dem ihn bedeckenden hohen Cylinderepithel einen breiten Streifen, der von der oberen Wand des sehr geräumigen Ringkanals nur durch die dünne Stützlamelle geschieden ist; die Gallerte beginnt erst in einiger Entfernung von dem Schirmrand oder der Insertion des Velums (Medusen Taf. V1, Fig. 2). Soweit nun das Entoderm der oberen Wand des Ringkanals an das Sinnesepithel des Nerven- rings angrenzt, besteht es aus hohen Cylinderzellen, dagegen nimmt es von der Stelle, wo es der Gallerte aufliegt, sofort eine cubische Gestalt an. Bei Mitrocoma ist der obere Nervenring schmäler, die Gallerte reicht tiefer als bei Aequorea an die Insertion des Velums heran und ist dementsprechend auch am dorsalen Epithel des Ringkanals nur ein schmaler Streifen von Cylinderzellen zu beobachten (Medusen Taf. VII, Fig. 14). Bei den Trachymedusen endlich, bei denen die Gallerte fast bis zum Schirmrand vordringt und der Nervenring die grösste Concentration erfahren hat, wird die ganze obere Wand des Ringkanals nur von platten Zellen eingenommen (Medusen Taf. I, Fig. 1 u. 2). 1) N. Kleinenberg, Hydra. Leipzig 1872. pag. 4. Jen. Denkschriften II. 6 42 Zweiter Abschnitt. %., Die Entodermlamelle. Bei allen Craspedoten werden die im Schirm verlaufenden Kanäle des Gastrovascularsystems, wie wir schon früher kurz erwähnt haben (Medusen pag. 130) unter einander und mit dem Magen durch ein feines Zellenhäutchen verbunden, das wir als Entodermlamelle bezeichnen werden. Dasselbe hat sich bis jetzt der Beobachtung fast aller Forscher entzogen und ist in den wenigen Fällen. in denen es beschrieben worden ist, in seiner morphologischen Bedeutung nicht genügend ge- würdigt worden. Es bildet in der Organisation der Medusen einen wichtigen Bestandtheil, welcher die Morphologie des Gastrovascularsystems aufhellt, und verdient um so mehr eine ausführliche Be- sprechung, als es mehrfache Verschiedenheiten in den einzelnen Gruppen der Craspedoten aufweist. Die Entodermlamelle der Traehymedusen, welche sehr leicht übersehen werden kann, be- steht aus ungemein dünnen, grossen Plattenzellen, welche der Stützlamelle der Subumbrella nach der Gallerte zu unmittelbar aufliegen. Sie ist in den Zwischenräumen zwischen dem Magen, dem Ring- kanal und den Radialkanälen wie in enem Rahmen ausgespannt. An Carminosmiumpräparaten wird man auf sie aufmerksam, wenn man bei Betrachtung der Subumbrella von ihrer unteren Fläche den Tubus langsam auf tiefere Schichten einstellt (Taf. I, Fig. 11el). Sobald man hierbei die Lage der subumbrellaren Epithelzellen und darauf die Muskelfaserlamelle passirt hat, wird man aufs Neue in grösseren Abständen von einander Zellenkerne auftauchen sehen, die in einer Ebene angeordnet sind. Diese Kerne sind viel grösser und von einer mehr ovalen Form als die kleineren und mehr rundlichen Kerne der Epithelzellen, so dass eine Verwechselung mit ihnen gar nicht möglich ist. Während die letzteren bei Cunina 14 x, bei Carmarina 13 p. messen, erreichen die ersteren die ansehnliehe Grösse von 28 u bei der einen Art, von 19x bei der anderen Art. Noch deutlicher ist die Entodermlamelle wahr- zunehmen, wenn man an Macerationspräparaten das subumbrellare Epithel und die quergestreiften Muskelfasern abpinselt; durch diese Manipulation wird sie auf grössere Strecken freigelegt und erscheint dann unter der Stützlamelle als ein zartes schleierartiges Häutchen von feinkörnigem Protoplasma, in welchem einzelne Zellkerne liegen, dagegen bestimmte Zelleontouren nicht nachzuweisen sind. In der Umgebung der Kerne ist das Protoplasma immer etwas dichter angehäuft. An feinen Querschnitten endlich erkennt man das zarte Zellenhäutchen daran, dass dorsal von der Stützlamelle der Subumbrella Kerne in grossen Abständen von einander in die Gallerte vorspringen (Taf. I, Fig. 6 el; Taf. I, Fig. 3 u. 11el; ferner Medusen Taf. I, Fig. 7 u. Se). Bei den Geryoniden ist die Entodermlamelle zwischen den Abschnitten der Radialkanäle, die am Magenstiel verlaufen, stärker entwickelt und bildet auf Querschnitten einwärts von der Stützlamelle, welche den Stielmuskeln zur Unterlage dient, eine zusammenhängende, leicht sichtbare Schicht (Taf. I, Fig. 16 el; Taf. II, Fig. 19 el). Ihre Zellen erreichen hier dieselbe Dicke wie die Epithelzellen an der der Gallerte zugekehrten Wand des Radialkanals. Besondere Beachtung verdient die Art, wie sich das Zellenhäutchen mit dem Epithel des Gastro- vascularsystems in Verbindung setzt. Querschnitte lehren, dass es in einer Flucht mit der dorsalen Wand der Kanäle liegt, mit deren Epithel es ja auch in seiner Beschaffenheit am meisten überein- stimmt. Hierbei geht es jedoch in das letztere nicht continuirlich über, sondern wird von ihm durch eine dünne Stützmembran getrennt, wie dies in Taf. I, Fig. 6 zu sehen ist, die den Uebergang in das Epithel des Magens von Cunina sol maris darstellt. Diese Stützmembran findet sich sogar zwischen der Entodermlamelle und dem Zellstrang, der bei Cunina sol maris den bei €. lativentris noch wohl entwickelten Ringkanal repräsentirt. Das Entoderm der Medusen. 43 Bei den Vesieulaten, der zweiten grossen Abtheilung der Craspedoten, nimmt die Entoderm- lamelle die gleiche Lage wie bei den Trachymedusen ein und zeigt bei den meisten Arten auch die gleiche Beschaffenheit. Nur Aequorea macht eine Ausnahme, da bei ihr die fragliche Zellenschicht so mächtig wie bei keinem andern uns bekannten Objeete ausgeprägt ist. Auf Schnitten durch die Sub- umbrella erhält man bei Aequorea drei über einander liegende Zellenschichten (Taf. I, Fig. 18); zu äusserst das Epithel (d), dann die Muskelzellen (mz) mit ihren contractilen Fibrillen (m), endlich die Entodermlamelle (el). Die Zellen der letzteren erscheinen eubisch und werden von der Muskelschicht wie von der Gallerte durch Stützlamellen getrennt, von denen die nach der Gallerte zu gelegene sehr fein ist und zwischen je zwei benachbarte Zellen scheidenartige Fortsätze entsendet. In Folge dieses Verhaltens sind die Zellengrenzen ausserordentlich deutlich sowohl auf Querschnitts- wie auf Flächen- bildern, die man auch hier am besten an Macerationspräparaten durch Isolation erhält. Die Flächen- bilder (Taf. I, Fig. 13) ergeben daher ein zierliches Mosaik polygonaler Zellen, die wie alle Zellen der Aequorea nur kleine Kerne enthalten. An dem Rande des Ringkanals (Taf. I, Fig. 15 el) und noch deutlicher an den Rändern der Radialkanäle (Taf. II, Fig. 22 A, el) schiebt sich die Entodermlamelle noch eine Strecke weit über das dorsale Epithel derselben fort. Zugleich wird sie immer dünner und schärft sich wie die Klinge eines Messers zu einer feinen Schneide zu. Von dem Epithel wird sie ebenfalls durch eine zarte Membran getrennt. Die bedeutendste Abweichung von den bisher besprochenen Verhältnissen bieten uns die Ocel- laten dar, bei welchen die von uns als Entodermlamelle bezeichnete Bildung schon von Allman (Tubularien pag. 114) und F. E. Schulze (Syncoryne Sarsii pag. 15—31) beobachtet, aber in anderer Weise gedeutet worden ist. Bei Sarsia tubulosa, welche die genannten Forscher untersucht haben, besteht die Glocke, um mit Schulze’s Worten zu reden, „nicht aus einer compacten Masse, sondern aus zwei gesonderten, bis auf gewisse Verbindungslinien völlig von einander getrennten Blättern, einem dieken äusseren und einem dünnen inneren Blatt, welche sich unter Umständen, so z. B. bei jeder stärkern Contraetion der Glocke, von einander abheben und grosse taschenförmige, mit heller Flüssigkeit gefüllte Hohlräume zwischen sich lassen. Die innere dünnere Lamelle hängt mit der äusseren dieken erstens oben an der Ursprungsstelle des Magenschlauches, zweitens am ganzen unteren freien Glockenrande und endlich in acht vom oberen Pol zum unteren Rande ziehenden Längslinien oder Zonen zusammen, von welchen letzteren vier den Radialkanälen entsprechen, die vier andern aber gerade in der Mitte zwischen je zwei Kanälen herablaufen. Es werden demnach von diesen beiden Umbrellablättern acht spalten- oder taschenförmige Hohlräume gebildet, welche durchaus nirgends mit dem Lumen des Gastrovaseularapparates zusammenhängen und auch mit einander nicht ecommunieiren.“ An dem äusseren dieken, von der Schirmgallerte gebildeten Blatte hat nun zuerst Allman auf der eoneaven inneren Seite eine Zellenlage, die schwer und nur unter besonders günstigen Umständen zu sehen sei, beobachtet, ohne sich indessen über ihre morphologische Bedeutung weiter zu äussern. Dann hat sich F.E. Schulze mit dieser Bildung und ihrer Deutung in seiner Schrift über Syneoryne Sarsii eingehend beschäftigt. Nach ihm wird das äussere Blatt des Schirms auf seiner den acht grossen spaltenförmigen Hohlräumen zugewandten Fläche von einer einschichtigen Lage grosser poly- gonaler platter Zellen bedeckt, welche sehr dünn und hell und daher schwerer erkennbar sind. Die zarte Zellenlage verbindet sich mit den Radialkanälen, die von aussen nach innen etwas abgeflacht und an der Verbindungsstelle in seitlich gelegene Kanten ausgezogen sind. Das dünne innere Blatt der Glocke findet F. E. Schulze aus 3 Lagen zusammengesetzt: 1) aus dem Epithel der Subumbrella, 2) aus der quergestreiften Ringmuskulatur, und 3) aus der Stützlamelle, welche die Spalträume nach 6* 44 Zweiter Abschnilt. der Schirmhöhle zu begrenzt. Auf dieser konnte er eine ähnliche epithelartige Zellenlage wie an der Innenseite des Gallertblattes trotz besonderer Aufmerksamkeit nicht darstellen. Bei der Deutung seiner bei Sarsia erhaltenen Befunde rechnet Schulze das zwischen den Radialkanälen ausgespannte Zellenhäutchen zu den Produeten des Ektoderms und ist ferner geneigt, die acht Spalträume dem Coelom der höheren Thiere zu vergleichen, wobei er sich besonders darauf stützt, dass wenigstens an der einen Seitenwand dieser Spalten eine endothelartige Zellenschicht von ihm mit Sicherheit hätte nachgewiesen werden können. Aehnliche Verhältnisse wie bei Sarsia kehren auch bei Oceania und Lizzia, den von uns untersuchten Medusen, wieder und sind sie daher vielleicht überhaupt für die ganze Ocellatenabtheilung charakteristisch, was durch ausgedehntere Untersuchungen noch festzustellen sein wird. Wenn man bei den genannten zwei Arten die Subumbrella von der Schirmhöhlenfläche aus betrachtet und den Tubus langsam auf die unterhalb der Stützlamelle gelegenen Theile einstellt, wird man eine der Stütz- lamelle in einiger Entfernung parallel verlaufende, dünne Protoplasmalage ansichtig werden, in welcher in weiten Abständen grosse runde Kerne eingebettet sind, die sich von den kleineren ovalen Kernen des Subumbrellaepithels sehr deutlich unterscheiden. Auf Durchsehnitten (Taf. I, Fig. Tel und Taf. III, Fig. 7 el) erscheint die Protoplasmalage als ein feiner doppeltcontourirter Streifen, in welchem die Nuclei allein von Stelle zu Stelle eine Anschwellung bedingen, und lässt sich an ihnen auch der Zusammen- hang mit dem Epithel des Ringkanals und der Radialkanäle leicht eonstatiren. Beim Uebergang in den ersteren fanden wir die Membran nach der Schirmoberfläche zu in Falten gelegt, was zum Theil, aber gewiss nicht ganz durch die Schrumpfung bei der Erhärtung bedingt gewesen sein mag. Nach aussen vom Zellenhäutchen liegt die gewöhnliche Gallerte des Schirms, nach einwärts dagegen eine flüssige Substanz, über deren Beschaffenheit wir nichts Näheres aussagen können. Bei einem Vergleich mit den Trachymedusen und Vesieulaten kann es keinem Zweifel unter- liegen, dass das Zellenhäutchen, welches zwischen den Ernährungskanälen der Ocellaten ausgespannt ist, der Entodermlamelle der übrigen Craspedoten entspricht. Eine Abweichung ist hier nur dadurch gegeben, dass die Entodermplatte nieht unmittelbar der Stützlamelle der Subumbrella aufliegt, sondern dureh einen variabeln, mit flüssiger Substanz erfüllten Zwischenraum getrennt ist. Nachdem so der Nachweis geführt ist, dass in allen Abtheilungen der Craspedoten ein feines Zellenhäutehen vorkommt, welches die einzelnen Theile des Gastrovascularsystems unter einander ver- bindet, lässt sich nun weiter die Frage aufwerfen, wie die so auffällige Bildung entstanden ist und zu welchem der beiden primären Körperschichten oder Keimblätter sie hinzugerechnet werden muss? Wenn wir das Zellenhäutehen im Gegensatz zu F. E. Schulze, der es bei den Öcellaten als einen Theil des Ektoderms betrachtet, vom Entoderm ableiten, wie dies schon durch den Namen Entoderm- lamelle deutlich ausgedrückt ist, so werden wir hierzu durch mehrere Gründe bestimmt, die theils der Anatomie, theils der Entwicklungsgeschichte der Medusen entnommen sind. Gegen einen Ursprung aus dem Ektoderm scheinen uns die Lagebeziehungen der Entoderm- lamelle zu sprechen; dieselbe wird nämlich auf der einen Seite durch die Stützlamelle vom Epithel der Subumbrella, auf der andern Seite durch die Gallerte vom Epithel der dorsalen Schirmfläche überall räumlich getrennt, dagegen hängt sie an ihren Rändern direet mit der epithelialen Auskleidung des Gastrovaseularsystems zusammen und bildet dergestalt mit dem Ring- und den Radialkanälen eine vollständige Scheidewand, ein vollständiges entodermales Blatt zwischen dem Ektoderm der dorsalen und ventralen Seite. Ferner spricht gegen die ektodermale Natur des in Frage stehenden Zellen- häutchens der Umstand, dass bei Cunina sol maris die Axenzellen der Tentakeln, welche zu den Das Entoderm der Medusen. 45 Entodermproducten gehören, wie wir im nächstfolgenden Abschnitt zeigen werden, sich aus ihm ent- wickeln. Von noch grösserem Belang sind die Gründe, welche uns ein Studium der Entwieklungs- geschichte an die Hand gibt; aus Mangel eigener Beobachtungen stützen wir uns auf die Unter- suchungen von Fol, Metschnikoff, Agassiz, v. Beneden und Allman. Diese Untersu- chungen betreffen 1) die direete Entwicklung der Trachymedusen, 2) die auf dem Wege der Knospung erfolgende Entwicklung der Leptomedusen und 3) die Anlage der sessilen medusoiden Geschlechts- gemmen. 1) Nach den Beobachtungen von Fol!) und Metschnikoff?) besitzen die viertägigen Larven von Geryonia einen zusammenhängenden linsenförmigen Gastralraum, der anfangs allseitig geschlossen ist und dessen spätere aborale Wand durch Gallertausscheidung vom (dorsalen) Ektoderm getrennt ist, während seine orale Wand, in welcher der Mund nachträglich entsteht, unmittelbar an das (ventrale) Ektoderm angrenzt, welches hier verdickt ist und von Fol als orale Ektodermscheibe bezeichnet wird. Darauf nimmt der linsenförmige Gastralraum eine becherförmige Gestalt an, es buchtet sich seine orale Wand ein und legt sich der aboralen Wand dicht an, ein Vorgang, durch welchen zugleich auch die Schirmhöhle gebildet wird und die Larve im Grossen und Ganzen in die Medusenform übergeht. Um diese Zeit reicht also das Gastrovascularsystem, was uns besonders wichtig zu sein scheint, bis an den Rand des Schirms, an welchem die orale Ektodermscheibe, die das Subumbrellaepithel liefert, wulst- förmig verdickt endet und an welchem nun auch die sechs primären Tentakeln hervorsprossen, deren Axenzellen vom Entoderm abstammen. Aehnliche Verhältnisse zeigt die Entwicklungsgeschiehte von Aeginopsis mit dem Unterschied, dass hier die Larve mehr einem Hydroidpolypen als einer Meduse in ihrer Form gleicht. Ueber die Bildungsweise der Radialkanäle machen weder Fol noch Metsehnikoff nähere An- gaben, doch scheint uns dieselbe aus den gegebenen Verhältnissen mit ziemlicher Sicherheit erschlossen werden zu können. Wenn wir sehen, dass bei den Medusenlarven ein zusammenhängender Magen- raum bis an den Schirmrand reicht, wenn wir dann weiter sehen, dass bei den erwachsenen Medusen sich in gleicher Ausdehnung der Ringkanal und die Radialkanäle verbreiten und unter einander durch eine Zellenschicht verbunden sind, so spricht die überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Deutung, dass der periphere Theil des Gastrovascularsystems der erwachsenen Thiere aus einer partiellen Verödung des ursprünglich vorhandenen einheitlichen Hohlraums hervorgegangen ist. Der Ringkanal und die Radialkanäle sind die allein offen ge- bliebenen Strecken, die dazwischen gelegene Entodermlamelle dagegen stellt die verödeten Theile dar und ist durch eine Verklebung und Verwachsung der aboralen und oralen Entodermwand entstanden. Der Umstand, dass die Lamelle nur aus einer sehr dünnen Zellenlage besteht, kann nicht gegen diese Erklärung sprechen, da man hierin mit Recht auch ein Anzeigen für den hohen Grad der eingetretenen Verschmelzung erblicken kann. 2) Einen weiteren Beweis für die Richtigkeit unserer Auffassung der Entodermlamelle finden wir in den Angaben, welche Louis Agassiz3) in seinem grossen Acalephenwerk über die Entwick- lung der Hydroidmedusen durch Knospung gemacht hat. Nach ihm bildet sich am Stöckehen von 1) H. Fol, Ueber die erste Entwicklung des Geryonideneies. Jenaische Zeitschr. Bd. 7. 1873. 2) Elias Metschnikoff, Studien über die Entwicklung der Medusen und Siphonophoren. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 24. 1874. 3) Louis Agassiz, Contributions to the natural history of the United States. Bd. II. pag. 190—199. 46 Zweiter Abschnitt. Coryne mirabilis die Meduse zuerst als eine kleine hernienartige Ausstülpung, deren Wand aus zwei Schichten, dem Entoderm und dem Ektoderm, besteht. Das letztere verdickt sich am apiealen Pol und stülpt das Entoderm ein, so dass es die Form eines Doppelbechers annimmt, dessen Höhlung durch die Ektodermwucherung ausgefüllt wird. Die Wände des Doppelbechers verlöthen unter einander mit Ausnahme von vier Stellen, welche zu den vier Radialkanälen werden (Taf. III, Fig. 22); in diese kann man das Ernährungsfluidum eindringen und wieder austreten sehen. Jetzt entwickelt sich auch der Magen (Proboseis) der Meduse, indem am Grund des Doppelbechers die verdauende Cavität eine hernienartige Aussackung in den von der Ektodermwucherung erfüllten Raum treibt. Gleichzeitig höhlt sich der bisher solide centrale Ektodermpfropf in der Weise aus, dass eine Epithellage die Innen- fläche des Doppelbechers und eine andere die Oberfläche der Proboseis überzieht (Taf. III, Fig. 21). Hiermit ist die Meduse im Wesentlichen fertig, der ventrale Magen, der noch nicht durch einen Mund nach aussen communieirt, der Schirm mit seinen nahe zusammen gelegenen Radialkanälen, zwischen welchen sich die verklebten Entodermwände befinden (Taf. IN, Fig. 21 u. 22el). Die letzteren, welche Agassiz in der Medusenanlage als middle wall benannt hat, sind offenbar der Entodermlamelle gleich- werthig, welche wir bei der ausgebildeten Meduse nachgewiesen haben. Den noch fehlenden Ring- kanal lässt der amerikanische Forscher erst später durch Aushöhlung in der Dicke des middle wall dadurch entstehen, dass die Radialkanäle an ihren Enden sich nach beiden Seiten sinusartig erweitern und dass die benachbarten seitlichen Sinus sich bei ihrer Vergrösserung nähern und endlich unter einander verschmelzen. Mit der Agassiz’schen Darstellung, welche unserer Auffassung vollständig entspricht, stimmen die neueren Untersuchungen von Allman (Tubularien pag. 76—78) und F. E. Schulze (Syneoryne Sarsii pag. 27”—28) gerade in dem für uns wesentlichen Punkte nicht überein. Beide Forscher, von welchen der eine Corymorpha nutans, der andere Sarsia tubulosa untersucht hat, lassen, wie Agassiz, zuerst die Medusenanlage als eine einfache Aussackung der Leibeswand sich entwickeln und an der Spitze derselben „das Ektoderm eine kuglige Verdickung erfahren, durch welche der darunter gelegene Entodermsack so von vorn her eingestülpt wird, dass er Kelchform erhält.“ Von hier ab weichen sie von Agassiz ab, indem sie die vier Radialkanäle als taschenförmige Randausstülpungen des hohlwan- digen Entodermkelches auftreten sehen. „Während diese Ausstülpungen, bemerkt F. E. Schulze, sich allmälig länger ausziehen, bleiben sie doch mit ihren Seitenrändern so dieht an einander gelagert, dass sie sich fast berühren und nur eine ganz dünne Zwischenlage, gleichsam eine Verbindungsnaht der äusseren und inneren Ektodermpartie, zwischen sich haben, entsprechend jener längslaufenden Ver- bindungslinie zwischen Gallert- und Muskelplatte der Umbrella, welche wir an der erwachsenen Qualle in der Mitte zwischen je zwei Radialkanälen herablaufen sahen. Von einer die Entodermtaschen seitlich verbindenden und mit dem Entoderm selbst zusammenhängenden soliden Gewebslage, wie sie Agassiz dargestellt und als Anlage seines middle wall bezeichnet hat, konnte ich niemals etwas wahrnehmen.“ F.E. Schulze lässt später die vier Radialkanäle beim Wachsthum der Meduse aus einander rücken und hierdurch die acht spaltenförmigen Hohlräume entstehen, welche bei der ausgebildeten Qualle zwischen dem Gallert- und dem Muskelblatte der Umbrella beobachtet werden. Wenn wir nun trotz der anders lautenden Angaben von Allman und F.E. Schulze die Beschreibung von Agassiz für die richtige halten, so sehen wir uns hierzu durch zwei Gründe be- stimmt; erstens erklärt seine Beschreibung das Vorhandensein der Entodermlamelle, welche Allman sowohl als F. E. Schulze unerklärt lassen, und zweitens spricht für die Richtigkeit seiner Beobach- Das Entoderm der Medusen. 47 tungen die Entwicklung der Sporosacs, welche v. Beneden!) bei Hydraetinia verfolgt hat und welche wir hier mit Recht wohl heranziehen dürfen, da die Sporosacs den Medusen homologe Gebilde sind. 3) Der Sporosac oder die sessile medusoide Geschlechtsknospe von Hydraetinia erscheint zuerst als eine sackförmige Ausstülpung der Leibeswand und setzt sich daher aus einer Ektoderm- und einer Entodermlage zusammen. An der Spitze dieser Ausstülpung (Taf. II, Fig. 23) findet frühzeitig, wie es Agassiz, Allman und Schulze auch von der Medusenknospung angeben, eine Ektoderm- wucherung statt, welche das organe testieulaire v. Beneden’s oder wenn wir den Sporosac auf die Meduse redueiren, die Subumbrella (ek?) und das Ektoderm des Magenstiels (ek?) (Proboseis, spadix) liefert. Es geschieht dies in der Weise, dass die Wucherung in den Entodermsack hineinwächst und sich, indem ein Spalt bemerkbar wird, in zwei dicht auf einander liegende Blätter, in ein inneres und ein äusseres Blatt sondert, welche sich bis fast an die Basis des Sporosaes ausdehnen und die Form eines Doppelbechers annehmen (Taf. II, Fig. 24 ek? u. ek3). Durch das Hineinwachsen des Ektoderms wird der Entodermsack (Taf. II, Fig. 23 u. 24) in ein äusseres (el) und ein inneres Blatt (en) ein- gefaltet; das innere kleidet den Magenraum aus, das äussere umgibt als eine zusammenhängende Zellenschicht das organe testieulaire und wird von v. Beneden als lame medusoide bezeichnet. Diese letztere entspricht nun aber, wie uns eine genauere Vergleichung im letzten Abschnitt unserer Unter- suchung lehren wird, dem middle wall von Agassiz oder der Entodermlamelle der ausgebildeten Meduse sammt Radial- und Ringkanälen. Wir haben also auch hier eine zusammenhängende Ento- dermschicht, die vom Magen bis an den Rand der dem Medusenschirm homologen Mesotheca reicht. Aehnliches zeigen die Abbildungen, welche Allman von den Sporosacs der Myriothela gegeben hat (Taf. IN, Fig. 20). — Erscheinungen, wie sie uns in der Differenzirung des Gastrovaseularsystems bei den Craspedoten entgegengetreten sind, lassen sich auch in der zweiten grossen Abtheilung der Medusen, bei den Acraspeden erkennen, und mögen dieselben hier noch anhangsweise eine Besprechung finden. Bei den niedrigst entwickelten, ephyraartig gestalteten Acraspeden, den Nausithoidae und den Pelagidae bildet das Gastrovascularsystem einen weiten centralen Hohlraum, den Magen, von welchem breite taschenförmige Aussackungen 1) in die breiten Lappen des Schirms und 2) zu den zwischen ihnen gelegenen Tentakeln ausstrahlen (Medusen Taf. X, Fig. 15 u. 18ga). Die Aussackungen nehmen ihren Weg mitten durch die Gallerte des Schirms und trennen sie in eine dickere obere und eine dünne untere Platte. Bei den Aurelidae, den Rhizostomeae etce., welche sich in vielen Punkten ihrer Organisation von der Grundform der Acraspeden weit entfernt haben, fehlen die weiten Magentaschen und sind durch ein System schmaler anastomosirender Kanäle ersetzt, die in einer Ebene angeordnet bis in die Nähe des Schirmrands reichen, wo sie sich zu einer Art von Ringkanal vereinigen (Medusen Taf. X, Fig. 14, 16, 19). Die Kanäle werden unter einander durch eine einfache Lage stark abgeplat- teter Zellen, durch eine Entodermlamelle, verbunden. Diese ist bei Aurelia leicht nachzuweisen, wenn man dicke Flächenschnitte durch den Schirm anfertigt und bei dem Schnitt, welcher das Gefäss- netz enthält, auf den Zwischenraum zwischen den Gefässen den Tubus einstellt. Man erhält dann etwa denselben Anblick, wie bei den Ocellaten, man sieht eine dünne Protoplasmalage mit 11x grossen Kernen, die sich von den Kernen der protoplasmareichen Bindesubstanzzellen der Gallerte, welche darüber und darunter gelegen sind, leicht unterscheiden. Auf Querschnitten (Taf. I, Fig. 10 el) gewahrt man die Entodermlamelle als eine doppelt contourirte gerade Linie, welche sich zwischen den Seiten- 1) E. v. Beneden, De la distinction originelle du testieule et de Y’ovaire. Bulletins de l’Academie royale de Bel- gique, 2"° serie, t. 37. 1874. 48 Zweiter Abschnitt. wänden (en) der Kanäle ausspannt und hie und da Verdickungen zeigt, die durch die Zellkerne be- dingt sind. Oberhalb der Lamelle findet sich eine dickere, unterhalb eine dünnere Gallertschicht gerade so wie über der oberen und unter der unteren Seite der Magentaschen von Pelagia. Da nun Aurelia und überhaupt wohl jede Acraspede sich aus einer Ephyra mit weiten Magentaschen entwickelt, so kann das periphere Netz der Gastrovaseularkanäle mit der zwischen ihnen sich ausbreitenden Ento- dermlamelle nicht anders als dadurch entstanden sein, dass die obere und untere Wand der Magen- taschen partiell verlöthet sind und eine Anzahl schmälerer Kanäle zwischen sich freigelassen haben. Die Entodermlamelle der Acraspeden ist schon früher von Kölliker beobachtet, aber als ein Netz von anastomosirenden Zellen in seinen Icones histologiecae beschrieben worden. Besondere Auf- merksamkeit hat ihr neuerdings Claus in seinen Acalephenstudien (pag. 21 u. 22 ete.) geschenkt, an dessen Angaben sich die unsrigen bestätigend anreihen. Er findet bei Aurelia und Discomedusa eine zusammenhängende, stets einschichtige Zellenplatte, welche er wegen ihrer Beziehung zu den Gefässen und deren Verästelungen als Gefässplatte bezeichnet. Claus wirft hierbei die Frage auf, ob die Platte nicht erst einschichtig geworden ist und der Entstehung nach die Elemente der oberen und unteren gleichsam an einander gepressten Gefässwände in sich enthält. — Da wir bei der Erklärung der Entodermlamelle auf die Genese des peripheren Theils des Gastrovascularsystems zu sprechen gekommen sind, so wird hier am besten die ergänzende Bemerkung noch Platz finden, dass neben der ursprünglichen Art der Kanalbildung, welche durch partielle Ver- löthung eines zusammenhängenden Gastralraums erfolgt, noch eine zweite Art unterschieden werden muss, die wir als secundäre im Gegensatz zur ersteren, der primären, bezeichnen wollen. Sie wird dadurch charakterisirt, dass von den vorhandenen Hohlräumen aus Kanäle sich neu bilden; Aequorea und Carmarina bieten uns für diesen Bildungsmodus Beispiele dar. Bei Aequorea kommt die be- trächtlich hohe Anzahl der Radialkanäle dadurch zu Stande, dass je grösser die Meduse wird, um so mehr neue Kanäle zwischen den primär angelegten vom Magen aus als Blindschläuche entstehen, die zum Schirmrand vordringen und mit dem Ringkanal secundär verschmelzen. Secundär bilden sich auch bei Carmarina vom Ringkanal, wenn das Thier erwachsen ist, die Centripetalkanäle. Alle diese Neu- bildungen nehmen ihren Weg — und dies ist für ihr Verständniss von Bedeutung — in der Ento- dermlamelle, wie dies ihre Lage beim erwachsenen Thier lehrt; mithin beruht das Wesen der secun- dären Gefässbildung darin, dass unwegsam gewordene Theile des ursprünglichen Gastrovascularsystems wieder wegsam werden. 3. Die Tentakelaxe. Das Gewebe, welches die Tentakelaxe der Hydroiden und Medusen bildet, ist nach seiner hi- stologischen Beschaffenheit und nach seinen genetischen Beziehungen zum Entoderm durch die Unter- suchungen Allman’s, Haeckel’s, Kölliker’s und F. E. Schulze’s so genau bekannt, dass wir uns kurz fassen und namentlich von einer Widerlegung der Irrthümer, die lange Zeit auf diesem Ge- biete geherrscht haben, Abstand nehmen können. Wir beschränken uns auf einen Ueberbliek über die hauptsächlichsten Modificationen und werden nur da ausführlicher sein, wo wir Neues beobachtet oder unriehtige Anschauungen zu berichtigen haben. Bei der Darstellung werden wir den Gesichtspunkt durchzuführen versuchen, dass in der Tentakelaxe eine Zellenmasse gegeben ist, welche bei den ein- zelnen Medusen ihre functionelle Bedeutung verändert und dementsprechend auch eine immer klarer sich ausprägende histologische Umgestaltung, erfährt. Bei den Medusen entstehen die Tentakeln ausnahmslos am Schirmrand und behalten diese Das Entoderm der Medusen. 49 Stellung auch in den meisten Fällen dauernd bei. Ihre Axe hängt hier fast stets mit dem Epithel des Ringkanals zusammen. Je nachdem nun der Hohlraum des Ringkanals sich in das Innere der Axe verlängert oder nicht, unterscheidet man zwischen hohlen und soliden Tentakeln. Der Unter- schied ist kein scharfer, sondern wird durch Uebergangsformen vermittelt, da bei vielen, im Uebrigen soliden Tentakeln eine Ausstülpung des Ringkanals mehr oder minder weit in die bulbusartig ver- breiterte Basis vordringt. Phylogenetisch sind wohl die hohlen Tentakeln die älteren, da es sich leichter verstehen lässt, dass die soliden Tentakeln aus den hohlen als umgekehrt die hohlen aus den soliden entstanden sind. Ausserdem sind die hohlen Tentakeln die verbreiteteren, da sie nicht allein in der Classe der Hydromedusen vorkommen, sondern auch bei den übrigen Coelenteraten wiederkehren. Ihrem Bau nach sind sie nichts als blinde Aussackungen des Ringkanals; das Epithel, welches ihren axialen Hohlraum auskleidet, ist eine unmittelbare Fortsetzung des Epithels des Ringkanals und stimmt in seiner Beschaffenheit mit dem an die Subumbrella grenzenden Abschnitt desselben überein; es wird somit von Geisselzellen gebildet, die im contrahirten Zustand wenigstens um ein mehrfaches höher als breit sind; vom Ektoderm wird es durch eine Stützlamelle getrennt, die namentlich bei den Tentakeln von Carmarina recht ansehnlich ist (Taf. I, Fig. 14). Die Axe der soliden Tentakeln besitzt, wenn wir von dem an den Ringkanal angrenzenden basalen Theil absehen, bei allen Medusen einen im Wesentlichen übereinstimmenden Bau und besteht aus einer einzigen Reihe von Zellen, die in longitudinaler Richtung wie die Stücke einer Geldrolle auf einander folgen. Nach der Tentakelspitze zu sind die Zellen kurze Cylinder von ungefähr gleicher Höhe wie Breite, nach der Basis zu werden sie flacher und können hier sogar, wie es die Figur 12 auf Tafel II von einer Cunina sol maris darstellt, die Gestalt flacher Scheiben annehmen. Ihre Form hängt ausserdem vom Contractionszustand des Tentakels ab, da eine Verkürzung desselben eine ent- sprechende Abflachung der Zellen bedingt. Wie schon von verschiedenen Forschern, namentlich aber von F. E. Schulze!) hervorgehoben worden ist, sind die Axenzellen der Tentakeln pflanzenzellähnliche blasige Elemente, die von derben, gegen die Stützlamelle sich scharf absetzenden Membranen umhüllt werden. Soweit als zwei auf einander folgende Zellen sich berühren, verschmelzen ihre Membranen zu einer Scheidewand, die sich quer durch den von den Axenzellen eingenommenen Binnenraum des Tentakels ausspannt, so dass dieser aussieht wie aus einzelnen Kammern zusammengesetzt. Nirgends haben wir die Membranen so deutlich wie bei Cunina sol maris beobachten können, bei der sie wegen ihrer Festigkeit sogar die Isolation der Zellen ermöglichen. Hier werden sie durch Osmiumsäure gebräunt und zeigen dann in dem Theil, welcher an die nach dem Ektoderm zu gelegene Stützlamelle stösst, eine feine circuläre Streifung (Taf. III, Fig. 12 u. 13). Die einzelnen Streifen verlaufen streng einander parallel und sind haarscharf gezeichnet, ohne sich jedoch isoliren zu lassen; auf dem optischen und natürlichen Quer- schnitt gesehen (Fig. 13 A) bilden sie kleine in das Zellenlumen vorragende Vorsprünge in der Membran und sind somit Verdiekungen derselben, die möglicherweise als eine besondere feinere Struetur auf- zufassen sind oder auch nur durch eine mit der Verkürzung in Zusammenhang stehende Faltung her- vorgerufen werden. Aehnliche Verhältnisse sind neuerdings von F. E. Schulze?) bei Spongiecola fistularis auf- 1) F. E. Schulze, Cordylophora pag. 31. 2) F. E. Schulze, Spongicola fistularis, ein in Spongien wohnendes Hydrozoon. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. XIII. pag. 812. Jen. Denkschriften II. 7 50 Zweiter Abschnitt. gefunden, aber in anderem Sinne gedeutet worden. An den mit Osmiumsäure im ausgestreckten Zu- stand erhärteten und darauf mit Pierocarmin gefärbten Armen dieses in seiner systematischen Stellung noch räthselhaften Hydrozoon sah der genannte Forscher „dicht unterhalb der Stützlamelle eine Zeich- nung, welche ganz den Eindruck von feinen eireulär verlaufenden Muskelfasern machte. Es zeigten sich nämlich daselbst in ziemlich gleichen Abständen eireulär gerichtete, etwas rauhe Doppellinien und an dem Umschlagsrand kleine zackige Felder, welche wie optische Durchschnitte glatter Muskelfasern aussahen; doch gelang es nicht, diese inneren eireulären Fasern zu isoliren.“ Uns scheint es wahr- scheinlicher, dass auch bei der Spongieola die Zeichnung durch Verdickungen der Membran und nicht durch Muskelfibrillen bedingt ist. Der Inhalt der Axenzellen besteht fast ausschliesslich aus einer wasserklaren Masse, die in keinem Reagenz gerinnt oder sich färbt und daher wahrscheinlich eine Flüssigkeit ist. Die Menge des Protoplasma ist sehr gering und auf einen dünnen, häufig nicht einmal nachweisbaren Wandbeleg und ein durch das Innere sich ausspannendes Netzwerk von Fäden reducirt. Bei den meisten Medusen — z. B. bei allen Aeginiden — ist sogar an Stelle eines verästelten Fadenwerks ein einziger Protoplasma- strang vorhanden, der sich zwischen den Mittelpunkten der als Querscheidewände fungirenden Theile der Zellmembranen ausspannt und nur selten seitliche Aestchen abgiebt. An seinen beiden Enden verbreitert er sich und geht in die den flüssigen Inhalt umgebende dünne protoplasmatische Wand- schicht über. Die Protoplasmastränge der einzelnen Zellen liegen in einer einzigen Linie und setzen somit scheinbar einen continuirlichen in der Längsaxe des Tentakels verlaufenden Faden zusammen, der in Wahrheit jedoch durch die Querscheidewände in so viel Theile, als Zellen vorhanden sind, zerlegt wird. Der Kern der Zelle findet sich in einem der stärkeren Stämmcehen des den Binnenraum durchziehenden Fadennetzes oder im Innern des geschilderten Protoplasmastrangs und ist gewöhnlich ein ovaler Körper mit deutlichem Nucleolus. Bei den Aeginiden sind fast in jeder Zelle zwei Kerne vorhanden und in derselben derart vertheilt, dass der eine im peripheren, der andere im centralen verbreiterten Ende des axialen Strangs liegt. Die Kerne zweier auf einander folgender Zellen sind daher einander genähert und werden nur durch die das Septum bildenden Zellmembranen getrennt. Seltener liegen die Kerne einer Zelle dicht bei einander in der Mitte des Axenstrangs, bald neben, bald hinter einander und dabei so fest zusammengepresst, dass ihre sich berührenden Flächen abgeplattet sind. Am seltensten findet man nur einen Kern in einer Zelle, der dann ebenfalls die Mitte des Axenstrangs einnimmt. — Alle diese verschiedenen Bilder müssen wohl auf Theilungszustände der Zelle bezogen werden. Der Protoplasmastrang der Tentakelaxe der Cuninen ist früher fälschlich für einen Muskel ge- halten worden. Dieser Irrthum wurde später von Haeckel!) und Fritz Müller?) berichtigt, welche eine in den wichtigsten Punkten zutreffende Darstellung gegeben haben. Haeckel sowie auch Köl- liker) rechnen das Gewebe der Tentakelaxe zu den Bindesubstanzen und erblicken in ihm mit Reeht die feste Stütze der Fangfäden. Von dieser seitdem zur allgemeinen Geltung gelangten Auffassung ist neuerdings ganz unbegründeter Weise Eimer?) abgewichen, indem er die Ansicht ausspricht, 1) E. Haeckel, Geryoniden pag. 106 und pag. 272. 2) Fritz Müller, Cunina Koellikeri. Archiv f. Naturgeschichte. 27. Jahrg. Bd. I. pag. 44. 1861. 3) A. Kölliker, Icones histiologicae. 4) Th. Eimer, Ueber künstliche Theilbarkeit und über das Nervensystem der Medusen. Archiv f. mikroskop. Anat. Bd. XIV. pag. 405. Das Entoderm der Medusen. 51 „dass die im Inneren der Tentakel von Craspedoten vorkommenden verzweigten Zellen, wie sie bei manchen Formen als Knorpelzellen beschrieben worden sind, ihren Eigenschaften nach, wenigstens da, wo er sie untersucht habe, nicht als solche, sondern als Nervenzellen betrachtet werden müssen, welche dann wohl gleich den Zellen des Spangennerven aus dem Schirmrandring als Wucherung des Ekto- derms herstammen möchten.“ Von besonderem Interesse sind die Beziehungen, in welche das geschilderte Ge- webe der Tentakelaxe an der Basis der Tentakeln zum Epithel des Ringkanals tritt; man kann hier dreierlei verschiedene Typen unterscheiden. Zum ersten Typus rechnen wir die Tentakeln, die sich am nächsten an die hohlen Tentakeln anschliessen, indem ihre Basis sich verbreitert und eine Ausstülpung des Ringkanals in ihr Inneres aufnimmt. Wie zur Genüge bekannt ist, geht hier die einreihige Anordnung der Axenzellen zunächst in eine zweireihige über und die zwei Reihen von Zellen setzen sich dann in eine mit Geisseln be- deckte Epithelschicht fort, welehe den mit dem Ringkanal communieirenden Hohlraum auskleidet. Als Beispiele für diesen ersten Typus nennen wir die Tentakeln von Lizzia. Den zweiten Typus bilden die bleibenden Tentakeln der Trachynemiden und die Larven- tentakeln der Geryoniden. Bei den Trachynemiden treten die Axenzellen in einreihiger Anordnung bis an den Ringkanal heran; die am meisten basalwärts liegende Zelle ist gleichsam der Schlussstein, der den Ringkanal nach oben begrenzt. Da das Lumen des letzteren nicht sehr bedeutend ist und un- gefähr den Durchmesser einer Axenzelle besitzt, so gewinnt es auf einem Durchschnitt, wie wir einen solchen in Figur 11 der Tafel III unserer früheren Arbeit abgebildet haben, den Anschein, als sei der Hohlraum des Ringkanals die letzte Zelle in der Reihe. Die Larvententakeln der Geryoniden erheben sich oberhalb und in einiger Entfernung vom Schirmrand; ihre Axenzellen gehen hier in einen von Haeckel (Geryoniden pag. 103) zuerst beob- achteten und als Knorpelstab gedeuteten Zellstrang über, der die Verbindung mit dem Schirmrand herstellt. Die Zellen sind kleiner und protoplasmareicher als die Axenzellen der Tentakeln, sie liegen anfänglich in zwei, später in mehreren Reihen neben einander und gehen schliesslich eontinuirlich in das Epithel des Ringkanals über und nicht, wie Haeckel es darstellt, in den Zellenwulst, der früher mit Unrecht als Knorpelring bezeichnet wurde, thatsächlich aber sich aus eigenthümlich modificirten Nesselzellen zusammensetzt. Eine genaue Abbildung dieser Verhältnisse haben wir schon früher ge- geben (Medusen Taf. IV, Fig. 8 u. 9) und können wir hier auf dieselbe verweisen. Dem Gesagten zufolge besteht das Eigenthümliche der Geryonidententakeln darin, dass sie ihren Ursprungsort verlassen haben und am Schirm aufwärts gerückt, hierbei aber mit ihrem Mutterboden, dem Epithel des Ringkanals, durch einen Zellstrang in Verbindung geblieben sind. Wenn später die Larvententakeln verloren gehen, bleibt dieser Zellstrang allein erhalten und giebt als „Mantelspange“ (Haeckel) die Grundlage für das reichliche Nessel- und Sinnesepithel des Nesselstreifens ab. Wir müssen hier einen Irrthum berichtigen, in den Eimer (Nervensystem der Medusen pag. 403) bei der Schilderung der Mantelspangen der Geryoniden kürzlich verfallen ist. Eimer beschreibt an jedem Sinnesbläschen ein Ganglion, das „mit dem Ringnerven nichts zu thun hat“ und sich nach oben in einen zuerst mehrreihigen, dann einreihigen Zellenstrang fortsetzt. Die Zellen sollen seitlich Fäden abgeben, die gemischt mit solchen, welche direct vom Ganglion kommen, den Spangennerven bilden. Eimer würde diesen Irrthum vermieden haben, wenn er sich auf Querschnitten von dem Zusammen- hang; seines vermeintlichen Ganglion und des dem Nervensystem angeblich zugehörenden Zellstrangs mit dem Epithel des Ringkanals überzeugt hätte. 7* 52 Zweiter Abschnitt. Die Larvententakeln der Geryoniden leiten uns zum dritten Typus über, wie er in der Fa- milie der Aeginiden entwickelt ist. Die Tentakelbasis der Aeginiden weicht sowohl durch den Ort, an dem sie sich mit dem Medusenschirm verbindet, als auch durch die Art, in welcher dies geschieht, von Allem, was hierüber bei den Medusen bekannt ist, in ganz auffälliger Weise ab. Was den Ursprungsort anlangt, so haben im Allgemeinen die früheren Forscher eine rich- tigere Auffassung vertreten als die der Neuzeit. Während Eschseholtz, J. Müller, Gegenbaur u. A. angaben, dass die Tentakeln oberhalb des Schirmrands in die Gallerte eingepflanzt sind, stellten Fritz Müller und Haeckel die Ansicht auf, dass sie wie auch bei anderen Medusen am Schirmrand sitzen, dass dieser jedoch entsprechend ihrer Basis eingekerbt sei und dass die bis zur Tentakelbasis vordringenden Kerben vom Velum überbrückt würden. Wie wir an einem anderen Ort (Medusen pag. 12 u. f.) gezeigt haben, sind die Verhältnisse folgendermaassen beschaffen. Die Tentakeln liegen oberhalb des Schirmrands, der ihnen gegenüber geringfügige Einbuchtungen zeigt. Von den Einbuchtungen verlaufen zu den Tentakelbasen tiefe, die ganze Dicke der Gallerte durchsetzende Furchen, die Radialfurchen, unter denen jedoch die Subumbrella erhalten bleibt. Das Velum reicht nicht bis an die Tentakeln heran, sondern hört wie auch sonst am Nervenring auf, der in gleicher Weise wie der Schirmrand nur wenig eingebuchtet is. Man kann daher sagen, dass die Tentakeln der Aeginiden, vom Sehirmrand aus die Gallerte durchschneidend, nach aufwärts und der Mitte der Glocke zu gewandert sind und somit eine Lageveränderung erfahren haben, wie sie bei den Larvententakeln der Geryoniden zum Theil schon eingetreten ist. Bei den in vieler Hinsieht ursprünglicheren Cuninen haben sie auf ihrer Wanderung den Rand der Magentaschen er- reicht, bei Aeginopsis Mediterranea sind sie noch höher emporgerückt und werden sie hier nur noch durch einen schmalen Zwischenraum in der Mitte des Schirms von einander getrennt. Auf die ge- schilderte Lageveränderung der Tentakeln, die sich übrigens, wie wir später sehen werden, entwick- lungsgeschichtlich beweisen lässt, muss die eigenthümliche Umformung der Schwimmgloeke der Aegi- niden zurückgeführt werden. Die Befestigungsweise der Tentakelbasis und ihre Beziehungen zum Gastrovaseularsystem sind durch die bisherigen Untersuchungen noch nicht genügend aufgeklärt worden. Es liegen hier eigenthümliche, in histologischer Hinsicht sehr interessante Einrichtungen vor. F. Müller (Cunina Koellikeri pag. 44) und E. Haeckel (Geryoniden pag. 272) haben zuerst nachgewiesen, dass die Tentakelaxe an der Basis anschwillt, indem die einreihige Anordnung der Axen- zellen in eine mehrreihige übergeht. Die neben einander gelagerten, sehr flachen und relativ kleinen Zellen stossen in der Mittellinie zusammen und enthalten da, wo sie an einander grenzen, ihren Kern und die Hauptmasse ihres Protoplasma, so dass auch hier ein axialer Strang entsteht, welcher die Verlängerung des den Tentakelstamm durchsetzenden Strangs bildet, sich vor ihm aber durch seine grössere Breite und namentlich durch seinen Reichthum an Kernen und Protoplasma unterscheidet. Der letztgenannte Umstand, sowie die ansehnliche Zahl und die Kleinheit der Axenzellen machen es wahrscheinlich, dass an der Basis eine Art Wachsthumszone für den Tentakel besteht. Der angeschwollene Abschnitt der Tentakelbasis liegt zum grössten Theil noch ausserhalb der Schirmgallerte, verlängert sich aber in das Innere derselben mit einem nach dem Ende zu kegelförmig zugespitzten Fortsatz, welcher schon von Eschscholtz beobachtet worden ist und später unter dem Namen Tentakelwurzel von Gegenbaur, F. Müller und besonders ausführlich von Haeckel geschildert wurde. Nach Haeckel’s Angaben „ist die Tentakelwurzel ein gestreckt kegelförmiges Knorpelstück, Das Entoderm der Medusen. 53 so lang als eine Magentasche oder länger. Von ihrer breiten Basis an, welche in den äusseren freien Tentakeltheil übergeht, verschmälert sie sich allmälig bis zu ihrem inneren fein zugespitzten conischen Ende, welches gewöhnlich etwas hakenförmig nach einer Seite gekrümmt ist.“ „Sie besteht aus we- nigen (10—15) hyalinen Knorpelzellen, welche in einer einzigen Reihe hinter einander liegen und durch quere Septa getrennt sind. Die Grösse der Knorpelzellen nimmt von aussen nach innen zu ab. Die Kerne derselben sind gewöhnlich entweder in der Mitte eines eylindrischen Protoplasmastrangs ein- geschlossen, welcher in der Längsaxe der Zelle verläuft, oder von einem strahlenden sternförmigen Protoplasmahof umgeben. Die Knorpelkapseln sind meist dünnwandiger als an dem Tentakelstamme.“ Was Haeckel hier richtig geschildert hat, ist indessen nur ein Theil und zwar der Axentheil der Tentakelwurzel; derselbe wird, wie wir gefunden haben, ausserdem noch von zwei Hüllen um- geben, einer Stützlamelle und einer zelligen Scheide. Die Stützlamelle ist eine feste Membran und verlängert sich in die Stützlamelle des Tentakelstamms, der sie an Dicke jedoch nicht gleichkommt. Sie überzieht handschuhfingerartig die Axenzellen und ist namentlich da, wo diese sich in Folge von Schrumpfung zurückgezogen haben, wie es besonders an Macerationspräparaten geschieht, deutlich sichtbar. Haeckel hat sie, nach seinen Abbildungen zu schliessen, zu den Axenzellmembranen, die beiläufig bemerkt keine cireuläre Streifung erkennen lassen, zugerechnet. Der Festigkeit der Stütz- lamelle ist es zuzuschreiben, dass man an macerirten Aeginiden durch einen vorsichtig auf den Tentakel einwirkenden Zug die Wurzel aus der Gallerte unverletzt herausziehen kann wie die Zahnwurzel aus ihrer Alveole. Die zellige Hülle oder die Wurzelscheide liegt nach aussen von der Stützlamelle und ist ein ausserordentlich dünnes Zellenhäutchen, das wie die endothelialen Ueberzüge am leichtesten an den in ihm enthaltenen, durch weite Abstände getrennten Kernen erkannt werden kann (Taf. IN, Fig. 17 u. 18]), während die feinkörnige Schicht der Zellenkörper auf Querschnitten meist nur wie eine zarte Contour erscheint. Nichts desto weniger findet man stellenweise zwei Kerne über einander, so dass es aussieht, als bestände die Wurzelscheide aus zwei gegen einander gepressten epithelialen Blättern. An der Stelle, wo die Wurzel in den frei hervortretenden Stamm des Tentakels übergeht, setzt sich die Scheide in das Epithel fort, welches auf der einen Seite als ein hohes Cylinderepithel den Tentakel, auf der andern Seite als ein dünnes Plattenepithel die Schirmgallerte bedeckt (Fig. 17). Sie ist somit ein Ektodermproduet, welches die aus dem Entoderm stammenden Axenzellen umhüllt. Ob diese Umhüllung überall eine vollständige ist oder an irgend einer Stelle eine Unterbrechung erfährt, ist bei der Zartheit des Gebildes schwer zu entscheiden, uns schien es aber, als ob sie an keiner Stelle der Oberfläche der Tentakelwurzel fehle. Bei Cunina rhododactyla ist nach Haeckel „die Tentakelwurzel ringsum von der Gallertmasse des Mantels umschlossen, mit Ausnahme der unteren Fläche, welche in ihrer ganzen Länge an der oberen Wand der radialen Magentasche aufgewachsen ist.“ Nach unseren Untersuchungen dagegen ist sie auch von dem Epithel der Magentasche mehr oder minder vollständig durch Gallerte getrennt. Bei Cunina lativentris ist die trennende Gallertschieht wenig entwickelt und fehlt sogar an der Stelle, an der die Tentakelbasis in die Tentakelwurzel übergeht. Dieselbe Stelle war auch bei Cunina sol maris (Taf. IT, Fig. 8) der Magentasche am meisten genähert, während das conisch zugespitzte Ende der Wurzel hakenförmig umgebogen in die Gallertmasse hineinragte. Am eigenthümlichsten verhält sich Aeginopsis Mediterranea, bei der sich, wie erwähnt, der Tentakel eine ganze Strecke oberhalb des Ma- gens mit der Schwimmglocke verbindet. Hier biegt sich die Wurzel gegen den Stamm im spitzen Winkel um, verläuft dann eine Strecke unter der Radialfurche bis an die obere Wand der Magentasche, 54 Zweiter Abschnitt. um abermals eingeknickt über diese eine sehr kurze Strecke hinzuziehen. Hier berührt sich somit die Spitze der Tentakelwurzel, die sonst vom Magen weit getrennt ist, mit der Wandung desselben oder ist höchstens nur durch eine dünne Gallertschicht von ihr getrennt. Was wir über den Bau und die Befestigung der Tentakeln der Aeginiden ermittelt haben, be- rechtigt uns zu dem Schluss, dass die Axenzellen derselben mit dem Epithel des Gastro- vascularsystems nicht zusammenhängen, sondern von ihm durch die Stützlamelle und wahr- scheinlich auch durch die Wurzelscheide und die Gallerte allerorts getrennt werden; dagegen lässt sich auf entwieklungsgeschichtlichem Wege beweisen, dass sie ebenso wie bei allen anderen Me- dusen aus dem Entoderm stammen. Dies geht einmal aus dem Studium der Larven von Aegi- nopsis und Cunina hervor, bei denen, wie Metschnikoff!) gezeigt hat und wir selbst öfters zu beobachten Gelegenheit hatten, die blasigen Zellen der Tentakelaxe unmittelbar in die Zellenmasse übergehen, welche die noch einheitliche Magenhöhle fast ganz ausfüllt. Ferner kann man sich aber auch davon an älteren fast geschlechtsreifen Thieren überzeugen, da bei denselben lange Zeit über eine Vermehrung der Tentakeln stattfindet. Wir haben eine junge Tentakelanlage bei einer Cunina sol maris auf Querschnitten genauer untersucht. Sie lag ganz in der Nähe des Schirmrandes, mit dem sie durch einen sehr kurzen Ra- dialstrang verbunden war, während sie durch einen grossen Zwischenraum von dem Rand des Magen- raums, an dem die fertigen Tentakeln entspringen, getrennt wurde. In diesem Zwischenraum war die Gallerte in gewöhnlicher Weise vorhanden. Die Anlage (Taf. I, Fig. 17) war ungefähr 0,1"= gross und bestand aus einem Strang von Axenzellen, welcher von einer Stützmembran umgeben und nach aussen von einem hohen Cylinderepithel bedeckt wurde. Die Axenzellen waren kleine, plattgedrückte, über einander geschichtete Elemente, deren Körper ausser dem grossen Kern nur spärliche Mengen von Protoplasma besass. Sie bildeten eine einzige Reihe oder lagen zu zweit neben einander, indem sie sich dann mit keilförmig zugespitzten Rändern in einander schoben. An der Basis des Tentakelchens gingen sie in einen Strang über, der quer durch die Gallerte und von derselben durch eine Stütz- lamelle getrennt zur Entodermlamelle verlief und mit derselben verschmolz. Aus diesen entwicklungsgeschichtlichen Beobachtungen können wir zweierlei entnehmen: 1) dass die Tentakeln am Schirmrand entspringen, und erst später nach dem Centrum der Scheibe hin verlagert werden; 2) dass ihre Axenzellen aus dem Entoderm stammen. Wahrscheinlich werden die Axenzellen ursprünglich von dem Zellstrang aus erzeugt, der am Schirm- rand von Cunina sol maris als das Rudiment des Ringkanals verläuft. Bei der später eintretenden Ortsveränderung bleiben sie zunächst mit der Entodermlamelle in Zusammenhang, als deren verdickten Rand wir jenen marginalen Zellstrang auffassen können. Um welche Zeit später die Axe des jungen Tentakels ihren Zusammenhang mit dem Entoderm aufgiebt, können wir nicht bestimmen. Die Tentakeln der Aeginiden kann man als Endglieder einer Umbildungsreihe betrachten, die sich in folgender Weise im Zusammenhang darstellen lässt: die Tentakeln waren ursprünglich hohle Ausstülpungen der Wandungen des Gastrovascularsystems und als solche mit einem Geisselepithel bekleidet. In dieser Form haben sie sich in vielen Fällen bei Medusen und Hydroiden erhalten. In anderen Fällen sind sie dadurch umgestaltet worden, dass der gastrovasculare Hohlraum verödete, auf die Basis der Tentakeln sich beschränkte und schliesslich ganz verschwand. Hierbei hat das Gewebe der Tentakelaxe eine Veränderung seiner Function und demgemäss auch eine Veränderung seiner 1) Metschnikoff, Studien über die Entwicklung der Medusen und Siphonophoren. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. XXTV. pag. 15. j Das Entoderm der Medusen. 55 histologischen Beschaffenheit erfahren. Das bei der Verdauung thätige Geisselepithel wurde zu einem Zellstrang, der nur noch als Ausfüllmasse diente und zur Festigkeit des Tentakels beitrug. Aus voll- saftigen verdauenden Zellen wurden so protoplasmaarme, derbwandige Stützzellen, die funetionell in keinem Zusammenhang mehr mit dem Gastrovaseularsystem stehend bei den Aeginiden schliesslich auch ihren anatomischen Zusammenhang mit demselben aufgegeben haben. Wie ist es nun zu erklären, dass dieselben Bildungen das eine Mal den ursprünglichen Charakter beibehalten, das andere Mal eine abweichende Beschaffenheit angenommen haben, dass sogar in einem Falle, bei den Geryoniden, die nach unserer Ansicht secundären soliden Tentakeln wiederum durch die ursprünglicheren hohlen Tentakeln ersetzt werden ? Im Allgemeinen lässt sich hierauf nur antworten, dass die verschiedene anatomische Beschaffenheit der Tentakeln eine Folge ihrer verschiedenen functionellen Beziehungen und Aufgaben ist. Bestimmtere Anschauungen hierüber lassen sich nur vermuthungsweise äussern und durch einzelne für sie spre- chende Thatsachen wahrscheinlich machen. Die Tentakeln der Medusen dienen als Fangfäden und als Tastorgane. Die erstere Function kommt vornehmlich den hohlen, die letztere vornehmlich den soliden Tentakeln zu und kann in diesem verschiedenartigen Verhalten vielleicht der Grund zu der anatomischen Verschiedenheit gesucht werden. Für diese Auffassung scheint uns mancherlei zu sprechen. So besitzen nur die hohlen Tentakeln stets die Beweglichkeit, wie sie zum Einfangen und Umschlingen der Beute nöthig ist; die soliden Tentakeln dagegen sind meist wenig beweglich und starr, im Allgemeinen kürzer und in manchen Fällen, wie bei den Aeginiden, in grosser Entfernung vom Mund angebracht, was uns nur verständlich wird, wenn wir annehmen, dass sie vorwiegend, wenn nicht ausschliesslich zum Tasten dienen. Ferner sind bisher nur an soliden Tentakeln besonders modifieirte Tastorgane beobachtet worden, wie die Tastborsten der Trachynemiden und die zwei Streifen eigenthümlicher Sinneszellen, die wir an den Tentakeln der Aeginiden gelegentlich beobachtet, aber nicht genauer untersucht haben. Als besonders modifieirte solide Tentakelchen ergeben sich die kleinen Kölbehen, welche in den Hörorganen der Aeginiden auftreten. Sie besitzen ebenfalls eine Axe von zwei oder mehr Zellen, die genetisch aus dem Entoderm stammen, im ausgebildeten Zustand aber sich von demselben voll- kommen abgeschnürt und die Bedeutung von Otolithenzellen erworben haben. In unserer früheren Arbeit haben wir genauere Mittheilungen über sie gemacht und können wir daher hier auf dieselbe verweisen. 4. Die Gallerte. Zwischen dem Epithel der Schirmoberfläche und der entodermalen Zellenschicht, wie sie durch das Epithel des Magens, der Radialkanäle und des Ringkanals und durch die Entodermlamelle dargestellt wird, liegt die Gallerte, eine je nach den einzelnen Medusen dickere oder dünnere, festere oder weichere Masse, die den Geweben des Körpers als Unterlage und Stütze dient. Von den beiden an sie angren- zenden Zellenschichten ist sie durch eine feine Stützlamelle getrennt, die zwar nur bei einigen Arten von uns beobachtet wurde, wohl aber in allen Fällen vorhanden ist. Die beiden Stützlamellen ver- einen sich am Schirmrand mit der Stützlamelle der Subumbrella, um sich dann in das Velum hinein fortzusetzen. Die Festigkeit der Gallerte wird durch Fasern erhöht, die sich zwischen dem Epithel der Schirm- oberfläche und dem Entoderm ausspannen. Dieselben wurden zuerst von Max Schultze bei Acraspeden und von E. Haeckel bei Craspedoten beobachtet und späterhin von Kölliker und F. E. Schulze 56 Zweiter Abschnitt. Das Entoderm der Medusen. wieder beschrieben, während sich Allman und Agassiz von ihrer Existenz bei Ocellaten nicht hatten überzeugen können. Sie sind bei allen Medusen vorhanden, die wir auf ihre Anwesenheit geprüft haben, unter den Craspedoten bei den Aeginiden, Geryoniden und Trachynemiden, bei den Vesieulaten: Aequorea, Mitrocoma, Phialidium und Octorchis, und bei den Ocellaten: Lizzia und Oceania; unter den Acraspeden gehören hierher Nausithoe, Aurelia und Pelagia. Wir halten es für wahrscheinlich, dass die Fasern wenigstens bei den Craspedoten allgemein verbreitet sind. Die Beschaffenheit der Fasern ist selbst bei nahe verwandten Arten eine sehr wechselnde. Bei Cunina sol maris sind sie spärlich und nur mit Mühe zu erkennen, bei Cunina lativentris dagegen derb und scharf eontourirt; ebenso sind sie unter den Geryoniden bei Carmarina hastata sehr deutlich, wäh- rend sie bei der ganz nahe verwandten Liriope nur bei starken Vergrösserungen und engem Dia- phragma wahrgenommen werden können. Das von Liriope Gesagte gilt auch für Aurelia, bei der uns eine Zeit lang die Existenz der Fasern sogar zweifelhaft erschien. Meist sind übrigens in der Gallerte desselben Thieres Fasern von verschiedener Dicke gleichzeitig vorhanden; die feinsten sind eben noch als doppelt contourirt zu erkennen, während die dickeren bei Cunina einen Durchmesser von 2, bei Aequorea von 3. und bei Pelagia von 5x besitzen. Ihrer Form nach sind sie entweder drehrund oder plattgedrückt. Bei der Mehrzahl der Craspedoten verlaufen die Fasern ungetheilt und von gleicher Dieke von einem Epithel zum anderen; sie beschreiben hierbei Zickzacklinien oder rollen sich korkzieherartig auf, ein Verhalten, das wohl, wie F. E. Schulze vermuthet, nur auf Rechnung der erhärtenden Reagentien zu setzen ist, während der Verlauf beim lebenden Thier gerade gestreckt ist. Bei Octorchis und Mitro- coma haben wir an verschiedenen Stellen, wenn auch vereinzelt, unzweifelhafte Verästelungen wahr- genommen, die unter spitzem Winkel erfolgten, ohne dass es jedoch hierbei zur Bildung von Anasto- mosen gekommen wäre, wie sie Haeckel für Carmarina schildert. Sehr zierliche Theilungsbilder ergeben die Fasern von Nausithoe. Dieselben sind ziemlich dick und zerfallen sowohl nach der Ober- fläche des Schirms als nach der Subumbrella zu durch rasch auf einander folgende dichotome Theilung in feine besenreiserartige Faserbündel. Noch entwickelter als bei den genannten Medusen sind die Fasern bei Pelagia. Hier verästeln sie sich nicht allein, sondern verschmelzen und verflechten sich auch zu Netzen. Namentlich lösen sie sich auf der dorsalen Seite unter dem Epithel in ein dichtes Gewirr von Fäden auf, die sich nach allen Richtungen kreuzen und so der oberflächlichsten Gallert- schicht eine grosse Festigkeit verleihen. Während die Gallerte abgesehen von den Fasern meist strueturlos ist, so finden sich bei einigen Acraspeden Zellen in ihr, die feine Ausläufer in sie hinein entsenden. Bei Aurelia liegen die Zellen entweder isolirt oder in Gruppen von zwei und vier oder auch in Reihen an einander. Unter den Craspedoten haben wir nur bei Rhopalonema Zellen in der Gallerte gefunden und zwar in sehr ge- inger Anzahl im Umkreis der Radialkanäle. Diese ihre Lagerung spricht dafür, dass sie aus dem Entoderm stammen. Das Gleiche gilt wohl auch für Aurelia, wir sind daher mit Claus (Acalephen pag. 38) der Ansicht, dass die Gallerte ein Product des Entoderms ist, und haben wir sie von diesem Gesichtspunkt aus beim Entoderm abgehandelt. Dritter Abschnitt. Die Stellung der Medusen zur Keimblättertheorie. Auf den vorhergehenden Seiten haben wir die Medusen bei der Schilderung ihrer Gewebe als zweiblättrige Organismen betrachtet und dem entsprechend der ganzen Darstellung die Eintheilung in Ektoderm und Entoderm zu Grunde gelegt. In der That lässt sich nicht bestreiten, dass eine solche Eintheilungsweise sich in vieler Hinsicht am meisten empfiehlt, einmal weil die Mehrzahl der Medusen nur zwei Körperschichten besitzt, und zweitens weil unter allen Umständen die Gewebe auf eines der beiden primären Keimblätter zurückgeführt werden können. Auf der anderen Seite muss aber im Auge behalten werden, dass bei einer wenn auch relativ kleinen Zahl der Medusen ein höherer Differenzi- rungsgrad erreicht wird, indem zwischen Entoderm und. Ektoderm sich ein unzweifelhaftes Mesoderm entwickelt. Die Bildungsweise desselben verdient unsere besondere Beachtung. Denn die Frage nach dem Ursprung des Mesoderms ist eine wahre Achillesferse in der modernen Entwicklungsgeschichte; sie schliesst bei den höheren Thieren die Frage nach dem Ursprung der wichtigsten und mannich- faltigsten Gewebscomplexe ein, durch deren Ausbildung‘ nicht zum kleinsten Theil die höhere oder niedere Entwicklung in der Organisation der Thiere bedingt wird. Solche Fragen können nieht durch einseitiges Studium der Ontogenese höherer Thiere gelöst werden, sondern nur dadurch, dass man von unten mit den einfacheren Organismen beginnt und von diesen zu den höheren emporsteigt. Für die Erkenntniss der Genese des Mesoderms müssen daher Thiere, bei denen dasselbe gleichsam im Status nascens sich befindet, wie die Zoophyten, als Ausgangspunkt gewählt werden. Bei der anatomischen Schilderung der Zoophyten gehen die Ansichten über das, was man als Mesoderm zu bezeichnen hat, sehr wesentlich aus einander. Einige Forscher, wie z. B. E. v. Beneden!), nennen schon die Stützlamelle der Hydroiden mit der ihr aufliegenden Schieht von Muskelfibrillen ein Mesoderm, während andere wieder, wie Haeckel?), nur da von einem Mesoderm sprechen, wo sich zwischen Ektoderm und Entoderm eine mit Zellen versehene Zwischenschicht ein- geschoben hat. Diese Verschiedenheit der Ansichten ist in der Natur der Verhältnisse begründet. Wie alle Theile der Organismen, so ist auch das Mesoderm nicht plötzlich, sondern allmählich entstanden, und es ist nur Sache der Begriffsbestimmung, wo man die Grenze, die ja stets nur eine künstliche sein kann, ziehen will. Wir stimmen Haeckel bei, wenn er es als ein Erforderniss für die Aufstellung eines beson- deren Keimblattes betrachtet, dass die Gewebsschicht den übrigen Gewebsschichten gegenüber eine 1) E. v. Beneden, Recherches sur les Dieyemides, suryivants actuels d’un embranchement des Mesozoaires. Bul- letins de l’Academie Royale de Belgique, 2"® ser. t. XLI. no. 6 et t. XLII. no. 7. pag. 90 des Separatabdrucks. 2) E. Haeckel, Nachträge zur Gastraeatheorie. Jenaische Zeitschrift Bd. XI. pag. 75. Jen. Denkschriften II. 8 58 Dritter Abschnitt. gewisse Selbstständigkeit in ihrem Wachsthum behauptet. Hierzu ist zweierlei erforderlich: 1) dass sie ihre eigenen Lebensherde, d.h. ihre eigenen Zellen enthält; 2) dass diese Zellen nicht mehr mit den Zellen von einem der beiden Keimblätter zusammenhängen, sondern ein abgelöstes, in sich wachsendes Ganze darstellen. Wenn wir von diesem Gesichtspunkt ausgehen, so können wir nur folgende drei Gewebe bei den Medusen zum Mesoderm rechnen: 1) die Gallerte in allen den Fällen, wo in ihr Zellen ein- geschlossen sind, wie bei Aurelia; 2) die Axenzellen der soliden Tentakeln, wo sie wie bei den Aeginiden nicht mehr continuirlich in das Epithel des Gastrovaseularsystems übergehen, sondern ab- geschnürt sind und in einer zellenreichen basalen Anschwellung ihre selbstständige Wachsthumszone, ihr Cambium, besitzen; 3) die subumbrellare Muskellamelle der Aequorea und Mitrocoma, weil dieselbe mit besonderen Muskelkörperchen ausgestattet ist und von dem Ektodermepithel durch eine Stützlamelle getrennt wird. Dieser letzteren Bildung schliesst sich dann ausserdem noch der Muskel- strang an, der in der Gallerte des Seyphistoma und der Lucernaria in longitudinaler Richtung verläuft. Wir erwähnen denselben nur anhangsweise, da wir seine Beschaffenheit nicht selbst unter- sucht haben. Bei den Medusen kann man Schritt für Schritt verfolgen, wie die genannten drei Theile des Mesoderms aus den beiden primären Keimblättern entstanden sind. Das Gallertgewebe betrachten wir als ein Product des Entoderms; beim Hydroidpolypen durch die Stützlamelle repräsentirt, wächst es bei der Meduse zu solcher Mächtigkeit heran, dass es schliesslich besonderer ernährender Zellen bedarf, welche sich, wie wohl kaum zweifelhaft sein kann, ebenfalls vom Entoderm herleiten. Die Gallerte entsteht also, wie so manche Bindesubstanzformen, zuerst als Secret einer epithelialen Zellen- schicht, in welches erst später Zellen eingeschlossen werden. Einen ganz analogen Fall kennen wir von der Gallerte der Echinodermenlarven. Dieselbe bildet sich kurz nach der Gastrulaeinstülpung zwischen der Zellenschicht der Körperoberfläche und derjenigen des Darms; anfangs zellenlos erhält sie aus letzterer später ihr Zellenmaterial, indem suecessive Entodermzellen auswandern, wie dies zuerst Hensen!) bei Seesternlarven und später Selenka?) bei Larven von Holothurien beobachtet haben und wir selbst für Asteracanthion bestätigen können. In anderer Weise vollzieht sich die Bildung des mesodermalen Knorpelstrangs der Tentakeln, in welchem wir eine zweite Art Stützsubstanz vor uns haben. Auch dieses Gewebe ist, wie wir oben gezeigt haben, aus dem Epithel des Gastrovascularsystems hervorgegangen. Die zahl- reichen Uebergangsstadien, die uns diesen Process veranschaulichen und bei den verschiedenen Arten der Medusen repräsentirt sind, lehren uns, dass die Veränderung der Function und der histologischen Beschaffenheit das Primäre ist, indem die ursprünglich als Epithel fungirenden entodermalen Zellen zu einem Stützgewebe schon zu einer Zeit umgewandelt sind, wo sie noch mit dem Epithel des Gastro- vascularsystems zusammenhängen; ihre morphologische Sonderung, ihre Ablösung vom Entoderm, ist erst ein später sich vollziehender Process, der nur in der Familie der Aeginiden zum Abschluss ge- langt. Man kann daher sagen, dass hier die Mesodermbildung eine Folge der histologischen Differen- zirung des Entoderms ist. Die Umbildung der Entodermzellen zu einer Art Knorpel oder besser einer Art von blasiger 1) V. Hensen, Ueber die Entwieklung des Gewebes und der Nerven im Schwanze der Froschlarve. Virchow’s Archiv Bd. XXXI. pag. 53. 2) E. Selenka, Zur Entwicklung der Holothurien. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. XXVII. pag. 160. Die Stelhmg der Medusen zur Keimblättertheorie. 59 Bindesubstanz, wie sie uns bei den Medusen entgegentritt, bietet viele Vergleichspunkte zur Genese eines der wichtigsten Organe des Wirbelthierkörpers, der Chorda. Wie die Tentakelaxe der Medusen besteht auch die Chorda aus grossblasigen, derbwandigen Zellen und entwickelt sich nach den neueren übereinstimmenden Angaben der verschiedensten Autoren ebenfalls vom Entoderm aus. Der Unter- schied in der Bildungsweise beider Organe beschränkt sich darauf, dass der stabförmige Körper der Chorda der Länge nach sich abschnürt, während die Tentakelaxe als ein seitlicher Auswuchs hervorwuchert. Das dritte Gewebe, welches bei einzelnen Medusen zur Bildung des Mesoderms beizutragen hat, ist das Muskelgewebe. Im Gegensatz zu. der Gallerte und den Axenzellen der Tentakeln bilden sich die Muskelfasern im Ektoderm und behalten auch bei den meisten Medusen diese ihre primitive Lage- rung bei; erst secundär treten sie ins Mesoderm über, so dass auch hier die histologische Differenzirung das Primäre ist. Wir haben früher die Processe, welche die ektodermale Muskulatur zu einer meso- dermalen machen, näher erläutert und sind dabei zu dem Resultat gekommen, dass diese Umwandlung durch den Gebrauch und zwar durch die Volumszunahme, die eine Folge des Gebrauchs ist, bedingt wird. Denn wie wir sahen, wird durch die Volumszunahme die Muskellamelle gezwungen, sich in Falten zu legen; hierbei wird ein grosser Theil der Muskelzellen von der Begrenzung der Körperober- fläche ausgeschlossen. Indem schliesslich alle Muskelzellen aus dem Epithel ausscheiden, entsteht eine eigene mesodermale Muskelschicht. Wenn wir die hier kurz skizzirte Entwicklung des mittleren Keimblattes bei den Medusen über- blieken, so ergeben sich einige wichtigere allgemeine Gesichtspunkte. — Wir sehen, dass er- stens das Mesoderm sich von den beiden primären Keimblättern gleichzeitig ableitet und zwar die Bindesubstanzen vom Entoderm, die Muskeln vom Ektoderm und dass zweitens die Mesodermbildung kein einmaliger Vorgang ist, sondern sich allmählich an den verschiedensten Stellen und den verschie- densten Orten vollzogen hat. Es hat sich nicht von einem oder von beiden Keimblättern aus eine Zellenmasse abgespalten, die, ursprünglich indifferent, erst später die mannigfachen Gewebe des mittleren Keimblattes erzeugt hat; sondern umgekehrt, die Gewebe sind im Ektoderm und Entoderm entstanden, sind dann erst in den zwischen beiden befindlichen Zwischenraum übergetreten und haben die Zellen- masse, die wir mittleres Keimblatt nennen, in das Leben gerufen. Dieser letztere Punkt wirft zugleich ein Licht auf die Ursachen der Mesodermbildung, und zwar können wir als solehe zwei Momente geltend machen: 1) die histologische Differenzirung und 2) die mit dem Gebrauch Hand in Hand gehende höhere Ausbildung der Gewebe. Die histologische Differenzirung ist die Vorbedingung zur Mesodermbildung, da die Zellen aus den primären Keimblättern nicht ausgeschieden sein würden, wenn sie nieht ihren Charakter zuvor verändert hätten; die höhere Ausbildung dagegen ist die directe Veranlassung, denn je mehr ein Gewebe in Function tritt und dabei an Leistungsfähigkeit gewinnt, um so mehr nimmt es an Masse zu, um so selbststän- diger wird es in seinem Stoffwechsel, um so mehr entwickelt es sich zu einer gesonderten Einheit. Wir können daher unsere Ansichten über die Mesodermbildung in folgender Weise zusammen- fassen. Unter dem umgestaltenden Einfluss der Aussenwelt erleiden die ursprünglich gleichartigen Zellen der beiden primären Keimblätter histologische Umgestaltungen, die hieraus resultirenden Pro- duete scheiden im Lauf und in Folge ihrer höheren Entwicklung aus und erzeugen das Mesoderm; letzteres ist somit nichts Anderes als das Product der histologischen Differenzirung des Ektoderms und Entoderms. Die erörterten Gesichtspunkte besitzen zunächst nur für die Medusen, aus deren Studium sie g* 60 Dritter Abschnitt. abgeleitet worden sind, Geltung; wir hoffen aber, dass es in Zukunft möglich sein wird, sie auch für die übrigen Thierstämme durchzuführen und so für das Mesoderm der gesammten Thierwelt ein einheitliches Entwicklungsprineip aufzustellen. Dass das Mesoderm von einem der beiden primären Keimblätter oder von beiden zugleich ab- stammt und diesen gegenüber daher als eine secundäre Bildung angesehen werden muss, darüber kann in der Neuzeit kein Zweifel mehr bestehen; es handelt sich hier um Thatsachen, die durch zahl- reiche entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen sicher gestellt sind und deren phylogenetische Be- deutung von den verschiedensten Seiten, namentlich aber von Haeckel genügend gewürdigt worden ist. Fraglich bleibt dabei allein die Art und Weise, in welcher das Mesoderm entstanden ist. Nach unserer Ansicht würden nun auch hier die Grundformen der Gewebe sich ursprünglich im Anschluss an das physiologische Bedürfniss des Organismus in einem der primären Keimblätter entwickelt haben; sie würden dann später nicht auf einmal, sondern suecessive aus ihrem Mutterboden ausgewandert und zu einer Zwischenschicht, dem Mesoderm, zusammengetreten sein. Vielleicht sind dabei die Binde- substanzen allgemein aus dem Entoderm, die willkürlich beweglichen Muskeln aus dem Ektoderm hervorgegangen wie bei den Medusen. Der ganze Entwicklungsprocess hat damit seinen Abschluss gefunden, dass bei den Wirbelthieren vom Entoderm aus die Chorda, vom Ektoderm aus das Central- nervensystem, welches unter allen von der Oberfläche ausscheidenden Theilen am längsten seine pri- mitive Lage beibehalten hat, in das Mesoderm übergetreten sind. In beiden Organen kommt der ursprüngliche Bildungstypus auch jetzt noch am meisten zum Ausdruck, während derselbe für die Bindesubstanzgruppe und die Muskulatur, vielleicht sogar für die Theile des peripheren Nervensystems sich verwischt hat. Nachdem einmal die Gewebe zu mesodermalen geworden sind, haben sie sich gegenseitig durch- wachsen, in ihren Bahnen gekreuzt und so das bunte Durcheinander hervorgerufen, in welchem es nicht mehr möglich ist, anatomisch den ursprünglichen Zusammenhang festzustellen. Ausserdem aber haben sie vielfach weitere wichtige Umgestaltungen erfahren; so sind namentlich aus den anfänglich zweifellos einfacheren Formen der Bindesubstanzen innerhalb des Mesoderms durch secundäre Differen- zirung zahlreiche neue Gewebe hervorgegangen. Wenn wir nun fragen, wie sich den hier aufgestellten Ansehauungen gegenüber die ontogenetischen Beobachtungen verhalten, so kommen wir zu einem wenig befriedi- genden Resultat. Bekanntlich weichen die Angaben über den Ursprung des Mesoderms so sehr von einander ab, dass selbst bei Thieren desselben Stammes das mittlere Keimblatt bald ausschliesslich aus dein Entoderm, bald ausschliesslich aus dem Ektoderm, bald aus beiden gemeinsam abgeleitet wird. Auch können wir aus einem Studium der Entwicklung höherer Thiere, das ja bisher mit Vorliebe von den Embryologen betrieben worden ist, kaum eine Bestätigung der von uns vertretenen Auffassungs- weise erwarten. Hier werden die drei Keimblätter, ja sogar die wichtigsten Organanlagen schon zu einer Zeit gebildet, wo noch keine histologische Differenzirung Platz gegriffen hat. Unter allen Um- ständen ist der Causalnexus zwischen der histologischen Differenzirung und der Lageveränderung der Theile gelöst. Beide Vorgänge treten ontogenetisch zu verschiedenen Zeiten ein, ohne dass jedoch daraus gefolgert werden könnte, dass sie nicht ursprünglich durch einander bedingt waren. Lankester, dessen Anschauungen in diesem Punkte sich mit den unsrigen berühren, spricht daher in seiner ideen- reichen Schrift „Notes on the embryology and classification of the animal kingdom (Quarterly Journ. of mierose. Science N. S. Vol. XVII. pag. 416)“ mit Recht von einer „precocious segregation“ der Zelleneomplexe im Keim. Die Stellung der Medusen zur Keimblättertheorie. 61 Wenn das mittlere Keimblatt der höheren Thiere in der That, wie wir vermuthen, eine Ab- lagerungsstätte der histologischen Differenzirungen von Ektoderm und Entoderm ist, so kann dies ontogenetisch nur allein darin zum Ausdruck kommen, dass sein Zellenmaterial, wie es Hensen neuerdings wiederum mit Bestimmtheit für die Säugethiere vertreten hat und auch Haeckel in seiner Gastraeatheorie wahrscheinlich zu machen sucht, von beiden primären Keimblättern geliefert wird. An- dererseits haben wir jedoch nicht die Hoffnung aufgegeben, dass durch das Studium der Coelenteraten, der Eehinodermen und der organologisch am tiefsten stehenden Würmer es möglich sein wird, weitere Einblicke in das Wechselverhältniss zwischen Keimblätterbildung und histologischer Differenzirung zu gewinnen. Vierter Abschnitt. Die Homologien zwischen der Medusen- und der Hydroidenform. Als von verschiedenen Forschern durch eine Reihe ausgezeichneter Untersuchungen die über- raschende Thatsache festgestellt war, dass an Hydroidenstöcken Medusen hervorknospen, sich ablösen und zu, selbstständigen Individuen werden, und dass ferner aus den Eiern der Medusen wieder Hy- droidenstöckchen sich entwiekeln, erwuchs für den Morphologen von selbst die Aufgabe, die Bezie- hungen festzustellen, in welchen die so verschieden gestalteten Hydroidpolypen und Medusen zu ein- ander stehen. Hierbei bildeten sich von Anfang an zwei Ansichten aus, die einander entgegengesetzt bis in die Neuzeit ihre Vertreter gefunden haben. 1) In seiner vortrefflichen Schrift „zur Lehre vom Generationswechsel und der Fortpflanzung bei Medusen und Polypen“ suchte Gegenbaur!) nachzuweisen, dass die Geschlechtsorgane der Süss- wasserhydra, die so verschieden beschaffenen sessilen Geschlechtsgemmen und endlich die sich ab- lösenden Medusen der Hydroidpolypen eine zusammenhängende Entwicklungsreihe darstellen. Bei einer Beurtheilung dieser Entwicklungsreihe gelangte er zu der Ansicht, die am bestimmtesten in den Grund- zügen zur vergleichenden Anatomie?) formulirt und an schematischen Zeichnungen veranschaulicht ist: dass bei den Hydromedusen ein auf seinen niederen Stufen als Organ erscheinendes Gebilde zu einem selbstständigen Individuum wird, welches dem Thiere, an dem es entstanden, in Gestalt unähnlich, erst durch seine Brut wieder zu dem früheren Hydroidzustand zurückkehrt. Eine nähere Durchführung hat diese Ansicht neuerdings durch E. v. Beneden?) erfahren, welcher gleichfalls die Medusen für individuell gewordene Geschlechtsorgane hält und in der Anlage des Hodens den Schlüssel zum Verständniss der Medusenform erblickt. Nach seinen Untersuchungen an Hydractinia sind die sessilen Geschlechtsorgane oder die Sporosacs hermaphrodite Bildungen; die Ovarien nehmen aus dem Entoderm, die Hoden aus dem Ektoderm ihren Ursprung und zwar entstehen die letzteren (Taf. III, Fig. 23 u. 24) in der Weise, dass das Ektoderm sich an der Spitze der Ge- schlechtsknospe einstülpt und hierbei das Entoderm in einen centralen, den Magenraum auskleidenden Theil (en) und in ein peripheres Blatt, die Jame medusoide (el), trennt. Bei der frei werdenden Ge- schlechtsknospe oder der Meduse bildet sich die Ektodermeinstülpung zur Höhle der Schwimmglocke um; die Anlage des Hodens übernimmt somit hier beim Männchen ausser der Bildung der Spermato- zoen noch die Funetion eines Bewegungsorgans und erhält sich in dieser Bedeutung auch bei dem weiblichen Thier; der Ringkanal aber und die Radialkanäle entwickeln sich neu in dem durch die Ein- stülpung abgespaltenen äussern Blatt des Entoderms, der lame medusoide. 1) C. Gegenbaur, Zur Lehre vom Generationswechsel und der Fortpflanzung bei Medusen und Polypen. Würz- burg 1854. 2) C. Gegenbaur, Grundzüge der vergleichenden Anatomie. Leipzig 1870. 2. Aufl. pag. 144—14?, 3) E. v. Beneden, De la distinetion originelle du testicule et de l’ovaire. Extrait des Bulletins de l’Academie royale de Belgique, 2e serie, t. XXXVIL 1874. Vierter Abschnitt. Die Homologien zwischen der Medusen- und der Hydroidenform. 63 2) Nach der zweiten entgegengesetzten Ansicht sind die Medusen nicht individuell gewordene Organe, sondern selbstständige Geschlechtsindividuen, eigenartig metamorphosirte Personen eines Hy- droidenstockes. Leuckart!), der das Gesetz des Polymorphismus aufstellte, und der um die Natur- geschichte der Hydromedusen hoch verdiente Allman 2) erklärten so den Generationswechsel zwischen Hydroiden und Medusen. Später hat v. Koch) durch phylogenetische Speeulationen diese Ansicht weiter auszubilden gesucht. Die Medusen sind dadurch entstanden, dass sich Hydroidpolypen abgelöst und durch Anpassung an eine schwimmende Lebensweise ihre eigenartige Gestalt erworben haben. Aus den Medusen sind dann weiterhin die medusoiden Geschlechtsgemmen hervorgegangen, diese sind Medusen, welche ihren Zusammenhang mit dem Stock nicht aufgegeben und sich rückgebildet haben. Auch Gegenbaur?) trat im Grundriss seiner vergleichenden Anatomie dieser Erklärungsweise bei. Wenn die Medusen umgewandelte Hydroidpolypen sind, dann müssen auch im Einzelnen Ho- mologien zwischen beiden Formen sich auffinden lassen! Namentlich Allman und Claus haben diese Aufgabe zu lösen gesucht, sind hierbei aber zu abweichenden Ergebnissen gelangt. Allman bespricht in seinem grossen Werk über die Tubulariden in einem besonderen Abschnitt die Homologien zwischen Sporosae und Meduse und in einem zweiten Abschnitt die Homologien zwischen Meduse und Hydroidpolyp. Er vergleicht den in der Mitte des Schirms herabhängenden Magensack der Medusen dem Spadix des Sporosaes, sowie die Umbrella der Mesotheca, von welcher die Geschlechtsproduete wie von einem Sack umschlossen werden, Homologien, die auch v. Beneden in seiner Schrift über Hydraetinia gezogen hat. Ferner vergleicht er das Hypostom des Hydroidpolypen dem Manubrium oder Magenschlauch der Medusen, dagegen will es ihm nicht gelingen, für die Gastrovaseularkanäle und die Umbrella entsprechende Theile beim Polypen aufzufinden und fasst er sie daher als Neubil- dungen auf, die er in folgender Weise entstehen lässt: Er denkt sich in einer Zone, welche den Ten- takelwurzeln entsprieht, das Ektoderm in einer so ungewöhnlichen Weise verdickt, dass es die Form einer Scheibe gewinnt, welche in radialer Richtung von röhrenartigen Fortsetzungen der Magenhöhle, den vergrösserten Wurzeltheilen der hohlen Tentakeln durchsetzt ist. Aus der Ektodermverdickung nun geht die Umbrella und aus den in der Verdiekung eingeschlossenen Wurzeltheilen der Tentakeln gehen die Radialkanäle hervor. Bei dieser Annahme vergleicht Allman nur die am Ende der Radial- kanäle gelegenen Tentakeln der Meduse den ursprünglichen Hydroidtentakeln, die interradialen Tenta- keln dagegen, sowie das Velum und den Ringkanal bezeichnet er als seeundäre Bildungen. Als Stütze für seine Ansicht führt er Laomedea flexuosa an, deren Polyp zwischen den Basaltheilen seiner Ten- takeln eine dünne Membran ausgespannt zeigt, so dass eine Art von Schirm zu Stande kommt. In ganz verschiedener Weise hat Claus die Homologien bestimmt. In jüngster Zeit hat sich derselbe über das Verhältniss von Meduse und Polyp in ein Paar kurzen, aber zutreffenden Sätzen ausgesprochen, welche wir hier wörtlich folgen lassen: „In Wahrheit besteht“ — heisst es in den Acalephenstudien (pag. 18) — „ein fundamentaler Gegensatz von Scheibenqualle und Polyp überhaupt nicht, und man kann mit gleichem Recht die Seyphistoma für eine polypenförmige Meduse, wie für einen medusenförmigen Polypen erklären. Die Meduse ist eben ein breiter, scheibenförmig abgeflachter Polyp, der seine Befestigung aufgegeben und durch den Muskelbelag der als Schwimmsack eingebuch- teten Mundscheibe zur schwimmenden Bewegung befähigt ist. Die Fangfäden sind die Tentakeln des Randes, an denen sich Randlappen oder ein Velum entwickeln. Der Mundkegel des Hydroiden oder 1) R. Leuckart, Ueber den Polymorphismus der Individuen. 1851, und Wagner’s Handwörterbuch der Physio- logie. Bd. IV. pag. 986—991. 2) G. J. Allman, A monograph of the Gymnoblastie or Tubularian Hydroids. London 1871. 3) G. v. Koch, Vorläufige Mittheilungen über Coelenteraten. Jenaische Zeitschritt. Bd. VII. pag. 464 —466. 4) €. Gegenbaur, Grundriss der vergleichenden Anatomie. 1874. pag. 89—92. 64 Vierter Abschnitt. das Magenrohr des Anthozoenpolypen ist der Mundstiel der Qualle. Die radiären Taschen des Gastro- vaseularraums entsprechen den Radiärgefässen. Die Gallertscheibe erscheint eine besonders mächtige Mesodermlage, die bei den Hydroiden als feste Stützlamelle, bei den Anthozoen als mächtige, von Saft- räumen durchsetzte, Skelet bildende Unterhaut auftritt.“ Indem wir uns nach diesem historischen Ueberblick an die eigene Beantwortung der von frü- heren Forschern aufgeworfenen und in verschiedener Weise erörterten Fragen wenden, stellen wir gleich an die Spitze unserer Betrachtungen den allgemeinen, zuerst von Allman ausgesprochenen Satz, dass Hydroidpolyp, Meduse und Sporosac homologe Formen sind. Man kann diesen Satz schon jetzt als gut begründet ansehen, da die entgegengesetzte Auffassung bei ihrer Durchführung, wie be- sonders G. v. Koch gezeigt hat, zu vielen Schwierigkeiten führt und daher wohl allgemein aufgegeben ist. Jeder Zweifel aber wird schwinden müssen, wenn sich jetzt bei eingehender Vergleichung wird nachweisen lassen, dass Hydroidpolyp, Meduse und Sporosac keineswegs so sehr verschieden gestaltet sind, dass vielmehr bei ihnen die wichtigsten Theile in gleichen Lageverhältnissen wiederkehren. Bei der Vergleichung gehen wir von der Hydra-Grundform aus, und glauben wir zwischen ihr und den äusserlich so unähnlich aussehenden Medusen und Sporosaes feste Ausgangspunkte für weitere Deductionen in folgenden drei Punkten zu finden: 1) Die Mundöffnung von Hydra und von den Me- dusen entsprechen einander; am Spadix der Sporosaes hat die Mundöffnung sich rückgebildet. 2) Die Anheftungsstelle des Hydroidpolypen und des Sporosaes entspricht dem aboralen Pol der Meduse, die Längsaxe des Körpers ist daher bei den Medusen und Sporosacs stark verkürzt. 3) Der Rand des Peristoms oder der Mundscheibe von Hydra entspricht dem Schirmrand der Medusen und dem Rand der kleinen Oeffnung, welche bei vielen Sporosacs sich im oralen Pol der Mesotheca vorfindet. Während die beiden ersten Sätze sich von selbst ergeben, muss dagegen der dritte Satz, welcher die wichtigste Homologie enthält, erst näher begründet werden. Bei seiner Begründung glauben wir auf zwei Punkte ein besonderes Gewicht legen zu müssen. Einmal scheint uns die Homologie der verglichenen Theile daraus hervorzugehen, dass am Peristomrand der Hydroidpolypen (Taf. III, Fig. 14) und am Rand der Umbrella der Medusen (Taf. II, Fig. 15) stets der Kranz der Tentakeln seinen Ur- sprung nimmt und dass, wo dies nicht der Fall ist, wie bei den Aeginiden, abgeänderte Verhältnisse vorliegen. Wenn bei den Sporosacs ein Tentakelkranz fehlt, so ist dies wohl dureh Rückbildung zu erklären und dadurch bedingt, dass die Sporosacs am Hydroidenstock ihre selbstständige physiologische Individualität verloren haben und zu Behältern für die Geschlechtsproducte geworden sind. Der zweite und hauptsächlichste Punkt betrifft das Verhalten des Entoderms. Dasselbe reicht nämlich in einer zusammenhängenden Schicht bei den Hydroiden bis zum Peristomrand, bei den Me- dusen bis zum Schirmrand, wo der Ringkanal verläuft, und bei den Sporosacs (Taf. II, Fig. 20 el) bis zur Oefinung im apicalen Pol, welche dem Eingang zur Schwimmglocke entspricht und nur bei den medusenähnlicheren Formen noch zu beobachten, bei einem anderen Theil dagegen durch Verwachsung geschwunden ist. Nun besteht freilich zwischen den drei unter einander verglichenen Objecten ein wichtiger Unterschied in der Beschaffenheit des Entoderms. Denn bei Hydra begrenzt das letztere einen grossen, einfachen Gastralraum, der sich bis zum Peristomrand ausdehnt. Bei den Medusen und Sporo- saes dagegen wird das Entoderm auf grosse Strecken nur durch eine einschichtige, dünne Zellenlage repräsentirt, durch die sogenannte Entodermlamelle, welche sich bei den Medusen zwischen dem central gelegenen Magen, den Radialkanälen und dem Ringkanal ausspannt (Taf. II, Fig. 15 u. 20el). Dieser Unterschied wird jedoch nach den Anschauungen, zu denen wir im vorhergehenden Capitel über das Ento- derm der Medusen gelangt sind, hinfällig. Wie wir daselbst durchzuführen versucht haben, hat bei der Die Homologien zwischen der Medusen- und der Hydroidenform. 65 Stammform der Medusen ursprünglich auch ein einfacher Darmraum bestanden, der bis zum Schirm- rand gereicht hat, wie sich dies auf ontogenetischen Stadien noch beobachten lässt. Aus ihm hat sich das complieirtere Gastrovaseularsystem der Medusen in der Weise entwickelt, dass sich die gegenüber- liegenden Darmwände auf weite Strecken an einander gelegt haben und zu der einfachen Entoderm- lamelle verschmolzen sind. Von dem geräumigen Hohlraum haben sich nur im Centrum der Glocke der Magen und nach der Peripherie zu die Radialkanäle und der Ringkanal zur Aufnahme für Nahrung wegsam erhalten. Für die Sporosacs müssen wir ähnliche Vorgänge annehmen, welche indessen hier meist zu einer noch weiter gehenden Verödung des Gastralraums geführt haben. Die verschiedenen Arten der Hydroidpolypen bieten uns eine Reihe von Uebergangsformen dar. Wie schon von Allman gezeigt wurde, sind die am medusenähnlichsten Sporosacs von Tubularia indivisa mit vier Radialkanälen und einem Ringkanal ausgestattet, welch letzterer eine kleine Oeffnung (den Eingang zur Schirmhöhle) um- giebt. Bei Garveia nutans dringen von der Basis des Spadix nur vier blind endende Aussackungen, vier Rudimente von Radialkanälen, in den unteren Theil der Mesotheca eine kleine Strecke weit ein. Bei den meisten Sporosacs aber ist im Bereich der Mesotheca der verdauende Hohlraum überhaupt vollständig verödet und an seiner Statt findet sieh nur noch wie bei Hydractinia (Taf. IT, Fig. 24 el) und Myriothela (Taf. III, Fig. 20 el) eine einschichtige Entodermlamellee Wenn daher‘ v. Beneden bei einem Vergleich der Meduse mit dem Sporosae bemerkt, dass das System der Radialkanäle und der Ringkanal sich gebildet haben auf Kosten der Entodermlamelle, welche er aus dem Grund „lame medu- soide“ benannt hat, so sind die homologen Theile zwar richtig bestimmt, nur muss das Verhältniss um- gekehrt und der Satz dann in der Weise formulirt werden, dass die Entodermlamelle und die peri- pheren Gastrovaseularkanäle sich aus einem weiten Gastralraum entwickelt haben, welchen ursprünglich die den Sporosaes und Medusen gemeinsame Grundform besessen hat. Es entspricht mithin die ein- fache und weite Darmhöhle der Hydroidpolypen nicht in toto dem Magenraum der Medusen und der im Spadix der Sporosacs enthaltenen Höhlung, wie frühere Forscher angenommen haben, sondern es entspricht demselben nur der vom Mundkegel umschlossene und der zunächst an ihn angren- zende Raum. Wenn wir auf Grund dieser Erörterungen den an dritter Stelle von uns aufgestellten Satz als bewiesen annehmen, so ergeben die noch weiter zu ziehenden Homologien zwischen der Hydroiden- form, der Meduse und den Sporosacs keine Schwierigkeiten; es kann dann keinem Zweifel unterliegen, dass die Schwimmglocke der Meduse und die Mesotheca der Sporosacs der Peristomscheibe von Hydra, sowie der gesammten, vom Peristomrand bis zur Anheftungsstelle (dem aboralen Pol) sich erstreckenden Leibeswand, welche man sich stark verkürzt vorstellen muss, homolog ist. Die Umbrella ist daher nicht, wie Allman annimmt, eine Neubildung, sondern ist in der Hydragrundform, wenn auch nur schwach angedeutet, bereits vorgebildet: eine Anschauung, die auch in den oben citirten Sätzen von Claus ausgesprochen ist. Ferner entspricht die Höhle der Schwimmglocke der Medusen der flachen Aushöhlung des Peristoms von Hydra und dem spaltförmigen Raum, der sich zwischen der Innen- fläche der Mesotheca und der Oberfläche des Spadix oder zwischen den beiden Blättern des organe testieulaire von v. Beneden (Taf. III, Fig. 23 und 24 ek? u. ek?) hinzieht. Nachdem wir so die Körperform im Ganzen verglichen und hierbei die homologen Theile be- stimmt haben, ist es von Interesse zu sehen, wie bei den drei verglichenen Formen die Differenzirungs- produete des Ektoderms, die Geschlechtsorgane, die Muskulatur und das Nervensystem beschaffen sind. Hier treten uns nicht unerhebliche Verschiedenheiten entgegen. Jen. Denkschriften II. 9 66 Vierter Abschnitt. Die Homologien zwischen der Medusen- und der Hydroidenform. Während bei Hydra die Geschlechtsproducte im Ektoderm zwischen dem Tentakelkranz und der aboralen Befestigungsstelle des Körpers entstehen, kommen sie bei den Medusen und Sporosaes nur im Ektoderm, welches die Höhle der Gloeke auskleidet, zur Entwicklung und zwar sind sie hier ent- weder allein auf die Subumbrella und das Bereich der Radialkanäle wie bei den Traehymedusen und Vesieulaten oder auf die Wandung des Magenschlauchs wie bei den Ocellaten und den Sporosacs be- schränkt. Eine Ausnahme macht nach Allman’s Angaben Eleutheria, welche überhaupt der Hy- droidenform sich am meisten nähert und welche die Geschlechtsorgane auf der dorsalen Fläche des Schirms liegen hat. Die Muskulatur ist bei Hydra am gleichmässigsten über die Körperoberfläche vertheilt und lässt zwei verschiedene Fasersysteme erkennen, ein eireulär verlaufendes an der Peristomscheibe und longi- tudinal gerichtete Fasern an den Tentakeln und der übrigen Leibeswand. Bei den Medusen hat sich das eireuläre System der Peristomscheibe zur Ringmuskulatur der Subumbrella weiter entwickelt, bei den Sporosaes dagegen hat es sich vollständig zurückgebildet, da der Ektodermüberzug an der Innen- fläche der Mesotheca, das äussere Blatt des organe testieulaire v. Beneden’s (Taf. II, Fig. 23 u. 24 ek2), nur dünne abgeplattete Zellen ohne Muskelfibrillen aufweist. Mit dem longitudinalen Faser- system verhält es sich gerade umgekehrt. Während bei den Sporosacs der äussere Ektodermüberzug der Mesotheca (ek!) muskulös ist, ist bei den Medusen die Muskulatur auf der Schirmoberfläche ge- schwunden und hat sich nur an den Tentakeln erhalten. Das Nervensystem muss bei den Hydroiden, ehe sich die Homologien feststellen lassen, zuvor genauer untersucht werden; doch glauben wir jetzt schon die Vermuthung aussprechen zu dürfen, dass ein Homologon für den Nervenring der Medusen am Peristomrand der Hydroiden existiren wird. Dieser Ort erscheint für die Ausbildung eines nervösen Centraltheils in sofern am meisten geeignet, als hier die Tentakeln, welche sehr contractile und sensible Organe zugleich sind, ihren Ursprung nehmen. Es bleibt uns jetzt noch ein einziges Organ, das Velum, zu betrachten übrig, welches bei den Medusen (Taf. III, Fig. 15 v) allein ausgebildet ist und bei den Hydroiden und Sporosaes kein Homo- logon besitzt. Das Velum ist daher eine secundäre und zwar eine rein ektodermale Bildung des Schirm- oder Peristomrandes, welche erst verhältnissmässig spät in Anpassung an eine schwimmende Lebensweise erworben worden ist. Bei seiner Entstehung hat das Velum — wie wir an einem andern Ort wahrscheinlich zu machen gesucht haben — die phylogenetisch ältere und daher ursprünglich einfache Anlage des Nervenrings in einen oberen und einen unteren Strang zerlegt, die beide durch feine Verbindungsfädehen in Zusammenhang geblieben sind. Diese Trennung ist dadurch herbeigeführt worden, dass mitten durch den Nervenring die Stützlamelle des Velums hindurchzieht, um sieh mit der Stützlamelle der Subumbrella zu verbinden. Nachdem wir im Vorhergehenden bis ins Einzelste die Homologien und die Verschiedenheiten zwischen den drei in das Auge gefassten Formen besprochen haben, wird es wohl keinem Zweifel mehr unterliegen können, dass sowohl die Medusen als auch die Sporosacs von der Hydragrundform sich ableiten lassen; dagegen sind die genetischen Verhältnisse zwischen Meduse und Sporosac noch nieht genügend aufgeklärt. Es ist möglich, dass zuerst die Umbildung zu Medusen stattgefunden hat und dass dann die Sporosacs aus der Medusenform durch Rückbildung, wie viele Forscher annehmen, ent- standen sind; es ist aber ebenso gut auch denkbar, dass sowohl die Medusen als auch einzelne Formen der Sporosacs sich selbstständig direct aus der Hydragrundform entwickelt haben. Mit Erfolg werden sich diese Fragen erst beantworten lassen, wenn man auch die feineren Organisationsverhältnisse, die vielfach noch nicht genügend bekannt sind, allseitig mit berücksichtigt. Nachtrag. Die vorliegende Arbeit war zum grössten Theil im Manuseript fertig gestellt, als zwei Abhand- lungen erschienen, von welchen die eine ebenfalls die Organisation der Medusen, die andere die Or- sanisation der so nahe verwandten Siphonophoren behandelt. Die erstere wurde von R. Böhm in der Jenaischen Zeitschrift Bd. XII, die andere von C. Claus in den „Arbeiten aus dem zoologischen In- stitut zu Wien“ Bd. I veröffentlicht. Da wir die beiden Abhandlungen im Text nicht mehr berück- sichtigen konnten, geben wir eine Besprechung und Beurtheilung derselben in Form eines Nachtrags. Mit Claus befinden wir uns in den wichtigsten Punkten in einer erfreulichen Uebereinstimmung. Namentlich ist es dem genannten Forscher gelungen, die Entodermlamelle — oder die „Gefässplatte“, wie er die bedeutsame Zellenschicht in Uebereinstimmung mit der von ihm für die Acraspeden an- gewandten Terminologie bezeichnet — bei den Schwimmglocken der Siphonophoren nachzuweisen; er hat ferner an jungen Anlagen verfolgen können, dass die Lamelle in der That aus dem Entoderm stammt, indem er die von L. Agassiz über die Entwicklung der Medusenglocke gemachten, von J. Allman und F. E. Schulze aber bestrittenen Beobachtungen für die Siphonophorenglocken bestätigte. Bei der morphologischen Deutung der erhaltenen Resultate gelangt Claus zu denselben Ansichten wie wir; die Entodermlamelle hält er für den Ueberrest des Epithels, welches den ursprünglich bis zum Sehirmrand reichenden einheitlichen Gastrovaseularraum auskleidete, und leitet er demgemäss die Organisation der Meduse aus dem Bau des Hydroidpolypen in der oben von uns näher dargestellten Weise ab. Weiterhin sind von grossem Interesse die Angaben über die Muskulatur. Bei den Siphono- phoren findet sich an den verschiedensten Stellen der Colonie, namentlich an der Schwimmsäule, den Senkfäden, den Tentakeln von Physophora, eine Faltenbildung der Muskellamelle, wie wir sie auch bei den Medusen am Magenstiel und an den Tentakeln von Carmarina, sowie in der Subumbrella von Mitrocoma und Aequorea beobachtet haben. In wie weit hierbei die Muskulatur aus dem Epithel ausscheidet, lässt sich aus den vorliegenden Angaben nicht mit Bestimmtheit entnehmen; der Umstand jedoch, dass nach aussen von den gefalteten Längsmuskeln feine Ringmuskeln beschrieben werden, lässt vermuthen, dass die Muskelzellen nieht mehr zugleich die Bedeutung von Epithelzellen besitzen, son- dern schon eine Art Mesoderm bilden. Das Vorkommen von Muskelfasern im Entoderm, über welches bisher allein die sich auf Sarsia tubulosa beziehenden Angaben von F. E. Schulze vorlagen, hat Claus ebenfalls in mehreren Fällen bestätigen können. So sollen eireuläre, sehr feine Muskelfasern auf der Innenseite der Stützlamelle an den Tentakeln von Physophora und ebenso an dem Stamm mehrerer Siphonophoren vorhanden sein. Während somit die unabhängig von einander entstandenen Untersuchungen von Claus und . uns sich in willkommener Weise gegenseitig bestätigen und ergänzen, ergeben sich sehr bedeutsame 9* 68 Nachtrag. Differenzen mit den Resultaten, zu denen Böhm in einer Arbeit über die Helgoländer Medusen ge- langte, die in systematischer Hinsicht und wegen der sorgfältigen Zusammenstellung der Literatur recht verdienstvoll ist. Böhm giebt an, dass fast bei allen Medusen die Muskelfasern eigene Zellen be- sitzen, aus dem Epithel ausgeschieden sind und ein drittes Keimblatt erzeugt haben, während das Ge- sagte nur für wenige Arten und auch hier nur für bestimmte Stellen des Körpers gilt; er bezeichnet daher die Medusen im Gegensatz zu den Hydroidpolypen allgemein als Triblasterien. Die Geschlechts- organe leitet er mit v. Beneden die männlichen aus dem Ektoderm, die weiblichen aus dem Ento- derm ab; in seiner Beweisführung stützt er sich zum Theil darauf, dass bei den Hoden ein äusseres ektodermales Epithel stets fehle, welches wir in allen Fällen haben nachweisen können, dass bei den Ovarien dagegen ein solches vorhanden sei, während hier das gastrovasculare Epithel stellenweis durch- brochen sein soll. Die Entodermlamelle hält er für einen Theil des Ektoderms und lässt dieselbe bei allen Leptomedusen durch einen Spaltraum, der thatsächlich sich nur bei den Ocellaten vorfindet, von der Subumbrella getrennt sein. Ein weiterer wichtiger Differenzpunkt zwischen unseren Untersuchungen und denen Böhm’s betrifft die Angaben über die Anwesenheit einer Stützlamelle zwischen Ektoderm und Entoderm. Im Gegensatz zu F. E. Schulze leugnet Böhm die Stützlamelle an den Tentakeln, in den Wandungen des Magens und in der Subumbrella und erwähnt sie auch nicht bei der Be- sprechung des Velums. Wir können dem gegenüber nur mit Bestimmtheit die Darstellungen F. E. Schulze’s aufrecht erhalten. Die vielen Differenzpunkte, die wir hier zusammengestellt haben, erklären sich aus der Verschiedenartigkeit der angewandten Untersuchungsmethode. Böhm hat weder Querschnitte noch methodische Isolationspräparate angefertigt, sondern seine Auffassung vornehmlich an Flächenbildern gewonnen; wie wenig zuverlässig dieselben sind und wie sehr dieselben der Controle bedürfen, haben wir wiederholt hervorgehoben. DENKSCHRIFTEN MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT JENA. ZWEITER BAND ZWEITES HEFT. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER vorwmALs FRIEDRICH MAUKE 1878. UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GEWEBSVERÄNDERUNGEN BEI DER MULTIPLEN SKLEROSE DES GEHIRNS UND RÜCKENMARKS VON Dr. ©. FROMMANN, PROFESSOR IN JENA, MIT ZWEI TAFELN ABBILDUNGEN. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER vormArs FRIEDRICH MAUKE Sn "1878. . Fe - a PY 4.1 3 er j e Ä ER - un, 'y Fee “ = 1% ZW Druck von. Die im Folgenden mitgetheilten Gewebsveränderungen des Hirns und Rückenmarks bei der multiplen Sklerose zeigen in ihrem Ausgang von der Glia und den kleinen Gefässen und im ersten Entwicklungsstadium auch ihrer Art nach im Wesentlichen ein übereinstimmendes Verhalten wie die Veränderungen bei der strangweisen Degeneration; mehr oder weniger abweichend waren dagegen die Befunde rücksichtlich der Art des Umsichgreifens des Prozesses, des Verhaltens der interstitiellen Flüssig- keit, der Differenzirungsprodukte der Heerdsubstanz und der Veränderungen an den nervösen Ele- menten, so dass das pathologisch-histologische Bild im Ganzen wesentliche Verschiedenheiten von dem bei der strangweisen Degeneration darbot, und eine genauere Verfolgung der Entwicklung und Aus- bildung des krankhaften Prozesses von Interesse erscheinen liess. Der betreffende Krankheitsfall wurde von Prof. Leube in der hiesigen medieinischen Klinik be- obachtet und ist in Nr. 7 der Correspondenz-Blätter des allgemeinen ärztlichen Vereins von Thüringen, Jahrgang 1874, veröffentlicht worden. „Die 22jährige W. Seyfferth wurde am 4. December 1873 auf die medieinische Abtheilung auf- genommen, am 8. Februar 1874 als unheilbar entlassen und in die Pflegeanstalt Blankenhain transferirt. Sie hatte als Kind die englische Krankheit überstanden, war sonst gesund gewesen und seit dem 18. Jahre menstruirt. Ende Juli giebt die — allerdings ziemlich confuse — Pat. an, plötzlich erkrankt zu sein und zwar zunächst mit dem Gefühl der Schwäche im rechten Bein; in Folge desselben und gleichzeitigen Eintritts von Schwindel, Schwarzwerden vor den Augen und Verlust des Bewusstseins fiel sie an jenem ersten Tage der Erkrankung dreimal hin und wiederholte sich dies, als sie nach einigen Tagen vom Bett aufstehen wollte Ob die Hände und das Gesicht von Anfang an mit erkrankt waren, ist nicht mit Bestimmtheit zu ermitteln; dagegen ist so viel sicher, dass schon seit längerer Zeit Zit- tern und Gebrauchsunfähigkeit des rechten Arms ihr auffiel und auch der linke Arm nicht ganz frei von Krankheitserscheinungen war. Der Urin floss von Anfang an unwillkürlich ab, der Stuhlgang war retardirt. Die Intelligenz hat abgenommen, vielleicht aber schon vor dem Beginn der Erkrankung. Von möglichen Erkrankungsursachen weiss Pat. nur die Einwirkung langdauernder Durchnässungen anzugeben und einen Sturz auf die Stirn, den sie in ihrem 17. Lebensjahre gethan haben will. Die Pat. macht einen albernen Eindruck, lacht viel und ist leicht erotisch erregt. Panniculus und Muskulatur gut entwickelt. Der Kopf ist anscheinend regelmässig gebaut, ohne abnorme Auftrei- bungen. Die Rückenwirbel gegen Druck nicht empfindlich; der Kopf beim Anklopfen angeblich rechts schmerzhafter als links. Die Gesichtszüge in der Ruhe regelmässig, bei den mimischen Be- wegungen nur die linke Oberlippe über die rechte überwiegend. Ab und zu macht Pat. schüttelnde Bewegungen mit dem Kopf. Pupillen beiderseits gleich, etwas eng, gut reagirend. Eine Spur Jen. Denkschriften II. 2. 10 74 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen von Strabismus. Sehvermögen für grössere Buchstaben erhalten, bei gewöhnlicher Druckschrift an- geblich Schwarzwerden vor den Augen. Hörfähigkeit links abgeschwächt. Zunge eine Spur nach rechts vorgestreckt, etwas unruhig. Artikulation und Stimme anscheinend ungestört, kein Ver- schlueken, die Rachengebilde in Form und Bewegung normal. Die Extremitäten zeigen auffallende Abweichungen von der Norm. Die Bewegungsfähigkeit ist in beiden Armen erhalten, ebenso eine mässige Kraft und die Sensibilität in toto. Die auf der Unterlage aufliegenden Extremitäten verhalten sich ruhig; sobald aber Bewegungen gemacht werden, tritt lebhaftes Zittern ein, das mit der Bewegung selbst sofort aufhört. Die letzten drei Finger beider Hände sind in halber Beugestellung fixirt, so dass sie nicht gestreckt werden können, und die Muskeln der Hand speciell am Handrücken abgemagert (main de gryphe). Die Daumenballenmusku- latur beiderseitig geschwunden, links fehlt auch die dureh Entwicklung der Muskulatur bedingte Run- dung der Kleinfingerseite der Hand. Fibrilläre Zuckungen der Hand treten weder spontan noch nach Anblasen der Haut der Hände auf, Druck der linken Hand entschieden stärker als der der rechten, Sensibilität an den Händen gut erhalten. Die unteren Extremitäten in der Wadengegend ver- schiedene Dieke zeigend (die rechte 1 Centim. dieker als die linke). Beide können in der Bettlage be- wegt werden, doch sind die Bewegungen ungeschickt und die Streckung besonders schwach. Beim Gehen, das der Kranken nur möglich ist, wenn sie von Zweien geführt wird, setzt sie den Fuss, bezw. die Ferse mit einiger Kraft auf und hält die Unterschenkel in Hyperextensionsstellung; die Gangart ist die des angehenden Tabetikers. Stehen kann Pat. nur, wenn sie sich anhält, aber auch dann unsicher und wächst diese Unsicherheit bei geschlossenen Augen, wobei stark ataktische Bewegungen gemacht werden. Ausser an den Beinen werden auch am Rumpf starke Schüttelbewegungen beim Gehen beobachtet. Die Sensibilität ist an den unteren Extremitäten wohl erhalten, ja sogar Hyperästhesie zu bemerken, zugleich findet sich eine stark ausgesprochene Reflexerregbarkeit — sofortiger Eintritt der Reflexbewegung bei leichtester sensibler Neigung. Der Urin und Stuhl wurden Anfangs regelmässig in’s Bett gelassen, später besser gehalten. Der Urin ist schwach eiweiss- und stark indikanhaltig, die Bauchpresse agirt gut. Pat. hielt sich im Uebrigen während ihres zweimonatlichen Aufenthalts im Krankenhause ziemlich auf demselben Niveau der Krankheit, musste aber schliesslich, da von einer Besserung während dieser Zeit keine Rede war und die Dementia offen zu Tage lag, in die für solche Kranke geeignetere Pflege- anstalt zu Blankenhain gebracht werden. Die Behandlung bestand in der Darreichung von Pillen aus Arg. nitrie. (3mal tägl. 0,01).“ Am 3. Mai ging die Kranke an einer Pneumonie zu Grunde Aus dem Befunde der in Gemeinschaft mit Hermm Dr. Kessler in Blankenhain vorgenommenen Sektion hebe ich nur die An- gaben hervor, welche Gehirn und Rückenmark betreffen, da die in anderen Organen nach- gewiesenen Veränderungen ein besonderes Interesse nicht boten. Dura und pia mater zeigen im Rückenmark keine für das blosse Auge auffallenden Strukturveränderungen; im Gehim zu beiden Seiten des Sule. longitud. zahlreiche paechionische Granulationen, seröse Infiltration und milchige Trübung der pia mater. Im Conus medullaris wie innerhalb der Lendenanschwellung war die graue Substanz linkerseits dunkler als normal, lebhaft braun gefärbt und von gallertigem Aus- sehen; das gleiche auffallende Aussehen zeigten beide Vorderhörner im unteren Abschnitt der Hals- anschwellung, während die Oberfläche aller Durchsehnitte durch Heerde, welche die weisse Sub- stanz allein betroffen hatten, wie durch solche, welche sich von der letzteren auf die graue Substanz erstreckten, ein grau-gallertiges Aussehen besass.. Die Ausdehnung der Heerde innerhalb der bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 75 verschiedenen Abschnitte des Gehirns und Rückenmarks war an den erst in einer Lösung von chromsaurem Kali, dann in Spiritus gehärteten Stücken an der helleren, bald mehr weisslichen, bald mehr gelblichen Färbung der erkrankten Partien kenntlich, die um so auffallender vortrat, je weitere Fortschritte die Degeneration gemacht hatte. Die Ausbreitung der Heerde in den verschiedenen tückenmarksabschnitten, mit ihrer bald mehr bald weniger hellen Färbung, ist Fig. 1, a—1 wieder- gegeben. In der Lendenanschwellung, 1, fand sich nur im Bereiche ihres oberen Abschnitts eine Ent- färbung des grösseren Theils der Hinterstränge, nur den hinteren, äusseren Abschnitt derselben frei lassend. Im unteren Abschnitt des Rückentheils keilförmige graue Streifen im linken Seitenstrang, die an Zahl und Durchmesser variiren, bei k 3 schmälere, bei i 2 breitere, deren Basis nach Aussen gekehrt ist und bei h ein einziger breiter, mit der Basis nach Innen gerichteter, wie er in ähnlicher Weise auch in der Mitte des Rückentheils, bei g, vortritt; ausserdem war bei i der ganze rechte Seiten- strang wie der grössere Theil des rechten und ein kleiner Abschnitt des linken Hinterstrangs durch einen einzigen grossen Heerd eingenommen, der bei h mit weniger ausgesprochener Entfärbung nur noch den rechten Seitenstrang einnimmt, in der Mitte des Rückentheils, bei g, ganz verschwunden ist. Der Durchschnitt durch letzteren liess ausser dem erwähnten Heerd im linken Seitenstrang nur eine beginnende Entfärbung in den innersten und vorderen Partien beider Hinterstränge erkennen. An den Querschnitten durch den oberen Abschnitt des Rückentheils, f, e und d, fanden sich innerhalb der Hinterstränge bei f jederseits schmale streifige Heerde in ihren äusseren Abschnitten, bei e und d eine diffuse, nicht scharf abgegrenzte Verfärbung ihrer inneren mittleren Abschnitte; die Seitenstränge waren nur bei e ergriffen, wo ein breiter, keilförmiger, mit der Basis bis zur Peripherie reichender Heerd einen grossen Theil des rechten Seitenstrangs einnahm, während rechterseits zwei kleinere verwaschene rundliche Heerde in das Innere der weissen Substanz eingelagert waren. Im unteren Abschnitt des Halstheils, bei e, war die Grenze zwischen Vorder- und Seitenstrang jederseits durch einen strei- figen, von der Peripherie bis zur vorderen Begrenzung des Vorderhorns reichenden Heerd eingenom- men, ausserdem ein rundlicher Heerd in die inneren Partien des linken Seitenstrangs eingelagert; in den oberen Abschnitten des Halstheils fand sich bei b ein rundlicher, die Basen beider Hinterstränge einnehmender und ein kleinerer, den einspringenden Winkel zwischen Vorder- und Hinterhorn linker- seits ausfüllender Heerd, höher oben bei a waren mehrere unregelmässig begrenzte Heerde in die Hinterstränge, ein grösserer und ein kleinerer in den rechten Seitenstrang eingelagert und linkerseits die ganze Grenze zwischen grauer Substanz und Seitenstrang, wie beiderseits zwischen Vorderhorn und Vorderstrang verwischt und durch entartetes, streilig in den Seitenstrang und in die Vorderstränge eingreifendes Gewebe eingenommen. An der oberen Grenze des Rückenmarks, in der Höhe der un- teren Pyramidenkreuzung (Fig. 2, nach einem Osmiumpräparat) war rechterseits nur der innere Ab- schnitt des Hinterstrangs bis zur hinteren Kommissur, links der ganze Hinterstrang, ein Theil des Hinterhorns und des anstossenden Seitenstrangs mit seinen in die Transversalebene umbiegenden Fa- sern ergriffen. Die Untersuchung weiterer Querschnitte durch die einzelnen Rückenmarksstücke ergab, dass auch die grösseren und auffallend entfärbten Heerde sich ununterbrochen nur in der Ausdehnung von 1—2 Centim. durch die betreffenden Stränge erstreckten und dass die Heerde, welche strangweise und ununterbrochen längere Abschnitte der weissen Substanz zu durchsetzen schienen, wie die von k—g im linken Seitenstrang vortretenden, in einzelne weniger ausgedehnte Heerde zerfallen, die zwar ent- sprechende Stellen des betreffenden Strangs einnehmen können, aber von einander durch nicht oder nur wenig veränderte Gewebsabsehnitte getrennt sind. 10* 76 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen Die Medulla oblongata enthält mehrere Heerde von Mohnkorn- bis Erbsengrösse. Von den drei grösseren befanden sich zwei symmetrisch auf beiden Seiten gelegene von ovaler Form und einem grössten Durchmesser von 4 Mm. in der Peripherie der Corpora restiform., der dritte von rundem Um- fang und 3 Mm. Durchmesser lag in der Mitte zwischen den beiden Oliven, so dass er von der Rophe durchsetzt wurde. Der Boden des 4. Ventrikels mit seinen Nervenkernen war frei geblieben mit Aus- nahme des rechten Facialis-- und Abducens-Kerns, der in seinen unteren Abschnitten zwei kleine mohn- korngrosse Heerde enthält, die weiter nach oben zu einem einzigen verschmelzen, während sich inner- halb dieses Kerns linkerseits nur die Anfänge der Erkrankung fanden, die makroskopisch kaum wahr- nehmbar waren. Gehirn. An der unteren Fläche der Brücke links neun linsen- bis erbsengrosse graue Flecke, rechts neben mehreren kleinen zwei grössere von 0,7 und 0,8 Centim. Durchmesser, von denen der eine der Grenze zwischen Pyramide und Brücke angelagert, der andere am hinteren Umfang des Crus cerebelli ad pontem gelegen ist. Im Innern der Brücke fand sich am Querschnitt durch die Mitte der- selben rechterseits und nahe der Mittellmie ein linsengrosser Heerd, mehrere andere kleinere zerstreut an den beiden Seitenhälften der Schnittfläche Im Kleinhirn mehrere linsengrosse Heerde, die zum Theil bis in die Körnerschieht hineinreiehen und ein erbsengrosser im Corpus dentatum. Im ganzen Marklager der Hemisphären mohnkorn- bis erbsengrosse graue, nur zum kleineren Theil röthliche Heerde in ziemlicher Häufigkeit, sparsamer in den centralen Hirnganglien sowie innerhalb der grauen Hirnrinde. Einzelne derselben lagen theilweise in der letzteren, theilweise in der angrenzenden weissen Substanz. An suecessiven Durchschnitten durch die Gehirnheerde zeigte sich, dass ein grosser Theil derselben eine Tiefenausdehnung besass, welche dem an der Schnittfläche vortretenden Durchmesser entsprach, ziemlich häufig aber fanden sich andere, die eine strangförmige oder eylindrische Gestalt be- sassen, erst nach einer grösseren Anzahl von Durchschnitten ganz schwanden und somit ein gleiches Verhalten darboten wie ein Theil der Heerde im Rückenmark. Derartige Heerde zeigten dann auch häufig an verschiedenen Abschnitten einen Wechsel in Form und Durchmesser, je nach der mehr oder weniger gleichmässigen Ausbreitung des Prozesses. So erreichte der im Innern der rechten Brücken- hälfte befindliche linsengrosse Heerd, während er sich weiter nach vorn erstreckte, einen grössten Durchmesser von 7 Mm. Höhe und 4 Mm. Breite, so dass er wie eine Wand zwischen die longitudi- nalen und transversalen Faserzüge der Brücke eingelassen erschien und besass in der Nähe des vor- deren Brückenrandes noch einen Durchmesser von 4 Mm. Höhe und 2 Mm. Breite. Andere Heerde erreichen dadurch einen grösseren Durchmesser, dass sie mit benachbarten verschmelzen, wie es sich u. A. bei einem der Heerde aus der Nachbarschaft der grauen Hirnrinde nachweisen liess. Es fanden sich hier innerhalb der weissen Substanz, in der Nähe der grauen und zum Theil in die letztere hin- einragend, dicht neben einander zwei kleine runde Heerde von !|, Mm. Durchmesser an Stellen, wo die vorausgegangenen Schnitte nur gesundes Gewebe erkennen liessen. Nach wenigen durch diese Heerde und ihre Umgebung gelegten Schnitten erschienen sie zu einem einzigen kleinen länglichen Heerd von wenig über 1 Mm. Höhen- und 2|, Mm. Querdurchmesser verschmolzen, mit einer mittleren, der Ver- einigungsstelle entsprechenden kleinen Verschmälerung. Zu den beiden verschmolzenen gesellte sich noch ein dritter, ebenso kleiner Heerd, der sich mit ihnen zu einem grösseren, länglichen, von 11], Mm. Länge und !|, Mm. Dicke vereinigte, in dessen Innerem noch die Contouren der einzelnen ihn zu- sammensetzenden Heerde zu erkennen waren. Derselbe behielt annähernd den gleichen Durchmesser an 20 suecessiven Durchschnitten, griff stellenweise auf die graue Substanz über, um dann unter bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 77 Abnahme seines Durchmessers und unter Uebergang seiner grauen Färbung in eine hellere weisse in der umgebenden weissen Substanz zu verschwinden. r Gefässdurehschnitte, die bald central bald excentrisch gelegen sind, treten im Innern der Heerde bald hervor, bald nicht; an strangförmigen Heerden durchsetzen die Gefässe häufig nur einen Theil des Heerdes in mehr oder weniger schräger Richtung. Die mikroskopische Untersuchung geht am zweckmässigsten von den kleinsten, nur mohnkorngrossen Heerden aus, da in den grösseren Heerden sich sehr häufig bereits die Pro- dukte einer rückgängigen Metamorphose finden, welche die Feststellung der primären Veränderungen erschweren. Die Hauptmasse des Gewebes in diesen kleinen Heerden besteht aus einer feinkörnigen Substanz, deren Körnehen bald eine streifige oder netzförmige, an die alten Glianetze erinnernde Anordnung zeigen, bald zu einer mehr eontinuirlichen Schicht verschmolzen sind mit mehr oder we- niger gleichmässiger Vertheilung und diehter Zusammenstellung der einzelnen Körnchen. Dem ent- sprechend bietet die Schnittfläche ein etwas wechselndes Aussehen, ist dunkler, mehr dureh Karmin gefärbt bei dichter Stellung der Körnchen und erscheint ausserdem durchbrochen durch mehr oder weniger zahlreiche Lücken, von denen die kleineren etwa den Durchmesser eines rothen Blutkörper- chens besitzen, die grösseren den doppelten Durchmesser einer starken Nervenfaser erreichen können. Sie sind leer oder enthalten kleine Körnchen und kurze Fäserchen, welche letzteren zum Theil auch vom Rande der Körnchenmasse ausgehen. Eingebettet in die Masse feiner Körnchen finden sich, bald vereinzelt oder truppweise zu 2—4 eingestreut, bald in grösserer Häufigkeit an zahlreichen Stellen derbere Körnchen, die den Kernkörperchen der Gliazellen nach Grösse und Aussehen ähneln, einen matten Glanz und homogenes Aussehen besitzen und einen Durchmesser von 0,0018 —0,0027 Mm. erreichen. Sie sind rund oder etwas eckig, die derberen häufig mit einzelnen oder mehreren kurzen und sehr feinen fädigen Fortsätzen versehen und sie werden entweder von den Körnchen der Umge- bung ganz dicht umschlossen oder liegen eingebettet im Innern kleiner runder, körnchenfreier Gewebs- liehtungen, die dann von den abgehenden fädigen Fortsätzen durchsetzt werden. Die Körnchen er- scheinen vielfach unter sich durch äusserst feine und kurze Fäden zu einem ausserordentlich dichten und feinen Netz verbunden, so dass sie innerhalb desselben theils feinere, theils derbere Knotenpunkte bilden. An den Schnitträndern trifft man nicht selten einzelne derbere Körnchen mit frei vorragenden kurzen, feinen stielartigen Fortsätzen, die an ihrem Ende häufig noch ein freies Körnchen tragen, dessen Verbindungen abgelöst sind. Reste der alten Fasernetze finden sich im Innern der Heerde meist nur spärlich, in Form vereinzelter, verästelter, zackig auslaufender und hie und da noch netzförmig ver- bundener Fasern; sie zeigen theils nur vereinzelte knotige Auftreibungen, theils sind sie gleichmässig geschwellt, feinkörnig, lebhafter durch Karmin gefärbt und laufen dann unter zunehmender Verbreite- rung und Verlust ihrer deutlichen Contouren in die umgebende Körnchenmasse aus oder gehen in nicht veränderte Abschnitte der Glianetze über. Am häufigsten treten nicht oder wenig veränderte Gliafasern noch in der unmittelbaren Umgebung der den Heerd durchsetzenden Gefässe hervor, sowohl der Capil- laren als der Arterien und Venen, deren Adventitia dann bald unmittelbar an das ganz körnige Gewebe grenzte, bald von demselben noch durch eine schmale Zone nicht zerfallener und noch die netzförmige Anordnung zeigender Gliafasern getrennt war, ein Verhalten, welches in ähnlicher Weise von mir auch im Innern myelitischer Heerde der Medulla oblongata beobachtet worden ist!). Die Zahl der Kerne war nicht nur nicht vermehrt, sondern in dem bei Weitem grössten Theil des Heerdinnern auffallend 1) Untersuchungen über die normale und pathologische Histologie des centralen Nervensystems. Jena 1876. pag. 36. 78 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen vermindert, so dass innerhalb eines Gesichtsfeldes (System F, Zeiss), abgesehen von Kernen der Gefäss- wandungen, entweder Kerne überhaupt nicht oder deren nur 1—2 wahrgenommen werden konnten und nur in selteneren Fällen stieg die Zahl der in einem Gesichtsfelde zu unterscheidenden bis auf 15. Der grössere Theil derselben hat nur eine sehr geringe Karminfärbung angenommen, besitzt eine deut- liche Membran von wechselnder Dicke, die an ihrer Innen- und mitunter auch an ihrer Aussenseite bei den grösseren Formen häufig knotige und körnige Hervorragungen erkennen lässt, mitunter auch in ihrer Continuität ein gekörntes Aussehen zeigt, während im Kerninnern eine wechselnde Menge von feineren und derberen, zum Theil durch feine Fäserchen verbundenen Körnchen enthalten ist, unter welehen 1—2 durch Grösse und Glanz ausgezeichnete und einen Mittelpunkt für die Fäden des Kern- innern bildende Kernkörperchen bald deutlich vortreten, bald nicht. Hie und da finden sich auch Kerne, deren Membran grössere oder kleinere Lücken besitzt, so dass dann das Kerninnere mit seinen Körnchen sich unmittelbar und ohne alle scharfe Grenze in die umgebende Körnchenmasse fortsetzt. Neben den bläschenförmigen kommen, wenn auch im Ganzen sehr sparsam, kleinere opake Kerne von weissliehem Aussehen und mattem Glanz vor, in deren Innerem einzelne Körnchen nur undeutlich unterschieden werden können und ebenfalls vereinzelt mattglänzende rundliche oder ovale Anhäufungen von Körnehen, die so gleichmässig dicht gestellt sind, dass sie innerhalb der umgebenden Körnchen- masse den Eindruck selbständiger Bildungen machen, obschon sie von der letzteren nicht durch eine besondere Membran abgegrenzt, sondern häufig nur durch einen lichten Hof getrennt werden. Die aus den Körnehen des Kerns entspringenden und aus ihm austretenden, wie die von seiner Membran ab- gehenden Fäserchen verbinden sich häufig mit den Körnchen der Umgebung, so dass dann die Kerne als umfangreichere Mittelpunkte für die feinen Fadennetze erscheinen. In Fig. 18, a—l sind eine An- zahl Kerne abgebildet, an welchen die erwähnten, ihre Grösse und Zusammensetzung betreflenden Verschiedenheiten wiedergegeben sind. Bei Anwendung einer stärkeren, 900fachen Vergrösserung (Zeiss, Immersionssystem Nr. 3) treten die Form- und Grössenverschiedenheiten der Körnchen der Heerdsubstanz, sowie die Art ihrer gegenseitigen Verbindung deutlicher hervor. Die Heerdsubstanz erweist sich zum bei Weitem grössten Theil aus den feinen Körnchen zusammengesetzt, zwischen welchen bald vereinzelt, bald truppweise die von der Grösse eines Gliakernkörperchens eingelagert sind. Viel sparsamer sind grössere homogene Körner, die dann theils eine runde oder ovale Form besitzen und die Grösse der „Körner“ der Klein- hirnrinde erreichen können, theils aber längliche, spindelartige Formen bieten und mitunter mit zackigen Fortsätzen in die Umgebungen eingreifen. Die Körnchen wie die Körner bilden die Mittelpunkte von feinen Fadennetzen, die bald mehr bald weniger vollständig geschlossen sind und die Fäden selbst verbinden bald nur die benachbarten Körnchen, sind dem entsprechend sehr kurz, bald sind daneben noch längere Fäden sichtbar, welche, entferntere Körnchen verbindend, einen Theil der Netze durch- setzen. An den Körnchen lässt sich immer nur der Abgang einzelner oder weniger Fäden consta- ren, an den Körnern nimmt dagegen mit der Grösse derselben auch die Zahl der von ihnen ab- gehenden Fäden zu, so dass die grössten wie mit kurzen Stacheln in ihrer Peripherie besetzt scheinen, die namentlich dann besonders deutlich hervortreten, wenn das Korn in einer kleinen körnchenfreien Gewebsliehtung eingebettet ist, die dann von den abgehenden Fäden durchsetzt wird. Die feinen Körnchen lassen mitunter keine oder nur bruchstückweise Verbindungen unter einander erkennen; man sieht sie dann unter einander zu kurzen, geradlinigen oder etwas gebogenen Fäserchen verbunden, die nur wenig feiner sind als die Körnchen selbst, oder es bilden die ein Paar benachbarte Körnchen ver- bindenden Fäden ein offenes oder geschlossenes kleines Dreieck, so dass die Körnchen in den Winkeln bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 79 desselben liegen, oder es mündet ein kurzer Faden unter spitzem oder rechtem Winkel in eins der Körnehen ein, welche in die Continuität eines längeren eingeschaltet sind. Geschlossene netzartige Verbindungen werden an Stellen am deutlichsten erkannt, wo die Körnchen nicht zu fein sind, nieht zu dicht zusammenliegen und der Schnitt selbst genügend fein ist, wie nach den fein auslaufenden Randpartien hin. Durch die fädigen Verbindungen der Körnchen werden kleine Maschen von rund- licher, ovaler oder 3—5eckiger Form umschlossen und meistens wechseln Maschen von verschiedener Form innerhalb derselben Netzabschnitte mit einander ab, hie und da aber entstehen ziemlich regel- mässige quadratische oder rechteckige Maschen, wenn die Fasern in ihren Knotenpunkten rechtwinklig zu einander gestellt sind und es treten unter den übrigen derartige Maschen nieht nur vereinzelt, son- dern auch in Form kleiner Felder auf, die dann ein gitterförmiges Aussehen darbieten. An Stellen, wo die Körnchen der Heerdsubstanz sehr dieht zusammengedrängt sind, wie zwischen den ebenfalls sehr dicht gestellten Körnehen der erst mässig verbreiterten Fasern der alten Glianetze fehlen die ver- bindenden Fäden, verfolgt man aber eine solche geschwellte Gliafaser, bis sie unter zunehmender Ver- breiterung und Verschwimmen ihrer früher scharfen Contouren in die Heerdsubstanz übergeht, so sieht man ihre Körnchen nieht nur mehr und mehr aus einander rücken, sondern erkennt auch hie und da zwischen denselben die verbindenden Fäden und sieht ebenso von den randständigen Körnchen der alten Faser feine Fäden abgehen und in die umgebenden Netze übertreten. Innerhalb der körnigen Heerdsubstanz tritt an einzelnen Heerdabsehnitten bald in der Nähe von Gefässen, bald in einiger Entfernung von denselben deutlich eine fibrilläre Struktur hervor. Es erscheinen die ersten Anlagen der Fibrillen als einzelne feine und kurze, in wechselnder Häufigkeit eingelagerte, sich spitz- oder rechtwinklig kreuzende Fäden oder es finden sich dieselben zu 2—10 in paralleler Anordnung und dichter Aneinanderlagerung als die Anlagen von kleinen Fibrillenbündeln. Die einzelnen Fibrillen besitzen die Feinheit der feinsten Primitivfibrillen, erreichen eine Länge von 0,01—0,025 Mm. und sind ebenso wie die einzelnen längeren in die Continuität der Netze eingelassenen Fäden in kurzen Abständen mit Körnchen besetzt, deren Durchmesser den der Fäden nur wenig über- trifft. Der Verlauf der letzteren ist geradlinig mit häufigem Uebergang in leicht wellenförmige Bie- sungen, daneben kommen aber ziemlich häufig an den längeren Fibrillen ziekzackförmige Biegungen und Knickungen vor, wobei die Fibrille in der neuen Riehtung bis zu ihrem Ende weiter verläuft oder bald wieder in die alte Richtung umbiegt, so dass die beiden parallelen Stücke derselben Fibrille durch ein kürzeres Schaltstück mit einander verbunden scheinen. Die Ausbiegungen der Fibrillen erfolgen unter einem stumpfen, mitunter unter einem rechten Winkel. In Betrefl! des Ursprungs der vereinzelt vortretenden Fibrillen lässt sich feststellen, dass ein Theil derselben aus dem Innern der Kerne, aus ihren Körnchen, einzelne auch aus den Kernkörperchen, entspringt, um jenseits des Kerns scheinbar frei oder in einer Gruppe dicht gestellter Körnchen zu enden oder in ein Körnehen auszulaufen, welches einen Bestandtheil der Körnchennetze bildet. Es sind mithin in den Kernen Fäserechen zu unterscheiden, welche die Körnehen des Kerninnern mit einander verbinden, solche, welche aus dem Kern austreten, um jenseits desselben direkt in die Körnchennetze der Umgebung einzugreifen und fibrilläre Fäden, die ebenfalls aus den Körnchen des Kerninnern, mitunter auch aus dem Kernkörperchen entspringen, aber jenseits des Kerns sich erst eine Strecke weit verfolgen lassen, ehe sie in die Körnchennetze ein- greifen oder frei oder in einem Klümpehen dicht stehender Körnchen enden. In ähnlicher Weise lässt sich für vereinzelte, nicht mit Kernen zusammenhängende Fibrillen, sowie für einzelne der ein kleines Bündel eonstituirenden Fibrillen häufig nachweisen, dass sie in dichteren Körnehenanhäufungen oder in einzelnen Körnchen der Körnchennetze wurzeln, wenngleich bei der Feinheit der Theile und der Dichtigkeit 80 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen der Netze sich dieses Verhalten nur mit einiger Mühe und durch sehr aufmerksame Verfolgung der einzelnen Fibrillen feststellen lässt. Wo parallele und sehr feine Fibrillen dicht über und unter ein- ander in sich kreuzenden Richtungen verlaufen, entsteht ein zierliches Gitterwerk, das nicht mit dem der Körnchennetze verwechselt werden darf; es bedarf eben dann nur einer scharfen Einstellung, um sich von dem Sachverhalt zu überzeugen. Die zwischen parallelen sehr dicht an einander liegenden Fibrillen befindlichen feinen Spalten haben nur den Durchmesser der Fibrillen selbst, und es finden sich in diesen Spalten überhaupt keine oder nur vereinzelte Körnchen; rücken die Fibrillen weiter aus einander, so sind die Zwischenräume zwischen ihnen durch einfache Körnchenreihen oder durch streifige Abschnitte von Körnchennetzen ausgefüllt. War auch der Umfang der Stellen, innerhalb deren es zur Fibrillenbildung gekommen war, noch ein verhältnissmässig beschränkter, so liessen sich doch bereits hier deutliche Verschiedenheiten in der Dicke der einzelnen Fibrillen nachweisen, indem gleichzeitig mit dem Längenwachsthum ein Diekenwachsthum der Fibrillen eintritt, welches von beschränkten Ab- schnitten derselben ausgeht. Es treten dann entweder etwas knotige, mehr umschriebene oder längere, fein ausgezogene, spindelförmige Anschwellungen auf, zwischen denen die Fibrille noch ihre frühere Feinheit besitzt und in ihren Verlauf eingeschaltete Körnchen noch erkennen lässt. Es kann dann an mögliche Verwechslungen mit sehwindenden Axencylindern gedacht werden, indessen liegen die letz- teren nie so dicht zusammen wie die Fibrillen, ihre Contouren besitzen nicht die Glätte wie die der letzteren, sehen wie angenagt aus und ausserdem lassen sich die verschmälerten Axeneylinder häufig wenigstens bis zu Stellen verfolgen, wo sie noch eine Dicke besitzen, die jede Verwechslung mit sich entwiekelnden Fibrillen ausschliesst. Mit der weiteren Diekenzunahme der Fibrillen schwinden die al- ternirenden feinspindelförmigen Verdickungen, die Fibrille erscheint gleichmässig diek und glatt, ohne eingeschaltete Körnchen, zeigt aber mitunter Unterbrechungen in ihrem Verlauf durch Anhäufungen dicht gestellter Körnchen oder sie läuft in eine knotige homogene Verdickung aus, von welcher nach einer oder nach mehreren Richtungen hin andere Fibrillen abgehen. Fig. 3a zeigt die Maschennetze der Heerdsubstanz mit ihren Körnchen und Körnern und den ebenfalls den Fäden als Mittelpunkt dienenden unregelmässig geformten, mit zackigen Fortsätzen ver- sehenen Körperchen. Am linken oberen Rande der Zeichnung finden sich erkennbare Reste der alten Gliafasern mit dicht gestellten Körnchen, von denen die randständigen mit den anstossenden Ab- schnitten der Netze zusammenhängen; b Uebergänge kleinerer Körner zu den grösseren, kernartigen, mit den von ihnen abgehenden Fäden; ec fibrillärer Heerdabschnitt mit einzelnen aus den Kernen ent- springenden Fibrillen. Die Lücken zwischen den Fibrillen werden durch Körnchen und bruchstück- weise vortretende Netze eingenommen. Fig. 6. Vier sich verdickende, theils mit knotigen, theils mit spindelförmigen Anschwellungen versehene Fibrillen und zwei andere in Knotenpunkte auslaufende, von welchen letzteren selbst wieder Fibrillen in anderen Richtungen abgehen. Vergrösserung 900. Die Gefässe im Innern der Heerde waren sämmtlich durchgängig, die Wandungen bei der bei Weitem grossen Mehrzahl ganz unverändert und nur bei wenigen Capillaren war es in beschränkter Ausdehnung zu einer Schwellung und körnigen Trübung der Membran oder Adventitia gekommen. Vergl. Fig. 16. Die Mehrzahl der Capillaren war mit Blut gefüllt, die Vertheilung des Gefässinhaltes aber oft ungleichmässig, so dass mit Blutkörperchen erfüllte Abschnitte mit andern abwechselten, in denen dieselben fehlten und im Bereich der blutkörperchenfreien Abschnitte war das Gefässlumen häufig ziemlich beträchtlich, bis zum fünften Theil des Durchmessers der blutkörperchenhaltigen Abschnitte verengt. Die adventitiellen Lymphräume waren nirgends erweitert, enthielten keine geformten Be- bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 81 standtheile, dagegen waren die von der Adventitia (oder Capillarmembran) zur umgebenden Heerd- substanz verlaufenden Fortsätze häufig abgelöst oder ganz körnig zerfallen, so dass schmälere spalt- artige oder verhältnissmässig weite und ununterbrochene perivaskuläre Räume entstanden sind, während in anderen Fällen sich breite, körnige Septa von Heerdsubstanz durch den perivaskulären Raum bis zur Adventitia erstrecken und damit den letzteren in eine Anzahl kleinerer, runder oder ovaler Räume abtheilen. Die den perivaskulären Raum oder die perivaskulären Räume begrenzende Heerdsubstanz zeigt häufig keinen linearen, regelmässig fortlaufenden Contour, sondern derselbe ist unterbrochen durch kleine Hervorragungen und Vertiefungen, durch Hervorragungen von einzelnen Körnchen, Körnehengruppen und von einzelnen feinen und kurzen Fäserchen, die frei in die Spalte hineinragen. Da wo ein ununterbrochener perivaskulärer Raum besteht, lässt sich das Zustandekommen desselben wohl nur so erklären, dass zunächst die Gliafasern bis zu ihrer Insertion an die Adventitia körnig geworden, ihre Verbindungen mit der letzteren gelockert worden sind, so dass nachträglich bei Eintritt einer vermehrten Transsudation durch die Gefässwandungen sich die körnigen und verdickten Septa von der Adventitia ganz abgelöst haben und nun entweder mit der anstossenden Heerdsubstanz noch in Verbindung geblieben oder zu einzelnen Körnchen zerfallen sind, die sich dann in der Flüssig- keit des perivaskulären Raumes vertheilen. In Betreff der normalen Beziehungen zwischen Adventitia und den anstossenden Abschnitten der Glianetze verweise ich auf die früher von mir darüber gemachten Angaben !). Innerhalb der geschwellten Abschnitte der Capillarmembran und Adventitia waren auch bei 900facher Vergrösserung meist nur sehr dicht gestellte feine Körnehen mit vereinzelt eingestreuten runden oder ovalen Körnern und hie und da vortretenden sehr feinen und kurzen Fäserchen zu unter- scheiden, während die eigenthümliche Zeichnung der Capillarmembran, welche dieselbe unter normalen Verhältnissen darbietet, geschwunden war ?). Markhaltige Nervenfasern ragen einzeln oder in kleinen Bündeln von der Heerdgrenze [o) o° jo) aus in den Heerd selbst hinein, fehlen aber gänzlich in den centralen Heerdabschnitten; daneben durch- ziehen nakte Axeneylinder eine Strecke weit das Innere des Heerdes, bis auch sie körnig werden und, zum Theil nach vorausgegangener Verschmälerung, zerfallen, während zwischen den markhaltigen Fa- sern und den nakten Axeneylindern in der Heerdperipherie sich noch mehr oder weniger zahlreiche grössere und kleinere Tropfen abgelösten Nervenmarks finden, deren Menge nach dem Heerdinnern zu ebenfalls abnimmt. In anderen Fällen, wo schon makroskopisch an Osmiumpräparaten der Heerd sich scharf von den Umgebungen abgrenzt, stossen diehte Massen markhaltiger Fasern fast ganz unmittelbar an den letzteren und es sind nur sehr wenige markhaltige Fasern oder freie Axencylinder, die eine 1) 1. ce. pag. 37 u. fig. 2) Auf diese Zeichnung habe ich bereits früher (Untersuchungen über die normale und pathologische Anatomie des Rückenmarks, 2. Theil, pag. 25) aufmerksam gemacht und dieselbe als ein äusserst engmaschiges Netzwerk von gazeartigem Aussehen beschrieben, wobei es dahingestellt bleiben musste, ob die Maschen durch Kreuzungen oder Verbindungen der feinen Fäserchen und Fäden entstehen. Bei Anwendung einer stärkeren Vergrösserung lassen sich in der Capillarmembran einmal feine, bald kürzere, bald längere Fäden unterscheiden, die mitunter an ihren Enden Körnchen tragen oder in deren Verlauf feine Körnchen eingeschaltet sind und die frei zu enden scheinen oder in netzartig verbundene sehr kurze und feine Fäserchen auslaufen. Die Richtung der Mehrzahl dieser Fäden ist parallel der Gefässaxe, bei anderen schräg oder selbst quer zu derselben. Dann finden sich in wechselnder Häufigkeit eingestreut Körner, die den in der Heerdsubstanz vorkom- menden gleichen und wie diese kurze und feine stielartige Fortsätze tragen, kleine spindel- oder sternförmige Körperchen, deren Fortsätze mitunter wieder verzweigt sind und endlich sehr feine und kurze Fäserchen, die unter sich vielfach wie mit den Fortsätzen der sternförmigen Körperchen zusammenhängen, ohne dass aber durch diese Verbindungen allseitig geschlos- sene feine Netze entständen, indem die Mascheneinfassung meist an der einen oder anderen Seite kleinere oder grössere Lücken frei lässt. Vergl. Fig. 7, nach einer unveränderten Capillare aus einem der kleinen Hirnheerde. Jen. Denkschriften II. 2. 11 82 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen a Strecke weit isolirt in das Innere hineinragen. Man kann grössere Abschnitte des Heerdrandes unter- suchen, ohne nur einen einzigen freien Axeneylinder oder eine markhaltige Faser in den Heerd über- treten zu sehen, es scheint hier der degenerative Prozess sich nicht in Form einzelner Heerdausläufer weiter in das anstossende gesunde Gewebe zu erstrecken, sondern sich gleichmässig und concentrisch zur Heerdperipherie weiter verbreitet zu haben, so dass von der letzteren aus schichtweise die Nerven- fasern zum Schwunde gebracht, Mark und Axeneylinder in der feinkörnigen Heerdsubstanz gleichzeitig zu Grunde gegangen sind, in derselben wie eingeschmolzen erscheinen. Nur wenige der kleinen, mohnkorngrossen Heerde waren noch in der Entwicklung begriffen, das Heerdinnere bot dann noch kein gleichartig körniges Aussehen, sondern es wechselten in dem- selben Abschnitte mit markhaltigen Nervenfasern und mit noch erhaltenen, nur mehr oder weniger geschwellten Glianetzen, mit anderen, welche nur feinkernige Heerdsubstanz mit sparsam eingestreuten Kernen erkennen liessen, so dass die Verhältnisse im Wesentlichen hier ganz ähnlich waren, wie innerhalb der Grenzzone, welche die bereits fertig entwickelten Heerde vom gesunden Gewebe trennt. Die in die graue Hirnrinde hineinreichenden Heerdabschnitte und die ganz innerhalb der- selben gelegenen Heerde zeigten, abgesehen von den Befunden an den Ganglienzellen, dieselbe Be- schaffenheit wie die Heerde der weissen Substanz, nur war das Gewebe lockerer, leichter zerreisslich, so dass beim Zerzupfen der Schnitte kleine Fibrillenbündel und Gefässe sich leieht auslösen liessen und frei vortraten. Kerne fanden sich zwar auch sehr spärlich, im Ganzen aber etwas häufiger als in der weissen Substanz, zu 2—10 in einen Gesichtsfeld, während in der Heerdperipherie ihre Menge zunahm, wo sie nicht blos einzeln, sondern auch truppweise zu 3—5 in die feinkörnige Substanz ein- gelagert, dabei aber nicht gleichmässig vertheilt waren, indem kernreichere Absehnitte mit kernarmen abwechselten. Die Ganglienzellen befanden sich in mehr oder weniger weit vorgeschrittenem Zer- fall, der bald nur an einer beschränkten Anzahl von Ganglienzellen und erst in seinen Anfängen nach- weisbar war, bald die Mehrzahl derselben betroffen und so weit verändert hatte, dass ihre Reste nur an den grossen Kernen und an den Anhäufungen von Pigmentkörnchen kenntlich waren. Es fallen dann an der Schnittfläche rundliche oder ovale Gewebslücken auf, in deren Mitte der durch Karmin lebhafte, mit Membran und deutlichem Kernkörperchen versehene Kern der Ganglienzelle, umgeben von Resten des Protoplasma in Form eines kleineren oder grösseren Körnchenhaufens mit oder ohne Pig- mentkörnchen sich befindet, oder es ist der Zellrest der einen oder anderen Seite des Umfangs der Lücke angelagert, ein grosser Theil der letzteren bleibt leer und enthält nur vereinzelte Körnchen und Körnchengruppen. Die den Kern umgebenden Körnchen sind bald zu einem Haufen zusammengeballt, bald nur in der unmittelbaren Umgebung des Kerns dicht gestellt, weichen nach der Lücke hin weiter aus einander und ragen in dieselbe häufig mit unregelmässigen, zackigen Fortsätzen hinein. Zellfort- sätze sind weder im Zusammenhang mit dem Zellkörper noch ausser Verbindung mit dem letzteren innerhalb der umgebenden Heerdsubstanz zu unterscheiden. Die Körnchenanhäufungen um den Kern sind die einzigen erkennbaren Ueberbleibsel der alten Zelle und auch diese sind in einzelnen Fällen bis auf wenige dem Kerne anhaftende Körnchen geschwunden, während andere zwar der Lückenwan- dung angelagert, aber doch so spärlich vorhanden sind, dass man in Verlegenheit sein würde, worauf die scheinbar freien, in Gewebslücken eingelagerten Kerne zu beziehen sind, wenn nicht eine Reihe von Zellen mit weniger weit vorgeschrittenem Zerfall dafür genügende Anhaltepunkte böten. Es fanden sich zunächst solche, bei denen der Zellkörper noch zu einem grösseren Theil vorhanden war, die Lücke zwischen ihm und der umgebenden Körnehenmasse dem entsprechend kleiner, die Fortsätze nur zum Theil ganz mit der umgebenden Körnchenmasse verschmolzen, zum Theil innerhalb derselben bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 83 noch, wenn auch undeutlich und ohne scharfe Contouren zu unterscheiden und weiter Zellen, deren ursprüngliche Form mit den Ausläufern zwar noch vollständig erhalten war, bei welchen aber schon der Beginn des körnigen Zerfalls sich dadurch dokumentirte, dass in den Ausläufern wie im Zellkörper die Körnchen zu kleinen rundlichen Anhäufungen sehr dicht zusammengedrängt waren, zwischen wel- chen dann entsprechende körnchenfreie Lücken übrig blieben. Auf diese Weise entstehen am Rande des Zellkörpers und der Ausläufer zunächst kleine Unterbrechungen in der Continuität der Contouren, bis sich mehr und mehr Körnchen aus ihren netzartigen Verbindungen auslösen, in unregelmässiger Weise im Innern der Zelle vertheilen, an den Rändern derselben aber in die pericelluläre Flüssigkeit übertreten und in derselben zum Theil suspendirt bleiben, zum Theil sich den Wandungen der Lücken anlegen, in welchen die Zellen selbst enthalten sind. Mit dem vorschreitenden Zerfall der Zelle kann auf diese Weise ein grösserer oder geringerer Theil ihrer Körnchen seine Verbindungen mit dem Zell- körper aufgeben, während die Substanz der Ausläufer so mit der umgebenden Heerdsubstanz ver- schmilzt, dass es schwer hält oder gar nicht gelingt, die den ersteren zugehörigen Körnchen von der Körnchenmasse der letzteren zu sondern. In der unmittelbaren Umgebung der Heerde findet sich eine Grenzzone erkrankten Gewebes, deren Ausdehnung an Osmiumpräparaten sich schon mit blossem Auge erkennen lässt; dieselbe ist entweder schmal und dann erscheint der Heerd selbst scharf von den dunkel gefärbten Umgebungen abgesetzt, oder sie erreicht den 11,—3fachen Durchmesser des Heerdes und die lichtere Farbe des letzteren geht dann allmählig in die tiefe, braunschwarze des gesunden Gewebes über. Dabei wechselt aber der Durchmesser der Grenzzone nicht blos innerhalb des Umfangs der einzelnen Schnitte, sondern auch an verschiedenen Schnitten desselben Heerdes ziemlich beträchtlich, die Ausbreitung der Degene- ration schreitet also nach den verschiedenen Richtungen hin nicht gleichmässig vor. Innerhalb der Grenzzone überwiegt die Menge der erhaltenen Nervenfasern über die der zu Grunde gegangenen und die grössere oder geringere Tiefe der Färbung nach Osmiumbehandlung ist lediglich von der Zahl der noch vorhandenen markhaltigen Fasern abhängig. Bei der Untersuchung von Schnitten, deren Grenz- zone deutlich entwickelt ist, sieht man, wie die feinkörnige Heerdsubstanz sich in Form breiterer oder schmälerer, an Dieke mit ihrer Entfernung von dem Heerd abnehmender Streifen auf kürzere oder längere Strecken zwischen Bündel markhaltiger Fasern wie auch zwischen einzelne Fasern einschiebt; es gewinnt dann allerdings den Anschein, als seien die Nervenfasern aus einander geworfen, indessen eine feinkörnige Masse hat sich nicht zwischen die Nervenfasern eingedrängt, sondern sie ist an Stelle von einzelnen Fasern oder von kleinen Faserbündeln getreten, die mit ihrer Entwicklung zu Grunde gegangen sind, so dass nur noch Reste von Nervenmark und einzelne meist auch bereits gekörnte und zerfallende Axencylinder persistiren. Jenseits der unmittelbaren Heerdgrenze finden sich ähnliche, zum Theil schmälere feinkörnige Streifen, die mit dem Heerdinnern nicht mehr zusammenhängen, unter einander aber nicht selten durch quer oder schräg verlaufende Brücken verbunden sind und an den Verbindungsstellen Knotenpunkte von grösserem Durchmesser bilden. Durch ihre Verbindungen be- grenzen sie Felder weisser Substanz, die theilweise oder ganz geschlossen sind und an der Grenze dieser Felder greifen vielfach geschwellte körnige Fasern der Glianetze in die feinkörnige Masse der Streifen ein, schmelzen mit derselben zusammen. Ausserdem aber finden sich im Innern mancher Felder sowie in Gewebsabschnitten, in denen solche streifige Einlagerungen von Heerdsubstanz fehlen, inselartig und in wechselnder Häufigkeit zwischen die markhaltigen Fasern eingesprengt, kleine rund- liche oder ovale Ansammlungen feinkörniger Substanz, die häufig durch zackige und verzweigte Fort- sätze mit den Fasern der anstossenden Glianetze zusammenhängen. Es sind mikroskopische 12 84 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen Plaques, welche aus der Verschmelzung kleiner zusammenhängender Abschnitte der geschwellten Glianetze zu einer compakten Körnehenmasse hervorgegangen sind, einzelne markhaltige Fasern oder nakte Axeneylinder mit abgelösten Portionen Nervenmarks einschliessen können und die bei ihrer Weiterentwicklung in die Streifen und Balken feinkörniger Masse übergehen, wie sie sich in der un- mittelbaren Nachbarschaft des Heerdes finden. Aehnliche aber kleinere Plaques sind nur aus Schwel- lung einzelner kernhaltiger grösserer oder kernloser kleinerer Knotenpunkte der Netze hervorgegangen, setzen sich ebenfalls mit ihren Fortsätzen überall in nicht oder weniger veränderte Abschnitte der Netze fort und lassen sich häufig noch weit in das anstossende, makroskopisch ganz unveränderte Gewebe der weissen oder grauen Substanz hinein verfolgen. Die geschwellten Knotenpunkte erreichen einen Durchmesser von 0,014 Mm., die geschwellten Fasern einen solchen von 0,0072 Mm. Grössere wie kleinere Plaques finden sich in ziemlich wechselnder Vertheilung und ziemlich häufig sind beim Fehlen oder sparsamen Vorkommen der grösseren Plaques die kleinen in grosser Zahl über die Schnittfläche verstreut, die dann in Folge des an zahlreichen Stellen eingetretenen Markschwundes ein auffallend lichtes Aussehen erhält. Die Kerne in der Grenzzone sind zum grossen Theil lebhafter gelärbt als die des Heerdinnern, finden sich in grösserer Zahl als im letztern, sind aber nicht gleichmässig ver- theilt, sondern bald sparsam und zu einem oder zweien eingestreut, bald in kleinen Gruppen von 3—5 zusammenliegend. Die kleinen und grösseren Plaques enthalten bald, die ersteren einen einzigen — häufig nur von einer äusserst schmalen Körnehenschicht umschlossenen — Kern, die letzteren einen oder mehrere Kerne, bald nicht. An den Plaques wie innerhalb der Streifen tritt eine Karminfärbung um so ausgesprochener hervor, je diehter die Körnehen gestellt sind, ist häufig dunkler als im Innern des Heerdes; die Körnchen wie die sparsamer eingestreuten Körner zeigen die gleichen Grössenver- schiedenheiten wie in letzterem und lassen auch hier häufig netzförmige Verbindungen und den Zu- sammenhang der Netze mit den Membranen und dem Innern der Kerne erkennen. Feine Fibrillen finden sich bereits innerhalb der Plaques, in etwas grösserer Zahl im Innern der streifigen Schichten von Heerdsubstanz. Die Nervenfasern bieten innerhalb der Grenzzone ein wechselndes Bild vorschreitender Ent- artung; neben den mehr oder minder zahlreichen unveränderten finden sich 1) solche, deren Mark- scheide nur sehr zahlreiche Ein- und Auskerbungen, zackige Fortsätze und knopf- oder keulenförmige Vortreibungen zeigt, die der Faser breit oder mit einem dünnen und kurzen Stiel aufsitzen. 2) Nerven- fasern, deren Markscheide sich zu einer Anzahl kürzerer oder längerer schaliger oder zu kugeligen Portionen gesondert hat und dabei nicht selten Unterbrechungen ihrer Continuität zeigt, so dass die Axeneylinder streckenweise ganz frei gelegt sind oder ihnen nur hie und da noch Reste vom Mark anhaften. Mitunter sind die Unterbrechungen in der Continuität der Markscheide so schmal, dass die Bilder an die der Ranvier’schen Einschnürungen der mit Schwann’scher Scheide versehenen Nerven- fasern erinnern, und es lässt sich an einer und derselben Nervenfaser nicht selten eine ganze Reihe kleinerer oder grösserer Lücken mit Defekten der Markscheide übersehen. An Stellen, wo der Axen- eylinder frei aus der letzteren vor- und in die Heerdsubstanz eintritt, endet die Markscheide fein ver- strichen und liegt der Oberfläche des Axencylinders dicht an oder beschreibt einige seichte Ein- und Ausbiegungen. Achtet man genau auf das Verhalten der sich entwickelnden Heerdsubstanz, so lässt sich leicht constatiren, dass die Plaques und die geschwellten Gliafasern, ebenso neugebildete Kerne theils nur seichte Eindrücke in die Markscheide machen, theils tiefer in dieselbe eindringen und sie vom Axeneylinder abdrängen, so dass derselbe zunächst nur an umschriebenen Stellen frei liegt und von Heerdsubstanz umfasst wird; bei fortdauerndem Druck seitens der letzteren kann sich der Axen- bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 85 eylinder bis zu einem feinen, dünnen Faden verschmälern, der die beiden markhaltigen Abschnitte der Faser verbindet, bis auch dieses Verbindungsstück schwindet und der Zusammenhang zwischen den beiden Faserstücken vollständig gelöst ist. Eine und dieselbe Faser kann auf diese Weise in mehrere vollständig gesonderte Bruchstücke zerfallen oder es finden sich nur partielle Ablösungen des Marks, so dass der Axencylinder auf grössere oder geringere Strecken frei zu Tage tritt. 3) Zahlreiche Nerven- fasern sind in der Heerdsubstanz ganz zu Grunde gegangen, hören in derselben als noch markhaltige auf, ohne dass es bei veränderter Einstellung gelänge, ein Ausbiegen nach einer anderen Richtung zu eonstatiren, oder der Axeneylinder ragt frei noch auf eine kürzere oder längere Strecke ‚vor und der Eintritt seines molekulären Zerfalls kennzeichnet sieh dann durch die Granulirung seiner Substanz, die wie angenagt aussehenden Contouren, die Abnahme des Durchmessers und mitunter durch das Auf- treten kleiner Vakuolen. Hie und da finden sich Stellen, wo die Continuität eines Axeneylinders nur auf eine ganz kurze, den Durchmesser eines Gliakerns nicht überschreitende Strecke unterbrochen ist und es kann derselbe Axeneylinder durch derartige Unterbrechungen in Segmente von verschiedener Länge zerfallen. Auch nach bereits eingetretenem Zerfall der Axeneylinder lassen sich dieselben mit- unter, wenn sie als kleine Bündel gleichzeitig zu Grunde gegangen sind, innerhalb der umgebenden körnigen Masse als parallele Körnchenstreifen unterscheiden. An einzelnen der frei vortretenden, noch glatten Axeneylinder war eine äusserst feine und zarte, scheidenartig sie umfassende Hülle wahrzu- nehmen, die sich stellenweise etwas von ihrer Substanz abgehoben hatte. 4) In allen Abschnitten der Grenzzone, sowohl innerhalb der erkrankten als der mit unveränderter Glia, finden sich in ziemlicher Häufigkeit Varikositäten der Axeneylinder, die auf umschriebene Abschnitte derselben beschränkt sind und ihrem späteren Zerfall vorausgehen. Die Varikositäten besitzen eine rundliche oder ovale, mit- unter kegel- oder keulenförmige, seltener spindelförmige Gestalt, sind häufig vorwiegend einseitig ent- wiekelt, so dass die Verlängerung der Axe des Axencylinders nieht durch ihre Mitte geht und zeigen eine Zusammensetzung aus feinen Körnchen, die bald gleiehmässig dieht gestellt, bald truppweise diehter zusammengedrängt sind und vereinzelter eingestreute derbere Körnchen enthalten. Wenn die Körnchen sehr fein und dabei gleichmässig und sehr dicht gestellt sind, sind die einzelnen nicht scharf von einander zu scheiden, das ganze Gebilde erscheint dann mehr homogen und sehr matt glänzend, dagegen tritt die Granulirung sehr deutlich hervor, wenn die Körnehen ungleich dicht gestellt und wenn neben den feinen auch noch derbere eingestreut sind. Mitunter sind zwischen den Körnchen noch einzelne feine und kurze, der Axe des Axeneylinders parallele Fäserchen zu unterscheiden. Durch Karmin nehmen die Varikositäten wie die Mehrzahl der nakten Axencylinder keine oder nur eine schwache Färbung an, färben sich dagegen in !|, pe. Lösung von Osmiumsäure dunkelbraun bis dunkelgrau; auf Zusatz von verdünnter Natronlauge werden sie blasser und durchscheinender, ohne zu verschwinden. Nur die wenigsten, meist die kleineren Formen, - besitzen noch einen vollständigen Ueberzug; durch die Markscheide; dieselbe hört bei den grösseren Varikositäten schon an der Grenze des unveränderten Abschnittes des Axeneylinders auf oder bildet nur längs eines Theils des Umfangs der ersteren eine continuirliche Lage und endet als eine verdünnte, häufig in einzelne unregelmässig gestaltete Fortsätze auslaufende und durch ausgebuchtete Contouren begrenzte Lamelle, die selbst wieder zu einzelnen kleinen, glänzenden Kügelchen zerfallen kann; seltner ist die nur einen Theil der Ober- fläche der Varikosität deckende Marklamelle verdickt oder aus dem Zusammenhang mit den zugehö- rigen Abschnitten der Markscheide gelöst. Da wo die Oberfläche der Varikositäten von in Heerdsub- stanz eingebetteten Nervenfasern unbedeckt vom Mark ist, tritt ein linearer, fortlaufender, hie und da kleine Ausbuchtungen und Einziehungen zeigender Contour derselben mitunter noch hervor, in anderen 86 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen Fällen fehlt er dagegen, es erscheinen dann innerhalb der körnigen Substanz der Umgebung die Va- rikositäten nur als etwas dichtere und dunklere Körnchenaggregate, die Körnchen in der Peripherie etwas weiter aus einander gerückt und so allmählig in die Körnchenmasse der Umgebung auslaufend. An Stellen, wo sich die Varikositäten in grösserer Zahl finden, lässt sich an den Schnitträndern ihr Zusammenhang mit nakten Axeneylindern und mit markhaltigen Fasern und das Verhalten des Marks an der Uebergangsstelle zur Varikosität leicht verfolgen, daneben sieht man aber auch Varikositäten mit oder ohne anhaftende Markschalen, die nach einer oder nach beiden Seiten hin ganz aus ihrem Zusammenhang mit den zugehörigen Faserstücken ausgelöst sind und sich bei Strömungen der zu- gesetzten Flüssigkeit leicht ganz von ihrer Umgebung ablösen. Die innerhalb des Schnitts liegenden, nicht mehr mit den zugehörigen Fasern zusammenhängenden Varikositäten werden nur von körnigem, mit Markresten vermischten Gewebe umgeben. Dass von den Stellen aus, wo innerhalb der Grenzzone die Nervenfasern im Zerfall begriffen sind, ein Schwund der letzteren eintreten und sich von der Heerdumgebung aus peripherisch weiter erstrecken kann, ging aus den Befunden von manchen Schnitten hervor, an denen die Umgebung der Heerde nach der einen oder anderen Richtung hin ein auffallend lichtes, wie durchbrochenes Aussehen zeigte. Dasselbe war bedingt durch den Schwund eines grossen Theils der Nervenfasern und zwar des Marks allein oder auch der Axencylinder, während die Veränderungen der Glianetze weniger er- heblich waren. Dieselben besassen zum Theil noch ihre fasrige Struktur, traten nach Ausfall der Nervenfasern als ein fasriges, leere Maschen umschliessendes Gerüst hervor, zum Theil waren sie ge- schwellt und körnig, aber auch dann unter Beibehaltung ihrer Netzform, ohne zu einer continuirlichen körnigen Schicht zu verschmelzen. In Fig. 17, a—x sind die an den Nervenfasern wahrzunehmenden Veränderungen wiedergegeben, Ablösungen des Marks vom Axencylinder bei b, f, g, h, k und x (bei x mehrere in kurzen Abständen sich folgende Markablösungen), bei i und I zwei freie Axeneylinder, bei i mit anhaftender Markschale und Markringeln, bei 1 mit einer zarten, den Axencylinder einschliessenden Scheide, Varikositäten der Axeneylinder, theils mit markhaltigen Fasern, theils mit nakten Axencylindern zusammenhängend bei a—f und bei p—x. Dieselben besitzen eine vollständige Markhülle bei a, b, r und t, eine unvoll- ständige bei ce, d,e, p, q, S, u, w und x; bei q, s und v Zerfall der Markhülle zu einzelnen Mark- kügelchen. Ganz aus dem Zusammenhang mit Nervenfasern ausgelöst sind die Varikositäten m, n und o, o aber noch mit einer partiellen Markhülle versehen. Die Zusammensetzung der grösseren linsen- bis bohnengrossen Heerde bot in einiger Beziehung ein abweichendes Verhalten, weil es einmal in denselben zur Bildung eigenthümlieher Körper von zellenartigem Aussehen aus der körnigen Heerdsubstanz gekommen war, die an manchen Stellen in grosser Häufigkeit eingelagert waren und weil ausserdem die Produkte einer rückgängigen Meta- morphose der Körnchenmasse in Form von Fetttropfen, Fettkrystallen und von der Verfettung ent- gegengehenden umschriebenen Anhäufungen von Körnchen auftraten, die mitunter in solcher Menge in die Heerdsubstanz eingelagert waren, dass diese schon makroskopisch durch ihre gelbliche Färbung auffie. Kerne fanden sich im Innern der grösseren Heerde zwar häufiger als im Innern der kleinen, im Ganzen waren sie aber auch hier sehr spärlich vertheilt, fehlten an manchen Heerdabschnitten ganz und ihre Menge nahm erst innerhalb der Heerdperipherie und in der Grenzzone zu, wo sie schon durch ihre lebhafter rothe Farbe auffielen, während die meisten Kerne im Innern der Heerde nur eine ganz schwache Färbung angenommen hatten und da sie auch nach dem Brechungsvermögen ihres Innern sich fast gar nicht von der umgebenden Heerdsubstanz unterschieden, leicht ganz übersehen werden bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 87 konnten. Wo im Innern der Heerde die Menge der Kerne eine beträchtlichere war, waren dieselben ungleichmässig vertheilt, es wechselten kernreichere mit kernärmeren Abschnitten und nur im Innern eines kleinen Heerdes aus den Vierhügeln waren beim Fehlen von Fibrillen kleine Kerne in solcher Zahl vorhanden, dass die Schnittfläche mit ihnen wie bepflastert aussah. Bei einem Theil der Kerne waren die Membran wie die Körnchen und Fäden ihres Innern derber als an den Kernen der kleinen Heerde. Die ungleiche Vertheilung der Kerne war in der Grenzzone viel auffallender als im Innern der Heerde, sie fanden sich in der ersteren einzeln oder in kleinern Gruppen von 3—5 zu 50— 80 oder zu 8SO— 100 in einem Gesichtsfelde. Die Menge der Fibrillen, ihre Länge und Stärke hat in einem Theil der grossen Heerde beträchtlich zugenommen, und bei ihrer Stärke, ihrer scharfen Be- grenzung und ihrem Glanz heben sieh jetzt auch die senkrecht zur Sehnittfläche verlaufenden sehr deutlich von den feineren Körnchen der Heerdsubstanz ab. Neben den einzelnen in verschiedenen Richtungen verlaufenden und sich vielfach durehkreuzenden Fibrillen treten schmälere gerade oder etwas wellig verlaufende Fibrillenschleifen sowie breitere Fibrillenbündel von grösserer Länge auf und begrenzen Schichten unveränderter Heerdsubstanz von wechselnder Mächtigkeit. Unter den Fibrillen und Fibrillenbündeln lassen sich meist solche unterscheiden, welche sich parallel zu den in den Heerd einstrahlenden Nervenfäsern entwiekelt haben, wie dies in ausgesprochener Weise im Innern des grös- seren, in der rechten Brückenhälfte gelegenen Heerdes der Fall war, in welchem die Hauptmasse der hier zum grossen Theil ziemlich derben Fibrillen parallel den longitudinalen Brückenfasern den Heerd durchsetzte, während andere ebenfalls mächtige Fibrillenzüge parallel den Faserzügen der Brückenarme von rechts nach links verliefen. Die Menge der Fibrillen, ihre Länge und Stärke, nimmt nach der Heerdgrenze hin ab, es finden sich an der letzteren wie innerhalb des körnigen Gewebes der Grenzzone vorwiegend kürzere, sehr feine und zum Theil noch gekörnte Fibrillen. Innerhalb der vorwiegend fibrillären Heerde wie innerhalb derer mit Produkten der rück- gängigen Metamorphose waren bald sparsam, bald in grosser Häufigkeit neben den frei in die Reste der Heerdsubstanz eingelagerten Kernen zellenähnliche Gebilde enthalten, die ich als Gliakörper be- zeiehnen will und die man, ohne die Entwicklung des pathologischen Prozesses zu verfolgen, versucht sein könnte, sämmtlich für nur mehr oder weniger veränderte alte Gliazellen zu halten. Zunächst fanden sich an manchen Stellen zwischen den Fibrillen runde oder ovale Kerne, von deren Polen lange, glänzende und derbe, mitunter gabelförmig gespaltene fasrige Anhänge ausgingen, die breit den Kernpolen ansitzend, sich allmählig verjüngen und als feine Fasern frei zwischen den umgebenden Fibrillen oder in der Heerdsubstanz auslaufen. Bei der gewöhnlichen Form der grauen Degeneration habe ich diese Körper in viel grösserer Häufigkeit angetroffen und darauf hingewiesen 1), dass sie nicht einfach als veränderte, in dem neuen Gewebe persistirende alte Zellen angesehen werden können. In bei Weitem grösserer Häufigkeit als diese spindelförmigen Körper fanden sich im vorliegenden Fall in den Heerden andere von ebenfalls zellenartigem Aussehen, aber sehr wechselnden Formen, bei denen sich ihre Entwicklung aus umschriebenen Abschnitten der sich bildenden Heerdsubstanz deutlich ver- folgen und nachweisen liess, wie aller Wechsel in der äusseren Form der Gliakörper nur bedingt ist durch einen Differenzirungsprozess der Heerdsubstanz zu äusserst feinen und gleichmässig dicht ge- stellten Körnchen, der sieh nach sehr verschiedenen Richtungen hin entwiekeln kann. Im Innern des Heerdes haben die Gliakörper durch Verdichtung ihrer Substanz häufig ein noch mehr verändertes Aussehen erlangt und sind aus ihren früheren Verbindungen ganz gelöst, dagegen lässt sich inner- halb der Grenzzone ihre Entwieklung aus Knotenpunkten der Netze deutlich verfolgen. Die Heerd- 1) Untersuchungen über die normale und pathologische Anatomie des Rückenmarks, 2. Theil, pag. 98. 88 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen grenzzone zeigt im Wesentlichen hier dasselbe Verhalten wie in der Umgebung der kleinen Heerde, nur war ihre Ausdehnung im Verhältniss zur Grösse des Heerdes meist weniger beträchtlich, über- stieg den Durchmesser des letzteren nur selten und innerhalb der derberen balkigen Züge von Heerdsubstanz, wie innerhalb der knotigen, mit ausgreifenden Fortsätzen versehenen Centren der- selben (zum Theil wohl den Querschnittsbildern der Balken) wechselten gleichmässig körnige, nur spärliche Reste von Nervenfasern einschliessende, durch Karmin dunkler gefärbte und bereits be- ginnende Fibrillenbildung zeisende Stellen mit andern, schwächer durch Karmin gefärbten ab, in welchen die Nervenfasern weniger vollständig zu Grunde gegangen, die Körnchen der Heerdsubstanz ungleich vertheilt, bald mehr bald weniger dicht gestellt waren und in denen neben den letzteren noch Reste weniger veränderter Theile der Glianetze enthalten waren. Es weisen diese Beobachtungen darauf hin, dass die Weiterentwicklung der Heerdsubstanz von ihren Anfängen aus nicht in der Weise erfolgt, dass die Erkrankung des Bindegewebes von einer Schicht der Glianetze auf die nächste fort- schreitend, den gänzlichen Zerfall der betheiligten Nervenfasern und ein gleichmässiges Wachsthum des Heerdes bewirkt, sondern dass mehr und weniger veränderte Schichten der Glianetze mit einander abwechseln, so dass, wenn einmal die neugebildeten Lagen künftiger Heerdsubstanz eine gewisse Mächtigkeit erreicht haben, innerhalb derselben sich Gewebsabschnitte unterscheiden lassen, in denen der krankhafte Prozess eine grössere, und andere, in denen er eine geringere Höhe erreicht hatte. Nachträglich kann es aus den noch persistirenden Glianetzen noch zur Bildung körniger Heerdsubstanz und zum fast völligen Zerfall und Schwund der übrig gebliebenen Nervenfasern kommen, so dass dann das Heerdinnere überall ein gleichartig körniges Aussehen bietet und nur Verschiedenheiten nach der mehr oder weniger gleichmässigen Verbreitung der Körnchen innerhalb der Schnittfläche wie nach der Dichte ihrer Stellung bestehen; tritt aber an den betreffenden Stellen eine solche nachträgliche Bildung von Heerdsubstanz nicht ein, so schwinden später nur die in ihnen -noch enthaltenen Nervenfasern, während die wenig veränderten Glianetze als solche erhalten bleiben, leere Maschen umschliessen und später, wenn sie aus der Grenzzone in das Innere des Heerdes gerückt sind, sich in demselben noch sehr wohl unterscheiden lassen. Dieselben kleinen mikroskopischen, theils kernhaltigen, theils kernlosen Plaques nun, welche sich zwischen den noch markhaltigen Fasern in der Grenzzone der kleinen mohn- korngrossen Heerde fanden, finden sich auch innerhalb der Grenzzone der grösseren Heerde und treten innerhalb der an markhaltigen Fasern reicheren Abschnitte wie eingesprengt zwischen die letzteren, zu 6—18 in einem Gesichtsfelde hervor. Sie nehmen sämmtlich Karminfärbung an, ein Theil derselben färbt sich aber auffallend dunkler als die übrigen und zeigt dabei einen Inhalt aus ausserordentlich feinen und dabei so dicht gestellten Körnchen, dass die ganzen Gebilde bei Anwendung einer 500fachen Vergrösserung häufig fast homogen oder nur äusserst fein punktirt erscheinen und meist erst bei An- wendung einer 900fachen Vergrösserung die einzelnen Körnehen deutlich gesondert wahrgenommen werden können. Etwas derbere Körnchen, von der Grösse kleiner Kerukörperchen finden sich zwar in die diehte Masse der feinen eingestreut, aber immer nur ganz vereinzelt, ebenso kommen feine und kurze zwischen den Körnchen verlaufende Fäden nur ganz vereinzelt oder zu wenigen vor und ver- laufen dann meist unter einander und dem Längsdurchmesser des Gliakörpers parallel. Wo sich etwas längere Fäden finden, lassen sich an denselben wie an den jungen Fibrillen einzelne durch ein- geschaltete Körnchen mit einander verbundene Abschnitte unterscheiden. Von Körnchennetzen ist bei der dichten Stellung der Körnchen keine Spur wahrzunehmen und nur einmal gelang es, an einem beschränkten Abschnitte eines Gliakörpers verbindende Fäden zwischen den hier etwas weiter aus einander gestellten Körnchen zu unterscheiden. Die Schwellung und äusserst feine und diehte Granu- bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 89 lirung der Gliasubstanz beschränkt sich aber häufig nicht blos auf die grösseren und kleineren Knoten- punkte, sondern erstreckt sich von ihnen aus auch noch auf kürzere oder längere Strecken der ab- gehenden Fortsätze oder eines Theils derselben. Kerne fehlen sehr häufig in den Gliakörpern ganz, wo sie vorkommen, finden sie sich einzeln oder zu mehreren und sind häufig nur schwer wahrzu- nehmen, da sie ihrem Inhalt und Brechungsvermögen nach sich von der Substanz der Gliakörper oft fast gar nicht unterscheiden und ihre zarte Membran leicht ganz übersehen wird. Bei den beträcht- lichen Dimensionen, welche die Gliakörper erreichen und ihrem dichten Gefüge erklärt es sich leicht, dass sich in ihrer unmittelbaren Umgebung besonders häufig Ablösungen des Marks der anliegenden Nervenfasern allein oder auch Zerfall der Axeneylinder und somit vollständige Continuitätstrennungen der Nervenfasern finden. Während nun die Bildung der Heerdsubstanz weiter fortschreitet, die Glia- netze in grösserer Ausdehnung zu körnigen Massen verschmelzen, die Nervenfasern zerfallen und die Fibrillenbildung eingeleitet wird, können die Gliakörper fortbestehen, ohne weitere Veränderungen zu erfahren, sie werden allmählig mehr oder weniger dicht von der Heerdsubstanz umschlossen, greifen mit ihren Fortsätzen in dieselbe bald mehr bald weniger weit ein und werden mit dem weiteren Hin- ausrücken der Heerdgrenzen allmählig zu Theilen des Heerdinnern. Sie unterscheiden sich dann von normalen Knotenpunkten der Glia nicht allein durch ihre beträchtlichere Grösse und die feine Granu- lirung, sondern viele auch durch ein auffallendes Verhalten der Fortsätze, die bald nur als kurze Zacken vortreten, bald auf längere Strecken zu verfolgen sind, bald verästelt sind, bald nicht, häufig nur zu wenigen vertreten und im grösseren Theil des Umfangs des Gliakörpers ganz fehlen können, Ver- schiedenheiten, die sich daraus erklären, dass die feine und dichte Granulirung, wie sie die Gliakörper charakterisirt, sich von diesen aus bald auf eine grössere, bald auf eine geringere Zahl ihrer Fortsätze erstreckt und in diesen wieder bald längere Abschnitte, bald nur die dem Gliakörper benachbarten betroffen hat, während die Fortsätze, in welchen es zwar zu einer Schwellung, aber nicht zu einer gleichmässig feinen Granulirung gekommen ist, mit der etwas gröber körnigen Heerdsubstanz ver- schmelzen. Es treten unter diesen Verhältnissen die Gliakörper als scheinbar fremdartige Bildungen innerhalb der umgebenden feinkörnigen oder fibrillären Heerdsubstanz auf und sie bekommen ein noch auffallenderes Aussehen, wenn es, später zu einer Verdichtung ihrer Substanz kommt oder wenn sich einzelne Abschnitte ihrer Peripherie an der Fibrillenbildung betheiligen. Im ersteren Fall schwindet der zarte, feine Grenzceontour in grösserem oder geringerem Umfang und wird durch einen mehr oder weniger breiten, hellen, glänzenden Saum ersetzt, innerhalb dessen einzelne Körnchen nicht mehr unterschieden werden können, die Fortsätze werden in starre, glänzende und ebenfalls homogene Fasern umgewandelt und später kann auch das Innere des Körpers in grösserer oder geringerer Aus- dehnung die gleiche Beschaffenheit annehmen. In manchen Heerdabschnitten waren die Gliakörper in solcher Häufigkeit eingelagert, dass schon ihre Menge die Annahme nicht zuliess, dass sie nur aus veränderten kernhaltigen Knotenpunkten (Zellen) hervorgegangen seien, vielmehr die Vermuthung nahe legen musste, dass die Mehrzahl derselben aus geschwellten Knotenpunkten der Netze entstanden sei, die kernlos bleiben oder in denen es zur Bildung von einem oder von mehreren Kernen kommt. Ziemlich häufig bilden die Gliakörper aber auch den Ausgangspunkt von fibrillären Auswachsungen, von theils sehr feinen oder etwas derberen, parallelen oder sich spitzwinklig kreuzenden Fasern, die in dichter Stellung von einem Theil der Peripherie des Gliakörpers entspringend, den Grenzeontour in grösserer oder geringerer Ausdehnung verdecken und sich unmittelbar in das körnig-fibrilläre Gewebe der umgebenden Heerdsubstanz fortsetzen. Sie sind bald ziemlich gleichmässig vertheilt, bald bündel- weise dichter gestellt, unverästelt und meist ziemlich kurz, so dass nur einzelne derbere sich auf etwas Jen. Denkschriften II. 2. 12 90 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen grössere Strecken in die umgebende Heerdsubstanz hinein verfolgen lassen. Vereinzelt verschmelzen kurze und feine benachbarte Fibrillen zu einer einzigen derberen und längeren. Der nicht von den fibrillären Auswachsungen eingenommene Theil des Umfangs des Gliakörpers wird durch einen zarten, ununterbrochenen Contour begrenzt oder es ist bereits zu einer Verdichtung der peripheren Abschnitte des ersteren, zur Bildung eines glänzenden Grenzsaumes gekommen. An den Gliakörpern, von deren Peripherie nur vereinzelte Fäserchen oder kleine Bündel derselben abtreten, sieht man an und in der Nähe der Abgangsstelle die Körnchen derber und stärker glänzend werden, etwas weiter aus einander rücken und kann sich bei genügender Vergrösserung leicht davon überzeugen, dass die Fibrillen aus den Körnehen entspringen, in ihnen wurzeln. Wo die fibrillären Auswachsungen einen grösseren Theil der Oberfläche des Gliakörpers einnehmen, fällt der ganze fibrilläre Abschnitt des letzteren durch seine gröbere Granulirung auf und auch hier lässt sich, für einen Theil der Fibrillen wenigstens, ihr Zu- | sammenhang mit derberen Körnchen nachweisen. Es können fibrilläre Auswachsungen aber auch von dem ganzen Umfang der Gliakörper ausgehen, die letzteren sind dann meist fortsatzlos, erscheinen als runde oder ovale, aus theils sehr feinen, theils derberen Körnchen zusammengesetzte Gebilde, die nur durch die grössere Dichtigkeit ihres Inneren, ihre dunklere Karminfärbung und die radienartige Anord- nung der von ihnen abgehenden kürzeren und längeren Fibrillen sich als besondere Gebilde von der umgebenden Heerdsubstanz abheben. In Fig. 17 finden sich in der körnig fibrillären Heerdsubstanz eine Anzahl grösserer und klei- nerer, kernloser, sehr fein granulirter Gliakörper, die mit kurzen zackigen Fortsätzen versehen sind und eine sehr dunkle Karminfärbung angenommen haben. Die Gliakörper a—e, Fig. 19, besitzen zahl- reiche, zum Theil verästelte Fortsätze, erscheinen bei 500facher Vergrösserung fast homogen, sind bis auf b und e kernlos und an den meisten Stellen mit einem verdichteten Grenzsaum versehen, der bei f und g in grösserer Ausdehnung durch einen zarten Contour ersetzt wird; bei g ein Paar sehr feine und kurze fibrilläre Auswachsungen. In grösserer Häufigkeit finden sich die letzteren bei einem Theil der in Fig. 20 abgebildeten Gliakörper, an denen auch das Wurzeln der Fibrillen in derberen Körnehen bei e und e—.h deutlich vortritt. a, b, e und e sind äusserst feinkörnig, zart contourirt, a mit einem derberen, central gelegenen, kernkörperchenartigen Korn, b und e mit je einem Kern; bei f nehmen die büschelförmig abtretenden Fibrillen einen grösseren Theil der Oberfläche des Gliakörpers ein, so dass nur sein unterer in zwei Fortsätze auslaufender Abschnitt frei bleibt und bei g und h entspringen Fibrillen von der ganzen Oberfläche der fortsatzlosen, abgerundeten Gebilde. i Gliakörper, der sich in seinem oberen rechtseitigen Umfang zu einem hellen glänzenden Grenzsaum verdichtet hat, dessen äusserst fein granulirtes Innere ein Paar derbere Körnchen einschliesst und der mit feinen zackigen Fortsätzen in die umgebende, gröber granulirte und siebartig durchbrochene Heerdsubstanz eingreift. d normale Gliazelle aus dem die Gliakörper b und e umgebenden Gewebe. Fig. 21 a—e Gliakörper aus Brückenheerden, in denen sie zum Theil sehr beträchtliche Di- mensionen erreicht haben, nach Form und Beschaffenheit aber ein ganz analoges Verhalten wie die Gliakörper aus den Heerden des Grosshims zeigen; ein etwas ungewöhnliches Aussehen bot nur der Gliakörper c, dessen Inneres beim Fehlen von fibrillären Auswachsungen zahlreiche derbere Körnchen in gleichmässiger Vertheilung aufwies. Ihrer ursprünglichen Zusammensetzung nach den Gliakörpern verwandt sind Bildungen, die sich innerhalb der Heerde wie in der Grenzzone bald sparsam, bald in solcher Menge finden, dass sie den grösseren Theil des Gesichtsfeldes einnehmen — in der fettigen Metamorphose begrifiene kleinere oder grössere Abschnitte von Heerdsubstanz, Fettkörper, die wie die Gliakörper von bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 91 ihren Umgebungen, namentlich wenn sie etwas grössere Dimensionen erreicht haben, ziemlich scharf abgesetzt erscheinen und daher zunächst auch den Eindruck fremdarliger Einlagerungen in die körnige oder körnig-übrilläre Masse machen. Es sind im optischen Durchschnitt rundliche, ovale oder unregelmässig polygonale Bildungen, deren Durchmesser zwischen dem eines Gliakerns und dem einer der grösseren Ganglienzellen der Vorderhörner schwankt, die zum Theil flach, schuppenförmig gestaltet sind, zum Theil aber eine beträchtlichere Tiefenausdehnung erreichen und dann häufig mit kolbiger Verdickung an dem einen oder anderen Ende versehen sind. Sie besitzen bald nur einen matten Glanz. bei hellem, weissen, milchglasartigen Aussehen, bald einen starken Glanz mit einer deutlich vortretenden gelben Färbung und lassen meist eine Zusammensetzung aus feinen und sehr dicht ge- stellten Körnchen erkennen, mitunter auch aus feinsten und dichtesten Körnchennetzen. Je stärker der Glanz und das gelbe Aussehen werden, um so weniger deutlich treten die Körnchen im Innern hervor, um so mehr bekommen die ganzen Fettkörper ein homogenes Aussehen. Nach Behandlung mit Gold- chloridlösung nehmen sie eine lebhaft violette, durch Hämatexylin eine dunkelblaue, in Osmiumsäure eine bald hellere bald dunklere braune Färbung an. Durch Karmin werden sie meist nur blassroth gefärbt, häufig wechseln aber in ihrem Innern dunkler gefärbte und weniger glänzende Abschnitte mit stärker glänzenden und schwächer gefärbten und bei manchen tritt ein dunkler gefärbter Kern in ihrem Innern deutlich hervor ‘oder ragt von einem Theil ihrer Peripherie in die angrenzende Heerdsubstanz hinein. Nach mehrstündiger Einwirkung von Natronlauge treten die Unterschiede in ihrer Struktur deutlicher hervor, bei denen mit mattem weisslichen Glanz der feinkörnig-fasrige Inhalt, während die stärker glänzenden, gelblich gefärbten entweder ein ganz homogenes Aussehen behalten oder in eine Anzahl kleinerer ebenfalls homogener und gelblicher Körper zerfallen, zwischen denen sich Reste von Körnchen und Fäserchen finden, die noch nicht fettig zerfallen sind. In Aether und Terpentinöl zeigen die Fettkörper ein verschiedenes Verhalten, manche lösen sich in beiden Flüssigkeiten rasch und voll- ständig auf, andere werden nur durchscheinender, behalten aber ihre Contouren und ihre Form, lassen auch wohl in ihrem Innern hellere Partien und Lücken wahrnehmen, in denen Körnehen und Fäser- chen, mitunter auch einzelne Kerne deutlicher vortreten, noch andere erfahren eine theilweise Lösung, so dass Defekte in den Randpartien wahrnehmbar, die Contouren verändert und durch kleine Lücken unterbrochen werden. Das wechselnde Verhalten der Fettkörper gegen Aether und Terpentinöl beruht aber vielleicht nicht blos auf der mehr oder weniger vollständigen Verfettung der Körnehen und Fä- serchen ihres Inhalts, sondern auch darauf, ob und in welcher Ausdehnung die sehr geringen Mengen von der die letzteren zusammenhaltenden Kittsubstanz mit in den Bereich der Verfettung gezogen sind. Was die Beziehungen der entwickelten Fettkörper zum umgebenden Gewebe anlangt, so scheint es häufig, als wären die letzteren ganz abgeschlossene, mit den Körnchen der Heerdsubstanz überhaupt nicht in Zusammenhang stehende Gebilde; sie besitzen dann einen gleichmässig fortlaufenden Grenz- contour, der sich scharf von der anstossenden Heerdsubstanz abhebt oder sie sind von der letzteren sogar stellenweise durch einen schmalen Spalt getrennt, in welchen Körnchen und kurze feine Fäser- chen frei prominiren und dessen Entstehung wohl nur als eine Folge des Drucks beim Schneiden an- zusehen ist. In anderen Fällen dagegen liegen dem Umfang des Fettkörpers Gruppen, Reihen und Züge dicht gestellter Körnchen an, die durch ihren hellen Glanz sich von den umgebenden Körnchen unterscheiden und unter einander zu faserartigen resp. lamellösen, kleine knotige Verdickungen zei- genden Bildungen verschmelzen, die später wie die in rundlichen Gruppen verfeitenden Körnchen sich als neue Schichten dem Fettkörper anlegen können, oder es greift der letztere mit kurzen, spitz en- denden, mitunter verzweigten zackigen oder dornenartigen Fortsätzen unmittelbar in die umgebende 12* 92 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen Heerdsubstanz ein und man sieht dann die Zacken unter Blässerwerden ihrer Substanz, Abnahme des Glanzes und der Schärfe der Contouren allmählig in die körnige Heerdsubstanz auslaufen. Seltener erfolgt der Uebergang des Inhaltes des Fettkörpers in die Heerdsubstanz in der Weise, dass sein Um- fang nur theilweise scharf umrandet ist und der Contour unterbrochen wird durch Stellen, an denen der körnige Inhalt des Fettkörpers ganz allmählig und unter Abnahme seines Glanzes in die Heerd- substanz übergeht. — Das Verhalten der Fettkörper zu den Nervenfasern innerhalb der Heerdgrenz- sehiehten ist leichter als im Gehirn an Heerden der Medulla oblong. und des Rückenmarks zu ver- folgen, wegen des hier beträchtlicheren Durehmessers der Nervenfasern. Die Fettkörper finden sich hier schon an Stellen, wo erst einzelne Gliaknotenpunkte sich vergrössert haben, körnig geworden sind, bald Kerne enthalten, bald nicht und es lassen sich in einem Gesichtsfeld häufig 10, 20 und mehr Fettkörper unterscheiden, die noch keine beträchtliche Grösse erreicht und sich aus vergrösserten Knotenpunkten allein entwickelt haben oder aus körnigen Abschnitten der Netze, welche eine einzelne oder zwei markhaltige Fasern umfassen, so dass die letzteren vom Fettkörper eingeschlossen werden. Es fällt dann an Karminpräparaten umschlossen vom Fettkörper zunächst der roth gefärbte Axencylinder auf, erst bei genauerer Betrachtung gewahrt man die Markscheide, die bei dem geringen Unterschiede ihres Breehungsvermögens von dem des Fettkörpers nicht scharf gesondert vortritt und bald noch als ein geschlossener Ring (Cylinder) den Axeneylinder umgiebt, in anderen Fällen Unterbrechungen ihrer Continuität durch einzelne diskrete Markkörnchen oder Markkügelchen zeigt. Seltener als markhaltige Fasern umschliessen die Fettkörper nakte Axeneylinder, es scheinen dieselben nach Schwund der Mark- scheide rasch zu Grunde zu gehen; im Innern mancher Fettkörper finden sich zwar feine röthliche Spalten mit etwas körnigem Inhalt, den man für einen Rest des Axencylinders ansehen könnte, der aber ebenso wohl körniger noch nicht verfetteter Heerdsubstanz angehören kann. Häufiger als zwischen den markhaltigen Fasern finden sich die Fettkörper innerhalb der mächtigeren Schichten und Lager feinkörniger Substanz, erreichen hier beträchtlichere Dimensionen und lassen dieselben Beziehungen zu ihren Umgebungen erkennen, wie sie aus den Befunden von Gehirnheerden mitgetheilt wurden. — Ein eigenthümlicher Befund, den ich hier anreihen will, ergab sich bei der Untersuehung der Grenz- zone einzelner Heerde aus der weissen Substanz des Rückenmarks; an Stellen, wo die Fasernetze zwar bereits eine mehr oder weniger beträchtliche Schwellung und Granulirung erfahren hatten, die Mehr- zahl der Nervenfasern aber noch erhalten und markhaltig war, war eine nahezu vollständige Verfettung einzelner umschriebener Netzabschnitte eingetreten, so dass ausser einzelnen Kernen innerhalb derselben nur ganz vereinzelte kleine Gruppen von Karminfärbung annehmenden Körnchen unterschieden werden konnten. Die Verfettung war eine vollständigere als bei den meisten Fettkörpern, indem innerhalb .der breiten, stark lichtbrechenden Maschensepta ausser den eben erwähnten überhaupt keine Körnehen mehr wahrnehmbar waren; dabei war aber die Form des früheren Gerüsts noch erhalten, dasselbe setzte sich unmittelbar in nicht verfettete Abschnitte der geschwellten Glianetze fort, dagegen waren die Maschen hier leer, die Nervenfasern vollständig geschwunden. Seltener als die Fettkörper und nur in manchen Hirnheerden fanden sich kleinere und grössere gelbliche, vollkommen homogene Fetttropfen, welche die Grösse eines Kerns erreichen können und theils als kleinere und grössere Aggregate regellos in die feinkörnige Heerdsubstanz eingestreut sind, theils eine kranzförmige Einfassung der Fettkörper und innerhalb der grauen Substanz auch vieler ver- änderter oder nicht veränderter Ganglienzellen bilden. Ausser den Fettkörpern und Fetttropfen bildeten auch Fettkrystalle (sogenannte Margarin- krystalle) einen Bestandtheil der Heerde, waren in denselben theils einzeln und dann häufig in linearer bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 93 Anordnung, theils in mehr oder weniger dicht gestellten Gruppen und Büscheln und durchschnittlich in grösserer Menge eingelagert als die Fettkörper, wenn auch innerhalb der einzelnen Heerde stellen- weise die Menge der letzteren überwog. Beim Einschmelzen der Krystallbüschel in Terpentinöl oder in bis zu 30° €. erwärmten absoluten Alkohol wandeln sich dieselben zunächst in semmel- oder bis- kuitförmige Schollen um, die häufig ein siebartig durchbrochenes Aussehen erlangen, sich dann zu einem Strickwerk von glänzenden Fäden und zu Kügelehen sondern, die häufig perlschnurartig hinter einander aufgereiht sind, nach deren Lösung Gewebslücken übrig bleiben, die meist noch. körnige und feinfasrige Reste der ursprüngliehen Heerdsubstanz enthalten. In den gelblich aussehenden, an Kıy- stallen und Fettkörpern reichen Heerden finden sich zwischen diesen Einlagerungen ausser vereinzelten Kernen nur spärliche, die Reste der Heerdsubstanz durehziehende Fibrillenbündel und nur inselartig kommen Stellen vor, wo beim Fehlen der Krystalle und Fettkörper die Kerne in grösserer Menge auf- treten und dichter gelagerte, mächtigere Fibrillenbündel die Heerdsubstanz durchziehen, welche letztere in den grau gefärbten Heerden von festerem Gefüge neben wechselnden Mengen von feinkörniger Sub- stanz den Hauptbestandtheil ihres Gewebes bilden. Die Zahl der Gefässe mit veränderten Wandungen war an sich nicht beträchtlich, doch ver- hältnissmässig etwas grösser als im Bereich der kleinen, mohnkorngrossen Heerde, die Arterien ganz frei oder nur ihre Adventitia kernreicher als normal. An den Capillaren und kleinen Venen waren die Gefässmembran oder die Adventitia oder beide betroffen, die körnige Schwellung derselben erreichte das 4—6fache ihres normalen Durchmessers oder war von einer wenn auch nicht beträchtlichen Vermehrung der Kerne begleitet, so dass nur selten mehr als drei Kerne zusammen- liegend getroffen wurden. Die körnig gewordenen Membranabschnitte sind Anfangs durch nieht ver- änderte von einander getrennt, erstrecken sich erst später in annähernd gleichem Grade über grössere Strecken und erfahren dann einen Verdichtungsprozess, mit dessen Vorschreiten die körnige Beschaffen- heit der Membran sich mehr und mehr verliert, die letztere erlangt ein mehr homogenes, glänzendes Aussehen und bewirkt je nach ihrer grösseren oder geringeren Dicke eine mehr oder weniger be- trächtliche Verengerung des Gefässlumens, bis zur Hälfte oder den dritten Theil seines früheren Durch- messers. Capillarmembran und Adventitia lassen sich, auch wenn es in beiden zu einer Verdickung gekommen ist, in der Regel deutlich von einander scheiden, mitunter kommt es aber zu einer Ver- sehmelzung beider Häute, zur Bildung einer einzigen dicken Gefässhülle, deren Durchmesser an ver- schiedenen Stellen des Gefässes wieder Schwankungen unterliegen kann. Innerhalb der Grosshirnheerde fanden sich neben Gefässen mit verdickten und verdichteten Wandungen überall solche mit erst ge- schwellter und noch trüber, körniger Membran und Adventitia, in den grösseren Brückenheerden war dagegen der Prozess an den Gelässen meist schon abgelaufen, die verdickten Wandungen homogen und glänzend, dagegen war auch hier wie in den Heerden des grossen und kleinen Gehirns die ad- ventitielle Lymphscheide sehr häufig erfüllt und stellenweise ausgedehnt theils durch kleinere und grössere mehr oder weniger dicht an einander gedrängte Fetttropfen, theils durch farblose Zellen, ein- zelne freie Kerne und Haufen feinerer und derberer, aus dem Zerfall der weissen Blutkörperchen her- vorgegangener Körnehen und Körner, die zum Theil schon in der fettigen Metamorphose begriffen waren, einen matten Glanz besassen und nach Färbung der Schnitte mit Osmiumsäure eine dunkle Färbung angenommen hatten. Zwischen diesen Einlagerungen kommen vereinzelte oder in kleinen Gruppen zusammenliegende Margarinkrystalle und sparsame Reihen und Gruppen von gelben Pigment- körnehen vor, die auch der Oberfläche der Adventitia stellenweise aufliegen. — An den grösseren Gefässen waren in der Regel keine bemerkenswerthen Veränderungen wahrzunehmen, gleichviel ob 94 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen sie den Heerd in grösserer Ausdehnung oder auf kurze Strecken durchsetzten, oder überhaupt nur seine Grenzzone berührten, die einzigen Abweichungen vom normalen Verhalten bestanden in stellen- weiser unbeträchtlicher Vermehrung der Kerne der Adventitia oder in der Einlagerung von farblosen Zellen und von Fetttropfen in die adventitielle Lymphscheide, die aber hier nie den Grad erreichten wie bei mancher der kleinen nur mikroskopisch wahrzunehmenden Gefässe. Eine Gefässthrombose konnte nur ein Mal nachgewiesen werden und betraf eine kleine schon makroskopisch sichtbare Vene in der Umgebung des Heerdes im Corpus dentatum cerebelli, deren Lichtung ganz eingenommen war von sich nach den verschiedensten Richtungen durchkreuzenden Bindegewebsfasern. Die Kerne der Adventitia waren nieht vermehrt, im adventitiellen Lymphraum nur stellenweise eine Anzahl grösserer und kleinerer gelblich gefärbter Fetttropfen enthalten. In der Umgebung des Gefässes fanden sich überall noch markhaltige Nervenfasern, zwischen welche sich nur an ein Paar Stellen Streifen fein- körniger Substanz eingeschoben hatten. Markhaltige Nervenfasern waren im Innern der Heerde nur ganz vereinzelt enthalten, häufig kleinere und grössere Marktropfen, einzeln oder in kleinen Gruppen zusammenliegend, sowie nakte Axen- eylinder, die mitunter zwar ihr glänzendes Aussehen, ihre glatten und regelmässigen Contouren noch bewahrt hatten, meist aber bereits eine körnige Beschaffenheit und gezähnelte Contouren besassen. Hie und da waren noch Reste von Varikositäten der Axeneylinder in Form von umschriebenen rundlichen oder ovalen Anhäufungen feiner und dicht gestellter Körnehen zu unterscheiden, denen mitunter noch schalige Reste des Nervenmarks anhafteten und die nach Behandlung der Schnitte mit Osmiumsäure eine dunkel grau-braune Färbung angenommen hatten und sich in Folge davon ziemlich. auffallend von der lichten hellbraunen Heerdsubstanz abhoben. Wenn in den meisten Heerden Fibrillen oder Fettkrystalle und Fettkörper den wesentlichsten Bestandtheil ihres Gewebes bildeten, so fanden sich doch daneben Heerdabschnitte, in denen es noch zu keiner weiteren Veränderung der feinkörnig-fasrigen Heerdsubstanz gekommen war, die im Wesent- lichen die gleiche Beschaffenheit zeigten wie das Innere der erst mohnkorngrossen Heerde und ver- einzelte grössere Heerde boten dies Verhalten in weitaus ihrer grössten Ausdehnung. Es war dann auch in ihnen die Heerdsubstanz durchbrochen durch grössere und kleinere ohne Zweifel durch den Schwund der Nervenfasern entstandene Lücken, die entweder ganz leer waren oder noch Markreste oder sparsam vertheilte Körnchen einschlossen. Die in die graue Substanz der Hirnrinde übergreifenden Heerde enthielten Ganglienzellen in den bereits geschilderten Stadien ihres Zerfalls, bei der grösseren Ausdehnung aber, welche die Grenzzone der Heerde erreichte, war es hier leichter, die Art des Zustandekommens der pericellu- lären Räume zu verfolgen als in der Umgebung der kleinen Heerde. Die Form der Gewebslücken, in denen die Zellen lagen, war zwar im Ganzen rund oder oval, dabei zeigte aber ihre Grenzlinie häufig Unregelmässigkeiten und Unterbrechungen, indem die körnige Heerdsubstanz mit kleinen Vor- sprüngen und Ausbuchtungen besetzt war oder mit kleinen zackigen oder streiligen Fetzen in die Lücke hineinragte, während die letztere selbst mitunter wieder mit schmalen Spalträumen communieirte, die sich in der umgebenden Heerdsubstanz befanden. Die Grösse der Lücken war eine sehr wech- selnde und häufig so beträchtlich, dass dieselben nur zum geringeren Theil von den Zellen ausgefüllt wurden, ihr Durchmesser den der grösseren noch unveränderten Zellen nicht unbeträchtlieh übertraf. Es konnten mithin die weiten pericellulären Räume nicht ausschliesslich durch den Zerfall der Zellen selbst entstanden sein, sondern sie mussten, theilweise wenigstens, eine Erweiterung durch Hinaus- rücken ihrer Grenzen erfahren haben, für deren Eintritt sich durch den Druck der angesammelten peri- bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 95 eellulären Flüssigkeit auf die umgebende Heerdsubstanz eine genügende Erklärung zu bieten scheint. Da die Körnchen der Heerdsubstanz selbst eine wechselnd dichte Aneinanderlagerung zeigen, liess sich vermuthen, dass diese Erweiterung der pericellulären Räume nicht immer wenigstens ganz gleich- mässig in ihrem ganzen Umfang vor sich gehen werde, dass stellenweise die Heerdsubstanz dem Drucke leichter nachgeben würde und dieser Voraussetzung entsprechend fanden sich schon in der Umgebung von ganz unveränderten, nur durch einen feinen eapillaren Spaltraum von der angrenzenden Heerd- substanz getrennten Zellen partielle Ausbuchtungen und Aussackungen des letztern, die hie und da in umfangreichere, mehr vertiefte und ausgeschnittene schalenartige Hohlräume übergingen, mitunter auch noch eine Strecke weit im Umfange der grösseren Ausläufer vortraten. Kommt es iu Folge wiederholter stärkerer Transsudation aus den Gefässen zu einem anhaltend gesteigerten Druck auf die Lückenwandungen, so werden mit der Zeit die schon bestehenden Ausbuchtungen derselben sich ver- grössern und allmählig zu einer Erweiterung des pericellulären Raumes in seinem ganzen Umfang führen, so weit nicht durch Spalten in der Lückenwandung eine freiere und gleichmässigere Verthei- lung der pericellulären Flüssigkeit über grössere Abschnitte der Heerdsubstanz ermöglicht und eine Abnahme des auf den Lückenwandungen lastenden Drucks eingeleitet wird. In seltenen Fällen hatte die die Lücken begrenzende feinkörnige Masse sich zu einer continuirlichen, membranartigen und etwas glänzenden Schicht verdichtet und es erinnerten in dieser Beziehung, wie in Betreff des molekulären Zerfalls der Ganglienzellen und der Weite der pericellulären Räume die Befunde sehr an die ganz analogen, welche ich als Theilerscheinungen eines myelitischen Prozesses im Innern des Sehhügels be- obachtet hattet). Eine Zunahme der Weite der pericellulären Räume kann aber möglicherweise auch durch einen Zerfall streifiger oder fetziger Abschnitte von Heerdsubstanz bewirkt worden sein, welche frei in die entstandenen Lücken hineinragen. Die pericellulären Räume selbst waren meist leer, einzelne schlossen indessen eine oder ein.Paar farblose, häufig bereits verfettende Zellen ein, daneben freie Kerne, Körnehen und Fetttropfen. Der Zerfall der Ganglienzellen hatte innerhalb der Grenzzone bei vielen denselben Grad erreicht, wie innerhalb der Heerdsubstanz, so dass die Kerne nur von grösseren oder geringeren Körnchenresten umgeben waren, es beschränkte sich aber dieser Zerfall keineswegs auf die Ganglienzellen, welche ganz von Heerdsubstanz umschlossen waren, sondern betraf auch solche, deren unmittelbare Umgebung theils körnig war, theils aus wenig oder nicht veränderten Fasernetzen bestand oder ausschliesslich durch die letzteren gebildet wurde, so dass hier ein direkter Einfluss der Erkrankung der Glia auf den Eintritt des Zerfalls in den Ganglienzellen ganz ausgeschlossen werden konnte. Die ganz von fibrillären Gewebe eingeschlossenen, theils unveränderten, theils beginnenden körnigen Zerfall zeigenden Ganglienzellen boten rücksichtlich der Weite ihrer pericellulären Räume ein dem eben mitgetheilten ganz entsprechendes Verhalten. Manchen Zellen lagen die Fibrillen so dicht an, dass ein capillarer Spaltraum nicht oder nur längs eines Theils der Zellperipherie wahrgenommen werden konnte, andere Zellen waren theils dieht von den Fibrillen umschlossen, theils fand sich zwi- schen dem Fibrillenlager und dem entsprechenden Zellumfang ein erweiterter pericellulärer Raum, in welchen einzelne Fibrillen frei hineinragten. Die Richtung der letzteren war den in der Schnittebene vortretenden Contouren der Zellen zum Theil mehr oder weniger parallel, während dazwischen in Reihen und Gruppen die Querschnitte von senkrecht zur Schnittebene aufsteigenden Fibrillen vortraten. Die gleichen Veränderungen wie an den Ganglienzellen der Grosshirnrinde waren, wenn auch in geringerem Grade an den Purkinje’schen Zellen der Kleinhirnrinde, an manchen Zellen aus 1) 1. ce. pag. 30. _ 96 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen den erkrankten Abschnitten des Kernes des Faeialis und Abducens und an einem Theil der Zellen aus den Oliven zu constatiren, auf welche letztere stellenweise der in der Mitte der Medulla oblon- gata liegende, von der Raphe durchsetzte Heerd übergegriffen hatte; die meisten der erkrankten Zellen zeigten nur in ihren peripheren Abschnitten Zerfall zu Körnchen oder zu Körnchenagglomeraten, der sich nur bei Wenigen bis auf die inneren, dem Kern benachbarten Partien erstreckte. Von Interesse war im Kleinhirn das Uebergreifen der Degeneration von Heerden des weissen Marklagers auf die Körnerschieht und durch dieselbe hindurch bis zwischen die Purkinje’schen Zellen. Die Heerd- substanz war hier durch Zerfall der „Körner“ entstanden; dieselben verlieren ihre glatte Begrenzung, ihre Peripherie zeigt Unterbrechungen, indem einzelne der Randkörnchen weiter vortreten wie die an- deren, durch Ausfall mehrerer Körnchen entstehen etwas grössere Lücken und schliesslich bleibt an Stelle des „Korns“ nur ein Haufe von Körnchen zurück. Diesem Zerfall geht mitunter eine Verschmel- zung von zwei oder mehreren Körnern voraus, deren Contouren in der Peripherie des durch ihre Ver- schmelzung entstandenen Körpers noch wahrnehmbar, in seinem Innern dagegen nicht mehr zu unter- scheiden sind. Ueberall in der Umgebung der keilförmigen, die Körnerschicht durchsetzenden Streifen von Heerdsubstanz war dieser Zerfall der Körner zu den Körnchen der letzteren nachweisbar; Glia- körper, Fibrillen, Fettkörper sowie freie Fetttropfen fehlten hier in der Heerdsubstanz, dagegen enthielt dieselbe vereinzelt oder reihenweise eingelagert Fettkrystalle, die sich auch neben Reihen und Gruppen von etwas glänzenden Körnchen zwischen den zerfallenden, aber noch wohl zu unterscheidenden Kör- nern fanden. — Dem Zerfall der im Innern des Heerdes des Corpus dentatum gelegenen Ganglien- zellen war häufig eine deutliche Bildung von Vakuolen vorausgegangen, die Anfangs nur vereinzelt an verschiedenen Stellen des Zellkörpers, dann in kleinen Gruppen und häufig so auftreten, dass ein- zelne grössere von einer Gruppe kleinerer kranzartig umfasst werden. Ihre Wandungen sind glatt oder ebenfalls körnig und in ihrem Innern sind oft einzelne freie Körnchen suspendirt. Mit fortschrei- tender Vakuolisirung erhält die Ganglienzelle zunächst ein gröber netz- oder maschenförmiges Gefüge mit Körnehenanhäufungen in den Knotenpunkten, schliesslich scheinen aber auch die Vakuolenwan- dungen wie die nicht vakuolisirten Theile der Zelle zu feinen blassen Körnchen zu zerfallen, mit deren weiterem Auseinanderweichen die alten Zelleontouren verloren gehen und nur eine unregelmässig ge- formte, nicht mehr deutlich in die Ausläufer übergehende Anhäufung von Körnchen um den Kern zurückbleibt. In wenigen Fällen war die Vakuolenbildung auch auf den letzteren und das Kernkör- perchen übergegangen, so dass beide nicht mehr innerhalb der Zelle unterschieden werden konnten. Zellkörper und Ausläufer waren meist gleichzeitig befallen, mitunter aber die ersteren noch fast ganz intakt, während an den Ausläufern bereits ein vorgeschrittener Zerfall nachweisbar war. Neben den veränderten Ganglienzellen fanden sich auch hier solche, die weder an dem Zellkörper noch an den Fortsätzen, soweit sich dieselben in der Heerdsubstanz verfolgen liessen, erhebliche Abweichungen vom normalen Verhalten zeigten; in grösserer Vollständigkeit konnten die Zellkörper mit ihren Veräste- lungen an Zerzupfungspräparaten kleiner Partikel Heerdsubstanz der Vorderhörner aus der Lenden- anschwellung übersehen werden, wo die ersteren mit ihren feinsten Verzweigungen so vollständig isolirt waren, wie es sonst nur an Macerationspräparaten gelingt. Die Möglichkeit, die Fortsätze in dieser Vollständigkeit auszulösen, sie wie Wurzeln auszuziehen, war natürlich nur bedingt durch den Zerfall der Glianetze, indessen beweist dieses Verhalten noch nichts für die Beschaffenheit der Endnetze, in welche sich die Fortsätze auflösen und es ist nicht einmal wahrscheinlich, dass dieselben, wenn es einmal zur Bildung der Heerdsubstanz gekommen ist, sich in derselben längere Zeit intakt erhalten sollten. Es würde deshalb auch nicht zulässig sein, aus dem Fehlen von Veränderungen an den bei der multiplen Sklerose des Gehirns und lückenmarks. 97 Zellen und ihren innerhalb des umgebenden Gewebes noch deutlich zu unterscheidenden Fortsätzen ‚auf das Unversehrtsein der betreffenden Leitungsbahnen zu schliessen, da die letzteren, so weit sie in den Protoplasmafortsätzen verlaufen, mit dem Zerfall der Endnetze eine Unterbrechung erfahren müssen, für den Eintritt dieses Zerfalls aber sich so wenig als für die Unversehrtheit der Netze ein Nachweis führen lässt. An der Mehrzahl der Ganglienzellen waren die nachweislichen Veränderungen beschränkt auf den mehr oder weniger weit fortgeschrittenen Zerfall des Zellkörpers und der Fortsätze, dagegen fand sich bereits unter den Ganglienzellen aus den Heerden der Hirnrinde, des Corp. dentat. cerebelli und der Vorderhörner aus der Lendenanschwellung eine Anzahl, an denen eine Kernmembran nicht nachweisbar war, wo die Körnchen des Protoplasma ohne alle scharfe Grenze in die in der Umgebung des Kernkörperchens befindlichen übergingen oder wo die Kerngrenze nur durch eine kreisförmige Zone dicht gestellter Körnchen und durch einen schmalen lichten Hof, der den Körnchenkreis vom Proto- plasma trennte, angedeutet war; dabei waren feine Fäserchen, welche die Körnehen des Körnchen- kreises und die des Kerninnern mit den Protoplasmakörnchen verbinden, deutlich sichtbar. An anderen Zellen fiel der Kern, der eine deutliche Membran bald erkennen liess, bald nicht, nur durch sein trübes dunkles Aussehen auf, ohne dass sich jedoch an demselben bemerkenswerthe Strukturveränderungen hätten nachweisen lassen. Ausgesprochener traten dieselben hervor an einem Theil der Zellen aus den Lagern grauer Substanz, welche in die Brückenheerde eingeschlossen waren. Ziemlich häufig fand sich hier statt einer Kernmembran eine kreisförmige Zone dicht an einander gerückter, aber noch deutlich zu sondernder Körnchen, deren regelmässige Stellung mitunter dadurch Unterbrechungen er- fahren hatte, dass die Körnchen etwas weiter von einander, theils weiter nach dem Protoplasma, theils weiter nach dem Kerninnern gerückt waren, hie und da an Stelle einzelner Körnehen einzelne kleine, nicht scharf umschriebene Aggregate einer äusserst fein granulirten Substanz getreten waren, innerhalb deren sich die einzelnen Granula nicht deutlich unterscheiden liessen. Derartige Aggregate feinster Körnehen unterbrachen meist nur stellenweise die regelmässige Reihe der an die Stelle der Membran getretenen derberen Körnchen, mitunter bildeten sie aber wie ein matter Hof eine hüllenartige Umfas- sung des ganzen Kerns. An anderen Kernen war eine Membran längs der Hälfte oder des dritten Theils des Kernumfangs oder nur in einzelnen schalenartigen Bruchstücken vorhanden und wo sie fehlte, ihre Stelle durch regelmässig gestellte Körnchenreihen eingenommen oder es gingen die Körn- chen des Kerninnern unmittelbar und ohne alle scharfe Grenze in die des Protoplasma über. Nur ganz vereinzelt fanden sich im Kerninnern Vakuolen, die dann von derselben äusserst fein granulirten Sub- stanz umschlossen waren, welche stellenweise oder ganz an Stelle der Kernmembran getreten war. Aehnliche Vakuolen mit gleicher Umgebung fanden sich hie und da, obschon im Ganzen spärlich, auch im Innern mancher Zellen, häufiger streifige oder rundliche Anhäufungen von äusserst feinen und sehr dicht gestellten Körnchen, während es nur selten zu einem beginnenden Zerfall der peripheren Zell- abschnitte gekommen war. Fig. 9, a, b und c Fettkörper aus dem Innern eines erbsengrossen, gelblich gefärbten Heerdes aus der Nähe der Grosshirnrinde, bei b und e von unregelmässig rundlicher Form und umfasst von reihen- oder truppweise angeordneten, in fettiger Umwandlung begriffenen Körnchen der Heerdsubstanz, bei a mit zackig in die umgebende Körnchenmasse eingreifenden Fortsätzen, welche Gruppen verfet- tender Körnchen umschliessen. Fig. 5 ein geschwellter und verfetteter Abschnitt der Glianeize aus der Grenzzone des die in- neren Abschnitte beider Hinterstränge im oberen Abschnitt des Halstheils einnehmenden Heerdes; mehrere kleine runde Anhäufungen von Körnchen sind von der Verfettung verschont geblieben. Jen. Denkschriften II. 2. 13 98 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen Fig. 14 und 15 aus dem Innern eines erbsengrossen, gelblich gefärbten Heerdes der weissen Substanz des Grosshirns, dieht unter der Rinde. In Fig. 14 sind die Nervenfasern völlig geschwunden, in der — bei 500facher Vergrösserung — äusserst feinkörnig -fasrigen Heerdsubstanz sind einzelne Margarinkrystalle und Büschel derselben in grosser Häufigkeit eingelagert, dazwischen Gruppen von Fetttropfen, vermischt mit Resten von Nervenmark. In Fig. 15 bietet die Heerdsubstanz stellenweise, namentlich deutlich am rechten Umfang der Zeichnung ein durchbrochenes Aussehen, die Continuität der feinkörnigen Masse wird durch runde, ovale oder langgestreckte, grössere und kleinere leere Ma- schen vielfach unterbrochen. Einzelne bruchstückweise vortretende feine, granulirte und hie und da Verschmälerungen zeigende Axeneylinder, denen hie und da noch Reste der Markscheide anhaften, durchziehen das Gewebe parallel mit einer kleinen Vene, deren Wandungen unverändert und die in ihrer Lymphscheide dieht gedrängte grössere und kleinere Fetttropfen, nach rechts und oben Margarin- krystalle einschliesst. Bei d grössere und kleinere Anhäufungen von Fetttropfen in der Heerd- substanz. Aehnliche Anhäufungen von Fetttropfen finden sich in Fig. 17 und sind hier neben Gliakör- pern in das vorwiegend fibrilläre Gewebe des Heerdinnern eingelagert. Der Schnitt stammt aus einem bohnengrossen Heerd des Marklagers des Grosshirns. Fig. 10, a, b und e drei Ganglienzellen aus einem Heerd im Corp. dentat. cerebelli mit Va- kuolenbildung und molekularem Zerfall. Kern und Kernkörperchen fehlen, mit Ausnahme des unteren Umfangs der Zelle e fehlt den Zellen auch ein Grenzeontour vollständig, die Körnchen des Zellinnern gehen, bald diehter an einander gerückt, bald weiter aus einander gestellt, ohne alle scharfe Grenze in die umgebende körnige Heerdsubstanz über, die entweder bis unmittelbar an den Zellkörper heranreicht oder an der einen oder anderen Seite noch einen lichten, von sparsam gestellten Körnchen durchsetzten spaltförmigen Raum frei lässt, wie am linkseitigen Umfang der Zelle a. Abgehende Fortsätze sind nur am unteren Umfang der Zelle b kenntlich. Das Zellinnere hat ein mehr oder weniger durchbrochenes Aussehen in Folge der ungleichmässig dichten Stellung der Körnchen, die Maschenwandungen werden durch Reihen von sehr dicht gestellten Körnehen gebildet und in den Knotenpunkten der Maschen- septa sind die letzteren zu kleinen Trupps vereinigt. Bei b und e war es zur Bildung abgeschlos- sener, mit einer homogenen, glänzenden, membranartigen Einfassung versehener Vakuolen gekommen. Die Beschaffenheit der Heerde in der Medulla oblongata und im Rückenmark war in allen wesentliehen Punkten die gleiche wie die der Gehirnheerde und dabei die Entwicklung der Heerd- substanz, die Bildung der feinkörnigen Massen aus den mit einander zu Lamellen oder derben Knoten- punkten verschmelzenden Glianetzen bei der beträchtlicheren Stärke der Glia- und Nervenfasern leichter zu verfolgen. Durchmustert man die Grenzzone eines Heerdes, so lässt sich leicht übersehen, wie von dem Gesunden aus nach den entarteten Partien hin immer mehr Netzlamellen der Glia zu körnigen Schiehten zerfallen, die unter einander wieder zu breiteren Balken oder zu massiven verzweigten Knotenpunkten verschmelzen, anfangs noch durch Bündel markhaltiger Fasern getrennt werden, bis auch deren Glianetze in immer grösserer Ausdehnung von dem degenerativen Prozess befallen werden und auf diese Weise die Heerdgrenzen immer weiter nach Aussen vorgeschoben werden, während das Mark der Nervenfasern und der grösste Theil der Axeneylinder rasch zerfallen und zwar häufig so, dass an derselben Faser gleichzeitig an verschiedenen Stellen Ablösung des Marks, Schwund des Axen- eylinders oder Bildung von Varikositäten desselben sich wahrnehmen lassen. Wie in den Hirnheerden besitzt auch hier die Heerdsubstanz eine wechselnde Dichte, nimmt eine verschieden tiefe Karminfärbung an und besteht bald nur aus sehr feinen und gleichmässig dicht gestellten Körnchen, bald aus etwas bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 99 lockerer zusammengelagerien feinen mit vereinzelt oder zu 2—3 dazwischen eingestreuten derberen; die feinen Körnchennetze lassen sich an Stellen nachweisen, wo die Körnehen nicht zu dicht gestellt sind. Die Kerne waren nicht gleichmässig im Heerdinnern vertheilt, schienen stellenweise ganz zu fehlen oder fanden sich nur zu wenigen in einem Gesichtsfeld, häufiger war ihre Menge vermehrt und nahm namentlich nach der Heerdgrenze hin wie innerhalb der Grenzzone zu; sie waren vereinzelt oder zu 2—3 zusammenliegend eingelagert und fanden sich häufig im Innern der kleinen Plaques von Heerdsubstanz, die innerhalb der Grenzzone zwischen den markhaltigen Fasern auftauchen und wenn sie kernhaltig sind, leicht in die Augen fallen. Die in der Heerdsubstanz befindlichen, nach Schwund der Nervenfasern übrig gebliebenen Lücken erreichen im Rückenmark beträchtlichere Dimensionen als im Gehirn, so dass ihr Durchmesser den einer der stärksten Nervenfasern mitunter nicht unbeträchtlich übersteigt; ihre Form ist rund oder oval, mitunter aber unregelmässig durch zackige, in die Lichtung hineinragende Vorsprünge und Fortsätze der Heerdsubstanz, die darauf hinzuweisen schienen, dass die grossen Lücken aus benachbarten kleineren entstanden und die von der Lückenwandung ausgehenden Fortsätze nur die Reste von Septa sind, welche eine grosse Lücke ursprünglich in zwei oder mehrere kleinere theilten. Gliakörper fanden sich in wechselnder Menge, aber nur selten in solcher Häufig- keit wie in manchen Gehirnheerden und iu Betreff der weiteren Veränderungen der Heerdsubstanz, ihrer Weiterentwieklung zu Fibrillen oder des Vorwiegens einer rückgängigen Metamorphose, unter Bildung von Feitkörpern und Fettkrystallen bestanden dieselben Verschiedenheiten wie in den Gehirnheerden, dagegen war innerhalb des Rückenmarks und der Medulla oblongata die Zahl der er- krankten gefässe beträchtlich grösser als innerhalb des Gehirns und hatten die. Veränderungen ihrer Wandungen einen erheblicheren Grad erreicht. Auch hier waren vorwiegend die Capillaren und kleinen Venen betroffen, während an den grösseren Gefässen sich meist nur eine dichte Füllung des adventitiellen Lymphraums mit farblosen Zellen fand, die in mehreren Reihen über einander ge- schiehtet waren; in der unmittelbaren Umgebung der Gefässe waren ausgewanderte Zellen in der kör- nigen Heerdsubstanz nicht und freie Kerne nicht häufiger wahrzunehmen als in anderen Heerd- abschnitten. Die Verdickungen der Gefässwandungen waren aber nicht allein durch die Schwellung der Gefässmembran und Adventitia bewirkt worden, ein Theil der Capillaren besass geschichtete Wandungen von sehr beträchtlicher Dieke, die dadurch entstanden waren, dass schmale Lagen der umgebenden Heerdsubstanz sich in mattglänzende, mehr oder weniger homogen aussehende Lamellen umgewandelt hatten und mit der Adventitia, resp. Capillarmembran verschmolzen waren. Es erscheinen dann die in der Schnittebene verlaufenden Gefässe jederseits eingefasst durch einen glänzenden band- artigen Saum von etwas wechselndem Durchmesser oder es finden sich zwei oder drei solcher über einander gelagerter und mit einander verschmolzener Bänder, die an Gefässquerschnitten als concentrisch um das Gefäss herumlaufende Hüllen vortreten. Bei Anwendung stärkerer Vergrösserungen lassen sich innerhalb ihrer scheinbar homogenen Substanz einzelne dicht gestellte Körnchen und stellenweise feine Körnchennetze deutlich unterscheiden und an der Grenze der Heerdsubstanz greifen die Körnchennetze der letzteren vielfach unmittelbar in die der Gefässhüllen ein oder wo die dichter gewordene, stärker glänzende Substanz der Gefässhüllen Strukturverhältnisse nicht erkennen lässt, sieht man wenigstens feine und kurze Fäserchen der Heerdsubstanz sich in sie einsenken und in ihr verschwinden. So ragen auch an Stellen, wo es zu einer Ablösung der Heerdsubstanz von den Gefässwandungen gekommen ist, sowohl von der ersteren als von den letzteren abgehende feine kurze Fäserchen und Reiser frei in die entstandene Lücke hinein. Die neuen Gefässhüllen waren somit nur dadurch von der Heerd- substanz selbst geschieden, dass in ihnen die Körnehen und die Körnchennetze eingeschmolzen waren 13 * 100 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen in einer ‚homogenen, alle kleinen Lücken zwischen den Körnchen und Fäserchen ausfüllenden Substanz, mit deren zunehmender Dichtigkeit die letzteren selbst undeutlicher werden oder gar nicht mehr unter- schieden werden können. Es schliesst sich dieser Befund an einen ganz analogen an, den ich in dem oben erwähnten Falle!) an einer Anzahl Venen aus dem Sehhügel gemacht hatte, deren Wandung durch Auflagerung einer oder mehrerer coneentrischer Schichten auf die Adventitia eine mehr oder weniger beträchtliche Verdiekung erfahren hatte. Auch hier ging die Entwieklung der neuen Gefäss- hüllen immer von der umgebenden körmigen, aus der Schwellung der Glianetze hervorgegangenen Masse aus, in welcher ein Verdichtungsprozess sich entwickelt hatte, die einzelnen Körnchen unter einander zu schmäleren oder breiteren, band- oder streifenartigen Schichten verschmolzen waren. Ich habe diese Art des Zustandekommens neuer Gefässhüllen als eine verschiedene von den Vorgängen angeführt, welche bei der strangweisen grauen Degeneration eine Verdiekung der Gefässwandungen zur Folge haben, indem hier im der nächsten Umgebung des Gefässes die Fasern der Glianetze an Dicke und Glanz zunehmen und unter einander entweder unmittelbar zur Bildung solider Hüllen ver- schmelzen oder unter Abscheidung einer die Maschen der Netze ausfüllenden, homogenen, mattglän- zenden Zwischensubstanz, während in anderen Fällen innerhalb des fibrillär degenerirten Gewebes die dem Gefäss unmittelbar anliegenden Fibrillenschiehten durch Abscheidung der glänzenden, homogenen Zwischensubstanz in solide, scheidenartig das Gefäss umfassende Hüllen verwandelt werden. Es kann aber auch bei der strangweisen Degeneration, wie ich mich bei erneuter Untersuchung überzeugt habe, in derselben Weise wie bei der multiplen Sklerose, zur Entstehung neuer solider Gefässhüllen kommen, ehe sich in der feinkörnigen Substanz Fibrillen gebildet haben, indem sowohl Schichten nur sehr dicht an einander gelagerter Körnchen in homogene oder sehr fein granulirte Lamellen umgewandelt werden, als Schichten, innerhalb deren die Körnchen etwas weiter von einander gerückt sind, feine Körnchen- netze sowie die ersten Anlagen der späteren Fibrillen als feine, mehrere Körnchen in geradliniger Rich- tung verbindende Fäden deutlich vortreten. Auch rücksichtlich der ersten an den Fasern der Netze zu beobachtenden Veränderungen bieten die strangweise und die heerdweise Degeneration ein ganz analoges Verhalten, indem auch bei der ersteren in den erst mässig geschwellten, durch Karmin ziemlich tief gefärbten Fasern die Körnchen dicht an einander gedrängt sind, mit Zunahme der Schwellung der Fasern weiter aus einander rücken und dann feine und sehr kurze, sie verbindende Fäden erkennen lassen, während gleichzeitig aus den randständigen Körnchen feine Fäden aus- und in die nach dem Markschwund bleibenden Lücken einwachsen. In Fig. 8 sind die zarten Körnchennetze abgebildet, die innerhalb einer Verdiekungsschicht (sekundären Adventitia) einer Capillare der Hinterstränge bei strang- weiser grauer Degeneration vortraten. Im Rückenmark sind die Verhältnisse zur Wahrnehmung der ersten, der Bildung der Heerd- substanz vorausgehenden Veränderungen deshalb günstiger als im Gehirn, weil namentlich in den peri- pheren Abschnitten der weissen Substanz die Nerven- und Gliafasern einen beträchtlicheren Durch- messer erreichen und sich deshalb die Uebergänge von den noch deutlich netzförmig verbundenen Fasern zu eontinuirlichen Schichten von Heerdsubstanz leichter verfolgen lassen, wie es Fig. 11 und 12 erläutern. In Fig. 11, einem mit Goldchloridlösung behandelten Querschnitt aus der Peripherie des rechten Hinterstrangs vom oberen Abschnitt des Rückentheils (Fig. 1, e) sind die Fasernetze nahezu in der ganzen Ausdehnung des Schnitts erhalten, die einzelnen Fasern bald mehr, bald weniger geschwellt, körnig und hie und da, wie in den mittleren Partien des Sehnitts mit feinen fädigen Auswachsungen 1) 1. e. pag. 38. bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 101 besetzt, die frei in die Maschenlichtung hineinragen. Die Nervenfasern sind ziemlich vollständig er- halten, die Markscheide bei einzelnen lückenhaft, von den Maschenwandungen öfter durch ungewöhnlich grosse Lücken getrennt. An verschiedenen Stellen sind in das Gerüst Fettkörper von wechselnder Grösse und rundlicher, ovaler oder unregelmässig polyedrischer Form mit abgestumpften Kanten ein- gebettet, die von den umgebenden körnigen Septa theils durch feine Spalten getrennt sind, theils durch Körnehen und Fäserchen mit denselben zusammenhängen, und von denen zwei in den oberen Partien des Schnitts gelegene fast vollständig je eine markhaltige Nervenfaser umfassen. Die Fettkörper er- scheinen vielfach, wie es auch in der Zeichnung vortritt, scharf von der Umgebung abgesetzt, namentlich wenn sie stärker liehtbrechend sind und in Folge der Ablenkung der Randstrahlen einen dunklen Contour erlangt haben. Man kann dann leicht versucht sein, sie für Einlagerungen in die leeren Ma- schen oder als Umwandlungsprodukte des Nervenmarks anzusehen, während in allen Fällen, wo sich ihre Entwieklung verfolgen lässt, man sich leicht überzeugt, dass sie aus einer Umwandlung der Heerd- substanz selbst hervorgegangen sind. In Fig. 4 treten bei 900facher Vergrösserung die feinen Faden- netze mit den Körnehen und Körnern in den Knotenpunkten innerhalb der drei gezeichneten Maschen- septa deutlich hervor und umschliessen in der mittleren Mäsche dicht die in derselben enthaltene mark- haltige Faser. Von der Einfassung der oberen und unteren Masche wachsen dicht gestellte feine Fäden in die Maschenlichtung hinein und nur am linken Rande der oberen Masche findet sieh eine etwas verbreiterte Faser, die keine Körnehennetze enthält und die mit keinen Auswachsungen besetzt ist. Während die letzteren hier eine radiäre Richtung zum Mittelpunkt der Masche besitzen, ist dieselbe bei anderen vielfach tangential zur Maschenperipherie und wenn die einzelnen Fäserchen sehr dicht ge- stellt sind, so entsteht zunächst ein feiner und dichter Faserflaum, der schleierartig in das Innere der Lichtung hineinragt; bei ihrem weiteren Wachsthum verbinden sich dann die Fäserchen zur Bildung eines sehr feinen und diehten Netzwerks, was die Masche ausfüllt, wenn dieselbe ganz leer ist, oder einen noch vorhandenen Axeneylinder, sowie krümelige und körnige Reste von Nervenmark dieht um- schliesst!). In anderen Maschen bleibt nach Schwund der Nervenfasern die Lücke leer oder sie wird zum Theil durch kleine Anhäufungen körniger Massen, in selteneren Fällen durch kernhaltige zellige Gebilde ausgefüllt?2). — Mit dem zunehmenden Schwund der Nervenfasern und dem Verschmelzen 1) Es gehen die feinfasrigen Auswachsungen nicht blos von den Septa aus, welche leere Maschen umschliessen, sondern auch von denen, welche noch markhaltige Fasern einschliessen; sie sind hier natürlich noch kurz, häufig tangential zur Maschenperipherie gerichtet, und ich will hier gegenüber den negativen Befunden von Schüle (Weiterer Beitrag zur Hirn- und Rückenmarkssklerose, Deutsches Archiv für klinische Mediein, Band VIII, pag. 234 u. flgd.) nur hervorheben, dass die bezüglichen, im vorliegenden Fall gemachten Beobachtungen ganz den früheren, die histologischen Verhältnisse bei der strangweisen Degeneration betreffenden, entsprachen. 2) Bei Erörterung der histologischen Verhältnisse, welche den Etat eribl& eharakterisiren, weist Arndt (Virch. Ar- chiv, 63. Bd. pag. 263) auf das häufige Vorkommen von Niederschlägen innerhalb der gestauten interstitiellen Flüssigkeit und innerhalb der Lymphscheiden der Gefässe hin, die durch die Anwendung coagulirender Flüssigkeiten bewirkt werden. Es sind krümlige, fasrige oder körnig-tasrige Massen, die sich an alle möglichen Gegenstände, Kerne, Ganglienkörper, Nerven- fasern, von Mark entblösste Axeneylinder, Myelintropfen, Gefässwände und Bindegewebsbildungen niederschlagen. Besonders reich sah er sie angesammelt als krümelige Masse zwischen den Fibrillen der den Adventitien der Gefässe eingefügten Binde- gewebszellen, dann als mehr faserartige, mit Körnchen besetzte Gebilde an den Fibrillen selbst und zwar vorzugsweise an den Knötchen derselben oder ihren häutigen Endausbreitungen haftend. Allein auch im Innern dieser Zellen glaubt er etwas von ihnen gesehen zu haben und meint, dass in ihnen enthaltene dunkle Körnchen dafür angesehen werden dürfen. Ich habe weder bei den vorliegenden Untersuchungen noch früher Bildungen wahrgenommen, die ich als derartige Niederschläge hätte deuten können, da die aus der Schwellung der Glianetze hervorgehenden körnigen Massen sich in ihrer Entwicklung leicht verfolgen lassen und die übrig bleibenden Lücken leer sind oder wenn sie beträchtlichere Dimensionen erreichen, zwar mitunter einen körnigen Inhalt, dann aber auch hie und da einzelne Rundzellen aufweisen, so dass das körnige Ma- terial sehr wohl aus dem Zerfall der letzteren hervorgegangen sein kann. Ebenso waren in den Lymphscheiden der Gefässe 102 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen = von mehr und mehr Maschensepta zu grösseren zusammenhängenden Lagern von Heerdsubstanz ändert sich das Quersehnittsbild und nimmt die in Fig. 12 (von der Grenzpartie des entarteten Keils des linken Seitenstrangs Fig. 1, e) wiedergegebene Beschaffenheit an. Die Glia ist hier überall körnig, zeigt zum Theil noch ein deutlich netzförmiges Gefüge, in beträchtlicher Ausdehnung bildet sie dagegen bereits zusammenhängende körnige Massen, innerhalb deren die derberen Körncehen und Körner deutlich vor- treten und häufig durch einen lichten Hof von den feineren und sehr dicht gestellten Körnchen in ihrer Umgebung getrennt sind. Feine, die einzelnen Körnehen verbindende Fäden sind vereinzelt schon bei der angewandten 500fachen Vergrösserung zu unterscheiden, deutlicher die feinen eilienartigen, an vielen Stellen in die Maschenlichtung frei einwachsenden Fäden. Im rechten oberen Abschnitt des Querschnitts sind in kleinen Gewebslichtungen ein Paar kleine, dicht und fein granulirte, nieht mit einer Membran versehene Kerne eingelagert. Die grosse Mehrzahl der Nervenfasern ist geschwunden, die noch vorhandenen, einzeln oder in kleinen Gruppen eingestreuten, zeigen zum Theil Lücken ihrer Markscheide, zum Theil kleine knopfförmige Abschnürungen derselben und bei einzelnen Fasern hat die Markscheide eine beträchtliche Diekenzunahme erfahren. Die vorhandenen leeren Maschen besitzen eine runde, ovale oder unregelmässige Form, ihr Durchmesser übertrifft zum Theil den der dichten normalen Fasern und am oberen Abschnitt der Zeichnung ist eine grössere unregelmässig geformte Gewebslücke enthalten, in welche zackige Fortsätze der Heerdsubstanz hineinragen und die wahr- scheinlich durch Zerfall von Septa entstanden ist, die sie durchsetzt und in mehrere kleinere Maschen abgetheilt hatten. In ziemlicher Häufigkeit finden sich durch Osmiumsäure dunkel gebräunte Fett- körper, ec, von wechselnder Form und Grösse in die Heerdsubstanz eingebettet. Neben ihrer Dicken- zunahme, partiellen Defekten und Abschnürungen einzelner Portionen bietet die Markscheide innerhalb der Gewebsabschnitte, welche Fig. 11 und 12 entsprechen, noch andere Abweichungen vom normalen Verhalten, sie erscheint mitunter nicht mehr als ein Cylinder, sondern als ein dem Axencylinder jeder- seits anliegendes Doppelband oder schliesst den letzteren überhaupt nieht mehr ein, sondern liegt ihm nur an und neben Fasern, wo sie verdickt ist, finden sich andere, wo sie nur noch eine sehr dünne Hülle für den Axeneylinder bildet. Hat die Dickenzunahme der Markscheide einen beträchtlicheren Grad erreicht, so erscheint sie zu einzelnen Lamellen von bald sehr geringem, bald beträchtlicherem Durchmesser zerklüftet, die feine, durch Karmin schwach röthlich gefärbte Lücken und Spalten zwischen sich lassen. Dieses wechselnde Verhalten der Markscheide tritt zwar schon an den Gehirnfasern her- vor, ist aber an denselben bei ihrem geringeren Durchmesser weniger auffallend als im Rückenmark. Neben den zerfallenden, häufig Varikositätenbildungen zeigenden Axeneylindern kommen in der Grenz- zone der hückenmarksheerde andere vor, deren Durchmesser um das Doppelte bis Dreifache zugenom- men hat und die einen starken Glanz, glatte, regelmässige Contouren sowie ein mehr homogenes Aus- sehen besitzen und durch Karmin eine ziemlich dunkle Färbung annehmen. Sie unterscheiden sich dadurch sehr auffallend sowohl von den schwindenden, sich verschmälernden Axeneylindern als von denen mit umschriebenen körnigen Varikositäten und fallen an Quer- wie an Längsschnitten leicht in die Augen. Schon in der Umgebung der Hirnheerde waren sie vereinzelt eingestreut, viel häufiger die körnigen Massen mit freien Kernen untermischt, daneben noch häufig weisse Blutkörperchen vorhanden, die letzteren wie die Körnchen in der beginnenden oder vorgeschrittenen fettigen Metamorphose, so dass man auch hier über die Ab- stammung des körnigen Materials nicht in Zweifel sein konnte, um so weniger, da an vielen unveränderten Getässen im Innern und in der Umgebung der Heerde die Lymphscheiden scharf hervortraten und geformte Bestandtheile überhaupt nieht enthielten. Möglicherweise ist übrigens die Durchgängigkeit der Gefässwandungen für das im Plasma enthaltene Eiweiss bei verschiedenen krankhaften Zuständen derselben in verschiedenem Grade vorhanden oder es werden in Fällen, wo es zu öfter wiederholten Transsudationen kommt, die Transsudate mit der Zeit eiweissreicher. bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 103 innerhalb des verlängerten Marks und des Rückenmarks, schienen aber auch hier mit dem Fort- schreiten der Degeneration zu zerfallen, wenigstens waren sie im Innern der Heerde nicht nach- weisbar 1). Im Bereiche der Grenzzone der Heerde in Medulla obl. und des Rückenmarks bestanden inner- halb der Bündel von markhaltigen Nervenfasern, die von Heerdsubstanz umschlossen werden, noch Veränderungen, die an sich zwar auffallend sind, die aber leicht übersehen und für zufällige und un- wesentliche Abweichungen vom normalen Verhalten gehalten werden können, weil innerhalb dieser Bündel die Fasern der Glianetze nicht oder nur in geringem Grade und an ganz umschriebenen Stellen befallen sind. Es treten hier zwischen den übrigens dicht an einander gepressten Nervenfasern in wechselnder Häufigkeit ungewöhnlich grosse Lücken und Spalten hervor, die den Durchmesser einer starken Nervenfaser erreichen oder noch etwas übertreffen können und die theils durch mark- haltige Fasern, theils durch normale oder nur wenig veränderte Gliafasern begrenzt werden, die häufig auch frei in die Lücken hineinragen. Dieselben sind ganz leer oder enthalten einzelne Markringel und Tröpfehen, die sich von den benachbarten Nervenfasern abgelöst haben, deren Markhülle zwar meist noch eine continuirliche, eylinderförmige ist, die aber mitunter nur schalen- oder hülsenartig dem Axen- eylinder anliegt. In Betreff der Entstehung der Lücken ist einmal zu berücksichtigen, dass von ausser- halb der Schnittebene gelegenen entarteten Theilen her sich ein Sehwund des Marks weiter fortgesetzt und eine mehr oder weniger beträchtliche Abnahme des Durchmessers der Markscheide einzelner Nervenfasern bedingt haben kann, so dass in Folge davon die bereits vorhandenen Maschen einen entsprechenden Zuwachs an Weite erfahren haben; ausserdem aber kommt die Möglichkeit einer Auf- stauung von interstitieller Flüssigkeit in Betracht, deren Menge entweder durch vermehrten Austritt von Plasma gewachsen sein kann, oder deren gleichmässiger Vertheilung durch die körmnig entarteten Gewebspartien ein Hinderniss entgegengesetzt und die deshalb in ihrer Vertheilung auf ein kleineres Gebiet beschränkt wird. Kommt es auf diese Weise an umschriebenen Stellen zu einer Anhäufung der interstitiellen Flüssigkeit, so kann der vermehrte Druck derselben auf die umgebenden Gewebs- elemente eine Erweiterung der vorhandenen Lücken und ein Einreissen der sich anspannenden Glia- fasern zur Folge haben. Schon innerhalb der Grenzzone der Gehirnheerde fanden sich derartige Lücken und Spalten in ziemlicher Häufigkeit, indessen erreichten dieselben hier bei Weitem nicht so beträcht- liche Dimensionen wie innerhalb des Rückenmarks, wo kein Zweifel darüber bestehen konnte, dass sie aus beträchtlicheren Ansammlungen von interstitieller Flüssigkeit hervorgegangen sind. Namentlich an Längsschnitten waren die Befunde häufig überraschend, indem die begrenzenden markhaltigen Fasern in Folge des Drucks durch die angestaute Flüssigkeit nicht blos von einander gedrängt waren, sondern auch Ein- und Ausbiegungen erfahren, einen geschlängelten Verlauf angenommen hatten, so dass sie in der That, wo derartige Lücken sich häufiger fanden, wie durch einander geworfen aussahen. Dabei war die Markscheide durch das Vorkommen zahlreicher, zackiger, frei in die Lücken hineinragender Fortsätze ausgezeichnet, so dass sie einen einem Gebirgsprofil ähnlichen Contour erlangt hatte. Die graue Substanz des Rückenmarks bot in Betreff der Vorgänge und Veränderungen im 1) Nach Arndt (Virchow’s Archiv, 64. Band, p. 368) entstehen die Varikositäten der Axencylinder in Folge irri- tativer Vorgänge, die zu Hypertrophie und Hyperplasie ihres körnigen Inhaltes führen und sich den Prozessen in anderen Organen anreihen, welche unter dem Namen trübe Schwellung beschrieben und bekannt geworden sind, so dass man das Auftreten der Varikositäten als Symptom einer beginnenden oder schon bestehenden parenchymatösen Entzündung auffassen darf; im weiteren Verlaufe des Prozesses können dann die betroffenen Axencylinder noch mehr schwellen, in Folge ihrer Imbition mit einer glänzenden Masse ein glasiges, fast homogenes Aussehen annehmen und schliesslich sklerosiren, immer aber sind die letzteren Vorgänge nach Arndt als sekundäre, nach Ablauf des irritativen Prozesses eintretende, aufzufassen. 104 Intersuchungen über die Gewebsveränderungen Einzelnen ganz dasselbe Verhalten wie die weisse, nur war in ihr ebenso wie in der grauen Hirnrinde die Heerdsubstanz gleichmässiger dicht, die nach Schwund der Nervenfasern übrig gebliebenen Lücken sehr klein, häufig durch Einwachsungen von den Rändern her ganz ausgefüllt. Die Ganglienzellen liessen zum Theil noch ihr normales Verhalten erkennen, zum Theil war schon Zerfall ihrer Substanz eingetreten, der aber hier nicht den Grad erreichte wie an den Ganglienzellen der grauen Hirnrinde, auch fehlten in der Regel pericelluläre Räume, der körnige Inhalt des Zellkörpers und der Fortsätze floss ohne alle scharfe Grenze mit der umgebenden körnigen Heerdsubstanz zusammen, wie es in Fig. 13 (Querschnitt durch einen entarteten Abschnitt des rechten Hinterhorns vom oberen Ende des Halstheils, a, Fig. 1) vortritt. Nur an der oberen Zelle sind hier die Contouren noch zum grösseren Theil erhalten. Zwischen den beiden Zellen und dem Querschnitt einer kleinen Vene treten in grosser Zahl und in dichter Stellung feine und noch kurze, sich entwickelnde Fibrillen hervor, während im Uebrigen die Schnittfläche ein ziemlich gleichartiges körniges Aussehen besitzt mit zahlreich ein- gestreuten derberen Körnchen, welche in kleine Gewebslichtungen eingebettet sind und häufig kurze stielförmige Fortsätze erkennen lassen. An einem Theil der in die Körnchenmasse eingelagerten Kerne sind ebenfalls feine Fasern sichtbar, die aus ihrem Innern entspringen und in die umgebende Körnchen- masse übertreten. Die nicht veränderte Capillare am rechten Rande lässt eine ähnliche Zeichnung ihrer Membran wie die in Fig. 7 abgebildete erkennen, nur ist dieselbe hier bei der schwächeren Vergrösse- rung weniger deutlich; dasselbe gilt von der in Fig. 16 abgebildeten Capillare aus der Umgebung des die Mitte zwischen beiden Oliven einnehmenden Heerdes, deren Adventitia eine ungleiche Verdickung mit Einlagerung einzelner Körner zeigte. Amyloide Körper fehlten in den Hirn- und Rückenmarksheerden fast vollständig, nur inner- halb der Heerdsubstanz des linken Hinterhorns im Bereiche der Pyramidenkreuzung fanden sie sich in grösserer Zahl und in wechselnder Grösse eingelagert. Die Arachnoidea und die Pia mater mit ihren Fortsätzen zeigten nur strichweise eine Schwellung und körnige Trübung der die Fibrillenbündel umscheidenden Zellhäutchen, hie und da stärkere Anhäufungen der Körnehen mit mehr oder weniger beträchtlicher Vermehrung der Kerne, die bald noch vereinzelt, bald gruppen- oder reihenweise dicht zusammenliegen. Die geschilderten Veränderungen, wie sie im Innern der Heerde und in der unmittelbaren Um- gebung derselben an den verschiedenen das Hirn und Rückenmark constituirenden Gewebselementen vortreten, lassen sich nur dann in ihrem histogenetischen Zusammenhang, als Theilerscheinungen eines und desselben Prozesses erkennen, wenn man von den Stellen ausgeht, wo die ersten Keime der Er- krankung, die mikroskopischen Plaques auftreten, sei es in der Umgebung bereits entwickelter Heerde oder an Heerden, die überhaupt erst in der Bildung begriffen sind, aus dem Zusammenfluss kleinerer und grösserer derartiger Plaques hervorgehen. Es ist nur dann möglich, die im Innern der einzelnen grösseren Heerde häufig überaus wechselnden Befunde zu verstehen, sie auf die bestimmte Richtung zurückzuführen, welche der pathologische Prozess im konkreten Falle genommen hat und die durch den krankhaften Reiz selbst hervorgebrachten Veränderungen von denen zu trennen, welche lediglich in Folge mechanischer Einwirkungen, durch den Druck entstanden sind, welchen geschwellte Gliafasern oder Anhäufungen dichter Heerdsubstanz auf ihre Umgebungen ausüben oder der durch angestaute interstitielle Flüssigkeit auf benachbarte bindegewebige und nervöse Theile ausgeübt wird. Schon bei einer nur auf die einfache Feststellung der verschiedenen den Heerd zusammensetzenden Form- bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Bückenmarks. 105 bestandtheile gerichteten Untersuchung muss die Thatsache auffallen, dass unter den letzteren bald die Menge der Fibrillen überwiegt, dass sie neben Resten nicht differenzirter Heerdsubstanz und einer wechselnden Menge von Gliakörpern den wesentlichsten Bestandtheil der Heerde bilden, während in anderen Heerden die Fibrillen sich in verhältnissmässig beschränkter Ausdehnung entwickelt haben und der bei Weitem grösste Theil des Heerdinnern von den Produkten einer regressiven Metamor- phose, von Fettkörpern und Fettkrystallen eingenommen wird, denen geringere Mengen von freiem tropfenförmigen Fett beigemischt sind. Man kann somit die sämmtlichen entwickelten Heerde in zwei Formen trennen, in solche, in deren Innerem die Fibrillen, und in solche, in deren Innerem die Produkte der fettigen Metamorphose überwiegen und in beiden Formen finden sich noch mehr oder weniger ausgebreitete Reste der ursprünglichen Heerdsubstanz und Gliakörper, deren Bildung schon in der Grenzzone erfolgt und der fettigen Umwandlung der Heerdsubstanz vorausgeht oder gleichzeitig mit derselben erfolgt. Während die umfangreicheren Heerde in ihrer bei Weitem grössten Ausdehnung eine Differenzirung nach diesen beiden Richtungen hin erkennen lassen, bietet das Innere der kleinsten (mohnkorngrossen) Heerde noch eine ziemlich gleichartig körnige Beschaffenheit, enthält aber mehr oder weniger zahlreiche kleinere und grössere Lücken, die nach Schwund der Nervenfasern entstanden und durch Eiwachsungen noch nicht ausgefüllt sind. Innerhalb der Heerdsubstanz treten die Grössenunterschiede zwischen den Körnchen, die vereinzelt oder in kleinen Gruppen eingestreuten derberen, häufig mit feinen stielförmigen Fortsätzen versehenen sowie die Anlagen der noch sehr feinen und kurzen-Fibrillen schon bei 500facher Vergrösserung hervor, dagegen erst bei stärkeren Systemen die feinen netzartigen Verbindungen zwischen den Körnchen und Körnern an allen Stellen, wo die- selben nicht zu dicht an einander gelagert sind. In Betreff der Entwicklung der Fibrillen liess sich feststellen, dass ihre Anlagen gleichzeitig mit den Körnchennetzen in der Heerdsubstanz auftreten, also dann, wenn mit Zunahme der Schwellung der Gliafasern ihre Körnchen etwas aus einander rücken, so dass die noch sehr feinen und kurzen Fibrillen nur als eine bestimmte Form erscheinen, unter welcher die Körnchen in Verbindung treten, in ganz analoger Weise wie auch die aus den Kernen entspringenden Fäserchen entweder in die die letzteren unmittelbar umgebenden Körnchennetze ein- greifen oder sich zunächst in Fibrillen fortsetzen, die erst in einiger Entfernung vom Kern in Körnchen- netze oder Anhäufungen dicht gestellter Körnchen auslaufen. Wollte man annehmen, dass die Fibrillen- bildung in den Heerden auf die Stellen und auf die Ausdehnung beschränkt bliebe, innerhalb deren sie in den kleinsten Heerden nachweisbar ist und dass auch bei dem weiteren Wachsthum der letzteren Fibrillen nur so weit zu neuen Heerdbestandtheilen werden, als sie sich gleichzeitig mit den Körnchen- netzen differenzirt haben, so lässt sich dagegen der Umstand anführen, dass auch in der Grenzzone von sehr fibrillenreichen Heerden die Fibrillenanlagen nur in beschränkter Ausdehnung innerhalb der sich bildenden Heerdsubstanz und auch hier als sehr feine, kurze, vereinzelte oder zu kleinen Bündel- chen vereinigte Fäden vortreten. Sollen sich dieselben zu Fibrillen umbilden, wie sie im Heerdinnern enthalten sind, so müssen sie ein Längen- und Dickenwachsthum erfahren, was auf Kosten der um- gebenden Körnehen und Körnchennetze in der Weise zu erfolgen scheint, dass Theile der letzteren, die sich in der Richtung der Fibrillenanlagen befinden, mit denselben sich zur Bildung einer längeren, immer noch sehr feinen, gekörnten Faser vereinigen, deren Dickenwachsthum Anfangs ein ungleich- mässiges ist und sich durch das Auftreten sehr feiner spindelförmiger Anschwellungen dokumentirt. Die junge Fibrille kann dann in der Verlängerung ihrer ursprünglichen geradlinigen Richtung weiter- wachsen oder sie macht kleine Ein- und Ausbiegungen, erhält einen etwas ziekzackförmigen Verlauf, wenn mit dem weiteren Wachsthum Bruchstücke der Körnehennetze zu Abschnitten der Fibrille um- Jen. Denkschriften II. 2. 14 106 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen gewandelt werden, die mit der ursprünglichen Richtung der letzteren einen mehr oder weniger spitzen, mitunter fast rechten Winkel bilden. Es würden also bei diesem Modus des Wachsthums die Fibrillen nur deshalb als gesonderte Bildungen innerhalb der Körnehennetze vortreten, weil die feinen Fasern derselben nach bestimmten Richtungen hin eine zunehmende Verdickung erfahren haben, die Anfangs nur stellenweise eintritt, später unter Schwinden der in die Continuität der Fibrille eingeschalteten Körnehen eine mehr gleichmässige wird; es würden deshalb die Fibrillen nur scheinbar, wegen ihrer etwas grösseren Stärke als selbständige Bildungen vortreten, thatsächlich aber immer noch Theile der Körncehennetze bilden und man dürfte erwarten, ihre Beziehungen zu den letzteren, ihre Zusammen- hänge mit ihnen nachweisen zu können. Da wo parallele Fibrillen sehr dicht zusammenliegen, lassen sich indessen feine quere Verbindungsfäden als Reste der alten Netze mit Deutlichkeit nicht erkennen, man sieht nur feine, zwischen die ersteren eingelagerte Körnehen, von denen es dahingestellt bleiben muss, ob sie als Körnchen ursprünglich vorhanden waren oder die Reste feiner querer Verbindungs- fäden sind, die mit dem Diekenwachsthum der Fibrillenanlagen entsprechend kürzer geworden sind, so dass sie nicht mehr als kurze Fäden, sondern nur noch als Körnchen vortreten. Wo dagegen die parallelen Fibrillen nicht zu dicht liegen, lassen sich zwischen ihnen schräge Verbindungsfäden, mit- unter aber auch regelmässig gestellte quere Verbindungsfäden als Theile der Netze erkennen, die ihre ursprüngliche Feinheit behalten haben, während die zu Fibrillen sich umbildenden gleichgerichteten Bruchstücke der Netze sich verdiekt haben und deshalb viel leichter in die Augen fallen. Während so ein Theil der Fibrillen aus einer Umbildung der Körnehennetze hervorgeht, entstehen andere als freie Auswachsungen aus den randständigen Körnehen der verbreiterten Gliafasern und eines Theils der Gliakörper, wachsen in die nach Schwund der Nervenfasern bleibenden Lücken ein, die sie zum Theil oder ganz ausfüllen und in analoger Weise kommt es wohl auch zu fibrillären Auswachsungen aus den nicht nachweislich zu Netzen verbundenen Körnchen innerhalb der Heerdsubstanz, die nach bestimmten Richtungen hin erfolgen, sich mit den in der Wachsthumsrichtung gelegenen Körnchen verbinden und so die Menge der überhaupt vorhandenen Fibrillen vermehren. Uebersieht man Heerd- abschnitte, in denen sich zahlreiche bündelweise Fibrillenanlagen befinden, so bemerkt man, wie die letzteren sehr häufig über grössere Heerdabschnitte die gleiche Riehtung einhalten, dabei aber von einander noch durch grössere oder kleinere Abschnitte körniger oder netzförmiger Heerdsubstanz ge- trennt werden; in anderen Fällen ist die letztere bis auf schmale Reihen oder kleine truppweise An- häufungen von Körnchen oder bis auf schmale Schichten von Körnchennetzen geschwunden, die Fi- brillenbündel haben dem entsprechend eine grössere Länge und Breite erreicht und es lassen sich so alle Uebergänge in der Entwicklung und in dem Wachsthum der Fibrillen bis zur Ausbildung des überwiegend fibrillären Gewebes verfolgen, in welchem nur spärliche Anhäufungen von Heerdsubstanz in den Lücken zwischen den Fibrillenbündeln enthalten sind. Der Verlauf der Mehrzahl der Fibrillen und Fibrillenbündel war ein geradliniger, indessen nicht selten fanden sich auch solche mit aus- gesprochen wellenförmigem Verlauf, den schon die Fibrillenanlagen einhielten, so dass er nicht als die Folge einer späteren Retraktion des Gewebes angesehen werden kann. Als besondere Gebilde habe ich innerhalb der Heerde und der Grenzzone die Gliakörper be- schrieben, die durch die diehte Stellung und die Feinheit der sie zusammensetzenden Körnchen und meist auch durch eine dunklere Karminfärbung charakterisirt sind und deshalb innerhalb der Heerdsubstanz in ziemlich auffallender Weise vortreten. Dass sie aus Knotenpunkten der Glia hervorgegangen sind, also integrirende Bestandtheile der Netze bildeten, lässt sich bei genauer Untersuchung der Grenzzone fest- stellen, ihr späteres Aussehen wie die sehr wechselnden Form- und Grössenverhältnisse hängen einmal bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 107 von dem Grad der Schwellung der Knotenpunkte und von der Ausdehnung ab, in welcher von den letzteren aus sich die feine Granulirung auf die mit ihnen zusammenhängenden Ausläufer erstreckt, dann aber von einem Verdichtungsprozess, der von den peripheren Körnchensechichten des Körpers sich auf die Ausläufer fortsetzt, denselben ein glänzendes, fast homogenes Aussehen verleiht, während in an- deren Fällen von Stellen aus, wo die Körnchen weniger fein und weniger dicht gestellt sind, Fibrillen einzeln oder büschelweise auswachsen, so dass auf den ersten Blick die ganzen Gebilde einen ziemlich fremdartigen Eindruck machen. Ein, seltener mehrere Kerne können in ihnen enthalten sein, ihnen ein zellenartiges Aussehen verleihen, fehlen aber in vielen Fällen und wo sich dabei noch zahlreichere fibrilläre Auswachsungen vorfinden, kann auch die Aehnlichkeit, die sie ihrer Form nach wenigstens mit Gliazellen besitzen, ganz schwinden; hat man aber ihre Entwicklung aus den letzteren und aus den geschwellten Knotenpunkten verfolgt, so lässt sich aller Wechsel der Form aus dem Grade der ursprünglichen Schwellung, aus der Ausdehnung, in welcher die Fortsätze von derselben befallen und nachträglich sklerosirt sind wie aus dem Vorhandensein oder Fehlen von fibrillären Auswachsungen erklären. Fetttröpfchen oder Reste von Nervenmark waren in den Gliakörpern nie eingeschlossen, ebensowenig waren Anhaltepunkte dafür zu gewinnen, dass neben den aus geschwellten Knoten- punkten hervorgegangenen Gliakörpern andere aus einer Verschmelzung von ausgewanderten farblosen Elementen entstanden seien. In der Rindenschicht des Kleinhirns war es zwar zu einer Verschmelzung von einzelnen Körnern und damit zur Bildung grösserer rundlicher Körper gekommen, indessen ohne dass aus den letzteren sich neue Formelemente entwickelt hätten, da in der feinkörnigen Masse, zu welcher sie zerfallen waren, sich nur Einlagerungen von Fettkrystallen fanden. Da in einem beträcht- lichen Theil der Gliakörper Kerne überhaupt fehlten, auch bei einer speciell auf ihr Vorkommen ge- richteten Untersuchung nicht wahrgenommen werden konnten, so kann auch in den Gliakörpern, in welchen sie enthalten waren, ihr Vorhandensein auf die Ausbildung der letzteren selbst von keinem Einfluss gewesen sein, so dass sich eben nur die einfache Thatsache constatiren lässt, dass mit ihrer Schwellung die kernhaltigen wie die kernlosen Knotenpunkte der Netze bald eine gleichmässig fein- und dichtkörnige Beschaffenheit annehmen, bald sich zu feineren und zu gröberen Körnchen differen- ziren, von welchen letzteren sich wieder feine fibrilläre Auswachsungen erheben können. Des Vorkommens freier Kerne und zartwandiger, kernhaltiger, runder Zellen in der Heerd- substanz wurde bereits von Rokitansky gedacht und auch in neuerer Zeit sind von verschiedenen Beobachtern neben den freien Kernen Zellen von wechselnder Form und Beschaffenheit als Heerd- bestandtheile beschrieben worden, über deren Herkunft indessen bestimmtere Angaben nicht vorliegen, so dass es für einen Theil derselben dahingestellt bleiben muss, ob sie nur umgewandelte Knoten- punkte der Netze oder ganz neugebildet sind. Leyden!) führt ausser Körnchenzellen sternförmige Zellen, grosse Deiters’sche Zellen unter den Heerdbestandtheilen auf und hebt ihr sehr reichliches Vor- kommen in manchen Fällen von Sklerose ausdrücklich hervor. „Sie sind scharf contourirt, blass, haben einen ziemlich homogenen, mit Karmin lebhaft gefärbten Inhalt und enthalten 2—3 grosse, scharf contourirte Kerne. Die abgehenden Fortsätze sind öfters hohl, mit einer durch Karmin lebhaft ge- färbten Masse erfüllt. In manchen Fällen von Sklerose fehlen diese sternförmigen Zellen oder sind nur vereinzelt vorhanden. Es scheint, dass sie besonders in kleinen central gelegenen Heerden reichlich auftreten und ich möchte glauben, dass sie sich vornehmlich da bilden, wo das schrumpfende sklero- tische Gewebe sich nicht in toto zusammenziehen kann, sondern durch die Umgebung aus einander 1) Klinik der Rückenmarkskrankheiten, Berlin 1875, pag. 382. 14* 108 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen gehalten wird, so dass es in seinem Innern kleine saftreiche Lücken, d. i. jene vergrösserten Saftzellen zurücklässt.“ Was das Hohlsein der Fortsätze anlangt, so machen verhältnissmässig breite, zart aber scharf eontourirte Fortsätze namentlich bei schwächeren Vergrösserungen den Eindruck von hohlen Gebilden, wenn man dagegen stärkere Vergrösserungen anwendet, so sieht man das Innere der Fort- sätze wie der Zellen (Gliakörper) von sehr feinen und sehr dicht gestellten Körnchen gleiehmässig und vollständig erfüllt. In Betrefl' der Entstehung der Zellen muss ich mich begnügen, auf die oben bei Besprechung der Gliakörper gemachten Angaben zu verweisen. Schüle berichtet in seiner ersten Publikation !), dass die stahlgrau gefärbten Abschnitte der Hirnrinde von einer bald kleineren, bald grösseren Masse von runden granulirten Zellen durchsetzt, an einzelnen Partien ganz von ihnen durchsät gewesen seien. „Die Zellen sind die gewöhnlichen runden Neurogliazellen, ausgezeichnet durch den grossen granulirten Kern und die eng anliegende sehr zarte Umhüllungsmembran. Vom stark vortretenden Kernkörperchen geht bei vielen eine auf längere Strecken oft verfolgbare zarte Fibrille ab; liegen mehrere derartige Kerne zusammen, so entsteht durch die sich kreuzenden Kern- fasern ein mehr oder weniger dichtes Gewirre. Neben Rundzellen kommen zahlreiche Spindelzellen vor, besonders neben oder auf der Gefässadventitia aufsitzend, die beiderseits in lange zarte Fasern ausgezogen sind. Die Umgebung der Gefässe ist aber nicht die Prädilektionsstelle für die Ansamm- lungen der kleinen Zellen, diese liegen vielmehr da und dort in kleineren und grösseren, oft auch ganz continuirlichen Plaques zusammen und zwar in eine dichtkörnige, opake Protoplasmamasse ein- gebettet.“ Neben diesen beiden Zellformen fanden sich da und dort in den Protoplasmaansammlungen andere von unregelmässiger Gestalt und einer sehr grossen Menge gewundener Fortsätze, mit mehreren, aber immer ganz kleinen, meist randständigen Kernen erfüllt. — Die Richtigkeit der hier angeführten Beobachtungen ziehe ich nicht in Zweifel, aber so wie sie vorliegen, sind sie unverständlich; da weder die gewöhnlichen noch die ungewöhnlichen Neurogliazellen rund sind, eine besondere zarte Umhül- lungsmembran überhaupt nicht, sondern höchstens eine verdichtete Randzone besitzen, auch nie in diehten Ansammlungen vorkommen, so ist klar, dass es sich hier nicht um Neurogliazellen handelt, sondern um zellige Elemente, die unter dem Einfluss des pathologischen Prozesses aufgetreten sind und in Betreff deren es erst festzustellen ist, ob sie überhaupt mit Gliazellen in einem unmittel- baren Zusammenhang stehen. Dagegen scheinen die vom Verf. ausserdem gefundenen, unregelmässig gestalteten, mit einer grossen Menge gewundener Fortsätze und mit mehreren Kernen versehenen Zellen, ferner die in den Randsäumen der Rindenheerde und in den knirschenden Heerden der Mark- substanz enthaltenen vielästigen Zellen mit langen glänzenden Ausläufern wie die in den befallenen Partien des Rückenmarks nachgewiesenen vielarmigen verästelten Sternzellen von der verschiedensten Form und Grösse den Gliakörpern zu entsprechen. — In seinem zweiten Fall erwähnt Schüle2) unter den Befunden aus den sklerotischen Partien der grauen Substanz des Rückenmarks das Vorkommen der zuerst von Rindfleisch genauer beschriebenen und rücksichtlich ihrer Genese in bestimmter Weise gedeuteten Zellen, ohne indessen selber die Frage, woher sie stammen und wie sie sich bilden, auch nur zu berühren. Es handelt sich auch hier lediglich um Gliakörper, die durch ihre verhältniss- mässig beträchtliche Grösse, durch glänzende Fortsätze und durch mehr oder weniger zahlreiche fibrilläre Auswachsungen ausgezeichnet sind und schon in früheren Mittheilungen habe ich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich ihre Entstehung aus geschwellten Abschnitten der Glianetze häufig genug ver- 1) Beitrag zur multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks, Deutsches Archiv für klinische Mediein, 7. Band, Leipzig 1870, pag. 274 u. figd. 2) Weiterer Beitrag zur Hirn- und Rückenmarks-Sklerose. Deutsches Archiv für klinische Mediein, Bd. VIII. bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 109 folgen lässt. Geht man aber auf die Genese der das erkrankte Gewebe zusammensetzenden Form- elemente nicht ein, so bleiben die verschiedenen aufgezählten Befunde und Beobachtungen für das Verständniss des Krankheitsprozesses selbst ziemlich werthlos. Ausser von Schüle sind zellige Ele- mente von verschiedener Beschaffenheit noch von einer Anzahl anderer Beobachter in neuerer Zeit beschrieben worden, so giebt Buchwald!) bei Mittheilung des ersten der von ihm beobachteten Fälle an, dass im Innern eines umfangreichen, im rechten Vorderlappen befindlichen Heerdes in den Maschen zwischen Gefässen und Bindegewebsfibrillen Zellen von verschiedener Form und Grösse in Gruppen oder in Reihen lagen, die sich weder bestimmt den Gliazellen, noch den weissen Blutkörperchen, noch den Nerven oder Bindegewebszellen allein zusprechen liessen, es waren alle Arten vertreten, am spar- samsten die Nervenzellen, am zahlreichsten die Wanderkörperchen. Otto2) sah im Innern von Hirn- heerden Anhäufungen grösserer und kleinerer rundlicher Zellen mit zarter Membran und grossem Kern, zum Theil mit Kernkörperchen und einer feinen von diesem abgehenden Faser und ebenso fand Jolly 3) im faserigen Bindegewebe lederartig zäher Heerde der Marksubstanz neben fein verästelten Zellen zahl- reiche kleine rundliche Zellen mit grossem Kern und wenig Protoplasma. Im vorliegenden Fall waren, wie oben erwähnt wurde, runde Zellen vom Charakter der weissen Blutkörperchen in grösserer Zahl nur in den Lymphscheiden mancher Gefässe, am häufigsten in der Medulla oblongata und im kückenmark enthalten, in der die Gefässe unmittelbar umgebenden Heerd- substanz waren dieselben nicht und auch freie Kerne daselbst nicht häufiger wahrzunehmen als in anderen Heerdabschnitten. Vereinzelt oder zu wenigen kamen ausserdem Iymphoide Elemente nur in manchen pericellulären Räumen der Ganglienzellen der Hirnrinde vor und in manchen der grösseren nach Schwund der Nervenfasern übrig gebliebenen Lücken innerhalb der weissen Substanz des Rücken- marks. Den letzteren analoge Befunde habe ich früher bei Untersuchung degenerativer Vorgänge im Rückenmark erhalten, die denen bei der strangweisen Degeneration im Wesentlichen entsprachen und sich nach Wirbelkaries entwickelt hatten*). In den nach Schwund der Nervenfasern zurückgebliebenen Maschenräumen waren in ziemlicher Häufigkeit theils Ansammlungen feinkörniger Substanz, theils deutlich abgegrenzte runde oder ovale Zellen mit 1—2 Kernen enthalten. So lange sich aus der Untersuchung der erkrankten Theile selbst keine bestimmten Anhaltepunkte für die Entstehungsweise derartiger Zellen ergeben, liegt es natürlich nahe, an ausgewanderte weisse Blutkörperchen zu denken, nur möchte ich, weil es sich um ein Vorkommen kleiner, kernhaltiger Rundzellen im Innern der Heerd- substanz selbst handelt, darauf hinweisen, dass ein Eindringen farbloser Zellen in dieselbe, das Aus- einanderdrängen der dicht gelagerten Körnchen, die Ueberwindung nicht unbeträchtlicher Widerstände voraussetzt und dass auch da, wo es zur Bildung von Fibrillen gekommen ist, präformirte Bahnen zwischen Fibrillenbündeln und Lagen, in denen die Zellen weiter wandern könnten, nicht gegeben sind. Des Vorkommens freier Kerne in der Heerdsubstanz wird von den meisten Beobachtern aus- drücklich gedacht, sehr häufig auch ihre Menge als vermehrt angegeben und zwar nicht gleichmässig, sondern so, dass sie stellenweise zu Reihen oder Gruppen dichter zusammengelagert sind. So wenig man aber die in den Gliakörpern enthaltenen Kerne als Zellen in der gewöhnlichen Bedeutung des Worts zugehörig ansehen kann, so wenig kann man streng genommen von freien Kernen reden, da 1) Ueber multiple Sklerose des Hirns und Rückenmarks. Deutsches Archiv f. kl. Medie. Bd. X. 2) Casuistischer Beitrag zur multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. Deutsches Archiv für klinische Me- diein, Bd. X. 3) Ueber multiple Hirnsklerose. Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten, III. Band, 3. Heft. 4) Ein Fall von Wirbelkaries und Degeneration des Rückenmarks. Virchow’s Archiv, 54. Band, 1. u. 2. Heft. 110 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen dieselben theils durch die aus ihrem Innern entspringenden feinen kurzen Fäden mit den Körnchen und den Körnchennetzen in ihrer unmittelbaren Umgebung zusammenhängen, theils aber auch mit längeren und stärkeren Fibrillen, von denen sich einzelne bis in ihr Inneres verfolgen lassen, während andere in ihrer Umgebung enden, resp. entspringen. Sehr auffallend war im vorliegenden Fall die ganz ungleichmässige Vertheilung und die sehr wechselnde Häufigkeit der Kerne. In den mohnkorn- - grossen Heerden war die Menge derselben an den meisten Stellen nicht nur nicht vermehrt, sondern auffällig vermindert, sie fehlten nicht selten im Umfang eines Gesichtsfeldes ganz oder waren nur zu wenigen eingelagert, hatten dabei meist eine auffallend schwache Karminfärbung angenommen und wurden erst in der Grenzzone häufiger, in welcher sie aber ebenfalls in ungleichmässiger Vertheilung, vereinzelt oder in kleinen Gruppen von 3—5 eingestreut waren. Im Innern der grösseren Heerde war die Gesammtmenge der Kerne zwar beträchtlicher als im Innern der kleinen, im Ganzen waren sie aber auch hier spärlich vertheilt, fehlten an manchen Heerdabschnitten ganz und ihre Menge wie die Lebhaftigkeit ihrer Karminfärbung nahm erst in der Nähe oder innerhalb der Grenzzone in auffal- lenderer Weise zu. Sie fanden sich im Bereiche der letzteren zu 50—80 oder zu 80—100 in einem Gesichtsfeld, theils einzeln, theils in kleinen Gruppen von 3—5 zusammenliegend. In grosser Menge und in gleichmässig dichter Stellung waren die Kerne nur im Innern eines Heerdes aus den Vier- hügeln enthalten. Neben den die Mehrzahl bildenden bläschenförmigen fanden sich in geringerer Zahl opake mattglänzende, in deren Innerem einzelne Körnchen nur undeutlich vortreten, sowie kleine runde Anhäufungen von dicht gestellten, aber deutlich vortretenden Körnchen, die nur deshalb den Eindruck selbständiger Bildungen machten, weil sie von der umgebenden Heerdsubstanz durch einen lichten Hof geschieden waren. Unter den bläschenförmigen Kernen zeigten viele ein analoges Verhalten, wie ich es an den Kernen aus körnig entarteten Gewebspartien des verlängerten Markes und des Seh- hügels, an den Kernen der Gefässendothelien und der pia mater in der bereits erwähnten Arbeit!) hatte constatiren können, die Kernmembran besass eine an denselben Kernen wie an verschiedenen Kernen wechselnde Dicke, körnige Prominenzen an ihrer inneren und äusseren Fläche und war nicht selten durch kleinere und grössere Lücken unterbrochen, hie und da selbst halb offen, so dass das Kerninnere sich entweder unmittelbar und ohne scharfe Grenze in die umgebende Heerdsubstanz fort- setzte oder es war die Kerngrenze im Bereiche der Lücke wenigstens angedeutet durch eine Reihe dicht gestellter oder durch kleine Interstitien getrennter Körnchen. Sehr auffallend war die ungleiche, auch von Leyden?) und Schultze beobachtete Vertheilung der Kerne, ihr ganz sparsames Vorkommen im Innern der kleinsten Heerde, ihre ebenfalls sehr geringe Menge im Innern mancher Abschnitte der grösseren Heerde, während in den kleineren wie in den grösseren Heerden ihre Menge innerhalb der Grenzzone bald mehr, bald weniger erheblich vermehrt war. Da ausserdem ein Theil der Kerne im Innern der Heerde eine auffallend schwache Karminfärbung angenommen hatte, manche Kerne Defekte ihrer Membran zeigten, so lag die Vermuthung nahe, dass es sich hier um in der Rück- bildung, im beginnenden Zerfall begriffene Kerne handele und dass ein solcher Zerfall in grösserer Ausdehnung an allen den körnigen Heerdabschnitten stattgefunden habe, wo die Kerne auffallend 1) 1. ec. pag. 45. 2) Leyden fand Kernwucherungen fast nur in der Adventitia der grösseren Gefässe und in den Grenzbezirken der Heerde zwischen den abgeschnürten Zügen von Nervenfasern, dagegen vermisste er sie im Gewebe der vollendeten Skle- rose; ähnlich lauten die Angaben von Schultze (Beiträge zur Pathologie und zur pathologischen Anatomie des centralen Nervensystems, Virch. Arch. 68. Band, 1. Heft), welcher Kernanhäufungen hauptsächlich in der Umgebung der Gefässe, in der Peripherie der Heerde und an Stellen beobachtete, wo sich die ersten Anfänge der Neurogliavermehrung zeigten, wäh- rend in der Mitte der sklerotischen Partien die Kerne spärlicher vorhanden waren. bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Bückenmarks. 111 sparsam eingelagert sind, während ihre Menge nach der Heerdgrenzzone hin mehr oder weniger be- trächtlich zunimmt. Bestimmte Anhaltepunkte für die Ursachen des Zerfalls bereits gebildeter Kerne liessen sich nicht gewinnen und kann nur auf den Einfluss hingewiesen werden, den eine verringerte Zufuhr von Blut in Folge der Compression eines Theils der Capillaren, sowie vielleicht chemische Ver- änderungen und Ungleichheiten in der Vertheilung der interstitiellen Flüssigkeit auf die Ernährung der Theile überhaupt ausüben, wie sie wohl auch für den Eintritt des fettigen Zerfalls im Innern vieler Heerde mit maassgebend gewesen sind *). In den früheren Mittheilungen habe ich auf das Vorkommen einer zarten, homogenen Kitt- substanz zwischen den Fibrillen aufmerksam gemacht, die innerhalb der Ausläufer des Prozesses eine grössere Dichtigkeit besass als im entwickelten fibrillären Gewebe und am deutlichsten und leichtesten in den manche kleine Gefässe begleitenden Fibrillenanlagen wahrgenommen werden konnte, indem durch sie die einzelnen Fibrillen unter einander und mit den Gefässwandungen zu einer neuen acces- sorischen Gefässhülle verschmolzen waren. Unter den neueren Beobachtern erwähnt nur Schüle das Vorkommen einer homogenen Kittsubstanz, der ihr Vorhandensein zwischen den frei am Sehnittrande vortretenden Fibrillen wie innerhalb der Schnitte constatirte und im vorliegenden Fall ist es mir auch nur stellenweise und in beschränkter Ausdehnung gelungen, dieselbe zwischen den Fibrillen wahr- zunehmen, häufiger zwischen den Körnchen der Glia- und der Fettkörper, soweit dieselben nicht zu dicht an einander gestellt waren und mitunter an den Rändern fein auslaufender Schnitte zwischen den Körnehen der Heerdsubstanz. Fett untermischt mit Myelinresten wird seit den ersten bezüglichen Angaben Kokitansky’s von verschiedenen Beobachtern als ein Bestandtheil der Heerde aufgeführt, mit oder ohne gleichzeitige Fettauflagerungen auf die Gefässe, Fetteinlagerungen in die adventitielle Lymphscheide oder Verfettung der Gefässwandungen selbst. Grössere, schon mit der Lupe an der Schnittlläche als weisse Pünktehen wahrzunehmende Fettanhäufungen wurden von Rindfleisch!) beobachtet und waren aus der Ver- fettung kleiner einkerniger Zellen hervorgegangen, die sieh aus den Neurogliakernen entwickelt hatten. Sehüle fand im ersten seiner Fälle an Stellen der Hirnheerde, wo die Nervenfasern geschwunden waren, dicht gedrängte Häufchen von Myelin und namentlich von Fettkörnehenkugeln, und an vielen Stellen aus vorgeschrittenen Prozessstadien die Gefässe mit Fettkörnehen bedeckt oder auch stellen- weise mit diehten Fettkörnchenkugeln überlagert. Buchwald (zweiter Fall) sah zahlreiche Fetttröpf- chen in das Innere der Hirn- und Rückenmarksheerde eingestreut, Jolly fand in den Heerden der Marksubstanz des Gehirns neben den kleinen Rundzellen vereinzelte oder dicht gestellte Körnchenzellen, die mitunter auch in grosser Menge in den Gefässscheiden nachzuweisen waren und Otto beobachtete einzeln und haufenweise in die Gehirnheerde eingestreute Fettkörnchen, sowie Verfettung der Gefäss- *) Auf den Schwund der Kerne in den weissen Blutkörperchen bei Thrombenbildung, sowie in älteren embolischen Niereninfarkten hat bereits früher Weigert aufmerksam gemacht. Neuerdings hat Kraske (Regeneration der quer- gestreiften Muskelfasern, Halle 1878) beobachtet, dass nach Aetzungen der Muskeln an der Grenze des Schorfs sich 2 —3 Lagen heller quergestreifter Fasern finden, die keine Färbung annehmen und in denen die Kerne fehlen und bestimmte Anhaltepunkte für die Ursachen des nach Cirkulationsstörungen in den Muskeln eintretenden Kernschwundes hat Heidel- berg (Zur Pathologie der quergestreiften Muskelfasern, Arch. f. experim. Path. u. Pharmak., Bd. 8) gewonnen. Derselbe beobachtete, dass nach vorausgegangenen temporären Unterbrechungen der Cirkulation 2—3 Tage nach Lösung der Ligatur constant ein auffallender Schwund der Muskelkerne und der Kerne der Capillaren eingetreten war. Die Abnahme der Zahl der Kerne fehlte dagegen in den Muskeln von bis 70 Stunden lang unterbundenen Gliedern, wenn vor Vornahme der Unter- suchung die Ligatur nicht wieder gelöst worden war, so dass für das Schwinden der abgestorbenen Kerne die nachträgliche Durchspülung des Muskels mit Blutplasma als ein nothwendiger Faktor angesehen werden muss. \) Histologisches Detail zu der grauen Degeneration von Gehirn und Rückenmark. Virch. Arch. 26. Bd. pag. 474. 112 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen wandungen bis zu dem Grade, dass ganze Gefässbäumchen nur noch aus Zügen von neben einander gelagerten Fettkörnchenhaufen bestehen, die Wandung und das Lumen in der Umbildung unter- gegangen sind und nur noch die Form des Gefässes erhalten geblieben ist. Ein besonderes Lage- rungsverhältniss der verfetteten Zellen haben Charcot und Gombault in einem in mehrfacher Be- ziehung interessanten Fall!) wahrgenommen; an Schnittpräparaten durch die Hirnrinde fanden sich in der durch Karmin dunkel gefärbten Cortikalzone dicht gestellte verästelte Zellen, zwischen ihnen freie Kerne und einige kleine runde Zellen, nach den centralen Partien hin nimmt die Zahl der ramifieirten Zellen ab, die der runden zu, die letzteren füllen sich mit Fett und in der Mitte des Heerdes sind nur verfettete Zellen enthalten. Im vorliegenden Fall waren die fettigen Einlagerungen in die Heerdsub- stanz nicht allein durch ihre Häufigkeit und die grosse Ausdehnung, die sie erlangten, ausgezeichnet, sondern auch durch die verschiedene Form, unter welcher sie auftraten — 1) als Fettkörper, rund- liche oder unregelmässig begrenzte, in zackige Fortsätze auslaufende, mitunter kernhaltige Abschnitte der feinkörnig-fasrigen Heerdsubstanz, welche je nach dem Grade, bis zu welchem die fettige Um- wandlung vorgeschritten ist, ein mehr oder weniger glänzendes und homogenes Aussehen erlangt haben, 2) als einzelne oder büschelweise zusammenliegende, häufig einen grossen Theil des Gesichts- feldes bedeckende Margarinkrystalle und 3) als kleine Fetttröpfehen, die vereinzelt oder in kleinen Haufen in die Heerdsubstanz eingestreut sind und in der unmittelbaren Umgebung der Fettkörper häufig in grösserer Zahl und in reihen- oder gruppenweiser Anordnung sich finden oder als grössere, stark glänzende gelbliche Fetttropfen, die einzeln oder in kleinen Aggregaten vermischt mit Markresten regellos in die Heerdsubstanz eingestreut sind, häufig aber eine kranzartige Einfassung zerfallender oder unveränderter Ganglienzellen, wie namentlich in der Hirnrinde und in den Oliven bilden. Während unter diesen drei Formen das Fett sowohl in den Hirn- als in den Rückenmarksheerden vorkam, fand es sich in beschränkter Ausdehnung und nur innerhalb des Rückenmarks noch in einer vierten Form, indem im Bereiche der Heerdgrenzen umschriebene, geschwellte, leere Maschen umschliessende Ab- schnitte der Netze, unter Beibehaltung ihrer Form, als Ganzes ziemlich vollständig verfettet waren. An den Gefässen. war der Fettgehalt auf die Lymphscheiden beschränkt, die in den Heerden des grossen und kleinen Gehirns häufig mit freien Fetttropfen, Fettkrystallen und verfettenden farblosen Elementen erfüllt waren, dabei aber meist keine Veränderungen an ihren Wandungen erkennen liessen. Nach früheren Beobachtungen scheint aber ausser der fibrillären Umwandlung und der Ver- fettung der Heerdsubsranz noch eine andere Umbildung der letzteren vorzukommen und wo sie sich überhaupt findet, in grösserer Ausdehnung Platz zu greifen. So giebt Rokitansky an, dass die formlose, grauliche, zähflüssige Heerdsubstanz entweder in fasriges Gewebe übergeht oder sich zu einer starren, hornartigen, durchscheinenden Masse verdichtet und Frerichs2) beschreibt die sklerotische Heerdsubstanz als eine formlose, chemisch mit ausgeschiedenem Faserstoff übereinkommende Substanz, die ungeachtet ihres langen Bestehens keine weiteren Veränderungen eingeht, sich weder entwickelt noch rückgebildet, von geformten Bestandtheilen nur einzelne Körnchenzellen, aber weder Zellkerne noch ausgebildete Zellen oder Fasern enthält. Von einer solchen Verdichtung der ursprünglichen Heerdsubstanz sind aber wohl Bildungen zu unterscheiden, die mir früher bei Untersuchung der strang- weisen Degeneration aufgefallen sind3) und von denen ich glaubte, dass sie mit der hornartigen, 1) Note sur un cas de lesions dissemindes des centres nerveux observees chez une femme syphilitique. Archives de physiologie normale et pathologique, 1873, pag. 143. 2) Beiträge zur medieinischen Klinik, Haeser’s Archiv, Jena 1849. 3) l. c. pag. 111. bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 113 starren Masse Rokitansky’s gleichen Ursprungs seien. Während aber die letztere sich aus der weichen formlosen Heerdsubstanz entwickelt, waren die ersteren nachweislich hervorgegangen aus einer Verschmelzung der verdiekten und mit Auswachsungen besetzten Maschennetze der Rindenschicht und eines Theils der anstossenden weissen Substanz zu soliden, glänzenden Ballen und Schollen, die neben und über einander geschichtet und zwischen denen noch hie und da Reste der alten Fasernetze sichtbar waren. Die Vorgänge, welche hier zur Bildung der Schollen führten, liessen sich schrittweise ver- folgen, da aber bei Rokitansky alle näheren Angaben über die Art, wie sich die ursprüngliche Heerdsubstanz umbildet, fehlen, so konnte man leicht versucht sein, aus der Aehnlichkeit der Krank- heitsprodukte auch auf den gleichen Modus ihrer Entstehung zu schliessen. In Betreff der Betheiligung der Gefässe an dem Krankheitsprozess hatte bekanntlich Rind- fleisch die Ansicht aufgestellt, dass die Veränderungen von den kleinen in den Heerd eintretenden und sich in ihm verästelnden Gefässen, sowie von denen, welche das benachbarte noch intakte Paren- chym durchziehen, ihren Ausgangspunkt nehmen. In Folge häufig wiederkehrender oder lange an- haltender, mit Hyperämie verbundener Reizzustände der Centralorgane entwickelt sich ein chronisch entzündlicher Zustand der Gefässwandungen, der zu einer Verdickung derselben durch die Anhäufung von Kernen und Zellen in der Adventitia und in der Capillarmembran führt und den Schwund der Nervenfasern zur Folge hat. Das Gliagewebe ist nur in untergeordnetem Grade durch Vermehrung der Kerne, die Bildung einkerniger Zellen und der grösseren, oben besprochenen zellenartigen Plaques betheiligt. In Betreff der strangweisen Degeneration habe ich dagegen bereits früher nachgewiesen, dass zwar sehr häufig die Adventitia der Gefässe und die Capillarmembran den Ausgangspunkt des Prozesses bilden, dass aber daneben sich auch überall kleine mikroskopische Heerde finden, die sich unabhängig von den Gefässen entwickelt haben und dass das fibrilläre, die degenerirten Partien zu- sammensetzende Gewebe sich aus den geschwellten und verschmolzenen Gliafasern und auf Kosten derselben gebildet hat. In den seitdem über die histologischen Verhältnisse bei der multiplen Sklerose veröffentlichten Befunden wird zwar meist auf das Verhalten der Gefässe ausdrücklich Rücksicht ge- nommen, indessen sind die Angaben über die Veränderungen der letzteren noch dürftiger und unvoll- ständiger als die über Entwicklung und Umbildung der Heerdsubstanz; es geht aus denselben zwar hervor, dass in einem Theil der Fälle viele Gefässe befallen und auffallend verändert waren, dass in anderen Fällen die Zahl der betheiligten Gefässe gering war, ihre Veränderungen keinen höheren Grad erreichten, indessen finden sich weder genauere Beobachtungen über die Entwicklung der pathologischen Vorgänge an den Gefässen selbst, noch über die Beziehungen zwischen den Veränderungen der Ge- fässwand und denen des umgebenden Gewebes. So waren im zweiten durch die Betheiligung der Gefässe ausgezeichneten Fall von Schüle die Wandungen der letzteren durch Einlagerungen einer feinkörnigen, wenig: durchsichtigen, gelben Masse verdickt, die sich um die gewucherten Kerne an- sammelt und sich weiter in feine, gewöhnlich nach zwei entgegengesetzten Richtungen abtretende Fibrillen spaltet, indessen an welchen Theilen der Gefässwand diese gelbliche Masse eingelagert ist, ob nur an den Capillaren oder auch an grösseren Gefässen, wie sich die sie umgebenden Abschnitte der Gefässwand verhalten, welche Beschaffenheit die letztere an den Stellen zeigt, wo die Kerne gewuchert sind, sind Fragen, die nahe genug liegen, vom Verf. aber nicht einmal aufgeworfen worden sind. Durch die Spaltung der feinkörnigen Masse zu Fibrillen entsteht nach ihm schon ein starkes Faser- contingent, das sich in die umgebende Neuroglia einsenkt, dasselbe wird aber noch dadurch verstärkt, dass sich die Fibrillen da und dort verdieken und von den verdickten Stellen neue Fasern entspringen. Die Gefässmembran ist durch die Kernwucherungen mit den Protoplasmamassen oft ganz überdeckt Jen. Denkschriften II. 2. 15 114 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen oder eingehüllt. In den ältesten Partien der Sklerose finden sich dann an den Gefässen auch die regressiven Metamorphosen dieser Wucherungsvorgänge in Form von totaler Gefässdegeneration zu derben, kernreichen Fibrillenzügen. Auch hier vermisst man nähere Angaben, wie es zu dieser „to- talen Gefässdegeneration“ kommt und woran sich die kernreichen Fibrillenzüge als solche erkennen lassen, die aus der Umwandlung von Gefässen und nicht aus der Heerdsubstanz hervorgegangen sind. — Im zweiten Fall von Buchwald erschien inmitten der auf Querschnitten linsengrossen Heerde häufig ein kleines Gefäss, von dessen Peripherie aus sich die Veränderung nach allen Richtungen gleichmässig verbreitet hat und wie abgeschnitten auch mikroskopisch gegen das gesunde Gewebe ab- gesetzt ist. Das adventitielle Bindegewebe erscheint gelockert, der perivaskuläre Lymphraum verbreitert, in der Gefässwandung zahlreiche glänzende Kerne. Otto fand die Gefässe in hohem Grade verändert, ihre Wandungen vielfach reichlich mit Kernen infiltrirt, nur selten von Auflagerungen sehr zarter, dicht verflochtener, die Richtung der Gefässwand im Ganzen einhaltender, zuweilen Kernhaufen ein- schliessender Fibrillen bis zur doppelten Breite des Gefässdurchmessers bedeckt. Ziemlich zahlreich traf er auch Schollen von glasigem Aussehen, homogen, hie und da zart gestreilt, wie gefaltet, von verschiedener Grösse, die kleineren Plattenepithelien vertäuschend, meistens mit kleinen einzelnen gelb- braunen Pünktchen besetzt, hie und da auch eine Pigmentscholle tragend, die er nur als „Gefäss- derivate“ (!?) betrachten kann, da er einen solchen Zusammenhang mehrmals beobachten konnte. Einmal schien es, als ob eine sehr breite fibrilläre Auflagerung unter allmähligem Verlust der Zeich- nung in eine solche homogene Masse überginge, welche dann als breiter Flügel die Fortsetzung des Gefässes eine Strecke weit bis zum abgerissenen Ende dieses begleitete. Die häufigste Veränderung der Gefässe bestand in der schon erwähnten Verfettung ihrer Wandung, von der ganze Gefässbäum- chen befallen waren. In dem Fall von Charcot besassen die in die Heerde eintretenden Gefässe eine Hülle von Kernen und von granulirten Zellen, an Querschnitten bildeten diese Elemente eine doppelte oder dreifache kranzartige Einfassung des Gefässes. Ebstein!) beobachtete, dass in sehr vielen, viel- leicht der Mehrzahl der kleinen runden Heerde dieselben sich excentrisch zum Gefässquerschnitt ent- wickelt hatten, wobei der Uebergang der Heerde in das normale Gewebe allmählig erfolgte. — Auf der anderen Seite sind eine Anzahl Beobachtungen verzeichnet, bei denen die geringe Betheiligung der Gefässe ausdrücklich hervorgehoben wird. So war im ersten Fall von Schüle die Mehrzahl der- selben intakt, nicht erweitert, nicht oder höchst selten mit spärlichen Kernwucherungen bedeckt und zwar dies selbst an Stellen, wo das benachbarte Parenchym die bedeutendsten Wucherungen darbietet. - An vereinzelten Stellen fanden sich auch spärliche fibrilläre Auflagerungen. Im Rückenmark zeigten die Gefässquerschnitte nicht regelmässig, aber häufiger als im Gehirn verdickte, mit Kernen überlagerte Wandungen; ein besonderer Wucherungsprozess, von der Adventitia ausgehend, war hier so wenig als im Gehirn nachzuweisen. Auch im ersten Fall von Buchwald konnte eine erhebliche Verdickung der Gefässwände mit Sicherheit in Abrede gestellt werden und Jolly konnte zwar Körnchenzellen stellenweise in grosser Menge in den Gefässscheiden nachweisen, erwähnt aber nichts von Verände- rungen der Gefässhäute selbst und fügt ausdrücklich hinzu, dass auch in solchen Theilen, in denen die Degeneration den höchsten Grad erreicht hatte, sich vollständig intakte Gefässe, ohne Verdiekung der Wand, in reichlicher Menge vorfanden. Es kann nach dem Mitgetheilten kein Zweifel darüber bestehen, dass die Entwicklung der Ver- änderungen, welche zur Bildung der Heerde führen, wohl von den Gefässhüllen ausgehen kann, dass 1) Deutsches Archiv für klinische Mediein, Band X, 8. 595. bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 115 sie aber nicht von ihnen auszugehen braucht, während auch in den Fällen, wo die Gefässe den Aus- gangspunkt des Prozesses bilden, die Bildung der Heerdsubstanz selbst nur auf Kosten der Glianetze erfolgt, was sich von vorneherein mit ziemlicher Sicherheit erwarten liess und was auch schon aus den Beobachtungen von Schüle über Schwellung und Granulirung der Gliafasern, die Bildung von Fibrillen und einer homogenen Grundmasse mit folgendem Schwund der Nervenfasern hervorgeht und durch die ähnlich lautenden, wenn auch nur die ersten Veränderungen an den Gliafasern betreffenden Angaben von Ebstein und von Charcot (für das Rückenmark) bestätigt wird. Was die Verände- rungen an den Gefässen selbst anlangt, so handelt es sich theils um Vermehrung der Kerne in den Wandungen, theils aber um Einlagerungen von feinkörnigen und mehr homogenen, glasigen Massen, die sich später zu Fibrillen differenziren, über deren Entwicklung und Beziehung zu den Gefässwan- dungen aber keine Beobachtungen vorliegen. Auch im vorliegenden Fall waren die an den Gefässen wahrnehmbaren Veränderungen weder an sich erheblich, noch war die Zahl der ergriffenen Gefässe beträchtlich. In beschränkter Anzahl zeigten die Capillaren Schwellung und Granulirung_ ihrer Membran oder der Adventitia oder beider Häute, mitunter Vermehrung der Kerne derselben und wo die Schwellung eine gleichmässigere war und beide Häute in grösserer Ausdehnung betroffen hatte, war es mitunter zu einer Verdichtung und Umwandlung der körnigen Substanz in eine nahezu homo- gene und stark lichtbrechende gekommen, mit oder ohne Verschmelzung der Membran und Adventitia zu einer einzigen Gefässhülle Waren die von der Adventitia oder Capillarmembran zur umgebenden Heerdsubstanz ziehenden Fortsätze geschwellt und’ körnig, so hatten, wohl ohne Zweifel in Folge ver- mehrter Transsudation aus den Gefässen, nicht selten Ablösungen derselben vom Gefäss stattgefunden und zur Bildung von perivaskulären Räumen geführt, die bald auf grössere Strecken das Gefäss als continuirliche begleiten, bald von einzelnen Fasern durchsetzt werden, die brückenartig vom Gefäss zur Heerdsubstanz hinüber verlaufen, während andere Capillaren nicht nur dieht von der Heerdsubstanz umschlossen werden, sondern auch durch den von der letzteren auf sie ausgeübten Druck eine nicht unbeträchtliche Verengerung ihres Lumens erfahren haben. Wo sich Erweiterungen der Lymph- scheiden fanden, waren dieselben bewirkt durch die Einlagerungen von farblosen, häufig in fettiger Umwandlung begriffenen Zellen, durch freie Körnchen und einzelne freie Kerne, oder es enthielt die Lymphscheide vorwiegend Fett in Form kleiner Körnchen wie grösserer Tropfen, untermischt mit Fett- krystallen und hie und da Reihen und Gruppen von gelben Pigmentkörnehen, die auch der Adventitia stellenweise auflagen. Die Gefässwandungen selbst waren da, wo sich irgend erhebliche Einlagerungen in die Lymphscheide fanden, entweder nicht oder nur unbedeutend verändert. Die grösseren Ge- fässe liessen ausser stellenweiser, nicht beträchtlicher Vermehrung der Kerne der Adventitia und der hie und da auch bei ihnen bestehenden Füllung der Lymphscheiden mit farblosen Elementen oder mit Fett keine Abnormitäten wahrnehmen; eine Thrombose konnte nur einmal nachgewiesen werden und betraf eine kleine, makroskopisch eben sichtbare Vene aus der Umgebung des Heerdes im Corp. dentat. cerebelli. — Im Rückenmark und in der Medulla oblong. war die Zahl der befallenen Gefässe auf- fallend beträchtlicher als im Gehirn, die Veränderungen zum Theil weiter vorgeschritten, indem sich hier bereits Gefässe mit einer geschichteten, accessorischen Hülle fanden, die dadurch entstanden war, dass schmale eylindrische oder hohlschalenartige Schichten der Heerdsubstanz sich in matt glänzende, bei schwacher Vergrösserung nahezu homogen aussehende Lamellen umgewandelt hatten, die mit der Adventitia, resp. der Capillarmembran verschmolzen waren. Bei starker Vergrösserung liessen sich dagegen in der anscheinend homogenen Substanz dieser Lamellen dieselben Formelemente, Körnchen und Körnchennetze wenigstens stellenweise wiederfinden, aus denen die anstossende Heerdsubstanz 155 116 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen besteht und ausserdem sieht man an der Grenze der Gefässhüllen die feinen Fäserchen der letzteren in die Heerdsubstanz vielfach eingreifen oder frei vorragen, wo sich das Gefäss mit seiner Hülle von der letzteren abgelöst hat. Die lebhaftere Betheiligung der Gefässe an dem Krankheitsprozess erinnerte im Rückenmark und in der Medulla oblong. vielfach an die Verhältnisse bei der strangweisen grauen Degeneration, während die Heerdsubstanz selbst bei ihrer wechselnden Zusammensetzung auch hier ein abweichendes Verhalten darbot. Der Eintritt des Zerfalls der Nervenfasern darf als eine unmittelbare Folge der Erkrankung der Neuroglia angesehen werden. Die Schwellung ihrer Fasern muss einen Druck auf die anstossenden Nervenfasern ausüben, zunächst auf das Mark, weiter aber auch auf den Axencylinder und da das Mark beweglich und zähflüssig ist, so wird nicht die Nervenfaser als Ganzes verdrängt werden, wie man sich früher vorstellte, sondern die Gliafasern als die relativ derberen Theile werden sich in das Mark ein- drängen und dasselbe zum Ausweichen veranlassen. Geschieht dies an umschriebenen Stellen, wo es sich nur um Schwellung einzelner Fasern oder Knotenpunkte handelt, so zeigt die Markscheide kleine Unterbrechungen ihrer Continuität, Einschnürungen, daneben kugel- oder keulenförmige Vortreibungen und je häufiger eine und dieselbe Faser solche Continuitätstrennungen erfährt, um so leichter und häufiger wird es auch an den zwischen den letzteren liegenden Faserabschnitten zu partiellen Gerin- nungen und Ablösungen der Markscheide vom Axeneylinder kommen. Es kann aber bei zunehmender Schwellung der Gliafasern und durch Neubildung von Kernen aus denselben auch ein direkter Druck auf den Axeneylinder ausgeübt werden, so dass derselbe sich zu einem schmalen Faden verschmäch- tigt, bei Fortdauer des Drucks ganz schwindet und die betreffenden Nervenfasern sich dann ähnlich verhalten wie solche, bei denen eine Continuitätstrennung künstlich herbeigeführt worden ist. Wo da- gegen die Bindegewebsnetze zwischen den Nervenfasern lamellenweise erkrankt sind, wird das Mark einem allseitig und ziemlich gleichmässig einwirkenden Druck nicht ausweichen können und die unter solchen Verhältnissen zu beobachtende Verschmälerung der Markscheide kommt dann vielleicht durch molekulären Zerfall derselben zu Stande, wobei möglicherweise feinste Marktröpfehen zwischen die Körnchen der sich entwickelnden Heerdsubstanz aufgenommen werden, um später zu schwinden oder zu verfetten. Mag nun das Mark sich zu einzelnen grösseren Portionen gesondert haben, die erst all- mählig weiter zerfallen, oder mag es einem gleichmässig fortschreitenden Schwund unterliegen, immer kommt es früher oder später zu Entblössungen der Axencylinder auf kürzere oder längere Strecken, zu Sonderungen derselben zu einzelnen Stücken, sie nehmen eine körnige Beschaffenheit an, zeigen wechselnd breitere und schmälere Abschnitte, verlieren ihre glatten Contouren, schliessen mitunter kleine Vakuolen ein und schwinden schliesslich in der Heerdsubstanz ganz oder ihr Verlauf in der- selben wird nur noch durch parallele Körnchenreihen markirt. Es fanden sich aber auch Stellen, wo Mark und Axeneylinder gleichzeitig zu Grunde gegangen sind, wo man an der Heerdgrenze noch dicht gedrängte markhaltige Fasern findet, die sich scharf gegen das Heerdinnere absetzen, in welches weder markhaltige Fasern noch nakte Axencylinder hineinragen, so dass man den Eindruck erhält, als wenn mit dem weiteren Vordringen des Krankheitsprozesses gleichzeitig Mark und Axeneylinder zum Ein- schmelzen gebracht worden seien, in ähnlicher Weise wie die Elemente der Körnersehicht der Klein- hirnrinde zur Bildung gleichmässig feinkörniger Heerdsubstanz mit einander verschmelzen. Ein ganz analoges Verhalten beobachtete Zenker!) in einem der von Leube mitgetheilten Fälle und hebt ausdrücklich hervor, dass die Grenze der grau degenerirten Heerde gegen die angrenzende normale 1) Ueber multiple inselförmige Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. Deutsches Archiv f. klin. Medie. VII. Bd. bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. 117 Substanz sich auch mikroskopisch als eine sehr scharfe erwies und dass unmittelbar an das grau de- generirte ganz nervenlose Gewebe ganz normale Marksubstanz grenzte. Es scheint, dass die Schwel- lung der Gliafasern hier gleichmässig und vielleicht rascher als an anderen Stellen sich entwickelt und deshalb einen vollständigen Zerfall der Nervenfasern zur unmittelbaren Folge gehabt hat. Ein eigen- thümliches Verhalten boten die Axeneylinder durch die stellenweise an ihnen innerhalb der Grenzzone in grosser Häufigkeit auftretenden Varikositäten, die immer umschrieben und von feinkörniger Be- schaffenheit waren, einen Marküberzug bald besassen, bald nicht oder unvollständig und zum Theil sich von den zugehörigen nicht geschwellten Theilen des Axeneylinders abgelöst hatten. Im Innern der bereits entwickelten Heerdsubstanz sind sie an Osmiumpräparaten an ihrer dunklen Färbung leicht zu erkennen und die letztere weist vielleicht darauf hin, dass sie der fettigen Metamorphose entgegen- gehen. Neben diesen später zerfallenden Varikositäten fanden sich, obschon im Ganzen in ziemlich beschränkter Anzahl, innerhalb der Grenzzone Axencylinder, die neben der Zunahme ihres Dieken- durchmessers sich durch vermehrten Glanz und ein mehr homogenes Aussehen auszeichneten, mitunter auch eine verdickte Markscheide besassen. Ihre Menge war im Rückenmark und in der Medulla ob- long. beträchtlicher als im Gehirn. Ebenfalls nur vereinzelt eingestreut waren Nervenfasern, an denen nur die Markscheide verdickt war und zwischen ihren Schichtungen feine, durch Karmin deutlich roth gefärbte Spalten erkennen liess, die von Arndt!) früher zwischen den Ringeln stark gequollener Markscheiden an Querschnitten durch Erweichungsheerde oder grau degenerirte Stellen des Rücken- marks wahrgenommen und als Erweiterungen sehr feiner präexistirender Spalträume gedeutet worden sind. Eine Dickenzunahme der Markscheide lässt sich wohl aus einer Verdrängung des Marks von benachbarten Abschnitten der Nervenfasern her erklären, wenn der pathologische Prozess in der Binde- substanz sich in ungleicher Weise entwickelt, so dass das Mark sich an den Stellen aufstaut, wo es den geringsten Widerstand findet, indessen ist doch wohl auch die Möglichkeit zuzulassen, dass stellen- weise eine Massenzunahme desselben durch Neubildung stattfindet, gerade so, wie sich ausser den zerfallenden varikosen, körnigen Axeneylindern andere mehr homogene, stärker glänzende finden, bei denen die Diekenzunahme durch eine wirkliche Hypertrophie bedingt zu sein scheint. Was das Verhalten der Ganglienzellen anlangt, so waren verfettete und sklerotische oder sehr stark pigmentirte Zellen, wie sie neuerdings von Scehüle und Otto beobachtet worden sind, nicht vorhanden, dagegen fanden sich zum Theil sehr weit gehende Veränderungen, die mitunter vorwiegend den Kern, häufiger da- gegen das Protoplasma betroffen hatten. In manchen Zellen erschien, wie dies auch von Schüle für die Ganglienzellen der Hirnrinde angegeben wird, der Kern so trübe, dass weder Kernkörperchen noch Kernmembran deutlich unterschieden werden konnten, bei anderen war die Kernmembran unvoll- ständig, nur durch eine einfache Reihe diskreter Körnchen geschlossen, deren Dicke der Dicke der Membran gleich kam oder es war die ganze Membran zu äusserst feinen und dicht gestellten Mole- külen zerfallen, die eine matte trübe Hülle um das Kerninnere bildeten, in welchem sich mitunter kleine Vakuolen gebildet hatten. Die Veränderungen im Zellkörper waren dann nicht erheblich, hie und da Gruppen oder streilige Anhäufungen von ebenfalls sehr feinen Körnchen, die aus der Auf- lösung der Protoplasmakörnchen zu feineren Partikeln hervorgegangen zu sein scheinen. Viel häufiger waren Zellen ohne nachweisliche Veränderungen im Kerne und mit mehr oder weniger weit vor- geschrittenem, mitunter von Vakuolenbildung begleiteten Zerfall des Protoplasma bis zu unregelmässig gestalteten, den Kern umschliessenden Körnehenhaufen. Als Ursachen für den Eintritt und die weitere 1) Aphorismen zur pathologischen Anatomie der Centralorgane des Nervensystems, Virch. Arch. 68. Band, 1. Heft. 118 Untersuchungen über die Gewebsveränderungen Entwicklung des Zerfalls der Ganglienzellen lassen sich theils die oben erwähnten Momente anführen, die vielleicht den Zerfall bereits gebildeter Kerne wie die fettige Metamorphose der Heerdsubstanz be- wirkt oder begünstigt haben, theils aber die durch schwellende Gliafasern und neugebildete Kerne be- wirkten Continuitätstrennungen von Axeneylindern mit folgender Unterbrechung der Leitung von und zu den Ganglienzellen. Dass Anstauungen von interstitieller Flüssigkeit für sich allein den Zerfall der Ganglienzellen nicht bewirkt haben konnten, ging aus den Befunden von unveränderten Ganglienzellen hervor, die von dem umgebenden körnigen oder bereits fibrillären Gewebe durch mehr oder weniger weite pericelluläre Räume getrennt waren, während andererseits manche zerfallende Zellen sich con- tinuirlieh und ohne alle Unterbrechung in die körnige Heerdsubstanz fortsetzten. Die Möglichkeit einer primären Erkrankung der Ganglienzellen durch direkte Einwirkung des Krankheitsreizes auf dieselben lässt sich zwar nicht ausschliessen, aber ebensowenig auf Grund der vorliegenden Befunde der Eintritt derselben behaupten. Arndt!) hat schon dem Einfluss einer länger bestehenden ödematösen Durch- tränkung des Gehirns den Eintritt eines atrophischen Zustandes der nervösen Theile, der Schrumpfung der Nervenzellen, der Erweichung der Markscheide und der Ablösung derselben vom Axeneylinder zugeschrieben. Derartige Ablösungen hatten, wie erwähnt, in der Grenzzone auch an Stellen statt- gefunden, wo innerhalb des nicht oder nur wenig veränderten Gewebes ungewöhnlich grosse Lücken und Spalträume durch Aufstauungen von interstitieller Flüssigkeit entstanden waren, die nur zum Theil ganz leer waren oder sparsame feine Körnehen enthielten, in anderen Fällen dagegen kleine Marktröpfehen und Kügelchen einschlossen, während der Markmantel der anstossenden Nervenfasern sich zu schalen- oder hülsenartigen Bruchstücken gesondert hatte, so dass hier kaum an einen anderen Einfluss als an den der angesammelten interstitiellen Flüssigkeit gedacht werden konnte. Dass der Ausgangspunkt des krankhaften Prozesses sowohl bei der strangförmigen als bei der heerdweisen Degeneration in der Bindesubstanz und in den bald in grösserer, bald in geringerer Zahl betheiligten Gefässen zu suchen ist, wurde schon oben hervorgehoben, ebenso dass es bei beiden Prozessen zu einer mehr oder weniger beträchtlichen Verdickung der Gefässwandungen, mit oder ohne Auflagerung neuer Schichten auf die letzteren, wie zur Bildung von körniger Heerd- substanz, Körnchennetzen, Fibrillen und Gliakörpern aus den geschwellten Glianetzen und Knoten- punkten kommt. Dagegen scheinen, soweit die Untersuchung eines einzelnen Falls massgebend sein kann, das Körnigbleiben grösserer Heerdabschnitte auch in älteren, im Uebrigen fibrillären Heerden, die in so grosser Verbreitung vorkommende fettige Degeneration der Heerdsubstanz und wohl auch die auffallenderen Unregelmässigkeiten in Betreff der Menge und Vertheilung der interstitiellen Flüssig- keit innerhalb der Heerdgrenzzone, der Heerdsklerose eigenthümlich zu sein. Ausserdem zeigen bei der strangweisen Degeneration grössere Abschnitte der weissen Stränge ziemlich häufig eine gleich- mässige und mässige Schwellung der Glianetze, so dass dieselben namentlich nach Färbung mit Karmin als ein sehr derbes Gerüst überaus deutlich vortreten, das überall noch markhaltige Nerven- fasern umschliesst, während bei der multiplen Sklerose innerhalb der Grenzzone die Bildung der Heerdsubstanz immer schichten- oder strichweise oder in Form inselartiger Plaques vor sich gegangen war und gleich mit ihrer Entwicklung nicht nur zu Defekten der Markscheide, sondern auch zu Con- tinuitätstrennungen der Axencylinder geführt hatte. In Betreff der nervösen Elemente lässt sich das Persistiren oder Nichtpersistiren von Axeneylindern im Innern der Heerde und der degenerirten Stränge nicht als ein Kriterium für oder gegen das Bestehen des einen oder des anderen der beiden Krank- 1) Virchow’s Archiv, 63. Band, 1. u. 2. Heft. bei der multiplen Sklerose des Gehirns und hückenmarks. 118) heitsprozesse verwerthen, da nakte Axencylinder sich verhältnissmässig lange innerhalb des fibrillären Gewebes bei der strangweisen Degeneration erhalten können, aber auch im Innern mancher Heerde bei der heerdweisen Degeneration sich nakte Axencylinder einzeln oder in kleinen Bündeln finden, obschon nach meinen Beobachtungen die Menge der persistirenden Axeneylinder bei der multiplen Sklerose viel geringer ist, als bei der strangweisen Degeneration. Von mehr Gewicht scheint mir das überaus häufige Vorkommen der zerfallenden Varikositäten der Axencylinder, der körnige, weit ge- hende Zerfall der Ganglienzellen und das stellenweise an der Heerdgrenze vor sich gehende und concentrisch zum Heerdinnern erfolgende Einschmelzen der noch dicht zusammenliegenden mark- haltigen Fasern mit ihren an den Heerd heranreichenden Abschnitten, da ich entsprechende Be- obachtungen bei der strangweisen Degeneration weder selbst gemacht habe, noch bei Anderen er- wähnt finde. Fig.1. Fig. 2. Fig. 3. Erklärung der Abbildungen. a—1l Querschnitte durch den Hals-, Rücken- und Lendentheil des Rückenmarks. Die entarteten Abschnitte sind an der helleren, nach der Härtung in chromsauren Kali und Alkohol aufgetretenen Färbung kenntlich. a oberes Ende der Halsanschwellung, b 2 Centimeter tiefer, e unteres Ende der Halsanschwellung; d, e und f Querschnitte durch den oberen Abschnitt des Rückentheils, g durch seine Mitte, h, i und k durch seinen unteren Abschnitt; 1 Quer- schnitt durch den oberen Abschnitt der Lendenanschwellung. Querschnitt durch die untere Pyramidenkreuzung. Vergrösserung 10mal. Ösmiumpräparat. Die entarteten Theile sind an ihrer lichten hellbraunen Färbung kenntlich. Vorwiegend betroffen sind der ganze linke Hinterstrang und das linke Hinterhorn mit den zur Pyramidenkreuzung umbiegenden Faserbündeln des linken Seitenstrangs. Vom rechten Hinterstrang ist nur der innere Keilstrang in seiner ganzen Dicke entartet. a feine Körnchennetze aus dem Innern eines mohnkorngrossen Heerdes der weissen Substanz des Grosshirns mit einzelnen feinen in die Continuität der Netze eingelassenen Fibrillen. Als kleine Knotenpunkte der Netze treten derbere und feinere Körnchen, sowie unregelmässig geformte, ausgezackte, mit 3—6 Fortsätzen versehene Körper auf. Die dunkleren Streifen am linken Rande der Zeichnung enthalten diehter gedrängte feinere und derbere Körn- chen und entsprechen mässig geschwellten Gliafasern, deren Körnchen noch nicht unter Bildung von verbindenden Fäden aus einander gerückt sind. b Uebergänge von den kleinen, die Mittelpunkte der Fasernetze der Heerdsub- stanz bildenden Körnchen zu grösseren runden oder ovalen, den homogenen „Körnern“ der Centralorgane gleichen Gebilden, die in geringerer Zahl in der Heerdsubstanz vertheilt sind und derbere Knotenpunkte der Netze bilden. c kleiner Abschnitt Heerdsubstanz mit vorwiegender Bildung von feinen, theils einzelnen, sich kreuzenden, theils in kleinen Bündeln zusammenliegenden Fibrillen, welche mit den die Zwischenräume zwischen ihnen einnehmenden Körnchennetzen zusammenhängen. Einzelne Fibrillen entspringen aus den Körnchennetzen des Innern der drei blassen Kerne. Vergrösserung 900. Fig. 4 und 5 aus der Uebergangsschieht des die inneren Abschnitte beider Hinterstränge im oberen Abschnitt des Halstheils Fig. 6. Fig. 7. Fig.8. (b, Fig. 1) einnehmenden Heerdes. In Fig. 4 zwei leere Maschen, die nach oben und unten eine Masche begrenzen, welche eine markhaltige Faser einschliesst. Die geschwellten, zu eontinuirlicher Heerdsubstanz verschmolzenen Glia- fasern lassen deutliche Körnchennetze von etwas wechselnder Feinheit erkennen und nur an der linken Seite der oberen Masche wird die Einfassung durch eine weniger geschwellte körnige Faser gebildet, innerhalb deren Körnchen- netze nicht sichtbar sind. Am unteren Umfang der oberen Masche prominirt ein Kern in die Maschenlichtung. Fig. 5 geschwellter und in fettige Degeneration übergegangener Abschnitt der Glianetze, der mehrere kleine runde Anhäufungen von Körnchen einschliesst, die von der Verfettung verschont geblieben sind. Vergrösserung 900. Vier sich verdiekende, theils mit knotigen, theils mit spindelförmigen Anschwellungen versehene Fibrillen und zwei andere in Knotenpunkte auslaufende, von welchen letzteren selbst wieder Fibrillen in anderen Riehtungen abgehen. Vergrösserung 900. Eine frei am Rande eines mohnkorngrossen Hirnheerdes vorragende Capillare mit nicht veränderter Membran und Adventitia. In der Wandung der Capillarmembran tritt eine zarte Zeichnung hervor, in welcher feine Fasern unterschieden werden können, die der Axe des Gefässes parallel oder quer und schräg zu derselben verlaufen, mit- unter an ihrem Anfang oder Ende ein Körnchen tragen und nur zum Theil in die zarten Netze auslaufen, welche die Membran in ihrer grössten Ausdehnung durchziehen. Die Netze treten theils als unvollständige, bruchstück- weise, theils als geschlossene hervor und als Knoten- und Mittelpunkte derselben sind auch hier theils derbere und feinere Körnchen, theils ausgezackte, mit mehreren Fortsätzen versehene Fäserehen zu unterscheiden. Vergrösse- rung 900. Abschnitt einer Verdiekungsschicht (sekundären Adventitia) einer Capillare der Hinterstränge bei strangweiser grauer Degeneration. Innerhalb der bei schwächerer Vergrösserung nur fein granulirt erscheinenden Gefässhülle treten bei Anwendung einer 900fachen Vergrösserung sehr deutlich feine, überaus zarte Fadennetze mit körnigen Mittel- punkten hervor. Fig. 9. Fig. 10. Fig. 11. Fig. 12. Fig. 13. Erklärung der Abbildungen. 121 a, b und ce Fettkörper aus dem Innern eines erbsengrossen, gelblich gefärbten Heerdes aus der Nähe der Gross- hirnrinde, bei b und e von unregelmässis rundlicher Form und umfasst von reihen- oder truppweise angeordneten, in fettiger Umwandlung begriffenen Körnchen der Heerdsubstanz, bei a mit zackig in die umgebende Körnchenmasse eingreifenden Fortsätzen, welche Gruppen verfettender Körnchen umschliessen. Vergrösserung hier wie bei den folgenden Abbildungen 500. a, b und c drei Ganglienzellen aus einem Heerd im Corp. dentat. cerebelli mit Vakuolenbildung und molekularem Zerfall. Kern und Kernkörperchen fehlen, mit Ausnahme des unteren Umfangs der Zelle e fehlt den Zellen auch ein Grenzcontour vollständig, die Körnchen des Zellinnern gehen, bald dichter an einander gerückt, bald weiter aus einander gestellt, ohne alle scharfe Grenze in die umgebende körnige Heerdsubstanz über, die entweder bis un- mittelbar an den Zellkörper heranreicht oder an der einen oder anderen Seite noch einen lichten, von sparsam ge- stellten Körnchen durchsetzten spaltförmigen Raum frei lässt, wie am linkseitigen Umfang der Zelle a. Abgehende Fortsätze sind nur am unteren Umfang der Zelle b kenntlich. Auch im Innern der Zellen haben die Körnchen ihre gleichmässig dichte Stellung verloren und stellenweise ist es zur Bildung von kleinen Maschenräumen ge- kommen, die dem Protoplasma ein durchbrochenes Aussehen verleihen. Die Maschenwandungen werden durch Reihen von sehr dicht gestellten Körnchen gebildet und in den Knotenpunkten der Maschensepta finden sich die letzteren zu kleinen Trupps vereinigt. So hat in der Zelle a der gesammte Zellinhalt eine derartige Sonderung erfahren, bei b und e nur ein Theil desselben. Bei b und ce waren an einzelnen Stellen die runden Maschenräume nicht von noch von einander zu sondernden Körnchen umfasst, sondern sie besassen eine homogene, glänzende, membranartige Einfassung, es schien zu einer Verschmelzung der vorher von einander getrennten Protoplasmakörnchen zu einer geschlossenen Hülle und damit zur Bildung von abgeschlossenen Vakuolen gekommen zu sein. Von der umgebenden Heerdsubstanz unterschieden sich die Zellkörper als Ganzes durch ihre etwas gelbliche Färbung. Querschnitt aus der Peripherie des rechten Hinterstrangs vom oberen Abschnitt des Rückentheils, Fig. 1, e; Gold- präparat. Die geschwellten körnigen Fasern des Bindesubstanzgerüsts schliessen Maschen ein, von denen eine grössere Zahl nur zum Theil durch die markhaltigen Nervenfasern ausgefüllt wird, indem zwischen den letzteren und der begrenzenden Bindesubstanz ungewöhnlich grosse Lücken übrig bleiben, deren Entstehung vielleicht durch begin- nenden Schwund des Nervenmarks, zum grösseren Theil aber wohl durch partielle Anhäufungen der ungleich ver- theilten interstitiellen Flüssigkeit bedingt ist. Der Contour der Mascheneinfassung ist häufig nicht mehr glatt und linear, sondern durch prominirende Körnchen und in die Lücken hineinragende Fäserchen unterbrochen. An meh- reren Nervenfasern umschliesst das Mark den Axeneylinder nur unvollständig, hohlschalenartis. Eingebettet in die körnigen Gliabalken finden sich Fettkörper von wechselnder Grösse und rundlicher, ovaler oder unregelmässiger polyedrischer Form mit abgestumpften Kanten. Dieselben sind von der umgebenden Glia theils durch feine Spalten getrennt, theils lassen sie ihren Zusammenhang mit derselben durch Körnchen und Fäserchen deutlich erkennen. Das Innere der Fettkörper erscheint um so deutlicher körnig, je weniger weit die Verfettung der Körnchen vor- geschritten und je geringer der Glanz des ganzen Gebildes ist. Zwei in den oberen mittleren Partien der Zeich- nung gelegene Fettkörper umschliessen fast vollständig je eine markhaltige Nervenfaser. a verbreiterte, noch wenig körnige Gliafaser; b zur Bildung einer feinkörnigen Masse verschmolzene Gliabälkchen; c Fettkörper. Querschnitt von den Grenzpartien des entarteten Keils des linken Seitenstrangs aus dem oberen Abschnitt des Rückentheils, Fig. 1, e. Osmiumpräparat. Die körnige Substanz der Glia zeigt zum Theil noch ein netzförmiges Gefüge, zum Theil bildet sie zusammenhängende grössere Massen, welche neben kleineren Maschen einzelne von ungewöhnlicher Grösse einschliessen und begrenzen. Im Innern der Körnchenmasse lassen sich die eingelagerten derberen, häufig von einem liehten Hof umgebenen Körnchen und Körner deutlich unterscheiden, ausserdem schon bei 500facher Vergrösserung Bruchstücke der Körnchennetze und deutlicher die feinen, ceilienartigen, an vielen Stellen in die Maschenlichtung frei hineinragenden Fäden. Die grosse Mehrzahl der Nervenfasern ist geschwunden, die vorhandenen, einzeln oder in kleinen Gruppen eingestreuten, zeigen zum Theil eine sehr beträchtliche Dicken- zunahme ihrer Markscheide. Im rechten oberen Abschnitt der Zeichnung finden sich mehrere sehr fein granulirte, nieht mit einer Membran versehene Kerne in kleinen Gewebslichtungen eingelagert und in ziemlicher Häufiskeit über die Schnittfläche verstreut Fettkörper von sehr wechselnder Form und Grösse in die Körnchenmasse ein- gebettet, deren Zusammenhänge mit der letzteren auch hier an vielen Stellen vortreten und deren Inneres häufig seine ursprüngliche körnige Beschaffenheit noch erkennen lässt. a Reste wenig veränderter Glianetze, b Körnchen- massen, c Fettkörper, d markhaltige Nervenfasern. Querschnitt durch einen entarteten Abschnitt des rechten Hinterhorns vom oberen Ende des Halstheils, a Fig. 1. Die feinkörnige Heerdsubstanz bildet eine continuirliche Schicht, die nur durch kleine runde oder oyale Lücken unterbrochen wird und enthält sehr zahlreiche derbere, zum Theil gestielte und in kleinen Gewebslichtungen lie- gende Körnchen und eine Anzahl Kerne, aus deren Körnchen ebenfalls Fäden entspringen und in die umgebende Körnchenmasse übertreten. Nach links und oben treten zahlreiche, meist kurze, gekörnte Fibrillen in der Um- gebung zweier Ganglienzellen hervor, deren Körnchen unter abnehmender Dichte ihrer Stellung verwaschen in die umgebende Heerdsubstanz auslaufen, so dass nur an der oberen Zelle die Contouren zum grösseren Theil noch Jen. Denkschriften. IT. 2. 16 122 Fig. 14. Fig. 15. Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18. In Fig. Fig. 21. Erklärung der Abbildungen. erhalten sind. Die Capillare am rechten Rand lässt eine ähnliche Zeichnung ihrer Membran wie die in Fig. 7 ab- gebildete erkennen, nur ist dieselbe hier, bei nur 500facher Vergrösserung, viel weniger deutlich. Theil eines Schnittes durch einen erbsengrossen, gelblich gefärbten Heerd der weissen Substanz des Grosshirns, dicht unter der Rinde. Die Nervenfasern sind bis auf Reste von Nervenmark gänzlich geschwunden, dagegen finden sich sehr reichliche Einlagerungen von Fetttropfen und Margarinkrystallen in die körnige Heerdsubstanz, in welcher Kerne ganz fehlen. Theil eines anderen Schnitts durch denselben Heerd. a kleine Vene mit nicht veränderter Wandung, deren ad- ventitieller Lymphraum b dicht erfüllt ist von grösseren und kleineren Fetttropfen, rechts oben eine Anzahl Mar- garinkrystalle einschliesst. c körnig entartete Glia, in welche nur links unten ein Paar kleine, fein granulirte Kerne eingelagert sind und die ausserdem spärlich eingestreute, matt granulirte Axeneylinder mit ihnen anhaftenden Resten der Markscheide, hie und da freie Marktropfen und einzelne Anhäufungen von Fetttropfen, d, enthält. Capillare aus der Umgebung des Heerdes in der Mitte zwischen beiden Oliven. Die Capillarmembran zeigt die oben erwähnte feinfasrige, hier nur unvollkommen vortretende Zeichnung, die Adventitia ist ungleich verdickt, an den mehr verdiekten Partien sind einzelne Kerne eingelagert, einzelne derbere Körnchen in ihre feinkörnige Sub- stanz eingestreut. Aus einem Schnitt durch einen bohnengrossen Heerd des Marklagers des Grosshirns. a körnig fibrilläre Heerd- substanz, b Gliakörper, die mit Ausnahme eines spindelförmigen unregelmässige Formen und zackige, fein zwischen den umgebenden Fibrillen auslaufende Fortsätze besitzen, fein granulirt, scharf begrenzt, dunkel durch Karmin ge- färbt sind und keine Kerne enthalten. ce kleine runde, scharf begrenzte Kerne ohne deutliche Membran. d An- häufungen von Fetttropfen, die durch Osmiumsäure gebräunt sind. Reste von Nervenfasern fehlen ganz. Kerne von verschiedener Grösse und Beschaffenheit aus einem Heerd von der Basis der Vierhügel. Bei d homo- gene, runde, mattglänzende Körner, welche ihrer Grösse nach die Mitte halten zwischen kleinen Kernen und den derberen Körnchen der Heerdsubstanz; bei a und e homogene solide Kerne, die nur vereinzelte Körnehen in ihrem Innern erkennen lassen, bei f ein membranloser Kern, der ganz aus dieht zusammengedrängten Körnchen zu be- stehen scheint. Innerhalb der mit einer deutlichen Membran versehenen Kerne treten Bruchstücke von Körnchen- netzen hervor und die Membran zeigt da, wo sie eine beträchtlichere Dieke erreicht hat, Lücken wie bei b und g, die durch Körnchenreihen oder kurze Fäserchen ausgefüllt werden oder körnige und zackige, nach Innen und nach Aussen gerichtete Prominenzen wie bei i. Bei ] entspringt aus dem Kernkörperchen ein relativ derber Faden, der sich noch eine Strecke weit über den Kern hinaus verfolgen lässt. 19 und 20 sind eine Anzahl Gliakörper abgebildet, die zum Theil isolirt mit ihren Fortsätzen an den Rändern von Schnitten aus verschiedenen Heerden des Grosshirns vorragten. a—e Fig. 19 besitzen theils ein äusserst fein granulirtes, theils ein anscheinend ganz homogenes Protoplasma, scharfe Contouren, stark glänzende, zum Theil verästelte Fortsätze, b und c je einen Kern. Bei f und g war die Grenzlinie längs eines Theils ihres Umfangs eine sehr zarte, es fehlte hier ein glänzender Grenzsaum und bei g finden sich ein Paar feine fibrilläre, diesem Theile des Umfangs des Gliakörpers entsprossene Auswachsungen. In viel grösserer Häufigkeit finden sich diese fibrillären Auswachsungen bei einem Theil der in Fig. 20 abgebildeten Gliakörper. a, b, ce und e sind äusserst fein und dicht granulirte, überall zart eontourirte Gliakörper, wie sie unmittelbar aus der Schwellung von Knotenpunkten der Netze hervorgegangen sind; b und c enthalten je einen bläschenförmigen Kern, bei e treten im oberen Umfang ein Paar feine fibrilläre Auswachsungen hervor, dichter gestellt finden sich dieselben am oberen Umfang von e, wo sie aus einer kleineren Gruppe derberer Körnchen entspringen, während am unteren Umfang eine derbere, starre gerade Fibrille vom Rande des Gliakörpers entspringt, in dessen Innerem sich noch ein Paar Gruppen derberer Körnehen befinden. (d zur Vergleichung ein kernhaltiger Knotenpunkt der Glia aus dem umgebenden normalen Gewebe.) i Gliakörper, der sich in seinem oberen rechtseitigen Umfang zu einem hellen glänzenden Grenzsaum verdichtet hat, dessen äusserst fein granulirtes Innere ein Paar derbere Körnchen einschliesst und der mit feinen zackigen Fortsätzen in die umgebende, gröber granulirte, siebartig durchbrochene Heerdsubstanz eingreift. Der Gliakörper f geht nach abwärts in zwei glatte, glänzende, derbe und unverästelte Fortsätze über, von denen der rechte in beträchtlicher Länge zu verfolgen ist, während der ganze obere Umfang durch einen Büschel feiner, dichter gestellter Fibrillen eingenommen wird, die in den Körnehen des Innern des Gliakörpers wurzeln. Bei g und h sind die Contouren durch die von allen Seiten des Umfangs entspringenden kürzeren und längeren Fibrillen fast ganz verdeckt; g enthält einen, h fünf Kerne. a—e Gliakörper von zum Theil sehr beträchtlichen Dimensionen aus Brückenheerden. a grosser, sehr feinkörniger, zartcontourirter, kernloser, mit homogenen, starren, stark glänzenden, zum Theil verästelten Fortsätzen versehener Gliakörper. Die letzteren laufen frei im umgebenden körnig-fibrillären Gewebe aus und die beiden vom link- seitigen Umfang des Gliakörpers abtretenden Fortsätze umfassen mit dem entsprechenden Abschnitt des letzteren selbst den anstossenden Theil einer ovalen Ganglienzelle, so dass zwischen dem Umfang, der letzteren und den ent- sprechenden 'Theilen des Gliakörpers und der Fortsätze nur ein schmaler spaltartiger Raum übrig bleibt. b in fein fibrillärem Gewebe (mit vorwiegend senkrecht zur Schnittebene verlaufenden Fasern) liegender Gliakörper von Erklärung der Abbildungen. 123 ähnlicher Form und Beschaffenheit wie i in Fig. 20. Seine fein granulirte Substanz enthält einen Kern und eine Anzahl derberer Körnchen und besitzt nach rechts einen verdichteten, stark glänzenden Grenzsaum, der sich in zwei etwas glänzende Ausläufer fortsetzt. c ein mit dem grössten Theil seines Umfangs frei aus der körnig fibrillären Heerdsubstanz vorragender Gliakörper, der mit seinem unteren Abschnitt sich in die letztere ohne alle scharfe Grenze fortsetzt. Er enthält einen runden Kern mit verhältnissmässig grossem Kernkörperehen, zwischen den feinen Körnchen seiner Substanz ziemlich zahlreiche derbere und entsendet eine grössere Zahl von Fortsätzen, von denen die beiden längeren verästelt sind. d feinkörniger, in mehrere lange, glänzende Fortsätze auslaufender Gliakörper ohne Kern, mit verdiehtetem Grenzsaum am oberen und unteren Umfang, während am linken Rand sich eine Zone derberer Körnchen hinzieht, vom rechten oberen Rand sich ein Büschel feiner fibrillärer Auswachsungen erhebt. e sehr fein granulirter, zwei derbere Körnchen enthaltender, nach rechts in zwei blasse feine Fortsätze auslaufender Gliakörper, der sich von der umgebenden gröber granulirten Heerdsubstanz scharf abhebt. Fig. 22. a—1 Bruchstücke von Nervenfasern aus der Grenzschicht von Hirnheerden, m—x aus der Grenzschicht von Heerden des Kleinhirns. Bei a—e feinkörnige runde oder ovale Varikositäten der Axeneylinder, die theils eine vollständige, theils eine unvollständige, fein verstrichen auslaufende Markhülle besitzen. Bei f frei vortretender, zwischen den beiden markhaltigen Faserabschnitten in eine Varikosität übergehender Axeneylinder; g und h zwei Fasern, deren Axeneylinder auf kurze Strecken frei vortreten, bei h bildet das Mark zwei schleifenförmige Aus- biegungen. i freier Axeneylinder mit anhaftenden Markresten. k frei aus der Markhülle vortretender, in fein- körnigem Zerfall befindlieher Axeneylinder, 1 freier Axeneylinder, der von einer zarten, schleierartigen Hülle um- schlossen wird. m, n und o aus ihren Zusammenhängen gelöste, frei am Schnittrande vortretende Varikositäten von Axeneylindern, in deren feinkörnige Substanz einzelne derbere Körnchen eingelagert sind, bei o noch mit partiell erhaltener Markhülle. p—x Varikositäten von verschiedener Form und Grösse mit mehr oder weniger vollständiger Markhülle; bei x zeigt die letztere an der zutretenden Faser mehrfache kurze Unterbrechungen. 16 * 3 Yy 1 r E T t = Nor | } t if, Au i An „ hr ul I AR STEH EL REN inkl Tun a j \ \ rn | { Birma br un Ft ehe Euunahı UN N Vo kr 1 N Aa RT N > en ‘ Fun N RE rl a z j f Vo vlacd rn KALDALH EN! ) RN. 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RICHARD HERTWIG, A. O. PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT JENA. MIT ZEHN LITHOGRAPHIRTEN TAFELN. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER vormars FRIEDRICH MAUKE 1879. Einleitung. Vor einigen Jahren bot mir ein längerer Aufenthalt in Ajaceio und Villafranea Gelegenheit zu Untersuchungen über den Bau der Radiolarien, die in einer inzwischen erschienenen Schrift „Zur Hi- stologie der Radiolarien“ ihre Darstellung gefunden haben. Merkwürdigerweise war das Material, auf welches ich angewiesen war, an beiden Orten ein sehr beschränkte. Von den zahlreichen Fa- milien, die durch Haeckel’s Grund legende Arbeiten bekannt geworden sind, waren nur die Sphaero- zoiden und Thalassieolliden und auch letztere nur durch zwei Repräsentanten, die Thalassieolla nucleata und Thalassolampe margarodes vertreten. Dagegen fehlten die durch die Mannigfaltigkeit und Zierlich- keit ihres Skeletes ausgezeichneten Formen, welche im Systeme Joh. Müller’s die beiden Gruppen der Polyeystinen und Acanthometren zusammensetzen, so gut wie vollständig, so dass ich auf eine Berücksichtigung derselben gänzlich verzichten musste. Villafranca sowohl wie Ajaceio waren in dieser Hinsicht recht ungünstige Orte, vielleicht weil beide am Grunde von tief in das Land einschneidenden Buchten liegen, während die Radiolarien in ihrer Verbreitung das oflene Meer vorzuziehen scheinen. Giebt doch auch Joh. Müller an, dass seine Ausbeute an Polyeystinen und Acanthometren im Golfe von St. Tropez wenig ergiebig gewesen sei. Die Lücken, die ich damals in meiner Darstellung des Radiolarienbaues habe lassen müssen, bin ich nun im Stande auszufüllen. Während des Winters 1876/77 lernte ich die staunenswerthe Formenmannigfaltigkeit dieser zierlichsten aller Rhizopodenclassen in dem Hafen von Messina kennen. In der reichen Organismenwelt, welche hier die Oberfläche des Meeres an günstigen Tagen bevölkert, waren die Radiolarien während des ganzen Winters die constantesten Vertreter. Die meisten der von Haeckel beschriebenen Arten und daneben noch manche neue Formen fanden sich in der Ausbeute, welche die pelagische Fischerei ergab, vor, besonders zahlreich die Acanthometren. Man braucht nur in einer der ölglatten Strassen, die sich durch die leichtgekräuselte Meeresoberfläche hinziehen, mit einem grossen Glas zu schöpfen und kann sicher sein, in der Wassermasse stets ein oder mehrere Acanthometren mit nach Hause zu bringen. Auf diese Weise kann man sich ohne grosse Mühe voll- kommen lebensfrische wohlerhaltene Exemplare verschaffen, was für das Studium dieser durch den Mechanismus der pelagischen Fischerei am meisten leidenden Radiolarien von grosser Bedeutung ist, da man bei Anwendung der genannten Methode sicher sein kann, ganz unversehrte Organismen vor sich zu haben. ' Wenn ich mich so bei der Beschaffung des Arbeitsmaterials häufig der von Haeckel zuerst empfohlenen Schöpfmethode bediente, so wurde doch zur Untersuchung meistens der mit dem Müller’- schen Netz gewonnene pelagische Auftrieb benutzt. Wie früher so habe ich mich auch diesmal nicht davon überzeugen können, dass die Radiolarien so ausserordentlich empfindlich sind, wie namentlich Joh. Müller angegeben hat. Die in den Gläsern mit dem Mulder zu Boden sinkenden Thiere sind nicht Jen. Denkschriften II. 3. 17 130 Einleitung. todt, sondern nur contrahirt; sie haben zwar ihre Pseudopodien eingezogen, ihre Gallerte scheint sich etwas verdichtet zu haben; die Vaeuolen, wo solche im extracapsulären Weichkörper vorhanden sind, sind theilweise oder ganz eollabirt, die sogenannten Gallerteilien oder die contractilen Fäden der Acantho- metren sind verkürzt; indessen alle diese Erscheinungen gehen nach einiger Zeit vorüber; lässt man den gleichsam erschreckten Organismen die nöthige Ruhe, so erholen sie sich allmählig und es tritt eine völlige restitutio in integrum ein. Sogar die noch am meisten empfindlichen Acanthometren steigen nach einiger Zeit wieder in die Höhe und können, in Gläser mit reinem Seewasser über- tragen, Tage lang am Leben erhalten werden. Dass viele Radiolarien den meisten pelagischen Or- ganismen an Lebenszähigkeit überlegen sind, kann man daraus entnehmen, dass Acanthometren in kleinen Uhrschälehen mehr als einen Tag ihre Existenz fristen können, und dass manche Formen, wie die Rhizosphaeren, im Mulder noch einen Tag nach der Ausfahrt lebend gefunden wurden, während die meisten anderen Thiere abgestorben waren. Die Grundlage der Untersuchung bildete selbstverständlich die Beobachtung im lebenden Zustand, welche sogar über viele Verhältnisse, wie über den Bau und die Anordnung der Pseudo- podien, die Beschaffenheit der Gallerte, die Bedeutung der Gallerteilien u. s. w. allein Aufschluss zu geben vermag. Für sich allen angewandt erwies sich jedoch diese Beobachtungsweise als unzurei- chend, namentlich da, wo es sich um den feineren Bau der Centralkapsel, des morphologisch wich- tigsten Theils des Radiolarienkörpers, handelte. Die meisten Arten sind in Folge reichlicher Pigment- anhäufungen so undurchsichtig, dass man ohne Zerzupfen des Körpers oder ohne starke Aufhellung keinen Einblick in die Beschaffenheit des Inneren gewinnen kann. Beide Methoden sind am lebenden Thiere nicht ausführbar oder würden, richtiger gesagt, Resultate von sehr zweifelhaftem Werthe liefern. Die Behandlung mit conservirenden Reagentien erhält daher für die Untersuchung die grösste Wichtigkeit. Unter den von mir gebrauchten Flüssigkeiten empfiehlt sich am meisten die Osmiumsäure. In 0,1 °|,iger Lösung vermag sie schon nach 3 Minuten Anwendung die Weichtheile vortrefflich zu con- serviren. Um das Nachdunklen zu verhüten und um die Kerne deutlich zu machen, überträgt man zweckmässig die Radiolarien in verdünntes Beale’sches Carmin, in dem sie ebenfalls nur kurze Zeit belassen werden dürfen, damit sie sich nieht zu intensiv färben. In der geschilderten Weise bin ich fast stets in Messina verfahren und habe ausserdem noch an besonders günstigen Tagen den Mulder eonservirt und so ein reichliches Untersuchungsmaterial gewonnen, das in 50°, Alkohol eingelegt noch jetzt vortrefllich zu gebrauchen ist. Die am Meere gewonnenen Resultate konnten mit Hilfe desselben nicht allein fast alle hier in Jena noch einmal bestätigt, sondern sogar in vielen wichtigen Punkten noch erweitert werden. Da die Carminosmiumpräparate in Wasser begreiflicher Weise zu undurchsichtig sind, bedürfen sie der Aufhellung. In den meisten Fällen genügt hierzu das Glycerin. Dasselbe hat aber die Eigen- schaft, das Skelet fast völlig unsichtbar zu machen, da es mit demselben ungefähr gleiches Licht- breehungsvermögen besitzt. Nur die Skelete der Acanthometriden und der den Acanthometriden ver- wandten Arten behalten ihre scharfen Contouren bei, während die Gitterkugeln der Heliosphaeren, die Körbchen der Cyrtiden, die Röhren der Aulacanthen, Aulosphaeren u. s. w. fast spurlos verschwinden. Ist dies nun in vielen Fällen als ein Vortheil zu betrachten, da bei Arten mit reich entwickeltem Skelet die durch dasselbe hervorgerufene Trübung des Bildes vermieden wird, so wirkt es bei allen den Arten sehr störend, bei denen es von Wichtigkeit ist, die Lagebeziehungen des Skelets zu den Weiehtheilen festzustellen. Bei diesen Arten muss man die Aufhellung mit Nelkenöl oder Canada- Einleitung. 131 balsam in Anwendung ziehen. Zu dem Zweck habe ich meistens, nachdem ich zuvor die Weichtheile in Glycerin untersucht hatte, die Radiolarien unter dem Präparirmikroskop isolirt, mit absolutem Alkohol ausgewaschen, in Nelkenöl und schliesslich in Canadabalsam übertragen, wobei es sich empfiehlt, die angewandten Reagentien jedesmal möglichst vollständig zu entfernen. Canadabalsam ist stärker licht- brechend wie das Kieselskelet, noch mehr das Nelkenöl, weshalb namentlich in letzterem die Contouren sehr scharf gezeichnet sind. In Osmiumearmin econservirte und darauf in Glycerin oder Canadabalsam eingeschlossene Radio- larien ergeben die instruetivsten Präparate, so lange ihre Körpergrösse nicht so bedeutend ist, dass die einfache Aufhellung nicht ausreicht. Ist letzteres der Fall, so muss man die Thiere unter dem Präparirmikroskop zerzupfen. Hierbei war mir das neue Zeiss’sche Reisemikroskop, das sowohl die Dienste eines Präparirmikroskops wie eines gewöhnlichen Mikroskops erfüllt, von grossem Vortheil, da bei demselben das Object eingestellt bleibt, mag man das Instrument in der einen oder der andern Weise anwenden. Die Zielpunkte dieser Untersuchungen sind dieselben wie in meiner früheren Arbeit. Vor Allem galt es die Morphologie der Radiolarien klarzulegen, nachzuweisen, was der ganzen Classe typisch ist und zu zeigen, wie der Grundtypus in den einzelnen Familien varürt. Die Lebenserscheinungen wurden nur so weit berücksichtigt, als sie für die morphologische Beurtheilung von Bedeutung sind, während eine einheitliche Darstellung der Physiologie der Radiolarien ausserhalb des Plans der Arbeit lag. Zu einem genauen Studium der Entwicklungsgeschichte, deren Werth für das Verständniss der Organisation auch bei den Radiolarien kein geringer ist, fehlte es leider an dem nöthigen entwicklungsgeschichtlichen Material. Die zerstreuten Beobachtungen, die hier gesammelt werden konnten, schliessen sich meinen früheren Mittheilungen über diesen Gegenstand im Wesent- lichen bestätigend und ergänzend an. Bei der Morphologie der Radiolarien haben wir zwischen der Morphologie des Skelets und der Morphologie der Weichtheile zu unterscheiden. Die erstere hat schon in Haeckel’s Monographie eine vortreffliche Bearbeitung erfahren, so dass meine Beobachtungen hier im Wesentlichen mit den dort niedergelegten Darstellungen übereinstimmen. Nur in der Beurtheilung der verwandt- schaftlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Skeletformen bin ich hier und da zu abweichenden Anschauungen gelangt, wobei ich vielfach durch die beim Studium des Weichkörpers gewonnenen Resultate geleitet wurde. Anders verhält es sich mit der Auffassung der Weichtheile. Hier habe ich zwar auch viele wichtige und fundamentale Anschauungen, die Haeckel zuerst entwickelt hat, bestätigen können; namentlich kann ich die systematisch und morphologisch gleich werthvolle Unterscheidung des extra- capsulären und intracapsulären Weichkörpers, deren Bedeutsamkeit unbegründeter Weise von verschie- denen Seiten bezweifelt worden ist, aufrecht erhalten. In anderen Punkten dagegen wurde ich zu abweichenden Ergebnissen geführt. Zunächst ist die histologische Auffassung der Organismen eine veränderte geworden. Dies ist zum Theil darin begründet, dass unsere histologischen Anschauungen in den 15 Jahren, die seit dem Erscheinen von Haeckel’s Monographie verflossen sind, eine sehr wesentliche Umgestaltung und Klärung erfahren haben, zum Theil ist es dadurch hervorgerufen, dass der Neuzeit ganz andere Hilfsmittel der Untersuchung zu Gebote stehen. Namentlich macht die Ver- vollkommnung der histologischen Technik es dem Beobachter möglich, über Verhältnisse Klarheit zu gewinnen, die aus Mangel geeigneter Reagentien früher gar nicht oder nur unvollkommen hätten sichtbar gemacht werden können. Na 132 Einleitung. Die Untersuchung des Weichkörpers hat ferner eine viel grössere Mannigfaltigkeit im Bau der Radiolarien dargethan, als die Schilderungen früherer Forscher erwarten liessen. Besonders gilt dies von der Beschaffenheit der Centralkapselmembran und von der Verbreitung des sogenannten Binnen- bläschens, welches keineswegs eine Eigenthümlichkeit weniger Familien ist, sondern bei zahlreichen Badiolarien auftritt. Die Unterschiede, die sich im Bau der Kapselmembran und im Bau und in der Verbreitung des Binnenbläschens zu erkennen geben, verdienen besonders deshalb noch besondere Be- rücksichtigung, weil sie sich in fruchtbringender Weise systematisch verwerthen lassen. Indem ich mich nunmehr zur Darstellung meiner Resultate wende, schildere ich zunächst im analytischen Theil meine Beobachtungen, um so einen Ueberblick über die Verschiedenartigkeit des Baues bei den einzelnen Familien zu geben. Dem synthetischen Theil bleibt es dann vor- behalten, einerseits ein einheitliches Bild der Radiolarienorganisation zu entwerfen und ihr Verhältniss zur Zellentheorie zu erläutern, andererseits die systematisch wichtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Von einer zusammenhängenden historischen Beurtheilung der Verdienste, die sich frühere Forscher um die Förderung der Radiolarienkenntniss erworben haben, konnte ich Abstand nehmen, da eine solche in meiner früheren Arbeit schon enthalten ist; dagegen werden die einzelnen Beobachtungen der Autoren im analytischen Theil an Ort und Stelle besprochen werden. Analytischer Theil. In der Classe der Radiolarien herrscht eine so grosse Mannigfaltigkeit, dass allein in dem be- schränkten Gebiet des Hafens von Messina nahe an 200 Arten von Haeckel unterschieden werden konnten. Diese Zahl würde sich bei einer Untersuchung, welche sich die Artbeschreibung zum Ziel genommen hat, leicht um ein Beträchtliches vermehren lassen, wie ich denn selbst nicht wenige neue Formen aufgefunden habe, obwohl mein Augenmerk nicht auf eine Bereicherung unserer systematischen Kenntnisse gerichtet war. Hiermit ist schon gesagt, dass es nicht meine Absicht sein kann, im analytischen Theil eine detaillirte Beschreibung der einzelnen aufgefundenen Arten zu geben. Ich würde hierbei genöthigt sein, auf vielerlei Einzelheiten von untergeordnetem Werth einzugehen, die für die Unterscheidung der Arten wichtig sind, ohne dass sie jedoch zum morphologischen Verständniss beitragen könnten. Solche Einzelheiten sind namentlich die vielerlei Modifieationen des Skelets, die Färbung und Gestalt der Centralkapsel, die Beschaffenheit des extracapsulären Weichkörpers u. s. w.: alles Verhältnisse, die von Haeckel ausführlich beschrieben worden sind und die ich bei der Untersuchung mit Absicht un- berücksichtigt gelassen habe und auch im Folgenden nicht berühren werde. Um unnütze Wiederholungen zu vermeiden und gleichartige Organisationsverhältnisse im Zu- sammenhang zu schildern, wird der analytische Theil eine Beschreibung der einzelnen Radiolarien- familien geben. Ich werde mich hierbei möglichst an das System Haeckel’s anschliessen, wenn auch manche Abweichungen durch die Resultate meiner Untersuchung nothwendig geworden sind. Den Anfang der Beschreibung bilden die Acanthometriden, deren Grenzen von J. Müller und E. Haeckel richtig; bestimmt worden sind. Ihnen schliessen sich die Diploconiden und die von mir neu zusammengefasste Familie der Acanthophractiden an, bestehend aus Elementen, die in Haeckel’s System einen Theil der Ommatiden ausmachen. Weiterhin folgen die Familien der Sphaerozoiden und Colliden, wobei ich bei ersterer die Collosphaeriden mit einrechne, bei letz- terer die Gattungen Aulacantha und Thalassoplaneta ausschliesse. Unter dem neuerdings von Haeckel eingeführten Namen der Sphaerideen mögen gemeinsam zwei Familien abgehandelt werden, die Ethmosphaeriden und Ommatiden. Zu den Ethmosphaeriden zählen die Cladococeiden, deren nahe Verwandtschaft mit den Gattungen Heliosphaera, Arachnosphaera und Diplosphaera keinem Zweifel unterliegen kann. Die Ommatiden dagegen besitzen einen ganz anderen Umfang als in dem Sy- steme Haeckel’s; auf der einen Seite sind von ihnen eine Anzahl Formen, die Acanthophractiden, ausgeschieden, auf der andern Seite sind die Gattungen Spongosphaera und Rhizosphaera hinzu- gekommen. Die Ommatidengattung Tetrapyle und einige verwandte Formen sollen als Dyssphae- riden für sich besonders Berücksichtigung finden. Von den vier folgenden Familien, den Disciden, Acanthodesmiden, Plagiacanthiden und Cyrtiden, sind die erste und die letzte wesentlich 134 Analytischer Theil. im Sinne Haeckel’s beibehalten worden, während die zweite und dritte aus der Theilung der Acanthodesmiden entstanden sind. Den Schluss des analytischen Theils bilden vier Gattungen, die im Bau des Weichkörpers mit einander übereinstimmen, nach der Beschaffenheit ihres Skelets als Ver- treter von vier verschiedenen Familien angesehen werden müssen. Es sind dies die Gattungen Aulo- sphaera, Aulacantha, Coelodendrum und Coelosphaera, zusammengefasst unter der Ueberschrift der Tripyleen. Bevor ich auf die Darstellung der Organisation der aufgezählten Familien eingehe, muss noch hervorgehoben werden, dass ich bei derselben die gelben Zellen unberücksichtigt lassen werde, da es Theile sind, deren Zugehörigkeit zum Organismus der Radiolarien zweifelhaft ist. Ich werde auf sie im allgemeinen Theil im Zusammenhang zu sprechen kommen. l. Die Familie der Acanthometriden. Die Familie der Acanthometriden wurde von Joh. Müller!) zuerst in einem in den Monats- berichten der Berliner Academie erschienenen Aufsatz aufgestellt und mehrere Jahre später in der nach des Verfassers Tode veröffentlichten Abhandlung durch Beschreibung zahlreicher Formen genauer charakterisirt. Nahezu gleichzeitig mit Müller’s ersten Publicationen theilte Claparede2) Beobach- tungen über zwei an der Norwegischen Küste aufgefundene Arten mit, an denen er zuerst die syste- matisch wichtige Anwesenheit Körnchen führender Pseudopodien entdeckte. Eine sehr umfassende Darstellung hat die Familie endlich in Haeekel’s Monographie der Radiolarien erfahren. I. Das Skelet der Acanthometriden. Das systematisch wichtigste Merkmal der Acanthometriden ist die Beschaffenheit des Skelets. Dasselbe besteht aus radialen Stacheln, die im Mittelpunkt des Körpers zusammentreffen und stets in einer bestimmten Anzahl und in einer ausserordentlich gesetzmässigen Anordnung vorhanden sind. Die Gesetzmässigkeit wurde zuerst von Joh. Müller bei einigen Arten erkannt, aber erst von Haeckel für die Gesammtheit der Acanthometriden nachgewiesen. Im Ganzen finden sich 20 Stacheln vor, die in fünf Zonen, einer unpaaren und zwei paarigen, jedesmal zu vier stehen und zwischen zwei stachellosen Polen gleichmässig vertheilt sind. Die unpaare Zone liegt in der Mitte zwischen den Polen und ist somit äquatorial; ihre Stacheln fallen in eine Ebene und bilden gemeinsam ein Kreuz, dessen Kreuzungspunkt der Mittelpunkt des Thieres ist. Bei einer Anzahl von Arten sind sie vor den übrigen Stacheln durch ihre Grösse ausgezeichnet, oder es sind nur zwei besonders stark ent- wickelt, die dann in einer Linie stehen und die Hauptaxe des Körpers repräsentiren (Amphilonche). Da in allen Abbildungen die Acanthometriden so orientirt sind, dass man auf ihren stachellosen Pol sieht, so fallen überall die äquatorialen Stacheln in die Ebene des Papiers. 1) Joh. Müller: 1) Ueber Sphaerozoum und Thalassicolla. Monatsberichte der Berliner Academie. 1855. S. 248. 2) Ueber die Thalassicollen, Polycystinen u. Acanthometren des Mittelmeers. Ebenda 1856. S. 493. 3) Einige neue Polycystinen und Acanthometren. Ebenda 1858. S. 154. 4) Ueber die Thalassicollen, Polyeystinen und Acanthometren des Mittelmeer. Abhandlungen der Berliner Academie. 1858. 1) Ueber die Lebenserscheinungen und insbesondere Bewegungserscheinungen der Acanthometren. Monatsber. der Berliner Academie. 1855. $. 674. 2) Etudes sur les Infusoires et Rhizopodes. Bd. I. S. 458. 2) E. Claparede: 1. Die Familie der Acanthometriden. 135 Beiderseits der äquatorialen Zone kehren die gleichen Verhältnisse auf der einen wie der andern Seite wieder, so dass man von den vier übrigen Zonen nur die zwei der einen Seite zu berücksich- tigen braucht. Die Stacheln der dem Aequator benachbarten Zone oder die Tropenstacheln (Haeckel) sind so angebracht, dass sie, mit den äquatorialen auf gleiche Ebene projieirt, die zwischen denselben befindlichen Zwischenräume halbiren. In gleicher Weise halbiren wiederum die Stacheln des noch übrig bleibenden und dem stachellosen Pol zunächst liegenden Kreises oder die Polar- stacheln (Haeckel) die Zwischenräume zwischen den Tropenstacheln, fallen dagegen mit den äqua- torialen Stacheln, mit denen sie auf gleichen Meridianen liegen, zusammen. Bei ungleicher Entwick- lung der Stacheln sind sie die schwächsten. Bei den meisten Acanthometriden sind die centralen Enden der Stacheln in einander gestemmt und können beim Zerquetschen von einander gelöst und isolirt werden. Ihre Verbindungs- weise ist hierbei sehr verschieden, je nachdem die Enden einfach wie kleine vierseitige Pyramiden zugespitzt sind oder sich in vier senkrecht gekreuzte flügelförmige Blätter erheben. Im ersteren Falle legen sich die Stacheln breit mit dreieckigen Flächen an einander (Tafel I, Figur 2a), im letzteren berühren sich nur die Kanten der Hügelförmigen Blätter und zwar in der Weise, dass jeder Stachel mit je zwei Stacheln der benachbarten Zone zusammentrifit. Bei dieser Anordnung können die Stachelblätter sich unmöglich so stellen, wie Haeckel es schildert, dass zwei mit den Meridianebenen zusammenfallen, vielmehr müssen alle unter einem halben rechten Winkel dieselben kreuzen, wie es in der Figur Taf. I, Fig. 9 dargestellt ist. Bilder, wie ich sie selbst in Figur 5, Tafel I gezeichnet habe und auf denen zwei Blätter der äquatorialen Stacheln in der Ebene des Aequators, zwei andere in den Meridianebenen zu liegen scheinen, sind wohl nur bei einer Verlagerung der Stacheln möglich. Bei einigen Acanthometriden, den Astrolithien, verschmelzen, wie zuerst Haeckel nachgewiesen hat, die Enden der Stacheln unter einander zu einer soliden Kugel, so dass dann das ganze Skelet nur aus einem einzigen Stück besteht. Zwischen den zwei geschilderten Endigungsweisen habe ich eine interessante Uebergangsform bei einer neuen sehr charakteristischen Art, der Acanthometra astroides, aufgefunden. Hier sind die zwanzig Stacheln alle von gleicher Beschaffenheit, drehrund, sehr dünn und aussergewöhnlich elastisch, so dass ich sie im frischbereiteten Canadabalsampräparat bei jedem Druck hin und her flottiren sah. Im Innern der Centralkapsel angelangt verdicken sie sich keulenförmig und vereinigen sich unter einander zu einem sternförmigen Körper von Skeletsubstanz, der wegen seiner Grösse und der Dicke der von ihm ausgehenden Strahlen aus dem Innern der Centralkapsel hervorleuchtet. Hierbei kommt es jedoch nieht zu einer Verschmelzung, vielmehr kann man bei genauer Prüfung sich davon überzeugen, dass der dieke sternförmige Körper aus eben so viel Stücken besteht als Stacheln vor- handen sind, indem man die Contouren, mit welchen letztere an einander grenzen, noch deutlich er- kennen kann. Endlich habe ich noch eine dritte von Haeckel ebenfalls zuerst beschriebene Endigungsweise der Stachelradien beobachtet. Bei den Acanthochiasmiden ist jeder Stachel mit seinem Antipoden in ein einziges Stück verschmolzen; aus den zwanzig Stacheln sind somit zehn entstanden und diese zehn durchbohren mit beiden Enden die Centralkapsel. Sie kreuzen sich im Mittelpunkt des Körpers, ohne sich dabei in irgend welcher Weise zu vereinen. Ihre Anordnung wird ebenfalls durch das Mül- ler’sche Gesetz bestimmt. Ihrer Form nach sind die Stacheln entweder drehrund oder vierkantig. Im letzteren Falle können die Kanten so stark vorspringen, dass vier unter rechten Winkeln zusammenstossende Blätter 136 Analytischer Theil. [9] entstehen (Taf. I, Fig. 5). Weitere Verschiedenheiten sind dadurch bedingt, dass bei einigen Acantho- metriden die Stacheln auf ihrer Oberfläche mit Anhängen geziert sind; so ist es für die Gattung Xiphacantha charakteristisch (Taf. II, Fig. 4), dass von den basalen Stücken aller Stacheln kurze und gedrungene Dornen unter rechten Winkeln entspringen. Umgekehrt sind bei Lithoptera Mülleri die peripheren Enden und zwar nur die der vier äquatorialen Stacheln mit grossen, gitterartig durch- brochenen flügelförmigen Fortsätzen ausgestattet, welche ebenfalls in der äquatorialen Ebene entwickelt sind. Endlich können auch die Kanten vierblättriger Stacheln Sitz einer besonderen Structur sein; sie waren z. B. bei einer von mir als Acanthometra serrata bezeichneten Form mit feinen Zähnen bedeckt. Aehnliche Structuren hat Haeckel abgebildet, auf dessen genaue Schilderung ich bezüglich der mannigfachen Verschiedenheiten in den Stachelformen verweise. Im Innern der Acanthometridenstacheln glaubte Claparede einen Kanal beobachtet zu haben, in dessen centrales Ende ein Theil der Pseudopodien eintritt, um am peripheren Ende wieder hervor- zutreten. Obwohl auch Joh. Müller die Existenz dieses Kanals bestätigt, so muss ich doch Haeckel vollkommen beistimmen, wenn er die Richtigkeit dieser Angaben auf das Bestimmteste bestreitet und die Stacheln als durchaus solide Skeletbildungen schildert. Ebenso hat Haeckel mit der Angabe recht, dass die Stacheln nicht wie bei den übrigen Radiolarien aus Kieselsäure bestehen, sondern aus einer organischen Substanz, die in Säuren löslieh ist und als Acanthin be- zeichnet wird. Schon die längere Anwendung von Osmiumsäure genügt, um das Skelet der Acanthometriden vollkommen verschwinden zu machen, so dass man das Reagenz nur kurz auf die Organismen ein- wirken lassen darf, wenn man sie in einem noch bestimmbaren Zustand aufheben will. Noch schneller ist die Einwirkung der gewöhnlichen Mineralsäuren, von denen ich Salzsäure und Schwefelsäure probirte, während Essigsäure erst nach langer Dauer die Nadeln zerstört. Der letztere Umstand erklärt die unrichtige Angabe Haeckel’s, dass die Substanz des Acanthometrenskelets von Essigsäure nicht angegriffen werde. Mit Kalilauge wird derselbe Effect erzielt wie mit Säuren; da ferner auch Glühen die Skelete zerstört, so haben wir in dem Acanthin eine organische Substanz vor uns, die sich durch ihre ganz ausserordentliche Löslichkeit auszeichnet. Bei einigen Acanthometriden sollen die Stacheln nach Haeckel’s Angaben verkieseln und dadurch unlöslich werden; als solche Formen werden die Gattungen Lithoptera, Acanthochiasma, Astrolithium und Litholophus genannt. Dem gegenüber habe ich zu bemerken, dass die Skelete von Acanthochiasma rubescens und A. fusiforme, sowie von Lithoptera Mülleri und Litholophus rhipi- dium sich in Salzsäure vollkommen lösen, und zweifele ich nicht daran, dass dies auch für die Gattung Astrolithium, die ich nicht mit Reagentien behandelt habe, kurz für sämmtliche Acantho- metriden zilt. - Um die Aıt und Weise, in welcher die Stacheln von den Reagentien angegriffen werden, ge- nauer zu studiren, bedient man sich zweckmässig der langsam lösenden Essigsäure und lässt dieselbe auf die derben Stacheln, wie sie in der Gattung Amphilonche und bei manchen Acanthostauren vor- kommen, einwirken (Taf. III, Fig. 13). Man sieht dann, dass immer zunächst die Stachelspitze ver- schwindet; da hierbei die Rindenschicht länger erhalten bleibt, entstehen gabelspaltig aussehende Sta- cheln, was mich auf die Vermuthung geführt hat, dass die zweispitzigen Enden, wie sie für manche Arten von Acanthometren als charakteristisch angegeben werden, durch Usur hervorgerufen sein können. Im weiteren Verlauf der Einwirkung wird die unter der Rindenschicht gelegene Substanz zerstört, während die Rindenschicht selbst und die Axe länger Widerstand leisten. Beide zerfallen in 1. Die Familie der Acanthometriden. 137 Körnchen, bevor sie ganz einschmelzen; schliesslich bleibt vom ganzen Stachel Nichts übrig als ein ausserordentlich zartes Häutchen, das man nur an dem Zusammenhalt der aufklebenden Körnchen er- kennt. Möglicherweise gehört dasselbe nicht einmal dem Stachel selbst an, sondern ist ein dünner Ueberzug, sei es von Gallerte, sei es von Protoplasma. Die Stacheln der Acanthometriden unterscheiden sich nicht allein in der beschriebenen Weise durch ihre Lösliehkeit, sondern auch durch ihr ganz verschiedenes Lichtbrechungsvermögen von den Skeleten der übrigen Radiolarien. Die Schalen der Sphaerideen und Cyrtiden, die Stacheln der Plagia- eanthen und Sphaerozoen, die Röhren der Aulosphaeren u. s. w. sind in Glycerin so gut wie un- sichtbar, weil sie ungefähr gleich stark wie dieses das Licht brechen. Die Acanthometrenstacheln behalten dagegen in derselben Flüssigkeit ihre scharfen Contouren bei, so dass man nicht nöthig, hat, Canadabalsampräparate anzufertigen, wenn man das Skelet und den Weichkörper gleichzeitig über- blicken will. Von jungen Acanthometriden geben Joh. Müller und Haeckel an, dass die Stacheln noch im Innern der Centralkapsel umschlossen liegen und nicht in den extracapsulären Weichkörper hervor- ragen; es soll dies sogar bei Exemplaren der Fall sein, bei denen die Gallerte schon zu den für die Familie charakteristischen Stachelscheiden ausgezogen war. Ich glaube nicht, dass die diesen Behaup- tungen zu Grunde liegenden Beobachtungen sich auf normale Verhältnisse beziehen; denn bei den jüngsten Thieren, die ich überhaupt habe untersuchen können und deren jugendliches Alter sich na- mentlich darin zu erkennen gab, dass sie nur einen Kern besassen, schon bei diesen war das Skelet vollkommen ausgebildet, was seine frühe Anlage ausser Zweifel stellt; dagegen waren überall da, wo ich Aehnliches wie Joh. Müller und E. Haeckel beobachtete, die äusseren Stacheltheile augen- scheinlich abgebrochen oder durch die Einwirkung von Reagentien zerstört. Solche verstümmelte Exemplare werden auch den beiden genannten Forschern vorgelegen haben. In dieser Annahme werde ich namentlich durch Haeckel’s Angaben über die Anwesenheit von Stachelscheiden bestärkt, denn wie wir sogleich sehen werden, sind dies Bildungen, die nur durch die Stacheln hervorgerufen werden und daher die Existenz derselben voraussetzen. II. Der Weichkörper der Acanthometriden. Während die Angaben über den Bau des Skelets im Wesentlichen auf eine Bestätigung der von früheren Autoren, namentlich von Haeckel gemachten Beobachtungen hinauslaufen, haben die Untersuchungen des Weichkörpers in vielen Punkten wichtige neue Aufschlüsse ergeben, die eine genauere Darstellung nöthig machen. Zugleich wurde ich auf Unterschiede aufmerksam, die im Bau zwischen erwachsenen und jungen Acanthometriden bestehen und sich in der Beschaffenheit der Central- kapsel äussern. Ich werde zunächst die Organisation der ausgebildeten Thiere schildern und im An- schluss an diese die mannigfachen Entwicklungsformen besprechen. 1. Der Bau der erwachsenen Acanthometriden. a. Die Centralkapsel. Die Centralkapsel besitzt bei den meisten Acanthometriden die Gestalt einer Kugel oder weicht von derselben nur unbedeutend ab, indem sie den Durchbohrungsstellen der Stacheln entsprechend in Ecken oder Zipfel ausgezogen ist. Es gilt dies namentlich von allen Arten, bei denen die Skelet- stacheln gleichmässig beschaffen sind, wie z. B. bei den ächten Acanthometren und den Acantho- Jen. Denkschriften II. 3. 18 138 Analytischer Theil. [9] chiasmen, während dominirende Entwicklung einiger bestimmter Stacheln auch Unregelmässigkeiten in der Kapselform zur Folge hat; so ist die Centralkapsel der Gattung Acanthostaurus, bei welcher die vier äquatorialen Stacheln stärker sind als die übrigen, zwischen den beiden stachellosen Polen abgeplattet und in der Ebene des Aequators in der Form eines Rhombus ausgedehnt. Bei der Gat- tung Lithoptera, deren vier äquatoriale Stacheln nicht allein stärker sind, sondern zugleich flügel- förmige gegitterte Fortsätze an ihren Enden tragen, ist die Centralkapsel den Stacheln entsprechend in vier Lappen verlängert, welche ein gleichschenkliges Kreuz bilden. Die Centralkapsel der Amphi- lonehen endlich, bei welchen zwei in der Verlängerung gelegene äquatoriale Stacheln sich durch ihre ganz ausserordentliche Dicke und Länge auszeichnen, ist eiförmig oder sogar walzenförmig, so dass ihr der Hauptaxe entsprechender Durchmesser um das zehnfache oder noch mehr länger ist, als die zur Hauptaxe senkrechten Durchmesser. Die den Kapselinhalt umschliessende Membran wurde zuerst von Claparede bei der Acantho- metra echinoides und A. pallida beobachtet und mit Recht von der nach aussen gelegenen Gallerte unterschieden; dagegen gelang es Joh. Müller nicht, sich von ihrer Anwesenheit zu überzeugen; denn die „weiche, äussere Hülle“, welche er beschreibt, und die nach seiner Schilderung sich in „zapfenförmige Verlängerungen, die Stachelscheiden“ auszieht, ist nichts als die extracapsuläre Gallerte. Die allgemeine Verbreitung der Kapselmembran in der Familie der Acanthometriden wurde erst dureh Haeckel festgestellt. Bei den meisten Acanthometriden ist die Kapselmembran ausserordentlich zart, so dass sie nur als eine feine Linie zwischen dem intracapsulären und extracapsulären Protoplasma wahrgenommen werden kann; an den Durchtrittsstellen der Stacheln und der Pseudopodien wird sie dann scheiden- artig etwas hervorgestülpt (Taf. I, Fig. 2 u. 7) oder sie ist hier umgekehrt ein wenig nabelartig ein- gezogen. Seltener ist sie so derb und diekwandig, dass man doppelte Contouren an ihr unterscheiden kann (Taf. II, Fig. 4); aber auch dann ist ihre Dieke nie so beträchtlich wie bei den Colliden und bei manchen Sphaerozoiden, bei denen es möglich ist, bestimmte Oeffnungen zum Durchtritt der Pseudo- podien oder sogar feinere Kapselstructuren nachzuweisen. Alle beobachteten Exemplare einer Acanthometride, die ich nach der Beschaffenheit des Skelets mit dem Acanthochiasma rubeseens Haeckel’s identifieirte, besassen keine Centralkapselmembran. Extracapsuläre und intracapsuläre Sarcode war hier eine einzige amoeboide Masse, die sich in unregel- mässigster Weise auf dem Stachelgerüst vertheilte, im Mittelpunkt des Körpers sich zu einem Haufen zusammenballte und von hier aus an den Stacheln in der Form von dieken lappigen Fortsätzen em- porkroch. Aus dieser Protoplasmamasse entsprangen unmittelbar die in der Gallerte sich verbreitenden Fadennetze und die Pseudopodien. Da die untersuchten Thiere vollkommen ausgebildet waren und nicht als in der Entwicklung begriffene Individuen gedeutet werden konnten, so ist nur zweierlei denkbar: entweder war die Centralkapselmembran so zart, dass sie beim Einfangen eingerissen war, oder sie fehlte überhaupt. In letzterem Falle würden wir somit eine Acanthometride vor uns haben, bei welcher die Differenzirung einer besonderen Centralkapsel noch nicht vorhanden ist. Aus Haeckel’s Beschreibung, die nicht auf eigenen Beobachtungen, sondern auf Angaben Krohn’s beruht, lässt sich leider nieht entnehmen, wie sich in diesem Punkt die Thiere verhielten, die zur Aufstellung der Art Veranlassung gegeben haben. Im Kapselinhalt aller erwachsenen Acanthometriden finden wir 1) zahlreiche Kerne und 2) das Protoplasma mit seinen mannigfach gestalteten Einschlüssen. Die Kerne der Acanthometriden wurden schon von Joh. Müller beobachtet und unter 1. Die Familie der Acanthometriden. 159 dem Namen „farblose Zellen“ beschrieben; in gleicher Weise wurden sie von Haeckel als Zellen ge- deutet, welcher ausserdem von ihnen hervorhob, dass sie mit kleinen dunklen Körnchen versehen sind und niemals in dem ausgetretenen Inhalt der Centralkapseln der Acanthometriden fehlen. Nach meinen Beobachtungen sind die Kerne runde Körperchen, die stets in den peripheren Theilen des Kapselinhalts liegen, so lange ihre Zahl noch eine geringe ist (Taf. I, Fig. 7 n); sie er- scheinen am lebenden Thiere durchaus homogen und lassen keine Membran erkennen (Taf. I, Fig. 2 a, n); in Osmiumcarmin färben sie sich intensiv roth und sind so am schönsten nachzuweisen, namentlich an zerquetschten Thieren (Taf. I, Fig. 5n). Zugleich tritt bei dieser Behandlungsweise ein nucleolus- artiges, scharf contourirtes Korn hervor, das dunkler gefärbt ist wie der übrige Kern und niemals von mir vermisst wurde. Dasselbe liegt im oberflächlichsten Theil des Kerns und ist von der Umgebung durch eine lichtere Zone getrennt. Nicht selten ist es stäbchenförmig gestreckt oder es sind zwei Körner in einem Kern vorhanden. Der Umstand, dass letzterer dann meist auf den mannigfachsten Stadien der bisquitförmigen Einschnürung angetroffen wird, macht es wahrscheinlich, dass man es mit Theilungszuständen des Kerns zu thun hat, die in folgender Weise zu deuten sind. Das Korn eines Nucleus streckt sich und zerfällt in zwei Stücke. Diese Stücke rücken aus einander, wirken als Attraetionscentren und veranlassen eine durch bisquitförmige Einschnürung erfülgende Zweitheilung des Kerns. Die Zahl und die Grösse der Kerne stehen bei derselben Art in einem umgekehrten Verhältniss zu einander. Wo sie in relativ geringer Anzahl vorkommen, besitzen sie ungefähr einen Durchmesser von 11y; wo sie sich dagegen stark vermehrt haben, sind sie nur 3y gross und bilden dann den Inhalt der Centralkapsel fast ganz allein, während das Protoplasma und seine Einschlüsse in den Hintergrund gedrängt worden sind und nur die kleinen übrigbleibenden Lücken ausfüllen. Eine solche Centralkapsel erscheint bei Carminosmiumbehandlung wie eine einzige rothe Masse, woraus hervorgeht, dass die im Körper vorhandene und auf die einzelnen Kerne vertheilte Kernsubstanz eine sehr be- trächtliche Zunahme erfahren hat. Unter den zahlreichen von mir beobachteten Arten besass nur eine einzige, die Xiphacantha serrata, nicht die geschilderte vielkernige Beschaffenheit der Centralkapsel. Ich habe drei völlig ent- wickelte Exemplare dieser Acanthometride, deren Centralkapseldurchmesser im Mittel 230 x betrug, untersucht und stets nur einen Kern gefunden. Derselbe lag in einem der keilförmigen Räume, die durch die centrale Aneinanderfügung der Blätter des Stachelkreuzes hervorgerufen wurden, und haftete den Stacheln so fest an, dass er nur durch fortgesetztes Klopfen auf das Deckglas losgelöst werden konnte. Er war ein rundlicher, unregelmässig gestalteter, in einem Fall sogar lappiger Körper mit mehreren verschieden grossen Nucleoli (Taf. II, Fig. 2b). Sein Durchmesser betrug nur 20— 27; eine Kern- membran war nicht mit Sicherheit nachzuweisen, wenn auch die scharfe Contourirung des Kerns in einem Fall ihre Anwesenheit wahrscheinlich machte. Was nun bei dieser abweichenden Beschaffenheit der X. serrata im Vergleich zu den übrigen Acanthometriden am meisten auffällt, das ist das ausser- ordentliche Missverhältniss, in welchem hier die geringe Masse des nur 27 u grossen Kerns zur reich- lichen Protoplasmamasse der 220 grossen Centralkapsel steht; pflegt doch sonst die Centralkapsel zum grössten Theil von Kernsubstanz gebildet zu sein. Wenn es nun auch keinem Zweifel unter- liegen kann, dass dieses Missverhältniss sich später ausgleicht, und dass die Centralkapsel auch bei Xiphaeantha der Sitz einer lebhaften Kernvermehrung wird, so bleibt es immerhin von Interesse, dass der einkernige Zustand, der bei den übrigen Acanthometriden, wie wir später sehen werden, nur von kurzer Dauer ist, hier sehr lange Zeit über bestehen bleibt. In dieser Hinsicht erinnert Xiphacantha an 18 * 140 Analytischer Theil. die grosse Mehrzahl der Radiolarien, die Cyrtiden, Disciden, Sphaeriden, die ebenfalls gewöhnlich nur einen Kern haben. Der zweite Bestandtheil des Kapselinhalts, das Protoplasma, ist eine feinkörnige Masse, welche die zwischen den Kernen übrigbleibenden Räume ausfüllt. Von der Kapselmembran wird es häufig durch einen schmalen, wahrscheinlich von Flüssigkeit eingenommenen Spaltraum ge- trennt; es enthält mit wenigen Ausnahmen ein sehr verschiedenfarbiges, meist braunes oder röthliches Pigment, das in kleineren und grösseren Krümeln abgelagert ist. Gewöhnlich ist das Pigment, wie schon Clapar&de bei seiner Acanthometra echinoides erkannte, am reichlichsten im Umkreis des Stachelkreuzes (Taf. I, Fig. 7) und bildet hier eine trübe undurchsichtige Lage, aus der das Skelet nur undeutlich hervorleuchtet; es kann aber auch die Centralkapsel ganz gleichmässig von ihm durchsetzt und dann völlig undurchsichtig sein. Weniger verbreitet als die Pigmentkörnchen sind Oelkugeln, rundliche, in Osmiumsäure stark sich schwärzende Körper von sehr verschiedener Grösse, die im frischen Zustande gefärbt sein können, niemals aber, wie Joh. Müller annahm, den Formwerth von Zellen besitzen. Unter den Protoplasmaeinschlüssen sind für die Acanthometriden am meisten charakteristisch die gelben Pigmentkörper, welche gleich den ersten Beobachtern der Acanthometren, Müller und Claparede, aufgefallen sind. Beide Forscher nennen sie gelbe Zellen und geben an, dass sie in der Körpersubstanz (der Centralkapsel) selbst eingeschlossen sind und sich in Salzsäure grün färben. Bei A. echinoides sollen sie aus einer dieken Rindenschicht und einem centralen Hohlraum bestehen. Diesen Mittheilungen fügte später Haeckel noch weiter hinzu, dass die gelben, rothen und braunen Zellen „Bläschen sind mit einer deutlichen Membran, Kern und Kernkörperchen. Häufig sehe man darunter Theilungsformen, abgeschnürte Inhaltsportionen in einer Mutterzelle mit zwei Kernen, ganz wie bei den extracapsulären gelben Zellen“; „die verschieden gefärbten Pigmentzellen seien übrigens durch so zahlreiche Zwischenformen mit gleichartig gefärbten Pigmenttheilchen, die blos den Werth von Körnern und Bläschen haben, verbunden, dass es in vielen Fällen sehr schwer halte, die Grenze zu bestimmen, und von conereten Elementen zu sagen, ob man eine Zelle, ein Körnchen oder Bläschen vor sich habe.“ Nach meinen Beobachtungen sind nur die gelben Pigmentkörper Zellen. Dieselben sind kreisrund oder oval oder abgeplattet und häufig z. B. bei Acanthometra elastica (Taf. I, Fig. 2 b), Amphilonche belonoides (Taf. I, Fig. 3) und Acanthostaurus purpurascens (Taf. I, Fig. 8) so scharf begrenzt, dass dadurch die Existenz einer besonderen Membran, welche bei Acanthometra Claparedei (Taf. I, Fig. 5a) zu fehlen scheint, wahrscheinlich gemacht wird. Die gelbe Farbe ist zum Theil durch die Färbung des Protoplasma bedingt, der Hauptsache nach ist sie aber an rundliche oder stäbchen- förmige Körnchen geknüpft, die entweder das ganze Innere der Zelle erfüllen oder sich nur in Form der schon von Clapar&de beobachteten Rindenschicht vorfinden. Im letzteren Falle bleibt ein cen- traler Raum übrig und in diesem tritt bei Carminosmiumbehandlung ein Kern hervor, der noch mit einem Nucleolus versehen ist. Bei allseitiger Verbreitung der Pigmentkörnehen ist der Kern von diesen unmittelbar umschlossen. Zwei Kerne in einer Zelle habe ich nie vorgefunden, ebenso wenig Theilungszustände. Die Grösse ist bei den verschiedenen Arten, ja sogar bei den Individuen der- selben Art sehr verschieden. Sie beträgt bei A. elastica 10x, bei A. Claparedei dagegen 20—30 u, wobei die Kerndurchmesser das eine Mal sich auf 4%, das andere Mal auf 5—8 u. belaufen. Eigenthümliche Verhältnisse beobachtete ich einige Male bei Amphilonehe belonoides und Acanthostaurus purpurascens. Hier klebte manchen gelben Pigmentzellen noch äusserlich ein zweiter 1. Die Familie der Acanthometriden. 141 Kern an (Taf. I, Fig. 3 und 8). Derselbe ragte bald wie ein Höcker hervor, bald schmiegte er sich halbmondförmig der Oberfläche dicht an; von seinen Enden aus erstreckte sich eine dünne membran- artige Schicht um den Pigmentkörper herum, so dass es aussah, als hätte sich rings um die Pigment- zelle herum eine zweite Zelle als Membran differenzirt. Nicht bei allen Arten habe ich in dem Haufen gelben Pigments einen Kern nachweisen können, namentlich ist mir seine Existenz bei einigen später zu besprechenden einkernigen Jugendformen, wie eine solche in Figur 1, Tafel II abgebildet ist, sehr zweifelhaft. Dass wir es hier mit kernlosen Pig- mentanhäufungen zu thun haben, ist mir um so wahrscheinlicher, als ohnehin isolirte gelbe Körnchen zerstreut in der Sarkode der Acanthometriden vorkommen und es daher ganz wohl möglich wäre, dass solche ursprünglich zerstreute Pigmentkörnehen sich das eine Mal im Umkreis eines Kerns zur Bildung einer ächten Pigmentzelle, das andere Mal sich ohne einen solchen Mittelpunkt angehäuft haben. Als Entwieklungsformen der gelben Pigmentzellen deute ich Kerne mit einem Protoplasmahof, in dem ein oder mehrere Pigmentkörnchen eingestreut sind; sie fanden sich bei Acanthometra Cla- paredei (Taf. I, Fig. 5 a). Die von Kernen, Sarkode und sonstigen Sarcodeeinschlüssen gebildete Inhaltsmasse füllt den Binnenraum der Centralkapsel meist völlig aus; selten finden sich in ihr Vacuolen oder gar ansehnliche Flüssigkeitsansammlungen wie bei Acanthometra elastica. Bei diesem sehr zierlichen Radiolar (Taf. I, Fig. 2 u. 2a) ist die Centralkapsel zum grössten Theil von einer wasserklaren Flüssigkeit eingenom- men, die bei der Behandlung mit Reagentien weder gerinnt, noch sich färbt. Das Protoplasma ist in verhältnissmässig geringen Mengen vorhanden; zum grössten Theil liegt es dicht unter der Kapsel- membran im Umkreis der Stacheln und bildet hier kleine Anhäufungen, die durch dünne guirlanden- artig angeordnete Sarkodestränge unter einander in Verbindung treten. In dem auf diese Weise entstehenden zarten Netzwerk liegen die Kerne und gelben Zellen eingestreut, namentlich in den Knotenpunkten des Netzes in der Umgebung der Stachelradien. In das Innere der Centralkapsel dringen nur feine Protoplasmafäden ein, die mit Vorliebe den Stacheln folgen, in ihrem Verlauf unter einander anastomosiren und im Mittelpunkt des Körpers sich zu einer kleinen, das Stachelkreuz um- hüllenden Anhäufung vereinen. In Folge dieser seiner Beschaffenheit ist der Kapselinhalt der A. elastica durchsichtig wie bei keinem anderen Radiolar und demgemäss für das Studium mancher Verhältnisse aussergewöhnlich günstig. So kann man in schönster Weise die Protoplasmaströmung, die hier eine ziemlich lebhafte ist, am unversehrten Thier verfolgen und sehen, dass die Körnchen, wenn sie auch meist im Innern der Kapselmembran und der Oberfläche derselben parallel verlaufen, so doch ab und zu durch dieselbe hindurchtreten und in die extracapsuläre Sarkode gelangen. Desgleichen lässt sich deutlich erkennen, dass die Axenfäden der Pseudopodien, auf die wir später noch einmal zurück- kommen werden, in die Centralkapsel eindringen und im Mittelpunkt derselben enden. b. Der extracapsuläre Weichkörper. Im Bau des extracapsulären Weichkörpers unterscheiden sich die Acanthometriden von allen übrigen Radiolarien sehr wesentlich. Zwar finden sich hier dieselben Bestandtheile wieder, wie auch sonst, nämlich die Gallerte, die extracapsuläre Sarkode und die Pseudopodien; aber diese Theile lassen mancherlei Besonderheiten erkennen, sei es in ihrer Beschaffenheit, sei es in ihrer Anordnung; ausserdem gesellen sich zu ihnen noch eigenthümliche Structurelemente, die sogenannten „Gallert- eilien“, die in ihrem Vorkommen auf die Familie der Acanthometriden beschränkt sind. Die Gallerte ist, wenn auch bei den einzelnen Arten verschieden stark, überall so reichlich 142 Analytischer Theil. a entwiekelt, dass sie bei aufmerksamer Beobachtung nicht übersehen werden kann. Sie wurde schon von Claparede mit Recht als eine besondere Schicht nach aussen von der Kapselmembran geschil- dert. während Joh. Müller sie für eine Haut hielt und zwar für die einzige Haut, welehe die Central- kapsel umschliesst. Haeckel erblickte in ihr ein postmortales Product, welches aus einer eigenthüm- lichen Verquellung der extracapsulären Sarkode entstehen soll, wie er dies auch bei den übrigen Radiolarienfamilien annahm, gab aber übrigens eine im Einzelnen vollkommen richtige Darstellung von ihrer Verbreitungsweise. Durch Schöpfen von Meerwasser habe ich häufig Gelegenheit gehabt, lebensfrische Acantho- metriden mit reichlich entfalteten Pseudopodien zu beobachten und mich dabei zu überzeugen, dass die Gallerte schon beim lebenden Thier vorhanden ist. Sie ist zwar dann vollkommen wasserklar und durchsichtig, so dass man ihre Begrenzung nur an den auf ihrer Oberfläche sich ausbreitenden Sarkode- netzen erkennen kann, besitzt aber schon die zuerst von Joh. Müller und später von Haeckel ge- nauer beschriebene Anordnung. Gewöhnlich erhebt sie sich im Umkreis eines jeden Stachels zu einem umhüllenden Fortsatz, der Stachelscheide, welche den Stachel mehr oder minder weit bekleidet und häufig an ihrem Ende nabelförmig eingezogen ist. Die Scheiden sind am schönsten zu sehen bei Xiphacantha serrata (Taf. Il, Fig. 4), bei welcher sie fast bis zur Spitze der Stacheln reichen, wenig ausgebildet dagegen sind sie bei der Acanthometra elastica, wo sie nur wenig über das gewöhnliche Niveau der Gallerte hervorragen (Taf. I, Fig. 2). Ihre Länge scheint übrigens, wie schon J. Müller vermuthete, bei derselben Art zu wechseln, was ich mit den Contractionszuständen der weiter unten zu beschreibenden „Gallerteilien“ in Zusammenhang bringe. Vielfach können die Scheiden so gut wie ganz fehlen, einmal bei Arten, bei denen nur eine geringe Menge von Gallerte die Centralkapsel in Form einer dünnen Schicht umgiebt, dann aber auch bei Arten, die sich durch eine aussergewöhnliche Gallertmasse auszeichnen. So ist z. B. die Centralkapsel von Acanthochiasma rubescens von einer Gallertschicht umhüllt, die fast eine Kugelform besitzt, indem sie die Zwischenräume zwischen den Stacheln vollkommen ausfüllt und überall nahezu bis an das Niveau der Stachelspitzen heranreicht. Die extracapsuläre Sarkode der Acanthometriden ist weniger reichlich als bei den meisten übrigen Radiolarien. Der in der nächsten Umgebung der Centralkapsel befindliche Theil, Haeckel’s „Pseudopodienmutterboden“, ist stets eine nur unbedeutende, dünne Schicht, die der Oberfläche der Centralkapsel gewöhnlich nicht direet aufliegt, sondern meist von ihr durch einen kleinen Zwischen- raum getrennt wird. Von dem Pseudopodienmutterboden zieht sich das Protoplasma den Stacheln entlang, indem es dieselben scheidenartig umhüllt; ferner verbreiten sich Protoplasmafäden in Form von Netzen durch die Gallerte und erzeugen auf ihrer Oberfläche ein zartes Maschenwerk. Ein der- ariges Protoplasmanetz wurde von Haeckel schon beim Acanthostaurus purpurascens, bei dem es wegen der in ihm enthaltenen Pigmentkörnchen besonders deutlich ist, beschrieben und abgebildet, ist aber bei allen Acanthometriden vorhanden. Die Körnchen der extracapsulären Sarkode sind in mehr oder minder lebhafter Bewegung begriffen, wobei es vorkommt, dass sie in den Centralkapselinhalt, die Membran passirend, übertreten, während umgekehrt auch Körnchen der Centralkapsel zu extracapsu- lären werden können. Wie schon oben erwähnt wurde, lässt sich dies namentlich bei der Acantho- metra elastica schön verfolgen. Von dem soeben geschilderten Protoplasmanetz sind feine Fäden zu unterscheiden, die sich auf der Oberfläche der Gallerte von Xiphacantha serrata und Acanthochiasma rubeseens verbreiten. Bei Xiphacantha (Taf. IT, Fig. 4) sind sie scharf contourirt und stets paarweis vereint; die einzelnen Paare verlaufen in regelmässigen Abständen von einander von der Spitze nach der Basis der Gallertscheiden 1. Die Familie der Acanthometriden. 143 und divergiren hierbei, indem die Abstände nach abwärts wegen der zunehmenden Dicke der Gallert- scheiden grösser werden. (In der Figur 4 auf Tafel II ist jedes Paar immer nur durch eine einfache Linie angedeutet.) Die Fäden zweier benachbarter Scheiden stossen in einer Linie auf einander, die den Zwischenraum zwischen den zugehörigen Stacheln halbirt. Indem diese Verhältnisse sich überall wiederholen, entsteht auf der Gallerte ein System zusammenhängender Linien, welches die Oberfläche in soviel polygonale Figuren eintheilt, als Stacheln vorhanden sind. Jeder Stachel bezeichnet den Mittel- punkt eines Polygons. Die Linien sind für uns deshalb von Bedeutung, weil sie die Ursprungsstellen der sogleich näher zu besprechenden Pseudopodien bestimmen. Bei Acanthochiasma (Taf. I, Fig. 1) besitzt die Gallerte, wie erwähnt, die Gestalt einer Kugel, deren Oberfläche nur wenig, entsprechend den Spitzen der Stacheln, hervorgewölbt ist. Hier finden sich im Gegensatz zu Xiphacantha die zarten Fäden in der Mitte zwischen zwei Stacheln und be- schreiben um dieselben polygonale Figuren von gleicher Form, wie sie, wenn auch in anderer Weise bedingt, bei jener vorkommen. Stets verläuft eine grössere Anzahl Fäden parallel und dicht bei einander in Form eines sehr zart längsgestreiften Bandes, das grosse Aehnlichkeit besitzt mit den marklosen Nervenfasern der Wirbelthiere, bei denen durch Osmiumbehandlung die hibrilläre Structur deutlich geworden ist. Weder bei Xiphacantha noch bei Acanthochiasma hängen die Fäden mit den Sarkodenetzen der Gallertoberfläche zusammen und sind daher wohl auch nicht protoplasmatischer Natur; dies bestimmt mich, sie für Stützapparate der Gallerte zu halten, die aus einer Differenzirung des Protoplasma hervorgegangen sind. Ob ähnliche Bildungen auch bei andern Acanthometriden auf- treten, lasse ich dahingestellt. Die Pseudopodien der Acanthometriden sind meist spärlicher als bei irgend einer anderen radiolarienabtheilung; nur bei wenigen Arten sind sie in grosser Anzahl vorhanden und bilden dann einen Wald von Fäden (Taf. II, Fig. 4). Man kann unter ihnen zweierlei Arten unterscheiden: 1) Pseudopodien, die allein aus dem extracapsulären Sarkodenetz entspringen, und 2) solche, die sich in das Innere der Centralkapsel verfolgen lassen. Die Pseudopodien der ersten Art sind feine, Körnehen führende Fäden, die regellos auf der Körperoberfläche vertheilt sind und keine bestimmte Richtung einhalten (Taf. I, Fig. 2a). Bald treten sie aus der Gallerte hervor, bald aus der Sarkode, welche die Stacheln umhüllt; in letzterem Falle können sie die Stachelspitze überragen und den Eindruck erwecken, als tauchten sie aus einem im Innern der Stacheln befindlichen Centralkanal auf. Diese irrige Auffassung wurde von Claparede und Joh. Müller vertreten, mit Recht aber von Haeckel dahin verbessert, dass die Fäden aus einer oberflächlich gelegenen Protoplasmaschicht hervorgehen. Die mit dem Centralkapselinhalt in Zusammenhang stehenden Pseudopodien halten eine streng radiale Richtung ein und zeichnen sich durch die grosse Regelmässigkeit ihrer Anordnung aus. Im Allgemeinen verlaufen sie in möglichst grosser Entfernung von den Stacheln. Bei den meisten Acanthometren steht jedesmal ein Pseudopodium in der Mitte zwischen zwei benachbarten Stacheln, wie es z. B. Figur 2 u. 2a auf Tafel I von der Acanthometra elastica zeigt; es verursacht hier eine Einschnürung oder umgekehrt eine kleine Hervorwölbung der Gallerte, beides Eigenthümlichkeiten, die auch bei den Stacheln wiederkehren. Bei Acanthochiasma (Taf. I, Fig. 1) durchbohrt, wie leicht ver- ständlich, das Pseudopodium das feinstreifige Band, welches die Gallerte stützt und ebenfalls an der entsprechenden Stelle eingefaltet ist. Bei anderen Acanthometriden sind die Pseudopodien zahlreicher; bei Niphacantha z. B. umgeben 50—60 jeden Stachel in Form eines Kranzes (Taf. II, Fig. 4); sie treten hier aus der Gallerte überall 144 Analytischer Theil. an den Stellen hervor, wo die Stützfäden zweier benachbarter Stachelscheiden auf einander stossen; demgemäss stehen sie in Reihen, welche sich zu polygonalen Figuren im Umkreis der Stacheln ver- einen, und bedingen durch diese regelmässige Anordnung ein ausserordentlich zierliches Bild. Die an der Gesetzmässigkeit ihrer Stellung leicht erkenntlichen Pseudopodien der zweiten Art sind noch weiterhin dadurch charakterisirt, dass sie denselben feineren Bau wie die Pseudopodien der Heliozoen besitzen; wie diese werden sie von besonderen Axenfäden gestützt, die in das Innere des Weichkörpers eindringen und auf ihrer Oberfläche von einer Schicht feinkörnigen Protoplasma’s bedeckt sind. Stellenweise häufen sich die Körnchen zu kleinen spindeligen Anschwellungen an, die den Varieositäten von Nervenfasern mit Recht verglichen wurden. Am schönsten habe ich die Beschaffen- heit des ausserhalb des Weichkörpers gelegenen Abschnitts der Pseudopodien bei einer Xiphacantha beobachten können (Taf. III, Fig. 11). Nach der Behandlung mit Osmiumsäure hob sich hier die Rindenschicht auf grössere oder kleinere Strecken von dem Axenfaden ab und bildete um ihn eine Art von Scheide, oder sie schmolz zu Tropfen zusammen, die vom Axenfaden durchbohrt wurden. Der im Weichkörper verlaufende Theil des Pseudopodium ist am deutlichsten bei der durch- sichtigen Acanthometra elastica zu sehen. Das Pseudopodium kann bei dieser Radiolarie (Taf. I, Fig. 2a) geraden Wegs durch die Gallerte und die Kapselmembran hindurch bis zur Vereinigungsstelle der Stacheln verfolgt werden; hier verschwindet es in einem Haufen feiner Körnehen, welcher die Stachelenden einhüllt. In diesem ganzen Verlauf ist der Axenfaden von feinkörnigem Protoplasma umhüllt, welches innerhalb der Centralkapsel mit den intracapsulären Sarkodesträngen durch dünne Fäden zusammenhängt, ausserhalb der Centralkapsel sich in gleicher Weise mit dem Sarkodenetz der Gallerte verbindet. Auf das Eindringen der Pseudopodien in den Inhalt der Centralkapsel waren schon Clapa- rede und Joh. Müller aufmerksam geworden. Die Angaben dieser Forscher veranlassten später Greeff!) zur Vermuthung, dass bei den Acanthometren die Pseudopodien durch Axenfäden gestützt sein möchten, wie bei den Heliozoen. Greeff’s Vermuthung, gegen deren Berechtigung ich selbst mich in einer früheren Arbeit ausgesprochen habe, hat durch die mitgetheilten Beobachtungen ihre Bestätigung erhalten. Mit den Pseudopodien wurden von Joh. Müller und Haeckel eigenthümliche Organe der Acanthometriden, die sogenannten „Gallerteilien“, in genetischen Zusammenhang gebracht. Nach Müller’s und Haeckel’s Angaben wären dieselben nichts anderes als die Stümpfe der zurück- gezogenen verdickten Pseudopodien, die in einem einzeiligen Kranz um jeden Stachel auf dem Ende der Stachelscheiden ständen und nach dem Tode leicht abfielen. Haeckel zählte sie bei verschie- denen Arten und kam dabei zum Schluss, dass sie in der Zahl 5 oder in Multiplen von 5 entwickelt seien. Ihrer chemischen Constitution nach hält er sie für identisch mit der Gallerte, die ja auch aus Verquellung der Sarkode hervorgehen soll, und zeichnet sie dem entsprechend auch überall als directe Fortsetzungen derselben; zugleich aber giebt er noch einer anderen Erklärungsweise Raum, dass „nämlich die Gallerteilien von den übrigen Pseudopodien verschieden und eigenthümliche differenzirte Sarkodetheilchen, Organe von bestimmter Bedeutung seien.“ Nach den sowohl an lebenden als an abgetödteten Thieren von mir erhaltenen Resultaten stehen die Gallerteilien oder wie wir sie im Folgenden besser bezeichnen werden, „die contraetilen Fäden“ der Acanthometriden (Taf. I, Fig. 2, 2a, 7, 9f; Taf. II, Fig. 4f) mit den Pseudopodien in keinerlei 1) R. Greeff: Ueber die Actinophryen als ächte Radiolarien zur Familie der Acanthometriden gehörig. Sitzungsber. der Niederrh. Gesellschaft. Januar 1871. 1. Die Familie der Acanthometriden. 145 Zusammenhang, sondern sind Bildungen eigener Art. Dies geht schon aus ihrer Stellung hervor. Während die Pseudopodien von den Stacheln weit entfernt sind, liegen die contractilen Fäden un- mittelbar um die Stacheln herum, entweder auf dem Ende der Gallertscheiden oder da, wo diese etwas eingezogen sind, am Grunde der durch die Einziehung entstandenen Vertiefung. Im letzteren Falle sind sie von der Gallerte ganz umhüllt, ohne mit ihr in irgend welchem innigeren Zusammenhang zu stehen, ebenso setzen sie sich überall scharf von den extracapsulären Sarkodenetzen ab. Ihre Zahl scheint für die einzelnen Arten typisch zu sein, ist aber im Uebrigen sehr variabel; bei Xiphacantha, bei welcher sie unter allen beobachteten Acanthometriden am grössten ist, mag sie ungefähr 80 be- tragen, während umgekehrt bei Acanthometra serrata nur ihrer 6 vorhanden sind. Das letztgenannte Beispiel zeigt zugleich, dass die Zahl durch kein besonderes Gesetz geregelt ist, wie Haeckel ver- muthete. Die Länge der Fäden ist im Allgemeinen um so geringer, je grösser die Zahl ist; sie wurde bei Xiphacantha auf 6x, bei Acanthometra serrata auf 70 x. und darüber bestimmt, wobei die Maasse vom lebenden Thier und im ausgedehnten Zustand genommen wurden. Bei völlig normalen und durch keinerlei Insulte gereizten Individuen sind die contractilen Fäden scharf begrenzte homogene Gebilde, deren Dicke im Vergleich zu der beträchtlichen Länge sehr un- bedeutend ist (Taf. I, Fig. 4a). Am einen Ende breiter und häufig sogar etwas knötchenarlig an- geschwollen laufen sie nach dem anderen Ende in eine feine Spitze aus; mit der breiteren Basis sitzen sie auf der Gallerte fest, mit der Spitze dagegen legen sie sich in einiger Entfernung nach aussen an die Oberfläche des Stachels an. Die einzelnen Fäden verlaufen einander parallel und ordnen sich in einem einzeiligen Kranz an; gemeinsam bilden sie einen Kegelmantel oder ein rundes Dach, dessen Basis auf der Gallerte ruht, dessen Spitze vom Stachel durchbohrt wird. Wenn nun die Acanthometride durch Klopfen auf das Deckgläschen beunruhigt wird, so schlängeln sich die Fäden und vollführen wurmartige Bewegungen (Taf. I, Fig. 7); zugleich verkürzen sie sich .etwas, wobei das am Stachel gelegene Ende als punctum fixum wirkt, während die Gallerte angezogen wird. Lässt die Beunruhigung nicht nach oder war sie sehr intensiv, so wird die Verkür- zung so stark, dass die langen dünnen Fäden zu kurzen und dicken Cylindern werden, deren peri- pheres Ende auf der nach dem Stachel zugewandten Seite schräg abgestutzt ist (Taf. I, Fig. 2a und Fig. 4b). Bei Acanthometra serrata z. B. schrumpfen die 70 x langen, unmessbar dünnen Fäden zu 20 u langen und 3 dicken Stümpfen zusammen. Dieselben sitzen nach wie vor an der Gallerte fest, haben dagegen ihre Verbindung mit dem Stachel aufgegeben; es entstehen so die Kränze der Gallert- cilien, wie sie Haeckel und Joh. Müller abbilden und bei denen die Beziehungen zu den Stacheln nicht mehr erkannt werden können. Nach einiger Zeit der Ruhe dehnen sich die contractilen Fäden von Neuem aus und nehmen ihre ursprüngliche Anordnung wieder ein. Die bei Beunruhigung allmählig sich vollziehende Contraction erfolgt urplötzlich und momentan, sowie man eine intacte Acanthometride mit Osmiumsäure abtödtet. Es prägt sich hier ein wichtiger Unterschied im Wesen der Contraction zwischen den contractilen Fäden und den Pseudopodien aus. Letztere vermögen sich nur langsam zu verkürzen, sie können daher durch schnellen Zufluss von Osmiumsäure überrascht und im ausgedehnten Zustand dauernd fixirt werden. Bei den contractilen Fäden war mir dies nicht möglich, da die Contraction wie die Zuckung eines Muskels zu schnell erfolgt. Die mit Osmiumsäure behandelten Fäden werden stark lichtbrechend und nehmen scharfe Con- touren an, in Carmin färben sie sich rosenroth ähnlich der Kernsubstanz, wenn auch nicht so intensiv wie diese. Jen. Denkschriften II. 3. 19 146 Anatylischer Theil. Unter der Einwirkung störender Einflüsse, zu denen beim Fangen mit dem Müller’schen Netz oder bei der Uebertragung des Mulders auf den Objeetträger die mannigfachste Gelegenheit gegeben ist, können die eontractilen Fäden Lageveränderungen erleiden. Ihre Enden können von den Stacheln losgelöst werden, so dass sie dann, wie es Joh. Müller auf verschiedenen Figuren zeichnet, frei in das Wasser hervorragen; sie können sogar ganz verlagert werden und zerstreut auf der Oberfläche der Gallerte als gewundene Fäden erscheinen. In dieser Weise erkläre ich mir das Bild und die Be- schreibung, welche Haeckel von der Gallerte der Acanthometra fragilis giebt. Bei derselben soll „innerhalb der Gallertschieht um jeden Stachel ein dichtes Knäuel von mehreren vielfach ver- sehlungenen glashellen, scharf doppelt eontourirten Fäden von 0,001 mm Breite liegen; diese seltsam verschlungenen und verwickelten langen Fäden in der Sarkodegallerte sollen vielleicht die Cilienkränze der anderen Arten vertreten, in Chromsäure aufbewahrt unversehrt sichtbar bleiben.“ Bei Acanthochiasma rubescens fehlen die contractilen Fäden und sind durch eine con- tractile Membran ersetzt, welche sich in einiger Entfernung von der Stachelspitze rings von Gal- lerte umschlossen findet (Taf. Il, Fig. 7b). Die Membran wird vom Stachel durchbohrt und schmiegt sich im Ruhezustand demselben in der Weise an, dass ihre durchbohrte Mitte nach der Stachelspitze, ihr freier Rand dagegen nach der Centralkapsel gewandt ist; sie legt sich dabei in zahlreiche Längs- falten; bei der Contraelion verkürzt und verdickt sie sich; es hebt sich dabei der dem Stachel ur- sprünglich dicht anliegende freie Rand etwas von demselben ab, wie es aus Figur 7a deutlich wird. Nunmehr hängt die Membran nur noch an der Durehbohrungsstelle fest am Stachel und bleibt auch mit demselben in Verbindung, wenn man die Acanthometride unter dem Deckgläschen zerquetscht. In Osmiumearmin färbt sich die Membran ebenfalls rasch roth. Die besprochenen eontractilen Apparate sind in histologischer Hinsicht sehr interessante Bildungen. In erster Linie muss von ihnen hervorgehoben werden, dass sie nicht mehr aus Proto- plasma bestehen, sondern aus einem Differenzirungsproduct desselben, aus einer Substanz, die in ihren Eigenschaften der contractilen Substanz der Muskeln am nächsten kommt. Wie Muskelfibrillen ver- kürzen sich die Fäden bei der Contraetion unter gleichzeitiger Zunahme ihres Querschnitts, ohne dass dabei, wie bei dem nur zu amoeboiden Bewegungen befähigten Protoplasma, eine optisch sichtbare Umlagerung der Theilchen stattfindet; wie bei den Muskelfibrillen sind die Contractionen rascher und energischer als beim Protoplasma, wie Muskelfibrillen endlich grenzen sie sich scharf und ohne all- mählichen Uebergang gegen das Protoplasma ab. Die contractilen Fäden resp. Membranen schliessen sich somit den histologischen Differenzirungen einzelliger Organismen an, wie solche namentlich bei den Infusorien im Stielmuskel und den Muskelfibrillen der Vorticellen gegeben sind. Morphologisch unterscheiden sich die Fäden von den ihnen ähnlich sehenden Pseudopodien noch dadurch, dass sie keine vorübergehenden Bildungen sind, welche wie diese eingezogen und neu erzeugt werden können, sondern dass sie bleibend und „in gesetzmässig festgestellter Zahl, Grösse und Lage“ vorhanden sind und somit schon den Charakter bestimmter Organe besitzen. Mit Recht legt Haeckel auf diesen Punkt Gewicht, obwohl er bei seiner Auffassung der „Gallerteilien“ als um- gewandelter Pseudopodien ihn noch nicht in seiner vollen Bedeutung würdigen konnte. Was nun weiter die physiologische Leistung, welche die contractilen Fäden im Organis- mus der Acanthometriden zu erfüllen haben, anlangt, so kann ich hier nur Vermuthungen äussern. Am wahrscheinlichsten ist die Annahme, dass sie Apparate für die Befestigung und Bewegung der Gallerte sind. Denn von den beiden Punkten, zwischen denen sie sich ausspannen, ist der am Stachel gelegene 1. Die Fumilie der Acanthometriden. 147 zweifellos das puncetum fixum, da die Stacheln selbst bei ihrer innigen centralen Verbindung entweder ganz unbeweglich sind oder nur so weit bewegt werden können, als es ihre Elastieität erlaubt. Auch habe ich thatsächlich bei der Acanthometra elastica beobachtet, dass langsame Contractionen der Fäden die Stachelscheiden verlängern. Nach dieser Annahme würden die eontraetilen Fäden die Organe sein, welche sogar überhaupt die Bildung der Stachelscheiden erst veranlasst haben, indem sie die anfänglich kugelige Gallertmasse den Stacheln entsprechend ausgezogen haben. Hiermit stimmt denn auch die Verbreitungsweise der Stachelscheiden überein, die überall nur da auftreten, wo contractile Fäden gleichzeitig vorhanden sind. Zugleieh ist in diesem Verhältniss auch der Grund gegeben, weshalb ich an einer frühern Stelle das von Haeckel behauptete Vorkommen von Stachelscheiden beim Mangel der Stacheln für unwahr- scheinlich erklärte, denn die eontractilen Fäden können nur dann auf die Gallerte einen Einfluss aus- üben, wenn sie einen festen Stützpunkt an den Stacheln besitzen; ohne die Stacheln müssen sie wir- kungslos sein, wie Muskeln mit durchschnittenen Sehnen. Der Zweck der Gestaltveränderungen, welche die Gallerte unter der Einwirkung der contractilen Fäden erleidet, scheint mir darin gesucht werden zu müssen, dass sie einen Einfluss auf das Auf- und Absteigen der Acanthometriden im Wasser besitzen. Ich halte dies deshalb für wahrscheinlich, weil alle diese Bewegungen durch äussere Reize bedingt werden und weil die contractilen Fäden diejenigen Theile im Organismus sind, welche sich äusseren Reizen gegenüber am empfindlichsten verhalten. Bestimmtere Anschauungen über diesen Punkt auszusprechen halte ich für unzweckmässig, da sie sich zur Zeit doch nicht sicher begründen lassen. Zunächst müssen genaue Beobachtungen der Lebens- verhältnisse und Lebenserscheinungen der Acanthometriden uns belehren, wodurch die schwimmenden Bewegungen der Organismen bedingt sind, bevor wir den Einfluss bemessen können, den die con- tractilen Apparate auf sie ausüben. 2. Der Bau der Jugendformen der Acanthometriden. Unter den grossen Mengen völlig ausgebildeter Acanthometriden, deren Centralkapsel von zahl- reichen kleinen runden Kernen mehr oder minder erfüllt war, traf ich ab und zu jugendliche Thiere mit nur einem einzigen Kerne an. Dies veranlasste mich, mein Augenmerk auch den Entwicklungs- zuständen zuzuwenden und zu versuchen, ob es nicht möglich sei, die Art und Weise, in welcher die jungen Acanthometriden zu vielkernigen Thieren heranwachsen, durch Auffinden einer annähernd voll- ständigen Reihe von Zwischenformen festzustellen. Die Entscheidung dieser Frage hat mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die grösste der- selben ist dadurch gegeben, dass die Zahl der jungen Thiere im Verhältniss zu den ausgebildeten wenigstens während des Winters eine ganz verschwindend kleine ist. Dazu kommt, dass fast alle undurchsichtig sind, dass man daher zur Anwendung von Reagentien seine Zuflucht nehmen muss, um die so wichtigen Kernveränderungen genauer verfolgen zu können. Eine zusammenhängende Untersuchung ist hierdurch unmöglich gemacht und der Beobachter ist darauf angewiesen, sich durch Combination der einzelnen Stadien ein Bild von dem Entwieklungsgang zu construiren. Dies sind die Gründe, weshalb die Angaben, die ich im Folgenden über die Entwieklung der einkernigen Acanthometriden zu vielkernigen machen kann, lückenhaft geblieben sind, trotzdem ich das sehr reichliche Material, das ich in Osmium-Carmin conservirt mitgenommen hatte, von dem betonten Gesichtspunkt aus vollkommen untersucht habe. Bei der Darstellung werde ich zunächst die wich- 19% 148 Analytischer Theil. tigsten Beobachtungen mittheilen und dann versuchen, aus denselben eine einheitliche Auffassung zu gewinnen. Bei allen jungen Exemplaren war das Skelet schon völlig angelegt, so dass man die Art genau bestimmen konnte, sofern nicht die Stacheln sei es abgebrochen, sei es durch Osmiumsäure zu stark angefressen waren. Die Centralkapsel war vielfach von einer besonderen Membran umgeben, deren Existenz ich übrigens auch für die Fälle, in denen ich sie nicht dureh Beobachtung nachweisen konnte, nieht in Abrede stellen möchte, weil sie an todten in Glycerin liegenden Thieren leicht übersehen werden kann. Eine Gallertumhüllung und eontractile Fäden oder Gallerteilien habe ich mehrfach auf- gefunden (Taf. I, Fig. 9) und halte ich sie daher ebenfalls für Theile, die sehr früh zur Entwicklung kommen. Gelbe Pigmentkörper sind seltener vorhanden und sind dann einfache Anhäufungen gelber Körnchen, die noch keinen Kern besitzen (Taf. II, Fig. 1). Der Nucleus zeigt eine sehr wechselnde Beschaffenheit. Bei vielen Exemplaren, die ich für die jüngeren halte, ist er relativ klein, indem sein Durchmesser ungefähr !|, so gross ist als der Durch- messer der Centralkapsel; bei anderen wiederum — den älteren Thieren — hat er an Dimension zu- genommen; ja es kommt vor, dass die Centralkapsel zur Hälfte von Protoplasma, zur anderen Hälfte von dem ganz ausserordentlich grossen Kern erfüllt wird (Taf. I, Fig. 9; Taf. II, Fig. 5 u. 6). Die kleineren Kerne haben eine kreisförmige oder ovale Gestalt und sind Bläschen, die von einer feinen Membran umhüllt werden (Taf. II, Fig. 1 u. 2). Auf der Innenseite der Kernmembran lagert eine dieke Lage von Kernsubstanz, die Kernrindenschicht, welche besonders an den beiden Enden ovaler Kerne sehr ansehnlieh ist. Das Centrum des Kerns wird von einem grossen Nucleolus ein- genommen, neben dem sich fast stets noch einige kleinere, ebenfalls aus Kernsubstanz bestehende Körnchen vorfinden. Die geschilderte Kernform habe ich nicht allen nach Carminosmiumbehandlung, sondern auch einmal bei einer jungen Amphilonche belonoides im frischen Zustand wahrgenommen; sie repräsentirt uns so recht den Typus eines hochdifferenzirten bläschenförmigen Kerns, wie er bei den Heliozoen, den Süsswassermonothalamien und Amoebinen weit verbreitet ist. Neben Acanthometriden mit einem bläschenförmigen Nucleus kommen Thiere vor, bei denen der Kern mehr den Eindruck eines soliden Körpers macht. Hier ist dann der ganze von der Kern- membran umsehlossene Binnenraum von einer gleichförmigen Substanz erfüllt, und in derselben liegen 2, 3 oder 4 Kernkörperchen, welche nichts anderes sind als Verdichtungen der Inhaltsmasse. Da die geschilderten soliden Kerne durchschnittlich kleiner sind als die bläschenförmigen, so stehe ich nieht an, sie für die Vorläufer der letzteren zu halten. Sowie der Kern eine bedeutendere Grösse erreicht, kann er seine ursprüngliche runde Gestalt nicht beibehalten, da er durch die Stacheln in seiner Ausdehnung nach den verschiedensten Richtungen hin behindert ist; er wird so genöthigt, in Lappen auszuwachsen, die sich zwischen den Stacheln hindurchschieben und dieselben umgeben (Taf. I, Fig. 9 u. Taf. II, Fig. 5 u. 6). In seinem feineren Bau sind ebenfalls Umänderungen vor sich gegangen, von denen ich die wichtigsten hier in der Reihenfolge, in der sie sich nach meiner Ansicht auch in der Natur an einander anschliessen, ge- nauer beschreiben werde. An den Anfang stelle ich eine sehr eigenthümliche Kernform, die ich im Ganzen viermal, zwei- mal bei dem Acanthostaurus purpurascens und je einmal bei der Acanthometra serrata und A. Clapa- redei, aufgefunden habe. Hier ist der Kern ein ausserordentlich grosses, etwas abgeplattetes Bläschen, dessen eine an die Kapselmembran stossende Seite eine halbkugelig gewölbte Oberfläche besitzt, wäh- rend die andere, die bis zum Stachelkreuz vordringt, mehr oder minder tief gelappt und von den 1. Die Familie der Acanthometriden. 149 Stacheln vielfach eingeschnürt ist (Taf. II, Fig. 10a). Nach aussen wird das Bläschen von einer deut- lichen Membran bedeckt; im Inneren fällt sofort der sehr grosse Nucleolus auf. Letzterer ist gewöhn- lich ein rundlicher, bald mehr eylindrischer, bald mehr ovaler Körper, der sich an seinem vom Centrum der Centralkapsel abgewandten Ende wie ein Kreissel zuspitzt. Mit dem spitzen Ende reicht er nahe an die convexe Seite der Kernoberfläche heran und ist die Membran derselben hier ein wenig nabel- förmig eingezogen. Seiner Substanz nach zerfällt der Nucleolus in zwei durch eine scharfe Linie ge- trennte Bestandtheile, die sich an den von mir allein untersuchten Carminosmiumpräparaten durch ihre verschiedene Imbibitionsfähigkeit unterscheiden. Der dunkler gefärbte Theil bildet die Hauptmasse des Nucleolus, der heller gefärbte dagegen bildet nur das spitze Ende, welches wie eine Mütze dem dunk- leren Abschnitt aufsitzt. In einem Falle zeigten die beiden Bestandtheile des Nucleolus ein etwas abweichendes Ver- halten (Taf. III, Fig. 14). Die dunkler gefärbte Substanz besass hier die Gestalt einer flachen, aber diekwandigen Schüssel mit wulstigen Rändern, in deren Inneren die hellere Substanz als ein ovaler Körper lagerte. Eine weitere Eigenthümlichkeit prägte sich darin aus, dass im Centrum des ovalen Körpers noch eine ansehnliche Kugel von dunkelgefärbter Kernsubstanz eingebettet war. Von dem Nucleolus durch einen breiten, schwächer gefärbten Zwischenraum getrennt findet sich auf der Innenseite der Kernmembran eine an den meisten Stellen nur wenig entwickelte Kernrinden- schicht; nur am Ende der lappenartigen Fortsätze bildet dieselbe diekere Lagen, die bei seitlicher An- sicht halbmondförmig erscheinen, von der Fläche betrachtet dagegen (Taf. IN, Fig. 10 b) undeutlich umschriebene dunklere Felder erzeugen und sich nicht selten noch weiterhin an der äussersten Spitze der Lappen in kleine fingerartige Verlängerungen erheben (Taf. III, Fig. 15). In der Rindenschicht sind, wenn auch nicht immer, kleine Körperchen von Kernsubstanz eingestreut, die stärker gefärbt sind als ihre Umgebung. Ihr charakteristisches Gepräge erhält die zu schildernde Kernform durch eine in ihrem Inneren gelegene sehr auffällige Struetur, deren Deutung mir lange Schwierigkeiten bereitet hat. Das spitze Ende des Nucleolus (Taf. II, Fig. 10 a) wird von einer Zone umgeben, die sich in Carmin wenig im- bibirt hat und daher als helle Stelle gegen den umgebenden roth gefärbten Inhalt absticht. Die Zone besitzt die Gestalt eines kurzen Cylinders oder eines abgestutzten Kegels; mit ihrer Basis ruht sie auf dem Nucleolus da, wo die hellere Spitze und der dunkler gefärbte Rest desselben an einander stossen, wobei die erstere in das Innere der Zone hineinragt; auf der entgegengesetzten Seite reicht sie bis nahe an die Kernrindenschicht heran, ohne diese jedoch zu berühren. Ihre Grenze gegen den Kern- inhalt ist scharf gezogen, als wäre sie von einer Membran gebildet, und wird ferner dadurch deutlich, dass in ihr eirculäre Streifen verlaufen, welche den hellen Raum wie die Reifen ein Fass umgürten und namentlich auf dem optischen Durchschnitt als kleine dreieckige, nach Innen vorragende Vor- sprünge sichtbar sind. Dieselben eirculären Streifen finden sich auf dem angrenzenden Theil der Nu- cleolusspitze. In das Innere des hellen, von dem eirculären Streifensystem umhüllten Raumes führt ein enger, von aussen nach innen ein wenig trichterförmig erweiterter Canal; derselbe umschliesst ebenfalls eine in Carmin nur schwach gefärbte Masse, liegt genau gegenüber der Spitze des Nucleolus, die bis nahe an seine innere Mündung heranreicht, und durchsetzt in seinem Verlauf den Inhalt der Kernblase, die Kernrindenschicht und wahrscheinlich auch die Kernmembran. Um vom Bau der eigenthümlichen Kernform eine richtige Vorstellung zu bekommen, muss man die bisher dargestellten, bei seitlicher Ansicht vornehmlich erhaltenen Resultate dadurch vervollständigen, 150 Analytischer Theil. dass man den Kern aus der Centralkapsel herauspräparirt und von seinen beiden, einerseits der Peri- pherie, andererseits dem Centrum zugewandten Flächen betrachtet. Von der centralen Seite aus ge- sehen (Taf. III, Fig. 10 b) lässt der Kern im Wesentlichen nur seine lappige Beschaffenheit und die Vertheilung der Verdickungen der Rindenschicht erkennen; untersucht man ihn dagegen von der peri- pheren Fläche aus und zwar derart, dass man gerade auf die Nucleolusspitze herabsieht (Taf. II, Fig. 15), so erblickt man den in den hellen Raum führenden Canal als eine lichte rundliche Stelle und sieht von ihm aus radiale Streifen ausstrahlen, ähnlich den Falten, die eine bruchsackartig durch eine Oeffnung hervorgestülpte Membran zu bilden pflegt. Wenn man dann etwas tiefer einstellt, so tauchen die eirculären Streifen und unter ihnen der Nucleolus auf. Erstere bilden Ringe, die man bei der be- sprochenen Lagerung des Kerns alle auf einmal in ihrem Verlauf überbliekt, und die wie die Win- dungen eines aufgerollten Taues über einander liegen. Die geschilderte Structur hat einige Aehnlichkeit mit der faserigen Differenzirung der Kernsub- stanz, wie sie in der Neuzeit besonders von Strasburger, Bütschli, 0. Hertwig u. A. beschrieben worden ist; sie ist jedoch mit ihr nicht gleichwerthig, sondern muss nach meiner Ansicht in einem ganz anderen Sinne gedeutet werden. Ich nehme an, dass auf der höchsten Stelle der convexen Seite des Kerns die Membran desselben sich in das Innere eingestülpt und hier zur Bildung eines weiten Raumes, der nicht von Kernsubstanz erfüllt ist, ausgebreitet hat. Hierbei bedeckt sie das peri- phere Ende des Nucleolus, schlägt an der Einstülpungsstelle radiale, im Inneren des Kerns eireuläre Falten und ist im Folge der letztgenannten Eigenthümlichkeit Ursache der streifigen Structur. In meiner Auffassung bin ich durch Zerzupfungspräparate bestärkt worden. Schält man den Nucleolus unter dem Präparirmikroskop aus dem Kern heraus, so überzeugt man sich, dass in der That seine von der helleren Kernsubstanz gebildete Spitze von einer Membran überzogen ist und dass ferner diese an den Rändern zerfasert übersteht, als ob sie im natürlichen Zusammenhang noch auf andere Theile des Kernes hinüberreiche. Auch die äusseren eirculären Streifen bleiben erhalten und machen nunmehr ganz den Eindruck von Faltungen oder Verdickungen einer Membran. Die circulären Streifen fand ich sogar an einem Kern, der offenbar schlecht — vielleicht erst nach vorausgegangenem Tode des Thieres — conservirt war, aus dem ein Theil der Kernsubstanz ausgetreten war und einen be- sonderen im Kapselinhalt gelegenen, runden Körper bildete. Beständen die Streifen aus Kernsubstanz, so würden sie sich unter so ungünstigen Verhältnissen schwerlich erhalten haben. Bevor wir auf die Besprechung weiterer Entwicklungsstufen übergehen, müssen wir noch zuvor einige Kerne betrachten, die den Uebergang von den einfach bläschenförmigen Kernen mit grossem Nucleolus zu den eomplizirteren Formen mit eingestülpter Kernmembran vermitteln. Obwohl dieselben den letztgenannten offenbar in der Entwicklungsreihe vorangehen, so empfiehlt es sich doch, sie erst im Anschluss an diese zu behandeln, da ihr Bau erst so Interesse gewinnt und zum Theil sogar dadurch allein verständlich wird. Zwei Kerne, von denen der eine in Figur 3, Taf. III abgebildet ist, waren Bläschen mit dicker Rindenschicht und einem grossen Nucleolus; ihre Besonderheit bestand darin, dass an dem peripheren Ende des Nucleolus sich eine kleine Anhäufung hellerer Kernsubstanz angesammelt hatte und dass die Anfänge der Lappenbildung bemerkbar waren. Bei einem dritten Kern (Taf. IH, Fig. 2) war die helle Kernsubstanz reichlicher und bildete schon eine flach eonische Er- hebung auf dem Nucleolus. Die conische Erhebung wurde auf ihrer nach der Peripherie des Kerns gewandten Seite von einem kleinen, hellen, sichelförmigen Raum überzogen, den ich, obwohl er noch keine eireuläre Streifung erkennen liess, als erste Anlage der Einstülpung der Kernmembran deute, da er auf der einen Seite an diese selbst anstiess. Der Kern stammte von einer Amphilonche; dies erklärt, 1. Die Familie der Acanthometriden. 151 warum er noch nicht gelappt war, da er bei dieser Acanthometride vom Stachelkreuz ziemlich entfernt liegt und in seinem Wachsthum daher auch von demselben nicht beeinflusst wird. In unserer Schilderung weitergehend kommen wir nunmehr zu Kernformen, die ebenfalls eine gelappte Gestalt besitzen, dagegen die eireulär streifige Struetur vermissen lassen (Taf. III, Fig. 9a). Als Rest der letzteren ist vielleicht ein Körnchenkreis zu deuten, den ich ein einziges Mal ungefähr an der Stelle, wo sonst die Membran eingestülpt ist, auf der Kernoberfläche angetroffen habe. Der Nucleolus ist bei diesen Kernen entweder nur noch als ein blasser undeutlicher Körper zu erkennen, oder er ist gänzlich geschwunden; die Kernrindenschicht dagegen ist viel umfangreicher geworden und bildet vornehmlich an den Enden der Kernlappen massige Anhäufungen, die mehr denn früher in das Protoplasma der Centralkapsel hervorragen (Taf. III, Fig. 9b). Die in Carmin stärker gefärbten Körn- chen, die früher nur spärlich in der Rindenschicht vorhanden waren oder gänzlich fehlten, sind sehr zahlreich geworden und verleihen dem Kern ein sehr charakteristisches Aussehen t). An die Resultate, welche die Untersuchung einkerniger Acanthometriden ergeben hat, reihen sich die Beobachtungen über die Formen, welche den Uebergang zu den vielkernigen vermitteln. Auch hier haben wir mit eigenthümlichen Verhältnissen zu thun, wie sie in keiner anderen Thierabtheilung wiederkehren. In der Centralkapsel einer Acanthometra Claparedei (Taf. I, Fig. 10) waren zweierlei Kernformen neben einander vorhanden: 1) ziemlich zahlreiche kleine Kerne, die den gewöhnlichen Nuclei der aus- gebildeten Acanthometren völlig glichen, einen Durchmesser von 5 px besassen und in ihrem rund- lichen Körper ein wandständiges dunkleres Korn enthielten; 2) vier ansehnlich grosse Kerne von wurstförmiger Gestalt, welche in der Länge 25—40 x, in der Breite 10—15 y maassen und alle über eine Seite gekrümmt waren, so dass man an ihnen eine eoncave und eine convexe Fläche unter- scheiden konnte. Mit ihrer eingekrümmten Seite umgriffen drei der Kerne halbringartig die Stacheln. In ihrem Bau zeigten sie noch am meisten Aehnlichkeit mit manchen von Bütschli und Wrzes- niowski beschriebenen und auch von mir beobachteten Infusorienkernen und bestanden aus einer homogenen Grundmasse, in welcher zahlreiche stärker gefärbte Körperchen eingebettet waren (Taf. III, Fig. 6 bei stärkerer Vergrösserung und von einem anderen Exemplar). Die Körperchen sind im Mittel 1,5% gross, von hellen Höfen umgeben und liegen so dicht gedrängt, dass sie nur durch dünne Scheidewände der gewöhnlichen Grundsubstanz von einander getrennt werden. In ihrem Vorkommen sind sie auf die convexe Seite der wurstförmigen Körper beschränkt, wo sie meist in einer Reihe oder besser in einer Schicht und nur selten mehrere über einander liegen; dagegen fehlen sie auf der eon- caven Seite, welche daher allein von der homogenen Grundmasse des Kerns gebildet wird. Aehnliche Zustände, wie sie hier genauer von einer Acanthometra Claparedei geschildert wurden, habe ich bei einer ganzen Anzahl von Acanthometriden, namentlich bei mehreren Exemplaren von Acanthostaurus purpurascens wiedergefunden. Einige Male waren hierbei Uebergangsformen zwischen den grossen wurstförmigen und den kleinen runden Kernen nachweisbar. Als solche Uebergangs- formen (Taf. IN, Fig. 6) betrachte ich runde Kerne, die nur S—12 p maassen, von denen die grösseren 1) In Anmerkung erwähne ich kurz zwei Kernformen, die ich am.Meere beobachtet habe, in der Neuzeit aber auf ihren Bau nicht habe wieder untersuchen können. In dem einen Fall (Taf. I, Fig. 5) war der Kern anscheinend eine einzige homogene gelappte Masse, in welcher zerstreute nucleolusartige Körperchen lagerten; im anderen Fall (Taf. II, Fig. 6) konnte ein Nucleolus und eine Kernrindenschiceht unterschieden werden; letztere bildete namentlich die Lappen, ersterer nahm das Centrum des Kerns ein, war ebenfalls unregelmässig gelappt und zeigte in einem Theil eine undeutliche Streifung, über deren Anordnung ich bei der damaligen Untersuchung nicht in’s Klare gekommen bin. Vielleicht ist sie auf die eingestülpte Mem- bran, die in Rückbildung begriffen ist, zurückzuführen. 152 Analytischer Theil. etwa 8 rothgefärbte Körperchen umschlossen, während die kleineren nur zwei derselben beherbergten und daher wie besonders grosse Acanthometridenkerne aussahen. Ferner rechne ich hierher einen grossen Kern mit vielen Kernkörperchen, der auf seiner Oberfläche der Anzahl der letzteren entspre- chend eingeschnürt war, so dass er einer Maulbeerkugel glich (Taf. III, Fig. 7). In der bisher gegebenen Darstellung sind die wichtigsten Beobachtungen enthalten, welche ich über die Umwandlung der einkernigen Acanthometriden in vielkernige habe machen können. Aus ihnen abstrahire ich folgendes einheitliches Bild des Entwicklungsganges. Um mit den frühesten Zuständen zu beginnen, so kann es wohl nicht zweifelhaft sein, dass die von Joh. Müller beobachteten Schwärmer der Acanthometriden homogene Kerne besitzen, wie ich dies für die Colliden und Sphaerozoiden nachgewiesen habe. Wenn die Schwärmer — vielleicht nach vorausgegangener Copulation — in den Rhizopodenzustand übergehen und durch Nahrungsaufnahme wachsen, werden offenbar auch die Kerne grösser und umgeben sich mit einer Membran. Dann bilden sich in ihnen verdichtete nucleolusartige Stellen aus, welche, anfänglich in grösserer Zahl vorhanden, später zu einem einzigen grossen Nucleolus verschmelzen, während andere Theile der Kernsubstanz sich zur Rindenschicht ansammeln. Die fortdauernde Grössenzunahme zwingt den Kern, in lappige Fortsätze auszuwachsen; gleichzeitig sondert sich der Nucleolus in zwei Substanzen, eine heller ge- färbte, welche seine Spitze und eine dunklere, welche seinen übrigen Theil ausmacht. Da wo die Spitze des Nucleolus an die Kernmembran heranreicht, stülpt sich die letztere in das Innere ein, umhüllt die Spitze und erzeugt durch Faltung das cireuläre Streifensystem, das den Nucleolus in einiger Entfer- nung umgiebt. Welche Bedeutung dieser Process besitzt, ist völlig unklar, wahrscheinlich aber steht er in irgend welcher Weise mit einer Umlagerung der Kernsubstanz in Zusammenhang, welche eine Reihe weiterer wichtiger Veränderungen einleitet, die mit dem Zerfall des grossen einheitlichen Kerns in zahlreiche kleine Kerne enden. Nachdem auf der einen Seite die Einstülpung der Membran erfolgt ist, sammelt sich die Kern- substanz reichlicher an der Spitze der Lappen an, welche in wechselnder Zahl auf der entgegen- gesetzten Seite des Kernes hervorragen. Während diese Anhäufungen immer ansehnlicher werden, wird der Nucleolus undeutlicher und schwindet endlich gänzlich, desgleichen bildet sich die eingestülpte Partie der Kernmembran zurück. Wir haben auf diesem Stadium einen leeren Kernraum vor uns, der auf seiner centralen Seite mit soliden Fortsätzen von Kernsubstanz bedeckt ist. In diesen waren von Anfang an stärker gefärbte Körner und Körnchen sichtbar, die im Lauf des Wachsthums an Zahl zu- genommen haben. Die Aehnlichkeit, welche zwischen den Fortsätzen des Kerns mit ihren Körnern einerseits und den später auftretenden wurstförmigen Kernen mit ihren nucleolusartigen Einschlüssen andererseits besteht, wird einem Jeden beim Vergleich beider Bildungen auffallen und bestimmt mich zur Annahme, dass letztere entstanden sind, indem erstere von der Kernblase sich abgeschnürt haben, während die Kernblase selbst sich aufgelöst hat. Von den wurstförmigen Kernen aber sind sehr leicht die Nuclei der ausgebildeten Acanthometriden abzuleiten. Denn wie eine Reihe von Uebergangsformen lehrt, zerfallen jene immer mehr, sei es langsamer, sei es schneller, in kleine Stücke. Hierbei scheinen die nucleolusartigen Einschlüsse, die wir in gleicher Weise auch in den Kernen alter Acanthometriden wiederfinden, als Attractionscentren zu wirken, da ihre Zahl die Zahl der aus den grösseren Kernen hervorgehenden Theile bestimmt. Wenn die Bedeutung und die Aufeinanderfolge der einzelnen Kernzustände thatsächlich sich so verhalten, wie ich es hier wahrscheinlich zu machen versucht habe, dann liegt bei den Acantho- 2. Die Fumilie der Acanthophractiden. 153 metriden eine ganz aussergewöhnliche Art der Kernvermehrung vor. Im ersten Theil ihres Verlaufs würde sie den Charakter der Kernknospung, im zweiten Theil den Charakter der Kerntheilung be- sitzen. Beide Processe würden sich ohne die streifige Umwandlung der Kernsubstanz, welche die meisten Kerntheilungen auszeichnet, vollziehen, wenn auch in der Differenzirung des Nucleolus und in der vom gesammten Kern angenommenen Gestalt ein verschiedenes Verhalten der beiden Kernenden, wenn man will, eine gewisse Polarität der Kernenden während der Zeit der Knospung sich zu erkennen giebt. 2. Die Familie der Acanthophractiden. An die Acanthometriden schliessen sich im Bau ihres Skelets und ihrer Weichtheile auf’s Engste eine Anzahl Formen an, die ich unter dem Namen der Acanthophractiden zusammenfasse. Dieselben wurden von Joh. Müller zum Theil als Panzeracanthometren oder Acanthometrae eataphraetae im Anschluss an die ächten Acanthometren abgehandelt, zum Theil wurden sie mit einigen nicht hierher gehörigen Arten in der Gattung Haliomma vereint und zu den Polyeystinen gerechnet. In dem von Haeckel entworfenen System, in welchem mit Recht das Müller’sche Genus Haliomma in eine An- zahl sehr verschieden gestalteter Gattungen (Dorataspis, Haliommatidium, Aspidomma, Haliomma s. str. ete.) aufgelöst worden ist, bilden sie einen Theil der Ommatiden, und zwar gehört von denselben hierher die gesammte Unterfamilie der Dorataspiden (Dorataspis und Haliommatidium) und die Gattung Aspidomma unter den Haliommatiden, während die übrigen Haliommatiden und alle Actinommatiden in die Nähe der Ethmosphaeriden gestellt werden müssen. Die nahe Verwandtschaft der Acanthophractiden mit den Acanthometriden ist weder Joh. Müller noch Haeckel entgangen. Der erstere hebt wiederholt hervor, dass die Acanthometrae cata- phractae vielleicht nur Jugendformen der Haliommen seien oder dass sie wenigstens den letzteren im Bau nahe ständen, weshalb „eine tiefere Scheidung der Haliommen und Acanthometren von nun an fast unnatürlich erscheinen könnte.“ Ebenso ist auch Haeckel der Ansicht, dass „die Familie der Ommatiden durch unmittelbare Uebergänge mit den Acanthostauriden verbunden ist“, und macht an einer anderen Stelle die Gattungen Dorataspis und Haliommatidium als Uebergangsformen namhaft, welche den Anschluss an die Acanthometren ermöglichen. In der von Müller und Haeckel ver- tretenen Auffassung ist daher nur das Eine irrthümlich, dass sie die Acanthophraetiden zugleich auch für Verwandte der mit Gitterkugeln versehenen Gattungen Haliomma (im Sinne Haeckel’s) und Acti- nomma halten, welche nicht allein wegen ihres Skelets, sondern auch wegen der Beschaffenheit ihres Weichkörpers als dem Acanthometridentypus fernstehende Radiolarien angesehen werden müssen. In der Neuzeit hat Haeckel!) daher auch mit Recht unsere Acanthophractiden von den übrigen Omma- tiden getrennt und mit den Acanthometriden als Panacanthae vereint. I. Das Skelet der Acanthophractiden. Die Grundlage des von Haeckel am genauesten beschriebenen Acanthophractidenskelets wird von Stacheln gebildet, welche in ihrer Zahl und Anordnung vollkommen mit denen der Acanthome- triden übereinstimmen. Dementsprechend sind sie zu zwanzig vorhanden, in fünf vierzähligen Kreisen 1) E. Haeckel, Das Protistenreich. Eine populäre Uebersicht über das Formengebiet der niedersten Lebewesen. Leipzig 1878. Ferner abgedruckt im Kosmos Bd. III. Jen. Denkschriften II. 3. 20 154 Analytischer Theil. nach dem Müller'schen Gesetz gestellt und mit ihren centralen, keilförmig zugespitzten Enden in der Mitte der Centralkapsel in einander gestemmt. Alle Stacheln sind gewöhnlich von gleicher Grösse und Beschaffenheit wie bei der Gattung Acanthometra. Das wichtigste Merkmal, welches das Skelet von dem der Acanthometriden unterscheidet, be- steht darin, dass von den zwanzig Stacheln, in einem bestimmten und bei derselben Art gleichen Ab- stand von ihrem centralen Ende, Fortsätze ausgehen, die eine Gitterkugel erzeugen (Taf. I, Fig. 6). Die Fortsätze eines Stachels theilen sich nämlich in einer regelmässigen und nach den einzelnen Arten verschiedenen Weise, oder sie verleihen Seitenzweigen ihren Ursprung, die ihrerseits wiederum tertiäre Aestchen unter rechten Winkeln abgeben, wie dies durch Haeckel’s sehr genaue Beschreibungen, auf welche ich hier der Kürze wegen verweise, bekannt geworden ist. Die zu einem und demselben Stachel gehörigen Theiläste verschmelzen unter einander, da wo sie sich begegnen, zu einem Gitter- werk; wo sie dagegen mit den Aesten eines benachbarten Stachels zusammenstossen, legen sich beide nur an einander und bleiben durch eine Naht getrennt. Jede Gitterkugel besteht somit aus einzelnen Stücken, den „Gittertafeln“, deren Zahl mit derjenigen der Stacheln übereinstimmt. Nur bei den Arten der Gattung Haliommatidium verwachsen bei der Alterszunahme des Thieres auch die Gittertafeln nach Haeckel’s Angaben unter einander; ich selbst habe nur wenige Exemplare des Haliommatidium Mül- leri gesehen; bei denselben war die Verwachsung noch nicht eingetreten und zeigte daher das Skelet die von Haeckel in den Figuren 10 und 12 der Tafel XXII dargestellte Beschaffenheit. Die aus der Verästelung und Verschmelzung der Stachelfortsätze entstandene Gitterkugel liegt ausserhalb der Centralkapsel; zu ihr gesellt sich bei der Gattung Aspidomma noch eine zweite intra- capsuläre und daher kleinere Kugel, die in gleicher Weise wie die extracapsuläre von Stachelfortsätzen gebildet wird, stets aber einen einfacheren Bau besitzt. Bei einem Exemplar von Aspidomma endlich habe ich sogar Ansätze zu einer dritten Gitterkugel vorgefunden, die, wenn sie fertig geworden wäre, die beiden übrigen von aussen umgeben haben würde. Von der Oberfläche der Gitterkugeln erheben sich bei manchen Arten in radialer Richtung ver- schiedenartig gestaltete Anhänge, die Haeckel im Gegensatz zu den 20 Hauptstacheln als Neben- stacheln bezeichnet. Sie unterscheiden sich von den Hauptstacheln stets durch geringere Stärke und den Mangel der centralen Verlängerung. Wie nach der gegebenen Beschreibung das Skelet der Acanthophractiden nur eine Weiterbil- dung des Acanthometridenskelets ist, so stimmt es auch in seinem physikalisch-chemischen Verhalten mit ihm überein. In Glycerin behält es seine Contouren vollkommen deutlich bei, wie die Stacheln einer Acanthometra. Man kann schon an dieser Eigenthümlichkeit die falschen Omma- tiden (die Acanthophraetiden) von den ächten Ommatiden, den Gattungen Haliomma, Actinomma ete., deren Gitterkugeln in Glycerin ganz aufgehellt werden, unterscheiden. Ferner ist das Skelet in den sehon oben genannten Säuren löslich, indem es zunächst an den Kanten angefressen wird und darauf in Körnchen zerfällt, welche allmählich, ohne einen Rückstand zu hinterlassen, zerfliessen. Haeckel, dem diese Besonderheit ebenfalls aufgefallen war, will sie zwar nur für Dorataspis gelten lassen, nimmt dagegen Haliommatidium ausdrücklich aus; indessen erwies sich bei meinen Versuchen auch das Skelet eines freilich jungen Haliommatidium Mülleri als völlig löslich und desgleichen das Skelet von Aspidomma hystrix; bei der in Figur 6 auf Tafel I abgebildeten Dorataspis leisteten die Stacheln zwar selbst in starker Salzsäure lange Widerstand, wurden schliesslich aber gleichwohl zerstört; so dass ich die Löslichkeit als einen allgemeinen Charakter des Acanthophractidenskelets glaube hinstellen zu dürfen. 2. Die Famihe der Acanthophractiden. 155 II. Der Weichkörper der Acanthophractiden. Entsprechend der sphärischen Form des Skelets ist die Centralkapsel der Acanthophractiden kugelig und nur bei dem Haliommatidium Mülleri oval gestaltet; sie ist von einer sehr zarten Kapsel- membran umgeben und enthält ausser dem das Pigment und etwa vorhandene Oelkugeln umschlies- senden Protoplasma zahlreiche Kerne, die von Haeckel als „kugelige Zellchen“ beschrieben wurden und den bei den Acanthometriden beobachteten Kernen in ihrer Beschaffenheit gleichen (Taf. I, Fig. 6). Es sind runde Körperchen mit je einem oberflächlich gelegenen, bei Carminosmiumbehandlung stärker sich färbenden kleinen Korn; ihre Zahl ist um so beträchtlicher, je geringer ihre Grösse und je älter das Thier ist. Der vielkernige Zustand findet sich schon bei sehr jugendlichen Thieren entwickelt, so z. B. bei Exemplaren der Dorataspis costata, bei der nicht allein die Nebenstacheln fehlten, sondern selbst die Gitterkugel noch nicht fertig gestellt war. Einkernige Formen dagegen habe ich bei dieser sonst sehr häufig vertretenen Art gar nicht gesehen und ebenso nicht bei den übrigen Dorataspiden und Aspi- dommen, woraus wir schliessen können, dass der anfänglich jedenfalls auch hier einfache Kern sich schon frühzeitig vermehrt. Die Kernvermehrung scheint ähnlich zu verlaufen wie bei den Acantho- metriden, wenigstens traf ich zweimal bei jungen Dorataspiden neben den gewöhnlichen Kernen die eisenthümlichen grossen wurstförmigen Körper, welche mit kleinen Nucleoli erfüllt sind und mit ihrer concaven Seite die Stacheln umfassen (Taf. II, Fig. 8). Analog der Xiphacantha serrata macht von dem hier als typisch hingestellten Verhalten das Haliommatidium Mülleri, die einzige von mir gefundene Art dieser Gattung, eine Ausnahme. Alle drei Exemplare, die ich untersuchen konnte, besassen nur einen Kern, einen rundlichen Körper, der frei zwischen den Stachelradien im peripheren Theil der Centralkapsel lagerte. Bei dem Thier, bei welchem er am schönsten zu sehen war, war er 40 x gross und enthielt drei Kernkörperchen, von denen das kleinste 3 x, das grösste 10 mass. Da die Centralkapsel einen Durchmesser von 180 y. hatte und ähnliche Maasse auch bei den übrigen Haliommatidien beobachtet wurden, so ergiebt sich hier dasselbe Missverhältniss zwischen der Masse des Kerns und der Masse des Protoplasma, auf welches ich schon bei Xiphacantha aufmerksam gemacht habe. Ich brauche wohl kaum noch hinzu- zufügen, dass selbstverständlich nach meiner Ansicht auch der Kern des H. Mülleri später in viele Kerne zerfallen wird und dass das Besondere des Falles nur in der aussergewöhnlich langen Dauer des einkernigen Zustandes besteht. Gelbe Pigmentkörper habe ich im Inneren der Centralkapsel nur bei der Dorataspis ceruci- fera vorgefunden (Taf. I, Fig. 6); es waren hier undeutlich eontourirte Haufen kleiner gelber Körnchen, die sich durch den Mangel der Kerne von den Pigmentzellen der Acanthometriden unterschieden. Während im Bau der Centralkapsel die Acanthophraetiden im Wesentlichen den Acanthome- triden gleichen, so ergeben sich in der Beschaffenheit des extracapsulären Weichkörpers wich- tige Verschiedenheiten. Die extracapsuläre Sarkode ist im Allgemeinen reichlicher, die zahlreichen Pseudopodien folgen keiner bestimmten Anordnung, sondern entspringen ringsum auf allen Seiten der Centralkapsel; ob sie besondere Axenfäden besitzen, lasse ich unentschieden, da ich hierüber keine Beobachtungen am lebenden Thier gesammelt habe. Was aber den wichtigsten Unterschied ausmacht, ist der Mangel der Gallerteilien und der hierdurch bedingte Mangel der Stachelscheiden der Gallerte. Dieser Unterschied muss um so mehr auffallen, als in den übrigen Theilen der Organisation sich die 230 = 156 Analytischer Theil. nahe Verwandtschaft der Acanthometriden und Acanthophraetiden auf’s Klarste zu erkennen giebt. Ich bin daher auf die Vermuthung gekommen, ob nicht durch die Umbildung der Fortsätze der Skelet- stacheln zu Gitterkugeln der in den Stachelscheiden und eontractilen Fäden gegebene Apparat un- wirksam geworden ist und in Folge dessen eine Rückbildung erfahren hat. Jedenfalls scheint mir dieser Punkt bei der Frage nach der physiologischen Bedeutung der contractilen Fäden der Acantho- metriden mit in Berücksichtigung gezogen werden zu müssen. 3 Die Familie der Diploconiden. Wie die Acanthophractiden, so sind von den Acanthometriden auch die Diploconiden abzuleiten, eine Familie, die zur Zeit nur durch einen einzigen Repräsentanten, den von Haeckel aufgefundenen Diploconus fasces, bekannt ist. Ich habe diese Art in Messina einige Male gesehen und nur flüchtig untersucht, so dass ich von dem Bau des Skelets keine genauere Schilderung als Haeckel geben kann; zum Studium der Weichtheile liegt mir dagegen ein Exemplar vor, bei dem durch die Einwir- kung dünner Salzsäure das Skelet gelöst ist (Taf. Il, Fig. 3). I. Das Skelet des Diploconus fasces. Der Diploconus fasces schliesst sich im Bau seines Skelets an die Gattung Amphilonche an; wir haben wie bei dieser zwei starke und lange vierkantige äquatoriale Stacheln, zu denen die zwei anderen kleinen äquatorialen Stacheln senkrecht stehen. Beiderseits des Aequators findet sich nur noch je ein Kreis Polarstacheln, während die Tropenstacheln zu fehlen scheinen, thatsächlich aber nur in eigenthümlicher Weise umgewandelt sind. An ihrer Stelle sind nämlich zwei völlig gleichgebaute Skeletstücke vorhanden: zwei dünne Lamellen von der Gestalt von Kegelmänteln, die mit ihren Spitzen gegen einander stossen und deren Axen durch die von ihnen umschlossenen zwei Hauptstacheln ge- bildet werden. Jedes Skeletstück entspricht vier Tropenstacheln und zwar zwei verschiedenen Zonen angehörenden Paaren, von denen das eine auf der dem Beobachter zugewandten Seite liegen würde, wenn das andere sich auf der abgewandten Seite befände. Wir müssen uns vorstellen, dass die Tropenstacheln sich blattförmig verbreitert haben und mit ihren seitlichen Kanten zu der kegelförmigen Lamelle verschmolzen sind. Bemerken muss ich übrigens noch, dass ich die Skeletlamelle nicht so genau kegelförmig gefunden habe, wie sie Haeckel darstellt; vielmehr ist sie in einer Richtung (wahr- scheinlich parallel der Ebene des Aequators) beträchtlich abgeplattet, so dass der Diploconus vom stachellosen Pol aus betrachtet viel breiter aussieht, als wenn man ihn um einen Winkel von 90° um seine Längsaxe dreht. Der Querschnitt der aus den Tropenstacheln hervorgesangenen Structur würde keinen Kreis, sondern eher eine ellipsoide Form ergeben. Die einzelnen Theile des Skelets sind im Centrum des Thiers fest vereinigt; doch bedarf die Art, in welcher dies geschieht, noch genauerer Untersuchung, namentlich um das Verhältniss zur Centralkapsel festzustellen. Wie schon in den einleitenden Worten hervorgehoben wurde, ist das ge- sammte Skelet in Säuren löslich und bleibt ferner in Glycerin scharf eontourirt. II. Der Weichkörper des Diploconus fasces. Die Centralkapsel des Diploeonus ist nach Haeckel langgestreekt und bisquitförmig in zwei Lappen eingeschnürt; jeder der Lappen soll einen der vom Skelet gebildeten conischen Räume 4. Die Familie der Sphaerozoiden. 157 ausfüllen und gelbe Pigmentkörper enthalten; die Pseudopodien des Thiers sollen nur aus den beiden Mündungen der conischen Räume hervortreten. Nach meinen Beobachtungen, die namentlich an einem in Osmiumearmin conservirten grossen Thier nach Auflösung des Skelets mit dünner Salzsäure angestellt wurden, muss man an der Central- kapsel drei Theile unterscheiden: 1) eine runde Kugel, die das Stachelkreuz umhüllt und einen Durchmesser von 27». besitzt und 2) und 3) zwei Lappen, die von dieser Kugel entspringen und beiderseits die conischen Räume erfüllen. Diese letzteren sind, wie das Skelet, ebenfalls in einer Rich- tung abgeplattet, so dass sie von ihrer breiteren Seite gesehen 45 x, auf die Kante gestellt dagegen nur 20 u messen; ihre Länge beträgt 60x. Durch die Auflösung der Hauptstacheln, welche die Längs- axe der Lappen durchsetzen, ist in ihrem Centrum je ein hohler Raum entstanden, welcher bis zum kugeligen Mittelstück der Centralkapsel reicht. In jeden Raum münden von aussen vier longitudinale Spalten, die den Breitseiten der Lappen angehören und sich symmetrisch zwei auf die eine, zwei auf die andere Seite vertheilen. Wahrscheinlich sind im natürlichen Zustand die Spalten durch Skelet- brücken ausgefüllt, die von dem Hauptstachel zu der conischen Skeletlamelle gehen und die Stellung der Tropenstacheln andeuten, aus deren Umwandlung die Lamelle entstanden ist. Feinkörniges Protoplasma füllt zum grössten Theil den Binnenraum der Centralkapsel aus. In ihm lagern zahlreiche Kerne von 4—6yx Grösse, die sich am reichlichsten am Ende der Lappen anhäufen, während sie nach dem Centrum hin seltener werden und in dem kugeligen Mittel- stück fehlen. Ob in dem extracapsulären Weichkörper eontractile Fäden vorkommen und welche Vertheilung die Pseudopodien besitzen, darüber habe ich keine Beobachtungen gesammelt. 4. Die Familie der Sphaerozoiden. In der Familie der Sphaerozoiden fasse ich alle Colonie bildenden Radiolarien zusammen, mögen dieselben nun skeletlos wie die Collozoen, oder mit isolirten Nadeln oder mit Gitterkugeln versehen sein wie die Sphaerozoen und Collosphaeren; ich werde hierbei vornehmlich dadurch bestimmt, dass der Weichkörper bei allen den genannten Gattungen den gleichen Bau besitzt und dass die Entwick- lungsgeschichte überall in gleicher Weise abläuft. Als Organismen, die aus zahlreichen Einzelthieren bestehen, sind die Sphaerozoiden die grössten unter den Radiolarien, indem sie hierin sogar den mehrere Millimeter im Durchmesser betragenden Colliden überlegen sind; in Folge dessen wurden sie auch von allen Radiolarien zuerst entdeckt und in einer Weise beschrieben, dass man die einzelnen Arten wiedererkennen kann. Schon im Jahre 1837 von Meyen!) beobachtet, wurden sie später von Huxley?) genauer untersucht und als Co- lonien richtig gedeutet; Joh. Müller und E. Haeckel verdanken wir wichtige Aufschlüsse über ihre Organisation, Cienkowski®) interessante Mittheilungen über ihre Entwicklungsgeschichte, während die Arbeiten einiger anderer Zoologen, wie Dönitz*) und Stuart5) keine Förderung unserer Kennt- 1) F. Meyen, Beiträge zur Zoologie gesammelt auf einer Reise um die Erde: Agastrica, Palmellaria. Nova Acta Acad. Caes. Leop. Carol. Tom. XVI Suppl. S. 160. 1834. 2) Th. Huxley, Zoological Notes and Observations. III. Upon Thalassicolla a new Zoophyte. Annals and Magazin Nat. Hist. Ser. 2. Vol. VIII. 8. 433. 1851. 3) L. Cienkowski, Ueber Schwärmerbildung bei Radiolarien. Archiv f. mikroskop. Anat. Bd. VII. S. 371. 1871. 4) W. Dönitz, Beobachtungen über Radiolarien. Arch. f. Anat. u. Phys. 1871. 8. 71. 5) Alex. Stuart, Neapolitanische Studien. Göttinger Nachrichten 1870. Nr. 6. 158 Analytischer Theil. nisse herbeigeführt haben. Da ich selbst schon in einer früheren Schrift eine zusammenhängende Dar- stellung von dem Bau und der Entwieklungsgeschichte der Sphaerozoiden gegeben habe, so werde ich an dieser Stelle nur die wesentlichsten Resultate noch einmal kurz zusammenfassen und durch einige neuere Beobachtungen ergänzen. I. Das Skelet der Sphaerozoiden. Das Skelet ist für die Charakteristik der Familie der Sphaerozoiden von keinem Belang; einer- seits fehlt dasselbe bei einer Anzahl Arten, den Collozoen, andererseits lässt es da, wo es ent- wickelt ist, eine regelmässige Anordnung vermissen und verhält sich bei den einzelnen Gattungen völlig verschieden. Isolirte Nadeln, die in der Gallerte zerstreut liegen, besonders reichlich aber sich im Umkreis der Centralkapseln vorfinden, kennzeichnen die Genera Sphaerozoum und Raphido- zoum; ihrer Form nach sind sie entweder beiderseits zugespitzte, einfache Stäbehen, oder sie laufen an beiden Enden in drei Stacheln aus, die wie die Kanten einer dreiseitigen Pyramide gestellt sind; die Oberfläche kann dabei glatt sein oder sie wird von kleinen Zacken und Dornen bedeckt. Die beiden übrigen Gattungen der Familie, Siphonosphaera und Collosphaera, besitzen Gitter- kugeln, welche in der Colonie so vertheilt sind, dass jede Centralkapsel von einer derselben umhüllt wird. Bei den Collosphaeren, welche allein ich aus eigener Anschauung kenne, sind die Gitterkugeln derselben Colonie von ungleicher Grösse und sehr unregelmässiger Gestalt; ihre Oefinungen sind bald klein, bald gross, bald rundlich, bald eckig und nirgends so gesetzmässig gelagert, wie dies bei den Heliosphaeriden zu sein pflegt. Das Gleiche muss von den Stacheln gesagt werden, welche bei der Collosphaera Huxleyi von den die Oeffnungen trennenden Skeletbalken entspringen, so dass auch hier der allgemeine Charakter des Skelets, Mangel an Gesetzmässigkeit, zum Ausdruck kommt. II. Der Weichkörper der Sphaerozoiden. Bei der Schilderung des bei allen Sphaerozoiden sehr übereinstimmend gebauten Weichkörpers - muss man von den einzelnen Centralkapseln ausgehen, welche die Colonie bilden und gewöhnlich kugelig, häufig aber auch oval, langgestreckt oder bisquitförmig eingeschnürt sind. Ihre Membran ist bald zart, bald deutlich doppelt contourirt; in letzterem Falle kann man an ihr unter günstigen Umständen dieselben Zeichnungen wahrnehmen, wie an den Kapselmembranen der Colliden, eine diehte Punktirung der Oberfläche und eine feine senkrechte Streifung des optischen Querschnitts, Zeichnungen, welche durch feine radiale Porencanäle bedingt sind. Der Inhalt besteht aus wechselnden Quanti- täten von Protoplasma und aus rundlichen oder ovalen Kernen, welche homogen und membranlos sind und um so kleiner werden, je mehr ihre Zahl zunimmt. Kurz bevor der Centralkapselinhalt sich in Schwärmer auflöst, vermehren sich die Kerne so rapid, dass sie das Protoplasma fast ganz ver- drängen und den Binnenraum der Centralkapsel allein auszufüllen scheinen. Im Inneren der Centralkapseln finden sich ausserdem noch Oelkugeln in verschiedener Zahl und Grösse vor; am häufigsten ist eine einzige Kugel vorhanden, die dann einen sehr beträchtlichen Durchmesser hat und das Centrum der Kapsel einnimmt. Die Oelkugeln haben die Bedeutung von Nahrungsreservoirs und sind Ansammlungen fettiger Massen, welche in einem wahrscheinlich aus einem Eiweisskörper bestehenden Substrat abgelagert sind. Bei der Schwärmerbildung kommen sie zur Ver- wendung, indem das in ihnen enthaltene Fett resorbirt und auf die Schwärmer vertheilt wird, so dass schliesslich nur das albuminoide Substrat als eine zarte wasserklare Kugel übrig; bleibt. 4. Die Familie der Sphaerozoiden. 159 Die Centralkapseln einer Colonie vermehren sich durch Theilung und werden unter einander durch die sehr voluminöse Gallerte und durch die extracapsuläre Sarkode verbunden. Die ansehnlichsten Mengen der letzteren liegen als eine dicke Schicht um jede Centralkapsel herum und senden von hier aus reichlich anastomosirende Fadenbahnen zu benachbarten Centralkapseln; aus dem so entstehenden Protoplasmanetz treten auf der Oberfläche der Colonie die Pseudopodien hervor. Die Gallerte wird bei recht lebensfrischen Sphaerozoiden von Vacuolen, den extracapsu- lären Alveolen der Autoren, durchsetzt; in den meisten Fällen sind dieselben ganz wie die Al- veolen der Colliden Flüssigkeitsansammlungen in den Sarkodefäden und können daher kommen und verschwinden. Die grösseren von ihnen scheinen jedoch zuweilen von einer besonderen Membran umhüllt zu werden, in der wir dann eine secundäre Bildung zu erblicken hätten. Namentlich scheint dies für die grosse Blase zu gelten, die im Centrum mancher Colonien liegt und auf der die einzelnen Kapseln wie aufgeklebt sind. Ich schliesse dies daraus, dass es mir gelang, bei einer Collosphaera diese Vacuole herauszuschälen und den Ueberzug von Centralkapseln und Gallerte abzustreifen,, was wohl nur bei Anwesenheit einer besonderen resistenten Membran möglich ist. In der extracapsulären Sarkode treten zeitweilig rundliche, gelappte Körper auf, die scharf eontourirt und stark lichtbrechend sind und einen Haufen von Fettkörnehen und einige grössere oder zahlreiche kleinere Kerne enthalten. Diese extracapsulären Körper, die membranlos sind, werden von Cienkowski als Anlagen junger Centralkapseln gedeutet, von mir dagegen als Inhaltsportionen, die aus der Centralkapsel hervorgetreten und in Schwärmerbildung begriffen sind. Die Fortpflanzung der Sphaerozoiden wird durch Schwärmer vermittelt, die nahe dem vor- deren Ende und seitlich eine einzige, sehr lange Geissel tragen; ausserdem findet man in ihnen als constante Vorkommnisse noch einen in der vorderen Hälfte gelegenen homogenen Kern und einen Haufen Fettkörnchen in der hinteren Hälfte, als inconstante nur bei manchen Arten vorhandene Bil- dungen dagegen die schon von Haeckel und Cienkowski beschriebenen wetzsteinförmigen Kry- stalle. Die mit letzteren ausgestatteten Schwärmer treten bei den Sphaerozoen, Collosphaeren und manchen Collozoen auf und entstehen, indem ganz allmählig im Umkreis eines Kerns sich der Krystall ausbildet und ein Haufen Fettkörnchen sich sammelt, bis endlich der ganze Kapselinhalt nach der An- zahl der Kerne in Theilstücke zerfällt. Bei der nur bei der Gattung Collozoum beobachteten Ent- wicklung der Schwärmer ohne Krystalle dagegen theilt sich der Kapselinhalt erst in grössere und kleinere Portionen, und jede solche Portion verleiht einem Haufen von Schwärmern ihren Ursprung. Zugleich war hier ein Unterschied von Maero- und Mierosporen nachweisbar, ohne dass es jedoch gelang, denselben auf eine geschlechtliche Differenzirung zurückzuführen. In meiner früheren Arbeit hatte ich vermuthet, dass sehr frühzeitig der einkernige Schwärmer in einen vielkernigen Rhizopodenzustand übergeführt werden müsse, da ich niemals Centralkapseln mit einem einzigen grossen binnenbläschenartigen Kern aufgefunden hatte. Diese Vermuthung hat sich durch meine neueren Untersuchungen nicht bestätigt, da ich in Messina wiederholt von den verschie- densten Arten Colonien beobachtet habe, bei denen alle Centralkapseln nur einen einzigen oder einige wenige grosse Kerne besassen. In allen diesen Fällen ist die Zahl der Centralkapseln einer Colonie sehr gering und beträgt häufig nicht mehr als zwei oder drei (Taf. IN, Fig. 12); entweder sind alle einkernig, oder alle mehr- kernig, oder endlich ein Theil ein-, ein anderer Theil mehrkernig. Die Kerne sind bald kugelig, bald wurstförmig verlängert und gleichen den Nuclei der Infusorien, indem sie wie diese vollkommen homogene, von einer dünnen Membran umhüllte Körper sind; sie nehmen das Centrum der Central- 160 Analytischer Theil. kapsel ein und werden rings von der intracapsulären Sarkode umgeben, die hier reichlicher als sonst vorhanden ist und in ausgezeichneter Weise eine auch bei vielen anderen Radiolarien zu beobachtende radiale Streifung zeigt. Ihre ganze Masse ist nämlich in zahlreiche schmale keilförmige Stücke zer- fallen, denen bei der Betrachtung von der Oberfläche der Centralkapsel eine feine polygonale Felde- rung entspricht. Die Kernvermehrung scheint durch einfache fortgesetzte Zweitheilung zu erfolgen. Wenn man eine grössere Anzahl Colonien durchmustert, kann man nachweisen, wie die Zahl der Kerne zu- nimmt und ihr Durchmesser sich allmählig verringert. Gleichzeitig vermehren sich auch die Central- kapseln durch Theilung. Die mitgetheilten ergänzenden Beobachtungen lehren, dass die Sphaerozoiden noch zu einer Zeit einkernig sind, wo schon ihr Weichkörper völlig entwickelt und, wie ich noch weiter hinzusetzen kann, bei den Skelet führenden Arten auch schon mit einem Skelet versehen ist. Immerhin scheint der ein- kernige Zustand im Verhältniss zum vielkernigen nur von kurzer Dauer zu sein, da es sonst unver- ständlich sein würde, dass bisher nur Thiere mit vielen Kernen beobachtet wurden, trotzdem die Sphaerozoiden von den verschiedensten Forschern auf das Eingehendste untersucht worden sind. In allen diesen Verhältnissen gleicht die Familie keinen anderen Radiolarien so sehr, als den Acanthome- triden, weshalb ich sie auch diesen letzteren bei der Besprechung angereiht habe. 5. Die Familie der Coliiden. Die Colliden sind nächst den Sphaerozoiden die nachweislich zuerst wissenschaftlich beschrie- benen Radiolarien; vielleicht ist einer ihrer Vertreter, das Physematium, schon von Meyen beobachtet worden, ich sage „vielleicht“, da die von Meyen gegebene Charakteristik zu dürftig ist, als dass sie auf irgend eine bekannte Art mit Sicherheit bezogen werden könnte. Eine unzweifelhafte Collide ist dagegen die Thalassicolla nucleata Huxley’s, die seit der bedeutsamen Abhandlung des englischen Forschers von den verschiedensten Beobachtern wieder aufgefunden worden ist. Ausser dieser Art gehören in den Kreis der Colliden die Thalassicolla pelagica, Th. zanclea und Th. sanguinolenta (Haeckel), die Thalassosphaera morum (Haeckel, Müller), Thalassolampe margarodes (Haeckel) und Physematium Mülleri (Schneider), während die Gattungen Aulacantha und Thalassoplaneta aus später zu erörternden Gründen ausgeschlossen werden müssen. Die Colliden besitzen entweder gar kein Skelet oder doch nur isolirte, locker in dem extra- capsulären Weichkörper zerstreute solide Skelettheile; unter allen monozoen Radiolarien erreichen sie die beträchtlichste Körpergrösse und nächst den Acanthometren auch die am meisten ausgesprochene histologische Differenzirung ihrer Weichtheile. In letzterer Hinsicht können wir im Bau der Colliden eine aufsteigende Entwieklungsreihe nachweisen, wie aus der Beschreibung der von mir beobachteten Arten hervorgehen wird. Am einfachsten gebaut ist eine kleine Collide, die ich öfters in Messina angetroffen habe und die ich für eine neue Art halte. Wegen des Mangels der extracapsulären Alveolen rechne ich sie zur Gattung Thalassolampe und gebe ihr den Namen Th. primordialis, weil kein anderes Radiolar den hypothetischen Grundformen der Classe so nahe steht, wie sie. Der Körper der Thalassolampe primordialis (Taf. II, Fig. 5) ist völlig skeletlos, was ich mit um so grösserer Bestimmtheit sagen kann, da einige der Exemplare in geschöpftem Wasser auf- 5. Die Familie der Colliden. 161 gefunden wurden, wodurch die Möglichkeit, dass ein Skelet vorhanden gewesen, aber beim Fangen zertrümmert und verloren gegangen wäre, ausgeschlossen ist. Die Centralkapsel, deren Grösse zwischen 110 x und 180 x schwankt, ist stets kugelrund und zeichnet sich durch ein mattgelbliches Colorit aus. Nach aussen wird sie von einer sehr deut- lichen Kapselmembran umgeben, in ihrem Centrum enthält sie einen ebenfalls kreisrunden Kern (Binnenbläschen), der je nach der Grösse des Thieres einen Durchmesser von 40— 90 p. besitzt und als eine mattgraue Stelle aus dem trübgelben Protoplasma hervorleuchtet. In seinem homogenen Inhalt konnten bei zwei Exemplaren 1—2 ungefähr 20 x grosse rundliche Nucleoli nachgewiesen werden. Der zwischen dem Kern und der Kapselmembran gelegene Inhalt ist je nach der Grösse der Thiere verschieden beschaffen; bei kleineren Exemplaren wird er allein von einem sehr feinkörnigen Protoplasma gebildet, dessen Körnchen in sehr regelmässiger Weise strahlig um den Kern angeordnet sind und eine sehr deutliche radiale Streifung des Inhalts bedingen; bei Exemplaren mittlerer Grösse treten im Protoplasma wandungslose, etwa 10 grosse Flüssigkeitsräume auf, die durch breite Brücken von einander getrennt werden; bei den grössten Thieren endlich hat die Zahl dieser Vacuolen so zu- genommen, dass der Zwischenraum zwischen dem Kern und der Kapselmembran von kleineren und grösseren Bläschen fast vollkommen erfüllt ist. Bei älteren Thalassolampen findet sich ausserdem noch excentrisch neben dem Kern eine strohgelb gefärbte Oelkugel mit einem Durchmesser von etwa 40 — 50 pn. Die Centralkapsel wird von einem sehr beträchtlichen Gallertmantel umhüllt, dessen Masse wasserklar und so durchsichtig ist, dass ihre Grenzeontour nicht genau erkannt und daher auch ihr Durchmesser nur approximativ auf 1,5 mm geschätzt werden konnte. (In der Figur 5 ist die Gallert- kugel der Raumersparniss halber viel zu klein und die Pseudopodien viel zu kurz im Verhältniss zur Grösse der Centralkapsel gezeichnet worden.) Die extracapsuläre Sarkode ist eine dicke trüb- körnige Schicht unmittelbar auf der Oberfläche der Centralkapsel; in ihr lagern zahlreiche homogene Eiweisskugeln und gelbe Pigmentkörper. Letztere sind sehr unregelmässig contourirt und sehen aus wie zusammengeballte Haufen von Körnern; ihre Grösse schwankt zwischen 6—16 p, ein Kern konnte in ihrem Inneren nicht nachgewiesen werden, so dass ich Anstand nehme, die Körper als gelbe Zellen zu bezeichnen. Von der dicken Hüllschicht der extracapsulären Sarkode strahlen nach allen Richtungen hin zahllose Mengen von Pseudopodien aus, die mit feinen Körnchen überladen sind. Anastomosen zwi- schen den Fäden scheinen nicht vorzukommen. Jeder Radiolarienkenner wird beim Lesen der gegebenen Schilderung an die Möglichkeit denken, dass wir es hier nur mit einer Jugendform zu thun haben; auch ich habe diese Möglichkeit in Er- wägung gezogen und halte sie keineswegs für vollkommen ausgeschlossen. Die Thalassolampe pri- mordialis könnte entweder ein Entwicklungszustand von Thalassolampe margarodes oder von Thalassi- colla pelagiea sein. Von der erstgenannten Collide unterscheidet sie sich jedoch durch die starke Ausbildung der Gallerte, welche bei Thalassolampe margarodes nur als eine verschwindend dünne Schicht vorhanden ist, und durch die verschiedene Art der Vacuolen, die eher an Thalassicolla pelagica erinnern. Von dem letzteren Radiolar weicht sie durch den Mangel der extracapsulären Alveolen ab, der um so auffallender ist, als die Gallerte bei allen Exemplaren schon eine grosse Mächtigkeit erlangt hatte. Die hervorgehobenen Unterschiede, sowie der gesammte Habitus des Thieres machen es mir wahrscheinlicher, dass die Th. primordialis in der That eine besondere Art ist. Jen. Denkschriften II. 3. 21 162 Analytischer Theil. An die Thalassolampe primordialis schliesst sich in der Beschaffenheit ihres Körpers am nächsten die ebenfalls skeletlose Thalassolampe margarodes an, über die ich. mich kurz fassen kann, da ich von ihr schon früher eine detaillirte Schilderung gegeben habe. Die kugelige Centralkapsel der Thalassolampe, die an Grösse nur von der Centralkapsel des Physematium übertroffen wird, besitzt eine sehr zarte Membran, die schon auf einen geringen Druck hin zerplatzt und ihren Inhalt entleert. Im Centrum des letzteren liegt der Kern, ein derb- wandiges, von einer feinkörnigen, matt gelblich gefärbten Masse erfülltes Bläschen mit einer Anzahl ovaler homogener Nucleoli. Das zwischen dem Kern (Binnenbläschen) und der Kapselmembran be- findliche zähe und körnchenarme Protoplasma ist von grossen radial geordneten Vacuolen, den „intracapsulären Alveolen“ Haeckel’s durchsetzt, zwischen welchen nur schmale Sarkodebrücken übrig bleiben. In den Sarkodebrücken sind kleinere Vacuolen und zahlreiche Oelkugeln von verschiedenster Grösse vorhanden, ferner können in ihnen ovale homogene Kerne auftreten, die ausserordentlich viel kleiner sind als das Binnenbläschen und meistens zu fehlen scheinen. Die Gallerte des extracapsulären Weichkörpers ist eine sehr dünne Schieht und wird von feinen aus dem Pseudopodienmutterboden und indireet somit aus der Centralkapsel stammenden Protoplasmanetzen durchzogen. In der Gallerte zerstreute kleine rundliche gelbe Körper habe ich früher den gelben Zellen der übrigen Radiolarien verglichen, obwohl sie denselben nicht sehr ähnlich sehen; ich halte diese Gebilde nach neueren Untersuchungen, bei denen es mir nieht gelang, durch Imbibition in Carınin einen Kern in ihnen nachzuweisen, nicht mehr für ächte Zellen. Beträchtlich höher organisirt als die beiden besprochenen Formen sind die drei Arten der Gat- tung Thalassiecolla, die Th. pelagica, Th. sanguinolenta und Th. nucleata, von welchen die letztere ebenfalls schon von mir eingehend in meiner früheren Arbeit besprochen worden ist, während ich die beiden anderen erst in Messina kennen gelernt habe. Die Centralkapsel von Thalassicolla nucleata zeichnet sich durch die ganz ausser- ordentliche Festigkeit ihrer Membran aus, welche deutlich feine Poren erkennen lässt und auf ihrer inneren Seite mit schmalen, zu polygonalen Figuren sich vereinenden Leisten bedeckt ist. Ebenso ist auch das central gelegene Binnenbläschen oder der Hauptkern sehr derbwandig und kann daher leicht aus den umhüllenden Theilen herausgeschält werden. Sein Inhalt ist eine wasserklare, bei Zusatz von Reagentien feinkörnig gerinnende Flüssigkeit, in welcher entweder nur ein einziger eigenthümlich verästelter Nucleolus oder eine grössere Anzahl von Nucleoli angetroffen wird, die um so zahlreicher sind, je geringer ihre Grösse ist. Das intracapsuläre Protoplasma besteht aus einer schmalen, dicht unter der Kapselmembran gelegenen, radialstreifigen Zone und einer trübkörnigen Masse, in der Einschlüsse der mannigfachsten Art enthalten sind. So finden sich hier Eiweisskugeln ohne Inhalt, Eiweisskugeln mit einer oder zwei stärkekornartigen, aber in Säuren löslichen Coneretionen, Eiweisskugeln mit Oelkugeln in ihrem Inneren, endlich Oelkugeln, die direct vom Protoplasma umschlossen werden. Hierzu kommen noch bei einem Theil der Individuen kleine rundliche homogene Kerne. Letztere vermehren sich, während alle übrigen Einschlüsse des Protoplasma eine Rückbildung erfahren. Selbst das Binnenbläschen schrumpft hierbei zusammen und ist schliesslich nur eine collabirte, wie ein Fettkörnchenhaufen aussehende, in Carmin sich nicht mehr färbende Masse. Auf diesem Entwicklungsstadium wandelt sich der Kapsel- inhalt in zahllose Schwärmer um, indem sich ein jeder Kern mit einer fettkörnchenhaltigen Proto- plasmaschicht umgiebt, worauf das Ganze sich von den "benachbarten gleich beschaffenen Theilen los- löst, eine nierenförmige Gestalt annimmt und eine lange Geissel entwickelt. — Bei der Beurtheilung 5. Die Famihe der Colliden. 163 der referirten Entwicklungsreihe habe ich in meiner früheren Arbeit die Gründe zusammengestellt, welche dafür sprechen, dass die homogenen Kerne, die als Centren für die Schwärmerbildung fungiren, von dem ursprünglich allein vorhandenen Mutter- oder Hauptkern abstammen und zwar von den aus- gewanderten kleinen Nucleoli desselben. Ich halte auch heute noch an der hierin ausgesprochenen Anschauung fest. Für den von einer dieken Gallerte umgebenen extracapsulären Weichkörper der Th. nucleata ist zweierlei charakteristisch: 1) der Reichthum an schwärzlichem Pigment und 2) die zahl- reichen Vaecuolen. Das Pigment lagert für gewöhnlich nur in der mächtigen Sarkodeschieht, welche die Kapsel unmittelbar umhüllt. Von hier kann es aber entlang den Sarkodesträngen und Netzen, die sich von der genannten Schicht aus durch die Gallerte verbreiten und die Pseudopodien erzeugen, nach aussen durch den ganzen extracapsulären Weichkörper wandern. Dies geschieht in Folge von Insulten, welche die Thalassieolla treffen, und veranlasst dann eine diffuse bläuliche Färbung des sonst wasserklaren extracapsulären Weichkörpers. Die zahlreichen Vaeuolen — auch extracapsuläre Alveolen von Joh. Müller und E. Haeckel genannt — sind nichts als Flüssigkeitsansammlungen in den Protoplasmanetzen. Sie bilden zwei Schichten, eine innere, aus kleinen Blasen bestehende, die sich nicht zu contrahiren vermag, und eine äussere grossblasige, die bei Beunruhigung verschwindet. Die Vacuolen besitzen keine besondere Membranen, sondern sind auf ihrer inneren Seite nur von einer dünnen Protoplasmaschicht ausgekleidet. Die Thalassieolla pelagica, die ich in Messina in einer grösseren Anzahl von Exemplaren beobachtet habe, gleicht in der Beschaffenheit des extracapsulären Weichkörpers so sehr der Th. nucleata, dass ich mich hierüber kurz fassen kann. Ein unterscheidendes Merkmal ist vor Allem in dem Mangel des Pigments gegeben. Ferner sind die extracapsulären Alveolen grösser und weniger zahlreich als bei Thalassieolla nueleata; ihrem Bau nach sind sie aber ebenfalls wandungslose Flüssig- keitsansammlungen in dem die Gallerte durchsetzenden Sarkodenetz und keine von besonderen Mem- branen umhüllte Blasen. Das Sarkodenetz wird, wie auch Haeckel hervorhebt, aus dicken Strängen gebildet, in denen die Körnchen sehr lebhaft eireuliren und die häufig zu klumpigen amoeboiden Massen zusammenfliessen. Wichtiger sind die Unterschiede im Bau der kugelrunden matt gelblichen Centralkapsel; von ihrer Membran hat Haeckel eine völlig zutreffiende Schilderung gegeben, aus der ich hier das Wichtigste anführe. „Sie ist sehr fest und derb, dabei elastisch durchsichtig farblos. Auf ihrem Durch- schnitt (z. B. wo sie eine Falte bildet) bemerkt man sehr deutlich eine sehr feine und dichte parallele Streifung, vertical die ganze Dicke durchsetzend, und dieser entsprechend an der Oberfläche eine feine und dichte Punktirung. Diese Zeichnung wird durch eine grosse Menge sehr feiner Porencanäle her- vorgebracht, welche die ganze Dicke der Kapselmembran durchsetzen. An einigen Individuen er- schienen ausserdem auf dem Querschnitt der Membran ein oder ein paar horizontale, der Fläche parallele Streifen, welche sich auf eine Zusammensetzung aus mehreren Schichten deuten lassen. Eine zellige polygonale Zeichnung aber, wie sie an der Kapselmembran von Th. nucleata meist so deutlich ist, war nie wahrzunehmen.“ Im Centrum der Kapsel liegt das sehr merkwürdig beschaffene Binnenbläschen oder der Kern der Thalassicolla, dessen Bau Haeckel schon ausführlicher besprochen hat. Der Kern ist eine 160— 200 a grosse Blase, ausgezeichnet dureh zahlreiche, peripherische, blindsackförmige Ausbuch- tungen, „die dicht gedrängt nach allen Seiten von der Oberfläche des Mittelkörpers abstehen. Ihre Zahl beträgt zwischen 20 und 40, meist unter 30. Ihre Form ist bald mehr sphaeroid, bald mehr ZI 164 Analytischer Theil. flach evlindrisch, in der Mitte nabelartig vertieft“, oder umgekehrt hervorgewölbt, „öfter auch an der Basis keilförmig verschmälert“. Der Inhalt des Kerns wird von Haeckel als „eine schwach licht- brechende, farblose, helle, zähe Flüssigkeit“ geschildert, „die meist homogen, seltener fein granulirt er- scheint“. Ausserdem findet sich jedoch in ihm noch ein sehr ansehnlicher Binnenkörper, weleher im frischen Zustand an enucleirten Binnenbläschen nur schwer und unvollständig wahrzu- nehmen ist, sofort aber deutlich wird, sowie man Osmiumsäure hinzugesetzt hat. Während jetzt der flüssige Inhalt feinkörnig serinnt, bleibt die Substanz des Binnenkörpers homogen, sie wird stark licht- breehend und nimmt scharfe Contouren an. Das deutliche Bild ist jedoch nur von kurzer Dauer, da schnell die Osmiumschwärzung eintritt und den voluminösen Körper des Binnenbläschens ganz un- durchsichtig macht; durch Zusatz von Beale’'schem Carmin kann diesem Uebelstand abgeholfen werden und es gelingt bei mehrfachen Versuchen Präparate zu erhalten, an denen der stärker gefärbte Binnen- körper in dem schwächer gefärbten und durch Glycerin aufgehellten Inhalt wieder sichtbar wird. Nach einem solchen Präparat, das man dann dauernd in Glycerin conserviren kann, ist die Figur 4 auf Tafel III gezeichnet. Der Binnenkörper ist ein meist dicker Strang, der stellenweise anschwillt oder umgekehrt in dünnere Verbindungsstücke sich auszieht; er tritt in alle die einzelnen Aussackungen des Binnen- bläschens ein und bildet in denselben eine oder mehrere Schlingen von der mannigfachsten Gestalt. Hierbei lässt sich bei der ungenügenden Durchsichtigkeit der nach der beschriebenen Methode gewon- nenen Präparate nicht mit Sicherheit feststellen, ob die Schlingen aller Aussackungen unter einander zusammenhängen oder nicht. Da ich für einen grossen Theil der Aussackungen das erstere nach- weisen konnte, halte ich es für wahrscheinlich, dass in der That überall der Zusammenhang besteht, dass somit der Binnenkörper wie eine grosse Schlange in zahllosen Verschlingungen und Biegungen sich durch alle Blindsäcke des Binnenbläschens hindurchwindet. Verästelungen, wie ich sie bei Tha- lassicolla nucleata beobachtet habe, scheinen hierbei nur selten vorzukommen; nur in zwei Fällen sah ich vom Hauptstamm einen Seitenzweig abgehen und mit der nächstvorüberziehenden Windung ana- stomosiren. Auf seiner Oberfläche ist der Kern von einer schon von Haeckel beobachteten feinen, aber festen Membran umhüllt. Bei der Behandlung mit Reagentien, namentlich mit Beale’schem Carmin und Glycerin, ist dieselbe sehr störend, da sie schwer durchgängig ist und in Folge dessen Schrum- pfungen und Faltungen der Oberfläche begünstigt. Der übrige Theil des Kapselinhalts ist vorwiegend Protoplasma und sondert sich in zwei eoneentrische Schichten; die äussere unmittelbar unter der Kapselmembran befindliche Schicht ist sehr dünn und enthält zahlreiche, ansehnlich grosse Körnchen, die radial angeordnet sind und daher eine parallele Streifung des äussersten Saums veranlassen, wie sie auch bei Thalassicolla nucleata vor- kommt. Ferner trifft man in dieser Schicht eine grosse Zahl unregelmässig vertheilter Oelkugeln von sehr verschiedener Grösse, welche alle Uebergänge von feinen, im Protoplasma vertheilten Fettkörnchen bis zu 30 grossen Kugeln erkennen lassen. In der zwischen dieser Rindenschicht und dem Kern gelegenen Zone hat das Protoplasma ein schaumiges Aussehen. Die zahlreichen Vacuolen, die dieses Aussehen bedingen, sind alle nahezu von gleicher Grösse, in radialen Reihen gestellt und durch ansehn- liche Brücken von einander getrennt. Bei frisch enucleirten Centralkapseln sind sie nicht immer sofort sichtbar, sondern werden es erst allmählig, indem sie in der intracapsulären Sarkode gleichsam auf- tauchen. Die von Haeckel bei ihnen angenommene zarte Membran ist nicht vorhanden; ebenso sind auch „die kleinen dunklen, fettglänzenden Körnchen“ keine constanten Bestandtheile und können, wo 5. Die Familie der Colliden. 165 sie vorhanden sind, nur als Fettkörnchen und keinenfalls als Zellkerne gedeutet werden, was Haeckel zu thun geneigt ist. Hiermit ist dann schon gesagt, dass die Vacuolen weder den Formwerth von Zellen, noch von Kernen besitzen; sie dürfen daher auch nicht mit den „wasserhellen Bläschen“ der Sphaerozoiden auf gleiche Stufe gestellt werden, da diese ächte Kerne sind. Dem das Binnenbläschen unmittelbar umgebenden Theil des Kapselinhalts schreibt Haeckel eine besondere abweichende Beschaffenheit zu. „Die eommunieirenden grabenartigen Vertiefungen zwischen den blindsackförmigen Ausbuchtungen“, heisst es, „werden von dieken dunklen Schleim- streifen erfüllt, die eine grosse Menge grösserer und kleinerer stark lichtbrechender Körperchen um- schliessen und in die schleimige, hellere, feiner granulirte Zwischenmasse zwischen den Bläschen des peripherischen Kapselinhalts nicht direet überzugehen scheinen. Doch bestehen sie wahrscheinlich ebenso wie die letztere aus intracapsulärer Sarkode. Wenigstens sah ich diese verzweigten dunklen Schleimstränge in einem Fall nach dem Zerdrücken der Centralkapsel im Seewasser langsame Bewe- gungen ausführen.“ Ich habe den hier geschilderten Unterschied nicht bestätigen können. In den Zwischenräumen zwischen den Blindsäcken des Binnenbläschens fand ich dieselbe grobkörnige, von Vacuolen durchsetzte Sarkode wie in den übrigen Theilen der Centralkapsel. Sollten übrigens auch die Vacuolen dann und wann fehlen, was ja leicht möglich ist, so wäre hiermit keineswegs dargethan, dass das Protoplasma sich von dem in den übrigen Theilen der Centralkapsel befindlichen Protoplasma irgendwie unterschiede. Wenn wir die vorliegende Schilderung der Thalassicolla pelagica mit der früher von Th. nu- cleata gegebenen vergleichen, so fällt der völlige Mangel der kleinen homogenen Kerne auf, die bei dem letztgenannten Radiolar noch ausser dem Binnenbläschen vorkommen können. Dies erklärt sich durch die Annahme, dass die beobachteten Exemplare sich auf einer früheren Entwicklungsstufe be- fanden und dass spätere die Fortpflanzung vorbereitende Stadien nicht zur Untersuchung gelangt sind. Die dritte der Gattung Thalassicolla angehörende Art, die Th. sanguinolenta, ist von Haeckel!) zuerst auf den canarischen Inseln beobachtet und unter diesem Namen kurz beschrieben worden; sie ist ferner mit den als Myxobrachia rhopalum und M. pluteus bezeichneten Colliden iden- tisch. Haeckel selbst ist, wie ich aus persönlicher Mittheilung weiss, der Ansicht, dass die bizarren Formen der beiden Myxobrachien rein mechanisch durch die Schwere der in der extracapsulären Sar- kode liegenden Haufen von Coecolithen und Coceosphaeren bedingt sind. Da nun die Myxobrachien in allem Uebrigen, namentlich im Bau der Centralkapsel, mit der Thalassicolla sanguinolenta überein- stimmen, so sind sie offenbar nichts weiter als Individuen dieser Art, bei denen die Form des extracapsulären Weichkörpers durch aufgenommene Fremdkörper in eigenthümlicher Weise modificirt worden ist. In ihrer Organisation steht die Thalassieolla sanguinolenta (Taf. III, Fig. 1) der Th. pe- lagica am nächsten, ohne jedoch mit ihr so sehr übereinzustimmen, dass man berechtigt wäre, sie nur für eine Varietät zu halten. Ihre Centralkapsel ist eine matt rosa gefärbte Kugel, deren Membran von der Fläche betrachtet eine feine, durch Porencanäle bedingte Punktirung zeigt, im Uebrigen aber structurlos ist, wie dies Haeckel auch von den Myxobrachien angiebt. Das sehr grosse central ge- legene und von einer festen Haut umschlossene Binnenbläschen ist wie bei Thalassicolla pelagica mit vielen Blindsäcken bedeckt, deren Zahl bei den von mir untersuchten kleineren Thieren etwa 20 betrug, während Haeckel dieselbe für seine viel grösseren und entwiekelteren Exemplare im Mittel auf 100 1) E. Haeckel, Beiträge zur Plastidentheorie: 3. Myxobrachia von Lanzerote. Jenaische Zeitschrift Bd. V. 8. 519. 1870 (auch separat erschienen in: „Studien über Moneren“ S. 106). 166 Analytischer Theil. bestimmte. Der wesentlichste Unterschied, welcher im Vergleich zu der Th. pelagica im Bau des Binnenbläschens, sowie zugleich im Bau des ganzen Organismus obwaltet, ist in der Form der Blind- säcke und in der Beschaffenheit ihres Inhalts gegeben. Die Blindsäcke sind bei der Th. sanguinolenta lang und spitz wie Zuckerhüte und ragen bis in die Nähe der Kapselmembran heran; an enucleirten Binnenbläschen verkürzen sie sich, erhalten abgerundete Enden und werden so zu breiten finger- förmigen Fortsätzen. Im Inhalt, der auch hier von einer im frischen Zustand wasserklaren, bei Osmium- zusatz körnig gerinnenden Flüssigkeit gebildet wird, fehlt der für die Th. pelagica so charakteristische grosse schlangenförmige Nucleolus; dagegen sind an seiner Stelle — wenigstens war dies bei einem Exemplar der Fall — zahlreiche kleine Körperchen vorhanden, die nach Osmiumcarminbehandlung zum Vorschein kommen und als Kernkörperchen zu betrachten sind. Dieselben liegen dicht unter der Membran des Binnenbläschens und verleihen der Oberfläche ein getüpfeltes Aussehen. Das Protoplasma, welches den nach Abzug des Binnenbläschens übrig bleibenden Raum der Centralkapsel erfüllt, ist reich an Körnchen, die alle von beträchtlicher Grösse und gleicher Be- schaffenheit sind, und sondert sich in die auch bei Th. pelagica erkennbaren Schichten, eine breite radialstreifige Rinde und eine innere, von Vaeuolen durchsetzte Masse. In der Rinde liegen dicht unter der Kapselmembran eine grosse Zahl von kleinen rosarothen Oelkugeln, welche die Färbung der gesammten Centralkapsel bedingen und alle von derselben Grösse und in regelmässigen Intervallen gestellt sind. In der Markmasse dagegen kommen keine anderen Einschlüsse vor als die Vaeuolen, die in radialen Reihen stehen, annähernd gleiche Durchmesser besitzen und von einander durch breite Sarkodebrücken getrennt werden. Während nun Haeckel die Oelkugeln der Myxobrachia und ihre Anordnung fast mit den- selben Worten beschreibt, wie es hier geschehen ist, weicht er in seinen Angaben über die Vacuolen- schieht von der gegebenen Darstellung beträchtlich ab. Nach ihm sind in der intracapsulären Sarkode der Myxobrachien zweierlei Formelemente vorhanden, denen er beiden die Bedeutung von Zellen bei- misst. „Der äussere peripherische Theil des Kapselraums wird von sehr kleinen, hellen, kugeligen Zellen eingenommen, welche mit den bei allen Radiolarien in der Centralkapsel constant vorkom- menden „wasserhellen, kugeligen Bläschen“ identisch sind. Dieselben sind ächte kernhaltige Zellen und haben wahrscheinlich die Bedeutung von Sporen oder Keimkörnern. Weiter nach innen in der unmittelbaren Umgebung der Binnenblase liegen statt deren drei- bis viermal grössere, dunklere, stark lichtbrechende kugelige Zellen, welche einen grossen Nucleus und Nucleolus einschliessen.“ Beim Lesen dieser Schilderung ist es mir wahrscheinlich geworden, dass Haeckel Exemplare vor sich ge- habt hat, bei denen sich im Kapselinhalt schon die zur Schwärmerbildung überleitenden kleinen homo- genen Kerne entwickelt hatten. Als letztere wären dann die „kleinen hellen Zellen“ anzusehen, wäh- rend die „grösseren dunklen Zellen“ vielleicht den Vacuolen entsprechen, die während der Ausbil- dung der Centralkapselkerne zum Theil eine Zeit lang noch erhalten bleiben. In der Beschaffenheit des extracapsulären Weichkörpers unterscheidet sich die Th. sanguino- lenta — und wenn wir von den Coceolithen und den durch sie bedingten Deformitäten absehen, auch die Myxobrachia — von der Th. pelagica durch die geringeren Mengen der Sarkode und ausserdem nach Haeckel’s Schilderung noch durch die Anwesenheit zahlreicher extracapsulärer Oelkugeln, die farblos und in radialen Reihen zwischen den Alveolen angeordnet sind. Die Oelkugeln fehlten bei den von mir untersuchten Exemplaren. Die höchste Entwicklungsstufe scheint die Familie der Colliden in dem Physematium Mülleri zu erreichen, zugleich einer der wenigen Arten, bei welchen ein Skelet vorhanden ist. 6. Sphaerideen. 167 Leider habe ich auch dieses Mal keine Gelegenheit gehabt, dieses in vielfacher Hinsicht interessante Radiolar zu untersuchen. 6. Sphaeridea. Die Familien der Ethmosphaeriden, Ommatiden und Spongosphaeriden. Nach Ausschluss der schon besprochenen Acanthophractiden und Collosphaeren bleiben zahl- reiche Radiolarienarten übrig, deren Skelet von ein oder mehreren Gitterkugeln gebildet wird. Wenn wir von denselben noch weiterhin die Gattungen Coelodendrum und Aulosphaera, die durch hohle röhrenförmige Skeletstücke und durch eine besondere Structur der Centralkapselmembran ausgezeichnet sind, lostrennen, so erhalten wir eine Gruppe, welche in der Beschaffenheit des Weichkörpers und der Kieseltheile übereinstimmend gebaut ist und daher als eine natürliche Abtheilung angesehen werden muss, für die ich den ihr neuerdings von Haeckel!) gegebenen Namen Sphaerideen beibehalte. Diese Abtheilung unterscheidet sich von den Acanthophraetiden und Collosphaeriden, von denen sie früher nieht genügend getrennt wurde, durch die lange Dauer des einkernigen Zustandes, von den Acanthophractiden ausserdem noch dadurch, dass die Gitterkugeln aus Kieselsäure bestehen und nicht wie bei diesen durch die weitere Entwieklung von 20 regelmässig nach Müller’s Gesetz angeordneten Stacheln hervorgegangen sind. Zu den Sphaerideen rechne ich folgende drei von Haeckel früher an verschiedenen Stellen des Systems untergebrachten, in seiner neueren Schrift aber vereinten Familien: 1) die Ethmo- sphaeriden, 2) die Ommatiden, 3) die Spongosphaeriden. Die Ethmosphaeriden umfassen hierbei nicht allein die Heliosphaeriden und Arachnosphaeriden, sondern auch die Cladococeiden, welche mit Unrecht als Entolithia den beiden anderen Unterfamilien als den Eetolithia gegenübergestellt wurden. Die Ommatiden entsprechen den Ommatiden Haeckel’s, mit dem Unterschiede, dass alle Acantho- phractiden und ausserdem die tetrapyleartigen Thiere nicht mit eingeschlossen sind. Die Spongosphae- riden werden durch die beiden Gattungen Rhizosphaera und Spongosphaera repräsentirt. I. Das Skelet der Sphaerideen. In den Schriften Ehrenberg’s und Müller’s, vor Allem aber in der Monographie Haeckel’s, haben die hier zu behandelnden Skeletformen eine so genaue Schilderung erfahren, dass ich dieselbe nur habe bestätigen können. Die folgende zusammenhängende Darstellung, obwohl überall auf eigenen Beobachtungen fussend, bietet daher nur da, wo es sich um bisher noch nicht beschriebene Formen handelt, neues Material, schliesst sich dagegen im Uebrigen, auch wenn es nicht besonders hervor- gehoben ist, den von früheren Forschern gemachten Angaben an. Die Ausgangsform für das Skelet der Sphaerideen ist eine kieselige Gitterkugel, die sich nieht aus einzelnen, den Gittertafeln der Acanthophraetiden analogen Theilen zusammensetzt und wahr- scheinlich auch von Anfang an als ein eontinuirliches Stück auf einmal entsteht. Entweder ist nur eine Gitterkugel vorhanden, oder es sind mehrere eoncentrisch in einander geschachtelt und durch radiale Stäbe verbunden. Das erstere ist bei den Ethmosphaeriden, das letztere bei den Ommatiden und Spongosphaeriden der Fall. 1) E. Haeckel, Das Protistenreich, eine populäre Uebersicht über das Formengebiet der niedersten Lebewesen. Mit einem wissenschaftlichen Anhange: System der Protisten. Leipzig 1878, abgedruckt aus dem Kosmos Bd. III. 168 Analytischer Theil. Die Gitterkugel der Ethmos phaeriden findet sich in ihrer einfachsten Gestalt bei der Heliosphaera inermis und besteht hier allein aus sehr dünnen, zu hexagonalen Figuren verbun- denen Stäbehen. Die Sechsecke sind nicht gerade von mathematischer Genauigkeit, immerhin aber an allen Stellen der Kugeloberfläche ziemlich gleichmässig ausgebildet; sie kehren auch bei den übrigen Arten der Familie wieder und sind nur selten, wie z. B. bei der von mir nicht beobachteten Gattung -Ethmosphaera und den Arten Raphidoeoceus aeufer und Cladococeus viminalis zu Kreisen abgerundet, indem die trennenden Kieselbälkchen in den Ecken sich verbreitert haben. Eine Complication dieser einfachsten Skeletform wird dadurch herbeigeführt, dass von den Bälkchen der Gitterkugel, besonders häufig von den Stellen, wo je drei derselben in der Ecke einer Masche zusammentreffen, Anhänge der mannigfachsten Art entspringen, die nach aussen hervorragen. Am verbreitetsten sind Stacheln, die entweder alle gleichmässig fein sind wie bei H. tenuissima, oder wegen ihrer verschiedenen Stärke als Haupt- und Nebenstacheln unterschieden werden müssen, wie bei H. actinota, H. echinoides und H. elegans. An Stelle von Stacheln kommen bei Cladococeus stärkere Stämmchen vor, die in einiger Entfernung von der Gitterkugel sich diehotomisch zu verästeln beginnen. Indem die Dichotomie sich in regelmässigen Intervallen wiederholt, wächst das Ganze schliesslich zu einem dichten Baum heran, dessen Aestchen um so feiner werden, je entfernter sie von der Gitterkugel sind. Zierlicher als alle die geschilderten Anhänge sind die Stacheln einer neuen Heliosphaera, die ich H. insignis nenne (Taf. V, Fig. 7). Dieselben sind ungefähr zu 120 auf der Oberfläche der 200 y im Durchmesser betragenden zarten Gitterkugel in den Eeken der hexagonalen 20 » grossen Maschen befestigt; sie sind selbst 180 p lang und zusammengesetzt aus drei schmalen, unter gleichen Winkeln auf einander stossenden Blättern, von denen ein jedes sich an seiner Basis in eines der drei in der Ecke sich vereinenden Gitterstäbehen fortsetzt; am peripheren Ende gehen sie in eine kurze Spitze aus. Die freien Kanten der Blätter sind .mit kleinen Hervorragungen bedeckt, die wie Knöpfehen aus- sehen und in einer doppelten, korkzieherartig aufsteigenden Spirale gestellt sind. Die Stacheln der Gitterkugel sind in der Unterfamilie der Arachnosphaeriden durch feine Kieselfäden verbunden, die alle ungefähr in einer Kugelebene von Stachel zu Stachel laufen und so ebenfalls ein, wenn auch viel grobmaschigeres und locker geflochtenes Gitter erzeugen. Bei jungen Thieren fehlend, entwickelt sich dasselbe erst während der Alterszunahme, indem von den Stacheln aus seitliche Fortsätze einander entgegenwachsen und mit einander verschmelzen; es ist somit im Gegensatz zu der von Anfang an vorhandenen Gitterkugel eine secundäre Bildung und wird deshalb auch zweckmässig mit einem besonderen Namen als Kieselnetz bezeichnet. Am einfachsten ist diese Skeletform bei einer neuen Art, der Diplosphaera spinosa (Taf. V, Fig. 2); die Gitterkugel be- sitzt hier einen Durchmesser von 220, die einzelnen von dünnen Stäbchen begrenzten Maschen sind 24. gross, die Stacheln haben eine Länge von 360 x und an den Basen eine Dicke von Ay. und sind ungefähr zu 30—40 auf der Kugeloberfläche vertheilt. Sie bestehen ebenfalls aus drei unter gleichen Winkeln zusammentretenden Blättern, von denen ein jedes in regelmässigen Intervallen mit äusserst feinen und spitzen Zähnchen besetzt ist. Die Zähnchen der drei Blätter ordnen sich in einer aufstei- genden Spirale an, sind an der Basis am längsten und werden nach der allmählig sich verjüngenden Stachelspitze hin immer feiner. Ungefähr 200 x von der Gitterkugel entfernt sendet jeder Stachel sechs feine, paarweis von je einer Blattkante entspringende Kieselfäden aus, welche an die entsprechenden Punkte benachbarter Stacheln herantreten und so ein spinnwebenartiges Kieselnetz mit grossen drei- eckigen Maschen bilden. Nach aussen von dem Netz giebt der Stachel noch 2—3 Wirtel von Seiten- zweigen ab, die in gleicher Weise auch bei anderen Ethmosphaeriden (Diplosphaera gracilis) vorkommen 6. Sphaerideen. 169 und von Haeckel den Namen „Wimperquirle“ erhalten haben. Jeder Wimperquirl hat drei Zweige, die dreikantig und mit Zähnchen besetzt und dem Hauptstachel schwach zugebogen sind. Da die Zweige des basalen Wirtels am grössten, die des am meisten peripher gelegenen umgekehrt am kleinsten sind, nehmen die nach aussen von dem Kieselnetz befindlichen Theile der Stacheln die Form zierlicher, tannenbaumartiger Aufsätze an. Bei einer von Haeckel beobachteten zweiten Art, der Diplosphaera graeilis, bei welcher die Zähnelung der grossen Stacheln fehlt, dagegen ausser diesen noch Nebenstacheln vorkommen, com- plieirt sich das Kieselnetz dadurch, dass unter rechten Winkeln von den Kieselfäden Seitenäste abgehen, die ihrerseits abermals den Fäden parallele Aestchen aussenden. So entsteht ein von rechtwinkligen Maschen gebildetes Netz, das ausserordentlich viel feiner ist als bei D. spinosa. Die Diplosphaera graeilis leitet zu den Arachnosphaeren über, welche von mir leider nur nach jugendlichen oder stark verstümmelten Exemplaren untersucht werden konnten. Bei diesen Ra- diolarien entspringen, ebenfalls paarweis vereint, von den starken dreikantigen Radialstacheln je sechs verzweigte und anastomosirende Seitenäste, die sich zu Kieselnetzen mit unregelmässig polygonalen Maschen verbinden. Während aber bei Diplosphaera nur eine derartige Umhüllung entwickelt ist, sind bei'den Arachnosphaeren 4—6 Kieselnetze, eoncentrisch unter sich und mit der Gitterkugel, in einander geschachtelt. Eine grössere Mannigfaltigkeit, wie sie das Sphaerideenskelet bei den Arachnosphaeriden durch die von aussen erfolgende Anbildung neuer Theile erreicht, wird bei den Ommatiden durch die Vervielfältigung der Gitterkugeln herbeigeführt. Am häufigsten sind: zwei derselben vorhanden, von denen dann die innere als „Markschale“ (Haeckel) oder als „Nucleus“ (Joh. Müller) von der äusseren oder der „Rindenschale“ unterschieden wird; doch sind auch grössere Zahlen nicht selten, wie denn Arten mit vier in einander geschlossenen Gitterkugeln schon durch Ehrenberg, wenn auch nicht lebend beobachtet, so doch nach ihrem Skelet beschrieben worden sind. Unter einander sind die Kugeln, wie schon oben kurz erwähnt wurde, durch radiale Stäbe verbunden, die auf der Ober- fläche der Markschale beginnen und nieht wie bei den Acanthophraetiden im Mittelpunkt des Körpers zur Vereinigung gelangen. Ueber die Entwicklungsweise des Ommatidenskelets ist Nichts be- kannt, da alle von mir und Anderen beobachteten Arten stets schon mit allen für sie charakteristischen Kieseltheilen ausgerüstet waren; es macht dies die Annahme wahrscheinlich, dass die einzelnen Gitter- kugeln auf einmal angelegt werden und nicht durch Verwachsen einzelner vorher gebildeter Stücke entstehen. An der Spitze der Ommatiden steht die Gattung Haliomma mit nur zwei Gitterkugeln, einer Mark- und einer Rindenschale. Bei Haliomma erinaceus (Taf. IV, Fig. 1) ist die im Centrum des Körpers gelegene Markschale 25 x gross und von unregelmässig polygonalen Maschen durchbrochen, die im Mittel einen Durchmesser von 10x haben und von einander durch sehr dünne Bälkchen ge- trennt sind. Von diesem Skeletcentrum entspringen an den Ecken der Maschen etwa 20 dünne, runde Verbindungsstäbe, die keine bestimmte Anordnung erkennen lassen, radial zu der äusseren, im Durchmesser 180 x. messenden Rindenschale verlaufen und hier regellos bald in der Mitte der Gitter- bälkchen, bald an den Punkten, wo mehrere derselben zusammenstossen, sich befestigen. Die Maschen der Rindenschale sind von sehr verschiedener Grösse und Gestalt; die Ecken der von ihnen gebildeten polygonalen, je nach Bedürfniss drei- bis sechseckigen Figuren sind abgerundet, so dass die um- grenzenden schmalen Kieselbrücken, den Charakter rundlicher Stäbe, welchen sie in der Familie der Ethmosphaeriden haben, einbüssen. Auf der Oberfläche des Skelets finden sich kurze derbe Dornen Jen. Denkschriften II. 3. 22 170 Analytischer Theil. mit Vorliebe in der Verlängerung der Radialstäbe, nicht selten aber auch an beliebigen anderen Punkten. Die Markschale einer dem H. eehinaster nahe stehenden, wenn nicht sogar mit ihm identi- schen Ommatide (Taf. IV, Fig. 6) ist im Allgemeinen wie die von H. erinaceus beschaffen, nur ist sie grösser und besitzt grössere Maschen als diese; dagegen ist die Rindenschale durch einen sehr regel- mässigen Bau ausgezeichnet. Ihre Oeffnungen (Taf. IV, Fig. 9) sind kreisrund, fast überall gleich gross und über die Oberfläche gleichmässig vertheilt, was zur Folge hat, dass jede an sechs benachbarte Oeffnungen grenzt; die zwischen ihnen befindlichen Gitterbrücken sind sehr breit und durch schmale Leisten gestützt, die auf der äusseren Seite der Gitterkugel mitten zwischen zwei an einander stossenden Oeffnungen verlaufen und entsprechend der Anordnung derselben sich zu hexagonalen, je ein Gitter- loch umschliessenden Figuren verbinden. Vereinzelt kommen Unregelmässigkeiten im Skelet vor (Taf. IV, Fig. 9a), indem da, wo die Öeffnungen kleiner sind, die durch die Leisten bedingten, ge- wöhnlich hexagonalen Figuren durch Vier-, Fünf- oder Siebenecke ersetzt werden, bis allmählig ein Ausgleich eingetreten ist. Die geschilderte Form der Gitterkugel lässt sich sehr leicht aus der Helio- sphaeridenkugel ableiten, wenn wir annehmen, dass nur die Leisten den Kieselstäbchen der letzteren entsprechen. Dann sind die breiten Brücken Neubildungen, die diaphragmaartig von den Leisten aus in den Raum der Maschen eingewuchert sind, das Lumen derselben beschränkend. Beide Gitterkugeln werden durch dünne Stäbe mit einander verbunden, ausserdem ist die äussere auf ihrer Oberfläche mit langen spitzen Stacheln bedeckt, welche bei dem von mir untersuchten wohl erhaltenen Exemplar sehr fein und gleichartig waren, während bei H. echinaster die in der Verlänge- rung der Radialstäbe gelegenen durch bedeutendere Stärke die übrigen übertreffen. Zwischen die bei den Haliommen allein anwesenden Mark- und Rindenschalen schiebt sich in der Gattung Actinomma noch eine dritte intermediäre Gitterkugel ein. Leider habe ich nur eine einzige, dem A. asteracanthion nahe stehende Art und auch diese nur unvollkommen untersuchen können (Taf. IV, Fig. 4). Die beiden äusseren Gitterkugeln glichen hier einander im Bau und waren von gleichmässigen Oeffnungen durchbohrt, wie ich es soeben für Haliomma echinaster geschildert habe; die innerste dagegen war ausnehmend klein, dünnwandiger und unregelmässiger als jene. Die Verbindungsstäbe, von denen wahrscheinlich ausser den vier in der Figur abgebildeten und kreuzweis gestellten nur noch zwei weitere vorkommen, waren zwischen der Markschale und der intermediären Gitterkugel dünne Kieselfäden, zwischen dieser und der Rindenschale jedoch dicke dreikantige Prismen, denen auf der Oberfläche des Skelets noch dickere, ebenfalls dreikantige Stacheln entsprachen, während Nebenstacheln fehlten. Bevor wir das Skelet der Ommatiden verlassen, habe ich noch die Gründe anzugeben, weshalb ich zwischen ihm und dem Skelet der Arachnosphaeriden einen prineipiellen Unterschied gemacht habe, obwohl doch beide das Gemeinsame besitzen, dass sie aus concentrischen Kieselhüllen bestehen: mit anderen Worten, weshalb das eine Mal die Hüllen als Kieselnetze, das andere Mal als Gitterkugeln bezeichnet wurden. Die Antwort hierauf ist zum Theil schon im Obigen enthalten. Wie wir gesehen haben, beruht das Charakteristische der Kieselnetze der Arachnosphaeren darauf, dass sie sich seeundär von den Radialstacheln aus durch Verschmelzen von Fortsätzen derselben entwickeln; ein solcher Bildungsmodus ist aber für die Rindenschalen der Ommatiden weder bewiesen, noch bei dem Bau derselben überhaupt wahrscheinlich. Denn sollten dieselben genetisch sich von den Radialstäben ab- leiten, so müssten letztere Knotenpunkte in ihnen bezeichnen, wie dies bei den Acanthophraeten und Arachnosphaeren in der That zutrifft, es müssten die zahlreichsten und stärksten Gitteräste von ihnen 6. Sphuerideen. 171 ausgehen. Sehen wir uns die Skelete der Ommatiden hierauf an, so ist vielfach das Gegentheil der Fall, indem unter Umständen die Stäbe nieht einmal in den Ecken der Maschen, sondern an dünnen Querbrücken sich ansetzen. Eher könnte man daher die Ansicht vertheidigen, dass die Markschale von den Radialstäben secundär entstanden ist und dass somit die Rindenschale der Ommatiden als ursprünglicher Theil des Skelets der einfachen Gitterkugel der Heliosphaeren entspricht; es würde dann das Skelet der Ommatiden aus dem der Heliosphaeriden durch ein centripetales Wachsthum hervorgegangen sein, während das Skelet der Arachnosphaeriden einem centrifugalen Wachsthum seinen Ursprung verdankt. Die bei den Arachnosphaeriden und Ommatiden getrennt auftretenden Charaktere, die Anwesenheit der Kieselnetze und der Besitz einer grösseren Zahl von Gitterkugeln, sind bei den Spongosphae- riden vereint, weshalb das Skelet dieser Familie die höchste Entwicklungsstufe in der Gruppe der Sphaerideen erreicht. Bei den zwei allein hierher gehörigen Gattungen Rhizosphaera und Spongosphaera sind zwei Gitterkugeln vorhanden, deren Grösse niemals auch nur irgend wie beträchtlich ist. Die innere der Gitterkugeln gleicht in ihrer Beschaffenheit der Markschale der Ommatiden und misst im Durchmesser bei Rhizosphaera trigonacantha (Taf. IV, Fig. 3 und 10) 55 x, bei Spongosphaera strepta- cantha (Taf. IV, Fig. 5 und 5a) nur 18%; die äussere ist nicht viel grösser (bei dem erstgenannten Radiolar 95 x, bei dem anderen 38) und in Folge dessen mit jener nur durch kurze Radialstäbe verbunden; ihr Bau ist sehr unregelmässig; die Gittermaschen sind ungleich gross und keineswegs in einer und derselben Fläche angebracht, indem manche in radialer Richtung gestellt sind und deshalb bogenförmig über die übrigen hervorragen; ausserdem schieben sich zwischen das Ende der Radialstäbe und die Gitterkugel ein oder mehrere kleine Maschen ein, welche ebenfalls nicht in die Kugeloberfläche fallen, sondern zu ihr senkrecht stehen. Alles dies hat zur Folge, dass die Rindenschale mehr den Charakter eines spongiösen Gerüsts als einer Gitterkugel hat und dass sie sich gegen die Markschale nur undeutlich absetzt. Von der Oberfläche der Rindenschale, welche ich der Rindenschale der Ommatiden und der einzig vorhandenen Gitterkugel der Ethmosphaeriden vergleiche, entspringen zahlreiche dreikantige Stacheln, die anfänglich nur kleine kurze Dornen sind (Taf. IV, Fig. 10), später aber an Grösse zu- nehmen und bei alten Thieren in analoger Weise wie bei den Arachnosphaeren durch seitliche Aus- läufer mit einander in Verbindung treten (Fig. 3). Bei Rhizosphaera trigonacantha sind die 60 x langen sehr zahlreichen Stacheln kräftige Skeletstücke, welche mit kurzen Spitzen enden und alle von gleicher Stärke sind. Von jedem gehen etwas unterhalb des peripheren Endes in tangentialer Richtung drei gleichfalls derbe Ausläufer aus, die sich nur wenig verästeln und, indem sie unter einander anastomo- siren, ein grobmaschiges Gitter von ähnlicher Beschaffenheit wie das der Rindenschale erzeugen. Beide Gitter werden von einander durch einen breiten Zwischenraum getrennt, innerhalb dessen die Radial- stacheln keine Seitenäste abgeben. Wesentlich anders verhält sich Spongosphaera streptacantha (Taf. IV, Fig. 5 u. 5a); hier fallen sofort etwa 11 Stacheln durch ihre ausserordentliche Länge von 1 mm und ihre im Vergleich zu den Gitterkugeln ansehnliche Breite von 15 x. auf. Gleichmässig über die Kugel- oberfläche vertheilt strahlen sie nach allen Richtungen aus und bestehen aus drei am freien Rande scharf gezähnten Blättern, die sich wie bei Heliosphaera insignis und Diplosphaera spinosa unter glei- chen Winkeln vereinigen. An den Kanten der Blätter nehmen zahllose feine Kieselfäden ihren Ur- sprung, die sich wiederholt gabeln, dabei nach allen Richtungen des Raumes sich ausbreiten und unter einander, sowie mit den Kieselfäden benachbarter Stacheln zur Bildung polygonaler Maschen anasto- mosiren. So entsteht ein spongiöses Netzwerk, das unmittelbar nach aussen von der Rindenschale 22# 72 Analytischer Theil. beginnt und dieselbe mit einer 150 2 dicken Schicht umhüllt. In dasselbe treten ferner zahlreiche Kieselfäden ein, die von der Rindenschale entspringen und im Gegensatz zu den grossen, weit über das Gitterwerk hinausragenden Hauptstacheln als Nebenstacheln bezeichnet werden können. II. Der Weichkörper der Sphaerideen. Bei allen Sphaerideen ist der Weichkörper sehr ähnlich gebaut; namentlich ist ein wichtiger, der ganzen Gruppe gemeinsamer Charakter darin gegeben, dass lange Zeit über nur ein einziger Kern vorhanden ist, dass dieser Kern eine Kugelgestalt besitzt und als sogenanntes Binnenbläschen im Cen- trum der Centralkapsel lagert, selbst in den Fällen, wo die Mitte durch die innerste Gitterkugel ein- genommen wird. Diese Beschaffenheit des Kerns ist für uns eine weitere Veranlassung, die nach dem Bau des Skelets zusammengefassten Formen für systematisch verwandt zu halten, wie er andererseits uns auch in den die Beschreibung der Gruppe einleitenden Worten bestimmte, die vielkernige und ausserdem auch Colonie bildende Collosphaera von den Sphaerideen auszuschliessen. Wie die Gitterschalen des Skelets meistentheils, man möchte fast sagen, mathematisch genaue Kugeln vorstellen, so ist die Centralkapsel ebenfalls regelmässig sphaerisch und verliert diese Form auch bei den Spongosphaeriden nicht, deren Skelet die bei den übrigen Sphaerideen herrschende Ge- setzmässigkeit vermissen lässt. Umhüllt wird sie von einer zarten Kapselmembran, die gewöhnlich nur wie eine einfache Contour erscheint. Niemals sah ieh dieselbe sich als eine derbe, doppelt con- tourirte Haut nach Glycerinbehandlung vom Kapselinhalt abheben, wie dies bei den Colliden, Cyrtiden, Aulosphaeriden u. A. der Fall ist. F Von Interesse sind die Lagebeziehungen der Centralkapseln zum Skelet. Diesem Verhältniss hatte Haeckel früher eine grosse Bedeutung für das System zugeschrieben, indem er die Radiolarien in Entolithien und Ektolithien theilte; bei letzteren sollte das Skelet in seiner Gesammtheit ausserhalb der Centralkapsel liegen, bei ersteren nur zum Theil, während ein anderer Theil sich innerhalb der Kapselmembran befände. In consequenter Durchführung dieses Eintheilungsprineipes rechnete Haeckel die Heliosphaeriden und Arachnosphaeriden, Alles Formen mit nur einer Gitterkugel, zu den Ekto- lithien, alle übrigen Familien, von denen nur die Cladococeiden eine Gitterkugel, die anderen deren mehrere haben, zu den Entolithien. Wie wir nun im Folgenden sehen werden, ist dieses von Haeckel neuerdings selbst aufgegebene Eintheilungsprineip nicht allein unnatürlich, sondern überhaupt nicht durehführbar. Denn die relative Lagerung der Gitterkugel kann bei einer und derselben Art nach dem Alter des Thiers und der mit dem Alter in Zusammenhang stehenden Grösse der Centralkapsel wechseln. Betrachten wir zunächst die Formen mit einer Gitterkugel, die Familie der Ethmosphae- riden. Bei den Heliosphaeren ist die Centralkapsel so klein, dass sie durch einen ansehnlichen Zwischenraum von der stets extracapsulär gelegenen, hier ganz besonders grossen Gitterkugel getrennt wird. Dieser Zwischenraum verringert sich bei den Diplosphaeren, insofern hier die Gitterkugel bei der D. spinosa zwar noch extracapsulär war, bei der D. gracilis dagegen schon halb von der Centralkapsel umwachsen wurde. Für die Arachnosphaeren hebt Haeckel hervor, dass die Gitterkugel nicht selten so dicht der Kapseloberfläche aufliegt, dass sie von der extracapsulären Sarkode umhüllt wird; es könne dies leicht zu Täuschungen Veranlassung geben, als habe man es mit einem intracapsulären Skelet zu thun, eine Täuschung, die durch Zusatz von Schwefelsäure, welche die 6. Sphaerideen. 173 extracapsulären Weichtheile zerstört, vermieden werde. Diese Angaben kann ich jedoch nicht bestä- tigen, da alle von mir beobachteten Exemplare von A. myriacantha, darunter junge Thiere, bei denen die Kieselnetze erst in Entwicklung begriffen waren, intracapsuläre Gitterkugeln besassen; es liess sich dies an Carminosmiumpräparaten, die in Canadabalsam eingeschlossen wurden, mit aller Sicherheit nachweisen. Den Cladocoeeiden hinwiederum schreibt Haeckel ausnahmslos intracapsuläre Gitterkugeln zu, indessen mit Unrecht. Cladococeus cervieornis, den ich genauer hierauf hin untersucht habe, verhält sich je nach der Grösse seiner Centralkapsel verschieden. Um dies gleich an einem bestimmten Beispiel zu illustriren, so maass bei einem Exemplar die Centralkapsel 100 x, die Gitterkugel 81 p, letztere lag somit intracapsulär. Bei einem anderen Exemplar waren die entsprechenden Maasse 75 y. und 79; hier hatte ich eine extracapsuläre Gitterkugel vor mir, die durch einen, wenn auch kleinen Zwischenraum von der Kapseloberfläche getrennt wurde. Da im letzteren Falle die baumförmigen Auf- sätze wenig ausgebildet und mit nur spärlichen Aesten versehen waren, musste das Exemplar für ein junges Thier gelten und folgt hieraus, dass bei den Cladoeoecen die Centralkapsel ursprünglich kleiner ist als die Gitterkugel und von dieser umschlossen wird, dass sie sich aber bei zunehmendem Alter des Thiers vergrössert und dabei die in ihren Dimensionen sich gleich bleibende Gitterkugel umwächst. Um übrigens die Artidentität der Individuen, auf die sich die vorstehenden Angaben beziehen, voll- kommen sicher zu stellen, füge ich die wichtigsten Maasse des Skelets hier bei, zum Zeichen, dass in denselben eine nahezu völlige Gleichheit herrschte. Der Durchmesser der Maschen betrug das eine Mal 13», das andere Mal 14 x, die Dicke der Zwischenbälkcehen beidesmal etwa 1,5 x, die Länge der Sta- cheln bis zur Gabelung 30—36 » und 27—30 y, ihre Dieke beidesmal 2,5 y. Den Durchwachsungsprocess, den ich hier für die Cladocoeeiden angenommen habe, konnte ich bei einer anderen Sphaeridee noch weiter sicher stellen und über die Art, wie er sich vollzieht, eine Vorstellung gewinnen. Es war eine Diplosphaera, deren äusseres Skelet so stark verletzt war, dass eine genaue Bestimmung hierdurch verhindert wurde; da die wenigen Stacheln, die erhalten waren, nicht die für D. spinosa charakteristische Zähnelung zeigten, beziehe ich das Exemplar auf D. graeilis. Die Centralkapsel des leider erst nach der Carminosmiumbehandlung aufgefundenen Thieres (Taf. V, Fig. 1) war mit zahlreichen Aussackungen bedeckt, von denen ungefähr 30 auf die Peripherie des kreisförmigen optischen Durchschnitts kamen. Die einzelnen Aussackungen waren ungefähr 28 y. breit und etwa doppelt so lang und lagerten alle dicht neben einander; sie wurden von bräunlich rothen Pigmentkörnchen erfüllt und von einer sehr dünnen Kapselmembran umschlossen. Vom Skelet waren nur die Ueberreste der dreikantigen Stacheln sichtbar, die Gitterkugel dagegen gelangte erst beim Zerzupfen der Diplosphaera zum Vorschein (Taf. V, Fig. 1b). Betrachtete man nämlich abgerissene Stücke der oberflächlichen Centralkapselschicht von der Fläche, so erblickte man am Grund der Fur- chen zwischen den Aussackungen die dünnen Kieselbälkchen einer aus hexagonalen Maschen beste- henden Gitterkugel; die Aussackungen waren somit durch die einzelnen Gittermaschen wie ein Bruch- sack durch die Bruchpforte vorgestülpt, woraus sich das eigenthümliche Aussehen der Centralkapsel erklärte. Dieser Befund lässt es nun wahrscheinlich erscheinen, dass die Umwachsung der Gitterkugel sich bei den Sphaerideen in folgender Weise vollzieht. Die anfangs kleine Centralkapsel treibt bei ihrer Grössenzunahme Blindsäcke durch die Maschen der Gitterkugel; diese Blindsäcke verschmelzen später unter einander und es regenerirt sich hierbei die Kapselmembran, die nunmehr die Gitterkugel von aussen umgjiebt. Bei den Ommatiden (Taf. IV, Fig. 1. 2. 6) ne die innerste Skeletkugel, die Markschale 174 Analytischer Theil. Haeckel’s oder der Nucleus J. Müller’s, stets in der Centralkapsel, die äusserste ausserhalb der- selben. Die dritte intermediäre Kugel wurde bei dem von mir beobachteten Exemplar von Actinomma asteracanthion (Taf. IV, Fig. 4) ebenfalls von der Kapselmembran umgeben; das Gleiche gilt nach Haeckel auch für die übrigen verwandten Arten. Die zwei Gitterkugeln, die den Skeletkern der Spongosphaeriden bilden, finden sich bei erwachsenen Thieren (Taf. IV, Fig. 3 u. 5a) stets intracapsulär und waren es auch schon bei den jüngsten Exemplaren von Spongosphaera streptacantha (Fig. 5), die ich beobachtet habe, und die einen Centralkapseldurchmesser von nur 34. besassen. Dagegen verhält sich Rhizosphaera trigonacantha in diesem Punkte abweichend. Beim jüngsten Thiere dieser Art mit einer 70x grossen Centralkapsel, bei welchem die Radialstacheln noch fehlten, verlief die Contour der Centralkapsel vollkommen inner- halb der äusseren Gitterkugel (Taf. IV, Fig. 10); bei drei anderen Individuen, deren Centralkapsel- durchmesser 76», 85, 91. betrugen, deren Stacheln zwar vorhanden waren, aber entweder gar keine Balken des äusseren Kieselgerüstes oder nur Ansätze zu solchen aufwiesen, lagen allein die nach aussen vorspringenden Maschen der Gitterkugel noch ausserhalb; bei dem ältesten Thier endlich (Taf. IV, Fig. 3) mit 152 x grosser Centralkapsel war die Gitterkugel tief in das Innere der letzteren vergraben. Bei Rhizosphaera wird somit die äussere Gitterkugel erst ganz allmählig umwachsen. Was nun die Beschaffenheit des Kapselinhalts anlangt, so wurde schon am Eingang der Besprechung das wichtige Merkmal betont, dass nur ein Kern vorhanden ist, der als Binnenbläschen das Centrum der Centralkapsel einnimmt. Sein Bau ist in den einzelnen Familien, häufig sogar bei den Gattungen einer und derselben Familie verschieden. Am einfachsten beschaffen ist der Kern bei den Ommatiden; bei den Gattungen Haliomma und Actinomma ist er eine Kugel von einer durchaus gleichmässigen Substanz, in welcher keine Nu- cleoli differenzirt sind, die dagegen auf ihrer Oberfläche von einer zarten Membran umgeben wird; er ist somit ein homogener Kern, wie er sich so ausserordentlich häufig bei Infusorien vorfindet. Das Interesse des Ommatidenkerns beruht darauf, dass er einen Theil des Skelets, die Mark- schale, in seinem Inneren vollständig umschliesst. Ich habe diese Thatsache, die mich anfänglich höchlichst überraschte und mir unwahrscheinlich erschien, nach allen Richtungen hin sicher gestellt. Einmal geschah dies in der Weise, dass ganze Thiere, die nicht zu gross, nicht zu stark durch Osmiumsäure geschwärzt oder durch Carmin gefärbt waren, in Nelkenöl untersucht und zum Schluss in Canadabalsam übertragen wurden (Taf. IV, Fig. 1. 2.4. 6). Diese Behandlungsweise macht die Weichtheile und das Skelet gleich deutlich und ermöglicht es, durch Drehen und Wenden des Präparats den Nachweis zu führen, dass die dünnen Balken der Markschale einwärts von der scharf gezeichneten Grenzcontour des Kerns lagern und dass die feinen Stäbchen, welche die Markschale mit der nächsten Gitterkugel verbinden, die Wandungen des Kerns durchbohren. Zweifellos war dies bei Haliomma erinaceus (Fig. 1) und Actinomma asteracanthion (Fig. 4) der Fall; bei einer zweiten Art von Haliomma war das Bild weniger sicher, weil der Grössenunterschied zwischen dem Kern und der Markschale zu gering war (Fig. 6). Diese zweite Art konnte nicht mit Sicherheit bestimmt werden, weil die äussere Gitterkugel zerstört war; nach der Grösse und der Beschaffenheit der Markschale zu schliessen, war sie ein Haliomma echinaster. Zu den Haliommen rechne ich ferner die in Figur 2 auf Tafel IV abgebildete Centralkapsel, die in mehrfacher Hinsicht von Interesse ist. Einmal umschloss hier der Kern eine grössere Anzahl von Nucleoli und wich hierin von dem gewöhnlichen Ommatidenkern ab; ausserdem enthielt er eine ganz winzige Markschale, von welcher nur kurze, schon in der Centralkapsel aufhörende Verbindungsstäbe 6. Sphaerideen. 175 nach allen Richtungen ausgingen. Endlich fanden sich neben ihm noch einzelne kleine runde Kerne im Protoplasma der Centralkapsel zerstreut. Eine äussere Gitterkugel war ebenso wenig vorhanden, wie bei dem soeben besprochenen Exemplar, so dass ich die Art weder bestimmen noch charakteri- siren kann. Eine andere Methode, um sich zu überzeugen, dass bei Haliomma ein Theil des Skelets im In- neren des Kerns liegt, ist das Zerzupfen der Centralkapsel. Unter dem Präparirmikroskop kann man den Kern vollkommen aus dem umhüllenden Protoplasma herausschälen, ohne ihn zu verletzen; schon in Glyeerinpräparaten sieht man die Markschale als eine helle Zeichnung in der rothen Kernsubstanz, noch klarer wird das Bild beim Einschluss in Canadabalsam oder in Nelkenöl, wo dann die unbe- stimmte Zeiehnung scharfe Contouren erhält. Die geschilderte Beobachtungsmethode lässt gar keine Zweifel gegen ihre Beweiskraft zu. - Die Gattung Spongosphaera schliesst sich in der Beschaffenheit ihres Kerns und in den Lagebeziehungen des letzteren zum Skelet in jeder Hinsicht den Ommatiden auf’s innigste an. Auch hier besteht der Kern aus einer homogenen Masse und umhüllt einen Theil des Skelets. Bei jungen Thieren liegt, wie bei den Ommatiden, nur die Markschale im Kern, wovon man sich überzeugen kann, wenn man die noch kleinen und relativ durchsichtigen Centralkapseln nach vorausgegangener Färbung zu Canadabalsampräparaten macht (Taf. IV, Fig. 5). Bei älteren Thieren dagegen wird auch noch die zweite Gitterkugel umwachsen. Da hier die Centralkapsel zu gross und zu stark pigmentirt ist, um selbst durch Nelkenöl aufgehellt zu werden, ist es nöthig, das Binnenbläschen unter dem Präparir- mikroskop mit fein gespitzten Nadeln herauszuschälen (Taf. IV, Fig. 5a). An einem so gewonnenen und in Nelkenöl aufgehellten Präparat sieht man, dass die Grenzen des Kerns sogar noch weit über die zweite Gitterkugel hinausragen; zugleich fällt die eigenthümlich streifige Structur des Kerns auf, welche den Eindruck erweckt, als wäre seine Substanz aus radial neben einander gelagerten keilför- migen Stücken gebildet. Dieses Aussehen ist vielleicht dadureh veranlasst, dass ausser den stärkeren Stacheln sich noch feinere Kieselbälkchen, die durch die Weichtheile verdeckt werden, von der Ober- fläche der äusseren Gitterkugel erheben, um sich in das feine spongiöse Netzwerk zu verlieren, welches den Centralkapselinhalt und den extracapsulären Weichkörper durchsetzt. Jedenfalls ist der Kern ein einheitliches Ganze, wie seine scharfe Contourirung, die ich als den optischen Ausdruck einer Kern- membran auffasse, erkennen lässt. Bei dem Kern der Spongosphaeren wiederholen sich somit ähnliche Verhältnisse, wie wir sie für die Centralkapseln der Cladocoecen, Arachnosphaeren und Diplosphaeren kennen gelernt haben: der Kern umwächst bei seiner Grössenzunahme Theile des Skelets, die ursprünglich ausserhalb lagen. Dies legt die Vermuthung nahe, dass auch die Markschale nicht allein der Spongosphaeren, sondern auch der Ommatiden auf gleiche Weise in das Innere des Kerns gelangt ist, dass sie, ursprünglich im Protoplasma der Centralkapsel entstanden, vom Kerne erst secundär umschlossen wurde. Diese Annahme würde das sonst auffällige Verhältniss in einfacher Weise erklären. Die den Spongosphaeren im Bau des Skelets so nahe verwandten Rhizosphaeren weichen in der Bildung des Kerns von den bisher betrachteten Arten sehr wesentlich ab. Der Kern ist stets kleiner als die Markschale, wenn er auch bei älteren Thieren den inneren Contouren derselben dicht anliegt; ausserdem zeigt er eine feinere Structur, die ich wenigstens an guten Carminosmiumpräpa- raten, so lange sie in Glycerin lagen, nie vermisste, während sie in Nelkenöl oder Canadabalsam wegen der allzu starken Aufhellung verschwand. Die Kernsubstanz ist in radialen Streifen angeordnet, welche an der kugeligen Oberfläche breiter sind, nach dem Centrum dagegen feiner werden und schliesslich 176 Analytischer Theil. in einer körnigen, das Centrum einnehmenden Masse verschwinden. Bei einem einzigen Exemplar war einer der Streifen um vieles breiter als die übrigen und bildete einen nucleolusartigen Körper, an dem die übrigen Streifen bogenförmig ausweichend rechts und links vorüberzogen (Taf. IV, Fig. 10). Die Rhizosphaeren gehören zu den wenigen für sewöhnlich einkernigen Radiolarien, bei denen ich auch einen vielkernigen Zustand habe beobachten können. Leider war dies nur ein einziges Mal der Fall bei einem Exemplar von so ansehnlicher Grösse, dass seine Centralkapsel bis an das äussere Maschenwerk reichte, welches die Spitzen der Skeletstacheln verbindet (Taf. IV, Fig. 5). Vom Haupt- kern oder dem Binnenbläschen waren nur Spuren erhalten in Form von einer schwach roth gefärbten Stelle von etwa 20 x Durchmesser; dagegen war die Centralkapsel vollgepfropft von kleinen runden Kernen; an einzelnen Stellen waren dieselben sogar durch die geplatzte Kapselmembran nach aussen hervorgetreten. Ich habe das Thier zwar im lebenden Zustand beobachtet, entsinne mich aber nicht genau, ob die nach aussen gelangten Körper sich herumtummelten und schon Schwärmer geworden waren. Jedenfalls haben wir eine in Schwärmerbildung begriffene Centralkapsel vor uns, da der Be- fund in allen Stücken an die Beobachtungen erinnert, die ich über die Umwandlung der Colliden- centralkapsel in Schwärmer schon früher veröffentlicht habe. ; Den am höchsten entwickelten Kernformen, welche in der Sphaerideengruppe beobachtet wurden, begegnen wir bei den Ethmosphaeriden, bei welchen sie schon von Haeckel (bei den Arten der Gattung Heliosphaera) gesehen und als Binnenbläschen beschrieben worden sind. In der Be- schaffenheit des Kerninhalts macht sich diese höhere Entwicklung insofern geltend, als in demselben stets einige Nucleoli differenzirt sind; bald ist die Zahl derselben eine geringe, wie ich z. B. bei einer Diplosphaera nur vier nachweisen konnte (Taf. V, Fig. 1a), bald sind über zehn Nucleoli im Kern vorhanden, was sogar bei der Mehrzahl der Individuen der Fall zu sein scheint (Taf. V, Fig. 3). Die den Kerninhalt umgebende Membran zeiehnet sich durch ihre ganz aussergewöhnliche Derbheit aus; an Kernen, die durch Zerzupfen der mit Osmiumsäure behandelten Centralkapsel isolirt wurden, ist sie deutlich doppelt eontourirt und hebt sich gewöhnlich als eine feste Haut von dem ge- schrumpften Kerninhalt ab (Taf. V, Fig. 4). Auf ihrer Oberfläche ist sie mit kleinen Höckern besetzt, die ziemlich dieht stehen und in der Weise in Reihen angeordnet sind, dass die Höcker der einen Reihe mit denen der beiden benachbarten Reihen alterniren. Schon bei Kernen, die noch von der Central- kapsel umschlossen sind, namentlich bei jungen Thieren, lässt sich die Structur erkennen (Taf. V, Fig. 6), am schönsten aber ist sie zu sehen bei enucleirten Kernen abgestorbener Thiere, deren Central- kapselinhalt und Kernmasse zerfallen ist, während die Membran sich unverändert erhalten hat. Von der Fläche betrachtet erscheint die Membran wie getüpfelt, ohne dass jedoch hiermit gesagt sein soll, dass die Höcker in der That von @anälen durchbohrt werden. Die geschilderte Beschaffenheit des Kerns erinnert ganz ausserordentlich an den Bau der eigen- thümlichen Kapsel, welche im Protoplasmakörper einer von mir kürzlich beschriebenen neuen Rhizo- podenart, der Sticholonche zanclea!), vorkömmt. Auch hier haben wir eine derbwandige Membran, die in sehr regelmässiger Weise auf ihrer Oberfläche mit Erhabenheiten bedeckt ist. Der Inhalt der Kapsel ist eine in Carmin sich stark färbende und hierin der Kernsubstanz gleichende Masse, die stets einen kleinen nucleolusartigen runden Körper birgt. Der wesentlichste Unterschied ist in der so ab- weichenden Gestalt des Körpers gegeben. Während der Ethmosphaeridenkern eine sehr regelmässige Kugel bildet, ist die Kapsel der Sticholonche langgestreckt und auf einer Seite eingebogen. Früher 1) R. Hertwig, Studien über Rhizopoden. Jenaische Zeitschrift Bd. XI. $. 324. 6. Sphaerideen. 177 trug ich Bedenken, die Kapsel als Kern zu deuten, da sie an keine bekannten Kernformen sich an- reihen liess, und zog es vor, den rundlichen Binnenkörper als Kern in Anspruch zu nehmen. Jetzt besitzen die damals geäusserten Bedenken nicht mehr die Wichtigkeit, wie früher, da sich eine ähnliche Kernform bei den Ethmosphaeriden vorfindet, ohne dass hier die Deutung angefochten werden könnte. Denn das Binnnenbläschen nimmt im Körper der Ethmosphaeriden eine Stellung ein, welche bei an- deren Radiolarien von unzweifelhaften Kernen ausgefüllt wird, und gleicht selbst manchen hoch diffe- renzirten Kernen thierischer Zellen so ausserordentlich, dass keine tiefgreifenderen Verschiedenheiten z. B. von den Keimbläschen der unbefruchteten Eier nachweisbar sind. Der aus Protoplasma bestehende Theil des Centralkapselinhalts der Sphaerideen kann wie bei den meisten Radiolarien Pigmentkörnehen und Fetttröpfehen enthalten. Bei den Spongosphaeren und Rhizosphaeren sind sogar diese Einschlüsse so reichlich vorhanden und die Centralkapseln ausser- dem so umfangreich, dass man keinen Einblick in ihren feineren Bau gewinnen kann, ohne sie zu zerstören. Die Centralkapseln der Heliosphaeren dagegen sind meist klein und farblos und eignen sich daher vortreffllich zum Studium des intracapsulären Protoplasma; für sie ist die radiale An- ordnung ihres Inhalts, die sich namentlich nach Osmiumsäurebehandlung bemerkbar macht und je nach den einzelnen Arten, vielleicht sogar je nach dem Alter der Thiere verschieden entwickelt ist, in hohem Maasse charakteristisch. Bei einem kleinen Exemplar von Heliosphaera tenuissima (Taf. V, Fig. 6), dessen Kern die Centralkapsel bis auf eine dünne Rindenschicht vollkommen erfüllte, schien das Protoplasma förmlich aus breiten keilförmigen Stücken zusammengesetzt, welche, eines dicht neben dem anderen gelagert, den Zwischenraum zwischen dem Kern und der Kapselmembran einnahmen. Die keilfürmigen Stücke sahen ganz wie Zellen aus, umschlossen grössere und kleinere Körnchen, aber keinen Kern. Das andere Extrem derselben Struetur zeigte mir die neue Art Diplosphaera, die ich oben als D. spinosa beschrieben habe (Taf. V, Fig. 2a). Hier bestand das Protoplasma aus feinen Fasern, die ebenfalls in radialer Riehtung von der Kapselmembran zur Kernoberfläche verliefen. Dieht unter der Kapselmembran waren die Fasern am breitesten, wie es bei ihrer Anordnung selbstverständig ist, und riefen sie hier eine gefelderte Zeichnung hervor, ähnlich dem Mosaik eines von der Fläche betrachteten Cylinderepithels (Fig. 2 b). Bei den zahlreichen übrigen Ethmosphaeriden, die ich untersucht habe, waren die radialen Proto- plasmastücke, die durch Zerzupfen isolirt werden konnten (Taf. V, Fig. 5), bald derber, bald feiner; sie schienen im Allgemeinen feiner zu sein bei grossen Centralkapseln, derber bei kleinen, woraus folgen würde, dass ihre Länge und ihre Dieke im umgekehrten Verhältniss zu einander stehen. Die gleiche Anordnung des Protoplasma kehrt wahrscheinlich auch bei den übrigen Sphaerideen wieder. Bei einer jungen Spongosphaera (Taf. IV, Fig. 5) konnte ich sie direct beobachten, ebenso zeigten sich Andeutungen von ihr bei Exemplaren von Haliomma (Fig. 1) und Actinomma (Fig. 4), die in Canadabalsam eingeschlossen untersucht wurden. Bei grossen Exemplaren von Spongosphaera endlich wurden beim Zerzupfen keilförmige Protoplasmastücke isolirt, deren Form hier jedoch auch dureh das schwammige Netzwerk des Skelets bedingt sein könnte. Bei einigen Sphaerideen bin ich noch auf eine weitere Eigenthümlichkeit des Centralkapsel- inhalts aufmerksam geworden. Als ich das Binnenbläschen von einer Diplosphaera mit Nadeln enu- eleirte und durch Klopfen und Hin- und Herschwemmen vom anhängenden Protoplasma befreite, fiel mir auf, dass die Kernmembran von Fäden ganz bedeckt war, die der Oberfläche fester als das um- liegende Protoplasma anhafteten (Taf. V, Fig. 1a). Die Fäden waren Ip. dick und 15—20y. lang Jen. Denksehriften IT. 3. 23 178 Analytischer Theil. und bestanden aus einer homogenen, wahrscheinlich protoplasmatischen Substanz; sie sassen auf den oben beschriebenen kleinen Erhebungen der Kapselmembran, gegen die sie sich durch eine ein- geschnürte Stelle absetzten und von denen sie bei fortgesetztem Klopfen abfielen. Später habe ich die Fäden nur noch ein einziges Mal bei einer Arachnosphaera myriacantha wiedergefunden, bei welcher sie die gleiche Beschaffenheit und Anordnung: zeigten. Ueber die morphologische und physiologische Bedeutung der auf der Kernmembran aufsitzenden Fäden kann ich nur Vermuthungen äussern, da nur erneute Beobachtungen an lebendem Material — ich wurde auf die Struetur erst bei der Untersuchung der in Osmiumsäure conservirten Radiolarien aufmerksam — zu sicheren Resultaten führen können. Möglicherweise sind die Gebilde verkürzte Axenfäden von Pseudopodien, wie sie bei den Acanthometren oben geschildert wurden und mit denen sie in ihrer Beschaffenheit übereinstimmen. Zu Gunsten dieser Ansicht spricht die Beobachtung der Sticholonehe zanclea, bei welcher die Pseudopodien — oder richtiger die von einer nur dünnen tindenschicht überzogenen Axenfäden derselben — ebenfalls an die als Kern wahrscheinlich zu deu- tende Kapsel herantreten, um sich hier mit den kleinen Höckern zu verbinden. Bei der Schilderung der genannten Rhizopodenart habe ich mich dafür ausgesprochen, dass die gesammten Pseudopodien aus dem Inneren der Kapsel hervorkommen. Eine derartige Annahme ist jedoch keineswegs durch die Beobachtung als die einzig mögliche geboten, vielmehr ist es denkbar, dass sie schon auf der Oberfläche der Membran ihr Ende finden. Dann müsste das Verhältniss vielmehr so aufgefasst werden, dass die Axenfäden der Pseudopodien die Kernmembran aufsuchen, um an ihr, als einem verhältniss- mässig festen Theil, einen Stützpunkt zu gewinnen, ebenso wie sie sich bei Heliozoen mit excentrischem Kern offenbar der Festigkeit halber alle gemeinsam in einem centralen Korn vereinen. Unter dieser Voraussetzung würden die Beziehungen der Axenfäden zu dem Kern secundär erworben sein, eine Ansicht, für welche auch die neueren Beobachtungen über die Actinophryen sich anführen lassen. Denn nur bei der Aectinophrys sol mit einem einzigen relativ grossen und central gelegenen Kern reichen die Axenfäden bis an diesen heran, während sie bei dem Actinosphaerium Eiehhorni, dessen Bau dem Bau der Aectinophrys im Allgemeinen ähnlich ist, dessen Kerne aber kleiner, in grosser Zahl vorhanden, im Körper unregelmässig zerstreut und aus allen diesen Gründen .zu Stützpunkten un- geeignet sind, frei im Protoplasma der Marksubstanz enden. Aus diesen Angaben kann entnommen werden, dass die von mir vertretene Auffassung geeignet ist, die mannigfaltigen Beziehungen, in wel- chen die Axenfäden der Pseudopodien zu den Körperbestandtheilen stehen, unter einen einheitlichen Gesichtspunkt zu bringen !). Ueber den extracapsulären Weichkörper habe ich nur wenige Beobachtungen angestellt. Eine Gallertschicht ist stets vorhanden, scheint aber nirgends mächtig zu sein, so dass sie z. B. bei den Heliosphaeren nach innen von der Gitterkugel liegt und auch bei Haliomma und Actinomma von 1) Hinsiehtlich der Axenfäden der Heliozoen verweise ich auf folgende Arbeiten: M.Schultze, Das Protoplasma der Rhizopoden und Pflanzenzellen S. 30. Leipzig 1863. H. Grenacher, Bemerkungen über Acanthoeystis viridis. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XIX. S. 289, und: Ueber Actinophrys sol. Verh. der phys. med. Gesellsch. zu Würzburg. N. F. Bd. I. S. 166. R. Greeff, Ueber Radiolarien und radiolarienartige Rhizopoden des süssen Wassers. I. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. V. S. 464. II. Bd. XI. S. 1, und: Ueber die Actinophryen als ächte Radiolarien zur Familie der Acantho- metriden gehörig. Sitzungsb. d. Niederrh. Gesellsch. Januar 1871. F. E. Schulze, Rhizopodenstudien. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. X. S. 328 u. 8. 377. R. Hertwig und E. Lesser, Ueber Rhizopoden und denselben nahe stehende Organismen. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. X Suppl. und: Studien über Rhizopoden. Jenaische Zeitschr. Bd. XI. S. 324. 7. Die Familie der Dyssphaeriden. 179 der äussersten Schale umhüllt wird. Die extracapsuläre Sarkode bildet eine dieke Lage, in der nicht selten Pigmentkörnchen eingestreut sind. Die Pseudopodien sind ausserordentlich zahlreich und lang, starr wie Stacheln und anastomosiren selten unter einander, stellenweise bilden sie Varieositäten. Alles dies sind Eigenschaften, die für die oben schon vermuthete Anwesenheit von Axenfäden sprechen, wiewohl dieselben durch direete Beobachtung nicht nachgewiesen worden sind. 1. Die Familie der Dyssphaeriden. Schon innerhalb der Sphaerideen verwischen sich bei einzelnen Arten, wie den Rhizosphaeren und Spongosphaeren, die für die Gruppe charakteristischen Merkmale, indem das sonst von kugeligen in einander geschachtelten Schalen gebildete Skelet eine unregelmässigere Beschaffenheit annimmt und sich mehr und mehr in ein spongiöses Gerüst auflöstl. Immerhin lassen sich im Balkenwerk noch zwei Zonen nachweisen, die den Eindruck gesonderter Gitterkugeln machen; auch beeinflusst die Ver- änderung des Skelets nicht die Form und den Bau der Centralkapsel, die nach wie vor kugelig ist und einen kugeligen Kern in ihrem Centrum birgt. In den hervorgehobenen Punkten unterscheiden sich von den Sphaerideen eine Anzahl von Radiolarien, die sich um die Müller’sche Gattung Tetra- pyle gruppiren. Das Gemeinschaftliche derselben besteht darin, dass das Skelet, obwohl es seiner An- lage nach auf Gitterkugeln zurückgeführt werden kann, so erhebliche Modificationen erfahren hat, dass auch die Weichtheile, die Centralkapsel und der Kern, von ihnen in Mitleidenschaft gezogen werden; aus diesem Grunde trenne ich die fraglichen Formen von den übrigen Sphaerideen und fasse sie in einer besonderen Familie unter dem Namen der Dyssphaeriden zusammen. I. Das Skelet der Dyssphaeriden. Bei den Dyssphaeriden herrscht eine so grosse Variabilität des Skelets, dass ich dasselbe fast bei allen 20 Exemplaren, welche ich genauer untersucht habe, verschieden gebaut fand. Wird schon hierdurch die scharfe Unterscheidung von Gattungen und Arten erschwert, so wird sie weiterhin durch den Umstand fast unmöglich gemacht, dass selbst zwischen Formen, die auf den ersten Blick weit aus einander zu stehen scheinen, zahlreiche Uebergänge existiren; es wird sich dies bei der Be- arbeitung eines reicheren Beobachtungsmaterials, als es mir zu Gebote stand, wahrscheinlich noch mehr bemerkbar machen. Um die Skelete der Dyssphaeriden richtig zu verstehen, muss man an ihnen zwei Theile aus einander halten: 1) eine Markschale, die sich überall nahezu gleichmässig verhält und im Allgemeinen eine gut ausgeprägte Gitterkugel vorstellt; 2) eine Rindenschale, die sich von den Gitterkugeln der Sphaerideen mehr oder minder erheblich unterscheidet und durch ihre Variabilität allein die Mannig- faltigkeit der Skelete erzeugt. Letztere ist vielfach noch kugelig wie bei den Haliommen, hat aber ein sehr unregelmässiges Gitterwerk und eine stachelige Oberfläche, weshalb ich die hierher gehörigen Formen als Echinosphaera datura bezeichne. In anderen Fällen wiederum weicht sie von der sphae- rischen Grundform bedeutend ab, indem der Krümmungsradius ihrer Oberfläche in den einzelnen Ab- schnitten verschieden gross ist; hierbei ist das Skelet entweder in einer Richtung abgeplattet wie bei den Tetrapylen, oder es nimmt eine spiralige Anordnung an wie bei einigen Radiolarien, die mir in Haeckel’s Gattung Lithelius zu gehören scheinen. Days 180 Analytischer Theit. Von den Tetrapylen, mit welchen ich beginne, hat schon Joh. Müller eine durch zahlreiche Abbildungen erläuterte Schilderung gegeben, welche Haeckel später vollkommen bestätigt hat und der auch ich im Wesentlichen beistimme. Von der einzigen bisher im lebenden Zustand beobachteten Art, der Tetrapyle octacantha, habe ich jüngere und ältere Thiere aufgefunden, von denen die ersteren leichter verständlich sind und daher zuerst besprochen werden sollen (Taf. VI, Fig. 5). Die Markschale (d) ist ein kleiner, etwas in die Länge gestreckter Körper mit einem für seine Grösse weitmaschigen Gitterwerk; sie liegt in einer Rindenschale, deren eigenthümlicher Bau eine ein- gehende Darstellung verlangt. An derselben müssen wir drei auf einander senkrecht stehende Durch- messer unterscheiden, einen Längs-, einen Quer- und einen Breitendurchmesser, von welchen der erstere bei weitem der grösste, der letztere der kleinste ist. Auf jeder der beiden am Ende des Breitendurchmessers gelegenen Flächen (Fig. 5a) finden sich in der Gitterung zwei grosse Oeflnungen (e), deren Gesammtzahl „vier“ zum Namen Tetrapyle Veranlassung gegeben hat. Am besten stellt man sich die Schale, wie es schon Joh. Müller gethan hat, vor als zusammengesetzt aus zwei rechtwinklig zu einander stehenden, verschieden grossen, ovalen Gitterringen, von denen der kleinere Durchmesser des einen (der Querdurchmesser der ganzen Schale) mit dem grösseren Durchmesser des anderen zu- sammenfällt; oder wenn wir nur von einem grossen ovalen Ring ausgehen, so ist derselbe (Fig. 5 a) auf beiden Seiten in der Richtung seines kleinsten Durchmessers von einem quergestellten Gitterwerk überbrückt, welches dem kleinen Ring entspricht und jedesmal die Oeflnungen einer Seite (e) von ein- ander trennt. Die Querbrücke ist der am dichtesten der Markschale anliegende Abschnitt des Skelets, da er von ihr nur durch einen geringen Zwischenraum getrennt wird und sich mit ihr durch kurze Skeletbalken so innig verbindet, dass er fast wie ein ihr angehörender Theil erscheint. Der grössere Ring dagegen hängt entweder allein durch Vermittelung der Querbrücke mit der Markschale zusammen oder es sind noch ausserdem einige wenige radiale Stäbe (*) vorhanden, welche eine directe Verbin- dung herstellen. Am häufigsten habe ich einen solchen Radialstab gesehen, der im Längsdurchmesser der Schale, aber nur auf einer Seite lag (Fig. 5). Die Zahl der Radialstäbe mehrt sich übrigens, wie ich hier schon hervorheben will, je mehr sich der typische Charakter der Tetrapyle verwischt. Zwischen dem kleineren und dem grösseren Ring bleiben, wie leicht verständlich, im Ganzen vier weite Oeffnungen (e) übrig, welche schon am Eingang der Schilderung erwähnt wurden und auf einen Defeet in der Gitterung zurückzuführen sind. Ihre seitlichen Ränder werden durch zwei kräftige Stützen gebildet, welche ab und zu noch als stachelartige Fortsätze über die Schalenoberfläche hervor- ragen. Wegen dieser keineswegs bei allen Individuen deutlich ausgeprägten Stachelfortsätze, deren Zahl acht beträgt, wurde die Tetrapyle von Joh. Müller Tetrapyle octacantha genannt. Die Löcher im Gitter der Rindenschale sind sehr ungleichmässig und im Allgemeinen um so grösser, je mehr sie von der Markschale entfernt sind; die grössten finden sich daher an den Enden der Längsdurchmesser, die kleinsten in den querbrückenartigen Abschnitten. — Mit Dornen und Sta- cheln ist das Skelet in variabeler Weise bald mehr, bald weniger auffallend bedeckt. Wir müssen nunmehr noch eines Theiles gedenken, der beim Weiterwachsthum der Schale eine grosse Rolle spielt, weil er allein bei der Vergrösserung derselben betheiligt ist. Von den Rändern der vier Oeffnungen verlängert sich derjenige, welcher der Querbrücke gegenüber liegt, in eine grob- maschige Gitterplatte (h), die sich wie ein Dach über die Oeffnung herüber neigt; im Ganzen sind vier solche Dächer vorhanden, die am deutlichsten zu sehen sind, wenn man das Skelet von einem Pole der Queraxe betrachtet (Fig. 5). Bei dieser Lagerung springen jederseits zwei ‘schwachgekrümmte Gitlerplatten vor, die mit ihren freien Rändern eonvergiren. Indem sie bei der Alterszunahme des 7. Die Familie der Dyssphaeriden. 181 Thieres sich vergrössern, stossen sie schliesslich zusammen und erzeugen gemeinsam durch Verwach- sung ihrer Ränder ein einziges hochgewölbtes Dach, das sich nunmehr über die beiden zur Seite der Querbrücke befindlichen Oeffnungen ausspannt (Fig. 2a im unteren Theile). Ist die Verwachsung beiderseits eingetreten, so ist ein dritter Skeletring fertig, der zu den beiden von Anfang vorhandenen senkrecht steht und mit dem grösseren derselben eine Axe theilt, welche für ihn selbst der kleinere, für diesen jedoch der grössere Durchmesser ist und die zugleich mit dem Längsdurchmesser des ge- sammten Skelets zusammenfällt. Ferner sind auf diese Weise zwischen dem zweiten und dritten (neuen) Ring abermals vier Oeffnungen (e) enstanden, so dass das ganze Skelet äusserlich denselben Anblick gewährt, den es früher, um einen Winkel von 90 gedreht, besass-(Fig. 5a). Nur sind die Dimensionen viel ansehnlicher und ausserdem lässt sich bei genauerer Durchmusterung nachweisen, dass die Markschale nicht von zwei, sondern von drei Gitterringen umgeben ist. Bei dem Ansetzen neuer Schalentheile kommen Unregelmässigkeiten insofern vor, als die Ver- wachsung der Dachfirsten auf einer Seite unterbleiben kann, was zur Folge hat, dass der dritte Ring an einer Stelle unterbrochen ist (Fig. 2a); andererseits kann aber die Grössenzunahme noch weiter gehen, und der soeben geschilderte Process sich noch einmal wiederholen, indem auf’s Neue über- hängende Dächer entstehen, die mit einander verschmelzen. Dies war z. B. bei dem in Fig. 2, Taf. VI abgebildeten Exemplar wenigstens auf einer Seite der Fall, so dass sich hier ein unvollkommener vierter Ring fand, der mit dem ersten und kleinsten in einer und derselben Ebene lag. Es wäre nun denkbar, dass die Neubildung von Ringen mit dem Alter beständig fortschreitet; indessen wenn auch derselben durch den Charakter des Skelets keine Grenzen gezogen sind, da dieses in sich niemals zum Abschluss kommen kann, so wird doch durch die Grösse des Weichkörpers ein bestimmtes Maass vorgeschrieben, welches bei den Tetrapylen mit drei Gitterringen schon erreicht zu sein scheint. — Beim Wachsthum der Schale können sich endlich noch die Stacheln der Oberfläche vergrössern und zu Stäben verlängern, welche sich an die neugebildeten Theile ansetzen (Fig. 2); doch können solche Stützen auch fehlen und der Zusammenhang des Skelets allein durch die Ringe bedingt sein. Von Joh. Müller sind die verschiedenen Altersstufen der Tetrapylen nicht aus einander ge- halten worden; seine Darstellung bezieht sich nur auf Individuen mit zwei Gitterringen, obwohl unter seinen Abbildungen auch anderweitige Formen zu sein scheinen. Haeckel dagegen hat neuerdings Gelegenheit gehabt, den charakteristischen Wachsthumsmodus der Tetrapylen an dem von der Chal- lengerexpedition gesammelten Material zu studiren. Bei der vorstehenden Schilderung bin ieh von der auch von Haeekel und Müller getheilten Ansicht ausgegangen, dass das Skelet der Tetrapylen sich aus dem der Haliommen ableitet, indem die Ründenschale in eigenthümlicher Weise modifieirt worden ist. Zu Gunsten dieser Ansicht spricht die Existenz von Uebergangsformen, welche uns den Umbildungsprocess veranschaulichen und von mir vorläufig als Echinosphaeren zusammengefasst worden sind. Ich habe hierbei die Skelete von drei Radiolarien im Auge, die trotz vielem Gemeinsamen nieht unerheblich von einander abweichen und daher getrennt besprochen werden müssen. Bei der ‘ersten Skeletform ist die kleine Markschale von einer annähernd kugeligen Rinden- schale umgeben, deren Gitterlöcher ungleich gross sind (Taf. VI, Fig. 1). Von den bald breiten, bald äusserst schmalen Kieselbrücken gehen zahlreiche kurze und gedrungene Dornen und Zacken aus. Die Verbindung mit der Markschale wird durch regellos vertheilte Stäbe hergestellt, die sehr kurz sind und sich ab und zu gabelig theilen, weshalb eine scharfe Unterscheidung von Rinden- und Markschale, 182 Analytischer Theil. nieht in dem Maasse, wie bei den Haliommen, zum Ausdruck gelangt; so hängen z. B. in der Figur 1 beide Schalen namentlich auf der rechten Seite innig unter einander zusammen. Die mit sehr langen (in der Abbildung nieht ganz ausgezeichneten) Stacheln bedeckte Rinden- schale des zweiten Exemplars (Taf. IV, Fig. 8) ist in einer Richtung etwas abgeplattet, was zur Folge hat. dass zwei ihrer Seiten der Markschale mehr genähert und mit derselben durch kurze Radialstäbe fester verbunden sind, als die übrigen, wie dies besonders auf dem optischen Durchschnitt der Schale schön zu sehen ist (Fig. 8a). Zwischen den eingedrückten Abschnitten und dem Rest der Schale ist die Gitterung unterbrochen, so dass schon vier grosse Oeflnungen (e) deutlich hervortreten. Noch mehr nähert sich den Tetrapylen in der Beschaffenheit des Skelets ein drittes Exemplar, das auf seiner Oberfläche ebenfalls reichliche kürzere und längere Stacheln trägt (Taf. VI, Fig. 3). Auf der einen Seite sind hier schon unverkennbar zwischen einer der Markschale dicht aufliegenden Gitter- brücke und den weiter abstehenden Theilen der Rindenschale zwei grosse Öeffnungen vorhanden; auf der anderen Seite dagegen (Fig. 3a) besitzt das Skelet seine normale Kugelform, die dadurch nicht beeinträchtigt wird, dass sich hier ein grosser runder, in seiner Lagerung den Tetrapyleöfinungen nicht vergleichbarer Schalendefeet befindet. Sehen wir uns die Markschale an, so ist dieselbe überall Sut begrenzt und hängt mit der Rindenschale durch relativ lange Radialstäbe zusammen; nur auf der tetrapyleartig beschaffenen Seite ist sie mit dieser in engere Verbindung getreten. In dieser durch die drei Echinosphaeren veranschaulichten Weise lässt sich Schritt für Schritt verfolgen, wie das Skelet der Tetrapyle vetacantha aus dem eines Haliomma entstanden ist. Das wich- tigste Moment bei dieser Umwandlung ist darin gegeben, dass auf zwei einander gegenüberliegenden Seiten (den Seiten der vier Oeffnungen) die Rindenschale im Wachsthum zurückbleibt und daher einen kleinen Durchmesser besitzt, während sie sich m der zu diesem Durchmesser senkrecht stehenden Axe besonders stark ausdehnt. Die Folge hiervon ist, dass die Gitterspangen des am stärksten und des am schwächsten entwickelten Abschnitts der Schale nieht auf einander stossen, sondern dass erstere sich dachartig über letztere hinüberlegen und mit ihnen gemeinsam eine Oeffnung umschliessen. Dies letztere bedingt nun weiterhin das in sich nicht zum Abschluss kommende Wachsthum der Schale in senkrecht auf einander stehenden Meridianen, welches unter den Radiolarien allein bei den Tetrapylen nachweisbar ist. Verschiedene Grösse der Radien der Rindenschale und eine hiermit sich eombinirende ungleich- mässige Ausbildung des Gitterwerks liegt nun nicht allein den Skeleten der Tetrapylen, sondern auch denjenigen der Lithelien zu Grunde. Beide Gattungen unterscheiden sich jedoch dadurch, dass bei der ersten auf zwei einander gegenüberliegenden Seiten das Schalenwachsthum ein geringeres ist, wodurch bilateral symmetrische Skeletformen erzeugt werden, während bei der zweiten nur eine Seite betroffen ist, was dann unter gleichzeitiger Mitwirkung anderweitiger Momente zu spiralen Schalen führt. Von den Lithelien, bei welchen die Rindenschale die genannte Umgestaltung erfährt, habe ich zwei Arten beobachtet, von welchen die eine, der L. primordialis, uns den Process in seinen An- fängen, die andere mit Haeckel’s L. alveolina wahrscheinlich identische Art ihn weit fortgeschritten erkennen lässt. Das einzige von mir aufgefundene Skelet des Lithelius primordialis ist in der Figur 4, Tafel VI dargestellt, das eine Mal von der Oberfläche, das andere Mal auf dem optischen Durchschnitt gesehen, wobei beidesmal die langen zackigen, auf der Oberfläche stehenden Stacheln der Raumersparniss halber weggelassen worden sind. Auf dem Durchsehnittsbild (Fig. 4a), welches zur Örientirung am geeignetsten ist, gewahrt man central die kleine, aus wenigen Maschen zusammen- 7. Die Familie der Dyssphaeriden. 183 gesetzte Markschale und rings um sie herum die spiralig umgewandelte Rindenschale, deren Radius auf der rechten Seite sehr klein ist und von hier aus allmählig zunimmt — in dieser allmähligen Zunahme ist ein wichtiger Unterschied im Vergleich zu .den Tetrapylen zu verzeichnen — bis er an dem Punkt, von dem wir ausgegangen sind, also nach einer vollkommenen Umkreisung der Mark- schale, etwa doppelt so gross geworden ist. Da das Gitter hier nicht auf einen ihm entgegenstehenden Theil trifft, dehnt es sich weiter aus und bildet bei dem unserer Beschreibung zu Grunde liegenden Exemplar einen zweiten Umlauf, nach dessen Beendigung es mit einem freien Rand endigt. Zwischen der Markschale und der ersten Spiralwindung und zwischen dieser und der zweiten Spiralwindung verlaufen radiale Stäbe, die zum Theil sich in die Stacheln verlängern. Bei der Flächenansicht (Fig. 4) ist die Markschale von der Rindenschale ganz verdeckt; das Gitter der letzteren, von unregelmässigen runden oder ovalen Löchern durehbohrt, tritt auf der rechten Seite, anstatt hier in sich zurückzulaufen, eontinuirlich in die äussere Spiralwindung über, wobei seine Löcher an Grösse zunehmen. Der zweite, im vorliegenden Falle weit geöffnete Gang schliesst sich später wahrscheinlich ebenfalls zu einer Art Gitterkugel ab, in welcher nur eine Oeffnung auf der rechten Seite übrig bleibt, gleichwie auf einem bestimmten Entwicklungsstadium im ersten Spiralgang eine solche Oeflnung an der entsprechenden Stelle bestanden haben muss. Für ein derartiges Weiter- wachsthum des Skelets lässt sich namentlich geltend machen, dass die auf der Oberfläche des Skelets stehenden Stacheln seitliche Fortsätze abgeben, welche, wie man nach den bei anderen Radiolarien gemachten Erfahrungen annehmen kann, später sich mit dem Rand des sich ausbreitenden Gitters verbinden. Die zweite Art, Lithelius alveolina (in Taf. VI, Fig. 6 auf dem optischen Durchschnitt ge- sehen), unterscheidet sich von der beschriebenen durch eine grössere Anzahl an und für sich nicht bedeutsamer Charaktere. Obwohl der Körper der beobachteten Exemplare einen geringeren Durch- messer besass, war doch die Zahl der Windungen eine grössere, nämlich drei, die Zwischenräume der einzelnen Windungen dem entsprechend um Vieles kleiner. Die mit Stacheln besäte Gitterlamelle, deren Oeffnungen hinter denen des L. primordialis an Grösse zurückstanden, war nahezu vollständig zu einer Kugel abgeschlossen, die nur zwei Mündungen zeigte, eine am Ende des spiralen Ganges, die andere, offenbar bestimmt, sich später noch zu schliessen, der ersteren gerade gegenüber. Den spiralen Bau der Schale kann man natürlich nur bei einer bestimmten Lagerung erkennen; in jeder anderen Lagerung erhält man entweder verworrene Bilder oder man bekömmt sogar den Ein- druck eoncentrisch in einander geschachtelter Kugeln. Dies letztere ist dann der Fall, wenn die Axe, um welche die Schale spiral aufgerollt ist, zur Axe des Mikroskops senkrecht steht; ein Gleiches lässt sich, wenn auch weniger deutlich, am Skelet des L. primordialis beobachten. Von der hier vorgetragenen Auffassung der Lithelidenschalen weicht Haeckel in sehr be- trächtlicher Weise ab; nach ihm besteht eine jede Skeletkugel aus über einander gelagerten Stock- werken, jedes Stockwerk wiederum, welches für sich schon einer Discospiridenschale gleicht, aus lauter einzelnen, in einer Spirale angeordneten Kammern; das Ganze ist kugelig oder ellipsoid abgerundet und von einem Gittermantel umgeben. Das Bild eines in der Spirale erfolgenden Aufbaues der Schale entsteht, wenn man senkrecht auf die einzelnen Stockwerke sieht; dagegen erhält man eine concen- trische ringförmige Anordnung der Skelettheile, wenn man die Schale um einen Winkel von 90 dreht. Hier offenbart sich nun das Irrthümliche in Haeckel’s Auffassung, denn nach derselben sollte man anstatt concentrischer Ringe parallel über einander gelagerte Böden erwarten, von denen einer, der äquatoriale, am grössten ist, während die übrigen, von demselben aus gerechnet, nach den beiden 154 Analytischer Theil. Polen des Skelets zu allmählig an Grösse abnehmen müssten. Ein weiterer Punkt, in welchem ich Haeckel nicht beistimme, ist die Annahme, dass die Elementartheile des Skelets von einzelnen Kammern cebildet werden. Was Haeckel als Kammern bezeichnet, ist der Raum, der, zwischen zwei Spiral- ndaneen gelegen, nach rechts und links durch zwei Radialstäbe umgrenzt wird. Dieser Raum ist jedoch nur in radialer Richtung durch die Spiralwindungen abgeschlossen, in tangentialer Richtung dagegen nahezu allseitig offen. II. Der Weichkörper der Dyssphaeriden. Die beim Studium des Skelets sich ergebende nahe Verwandtschaft der Gattungen Tetrapyle, Echinosphaera und Lithelius äussert sich in noch höherem Maasse in der Beschaffenheit des Weich- körpers, welcher überall so gleich gestaltet ist, dass man nach ihm allein schon die systematische Zu- sammengehörigkeit der beschriebenen Formen behaupten könnte. Da er sich zugleich vom Weichkörper der Sphaerideen wie der nächsten Familie, der Diseiden, in sehr wesentlichen Punkten unterscheidet, so bietet er ein vortreflliches Merkmal, welches es uns ermöglicht, selbst an Glycerinpräparaten, an denen das Skelet unsichtbar ist, die Dyssphaeriden heraus zu erkennen. Die Form der Centralkapsel, welche die Markschale und meistentheils auch einen grossen Theil der Bindenschale umschliesst, ist eine sehr variable, da sie von der so wechselvollen Gestalt des Skelets abhängig ist; sie ist gewöhnlich in der Richtung des kleinsten Durchmessers der Rindenschale zusammengedrückt und tief eingezogen an den Stellen, wo diese gering entwickelt ist oder wo von ihr stärkere radiale Stäbe, sei es nach innen zur Markschale, sei es nach aussen zu einem ihrer weiter peripher gelegenen Theile verlaufen; es verleiht dies ihrer Oberfläche ein mehr oder minder gelapptes Ansehen (Taf. IV, Fig. 7 u. 8a; Taf. VI, Fig. 1a). Bei den Tetrapylen finden sich häufig zwei Ein- schnürungen, entsprechend den gegitterten Querbrücken des Skelets zwischen den vier Oeffnungen; bei den Eehinosphaeren dagegen ist nur eine solche Einsehnürung vorhanden. Die Gestalt der Central- - kapsel muss übrigens sich bei demselben Thier auf verschiedenen Phasen der Entwicklung verändern, da ja beim Wachsthum des Skelets der grösste Durchmesser desselben seine Lage wechselt. Eine Centralkapselmembran ist sehr deutlich nachzuweisen, meist als eine doppelt contourirte Umhül- lung, die an Glycerinpräparaten sich ringsum abhebt und nur an den eingeschnürten Stellen mit dem Inhalt in Zusammenhang bleibt (Taf. VI, Fig. 1a). Das die Centralkapsel erfüllende rothe oder rothbraune Protoplasma, dessen Körnchen sel- tener als bei den Sphaerideen radial angeordnet sind, enthält ausser kleinen hin und wieder vorkom- menden Oelkugeln nur einen constanten Einschluss, den für alle Dyssphaeriden sehr charakteristischen Kern. Derselbe, eine homogene Masse, in welcher nur selten Nucleoli differenzirt sind (Taf. IV, Fig. 7), nimmt das Centrum des ganzen Körpers ein; da die hier befindliche Markschale, beim erwachsenen Thiere wenigstens, zu klein ist, um seine Substanz zu bergen, treibt er durch die Gittermaschen Fort- sätze, die ausserhalb zu dieken Lappen anschwellen. Bei den Tetrapylen besteht er gewöhnlich aus drei Lappen, von denen der eine in der Markschale, die beiden anderen zwischen dieser und dem angrenzenden Theil der Rindenschale liegen (Fig. 7); bei den Lithelien dagegen ist er mit vielen kleinen Höckern besetzt; bei einer der Echinosphaeren endlich war er noch sehr einfach gestaltet als ein ovaler eingeschnürter Körper (Taf. VI, Fig. 1a). Da die aus den Gittermaschen hervortretenden Lappen nie unter einander verschmelzen, kömmt auch die Markschale nicht in das Innere des Kerns zu liegen, wodurch die Dyssphaeriden sowohl von den Sphaerideen als den Disciden abweichen. 8. Die Familie der Disciden. 185 Von den Theilen des extracapsulären Weichkörpers ist die Sarkode wenig, die Gallerte reichlich entwickelt; letztere umhüllt das Skelet mit Ausnahme der langen, über das Skelet weit her- vorstehenden Stacheln vollständig. 8. Die Familie der Disciden. Viele Radiolarien erhalten durch die scheibenförmige Abplattung ihres Körpers ein sehr cha- rakteristisches Aussehen, an dem sie leicht erkannt werden können und wegen dessen sie auch von Haeckel unter dem recht bezeiehnenden Namen der Disciden zusammengefasst wurden. Sie stellen eine in hohem Maasse einheitliche Familie dar, deren Zusammengehörigkeit sich nicht allein durch die Gleichartigkeit der Erscheinung begründen lässt, sondern um so deutlicher hervortritt, je mehr wir in die feinere Anatomie des Skelets und der Weichtheile eindringen. Ihre Nächstverwandten besitzen die Diseiden in den Dyssphaeriden und sind durch diese auch mit den Sphaerideen verknüpft, welche zweifellos als die Grundformen angesehen werden müssen, aus denen beide Familien hervorgegangen sind. Den Uebergang bildet die Gattung Lithelius; die bei der- selben in ihren Anfängen so schön zu verfolgende Umwandlung der Sphaeroidschale in eine spiralige Schale ist bei den Diseiden so weit gediehen, dass der Bau ihres Skelets ohne Kenntniss dieser Ueber- sangsformen unvermittelt dastehen und unverständlich sein würde. Innerhalb der Familie unterschied Haeckel drei Unterfamilien, die Discospiriden, Trematodiseiden und Coecodiseiden, welche ich beibehalte, obwohl ich den bei der Charakteristik gewählten Eintheilungs- prineipien nicht beistimme. Nach Haeckel sollen nämlich die Kammern, aus denen das Skelet der Disciden besteht, bei den Discospiriden spiralig angeordnet sein, bei den beiden anderen Unterfamilien dagegen concentrische Kreise erzeugen. Dem gegenüber will ich schon jetzt gleich hervorheben, dass der spirale Bau für die ganze Familie typisch ist und sich in den drei Unterfamilien nur in verschie- dener Weise äussert. I. Das Skelet der Disciden. Die Untersuchung des Skelets stösst bei den Disciden auf grössere Schwierigkeiten als bei ir- gend einem anderen Radiolar. Die zu dünnen kreisrunden Scheiben abgeplatteten Schalen haben einen verwickelten Bau und bestehen meist aus vielen über einander liegenden Theilen, die um so schwerer aus einander zu halten sind, als sie in Folge der Abplattung des Körpers nur durch schmale Zwischen- räume getrennt werden. Ihre Gestalt bringt es ferner mit sich, dass sie sich gewöhnlich nur von ihrer breiten Fläche präsentiren, dass sie dagegen nur mit Mühe auf die Kante gestellt werden können; und doch ist gerade die Seitenansicht für das Verständniss von der grössten Wichtigkeit. Zu alledem gesellt sich noch die grosse Undurchsichtigkeit, die zum Theil durch die massive Beschaffenheit der einzelnen Skeletplatten, zum Theil durch ihre diehte Aneinanderlagerung bedingt ist, und namentlich bei den auf die Kante gestellten Scheiben störend wirkt. Um diesem Uebelstand zu begegnen, muss man bei der Untersuchung der mit kochender Schwefelsäure gereinigten Schalen ein mit Wasser ver- dünntes Glycerin anwenden, dessen Concentration so zu bemessen ist, dass es das Untersuchungs- objeet nicht zu durchsichtig macht. In reinem Wasser sind die Schalen ganz trüb und schwarz; auch in Canadabalsam und Nelkenöl werden sie nicht genügend aufgehellt, da beide Einschlussmittel, na- mentlich das letztere, fast ebenso viel zu stark, als das Wasser zu schwach lichtbrechend ist. Immerhin Jen. Denkschriften LI. 3. 24 186 Analytischer Theil. ist die Untersuchung in Nelkenöl von Wichtigkeit, da manche Theile, wie zum Beispiel die optischen Durehschnitte der spiralen und eyclischen Scheidewände und die radialen Stäbe, in dieser Weise am schärfsten hervortreten; auch kann man die undurchsichtigeren Partien des Skelets durch Zusatz von absolutem Alkohol aufhellen, da dieser mit Nelkenöl sich mischt, das Liehtbreehungsvermögen desselben herabsetzt und dem des Kieselskelets annähert. Die Skelete der Diseospiriden und Trematodisciden, welche zunächst besprochen werden sollen, werden nach Haeckel von zwei kreisrunden Platten gebildet, die entweder parallel gestellt oder gegen einander gewölbt sind und dem entsprechend entweder einen scheibenförmigen oder bi- convexen Raum umschliessen. Die Platten werden unter einander durch Septen verbunden, die sich bei den Discospiriden und Trematodisciden verschieden verhalten. Bei den Discospiriden beginnt ein Septum im Mittelpunkt der Schale und verläuft in spiralen Windungen nach der Peripherie. Der zwischen den einzelnen Umgängen liegende, dem Binnenraum eines Schneckengehäuses vergleichbare Raum wird durch radiale Septen eingetheilt, deren Zahl mit jeder Windung von innen nach aussen in demselben Maasse zunimmt, als die Windungen grösser werden. So entstehen viele im Allgemeinen gleichgrosse Kammern, die mit einer central gelegenen beginnen und sich in einer Spirale, die sich in einer Ebene ausbreitet, an einander reihen. Häufig verlängern sich hierbei die Scheidewände der letzten Windung über den Rand der Schale hinaus in radiale Stacheln, durch deren Besitz sich die Gattung Stylospira von der Gattung Diseospira unterscheidet. Bei der zweiten Unterfamilie, den Trematodisciden, sind die Radialsepten in gleicher Weise wie bei den Diseospiriden beschaffen, dagegen findet sich an Stelle des spiralen Septum eine Anzahl Yingförmiger Scheidewände, welche concentrisch um die innerste Kammer angeordnet sind. Die durch die radialen und ringförmigen Septen abgetheilten Kammern sind in Folge dessen nicht spiralig, son- dern in concentrischen Kreisen gestellt. Der Rand der Scheibe ist entweder glatt (Trematodiseus) oder mit Stacheln besetzt (Stylodietya) oder in armartige, ebenfalls gekammerte Fortsätze ausgezogen (Buchi- tonia, Rhopalastrum ete.). Die beiden „Deckplatten“ sind in beiden Familien von rundlichen Löchern durchbohrt, welche bei manchen Arten von gleicher, bei anderen von verschiedener Grösse sind. Auf die Deckplatte einer Kammer kommen gewöhnlich 2—3 Löcher, die nicht selten so vertheilt sind, dass ein Loch zwei be- nachbarten Kammern zugleich angehört und dann entweder gerade über einem radialen oder über einem kreisförmigen, resp. spiralen Septum liegt. Den Bau der Septen hat Haeckel nicht genügend aufhellen können; anfänglich war er der bei der Ausarbeitung des allgemeinen Theils noch vertretenen Ansicht, dass sie sehr mangelhaft sind und die einzelnen Kammern daher sowohl in tangentialer als radialer Richtung unvollständig von ein- ander trennen, weshalb sie auch als radiale und spirale Balken bezeichnet werden; er hielt es für wahrscheinlich, „dass in der Regel mehrere Löcher in dem einer einzelnen Kammer entsprechenden Theil sowohl jeder radialen als jeder eyelischen Scheidewand existiren. Jedoch schienen ihm sehr häufig sowohl die ersteren als die letzteren Septa sich eher wie die unvollkommenen Gliedersepta der Cyrtiden zu verhalten; es sah nämlich oft aus, als ob zwischen den beiden Deckplatten sowohl die radialen als die spiralen Balken frei in der Mittelebene verliefen und durch eine Anzahl verticaler Stäbehen (unterbrochene Septahälften) sowohl mit der oberen als der unteren Platte verbunden wären; dann würden also zwei und nicht eine Reihe von Löchern in jedem Septum verlaufen.“ In dem be- trächtlich später ausgearbeiteten speciellen Theil hat Haeckel auf Grund fortgesetzter Untersuchungen 8. Die Familie der Disciden. 187 die hier referirte Ansicht verlassen und erklärt nunmehr die Septen für „wirkliche durchbrochene Scheidewände oder Gitterblätter gleich den Kammerwänden der Polythalamien“. Als eine in ihrem Wesen nicht genügend aufgeklärte Besonderheit mancher Trematodiseiden hebt Haeckel endlich noch hervor, dass ihr Skelet „gleichsam aus zwei oder mehreren auf einander geschichteten und mit ihren Flächen unter einander verwachsenen Diseoidschalen zusammengesetzt se. Wenn nur zwei solche Stockwerke über einander liegen, welche also zwei verwachsenen Dis- coidschalen entsprechen würden, sollen sich diese zu den einfachen Diseiden wie Amphisorus zu Sorites unter den cyclischen Polythalamien verhalten. Sowohl wenn zwei, als wenn mehrere Schichten über einander lagen, schienen die Kammern aller Stockwerke durch horizontale Oeffnungen (die Löcher der zwischen die beiden Deckplatten eingeschobenen porösen und parallelen Schaltplatten) unter einander offen zu communiziren.“ Von den Diseiden, welche ich in Messina beobachten konnte, habe ich nur sechs Arten auf die Beschaffenheit des Skelets genauer untersucht, glaube aber, dass die hierbei gemachten Erfahrungen zu einer Beurtheilung auch der übrigen Diseidenskelete genügen. Von den sechs Arten standen vier in einem eigenthümlichen Verhältniss zu einander, indem jedesmal zwei derselben bei oberflächlicher Be- trachtung einander sehr ähnlich waren, dadurch aber von einander abwichen, dass die eine Form zweifellos den Trematodiseiden angehörte, die andere dagegen sich den Discospiriden annäherte. Die beiden Trematodisciden waren die Stylodietya arachnia und St. quadrispina; die beiden den Disco- spiriden sich nähernden Parallelarten dagegen kann ich mit keiner der von Haeckel beschriebenen Diseospiriden identifieiren, sondern bin vielmehr der Ansicht, dass.sie von ihm für Trematodiseiden gehalten und von der Stylodietya arachnia und St. quadrispina nicht unterschieden worden sind. Bei der Schilderung der St. arachnia hebt nämlich Haeckel die grosse Tendenz zur Bildung von Varie- täten hervor und erwähnt bei der Besprechung der wichtigsten derselben, dass die Scheibe der Stylo- dietya bald abgeplattet, bald biconvex sei. Die Verschiedenheit der äusseren Form gewinnt nun da- durch an Bedeutung, dass sie sich mit einer nur bei der Kantenlage der Schale wahrnehmbaren Ver- schiedenheit des Baues combinirt, die mich bestimmt, zunächst wenigstens die beiden Varietäten generisch zu trennen. Die biconvexen Formen der St. arachnia und St. quadrispina sind allein ächte Trematodiseiden, die beiderseits platten Formen sind dagegen eher zu den Discospiriden zu rechnen und sollen im Folgenden als Stylospira quadrispina und Stylospira arachnia bezeichnet werden. Von den beiden noch übrigen Arten ist die eine die Stylodietya multispina, die andere da- gegen eine neue Form, welche den Euchitonien am nächsten steht und Amphibrachium rhopalum heissen mag. Das Skelet der Stylospira arachnia (Taf. VI, Fig. 8) (oder der von parallelen Deckplatten begrenzten Varietät der Stylodietya arachnia Haeekel’s) ist eine Scheibe, von deren Rand etwa 14 Stacheln entspringen. Vier Stacheln sind nahezu über’s Kreuz gestellt, die übrigen sind unregelmässig vertheilt und stehen zum Theil hinter jenen an Stärke zurück; sie sind ungefähr so lang wie der Radius der Scheibe (in der Figur sind sie nieht ausgezeichnet), pfriemenförmig und häufig etwas ver- bogen. Von der Fläche betrachtet verlängern sich die Stacheln in radialer Richtung in’s Innere des Skelets und werden hier zu den Gebilden, welche von Haeckel mit Unrecht als Radialsepten ge- deutet wurden, im Folgenden dagegen als die durchgehenden Radialstäbe bezeichnet werden sollen. Denn die Stacheln verbreitern sich im Innern der Scheibe nicht zu Scheidewänden, sondern behalten den Charakter drehrunder stabförmiger Körper bei, die genau in der Mitte zwischen den beiden Deck- platten verlaufen, wie man dies am schönsten auf dem optischen Querschnitt der Scheibe sieht (Fig. 8a). 24 = 188 Analytischer Theil. Die vier über das Kreuz gestellten und noch weitere zwei andere Stäbe dringen bis in das Centrum vor und enden hier an der Wand der sogenannten centralen Kammer, welcher die morphologische Bedeutung einer Markschale zukömmt, alle übrigen hören an der die Markschale umgebenden spiralen Scheidewand früher auf, einige lassen sich überhaupt nicht eontinuirlich verfolgen, sondern sind unter- brochen, indem sie zwischen zwei Umgängen der Scheidewand fehlen, um im nächsten Interstitium wieder zu beginnen. Ausser den die Verlängerung der Stacheln bildenden durchgehenden Radial- stäben kommen noch kurze Radialstäbe vor, die nur zwei Umgänge des Spiralseptum verbinden, von hier aus aber weder eentral noch peripher weiter verfolgt werden können; sie sind im Allgemeinen selten und unregelmässig zerstreut. Im Gegensatz zu den Radialstäben ist das spirale Septum in der That eine Scheidewand, durch welche der Schalenraum eine Eintheilung erfährt. Dasselbe macht, wenn man das Skelet genau von der Fläche betrachtet (Fig. 8b), nicht den Eindruck einer Spirale, ebenso wenig freilich den Eindruck zahlreicher eoncentrischer Kreise, wie sie für die Trematodiseiden charakteristisch sind, vielmehr besitzt es folgende eigenthümliche Anordnung. Im Centrum des Körpers liegt die innerste Kammer oder die Markschale; der dieselbe zunächst umgebende Theil des Septum beginnt in einiger Entfernung an einem der vier durchgehenden Radialstäbe, kehrt aber nach beendigtem Umlauf nieht an denselben Punkt zurück, sondern hört ein wenig weiter nach der Peripherie zu am gleichen Radialstab auf. Die zweite Windung führt die erste nicht direct fort, wie es bei einer Spirale sein müsste, sondern fängt selbständig von Neuem an, ungefähr von dem Ende der ersten Windung gleichweit entfernt, wie dieses vom zugehörigen Anfang; im Uebrigen ahmt sie die erste Windung in ihrer Verlaufsweise voll- kommen nach. Indem sich dieselben Verhältnisse noch zwei- bis dreimal wiederholen, wird die Mark- schale von 4—5 Windungen umgeben, welche weder concentrische Kreise, noch eine zusammen- hängende Spirale bilden, sondern zwischen den beiden Anordnungsweisen die Mitte halten. Das geschilderte Bild einer reinen Flächenansicht ändert sich sofort, wenn man die Scheibe, was freilich nur mit Mühe gelingt, schräg stellt, so dass die eine Hälfte tiefer liegt als die andere; man erhält hierbei regelrechte concentrische Kreise, wenn die Scheibenhälfte, welcher die Anfänge und die Enden der Windungen angehören, höher steht; ist das Gegentheil der Fall, so fliesst das Ende der einen Windung in den Anfang der nächsten über und es resulfirt eine völlig regelrechte Spirale, die in einiger Entfernung von der Markschale beginnt und mit 4—5 Windungen dieselbe umkreist (Fig. 8). Wir sehen somit, dass die Discospira arachnia auf der Grenze des spiralen und des eyclischen Dis- eidentypus steht, und es wird begreiflich, dass Haeckel diese undeutlich ausgeprägte Spirale für eine eoneentrische Anordnung hat halten können. Wenn ich im Gegensatz zu ihm die besprochene Form zu den Discospiriden rechne, so werde ich hierzu durch einige später zu erörternde Punkte veranlasst. In ihrem feineren Bau stimmen die Septen mit den Gitterschalen der Dyssphaeriden überein und sind Kiesellamellen, welche von rundlichen oder ovalen, grösseren und kleineren Oeffnungen durchbrochen sind und die beiden Deckplatten der Scheibe unter einander verbinden. In dieser Weise sieht man sie namentlich bei der Kantenlage des Skelets, bei welcher man sie von ihrer Fläche aus betrachtet. Am schönsten zeigt sich hier das den Schalenrand bildende Septum der letzten Windung (Taf. VI, Fig. 9); desgleichen ist unter ihm auch noch die nächstfolgende, mit ihm durch radiale Stäbe zusammenhängende Scheidewand, deren Löcher im Allgemeinen kleiner sind, bei tieferer Einstellung deutlich zu erkennen, während alle übrigen um so unbestimmter eontourirt werden, je mehr sie sich dem Mittelpunkt nähern. Bei der Flächenansicht der Schale ergeben die Septen dasselbe Bild, wie die optischen Querschnitte der Gitterkugeln: doppelte Contouren und darüber hellglänzende, in un- 8. Die Familie der Disciden. 189 gefähr gleichen Abständen vertheilte Stellen, welche den senkrecht aufsteigenden Gitterhälkchen ent- sprechen. Die beiderseitigen Deckplatten erscheinen bei der Flächenansicht wie zwei einfache Lamellen mit kreisrunden, nach dem Centrum hin kleiner werdenden, sonst aber gleich grossen Löchern, welche der Art vertheilt sind, dass je 2—3 auf die Breite des äussersten Spiralgangs und 1—2 auf die nächst- folgenden kommen. Hierbei kann es sich ereignen, dass einige der Löcher unmittelbar über den Septen liegen, wie dies schon Haeckel angegeben hat. Das Centrum der Scheibe ist undurchsichtiger als der periphere Theil und lässt nicht allein die beschriebene, in der Peripherie ausschliesslich vorhandene Gitterung der Deckplatten wahrnehmen, son- dern noch zwei weitere Gitterplatten, welche erst bei tieferer Einstellung zum Vorschein kommen. Die Oeffnungen derselben sind beträchtlich kleiner, am kleinsten wiederum in der am meisten nach dem Centrum gelegenen Platte; zwischen ihnen sind hellleuchtende Kreise sichtbar, die als die Durehschnitte radialer, die Deekplatten verbindender Stäbe gedeutet werden müssen. Ueber das Lageverhältniss, welches die beiden Deckplatten, die unter ihnen befindlichen Gitter- platten und die Septen zu einander einnehmen, orientirt man sich am besten, wenn man die Schale auf die Kante stellt und ihren durch den Mittelpunkt verlaufenden optischen Durchschnitt betrachtet, was nur bei Aufhellung in nahezu concentrirtem Glycerin möglich ist (Fig. 8a). In der Mitte des Durch- schnitts, der nach zwei Seiten von ziemlich parallelen Linien begrenzt wird und sich aus einer grossen Zahl getrennter Abschnitte zusammensetzt, liegen drei eoncentrisch in einander geschachtelte Gitter- schalen, von denen die innerste kugelig, die beiden anderen eiförmig sind. Erstere ist die Markschale oder die sogenannte innerste Kammer; die ovalen Hohlkörper dagegen entsprechen der zweiten und dritten Windung der Flächenansicht. Unter einander stehen sie durch radiale Stäbe in Verbindung, von denen jederseits einer der Scheibenfläche parallel durch die angrenzenden Kammern bis zu dem am Rand frei hervortretenden Stachel verläuft. Von diesen zwei „durchgehenden Radialstäben“ sind die übrigen durch grössere Zwischenräume getrennt, als von einander, indem sie selbst sehr dicht gedrängt sind. Sie setzen sich entweder unter einem rechten oder einem spitzen Winkel an die platten Flächen der Scheibe an und sind zahlreicher zwischen der äussersten und mittleren ovalen Schale, als zwischen dieser und der Markschale. Ich brauche wohl kaum besonders zu erwähnen, dass die Radialstäbe bei der Flächenansicht als helle Kreise erscheinen und dass die drei Schalen mit den drei beim Wechsel der Einstellung successive sichtbar werdenden Gitterplatten identisch sind. An den bisher beschriebenen, im Ganzen oval gestalteten Kern der Schale schliessen sich beider- seits drei kammerartige Abschnitte an, zu denen sich auf der einen Seite noch ein vierter oder der Ansatz zu einem vierten gesellen kann. Jeder derselben wird nach oben, unten und aussen von einer eigenen Gitterlamelle begrenzt und benutzt nach innen als Septum die äussere Wandung der vorher- gehenden Kammer; durch alle hindurch erstreckt sich der in den Radialstachel übergehende Stab. Aus der Betrachtung des optischen Durchschnitts geht hervor, dass die beiden Decken der Schale nicht continuirliche Platten sind, sondern sich aus lauter Einzelabschnitten zusammensetzen, von denen der innerste bis zur zweiten Windung reicht, jeder folgende einer einzelnen Windung entspricht. Dagegen bildet je ein Septum mit den centralwärts angrenzenden Abschnitten der Deckplatten eine Ein- heit, indem sie gemeinsam das gewölbte Dach eines Spiralgangs erzeugen. Wie erklärt sich nun der beschriebene Schalenbau? — Der Kern des Skelets be- steht aus drei Gitterschalen, von denen die innerste, die Markschale, eine Kugel für sich ist, die beiden äusseren aber, wie das Flächenbild lehrt, unter einander zusammenhängen, indem bei einer bestimmten f) 190 Analytischer Theil. Lagerung die Wandung der einen sich in die der anderen fortsetzt. Wir haben somit hier ganz dieselben Verhältnisse vor uns, wie bei der Gattung Lithelius, die daher wohl auch in gleicher Weise entstanden sind. Wie bei dem Lithelius, würde dann die Structur auf zwei Kugeln zurückzuführen sein, von denen die äussere an einer Stelle einen grösseren Radius besitzt und in Folge dessen die Partien mit kleineren Radien in spiraler Richtung umwächst. Auf diese Weise sich vergrössernd erzeugt die Rindenschale gleichsam eine zweite Kugel, deren Gitterwerk aber an einer Stelle continuirlich in das ihr selbst angehörige übergeht. Noch leichter verständlich ist der vom Kern aus nach der Peripherie zu gelegene Schalenrest. Wie die erste Gitterschale, so kommt auch die zweite Gitterschale nicht in sich zum Abschluss, son- dern wächst in der Spirale weiter; anstatt dass aber der auf diese Weise entstehende Theil die älteren Theile ringsum einhüllt, ist er nur auf einer Seite entwickelt und nimmt die Gestalt eines in einer Ebene aufgerollten Planorbisgehäuses an. Der Umstand, dass das Septum nicht bei der Flächen- ansicht, sondern nur bei einer bestimmten Neigung des Skelets eine Spirale bildet, muss wohl so er- klärt werden, dass die Ebene, in welcher die Aufrollung Statt gefunden hat, nicht mit der Ebene, in welcher die Schale abgeplattet ist, zusammenfällt. Wenn die hier gegebene Auffassung richtig ist, dann lässt sich die Schale der Stylospira arachnia ohne weiteres auf den Bau eines Haliomma zurückführen; dann ist sie aequivalent einem Skelet aus zwei in einander gesteckten Gitterkugeln, von denen die Rindenkugel dadurch abgeändert wurde, dass sie zunächst ihren regelmässigen Charakter verlor, dass ein Theil darauf stärker entwickelt den Rest umwuchs und das Ganze schliesslich eine Abplattung erfuhr. Stylospira quadrispina unterscheidet sich von der St. arachnia nur unwesentlich im Bau des Skelets. Die Verschiedenheiten lassen sich kurz in folgenden Punkten zusammenfassen. 1) Im Ganzen sind nur vier Radialstäbe und Radialstacheln vorhanden und zwar die vier über das Kreuz gestellten, meist sind sie kurz und überragen nur wenig den Rand. 2) Die Gitterlöcher sind von ungleicher Grösse, insofern grössere und kleinere in gleichem Cyclus neben einander vorkommen. 3) Das Spiral- septum ist ausserordentlich unregelmässig beschaffen, ist in seinem Verlauf mehrfach winkelig geknickt oder verbogen und beschreibt Windungen, die nach aussen weiter von einander abstehen als nach innen. Der spirale Charakter des Verlaufs kömmt hier öfters schon bei der reinen Flächenansicht zum Ausdruck, so dass ich anfänglich sogar einige Exemplare mit schwach ausgebildeten Radialstacheln mit der Diseospira operculina Haeckel’s identifieirt habe. Andererseits kann aber die Anordnung auch so unregelmässig werden, dass man weder eyclische noch spirale Septen heraus erkennen kann. Endlich schliesst sich an die Stylospiren noch das Amphibrachium rhopalum an, welches in seiner äusseren Erscheinung der Gattung Euchitonia am nächsten steht. Man stelle sich vor, dass vom Centraltheil einer Euchitonia auf der einen Seite an Statt zweier Arme ein Arm ausgeht, wie er auf der entgegengesetzten Seite sich findet, und man hat das Amphibrachium rhopalum. Der Central- (heil des Skelets oder die Scheibe gleicht völlig den drei innersten Windungen einer Stylospira; von der Fläche gesehen zeigt er drei auf der einen Seite unregelmässig beschaffene Kreise, die bei leichter Neigung des Skelets in eine Spirale zusammenfliessen; auf die Kante gestellt besteht er aus zwei die Markschale umhüllenden ovalen Gitterschalen. Die beiden Arme kann man sich so entstanden denken, als wenn aus der Peripherie der Scheibe der Stylospira ein Theil beiderseits derart herausgeschnitten wäre, dass der Rest die Gestalt zweier opponirter Fortsätze besitzt. Der optische Querschnitt, welcher durch die Länge beider Arme und den Mittelpunkt der Scheibe gelegt wird, unterscheidet sich daher 8. Die Familie der Disciden. 191 in Nichts von dem entsprechenden Querschnitt durch das Skelet einer Stylospira. Stacheln fehlen, da- gegen sind die radialen Septen zahlreich. Um den Schalenbau der Trematodiseiden, der zweiten Unterfamilie der Disciden, zu er- läutern, gebe ich eine genauere Schilderung der Stylodietya arachnia. Dieselbe ist von der ihr ähnlich sehenden Stylospira arachnia schon äusserlich an ihrer grösseren Undurchsichtigkeit und ihrer bieonvexen Gestalt zu unterscheiden. Wenn man ihre Schale in Glycerin aufhellt und von der Fläche betrachtet (Taf. VI, Fig. 7, die Abbildung stellt ein junges Thier mit Weichkörper dar), dann sind die Scheidewände streng eyelisch und viel regelmässiger als bei der entsprechenden Parallelart angeordnet und durch Zwischenräume getrennt, die nur unbedeutend von innen nach aussen an Grösse zunehmen. Ihre Zahl ist gewöhnlich vier, wozu sich dann noch ein fünftes unvollständiges, ein Drittel oder die Hälfte des Schalenumfangs umfassendes Septum gesellt; sie kann aber bis zu sieben betragen. Die radialen Stäbe sind zahlreicher, indem ausser denjenigen, welche zum Theil an der Markschale, zum Theil an dem nächsten Scheidewandring beginnen, die Scheibe durchsetzen und am Rand derselben in die 10—14 Radialstacheln übergehen, ziemlich häufig noch kürzere vorkommen, die nur auf einen Umlauf beschränkt sind. In ihrem Bau verhalten sich die Radialstäbe und die eyelischen Septen wie bei den Discospiriden; letztere sind Gitterplatten mit rundlichen Oeffnungen von gleichförmiger Grösse, wie namentlich für das äusserste Septum bei der Kantenlage der Schale leicht nachzuweisen ist (Taf. VI, Fig. 12). Die besonders in den centralen Partien auffallende Undurehsichtigkeit des Skelets ist dadurch bedingt, dass eine grosse Anzahl von Platten in der Richtung des kleinsten Durchmessers über einander geschichtet sind. Stellen wir auf die Oberfläche einer mit ihrer Breitseite uns zuge- wandten Schale ein, so erblicken wir zunächst eine Platte mit grossen Löchern, die in regelmässigen hexagonalen Figuren gestellt sind (Taf. VI, Fig. 13 a); im Mittelpunkt jedes Sechsecks findet sich eine hellleuchtende Stelle, als der optische Ausdruck eines kleinen über die Oberfläche ragenden Höckers; die einzelnen Höcker werden unter einander durch gratartige, namentlich in Nelkenöl deutliche Leisten verbunden, welche die Oeffnungen in der Gestalt von Dreiecken umgeben. Wird nun der Tubus langsam gesenkt, so lassen sich die Höcker als radiale, an Dicke zunehmende Stäbe nach abwärts bis zur folgenden Platte verfolgen, die sich im Bau von der vorhergehenden nur dadurch unterscheidet, dass die Oefinungen kleiner, die den optischen Durchschnitten der Stäbe entsprechenden Kreise da- gegen grösser geworden sind (Fig. 13 b). Dies letztere Verhältniss macht sich noch mehr bei der dritten und vierten Schalenplatte bemerkbar, deren Oeffnungen so unbedeutend sind, dass sie leicht übersehen werden können (Fig. 13 c), während die Querschnitte der Stäbe um so mehr hervortreten und nunmehr fast dieht an einander schliessen. Leicht kann es dann geschehen, dass man die letz- teren für die Löcher in der Schale hält, ein Irrthum, der dadurch am einfachsten vermieden wird, wenn man langsam die Einstellung von oben nach unten verändert und die Art, wie das Bild einer Platte in das der anderen sich umwandelt, genau verfolgt. Auf die Kante gestellt (Fig. Ta u. 7b) zeigt das Skelet in jeder Lage eine ovale Gestalt, aber eine wechselnde Strucetur in zwei auf einander senkrecht stehenden Durchmessern. Von den Enden des einen Durchmessers aus betrachtet (Fig. 7 a), besteht es aus vier Scheidewänden, welche in der Form coneentrischer Ovale einen eentralen Ring, den optischen Durchschnitt der Markschale, umgeben. Die Scheidewände werden in der Richtung des längeren Durchmessers der Sehale durch breitere Zwischenräume, als in der Richtung des kürzeren Durchmessers von einander getrennt, was zur Folge hat, dass die von ihnen gebildeten ovalen Figuren nicht gleiche Form besitzen, sondern dass die äusseren mehr langgestreckt sind, während die inneren sich mehr einem Kreise nähern; unter einander 192 Analytischer Theil. werden sie durch radiale Stäbe verbunden, die zum grössten Theil schon an der Markschale beginnen und bis zum Schalenumfang reichen, so dass nur wenig neue nach aussen zwischen die vorhandenen eingeschaltet werden. Die zwei in der Längsaxe des Ovals gelegenen Stäbe, welche sich in die sehon bei der Flächenansicht erwähnten Stacheln verlängern, sind durch breitere Interstitien von den übrigen getrennt, welche auf der Oberfläche des Skelets nur mit kleinen Höckern enden. Dreht man die Schale wie ein Rad um einen Winkel von 90°, so dass sie gleichwohl ihre Kantenlage beibehält, dann bleibt das Aussehen der Markschale unverändert (Fig. 7 b); dagegen bilden die Septen nicht mehr concentrische Ringe, sondern eine einzige Spirale, welche an der Markschale ihren Anfang nimmt und im Ganzen aus vier Windungen besteht, zwischen denen zahlreiche radiale Stäbe verlaufen. Die letzte Windung ist unvollständig und hört an einem Ende der ovalen Schale auf, so dass man von hier aus in das Innere des Spiralgangs hineingelangen kann. Ferner hängt hiermit zusammen, dass auf einer Seite der Markschale nur drei, auf der anderen dagegen vier Septen vorhanden sind. Zwischen den beschriebenen Bildern zweier auf einander senkrecht stehender optischer Durch- schnitte erblickt man beim Rotiren der Schale die mannigfachsten Uebergänge, bei welchen je nach der Einstellung bald mehr eine spirale, bald mehr eine eyclische Form der Septen zur Erscheinung gelangt. Dieselben Uebergangsbilder werden hervorgerufen, wenn man die Kantenlage der Schale all- mählig in die Flächenlage überführt. Den hier für die Stylodietya arachnia geschilderten Bau besitzen auch die Skelete der St. quadrispina und St. multispina; sie unterscheiden sich nur in dem Einen unwesentlichen Merk- mal, dass bei der ersteren vier über das Kreuz gestellte Randstacheln vorhanden sind, während bei der letzteren die Zahl der Randstacheln etwa 20 beträgt. Wenn wir nunmehr die Schalen der Stylodietyen mit denen der Stylospiren ver- gleichen, so stimmen sie in folgenden Punkten überein. 1) Beiderlei Schalen haben als centralen Kern eine kleine runde Markschale. 2) Bei beiden Schalen wird die Markschale von gitterförmig durch- brochenen Wänden umschlossen, die in einer Richtung gesehen spiralig, in allen anderen Richtungen concentrisch angeordnet sind. 3) Bei beiden Schalen werden die Wände unter einander durch radiale Stäbe verbunden, die zum Theil als Stacheln über den Rand hervortreten. Da nun die Schalen der Stylospiren sich auf die der Lithelien zurückführen lassen, so muss ein Gleiches auch für die Gattung Stylodietya gelten; auch hier sind die Wandungen nur durch Umbildung einer in der Spirale fortwachsenden Rindenschale entstanden. Da es ferner kaum bezweifelt werden kann, dass die übrigen Discospiriden und Trematodisciden sich ähnlich verhalten wie die von mir beobachteten Arten, so stehen beide Unterfamilien nicht als Vertreterinnen des spiralen und eyelischen Schalenbaues in einem ausgeprägten Gegensatz, wie ihn seiner Zeit Haeckel angenommen hat, vielmehr folgen beide dem spiralen Typus und unterscheiden sich von einander nur durch die Art, wie dieser zum Aus- druck kömmt. Wie wir gesehen haben, sind im Diseidenskelet zwei Ebenen von Bedeutung, erstens die Ebene, in welcher das spirale Septum aufgewickelt ist — oder kurz die Spiralebene — und zweitens die Ebene, in welcher das Skelet abgeplattet ist, oder die Scheibenebene. Bei den Tremato- diseiden stehen beide genau auf einander senkrecht, bei den von mir untersuchten Diseospiriden bilden sie einen sehr kleinen Winkel; bei anderen Discospiriden endlich, der durch Haeckel bekannt ge- wordenen Discospira helicoides und D. opereulina, fallen sie zusammen, so dass die Flächenansicht der Schale hier auch zugleich die Spirale am schönsten erkennen lässt. Hierzu kömmt noch ein zweiter Unterschied. Bei den Trematodiseiden umhüllt, wie bei der Gattung Lithelius, jede Spiralwindung 8. Die Familie der Disciden. 193 die vorhergehende allseitig, bei der Stylospira arachnia und St. quadrispina dagegen ist dies nur bei der ersten Windung der Fall, während die übrigen sich wie die Spiralgänge eines Schneckengehäuses an einander legen, so dass man hier einen Schalenkern und einen peripheren Theil aus einander halten muss. Wie sich in diesem Punkt Haeckel’s Discospiriden verhalten, ist leider unbekannt; da jedoch ihre Schalenmitte durchsichtiger sein soll, als die der übrigen Diseiden, wäre es möglich, dass der Schalenkern fehlt und dass gleich die erste Windung sich in der Schalenebene aufrollt, wie bei der Stylospira arachnia erst die späteren. Sollte sich diese Annahme bestätigen, dann würden auch in diesem Punkt die am schönsten ausgeprägten Discospiriden und Trematodiseiden in einem Gegensatz stehen, der durch die von mir beobachteten Stylospiren vermittelt würde. Was nun endlich die Coceodiseiden anlangt, so kann ich aus Mangel eigener Beobachtungen nur Vermuthungen über den Bau ihrer Schalen äussern. Nach Haeckel ist hier das Schalencentrum nicht von einer Kammer (unserer Markschale), sondern von drei eoncentrischen, weit aus einander ste- henden, durch Radialstäbe verbundenen Gitterkugeln gebildet; daraus schliesse ich, dass hier im Gegen- satz zu den Trematodiseiden und Diseospiriden nieht zwei, sondern drei primäre Gitterkugeln vor- handen sind, dass nicht die zweite, sondern erst die dritte die spirale Umgestaltung erfahren hat; die Coceodiseiden würden somit — und hierin stimme ich auch mit Haeckel überein — unter den Dis- ciden dieselbe Stellung einnehmen wie die Gattung Actinomma unter den Ommatiden. Die gesammte Architeetonik der Diseidenschale bringt es mit sich, dass dieselbe niemals in sich zum Abschluss kommen kann; wie bei den Lithelien und Tetrapylen bleiben nothwendigerweise stets freie Schalenränder erhalten, an denen eine fortschreitende Anbildung neuer Theile so lange vor sich geht, als es die Grösse des Weichkörpers erlaubt. Das Wachsthum geschieht hierbei in der Weise, dass die alten Radialstäbe sich über den Rand hinaus verlängern oder neue hier entstehen, dass von ihnen sowie von den Radialstacheln aus Kieselbälkchen hervorsprossen, die sich mit dem freien Schalen- rand und den übrigen Schalentheilen verbinden. Nach dem Vorgange von Ehrenberg und J. Müller hat Haeckel die Discoidschalen nach Bau und Wachsthum mit den Gehäusen der eyclischen Polythalamien in Parallele gesetzt; es sollen „die Coceodiseiden und Trematodiseiden mit den Soritiden, die Discospiriden mit den Nautiloiden und insbesondere den Opereulinen in Eigenthümlichkeiten der Skeletstructur wesentlich übereinstimmen“. „Die Analogie solle sich soweit verfolgen lassen, dass man, wenn man von der Verschiedenheit des Schalenmaterials und von dem Fehlen der Centralkapsel bei den Polythalamien absehe, versucht sein könne, die Grenze zwischen Polythalamien und Radiolarien hier für aufgehoben zu erklären und einen eontinuirlichen Uebergang zwischen beiden Ordnungen herzustellen.“ Dieser Anschauung wird durch die oben zusammengestellten Untersuchungsresultate widersprochen, welche sehr wesentliche Unter- schiede zwischen den Gehäusen der Foraminiferen und Diseiden ergeben haben. Erstens existiren in den fertigen Discoidschalen weder Kammern noch überhaupt Bildungen, die irgend welche Analogien mit den Kammern der Polythalamien böten. Zweitens sind die Ausgangspunkte und dem entsprechend auch die Wachsthumsarten der Schalen in beiden Fällen verschieden. Wie ich an einem anderen Orte!) auf Grund der Carpenter’schen Durchführungen nachzuweisen versucht habe, sind die Schalen der Polythalamien Modifieationen einer monaxonen Grundform und durch spirale Windung der Hauptaxe entstanden; die letzte Kammermündung repräsentirt den oralen Pol, an welchem wie bei allen übrigen Foraminiferen die Vergrösserung der Schale Statt findet. Die Discidenskelete dagegen 1) Richard Hertwig, Bemerkungen zur Organisation und systematischen Stellung der Foraminiferen. Jenaische Zeitschrift Bd. X. S. 41. Jen. Denkschriften II. 3. 25 194 Analytischer Theil. sind abgeänderte Kugeln und wachsen nicht in der Richtung irgend einer der unter sich ursprünglich gleichwerthigen radialen Axen, sondern vielmehr senkrecht und tangential zu ihnen, in ganz derselben Weise wie die Gitter der Acanthophraetiden in tangentialer Richtung von den radialen Stacheln aus gebildet werden. II. Der Weichkörper der Disciden. Die Diseospiriden und Trematodiseiden gleichen einander im Bau ihrer Weichtheile vollständig (Taf. VI, Fig. 7.10.11); ihre Centralkapsel wird in ihrer Gestalt von dem Skelet bestimmt, wiederholt die bieonvexe oder abgeplattete Form desselben und wird nur von dem Schalenrand überragt. Ihr von einer dünnen Membran umgebener Inhalt, welcher braune oder rothe Pigmentkörnehen und nicht selten zahlreiche kleine Oeltropfen enthält, bildet einen Ausguss des Schalenhohlraums und füllt die eyelischen und spiralen Gänge desselben in der Weise vollkommen aus, dass die einzelnen Windungen des Protoplasmakörpers durch die Öellnungen der Scheidewände unter einander in Zusammenhang stehen (Fig. 11). Glycerinpräparate, in welchen das Skelet unsichtbar wird, ergeben daher Bilder, die eine äussere Aehnlichkeit mit dem durch Entkalkung freigelegten Weichkörper mancher Foraminiferen, z. B. der Opereulinen, besitzen, indem der Centralkapselinhalt aus lauter einzelnen, den sogenannten Kammern entsprechenden Stücken zu bestehen scheint, die sich nach allen Richtungen durch schmale Commissuren mit einander verbinden. Bei der Vergrösserung des Skelets wächst der Weichkörper im ganzen Umfang in die neuentstandene Windung der Schale hinein und entsendet hierbei durch die Oeffnungen der Scheidewände hindurch kleine sackförmige Ausstülpungen, die ausserhalb anschwellen und später offenbar unter einander verschmelzen, so dass sich hier ähnliche Verhältnisse wie bei der Diplosphaera unter den Ethmosphaeriden wiederholen (Taf. VI, Fig. 11). Im Centrum des Körpers liegt der Kern, der schon im frischen Zustand als hellere, auch von Haeckel bei Euchitonia Leydigi und E. Virchowii wahrgenommene Stelle sichtbar ist und bei Carmin- osmiumbehandlung eine scharf contourirte, homogene rothe Masse bildet. Bei der jüngsten von mir untersuchten Diseide, einer Stylodietya arachnia (Taf. VI, Fig. 7), nahm er ausser der Markschale noch den nächstfolgenden Ring zu einem Drittel ein und wurde daher durch das Gitter der Markschale in zwei Theile geschieden, die durch dünne, die Oefinungen passirende Fäden im Zusammenhang standen und von denen der äussere durch die Radialstäbe in drei mit einander ebenfalls nur durch dünne Fäden verbundene Portionen abgetheilt wurde. Aeltere Exemplare, die den verschiedensten Arten der Gattungen Euchitonia, Stylospira, Stylodietya und Amphibrachium angehörten, besassen einen be- trächtlich grösseren Kern, welcher den ersten Ring vollständig und den zweiten zur Hälfte (Fig. 11), ja sogar in einigen Fällen den zweiten Ring vollständig für sich allein ausfüllte. Auch hier war der Kern eine zusammenhängende homogene Masse, die gleich dem Protoplasma der Centralkapsel einen Ausguss der von ihm eingenommenen Skeletpartien vorstellte. Wie bei den Spongosphaeren liegt somit auch bei den Diseiden ein Theil des Skelets im Inneren des Kerns, ein Verhältniss, das insofern als ein seeundär entstandenes angesehen werden muss, als wahrscheinlich der Kern ursprünglich nur der Markschale angehört und erst später die äusseren Theile des Skelets umwächst. Bei einer Stylospira arachnia fanden sich ausser dem centralen grossen Kern noch mehrere kleinere Kerne im Protoplasma zerstreut; dieselben waren ebenfalls homogen und zweifele ich nicht, dass sie ihrer Abstammung nach für abgelöste Theile des centralen Mutterkerns gehalten werden müssen. 8. Die Familie der Disciden. 195 Die Centralkapsel wird von einer ansehnlichen Gallertschieht umhüllt, welehe bei den Arten mit Stacheln bis an deren Spitze reicht. Ebenso ist die extracapsuläre Sarkode meist reichlich und bildet einen trüben Pseudopodienmutterboden, in dem braunes, die Centralkapsel verdeekendes Pig- ment abgelagert sein kann. Bei einem Exemplar der Stylodietya quadrispina häufte sich das Pigment zu dichten Massen an zwei Stellen der Umrandung der Scheibe an, während es im übrigen Theil des extracapsulären Weichkörpers fehlte; Farbstoffkörnchen verbreiteten sich von hier aus den Pseudo- podien entlang. Die Pseudopodien sind körnchenarm, selten verästelt und zur Anastomosenbildung wenig ge- neigt (Taf. VI, Fig. 10 u. 11); bei der Gattung Euchitonia erfahren sie an einer bestimmten Stelle eine Modification und werden zur sogenannten Sarkodegeissel, einem von Haeckel und Krohn ent- deckten, ausserdem noch bei einigen Sponguriden vorkommenden eigenthümlichen Gebilde (Fig. 10). Dasselbe entspringt am Grund des zwischen den armartigen Fortsätzen der Scheibe gelegenen Aus- schnitts und wird von Haeckel als „ein sehr dieker homogener hyaliner stielrunder Gallertfaden“ geschildert, welcher „an der Basis am breitesten sich allmählig gegen die äussere Haarspitze hin ver- dünnt und gewöhnlich nicht gerade und steif ausgestreckt wie die übrigen Pseudopodien, sondern mehr oder wenig Sförmig gebogen, oft wellenförmig geschlängelt oder selbst mit ein oder ein paar hakenförmigen Einbiegungen erscheint“ Von den übrigen Pseudopodien soll er sich durch „starrere Consistenz unterscheiden, was daraus ersichtlich sei, dass er niemals Körnchen führte, mochten nun die benachbarten Pseudopodien von Körnchen ganz frei oder dieht damit besetzt sein“. Haeckel rechnet daher die Sarkodegeissel mit den Gallerteilien der Acanthometren zu den besonders differenzirten Theilen der Sarkode. Nach meinen Beobachtungen ist die Sarkodegeissel ein an seiner Basis breiter, nach dem Ende zu allmählig sich fein zuspitzender Faden, der, bedeutend länger als die umliegenden Pseudo- podien, im Ruhezustand gerade gestreckt ist und nur auf Reize hin sich schlängelt und stellenweis dabei zu Varieositäten anschwillt. An der Basis ist die Geissel ausserdem fein längsstreifig oder besteht sogar aus einzelnen getrennten Fäserchen, die nach der Spitze zu vollkommen zu einer homogenen Masse verschmelzen; kleine Körnehen sind in geringer Anzahl auf ihrer Oberfläche in ganzer Länge vertheilt und in langsamer Cireulation begriffen; endlich habe ich noch, wenn auch nur ein einziges Mal, verfolgen können, dass ein benachbartes Pseudopodium sich an die Sarkodegeissel ansetzte und sich mit ihr vereinigte. Aus allen diesen Beobachtungen ergiebt sich mit Sicherheit, dass wir es nicht mit einer Art Flagellum zu thun haben, sondern mit einem Bündel von Pseudopodien, die sich an einander legen und in ihrem Verlauf verschmelzen. Für diese Ansicht spricht die feinstreifige Be- schaffenheit, vor Allem aber die Körnchenströmung und die Fähigkeit, mit benachbarten Pseudopodien zu anastomosiren. Die Ursache zu der so eigenthümlichen Anordnung der Pseudopodien mag vielleicht darin zu suchen sein, dass dieselben am Grund des halbmondförmigen Ausschnitts der Centralkapsel entspringen und demzufolge gleich von Anfang an zusammengedrängt einen convergirenden Verlauf einschlagen müssen. In das Innere der Centralkapsel hinein setzt sich die Sarkodegeissel als ein feinstreifiger Strang von zarten, gewellten Fäden fort, die bis in die Nähe des Kerns vordringen; doch bin ich über die Bedeutung des Stranges nicht in’s Klare gekommen, da ich ihn nur einmal und auch da nur wegen der starken Pigmentirung der Centralkapsel undeutlich gesehen habe. Die Sarkodegeissel ist bisher ausser bei den Euchitonien bei keiner Discide beobachtet worden, dagegen tritt sie noch bei einigen Sponguriden auf, bei denen sie in gleicher Weise wie bei Euchi- 25 * 196 Analytischer Theil. tonia am Grund eines halbmondförmigen Ausschnitts der Centralkapsel entspringt, ein Umstand, der zu Gunsten der Art, in welcher ich mir das Zustandekommen der Geissel denke, spricht. Leider habe ich von den Sponguriden nur eine Form, welche keine Geissel besitzt, den Spongurus cylin- drieus, aufgefunden. Ueber den Weichkörper desselben will ich hier nur kurz die Bemerkung ein- schalten, dass er mit dem Weichkörper der Disciden, namentlich in dem Bau des Kerns, vollkommen übereinstimmt. Hierdurch wird eine Verwandtschaft der Diseiden und Sponguriden, von welch letz- teren ich die Gattungen Spongosphaera und Rhizosphaera schon früher abgelöst habe, wahrscheinlich gemacht; ich würde dann die Skelete der Sponguriden, dje noch eines genaueren Studiums bedürfen, als Discoidschalen, die zu einem spongiösen Balkenwerk aufgelöst sind, betrachten, sowie die Skelete der Spongosphaeriden zu einem spongiösen Balkenwerk aufgelöste Sphaeroidschalen sind. 9 Die Familie der Acanthodesmiden. Die bei der überwiegenden Mehrzahl der Radiolarien vorherrschende kugelige oder homaxone Grundform ist in den Familien der Acanthodesmiden, Plagiacanthiden und Cyrtiden sehr wesentlich durch die dominirende Entwicklung einer Axe, der Längs- oder Hauptaxe, modificirt. Die homaxone Grundform geht hierdurch in eine monaxone über und zwar, da die beiden Enden der Hauptaxe des Körpers sich verschieden verhalten, in die besondere Unterart dieser Grundform, welche Haeckel als die diplopole bezeichnet. Unter den genannten drei Familien stehen die Acanthodesmiden den übrigen Radiolarien am nächsten, da die Verschiedenartigkeit der beiden Hauptpole zwar vorhanden, aber äusserlich meist so wenig ausgesprochen ist, dass sie leicht übersehen werden kann. Es wurde diese Familie zuerst durch Haeckel aufgestellt, welcher in ihr die von Ehrenberg, Joh. Müller und Claparede be- schriebenen Dietyochen, Lithocircen, Acanthodesmien und Plagiacanthen, sowie die von ihm selbst be- obachteten Arten der Gattungen Zygostephanus und Prismatium vereinte; im Folgenden werde ich die Familie beibehalten, nur mit dem Unterschied, dass ich ihr noch die Zygocyrtiden Haeckel’s an- schliesse, dagegen die Plagiacanthen und Dietyochen abtrenne und die Zugehörigkeit mancher Arten der Gattung Acanthodesmia zweifelhaft lasse. I. Das Skelet der Acanthodesmiden. Bei dem ursprünglichen Umfang der Familie der Acanthodesmiden war eine einheitliche Auf- fassung der in ihr vorkommenden Skeletformen unmöglich; in seiner Monographie hebt Haeckel selbst hervor, dass die einzelnen Gattungen „nicht sowohl dureh viele positive Eigenheiten des Skelet- baues, als vielmehr durch eine allen gemeinsame Summe von negativen Charakteren verbunden sind, die ihre Einreihung in andere Familien unthunlich erscheinen lassen“. Die verschiedenen Gattungen sollen Uebergangsformen von den Radiolarien mit isolirten Kieselnadeln zu einer ganzen Anzahl anderer Familien vorstellen; so sollen die Acanthodesmiden zu den Spongodiseiden, die Dietyochen zu den Monoeyrtiden, die Zygostephanus und Lithoeireus zu den Heliosphaeriden überleiten. Von dieser Auffassung ist Haeckel inzwischen zurückgekommen; das Studium des reichlichen, auf der Challengerexpedition gewonnenen Materials hat ihn zu dem Ergebniss geführt, dass es eine grosse Anzahl von Radiolarien giebt, deren Skelet entweder einen einfachen, senkrecht gestellten Ring 9, Die Familie der Acanthodesmiden. 197 bildet oder aus der Modification eines solchen hervorgegangen ist, und dass zweckmässiger Weise aus diesen zum grossen Theil der früheren Acanthodesmidenfamilie angehörigen Formen nach Ausschluss aller fremdartigen Elemente eine besondere Gruppe geschaffen werden muss. Ich selbst habe zwar nur wenige hierher zu rechnende Arten beobachtet; was ich aber gesehen habe, ist ganz geeignet, die neuerdings von Haeckel geäusserte Ansicht zu unterstützen und zu beweisen, so dass ich dieselbe bei meiner Darstellung zu Grunde legen werde. Wir beginnen mit der Gattung Lithocircus, deren aus einem Kieselring bestehendes Skelet der Ausgangspunkt für die Skelete aller Acanthodesmiden ist. In der Literatur ist bisher nur eine Art bekannt, der von Joh. Müller!) sehr unvollständig beschriebene und abgebildete Lithocircus an- nularis, mit welchem die eine der beiden von mir untersuchten Formen identisch zu sein scheint, während die andere eine neue, als L. productus zu bezeichnende Art ist. Nach meinen Beobachtungen ist das Skeletstück des Lithocireus annularis kein regel- mässiger Ring, wie ihn Joh. Müller abbildet, sondern besitzt eine sechseckige Gestalt, die in einer die Hauptaxe kennzeichnenden Richtung etwas verlängert ist (Taf. VII, Fig. 5). Von den sechs Ecken liegen zwei an den Polen, die vier übrigen zu je zweien auf beiden Seiten der Längsaxe; sie sind nicht immer so deutlich wie in der Figur 5, sondern häufig etwas abgerundet, aber unter allen Um- ständen leicht daran zu erkennen, dass ein Paar kräftiger Stacheln hier von der Oberfläche des Skelet- rings entspringt. Die Stacheln sind so befestigt, dass ihre Spitzen nach aussen gerichtet sind und zugleich, wenn die Acanthodesmide platt vor uns liegt, nach vorn und hinten divergiren. Die den einen oder basalen Pol der Längsaxe einnehmende Ecke ist vor den übrigen fünf Ecken dadurch ausgezeichnet, dass hier nicht ein, sondern zwei Paar Dornen stehen, wodurch schon im Skelet eine Verschiedenartigkeit in den Polen der Hauptaxe bedingt wird, die auch in der Bildung der Central- kapsel wiederkehrt. Die Basen der Stachelpaare sind unter einander durch zwei stark vorspringende leistenartige Erhebungen verbunden. Die Verschiedenartigkeit der beiden Pole ist beim Lithocireus produetus (Taf. VII, Fig. 4) viel ausgesprochener als beim L. annularis, indem der im Grossen und Ganzen ovale Skeletring nach dem basalen Pole zu etwas spitz ausgezogen ist. Die Peripherie des Ringes erhebt sich zu einer kammartig vorspringenden, medianen Kante, die an dem basalen Ende am breitesten und auf ihrer Höhe ringsum mit kurzen dieken Dornen besetzt ist. Zwei weitere, ebenfalls Dornen tragende laterale Kanten liegen beiderseits der medianen, auf unserer Figur die eine nach vorn, die andere nicht sicht- bare nach hinten von ihr, und enden mit vier kurzen gebogenen Stacheln, die den basalen Pol des Skelets auszeichnen. Die Ringform des Skelets ist, wie ich oben schon im Anschluss an Haeckel’s Ergebnisse hervorgehoben habe, der Ausgangspunkt für eine Anzahl weiterer Formen, die durch das Auftreten neuer Theile eine grössere Complication erlangen; bei der Besprechung denken wir uns dieselben stets so gestellt, dass man auf die mediane Kante blickt und die beiden lateralen rechts und links vor sich hat, d.h. im Verhältniss zu den in den Figuren 4 und 5 abgebildeten Skeleten um einen Winkel von 90% um die Längsaxe gedreht; bei dieser Lagerung sieht man natürlich nur immer die eine, dem Beschauer zugewandte Hälfte des Rings. Bei der Gattung Zygostephanus, die ich nicht selbst beobachtet habe, gesellt sich nach Haeckel zum ersten ein zweiter Ring; beide verhalten sich zu einander wie zwei auf einander senk- 1) Joh. Müller, Ueber die Thalassicollen, Polycystinen und Acanthometren des Mittelmeers S. 29. Taf. I, Fig. 1. 198 Analytischer Theil. recht stehende Meridiane einer Kugel, sind am apicalen und basalen Pol, wo sie zusammenhängen, bisquitförmig eingeschnürt und gleichmässig mit Stacheln besetzt. Der beim Z. Mülleri einfach beschaffene zweite Reifen ist etwas complieirter gestaltet bei einer von mir mehrfach aufgefundenen Art, die ich mit der Acanthodesmia vineulata Joh. Müller’s für identisch halte. Jede der beiden seitlichen henkelförmigen Spangen, in die der zweite Ring durch den ersten zerlegt wird, gabelt sich nämlich am basalen Pol in zwei Arme, welche mit den ihnen ent- gegenkommenden Armen der anderen Seite einen dritten, horizontalen Ring erzeugen. Dieser hori- zontale Ring verbindet sich ebenfalls mit dem verticalen primären, von dem aus die ganze Skeletform ihren Ausgang genommen hat. Von den drei auch hier wieder mit zahlreichen Dornen bedeckten und zu einander senkrecht gestellten Ringen ist der primäre der kleinste, weshalb er eine Einschnü- rung in dem ganzen Skelet hervorruft. Von den Acanthodesmien ist es nur ein Schritt zu den Zygocyrtiden, bei denen an Stelle des zweiten und dritten Rings ein gegittertes Gehäuse getreten ist. Dieselben nähern sich in ihrem Ha- bitus, insofern ihr Skelet einer Glocke ähnelt, den Cyrtiden, mit denen sie auch von Haeckel früher in einer Familie zusammengefasst wurden; sie unterscheiden sich jedoch von den ächten Cyrtiden durch eine Längsstrietur, die den Binnenraum der Schale in zwei symmetrische Theile unvollständig zerlegt. Von den Zygocyrtiden habe ich eine neue, zur Ehrenberg’schen Gattung Ceratospyris gehörige Art beobachtet, die ich wegen ihres am apicalen Pole befindlichen langen Stachels C. acu- minata benenne. Das Gehäuse der C. acuminata (Taf. VII, Fig. 2) ist eine Art Helm, der in querer Richtung verbreitert ist, so dass er von seiner Spitze aus gesehen einen ovalen Umriss zeigt. Mitten in dem Oval findet sich eine bisquitförmige Einschnürung, die, wie leicht verständlich ist, durch den für die Acanthodesmiden charakteristischen Skeletring verursacht wird. Ist die Breitseite des Gehäuses dem Beobachter zugewandt, so blickt man gerade auf die eine Hälfte des Rings, dessen medianer Kamm als eine deutliche Leiste sichtbar is. Am apicalen Pole erhebt sich ein Fortsatz, der anfänglich noch innerhalb des Gehäuses liegt, später aber über die Oberfläche als ein kräftiger vierkantiger Stachel hervortritt; am basalen Pol geht auf jeder Seite vom Ring eine zu ihm senkrechte quere Spange ab, an deren Ende ein derber, nach abwärts gerichteter, schwach gekrümmter und ebenfalls vierkantiger Stachel sitzt. Das Gitterwerk, welches sich an den Ring und die Querspange, die beiden als die Grundlagen des Skelets zu betrachtenden Theile, ansetzt, wird von grösseren und kleineren Maschen gebildet. Die kleineren liegen in den seitlichen Abschnitten, die grösseren Maschen dagegen zu beiden Seiten des Rings. Namentlich verdienen unter den letzteren vier grosse unregelmässige dreieckige Oefinungen Berücksichtigung, die den Winkel zwischen dem Ring und den beiden Schenkeln der Querspange einnehmen. Alle vier kann man als die basale Mündung des Gittergehäuses auffassen, die durch das Skeletkreuz untergetheilt ist; gleichzeitig sind sie nur bei der Ansicht vom basalen Pol aus zu über- blicken, bei der in Figur 2 abgebildeten Seitenansicht sind nur die zwei der einen Seite wahrnehmbar. Am apiealen Pole greift das Gitterwerk mit einigen Maschen über den Skeletring hinaus, wodurch der oben erwähnte Stachelfortsatz mit seinem basalen Theile noch in’s Innere des Gehäuses einge- schlossen wird. Wie sich nach der gegebenen Darstellung Ceratospyris an Acanthodesmia und diese wieder an Lithoeireus anreiht, so lässt sich ein Gleiches auch für die übrigen Zygoeyrtiden, Petalospyris und Dietyospyris, vielleieht sogar für manche Polyeyrtiden, wie z. B. Spyridobotrys, nachweisen. 9, Die Familie der Acanthodesmiden. 199 II. Der Weichkörper der Acanthodesmiden. Die nahe Verwandtschaft der besprochenen Skeletformen wird durch die grosse Uebereinstim- mung, die im Bau der zugehörigen Weichtheile herrscht, noch weiterhin sicher gestellt. Namentlich prägen sich in der Organisation der Centralkapsel eine Anzahl sehr auffallender Eigenthümlichkeiten aus, die um so mehr in’s Gewicht fallen, als sie von den sonst bei den Radiolarien herrschenden Ver- hältnissen erheblich abweichen. Die Centralkapsel der Acanthodesmiden wird von Haeckel und Joh. Müller als ein kugelrunder Körper geschildert, der in der Mitte des Skelets schwebt; dies ist auch im Allgemeinen richtig, wie ein Blick auf die Figuren 4 und 5 lehrt; allein eine genauere Untersuchung lässt den basalen Theil der Kugel quer abgestutzt erscheinen, was mit der sogleich zu betrachtenden eigenthüm- lichen Beschaffenheit der Kapselmembran zusammenhängt. Seiner Zygoeyrtidengattung Petalospyris schreibt Haeckel eine querovale Centralkapsel zu; ähnlich fand ich sie bei der nahe verwandten Ceratospyris acuminata (Fig. 2), nur war hier die Kapsel durch den dicht anliegenden Skeletriing am apicalen Ende eingeschnürt, während das basale Ende gleich dem der übrigen Acanthodesmiden quer abgestutzt war. Die Kapselmembran ist, wie schon Haeckel bei der Schilderung des Zygostephanus Mülleri erwähnt, sehr derb, deutlich doppelt contourirt und hebt sich bei der Behandlung mit Osmium-Carmin- Glycerin von dem unterliegenden Inhalt ab. Wie man dann klar erkennen kann, ist sie homogen und zeigt nicht die Punktirung der Oberfläche, aus welcher Haeckel vermuthungsweise auf die Anwesen- heit von Porencanälen schliesst. Eine Ausnahme macht nur der am basalen Pole gelegene Theil der Membran, welcher stets fest mit dem Inhalt in Zusammenhang bleibt, zart contourirt ist und eine be- sondere Structur besitzt. Hier finden sich nämlich kleine stäbehenförmige Körperchen, die sich in Car- min stark färben und in dieser Weise leicht sichtbar gemacht werden können, wenn sie durch die Masse der extracapsulären Sarkode verdeckt sein sollten. Sie stehen von der Seite gesehen eines dicht neben dem anderen senkrecht zur Oberfläche der Centralkapsel und parallel der Hauptaxe (Taf. VII, Fig. 2. 4. 5); von einem der Pole aus betrachtet ordnen sie sich entweder zu einem Kreis an oder sie bilden wie bei Ceratospyris (Fig. 2) drei dicht an einander schliessende Kreise. Bei letz- terem Radiolar sind sie ausserdem nicht, wie sonst, alle von gleicher Stärke, sondern einige stärkere sind zwischen die übrigen schwächeren vertheilt. Der durch die Stäbehenstruetur ausgezeichnete Theil der Kapselmembran, den wir das Poren- feld nennen wollen, giebt die Basis für einen eonischen Aufsatz ab, der in das Innere der Central- kapsel hineinragt und wegen seiner undeutlichen Contour leicht übersehen werden kann. Bei Litho- eircus produetus, wo ich ihn am genauesten beobachten konnte (Fig. 4), ist der Aufsatz oder der „Pseudopodienkegel“ schief nach einer Seite verschoben, so dass seine Spitze nicht senkrecht über der Mitte des Porenfeldes liegt; er besteht aus feinen Linien, die von der homogen erscheinenden Spitze entspringen und nach dem Porenfeld derart divergiren, dass jede Linie auf eines der stäbchen- förmigen Körperchen stösst. Von der eigenthümlichen Structur, auf deren Deutung ich später noch zurückkommen werde, habe ich bei Ceratospyris nur ein verschwommenes Bild erhalten, bei den übrigen Acanthodesmiden (Lithoeireus annularis und Acanthodesmia vinculata) gar nichts wahrgenom- men; gleichwohl zweifele ich nicht, dass sie sich bei allen ächten Acanthodesmiden vorfindet und bei der genügenden Vorsicht in der Untersuchung überall wird nachgewiesen werden. 200 Analytischer Theil. Der Inhalt der Centralkapsel ist ein feinkörniges Protoplasma, in welchem die von Haeckel erwähnten „kleinen wasserhellen kugeligen Bläschen“ nicht vorhanden waren, dagegen ein einziger relativ grosser Kern niemals vermisst wurde. Derselbe hatte bei Carminosmiumbehandlung das Aussehen eines durchaus soliden homogenen rundlichen Körpers und nur bei Ceratospyris (Fig. 2) war in ihm ein kleiner rundlicher Nucleolus enthalten. Er liegt immer etwas excentrisch, bei der Cerato- spyris sogar nur in einer der Hälften, in welche die Centralkapsel durch die ringförmige Einschnürung zerlegt wird. Beim Prismatium dipleurum ist der Kern schon von Haeckel beobachtet und als „eine in der Mitte der Centralkapsel sichtbare, grössere, helle zarte Kugel (Binnenblase ?)“ beschrieben worden, deren Durchmesser !/, von dem der Kapsel beträgt. Neben dem Kern können noch Oelkugeln im Inhalt der Centralkapsel auftreten, wie ich deren eine beim Lithoeireus productus und zwei — in jeder Kapselhälfte eine — bei Ceratospyris acuminata gefunden habe. Als Grundlage des extracapsulären Weichkörpers dient die Gallerte, welche stets so reichlich ist, dass das gesammte Skelet mit seinen Stacheln noch von ihr umschlossen wird. Die Sarkode ist spärlicher, sie bildet einen dünnen Ueberzug auf der Centralkapseloberfläche und nur an dem durch das Porenfeld bezeichneten Ende eine dickere Lage. Die Pseudopodien sind besonders nach dem ba- salen Pole zu zahlreich und anastomosiren häufig unter einander. 10. Die Familie der Plagiacanthiden. Von den Acanthodesmiden habe ich die Gattung Plagiacantha als Vertreterin einer besonderen Familie abgetrennt, weil ihr Skelet nach einem völlig anderen Grundplan gebaut ist. Die Gattung wurde von Claparede!) aufgestellt und nach einer einzigen in Glesnaesholm entdeckten Art cha- rakterisirt; sie wurde von ihm wie von Joh. Müller irrthümlicherweise für eine Uebergangsform zwischen den Acanthometren und Polyeystinen gehalten, während Haeckel richtig ihre Verwandt- | schaft mit den Cyrtiden erkannte. Seit Claparede ist keine Plagiacantha wieder beobachtet worden ausser der Form, die ich als eine neue Art im Folgenden wegen ihrer tannenbaumähnlichen Stacheln unter dem Namen Plagiacantha abietina beschreiben werde. I. Das Skelet der Plagiacanthiden. Der Bau des Skelets ist — vorausgesetzt, dass die von Claparede gegebene Schilderung richtig ist, woran man freilich zweifeln kann — der einzige Grund, weshalb ich die von dem ge- nannten Forscher und die von mir beobachteten Plagiacanthen für verschiedene Arten halte. Die P!. arachnoides soll drei Stacheln besitzen, die an ihrem centralen, dem Protoplasmakörper als Unterlage dienenden Ende verschmolzen sind und an ihrem peripheren Ende sich in drei Aeste zertheilen; unter einander sollen die Stacheln und deren Endäste durch feine Kieselfäden verbunden sein. Bei meiner Pl. abietina (Taf. VII, Fig. 6) fehlen sowohl diese Verbindungsfäden, als auch ist die Verästelungsweise eine andere, dagegen sind die Stacheln in derselben Zahl vorhanden wie dort. Dieselben stossen etwas geneigt unter gleichen Winkeln zusammen, wie die drei Kanten einer sehr flachen und breit- 1) Claparede et Lachmann, Etudes sur les Infusoires et Rhizopodes Bd. I. S. 461. 10. Die Familie der Plagiacanthiden. 201 basigen Pyramide und sind vollkommen an ihrer Vereinigungsstelle verschmolzen. Jeder Stachel hat drei hohe blattartige Kanten und verjüngt sich allmählig von der Basis nach der Spitze zu. In regel- mässigen Abständen giebt er einen Quirl von drei ebenfalls dreikantigen Seitenstacheln ab, die von den blattartigen Kanten entspringen und mit jedem Quirl — von der Basis nach der Spitze zu ge- rechnet — an Grösse abnehmen. Bei den verschiedenen Exemplaren fanden sich, vielleicht je nach dem Alter derselben, 3—6 solcher Quirle. Die Seitenstacheln ihrerseits verästeln sich niemals und entsenden auch keine Kieselfäden, welche eine Verbindung mit anderen Theilen des Skelets herstellen könnten; in Folge dessen hat das ganze Skelet eine gewisse Aehnlichkeit mit drei an der Wurzel vereinten Tannenbäumchen. Ausnahmsweise beobachtete ich ein Thier mit vier völlig überein gebauten Hauptstacheln; bei einem anderen war in sofern eine Annäherung an die Vierzähligkeit gegeben, als zwei Stacheln ge- meinsam entsprangen und durch ein schmales Verbindungsstück mit dem dritten zusammenhingen, neben dem noch eine kleine Zacke wie das Rudiment eines vierten Stachels sass; dies Alles sind wohl nur Varietäten des Skelets, die nicht zur Aufstellung einer besonderen Art berechtigen. II. Der Weichkörper der Plagiacanthiden. Der Weichkörper scheint bei der Pl. arachnoides und Pl. abietina völlig gleich gebaut zu sein; er ist nach Claparede’s Schilderung, welche in vielen Punkten der Ergänzung bedarf, eine matt- gelbliche Kugel, die von einer scharf gezeichneten Membran umgeben ist und in ihrem Inneren einen excentrisch gelegenen, ebenfalls kugeligen und von einer schwach lichtbrechenden Flüssigkeit erfüllten Hohlraum enthält. Was hier Claparede beschreibt, ist die etwa 45 u grosse Centralkapsel des Thieres, die im Allgemeinen zwar kugelig gestaltet, aber in einer Richtung, nach ihrem basalen Ende hin, etwas lang gestreckt is. An diesem Ende ist ihre deutlich doppelt contourirte Membran, die an anderen Orten sich stets bei Glycerinbehandlung abhebt und ab und zu selbst beim lebenden Thier durch einen Zwischenraum vom Inhalt getrennt sein kann, mit letzterem fest verbunden. Dies ist dadurch veranlasst, dass sich hier wie bei den Acanthodesmiden ein Porenfeld findet, von dem aus der co- nische Aufsatz, der Pseudopodienkegel, in das Protoplasma eindringt (Fig. 6a u. b). Das Porenfeld ist rundlich und etwa 10x. im Durchmesser gross, es ist gleichmässig mit kleinen rundlichen Körnchen bedeckt, die den Stäbehen der Acanthodesmiden entsprechen, wie diese in Carmin sich stark färben und beim Zerzupfen der Centralkapsel an deren Membran fest haften bleiben. Der etwa 151 hohe Pseudopodienkegel endet mit einer homogenen, in Carmin ebenfalls intensiv sich imbibirenden Spitze und besteht im Uebrigen aus Streifen, die von der Spitze nach den am basalen Ende befindlichen Körnern verlaufen und entsprechend der gleichmässigen Anordnung der letzteren nicht nur in der Peripherie, sondern auch im Inneren des Kegels vorkommen. Ich habe die Structur bei der Plagia- cantha näher untersucht und bin dabei zu folgenden Resultaten gelangt. Beim Zerzupfen reisst der Kegel eher von der Membran der Centralkapsel ab, ehe er sich aus dem Protoplasma loslösen lässt, wenn auch seine Grenzcontouren gegen dieses bei dem Manipuliren schärfer hervortreten. Salz- säure lässt ihn wie seine Streifung deutlicher werden; ebenso wird er auch von Natronlauge nicht angegriffen, selbst wenn man den Concentrationsgrad derselben suecessive verringert und erhöht, was auf organische Strueturen bekanntlich am zerstörendsten einwirkt. Da das Protoplasma in Natronlauge quillt (ich wandte das Reagenz nur bei Osmiumpräparaten, nicht bei frischem Materiale an), so wird Jen. Denkschriften II. 3. 26 202 Analytischer Theil. nunmehr der Kegel als ein besonders klar gezeichnetes Gebilde erkennbar. Die Natronlaugereaction macht es wahrscheinlich, dass die Substanz des Pseudopodienkegels dieselbe ist wie die der Kapsel- membran, dass er selbst somit als ein Anhang der letzteren betrachtet werden muss. Das Gleiche gilt von den Körnchen des Porenfeldes, die sich Reagentien gegenüber ähnlich verhalten. Der Kapselinhalt ist ein feinkörniges, farbloses oder gelbliches Protoplasma, in dem niemals der schon von Claparede beobachtete Hohlraum vermisst wird; es ist dies eine Vacuole von häufig so beträchtlicher Grösse, dass sie die Hauptmasse des Kapselinhalts bildet und das Protoplasma zu einem dünnen, nur nach dem basalen Ende zu verdickten Wandbeleg zusammendrängt. Die Spitze des Pseudopodienkegels reicht bis an die Circumferenz der Vacuole heran. Neben dem grossen Flüssigkeitsraum liegt der Kern zu einem scheibenförmigen Körper ab- geplattet, der von einer Seite kreisrund, von der anderen lang gestreckt oval aussieht; in ihm findet sich ein kleiner nucleolusartiger Körper; dagegen konnte eine Kernmembran nieht nachgewiesen werden. Die Centralkapsel ruht, wie schon Claparede richtig bemerkt, in der Weise auf den Stacheln, dass das eine Ende — das mit dem Pseudopodienfeld versehene — den Vereinigungspunkt derselben berührt. Hier wird sie sowohl, wie die Stacheln von einer Anhäufung grobkörniger extracapsu- lärer Sarkode umhüllt, von der aus feine, reichlich unter einander anastomosirende Fäden den Stacheln und Nebenstacheln entlang ziehen. Eine Gallertlage ist ebenfalls vorhanden, doch kann ich über die Mächtigkeit derselben nichts Näheres angeben, da ich nur aus dem Mulder stammende Exemplare untersucht habe, bei denen die Gallerte nicht mehr ihren normalen Umfang besitzt. Claparede hat einmal eine Plagiacantha arachnoides gefunden, deren Skelet von Sarkode- netzen überzogen war, während eine Centralkapsel fehlte; zweifellos war das Thier beim Fangen stark verstümmelt worden und handelte es sich nicht um ein normales Vorkommen, sondern um einen der schon so oft bei Rhizopoden beobachteten Fälle, wo Protoplasmatheile vom eigentlichen Körper — hier von der Centralkapsel — losgerissen noch eine Zeit lang weiterlebten. ll. Die Familie der Cyrtiden. Die Cyrtiden gehören zu den Radiolarienformen, die in zahlreichen Gattungen und Arten schon durch Ehrenberg’s Untersuchungen nach der Form ihrer Skelete bekannt waren, ehe sie im lebenden Zustand zuerst von Joh. Müller und später von Haeckel beobachtet wurden; sie bilden in der ganzen Classe die am mannigfachsten gestaltete Gruppe, die zugleich in sofern sich am meisten von dem Typus der Radiolarien entfernt, als in keiner anderen Abtheilung die monaxone Grundform im Bau des Skelets und der Weichtheile sich so klar ausprägt wie gerade hier. Da ferner die Verschiedenartigkeit in den beiden Polen der Hauptaxe ihren höchsten Grad erreicht, ergeben sich bei den Cyrtiden die mannigfachsten Anknüpfungspunkte an die Organisation der Thalamophoren, mit denen sie besonders von Haeckel in eingehender Weise verglichen worden sind. Wie ich indessen später zu begründen suchen werde, liegen bei allen diesen Aehnlichkeiten nur Analogien vor, da die monaxone Gestalt der Thalamophoren eine ursprüngliche, die der Cyrtiden dagegen durch Umwandlung aus einer homaxonen entstanden ist. 11. Die Familie der Cyrtiden. 203 I. Das Skelet der Cyrtiden. Die Skelete der Cyrtiden sind zierliche Glocken, deren Wandungen aus einem bald sehr derben, bald sehr feinen Gitterwerk bestehen, deren eines Ende — Haeckel’s Apicalpol — geschlossen ist und gewöhnlich in eine Spitze ausläuft, während das andere Ende — der Basalpol — eine weite, selten übergitterte Mündung trägt. Nur bei wenigen Arten, den Monocyrtiden, umgiebt die Glocke einen einheitlichen Hohlraum, gewöhnlich zerfällt sie durch Einschnürungen, die schon von Ehren- berg und Müller gesehen und später von Haeckel bei der systematischen Eintheilung verwandt worden sind, in eine Anzahl hinter einander gereihter, sehr unvollständig von einander getrennter Kammern, die für die Unterfamilie der Dieyrtiden und Stichoeyrtiden charakteristisch sind. Von den Kammern ist die am apiealen Pole gelegene, welche als die erste oder als das „Köpfchen“ bezeichnet wird, die kleinste und wird von der folgenden durch die deutlichste Strietur getrennt. Dieser Strietur entspricht bei vielen, vielleicht sogar bei allen Arten, eine Scheidewand, welche sich quer zwischen der ersten und zweiten Kammer ausspannt. Schon früher wurde dieselbe von Haeckel bei einigen Cyrtiden nachgewiesen, neuerdings wurde sie von ihm bei zahlreichen Formen wiedergefunden und ist auch bei den von mir untersuchten Arten ausnahmslos vorhanden. In seiner Monographie hat Haeckel schon an den verschiedensten Punkten hervorgehoben, dass die Theile der Cyrtoidschalen am häufigsten triradial angeordnet sind; so finden sich drei longi- tudinale divergirende Rippen, drei einfache oder gegitterte laterale oder terminale Anhänge, drei Stacheln, die an der Grenze der ersten Kammer entspringen und hier entweder frei hervorstehen oder in den Wandungen der folgenden Kammern verlaufen. Dieser triradiale Typus, für dessen weite Ver- breitung meine und Haeckel’s neueste Untersuchungen abermals Belege ergeben haben, ist na- mentlich deshalb von Bedeutung, weil er in gleicher Weise bei den Plagiacanthiden auftritt. Haeckel hat früher zu den Cyrtiden auch die Skeletformen gerechnet, die durch einen verti- calen Ring in zwei neben einander gelegene Kammern getheilt werden, und ferner diejenigen, welche sich aus unregelmässig in der Längs- und Queraxe gestellten Kammern zusammensetzen; von diesen habe ich die ersteren (die Skelete der Zygoeyrtiden) schon bei den Acanthodesmiden besprochen, die letz- teren (die Skelete der Polyeyrtiden) dagegen habe ich keine Gelegenheit gehabt zu beobachten. Nach dieser vorläufigen Orientirung über die Gehäuse der Cyrtiden gehe ich, da die Beschaffen- heit des Weichkörpers erst durch eine genaue Kenntniss des Skelets verständlich wird, auf eine Be- sprechung der einzelnen von mir untersuchten Formen ein und beginne dabei mit den Monocyrtiden. Von denselben habe ich nur eine einzige, zugleich neue Art gefunden, den Tridietyopus elegans. (Der Name Tridietyopus ist neuerdings von Haeckel einem Radiolariengenus gegeben worden, das durch einige von der meinigen abweichende Arten in dem Challengermaterial vertreten war.) Das zarte Gittergehäuse dieses sehr zierlichen Organismus (Taf. VII, Fig. 3) besitzt die Gestalt einer sehr hohen Glocke, indem sein Längsdurchmesser 250 x, sein Querdurchmesser dagegen an der breitesten Stelle nur 150 u. misst. Das apicale Ende, welches bei den beiden von mir beobachteten Exemplaren abgebrochen war, ist, nach Analogie mit den übrigen Cyrtiden zu urtheilen, jedenfalls beim unverletzten Thier geschlossen und zugespitzt; das basale Ende dagegen, zugleich die breiteste Stelle der Glocke, zeigt eine weite Mündung, die durch keine Gitterung bedeckt zu sein scheint, deren Umrandung sich aber in drei gleich weit von einander entfernte Zacken verlängert. In diesen durch bogenförmige Ausschnitte von einander getrennten Zacken kömmt die triradiale Anordnung des Cyrtidenskelets zum Ausdruck. 26 * 204 ’ Analytischer Theil. Das die Wand des Gehäuses bildende Gitterwerk ist feiner als bei irgend einer anderen Cyrtide und besteht aus dünnen Stäbchen, die sich zu kleinen, etwa 7. messenden, regulär dreieckigen Maschen vereinen. Die Maschen sind meist so angeordnet, dass jedesmal sechs um einen gemeinsamen Mittelpunkt gruppirt ein Sechseck zusammensetzen, doch kommen häufig Unregelmässigkeiten vor, sei es, dass einzelne Maschen die gewöhnliche Grösse überschreiten und anderen dadurch den Platz ent- ziehen, sei es, dass sie eine andere Gestalt haben und vier- oder auch fünfeckig sind. Unter den Dieyrtiden schliesst sich die Gattung Lithomelissa im Bau des Skelets — und wie wir später sehen werden, auch im Bau der Weichtheille — am nächsten an die Monoeyrtiden an, da hier die zweite Kammer nur wie ein verhältnissmässig unbedeutender Anhang an der dem Gitter- gehäuse der Monoeyrtiden allein entsprechenden ersten Kammer erscheint. Die einzige von mir be- obachtete Art, die Lithomelissa thoracites, ist von Haeckel so genau beschrieben worden, dass meine Beobachtungen im Wesentlichen nur seine Angaben bestätigen. Die erste Kammer (Taf. VII, Fig. 1) ist oval, dickwandig und communieirt nach aussen mittelst rundlicher, durch breite Skeletbrücken getrennter Löcher. Am apicalen Pol geschlossen trägt sie am basalen Pole eine Oeffnung, von deren Umrandung die zweite Kammer entspringt. Letztere ist nicht so lang wie die erste und kann als ein eylindrischer, nach dem einen Ende etwas erweiterter Aufsatz angesehen werden, dessen Mündung entsprechend der Erweiterung grösser ist als die Mündung der ersten Kammer, und dessen Wandungen ebenfalls von rundlichen, hier jedoch etwas grösseren Löchern durchbohrt sind. An der eingeschnürten Stelle, welche die beiden Kammern gegen einander abgrenzt, sitzen in gleichen Abständen von einander drei kräftige Stacheln, die zur Längsaxe der Schale nahezu senkrecht stehen, über die Oberfläche der letzteren beträchtlich hervorragen und ausserdem sich in ihr Inneres hinein verlängern. Hier stossen sie im Mittelpunkt auf einander, um zu verwachsen, so dass sie die rundliche, beide Kammern mit einander in Verbindung setzende Oeflnung in drei kleinere gleich grosse Oeflnungen zerlegen, die durch einige zwischen den Stacheln und der Kammerwand aus- gespannte Gittermaschen noch ausserdem eingeengt werden. Bei manchen Exemplaren können die drei Stacheln eine Strecke weit in der Wand der zweiten Kammer verlaufen, bevor sie frei her- vorstehen. Die in der Gattung Lithomelissa sich in ihrer ersten Anlage darstellende zweite Kammer ist im Genus Euceeryphalus zu dem ansehnlichsten Abschnitt des Skelets geworden, während dagegen die erste Kammer, der Ausgangspunkt der gesammten Skeletbildung, nur noch ein kleiner köpfchen- artiger Aufsatz ist. Wir begegnen hier somit zum ersten Male einer Eigenthümlichkeit, die bei allen Dieyrtiden und noch mehr bei den Stichocyrtiden wiederkehrt und sich darin ausdrückt, dass die erste Kammer an Umfang immer mehr zurücktritt, in dem Maasse, als die Schale sich durch An- wachsen neuer Theile vergrössert. Bei dem zuerst von Haeckel beschriebenen Eucecryphalus Gegenbauri (Taf. VII, Fig. 5), mit dem die von Ehrenberg!) vor nicht langer Zeit aufgestellte Halicalyptra Orei identisch oder doch nahe verwandt zu sein scheint, ist die erste Kammer ein kleines rundliches Köpfchen, etwa gleich lang als hoch und nur in der Quere etwas zusammengedrückt, mit relativ dicker Wandung, die nur einen sehr beschränkten Binnenraum übrig lässt und von rundlichen, ungleich grossen Poren durchsetzt wird. Die durch eine wenig auffällige Strietur abgegrenzte zweite Kammer ist viel grösser und wie ein chinesischer Hut gestaltet; ihr Gitterwerk finde ich keineswegs so unregelmässig, wie l) Ehrenberg, Mikrogeologische Studien über das kleinste Leben der Meerestiefgründe aller Zonen und dessen geologischen Einfluss. Abhandlungen der Berliner Academie. 1872. Taf. X, Fig. 9. 10 und Monatsberichte. 1872. S. 313. 11. Die Familie der Cyrtiden. 205 Haeckel es schildert, sondern vielmehr sehr regelmässig aus hexagonalen Maschen gebildet, die in acht eoncentrischen Kreisen angeordnet sind. Da die Kreise nach der basalen Mündung immer grösser werden, aber stets die gleiche Anzahl Maschen enthalten, so werden letztere mit jedem Ring nach abwärts grösser; ferner alterniren, wie es bei ihrer hexagonalen Form verständlich ist, die Maschen einer Reihe mit denen der vorangehenden und der nächstfolgenden Reihe. An den achten Kreis hexagonaler Maschen setzt sich noch ein Schalenabschnitt, der den Mün- dungsrand bildet und sich in seinem Bau wesentlich von den bisher betrachteten Theilen unterscheidet. Zunächst treffen wir auf einen Ring von Maschen, welche in doppelter Zahl wie in den früheren Reihen vorhanden und abwechselnd vier- und fünfeckig sind; dieselben modifieiren, wie aus der Figur leicht verständlich ist, auch die Gestalt der vorangehenden Maschen und schliessen selbst mit einer kreisförmigen Linie ab. Die durch sie glattrandig gewordene Peripherie des Gitterwerks ist durch eine Borde geziert, die sich aus zwei ebenfalls concentrischen gegitterten Ringen zusammensetzt. Der innere Ring ist der massivste Theil des Skelets und offenbar die feste Stütze der Mündung, da seine ziemlich ansehnliche Breite nur von kleinen viereckigen Oeflnungen durchbohrt ist, die nicht immer gleich lang sind, so dass eine wechselnde Zahl (3—5) auf eine Masche der vorhergehenden Reihe kömmt. Der zweite Ring besitzt etwas grössere, in tangentialer Richtung gestreckte oblonge Oeflnungen, die durch dünne, radial gestellte Stäbe von einander getrennt werden. Die radialen Stäbe endlich verlängern sich in kurze, die Schalenöffnung garnirende Stacheln. Eine Anzahl der polygonalen Maschen ist, wie auch Haeckel hervorhebt, dadurch aus- gezeichnet, dass in ihrem Lumen sich noch ein sehr unregelmässiges Netzwerk ganz ausserordentlich feiner Kieselfäden ausspannt, die von den stärkeren Bälkchen der Maschen entspringen. Ein derartiges Netzwerk fand ich in den Maschen der fünften und sechsten, zum Theil auch noch der siebenten Reihe, Haeckel dagegen in den Maschen der drei oberen Reihen, während in den folgenden Reihen, deren Zahl er auf fünf bestimmt, die Netze fehlten. Auf der Oberfläche des Gehäuses stehen vier derbe, lange und in eine feine Spitze auslaufende Stacheln, über deren Anordnung schon Haeckel Angaben gemacht hat. Drei derselben entspringen in gleichen Abständen von einander und im Allgemeinen senkrecht zur Hauptaxe der Schale an der Strietur zwischen den beiden Kammern; sie sind mit ihrer Spitze nach abwärts geneigt und verlängern sich in das Innere des Gehäuses als drei kräftige Stäbe, welche im Centrum der die beiden Kammern trennenden Querebene auf einander stossen und verwachsen (Taf. VIII, Fig. 5b). Auf diese Weise erzeugen sie eine auch von Ehrenberg undeutlich abgebildete Querscheidewand, die von drei unter gleichen Winkeln zusammenstossenden Schenkeln gebildet wird und deren Festigkeit noch durch kleine, vom Gitter an die Schenkel herantretende Bälkchen erhöht werden kann. Der vierte Stachel endlich steht auf der Wölbung der ersten Kammer, aber excentrisch und setzt sich ebenfalls in’s Innere als ein fester Stab fort, der sich mit den drei übrigen Stacheln an deren gemeinsamer Vereinigungsstelle verbindet. Sieht man daher von oben auf das Gehäuse, so erblickt man im Ganzen vier von einem Punkt ausstrahlende Stäbe; drei derselben divergiren unter gleichen Winkeln und liegen in gleicher Ebene; der vierte theilt einen der drei Winkel in einen grösseren und einen kleineren Abschnitt und steigt aus der jenen gemeinsamen Ebene empor. Eine zweite Art der Gattung Euceeryphalus ist dem Euceeryphalus Schultzei nahe verwandt, unterscheidet sich von ihm aber durch die verschiedene Beschaffenheit des Gitters und durch den Mangel der Stacheln am basalen Mündungsrand, so dass ich sie unter dem Namen Eucecryphalus laevis als eine neue Form beschreiben werde. Die erste Kammer ist hier wie beim E. Gegenbauri 206 Analytischer Theil. beschaffen, die zweite dagegen zeigt bedeutende Abweichungen; sie besitzt die Gestalt einer drei- seitigen Pyramide, deren Kanten durch drei von dem unteren Ende des Köpfchens entspringende und bis zur Mündung reichende kräftige Stäbe gestützt werden. Wie schon Haeckel für den E. Schultzei vermuthete, bei welchem gleichfalls drei in der Wand der zweiten Kammer verlaufende Stäbe vor- handen sind, verlängern sich dieselben analog den drei Stacheln des E. Gegenbauri an der Grenze des ersten und zweiten Schalenabschnitts in’s Innere des Skelets, um central zu verschmelzen und so gleichfalls eine Scheidewand zu erzeugen. Um die Uebereinstimmung mit dem E. Gegenbauri zu ver- vollständigen, geht von dem Mittelpunkt der Scheidewand noch ein vierter Stab aus, der schräg nach oben aufsteigt und seitlich von der Spitze des Köpfehens als ein starker excentrischer Stachel — der einzige des ganzen Skelets — zum Vorschein kömmt (Taf. VIII, Fig. 6 u. 6 b). Die drei am unteren Ende des Köpfehens beginnenden und die Kanten der Pyramide bildenden Stäbe sind die festen Stützen, zwischen denen sich die Gitterung der zweiten Kammer ausspannt. Dieselbe ist viel derber als beim E. Gegenbauri und dem E. Schultzei. Die von breiten Skeletbrücken getrennten Oeffnungen sind rundlich und stehen in radialen, bis zur Mündung reichenden Längsreihen. In jeder Reihe finden sich ungefähr 11 Maschen, die mit den Maschen benachbarter Reihen alterniren und in Folge ihrer radialen Anordnung nach der Mündung hin an Grösse zunehmen; da die Grössen- zunahme aber nicht so bedeutend ist, um die beträchtliche Vergrösserung des Schalenumfangs nach der Peripherie zu decken, werden neue Reihen interpolirt, so dass ihre im oberen Theil der Schale auf jeder der drei Seiten nur 5—6 betragende Zahl nach abwärts auf 14 steigt; zugleich werden hierdurch mancherlei Unregelmässigkeiten in der Gitterung der Kammer hervorgerufen. Der Mündungs- rand des ganzen Gehäuses endlich schliesst mit einer glatten Contour ab. Wie aus der gegebenen Schilderung hervorgeht, ist ein wichtiger Unterschied, in welchem der E. laevis vom E. Gegenbauri abweicht, den er dagegen mit dem E. Schultzei theilt, darin gegeben, dass die drei an der Strietur dort frei hervorstehenden Stacheln hier in den Wandungen der zweiten Kammer verlaufen. Eine dritte zu den Dieyrtiden gehörige Gattung war in dem von mir untersuchten Radiolarien- material durch die Arachnocorys eircumtexta vertreten, leider aber nur durch ein einziges, dazu stark beschädigtes erwachsenes und zwei wohl erhaltene jugendliche Exemplare, so dass ich hinsichtlich der Beschaffenheit des fertigen Skelets nicht über die von Haeckel ermittelten Thatsachen hinaus- gekommen bin. Die ovale erste Kammer (Taf. VII, Fig. 2) ist von zahlreichen runden Oefinungen durchsetzt und entsendet an ihrem unteren Rande zahlreiche (etwa 8) Strahlen, welche das Gerüst für die Wandung der flach kegelförmigen zweiten Kammer abgeben, indem sie unter einander durch ein sehr unregelmässiges Gitter zusammenhängen. Da nun aber das Gitter bei den meisten Strahlen erst in einiger Entfernung vom Rand der ersten Kammer beginnt, so bleiben zwischen ihren basalen Theilen grosse Oefinungen bestehen, die unregelmässig geformt sind und nach aussen an Breite zu- nehmen. Die Spitzen der Strahlen reichen als Stacheln über den Rand des Gitters hinaus und sind unter einander sowie mit zahlreichen Stacheln, die sich von der Oberfläche des Köpfchens erheben, durch ein spinnenwebeartiges Netzwerk feinster Kieselfäden verbunden. Die Trennung der ersten und zweiten Kammer lässt Haeckel durch eine sehr unregelmässig gegitterte Scheidewand herbeigeführt werden; indessen schon die Untersuchung des stark beschädigten erwachsenen Thieres machte es mir wahrscheinlich, dass die Scheidewand eine ähnliche Beschaffenheit hat, wie bei den betrachteten und noch zu betrachtenden Cyrtiden und dadurch zu Stande kömmt, dass drei der marginalen Strahlen, welche somit als Hauptstrahlen zu bezeichnen wären, sich centralwärts 11. Die Familie der Cyrtiden. 207 verlängern und vereinigen. Diese Ansicht fand ich dann später durch die Beobachtung eines der beiden jugendlichen Exemplare vollkommen bestätigt (Taf. VIII, Fig. 2a); die hier allein vorhandene erste Kammer besass verhältnissmässig grosse Gitterlöcher und eine rundliche Oefinung am basalen Pole, die durch drei von einem gemeinsamen Punkt aus divergirende Stäbe in kleinere unter einander gleiche Oeflnungen getheilt wurde. Ueber den Rand hinaus setzten sich die Stäbe in lange schräg nach abwärts verlaufende Stacheln fort, von deren unterer Seite je ein kräftiger Seitenast hervorragte; ausser diesen Hauptstacheln entsprangen vom Rand drei Nebenstacheln, welche die von jenen gebildeten Winkel halbirten und sich nicht bis zu dem Stacheleentrum verfolgen liessen. Dass nun in der That das beschriebene Skelet einer jungen Arachnocorys angehörte, ging daraus hervor, dass die Haupt- und Nebenstacheln schon unter einander durch feine vereinzelte Kieselfäden verbunden waren, und dass sich ferner von ihnen aus gleiche Fäden zu kleineren auf der Oberfläche des Gittergehäuses sitzenden Stacheln ausspannten. Von diesen zuletzt genannten Stacheln drang keiner in das Innere des Skelets hinein, so dass der vierte Stab, welcher sich sonst an der Bildung der Scheidewand be- theiligt, bei der Arachnoeorys eircumtexta fehlt oder sich erst später entwickelt. Zu den Dieyıtiden stelle ich endlich noch, besonders wegen des Baues der Weichtheile, ein von Haeckel zu den Monocyrtiden gerechnetes Radiolar, das Carpocanium diadema. Die Schale (Taf. VIII, Fig. 7) ist hier äusserlich ungegliedert „fast eiförmig, in der Mitte bauchig erweitert, darunter verengt bis zu der grossen kreisrunden Mündung, deren Durchmesser der halben Schalenbreite gleich ist, und die von einem Kranz von neun starken, fast gleichseitig dreieckigen Zähnen umgeben ist.“ (Haeckel) Die Wand der Schale ist aussergewöhnlich dick und von kreisrunden in alternirenden Längs- und Querreihen stehenden Löchern durchbrochen, die im Umkreis des apiealen Poles bedeutend kleiner sind. Bei genauer Betrachtung fällt hier eine leichte Einbiegung der Oberfläche auf, die auch in Haeckel’s Zeichnung dargestellt ist und den Ort bezeichnet, an welchem ein Septum in den Bin- nenraum vorspringt und denselben in eine obere sehr flache und eine untere sehr geräumige Kammer theilt- Das Septum, neuerdings auch von Haeckel beobachtet, besitzt einen schwer verständlichen Bau; von oben betrachtet (Taf. VII, Fig. 8 b)’zeigt es 4 von einem gemeinsamen Centrum ausgehende starke Gitterbalken, die an die Wandung des Gehäuses herantreten und sich allmählig in dieselbe ver- lieren. Sie stossen mit einander unter Winkeln zusammen, von denen zwei am grössten und unter einander gleich, die beiden anderen kleiner und verschieden gross sind, und verbinden sich ausserdem durch breite seitliche Skeletfortsätze. Auf diese Weise entstehen in der Mitte vier Oeffnungen, zwei grössere und zwei kleinere, die ich den Oefinungen der übrigen Cyrtiden vergleiche, und ausserdem nach der Peripherie zu eine Anzahl weiterer Oeffnungen, die bei den anderen Arten fehlen und durch die grössere Complieation des Gitterseptum erzeugt sind. Durch einen Wechsel der Einstellung kann man nachweisen, dass nicht alle Theile des Septum in einer Ebene liegen; dem entsprechend stellt es sich auch bei seitlicher Ansicht der Schale (Taf. VII, Fig. 8 a). als ein flach nach oben gewölbtes Dia- phragma dar; von demselben steigen vier Bälkchen, zwei längere und zwei kürzere, wie Strebepfeiler zum Dach des Gehäuses empor und zerlegen somit die obere Kammer in fünf neben einander gelegene Räume. In welcher Weise sich nun dieses Bild der Seitenansicht auf das Flächenbild redueirt, habe ich nicht ermitteln können. Wie aus dem Gesagten hervorgeht, lassen sich in der Querscheidewand des Carpocanium diadema dieselben Theile nachweisen, welche wir bei den Euceeryphalusarten kennen gelernt haben, da die vier starken, durchgehenden Gitterbalken offenbar den vier bei diesen vorhandenen Septalstäben entsprechen. Ihre eigenthümliche Anordnung und complieirtere Beschaffenheit machi es wahrscheinlich, 208 Analytischer Theil. dass das Carpocanium nicht, wie man bei oberflächlicher Betrachtung vielleicht annehmen möchte, eine Form ist, welche sich am nächsten an die Monoeyrtiden anschliesst und den Uebergang von diesen zu den übrigen Cyrtiden vermittelt, sondern dass sie sich im Gegentheil von ihnen unter allen Gat- tungen am weitesten entfernt. Für diese Ansicht spricht ferner der Umstand, dass gerade hier die Selbständigkeit der ersten Kammer am wenigsten gewahrt ist und der Unterschied zwischen diesem primären Skelettheil und den übrigen neu hinzugetretenen Abschnitten sich am meisten verwischt hat. Aus der formenreichen Abtheilung der Stichoeyrtiden habe ich nur zwei Arten der durch Ehrenberg’s, Joh. Müller’s und Haeckel’s Arbeiten so wohl bekannten Gattung Eueyrtidium, das E. anomalum und E. galea, näher untersucht. Wie bekannt, besitzt das Gehäuse hier die Gestalt eines Käfigs und ist durch ringförmige Einschnürungen in 3—8 (gewöhnlich 4—5) Kammern getheilt, von denen die oberste, das Köpfchen, bei weitem die kleinste ist und sich zum Unterschied von der stachellosen Lithocampe vor den übrigen durch den Besitz eines excentrisch gestellten Stachels aus- zeichnet (Taf. VIN, Fig. 3). Die letzten Kammern sind die grössten, ringförmig von Gestalt und am Ende mit einer weiten Mündung geöffnet. Die Wandung des Gehäuses ist eine Kiesellamelle, die von runden in Quer- und Längsreihen angeordneten Gitterlöchern durehbohrt wird, welche am Köpfchen kleiner und unregelmässiger sind als an den übrigen Theilen. Zwischen der ersten und zweiten Kammer existirt eine Scheidewand analoger Art, wie bei den bisher behandelten Cyrtiden, indem von der ringförmigen Einschnürung vier Stäbe in’s Innere vor- dringen und sich im Centrum vereinigen (Fig. 3a). Drei derselben entsprechen den centralen Enden der drei Stacheln bei Lithomelissa, der vierte dem Stab des auf dem apicalen Pole stehenden Stachels von Euceeryphalus. Beim Eueyrtidium geht dieser vierte Stab nicht direct in den Stachel über, viel- mehr setzt er sich in einiger Entfernung von dessen Basis an das Gitter des Köpfchens an und steht mit ihm durch eine Leiste in Zusammenhang, die als eine in der Verlängerung des apiealen Stachels gelegene Firste an der Aussenseite der obersten Kammer herabläuft. Joh. Müller und Ehrenberg haben die beschriebene Querscheidewand übersehen, Haeckel hat sie unvollkommen beim E. galea wahrgenommen, bei welchem es den Anschein hatte, „als ob das ganze erste Glied eine völlig ge- schlossene Gitterkugel bildete, mithin durch ein gegittertes, nach unten in das zweite Glied convex vorspringendes Septum von letzterem getrennt wäre“. Die Abgrenzung der übrigen Glieder der Schale fand ich immer durch dünne Kiesellamellen bedingt, die etwa 5 px breit von den ringförmigen Einschnürungen aus in den Binnenraum vorsprangen; dagegen konnte ich mich nicht davon überzeugen, dass diese soliden Ringe, wie es Müller und Haeckel darstellen, erst durch eine Maschenreihe mit dem Gehäuse verbunden werden. Ausserdem schienen noch drei longitudinale Kiesellamellen, von den drei Hauptstäben des Septum beginnend, auf der Innenseite des Gehäuses herabzulaufen; doch bin ich in Betreff derselben zu keinen sicheren Re- sultaten gelangt. II. Der Weichkörper der Cyrtiden. In keiner Familie der Radiolarien wird der Weichkörper in so hohem Maasse von der Configu- ration des Skelets beeinflusst, wie in der Familie der Cyrtiden; denn allen den Unterschieden, die wir im Bau der bald ein-, bald zwei- oder vielkammrigen Gehäuse kennen gelernt haben, entsprechen mehr oder minder tiefgreifende Unterschiede, die sich in der Form und Structur der Centralkapsel, ja sogar in der Gestalt des Kernes äussern. Es ist dies der Grund, wesshalb wir gerade bei den Cyrtiden uns eingehender als sonst mit den Skeleten befasst haben. 11. Die Familie der Cyrtiden. 209 Bei den Monoeyrtiden — ich beziehe mich hierbei auf den Tridietyopus elegans, als die einzige beobachtete Art — ist die Centralkapsel von jungen Thieren kugelig und füllt den Binnenraum des Gehäuses noch nicht zur Hälfte aus (Taf. VII, Fig. 3b), beim Wachsthum wird sie nahezu gleich gross wie das Gehäuse und dehnt sich der Form desselben entsprechend in die Länge aus, ohne aber im Uebrigen wesentlichere Gestaltveränderungen zu erleiden (Fig. 3). Dies letztere ist jedoch bei den übrigen Cyrtiden, den Di- und Stichoeyrtiden der Fall, bei denen wegen des geringen Durchmessers der ersten Kammer dem Wachsthum der Centralkapsel innerhalb derselben bald Grenzen gezogen sind. Ist der Binnenraum der ersten Kammer vollkommen erfüllt, so kann die Centralkapsel sich nur vergrössern, indem sie in die zweite hinein vordringt; hierbei muss sie das von den Gitterstäben gebildete Septum passiren und wird, da sie sich nur durch die Maschen desselben hindurch schieben kann, gezwungen in Lappen auszuwachsen, die dem basalen Ende des einfachen im Köpfchen enthaltenen Theiles ansitzen. So entstehen die für die Stichoeyrtiden und Dieyrtiden charakteristischen Centralkapselformen, auf die schon Joh. Müller und E. Haeckel aufmerksam gemacht haben. Die lappige Beschaffenheit der Centralkapsel wird in der Cyrtidenreihe um so auf- fallender, je mehr die erste Kammer an Grösse hinter dem übrigen Theile des Skelets zurücktritt. Lithomelissa thoracites, deren Schale kaum die ersten Anfänge einer zweiten Kammer erkennen lässt (Taf. VII, Fig. 1), schliesst sich daher am meisten an Tridietyopus an, indem sie gewöhnlich eine einfache ovale und nur selten eine schwach gelappte Centralkapsel hat; ich selbst habe sogar nur Exemplare der ersten Art gesehen, dagegen „kam es Haeckel einige Male vor, als ob die Kapsel an der Basis leicht in drei kurze Lappen gespalten wäre“. Bei Arachnocorys eireumtexta habe ich eine einfache ovale Centralkapsel bei zwei jungen Thieren beobachtet, deren Skelet noch unvollkommen entwickelt war (Taf. VIII, Fig. 9); sonst ist die Centralkapsel nach meinen und Haeckel’s Beobachtungen vierlappig (Taf. VII, Fig. 2), indem von dem kugeligen unpaaren Haupttheil vier beutelförmige Anhänge ausgehen. Die Anhänge treten mit einem halsartig verschmälerten Verbindungsstück durch die Maschen der Querscheidewand, um unterhalb derselben zu kugeligen Körpern anzuschwellen, von denen drei beträchtlich grösser sind, als der vierte. — Eine ungelappte Centralkapsel kam auch dem einzigen Exemplare zu, welches Haeckel von der zweiten Arachnocorysart, der A. umbellifera, auffand; jedenfalls war dasselbe ein junges Thier, wenn nicht vielleicht gar eine Entwicklungsform der A. eireumtexta; für letztere auch von Haeckel in Erwägung gezogene Annahme ergiebt jedoch die Beschaffenheit des Skelets keine sicheren Beweise. Alle übrigen Cyrtiden sind nur als wohlausgebildete Thiere beobachtet worden. Beide Eucecery- phalusarten, so wie auch Haeckel’s E. Schultzei, besitzen übereinstimmend mit der Arachnocorys cireumtexta Centralkapseln mit vier Lappen (Taf. VII, Fig. 5a u. b und 6a u. b), von welchen jedesmal zwei nebeneinander liegende gleich gross sind und die beiden übrigen unter sich verschiedenen an Umfang übertreffen. Sie reichen in die zweite Kammer etwa bis zur vierten Maschenreihe herab und sind seitlich so dicht an einander gepresst, dass sie sich gegenseitig abplatten, während in ihrer Mitte ein kegelförmiger freier Raum bleibt; an ihrem oberen Ende verschmälern sie sich und gehen so in den ungetheilten im Köpfchen gelegenen Abschnitt oder den „Körper“ der Centralkapsel über, welcher sehr klein, in querer Richtung etwas verlängert und bisquitförmig eingeschnürt ist. Bei beiden Arten von Euceeryphalus waren nun die Beziehungen der Centralkapsellappen zu der Querscheidewand bei der Betrachtung von oben überaus deutlich (Fig. 5b u. 6b). Da in der Scheidewand drei gleich Jen. Denkschriften IT. 3. 27 210 Analytischer Theil. grosse Oeffnungen sind, sollte man erwarten, dass sich durch dieselben drei gleich grosse Lappen hindurchsehieben, thatsächlich aber treten durch zwei derselben getrennt die zwei grösseren, durch die dritte dagegen gemeinsam die zwei kleineren; dies ist dadurch bedingt, dass der dritte Lappen durch den zum Centrum der Scheidewand verlaufenden Apicalstachel in zwei Stücke, und zwar wegen der Lagerung desselben, in ein grösseres und ein kleineres Stück untergetheilt wird; durch den Apiealstachel wird auch der Körper der Centralkapsel bisquitförmig eingeschnürt. Die Feststellung eines bestimmten Lageverhältnisses der Lappen zum Skelet ist deshalb von Wichtigkeit, als es uns so ermöglicht wird, aus der Beschaffenheit der Centralkapsel einen Rückschluss auf die Beschaffenheit der Strieturebene zwischen der ersten und zweiten Kammer zu machen. Gerade dieser Punkt im Bau der Cyrtoidschalen bereitet aber der Untersuchung Schwierig- keiten und ist durch die früheren Arbeiten nicht aufgeklärt worden, so dass es von Vortheil ist, sich über ihn nach Maassgabe eines anderen leicht zu erkennenden und auch in der That gut bekannten Merkmals zu orientiren. Wie sehr wir übrigens berechligt sind, einen nothwendigen Zusammenhang zwischen der Form der Centralkapsel und der Anordnung der Gitterstäbe anzunehmen, dafür bieten uns die Eueyrtidien und Carpocanien weitere Beweise. Eueyrtidium galea und E. anomalum stimmen in der Form ihrer Centralkapsel voll- kommen überein; an dem überaus kleinen im Köpfchen gelegenen Körper sitzen drei sehr grosse, bei weitem den ansehnlichsten Theil des Weichkörpers bildende Lappen (Taf. VII, Fig. 3); die Zahl dieser letzteren ist um eins vermehrt und beträgt vier bei einigen anderen Arten wie dem E. cranoides (Fig. 4) und E. Zancleum, auf welche seiner Zeit J. Müller den Namen Eueyrtidium beschränkte, während er die Formen mit dreilappiger Centralkapsel zur Gattung Lithocampe rechnete. Die Ver- schiedenartigkeit führe ich darauf zurück, dass das eine Mal die Eintheilung der sich durch die Quer- scheidewand vorstülpenden Centralkapsel allein durch die drei in einer Ebene gelegenen Stäbe bedingt wird, während im anderen Falle auch der untere Theil des apiealen Stachels zur Geltung kommt. Die Lappen, die bei keiner Art über die vierte Kammer hinausragen, sind am engsten an ihrem oberen Ende und erweitern sich bauchig nach abwärts; in ihrer Form werden sie ausserdem durch die ringförmigen Einschnürungen des Skelets beeinflusst, indem jede derselben auf ihrer nach aussen gewandten Oberfläche eine sehr deutliche Schnürfurche hervorruft. Eine sehr eigenthümliche Form der Centralkapsel findet sich bei dem Carpocanium diadema vor. Der Körper ist hier eine sehr kleine flache Scheibe und giebt im Ganzen sieben Lappen ab, drei grössere und vier kleinere (Taf. VII, Fig. 7 u. 8). Die kleineren Lappen liegen dem Körper zunächst und etwas nach aussen von ihm und haben eine sehr unregelmässige Gestalt; die grösseren dagegen folgen weiter nach abwärts und innen und hängen wie weitbauchige Flaschen in den Schalenraum hinein. Diese Form der Centralkapsel machte es mir anfänglich wahrscheinlich, dass die Carpocanien drei- kammrig sind, indem die kleineren Lappen der zweiten, die grösseren der dritten Kammer angehören und beide durch Ausbildung eines tief einschneidenden Septum aussergewöhnlich scharf von einander getrennt werden. Die Untersuchung des Skelets führte jedoch zu dem Resultate, dass nur zwei Kam- mern vorliegen und dass die drei grösseren Lappen allein den Lappen der übrigen Cyrtiden ent- sprechen, die vier kleineren dagegen accessorische Ausstülpungen des Centralkapselkörpers sind; die durch die unregelmässige Beschaffenheit der Scheidewand, namentlich durch die aecessorischen Maschen derselben veranlasst werden. Die Centralkapselmembran der Cyrtiden gleicht im Allgemeinen derjenigen der Acantho- desmiden und Plagiacanthiden und ist wie diese eine rings geschlossene derbe Haut, welche nur am 11. Die Familie der Cyrtiden. 211 vorderen Ende eine grössere Anzahl in einem gemeinsamen Feld vereinter Poren besitzt. Im Einzelnen aber ergeben sich mannigfache Besonderheiten, da die Gestalt des Porenfelds in hohem Grade von der Form der Kapsel beeinflusst wird und namentlich in Folge der Lappenbildung beträchtliche Modifi- cationen erfährt, so dass es ohne Kenntniss der verbindenden Uebergänge häufig schwer fallen möchte, die bei den Acanthodesmiden so klar ausgeprägte Structur wieder heraus zu erkennen. Junge Exemplare von Tridietyopus elegans (Taf. VII, Fig. 3b) zeigen unter allen be- obachteten hierher gehörigen Radiolarien am deutlichsten den eigenthümlichen Bau deı: Kapselmembran, da man schon am lebenden Thiere alle Details erkennen kann. Das Porenfeld findet sich am vorderen Ende der kugeligen Centralkapsel als eine quer abgestutzte, kreisförmig begrenzte Fläche, auf der die in Carmin sich stark imbibirenden Stäbchen unregelmässig vertheilt stehen. Die Stäbchen sind lang- gestreckt und dünn, werden aber im Alter zu kurzen dicken Aufsätzen, deren Ende drei Höcker trägt und sich gegen den basalen Theil durch eine ringförmige Einschnürung absetzt (Taf. VII, Fig. 3 a). Besonders deutlich ist der im Protoplasma gelegene, kegelförmige Aufsatz, der Pseudopodienkegel, welcher fast bis zum entgegengesetzten Pol der Centralkapsel reicht, an seiner Spitze abgerundet ist und in Folge dessen in seiner Form einem Zuckerhut ähnelt. Die feinen an der Basis der Stäbehen entspringenden Linien lassen sich bis an’s Ende des Kegels verfolgen, verlaufen aber im sbersten Theil in einem etwas dunkler erscheinenden Abschnitt, welcher sich gegen den helleren Abschnitt durch eine scharfe Linie abgrenzt und der in Carmin sich stark färbenden Spitze bei den Acantho- desmiden entspricht. Bei Tridietyopus habe ich mich durch Beobachtung davon überzeugen können, dass die Stäbchen, die wahrscheinlich der Länge nach von einem Canal durchbohrt werden, zu dem Austritt der Pseudopodien in Beziehung stehen. Denn indem ich an einem lebenden Thiere die am Porenfeld gelegene Sarkodemasse entfernte, konnte ich wahrnehmen, dass feine Protoplasmafäden von der Spitze der Stäbchen entspringen und in die extracapsuläre Sarkode übergehen. Dasselbe habe ich auch an einem Carminosmiumpräparat gesehen. Lithomelissa thoracites (Taf. VII, Fig. 1) ist fast gar nicht von dem Tridietyopus ver- schieden, nur ist. der Kegel verhältnissmässig höher, indem er fast den Hintergrund der Kapsel erreicht, dagegen das Porenfeld wegen der geringen Anzahl der Stäbchen beträchtlich kleiner. Aehnlich be- schaffen sind junge Exemplare von Arachnocorys eircumtexta mit ungelappter Centralkapsel (Fig. 9), während bei älteren Thieren (Fig. 2) in so fern eine Abänderung eintritt, als ein Theil der Stäbchen auf das halsartige Verbindungsstück der hervorgesprossten Lappen hinüberrückt. - Die erwachsenen Exemplare von Arachnocorys leiten zu den übrigen Cyrtiden über, bei denen die Stäbehen nicht mehr auf dem Körper der Centralkapsel, sondern auf den Lappen sitzen und in Folge dessen auch unterhalb der gegitterten Querscheidewand zu liegen kommen. Dies ist schon beim Carpocanium diadema der Fall, bei welchem nur wenige Stäbehen sich noch in dem Bereich der ersten Kammer befinden (Fig. 7); noch entwickelter aber ist das Verhalten bei den Arten von Euceeryphalus, bei denen, wie wir oben gesehen haben, vier Lappen vorhanden sind, die gemein- sam einen trichterförmigen bis zum Septum sich erstreckenden Raum umschliessen (Fig. 5a u. b und 6a u. b). Die Stäbchen sind hier sehr klein und bilden am unteren weiten Ende des triehterförmigen Raumes einen einzigen Kreis, dessen Stücke sich auf die einzelnen Lappen vertheilen; nur drei grös- sere Stäbchen liegen gesondert nach Innen von den übrigen. Von einem in das Innere der Central- kapsel hineinragenden Pseudopodienkegel kann bei dieser Anordnung selbstverständlich keine Rede mehr sein, da ja seine Stelle von dem trichterförmigen extracapsulären Raum eingenommen wird; da- gegen sind noch deutlich die feinen Linien zu erkennen, welche an den Stäbehen beginnen und in 27% 212 Analylischer Theil. den trichterförmigen Raum begrenzenden Wand der Lappen bis zum Körper der Centralkapsel verlaufen: auf der andern Seite der Stäbehen kann man wie bei dem Tridietyopus unter günstigen Verhältnissen feine Protoplasmafäden hervortreten sehen. Bei der Gattung Eueyrtidium endlich nimmt die Struetur, welche hier schwerer als bei irgend einer anderen Cyrtide zu beobachten und zu verstehen ist, eine durchaus unregelmässige Beschaffenheit an. An Osmiumcarminpräparaten (Taf. VIII, Fig. 3), die weder zu stark geschwärzt noch zu stark gefärbt sind, bemerkt man in den Wandungen des Kanals, der zwischen den Lappen in der ‘Axe des Thieres erhalten bleibt, zahlreiche rothgefärbte Körperchen von verschiedener Grösse und regelloser Anordnung; es sind die Stäbchen, welche hier sogar in den Spalten zwischen zwei benachbarten Lappen vorkommen. Ferner gewahrt man eine Streifung, die soweit als der centrale trichterförmige %aum reicht und am Köpfchen endet, und kann einzelne der Streifen bis an eines der rothen Körper- chen verfolgen. Wir haben somit alle Elemente des Pseudopodienfelds und des Pseudopodienkegels vor uns, wenn auch in sehr veränderter Form und Anordnung. Beim Zerzupfen kann man die Centralkapsel aus der umgebenden extracapsulären Sarkode heraus- ziehen; dann bleiben die rothen Körperchen nicht mit der Kapselmembran, sondern mit der Sarkode im Zusammenhang. Figur 4 auf Tafel VII stellt zum Beispiel den Sarkodepfropf dar, welcher den axialen Canal einer vierlappigen Cyrtide ausfüllt und mit dünnen flügelförmigen Ausbreitungen sich auch in die Spalten zwischen je zwei benachbarten Lappen einschiebt, das eine Mal in seitlicher Ansicht, das andere Mal von oben; überall ist derselbe mit den rothen Stäbchen besetzt, die sich von der Kapsel- membran haben abstreifen lassen. Der protoplasmatische Inhalt der Centralkapsel zeichnet sich je nach den verschiedenen Arten durch eine prächtig rothe, violette oder braune Färbung aus, die häufig an kleine Körnchen, seltener an grössere unregelmässig gestaltete Pigmentkörper geknüpft ist. Oefters beobachtete ich in der feinkörnigen Masse homogene, durchsichtige Kugeln, die so reichlich neben einander gelagert waren, dass für das Protoplasma nur kleine Zwischenräume übrig blieben, die ferner sich im Osmium- carmin nieht färbten und daher auch nicht als Kerne gedeutet werden können (Taf. VII, Fig. 3b und Taf. VIN, Fig. 7). Diese Kugeln, die morphologisch nicht von Bedeutung sind, hat Haeckel wahr- scheinlich im Auge, wenn er von kugeligen wasserhellen, im Inhalt der Centralkapsel stets vorhandenen Bläschen spricht. Ein nur ausnahmsweis fehlender Bestandtheil endlich sind die Oelkugeln, die bei den meisten Arten in grösserer Anzahl vorkommen. Bei einem Exemplar von Tridietyopus lagen zwei, bei einer Lithomelissa drei in der ungetheilten Centralkapsel; bei den Stichoeyrtiden vertheilen sie sich auf die einzelnen Centralkapsellappen, so dass gewöhnlich ein jeder Lappen entweder in seiner Mitte, wie bei dem in Figur 4 abgebildeten Eueyrtidium, oder in seinem angeschwollenen Ende, wie bei dem Carpocanium (Fig. 7), seine grosse Oelkugel birgt. Die Kerne finden sich bei den Cyrtiden gewöhnlich in Einzahl, und nur ein einziges Mal ist es mir gelungen, ein grosses Exemplar von Tridietyopus elegans mit zahlreichen Kernen zu fischen (Taf. VI, Fig. 3). Diese waren homogene, wasserklare, rundliche Körper, die gleichmässig im Inhalt der Centralkapsel angeordnet und nur an den beiden Enden der letzteren durch reichliches Pigment verdeckt waren; kleine fettglänzende Körnchen lagen ihnen vielfach so dicht an, dass sie in ihnen ent- halten zu sein schienen; sie gehörten jedoch nicht zu ihrer Masse, sondern zu dem sie umhüllenden Protoplasma. Dass wir es in den rundlichen Körpern in der That mit Kernen zu thun haben, davon habe ich mieh durch Carminosmiumbehandlung überzeugt. Bei den übrigen von mir beobachteten Tridietyopoden (Fig. 3b) glich der einzige vorhandene Kern 11. Die Familie der Cyrtiden. 213 dem Kern thierischer Eier und war wie dieser em von homogenem Kernsaft gefülltes und von einer dünnen Membran umschlossenes Bläschen, in dem ein einfacher grosser Nucleolus ab und zu mit einem kleinern Nebenkernkörperchen nachweisbar war. Aehnlich verhielten sich die Exemplare von Lithomelissa thoracites (Taf. VIII, Fig. 1) und Arachnocorys eircumtexta (Fig. 2 u. 9), von denen die ersteren im ausgebildeten Zustand, letztere wenigstens während der Jugend auch im Bau der Centralkapsel sich den Monoeyrtiden anschliessen. Hervorzuheben ist hierbei, dass auch bei älteren Thieren von Arachnocorys, wo die vier Centralkapsellappen wohl entwickelt sind, ein bläschen- förmiger Kern mit Kernkörperchen existirt, der in dem Körper der Centralkapsel liegt. Die Gattungen Euceeryphalus, Carpocanium und Eueyrtidium stimmen unter einander darin überein, dass sie homogene Kerne besitzen, die entweder ganz oder zum grössten Theil dem obersten nicht gelappten Abschnitt der Centralkapsel angehören. Bei zwei Exemplaren von Euce- eryphalus (Fig. 6a) füllte der Kern diesen Abschnitt als ein unregelmässig höckeriger Körper zum grössten Theil aus, bei einem dritten Exemplar (Fig. 5a) ragte er ausserdem noch mit drei kurzen dieken Fortsätzen in den halsartig verengten Anfangstheil der drei grösseren Lappen vor, während der vierte kleinste leer ausging; der Kern bestand hier aus einer ungetheilten Hauptmasse und drei kurzen knospenartigen Fortsätzen und ahmte somit, wenn auch nicht völlig genau, die Gestalt der Central- kapsel nach. Dies letztere Verhalten ist in der Gattung Rueyrtidium noch weiter entwickelt, indem die knospenartigen Fortsätze tief in die Centralkapsellappen hineinreichen, um hier mit etwas kolbig verbreiterten Enden aufzuhören (Fig. 3 u. 4). Wo die Centralkapsel dreilappig ist, sind auch nur drei Fortsätze vorhanden, wo aber noch ein vierter Lappen abgetheilt ist, da wird auch dieser von einer besonderen Kernknospe versorgt. Ein einziges wahrscheinlich jugendliches Exemplar von Eueyrtidium eranoides hatte einen rundlichen im Uebrigen homogenen Kern, der auf den Köpfchentheil der Central- kapsel beschränkt war. Wie in der Gattung Eueyrtidium, so ist auch bei den Carpocanien (Fig. 7 u. 8) der Kern verästelt, jedoch mit dem Unterschied, dass die Zweige desselben nicht in die drei Hauptlappen, welche allein den Lappen der übrigen Cyrtiden verglichen werden können, hineinwachsen, sondern in die seitlichen Aussackungen, die durch die peripheren Maschen des gegitterten Septum hindurch gestülpt sind. Bei dem in Figur 7 abgebildeten Exemplar war der centrale Theil des Kerns eine flachgedrückte Scheibe und von demselben gingen drei Knospen aus. Wenn wir zum Schluss noch einmal das über die Centralkapsel Gesagte überblicken, so finden wir den schon früher hervorgehobenen Gesichtspunkt bestätigt, dass die Gestalt derselben, sowie die Anordnung ihres Inhalts bei den Cyrtiden in viel eingreifender Weise, als bei irgend einem anderen Radiolar durch die Beschaffenheit des Skelets beinflusst wird. Wir sehen, wie im Allgemeinen der lappige Bau der Centralkapsel und im Einzelnen die Zahl der Lappen, ja sogar die Grösse und Form derselben durch das zwischen der ersten und zweiten Kammer ausgespannte Septum bedingt ist, und wie sich ähnliche Verhältnisse auch für den Kern wiederholen. Hierbei ist es im Gegensatz zu den Sphaerideen und den Disciden von Bedeutung, dass das Skelet nicht in’s Innere der Centralkapsel eindringt, wie Haeckel für die Arachnocorys eircumtexta annimmt, da die Lappen unterhalb des Gitters nieht zur Vereinigung kommen und die Kapselmembran an keiner Stelle von Skelettheilen durchbohrt wird. \ Von Interesse ist ferner die Art, wie sich der Inhalt in der gelappten Centralkapsel vertheilt. Während die morphologisch unwichtigen Oelkugeln und Pigmentkörnchen in die Lappen zu liegen kommen, findet sich der morphologisch wichtigste Bestandtheil, der Kern, in dem gleichsam das 214 Analytischer Theil. Centrum des Körpers repräsentirenden, obersten Abschnitt der Centralkapsel, welcher sogar vollkommen für ihn reservirt bleibt. Hier ist er auf einen geringen Raum beschränkt und dies erklärt, weshalb er die bei den Monoeyrtiden eintretende Umgestaltung zu einem Bläschen nicht erleidet, sondern seine solide Beschaffenheit beibehält. Die Lage des Kerns und das Verhalten der Centralkapsel liefern endlich auch noch den Beweis für die gleichfalls schon früher ausgesprochene Ansicht, dass das Köpfchen der Di- und Stichoeyrtiden allein dem ganzen Schalenraum der Monocyrtiden entspricht, dass die übrigen Kammern dagegen am asalen Pole sich entwickelnde Neubildungen sind und dass das Septum die Grenze zwischen den hasa 5 primären und secundären Schalenabschnitten vorstellt. Denn bei den sich an die Monocyrtiden an- schliessenden Arten, bei denen die zweite Kammer noch klein ist, liegt die Centralkapsel ausschliesslich fo) in dem Köpfchen und erst bei den Cyrtiden, bei welchen die secundären Kammern den primären chalenabsehnitt im Wachsthum überflügelt haben, treibt sie die nach abwärts vordringenden Lappen. 8 8 PI Ontogenetisch lässt sich dieser Process bei der Arachnocorys eircumtexta noch leicht verfolgen und ist das Gleiche vielleicht auch bei den übrigen Cyrtiden möglich, von denen zur Zeit leider noch keine genügend jungen Entwieklungsstadien bekannt sind. In Bezus auf den extraeapsulären Weichkörper der Cyrtiden kann ich mich kurz 5 I N fassen, da hier die schon bei den Acanthodesmiden beschriebenen Verhältnisse wiederkehren. Die Gallerte ist sehr voluminös und umhüllt nach allen Seiten in beträchtlicher Dicke das Skelet; bei den I im Mulder vorgefundenen Exepmlaren ist sie nieht schön zu sehen; dagegen habe ich durch Schöpfen \o) ’ oo ein völlixe unversehrtes Exemplar von Tridietyopus elegans erhalten, dessen Gallerte eine wasserklare oO J to) Kugel von etwas mehr als 1 mm Durchmesser war. Die extracapsuläre Sarkode häuft sich besonders am basalen Pole vor dem Porenfeld als eine dicke Lage an, die nicht selten stark pigmentirt ist; ent- 5 D 5 fernt man dieselbe durch Druck oder durch Zerzupfen, so zieht sie sich in feine, an die Stäbchen des Porenfeldes herantretende und bei der Besprechung desselben schon erwähnte Fäden aus, welche o allein die Verbindung mit der intracapsulären Sarkode herstellen (Taf. VII, Fig. 3a u. 3b). Bei den Cyrtiden mit gelappter Centralkapsel erfüllt sie die Zwischenräume zwischen den Lappen. Ausserdem umgiebt die extracapsuläre Sarkode die Oberfläche der Centralkapsel mit einer dünnen Protoplasma- schicht, von der in gleicher Weise wie von den am Pole gelegenen Massen reichliche Fadennetze ausgehen, welche die Gallerte durchsetzen und schliesslich die Pseudopodien bilden. Anhang. Im Anschluss an die drei Familien der Acanthodesmiden, Plagiacanthiden und Cyrtiden be- spreche ich einen interessanten Organismus, den ich leider nur ein einziges Mal beobachtet habe; der- selbe reiht sich im Bau seiner Weichtheile den drei genannten Familien an, unterscheidet sich aber von ihnen durch den Mangel des Skelets (Taf. VII, Fig. 1). Auf den ersten Blick würde man in dem Thier eher eine den Gromien verwandte Monothalamie als ein Radiolar vermuthen, da die Centralkapsel vollständig der Schale eines Leeythium gleicht und ein kugeliger, nach der einen Seite etwas ausgezogener Körper ist, dessen vorderes Ende von der extracapsulären Sarkode umhüllt wird. Von dieser gehen, wie auch beim Leeythium von dem an der Schalenmündung befindlichen Protoplasma, die zahlreichen verästelten und anastomosirenden Pseudo- podien aus. Ferner lagert hier reichliches bräunliches Pigment und dazwischen eine Menge grösserer und kleinerer Eiweisskugeln. Aa 12. Tripyleen. 215 Was nun das Thier von den Monothalamien unterscheidet, ist die Anwesenheit der gelben Zellen und einer Gallertschicht, deren beträchtliche Dicke in gar keinem Verhältniss zur Grösse der Centralkapsel steht, und vor Allem die Structur der Kapselmembran, welche an dem vorderen von der extracapsulären Sarkode verdeckten Ende keine Oeffnung, sondern ein Pseudopodienfeld besitzt, wie wir es bei den Acanthodesmiden kennen gelernt haben (Fig. 1a u. b). Das Pseudopodienfeld besteht aus drei dicht an einander liegenden Kreisen kleiner Körnchen und trägt einen Pseudopodienkegel, welcher nur als eine undeutlich contourirte längsstreifige helle Stelle im Innern der Centralkapsel wahrgenommen wurde. Im Inhalt der Centralkapsel, der von einem durchsichtigen, farblosen und feinkörnigen Proto- plasma gebildet wird, bemerkt man schon ohne Anwendung von Reagentien einen 20 p grossen Kern, der das Seine dazu beiträgt, um die Aehnlichkeit mit einem Leeythium zu erhöhen; er ist eine von einer wasserklaren Flüssigkeit erfüllte Blase mit einem rundlichen Nucleolus. Neben ihm finden sich noch zahlreiche verschieden grosse Oelkugeln zu einem Haufen vereint. Bei der Beurtheilung der Beobachtungen haben wir zwei Möglichkeiten in Betracht zu ziehen: entweder ist der Organismus ein skeletloses Radiolar, welches sich zu den Cyrtiden, Acanthodesmiden und Plagiacanthiden ähnlich wie das Collozoum zu den mit Skeleten versehenen Sphaerozoen und Collosphaeren verhält und demgemäss als eine primitivere Form angesehen werden muss; oder es ist ein junges Thier irgend einer den drei Familien angehörigen Art, bei welcher das Skelet noch nicht aus- gebildet ist. Eine dritte Möglichkeit, dass ein etwa vorhandenes Skelet beim Einfangen zerbrochen und verloren gegangen wäre, war durch den guten Erhaltungsgrad' des Thieres ausgeschlossen. Von den genannten Möglichkeiten scheint mir die erste am meisten Wahrscheinlichkeit für sich zu haben, da das Skelet nach meinen Beobachtungen an anderen Radiolarien immer sehr frühzeitig zur Entwicklung kommt. Ich schlage daher für den Organismus den Namen Cystidium inerme vor. 12. Tripyleae Unter den zahlreichen Radiolarien, welche von Haeckel zum ersten Male in seiner Monographie beschrieben und von mir in Messina wiedergefunden worden sind, zeichnen sich drei Gattungen da- durch, dass ihre Skelete aus hohlen Stücken bestehen, vor allen übrigen in auffälliger Weise aus; es sind dies die bisher zu den Colliden gerechnete Aulacantha und die beiden Gattungen, Aulo- sphaera und Coelodendrum, von denen eine jede eine besondere Familie vertritt. Alle drei Gat- tungen lassen sich im Bau ihrer Centralkapseln fast gar nicht von einander unterscheiden, weichen dagegen hierin von allen übrigen Radiolarien ab, und zwar betreffen die Verschiedenheiten alle Theile der Centralkapsel, besonders aber die Structur der Kapselmembran. Wie für die Acanthodesmiden, Cyrtiden und Plagiacanthiden das Porenfeld, so ist für die Aulacanthen, Aulosphaeren und Coeloden- dren die Anwesenheit von drei grossen Oeflnungen, die allein den Austritt der intracapsulären Sarkode ermöglichen, charakteristisch. Wegen dieser übereinstimmenden Merkmale in der Beschaffenheit des Skelets und der Weichtheile, habe ich die drei Gattungen zu einer besondern Gruppe vereint, die ich mit Rücksicht auf die drei Oeffnungen der Ceniralkapsel Tripyleen genannt habe; gleichzeitig wurden sie auch von Haeckel wegen der röhrigen Gestalt ihrer Skeleitheile als Pansolenier zusammengefasst. Ausser den bisher erwähnten Tripyleen habe ich drei weitere Arten aufgefunden; von den- selben reiht sich die erste der Gattung Aulosphaera ein, die zweite repräsentirt das neue Genus Coela- 216 Analytischer Theil. cantha, die dritte endlich, bisher nur sehr unvollständig nach Theilen ihres Skelets bekannt, gehört den Dietvochen an, die mit Unrecht von ihrem Entdecker Ehrenberg zu den Diatomeen und später vom Haeckel zu den Acanthodesmiden gestellt wurden. So wächst die Zahl der zweifellos zu den Tripyleen gehörenden Radiolarien auf fünf Gattungen an, denen wahrscheinlich noch als sechste die Thalassoplancta Haeckel’s angeschlossen werden muss. Zwar wissen wir bei diesem im Ganzen überhaupt nur zweimal beobachteten Radiolar nichts Sicheres über den Bau der Centralkapsel, allein aus Haeckel’s Schilderung geht hervor, dass es in zwei anderweitigen wichtigen Merkmalen den Tripyleen gleicht, dass es nämlich hohle Kieselnadeln und die für die Gruppe charakteristische Pigmentvertheilung im extracapsulären Weichkörper besitzt. Die genannten sechs Gattungen sind indessen jedenfalls nur ein kleiner Bruchtheil der Tripyleen, welche existiren oder existirt haben; denn alle stehen in der Anordnungsweise ihrer Skeletstücke einander so fremd gegenüber, dass man fast aus jeder eine besondere Familie machen könnte. Da sich nun bei den übrigen Radiolarien die verwandtschaftlichen Beziehungen der einzelnen Skeletformen vortrefflieh nachweisen lassen, so ist es wahrscheinlich, dass bei den Tripyleen die vermittelnden Uebergänge noch unbekannt sind. I. Das Skelet der Tripyleen. Am einfachsten beschaffen ist in der ganzen Gruppe das Skelet der Aulacantha scoly- mantha, welches wie bei den Colliden von losen unter einander nicht verbundenen Theilen gebildet wird; dieselben sind von Haeekel im Wesentlichen richtig beschrieben worden und sind von zweierlei Art: einmal starke radial gestellte Röhren und zweitens feine von einem sehr engen Canälchen durch- setzte Fäden, die tangential angeordnet sind. Die ersteren (Taf. IX, Fig. 3) werden von Haeckel als „radiale Stacheln“ bezeichnet; „welche nicht im Mittelpunkt der Centralkapsel zusammentreffen wie bei den Acanthometren oder dieselbe durchbohren, wie bei den Acanthochiasmen, sondern mit ihrem inneren Ende frei auf der Centralkapsel ruhen und in ihrer Lage nur durch die Alveolenhülle erhalten werden, die sie in ihrer ganzen Dicke durchbohren.“ „Die Zahl der radialen Stacheln scheint bei ver- schiedenen Individuen verschieden zu sein und mit dem Alter zuzunehmen. Ihre Form ist die eines nach beiden Enden, besonders aber nach dem äusseren etwas verdünnten Hohleylinders, der selten ganz regelmässig, meist ein wenig verbogen oder gekrümmt ist. Das äussere Ende, die Spitze, ist meist kurz zweizähnig, das innere oder die Basis stumpf abgerundet oder gestutzt, oder in ein kleines Knöpfehen angeschwollen.“ „Das Lumen ist sehr weit, die Wand ziemlich dünn; im äusseren Viertel ist die äussere Oberfläche der Stacheln mit unregelmässigen kurzen Zähnen (10—40) ringsum besetzt, welche sich zuweilen etwas verlängern und dann nach vorwärts krümmen.“ So weit stimme ich mit Haeckel’s Schilderung, die ich hier ihrem Hauptinhalt nach wieder- gegeben habe, überein, dagegen kann ich die weiteren Angaben, dass die Röhrenstacheln an beiden Enden geöffnet sind, nicht bestätigen; vielmehr fand ich sie, solang sie nicht abgebrochen waren, an der Spitze durch ein dünnes Blättehen geschlossen, welches zwischen den zwei oder drei hier befind- lichen Endzähnchen lag, während an der Basis die Wandungen der Röhre abgerundet wie der Boden eines Reagenzgläschens endeten. Dem entsprechend dringt auch normaler Weise die extracapsuläre Sarkode nieht in das Innere der Röhre ein, wie Haeckel beschreibt, sondern umhüllt sie nur von aussen, wie es ja auch bei den übrigen Radiolarien der Fall ist; Bilder wie sie Haeckel in Figur 2, Taf. IV gezeichnet hat und welche das Lumen von Sarkode erfüllt zeigen, erkläre ich durch die An- 12. Tripyleen. 217 nahme, dass die Enden der Stacheln hier abgebrochen waren, wodurch ihr Inneres für die Sarkode eröffnet wurde. Die tangentialen Skeletstücke oder die Nadeln „legen so dicht in den verschiedenen Tan- gentialebenen durcheinandergefilzt, dass eine Art durchbrochener Kieselhülle um die Alveolenzone entsteht“. Sie sind beiderseits zugespitzt und enthalten trotz ihrer ausserordentlichen Feinheit einen Canal, dessen von Haeckel zuerst erwiesene Existenz ich bestätigen kann. Dass sie in ihrem Inneren von einem Protoplasmafaden durchzogen werden, davon habe ich mich nieht überzeugen können. An die Aulacanthen reihen sich die Dietyochen an, insofern das Skelet hier ebenfalls aus isolirten Kieselstücken besteht. Die einzige mir bekannte Art ist die Dietyocha fibula, von der ich erst während der Ausarbeitung des analytischen Theils in meinen Präparaten zwei Exemplare auf- gefunden habe. Die Kenntniss der Dietyocha-Skelete verdanken wir Ehrenberg!), welcher über zwanzig Arten unterschieden hat, welche fossil in sehr verschiedenen Gesteinen und als Ueberreste von jetzt noch lebenden Thieren im Tiefgrund verschiedener Meere von ihm entdeckt wurden. Was Ehrenberg beschrieben hat, ist jedoch nicht das ganze Skelet, sondern nur die einzelnen Stücke desselben, welche wie die Stacheln einer Aulacantha oder die Nadeln eines Collozoum nach dem Tode ihres Trägers auseinander fallen. Nach Ehrenberg hat Haeckel die Einzelstücke von Dietyochenskeleten wieder beobachtet und für selbstständige Radiolarienpanzer, für Gehäuse von Acanthodesmiden gehalten, welche den Uebergang zu den Cyrtiden herstellen sollen. Seine Dietyocha Messanensis, die an gleichem Orte wie die mir vorliegenden Thiere gefischt wurde, halte ich mit der D. fibula für identisch, wie ich denn auch der Ansicht bin, dass die zahlreichen von Ehrenberg aufgestellten Arten sich auf einige wenige werden reduciren lassen. Die Bestandtheile des Skelets aller Dietyochen sind kleine, mit Stacheln besetzte, meist viereckige Kieselrähmehen, auf denen verschiedenartig gestaltete und gehäuseartig unter einander verbundene Spangen aufsitzen (Taf. IX, Fig. 5). Bei unserer D. fibula, wo das Skelet verhältnissmässig am ein- fachsten ist und wo es von Ehrenberg und Haeckel ganz naturgetreu abgebildet wurde, sind die Kieselrähmchen genau quadratisch und tragen an jeder Reke einen ansehnlichen Stachel; ferner werden sie von einer Art Bügel überbrückt, welcher, schräg in der Diagonale gestellt, sich an der Basis beider- seits in zwei Zweige theilt und so an den 4 Leisten des Rähmchens in einiger Entfernung von den Ecken befestigt is. An der Verbindungsstelle sind die Leisten schwach eingeknickt und werden in Folge dessen in zwei verschieden grosse Abschnitte zerlegt, welche so vertheilt sind, dass je zwei grössere und je zwei kleinere einen der vier Winkel des Rähmehens erzeugen. Auf dem Bügel können ein oder mehrere Stacheln sitzen, doch sind dieselben nicht einmal bei den Skeletstücken desselben Exemplars überall vorhanden. Alle Spangen eines Kieselrahmens sind dreikantig und, was noch wich- tiger ist, hohl; dabei ist der in ihnen enthaltene Hohlraum eontinuirlich und nicht durch Septen abgetheilt. Zahlreiche Kieselstücke, wie wir sie soeben beschrieben haben, liegen in den oberflächlichen Gallertschichten dieht neben einander, so dass das Ansehen einer Gitterkugel entsteht; ein Zusammen- hang war jedoch zwischen ihnen nicht nachweisbar, vielmehr wurde der Zusammenhalt nur durch die Berührung der vier an den Ecken befindlichen Stacheln bedingt. Stets sind die Bügel nach aussen gewandt und scheinen die auf ihnen stehenden Stacheln über die Oberfläche der Gallerte hervorzuragen. 1) Ch. G. Ehrenberg: Ueber noch jetzt lebende Thierarten der Kreidebildung und den Organismus der Poly- thalamien. Abhandl. der Berliner Acad. 1839. $. 149, Taf. IV, Fig. 16. Ferner Mikrogeologie Taf. XXII, Fig. 42. Jen. Denkschriften II. 3. 28 218 Analytischer Theil. Die Grösse der einzelnen Kieselräihmchen ist eine variable; während die Seiten des Quadrats meist 14—16 x. betrugen, so waren dieselben bei einigen wenigen ansehnlicheren Rähmchen, die sich bei beiden Exemplaren vorfanden, 40 » gross. Ob diese letzteren in einer bestimmten Anordnung vor- kommen, war bei dem defeeten Zustand der Skelete nicht zu entscheiden. Wie sich die Aulacanthen und Dietyochen den Colliden vergleichen lassen, so erinnert ‚die Aulosphaera elegantissima an die Ethmosphaeriden, in sofern ihr Skelet eine mit radialen Auf- sätzen versehene, schon von Haeckel sehr ausführlich beschriebene Gitterkugel ist. Dieselbe liegt extracapsulär, wird durch einen weiten Zwischenraum von der Oberfläche der Centralkapsel getrennt und besteht aus dreieckigen Maschen, die unter einander gleich gross und von gleichen Seiten begrenzt sind. Jedesmal sechs Dreiecke finden sich um einen gemeinsamen Punkt zu einer hexagonalen Figur vereint und nur selten werden dadurch, dass die Spitzen von sieben oder nur von fünf Dreiecken zusammenstossen, Unregelmässigkeiten hervorgerufen, welche sich dann stets rasch ausgleichen. Die einzelnen Spangen der Gitterkugel sind Röhren, die sich an den Enden etwas verbreitern und nicht, wie Haeekel annimmt, durch Naht äusserlich aneinandergefügt, sondern untereinander fest verschmolzen sind. Da das Gleiche auch von den radialen Stacheln gilt, welche von jedem Knoten- punkt der Gitterung entspringen, so ist das ganze Skelet sammt seinen Aufsätzen ein einheitliches, nicht aus Einzelstücken aufgebautes Ganze; wenn man es zerqueischt, zersplittern seine tangentialen Röhren in ihrem Verlauf, bleiben aber an den Enden in Form eines sechsstrahligen Sterns zusammen- hängen (Taf. IX, Fig. 1); ebenso werden sie auch nicht bei der Anwendung von Reagentien, z. B. von Natronlauge von einander gelöst. Haeckel giebt ferner an, dass die Lumina aller Röhren unter einander eommunieiren, so dass die Gitterkugel ein continuirliches Canalnetz, welches auch in die Stacheln eindringt, enthalten würde. Dies ist jedoch nicht der Fall; vielmehr gehen vom Mittelpunkt des sechsstrahligen Sterns, welcher durch die Vereinigung der Röhrenenden gebildet wird, sechs in radialer Riehtung verlaufende Scheidewände aus, welche die Canäle von einander trennen; ebenso ist auch der Binnenraum der Sta- cheln vollkommen in sich abgeschlossen. Jede Scheidewand ist einfach und gehört daher zwei be- nachbarten Röhren zugleich an, ein Umstand, der ganz besonders die feste Vereinigung der letzteren bedingt. Im Centrum, wo die radialen Septen zusammen treffen, befindet sich auf der Innenseite der Gitterkugel eine kleine Vertiefung, die von Haeckel für eine Oeffnung gehalten wurde, durch welche man in das Hohlraumsystem der Gitterkugel gelangen könne und durch welche die extracapsuläre Sarkode in der That auch hinein gelange; die Existenz einer solchen Oeflnung, wie überhaupt einer jeden nach aussen führenden Communication muss ich in Abrede stellen, wie denn auch das Protoplasma nur äusserlich das Skelet mit einem Spinnenwebenetze überzieht, das sich zwischen den tangentialen und radialen Röhren ausspannt. Am Grund der besprochenen kleinen Vertiefung befestigt sich ein ausserordentlich feines Kiesel- fädehen, das man erst nach der Entfernung des anhaftenden Protoplasma mittelst Natronlauge oder Schwefelsäure gut zu Gesicht bekömmt (Taf. IX, Fig. 1b); es ragt in radialer Richtung, jedoch nur auf eine kurze Entfernung, nach innen hervor, als ob es sich mit der Centralkapsel vereinigen wollte, und macht von oben gesehen den Eindruck eines hell leuchtenden Punktes. Von ihm aus entspringen sechs weitere Fädcehen, welche in den tangentialen Röhren der Gitterkugel und zwar auf der Innen- seite der nach der Centralkapsel zu gelegenen Wand verlaufen. Ein achtes Fädchen endlich steigt in der Verlängerung des zuerst beschriebenen in der Axe des Röhrenstachels bis zur Spitze desselben auf und erscheint von oben ebenfalls nur als ein Punkt im Centrum des kreisförmigen Stachelquer- 12. Tripyleen. 219 schnitts. An abgebrochenen Stücken steht es nicht selten eine Strecke weit frei über die Bruch- stelle hervor. Auf der Oberfläche der Stacheln wurden von Haeckel 6-10 „Wimpergquirle“ nachge- wiesen: kleine in Wirteln gestellte Kieselfortsätze, welche bei den von mir untersuchten Exemplaren jedesmal zu vier in einem Kreis vereint waren; sie sind schwach Sförmig gebogen und enden peripher mit einer geringfügigen Verdickung; an ihrer Basis verlängern sie sich meist in das Innere des Stachels hinein und verbinden sich mit dem in der Stachelaxe befindlichen Kieselfädchen. Mit der Aulosphaera elegantissima nahe verwandt ist eine neue Art, die Aulosphaera gra- eilis, von jener unterschieden sowohl durch die grössere Feinheit, als auch die abweichende An- ordnung der Skeletstücke. Dieselben sind 90x lange, noch nicht 2 x dieke Stäbehen, die durchaus den Eindruck von soliden Gebilden machen (Taf. IX, Fig. 4); auch konnte ich mit Hilfe der Hae- ckel’schen Gasimprägnation (durehtränken mit Soda und darauf folgende Behandlung mit irgend einer Mineralsäure) in ihnen keinen Hohlraum entdecken, so dass ein solcher entweder überhaupt fehlt, oder durch irgend eine andere homogene Masse erfüllt ist (vergl. hierüber die Schilderung des Coelo- dendrum). Unter einander sind die Stäbchen zu einer Gitterkugel fest verschmolzen, deren Maschen zwar im Allgemeinen ebenfalls gleichseitig dreieckig sind, im Einzelnen aber viel häufiger als bei der A. elegantissima Unregelmässigkeiten unterliegen. So kömmt es vor, dass die Zahl der von einem Knotenpunkt ausgehenden Stäbehen mehr oder auch weniger als sechs beträgt, dass die Stäbehen durch Querbrücken unter einander zusammenhängen, oder dass sie anstatt von einem Knotenpunkt von einem anderen Stäbchen entspringen. Besonders aber muss hervorgehoben werden, dass eine Anzahl Stäbe, welche die übrigen an Grösse übertreffen, über die Ebene der Gitterkugel hervorragen und nach aussen von ihr ein zweites grossmaschigeres Gitterwerk bilden; dieselben verlaufen nämlich nicht von einem Knotenpunkt zum nächstgelegenen, sondern setzen sich über denselben hinaus fort, um sich mit Stäben, die ebenfalls von einem entfernteren Punkt herstammen, zu verbinden. Leider habe ich kein einziges Mal unverletzte Exemplare der Au. gracilis erhalten, da das äusserst zarte Skelet leichter als bei den meisten anderen Radiolarien beim Einfangen mit dem Müller’schen Netz zerstört wird; ich kann daher über die Anordnung des äusseren, die eigentliche Gitterkugel bedeckenden Kieselnetzes Nichts genaueres mittheilen. Wie aus der Darstellung ersichtlich ist, unterscheidet sich das Skelet der Aulosphaera gracilis sehr wesentlich von dem der Au. elegantissima; vielleicht trifft für sie nicht einmal der Charakter zu, der zur Wahl des Namens „Aulosphaera“ Veranlassung gegeben hat, nämlich die Anwesenheit eines Achsencanals in den Gitterstäbchen. Wenn ich gleichwohl die neue Form nicht generisch von der Au. elegantissima getrennt habe, so bestimmt mich ausser den schon hervorgehobenen Aehnlichkeiten noch der Umstand, dass die gleiehen radialen Aufsätze vorkommen wie bei jenem Radiolar. Dieselben sind ebenfalls solide, 2 x breite und 80 x lange Stacheln, die den Knotenpunkten der Gitterkugel auf- sitzen und an ihrer Spitze vier Wimperquirle tragen. Jeder der Wimperquirle wird von vier schwach gebogenen kleinen Kieselfortsätzen zusammengesetzt. Die vierte Tripyleengattung Coelacantha schliesst sich durch den Besitz einer aus hohlen Stäbchen bestehenden Gitterkugel an die Aulosphaeren an, sie entfernt sich aber von ihnen dadurch, dass ausserdem noch eine kugelige Schale vorhanden ist, die nach innen von jener gelegen und mit ihr durch radiale Stäbe verbunden ist, aber einen völlig anderen Bau zu erkennen giebt. In diesem zweiten Charakter nähert sich die Coelacantha dem Coelodendrum, so dass sie als eine Uebergangsform zwischen beiden Gattungen angesehen werden kann. 28 * 220 Analytischer Theil. Die kugelige Schale — so bezeichne ich den inneren der beiden sphärischen Skelettheile — ist bei der Coelacantha anchorata (Taf. IX, Fig. 2) nur wenig grösser als die von ihr dicht umschlossene Centralkapsel und erinnert in ihrer Struetur am meisten an die Gehäuse der Collo- sphaeren. Dementsprechend wird sie von zahlreichen unregelmässigen Öeffnungen durchbrochen (Fig. 2), die bald mehr rundlich bald mehr eckig sind und durch breite Gitterbrücken von einander getrennt werden. Die Oeffnungen sind schwer wahrzunehmen, trotzdem ihre Ränder etwas verdickt erscheinen; dies letztere Bild könnte übrigens vielleicht auch dadurch veranlasst sein, dass die Kieselbrücken hohl sind, ein Punkt, der wegen der Durchsichtigkeit der ganzen Kugel nicht hat sicher gestellt werden können. Von der Oberfläche der Kugelschale erheben sich etwa 30—40 dünne, 150 lange Radial- stäbe, welche von einem Längscanal durchzogen sind und nach ihrer Basis zu allmählig breiter werden. Hierbei scheint sich auch der Längscanal auszuweiten und sich trichterartig in den Binnenraum der Schale zu öffnen, doch wäre es immerhin möglich, dass er wie bei den Stacheln des Coelodendrum durch eine bei der Feinheit des Canals nicht leicht nachweisbare Scheidewand verschlossen ist. Das Ende eines jeden Stabes hängt mit einer tangential verlaufenden Röhre in der Weise zusammen, dass er auf ihrer Mitte senkrecht steht und mit ihr gemeinsam somit eine T förmige Figur erzeugt; die Röhren sind besonders nach den etwas kolbig verbreiterten Enden hin beträchtlich dieker als die Stäbchen und vereinigen sich unter einander zu der äusseren an die Aulosphaeren erinnernden Gitterkugel, deren Bau leider nicht mit der genügenden Sicherheit hat bestimmt werden können, da sie wegen der geringen Festigkeit ihrer Theile und der sie stützenden radialen Stäbe bei allen untersuchten Exemplaren stark verletzt war. Ihre Maschen scheinen stets fünfeckig zu sein; in jeder Maschenecke stossen unter gleichen Winkeln, wie ich bestimmt behaupten kann, stets nur drei Röhren zusammen, die wie bei den Aulosphaeren nicht von einander getrennt werden können und deren Lumina durch drei radiale von einem Punkt aus beginnende Septen gegen einander abgeschlossen sind. Auf der Vereinigungsstelle erhebt sich ferner noch ein langer radialer Stachel, der gleichfalls hohl ist, ohne mit den Röhren zu communieiren; er trägt sechs Wimperquirle, von denen ein jeder 4—5 „Kieselwimpern“ enthält. Diese sind schräg zur Stachelröhre gestellt und werden mit jedem Quirl nach der Stachelspitze zu kleiner. Wenn wir nun das gegenseitige Lageverhältniss der radialen Stacheln und Stäbe berücksichtigen, so prägt sich hierin ein bemerkenswerther Unterschied im Verhältniss zu den Ommatiden aus. Während bei diesen beide Theile in einer Linie liegen, sind sie bei den Coelacanthen möglichst weit von einander entfernt. Ob diese Verschiedenheiten durch einen verschiedenen Wachsthumsmodus der Skelete ver- anlasst sind, kann ich nicht entscheiden. In der Axe aller röhrigen Skelettheile — mit Ausnahme der radialen Stäbe — verläuft ein feiner Kieselfaden (Taf. IX, Fig. 2a u. b), wie wir ihn schon bei den Aulosphaeren kennen gelernt haben; ausserdem werden alle Röhren durch quere Scheidewände in eine grössere Anzahl Abschnitte zerlegt. Bei den Stäben sind 5—6 Septen vorhanden, bei den Stacheln sechs, die in ihrer Stellung durch die Wimperquirle bestimmt werden; bei den tangentialen Röhren endlich findet sich eine Scheide- wand an der Vereinigungsstelle mit dem Stab; sie theilt die Röhre in zwei Hälften, von denen eine jede wieder ihre 1—3 Septen besitzt. An allen Stellen wo die Skeletröhren durch Septen abgetheilt sind, tragen sie eigenthümliche Anhänge, von denen jedesmal drei in einem gemeinsamen Quirle stehen (Taf. IX, Fig. 2b); es sind dies feine 40 » lange Kieselfäden, welche an ihrem Ende mit drei Widerhaken ausgerüstet sind und 12. Tripyleen. 221 Ankerhaken heissen mögen, weil sie den kleinen in Fischerbooten gebräuchlichen, dreizähnigen Ankern gleichen. Es bleibt uns nur noch die Gattung Coelodendrum zu betrachten übrig, ven welcher ich nur eine geringe Anzahl Individuen beobachtet habe, die ich insgesammt auf das C. ramosissimum beziehe. Das Skelet dieses Radiolars wird von baumförmig verästelten Röhren gebildet, welche zwei halbkugeligen Gitterschalen aufsitzen (Taf. X, Fig. 12). Die letzteren sind symmetrisch angeordnet und liegen extracapsulär in der trüben Sarkodemasse des Pseudopodienmutterbodens und nicht wie Haeckel angiebt, im Inneren der Centralkapsel. Es geht dies daraus hervor, dass man die Central- kapsel unverletzt herausschälen kann, indem man die Skelettheile, wie die beiden Schalen einer Muschel, auseinanderklappt. Unter einander können zwar beide Halbkugeln, wie ich es einmal beobachtete, durch spärliche, dünne Skeletbrücken verbunden sein; doch sind sie nach meiner Ansicht zwei von Anfang an stets getrennte Stücke, die erst secundär zur Vereinigung gelangen, wie man denn gewöhnlich beide auch völlig getrennt antrifft. Haeckel, welcher in seinen Beobachtungen mit mir übereinstimmt, ist hier anderer Meinung, indem er es für wahrscheinlich hält, dass beim unverletzten Thier eine einzige Gitterkugel vorhanden ist, die aber in Folge der Brüchigkeit der äquatorialen Theile leicht in zwei Hälften zerfällt. Die Gitterlöcher sind im Allgemeinen sehr klein, so dass sie häufig selbst bei starken Vergrös- serungen nur wie Punkte aussehen; je nach den einzelnen Partieen der Schale sind sie verschieden dieht gestellt. Die Randpartieen, mit welchen die Halbkugeln unter einander verwachsen können, sind so reichlich von Oefinungen durchbohrt, dass die dazwischen übrigbleibenden Brücken nur als eine Art von zartem Spinnenwebe erscheinen. Hieran stösst eine Zone, wo die Gitterlöcher so spärlich und klein sind, dass man fast von einer soliden Kiesellamelle reden könnte. Auf der Convexität der Halb- kugel endlich sind die Oeffnungen wieder grösser und reichlicher. Hier erhebt sich ferner ein un- regelmässig kegelförmiger Aufsatz mit dreieckiger Grundfläche, dessen Wand bis auf ein paar grössere Oeffinungen solid ist, während Haeckel in sie zahlreiche kleine Gitterlöcher hineingezeichnet hat. Der Binnerraum des Aufsatzes wird durch eine gegitterte Lamelle, einen Theil der halbkugeligen Schale, von dem Binnenraum der letzteren getrennt (Taf. X, Fig. 12 a). Die Röhren des Skelets befestigen sich jederseits in der Anzahl von vier auf den beschriebenen kegelförmigen Aufsätzen; hierbei sind sie auf die drei Ecken eines Aufsatzes derart vertheilt, dass an einer derselben zwei gemeinsam entspringen; an ihrer Basis hängen diese beiden eine kurze Strecke weit zusammen, ohne dass jedoch ihre Lumina mit einander in Communication ständen, da zwischen ihnen eine deutliche Scheidewand vorhanden ist. Die gleichen Ursprungsverhältnisse der Röhren hat Haeckel ebenfalls mehrfach beobachtet, ausserdem aber noch mannigfache andere, so dass in diesem Punkte keine Gesetzmässigkeit zu herrschen scheint. Dagegen verhalten sich wenigstens bei den von mir untersuchten Exemplaren die beiden Seiten völlig gleich, so dass eine strenge Symmetrie durch- geführt ist; bei einer bestimmten Lagerung erblickt man daher rechts und links die Halbkugeln mit ihren Aufsätzen und von diesen ausgehend beiderseits die paarig entspringenden Röhren und nach vorn und hinten von ihnen die isolirt festsitzenden. Die Hohlräume der Röhren sind gegen das Lumen des kegelförmigen Aufsatzes durch feine Kiesellamellen vollkommen abgeschlossen. Haeckel hat eine solche Scheidewand in einer sich auf Coelodendrum gracillimum beziehenden Abbildung (Taf. XXXII, Fig. 2 seiner Monographie) gezeichnet; ohne sie jedoch in den Beschreibungen zu erwähnen; im Gegentheil giebt er sogar an, dass das Innere der Röhren von der Centralkapselseite aus zugängig sei, indem von hier aus Protoplasma in dasselbe 22 Analytischer Theil. [8 einträte. Die hierbei von Haeckel vorausgesetzte Communication muss ich jedoch nach meinen Be- obaehtungen in Abrede stellen, da weder die Septen gegittert sind, noch auch je Protoplasma im Inneren der Röhren nachweisbar ist. Ueberhaupt bin ich nicht sicher, ob nicht der Hohlraum der Röhren von einer homogenen organischen Substanz (vielleicht von Gallerte?) erfüllt ist, für deren An- wesenheit folgende Beobachtungen sprechen. Das Skelet eines Coelodendrum reinigte ich mit Schwefel- säure von anhängendem Protoplasma, liess es trocknen und setzte dann Wasser hinzu, um zu sehen, in wie weit die Röhren sich mit Luft gefüllt hätten. Dies war nur an wenigen Stellen der Fall, wäh- rend im Uebrigen der Inhalt von einer homogenen Masse gebildet wurde. Als ich das Skelet von Neuem trocknete und mit Schwefelsäure stärker erhitzte, zerfiel die homogene Masse in feine schwärz- liche Körnchen oder verschwand überhaupt ganz; nun erst drang Luft beim Trockenen in die Canäle allerorts ein. Leider habe ich kein weiteres Material gehabt, um die hier kurz mitgetheilte Beobachtung weiter verfolgen zu können. Bei den Coelodendren, welche den vorstehenden Angaben zu Grunde liegen, verästelten sich die Röhren zwar mehrfach dichotomisch hintereinander, aber nie so häufig, dass schliesslich ein dichter Wald von Ausläufern entstanden wäre, wie ihn Haeckel in Figur 4 auf Tafel XIII abbildet. Die Aeste wurden mit jeder Theilung dünner und bildeten mit einander einen Winkel von 90°; zugleich stand jede Theilungsebene zur nächstfolgenden und zur vorausgehenden senkrecht (Taf. X, Fig. 12 ec). Die feinsten Zweige waren etwa 4 x stark und durch ein queres Blättehen geschlossen; von ihrem Ende entsprangen 4—6 kleine, etwas widerhakenartig nach rückwärts gebogene Zinken, so dass man bei der Ansicht von oben das Bild eines 4—6strahligen Sterns erhielt. Eine in der Mitte des Sterns befindliche kreisförmige Figur erweckte zwar die Vorstellung einer terminalen Oefinung, wurde aber nach meiner Ansicht durch den optischen Querschnitt der Röhre selbst verursacht, da eine Oefinung auch bei seitlicher Ansicht hätte nachgewiesen werden müssen. In dieser Schilderung der Endäste weiche ich von Haeckel ab, welcher einerseits der kleinen Widerhaken keine Erwähnung thut, andererseits angiebt, dass die Aestchen zum Theil unter einander anastomosiren, zum Theil nach aussen münden. Der Unterschied in diesen Angaben erklärt sich vielleicht daraus, dass Haeckel eine andere Art vor sich gehabt hat, worüber uns erst weitere Untersuchungen Aufschluss verschaffen können. II. Der Weichkörper der Tripyleen. Die Centralkapsel aller Tripyleen ist eine Kugel, welche auf zwei entgegengesetzten Polen constant etwas abgeplattet ist, so dass einer ihrer Durchmesser hinter den übrigen an Grösse zurück- steht; dieser kürzere Durchmesser ist für die Lage der sogleich näher zu schildernden Oefinungen in der Centralkapselmembran bestimmend und soll daher als Hauptaxe besonders bezeichnet werden. Die Kapselmembran (Taf. X, Fig. 1) ist doppelt, wovon man sich namentlich an den grös- seren Tripyleen z. B. den Aulacanthen und Aulosphaeren gut überzeugen kann. Zu äusserst findet sich eine feste, deutlich doppelt contourirte Hülle, die gar nicht übersehen werden kann, und nach innen von derselben ein dünnes, den Kapselinhalt unmittelbar überziehendes Häutchen, das erst unter der Einwirkung von Reagentien hervortritt. Bei allen Centralkapseln nämlich, die von mir in Osmium- säure gehärtet, in Carmin gefärbt und in 50°], Alkohol eonservirt worden sind, ist die äussere Membran vom Protoplasma weit abgehoben, und auf der Oberfläche dieses letzteren liegt noch das dünne Häut- chen gefaltet und gerunzelt, wie zerknittertes Papier. Im frischen Zustand ist dasselbe nieht wahr- zunehmen, weil dann beide Membranen dicht auf einander gedrückt wie Eins erscheinen. 12. Tripyleen. 223 In der Centralkapselmembran sind nur drei Oeffnungen vorhanden, die aber nicht wie bei den übrigen Radiolarien feine Poren, sondern relativ weite, von kreisförmigen Contouren begrenzte Oefinungen sind. Durch ihre Grösse wird die durch ihre geringe Zahl bedingte Beschränkung der Communication zwischen intra- und extracapsulärer Sarkode wieder ausgeglichen. Von den drei Oefinungen ist eine, die „Hauptöffnung“ (a), grösser als die beiden übrigen, die Nebenöffnungen; sie liegt an dem einen Pol der Hauptaxe, den wir den oralen nennen wollen, während die beiden Nebenöffnungen der aboralen Seite der Centralkapsel angehören; beim lebenden Thier ist sie von der trüben extracapsulären Sarkode ganz verdeckt, woraus es sich wohl erklärt, dass sie bisher übersehen worden ist; sowie man aber die Centralkapsel enucleirt, ist sie sehr leicht nach- zuweisen. Die Stelle, welche die Hauptöffnung trägt, oder der „Oeffnungshof“ ragt über das Niveau der Centralkapsel hervor; bei den Aulacanthen und Aulosphaeren (Taf. X, Fig. 10) ist die Prominenz wie ein stark gewölbtes Uhrglas, bei den Coelodendren (Taf. X, Fig. 3a) wie eine Brustwarze beschaffen, bei den Coelacanthen (Taf. X, Fig. 9) und Dietyochen endlich ist sie ein kegelförmiger Aufsatz; an ihrer Spitze verlängert sie sich weiter in eine bei den Coelodendren besonders lange Röhre, durch deren geöffnetes Ende die intracapsuläre Sarkode in Form eines homogenen Stranges hervortritt. Gegen die Umgebung setzt sich der Oeffnungshof (Taf. X, Fig. 4 u. 5), wie man dies bei der An- sicht von oben wahrnimmt, mit einer kreisförmigen Linie ab, welche um so deutlicher ist, als innerhalb derselben die Kapselmembran eine abweichende Struetur besitzt; es laufen nämlich von der Oeffnung aus nach der Peripherie radiale Streifen, welche in der Mitte fein beginnen, nach aussen sich verbreitern und am Rand des Oeffnungshofes aufhören, als wären sie scharf abgeschnitten. Die durch sie bedingte, relativ derbe Streifung darf, wie ich gleich hier hervorheben will, nicht mit einer anderen Streifung verwechselt werden, die viel feiner ist und ihren Sitz im Protoplasma der Centralkapsel hat. So weit lässt sich die Struetur der Hauptöffnung und ihrer Umgebung durch die Untersuchung von enucleirten Centralkapseln lebender Thiere ermitteln; um weiter zu gelangen und namentlich um festzustellen, in welcher Weise sich die beiden Kapselmembranen betheiligen, muss man zur Anwen- dung von Reagentien schreiten. Wenn sich unter dem Einfluss derselben die beiden Membranen von einander abheben, so bleiben sie zwar gewöhnlich an den drei Oeflinungen und besonders an der Hauptöffnung mit einander in Zusammenhang; doch findet man sie auch unter besonders günstigen Verhältnissen ab und zu völlig getrennt, so dass dann der Kapselinhalt mit dem feinen ihn bedeckenden Häutchen frei innerhalb der äusseren derberen Hülle liegt (Taf. X, Fig. 1). Der dem Oeffnungshof angehörende Theil der letzteren erweist sich auf einem solchen Präparat als völlig strukturlos und bildet allein die Röhre, welche die eigentliche Oeflnung trägt; durch vieles Hin- und Herschütteln kann er von der Umgebung abgetrennt werden (Taf. X, Fig. 1a) wie ein mit einem Locheisen heraus- geschlagenes kreisrundes Stück, und es entsteht so in der Kapselmembran ein grosses Loch mit schwach verdickten Rändern. Der darunter befindliche Abschnitt der inneren Haut ist Sitz der radialen Streifung, welche durch leistenartige Verdickungen in ihr bedingt ist. Die beiden Nebenöffnungen (Fig. 2b) sind rechts und links in geringer Entfernung vom aboralen Ende der Hauptaxe angebracht und stimmen im Baue völlig unter einander überein. Sie sind com- plieirter beschaffen und daher schwieriger zu verstehen und zu beschreiben, als die Hauptöffnung. Bei den Aulacanthen und Aulosphären, bei denen sie am leichtesten beobachtet werden können (Fig. 7) gewahrt man im frischen Zustand einen kleinen ringförmigen Aufsatz der Kapselmembran, etwa von der Gestalt eines kurzen Flaschenhalses; er ist bald höher bald flacher, bald sitzt er auf der Convexität 224 Analytischer Theil. der Centralkapsel bald in einer flachen Vertiefung derselben; sein freies Ende ist geöffnet und der Oeffnungsrand wie der Rand eines Bechers etwas nach aussen gewandt. Im Inneren dieses „Oeffnungshalses“ findet sich eine kleine conische Erhebung „der Oeffnungs- kegel“, aus dessen Ende an enucleirten Centralkapseln ein breiter Sarkodefaden hervortritt. Der Kegel ist entweder kleiner als der Oeffnungshals oder er überragt ihn nur um Weniges; seine Basis ruht auf einer homogenen Masse, die schon innerhalb des Centralkapselinhalts liegt und etwa die Form einer Halbkugel besitzt. Die Convexität derselben ist nach dem Innern der Centralkapsel gewandt und schneidet gegen das umgebende Protoplasma scharf ab, als würde sie von einer Membran bedeckt. In Carmin färbt sich die halbkugelige Stelle sehr stark, wodurch es dem Beobachter erleichtert wird, die Nebenöffnungen nachzuweisen. Wendet man Reagentien an, durch welche die äussere Membran abgehoben wird, dann stülpt sich der Oeffnungshals nach innen ein und ragt nun in derselben Weise in die Centralkapsel vor, wie früher über ihre Oberfläche (Taf. X, Fig. 6); an dem eingestülpten Theil kann man eine derbere und eine zarthäutigere Partie unterscheiden, letztere verbindet sich mit der inneren Membran, welche den Centralkapselinhalt unmittelbar umgiebt und sich an der Zusammensetzung der Nebenöflnung in sofern betheiligt, als sie den Oeffnungskegel bildet. Ist die durch die Reagentien bedingte Abhebung der äusseren Membran sehr stark, dann reisst der Zusammenhang der letzteren und der inneren Haut und man erhält folgendes Bild (Fig. 1 u. 8). Auf der einen Seite liegt der Centralkapselinhalt sammt der zerknitterten inneren Haut und dem von dieser gebildeten Oeffnungskegel; auf der andern Seite findet sich getrennt die äussere Membran, von der nach innen der umgestülpte Oeffnungshals ausgeht. Nach den hier referirten Beobachtungen zeigt die Nebenöffnung der Tripyleen folgenden Bau. Die äussere Membran erhebt sich ringförmig als Oeffnungshals, schlägt sich als feines Häutchen am Rande wieder um und kleidet die innere Seite des Oeffnungshalses aus. So erreicht sie die innere Membran mit der sie verwächst, während diese den in den Oeffnungshals eindringenden Kegel aussendet. Eine Mündung existirt nur in der inneren Membran und zwar an der Spitze des Öefinungskegels. Bei den übrigen Tripyleen, den Gattungen Coelodendrum, Coelacantha und Dietyocha, sind die Nebenöffnungen kleiner und daher schwieriger zu erkennen als bei den Aulacanthen und Aulosphaeren. Bei den Coelodendren (Taf. X, Fig. 3) konnte ich mich indessen noch mit Sicherheit von ihrer An- wesenheit überzeugen; der Oeffnungshals ist hier sehr schmal und im Verhältniss ziemlich lang, die darunter gelegene homogene Stelle klen und auch bei Osmiumsäure - Carmin - Behandlung nicht durch besondere Imbibitionsfähigkeit ausgezeichnet. Bei der Dietyocha fibula glückte es mir, nur einmal eine Stelle zu finden, wo die äussere Membran nabelförmig eingezogen war und der inneren fest anhaftete, woraus ich auf die Anwesenheit einer Nebenöffnung schliesse; bei den Coelacanthen war auch dies nicht einmal möglich. Gleichwohl zweifele ich nicht, dass auch hier die zwei Nebenöffnungen vor- handen sind und dass nur durch ihre Kleinheit, die der geringen Grösse der gesammten Centralkapsel proportional sein wird, das negative Resultat der Beobachtung zu erklären ist; bei dieser Annahme stütze ich mich auf die grosse Uebereinstimmung, die im Bau der Centralkapseln bei den Tripyleen in allen übrigen Punkten besteht. Wenn wir nun weiter den von der Kapselmembran umschlossenen Inhalt betrachten, so wird derselbe zum grössten Theil von dem bei den Tripyleen ganz ausserordentlich grossen, im Centrum des Körpers gelegenen Kern gebildet. Derselbe wurde von Haeckel bei den Aulacanthen und Aulosphaeren entdeckt und in gleicher Weise wie bei den Colliden und Heliosphaeren „Binnen- 12. Tripyleen. 225 bläschen“ genannt; seine Anwesenheit bei den Coelodendren wurde wenigstens wahrscheinlich gemacht. Gewöhnlich besitzt das Binnenbläschen (n) einen Durchmesser, der ?|; des Centralkapsel- durchmessers beträgt; in seiner Form ahmt es die Gestalt der Centralkapsel nach und ist demgemäss eine in der Richtung der Hauptaxe des Körpers etwas abgeplattete Kugel; seine Structur ist selbst bei derselben Art eine verschiedene, ohne dass ich jedoch ein genügendes Material zur Verfügung gehabt hätte, um über die Bedeutung der Verchiedenheiten zu einem bestimmten Resultate zu gelangen. Stets ist eine feine Membran nachweisbar und in derselben eine feinkörnige Grundmasse; wechselnd sind dagegen die in der Grundmasse eingebetteten Nucleoli. Bei vielen im frischen Zustand unter- suchten Aulacanthen schienen sie sowohl in beträchtlicher Anzahl vorhanden als auch recht gross zu sein; häufig erhielt ich Bilder, als läge unter der Kernmembran ein Nucleolus neben dem andern (Taf. X, Fig. 10); indessen ist es mir nie geglückt, einen derartigen Befund durch Behandlung mit Reagentien, namentlich mit Carminosmiumsäure zu fixiren; stets ergab sich dann ein Kern mit fein- körniger Masse, in welcher nur hier und da ein Nucleolus eingebettet war; immerhin war die Zahl der- selben bei der Grösse des ganzen Organs keine geringe und belief sich bei einigen Exemplaren auf etwa 30 (Fig. 1, 13b). Einige Kernkörperchen besassen auf ihrer Oberfläche rundliche und spitze Fort- sätze, wie Amoeben, die während ihrer Wanderung plötzlich abgetödtet sind, und muss es daher für wahrscheinlich gelten, dass sie im Leben zu amoeboiden Bewegungen befähigt sind, wie dies schon von den Nucleoli der verschiedensten Zellen bekannt ist. Bei einem weiteren ebenfalls häufigen Kernzustand treten sehr zahlreiche kleine Nucleoli in der fein granulirten Kernmasse auf, als wäre letztere ganz von Kugelbacterien erfüllt (Fig. 13a). Solche Kerne wurden sowohl im frischen Zustand als auch nach Osmiumearminbehandlung untersucht. Endlich habe ich noch einige allerdings nur seltene Bilder zu erwähnen, welche an die Be- schreibungen erinnern, die Flemming!) von den Kernen der Epithelzellen in der Harnblase des Fro- sches und Eimer?) von den Kernen sehr verschiedenartiger Zellen gegeben hat. Der ganze Kern wurde von einem Netzwerk durchsetzt, in welchem die Kernkörperchen zerstreut lagen. Das eine Mal (Fig. 9) war das Netz weitmaschig, die Zahl der Kernkörperchen gering, ihre Grösse sehr schwankend; das andere Mal (Fig.2) war das Netz sehr fein, und in jedem Knotenpunkt fand sich ein kleiner Nueleolus. Den nach Abzug des Kernes übrig bleibenden Inhalt der Centralkapsel beschreibt Haeckel bei Aulacantha als „eine diehtgedrängte Masse kleiner, heller, kugeliger Bläschen von 0,008 mm, deren jedes ein dunkles Körnchen umschliesst, mit spärlicher feinkörniger Zwischensubstanz“. Ebenso soll er auch bei den Aulosphaeren „aus kleinen wasserhellen Bläschen (Zellen?) von 0,005 — 0,015 mm Durch- messer bestehen, deren jedes 1—2, selten 3 dunkle glänzende Körnchen von 0,001 mm (Kerne?) ein- schliesst“. Bei Coelodendrum werden dieselben Gebilde „wasserhelle Zellen mit dunklem rundlichem Kern“ genannt, „welche durch mehr oder weniger reichliche, trübkörnige, schleimige Zwischensubstanz (intracapsuläre Sarkode) getrennt sind“. Die von Haeckel gemachten Beobachtungen kann ich der Hauptsache nach nur bestätigen, dagegen weiche ich in der Deutung der kugeligen Gebilde von ihm ab. Bei allen Tripyleen wird der Zwischenraum zwischen Kern und Kapselmembran mit Ausnahme der unmittelbar unter den drei Oeffnungen gelegenen Partieen von einer feinkörnigen Sarkode eingenommen, in welcher helle kugelige Stellen in soleher Anzahl vorhanden sind, dass die Sarkode selbst nur dünne Brücken zwischen ihnen 1) W. Flemming, Beobachtungen über die Beschaffenheit des Zellkerns. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. XIII. S. 693. 2) Th. Eimer, Weitere Nachrichten über den Bau des Zellkerns. Ebend. Bd. XIV. S. 94. Jen. Denkschriften IT. 3. 29 226 Analytischer Theil. bildet (Fig. 3 v). Diese hellen Stellen verhalten sich allen Reagentien gegenüber, besonders auch gegenüber der Carminfärbung völlig indifferent, so dass sie nur für Vacuolen gehalten werden können, wie sie bei verschiedenen anderen Radiolarien z. B. den Thalassolampen vorkommen. Dagegen dürfen sie nicht mit den homogenen Körpern auf gleiche Stufe gestellt werden, welche für die Sphaero- zoiden und Acanthometriden charakteristisch sind und den histologischen Werth von Zellkernen be- sitzen. Wenn sie auch in ihrem äusseren Ansehen nicht leicht von ihnen zu unterscheiden sind, was ja bei Kernen und Vacuolen auch sonst nicht immer leicht gelingt, so bewahrt doch das verschiedene mikrochemische Verhalten vor einer Verwechselung. Die Grösse der Vacuolen unterliegt geringen Schwankungen, indem sie bei Aulacanthen 5—15 x, bei den Aulosphaeren 10— 20 p beträgt. Ihre Zahl ist am beträchtlichsten bei den Arten mit grossen Centralkapseln, wie den Aulosphaeren, Aulacanthen und Coelodendren, bei welchen sie in 2—3 Schichten über einander angeordnet sind; dagegen sind sie spärlich bei den Coelacanthen und Dietyochen, ja sie können sogar hier ganz fehlen. In den Vacuolen liegen die schon von Haeckel wahrgenommenen und als Kerne gedeuteten feinen Körnehen; sie sind meist einzeln und nur bei den Coelodendren zu kleinen Häufchen vereint; ihrer Beschaffenheit nach sind sie stark lichtbrechende Körperchen, welche, wie aus ihrem optischen Verhalten geschlossen werden kann, aus Fett bestehen; dass sie in der That in den Vacuolen einge- schlossen und nicht äusserlich denselben angelagert sind, liess sich in einer Anzahl Fällen dureh die Beobachtung sicher stellen, dass sie sich in lebhaft zitternder Molecularbewegung befanden, was beim Einschluss im Protoplasma nicht gut möglich wäre. Diese Beobachtung kann uns ferner zum Beweise dienen, dass der Inhalt der kugeligen Räume eine Flüssigkeit und keine Zellsubstanz ist. Uebrigens kommen die feinen Körnchen auch an Stellen vor, wo die Vacuolen fehlen, und sind hier direet in’s Protoplasma eingebettet. Unter den drei Oeffnungen der Kapselmembran nimmt der Inhalt eine besondere Structur an, indem einmal so gut wie keine Vacuolen vorhanden sind und zweitens das Protoplasma aus feinen - und blassen Fibrillen besteht, die alle radienartig nach der Oeffnung hin zusammenstrahlen. Die radiale Streifung, welche so zu Stande kömmt, ist am auffälligsten an der Hauptöffnung, wo sie von der der- beren Streifung der Kapselmembran wohl unterschieden werden muss (Taf. X, Fig. 10). Die Fibrillen bilden hier eine ansehnliche Lage und vereinen sich an der Oeffnung selbst, resp. in der die Oeflnung tragenden Röhre, zu einem homogenen Strang, welcher sich an enucleirten Centralkapseln nicht selten als ein lang ausgezogener Faden darstellt und dann in Carmin auffallend stark gefärbt wird. Auf der anderen Seite gehen die Fibrillen in das gewöhnliche Protoplasma über, indem sie sich zwischen die Vacuolen einschieben und allmählig verschwinden. In der feinstreifigen Lage treten die schon bei den Vacuolen erwähnten Fettkörnchen auf, entweder vereinzelt oder in reichlicher Anzahl zu einer dunkel granulirten Stelle angehäuft; auch fanden sich zerstreut Vacuolen im Inneren der Fibrillenmasse. Weniger ausgeprägt als an der Hauptöffnung ist die Protoplasmastreifung an den Neben- öffnungen, an denen sie am klarsten zu erkennen ist, wenn man genau von oben auf die Mündung des Oeffnungshalses herabsieht (Taf. X, Fig. 14). Die feinen Fäden ceonvergiren hier alle nach der homogenen, in Carmin sich stark imbibirenden halbkugligen Stelle und hören an der Oberfläche der- selben wie abgeschnitten auf. Die scharfe Contour, welche die Grenze bezeichnet, spricht dafür, dass zwischen der homogenen und fibrillären Masse eine Scheidewand in Form einer Membran existirt (Fig. 8). Im Uebrigen kehren dieselben Verhältnisse wieder wie bei der Hauptöffnung; die Fibrillen vereinen sich — sofern eine Membran da ist, nach Durchbohrung derselben — zu einem homogenen 12. Tripyleen. 227 Protoplasma, welches durch seine starke Imbibitionsfähigkeit bedingt, dass unter einer jeden Neben- öffnung bei Carminosmiumpräparaten eine roth gefärbte Stelle hervorleuchtet; das homogene Proto- plasma tritt durch den Oeffnungskegel hervor und ist auch hier wieder an enucleirten Centralkapseln als ein homogener Faden nachweisbar. Im Ganzen giebt es somit drei solche Fäden, welche den Zu- sammenhang mit dem extracapsulären Weichkörper vermitteln und von denen zwei den Nebenöffnungen, ein dritter der Hauptöffnung angehört. Der extracapsuläre Weichkörper ist in mehrfacher Hinsicht bei den Tripyleen ganz be- sonders charakteristisch. Die Gallerte ist voluminös, wie sonst nur noch bei den Colliden und Sphaero- zoiden; sie reicht zum Beispiel bei den Aulosphaeren bis an die Gitterkugel, deren Durchmesser etwa sechsfach so gross ist, wie der Durchmesser der Centralkapsel, und bei den Aulacanthen reicht sie bis nahe zur Spitze der radialen Stacheln. Noch auffälliger ist wegen ihrer Massenhaftigkeit, ihrer Beschaffenheit und Anordnung die extracapsuläre Sarkode. Einen so mächtig entwickelten Pseudopodienmutterboden, wie bei den Tripyleen, habe ich bei keinem anderen Radiolar wiedergefunden; er enthält feine schwärzliche Pigment- körnehen und unregelmässig geformte klumpige Stücke von einer grobkörnigen Substanz, die bald bräunlich, bald grünlich, bald schwärzlich gefärbt ist und die den Eindruck von halb assimilirten Nahrungsbestandtheilen macht. Diese undurchsichtigen Massen verdecken jedoch nur ein Drittel der Centralkapsel, während der Rest als ein heller durchsichtiger Körper aus dem Pigmenthaufen hervor- schaut (Taf. IX, Fig. 2 und Taf. X, Fig. 3). Die hierdurch bedingte einseitige Bedeckung der Central- kapsel, auf die auch Haeckel bei den Aulacanthen aufmerksam geworden ist, kehrt bei allen von mir untersuchten Tripyleen wieder und ist so charakteristisch, dass es mir nicht unmöglich erscheint, nach ihr allein die Zugehörigkeit eines Radiolars zu den Tripyleen zu entscheiden. Wenn ich es zum Beispiel oben für wahrscheinlich erklärt habe, dass Haeckel’s Thalassoplancta cavispieula eine Tripylee ist, so bestimmt mich hierzu ausser dem Umstand, dass die Skeletstücke hohl sind, noch die durch eine Abbildung illustrirte Angabe Haeckel’s, „dass um die Centralkapsel eine mächtige rundliche Pigmentmasse angehäuft ist, aus welcher dieselbe auf einer Seite ziemlich frei hervorragt‘“. In der That ist auch die Pigmentvertheilung der Tripyleen — und dies ist ein weiteres Zeichen für die systematische Verwerthbarkeit des Charakters — keine zufällige, sondern wird durch den feineren Bau der Centralkapsel hervorgerufen. Die schmutzig grauen oder braunen Körnerhaufen sind ausschliesslich auf den die Hauptöffnung tragenden Theil der Centralkapsel beschränkt und finden sich am reichlichsten hier wiederum im Umkreis der Hauptöffnung selbst, so dass diese ganz von ihnen bedeckt wird; die entgegengesetzte Seite mit den Nebenöffnungen dagegen liegt nur unter einer dünnen Protoplasmaschicht. Von dem Pseudopodienmutterboden aus durchziehen dichte Sarkodenetze die Gallerte; bei den Aulacanthen enthalten sie, wie bei den Colliden und Sphaerozoiden, zahlreiche Flüssigkeitsansammlungen, die extracapsulären Alveolen Haeckel’s, die im Allgemeinen rundlich gestaltet sind, durch gegenseitigen Druck aber häufig einander abplatten; sie werden von einer deutlichen Wandschicht begrenzt, die ich aber nicht für eine besondere Membran, sondern für einen Protoplasmabeleg halte. Weniger zahlreich als bei den Aulacanthen sind die Vacuolen bei den Coelodendren; bei den übrigen Tripyleen scheinen sie überhaupt zu fehlen. Nach Haeckel dringt die extracapsuläre Sarkode in’s Innere der Skellettheile ein, durchsetzt dieselben nach allen Richtungen hin und tritt an den peripheren Enden der Stacheln oder stachel- artigen Aufsätze wieder hervor. Wie ich nun schon bei der Schilderung des Skelets ein solches Ver- 29% 228 Analytischer Theil. 12. Tripyleen. halten der Sarkode für unmöglich erklärt habe, weil die Hohlräume, welche in den einzelnen Skelet- stücken vorhanden sind, weder nach aussen, noch unter einander communieiren, so bin ich auch bei dem Studium des extracapsulären Weichkörpers stets zu dem Resultat gelangt, dass die Protoplasma- fäden nur äusserlich die Kieselröhren umhüllen und, indem sie von der einen auf die andere über- treten, ein zartes spinnewebenartiges Netzwerk bilden, aus dem die eigentlichen Pseudopodien, die frei in’s Wasser ragenden Theile, hervorgehen (Taf. IX, Fig. 2; Taf. X, Fig. 15). An zwei Exemplaren von Coelodendrum nahm die extracapsuläre Sarkode auf der aboralen Seite in der Mitte zwischen den zwei Nebenöffnungen eine besondere Anordnung an, indem sie einen langgestreckten zuckerhutartigen Fortsatz erzeugte, der fein längsgestreift war, als sei er aus vielen blassen Fibrillen zusammengesetzt (Taf. X, Fig. 3). Der Fortsatz bewegte sich sehr langsam wie tastend, verlängerte sich und verkürzte sich, während zugleich auf ihm zahlreiche farblose Körnchen auf und ab stiegen, wie sie in grossen Mengen in der extracapsulären Sarkode eireulirten. Das Ende des Fortsatzes war abgerundet, von ihm entsprangen zeitweilig feine pseudopodienartige Fädchen, die nach kurzer Zeit wieder eingezogen wurden. Das ganze Gebilde ist seiner Structur nach nichts als eine Ansammlung feinster Protoplasmafäden und lässt sich am ehesten noch der sogenannten Sarkode- geissel der Disciden vergleichen. Bei manchen Tripyleen, den Aulacanthen, Aulosphaeren und Coelacanthen, bin ich häufig Exemplaren begegnet, wo in ein und derselben Gallerte zwei Centralkapseln einge- schlossen waren; das Gleiche hat auch Haeckel bei der Thalassoplaneta beobachtet. Bei anderen Exemplaren war nur eine aussergewöhnlich grosse Centralkapsel vorhanden, dieselbe enthielt aber zwei an Grösse einander gleiche Binnenbläschen und war dann nicht selten durch eine ring- förmige Furche schwach bisquitförmig eingeschnürt (Taf. X, Fig. 2) oder sogar in zwei Hälften zerlegt, welche nur an dem oralen Pole noch zusammenhingen (Fig. 11). Die Furche verlief zwischen den zwei Nebenöffnungen und auf der anderen Seite mitten durch den Hof der Hauptöffnung, welcher unvollkommen getheilt war. Es fanden sich nämlich zwei Röhren und dementsprechend zwei Oefl- nungen vor; von jeder dieser Öeffnungen gingen die radialen Streifen aus, die den Oefinungshof bilden; auf der einander zugewandten Seite hingen dieselben aber noch zusammen (Fig. 5). Zu erwähnen ist noch, dass die innere feinere Membran längs der Einschnürung fester dem Kapselinhalt auflag als an den übrigen Stellen, da sie sich hier bei der Behandlung mit Reagentien nicht abhob. Die geschilderten Bilder können in zweierlei Weise gedeutet werden, entweder als Theilungs- oder als Copulationszustände; ersteres halte ich für wahrscheinlicher und nehme ich daher an, dass die Tripyleen sich durch Theilung der Centralkapsel vermehren, dass hierbei zuerst der Kern in zwei zerfällt, dass darauf eine Einschnürung der Kapselmembran erfolgt, welche die Hauptöffnung; halbirt, während die zwei Nebenöffnungen des Mutterthieres sich auf die Tochterorganismen vertheilen, dass schliesslich jede der Centralkapseln mit einem Theil der Gallerte und des Skelets sich umgiebt und zu einem selbständigen Individuum wird. Ich habe versucht diese Annahme zu beweisen, indem ich Aulacanthen mit zwei Kernen oder solche mit zwei Centralkapseln isolirte und etwa eine Woche lang züchtete, habe aber in dieser Zeit niemals Veränderungen beobachtet. Synthetischer Theil. I. Die Morphologie der Radiolarien. Die Radiolarien, deren wichtigste zur Zeit bekannte Familien im analytischen Theile beschrieben wurden, sind die höchstorganisirte und vielgestaltigste Rhizopodenklasse, vielgestaltig sowohl in ihrer äusseren Form als auch in dem feineren Bau ihres Weichkörpers und ihres Skelets. In allen diesen Beziehungen sind sie den Thalamophoren oder Foraminiferen trotz des bewundernswerthen Artenreich- thums derselben bei weitem überlegen, noch mehr freilich den übrigen Rhizopoden, den Amoebinen und Heliozoen, welche sich neben ihnen wie verkümmertes Gesträuch unter reich verästelten Bäumen ausnehmen. Unsere Aufgabe ist es nun, im synthetischen Theile durchzuführen, dass die verschiedenen Organisationen der einzelnen Familien Nichts sind als Modificationen eines gemeinsamen Grundtypus; wir werden den letzteren im Folgenden genauer zu bestimmen und sein Verhältniss zu den wichtigsten Abänderungen, welche er erleidet, zu besprechen haben. 1. Die Grundform der Radiolarien. Die bei den Radiolarien vorhandene Mannigfaltigkeit des Baues spricht sich schon in ihrer ge- sammten äusseren Erscheinung aus und bedingt hier eine Fülle verschiedenartiger Gestalten, wie sie auf einem gleichbeschränkten Gebiete im ganzen Thierreich nicht zum zweiten Male vorkömmt; sie wurde daher auch von Haeckel in ausgiebiger Weise benutzt, um die zahlreichen Grundformen zu erläutern, welche er in seinem System der Promorphologie aufgestellt hat. Wenn ich sie gleichfalls hier in den Kreis unserer Betrachtungen ziehe, so ist es jedoch nicht mein Plan, die Körper der ein- zelnen Arten nach ihren Axen stereometrisch zu bestimmen, sondern die Frage zu entscheiden, ob nicht auch hier eine gewisse Gemeinsamkeit herrscht und ob es nicht möglich ist, eine für die Classe typische Grundform nachzuweisen, aus welcher die übrigen abgeleitet wer- den können. Als Joh. Müller in seiner letzten Abhandlung die systematische Stellung der Thalassicollen, Polyeystinen und Acanthometren erörterte, betonte er als ein gemeinsames Merkmal aller dieser Or- ganismen, „dass ihr Körper, sei er sphaerisch, scheibenförmig, glockenförmig, flaschenförmig, kreuzförmig, sternförmig, radiär symmetrisch ist“; er nannte sie daher radiäre Thiere, Rhizopoda radiaria oder kurz Radiolaria, um sie schon durch den Namen gegen die Rhizopoda Polythalamia, bei welchen die spirale Anordnung der anwachsenden Theile überwiege, abzugrenzen. 230 Synthetischer Theil. Gegen Müller’s Auffassungsweise hat Haeckel gewichtige Einwände erhoben, indem er namentlich geltend machte, dass bei den Polythalamien radiale und umgekehrt bei den Radiolarien spirale Formen auftreten, und dass daher in dieser Hinsicht zwischen beiden Classen eine völlige Parallele bestehe. So sollen von radialen Formen die Stichoeyrtiden (Radiolarien) den Nodosariden (Polythalamien), die Trematodiseiden den Soritiden und von spiralen Formen die Discospiriden (Radio- larien) den Nautiloiden (Polythalamien) und die Litheliden den Alveoliniden entsprechen; ferner sollen in beiden Classen bilateral symmetrische und sogar völlig irreguläre oder asymmetrische Arten nach- weisbar sein; als Beispiele bilateraler Symmetrie unter den Radiolarien werden die Cyrtiden mit excen- trischem Gipfelstachel aufgeführt, irreguläre Formen endlich seien die meisten Polyeyrtiden und unter den Polythalamien die Acervulinen. Haeckel kömmt daher zum Schluss, „dass der radial sym- metrische oder reguläre Typus bei den Radiolarien zwar sehr vorwiegend, aber nicht ausschliesslich entwickelt ist und dass derselbe also nicht als diagnostischer Charakter dienen kann“; er verzichtet hiermit bei der Unterscheidung der Radiolarien von anderen Rhizopoden die Grundform zu verwerthen. Wenn ich in diesem Punkt von Haeckel abweiche, so ist dies nur zum Theil eine Folge von Verschiedenheiten in der Beurtheilung des Radiolarienbaues, zum grösseren Theile ist es durch die verschiedenen Gesichtspunkte bestimmt, welche wir bei der Erörterung der Frage nach den Grund- formen in Anwendung bringen. Nach meiner Ansicht kann die Bestimmung der Grundform eines Organismus nur den Zweck haben, einen kurzen Ausdruck zu finden für das Prineip, nach welchem seine Theile angeordnet sind. In dieser Auffassung fühle ich mich in Uebereinstimmung mit der seit Langem in der Zoologie eingebürgerten und auch jetzt noch geltenden Praxis. Wie bei der Charakteristik der einzelnen Typen Cuvier und v. Baer das Lageverhältniss der wichtigsten Organe berücksichtigten, der erste, insofern es im ausgebildeten Thier erkennbar ist, der zweite, insofern es sich während der Ontogenie entwickelt, so wird auch jetzt noch mit Recht die morphologische Betrachtung grösserer- Thiergruppen meistens mit einer kurzen Skizze ihrer Grundform angefangen. Es liegt in der Natur. der Sache, dass bei einem derartigen Verfahren mit Vortheil stets nur eine geringe Anzahl von Formen unterschieden werden kann; so unterschied man lange Zeit hindurch nach Lamarck’s Vorgang nur bilateral-symmetrische und radial-symmetrische Thiere; bei ersteren sind alle Theile derart zu beiden Seiten einer Mittelebene angebracht, dass der Körper durch diese — aber durch keine andere — Ebene in ähnlich gestaltete Hälften zerfällt; bei letzteren sind die Theile regelmässig um eine Axe gestellt, so dass eine grössere Zahl von Ebenen, sofern sie nur in radialer Richtung durch diese Axe verlaufen, den Körper halbiren. Zu den genannten zwei fügten Burmeister und Bronn noch eine dritte Grundform hinzu, die irreguläre oder asymmetrische, bei welcher die Organ- vertheilung von keiner Gesetzmässigkeit beherrscht wird. Endlich hat Haeckel mit Recht noch her- vorgehoben, dass in der radialen noch eine weitere Grundform enthalten sei, die wir die sphaerische nennen wollen, bei welcher die Axe gleichsam „zu einem Punkt verkürzt“ ist und alle Theile daher regelmässig um einen Punkt, d. h. concentrisch, gruppirt sind. Wir erhalten somit im Ganzen vier Grundformen, die irreguläre, sphaerische, radiale unddie bilateral-symmetrische; dieselben kann man nach der Beschaffenheit ihrer Axen in folgender Weise charakterisiren. Die irregulären Thiere sind axenlos; bei den sphaerischen Thieren sind alle Axen gleiehwerthig;; bei den radialen ist nur eine Axe, bei den bilateral symmetrischen dagegen sind zwei oder drei auf einander senkrecht stehende Axen bestimmt; nach den Axen kann man daher die vier Grundformen als die anaxonen, homaxonen, monaxonen und heteraxonen Grundformen bezeichnen. 1. Grundform der Radiolarien. 231 Wollte man noch ausserdem innerhalb der genannten vier Hauptabtheilungen Unterabtheilungen bilden, so würde man, wie ich meine, auf Verhältnisse von untergeordnetem Werthe Rücksicht nehmen müssen und die Uebersichtlichkeit verlieren, welche bei einer kurzen Charakteristik der Gestalt, wie ich sie hier im Sinne habe, durchaus nothwendig ist. Wenn wir für eine Thierelasse das Prineip der Organvertheilung zu bestimmen haben, werden wir unser Urtheil nicht davon abhängig machen, dass alle Organe uns dieses Prineip vor Augen führen, sondern uns begnügen, wenn es für die Mehrzahl derselben gilt; wir nennen die Wirbelthiere bilateral symmetrisch, obwohl der Darm sammt seinen Anhängen und zum Theil auch das Gefässsystem durchaus unsymmetrisch sind. Ferner werden wir eine Grundform für eine Classe als allgemeingiltig hinstellen, selbst wenn einzelne ihrer Mitglieder hierin erheblich ab- weichen, sofern es nur nachweisbar ist, dass die bei denselben auftretende Gestalt als eine Modifieation der allgemeinen Grundform angesehen werden muss. Die Wirbelthiere sind für uns ihrem gesammten Bauplan nach bilateral symmetrisch, trotzdem bei den Pleuronectiden sich fast alle Organe asymmetrisch verhalten; ebenso sind es die Mollusken trotz der spiralen Gestalt, welche der Eingeweidesack bei den Schnecken besitzt. Noch häufiger sind solche Anomalien bei den nach einem radialen Typus gebauten Thieren; ich brauche hier nur an die Ctenophoren und Siphono- phoren unter den Coelenteraten, die Holothurien und die Spatangiden unter den Echinodermen zu erinnern. In allen diesen Fällen kömmt uns der „Bauplan“ der Gruppe zum Bewusstsein, obwohl er bei seiner praktischen Durchführung ungenügend verwirklicht ist, oder um mich unserer modernen eoncreteren Auffassung zu bedienen, es kommt uns zum Bewusstsein, dass die abweichenden Formen dureh Umbildung aus Organismen entstanden sind, dieden Anforderungen des Typus entsprachen. Uebrigens verfahren wir hier in ganz derselben Weise, wie mit jedem anderen systematischen Charakter; rechnen wir doch auch die Rhizocephalen zu den Arthropoden und sehen dabei darüber hinweg, dass die Segmentirung des Körpers, der Darmcanal und die gegliederten Extremitäten fehlen, weil wir wissen, dass auch bei diesen Thieren jene fundamentalen Charaktere des Arthropodenstammes einst existirt haben und nur in Folge des Parasitismus rückgebildet sind. Von den hier in Kürze entwickelten Gesichtspunkten werde ich geleitet, wenn ich annehme, dass sich für alle Radiolarien eine gemeinsame, auch systematisch verwerthbare Grundform nachweisen lässt und dass diese Grundform, wie ich dies schon früher betont habe, eine sphaerische oder homaxone ist. Denn die im analytischen Theile nieder- gelegten Beobachtungen zeigen, dass die Körper der Radiolarien Kugeln sind oder sich genetisch aus der Kugelgestalt ableiten lassen. Für die Mehrzahl der Radiolarien bedarf das Gesagte keiner genaueren Durchführung; schöner entwickelte Kugeln, als die Centralkapseln und die Binnenbläschen der Colliden, Ethmosphaeriden und Ommatiden und die Skelete der beiden letzteren Familien (Tafel IM. IV. V), kann man von organischen Bildungen nicht erwarten. Hier sind alle wichtigen Körpertheile eoncentrisch in einander geschachtelt und das Protoplasma streng radial angeordnet, indem sowohl die Körnchen in der Central- kapsel in radialen Reihen liegen, als auch die Pseudopodien wie Strahlen nach allen Richtungen hin gleichmässig ausgesandt werden. Deutlich homaxon ist auch der Körper der Acanthometriden und Acanthophractiden (Tafel I u. IM; wo Abweichungen von der Kugelform vorkommen, wie bei den Amphilonchen, Lithop- teren, Diploconen (Tafel II, Fig. 3) u. s. w., sind dieselben überall ohne Schwierigkeiten daraus zu erklären, dass hier in einer oder zwei Richtungen ein stärkeres Wachsthum stattgefunden hat, durch 232 Synthetischer Theil. welches die ihrer Anlage nach kugeligen Centralkapseln in eiförmige, prismatische oder linsenförmige Körper umgewandelt worden sind. Wichtigeren Unterschieden begegnen wir bei den Dyssphaeriden und Disciden (Taf. VI), welche schon von Haeckel wegen ihrer vorwiegend spiral gebauten Skelete gegen Joh. Müller in das Feld geführt wurden, zum Beweis, dass die Annahme eines radialsymmetrischen Baues nicht für alle Radiolarien berechtigt sei. Hier ist jedoch zweierlei zu beachten: erstens kann man die spiralen Schalen, wie ich glaube im analytischen Theile gezeigt zu haben, auf zwei eoncentrische Gitterkugeln reduciren und in dieser Weise zeigen, dass auch bei den Diseiden ein sphaerischer Körper der Aus- gangspunkt für die Skeletbildung gewesen ist; zweitens sind die Weichtheile an der spiralen An- ordnung nicht betheiligt. Centralkapsel und Kern sind nur scheiben- oder linsenförmig abgeplattet, im Uebrigen aber ebenso wie die entsprechenden Theile der Haliommen coneentrisch gebildet. Die Pseudopodien sind über die Oberfläche gleiehmässig vertheilt, so dass die einzelnen Punkte derselben in dieser Hinsicht wenigstens vollkommen gleichwerthig sind. Ueberall treten somit Beziehungen zur homaxonen Grundgestalt der übrigen Radiolarien hervor, welche uns die Diseiden als modifieirte Kugelradiolarien erkennen lassen. Ganz anders steht es mit den spiralen Thalamophoren, die früher so gern zur Parallele herangezogen wurden und die nichtsdestoweniger auch in der Anordnung ihrer Theile den Diseiden so sehr entfernt stehen. Hier liegen die Kammern hinter einander in einer spiralgewundenen Axe; am Anfang dieser Axe befindet sich der blindgeschlossene Theil der Schale, am Ende dagegen die Hauptöffnung, welche den Hauptstrom — bei den Imperforaten sogar die gesammte Masse — der Sarkode ausschickt; kurz, überall kömmt der monaxone oder radialsymmetrische Grundplan des Schalen- aufbaues zum Vorschein. Daher scheinen mir auch die Thalamophoren eher das Gegentheil zu be- weisen, als was sie beweisen sollen, indem sie zeigen, dass ähnliche Gestalten eine ganz verschiedene Bedeutung besitzen können und dass es bei Berücksichtigung aller Verhältnisse möglich ist, selbst bei so einfach beschaffenen Organismen, wie den Rhizopoden, eine typische Grundform aufzustellen, wenn - sie auch im Einzelnen vielfach in eingreifender Weise umgestaltet worden ist. Die grössten Schwierigkeiten endlich bereiten der Durchführung einer allgemein giltigen Grund- form die Tripyleen und die drei Familien der Cyrtiden, Acanthodesmiden und Plagiacan- thiden, welche wir gemeinsam als Monopyleen bezeichnen wollen. Bei allen diesen Radiolarien ist namentlich der wichtigste Theil des Körpers, die Centralkapsel, nicht homaxon, sondern bei den Tripyleen (Taf. IX und X) nach der Vertheilung der drei zum Durchtritt der Pseudopodien be- stimmten Oefinungen bilateral symmetrisch und bei den Monopyleen mit einer einzigen Communi- cationsstelle am vorderen Pole (Taf. VIT und VIII radialsymmetrisch oder monaxon. Die Tripyleen sind wenigstens in allen übrigen Beziehungen kugelig gebaut, indem Binnenbläschen, Centralkapsel und Gitterkugel, sofern eine solche vorhanden ist, concentrisch sind; bei den Monopyleen ist aber auch dies nicht einmal der Fall; das Skelet der Cyrtiden und Plagiacanthiden ist seinem gesammten Typus nach triradial (Haeckel); bei den Acanthodesmiden ist es sogar mehr oder minder ausgesprochen bilateral symmetrisch. Gleichwohl halte ich es für wahrscheinlich, dass auch diese abweichenden Gestalten eine sphae- rische Grundform voraussetzen; nach meiner Ansicht, welche ich später zu begründen suchen werde, ist die Structur der Kapselmembranen der Tripyleen und Monopyleen nur unter der Annahme ver- ständlich, dass ursprünglich auf allen Seiten Porencanäle vorhanden gewesen sind. Ist diese Annahme richtig, so würden sich die Tripyleen ohne Weiteres den übrigen Radiolarien einreihen und die Mono- 2. Die Morphologie des Weichkörpers. 233 pyleen würden ihnen wenigstens sehr wesentlich genähert werden. In letzterer Hinsicht hätten wir dann weiter zu beachten, dass die Centralkapseln bei denjenigen Acanthodesmiden und Cyrtiden, welche aus vielen Gründen für die ursprünglichsten gehalten werden müssen, fast durchgängig Kugelform be- sitzen, wie z. B. bei den Lithoeircen, Acanthodesmien und Lithomelissen. Ebenso kann es nicht zweifel- haft sein, dass die gelappten Centralkapseln der Zygoeyrtiden, Stichoeyrtiden und Dieyrtiden aus kugeligen Centralkapseln entstanden sind. Denn wie ich im analytischen Theil gezeigt habe, lässt sich, ich möchte fast sagen, Schritt für Schritt verfolgen, wie diese Umgestaltung sich immer mehr aus- bildete, bis sie in der Gattung Eueyrtidium ihren Höhepunkt erreicht hat. Vorstehende Erörterungen über die Gestalten der Monopyleen und Tripyleen beruhen zum grossen Theil auf Voraussetzungen, deren Berechtigung, solange keine zu der Hauptmasse der Radio- larien überleitenden Mittelformen bekannt sind, sich noch nicht sicher beweisen lässt. Wenn man ihnen jedoch beistimmt, wird man auch der von mir hier vertretenen Ansicht beistimmen müssen, dass für die Classe der Radiolarien eine sphaerische Grundform typisch ist, dass dieselbe bei den meisten Fa- milien auch jetzt noch vorkömmt und dass sie bei denen, wo sie fehlt, durch secundäre Modificationen in andere Formen umgewandelt wurde. 2. Die Morphologie des Weichkörpers. Als fundamentaler Charakter der Radiolarienelasse muss an die Spitze der allgemeinen Beschrei- bung die Differenzirung des Weichkörpers in die Centralkapsel und in die extra- capsulären Theile gestellt werden. Schon den ersten Beobachtern ist diese Sonderung aufgefallen; von Joh. Müller wurden die Centralkapseln als „häutige Kapseln“, von Th. Huxley „als Zellen, die von Membranen umgeben werden“, beschrieben; ihren bleibenden Namen haben sie jedoch erst von E. Haeckel erhalten, welcher überhaupt auch zuerst ihre systematische und morphologische Wichtigkeit würdigen gelehrt hat. Das Wesen der Structur besteht darin, dass ein Theil des Protoplasma, von einer besonderen Membran allseitig umhüllt und so als „intracapsuläre Sarkode“ von dem Reste als der „extracapsulären Sarkode“ getrennt, einen kapselartigen Körper bildet, welcher. im Centrum des ganzen Organismus lagert und den wichtigsten Bestandtheil desselben ausmacht. a. Die Centralkapsel. Die Gestalt der Centralkapsel ist im Wesentlichen durch das, was wir über die Grundform der Radiolarien im vorigen Abschnitt gesagt haben, schon genügend gekennzeichnet; sie ist bei den meisten Radiolarien kugelig oder weicht von der Kugelform gewöhnlich nur insofern ab, als sie in einer Richtung nach: Art eines Ovals verlängert (manche Acanthometriden) oder linsenförmig abgeplattet (alle Diseiden) oder in zwei oder vier kreuzförmig gestellte Arme ausgezogen ist (Diploconus, Lithoptera). Nur bei den Cyrtiden, bei welchen die Centralkapsel am vorderen Pol in drei oder vier Lappen gespalten ist, treten tiefgreifendere Umgestaltungen auf, welche durch die Beschaffenheit des Skelets bedingt werden (Taf. VII, Fig. 2—7). Denn da die erste Kammer des Cyrtidenskelets wenig Raum bietet und gegen die folgenden Kammern durch eine Art von gegitterter Scheidewand abgeschlossen wird, kann die in ihr gelegene Centralkapsel ihre ursprünglich sphaerische Form bei dem Wachsthum nicht beibehalten, sondern muss, nach allen Seiten hin in ihrer Ausdehnung behindert, durch die Oefl- nungen der Scheidewand lappige Fortsätze ausschieken, deren Grösse im Verhältniss zum ursprüng- lichen Theil der Centralkapsel um so beträchtlicher ausfällt, je kleiner die erste Kammer und je um- fangreicher die folgenden Kammern sind. Jen. Denkschriften II. 3. ; 30 234 Synthetischer Theil. Bei allen übrigen Radiolarien besitzt das Skelet auf die Configuration der Centralkapsel so gut wie keinen Einfluss; dies ist selbstverständlich bei den Formen, bei welchen zwischen beiden Theilen ein weiter Zwischenraum existirt, also bei den Radiolarien mit extracapsulärem Skelet; aber es gilt auch für die Radiolarien mit einem theilweise intracapsulären Skelet. In letzterem Falle umwächst die Centralkapsel die ihr entgegenstehenden Theile, indem sie sich zwischen den Kieselspangen hin- durehschiebt und nach aussen wieder verschmilzt; auf diese Weise gelangt z. B. bei den Diseiden (Taf. VI, Fig. 11) ‚ein Umlauf der Schale nach dem anderen in das Innere der Centralkapsel hinein und ebenso können bei manchen Ethmosphaeriden (Taf. V, Fig. 1) die ursprünglich in der extracapsu- lären Sarkode entstandenen Gitterkugeln rings umhüllt werden. Daher ist es vollkommen bedeutungslos, ob das Skelet ganz oder nur zum Theil ausserhalb der Centralkapsel gelegen ist, und kann dieses Verhältniss in keiner Weise bei der Systematik, wie Haeckel es früher versucht hat, verwandt werden. Die Membran, welche die Centralkapsel bedeckt, ist bei den Radiolarienfamilien sehr ver- schieden beschaffen; bei den meisten ist sie eine dünne Haut, welche nur als eine zarte Linie zwischen intra- und extracapsulärer Sarkode erscheint; bei anderen wiederum, bei den Colliden, Tripyleen und Monopyleen (Cyrtiden, Acanthodesmiden und Plagiacanthiden) ist sie auf dem optischen Querschnitt doppelt eontourirt und häufig so derb, dass sie selbst mit spitzen Nadeln nur mit Mühe angestochen werden kann. Ungleich wichtiger sind die Unterschiede in der feineren Structur der Membran, da sie über die Verwandtschaftsverhältnisse der Radiolarien Licht verbreiten und in diesem Sinne auch im systematischen Theil dieser Arbeit verwerthet werden sollen. Bei allen Radiolarien finden sich nämlich in der Kapselmembran Oeffnungen, welche es dem Protoplasma ermöglichen aus- und einzuströmen ; dieselben folgen in ihrer Ausbildung und Vertheilung drei sehr wesentlich verschiedenen Typen. 1. Bei den meisten Radiolarien sind die Oeffnungen feinste Poren, welche in grosser Menge gleich- mässig über die Kapselmembran vertheilt sind, durch direete Beobachtung aber nur selten nachgewiesen werden können. Dies gelingt überall nur da, wo die Membran aussergewöhnlich dick ist, wie bei den Thalasseiollen und manchen Sphaerozoiden; man erhält dann das zuerst von Haeckel be- schriebene Bild: eine feine Punktirung bei der Flächenansicht und eine senkrechte Strichelung auf dem optischen Durchschnitt. Bei allen übrigen hierher gehörigen Formen, den Sphaerideen, Dyssphae- riden, Disciden, Acanthometriden und ihren Nächstverwandten kann man auf die Anwesenheit zahlreicher Poren nur schliessen, sei es nach Analogie, weil man eine gleiche Vertheilung der extra- capsulären Sarkode wahrnimmt, sei es, weil man in der That beobachten kann, dass Sarkodekörnchen oder Pseudopodienfäden die Membran an einzelnen Stellen passiren, welche im Uebrigen dem Auge keine Besonderheiten darbieten. 2. Bei einer zweiten Gruppe, den Cyrtiden, Acanthodesmiden und Plagiacan- thiden oder kurz den Monopyleen, sind zwar ebenfalls feinste Poren vorhanden, diese sind aber auf einen kleinen kreisrunden Bezirk an dem vorderen oder basalen Ende der Centralkapsel beschränkt und bilden hier das Porenfeld (Taf. VII, Fig. 1—6p). Nach dem wie ich mir die schwerverständ- liche Structur deute, verdickt sich die Kapselmembran im Umkreis einer jeden Pore zu einem senk- recht zu ihr stehenden Stäbchen oder Korn, welches von einem Canal der Länge nach durchzogen wird; ferner erzeugt die Membran einen kegelförmigen Aufsatz, den Pseudopodienkegel (k), der vom Porenfeld aus in’s Innere der Centralkapsel hervorragt; auch dieser wird von feinen Canälchen durchbohrt, welche an der Kegelspitze beginnen, nach der Basis hin divergiren und hier an den Stäbchen 2. Die Morphologie des Weichkörpers. 235 des Pseudopodienfeldes enden. Das intracapsuläre Protoplasma gelangt an der Spitze des Pseudo- podienkegels in die feinen Canälchen desselben hinein, läuft durch dieselben hindurch und tritt aus den Stäbehen des Porenfeldes in der Form von feinen Fäden hervor, wie ich solche mehrfach beobachtet habe (Fig. 3a u. b). In dieser Weise verhält sich jedoch die Communieationsstelle nur bei den Mono- pyleen mit kugeliger Centralkapsel, dagegen erleidet sie bei den Di- und Stichoeyrtiden mit gelappter Centralkapsel Modificationen, hinsichtlich deren ich auf den analytischen Theil verweise (Taf. VII). 3. Die dritte Gruppe endlich wird durch unsere Tripyleen (Taf. X) repräsentirt, eine Anzahl Radiolarien, bei welchen die zahlreichen kleinen Poren der übrigen Familien durch drei grosse Oeffnungen ersetzt sind; es finden sich eine Hauptöffnung (a) am oralen Pole und zwei Nebenöffnungen (b) zu beiden Seiten des aboralen Poles in der durch diese Anordnung bilateral symmetrisch gewordenen Centralkapsel; zugleich ist die Kapselmembran verdoppelt, indem unter einer derberen äusseren eine feinere innere Haut gelegen ist. Die Hauptöffnung ist eine Art Trichter, der nur von der äusseren Membran gebildet wird und auf die Centralkapsel auf- gesetzt ist, mit dem röhrigen Theil nach aussen gewandt; unter dem Trichter ist eine radiale Streifung wahrnehmbar, welche durch Verdiekungen der inneren Haut verursacht wird. Jede Nebenöffnung — denn beide stimmen im Baue unter einander — besteht aus einem Aufsatz von der Gestalt eines Flaschenhalses, in welchen ein kleiner an seiner Spitze abgestutzter Kegel hineinragt; der erstere Theil gehört der äusseren, der letztere der inneren Membran an (Fig. 6. 7. 8). Unter beiden verdichtet sich das Protoplasma zu einem homogenen halbkugeligen Körper, welcher wahrscheinlich durch eine feine Haut vom übrigen Inhalt der Centralkapsel getrennt wird und sich in einen breiten Sarkodefaden ver- längert, welcher nach aussen hervortrit. Da ein ähnlicher Sarkodefaden auch die Hauptöffnung ver- lässt, so sind im Ganzen drei derselben vorhanden, welche bei den Tripyleen den Zusammenhang des Centralkapselinhalts und des extracapsulären Weichkörpers allein vermitteln. Zwischen den besprochenen drei Structuren der Kapselmembran sind keine Uebergänge be- obachtet worden, und doch, sollte man annehmen, müssen solche existiren oder wenigstens existirt haben. Denn da die soeben unterschiedenen drei Gruppen der Radiolarien fast in allen übrigen Theilen ihrer Organisation wesentlich übereinstimmen, ist es im hohen Grade wahrscheinlich, dass sie genetisch unter einander zusammenhängen. So drängt sich uns von selbst die Frage auf, in welcher Weise sich die drei Kapselstructuren von einander ableiten lassen. Mir scheint es um Vieles begreiflicher, dass von Oefinungen, die ursprünglich allerorts und gleichmässig verbreitet waren, ein Theil sich rückgebildet habe, als dass Oeffnungen an Stellen der Membran, wo sie früher fehlten, neu entstanden seien; daher nehme ich an, dass von Anfang an alle Radiolarien zahlreiche kleine Poren in der Centralkapselmembran besessen haben. Während dieses Verhältniss bei der überwiegenden Mehrzahl bestehen blieb, wurden bei einem anderen Theil die Poren überall mit Ausnahme eines kleinen Bezirks der Kapselmembran rückgebildet; bei einem dritten Theile endlich erweiterten sich einige wenige Poren zu relativ weiten Mündungen und machten, indem sie allein schon eine genügende Communication herstellten, die Existenz der anderen überflüssig. Ist es in dieser Weise möglich, die Kapselstrueturen der Monopyleen und Tripyleen auf die der übrigen Ra- diolarien zurückzuführen, so kann dagegen keine derselben als Ausgangspunkt für eine einheitliche Betrachtung gewählt werden, weil beide durchaus Nichts mit einander gemein haben. An die Beschreibung der Centralkapselmembran reiht sich die Besprechung des von ihr um- gebenen Inhalts, dessen Bestandtheile dreifacher Art sind: 1) die Kerne; 2) das intracapsuläre Protoplasma; 3) die Protoplasmaeinschlüsse. 30* 236 Synthetischer Theil. Die Kerne, die morphologisch wichtigsten Formelemente der Centralkapsel, liegen frei im Protoplasma eingebettet und gehören nicht besonderen in sich abgeschlossenen Zellen an. Ueberhaupt kommen mit Ausnahme der gelben Pigmentkörper der Acanthometriden keine selbständigen Zellen in den Centralkapseln der Radiolarien vor, da die von früheren Forschern hierfür gehaltenen Gebilde ent- weder nur Kerne sind oder Vacuolen, wie sie so häufig in der Sarkode der Rhizopoden auftreten, oder endlich Protoplasmaeinschlüsse von nicht cellulärem Bau. Bei allen Radiolarien besitzen die Centralkapseln auf jugendlichen Entwicklungsstadien nur einen Kern, kurz vor dem Lebensende aber, welches durch den Eintritt der Fortpflanzung bezeichnet wird, sind sie von zahllosen Mengen derselben dicht erfüllt. Einkernige Zustände sind von mir fast bei allen Radiolarien nachgewiesen worden, dagegen sind die vielkernigen Zustände, wenn wir von den fast stets vielkernigen Sphaerozoiden und Acanthometriden (Taf. I u. II) absehen, um Vieles sel- tener, so dass sie bei den meisten Familien nur ganz vereinzelt angetroffen wurden. Immerhin ist es mir mit Ausnahme der Tripyleen gelungen, wenigstens aus allen grösseren Gruppen vielkernige Exemplare zu beobachten: unter den Colliden bei der Thalassicolla nucleata und Thalassolampe mar- garodes, unter den Sphaerideen bei der Rhizosphaera trigonacantha (Taf. IV, Fig. 3), unter den Diseiden bei der Stylospira arachnia, unter den Cyrtiden endlich beim Tridietyopus elegans (Taf. VII, Fig. 3). Ich glaube, diese Beispiele genügen zur Rechtfertigung des oben ausgesprochenen allgemeinen Satzes, dass der einkernige Zustand bei allen Radiolarien einem vielkernigen Platz macht, und dass man dem- entsprechend im Leben eines jeden Radiolars zwei Perioden unterscheiden muss. Die relative Dauer beider Perioden ist je nach den Abtheilungen eine verschiedene; bei einem Theil der Radiolarien, den Acanthometriden und Sphaerozoiden währt der einkernige Zustand nur kurze Zeit, bei allen übrigen nimmt er den grössten Theil des Lebens für sich in An- spruch; ich schliesse dies daraus, dass man bei jenen vorwiegend vielkernige, bei diesen dagegen fast ausschliesslich einkernige Thiere antrifi. Um diesen Unterschied auszudrücken, wollen wir die Radio- larien der ersten Gruppe kurzweg vielkernige, die der zweiten Gruppe dagegen einkernige nennen. In ihrer Beschaffenheit zeigen die Kerne eine Verschiedenartigkeit, wie sie sonst nirgends in der Thierwelt bekannt ist. Wo sie in grosser Anzahl vorhanden sind, bilden sie kleine rundliche Körper, deren Durchmesser von 3—15 x schwankt; sie sind membranlos und bestehen aus einer homogenen Kernsubstanz, die reichlich von Kernsaft durchtränkt zu sein scheint, da die Kerne im frischen Zustand durchsichtig und wenig scharf eontourirt sind, gegen das umgebende Protoplasma sich nur undeutlich abgrenzen und häufig sogar wie Vacuolen in demselben aussehen. Ein kleines dichteres nucleolusartiges Korn ist in ihnen bei den Acanthometriden (Taf. I) ausnahmslos verbreitet, wurde aber bei den übrigen Radiolarien nicht beobachtet. Die kleinen homogenen Kerne sind im Allgemeinen mit den Körpern identisch, welche Haeckel „wasserhelle Bläschen“ nennt und als Zellen deutet; Haeckel spricht aber von wasserhellen Bläschen auch bei Arten, bei denen ich die homogenen Kerne nicht habe finden können. Bei einem Theile derselben, den Disciden und Sphaerideen, ist es möglich, obwohl ich es nicht für wahrscheinlich halte, dass Haeckel weiter vorgeschrittene vielkernige Entwicklungsstadien vor sich gehabt hat; bei einem anderen Theile dagegen, den Colliden (Taf. III, Fig. 1 u. 5), Coelodendren, Aulosphaeren und Aulacanthen (Taf. X), sind die wasserhellen Bläschen zweifellos Nichts Anderes, als die hier vor- kommenden intracapsulären Vacuolen (v), welche in ihrem Aeusseren den Kernen vielfach so ähnlich sehen, dass man sie nur mit Hilfe von Reagentien unterscheiden kann. Bei den einkernigen Radiolarien ist der Kern aussergewöhnlich gross; selbst bei den 2. Die Morphologie des Weichkörpers. 237 Heliosphaeren, wo er relativ noch am kleinsten ist, misst er 30—50 x (etwa ein Drittel oder die Hälfte vom Durchmesser der Centralkapsel); bei der Thalassieolla nucleata und Th. pelagica anderer- seits kann er die enormen Dimensionen von 300—500 px erlangen. Er ist stets von einer Membran umgeben, welche seine Isolation ermöglicht und manchmal so derb ist, dass sie beim Präpariren der Spitze der Staarnadeln kräftigen Widerstand leistet. In solchen Fällen ist sie dann doppelt contourirt und nicht selten durch eine feinere Structur ausgezeichnet; ich erinnere an die Tüpfelung auf der Kernmembran der Ethmosphaeriden (Taf. V, Fig. 1a, 4 u. 6) und ferner an die schon früher von mir für Thalassicolla nueleata beschriebene feine Punktirung, welche für die Anwesenheit von Poren- canälen spricht. Auch Form und Inhalt des Kernes sind recht verschiedenartig; als den einfachsten Fall haben wir die soliden Kugeln von Kernsubstanz anzusehen, wie sie den jungen Sphaerozoiden, den Ommatiden und den Spongosphaeriden zukommen (Taf. IV, Fig. 1—6). Eine höhere Entwicklungs- stufe nehmen die Kerne ein, deren Substanz sich an einzelnen Stellen zu Kernkörperchen verdichtet hat, wofür namentlich die Ethmosphaeriden (Taf. IV, Fig. 1. 4 u. 6) und jungen Acanthometriden (Taf. II, Fig. 2; Taf. II, Fig. 2. 3. 10. 15) lehrreiche Beispiele bieten. Bei den ersteren kann die Zahl der Nucleoli bis zu zwanzig betragen; bei den letzteren wird die anfänglich auch hier beträchtlichere Anzahl später durch einen einzigen grossen Nucleolus ersetzt; ausser demselben kommt dann noch eine besondere Rindenschicht vor, welche von ihm durch einen von Kernsaft erfüllten Zwischenraum getrennt ist, so dass die Kernsubstanz die bekannte bei den Süsswasserrhizopoden weit verbreitete Anordnung annimmt. Besondere Beachtung verdient ferner der Umstand, dass der Nucleolus auf einem bestimmten Stadium in zwei deutlich gesonderte, durch ungleiches Aussehen unterschiedene Substanzen differenzirt ist und somit Bilder ergiebt, wie die Nucleoli der Eier!) oder die gesammte Masse des Kerns bei dem Leptodiseus, der Spirochona und anderen Infusorien 2). Die eigenthümlichsten Kernformen endlich, nicht allein unter den Radiolarien, sondern unter allen Organismen, treten bei den Thalassicollen auf. Wie wir von manchen thierischen Zellen (den verschiedenartigsten Zellen der Arthropoden, bei den Wirbelthieren von den Zellen des Knochen- marks) und manchen einzelligen Organismen verästelte Kerne kennen, so begegnen wir bei der Th. nucleata und Th. pelagiea verästelten oder wurmförmig aufgerollten Kernkörpern. Bei der Th. pelagica (Taf. III, Fig. 4) ist zugleich der ganze Kern abweichend gestaltet, da seine Oberfläche mit blindsack- förmigen Ausstülpungen bedeckt ist, in welche die Windungen des schlangenförmigen Nucleolus ein- dringen. Diese Form des Kerns, welche in ähnlicher Weise auch bei der Th. sanguinolenta (Taf. III, Fig. 1) wiederkehrt, muss um so mehr auffallen, als sie nicht durch äussere - Einflüsse, sondern offenbar durch das Kernwachsthum selbst bedingt ist. Vielleicht ist es der Zweck der Ausstülpungen, durch die Vergrösserung der Oberfläche günstigere Ernährungsbedingungen für die so sehr vermehrte Masse des Kerns zu schaffen. Uebrigens können derartige Modificationen der sphaerischen Grundgestalt des Kernes auch die Folge rein äusserer Einflüsse sein. Bei den Dieyrtiden und Stichocyrtiden (Taf. VII) ist der Kern drei- oder vierlappig, weil die Centralkapsel in drei oder vier Lappen gespalten ist; bei den Acanthometriden (Taf. II, Fig. 9) muss er in Fortsätze auswachsen, weil er in seiner Grössen- 1) 0. Hertwig, Beiträge zur Kenntniss der Bildung, Befruchtung und Theilung des thierischen Eies. Morpholog. Jahrbuch. Bd. IV, S. 156 — 214. 2) R. Hertwig, Ueber den Bau und die Entwicklung der Spirochona gemmipara und, Ueber Leptodiscus medu- soides. Jenaische Zeitschrift. Bd. XI, 8. 149 — 188 u. 8. 307 — 324. 238 Synthetischer Theil. zunahme sonst durch die Stacheln behindert sein würde; bei den Dyssphaeriden (Taf. IV, Fig.7 u. 8) treibt er aus demselben Grunde Blindsäcke durch das Gitter der Markschale und nimmt so die Gestalt einer Maulbeerkugel an. Dies letztere erklärt dann wieder seine Lagebeziehungen zum Skelet bei manchen Ommatiden; bei den Haliommen und jungen Spongosphaeren (Taf. IV) findet sich die Markschale, bei alten Spongosphaeren sogar noch die nächste Gitterkugel im Inneren des Kernes; wahrscheinlich hat hier der Kern ursprünglich innerhalb der Markschale gelegen und hat sie erst später umwachsen, als er sich vergrösserte. Dieser Umwachsungsprocess macht noch weitere Fortschritte bei den Disciden, wo der Kern suecessive nicht allein die Markschale, sondern sogar die drei nächsten Windungen der sich in spiraliger Form vergrössernden Rindenschale umhüllt (Taf. VI, Fig. 11). Das Vorkommen eines einzigen grossen, freilich histologisch meist nicht richtig gedeuteten Kerns war bisher nur von wenigen Radiolarien bekannt. Huxley entdeckte ihn bei der Thalassicolla nueleata, bei welcher Müller, Schneider und Haeckel ihn später wiederfanden; der letztgenannte Autor stellte seine Anwesenheit ausserdem noch bei den übrigen Colliden, den Heliosphaeren und den Gattungen Aulosphaera, Aulacantha und Coelodendrum fest. Die Deutung des Gebildes ist bis in die Neuzeit zweifelhaft geblieben; während Huxley die Bezeichnung „Nucleus“ mit einem Frage- zeichen versah, erklärte J. Müller den Kern für eine Zelle; Haeckel gab ihm den nichts präjudieirenden Namen Binnenbläschen, ohne sich im Uebrigen über den Formwerth desselben zu äussern. Ich selbst habe in einer früheren Schrift bei der Schilderung der Thalassicolla nucleata die Gründe entwickelt, welehe uns bestimmen müssen, das sogenannte Binnenbläschen für einen Kern zu halten; auf diesen Punkt noch einmal zurückzukommen ist überflüssig, da beweiskräftiger als alle theoretischen Betrach- tungen der Hinweis ist auf die Reihe von Formen, in welchen das Binnenbläschen auftritt und unter welchen sich Kerne finden, wie man sie nicht typischer verlangen kann. Wer die gewaltigen Dimensionen berücksichtigt, welche die Kerne bei den meisten einkernigen Radiolarien erreichen, wird schon von vornherein zu der Ansicht geführt werden, dass in der Mehrzahl der Fälle der Uebergang von dem einkernigen Zustand in den vielkernigen nicht durch einfache Kerntheilung vermittelt werden kann, wie es gewöhnlich bei thierischen und pflanzlichen Objeeten geschieht. In der That kann es auch in Anbetracht der im analytischen Theile referirten Beobachtungen, wenigstens für eine Anzahl Radiolarien, kaum zweifelhaft sein, dass sich bei diesem Uebergang Processe eigener Art abspielen. Leider ist es mir nicht möglich gewesen, die Natur der- selben mit Sicherheit zu ergründen; die Undurchsichtigkeit der Objeete, die Beschränkung des Materials und wahrscheinlich auch die Langsamkeit, mit welcher sich die Umwandlung vollzieht, bereiten der Untersuchung so vielerlei Schwierigkeiten, dass ich meine Anschauungen über diesen Gegenstand nur mit Vorbehalt mittheilen kann. Die Umwandlung des primären Kerns in eine Generation kleiner Tochter- kerne scheint sieh mir auf dreierlei Weise zu vollziehen. Bei den Sphaerözoiden — dies würde der am leichtesten verständliche Fall sein, welcher sich am nächsten an anderweitig bekannte Verhältnisse anschliesst — vermehrt sich der grosse solide Kern durch einfache, vielmals sich wiederholende Zweitheilung. Hierbei streckt er sich zunächst, wie es der zu einer rundlichen Masse coneentrirte Nucleus der Vorticellen thut, und schnürt sieh bisquit- förmig ein; das Gleiche wiederholt sich bei den aus der Theilung resultirenden Tochterkernen. Den viel complieirter verlaufenden zweiten Modus zeigen die Acanthometriden und die mit ihnen nahe verwandten Acanthophractiden. Indem ich hinsichtlich der Einzelheiten des Pro- cesses auf den analytischen Theil verweise, hebe ich nur die Grundzüge desselben hervor. Der Kern 2. Die Morphologie des Weichkörpers. 239 treibt nach Auflösung seines Nucleolus solide Sprosse (Taf. II, Fig. 10.15 u. 9), die nichts Anderes als Verdickungen der Rindenschieht sind. Die Sprosse, deren Bildungsweise wohl am richtigsten als Knospung bezeichnet wird, schnüren sich zu selbständigen soliden Kernen ab, in deren Inneren sich kleine nucleolusartige Körperchen entwickeln (Taf. I, Fig. 10; Taf. III, Fig. 6). Letztere wirken als Attractionscentren und veranlassen, dass entsprechend ihrer Anzahl alle Kernknospen in die kleinen homogenen Kerne der ausgebildeten Acanthometriden zerfallen. Durch Beobachtungen am meisten sicher gestellt scheint mir endlich der dritte Modus der Kernvermehrung, den ich bei der Beschreibung der Thalassicolla nucleata dargestellt habe. Das Thatsächliche dieses Vorgangs besteht darin, dass ursprünglich ein grosser Kern mit einem ver- ästelten Nucleolus vorhanden ist, dass der Nucleolus in kleine Stücke zerfällt, dass darauf in der Centralkapsel kleine Kerne auftauchen, welche sich vermehren und schliesslich den ganzen Binnenraum der Centralkapsel erfüllen, während der ursprünglich existirende grosse Kern eine Rückbildung erfahren hat. In diese Beobachtungen habe ich einen einheitlichen Zusammenhang durch die Annahme gebracht, dass die Centralkapselkerne die ausgewanderten Nucleolusstücke des primären Kernes sind; dieser An- nahme zufolge würde der Uebergang des einkernigen Zustandes in den vielkernigen sich vollziehen, indem der Kern eine Brut von Nucleoli erzeugt, welche aus ihm austreten, im Protoplasma der Central- kapsel zu selbständigen Kernen werden und hier den günstigen Boden finden, in welchem sie sich durch fortlaufende Theilung rasch vermehren. Vom Protoplasma der Centralkapsel oder der intracapsulären Sarkode ist — wenn wir von den Eigenschaften absehen, welche es mit jedem thierischen und pflanzlichen Protoplasma theilt — wenig Allgemeines zu berichten. Bei den meisten Arten besitzt es, so lange dieselben ein- kernig sind, eine genau radiale Anordnung, welche sich schon in der reihenförmigen Lagerung seiner Körnchen aussprieht (Taf. IV u. V); nach der Behandlung mit Reagentien wird die Anordnung noch deutlicher, indem jetzt das Protoplasma in keilförmige Stücke zerfällt, welche, wie die Zellen eines Cylinderepithels, eines neben den anderen stehen und von der Fläche betrachtet eine polygonale Fel- derung bedingen. Je nachdem die Stücke breite Keile oder dünne Fäden sind, ist die Felderung gröber oder feiner. Bei den Colliden, deren Centralkapsel von Vacuolen durchsetzt wird (Taf. III, Fig. 1 u. 5), ist die radiale Streifung auf die äusserste Zone beschränkt; vollständig fehlt sie dagegen bei den Cyrtiden, Acanthometriden und Tripyleen, dafür findet sich bei den letzteren (Taf. X, Fig. 6. 8. 10) eine anderweitige Structur, da feine Protoplasmafäden, wie Haare, die zu einem Zopf zusammengedreht sind, von allen Seiten nach einer jeden der drei vorhandenen Oeffnungen hin convergiren. Die Beobachtung, dass die radiale Streifung des Protoplasma nur den Radiolarien eigen- thümlich ist, deren Kapselmembran von zahlreichen Poren allseitig durchbohrt ist, dass sie dagegen fehlt, wenn die Oeflinungen in geringer Anzahl auf bestimmte Stellen vertheilt sind (Cyrtiden und Tri- pyleen), noch mehr aber die weitere Beobachtung, dass bei den Tripyleen die Struetur durch eine anderweitige, aber analoge Structur vertreten wird, welche den abweichenden Verhältnissen entspre- chend modifieirt ist: dies Alles weist darauf hin, dass die Anordnung des Protoplasma von der Beschaffenheit der Kapselmembran und zwar, genauer gesagt, von der Art wie diese durehbohrt ist, abhängt. Der Grund hierzu muss nach meiner Ansicht in dem Einfluss gesucht werden, welchen die Oefinungen der Membran auf alle Lebenserscheinungen und namentlich auf die Bewegungen im Protoplasma ausüben. Wo die Centralkapsel kugelig und ihre Membran überall gleichmässig durchgängig ist, werden alle durch den Stoffwechsel verursachten Strömungen und Umlagerungen vorwiegend radiale Bahnen einhalten; wo nur wenige Ausgänge vorkommen, 240 Synthetischer Theil. werden sie alle nach diesen Punkten hin gerichtet sein. Dass solche anhaltenden und stets in gleicher Weise sich abspielenden Vorgänge schliesslich auch in dem Bau des ihnen zu Grunde liegenden Sub- strats zum Ausdruck gelangen, ist a priori sehr wahrscheinlich, und so könnten wir die streifigen Structuren des Protoplasma bei den Radiolarien als den anatomischen Ausdruck der in ihrem Körper stattfindenden Strömungen auffassen, Die hier mitgetheilten Beobachtungen über die intracapsuläre Sarkode der Radiolarien erinnern an die interessanten Angaben Heidenhain’s!) üher den Bau der Epithelzellen in den gewundenen Canälchen der Niere; eine jede Zelle besteht hier zum grössten Theil aus kleinen Stäbchen, welche einander parallel und senkrecht zur Basement-Membrane gestellt sind, den Kern umhüllen und nur in dem nach dem Lumen des Canälchens gewandten Abschnitt von körnigem Protoplasma zusammen- gehalten werden; im frischen Zustand veranlassen die Stäbchen eine feine Streifung, mit Hilfe von Reagentien können sie von einander gelöst und isolirt werden. Vollkommen dieselben Zellformen treten auch in anderen drüsigen Organen auf, wie in der Schalendrüse und dem Nackenorgan der Cladoceren ?2); dass sie aber nieht auf Drüsen beschränkt sind, lehrt ihr Vorkommen in den Kiemen- blättern vieler Crustaceen, wie ich denn als ein ganz vortreflliches Object zum Studium und- zur De- monstration der Stäbchen die Kiemen von unserm gewöhnlichen Gammarus pulex empfehlen kann. Auch bei pflanzlichen Objeeten sind Stäbehen und prismatische Körper in der äussersten Protoplasma- lage, Strasburger’s Hautschicht, häufig aufgefunden worden und haben hier zum Theil jedenfalls die gleiche Bedeutung, wie bei den Thieren®). Alle diese Fälle, besonders diejenigen, welche sich auf die Drüsen beziehen, scheinen mir zu Gunsten der Art und Weise, in welcher ich oben die Struetur erklärt habe, zu sprechen; es ist klar, dass funetionirende Drüsenzellen beständig von Strömungen durchsetzt sein müssen, welche von der Basis der Zelle nach dem Canallumen verlaufen und die Secretstoffe nach aussen befördern; sie stehen in dieser Hinsicht unter denselben Bedingungen wie das Protoplasma der Radiolariencentralkapsel. Die Stäbchenstructur hängt daher nicht mit der secretorischen Function der Zelle unmittelbar zusammen, sondern nur insofern, als durch dieselbe constante und stets gleichgerichtete Bewegungserscheinungen hervorgerufen werden. Bei den grösseren Radiolarien, vielen Colliden (Taf. II), den Aulosphaeren, Aulacanthen und Coelodendren (Taf. X), ist das Protoplasma von Vacuolen durchsetzt, welche bei jeder Art nahezu gleich gross und ausserdem in gleichmässigen Abständen vertheilt sind. Diese Regelmässigkeit ist die Ursache, wesshalb sie früher für Blasen mit besonderen Membranen gehalten und dem entsprechend als Zellen gedeutet worden sind. Ausser Vacuolen treten im Protoplasma der Radiolarien Einschlüsse der mannigfachsten Art weit verbreitet auf. Von besonderem physiologischen Interesse sind die Biweisskugeln, sphaerische Körper, die völlig homogen, farblos und durchsichtig sind und den Protoplasmatropfen gleichen, die man beim Zerdrücken lebender Rhizopoden erhält. Am genauesten habe ich dieselben bei der Thalas- sicolla nucleata untersucht, bei welcher sie in der intracapsulären Sarkode in solchen Mengen 1) R. Heidenhain, Mikroskopische Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Nieren. Archiv für mikroskop. Anat. Bd.X, 8.1. 2) C. Claus, Zur Kenntniss des Baues und der Organisation der Polyphemiden. Denkschriften der Wiener Acad. math. naturw. Cl. XXXVII, 1. Abth., $. 149. Ders., Zur Kenntniss der Organisation und des feineren Baues der Daph- niden. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. XXVII, 8. 370. A. Weismann, Ueber Bau und Lebenserscheinungen von Lepto- dora hyalina. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. XXIV, S. 388. 3) Strasburger, Zellbildung und Zelltheilung. 2 Aufl. S. 61. 2. Die Morphologie des Weichkörpers. 341 liegen, dass sie nur durch dünne Brücken getrennt werden. Man kann sie hier am lebenden Thier an enucleirten Centralkapseln beobachten, durch Zerzupfen isoliren und mit Reagentien behandeln. Im letzteren Fall coaguliren sie zu einer dünnen Rindenschicht, welche einen Flüssigkeitsraum um- schliesst, oder sie platzen und verschwinden dann spurlos. Die Eiweisskugeln können entweder ohne besonderen Inhalt vorkommen, wie zum Beispiel bei den Cyrtiden (Taf. VII, Fig. 7), oder sie dienen als Ablagerungsstätten für anderweitige Stoffe. So liegt bei den Thalassieollen gewöhnlich in ihrem Centrum eine Coneretion, die in Säuren löslich ist und wahrscheinlich von einem Kalksalz gebildet wird, in ihrem Bau dagegen völlig einem Stärkekorn gleicht, oder anstatt einer Concretion findet sich eine Oelkugel vor. Bei den Sphaerozoiden ist die gesammte Eiweisskugel von fettigen Stoffen erfüllt, so dass das Ganze wie eine einfache Fettmasse aussieht; indessen kömmt auch hier das albuminoide Substrat zum Vorschein, wenn das Fett, was zur Zeit der Fortpflanzung geschieht, resorbirt wird; dann bleibt nämlich ein homogener durchsichtiger Körper übrig, in dem kleine und grössere Fettkörnchen eingeschlossen sind. Ob in ähnlicher Weise auch die bei anderen Radiolarien so häufigen Oelkugeln, welche direet in das Protoplasma eingebettet zu sein scheinen, ein aus Eiweiss bestehendes Substrat besitzen, lasse ich dahingestellt. Rücksichtlich der physiologischen Bedeutung der Oelkugeln hat Haeckel die Ver- muthung ausgesprochen, dass sie als hydrostatische Apparate fungiren, um den Radiolarien das Schwim- men zu erleichtern. Dies kann höchstens eine Aufgabe sein, welche die Oelkugeln nebenbei erfüllen; ihre Hauptaufgabe dagegen ist wohl zweifellos dieselbe wie auch sonst im Thierreich: sie sind auf- gestapelte Nährstoffe; daher werden sie auch bei der Schwärmerbildung aufgelöst und vertheilt, so dass jeder Keim seinen Antheil erhält. In ihrer Bedeutung ganz unaufgeklärt sind gewisse Coneretionen und Crystalle, die hier und da in der Classe der Radiolarien angetroffen werden. Am bekanntesten sind die kleinen wetz- steinförmigen Körper der Sphaerozoiden, die in gleicher Anzahl auftreten, als Kerne in der Centralkapsel vorhanden sind, und die bei der Fortpflanzung auf die Schwärmer übergehen. — Zu wiederholten Malen und zwar bei Radiolarien aus ganz verschiedenen Abtheilungen sind bisquitförmige Coneremente be- obachtet worden, über deren Constitution und Schicksal Nichts bekannt ist. Haeckel sah sie bei der Thalassosphaera bifurca, Krohn bei zwei Acanthometriden, ich selbst habe sie bei einem Haliomma erinaceus (Taf. IV, Fig. 1) und einer Acanthometra serrata gefunden. Ihre Grösse ist sehr verschieden und schwankte bei dem Haliomma zwischen Sa— 27 x; die Concretionen der Acanthometra waren noch kleiner. Den Coneretionen schliessen sich die grossen Crystalle der Collosphaera Huxleyi an, welche nach Joh. Müller wahrscheinlich aus Coelestin bestehen; merkwürdigerweise bleiben dieselben bei der Fortpflanzung nach der Entleerung der Schwärmer in den Centralkapseln zurück und sind daher wohl Stoffe, die als unbrauchbar ausgeschieden wurden. Endlich haben wir noch der gelben Pigmentkörperehen der Acanthometriden (Taf. I, Fig. 2b. 3. 8) zu gedenken, welche in dieser Familie fast allgemein vorkommen, während sie sonst fehlen. Haeckel hat dieselben schon früher für ächte Zellen erklärt; in der That ist es mir auch geglückt durch den Nachweis eines Kernes inmitten der feinen Pigmentkörnehen diese Ansicht weiter zu bestätigen; es verdient dies besonders aus dem Grunde Beachtung, weil die genannten Körper die einzigen individualisirten und wahrscheinlich auch von Membranen umschlossenen Zellen in der Central- kapsel sind. Nachdem wir im Obigen den Bau der Centralkapsel kennen gelernt haben, gehen wir noch Jen. Denkschriften II. 3. sl 242 Synthetischer Theii. mit wenigen Worten auf die Stellung ein, welche sie im Organismus der Radiolarien einnimmt. Haeckel hat wiederholt die Ansicht ausgesprochen, dass die Centralkapsel das Fortpflan- zungsorgan der Radiolarien sei, weil in ihr die Schwärmer zur Entwicklung kommen; er hat sie daher geradezu ein Sporan sium genannt. Dieser Auffassung kann ich nicht beistimmen, weil bei der Schwärmerbildung nicht allein der Inhalt der Centralkapsel, sondern auch die extracapsuläre Sarkode aufgebraucht wird, so dass der ganze Organismus an ihr gleichmässig betheiligt ist. Die Bezeichnung „Sporangium“ halte ich noch aus einem weiteren Grunde für ungeeignet; unter einem Sporangium verstehen wir ein Organ, das zum Zwecke der Fortpflanzung gebildet wird und deshalb auch nur während der Fortpflanzung vorhanden ist; beides trifft für die Centralkapseln der Radiolarien nicht zu. Dieselben finden sich schon zu einer Zeit, wo der Organismus noch einkernig ist und sich in keiner Weise auf den Zerfall in Schwärmer vorbereitet; sie sind somit ein von den Entwicklungszuständen unabhängiger Bestandtheil des Radiolarienkörpers, ja man kann sagen, sie sind der wesentlichste Theil dieses Körpers selbst, während die extracapsuläre Sarkode Niehts als eine Ausstrahlung des Kapsel- inhalts ist. Die Centralkapsel verhält sich zum extracapsulären Weichkörper ähnlich, wie das von der Schale umschlossene Protoplasma einer Thalamophore zu den nach aussen frei hervortretenden Pseudo- podien, welche bei manchen Arten, z. B. bei der Globigerina echinoides, ebenfalls eine Strecke weit in einer Gallertumhüllung verlaufen. Hiermit stimmt auch die mehrfach beobachtete Thatsache überein, dass eine enucleirte Centralkapsel für sich fortzuleben vermag und die Fähigkeit besitzt, die extra- capsulären Theile zu regeneriren, indem sie durch die Oeflnungen in ihrer Membran neue Sarkode- fäden aussendet. Durch den gemachten Vergleich ist schon ausgesprochen, dass ich der Ansicht Gegenbaur’s bin, welcher die Centralkapselmembran zu den Stützapparaten des Organismus rechnet; noch richtiger würde es sein, sie ein Schutzorgan zu nennen, denn durch sie wird ein Theil des Körpermaterials, die in den Oelkugeln enthaltenen Nahrungsmassen und vor Allem die Kerne, den Einflüssen der Aussen- - welt entzogen, welchen nur die aus der Centralkapsel hervortretende und die Nahrungsaufnahme vermit- telnde Sarkode ausgesetzt ist. b. Der extracapsuläre Weichkörper. Die Grundlage des extracapsulären Weichkörpers ist die Gallerte, welche die Centralkapsel allseitig als eine zweite schützende Hülle umgiebt; dieselbe ist völlig farblos und wasserklar, so dass bei frei im Wasser schwebenden Radiolarien ihre Begrenzung gar nicht oder doch nur sehr undeutlich erkennbar ist. Man kann sich jedoch die Contouren überall sofort zur Anschauung bringen, wenn man eine gefärbte Flüssigkeit zusetzt oder auch wenn man die Thiere heftig beunruhigt; im letzteren Falle werden die Pseudopodien eingezogen und hinterlassen auf der Oberfläche einen Ueberzug von Protoplasma, welcher diese dunkler erscheinen lässt; vielleicht findet gleichzeitig auch durch Wasser- austritt eine Verdichtung der Gallerte statt, welche das specifische Gewicht des Körpers erhöht und sein Sinken erleichtert. Die Consistenz der Gallerte ist nicht gross, aber immerhin bedeutend genug, um einige Zeit dem Druck eines aufgelegten Deckglases Widerstand zu leisten; bei der Thalassicolla nueleata, wo sie am beträchtlichsten ist, steht sie sogar nicht hinter der Festigkeit zurück, welche der Schwimmglocke der grossen acraspeden Medusen zukömmt. In Carmin und Haematoxylin färbt sich die Gallerte erst nach längerem Verweilen in der Flüssigkeit matt rosa oder violett, lässt aber weder gefärbt noch im 2. Die Morphologie des Weichkörpers. 243 frischen Zustand irgend welche feinere Structuren wahrnehmen, wie die radialen oder eoneentrischen Schichtungen, welche Haeckel zeitweilig an ihr beobachtet hat. Nur bei einigen Acanthometriden (Taf. I, Fig. 1; Taf. II, Fig. 4) verlaufen auf der Oberfläche zarte, nicht protoplasmatische Fäden, die wie die elastischen Fasern der Medusen die Bedeutung von Stützapparaten zu haben scheinen. Eigenthümlich für die Gallerte ist ferner ihre grosse Klebrigkeit, welche zur Folge hat, dass ihre Oberfläche sich mit allerlei Substanzen, mit denen sie in Berührung kömmt, beläd; es macht sich dies namentlich bei den aus dem Mulder stammenden Radiolarien in sehr unangenehmer Weise bemerkbar, da hier die anhaftenden Fremdkörper den Organismus nicht selten völlig verdecken und dann nur mit Mühe wieder entfernt werden können. Derartige inerustirte Thiere, bei denen die Begrenzung der Gallerte ganz besonders deutlich ist, sind übrigens keineswegs in allen Fällen todt, wie Joh. Müller annimmt, sondern können sich weiter entwickeln und Schwärmer bilden, wie ich es öfters bei Collozoen gesehen habe. Am reichlichsten ist die Gallerte bei den Sphaerozoiden, Colliden, Cyrtiden, Tripyleen und der Mehrzahl der Acanthometriden, während sie andererseits bei den Ethmosphaeriden und Ommatiden nur eine dünne Schicht vorstellt. Ihre Oberfläche ist gewöhnlich kugelig, selbst in den Fällen, wo die Centralkapsel und das Skelet wie bei den Cyrtiden anders gestaltet sind. Nur die Acanthometriden machen hiervon eine Ausnahme, da bei ihnen die Gallerte entsprechend den Stacheln zu den so- genannten Stachelscheiden (Taf. I u. II) ausgezogen ist. Diese stehen in Beziehung zu eigen- thümlichen kleinen Apparaten, den „Gallerteilien“ der Autoren oder den contractilen Fäden ff), welche in ihrem Vorkommen auf die Familie der Acanthometriden beschränkt sind und hier im An- schluss an die Stachelscheiden gleich besprochen werden mögen. Die contractilen Fäden sind im Gegensatz zu den Pseudopodien, die wechselnd ausgestreckt und eingezogen werden, constante Organe, die in bestimmter Anordnung und wahrscheinlich auch in einer für jede Art bestimmten Zahl auftreten. In Kränzen von 5—80 Stück umgeben sie die Stacheln, indem sie mit einer etwas verbreiterten Basis auf dem Ende der Gallertscheide sitzen und mit einer haarfeinen Spitze sich an den Stacheln selbst befestigen; sie sind völlig homogen und verkürzen sich wie Muskelfibrillen unter gleichzeitiger Zunahme ihres Querschnitts im Verlauf ihrer auf äussere Reize hin erfolgenden Contractionen. Waren letztere nur schwach, so verlängern die eontractilen Fäden die zugehörige Stachelscheide; bei starken Zuekungen dagegen verlieren sie ihre Befestigung am Stachel und schrumpfen zu dieken kurzen Cylindern mit schräg abgestutzten peripheren Enden zusammen. Ziehen wir noch weiter in Betracht, dass sie nirgends mit dem Protoplasma in Continuität stehen, so kommen wir zu dem Resultat, dass die contraetilen Fäden Differenzirungsproduete des Protoplasma sind, welehe, wie schon im analytischen Theil hervorgehoben wurde, mit den Muskelstreifen der In- fusorien in dieselbe Kategorie gehören. Bei einer einzigen Art, dem Acanthochiasma rubescens (Taf. II, Fig. 7), fand ich die Fäden eines Kranzes durch eine contractile Membran ersetzt, welche man sich dadurch entstanden denken kann, dass jene seitlich mit einander verschmolzen sind. Sowohl die contractilen Fäden als auch die von Meyen und Huxley ganz richtig beobachtete Gallerte sind von Joh. Müller für Leichenerscheinungen erklärt worden; beim Tode sollen die Pseudopodien der Radiolarien „durch eine gallertige Aussehwitzung, welche im frischen und lebendigen Zustand nicht vorhanden ist, verhüllt werden“, und nur bei den Acanthometriden sollen sie in der Form der Gallerteilienstümpfe noch weiter erkennbar bleiben. In ähnlicher Weise äusserte sich Haeckel, wenn er auch zugab, dass eine gallertige Umwandlung der Pseudopodien und der extracapsulären Sarkode auch auf äussere Reize hin während des Lebens eintreten und nach einiger Zeit wieder rück- 31 244 Synthetischer Theil. gängig gemacht werden könne. Von der Irrthümlichkeit dieser Anschauungen kann man sich leicht überzeugen; denn man kann bei Thieren, bei welchen zweifellos eine Gallertsehicht existirt, in dieser die Sarkodefäden erkennen und an ihnen Körnchenströmung nachweisen; ebenso findet man auch nach der Behandlung mit Reagentien die Fäden als deutlich gesonderte Gebilde in der Gallerte vor, was nieht der Fall sein dürfte, wenn diese aus jenen entstanden wäre. Dass endlich die contractilen Fäden weder mit den Pseudopodien etwas zu thun haben, noch aus derselben Substanz wie die Gallerte bestehen, das geht aus dem, was ich hierüber im analytischen Theil gesagt habe, zur Ge- nüge hervor. In die Gallerte ist die extracapsuläre Sarkode eingebettet; ihr ansehnliehster Theil liegt als sogenannter „ Pseudopodienmutterboden“ auf der Oberfläche der Centralkapselmembran und bildet hier bald eine dieke trübkörnige Schicht, wie bei den Sphaerozoiden, Colliden und namentlich allen Tripyleen, bald einen dünnen kaum wahrnehmbaren Ueberzug wie bei den Acanthometriden und vielen Ommatiden; er kann scehwärzliches, bläuliches oder bräunliches Pigment enthalten; doch ist dies im Allgemeinen selten. In seiner Vertheilung auf der Oberfläche der Centralkapsel ist der Pseudopodienmutterboden von der Structur der Kapselmembran abhängig; wird diese, wie es meistens der Fall ist, an allen Stellen ringsum von Poren durchsetzt, so ist auch er in Form einer überall gleichmässig starken Lage ausgebreitet; dagegen häuft er sich bei allen Radiolarien, bei denen nur an einer beschränkten Stelle eine Communication nach aussen durch das Porenfeld ermöglicht wird, also bei den Cyrtiden, Acanthodesmiden und Plagiacanthiden, am oralen Ende an; bei den Tripyleen endlich ist die Haupt- öffnung von besonders diehten und trüben Sarkodemassen umhüllt, während die durch die Neben- öffnungen gekennzeichnete Centralkapselhälfte von einer nur dünnen Schicht bedeckt wird. Von dem Pseudopodienmutterboden aus gehen Sarkodenetze in die Gallerte und durchsetzen dieselbe, wenn sie nur irgend wie bedeutender ist, nach allen Richtungen; sie sind meist frei von Pigmentkörnern selbst in den Fällen, wo diese die Hüllschicht der Centralkapsel ganz erfüllen; doch kann das Pigment auf äussere Reize hin, den Fäden folgend, durch den ganzen extracapsulären Weich- körper wandern. Die Gallerte und die extracapsuläre Sarkode sind bei den polyzoen Radiolarien (Taf. II, Fig. 12) das Gemeingut der Colonie, so dass man den Bau derselben kurz in folgender Weise dar- stellen kann. In einer Gallertmasse liegen zahlreiche Centralkapseln vereint; jede derselben wird von ihrem Pseudopodienmutterboden umgeben; alle hängen unter einander durch dichte, hier ganz be- sonders stark entwickelte Sarkodenetze zusammen und stehen durch diese in beständigem Nahrungs- austausch. Dieses letzteren Umstands wegen hat Haeckel versucht, die Colonieen der Sphaerozoiden als einen einzigen Organismus zu deuten oder wenigstens diese neue Auffassung als gleichberechtigt neben die alte Auffassung der Polyzoen als Colonieen hinzustellen; er wurde hierzu ausserdem noch dadurch veranlasst, dass er die Centralkapseln nur für Organe der Radiolarien, für Sporangien, hielt. Ein jeder, welcher jedoch, wie ich, in den Centralkapseln der Radiolarien nicht einfache Organe, son- dern die wichtigsten Theile ihres Körpers erblickt, wird diesen Auffassungen Haeckel’s nicht bei- stimmen können, sondern die Sphaerozoiden nach wie vor für ächte Colonieen erklären und sie nicht Polyeyttarien, sondern Polyzoen nennen. Die Einzelthiere sind gewöhnlich in den oberflächlichsten Schichten der Gallerte vertheilt; bei Beunruhigung ziehen sie sich jedoch in’s Innere zu einem kugeligen Haufen zusammen; dasselbe tritt 2. Die Morphologie des Weichkörpers. 245 auch ein zur Zeit der Fortpflanzung durch Schwärmer und hat stets zur Folge, dass die ganze Colonie zu Boden sinkt. Die extracapsulären Sarkodenetze der Radiolarien sind befähigt, durch Ansammlung von Flüssig- keit in ihrem Verlaufe Vacuolen zu erzeugen, wie sie auch sonst im Protoplasma anderer Rhizo- poden vorkommen; es gilt dies namentlich für die Arten mit einer aussergewöhnlich reichlichen Gallerte, für die Mehrzahl der grossen monozoen Colliden und Tripyleen und für alle polyzoen Sphaerozoiden. Der flüssige Inhalt wird hierbei von einer dünnen membranartig aussehenden Protoplasmaschicht um- hüllt und so von der umgebenden Gallerte getrennt. Die Zahl der Vaeuolen ist am ansehnlichsten bei den Thalassicollen, wo sie im Umkreis der Centralkapseln in zahlreichen Schichten übereinander liegen; bei den Sphaerozoiden ist sie geringer; dafür können aber einige Vacuolen hier sanz besonders grosse Durchmesser erreichen; dieselben nehmen dann das Centrum der Colonie ein und sind nach aussen von den Centralkapseln bedeckt. Während die Vacuolen schon von Huxley richtig aufgefasst und mit den Vacuolen der Rhizo- poden und Infusorien auf geiche Stufe gestellt wurden, sind sie von Joh. Müller und in Ueberein- stimmung mit diesem, wenn auch weniger bestimmt, von E. Haeckel für Zellen mit besonderen Membranen gehalten worden; es war dies eine nothwendige Consequenz der von beiden Forschern vertretenen Ansicht, dass beim lebenden Thiere keine Gallerte existire; wie hätten da die kugeligen Hohlräume bestehen können, wenn sie nicht ihre Hüllen besässen. Ich will nun keineswegs in Abrede stellen, dass unter Umständen die Vacuolen sich auch mit einer eigenen vom Protoplasma unter- schiedenen Membran umgeben können, wie ich es selbst für die grosse centrale Vacuole einer Collo- sphaera wahrscheinlich gemacht habe; die Regel ist es aber jedenfalls nicht. In den meisten Fällen sind die von J. Müller und E. Haeckel beschriebenen Membranen nichts als die protoplasmatischen Wandbelege der im Uebrigen frei in die Gallerte eingebetteten Flüssigkeitsräume; man kann ihren Zu- sammenhang mit den Fäden des Sarkodenetzes nachweisen; man kann ferner sich davon überzeugen, dass die Vacuolen vielfach vorübergehender Natur sind, indem sie auf Reize hin verschwinden. So haben die Sphaerozoiden, welche mit dem pelagischen Mulder zu Boden fallen, entweder gar keine oder doch nur wenige Vaeuolen; bei der Thalassicolla nucleata habe ich sogar bei Loupenbetrachtung das Kommen und Verschwinden des äusseren grossblasigen Vacuolensaumes verfolgen können, wobei das Verschwinden stets durch Erschütterungen des Wassers verursacht wurde und dem Sinken des Organismus vorausging. Möglicherweise sind daher die besprochenen Bildungen hydrostatische Apparate. Aus den Netzen der extracapsulären Sarkode entspringen an der Oberfläche der Gallerte die von Joh. Müller und Claparede entdeckten und später von E. Haeckel genauer beschriebenen Pseudopodien. Dieselben strahlen nach allen Richtungen hin radienartig aus und sind im Allge- meinen sehr zahlreich, äusserst fein und bald mit kleinen Körnchen übersäet, bald arm an solchen ; endlich sind sie auch befähigt, sich zu verästeln und unter einander zu anastomosiren; letzteres findet viel seltener Statt als bei den meisten Thalamophoren; doch liegt dies wohl im Wesentlichen daran, dass die Pseudopodien meist eine genau radiale Richtung einhalten und daher wenig Gelegenheit haben, um mit einander zu verschmelzen. Bei den Pseudopodien der Acanthometriden (Taf. I und II) ist eine feinere Structur wahr- zunehmen, analog derjenigen, welche von M. Schultze zuerst beim Actinosphaerium Eichhorni be- obachtet und später von anderen Forschern bei einer ganzen Anzahl von Heliozoen wiedergefunden wurde. Die sehr regelmässig gestellten, gewöhnlich auffallend spärlichen Pseudopodien, zeichnen sich durch grosse Starrheit und durch den Mangel von Anastomosen aus und bestehen aus einem Axen- 246 Synthetischer Theil. faden und einer Rindenschicht (Taf. IT, Fig. 11), ersterer ist homogen und dringt, wie schon Greeff vermuthete, geraden Wegs in das Innere der Centralkapsel ein, wo er bei der durchsichtigen Acantho- metra elastica (Taf. I, Fig. 2a) bis an das Stachelkreuz heran verfolgt werden kann. Die Rindenschicht ist ein dünner aus der extracapsulären Sarkode stammender Ueberzug, welcher allein Körnchen enthält und stellenweise zu Varicositäten anschwillt. Aehnliche Structurverhältnisse kehren vielleicht auch bei anderen von mir hierauf hin nicht genauer untersuchten Radiolarien wieder, wie 2. B. bei den Sphaerideen und Diseiden, bei welchen die Pseudopodien ebenfalls ab und zu starr und lanzenartig aussehen. Dagegen kann das Gesagte nicht für alle Radiolarien verallgemeinert werden; namentlich glaube ich mit aller Sicherheit behaupten zu können, dass die Pseudopodien der Sphaerozoiden, Colliden, Cyrtiden und Tripyleen keine Axenfäden besitzen, da sie hier niemals direct die Gallerte durchsetzen, sondern aus den Sarkodenetzen derselben hervorgehen. Bei der eigenthümlichen Art, in welcher bei den Tripyleen und Cyrtiden die intra- und extracapsuläre Sarkode zusammenhängen, ist es nicht einmal denkbar, dass hier Axenfäden, welche in die Centralkapsel eindringen, vorhanden sind. An die bisher betrachteten Bestandtheile des extracapsulären Weichkörpers schliessen sich endlich noch die gelben Zellen an, Elemente, deren Stellung im Organismus der Radiolarien noch sehr zweifelhaft ist und die ich im analytischen Theil ganz unberücksichtigt gelassen habe, in der Ab- sieht, im synthetischen Theile sie im Zusammenhang zu besprechen. Die gelben Zellen der Radiolarien, welche von Huxley bei den Colliden und Sphaerozoiden entdeckt wurden, zeigen überall den gleichen, schon von Haeckel völlig richtig dargestellten Bau; sie haben eine feste Membran, einen gelb gefärbten protoplasmatischen Inhalt und in diesem einen runden homogenen Kern, um welchen herum ausser Pigmentkörnern noch einige stark lichtbrechende Körperchen liegen, welche mit Jod behandelt sich violett färben und daher vielleicht aus Stärke be- stehen; hierzu können sich ab und zu noch kleine Oelkugeln gesellen. Die Zellen vermehren sich durch einfache Quertheilung, die schon von J. Müller beobachtet und später genauer von Haeckel beschrieben wurde; demnach strecken sie sich und zerfallen dureh bisquitförmige Einsehnürung in zwei sich mit neuen Membranen umgebende Stücke; gestützt auf Carminosmiumpräparate kann ich weiter noch hinzufügen, dass der Kern ebenfalls sich bisquitförmig einschnürt und in zwei Tochterkerne theilt. Seit Huxley wurden die gelben Zellen allgemein für integrirende Bestandtheile der Radiolarien- organisation gehalten; erst Cienkowski hat gegen diese Auffassung Zweifel erhoben und die Ver- muthung ausgesprochen, dass man es vielleicht nur mit pflanzlichen Parasiten zu thun habe; er wurde hierzu durch die eigenthümliche Beobachtung veranlasst, dass die gelben Zellen der Sphaerozoiden auch nach dem Tode ihres Trägers am Leben bleiben, dass sie sich mit Schleimmembranen umhüllen, nach einiger Zeit dieselben verlassen und sich nun im freien Zustand mehrfach hintereinander theilen. In meiner früheren Arbeit habe ich an der alten Ansicht festgehalten, einestheils weil ich wiederholt kleine gelbe Körperchen aufgefunden habe, die mir Entwicklungszustände gelber Zellen zu sein schienen, anderntheils weil ich häufig verfolgen konnte, dass die gelben Zellen an der Auflösung sämmtlicher Protoplasmaeinschlüsse, welche sich während der Schwärmerbildung vollzieht, Theil nehmen. In Folge der Ausdehnung meiner Untersuchungen über zahlreichere Familien, bin ich in der Be- urtheilung der gelben Zellen wieder schwankend geworden; da ich aber diesem strittigsten Punkt in der Morphologie der Radiolarien nicht die nöthige Aufmerksamkeit geschenkt habe, möchte ich die auf- geworfene Frage weder nach der einen noch nach der anderen Seite hin entscheiden und beschränke 3. Die Morphologie des Skelets. 247 mich hier, auf zwei Punkte aufmerksam zu machen, welche für die parasitische Natur der gelben Zellen sprechen. Erstens existiren die gelben Zellen schon bei Organismen, welche nur einen einzigen Kern besitzen, z. B. bei Thalassieollen mit einem Binnenbläschen, in welchem sogar noch der Nucleolus einfach und ungetheilt ist. Wollten wir hier annehmen, dass die gelben Zellen zum Thiere gehören, so würde die Herkunft ihrer Kerne unerklärlich sein; wir müssten uns dann schon zur Hypothese ent- schliessen, dass letztere selbständig und unabhängig vom Binnenbläschen, dem einzig vorhandenen Kerne, in der extracapsulären Sarkode entstanden sind. Ein solcher Vorgang ist mir persönlich sehr unwahrscheinlich, da gerade die neusten Untersuchungen über die Kerntheilung die Continuität der Kerngenerationen immer mehr und mehr sicher stellen. Zweitens spricht gegen die Zugehörigkeit der gelben Zellen zum Körper der Radiolarien der Umstand, dass ihre Verbreitung, auch wenn wir von den Acanthometriden absehen, eine beschränkte ist. Leider habe ich während meines Aufenthalts am Meere nicht die genügenden Notizen gesammelt, um hier erschöpfende Angaben zu machen; indessen kann ich mit Bestimmtheit versichern, dass die gelben Zellen bei vielen Radiolarien fehlen. So habe ich vergebens nach ihnen bei den Heliosphaeren, Arachnosphaeren und den beiden Thalassolampen gesucht; die gelben unregelmässig contourirten Körper, welche bei einigen der genannten Arten, keineswegs aber bei allen vorkommen und von Haeckel für Zellen gehalten wurden (Taf. II, Fig. 5; Taf. V, Fig. 2), besitzen nicht diese Bedeutung, wie schon im analytischen Theile hervorgehoben wurde; ebenso habe ich bei keiner einzigen Diseide gelbe Zellen gesehen, womit übereinstimmt, dass auch Haeckel sie nirgends bei denselben abgebildet hat. Der besprochene Punkt scheint mir aber von besonderer Wichtigkeit, da man in einem so wesentlichen Theile der Organisation bei so nahe verwandten Thieren wie den Colliden, Heliosphae- riden ete. übereinstimmende Verhältnisse erwarten sollte. 3. Die Morphologie des Skelets. Bei der Besprechung des Weichkörpers der Radiolarien ist es uns möglich gewesen, bei sämmt- lichen Familien so zahlreiche und wichtige Eigenschaften nachzuweisen, dass wir berechtigt sind, alle Organisationszustände als Modificationen einer gemeinsamen Grundform zu betrachten. Eine gleiche Auffassung lässt sich für das Skelet nicht durchführen, bei welchem, selbst wenn wir von den skelet- losen Arten ganz absehen, kein einziger Charakter durch die ganze Reihe hindurch ver- folgt werden kann. Weder die chemische Constitution, noch die Form der Skelettheile, noch das Prineip ihrer Anordnung sind innerhalb der Classe constant, während sich bei der so häufig mit ihr verglichenen Classe der Thalamophoren fast für alle diese Merkmale gemeinsame Gesichtspunkte auf- stellen lassen. Bei den Radiolarien hat sich unzweifelhaft das Skelet mehrfach entwickelt, so dass wir gezwungen sind von Anfang an einzelne von einander unabhängige Typen auseinander zu halten und getrennt zu behandeln; wir unterscheiden hierbei zunächst zwischen den kieseligen und den nicht aus Kiesel bestehenden Skeleten. a. Skelete, welche nicht aus Kiesel bestehen. Acanthinskelete. Stachelskelete. Während Joh. Müller allen Radiolarien Kieselskelete zuschrieb, hat Haeckel zuerst die wichtige Thatsache entdeckt, dass die Skelete der Acanthometriden und Dorataspiden (unserer Acantho- 248 Synthetischer Theil. phractiden) von einer Substanz gebildet werden, welche in vielen Säuren und Alkalien löslich ist, beim Glühen zerstört wird und daher als ein eigenthümlicher organischer Körper, dem er den Namen „Acanthin“ gab, angesehen werden muss. Die Tragweite dieser Entdeckungen beeinträchtigte er jedoch selbst durch die Annahme, dass die Acanthinstacheln mancher Acanthometriden später verkieseln möchten und dass somit das Acanthin nur der Vorläufer oder das Substrat für die Kieselablagerung sei; so sollen die Stacheln der Acanthochiasmen, Lithopteren und Haliommatidien aus Kieselsäure bestehen und auch bei den Amphilonchen sollen sie bei der Alterszunahme schwerer löslich werden. Glühversuche habe ich nicht angestellt, dagegen habe ich beobachtet, dass die Skelete aller Acanthometriden, Acanthophractiden und Diploconiden mit Einschluss der von Haeckel ausgenom- menen Arten in Osmiumsäure, Schwefelsäure, Salzsäure, Salpetersäure, Essigsäure und Kalilauge löslich sind. Um dies zu beweisen bedarf es weder der Erwärmung noch der Anwendung von Reagentien im eoncentrirten Zustand; vielfach schienen mir sogar schwache Lösungen intensiver und schneller zu wirken als starke. Hierzu kömmt noch als eine zweite wichtige Eigenthümlichkeit das Lichtbre- chungsvermögen der Acanthinskelete, welche in Glycerin stets deutlich eontourirt bleiben, während die Kieselskelete der übrigen Radiolarien in dieser Flüssigkeit nahezu unsichtbar werden. Müssen die Skelete der Acanthometriden und Acanthophractiden schon wegen ihrer differenten chemischen und physikalischen Beschaffenheit für sich besonders behandelt werden, so charakterisiren sie sich ferner noch durch ihre morphologische Gleichartigkeitals ein einheit- licher Typus. Ausnahmslos setzen sie sich nämlich aus zwanzig radial gestellten und im Mittel- punkt der Centralkapsel vereinten Stacheln zusammen (Taf. I und I), so dass man sie auch im Gegen- satz zu den übrigen Radiolarienskeleten, bei welchen eine solche Anordnung nicht existirt, als Stachel- skelete bezeichnen kann. Die centrale Vereinigung kömmt zu Stande, indem sich, wie schon Müller und Haeckel gezeigt haben, die Stacheln entweder mit keilförmig zugespitzten Enden aneinander- lagern, oder indem sie gemeinsam zu einer kleinen Kugel verschmelzen, oder indem je zwei, welche in denselben Durchmessern liegen, mit einander verwachsen, so dass dann zehn beiderseits aus der. Centralkapsel hervorragende und im Centrum sich kreuzende Stacheln gebildet werden. Alle zwanzig Stacheln der Acanthometriden und Acanthophraetiden sind nach dem Müller ’- schen Gesetz angeordnet, welches von Joh. Müller zuerst für einige Arten erläutert, in seiner Allgemeingiltigkeit für die Acanthometriden und Acanthophractiden aber erst von Haeckel nach- gewiesen wurde. Diesem Gesetz zufolge stehen die Stacheln jedesmal zu vier in fünf Kreisen, welche man mit den fünf die Erdoberfläche eintheilenden Kreisen vergleichen kann: in einem aequatorialen Kreis, zwei Tropenkreisen und zwei polaren Kreisen; sie sind völlig solide Gebilde und nach ihrer Gestalt entweder drehrund oder vierkantig, während dreikantige Stacheln, wie sie den übrigen Radio- larien fast ausschliesslich zukommen, niemals beobachtet werden. Bei manchen Acanthometriden sind die vier aequatorialen Stacheln oder auch nur zwei derselben kräftiger als die übrigen und können dann als Hauptstacheln von den übrigen unterschieden werden; dies ist in sofern von Wichtigkeit als das seiner Anlage nach durchaus homaxone Skelet hierdurch zu einem monaxonen umgeformt wird. Schon bei manchen Acanthometriden (Taf. II, Fig. 4) gehen seitliche, tangential ge- richtete Fortsätze von den Stacheln ab; von grösserer morphologischer Bedeutung werden die- selben aber erst bei den Acanthophractiden (Taf. I, Fig. 6), bei welchen sie zur Bildung von Gitter- kugeln Veranlassung geben, indem sie sich alle in einer gemeinsamen Kugelebene ausbreiten, sich verästeln und unter einander zu Gittermaschen vereinen. Die fertigen Gitterkugeln lassen diesen Bil- dungsmodus daran erkennen, dass sie aus so viel getrennten Stücken — den Gittertafeln Haeckel’s — v 3. Die Morphologie des Skelets. 249 bestehen, als Stacheln vorhanden sind. Hierdurch, sowie durch ihre gesammte Genese und ihre che- mische Zusammensetzung unterscheiden sie sich von den kieseligen Gitterkugeln der Sphaerideen, welche gleichsam wie aus einem Guss sind und niemals radiale im Centrum zusammenstossende Stacheln besitzen. Die Wichtigkeit dieses Unterschieds haben Haeckel und Joh. Müller nicht genügend ge- würdigt. Denn obwohl sie die im Bau wie in der Entwicklung zu Tage tretenden Beziehungen der secundären Gitterkugeln der Acanthophraetiden zu den Stachelskeleten der Acanthometriden völlig richtig erkannten, brachten sie jene gleichwohl mit den primären Gitterkugeln der Sphaerideen in dieselbe Kategorie; erst in der Neuzeit hat Haeckel die Acanthophractiden von den Sphaerideen hinweg zu den Acanthometriden gestellt. Da auch das Skelet der Diploeoniden aus dem der Acanthometriden abgeleitet werden muss, so komme ich zu dem Resultat, dass allen Acanthinskeleten ein gemeinsamer Bauplan zu Grunde liegt, der sich in der Gattung Acanthometra in seiner einfachsten Form offenbart; derselbe kann sich eomplicirter gestalten, indem eine oder mehrere Gitterkugeln im Anschluss an die Stacheln 'entstehen, muss aber auch dann noch von den Typen, welche bei den Kieselskeleten auftreten, scharf ge- trennt werden. b. Skelete, welche aus Kieselsäure bestehen. Alle Kieselskelete sind sofort daran zu erkennen, dass sie das gleiche Lichtbrechungsvermögen wie Glycerin haben und daher in dasselbe eingebettet fast vollkommen verschwinden. Ausserdem bleiben sie selbst in ihren feinsten Theilen ganz unverändert, wenn man sie mit den schon oben ge- nannten Säuren kocht. Morphologisch betrachtet sind die Kieselskelete so mannigfaltig, dass es unmöglich ist sie auf eine einzige Grundform zurückzuführen; da die einzelnen Stücke, aus welchen sie sich zusammen- setzen, bei einem Theil solid, bei einem anderen hohl sind, so erhalten wir zwei Hauptgruppen, inner- halb welcher noch ausserdem eine Anzahl unabhängiger Typen unterschieden werden müssen. a. Kieselskelete, welche sich aus soliden Stücken zusammensetzen. Unter den soliden Kieselskeleten, welche bei den Radiolarien am weitesten verbreitet sind und namentlich in fossilen Ablagerungen fast ausschliesslich auftreten, begegnet man zahlreichen Formen, welche überhaupt keinem bestimmten Typus untergeordnet werden können; es sind dies die Anfänge zu Skeletbildungen, welche keine höhere Entwicklung erfahren haben. Hierher gehören vor Allem die Nadeln der Golliden und Sphaerozoiden, welche lose und vorwiegend in tangentialer Richtung zur Centralkapsel in der extracapsulären Sarkode zerstreut sind; vielleicht gehört hierher auch das Skelet der Plagiacanthiden (Taf. VII, Fig. 6) mit seinen drei Stacheln, die wie die Kanten einer dreiseitigen Pyramide gestellt und an einem Ende verwachsen sind; letzteres könnte möglicherweise auch als ein Vorläufer der Cyrtoidschalen, bei welchen ebenfalls drei von einem Punkte aus ent- springende Stacheln vorkommen, angesehen werden; allein zur Zeit fehlen noch die Uebergangsformen, welche zur Begründung der hier geäusserten Vermuthung nothwendig sind. Alle nach Ausschluss jener wenigen Formen übrigbleibenden Skelete bilden drei natürliche Gruppen: 1. die Sphaeroidskelete, 2. die Cyrtoidskelete, 3. die Crieoidskelete. 1. Sphaeroidskelete. In der Art, in welcher ich die Gruppe der Sphaeroidskelete umgrenze, weiche ich nicht un- wesentlich von Haeckel ab; ich schliesse von ihr alle Skelete der Acanthophractiden, Aulosphaeriden Jen. Denkschriften II. 3. 32 250 Synthetischer Theil. und Coelodendriden aus, die ersteren, weil sie nicht aus Kieselsäure bestehen und weil sie der Ver- einigung von anfänglich getrennten Stücken ihren Ursprung verdanken, die beiden letzteren, weil ihre Einzeltheile hohl sind; dafür bereichere ich die Gruppe mit den Discoid- und Spongoidschalen Haeckel’s. Die Sphaeroidskelete (Taf. IV. V. VD) sind Gitterschalen, welche dauernd oder doch ihrer Anlage nach kugelig sind, und deren Kieselmasse nicht von Hohlgängen durchsetzt wird; sie werden aus einem einzigen Stück gebildet und treten von Anfang an als ein Ganzes in die Erscheinung, wie ich dies auch für die Gitterkugeln der Heliozoen (Clathrulina) früher geschildert habe. Niemals hat man an ihnen, wenn man von den Anhängen des Skelets, den Stacheln und ihren Ausläufern, absieht, ein successives Entstehen, ein Zusammenwachsen von getrennten Centren aus beobachtet. Auf ihren feineren Bau untersucht zeigen die Schalen eine sehr verschiedenartige Gitterung. Bei den meisten Ethmosphaeriden (Taf. V, Fig. 1. 2. 7), welche ich geneigt bin, für die ursprünglichsten Formen zu halten, findet sich ein hexagonales Maschenwerk von sehr zarten Kieselstäbehen; bei au- deren Sphaerideen, vielen Ommatiden, sind die Stäbchen verbreitert und die Ecken der Sechsecke abgerundet, so dass kreisförmige Oefluungen entstehen, welche nach demselben Princip wie die hexa- gonalen Maschen vertheilt sind; hierbei können auf den breiten Skeletbrücken, welche die Oeflnungen trennen, noch leistenförmige Erhabenheiten verlaufen, welche sich unter einander zu Sechsecken ver- einigen und daher an die Stäbchen der Ethmosphaeriden erinnern (Taf. IV, Fig. 9). Endlich giebt es viele Schalen, deren Gitterung vollkommen unregelmässig ist (Taf. IV, Fig. 1). Entweder ist nur eine Gitterkugel vorhanden (Ethmosphaeriden) oder die Zahl derselben be- trägt zwei und darüber; in letzterem Falle sind sie durch radiale Stäbe unter einander verbunden, welche sich von den Stacheln der Acanthophractiden dadurch unterscheiden, dass sie im Centrum des ganzen Skelets nicht zusammentreffen, sondern an der innersten Gitterkugel beginnen (Taf. IV). Diese nimmt als Ausgangspunkt der radialen Stäbe eine wichtige Stellung im ganzen Skelet ein und wird daher zweckmässig als „Markschale“ („Nucleus“ Joh. Müller) allen übrigen Gitterkugelu als den „Rindenschalen“ gegenüber gestellt. Beide Namen stammen von Haeckel, wurden aber von demselben in einem anderen Sinne angewandt, als es hier geschehen ist. Haeckel nennt Markschalen alle intracapsulären Gitterkugeln; daher gelten für ihn als Markschalen sowohl die beiden inneren von den drei Gitterkugeln des Actinomma (Taf. IV, Fig. 4) als auch die überhaupt nur in Einzahl ver- tretene Gitterkugel des Cladocoeeus. Ich meinerseits halte die Bezeichnungsweise nach den Lage- beziehungen zur Centralkapsel für unzweckmässig, weil dieselbe Gitterkugel bei derselben Art je nach der Grösse der Centralkapsel bald innerhalb bald ausserhalb liegen kann. Ausser den Gitterkugeln, welche die Grundlage der Sphaeroidskelete abgeben, müssen noch die radialen Anhänge oder Stacheln erwähnt werden, welche sich bei den meisten Arten von der Oberfläche der äussersten Rindenschale erheben; dieselben fallen bei der Anwesenheit von Verbindungs- stäben zum Theil in deren Verlängerung und zeichnen sich dann gewöhnlich als Hauptstacheln durch grössere Stärke vor den übrigen als den Nebenstacheln aus. Hauptstacheln wie Nebenstacheln sitzen mit Vorliebe an Stellen, wo drei Gitterbrücken zusammenstossen, und sind in Folge davon meist drei- kantig, indem eine jede Kante in eine Gitterbrücke ausläuft (Taf. V, Fig. 2 u. 7). Ihre Anordnung .und Zahl wird nach Haeekel bei manchen Radiolarien von dem Müller’schen Gesetz bestimmt, wofür die von mir beobachteten Arten jedoch keine Beispiele geliefert haben. Unter einander können sich die Stacheln durch Kieselfäden verbinden, welche sich in ein oder mehreren Kugelebenen ausspannen und so ein oder mehrere kugelige Netze erzeugen (Taf. V, Fig. 2); 3. Die Morphologie des Skelets. 251 dieselben hat Haeckel mit den Gitterkugeln auf gleiche Stufe gestellt, obwohl er selbst nachgewiesen hat, dass sie erst successive von den Stacheln aus gebildet werden, indem Fortsätze in tangentialer Riehtung hervorwachsen und unter einander verschmelzen; ich glaube aber, dass man sie als secun- däre Bildungen scharf von den primären Theilen des Skelets unterscheiden muss, und bezeichne sie daher nicht als Rindenschalen, sondern als Kieselnetze. Nicht überall ist der sphaeroidale Typus so schön wie bei den bisher betrachteten Skeletformen entwickelt, sondern er ist mancherlei Abänderungen unterworfen, welche zum Theil un- bedeutend sind, zum Theil aber ihn fast zur Unkenntlichkeit umwandeln können (Taf. VD. Gering- fügige Abänderungen erblicke ich in der linsenförmigen Abplattung der Rindenschale, welche von Haeckel bei der Gattung Heliodiscus beobachtet worden ist; in einer tiefer greifenden Weise sind die Skelete der Tetrapylen umgestaltet, bei welchen zwei Seiten der Rindenschale gleichsam ein- gedrückt sind und zwei Querbrücken bilden, welche vom Rest der Gitterkugel durch vier (2 x 2) grosse Oeffnungen getrennt werden (Taf. IV, Fig. 7; Taf. VI, Fig. 2 u. 5). Wie in Folge dessen die Schale nicht in sich zum Abschluss kömmt und in zwei senkrecht auf einander stehenden Ebenen weiter wächst, ist im analytischen Theile erläutert worden (cfr. S. 52). Am meisten verläugnen den ihnen zu Grunde liegenden Sphaeroidtypus die Diseoidschalen; Haeckel hat sie daher auch in einer besonderen Gruppe zusammengefasst, obwohl er die Möglichkeit in Erwägung zog, dass sie aus Kugelskeleten abzuleiten seien. Letzteres ist nach meiner Ansicht in der That der Fall und zwar schlagen die Skelete der Lithelien die Brücke von den normal ent- wieckelten Sphaeroidschalen zu den Discoidschalen. Bei den Lithelien (Taf. VI, Fig. 4 u. 6) sind zwei Gitterkugeln vorhanden; von denselben ist die Markschale im Wesentlichen wie bei den Ommatiden beschaffen; die Rindenschale dagegen ist an einer Stelle durch eine Oeffnung unterbrochen, wobei der eine Rand der Öeffnung der Markschale näher liegt und somit einen kürzeren Krümmungsradius hat als der andere Rand. Dieser vergrössert sich in spiraler Richtung weiterwachsend und erzeugt eine nach den Arten verschieden grosse Anzahl Spiralwindungen, von welchen eine jede die vorhergehende allseitig umhüllt. Mit den Lithelien stimmen die Diseiden darin überein, dass sie eine kugelige Markschale und eine unbegrenzt in der Spirale fortwachsende Rindenschale besitzen; dagegen kommt bei ihnen als ein neues Moment die linsen - oder scheibenförmige Abplattung des Skelets hinzu. Wenn wir die Ebene, in welcher die Spiralwindungen der Rindenschale aufgewickelt sind, die Spiralebene und die Ebene, in welcher das Skelet abgeplattet ist, die Scheibenebene nennen, so können beide zunächst zu- sammenfallen; dann lassen die Schalen die spirale Anordnung erkennen, wenn sie auf ihrer Breitseite liegen (Taf. VI, Fig. 8), stehen dagegen beide Ebenen senkrecht zu einander, dann muss man die Schalen auf die Kante stellen, um das Bild einer Spirale zu erhalten (Taf. VI, Fig. 7 b). Eiısteres ist bei den Diseospiriden, letzteres bei den Trematodisciden der Fall. Hierbei scheint es mir jedoch fraglich, ob überhaupt ein so scharfer Gegensatz in der relativen Lagerung der beiden Ebenen besteht, oder ob nicht dieselben bei der nämlichen Art verschiedene Winkel mit einander bilden können. Im letzteren Falle würde die Unterscheidung von Trematodisciden und Discospiriden überhaupt hin- fällig werden, indem die Arten der einen Familie nur Varietäten von den Arten der anderen sein würden. Indessen ist es nicht meine Absicht, auf diese Frage hier näher einzugehen, da sie doch nur mit Hilfe eines sehr umfangreichen Materials gelöst werden kann. Wie schon oben erwähnt wurde, hat auch Haeckel eine Ableitung der Discoidschalen von den Sphaeroidschalen versucht, indessen in einer ganz anderen Weise, als es hier geschehen ist. 32 252 Synthetischer Theil. Haeckel betrachtet als Uebergang das Skelet des Heliodiseus, bei welchem die Rindenschale zu einem scheiben- oder linsenförmigen Körper abgeflacht ist. Zwischen den beiden einander nahezu parallelen Platten der Rindenschale, die den zwei Deckplatten der Discidenskelete entsprechen sollen, lässt er radiale und eyelische (Trematodiseiden) resp. spirale (Diseospiriden) Septen neu auftreten, welche den Binnenraum in Kammern theilen. Wenn nun auch diese Rückführung wegen ihrer Ueber- siehtliehkeit und leichten Verständlichkeit viel Bestechendes hat, so wird sie doch durch die Angaben, welche ich über den Bau der auf die Kante gestellten Discoidschalen gemacht habe, widerlegt; nament- lich widerspricht ihr die Beobachtung, dass die Deckplatten keine einheitlichen Stücke sind, sondern dass die einzelnen Theile derselben und die cyelischen Scheidewände zusammen gehören (vergl. hierüber S. 61). Die Sphaeroidskelete, sowohl die typischen als auch die discoidalen Formen, können endlich noch eine Umgestaltung ihres Gitterwerks erfahren, indem die Kieselbälkchen sich verfeinern und eine regellose Anordnung annehmen, so dass aus den Gitterschalen spongiöse Gerüste entstehen. Im ana- lytischen Theile habe ich die Skelete der Spongosphaeriden (Taf. IV, Fig. 3. 5. 10) auf diese Weise auf die Kugelschalen der Ommatiden zurückgeführt; in geicher Weise sind höchst wahrscheinlich die Skelete der Spongodisciden aus denen der gewöhnlichen Diseiden hervorgegangen. 2. Cyrtoidskelete. Den Sphaeroidschalen gleichen die Cyrtoidschalen (Taf. VII), zu denen ich hier nur die Skelete der Monocyrtiden, Dieyrtiden und Stichocyrtiden rechne, insofern sie ebenfalls von ge- gitterten Kiesellamellen gebildet werden. Letztere sind gewöhnlich derb und massiv und werden von kleinen kreisrunden Oeffnungen durchbohrt, welche in alternirenden Längs- und (Querreihen stehen (Taf. VII, Fig. 1. 2. 6). Viel seltener sind zarte luftige Gehäuse mit dünnen Kieselstäbchen und poly- gonalen drei- und sechseckigen Maschen (Taf. VII, Fig. 3; Taf. VIN, Fig. 5). Von den bisher besprochenen Skeleten unterscheiden sich die Cyrtoidschalen durch die ihnen eigenthümliche monaxone Grundgestalt. Schon ihre ursprünglichsten Formen, die Gehäuse der Monoeyrtiden, sind wie Glocken an ihrem apiealen Pole geschlossen und am basalen Pole weit geöflnet (Taf. VIL, Fig. 3); aus ihnen haben sich die Gehäuse der Dieyrtiden und Stichocyrtiden entwickelt, indem am Rand der basalen Mündung ein Weiterwachsthum Statt gefunden hat; zu der ersten primären Kammer oder dem „Köpfchen“ sind auf diese Weise weitere secundäre Kam- mern hinzugekommen, deren Zahl bei den Dieyrtiden (Taf. VII, Fig. 1. 2. 5. 6) zwei, bei den Sticho- eyrüiden (Taf. VII, Fig. 3 u. 4) bis zu acht beträgt. In den zwei- oder mehrkammrigen Gehäusen ist die Grenze zwischen den primären und secundären Skelettheilen, zwischen dem Köpfchen und den folgenden Kammern durch eine deutliche wohl bei keiner ächten Cyrtide fehlende Quer- scheidewand bezeichnet. Im einfachsten Falle finden sich drei Stäbe (Taf. VII, Fig. 2 a), welche von einem gemeinsamen Punkt ausgehen und an die Wand des Gehäuses treten; entweder enden sie hier, oder sie verlängern sich in drei über die Oberfläche frei hervorragende Stacheln (Fig. 1), oder sie verlaufen in der Wand der seeundären Kammern weiter und theilen sie in drei gleich grosse Ab- sehnitte ein (Fig. 6b). In den meisten Fällen aber existirt ausser den drei Stäben noch ein vierter (Taf. VIH, Fig. 3a. 5b. 6b), welcher mit ihnen nicht in einer Ebene liegt, sondern von ihnen aus schräg nach der Wölbung des Köpfehens emporsteigt; derselbe setzt sich meistentheils ebenfalls in einen kräftigen Stachel fort, in welchen das ganze Gehäuse sich zuspitzt (Taf. VIU, Fig. 3. 5. 6). Wenn nur drei Stäbe vorhanden sind, dann enthält das Septum auch nur drei Oeffnungen; 5 Die Morphologie des Skelets. 253 wenn aber noch ein vierter Stab hinzukömmt, so wird durch ihn eine der drei Oeffnungen in zwei ungleiche Theile zerlegt. Die hierdurch bis auf vier vermehrten Oefinungen können noch weiter durch regellose Querbrücken untergetheilt werden, so dass dann eine Scheidewand mit zahlreichen Löchern entsteht, unter denen aber die vier in der Mitte gelegenen die übrigen an Grösse übertreffen (Taf. VII, Fig. 8 b). Die seeundären Kammern sind durch ringförmig nach Innen vorspringende schmale und homo- gene Kiesellamellen viel unvollständiger von einander als von dem Köpfchen getrennt (Taf. VII, Fig. 3). Den Kammergrenzen entsprechen auf der Oberfläche des Skelets Einschnürungen, welche ebenfalls ringförmig verlaufen und zwischen der ersten und zweiten Kammer am deutlichsten sind. Wenn dieselben bei einigen Dieyrtiden (Taf. VII, Fig. 7. 8a) fehlen, welche daher früher mit Unrecht zu den Monoeyrtiden gestellt wurden, so kann dies nicht als ein ursprüngliches Verhalten angesehen werden; vielmehr scheint es mir zweifellos, dass hier die äussere Gliederung der Schale, wie es so häufig bei den Arthropoden vorkömmt, rückgebildet ist. Einen Beweis für die Richtigkeit der geäusserten Ansicht erblicke ich darin, dass bei diesen Pseudomonoeyrtiden das Septum am complieirtesten gebaut ist. Die Vergleichung der ersten Kammer mit dem gesammten Schalenraum der Monoeyrtiden und die hierdurch bedingte Unterscheidung von primären und secundären Skelettheilen im Gehäuse der Dieyriden und Stichoeyrtiden beruht nieht auf einer willkürlichen Annahme, sondern lässt sich ent- wicklungsgeschichtlich und vergleichend anatomisch begründen. Hinsichtlich der Entwieklungsgeschichte muss hervorgehoben werden, dass bei der Arachnocorys anfänglich nur die erste Kammer vorhanden ist und erst später die zweite allmählig angelegt wird; ebenso wachsen auch die Skelete der Stichoeyrtiden, wie Haeckel und Joh. Müller gezeigt haben, einseitig durch Anbildung neuer Kammern am basalen Pole, wenn auch ganz junge Formen mit nur einer Kammer noch nicht beobachtet worden sind. Vergleichend anatomisch endlich ist zweierlei von Wichtigkeit; erstens existirt die Scheidewand, welche ihrer ganzen Beschaffenheit nach bei allen Cyrtiden für homolog angesehen werden muss, schon bei Arten wie der Lithomelissa thoraeites (Taf. VII, Fig. 1), bei welcher von einer zweiten Kammer kaum eine Spur nachweisbar ist; zweitens ist das Verhalten der Centralkapsel nur unter der Voraussetzung verständlich, dass die zweiten und dritten Kammern Neubildungen sind. Bei den Monocyrtiden und den Dieyrtiden mit einer kleinen zweiten Kammer ist die Centralkapsel völlig ungelappt, bei allen übrigen dagegen ist nur der im Köpfchen gelegene Theil einfach. Wäre nun die ganze Schale einer Stichoeyrtide der Kammer einer Monoeyrtide homolog, die Scheidewand dagegen innerhalb der letzteren neu entstanden, dann müsste die Centralkapsel stets ungelappt sein und es müssten die Gitterstäbe der Scheidewand in ihr Inneres eindringen. Bei den Cyrtiden, wenigstens bei allen von mir untersuchten Formen, spielt die Dreizahl der Skelettheile eine wichtige Rolle, worauf schon Haeekel aufmerksam gemacht hat. Bei dem Tri- dietyopus (Taf. VII, Fig. 3) ist die basale Mimdung durch drei marginale Zacken ausgezeichnet, bei den übrigen bilden drei Stäbe das Septum; wenn vielfach ein vierter Stab durch sein Hinzutreten die dreizählige Anordnung trübt, so müssen wir berücksichtigen, dass derselbe eine ganz andere Stellung im Skelet einnimmt, als die übrigen drei. Die Zahl der Septalstäbe bringt es mit sich, dass bei vielen Cyrtiden auf der Oberfläche des Gehäuses, sei es an der Grenze zwischen der ersten und zweiten Kammer, sei es am Rand der Schalenöffnung drei Stacheln oder drei gegitterte Anhänge stehen. Dieselben sind Verlängerungen der Septalstäbe und als Hauptstacheln zu bezeichnen, wenn noch ausserdem Stacheln vorkommen, welche unregelmässig vertheilt sind, nieht in’s Innere der Schale 254 Synthetischer Theil. vordringen und hierdurch sich als Nebenstacheln charakterisiren. Es wiederholen sich hier somit analoge Verhältnisse wie bei den Sphaeroidschalen, und lässt sich die Analogie ferner noch darin nachweisen, dass sich die Stacheln auch seeundär unter einander durch Kieselfäden verbinden können, wie es bei der Arachnoeorys eireumtexta geschieht (Taf. VII, Fig. 2). In seiner Monographie hat Haeckel versucht, die Cyrtoidschalen aus den Sphaeroid- schalen abzuleiten, indem er annahm, dass die Gitterkugel der Heliosphaeriden sich in einer Rieh- tung gestreckt und an einem Pole der Längsaxe mit einer weiten Mündung seöflnet habe; so sollen aus der Gattung Ethmosphaera successive die Gattungen Cyrüidosphaera, Pylosphaera und Cyrtocalpis entstanden sein, von welchen die beiden letzteren schon Cyrtiden sind. Gegen diese Ableitung ist zu bemerken, dass die Cyrtocalpen und Pylosphaeren überhaupt keine Monoeyrtiden, sondern Dieyrtiden sind, dass sie daher nicht an den Anfang der Cyrtidenreihe gehören, sondern als sehr modifieirte Formen anzusehen sind. (Hierbei setze ich voraus, dass die Pylosphaeren, über welche wir zur Zeit nur die ziemlich unbrauchbaren Angaben Ehrenberg’s besitzen, in der That, wie Haeckel glaubt, zu den Carpocanien, gestellt werden müssen.) Betrachten wir dagegen ächte Monocyrtiden, d. h. ein- kammrige Cyrtiden mit ungelappter Centralkapsel, die Litharachnien und Tridietyopoden, so sind die- selben im Schalenbau den Ethmosphaeriden durchaus fremd; ich komme daher zum Schluss, dass zwischen den Cyrtoid- und Sphaeroidschalen keine Uebergänge existiren und dass daher auch kein genetischer Zusammenhang zwischen ihnen angenommen werden kann. Es wird dies ausserdem noch dadurch bewiesen, dass es, wie wir später sehen werden, wegen der Beschaffenheit der Centralkapsel nicht möglich ist, die Familie der Cyrtiden aus irgend einer Sphaerideenfamilie abzuleiten. Will man die Cyrtoidschalen an anderweitige Skeletformen anreihen, so geht dies noch am leichtesten bei der Familie der Plagiacanthiden; man könnte vermuthen, dass die drei Stacheln der letzteren den Septalstacheln der Cyrtiden homolog sind, dass sich das käfigartige Gehäuse erst secundär auf der von diesen gelieferten Grundlage entwickelt habe; hierbei würden aber die Mono- eyrtiden, bei welchen die fraglichen Stacheln fehlen, Schwierigkeiten bereiten, so dass es mir zunächst am wahrscheinlichsten ist, dass die Cyrtoidschalen selbständig entstanden sind und von Anfang an einen eigenartigen Entwicklungsgang eingeschlagen haben. 3. (Cricoidskelete. Durch neuere noch nicht veröffentlichte Untersuchungen über die Radiolarien der Challenger- _ expedition ist Haeckel zur Ansicht gelangt, dass der Ausgangspunkt für viele Skelete ein einfacher Kieselring ist. Da ich durch das Studium meines ungleich geringeren Materials zu denselben Resultaten geführt worden bin, fasse ich die betreffenden Skeletformen zu einer besonderen Gruppe, zur Gruppe der Crieoidschalen zusammen; dieselbe steht ebenso selbständig und unabhängig da, wie die beiden vorher betrachteten Gruppen. In ihrer einfachsten Form (Taf. VII, Fig. 4 u. 5) sind die Cricoidschalen dreikantige massive Kieselringe, welche rings auf ihrem Umfang mit Stacheln bedeckt sind. Durch die besondere An- ordnungsweise der letzteren ist an ihnen stets wie bei den Cyrtoidschalen ein basaler und ein apicaler Pol kenntlich. Zu dem ringförmigen primären Skeletstück gesellen sich weitere Theile hinzu; entweder sind dies gekrümmte Kieselspangen, welche senkrecht zur Ebene des Rings gestellt sind und sich an ihm, beiderseits 1 oder 2, befestigen; oder es sind halbkugelig gewölbte Gitterplatten, welche die Oeffnung des Ringes von rechts und links bedecken (Taf. VII, Fig. 2). Auf diese Weise 3. Die Morphologie des Skelets. 955 bilden sich kleine käfigartige Gehäuse, welche durch den Ring eingeschnürt und in symmetrisch neben einander gelegene Hälften getheilt werden. Dieselben erinnern ganz ausserordentlich an die Schalen der Cyrtiden, so dass sie auch von Haeckel früher zu denselben gerechnet und zu Vertreterinnen einer besonderen Unterfamilie, der Zygocyrtiden, gemacht wurden. Indessen wie sehr sie auch den Eindruck hervorrufen, als seien sie bisquitförmig eingeschnürte einkammrige Cyrtoidschalen, wie sehr sich ferner auch in der Beschaffenheit des zugehörigen Weichkörpers verwandtschaftliche Beziehungen ergeben, so bin ich gleichwohl der Ansicht, dass die Crieoid- und Cyrtoidschalen nichts mit einander zu thun haben, weil jene eine bilateral symmetrische, diese eine triradiale Grundform besitzen. ß. Kieselskelete, welche sich aus hohlen Stücken zusammensetzen. Nach Ausschluss der betrachteten Formen bleibt noch eine geringe Zahl von Kieselskeleten übrig, welche unter einander darin übereinstimmen, dass sie aus hohlen, röhrenförmigen Stücken be- stehen (Taf. IX). Das Röhrenlumen ist bei allen Arten vollkommen geschlossen, so dass kein Proto- plasma von aussen in sie hineindringen kann; ebenso sind da, wo viele Röhren vorhanden und unter einander fest verbunden sind, die Canäle derselben von einander durch Scheidewände getrennt. Ueber den morphologischen Aufbau der Hohlskelete lässt sich wenig Allgemeines sagen, da die einzelnen Formen sich gegenseitig zu entfernt stehen. Isolirte Skelettheile von sehr verschiedener Gestalt finden sich bei den Thalassoplaneten, Dietyochen (Fig. 5) und Aulacanthen (Fig. 3) und spielen eine ähnliche Rolle wie die Skelete der Colliden, Sphaerozoiden und Plagiacanthiden unter den soliden Skeleten. Schalen aus einem einzigen Stück kommen den drei übrigen Gattungen, Aulosphaera (Fig. 1), Coelodendrum (Taf. X, Fig. 12) und Coelacantha (Taf. IX, Fig. 2) zu; obwohl dieselben ganz ausserordentlich verschiedey sind, so ist doch immerhin die Möglichkeit gegeben, sie auf eine gemeinsame Grundform zurückzuführen. Als Ausgangspunkt muss hierbei das Skelet der Coelacantha angesehen werden, dessen Grundlage eine Gitterkugel von gleicher Gestalt wie die Gitter- kugel eines Collozoum ist; von ihr erheben sich radiale Röhren, von deren Enden tangentiale Röhren ausgehen, die sich abermals zu einer Gitterkugel vereinigen. Bei den Aulosphaeren kann man sich vorstellen, dass die innere Gitterkugel (die Markschale) und die radialen Stäbe verloren gegangen sind, so dass nur die äussere aus Röhren bestehende Gitterkugel übrig blieb. Umgekehrt fehlt diese letztere bei den Coelodendren, bei welchen ausserdem die radialen Stäbe einen anderen Charakter angenommen haben, indem sie sich dichotomisch verästelten. Auch ist die innere Gitterkugel der Coelodendren in zwei Halbkugeln zerfallen. Auf die Analogieen, welche zwischen den Coelodendren und Cladoeoecen in der Skeletbildung nachweisbar sind, hat schon Haeckel aufmerksam gemacht; ebenso kann die Coelacantha als eine Parallelart zur Diplosphaera angesehen werden, weil bei beiden die Enden der Radialstäbe durch ein Gitternetz zusammenhängen. Dagegen würde es bei der hier vertretenen Auffassung nicht möglich sein, die Aulosphaeren und Heliosphaeren unter einander zu vergleichen, da ja nach ihr die Gitterkugel der ersteren eine secundäre Bildung sein würde. Wenn wir zum Schluss auf die zusammenfassende Darstellung von der Morphologie des Skelets zurückblicken, so scheint mir aus derselben mit Sicherheit hervorzugehen, dass sich das Skelet bei den Radiolarien mehrfach und unabhängig entwickelt hat, wie ich dies schon am Anfang unserer Betrachtungen hervorhob. Namentlich müssen vier wohl charakterisirte Typen auseinander gehalten werden: 1. die Acanthin- oder Stachelskelete, 2. die Sphaeroidskelete, 3. die Cyrtoidskelete 256 Synthetischer Theil. und 4. die Crieoidskelete. Neben denselben existiren noch zahlreiche andere Formen, welche entweder gar nicht — die Stacheln der Colliden und Sphaerozoiden — oder doch nur mit grossem Vorbehalt — die hohlen Sphaeroidskelete der Tripyleen — zu Gruppen vereinigt werden können. 4. Die Fortpflanzung der Radiolarien. Der schwierigste Punkt in der Biologie der Radiolarien ist die Entwicklungsgeschichte. Was wir über dieselbe wissen, sind isolirte Thatsachen, welche sich nur auf einen kleinen Bruchtheil der Radiolarien beziehen, während bei der ganz überwiegenden Mehrzahl auch gar Nichts über die Art der Fortpflanzung bekannt is. Die Gründe hierfür sind leicht nachzuweisen; es ist bisher unmöglich ge- wesen, eine zusammenhängende Beobachtungsreihe an einem und demselben Thiere zu gewinnen, weil die Entwicklungsvorgänge sehr langsam verlaufen und weil ausserdem die Lebensweise der Radiolarien noch in ein tiefes Dunkel gehüllt ist, so dass man ihnen nicht die zur Fortpflanzung günstigen Exi- stenzbedingungen hat schaffen können. Bei allen Züchtungsversuchen sind die Organismen stets auf einem bestimmten Stadium, dem Schwärmerstadium, abgestorben; daher sind wir bei der Frage nach der Art, in welcher die Schwärmer zu ausgebildeten Thieren werden, vollkommen auf Vermuthungen angewiesen. Da die Radiolarien zur Zeit, wo sie in ihrem Innern Schwärmer erzeugen, zu Boden sinken, so wäre es denkbar, dass diese sich normaler Weise erst auf dem Grunde des Meeres fort zu entwickeln vermögen. Hat es sich doch in der Neuzeit herausgestellt, dass die Radiolarien, welche man früher fast allgemein für pelagische Organismen gehalten hatte, noch in grossen Tiefen bis zu 12,000 vorkommen, ja dass sie hier sogar in Mengen vertreten sind, welche die pelagischen Schwärme an Reichhaltigkeit der Arten und Zahl der Individuen übertreffen; hierdurch wird es wahrscheinlich, dass die Radiolarien vorwiegend Tiefseebewohner sind, welche ab und zu zur Meeresoberfläche aufsteigen. Bei der Fortpflanzung der Radiolarien müssen wir zweierlei Processe unterscheiden 1. die Zweitheilung und 2. die Schwärmerbildung. Ueber Fortpflanzung durch Zweitheilung liegen bei den Monozoen nur die Be- obachtungen vor, welche ich selbst bei den Tripyleen gemacht habe, einer Abtheilung, bei welcher nach Alle dem, was ich gesehen habe, dieser Vorgang gar nicht selten ist. Zuerst zerfällt der Kern in zwei Stücke, dann entsteht eine Ringfurche, die sich einerseits zwischen den beiden Nebenöffnungen hinzieht, andererseits die Hauptöffnung halbirt; dieselbe vertieft sich mehr und mehr am aboralen Pole und trennt, von hier aus nach dem oralen Pole vordringend, schliesslich die Centralkapsel mitten durch in zwei symmetrische Hälften. Dem entsprechend begegnet man 1. Thieren mit einer Centralkapsel, aber mit zwei Kernen. 2. Thieren mit bisquitförmiger Centralkapsel, doppeltem Kern und unvollkom- men getheilter Hauptöffnung (Taf. X, Fig. 2). 3. Thieren mit zwei an der Hauptöflnung noch zusam- menhängenden Centralkapseln (Taf. X, Fig. 11); 4. endlich Thieren mit zwei völlig getrennten Central- kapseln; ein Exemplar der letzten Art hat auch Haeckel bei der Thalassoplancta cavispieula gesehen. Reichlicher ist das Beobachtungsmaterial bei den polyzoen Radiolarien, bei welchen Haeckel, Cienkowski und ich ähnliche, auf Theilung deutende Bilder erhalten haben. Zwischen den grossen, meist runden Centralkapseln einer Colonie finden sich langgestreckte und bisquitförmig eingeschnürte Exemplare, endlich auch Centralkapseln, die in ihrer Grösse etwa der Hälfte einer bisquitförmigen Centralkapsel entsprechen. Die kleinen homogenen Kerne verhalten sich dabei folgendermaassen: ge- wöhnlich sind sie zu einem einzigen centralen, rundlichen oder ovalen Haufen dicht zusammengedrängt; in den bisquitförmigen Kapseln dagegen bilden sie in den beiden Enden derselben zwei kleinere 4. Die Fortpflanzung der Radiolarien. 257 Haufen, von welchen ein jeder etwa aus der gleichen Zahl Kerne besteht, als Kerne in den kleineren Centralkapseln wahrgenommen werden. Bei der Anwesenheit von Oelkugeln ändert sich das Aus- sehen; in den kugeligen Centralkapseln liegt dann eine grosse centrale Oelkugel, in den ovalen oder bisquitförmigen Centralkapseln dagegen zwei kleinere, in jedem Ende eine. — Wenn nun auch eine Theilung bisher noch nicht im Zusammenhang hat verfolgt werden können, so lässt sich doch aus den geschilderten Befunden schliessen, dass eine solche vorkömmt, dass dabei die Centralkapseln in die Länge wachsen und in zwei Hälften zerfallen, nachdem sich zuvor ihre Oelkugeln und Kernhaufen getheilt haben. Wahrscheinlich bleiben die beiden Theilproduete stets in derselben Gallerte vereint; der ganze Vorgang bedingt daher nicht die Anlage neuer Colonieen, sondern das Wachsthum der vorhandenen. Haeckel lässt die Sphaerozoiden sich auserdem noch dadurch vergrössern, dass im Inneren einer Muttercentralkapsel eine Brut von Tochtercentralkapseln entsteht; hierbei stützt er sich aber auf Bilder, welche nach meiner Ansicht in anderer Weise gedeutet und auf Stadien der sogleich näher zu besprechenden Fortpflanzung durch Schwärmer bezogen werden müssen. Zeitweilig treten in den Sarkodenetzen der Sphaerozoiden rundliche, nierenf örmige oder gelappte Körper auf, welche sich durch ihr homogenes, dichtes und daher stark lichtbrechendes Protoplasma auszeichnen; sie sind scharf contourirt, aber membranlos und umschliessen in ihrer Mitte einen Haufen kleiner Oelkugeln und im Umkreis desselben einige grosse oder zahlreiche kleine, nur durch Carminfärbung nachweisbare Kerne; gewöhnlich liegen sie im Pseudopodienmutterboden der Centralkapseln in solchen Mengen, dass dieselben ganz von ihnen verdeckt werden. Sind diese schon von Joh. Müller, Haeckel und Cienkowski gesehenen Körper junge Centralkapsen? Cien- kowski bejaht diese Frage und nimmt an, dass die Körper sich selbständig aus der extracapsulären Sar- kode entwickeln. Dem gegenüber habe ich jedoch zu bemerken, dass wohl schwerlich aus der kernlosen extracapsulären Sarkode kernhaltige Gebilde hervorgehen möchten und dass dieselben daher nur aus dem Inneren der Centralkapseln selbst herstammen können; wie ich vermuthe, stehen die extracapsulären Körper mit der Schwärmerbildung in Zusammenhang. Ausser Theilungen der Centralcapseln existiren bei den Sphaerozoiden noch Theilungen der gesammten Colonieen; die Gallertklumpen strecken sich wurmförmig und zerfallen durch zahl- reiche Einschnürungen in eine perlschnurartige Kette von rundlichen Stücken, welche sich nach einander ablösen. Ausserdem halten Müller und Baeckel es für wahrscheinlich, dass einzelne Centralkapseln frei werden und den Ausgangspunkt für neue Colonieen abgeben können. Die zweite Art der Fortpflanzung, die Schwärmerbildung, ist ein Vorgang, welcher bei den Radiolarien häufig verfolgt worden ist, ohne dass man jedoch über das Endresultat desselben Klarheit erlangt hätte. Schwärmer wurden zuerst von Joh. Müller bei einer Acanthometra, später von A. Schneider bei der Thalassicolla nucleata und von E. Haeckel beim Sphaerozoum punetatum nachgewiesen; da aber ihre Entwicklungsweise nicht festgestellt worden war, blieb es fraglich, ob die kleinen, Infusorien ähnlichen Körperchen, welche die Centralkapsel erfüllten und beim Sprengen derselben längere Zeit frei herum schwammen, nicht parasitische Monaden gewesen seien. Von Cienkowski und später auch von mir wurden die vorbereitenden Stadien, von Cienkowski bei den Sphaero- zoiden, von mir bei den Sphaerozoiden und Colliden, genauer studirt und dadurch der Beweis geliefert, dass die Schwärmer in der That Fortpflanzungsproduete der Radiolarien sind. Die Schwärmer sind ausserordentlich kleine ovale oder nierenförmige Körperchen, welche stets in ihrem vorderen Ende einen homogenen Kern und in ihrem hinteren Ende einen Haufen von Jen. Denkschriften II. 3. 33 258 Synthetischer Theil. Fettkörnchen tragen. Ausserdem liegt bei vielen Sphaerozoiden neben den Fettkörnehen noch ein wetzsteinförmiges erystallähnliches Stäbchen von unbekannter Bedeutung. Die Fortbewegung wird durch eine einzige Geissel bewirkt, welche seitlich am vorderen Ende angebracht und im Verhältniss zur Grösse des Schwärmers sehr lang ist. Bei vielen Colonieen des Collozoum inerme fand ich in allen Centralkapseln constant zweierlei durch ihre Grösse unterschiedene Formen, Macro- und Microsporen. Die Entwicklung der Schwärmer tritt in den Centralkapseln ein, so wie dieselben von den kleinen homogenen Kernen, deren Genese aus dem Binnenbläschen oder dem Mutterkern schon oben besprochen wurde, fast ganz erfüllt sind. Gewöhnlich zerfällt der Kapselinhalt gleichmässig in so viel einkernige Stücke, als Kerne vorhanden sind, nachdem sich zuvor im Umkreis um jeden der- selben der zugehörige Haufen von Fettkörnchen und eventuell auch der wetzsteinförmige Krystall gebildet hat. Seltener ballt sich zuvor der Inhalt zu grösseren rundlichen vielkernigen Portionen zu- sammen, die in ihrer Mitte dann ihre besonderen Oelkugeln bergen können und die erst später sich in eine Zahl von Schwärmeranlagen auflösen. In letzterem Falle umhüllt die Centralkapselmembran viele gegen einander gepresste Körper, welche von Haeckel für eine Brut von endogen entstandenen Centralkapseln gehalten wurden. Während der Fortpflanzungsperiode werden alle Protoplasmaeinschlüsse, die Oelkugeln und die Coneretionen, resorbirt; die Vacuolen collabiren und die Pseudopodien werden eingezogen; bei den Polyzoen kriechen alle Centralkapseln zu einem Haufen im Centrum der Gallerte zusammen. Die Folge ist, dass das Thier, beziehungsweise die Colonie, als ein kreideweisser Fleck zu Boden fällt. Allmählig trennen sich die einzelnen Schwärmeranlagen völlig von einander, entwickeln eine Geissel und sprengen nach heftigen, lange andauernden tumultuarischen Bewegungen die Kapsel- membran, um sich in grossen Schwärmen nach aussen zu entleeren. Ihr weiteres Schicksal ist leider unbekannt, da alle Versuche, sie zu jungen Radiolarien zu züchten, bisher fehlgeschlagen sind; es ist sogar nicht einmal möglich gewesen zu beobachten, dass die Schwärmer ihre Geissel verlieren und in den Rhizopodenzustand übergehen. Nach der Entleerung der Schwärmer bleibt nur die Gallerte zurück, woraus entnommen werden kann, dass alle lebenden Theile des Organismus zur Bildung von Schwärmern aufgebraucht werden. Die hier in Kürze beschriebene Entwicklungsweise ist bei den Colliden, Sphaerozoiden und Acanthometriden nachgewiesen worden, also bei Familien, welche weit auseinander stehen; ausserdem ist ihr Vorkommen bei den Sphaerideen durch die Untersuchung einer Rhizosphaera, deren Central- kapsel von Kernen ganz erfüllt war, sehr wahrscheinlich gemacht. Man kann daher wohl annehmen, dass die Fortpflanzung durch Schwärmer allen Radiolarien zukömmt und als ein auch systematisch wichtiger Charakter der Gruppe angesehen werden kann. 5. Die Radiolarien und die Zellentheorie. In meiner Arbeit über die Sphaerozoiden und Thalassicolliden bin ich zu dem Resultate ge- kommen, dass die Radiolarien sich in ihrem Baue unseren histologischen Auffas- sungen in jeder Beziehung unterordnen lassen, indem sie wie andere niedere Or- ganismen den Formwerth einer einzigen Zelle besitzen. Diese Auffassung ist durch die Ausdehnung der Beobachtungen auf die übrigen Familien vollkommen bestätigt worden; die früher nicht berücksichtigten Formen sind sogar zum grössten Theile noch trefflichere Beispiele für die An- nahme der Einzelligkeit, als es die Colliden und Sphaerozoiden waren. Eine Ethmosphaeride, eine 5. Die Radiolarien und die Zellentheorie. 259 Cyıtide oder eine Diseide entfernt sich vom Schema einer Zelle nicht weiter, als eine Amoebe, eine Actinophrye oder eine Süsswassermonothalamie; überall tritt im Inneren des Protoplasma ein rundlicher Körper auf, welcher wegen seines Baues und seiner mierochemischen Eigenschaften unzweifelhaft als Zellkern gedeutet werden muss. Ob es sich empfiehlt die Bezeichnung „einzellig“ auch auf diejenigen Radiolarien anzu- wenden, welche wie die Acanthometriden und Sphaerozoiden schon frühzeitig mit zahlreichen Kernen versehen sind, oder ob es zweckmässiger ist, dieselben zu den vielzelligen Organismen zu rechnen, ist eine Frage, welche in gleicher Weise auch bei anderen Protisten aufgeworfen werden kann und deren Beantwortung verschieden ausfällt, je nachdem man einen Protoplasmakörper mit vielen Kernen für eine Zelle oder für einen Complex von Zellen, ein „Syneytium“ (Haeekel), hält; ich bin dafür in solchen Fällen nur von einer Zelle zu reden und werde hierzu durch folgende Erwägungen bestimmt. Die vielkernigen Zellen sind Uebergangsstadien zwischen den einkernigen Zellen und den Zellen- haufen; meistentheils, z. B. während der Fortpflanzung der Radiolarien, sehen wir sie aus ersteren durch Kernvermehrung entstehen und sich in letztere durch einen mehr oder minder rasch verlaufenden Zerfall umwandeln. Alle drei Zustände sind daher Glieder einer gemeinsamen Entwicklungsreihe und können selbst wieder mittelst Uebergänge, wie wir solche bei den Radiolarien kennen gelernt haben, unter einander zusammenhängen. Wenn meine Auffassung von der Entwicklung der Colliden richtig ist, so wird hier die Vielkernigkeit dadurch vorbereitet, dass der ursprünglich uninucleoläre Kern zu einem multinucleolären wird; zwischen die vielkernige Zelle und die einkernige uninucleoläre Zelle schiebt sich dann als ein vermittelndes Stadium die einkernige multinucleoläre Zelle ein. Andernseits geht auch die vielkernige Zelle allmählig in den Zellenhaufen über, indem die Kerne mehr und mehr Einfluss auf die Anordnung des Protoplasma gewinnen. Ehe die Schwärmer der Radiolarien völlig getrennt sind, sammeln sich ihre einzelnen Bestandtheile, die Fettkörnchen und wetzsteinförmigen Cry- stalle, im Umkreis der Kerne an, welche so zu Attractionscentren in der Centralkapsel werden. Wenn nun auch Abgrenzungen innerhalb eontinuirlicher Entwicklungsreihen stets etwas Will- kürliches haben, so sind dieselben doch durch die Natur unserer Begriffsbestimmungen geboten; unsere Aufgabe kann es daher nur sein, dafür zu sorgen, dass bei der Unterscheidung von Entwicklungs- stadien die Grenzen da gezogen werden, wo wichtige Charaktere eine Veränderung erfahren haben. Nach unseren histologischen Anschauungen ist es für das Wesen der Zelle von fundamen- taler Bedeutung, dass sie eine morphologisch und physiologisch in sich abgeschlos- sene Einheit, ein Elementarorganismus ist, welcher nicht allein die Fähigkeit zu einer selb- ständigen Existenz besitzt, sondern auch in einer mehr oder minder beschränkten Weise eine selb- ständige Existenz führt. In dieser Hinsicht verhalten sich eine vielkernige Protoplasmamasse und eine einkernige Zelle völlig gleich, da beide in ihren Lebenserscheinungen der Aussenwelt als ein einziges Individuum gegenüberstehen; jedenfalls können wir bis jetzt nicht nachweisen, dass durch die Verviel- fältigung der Kerne hier irgend eine Veränderung bedingt werde. Dies tritt aber sofort ein, wenn eine Zelle sich theilt, da jedes der Theilproducte dann seinen eigenen Stoffwechsel erhält und damit auch die Möglichkeit gewinnt, sich fortan unabhängig und eigenartig fortzuentwickeln. Die Richtigkeit dieser Auffassung wird auf das Schlagendste bewiesen, wenn wir das Verhalten der Zellen, da wo sie als selbständige Organismen auftreten, betrachten. Vielkernige Protisten nehmen keine höhere Entwicklungsstufe ein als einkernige und stimmen mit diesen in der histologischen Differenzirung ihres Weichkörpers vollständig überein. Contraetile Vacuolen, Tricho- eysten und Muskelstreifen finden sich in gleicher Vollkommenheit bei einkernigen Infusorien, wie bei 33% 260 Synthetischer Theil. vielkernigen; bei den Radiolarien sind die histologischen Differenzirungen, die Gallerte, die Kapsel- membran, das Skelet, die eontractilen Fäden der Acanthometriden, ebensowohl bei einkernigen Thieren vorhanden, als bei vielkernigen. Eine höhere Organisation wird überall nur da erreicht, wo zahlreiche, von einander durch vollkommene Theilung getrennte Zellen vorliegen; nur solche Zell- complexe, in welchen die einzelnen Individuen von einander unabhängig sind und sich nach ver- schiedenen Richtungen hin differenziren können, liefern das Substrat für eine ächte Gewebebildung, wie sie den höheren Thieren eigen is. Man kann daher sagen, dass schon im Furehungsprocess — d.h. in der Form der Theilung, bei welcher die Zellen zwar vollkommen von einander getrennt werden, aber zur Bildung eines complieirteren Organismus bei einander verbleiben —, der tief- sreifende Unterschied gegeben ist, welcher zwischen den Thieren und Protisten oder, wenn man will, zwischen den Metazoen und Protozoen besteht und der in seiner vollen Tragweite erst von Haeckel gewürdigt worden ist. Die hervorgehobenen Momente scheinen mir genügend die oben aufgestellte Ansicht zu be- weisen, dass man einen Protoplasmahaufen mit vielen Kernen mit mehr Recht für eine einzige Zelle als für ein Multiplum verschmolzener Zellen, ein Syneytium, erklärt. Von diesem Standpunkt aus be- trachte ich in gleicher Weise, wie es schon vor Jahrzehnten vollkommen richtig Th. v. Siebold mit den Protisten im Allgemeinen gemacht hat, die sämmtlichen Radiolarien mit Einschluss der Sphaero- zoiden, Acanthometriden und Nächstverwandten als einzellige Organismen. ll. Das System der Radiolarien und ihre Stellung zu den übrigen Rhizopoden. 1. Das System der Radiolarien. Bei den von früheren Forschern, von Ehrenberg, Joh. Müller und E. Haeckel gemachten Versuchen, die Radiolarien systematisch anzuordnen, ist das Skelet entweder ausschliesslich oder doch vorwiegend als Grundlage benutzt worden; es kam dies daher, dass Ehrenberg den Weichkörper gar nicht kannte, Joh. Müller und E. Haeckel dagegen ihn für gleichförmiger gebaut hielten, als es thatsächlich der Fall ist. Durch die sich über alle Radiolarienfamilien ausdehnenden Untersuchungen des analytischen Theiles sind nun einige wichtige Unterschiede in der Beschaffenheit des Kerns und der Kapselmembran nachgewiesen worden, welche zum Theil wenigstens zweifellos von grösserer Be- deutung sind, als die Verschiedenheiten des Skelets, und welche daher bei der Bildung des Systems in erster Linie berücksichtigt werden müssen. Da ich hier von ganz anderen Gesichtspunkten ausgehe, als meine Vorgänger, so ist es ver- ständlich, dass ich auch in Bezug auf die verwandtschaftlichen Beziehungen der Radiolarien zu nicht unwesentlich abweichenden Auffassungen gelangt bin; bei der Darstellung derselben kann ich mich kurz fassen, da das System, welches ich hier vorschlagen werde, sich, ich kann wohl sagen, mit Noth- wendigkeit aus dem im analytischen Theile enthaltenen Beobachtungsmaterial ergiebt und keines ein- gehenden Commentars bedarf. Die Classe der Radiolarien theile ich in sechs Ordnungen ein; zwei derselben, die Tripyleen und Monopyleen, sind durch die Struetur der Kapselmembran charakterisirt, welche sich in einer jeden Ordnung ebenso sehr durch ihre Constanz auszeichnet, als sie sich von den sonst 1. Das System der Radiolarien. 261 auftretenden Kapselstructuren unterscheidet. Bei den Tripyleen existiren drei ansehnliche Oeff- nungen zum Durchtritt der intracapsulären Sarkode, bei den Monopyleen ist eine Zahl von kleinen Poren am oralen Pole der Centralkapsel zum sogenannten Porenfeld vereint. Beide Ordnungen be- sitzen für gewöhnlich nur einen Kern; während aber den Monopyleen ein Skelet von soliden Kiesel- stücken zukömmt, finden sich bei den Tripyleen typischer Weise Kieselröhren, deren Lumen, wie es scheint, nur ausnahmsweise obliterirt; wegen dieser eigenthümlichen Skeletform sind die Tripyleen von Haeckel als Pansolenier zusammengefasst worden. Die vier übrigen Ordnungen, die Acanthometreen, Peripyleen, Thalassieolleen und Sphaerozoeen stimmen unter einander zwar in dem Bau der Kapselmembran überein, welche allseitig von kleinen Oeffinungen durchsetzt ist, sind aber in allen anderen Beziehungen so verschieden, dass sie nicht als eine einzige den Monopyleen und Tripyleen gleichwerthige Gruppe angesehen werden können. Die Acanthometreen sind vielkernig, und, was noch wichtiger ist, mit einem Skelet ver- sehen, welches von einer organischen Substanz gebildet wird und aus zwanzig nach Müller’s Gesetz gestellten Stacheln besteht. Die Peripyleen sind vielkernige Radiolarien, welche ebenfalls vor- nehmlich an der Beschaffenheit ihres Skelets zu erkennen sind. Dasselbe ist kieselig und setzt sich aus einer oder mehreren Gitterschalen zusammen, welche ursprünglich wohl überall sphaerisch gewesen sind, bei einem Theil aber mannigfache Umgestaltungen erfahren haben. Man könnte den Namen „Peripyleen“, den ich im Gegensatz zu den Tripyleen und Monopyleen wegen der allseitigen Durch- bohrung der Kapselmembran gewählt habe, durch den von Haeckel vorgeschlagenen Namen „Sphae- ideen“ ersetzen, müsste dann sich aber daran erinnern, dass die von Haeckel nicht zu den Sphae- ideen gerechneten Diseiden, Litheliden und Sponguriden gleichfalls hierher gehören; ich ziehe es daher vor, als Sphaerideen nur eine Unterabtheilung der Peripyleen zu bezeichnen. Es bleiben uns nunmehr die beiden Ordnungen der Sphaerozoeen und Thalassicolleen übrig, bei welchen das Skelet entweder regellos ist oder ganz fehlt; wenn ich sie von einander trenne, so geschieht es, weil die Thalassieolleen einkernig, die Sphaerozoeen dagegen vielkernig sind, und weil ausserdem die letzteren Colonieen bilden. Die sechs Ordnungen lassen sich dem Gesagten zufolge in folgender Weise definiren: 1. Thalassicolleen: Monozoe einkernige Radiolarien mit allseitig durchbohrter Kapselmembran ; Skelet kieselig, unregelmässig oder fehlend. 2. Sphaerozoeen: Polyzoe (Colonie bildende) vielkernige Radiolarien mit allseitig durchbohrter Kapselmembran; Skelet kieselig, unregelmässig oder fehlend. 3. Peripyleen (Sphaerideen): Monozoe einkernige Radiolarien mit allseitig durchbohrter Kapsel- membran; Skelet kieselig, aus Gitterkugeln oder modifieirten Gitterkugeln bestehend. 4. Acanthometreen: Monozoe vielkernige Radiolarien mit allseitig durehbohrter Kapselmembran ; Skelet nicht kieselig, aus zwanzig nach Müller’s Gesetz gestellten Stacheln bestehend. 5. Monopyleen: Monozoe einkernige Radiolarien; Kapselmembran einseitig geöflnet mit einem Porenfeld; Skelet kieselig. 6. Tripyleen: Monozoe einkernige Radiolarien; Kapselmembran doppelt, mit einer Hauptöflnung und zwei Nebenöfinungen; Skelet kieselig, von Köhren gebildet. Die Thalassiecolleen und Sphaerozoeen sind zwei so einförmige Ordnungen, dass es genügt, alle ihre Gattungen in je einer Familie (Colliden und Sphaerozoiden) zusammenzufassen; da- gegen müssen in jeder anderen Ordnung verschiedene Familien aufgestellt werden. Die Peripyleen sind am mannigfaltigsten und sondern sich nach der Bildungsweise ihres Skelets in sechs Familien. 262 Synthetischer Theil. Die Ethmosphaeriden haben eine einzige entweder intracapsuläre oder extracapsuläre Gitterkugel und auf derselben meistens radiale Stacheln, welche unter einander durch Kieselfäden (Kieselnetze) zusammenhängen können. Die Ommatiden dagegen haben zwei oder mehr Gitterkugeln, welche durch radiale Stäbe verbunden sind, die sich aber niemals im Centrum des Skelets vereinigen. Bei den Spongosp haeriden sind die Gitterkugeln wie bei den Ommatiden zu zwei oder drei vorhanden, doch ist ihr Gitterwerk zu einem spongiösen Gerüst geworden. — Die drei bisher betrachteten Familien gleichen einander in der regelmässigen Kugelform des Skelets, der Centralkapsel und des Kerns und können unter dem Namen Sphaerideen zu einer besonderen Unterordnung vereint werden. Ihnen stehen die drei übrigen Familien als Dyssphaerideen gegenüber, weil hier die sphaerische Grund- gestalt erheblich modifieirt ist. Von den zwei überall nachweisbaren Gitterschalen ist bei der ersten Familie, den Dyssphaeriden, die äussere an ein oder mehreren Stellen eingedrückt, wodurch freie durch fortlaufendes Wachsthum sich vergrössernde Schalenränder erzeugt werden. Von den Dyssphae- riden unterscheiden sich die Diseiden dadurch, dass der Weichkörper und das Skelet scheibenförmig abgeplattet ist. Die Spongodisciden endlich sind, wie schon ihr Name sagt, Diseiden, bei welchen die Gitterplatten der Schale durch ein Retieulum feiner Kieselbälkchen ersetzt sind. Zu den Acanthometreen gehören drei Familien, die Acanthometriden, Acanthophraetiden und Diploconiden. Bei den Acanthometriden finden sich die eigenthümlichen eontraetilen Apparate der Gallerteilien, welche sonst nirgends vorkommen; das Skelet besteht nur aus Stacheln. Bei den Acanthophractiden tragen die Stacheln Gittertafeln, die sich zur Bildung von einer oder mehreren Gitterkugeln an einander fügen. Bei den Diploconiden sind zwei kegelförmige Skeletlamellen aus der Verschmelzung von je vier Tropenstacheln entstanden. Ebenfalls in drei Familien zerfällt die Ordnung der Monopyleen, in die Plagiacanthiden mit drei an einem Ende verschmolzenen Skeletstacheln, in die Acanthodesmiden und die Cyrtiden. Die Skelete der Acanthodesmiden sind Kieselringe oder aus solchen durch Anwachsen neuer Theile hervorgegangen; die Skelete der Cyrtiden dagegen sind triradiale, käfigartige Gehäuse, die meistens durch Einschnürungen in zwei oder mehr hinter einander gelegene Kammern getheilt werden; dabei wird die erste Kammer von den folgenden durch eine von 3—4 Kieselstäben gebildete Scheide- wand getrennt. Von den Tripyleen endlich sind zur Zeit nur wenige im Bau von einander sehr abweichende Gattungen bekannt, so dass es nicht gut möglich ist, natürliche Familien aufzustellen; man kann sie einstweilen in die Aulacanthiden und Aulosphaeriden eintheilen; bei ersteren besteht das Skelet aus isolirten unter einander nicht zusammenhängenden Röhren, bei letzteren scheint es zwar auch wie aus einzelnen Röhren zusammengesetzt, doch sind dieselben zu einem einzigen Stück un- trennbar verbunden. In welchen verwandtschaftlichen Beziehungen stehen nun die einzelnen Ord- nungen und Familien der Radiolarien zu einander? welche von ihnen gleichen am meisten den hypothetischen Grundformen der ganzen Classe? in welcher Weise haben sich aus diesen Grundformen die jetzt lebenden Arten entwickelt? Diese Fragen lassen sich wegen unserer mangelhaften Kenntnisse von der geologischen Verbreitung der Radiolarien zwar noch nicht mit Bestimmtheit entscheiden; immerhin lässt sich aber auf Grund der Beobachtungen über den Bau der lebenden Repräsentanten schon jetzt eine befriedigende Vorstellung gewinnen. Die Ausgangsformen der Radiolarien müssen skeletlos gewesen sein; dies 1. Das System der Radiolarien. 263 wird durch zwei Momente bewiesen, erstens dadurch, dass es immer noch skeletlose Arten giebt, und zweitens dadurch, dass sich die Skelete nicht auf einen gemeinsamen Typus zurückführen lassen. Die Urradiolarien müssen ferner nur einen einzigen Kern besessen haben, da dies bei der Mehrzahl auch jetzt noch der Fall ist und viele Kerne gewöhnlich nur zur Zeit der Fortpflanzung beobachtet werden. Endlich muss ihre Grundform kugelig, ihre Central- kapselmembran demgemäss allseitig von Porencanälen durchbohrt gewesen sein. Diese beiden letzteren Punkte sind schon oben eingehender begründet worden, so dass ich hier auf das früher Gesagte verweisen kann.‘ In allen diesen Beziehungen gleichen den Grundformen der Radiolarien am meisten die jungen Thiere von Thalassolampe primordialis, bei welchen die intracapsulären Vacuolen noch fehlen, oder auch junge Collozoen, so lange ihr Körper nur von einer einzigen, einkernigen Centralkapsel gebildet wird. Beides sind Organismen mit einer kugeligen Centralkapsel und einem kugeligen Kern, allseitig umhüllt von Gallerte und einem Wald strahlig angeordneter Pseudopodien. Schon frühzeitig hat sich jedenfalls eine Spaltung in die sechs oben genannten Ordnungen vollzogen. Die Thalassicolleen haben eine selbständige Entwicklungsrichtung in Folge der hohen Ausbildung ihres Weichkörper’s eingeschlagen; dieselbe äusserte sich darin, dass im Protoplasma die extracapsulären und intracapsulären Alveolen auftraten und der Kern zu einem Körper von ungewöhnlichen Dimensionen heranwuchs. Den Thalassicolleen sind am nächsten verwandt die Sphaerozoeen und Tripyleen, da bei beiden Gruppen die Gallerte auffallend mächtig ist, die extracapsulären Vacuolen vorkommen, und da bei den Tripyleen ausserdem noch der Kern und die intracapsulären Vacuolen an die Thalassicolleen erinnern. Von den gemeinsamen Stammformen der drei Ordnungen haben sich die Sphaerozoeen und Tripyleen abgezweigt, erstere, indem sie zu vielkernigen Organismen wurden und indem ihre Centralkapseln bei der Theilung zu Colonieen vereint blieben, letztere, indem von den zahlreichen Poren der Kapselmembran im Ganzen nur drei fort bestanden, welche sich zu der Hauptöffnung und den Nebenöffnungen erweiterten. Ursprünglich jedenfalls nackt, haben die Tripyleen ein ihnen eigen- thümliches Skelet entwickelt durch die Ausscheidung von Kieselröhren, die sich entweder getrennt er- halten haben (Aulacanthiden) oder unter einander zu Gitterkugeln verschmolzen sind (Aulo- sphaeriden). Unter den drei übrigen Ordnungen sind die Peripyleen Organismen, bei welchen der Bau der Radiolarien, wenn ich so sagen darf, die am meisten typische Fortbildung erfahren hat; denn zu dem kugeligen Weichkörper gesellt sich hier ein in seiner Grundform kugeliges Skelet. Als die ursprünglichsten Arten unter den Peripyleen betrachte ich mit Haeckel die Heliosphaeren mit ihren zarten von hexagonalen Maschen zusammengesetzten Gitterkugeln, zu denen vielfach noch radiale Stacheln hinzutreten. Aus ihnen entstanden einerseits durch eine Art von Verästelung der Stacheln die Cladococcen, andernseits durch eine im Anschluss an die Stacheln erfolgende Aus- bildung von Kieselnetzen die Arachnosphaeren und Diplosphaeren. Eine Vermehrung der Gitterkugeln führte von den Heliosphaeren zu den Ommatiden, unter denen die Gattung Haliomma wiederum den gemeinsamen Ausgangspunkt für eine ganze Anzahl von Familien abgiebt, Von den Haliommen leiten sich erstens die Spongosphaeriden ab, deren Gitterkugeln eine spongiöse Textur angenommen und sich ausserdem mit unregelmässigen Kieselnetzen umhüllt haben; aus den Haliommen sind zweitens die Dyssphaeriden hervorgegangen, unter denen die Gattung Echino- sphaera nach drei Richtungen hin verwandtschaftliche Beziehungen erkennen lässt; sie schliesst 264 Synthetischer Theil. sich an die Haliommen an und schlägt die Brücke einerseits zu den Tetrapylen und andernseits zu den Lithelien. Die Lithelien wiederum sind die Vorläufer der Diseiden und Spongo- diseiden, zweier Familien, welche sich genetisch zu einander verhalten, wie die Ommatiden und Spongosphaeriden. Die Radiolarien der fünften Ordnung, die Monopyleen, müssen zur Zeit, als sie sich zu einer besonderen Abtheilung gestalteten, skeletlos gewesen sein und etwa eine Organisation besessen haben, wie sie das im Anhang zu den Cyrtiden beschriebene Cystidium inerme, vorausgesetzt dass das- selbe nicht eine‘ Entwicklungsform ist, uns noch jetzt vor Augen führt. Von jungen Individuen der Thalassolampe primordialis unterschieden sie sich dann nur durch die Beschränkung der Kapselporen auf das Porenfeld. Bei dieser Auffassung stütze ich mieh vornehmlich auf die Beobachtung, dass die Skelete der Monopyleen mindestens nach zwei durchaus verschiedenen und nicht auf einander reducir- baren Typen gebaut sind, wodurch mir bewiesen zu werden scheint, dass sie unabhängig von einander und später als die charakteristische Kapselstructur entstanden sind. Ich halte es daher auch für un- möglich, die Skelete irgend einer Monopyleengruppe aus den Gitterkugeln der Peripyleen abzuleiten, wie dies Haeckel für die Gehäuse der Cyrtiden versucht hat. In Folge der Anlage eines Skelets haben sich die Monopyleen in drei Zweige gespalten, in die Acanthodesmiden, die Plagiacanthiden und die Cyrtiden. Die Acanthodesmiden be- gannen mit Lithoeireusartigen Formen und entwickelten sich weiter vermöge einer Vermehrung der ringförmigen Kieselspangen zu den Acanthodesmien und vermöge einer Uebergitterung des pri- mären Kieselrings zu den Zygocyrtiden. Die Plagiacanthiden und Cyrtiden hingen, ehe sie sich von einander trennten, wahrscheinlich an der Wurzel eine Strecke weit mit einander zusam- men, da beide triradiale Skeletformen besitzen. Unter den Cyrtiden sind die Monoeyrtiden die ur- sprünglichsten, die Stichocyrtiden dagegen die Endglieder der Reihe; die genetischen Beziehungen lassen sich hier sogar für die einzelnen Gattungen noch nachweisen, wie wir dies schon früher ge- sehen haben. Die Acanthometreen endlich haben sich wahrscheinlich am frühzeitigsten von dem gemein- samen Stamm der Radiolarien abgelöst; ihre ältesten Vertreter glichen jedenfalls den Arten der Gat- tung Acanthometra und sind die directen Vorfahren der übrigen Acanthometriden und der Acanthophractiden, während die Diploconiden erst spät aus den Acanthometriden und zwar aus den Amphilonchen ihren Ursprung genommen haben. Ob die contractilen Fäden von Anfang an vorhanden gewesen und bei den Acanthophraetiden verloren gegangen sind, oder ob sie bei diesen stets gefehlt und sich erst später bei den Acanthometriden ausgebildet haben, lässt sich nicht ent- scheiden. Zum Schluss füge ich noch einen Stammbaum der Radiolarien bei, der am übersichtlichsten die verwandtschaftlichen Beziehungen der einzelnen Gruppen, wie sie sich aus den hier angestellten Be- trachtungen ergeben, zu erläutern vermag. 2. Das System der Rhizopoden. 265 11. Spongosphaeriden 12. Spongodisciden | Tetrapyle 10. Disceiden 14. Cyrtiden 15. Plagiacanthiden | | | | | | 9. Dyssphaeriden 13. Acanthodesmiden | | —— SEE RE SEES 6. Ommatiden 7. Cladococeiden 8. Arachnosphaeriden 13. Diploconiden | | | | N nm 1. Colliden 4. Sphaerozoiden | 2. Aulosphaeriden 3. Aulacanthiden | 5. Ethmosphaeriden 16. Acanthophractiden 17. Acanthometriden | | | | | | | | I. Thalassicolleen | III. Sphaerozoeen | VI. Acanthometreen | | II. Tripyleen IV. Peripyleen V. Monopyleen | | | a nn a a aa a pe eeeeeeeeeeeeeeeeeeeeÖeÖeee—— | Urradiolarien. 2. Das System der Rhizopoden. Mit dieser Arbeit über die Radiolarien sind eine Anzahl Untersuchungen, welche ich im Laufe der letzten Jahre über den Bau der Rhizopoden angestellt habe, zu einem vorläufigen Abschluss ge- langt; es mag daher hier am Platze sein, meine während der Beobachtung gewonnenen Anschauungen über die Art, in welcher man am natürlichsten und zugleich am zweckmässigsten die Rhizopoden systematisch anordnet, im Zusammenhang zu erläutern und zu begründen. Die Systematik der Rhizopoden ist von jeher ein Gebiet gewesen, auf welchem die Ansichten der Forscher in den wichtigsten Punkten auseinander gingen. In früheren Zeiten war dies vorwiegend durch die ungenügende Erkenntniss der Organisation und die Unbekanntschaft mit zahlreichen erst in den letzten Decennien entdeckten Formen begründet; in der Neuzeit dagegen, wo wohl kaum noch erheblichere Meinungsverschiedenheiten bei der morphologischen Beurtheilung der Rhizopoden geltend gemacht werden können, ist eine Einigung vorwiegend dadurch verhindert worden, dass über die Be- deutsamkeit der systematisch verwerthbaren Charaktere keine Uebereinstimmung existirt. Bei Organis- men von so einfachem Bau fehlt es an Kriterien, um zu entscheiden, welche Merkmale von grösserer Constanz sind und welche umgekehrt am meisten variiren oder mehrfach entstanden sein können, so dass dem Ermessen des einzelnen Forschers ein weiterer Spielraum als bei der Eintheilung der höher organisirten Thiere gelassen ist. Wenn ich hier selbst anerkenne, dass die persönliche Anschauungsweise immer eine grosse Rolle in den Rhizopodensystemen spielen wird, so glaube ich doch, dass ein Punkt zur allgemeinen Anerkennung gelangen sollte; es ist dies die Zusammengehörigkeit aller Rhizopodenab- Jen. Denkschriften II. 3. 34 266 Synthetischer Theil. theilungen und die Nothwendigkeit, dieselben in einer einzigen Gruppe zu vereinen, welche gleich- berechtigt neben die Flagellaten, Infusorien (Ciliaten und Acineten) und Gregarinen zu stellen wäre und wie diese entweder ein Subphylum im Stamm der Protozoen oder ein Phylum im Reich der Protisten bilden würde. Eine solche Zusammenfassung sämmtlicher Rhizopoden wurde früher von allen Zoo- logen gebilligt und ist erst in der Neuzeit von einigen Forschern, welche die einzelnen Classen der Radiolarien, Thalamophoren, Lobosen, Moneren ete. völlig getrennt aufführen, aufgegeben worden. In einer früheren Arbeit!) habe ich daher Veranlassung genommen, die wichtigen Merkmale, in welchen die Rhizopoden unter einander übereinstimmen, aber von allen anderen Protisten abweichen, und welche vor Allem die Art ihrer Ernährung und ihrer Fortbewegung betreffen, auf's Neue zusammenzustellen ; später hat sich dann auch F. E. Schulze?) dafür ausgesprochen, dass die Rhizopoden als eine einheitliche Gruppe beibehalten werden müssen. Hier möchte ich nur noch ein Moment betonen, dass nämlich eine Zerstückelung der Rhizopodenabtheilung ebenso unzweckmässig ist, als sie mir unnatürlich erscheint. Denn durch die Bildung zahlreicher kleiner unabhängiger Gruppen wird die Uebersichtlichkeit des Systems wesentlich getrübt, so dass es verständlich wird, dass ein derartiges Verfahren in die meisten Lehrbücher (Claus, Gegenbaur, Schmidt) keinen Eingang gefunden hat. Bei der Eintheilung der Rhizopoden geht man am besten von den Formen aus, deren Zusammengehörigkeit allgemein anerkannt wird; es sind dies die beiden Classen der kalkschaligen Thalamophoren, der Foraminiferen oder Polythalamien, und ferner der Radiolarien in dem Um- fang wie sie von Joh. Müller, von Haeckel und auch von mir in dieser Arbeit aufgefasst worden sind. Kann man diese beiden Classen als festbegründet betrachten, so fragt es sich weiter, in welchem Verhältniss zu ihnen die übrigen Rhizopoden, die Heliozoen, die chitin- schaligen Thalamophoren, die Amoebinen und Moneren stehen. Auch diese Frage ver- einfacht sich wesentlich, da bei den Heliozoen nur die Beziehungen zu den Radiolarien, bei den drei anderen Abtheilungen nur die Beziehungen zu den kalkschaligen Thalamophoren strittig sein können. Die Heliozoen haben mit den Radiolarien die sphaerische Grundform und die strahlig ange- ordneten spitzen und häufig von Axenfäden gestützten Pseudopodien gemein, dagegen unterscheiden sie sich anatomisch durch den Mangel der Kapselmembran und der Gallertumhüllung und ent- wieklungsgeschiehtlich dadurch, dass ihr Körper bei der Fortpflanzung niemals in zahlreiche kleine Schwärmsporen zerfällt. Da die zuletzt hervorgehobenen drei Merkmale durch die gesammte Classe der Radiolarien hindurch verfolgt werden können, so ergiebt sich hieraus, dass die Heliozoen nicht ohne Weiteres in die Classe aufgenommen und den sechs Ordnungen derselben als eine siebente angeschlossen werden können, sondern dass sie als eine Gruppe angesehen werden müssen, die mit den Radiolarien zwar verwandt ist, sich aber sehr früh von ihnen abgezweigt hat. In meiner früheren Arbeit?) habe ich daher zwei Verfahren als gleichberechtigt bezeichnet; entweder man führt, wie dies Haeckel, Claus und ich selbst thuen, Radiolarien und Heliozoen als zwei be- sondere Rhizopodenclassen auf, oder man behandelt sie als zwei Ordnungen einer gemeinsamen (lasse; für diese kann man dann den Namen Radiolarien anwenden und die Radiolarien s. str. als Cytophora 1) R. Hertwig und E. Lesser, Ueber Rhizopoden und denselben nahestehende Organismen. Einleitung. Archiv f. mikroskop. Anat. Bd. X. Suppl. 2) F. E. Schulze, Rhizopodenstudien VI, 2. Hypothetischer Stammbaum der Rhizopoden. Archiv f. mikroskop. Anat. Bd. XII, S. 21. 3) R. Hertwig, Zur Histologie der Radiolarien. 8, 82. Leipzig 1876. 2. Das System der Rhizopoden. 267 den Heliozoen gegenüberstellen. Dagegen ist es unstatthaft, nach dem Vorgang von Greeff und Selenka, die Heliozoen ganz in die Classe der Radiolarien aufgehen zu lassen. Grösseren Schwierigkeiten begegnen wir bei der Entscheidung der Verwandtschaft der kalkschaligen Thalamophoren mit den Rhizopoden, welche nach Ausschluss der Heliozoen und Radiolarien übrig bleiben. Wenn wir zunächst die Moneren unberück- sichtigt lassen, so gehören hierher 1. Organismen mit einer chitinigen, sack- oder flaschenförmigen, einkammerigen Schale, derentwegen wir sie kurz Monothalamien nennen können; dieselben besitzen entweder spitze verästelte oder stumpfe unverästelte Pseudopodien; 2. gehören hierher Formen mit unregelmässigen Hüllen von wechselnder Gestalt und Structur, die Lepamoeben; 3. schalenlose For- men, die Gymnamoeben. Claus!) vereinigt alle diese Rhizopoden mit den kalkschaligen Thalamo- phoren unter dem Namen Foraminiferen; Haeckel?) und Schulze dagegen verfahren in dieser Weise nur mit den durch spitze Fortsätze ausgezeichneten Monothalamien, während sie aus dem Rest (den Monothalamien mit stumpfen Pseudopodien, den Lepamoeben und Gymnamoeben) in Ueberein- stimmung mit Carpenter?) die Gruppe der Lobosen bilden. Wie Carpenter, theilen sie somit die Rhizopoden, abgesehen von den Radiolarien und Heliozoen, nach der Beschaffenheit der Pseudo- podien ein, welche das eine Mal vorwiegend spitz, verästelt und anastomisirend (retieulärer Typus), das andere Mal stumpf und unverästelt (lappiger Typus) sein sollen. Beiden Eintheilungsweisen kann ich nicht beistimmen. Will man die Classe der Foraminiferen ausdehnen, wie es Claus thut, so muss man die Definition für dieselbe entweder so weit fassen, dass sie auf alle Rhizopoden passt, oder man muss, wenn man sie praeeiser formulirt, darauf ver- ziehten, dass sie für alle Formen der Classe Geltung hat. So würden streng genommen bei der von Claus gegebenen Definition alle schalenlosen Amoebinen nicht mit inbegriffen sein. Durch die von Haeckel und Schulze vertretene Eintheilung wird nun eine allerdings noth- wendige Trennung der in Frage kommenden Rhizopoden in zwei Gruppen durchgeführt, allein wie ich glaube, am unrichtigen Ort. Die Einwände, welche ich den beiden Forschern zu machen habe, wenden sich in erster Linie gegen das ganze Eintheilungsprineip. Wenn auch im Grossen und Ganzen ein Unterschied zwischen den stumpfen und lappenförmigen Pseudopodien der Lobosen und den spitzen und fadenförmigen Pseudopodien der Retieularien existirt, so ist derselbe doch nicht so scharf ausgeprägt, dass er bei der systematischen Anordnung der Rhizopoden in erster Linie Berück- sichtigung verdiente; vielmehr gehen beide Pseudopodienarten so allmählig in einander über, dass manche Retieularien und Lobosen in dieser Hinsicht einander näher stehen als den extremsten Formen ihrer Abtheilung. Um dies gleich an einem bestimmten Beispiel zu illustriren, so weichen die kleinen, spärliehen, kaum verästelten und niemals anastomosirenden homogenen Fäden einer Trinema oder selbst einer Euglypha von dem unendlich verwickelten, weit ausgebreiteten, von Körnchen durch- strömten Protoplasmanetze einer Gromie viel mehr ab, als von den ebenfalls spitzen homogenen und einzig und allein etwas diekeren Pseudopodien eines Cochliopodium. Diese hinwiederum sind Etwas ganz anderes als die breiten Sarkodeströme, mit denen sich viele Amoeben fortbewegen und die nicht einmal als Pseudopodien bezeichnet werden können, da sie nicht gesonderte Fortsätze der Körper- masse sind, sondern die fliessende Körpermasse selbst. Ich sehe daher nicht ein, wesshalb man wegen 1) €. Claus, Grundzüge der Zoologie. IV‘ Auflage. Marburg 1879. 2) E. Haeckel, Das Protistenreich. Eine populäre Uebersicht über das Formengebiet der niedersten Lebewesen. Mit einem wissenschaftlichen Anhange. Das System der Protisten. Leipzig 1878. 3) W. Carpenter, Introduction to the Study of the Foraminifer.. Ray Society. London 1862. 34 0 268 Synthetischer Theil. der Pseudopodienformen die Cochliopodien mit den Amoeben zu den Lobosen, die Trinemen dagegen mit den Gromien ete. zu den Retieularien rechnet. Ein weiterer Einwand ist gegen die Consequenzen des in Rede stehenden Eintheilungsprineips gerichtet. Bei rücksichtsloser Durchführung desselben müssten die Mono- thalamien mit spitzen, aber niemals anastomosirenden Pseudopodien, welche auf den Namen Reticula- rien somit gar kein Anrecht haben, die Euglyphen, Plagiophryen, Trinemen ete. den Heliozoen ange- reiht werden, wie dies Claparede, Lachmann und Carpenter früher auch gethan haben. Dieser offenbar vollständig unnatürlichen Eintheilungsweise sind Haeckel und Schulze allerdings nicht beigetreten, dagegen trennen sie wie die genannten Forscher die Arcellen, Difflugien ete. von den übrigen Monothalamien und stellen sie zu den Amoeben und Amphizonellen, ein Verfahren, das ich ebenfalls nicht für naturgemäss halten kann, weil die Monothalamia Lobosa und M. Retieularia im Bau der Schale und des Weichkörpers mit alleiniger Ausnahme der Pseudopodien in jeder Beziehung einander gleichen. Beide Gruppen besitzen eine flaschenförmige oder sackförmige Schale, die meisten- theils an einem Ende geschlossen ist und am anderen Ende eine Oeflnung trägt und deren Wandungen aus Chitin bestehen und entweder glatt oder getäfelt oder mit Fremdkörpern inerustirt sind; bei beiden Gruppen sondert sich der Weichkörper gewöhnlich in ein trübkörniges und ein homogenes Proto- plasma, wobei das eine dem vorderen, das andere dem hinteren Schalenabschnitt angehört, das eine die aufgenommene Nahrung, das andere den Kern umschliesst; bei beiden können eontractile Vacuolen vorhanden sein oder auch fehlen. Kurz, die Uebereinstimmung geht so weit, dass für den Fall, dass keine Pseudopodien ausgesandt sind und die Form derselben unbekannt wäre, man nicht im Stande sein würde, viele Reticularien und Lobosen generisch zu unterscheiden. Wenn wir z. B. die Difflugien und Pleurophryen und ebenso die Hyalosphenien und Plagiophryen nicht zu einem Genus vereinen, wenn wir ferner die Quadrulen nicht mit den Euglyphen und Trinemen zusammen in dieselbe Familie bringen, so geschieht es allein mit Rücksicht auf ihre Pseudopodien. Soll man nun alle die hier her- vorgehobenen übereinstimmenden Merkmale bei der Systematik einem einzigen Charakter zu Liebe vernachlässigen? Würde man dann nicht die systematische Bedeutung dieses Merkmals weit über- schätzen ? Hierzu kömmt noch ein praktischer Gesichtspunkt, welcher gegen die Trennung der Monothalamien in zwei Abtheilungen spricht. Die Eintheilung nach den Formen der Pseudopodien lässt sich auf alle Arten, die wir nur nach den Schalen kennen, also namentlich auf alle fossilen Arten, nicht anwenden, da gleiche Schalen bei den Retieularien und Lobosen vorkommen können. Hier lässt uns somit das Eintheilungsprincip im Stiche und erweist sich als unzweckmässig. Nach meiner An- sicht aber verdienen Zweckmässigkeitsgründe bei der Systematik der Rhizopoden um so mehr Beach- tung, je problematischer es ist, dass man hier, sei es in der einen oder der anderen Weise ein na- türliches System erreicht. Durch alle diese Gründe werde ich bestimmt, die Monothalamien in der Weise, wie es M. Schultze!) zuerst befürwortet hat, ohne Rücksicht auf die Pseudopodien in einer einzigen Gruppe zu belassen. Dieselbe muss zweifellos in der Classe der Thalamophoren, deren Umfang ich in einer frü- heren Arbeit?) näher festzustellen versucht habe, ihr Unterkommen finden. Man kann sie den Fami- 1) M. Schultze, Ueber den Organismus der Polythalamien, nebst Bemerkungen über die Rhizopoden im Allge- meinen. Leipzig 1854. 2) R. Hertwig, Bemerkungen zur Organisation und systematischen Stellung der Foraminiferen. Jenaische Zeit- schrift Bd. X, 8. 41. 2. Das System der Rhizopoden. 269 lien derselben direet einverleiben, wie ich es früher gethan habe, und sie dann als einen Theil der Imperforaten betrachten; man kann sie aber auch wegen ihrer häutigen Schale als eine besondere Gruppe neben den kalkschaligen Formen aufführen. Es würden dann die Thalamophoren zunächst in zwei Abtheilungen zerfallen: 1. die chitinschaligen oder Monothalamien, 2. die kalkschaligen, die man Polythalamien nennen kann, da unter ihnen nur einige wenige Formen einkammerig sind. Die wichtigsten und in ihrer Erscheinung am meisten bestimmten Formen der Rhizopoden wären so in drei resp. zwei Hauptelassen untergebracht, die Heliozoen, Radiolarien und Thala- mophoren; es bleiben dabei noch zahlreiche Arten übrig, welche jenen Classen nicht zugezählt werden können und daher noch besonders besprochen werden müssen. Zum Theil sind es Organismen von sehr charakteristiichem Bau, wie die Sticholonche, welche aber isolirt dastehen und als aberrante Typen anzusehen sind, wie sie ja auch in höher organisirten Stämmen angetroffen werden. Zum an- deren Theil aber sind es Organismen, die so wenig Speeifisches besitzen, dass bei manchen ihre Art- berechtigung in Zweifel gezogen werden kann; hierher gehören die zahlreichen Amoeben. Da die verwandtschaftlichen Beziehungen aller dieser Rhizopoden sich nun doch einmal unserem Urtheil ent- ziehen, bilde ich aus ihnen zwei künstliche Gruppen, die kernhaltigen Amoeben und die kernlosen Moneren, und unterscheide in einer jeden derselben schalenlose (Gymnamoeben, Gymnomoneren) und beschalte (Lepamoeben, Lepomoneren) Formen. Um das System der Rhizopoden, welches ich hier vorgeschlagen habe, zu veranschaulichen, gebe ich von ihm auf der folgenden Seite noch eine tabellarische Uebersicht; zu derselben habe ich zu bemerken, dass an zwei Stellen Modificationen angebracht werden können, 1. bei der Anordnung der Heliozoen und Radiolarien und 2. bei der Eintheilung der Thalamophoren. Ich habe daher der Haupt- tabelle noch zwei Ergänzungstabellen hinzugefügt, welche diese Modificationen enthalten. 270 Synthetischer Theil. Rhizopoda. Einzellige Organismen, welche sich mit wechselnden Fortsätzen ihrer protoplasmatischen Leibessubstanz (Pseudopodien oder Scheinfüsschen) fortbewegen und ernähern. I. Moneres. Rhizopoden ohne Kern, von unbestimmter wechselnder Form. 1. Gymmomoneres. Moneren ohne Skelet. 2. Lepomoneres. Moneren mit Skelet. II. Amoebina. Rhizopoden mit einem oder mehreren Kernen, von unbestimmter wechselnder Form, skeletlos oder mit einem unregelmässigen Skelet. 1. Gymmamoebae. Amoebinen ohne Skelet. 2. Lepamoebae. Amoebinen mit Skelet. IN. Thalamophora. Rhizopoden mit einem oder mehreren Kernen und einer chitinösen, der Anlage nach mona- xonen Schale, welche meist verkalkt und stets 1—2 Oeffnungen zum Durchtritt der Pseudo- podien besitzt. 1. Monothalamia. Schale einkammerig, nicht verkalkt. a. Amphistomata. Schale an beiden Polen geöffnet. b. Monostomata. Schale am einen (oralen) Pole geöffnet, am anderen (aboralen) Pole geschlossen. 2. Polythalamia. Schale verkalkt, mit einer Oefinung am oralen Pole, meist aus vielen Kammern bestehend, welche in einer geraden oder einer (spiralig oder unregel- mässig) gekrümmten Reihe hinter einander liegen. a. Imperforata. Schalenwand solid. b. Perforata s. Foraminifera. Schalenwand von zahllosen kleinen Poren- canälen durchsetzt. IV. Heliozoa. Rhizopoden von kugeliger Gestalt, mit einem oder mehreren Kernen, mit strahlenartig von allen Punkten der Körperoberfläche entspringenden spitzen und fadenförmigen Pseudo- podien. 1. Aphrothoraca s. Actinophryidae. Heliozoen ohne Skelet. 2. Chalarothoraca Ss. Acanthocystidae. Heliozoen mit einem Skelet, welches aus getrennten Stücken besteht. 3. Desmothoraca s. Clathrulimidae. Heliozoen mit einer Gitterkugel. V, Radiolaria. 2. Das System der Rhizopoden. 271 Rhizopoden von kugeliger Gestalt, mit einem oder mehreren Kernen, welche mit einem Theil der Sarkode vereint und von einer Membran umschlossen die Centralkapsel bilden; mit einer Gallerthülle und mit strahlenartig von der Körperoberfläche entspringenden spitzen, fadenförmigen Pseudopodien. 1l. SS Thalassicolleen. Sphaerozoeen. Tripyleen. Peripyleen. Monopyleen. Acanthometreen. Ergänzungstabelle 1. . II. Thalamophora. 1l, Imperforata. 'Thalamophoren mit einer ein- oder vielkammerigen, chitinösen oder verkalkten Schale, die 1—2 Oeffnungen, aber keine Porencanäle besitzt. a. Amphistomata. b. Monostomata. 2. Perforata s. Foraminifera. Thalamophoren mit einer meist vielkammerigen verkalkten IV. Radiolaria. Schale, welche ausser der in Einzahl vorhandenen Oefinung zahlreiche Poren- canäle besitzt. Ergänzungstabelle 2. Rhizopoden von kugeliger Gestalt, mit einem oder mehreren Kernen, mit strahlenartig von der Körperoberfläche entspringenden spitzen, fadenförmigen Pseudopodien. 1. Heliozoa. Radiolarien ohne Centralkapsel. 2. Cytophora. Radiolarien mit Centralkapsel. Erklärung der Abbildungen. Für alle Figuren gelten folgende Bezeichnungen: a Hauptöffnung in der Centralkapsel der Tripyleen. k Pseudopodienkegel der Monopyleen. b Nebenöffnungen in der Centralkapsel der Tripyleen. m Kapselmembran. e Concretionen. n Kern (Binnenbläschen). d Markschale der Dyssphaeriden. o Oelkugeln. e die vier Oeffnungen in der Rindenschale der Tetrapylen. p Porenfeld der Monopyleen. e die vier Oeffnungen zweiter Ordnung. q Markschale der Sphaerideen. f contractile Fäden (Gallerteilien) der Acanthometriden. r Rindenschale der Sphaerideen. g gelbe Pigmentzellen der Acanthometriden. s Stützfäden in der Gallerte der Acanthometriden. h die überhängenden Dächer in der Rindenschale der Tetra- v intracapsuläre Vacuolen. pylen. Die Angaben über Vergrösserungen beziehen sich auf Zeiss’sche Systeme. Tafel I. Acanthometreen. Fig. 1. Acanthochiasma rubescens. Gallerte von der Fläche betrachtet; im Umkreis der in der Mitte der Figur gelegenen Stachelspitze verlaufen die feinen, eine polygonale Figur zusammensetzenden Stützfasern der Gallerte; ferner ist das Protoplasmanetz der Gallertoberfläche sichtbar und die durch die Stützfasern hindurehtretenden Pseudo- podien. D. Oe. 1. Fig. 2. Acanthometra elastica im lebenden Zustand mit ausgebreiteten Pseudopodien und contractilen Fäden; zwei der Stacheln übertreffen die übrigen an Grösse, was jedoch nicht immer der Fall ist. D. Oc. 1. Fig. 2a. Ein Stück der Centralkapsel bei stärkerer Vergrösserung, um zu zeigen, wie die Axenfäden der Pseudopodien in die Centralkapsel eindringen. An einem Stachel die eontractilen Fäden im ausgedehnten Zustand, am anderen contrahirt. J. Oe. 1. ' Fig. 2b. Gelbe Körper nach Carminosmiumbehandlung mit deutlichem Kern. J. Oe. 2. Fig. 3. Amphilonche belonoides. Gelbe Körper mit Kern. Osmiumcarminpräparat. J. Oe. 2. Fig. 4. Contractile Fäden von Acanthometra serrata im ausgedehnten und contrahirten Zustand. F. Oe. 1. Fig. 5. Centralkapsel von Acanthometra Claparedei nach Osmiumearminbehandlung mit zahlreichen Kernen, von denen ein jeder ein nucleolusartiges Korn enthält. Fig. 5a. Gelbe Pigmentzellen und Entwicklungsformen derselben. J. Oe. 2. Fig. 6. Dorataspis erucifera nach Carminosmiumbehandlung mit gelben Körpern und Kernen. D. Oc. 2. Fig.7. Acanthometra serrata mit ausgestreckten eontractilen Fäden und Pseudopodien; erstere an einzelnen Stellen in Contraction begriffen. D. Oc. 2. Fig. 8. Gelbe Pigmentzellen von Acanthostaurus purpurascens nach Osmiumcarminbehandlung. J. Oe. 2. Fig. 9. Junger einkerniger Acanthostaurus purpurascens nach Carminosmiumbehandlung. €. Oc. 1. Fig. 10. Acanthometra Claparedei. Uebergang vom einkernigen in den vielkernigen Zustand. Ausser kleinen Kernen mit einfachem nueleolusartigen Korn vier grosse wurstförmige Kerne mit zahlreichen solchen Körnern. Osmium- carminpräparat. J. Oc. 2. Tafel II. Acanthometreen. Fig. 1. Junger Acanthostaurus mit einem Kern. Osmiumpräparat. J. Oc. 1 etwas verkleinert. Fig. 2 Kerne einkerniger Acanthometriden, nach Osmiumcarminbehandlung. a. einer Acanthometra cuspidata J. Oc.2; b. einer grösseren Xiphacantha serrata J. Oc. 2; c. einer jungen Amphilonche belonoides J. Oc. 1. Fig. Fi go Fig. Fig. Erklärung der Abbildungen. 2753 3. Diploconus fasces nach Osmiumearminbehandlung; Skelet dureh Salzsäure gelöst; die Hauptstacheln sind zur Orientirung eingezeichnet. Man sieht in der Centralkapsel vier durch die Tropenstacheln wahrscheinlich bedingte Schlitze und ferner zahlreiche Kerne. F. Oe. 1. .4. Xiphacantha serrata mit ausgebreiteten Pseudopodien und Gallerteilien. Die Gallerte umhüllt die Stacheln bis zur Spitze mit ansehnlichen Callertseheiden. Auf ihrer Oberfläche (vergl. den oberen Theil der Figur) verlaufen feine Stützfasern nnd verbreitet sieh ein engmaschiges Sarkodenetz. Ein Sarkodenetz findet sich auch im Inneren der Gallerte (vergl. den unteren Theil der Figur), ausgehend von dem Pseudopodienmutterboden, der durch einen Zwischenraum von der Kapselmembran getrennt wird. ‘Die Pseudopodien sind in regelmässigen Reihen im Umkreis der Stacheln angeordnet. Die contractilen Fäden zum Theil im verkürzten, zum Theil im ausgestreckten Zustand. D. Oe. 1. .5. Junge Acanthometra cuspidata mit grossem Kern, der durch die Anordnung der Stacheln gezwungen wird, eine gelappte Form anzunehmen. Osmiumcarminpräparat. J. Oc. 2 etwas verkleinert. .6. Junges Acanthochiasma Krohnii mit grossem gelapptem Kern. J. Oc. 2 etwas verkleinert. .7. Die eontractile Membran von Acanthochiasma rubescens, das eine Mal (a) im eontrahirten Zustand, das andere Mal (b) ausgedehnt, mit der zugehörigen Stachelspitze. F. Oe. 2. . 8. Pseudopodien einer Acanthometra in Contraction begriffen. F. Oe. 2. Tafel III. Acanthometreen, Thalassicolleen und Sphaerozocen. g.-1. Thalassicolla sanguinolenta; enueleirte Centralkapsel im frischen Zustand mit einem in spitze Fortsätze aus- gezogenen Binnenbläschen, intracapsulären Vacuolen und Oelkugeln, sowie einer radiär streifigen Rindenschicht. D. Oe.1. .2. Kern einer einkernigen Amphilonche belonoides; Nucleolus in zwei Substanzen differenzirt; beginnende Ein- stülpung der Kernmembran. J. Oc. 2. . 3. Kern einer einkernigen Acanthometra sp.? Nucleolus in zwei Substanzen differenzirt. J. Oec. 2. .4. Kern einer Thalassicolla pelagica mit blindsackförmigen Ausstülpungen und wurmförmig gewundenem Nucleolus; Osmiumcarminpräparat. D. Oe. 2. .5. Thalassolampe primordialis im frischen Zustand; mit gelben, nicht cellulären Pigmentkörpern in der extra- capsulären Sarkode. D. Oc. 21/,. . 6—15. Osmiumcarminpräparate, mit Ausnahme von Fig. 11. g.6. Ein in Kernvermehrung begriffener Acanthostaurus purpurascens; ein Theil der aus der Centralkapsel iso- lirten Kerne. J. Oc. 2. . 7. Ein in Kernvermehrung begriffener Acanthostaurus purpurascens; einer der grossen wurstförmigen Kerne zerfällt nach der Anzahl der Nucleoli in kleine Stücke. J. Oe. 2. .8. Eine in Kernvermehrung; begriffene Dorataspis. J. Oc. 2. g. 9. Kern einer einkernigen Acanthometra sp.? nach Auflösung des Nucleolus; das eine Mal (9a) von oben, das andere Mal von der Seite (9b) gesehen. J. Oc. 2 verkleinert. . 10. Kern einer einkernigen Acanthometra serrata, das eine Mal (10a) von der Seite, das andere Mal (10b) von innen gesehen. Nucleolus in zwei Substanzen differenzirt, Kernmembran eingestülpt. J. Oc. 2 etwas verkleinert. . 11. Pseudopodien mit Axenfäden von Xiphacantha serrata nach Behandlung mit 1°/, Osmiumsäure. J. Oc. 2. . 12. Collozoum inerme mit drei Centralkapseln, von welchen zwei einen Kern, die dritte (einem anderen Präparat angehörige) drei Kerne enthält. Strahlige Anordnung des Protoplasma bei zwei Centralkapseln auf dem optischen Durchschnitt, bei der dritten von der Oberfläche gesehen. D. Oc. 1. . 13. Stachel eines Acanthostaurus purpurascens von Essigsäure theilweise gelöst. J. Oc. 2. . 14. Kern emer einkernigen Acanthometra Claparedei, wie bei Fig. 10a, nur dass der Nucleolus aus drei Theilen besteht. J. Oc. 2 etwas verkleinert. - - - = . - E 15. Kern eines einkernigen Acanthostaurus purpurascens mit anliegendem Stachel; man sieht von oben auf die Einstülpungsstelle der Kernmembran und überblickt die strahlige und eirculäre Fältelung derselben. J. Oc. 2 etwas verkleinert. Tafel IV. Peripyleen. (Alle Figuren nach in Nelkenöl eingeschlossenen Osmiumcarminpräparaten gezeichnet.) 1. Haliomma erinaceus. In der Centralkapselmitte liegt der runde, die Markschale umschliessende Kern (Binnen- bläschen); Protoplasma der Centralkapsel radialstreifig. F. Oe. 1. 2. Haliomma sp.? Die Centralkapsel enthält ausser dem mehrere Nucleoli und die Markschale umschliessenden Haupt- kern noch eine Anzahl kleiner Kerne. J. Oe. 2. Jen. Denkschriften II. 3. {ee} o. Fig. Fig. Fig. Fig. ig. 10. [2 ax Erklärung der Abbildungen. Rhizosphaera trigonacantha in Schwärmerbildung begriffen; die Centralkapsel von kleinen Kernen erfüllt, von denen ein Theil ausgetreten ist und zwischen denen noch ein Rest des Hauptkerns liest. F. Oc. 2. Actinomma asteracanthion (?). Der centrale Kern umschliesst die Markschale; Protoplasma der Centralkapsel radialstreifig. F. Oc. 1. Junge Spongosphaera streptacantha. Die Kieselnetze sind in Bildung begriffen, die Markschale liegt im Kern, die Rindenschale ausserhalb desselben, aber im Inneren der Centralkapsel. J. Oc. 2. Fig. 5a. Enucleirter Kern eines ausgebildeten Thiers, welcher auch die Rindenschale umwachsen hat. J. Oe. 2. Haliomma echinaster (?) mit abgebrochener Rindenschale; Markschale im Kern eingeschlossen. J. Oe. 1. Ausgebildete Tetrapyle oetacantha auf dem optischen Querschnitt gesehen und so gelagert, dass man rechts und links die vier Oeffnungen haben würde. In dem Centrum der dreilappige Kern mit drei Nucleoli, nur der mittelste Lappen liegt in der Markschale. J. Oec. 2. Skelet einer tetrapyleartigen Echinosphaera datura, die Stucheln der Oberfläche zum grossen Theil ab- gebrochen, im Inneren der Markschale rechts und links die vier an Tetrapyle erinnernden Oeffnungen. Fig. 8a. Das ganze Thier auf dem optischen Querschnitt gesehen; von der Markschale umschlossen der gelappte Kern; die Mark- schale mit der Rindenschale rechts und links eng verbunden. J. Oec. 2. Gitter der Rindenschale eines Haliomma echinaster. Fig. 9a. Unregelmässige Stelle in demselben. Rhizosphaera trigonacantha, junges Thier, nach einem Canadabalsampräparat; der radialstreifige, mit einem Nucleolus versehene Kern nach einem Glycerinpräparat eingezeichnet; Protoplasma der Centralkapsel ebenfalls radialstreifig. F. Oc. 2. Tafel V. Peripyleen. Diplosphaera graeilis (f). Centralkapsel mit blindsackförmigen Ausstülpungen bedeckt, welche durch die Ma- schen der Gitterkugel hervorgestülpt sind; die Gitterkugel selbst ist verdeckt und nur die von ihr entspringenden Stacheln sichtbar; Osmiumpräparat. D. Oe. 2 verkleinert. Fig. 1a. Das enueleirte Binnenbläschen oder der Kern mit dieker getüpfelter Kernmembran und anhängenden Protoplasmafäden. F. Oe. 1. Fig. 1b. Ein Stück von der Oberfläche der zerzupften Centralkapsel; zwischen den Aussackungen sind die Maschen der Gitterkugel sichtbar. F. Oe. 2. j Diplosphaera spinosa. Lebendes Thier mit ausgebreiteten Pseudopodien; vom Skelet ist die untere Hälfte nicht ganz ausgezeichnet. D. Oc. 1. Fig. 2a. Centralkapsel nach Osmiumcarminbehandlung; Kern mit vielen Kern- körperchen; Protoplasma in keilförmige radiale Stücke zerfallen. F. Oc. 1. Fig. 2b. Das Mosaik der Enden der keilförmigen Protoplasmastücke von der Fläche gesehen. F. Oc. 1. Arachnosphaera myriacantha. Kern mit vielen Kernkörperchen isolirt. Osmiumearminpräparat. F. Oe. 2. Heliosphaera sp.? Enucleirter Kern eines abgestorbenen Thieres mit abgehobener Kernmembran. J. Oc. 2. Heliosphaera actinota. Radiale keilförmige Protoplasmastücke durch Zerzupfen isolirt, das eine Mal (a) von der Fläche, das andere Mal (b) von der Seite gesehen. Osmiumcearminpräparat. J. Oe. 2. Heliosphaera tenuissima. CÜentralkapsel nach Osmiumearminbehandlung; Kern mit zwei Nucleoli und höcke- riger Kernmembran. Protoplasma in breite Keile zerfallen. J. Oc. 2. Tafel VI. Peripyleen. Echinosphaera datura. Skelet. Fig. 1a. Die zugehörige Centralkapsel, nach Behandlung mit Osmiumearmin in Glycerin aufgehellt, mit dem in der Markschale gelegenen Kern. J. Oc. 2. Tetrapyle oetacantha. Skelet eines ausgebildeten Thieres, so gesehen, dass man das eine Mal die vier Oeff- nungen der Rindenschale links und rechts vor sich hat, das andere Mal (Fig. 2a) gerade auf zwei derselben sieht. J. Oe. 1. Echinosphaera datura. Skelet erinnert schon an die Tetrapylen, indem es auf einer Seite zwei Oeffnungen in der Rindenschale hat. Fig. 3a. Dasselbe um einen Winkel von 90° gedreht. J. Oe. 1. Lithelius primordialis. Skelet das eine Mal von der Oberfläche abgebildet, ‘um den Uebergang der inneren Windung der Rindenschale in den zweiten Umlauf zu zeigen, das andere Mal (Fig. 4a) auf dem optischen Durch- schnitt. J. Oe. 1 etwas verkleinert. Junge Tetrapyle oetacantha. Skelet genau so gelagert, wie das in Fig. 2a gezeichnete, um darzustellen, wie aus der Verwachsung der überhängenden Dächer (h) die secundären Oeffnungen (e') in Fie. 2a entstehen. Fig. 5a. Dasselbe Skelet um einen Winkel von 90% gedreht; die primären Oeffnungen (e) der Rindenschale sicht- bar. J. Oe. 1. Fig. Fig. Fig. Fig. SI [e>) or D Erklärung der Abbildungen. 275 Lithelius alveolina. Skelet auf dem optischen Querschnitt gesehen; die Stacheln nicht ausgezeichnet. J. Oc. 2. Stylodietya arachnia. Junges Thier nach Osmiumearminbehandlung in Canadabalsam eingeschlossen und von der Fläche betrachtet; Stacheln nicht ausgezeichnet (dasselbe gilt auch von den folgenden Figuren). J. Oc. 1. Fig. 7a. Schale eines älteren Thieres auf die Kante gestellt und auf dem optischen Durchschnitt betrachtet. Fig. 7b. Dieselbe um einen Winkel von 90° gedreht; in beiden Fällen ist die Schale durch ein nur schwach ver- dünntes Glycerin aufgehellt. J. Oe. 1. Stylospira arachnia. Schale unter einem kleinen Winkel geneigt von der Fläche betrachtet. Fig. 8b. Schale rein von der Fläche gesehen. Fig. 8a. Schale auf die Kante gestellt; optischer Durchschnitt. Aufhellung durch schwach verdünntes Glycerin. D. Oc. 21/,. Stylospira quadrispina. Schale auf die Kante gestellt; man sieht das Gitter des äussersten Umlaufs und darunter das Gitter des nächstfolgenden. Aufhellung in mässig verdünntem Glycerin. J. Oe. 1. Euchitonia Virchowii. Ein Theil des Körpers mit seiner Gallertumhüllung, seiner „Sarkodegeissel‘“ und aus- gestreckten Pseudopodien. J. Oe. 1. Stylodietya arachnia. Weichkörper nach Osmiumcarminbehandlung in Glycerin aufgehellt; Skelet in Folge der Aufhellung nicht sichtbar (nur ein Stachel eingezeichnet). F. Oc. 2. Stylodietya quadrispina. Skelet auf die Kante gestellt, so dass man die Gitterung des äussersten Schalen- umlaufs sieht. F. Oe. 2 etwas verkleinert. Stylodietya arachnia. Die Gitterplatten einer von der Fläche gesehenen Schale, welche beim Wechsel der Einstellung suecessive zum Vorschein kommen. Fig. 13a bei oberflächlicher, Fig. 13b bei mittlerer, Fig. 13e bei tiefer Einstellung. Präparat durch Glycerin aufgehellt. J. Oc. 2. Tafel VII. Monopyleen. Cystidium inerme im lebenden Zustand mit ausgebreiteten Pseudopodiennetzen, dichter Protoplasmaanhäufung am vorderen Kapselpole, extracapsulären Eiweisskugeln und gelben Zellen, intracapsulären Oelkugeln und Kern. Fig. 1a. Dasselbe Thier nach Osmiumearminbehandlung in seitlicher Ansicht; Fig. 1b vom oralen Pole aus gesehen, In beiden Fällen das Pseudopodienfeld sichtbar. F. Oc. 1. Ceratospyris acuminata von der Seite geschen, so dass man auf die Kante des die Grundlage des Skelets bil- denden Ringes blickt. Osmiumcarminpräparat. In der bisquitförmig eingeschnürten Centralkapsel liegen der Kern mit kleinem Kernkörperehen und zwei Oelkugeln, von denen nur die der linken Seite gezeichnet ist. Die extra- capsulären gelben Zellen in der Zeichnung weggelassen. J. Oe. 1. Tridietyopus elegans im lebenden Zustand. Das Skelet oberhalb der Centralkapsel nicht eingezeichnet. Letztere von zahlreichen runden Kernen angefüllt. D. Oe. 2. Fig. 3a. Das Pseudopodienfeld desselben Thiers nach Osmium- carminbehandlung bei F. Oc. 2. Fig. 3b. Enucleirte Centralkapsel eines jungen Thiers derselben Art, mit grossem Kern, zwei Oelkugeln, deutlichem Pseudopodienfeld und Pseudopodienkegel. J. Oc. 1 etwas verkleinert. Lithocircus produetus. Osmiumcarminpräparat. In der Centralkapsel der Kern, die Oelkugel und der auf dem Pseudopodienfeld aufsitzende Pseudopodienkegel. J. Oc. 2. Lithocireus annularis. Osmiumcarminpräparat. In der Centralkapsel nur der homogene Kern sichtbar. J. Oc. 2. Plagiacantha abietina im lebenden Zustand. F. Oc. 2. Fig. 6a und b. Die Centralkapsel allein nach Behand- lung mit Osmiumcarmin, das eine Mal von der Seite, das andere Mal von vorn gesehen. Porenfeld und Pseudo- podienkegel, Vacuole und Kern deutlich hervortretend. J. Oc. 2. Tafel VII. HMonopyleen. Lithomelissa thoraeites. Die erste Kammer des Skelets auf dem optischen Durehschnitt dargestellt; in den- selben ist die Centralkapsel nach einem in Glycerin gelegenen Osmiumearminpräparat eingezeichnet. J. Oe. 1. Arachnocorys eireumtexta. Die erste Kammer des Skelets auf dem optischen Durchschnitt; die gelappte Centralkapsel nach einem in Glycerin liegenden Osmiumearminpräparat. J. Oc. 2. Fig. 2a. Skelet eines jungen Exemplars vom basalen Pole aus gesehen. J. Oe. 2!],. Euceyrtidium galea. Skelet auf dem optischen Durchschnitt; Centralkapsel nach einem in Glycerin liegenden Osmiumcarminpräparat. Fig. 3a. Dieselbe Art vom apicalen Pole aus gesehen bei Einstellung des Mikroskops auf die Querscheidewand; die Gitterung des Skelets weggelassen; das Ganze nach einem durch Nelkenöl aufgehellten Osmiumcarminpräparat gezeichnet. J. Oc. 1. Eucyrtidium eranoides. (entralkapsel durch Zerzupfen isolirt. Osmiumecarminpräparat. Fig. 4a. Der zwischen 35* 276 Fig. 6. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 2. Fig. 3. Erklärung der Abbildungen. den Centralkapsellappen gelegene Sarkodepfropf mit den Körnern des Porenfelds hervorgezogen, bei seitlicher An- sicht. Fig. 4b von oben betrachtet. J. Oe. 2. Euceeryphalus Gegenbauri. Skelet von der Seite gesehen; der vierte Stachel verdeckt. D. Oc. 2. Fig. 5a. Skelet mit Weichkörper auf dem optischen Durchschnitt, nach einem in Nelkenöl liegenden Osmiumcarminpräparat. J. Oe.1. Fig. 5b. Skelet und Weichkörper von oben gesehen, um das Lageverhältniss der vier Centralkapsellappen zu den vier Stäben des Septum zu zeigen; nach einem in Nelkenöl liegenden Osmiumcarminpräparat; das Köpfchen des Skelets und der im Köpfchen befindliche 'I'heil der Centralkapsel weggelassen. J. Oe. 1. Euceceryphalus laevis. Skelet von der Seite gesehen. D. Oc. 2. Fig. 6a. Weichkörper nach einem in Glycerin liegenden Präparat gezeichnet; Skelet in Folge dessen nicht sichtbar. Fig. 6b gezeichnet wie Fig. 5b. J. Oe. 1. Carpocanium diadema von der Seite gesehen; Schale auf dem optischen Durchschnitt; Centralkapsel im frischen Zustand; Kern und Pseudopodienkegel nach einem in Glycerin gelegenen Osmiumcarminpräparat eingezeichnet. J. Oe. 2. Fig. 7a. Centralkapsel vom basalen Pole aus gesehen. J. Oc. 21/,. Carpocanium diadema. Centralkapsel isolirt. Osmiumcarminpräparat. Fig. Sa. Skelet auf dem optischen Durch- schnitt, um das Septum zu zeigen. Fig. 8b das Septum von oben betrachtet. J. Oc. 2. Junge Arachnocorys circumtexta. Vom Skelet nur die erste Kammer dargestellt; in ihr die noch ungelappte Centralkapsel. Osmiumcarminpräparat. J. Oc. 2. Tafel IX. Tripyleen. Skelettheile von Aulosphaera elegantissima. a die Enden der jedesmal zu sechs in einem Punkte zusammen- stossenden Röhren der Gitterkugel von oben gesehen; der Kreis entspricht dem radialen, ebenfalls röhrigen Aufsatz; ce dasselbe mit zwei gemeinsam entspringenden radialen Aufsätzen; b die Verbindung des radialen Aufsatzes mit der Gitterkugel bei seitlicher Ansicht. J. Oe. 1. Coelacantha anchorata. Lebendes Thier mit ausgebreiteten Sarkodefäden. Centralkapsel auf der oralen Seite von Pigment umhüllt; in ihrem Inneren zwei Kerne. F. Oc. 1 um !/, verkleinert. Fig. 2a. Enden der jedesmal zu drei zusammenstossenden Röhren der Gitterkugel mit dem radialen Aufsatz von oben gesehen. Fig. 2b. Die Verbindung des hohlen Radialstabs mit den Röhren der Gitterkugel; beide Theile mit Ankerhaken besetzt. Fig. 2e. Ein Stück des Gitters der inneren Schale. J. Oc. 2. Centrales und peripheres Ende des Stachels einer Aulacantha scolymantha. Ein Theil der Gitterkugel von Aulosphaera gracilis mit radialen Aufsätzen. F. Oe. 1. Skeletstücke von Dietyocha fibula. J. Oe. 2. Tafel X. Tripyleen. Centralkapsel einer nach Osmiumcarminbehandlung in 50 %, Alkohol conservirten Tripylee. Die äussere Membran von dem Centralkapselinhalt völlig abgehoben, selbst an den durch die drei Oeffnungen bezeichneten Stellen. Die Art konnte nicht genau bestimmt werden, da das Exemplar aus dem Mulder stammte und sein Skelet verloren hatte. Fig. 1a. Hauptöffnung, an welcher durch vieles Hin- und Herschütteln eine Trennung in der äusseren Mem- bran eingetreten war. F. Oc. 1. Eine in Theilung begriffene Centralkapsel von Aulosphaera elegantissima. Die äussere Kapselmembran, durch die Osmiumcarminbehandlung abgehoben, hängt nur an den zwei Nebenöffnungen, der unvollkommen getheilten Hauptöffnung und längs der ringförmigen Einschnürung mit dem Centralkapselinhalt zusammen. Die an der lebenden Centralkapsel eingeschnürte Stelle ist in Folge der durch die Reagentien bedingten Schrumpfung der Umgebung pro- minent geworden. D. Oc. 2. Centralkapsel und extracapsuläre Sarkode eines lebenden Coelodendrum ramosissimum. In der extracapsu- lären Sarkode liegen beiderseits die beiden Gitterhalbkugeln (auf dem optischen Querschnitt gesehen). F. Oe. 1. Fig. 3a. Hauptöffnung für sich bei stärkerer Vergrösserung. F. Oc. 2. Fig. 4 und 5. Hauptöffnungen von oben gesehen, das eine Mal von einer in Theilung begriffenen Centralkapsel von Aulo- sphaera elegantissima. D. Oc. 2. Fig. 6—8 Nebenöffnungen. J. Oc. 1. Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8. Nebenöffnung einer Aulosphaera gracilis nach Osmiumcarminbehandlung, die äussere Membran abgehoben. Nebenöffnungen von Aulacantha scolymantha mit Chromsäure behandelt und in Carmin gefärbt. Nebenöffnung von Aulosphaera elegantissima. Die äussere Membran in Folge der Osmiumcarminbehandlung völlig abgelöst. Fig. Fig. Fig. Fis. Fig. Fig. Fig. Oo & 10. 11. 12. 13. 14. 15. Erklärung der Abbildungen. 277 Enucleirte Centralkapsel von Coelacantha anchorata nach einem Osmiumearminpräparat. F. Oc. 2. Enucleirte Centralkapsel einer Aulacantha seolymantha im lebenden Zustand; nur die orale Hälfte dargestellt. 180 Os 1%, Centralkapsel einer Tripylee in Theilung begriffen. Die Art konnte nicht bestimmt werden, da das Exemplar aus dem Mulder stammte und das Skelet eingebüsst hatte. F. Oe. 1. Skelet von Coelodendrum ramosissimum. Fig. 12a. Gitterkugel der einen Seite im Profil, Fig. 12b von der Fläche gesehen. Fig. 12c. Endäste der dichotomisch sich verästelnden Röhrenaufsätze. J. Oe. 2. Binnenbläschen von Tripyleen. J. Oe. 1. Nebenöffnung einer Aulosphaera elegantissima von oben gesehen, im frischen Zustand. J. Oe. 1. Ein Stück der Gitterkugel mit dem Ueberzug der extracapsulären Sarkode von derselben Art. ET “ - ie ? nr. X r hr Et De ‘ ’ : i Sn rn Kodrcite fe» [OAOTALE LEERE Mi ri sand RATEN LTE a DENKSCHRIFTEN MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT JENA. ZWEITER BAND. VIERTES HEFT. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER vorMALs FRIEDRICH MAUKE 1880. DIE VER ZERETEN FOREN CENTRALEN THÜRINGER WALDGEBIRGES UND IHRE BEGLEITER. Dr. E. E. SCHMID, PROFESSOR DER MINERALOGIE AN DER UNIVERSITÄT JENA, GEHEIMEN HOFRATH. MIT SECHS LITHOGRAPHIRTEN TAFELN. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER vorMALs FRIEDRICH MAUKE "1880. \ L RN } En: Y ee. \ Y 1 F f | KR! ad ee) echtäElr RE I. Einleitung. $. 1. Verbreitungs-Gebiet. Quarzfreie Porphyre und mit ihnen innig und wesentlich verbundene Trümmergesteine, Tuffe und Schiefer nehmen die Mitte des Thüringer Waldes zwischen Ilmenau am Nordost-Fusse des Gebir- ges und Schleusingen an seinem Südwest-Fusse so vorwaltend und selbstständig ein, dass man sie als die diesem Gebiete eigenthümlichen, für dasselbe charakteristischen Gesteine bezeichnen kann. Dieselben erstrecken sich längs der Höhen- und Scheide- oder Rücken-Linie des Thüringer Waldes, des vielbegangenen Rennsteigs von Masserberg im SO bis zum Schmiedschlag nördlich Schmiede- feld im NW. Sie bedecken die nordöstlichen Abhänge bis zum Fusse des Gebirges von Amt-Gehren im SO bis Manebach im NW. Ueber die südwestlichen Abhänge hinweg erreichen sie zwar auch bei Schleusinger -Neundorf den Fuss des Gebirges namentlich entlang dem Laufe der Schleuse und der Nahe, aber doch viel weniger breit und zusammenhängend. Quer über den Gebirgsrücken im SO zie- hen sie sich von Amt-Gehren den Möhrenbach aufwärts zu den Höhen, von denen die Quellen der Oelze herabrieseln nach Masserberg. Ihre Grenze verläuft längs dieser Strecke sehr einfach neben alten und ältesten Grauwackenschiefern. Im NW hingegen ist ihre Begrenzung sehr verwickelt, indem nicht nur Granite und Quarz-Porphyre, sondern auch Schichten des Carbon und Rothliegenden neben und zwischen ihnen anstehen. Im SO des so umgrenzten Gebietes bietet das Thüringer Waldgebirge nicht mehr eine Spur quarzfreier porphyrischer Gesteine; im NW dagegen fehlen Vorkommnisse derselben oder doch sehr ähnlicher Gesteine durchaus nicht, erreichen aber nicht die gleiche Selbstständigkeit. B. Cotta, Geognostische Karte von Thüringen Section I. 1844. Heinr. Credner, Geognostische Karte des Thüirnger Waldes. 1855. $. 2. Horizontale und verticale Maasse des Verbreitungs-Gebietes. Sowohl in horizontaler, als auch in vertikaler Projektion nimmt das Gebiet quarzfreier Porphyre und mit ihnen zusammengehöriger Gesteine einen ansehnlichen Antheil am Thüringer Waldgebirge. Horizontal bemisst sich in der Richtung des Gebirgs-Rückens die Entfernung von: Amt-Gehren und Manebach . . . . . . ..... „zu 11/, geogr. Meilen Möhrenbach und dem östlichen Fusse des Finsterberges „ 2°/, » ” Masserberg und dem westlichen Fusse des Adlerberges „ 2°), „ „ Mittel: 1,87 geogr. Meilen. Jen. Denkschriften II. 4. 36 284 I. Einleitung. Quer gegen die Richtung des Gebirges beträgt die Entfernung von Amt-Gehren und Masserberg . . -» . . . .1?/, geogr. Meilen Ilmenau und Lichtenau über den Drei-Herrnstein 2°/, Rn 5 Manebach und dem Fusse des Adlerbergs . . . 1!1!/,5 » = Mittel: 1,92 geogr. Meilen. Mit einiger Abrundung ist demnach der horizontale Flächen-Gehalt ungefähr 3,6 geogr. [_]Meilen. Die vertikalen Maasse sind zu denen des Thüringer Waldgebirges leicht in Vergleich gestellt, indem das fragliche Gebiet vom nordöstlichen zum südwestlichen Fusse, soweit der eine von der Ilm, der andere von der Schleuse bespült wird, reicht und gerade längs der Rückenlinie, des Rennsteigs, fast stetig zusammenhängt. Die Culminations-Punkte des Gebirgs-Rückens innerhalb des Gebietes sind folgende: Schwalbenhaupt . . . . . „2... 216 Meter Neustadt am Rennsteig, höchstes Haus 811 ,, Grossen@B urSb er or er 5 1 Arolsberse nr rer, Marien-Hauschen nn Bla, GrosserSHundskopfe 2 Meıisenhügelo ee Oo, a, Grosse Hohewarts sr re O; Schmiedschlag . . . . ... STE: Mittel: 798 Meter. Ueber dieses Mittel erhebt sich der benachbarte Beerberg, der höchste Punkt des ganzen Waldgebirgs, noch um 185 Meter. Aber auch der dem Nordost-Fusse sehr nahe gelegene Gickelhahn (874 Meter) überragt sie sämmtlich und gewährt desshalb nicht nur nach N sondern auch nach S eine weite Aussicht. Die Sättel des Gebirgs-Rückens sind nur flache Einsenkungen; die bemerkenswerthesten unter ihnen sind: Dreiherrnstein . . . 795 Meter Franzenshütte (Allzunah) 745 ,, [Binserode a re to Mittel: 761 Meter. Die Meereshöhe, von wo aus diese Gesteine den Abhang einnehmen, ist bei Imenau 490 Meter, bei Schleusinger-Neundorf, Steinbach und Lichtenau im Mittel 520 Meter. Beide Fusspunkte fallen mit denen des Waldgebirges sehr nahe zusammen. Der Rücken des Thüringer Waldgebirges, soweit er unser Gebiete durchzieht, ist nicht sowohl eine flach-gewellte Linie als vielmehr eine Hochfläche, welehe sich mit allmälig gesteigerter Neigung gegen den Fuss hin einsenkt. Während aber die Abhänge gegen den Fuss zu steiler werden, sind die Wasserläufe so darein eingeschnitten, dass ihr Gefälle oben stärker ist, als unten. Die Hauptwasserläufe nach NO sind die Wohlrose, Schobse, Schorte, Lengwitz und die Frei- bäche, welche beiden letzten sich schon innerhalb des Gebirges zur Ilm vereinigen, nach SW die Schleuse, Nahe und Vesser. Eine Anzahl anderer Wasserläufe reichen nicht bis zum Rennsteig hinauf. Die angegebenen Zahlen sind von Pariser Fussen auf Meter reducirt nach: A. W. Eils: Höhen - Messungen in der Schwarzburgischen Oberherrschaft Rudolstadt- Arnstadt und in dem Wei- marischen Amte Ilmenau. Barometrisch bestimmt. Sondershausen 1854. ArWE EHE, Barometer-Höhen - Messungen von dem Kreise Schleusingen im Königlichen Regierungs - Bezirk Erfurt Suhl 1862. I. Einleitung. 285 $. 3. Landschaftlicher Charakter. Der landschaftliche Charakter des Gebietes der quarzfreien porphyrischen Gesteine ist eigener Art in Beziehung nicht nur zu dem südöstlichen Thüringer Walde, der ein eigentliches Thonschiefer- Gebirge ist, sondern auch zu dem nordwestlichen, einem eigentlichen Quarzporphyr-Gebirge. Die Eigenartigkeit in erster Beziehung ist so augenfällig und so allgemein anerkannt, dass die Hinweisung auf das tief und schmal eingeschnittene, vielfach hin und her gewundene Thal der Schwarze einerseits und auf die Thäler der Schleuse und Im mit ihren viel minder steilen, nach oben viel wei- ter auseinander gehenden Gehängen und ihren der Richtung des schnellsten Falles viel genauer fol- genden Sohlen andererseits genügt. Die Eigenartigkeit dagegen in der zweiten Beziehung bedarf einer besonderen Begründung, da man sie bis jetzt nicht geltend gemacht hat nnd überdiess ohne vertraute Bekanntschaft und aufmerksame Beobachtung leicht übersehen kann. Dieselbe ist vorzugsweise, um nicht zu sagen lediglich, zu finden in der vollkommeneren Abrundung, mit welcher die Erosion die wei- cheren, der mechanischen wie chemischen Verwitterung zugänglicheren quarzfreien porphyrischen Ge- steine gegenüber den härteren, compacteren, weniger angreifbaren Quarz-Porphyren an die Oberfläche treten lässt. Eine Folge davon ist die Seltenheit breiter, hoher, kahler Felsen. Solche finden sich allerdings zur Linken des unteren Schorte- Thals am Hexenstein mit nahe 114 Meter Höhe über der Thalsohle, dann über der Vereinigung der Schorte und des Silberbachs am nördlichen Abfalle des Hundsrücks und zu beiden Seiten des Breitengrund - Wassers, einer Abzweigung des Schorte- Thales, beim Finstern Loch. Aber alle diese Felsen stehen an Grossartigkeit zurück gegen den Grossen und Kleinen Hermannstein und andere Klippen, welche den zwischen den quarzireien porphyrischen Ge- steinen vorkommenden Quarz-Porphyren zugehören. Und diese letzten wiederum sind mit denen kaum zu vergleichen, welche die Quarz-Porphyre des nordwestlichen Thüringer Waldgebirgs, namentlich sei- ner nordöstlichen Gehänge und Schluchtartigen Thäler so häufig bilden. Der Gebirgs-Rücken, soweit längs desselben quarzfreie porphyrische Gesteine zusammenhängend anstehen, ist ziemlich eben und breit, desshalb arm an imposanten An- und Aussichten. Die wechsel- vollen Blicke bald über die nordöstlichen Abhänge in das Thüringer Hügelland, bald über die süd- westlichen nach Franken, bald zugleich nach beiden Seiten entwickeln sich erst weiter gegen NW mit der zunehmenden Schärfe des Gebirgs-Rückens im Gebiete des Quarz-Porphyrs. Und doch haben die oberen Abhänge gegen NO einige recht eigenthümliche Felsen - Parthien aufzuweisen, die häufiger aufgesucht und mehr beachtet zu werden verdienten, als bisher geschehen ist. Das sind zusammengedrängte Haufen kolossaler Gesteins - Blöcke auf einem secundären zwischen der Wohlrose und dem Grunde der Gruberen oberhalb Möhrenbach nach NO auslaufenden Rücken, be- kannt unter dem Namen der Schmiedehäupter und des Hühnersteins. Eine namenlose minder impo- sante Wiederholung solcher Formen findet sich auf der Hochfläche der Albertinenlust zwischen den Thälern der Schobse und Wohlrose. Dieselbe wird jedoch, wenn der Wald wieder herangewachsen sein wird, aus der Ferne kaum noch gesehen werden. Finden diese Block-Anhäufungen ihre — aller- dings nicht absolut nothwendige — Erklärung als liegen gebliebene Reste einer durch Abrollung und Abschiebung hinweggeführten Verwitterungs-Kruste, so bezeugen sie zugleich die gewaltige Einwirkung der Erosion und das hohe Alter des Gebirgs. Mit dieser Erklärung steht übrigens die weite Ent- wiekelung der Schutt-Decken und Schutt-Halden in gutem Einklang. Die Schutthalden - Bildung: hat fast überall ihren Abschluss erreicht, indem sich die Böschung der Abhänge gleichmässig über anste- henden und aufgeschütteten Untergrund hinwegzieht. 36 * 286 I. Einleitung. Nach Alledem hat die von quarzfreien porphyrischen Gesteinen eingenommene Mitte des Thü- ringer Waldgebirgs noch weniger Anspruch zu erheben an die Reize der Grossartigkeit und Wildheit eines erhabenen Gebirgs-Rückens als sein nordwestlicher Theil, an dem die Quarz-Porphyre vorwalten. Vielmehr sind es gerade die abgerundeten Gehänge zwischen Rücken-Linie und Fuss, zwischen den Höhen und den Thaleinschnitten, sowie der Abschluss der Schutt-Bewegung, welche den dichten Wald- schluss und zugleich die Waldesfrische bedingen und damit diesem mittleren Theile des Thüringer Waldgebirges einen so hohen Reiz gewähren. Dieser Reiz entwickelt sich in seiner ganzen Fülle nicht bei brausendem Sturme, sondern bei stillem Wetter. Dann stellt sich jenes Gefühl der Wald-Einsam- keit und Waldes-Ruhe ein, welches zum innigen Verkehr mit sich selbst, zur friedlichen Einkehr in sich selbst einladet, und in Göthes hier enstandenem „Wanderers Nachtlied“: Ueber allen Gipfeln Ist Ruh. In allen Wipfeln Spürest, Du Kaum einen Hauch; Vögelein schweigen im Walde. Warte nur, balde Ruhest Du auch. einen so wahren und schönen Ausdruck gefunden hat. $. 4 Gruppirung. Die Gesteine, welche unter dem Namen „Quarzfreie Porphyre und ihre Begleiter“ zu einer höhe- ren Einheit zusammengefasst nach ihren lithologischen und geologischen Beziehungen beschrieben wer- den sollen, sind sehr mannichfaltig und verschiedenartig. Diejenigen, welche weitaus vor allen anderen vorwalten, und von denen desshalb der Name herzunehmen ist, sind echte Massengesteine ohne jede Spur klastischer Gemengtheile. Durch reichlich eingemengte Feldspath-Krystalle erhalten sie einen deutlichen aber nieht auffälligen porphyrischen Cha- rakter; Quarz gehört nicht zu ihren wesentlichen und primären Gemengtheilen. Indem man diese in Schriften und Sammlungen noch immer als Melaphyre von Ilmenau zusammen zu nehmen pflegt, ver- mengt man nach Alter und mineralogischem Bestande sehr Verschiedenartiges. Daran schliessen sich sowohl nach ihrem Habitus, als auch nach ihrer Lagerung sehr innig solche Gesteine an, welche zwar ihrer Hauptmasse nach die Kennzeichen der Massengesteine bewah- ren, aber doch reichlich klastische Gemengtheile einschliessen und unter diesen neben Gesteinstrüm- mern auch Quarzbrocken. Stellt man diese Gesteine desshalb den vorigen gegenüber, so ist freilich der Gegensatz im Durchschnitt nieht eben auffällig wegen Kleinheit der beigemengten Trümmer und Brocken. Beiderlei Gesteine schliessen sich so innig aneinander, dass ihre kartographische Scheidung einigermassen arbiträr ist, ja sogar die Vermuthung eines gelegentlichen Uebergangs nahe gelegt wird. Indem die ersten Gesteine nachfolgend als reine Porphyre, die zweiten als eonglomeratische Por- phyre bezeichnet werden, geschieht diess lediglich im Interesse der Kürze und Deutlichkeit der Darstellung, und durchaus nicht zum Zwecke einer neuen Nomenklatur. Eine solche, welche zugleich Anspruch auf Allgemeinheit macht, dürfte noch nicht zu den zeitgemässen Aufgaben gehören. Die Tuffe scheiden sich ebensowohl nach ihrem mineralogischen Bestande, als auch nach ihrer 1. Einleitung. 287 Lagerung sehr scharf von den vorigen Gesteinen, können aber wegen ihrer weitdurchgreifenden und mehrfach wiederholten Einlagerung nicht ausser Beziehung zu ihnen gelassen werden. Dasselbe gilt von den sandigen und thonigen Schiefern und von den Trümmer- und Geschieb- Anhäufungen, welche allerdings vielorts vollkommen in sedimentäre Gesteine übergehen und auch or- ganische Reste einschliessen. $. ö. Anlass und Zweck der Bearbeitung. Der mineralogische Bestand der quarzfreien porphyrischen Gesteine der Umgebung von Ilmenau und namentlich derjenige der Abtheilung der reinen Porphyre ist nicht nur nach der älteren Methode der makroskopischen, sondern auch nach der neueren der mikroskopischen Lithologie untersucht wor- den. Die Kenntniss des chemischen Bestandes dagegen beschränkt sich auf wenige Einzelheiten. End- lich die vielfachen und eingehenden Schilderungen der Lagerungsverhältnisse sind unter dem Einflusse von Hypothesen entstanden, die jetzt eine grundsätzliche Bedeutung nicht mehr haben. Zur Erkennt- niss dieser Lücken und Mängel führten mich bei aller Hochachtung der Verdienste meiner Vorgänger meine ausgiebigen eigenen Erfahrungen. Im Jahre 1871 begann ich im Auftrage der Grossherzoglich- und der Herzoglich - Sächsischen Regierungen die geologische Aufnahme der Gegend von Ilmenau als Vorarbeit zu der vom Königlich preussischen Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten herauszugebenden geologischen Karte von Preussen und den thüringischen Staaten im Maassstabe von 1:25000 und auf der topogra- phischen Grundlage der Generalstabskarte. Mit der Uebernahme dieser Vorarbeit musste ich die Ver- pfliehtung verbunden finden, vor Allem auf die Sicherung und Vervollständigung der lithologischen Grundlagen bedacht zu sein, um so mehr, als eine so günstige Gelegenheit dazu nicht leicht wieder- kehren wird. Musste ich doch alle Angaben, auch diejenigen, welche ich unverändert so wiederholte, wie meine Vorgänger sie gemacht hatten, durch eigene Anschauung bewähren. Auch die Bedenken über den Aufwand an Zeit und Mitteln fielen einem solchen Auftrage gegenüber weg. Zugleich frei- lich erklärt sich aus ihm die Coneentration der Untersuchungen auf das Messtischblatt Ilmenau, dem allerdings der grösste Theil des Gebietes zugehört. $. 6. Methode der Bearbeitung. Die untersuchten Probestücke sind von mir selbst aufgehoben und ihre Fundstätten in die Karte eingetragen worden. Jedoch gewährten mir die von J. C. W. Voigt und Heim gesammelten Stücke — die reiche Heimsche Sammlung von Gesteinen des Thüringer Waldgebirgs ist als ein Vermächt- niss des Sammlers selbsständig für sich im mineralogischen Museum der Universität Jena aufgestellt — schätzenswerthe Führung und Nachhülfe. Die Untersuchungen wurden im mineralogischen Institut der Universität Jena ausgeführt, mit welchem auch ein für die gewöhnlichen Silieat-Analysen völlig ausreichendes chemisches Laboratorium verbunden ist. An diesen Untersuchungen haben sich auch einige meiner vorgeschrittenen Schüler be- theiligt. Wenn ich die von ihnen erhaltenen Resultate nur ausnahmsweise und stets unter Nennung des Namens mitgetheilt habe, so habe ich sie doch zur Bewährung der allgemeineren Gültigkeit mei- nen Schlussfolgerungen in weiterem Umfange benutzen können. 238 I. Einleitung. Zur Vermeidung von Weitläuftigkeiten und Wiederholungen wird es erspriesslich sein, die Haupt- züge der befolgten Methoden ‚vorauszuschicken. Die Dichte der vorliegenden Gesteine ist zwar nur innerhalb enger Grenzen veränderlich und mitunter von derselben Fundstätte namentlich nach dem Eisengehalte recht schwankend, gewährt aber doch schätzenswerthe Anhaltepunkte zur speciellen Gruppirung. Aber nicht alle Gesteinsproben sind so compact, dass grössere Stücke zur Bestimmung der Dichte mittels des Nicholsonschen Aräometers verwendet werden konnten. Vielmehr sind Hohlräume häufig und zwar seltener primäre, oft grosse, als secundäre, meist kleine und kleinste, durch Zersetzung namentlich von Feldspath-Krystallen ent- standene. Soleher Hohlräume wegen mussten die Gesteinsproben oft zerkleinert, mitunter gekörnt wer- den, um hierauf unter der Luftpumpe von anhängender Luft befreit und mittelst eines Pyknometers geprüft zu werden. Als Pyknometer diente ein Geisslerisches Instrument. Die Härte der Gesteine ist kein wissenschaftlicher Begriff, da dieselben keine homogenen Körper sind. Es handelt sich vielmehr um den Zusammenhang der einzelnen verschieden harten Gemeng- theile, um die Zersprengbarkeit, die sich zunächst und zumeist mit den Unterschieden von Sprödigkeit und Zähigkeit, wie sich diese bei den Modifikationen der Kieselsäure, Quarz und Chaleedon darbieten, vergleichen lässt. Trotzdem eine Terminologie dafür weder wissenschaftlich begründet, noch allgemein angenommen ist, erscheint es doch räthlich, die von der Stärke und Art des Zusammenhanges ab- hängigen Merkmale recht anschaulich zu beschreiben. Sie dürften belangreicher sein, als es ihre ge- ringe Beachtung vermuthen lässt. Dazu gehört auch die Beschaffenheit des Bruchs. Die Farbe der Gesteine ist ebensowenig ein wissenschaftlich-präeises Merkmal, als die Härte. Die Gesammtfarbe des Gesteins gegenüber der Farbe der Mineral-Gemengtheile ist nur bei sehr fein- körniger Mengung, wie sie allerdings einigen der vorliegenden Gesteinen eigen ist, unmittelbar wahr- nehmbar. Wichtiger erscheint für die vorliegende Aufgabe die Farbe des Strichs und die Farbenver- änderung bei allmälig feinerer Körnung bis feinster Pulverung. Glattschliffe haben die mineralogische Mengung dieser Gesteine nicht wesentlich deutlicher ge- zeigt, als Bruchflächen. Der Vortheil, den sie der makroskopischen Untersuchung gewähren, besteht nicht sowohl darin, dass sie die Umrisse der Gemengtheile verschärfen, als vielmehr darin, dass sie deren Farben lebhafter erscheinen und entschiedener contrastiren lassen. Wohl aber eignen sie sich viel besser, als Bruchflächen dazu, die Unterschiede der Löslichkeit und Zersetzbarkeit durch Chlorwasser- stoffsäure ersichtlich zu machen. Die Dünnschliffe zur mikroskopischen Untersuchung sind mittels einer von mir konstruirten Schneide- und Schleif- Maschine hergestellt. Zum Schneiden dient eine Scheibe aus weichem Eisen mit horizontaler Axe. Ihre Anwendung bietet den Vortheil, Platten zu liefern frei von Sprüngen, welche beim Formatisiren mit dem Hammer kaum vermeidlich sind. Zum Schleifen diente eine roti- rende Scheibe ebenfalls aus weichem Eisen mit vertikaler Axe. Das Bornemannsche System, die zu schleifenden Stücke auf einer ruhenden Scheibe kreisen zu lassen, habe ich nach mancherlei Abände- rungs-Versuchen aufgegeben, einmal weil die Dünnschliffe nicht parallel-Hächig wurden und dann weil das kleinste vom Rande eines Blättchens sich ablösende Bröckchen in kürzester Zeit arge Zerstörungen unter der allerdings grossen Anzahl von Blättchen, die zu gleicher Zeit kreisen können, anrichtet. Zur letzten Glättung minder harter Stücke that ein Wetzstein — leider mir unbekannten Ursprungs — sehr gute Dienste. Die angewandten Mikroskope stammen aus der Zeissschen Werkstätte. Dieselben sind als In- strumente erster Qualität anerkannt und dürften allen billigen Anforderungen genügen. An mehr oder 1. Einleitung. 289 minder bequeme oder vortheilhafte Eigenthümlichkeiten einer jeden Construction muss man sich eben mit Aufgabe von Eigensinn und Vorurtheil gewöhnen. Ich glaube jedoch, die Polarisations- Apparate der Zeissschen Instrumente als besonders zweckdienlich hervorheben zu müssen. Der Ana- lyseur ist nach Prof. Abbes Angabe angefertigt und gewährt den Vortheil einer sehr leichten und voll- kommenen Controle seiner Polarisations-Ebene oder des Hauptschnittes des darein eingefügten Doppel- spath-Prismas. Als Polariseur dient ein Nikolsches Prisma, welches so mit dem Objekt-Tische verbun- den ist, dass es ohne jede Erschütterung oder Verrückung des Objektträgers durch einen gelinden Druck rasch untergeschoben und hinweggenommen werden kann. Diese Einrichtung empfiehlt sich ganz besonders bei Prüfung auf Dichroisums. Der Entwurf der Zeichnungen nach absolutem Maasse wurde theils durch das Rochonsche, theils durch das Oberhäusersche Prisma vermittelt. Wenn im Folgenden sehwache, mittlere, starke und stärkste Vergrösserungen unterschieden wer- den, so beziehen sich dieselben auf die Anwendung bis Objectiv A, C, D-E, F combinirt mit Okular 2 entsprechend in runden Zahlen dem Linearvergrösserungsverhältnisse bis 60 mal, 150 mal, 350 mal und 500 mal. Objektiv F ist das stärkste, welches Zeiss ohne Immersion herstellt. Das chemische Verhalten und die chemische Zusammensetzung der Gesteine ist mittels der all- gemein üblichen, als exakt bewährten Methoden bestimmt. Ohne diese in alle Einzelheiten auszufüh- ren, wird es genügen, einige Hauptsachen hervorzuheben. Nach der Voruntersuchung mittels des Löthrohrs ist stets eine solche nach Szabö’s!) Methode vorgenommen worden. Namentlich die Umhüllung der Schmelzproben mit Gyps und ihre Erhitzung im Schmelzraume eines Bunsenschen Brenners (mit aufgesetztem Schlote) hat sich im vorliegenden Falle zur Auffindung und angenäherten Bestimmung von Natrium und Kalium recht erspriesslich erwiesen. Viele Proben sind Carbonathaltig, die Bestimmung der Kohlensäure durch Absorption derselben in Kalilauge ergiebt aber meist geringe und unsichere Beträge. Die Partialanalyse mittels successiver Einwirkung von Chlorwasserstoflsäure und Sodalösung hat einigermaassen einen Ersatz dargeboten für die Unthunlichkeit der mechanischen Ausscheidung der Mineral- Gemengtheile. Sie ist stets so ausgeführt worden, dass das feine Gesteins-Pulver mit Chlor- wasserstoflsäure von gewöhnlicher Concentration (1,124) wiederholt bis zum Trocknen eingedampft und mit verdünnter Säure aufgenommen, dann filtrirt und der Rückstand auf dem Filter solange mit Sodalösung digerirt wurde, als sich noch ein rahmarliger Schaum bildet. Diese Partialanalyse ist in- dessen leichter beschrieben als ausgeführt, indem dabei erstens Pulver von solch’ äusserster Feinheit entstehen, dass sie theilweise durch das Filter gehen, und zweitens die Stärke des Angriffs unter schein- bar ganz gleichgestellten Bedingungen doch nicht ganz gleich ausfällt. Die chemische Analyse der ganzen Gesteine und ihrer Theile ist ausgeführt worden durch Auf- schliessung einmal mittels Zusammenschmelzen mit Natrium-Carbonat, ein zweites Mal mittels Eindam- pfen mit flüssiger Fluorwasserstoflsäure. Neben dem Eisen tritt stets Titan und Mangan auf. Die Angabe des Gehaltes an Titanoxyd dürfte der Wahrheit sehr nahe kommen. Er ist aus der nach Aufschliessung durch Fluorwasserstoff- säure erhaltenen Auflösung in der Weise bestimmt, dass der Ammoniak-Niederschlag mit Kali-Lösung digerirt wurde. Dann gehen Aluminium (Thonerde) mit der stets kleinen Menge Phosphor (Phosphorsäure) 1) Szab6, Ueber eine neue Methode die Feldspathe auch in Gesteinen zu bestimmen. Budapest 1876. 290 I. Einleitung. in Lösung, während Eisen und Titan (Eisenoxyd und Titansäure) ungelöst bleiben; denn aus Versuchen, die von Dr. Höhn, meinem früheren Assistenten, im hiesigen technischen Laboratorium unter der Lei- tung des Prof. Reichardt ausgeführt wurden, ergiebt sich, dass zwar in stark eoncentrirter, etwa 90 Proc. Kalihydrat enthaltender Kalilösung kleine Mengen von Titansäure löslich sind, dass aber bei der geringeren Coneentration der zum Zwecke der Trennung von Eisenoxyd und Thonerde verwen- deten Kalilösung diese Löslichkeit nicht mehr von Einfluss ist auf die erste Deeimale der procentischen Angabe des Titanoxyd-Gehaltes. Mit Berufung auf diese Versuche und da die Trennung des Eisens und Titans exact ausführbar ist, bleibt in der Bestimmung des gesammten Titangehaltes weder eine grosse Schwierigkeit, noch eine grosse Unsicherheit. Dass Titan durch Digestion mit Chlorwasserstoff- säure in Titansäure übergeführt, bringt aber in die weiteren, zum Zwecke der Partial-Analyse nöthigen Operationen mancherlei Verwiekelungen, deren Nichtbeachtung zu störenden Irrthümern führen kann. Namentlich beachtenswerth ist die Beimengung eisenhaltiger Titansäure zu den durch Chlorwasserstoff- säure nicht aufschliesslichen Silicaten. Der Mangan -Gehalt ist stets ein sehr geringfügiger. Da derselbe überdiess für die vorliegende Untersuchung nicht maassgebend ist, wurde seine quantitative Bestimmung: unterlassen. Das Eisen befindet sich nicht nur als Oxyd, sondern auch als Oxydul im Gestein. Zur Bestim- mung des letzten wurde eine besondere Probe mit verdünnter Schwefelsäure — 1. Vol. eone. Säure, 3. Vol. Wasser und 10 Cubikcentimeter dieser verdünnten Säure auf 1 Gramm Silicat — in einer Glasröhre eingeschmolzen und mehrere Stunden lang auf einer Temperatur zwischen 170 und 190 °C. erhalten. Die Lösung und das Ungelöste wurde mit Wasser verdünnt und das in Lösung befindliche Eisenoxy- dul volumometrisch mittels Kaliumhypermanganat festgestellt. Die weitere Hoffnung, es werde sich auf diese Weise auch der Feldspath vollständig zersetzen und von der freien Kieselsäure scheiden lassen, bewährte sich leider nicht. Fällt der Oxydul-Gehalt gering, d.h. unter 1 Proc. aus, so dürfte er als unwesentlich zu vernachlässigen sein mit Rücksicht auf die redueirende Wirkung des Titanoxydes und des Bitumens. Wo der Phosphorsäure-Gehalt bestimmt ist, geschah diess aus dem salpetersauren Auszug einer besonderen Probe mittels der bekannten Malybdän-Flüssigkeit !). Nicht alle Zahlen der Partialanalysen, namentlich die auf den Alkaligehalt des in Chlorwasser- stoffsäure unaufschliesslichen Restes bezüglichen beruhen auf direeten Bestimmungen, sondern sind aus den Zahlen der Gesammtanalysen durch Abzug abgeleitet; solche Zahlen sind durch Einklammerung als Differenzen gekennzeichnet. Der Berechnung der Analysen sind die Zahlen zu Grunde gelegt, welchen Rammelsberg?) den Vorzug gegeben hat. Wenn die Zusammensetzung der in Chlorwasserstoffsäure nicht aufschliesslichen Silieatreste nach Sauerstoff- Verhältnissen beurtheilt ist, so sehe ich darin trotz des Interdiets maassgebender Mineral- chemiker 3) keine Versündigung gegen den Geist der modernen Wissenschaft. Sauerstoff- Verhältnisse und Atom- Verhältnisse der mit dem Sauerstoff verbundenen Elemente sind streng von einander ab- hängige Grössen und können desshalb ohne jede Störung mit einander vertauscht werden. Fallen die Verhältnisszahlen nach Sauerstoff grösser aus, als nach Atomen, so liegt darin eher ein Vortheil als 1) S. Fresenius, Anleitung zur quantitativen Analyse. 6. Aufl. Bd. 1 S. 402. 2) Rammelsberg, Handbuch der Mineral-Chemie. 2. Aufl. I. XV. 3) 8. Tehermack, Die Glimmergruppe. II. Th. 1878. 8.5. I. Einleitung. 291 ein Nachtheil. Zu willkürlichen Deutungen können die einen Zahlen ebenso gut gemissbraucht werden, wie die anderen. 3 Beim Abschlusse dieser längeren Untersuchungsreihe fühle ich mich zum Ausdruck der Ueber- zeugung gedrängt, dass chemische Gesteins-Analysen missliche Arbeiten sind schon wegen der Schwie- rigkeit der Controle. Verschiedene Brocken desselben Handstücks können recht verschiedene Resultate ergeben. Selbst wenn man eine grössere (Quantität Gesteins-Pulver auf einmal hergestellt und durch Schütteln mit einander gemengt hat, stellen sich noch Unterschiede heraus, die ausserhalb der statthaf- ten Beobachtungsfehler liegen. Hört man aber desshalb mitunter die Behauptung aussprechen, che- mische Gesteins- Analysen seien Aufgaben von untergeordnetem Werthe, die nicht zu festen Zahlen führen, so ist darauf zu erwidern, dass sie um so mehr Sorgfalt erheischen, weil nur diejenigen Resultate vollkommen unter einander vergleichbar sind, welche derselben Einzel - Untersuchung zugehören. Jen. Denkschriften IT. 4. 37 Il. Reine Porphyre. $. 7. Aeltere Untersuchungen. Bereits die ersten wissenschaftlichen Bearbeiter der Geognosie des Thüringer Waldgebirges wandten ihre Aufmerksamkeit den quarzfreien porphyrischen Gesteinen und zwar vorzugsweise derjenigen Ab- theilung derselben zu, welche oben als reine Porphyre bezeichnet wurden. J. C. W. Voigt nannte sie basaltähnliche Porphyre, Heim trappartige; der letztere spricht sich bestimmt dahin aus, die Grund- masse des schwärzlich grünen Gesteins von Ilmenau sei Trapp, die eingeschlossenen Krystalle Feld- spath, dieses Feldspaths wegen müssen sie den Porphyren zugezählt werden. Nachdem v. Buch den Brogniartschen Namen Melaphyr auf die schwarzen quarzfreien porphy- rischen Eruptiv-Gesteine Südtyrols übergetragen hatte, bezog er denselben alsbald auf die ähnlichen Vorkommnisse des Thüringer Waldes. Es muss jedoch in Erinnerung gebracht werden, dass diese Beziehung durchaus nicht das Gebiet des mittleren Thüringer Waldes betraf, sondern den Strich zwi- schen Friedrichsrode und Suhl, der dem nordwestlichen Theile des Waldgebirgs angehört. Die Bezie- hung der in der Mitte des Waldgebirgs vorwaltenden Gesteine zum Melaphyr wurde vielmehr erst be- trächtlich später durch Heinr. Credner und v. Cotta bestimmt ausgeführt. Bereits in seiner ersten Schrift darüber (1843) fasste Heinr. Credner alle quarzfreien porphyrischen Gesteine des Thüringer Waldes, mögen sie hier braunroth und röthlichgrau (Porphyrit), dort grünlichschwarz und dunkelgrün- lichgrau (Basaltit) erscheinen, sowie deren mandelstein-, tuff- und conglomeratartige Begleiter un- ter dem Namen Melaphyr zusammen und beharrte bei dieser Anschauung auch noch in seiner letz- ten hierauf bezüglichen Schrift (1866). v. Cotta hatte in seiner Anleitung zum Studium der Geogno- sie und Geologie (1842) Glimmer-Porphyr und Melaphyr als Vorkommnisse des Thüringer Waldes selbstständig neben einander gestellt, gab aber später (1844) dieser Selbstständigkeit keinen kartogra- phischen Ausdruck, sondern vereinigte vielmehr beide (Glimmer-Porphyr, Blasiger Porphyr) unter einer Farben-Signatur. Einen solchen gab erst (1860) v. Fritsch in einer noch weiter in das Einzelne ein- gehenden Weise für die nähere Umgebung von Ilmenau. Während durch diese Mehrzahl gediegener Untersuchungen die Erkenntniss des mineralogischen Bestandes und der Lagerung soweit gefördert war, als ohne specielle geologische Aufnahme und mittels lediglich makroskopischer Methoden möglich, war diejenige des chemischen Bestandes auf wenige Analysen vornämlich v. Richthofen’s beschränkt. J. C. W. Voigt, Mineralogische Reisen durch das Herzogthum Weimar und Eisenach. I. Th. 1782. 8.9. Heim, Geologische Beschreibung des Thüringer Waldgebirgs. II. Th. II. Abth. 1799. 8.16 und II. Th. 3. u. 4. Abth. 1803. S. 86. v. Buch in y. Leonhard, Mineralogisches Taschenbuch für das Jahr 1824. 8. 437. II. Reine Porphyre. 295 Heinr. Credner, Uebersicht der geognostischen Verhältnisse Thüringens und des Harzes. 1843. S. 66. Heinr. Credner, Versuch einer Bildungsgeschichte der geognostischen Verhältnisse Thüringens. 1866. 8.31. Heinr. Credner in v. Leonhard u. Bronn, Jahrb. für Mineralogie 1843. 8. 264 und 1846. S. 129. Cotta, Anleitung zum Studium der Geognosie und Geologie. 1842. 8.53, 283 u. 287. Cotta in Bronn u. Leonhard, Jahrb. für Mineralogie. 1845. 8. 75. v. Fritsch, Geognostische Skizze der Gegend von Ilmenau, in Zeitschr. der deutschen geologischen Gesellschaft. Bd. 12. 8.97. 1860. v. Richthofen in Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft. Bd. 8. 8.589. 1856. $. 8. Neuere Untersuchungen. Der Name Melaphyr war mit der Annahme eines wesentlichen Angit-Gehaltes verbunden, den man mit der schwärzlichen Farbe einiger reinen Porphyre der Gegend von Ilmenau — die übrigens durchaus nicht die herrschende, ja nicht einmal die vorwaltende derselben ist — in durchaus irrthüm- lichen Zusammenhang brachte. Mit der Einführung dieses Namens hatte v. Buch viel weniger Klar- heit über die Vorkommnisse am Thüringer Walde und anderen Regionen verbreiten können, als viel- mehr damit einen Zankapfel unter die Geologen geworfen und Untersuchungen angeregt, die auch jetzt, nach mehr als fünfzig Jahren, einen Abschluss noch nicht erreicht haben. Mit besonderer Rücksicht auf den Thüringer Wald machte Gumprecht Zweifel über das Wesen des Melaphyres geltend, die, um so weiter um sich greifend, je mehr Melaphyr-Gebiete und Varietäten aufgefunden, und je genauer dieselben untersucht wurden, dasselbe aufzulösen drohten. Diese Zweifel betrafen vornämlich den mi- neralogischen Bestand, und soweit sie ihn betrafen, waren sie durch die bis dahin allein zu Gebote ste- henden makroskopischen Gesteins- Analysen auch in Verbindung mit chemischen nicht zu heben; die Berechnungen der letzten stellten sich als unbestimmte Aufgaben dar, deren Lösung mehr Unbekannte bestimmen sollte, als Bedingungs-Gleichungen vorlagen. Inzwischen hatte sich die mikroskopische Analyse rasch zu einer so hohen Bedeutung entwickelt, dass durch Nachweisung bestimmter Mineral- Arten die Erfüllung der Bedingungs -Gleichungen zu er- warten stand. Die Resultate der mikroskopischen Analysen führten in der That die schwebenden Fragen einer Entscheidung beträchtlich näher. Sie rechtfertigten die Namen „basaltähnlicher und trappartiger Porphyr“, die Voigt und Heim für Vorkommnisse des Thüringer Waldes gewählt hatten, indem sie das Auftreten feiner Feldspathleisten nachwiesen, die dieht neben einander durch die ganze Masse des Gesteins zerstreut sind, und dem mikroskopischen Bilde eines Melaphyr-Dünnschlifis das Aus- sehen eines jüngeren Massengesteins, namentlich eines Feldspath-Basaltes verleihen. Zirkel und Haar- mann, Boricky und Rosenbusch hoben diese Analogie übereinstimmend hervor und Rosenbusch legte mit Recht einen besonderen Nachdruck darauf und sah darin einen Hauptcharakter der Mela- phyre. Soviel aber auch dadurch gewonnen, eine endgültige Entscheidung ist damit nicht erreicht. Vielmehr dürfte sich daraus und zwar mit besonderer Rücksicht auf den Thüringer Wald herausgestellt haben, dass die mikroskopische Untersuchung von Dünnschliffen ohne vorausgegangene geologische und chemische Charakteristik zur endgültigen Bestimmung eines Gesteins unzureichend sei. Die basalt- ähnlichen und trappartigen Porphyre in der Mitte des Thüringer Waldgebirges sind nämlich durchaus nicht gleichartig unter einander und machen nur den kleineren Theil derjenigen Gesteine dortiger Ge- gend aus, die man nach Credner und Cotta unter dem Namen Melaphyr begreift. Gumprecht in y. Leonhard und Bronn, Neues Jahrbuch für Min. u. s. w. Jahrgang 1542. 8.28 u. 29. Zirkel, Ueber Melaphyr. Nachtrag zu Basaltgesteine. 1870. 37° 294 II. Reine Porphyre. Haarmann, Ueber die Struetur und Zusammensetzung der Melaphyre. 1872. 5. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ge- sellschaft. Bd. 25. 3. 436. 1873. Boricky, Petrographische Studien an den Melaphiren Böhmens in Archiv d. naturwiss. Landesuntersuchung von Böhmen. II. Heft. 2. 1876. Rosenbusch, Mikroskopische Physiographie der massigen Gesteine. S. 290 u. 381, 1877. 8.9. Verhalten im Allgemeinen. 1. Physikalische und makroskopische Merkmale. Obgleich die Dichte dieser Gesteine nicht viel über 2,7 hinaus und unter 2,5 herunter geht, so ändert sie sich doch nicht durch alle Zwischenwerthe ganz stetig, sondern gewährt Anhaltepunkte zu deren specieller Gruppirung. Nur die Minderzahl kann im strengen Sinne des Wortes als spröde oder zäh bezeichnet werden. Die meisten Proben zerstäuben an den mit dem Hammer geschlagenen Stellen in feines Pulver, bre- chen aber schwer; sie sind daher schwer zu formatisiren, aber leicht und glatt zu schneiden und zu schleifen. Der Bruch ist meist uneben, gewöhnlich grobkörnig, einerseits in das Ebensplitterige, anderer- seits in das Erdige übergehend. Ihre Gesammtfarbe ist stets düster, grau, häufiger in das Rothe als in das Grüne, entsprechend der Farbe der Grundmasse. Diese Farbe erhält sich beim Zerkleinern bis zu derjenigen Kleinheit der Körnchen, wie sie beim Zerschlagen im Stahlmörser erhalten werden. Zerreibt man sie aber in einer Achatschale, so wird die Farbe des Pulvers, und zwar oft recht plötzlich, lebhafter, meist ziegelroth, seltener licht grünlich- oder aschgrau, entsprechend der Farbe des Striches. Als makroskopische Einschlüsse sind ausser Feldspath (Paroligoklas inbegriffen) und Glimmer nur etwa noch Viridit, Kalkspath und Ferrit zu erkennen. Die Feldspathe sind sämmtlich sehr klein, indem sie häufiger unter, seltener über einen Milli- meter grössten Durchmesser haben; sie sind deutlich spaltbar und die Spaltungsflächen entwickeln Perl- mutterglanz; äussere Kıystallflächen sind auf den Bruchflächen, scharfe Grenzen auf den Schlififlächen selten zu bemerken; ihre Farbe ist schmutzig weiss ins Rothe, Grüne und Graue, oder fleischroth. Wenn sie von einigen Fundstätten fast schwarz erscheinen, und zugleich lebhaft glänzen, so ist diese Farbe nicht ihnen selbst eigen, sondern sie rührt von durchscheinenden Ferriten her; diese schwarz durchscheinenden Feldspathe gewinnen dann einige Aehnlichkeit mit Augiten, und diese Aehnlichkeit dürfte zu dem nachhaltigen Missverständnisse eines wesentlichen Augit-Gehaltes beigetragen haben. Das Mineral, dem ich den Namen Paroligoklas beilege, unterscheidet sich makroskopisch nicht von den leistenförmigen Feldspathen. Die Glimmer erscheinen in oft recht einfachen, regelmässig-sechsseitigen Tafeln; sie entwickeln metallartigen Perlmutterglanz; wenn sie dicht auf der Grundmasse aufliegen und seitlich umschlossen sind, ist ihre Farbe rabenschwarz, ebenfalls wegen durchscheinenden Ferrites, an aufgeblätterten Rän- dern und Kanten erscheint sie gelblich und grünlich, selten röthlich. Die Grundmasse, welche den Gesteinen ihre düstere Gesammtfarbe giebt, ist nicht gleichmässig gefärbt, sondern lässt auf hellerem Grundtone dunklere, rothbraune und schwarzbraune (Ferrit-), auch grüne (Viridit-) und weisse (Kalkspath-) Flecken erkennen. Makroskopische Quarze und Chalcedone gehören, abgesehen von Cavernen-Auskleidungen und II. Reine Porphyre. 295 Ausfüllungen, zu den so seltenen Einschlüssen, dass sie vielweniger zu den accessorischen, als zu den zufälligen Gemengtheilen gezählt werden dürfen. Die Gesteine sind theils ganz compact, theils cavernös. Die Cavernen sind meist eng — kaum 1 Millimeter im Durchmesser —, selten weit — bis über 1 Centimeter Durchmesser —. Die engen (Ca- vernen rühren gewöhnlich von zersetzten und theilweise oder ganz resorbirten Feldspath- und Glim- mer-Einschlüssen her, sind aber auch mitunter primär und dann kieselig ausgekleidet und ausgefüllt. Die weiten Cavernen sind Blasen- und Schlauch-förmig, theils leer, theils ausgekleidet, theils ausgefüllt. Die gewöhnlichen Auskleidungsmassen sind Chalcedon und Quarz, die gewöhnliche Ausfüllungsmasse dem Delessit verwandte erdige Mineralien, Steatargillite; beiden gesellen sich Carbonate und Ferrite zu. Dem Stahlmagneten folgen einzelne grobe — über Hirsekorn grosse — Körner nur von raben- schwarzen Gesteimen, ihre feinen Kömer und das Pulver derselben reichlich, während das aschgrau ge- bliebene Pulver auch recht dunkelgrauer Gesteine theils nur wenige, theils gar keine den gewöhnlichen Magneten folgsame Theilchen enthält, und endlich das rothe Pulver dagegen ganz unempfindlich ist. 2. Nikroskopische Merkmale. Die mikroskopische Untersuchung auch recht zarter Dünnschliffe wird durch die reichliche Bei- mengung gelbroth- oder rothbraun-durchscheinender bis opaker Ferrite sehr erschwert. Auch wird die Klarheit des Bildes durch das Dazwischentreien griessiger, staubiger und wolkiger Trübungen sehr ge- stört. Dieselben sind unzweifelhaft Zersetzungsprodukte; dabei mag es dahingestellt sein, wie weit sie dureh Verwitterung, wie weit durch Metamorphose erzeugt sind. Allerdings müsste die grosse Mehr- zahl der Proben von der Oberfläche abgelöster, freiliegender, im günstigeren Falle anstehender Fel- senblöcke entnommen werden; allein davon unterscheidet sich nicht immer auffällig, was aus Stein- brüchen oder Erzgruben herrührt. Doch macht davon entschieden der Steinbruch des Schneidemüllers- kopfs zwischen Kammerberg und Stützerbach eine Ausnahme, der das frischeste Material liefert. Am augenfälligsten treten selbstverständlich die schon makroskopisch bestimmten Feldspathe und Glimmer hervor. Die Feldspathe sind, abgesehen von einem einzigen, nur an einer Stelle gefundenen Gesteine, welches später als Paroligoklasit beschrieben werden wird, ganz allgemein verbreitet theils in den be- reits erwähnten makroskopischen Krystallen, theils in schmalen mit blossem Auge nicht mehr erkenn- baren Leisten, theils in feinsten Nadeln, die allmälig unter die auch mikroskopisch noch bestimmbare Grösse herabsinken. Die makroskopischen Feldspath-Krystalle bieten Tafel- und Prismen-Formen ; sie sind selten ringsum krystallinisch umgrenzt, gewöhnlieh weniger oder mehr abgebrochen oder abgerie- ben. Diese grossen Feldspathe sind am häufigsten eingebettet m ein Filzwerk zusammengeschobener Nadeln, welches oft in das Kryptokrystallinische übergeht. Verhältnissmässig selten treten makrosko- pische Krystalle mit mikroskopischen Leisten und Nadeln so zusammen, dass sie der Grösse nach in eine stetige Reihe geordnet werden könnten, während diess unter Wegfall grosser Tafeln und Prismen zwischen grösseren, wenigstens zum Theil makroskopischen Leisten und Nadeln häufiger der Fall ist. Endlich zwar nicht häufig, aber mit einer gewissen Selbstständigkeit sind es auch ausschliesslich mikro- skopische, nahe gleichgrosse Leisten, die, dicht an einander gedrängt, das Skelet des Gesteins aus- machen, mit einer kaum als kryptokrystallinisch zu bezeichnenden nicht durchaus als Feldspath zu be- stimmenden Ausfüllung. Alle optisch untersuchbaren Feldspathe erweisen sich als polysynthetisch und triklin. Nicht untersuchbar aber sind viele Feldspathe wegen tief eingreifender, sogar durchgreifender 296 II. Reine Porphyre. Zersetzung, welche mit Trübung, namentlich braünlicher Durehstäubung verbunden ist. Am frischesten sind gerade diejenigen Feldspathe, welche makroskopisch von dem Feldspath-Habitus am weitesten ab- weichen, nämlich die schwarz durchscheinenden. Das Mineral, welehes ich unter dem Namen Paroligoklas von den Feldspathen absondere, unter- scheidet sich, wie später gezeigt werden wird, deutlich von denselben. Wo Glimmer vorkommen, stellen sie sich mikroskopisch wie makroskopisch am breitesten dar; sie sind aber nicht allgemein verbreitet und fehlen vielen Gesteinen ganz. Ihre Farbe ist vorwaltend gelb mit häufigen Uebergängen in das Braune, seltener in das Grüne und sehr selten in das Rothe. Dieselben sind von Ferrit oft so dieht und dick umhüllt und so vielfach durchsetzt, dass zwischen dem Ferrit mitunter nur noch unbedeutende Glimmer-Reste erhalten sind. Die Annahme des Augites als mikroskopischen Gemengtheiles beruht viel weniger auf der Nachweisung augitischer Substanz selbst, die sich nur äusserst selten und zwar mit brauner Farbe er- halten hat, als auf der Erkennung augitischer Formen, die durch eine Mannichfaltigkeit derjenigen Mi- neralien, die als Umsetzungs-Produkte des Augits längst bekannt sind, ausgefüllt werden. Die Ver- breitung dieser Formen ist nahe gleich weit mit der des Glimmers. Neben dem eigentlichen Augit dürften auch andere augitische Mineralien und zwar aus den Gruppen des Diallags und des Enstatits sicher nachgewiesen sein. An dieselben schliessen sich Zersetzungs-Produkte an, die allerdings eine täuschende Aehnlichkeit mit denen des Olivins haben. Die Verbreitung dieser Gemengtheile ist eine beschränkte. Häufiger finden sich sternförmig-gruppirte Krystalle und meist concentrisch geordnete Faser-Aggregate. Dagegen ist das Vorkommen recht eigenthümlicher Anhäufungen von sehr kleinen Krystall-Körnchen nur in Proben von einigen, aber wichtigen Fundstätten nachgewie- sen. Eine mineralogische Bestimmung dieser Bildungs-Elemente scheint mir unthunlich. Ebenso fasse ich unter dem Vogelsangschen !) Namen Viridit ohne Hinweisung auf bestimmte Mineral-Arten die Gesammtheit der krypto-krystallinischen bis amorphen grünen Gemengtheile zusam- men, welche zum Theil schon makroskopisch, oft dureh den grünlichen Schein der Gesammitfarbe an- gedeutet, überall häufig und reichlich eingestreut sind. Dieselben tragen in Allem die Kennzeichen einer secundären Bildung an sich und ich will nichts dagegen einwenden, dass man sie für wasser- haltige Eisen- und Magnesium-reiche Siliecate ausgiebt, halte aber ihre Zuweisung zu besondern Mine- ralarten für vorgreiflich und desshalb bedenklich. Carbonate, und zwar vornehmlich Caleiumcarbonat, gehören als Ausfüllungsmassen grösserer Cavernen noch mit zu den makroskopischen Gemengtheilen, mikroskopisch lassen sie sich, nur als se- eundäre Gemengtheile, vornehmlich als Ausfüllungen solcher Stellen, die ursprünglich von Feldspath, Glimmer oder Augit eingenommen waren, viel weiter verfolgen. Apatite dürften wohl in keinem Dünnschliff von mehr als einem Quadratcentimeter Oberfläche fehlen, und an ihren so eigenartigen und beständigen Formen leicht erkannt werden. Sie sind jedoch stets von solcher Kleinheit, dass sie trotz ihrer Häufigkeit nur einen sehr kleinen Theil der Masse ausmachen. Die oxydischen Verbindungen des Eisens, Rotheisenstein, Brauneisenstein, Magneteisen und Titan- eisen sind reichlich eingestreut in krystallinischen und derben Formen, in gröberer, feiner und feinster Vertheilung. Sie bedingen die Gesammtfarben, sowie die Farben des Pulvers und des Strichs. Um über 1) Vogelsang, Die Krystalliten. 1875. 8.110. II. Reine Porphyre. 297 meine thatsächlichen Feststellungen nicht hinaus zu gehen, fasse ich sie mit dem Vogelsangschen !) Namen Ferrit zusammen. ° Was Quarz und Chalcedon betrifft, so schliessen sich an die makroskopischen Einschlüsse in sehr vielen Dünnschliffen noch mikroskopische Flecke an, welche im polarisirten Lichte die buntesten Interferenz-Erscheinungen zeigen, entsprechend denen der Achatmandeln. Sie erweisen sich damit als weder wesentliche, noch accessorische Gemengtheile, sondern als secundäre Infiltrationen und bedingen keinen Widerspruch gegen die Bezeichnung der Gesteine als quarzfreier. 3. Chemische Merkmale. Alle hierher gehörigen Gesteine sind nur so mässig hygroskopisch, dass ihr lufttrocknes Pulver nach anhaltender Erwärmung auf 100 ® zwar selten unter 1/, Proz., aber auch ebenso selten über 1 Proz. am Gewichte abgenommen hat. Beim Erhitzen im Glaskölbehen lassen alle Proben Wasser entweichen, welches zwar selten bräunlich, vielmehr gewöhnlich farblos, aber nie geruchlos ist. Der Glühverlust der bei 100 0 getrockneten Pulver ist sehr verschieden nicht sowohl nach dem Wasser und Bitumen-Gehalte, als vielmehr nach der Carbonat-Führung und Carbonat-Freiheit. Berück- sichtist man nur Carbonat-arme oder Carbonat-freie Proben, so hält er sich zwischen 1 und 2 Proz. Vor dem Löthrohre schmelzen alle Proben nahe gleich leicht oder vielmehr schwer mit gemei- nem Feldspath. Im Bunsenschen Gasbrenner, 5 Millimeter über der Flammen-Basis (ohne aufgesetzten Schlot) runden sie sich kugelig ab. Die Schmelze ist anfangs grau, aufgebläht und schaumig, wird dann grünlich-braunlich streifig, und zuletzt klar grün. Dabei färbt sich die Stichflamme des Löthrohrs röthlichgelb. Nach Szabös Methode ist neben dem Natrium fast ausnahmslose Kalium zu erkennen. In Chlorwasserstoflsäure eingetaucht entwickeln die Brocken von nahe der Hälfte der untersuch- ten Fundstätten Kohlensäure, auch wenn die erste stark verdünnt ist. Die Entwiekelung ist selten sehr lebhaft und andauernd; sie geht nie von breiten Flächen aus, sondern beschränkt sich auf ein- zelne Flecke, namentlich die hellen innerhalb der Feldspath- und Glimmer-Krystalle. Concentrirte Chlorwasserstoffsäure nimmt von der Oberfläche eingelegter Brocken meist rasch und reichlich Eisenoxyd auf. Nach etwa 24stündiger Einwirkung ist eine vorher glattgeschliffiene Fläche grubig geworden, oder grubiger, als sie es vorher war. Die meisten Gruben ziehen sich als gerade Furchen in die Glimmer-Blätter und die Feldspath-Krystalle hinein und um sie herum. Viele, aber durchaus nicht alle Proben werden zugleich gebleicht. Handelt es sich darum, nur die Carbonate zu zersetzen und ihre Basen in Auflösung zu bringen, so genügt eine Verdünnung der Chlorwasserstoffsäure von gewöhnlicher Concentration (1,124) mit dem dreifachen Volumen Wasser. Man darf jedoch auch bei dieser Verdünnung die Säure nicht tagelang auf das feine Gesteins- Pulver einwirken lassen, oder erwärmen, wenn sie ausser Kalkerde, Talkerde, Eisenoxydul und Manganoxydul nicht auch viel Eisenoxyd und nur Spuren von Alkalien, Thonerde, Kieselsäure und andeın Bestandtheilen von Silicaten aufnehmen soll. Die quantitative Bestimmung der Kohlensäure durch Absorption derselben in Kalilauge ergiebt auch dann sehr geringe und unsichere Beträge, wenn grössere Gesteins-Brocken unter Chlorwasserstoflsäure grössere Gasblasen entwickeln und die Entwickelung viertelstundenlang andauert. 1) Vogelsang, Die Krystalliten. 1875. 8.110, 298 II. Reine Porphyre. Digerirt man das feine Gesteinspulver zum Zwecke der in $. 6 beschriebenen Partialanalyse mit Chlorwasserstoffsäure, so erfolgt der Angriff ohne bemerkbare Gallertbildung. Die chlorwasserstofisaure Lösung enthält das Eisen und Magnesium bis auf einen geringen Rest, aber nur einen verhältniss- mässig, kleinen Theil des Caleium-, Aluminium-, Natrium- und Kalium-Gehaltes. Der nach Digestion mit Chlorwasserstoflsäure und Sodalösung verbleibende Rest ist weiss bis gelblich- und röthlichweiss. Nachdem er bei 100° getrocknet worden ist, giebt er einen sehr geringfügigen Glühverlust von meist weniger als !/, Proz., ist also nahe wasserfrei. Er beträgt im Mittel von 12 Versuchen 72,7 Proz. zwischen den Extremen von 61 und 85 Proz. Seine Zusammensetzung ist im Wesentlichen die eines Feldspathes, häufig mit etwas freier Kieselsäure. Titanoxyd ist in jeder Probe gefunden worden; der Gehalt beträgt im Mittel von 10 Versuchen 1,2 Proz. zwischen den Extremen 0,5 und 3 Proz. Phosphorsäure fehlte unter 10 Proben nur einer; das Mittel aus 8 gleich zuverlässigen Versu- chen ist 0,22 Proz. zwischen den Extremen 0,10 und 0,31 Proz. $. 10. Beschreibung einzelner Gesteine. Die vorstehende Darlegung des Verhaltens der reinen Porphyre im Allgemeinen hat der Ent- wiekelung der wesentlichen Mineral- Gemengtheile und ihrem Vorkommen neben einander in qualita- tiver wie in quantitativer Hinsicht einen so weiten Spielraum lassen müssen, dass dadurch die Vor- stellung eines einzelnen Gesteins nicht vermittelt werden kann, vielmehr die Beschreibung einzelner Gesteine als nächste Aufgabe gestellt worden ist. Diese nun soll in den nachfolgenden Nummern ge- löst werden. 1. Gestein von Oehrenstock. Das über dem östlichen Theile des Ortes Oehrenstock, am Wege nach Langewiesen, namentlich über dem Gehöft des Einwohners A. Koch, anstehende Gestein ist in den Sammlungen wohl am mei- sten verbreitet als typisch für den Cottaschen Glimmer-Porphyr. Dasselbe hat eine röthlich-graubraune Verwitterungskruste. Die frische Bruchfläche ist uneben in das Splitterige. Die Farbe der Grundmasse ist sehr dunkel, röthlich-schwarzbraun, matt. Aus ihr leuchten zahlreiche Glimmer-Blätter hervor in nahe regelmässig -sechsseitigen Tafeln; dicht auf der Bruchfläche aufliegend erscheinen sie rabenschwarz und glänzen metallähnlich, an aufgeblätterten Rän- dern scheinen sie pistazien- bis olivengrün durch. Zwischen den Glimmerblättchen finden sich läng- liche Feldspathe, sehr unvollkommen spaltbar, graugrün bis grauroth, matt. Die meisten Glimmer- blätter liegen mit ihrer Spaltungs-Richtung in nahe derselben Ebene, nach welcher das Gestein vor- zugsweise leicht bricht und etwas schiefrig wird. Während des Pulverisirens verliert sich das Düstere aus der Farbe des Gesteins; sein feines Pulver ist dunkel ziegelroth. Die Dichte des Gesteins ist 2,676. Bei Betrachtung der Dünnschliffe unter dem Mikroskope fallen zunächst auf die eitronen- bis pomeranzengelben Glimmer (s. Taf. I Fig. 6 u. 7). Parallel zum Blätter - Durchgang durchsehnitten stellen sie sich als regelmässig-sechsseitige Tafeln dar, rechtwinkelig dagegen durchschnitten sind sie zwar häufig rechteckig begrenzt, aber auch oft in Richtung der Blätterdurchgänge abgesetzt und in oblonge Leisten gesondert. Die sechsseitigen Tafeln sind von braunen bis opaken Hüllen umgeben Il. Reine Porphyre. 299 und rechtwinkelig gegen alle drei Seiten-Paare schwarz schraffirt. Auf den Rechlecken erscheint die Schraffirung wieder, aber nicht rechtwinkelig gegen die Tafelfläche oder den Blätterdurchgang, sondern schief dagegen. Bei starker Vergrösserung lösen sich die Schraffirungslinien in getrennte Flecke auf, welche häufig nach aussen braun verschwimmen. Dieselben erweisen sich deutlich als Infiltrationen von Ferrit in Haarspalten längs der sogenannten Gleitflächen. Die Umrisse nicht nur der rechteckigen, son- dern auch der sechseckigen Querschnitte complieiren sich vielfach durch Ein- nnd Aussprünge und durch ungleiche Ausdehnung nach verschiedenen Durchmessern. Die sechseckigen Durchschnitte lassen keinen Dichroismus wahrnehmen, die rechteckigen sehr auffälligen. Liegt der Hauptschnitt des Nikols unter dem Objeet rechtwinkelig gegen die Blätterdurchgänge, so erscheint ein lichtes Gelb, liegt er parallel dazu, so erscheint ein dunkles Braun. Gegen die Glimmer treten die grossen Feldspath-Krystalle (s. Taf. I Fig. 2) sehr zurück. Sie sind selten farblos, meist gräulich-bräunlich getrübt und von opaken Streifen durchzogen; Trübung und Streifung lösen sich bei starker Vergrösserung in braune Flecken und Leisten auf; bei stärkster Vergrösserung nimmt man in ihnen auch Glas-Eier wahr. Ihre Polarisation ist sehr gestört, so dass eine Mehrzahl von Dünnschliffen die exacte Bestimmung des optisch -krystallographischen Verhaltens nicht gestattet. Sie sind eben nur Reste von Feldspatl-Krystallen, welche der in der Gegend von Il- menau sehr verbreiteten Carbonatisirung unterlagen; sie bestehen aus einem Gemenge von Carbonat und Feldspath mit kaolinischen Silicaten und freier Kieselsäure, wie später ausgeführt werden soll. Nicht gar selten zeigen sich sechs- bis achteckige Formen, die auf Augit gedeutet werden müs- sen, obgleich ihr trüber, hellbrauner bis fleckiger Inhalt nicht mehr Augit ist. Ebenso häufig sind und zwar nicht nur selbstständig, sondern auch in den Feldspathen einge- schlossen, Flecke eines grünen Minerals, dem eonfuse Doppelbrechung und Diehroismus eigen ist; bei stärkerer Vergrösserung tritt faserige Struetur hervor und bei stärkster Vergrösserung erkennt man die Fasern als leistenförmige Krystalle. Ich finde keine Berechtigung, das Mineral mit einem bestimmteren Namen, als dem des Viridites zu belegen. Apatit-Prismen von sehr verschiedener aber niemals ansehnlicher Grösse, längs gestreift, oft quer durchbrochen und häufig verdrückt, finden sich nicht nur als selbstständige Gemengtheile, son- dern auch als Einschlüsse in den anderen grösseren Gemengtheilen. Die braune Bestäubung und Trübung löst sich mit gesteigerter Vergrösserung wohl in die Form von Körnehen, Stäbehen, Schnürchen und Dendriten auf, aber nicht in die von Krystallen. Sie dürften zumeist Ferrite sein. Die Grundmasse zwischen allen diesen Einlagerungen ist überall eine doppeltbrechende, aber erst bei stärkster Vergrösserung löst sich ihr grösserer Theil in schief-rhombische Krystall-Leisten auf, die sich ihrer Länge nach an die Umrisse grösserer Krystalle schmiegen, und fern davon zu Buscheln aggre- giren. Die chemische Analyse lässt keinen Zweifel daran, dass dieselbe wesentlich aus Feldspath besteht. Unter Chlorwasserstoflsäure braust das Gestein lebhaft und nachhaltig auf. Beim Anätzen eines Glatt- schliffes durch Chlorwasserstoflsäure zeigt es sich deutlich, dass die Kohlensäurebläschen vorzüglich von dem Innern der grösseren Feldspath-Krystalle ausgehen. Coneentrirte Chlorwasserstoflsäure nimmt auch reichlich Eisenoxyd auf. Nach etwa 24stündiger Einwirkung der Säure sind an Stelle der grösseren Feldspath-Krystalle Gruben entstanden, innerhalb deren nur noch geringe röthliche Feldspathreste hängen Um die Glimmer herum und zwischen ihren Blättern sind Furchen entstanden. Jen. Denkschriften II. 4. 38 300 II. Reine Porphyre. Nach einer auf vielseitige Rücksichten bedachten, mehrfach controlirten Analyse ist der chemi- sche Bestand des Oehrenstocker Gesteins: A. Kieselsäure . 54,74 Proc. Kohlensäure . 2,60 ,„ Phosphorsäure 000 0’21mer, IPhonerd eur re . 16,86 „ Eisenoxyd und etwas Manganoxyd 7,78 „ Titanoxyd . 1,56 ,„ Kalkerde 4,28 „ Talkerde 3,45 ,„ Kalı . 4,03 „ Natron 2,64 „ Glühverlust A, 99,68 Proc. Von diesen Bestandtheilen wurden durch verdünnte Chlorwasserstoflsäure bei gewöhnlicher Temperatur aufgenommen und ausgetrieben: Ferner wurden durch anhaltendes Digeriren mit concentrirter Chlorwasserstoffsäure, Eindampfen bis B, a. Kohlensäure . . . one Eisenoxyd mit etwas Manganoxyd Thonerde mit etwas Phosphorsäure Kalkerde Talkerde 1,25 1,50 3,00 2,60 2,39 Proc. 10,74 Proc. zur Trockne und Wiederaufnahme des trocknen Rückstandes mit verdünnter Säure gelöst: B, b. Eisenoxyd mit etwas Manganoxyd und Titansäure 5,56 Proc. Thonerde mit etwas Phosphorsäure Kalkerde Talkerde Kali. Natron . Aus dem noch ungelösten Reste nahm Soda-Lösung auf Kieselsäure. . . SE Der durch concentrirte Chlorwasserstoflsäure aufschliessbare Antheil oe . Spur „ ‚OM „5 On ao 5,98 beträgt also 15,30 Proc. Der dadurch nicht aufschliessbare Antheil, welcher einen Glüh-Verlust von nur noch 0,70 Proe. ergiebt und eine graulich-weisse Farbe hat, würde also 73,97 Proc. ausmachen. Nur um Weniges geringer fiel der unaufschliessbare Antheil aus bei Anwendung von überhitz- ter Schwefelsäure. bei dem ersten dieser Versuche enthielt derselbe: Kieselsäure RER Thonerde . . . el it Eisenoxyd, etwas Manganoxyd und Titansäure Kalkerde Talkerde Kali . Natron . Eisenoxydul ist als Bestandtheil nicht mit aufgeführt, obglei Derselbe betrug bei drei Versuchen der Reihe nach 67,91, 66,68 und 64,71 Proc. ; 6,76 Proc. 2,52 0,90 „ Rz 0,22 „ 3,06 1,87 ch die Analyse 0,09 Proc. ergeben II. Reine Porphyre. 301 hatte; denn dieser minimale Betrag kann recht gut durch die redueirende Einwirkung des Bitumens im Glühverluste und des Titanoxydes erzeugt worden sein. In dem auch durch überhitzte Schwefelsäure nicht aufschliessbaren Antheile stellt sich der Sauer- stoflgehalt in a. b. C. Kali, Natron, Kalk- und Talkerde Thonerde Kieselsäure wie 0,7 8 3 2 12,07. Dieses Verhältniss entspricht einem Gemenge von viel trisilikatischem Feldspath mit etwas Thon- erde, Silicat und freier Kieselsäure. 2. Gestein vom östlichen Nusse des Ilmsenberges. Das Gestein ist einer neueren Abschürfung entnommen neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Breitenbach, wo dieselbe oberhalb der Brücke über den Ilmsenbach eine Ausbiegung nach links macht. Seine Verwitterungskruste ist gelbbraun. Frische Bruchflächen sind nicht sehr uneben, aber doch rauh; sie lassen in dunkler, graulich-braunrother Grundmasse Feldspath und Glimmer erken- nen. Die Feldspathe sind mit der Grundmasse sehr innig verbunden, späthig, weiss. Die Glimmer sind blätterig bis schuppig, metallisch-glänzend, dunkel, fast rabenschwaız. Durch Glattschliff verdun- kelt sich die Farbe der Grundmasse ins Rothbraune mit dunkleren Flecken. Während des Pulverns ändert sich die Farbe des Gesteins; das Grau tritt zurück und ein lich- tes Roth hervor. Das staubig feine Pulver ist licht-graulich-ziegelroth; dasselbe ist gegen den Magne- ten unempfindlich. Die Dichte des Gesteins ist 2,651. Im Dünnschliff unter dem Mikroskop erscheinen die Feldspathe geradkantig, streifig nach den Spaltungsrichtungen; die grösseren sind meist sehr trübe, die kleineren weniger, ja stellenweise fast klar. Alle einigermaassen klaren Stellen zeigen lebhafte chromatische Polarisation, vielfach wiederholte Zwillingsbildung und trikline Lage des optischen Hauptschnittes. Die durch Zwillingsbildung parallel der Hauptspaltungsrichtung an einander gelagerten einfachen Krystall-Lamellen sind jedoch nicht immer parallelflächig, sondern verschmälern sich mitunter und keilen sich sogar aus (s. Taf. I Fig. 6). Auch stossen nicht eben selten zwei Zwillings-Systeme winkelig zusammen und zwar wenn die Streifen jedes Systems so scharf geschieden sind, dass man annehmen darf, die Fläche des Dünnschliffs schneide die Zwillingsebenen beider Systeme rechtwinkelig, unter Winkeln, die von einem Rechten höchstens um einen halben Grad abweichen. Der Glimmer tritt in diesem Gesteine zwar etwas weniger hervor, als in dem vorher beschrie- benen von Oehrenstock, ist etwas dunkler gelb, gleicht ihm aber sonst in aller Beziehung; die Schraf- firungs-Linien, die Ferrit-Einlagerungen und Umhüllungen fehlen ihm nicht; der Dichroismus ist in derselben Weise entwickelt. Seltener und kleiner als Feldspathe und Glimmer tritt ein Mineral auf von sehr dunkelen, aber nicht geraden, sondern wellig gebogenen, auch nicht völlig durchgehenden Linien durchzogen, die mit gleichem Rechte als Spaltungsriehtungen und als lamellare Hohlräume gedeutet werden können. Dasselbe ist klar, licht blaulichgrün, monochroitisch aber mit lebhaft-chromatischer Polarisation begabt. Dabei färbt es sich nicht immer gleichförmig, sondern bunt — das in Taf. IH Fig. 18 dargestellte Stück z. B. 38 * 302 II. heine Porphyre. röthlichgelb mit blauer Einfassung —; die verschiedenen Farben setzen scharf an einander ab; die Grenzen sind aber im gewöhnlichen Lichte spurlos verschwunden. Die dunkeln Linien oder die ihnen entsprechenden Spaltungsriehtungen fallen nieht mit einem optischen Hauptschnitt zusammen. Die Dun- kelstellung zwischen gekreuzten Nikols verlangt einen Winkel von 41° resp. 49° zwischen dem Haupt- schnitte des Analyseurs und der Spaltungsrichtung des abgebildeten Exemplars. Das würde für Dial- lag sprechen, wenn man zu der Annahme berechtigt wäre, die Fläche des Dünnschlifls sei rechtwin- kelis zu der Orthodiagonale. Apatit-Einschlüsse sind in diesem Mineral häufig. Dasselbe ist recht spröde, indem es leicht aus dem Dünnschliffe herausbröckelt. Auch liegen in demselben Dünnschliffe zerrissene Stücke mit optisch gleichem Verhalten; die Risse erweitern sich häufig zu Klüften und die Klüfte unter Abrundung ihrer Ränder zu Kanälen; indem überdiess die Klüfte und Kanäle mitunter von ockriger Substanz erfüllt sind, tritt die Aehnlichkeit mit angewittertem Olivin täuschend hervor (s. Taf. II Fig. 20 u. 21). Apatit-Prismen sind sehr häufig nicht nur als selbstständige Einlagerungen in der Grundmasse, sondern auch als Einschlüsse in anderen selbstständigen Einlagerungen. Sie sind hier höchstens sechs mal so lang als breit, enden dachförmig oder mit Querbrüchen. Die grösseren erscheinen bei schwa- cher Vergrösserung ihrer Länge nach lein schraffirt; diese Schraffirung löst sich aber bei starker Ver- grösserung in schwarze kurze Striche, bei stärkster in längliehe scharf umgränzte Hohlräume auf (s. Taf. V Fig. 20, 21 u. 22). Nur einmal zeigte sich ein abgerundet-quadratisches Korn farblos, blaulich, violett und schwarz gefleckt; wahrscheinlichst ein Flussspath (s. Taf. IH Fig. 26). Gelbrothe, braune und opake Ferrit-Körnehen und Schüppchen sind theils gleichmässig dicht durch das Gestein zerstreut, theils schieben sie sich zu lockern Haufwerken und kryptokrystallinischen Dendriten zusammen (Taf. V Fig. 13). Ausserdem sind auch stern- oder rosettenförmige Aggregate kleinster Krystalle häufig, die nach Innen zu einer trüben, gelblich- bis bräunlich-grauen Masse zusammengeschoben sind, über den Aussenrand aber mit — wenigstens bei stärkster Vergrösserung — deutlichen krystallinischen Endigungen hervorragen (s. Taf. IV Fig. 6). Zwischen diesen Einlagerungen bleibt der Grundmasse noch viel Raum übrig. Ihre Struktur geht auch bei der stärksten Vergrösserung über das Griessige nicht hinaus. Chlorwasserstoflsäure veranlasst keine Gasentwiekelung; sie färbt sich gelb von aufgelöstem Eisen- oxyd; der Glattschliff zeigt nach mehrstündiger Einwirkung der Säure Gruben, namentlich neben den Glimmerblättern. Die Zusammensetzung des Gesteins ist: A. Kieselsäure . 60,83 Proc. Phosphorsäure 0,21 Thonerde . . 15,07 „ Eisenoxydes 26.32 Titanoxyd. . 2,00 „ Kalkerde . . 1,94 ,„ Talkerde . ... 2,45, Kalisı 2. Pe Natron 5 Glühverlust . 1,40 99,99 Proc. II. Reine Porphyre. 303 Davon wurden aufgeschlossen durch eoncentrirte Chlorwasserstoffsäure: B. Kieseläure . . . . ... .5,44 Proc. Mhonerde Wer Dice Eisenoxyd mit etwas Titansäure 6,00 IKallkkerde ne nun TDalkerdosg 2a m sr Se ea re Kal Ben a ar 0 IN ron rg Der durch Chlorwasserstoflsäure nicht aufgeschlossene Rest betrug 81,69 Proc. Der unaufgeschlossene Rest enthält: C. Kıfese]sAureB BE 5583 gProc! IN on'erd eBgr 11 Ouaee Eisenoxyd mit etwas Mangan- und Titanoxyd 0,79 „ Kallkerd or er A alkerdev nr a ROAD CAD) ron he EEE. nee LEO TSTE (Natron) a El ee en AS; Glühverlust. . . . . a a HONLIEN,; 81,67 Proc. Im zuletzt betrachteten unaufgeschlossenen Rest stellt sich der Sauerstoff-Gehalt in: a. b. c. Kali, Natron, Kalkerde und Talkerd Thonerde Kieselsäure wie 1,16 8 3 8 13,25. Das stimmt wohl nahe überein mit einem trisilieatischen Feldspathe und einer kleinen Menge freier Kieselsäure; noch mehr aber befriedigt das Zahlen -Resultat, wenn man — mit Rücksicht auf den mikroskopisch angedeuteten Diallag — Kalkerde und Talkerde als Bisilicate ausscheidet, indem man dann erhält das Sauerstoll-Verhältniss in: a. b. & Kali, Natron Thonerde Kieselsäure wie 0,87 8 3 8 11,77. Eine Aufschliessung in überhitzter Schwefelstäure ergab den Gehalt an Eisenoxydul zu 0,88 Proc. Derselbe ist nieht mit in Rechnung gebracht, weil er unter dem redueirenden Einflusse namentlich des Titanoxydes bei seiner während der Lösung eintretenden Ueberführung in Titansäure erst entstanden sein kann. 3. Gestein des Felsens bei Möhrenbach. Das Gestein ist einer frischen Anschürfung entnommen neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Breitenbach 500 Schritte oberhalb des Ortes Möhrenbach. Seine Verwitterungskruste ist graubraun. Frische Bruchflächen sind uneben; sie lassen in graulich-röthlich- brauner Grundmasse Feld- spath und Glimmer erkennen. Die Feldspathe sind späthig, weiss mit dunkeln Flecken, und schei- den sich auch auf glattgeschliffenen Flächen, nicht scharf von der Grundmasse, sondern verschwim- men einigermassen damit. Die Glimmer sind blätterig, braun, metallisch-glänzend. 304 II. Reine Porphyre. Das grobkörnige Pulver ist grau, das feinkörnige röthlich-grau, das staubige blass-ziegelroth; es enthält keine magnetischen Theilchen. Das Gestein hat die Dichte 2,616. Die mikroskopische Untersuchung des Dünnschliffs ergiebt folgende Resultate: Die Feldspathe sind im Allgemeinen trübe, sogar sehr trübe bis auf klarere den Haupt-Spal- tungsrichtungen parallele Streifen, welche lebhaft chromatisch polarisiren nach Art der polysynthetischen und triklinen. Die Glimmer-Einlagerungen haben die Form sechsseitiger, dicker Tafeln, oder kurzer Prismen mit ebenen Endflächen und gekerbten Seitenflächen; diese Form tritt oft recht einfach hervor, oft auch verwickelt sie sich durch einspringende Kanten an den Seitenflächen. Ihre Farbe ist gelb bis braun- gelb. Sie zeigen die Schraffirung, wie diejenigen des Gesteins von Oehrenstock und verhalten sich sonst ganz gleich damit. Längs gestreifte Apatit-Prismen von ansehnlicher bis mikrolithischer Grösse finden sich zahl- reich, nicht nur als selbstständige Einlagerungen in der Grundmasse, sondern auch als Einschlüsse in Glimmern und Feldspathen. Auch trübe gelbgraue, stern- bis rosettenförmige Aggregate kleinster Krystalle sind reichlich der Grundmasse eingestreut. Bundliche Ferrit-Körnchen vertheilen sich ziemlich gleichförmig durch die Grundmasse, schie- ben sich aber stellenweise auch dicht zusammen und machen dann den Eindruck, als ob sie der Rück- stand resorbirter Glimmer-Krystalle wären. Die Grundmasse löst sich bei stärkster Vergrösserung in doppeltbrechende Körnchen auf, die dicht und verworren zusammenstossen. Das Gestein ist durchaus frei von Carbonaten. Chlorwasserstoflsäure erzeugt keine Spur von Gasentwickelung, nimmt aber rasch und reichlich Eisenoxyd auf und hinterlässt auf dem Glattsehliff nach 24stündiger Einwirkung leicht erkennbare Grübchen. Sein chemischer Bestand ist: A. Kieselsäure . 55,96 Proc. Phosphorsäure 0,51 „, Thonerde . . 14,60 ,„ Eisenoxyd. . 11,19 ,„, Tıtanoxydee el Sr Talkerder 2 ANGE Kalkerde . . 0,64 „ Natron 93er Kal, 3 2.020 :372 Or Glühverlut . 2,25 „ 99,32 „ Davon werden durch concentrirte Chlorwasserstoflsäure aufgeschlossen: B. Kieselsäure . 7,58 Proc. Phosphorsäure 0,51 „, Thonerde . . 3,15 „ Eisenoxyd. . 10,67 „ Titanoxyd. . 0,26 II. Reine Porphyre. 305 Talkerde . . 4,50 Proe. Kalkerde . . 0,79 ,„ Natron. 0,24 TAN oe Nach Behandlung mit concentrirter Chlorwasserstoffsäure und Sodalösung bleibt als Rest: c. Kieselsäure . . . „2... 48,36 Proe. IDhonerdeer re 2, 0, Eisenoxyd mit etwas Titansäure 0,17 „ Talkerdel we VER lo, IKalkerd er Spuren, KO) oo 00 E80 00 I MEN) ro re 0. Glühyerlus te ar lc; 69,60 Proc. Das Verhältniss der Sauerstoff-Gehalte in: a. b. C. Kali, Natron, Kalk- und Talkerde Thonerde Kieselsäure ist 0,89 8 3 5 12,91 also dasjenige eines trisilicatischen Feldspathes mit einem sehr geringen Ueberschuss von Kieselsäure und einem noch geringeren Unterschuss von Alkalien. Die Aufschliessung durch überhitzte Schwefelsäure ergab einen Eisenoxydul-Gehalt von 0,06 Proc., der als unwesentlich vernachlässigt werden kann. 4. Gestein am Wege von Neustadt am Rennsteig nach Oehrenstock zwischen der Ochsenbacher Mühle und dem Kämpfenberg. Unter einer grossen Mannichfaltigkeit von Gesteinen, die an der bezeichneten Stelle in einem grossen Haufen zusammen geworfen waren und die zum Theil im Graben neben dem Wege anstehen, ist das dunkelste in Untersuchung genommen; es ist zugleich eines der Basalt-ähnlichsten des ganzen Gebietes. Seine Verwitterungskruste ist dunkelbraun, seine frische Bruchfläche fast eben ins Muschelige, schwarz mit einem Stich in das Rothbraune, matt. Die eingeschlossenen Feldspathe sind recht voll- kommen spaltbar, aber sowohl wegen ihrer Kleinheit, als auch desswegen, weil sie die Ferrit- reiche Grundmasse dunkel durchscheinen lassen, nicht auffällig wahrnehmbar. Unter dem Zerkleinern geht die Farbe in das Graue über, und bei grösserer Feinheit des Pul- vers in das Röthlich-graue. Auch aus dem feinen Pulver zieht der Magnet nichts aus. Die mittlere Dichte des Gesteins ist 2,75. Auch das mikroskopische Bild des Dünnschlifis behält etwas Basalt-Aehnliches. Aus einer feinkörnigen Grundmasse heben sich nur Feldspathe stark heraus, und zwar mit durchaus krystallinischen Formen. Die polysynthetische Bildung dieser Krystalle macht sich schon in den Vor- und Rücksprüngen der einzelnen neben einander liegenden Zwillings - Lamellen bemerklich; ihre chromatische Polarisation erweist sie überdies als triklin. Nur wenige Feldspath-Krystalle sind voll- kommen klar, aber alle zu einem grösseren oder kleineren Theil ihres Querschnittes. Die Trübung wird durch ferritische Durchstäubung erzeugt. Einschlüsse von Viridit und concentrisch - strahligen 306 II. Reine Porphyre. Aggregaten und schlauchförmige Höhlungen, die sich den Blätter- Durchgängen anschliessen, sind nicht selten. Augit-Formen zumeist mit opakem bis braunem Ferrit erfüllt kommen sparsam vor. Apatit-Prismen fallen ebenfalls nicht auf. Opake Ferrit-Körnchen sind zahlreich eingestreut, theils klumpig vereinigt, theils lose zusam- mengeschoben, theils regellos zerstreut. Ausser den Ferrit-Körnchen wird, aber erst bei mittlerer Vergrösserung, noch eine andere Ein- streuung bemerkbar. Sie scheint zuerst aus grünlich-grauen Krümchen zu bestehen, die nicht scharf gegen die Umgebung absetzen, sondern mit ihr verschwimmen, und löst sich bei starker und stärkster Vergrösserung in rosettenförmige Krystallaggregate und zuletzt in Häufchen gelber Krystalle auf; die Oberfläche dieser Häufchen ist rundlich und wird von einem Netzwerk schwarzer Linien durch- zogen, die den Fugen zwischen den einzelnen Kryställchen entsprechen. Ihr vorliegendes Vorkommen würde übrigens nicht zu der Erkenntniss der Eigenartigkeit führen, wenn man es nicht mit deutlicheren Entwiekelungen in anderen Gesteinen vergleichen könnte. Was nach Abzug aller angeführten Mineralien als Grundmasse übrig bleibt, kann füglich als mikro- und kryptokrystallinischer Feldspath in Anspruch genommen werden. Concentrirte Chlorwasserstofflsäure entwickelt nur von wenigen Stellen und nur während kurzer Zeit Kohlensäure ; sie nimmt nicht reichlich Eisenoxyd auf. Nach 24stündiger Einwirkung der Säure hat sich der Glattschliff nur wenig verändert, ist namentlich nur wenig grubig geworden. Nach den Untersuchungen von Dr. Volquartz ist der chemische Bestand des ganzen Gesteins: A. Bäeselsäuren nr. re SENIWPrOCH Kohlensäure Er Spur: Thonerde mit etwas Phosphorsäure 17,60 Eisenoxyd mit etwas Manganoxyd 6,06 „, Titan) oxy Ay u Bar Er LOB, IE156n/0:x:y.du ya ar a 15 0er, Talkerde es er re 3,0 Sun, Kalkordei,.ie, 14% 24er So E36 GE INatronvy Ra 1 12 Kalın 0. ren 2 ee Er] 3 2ER Glühyerlusteers re Er So 100,16 Proc. Von eoneentrirter Chlorwasserstoflsäure wird aufgelöst und aufgeschlossen: B. Kieselsäurer. ee es3WProc: Kohlensäure a ESpir Thonerde mit etwas Phosphorsäure 3,46 Eisenoxyd mit etwas Manganoxyd . 6,73 Titansäure, vr ON (Talkerde) | 2 0 St: Ge Kalkerdee@\. » 2% 2 2 Rob RS Ce Natron. ll Eee EROHlOE Kali na ee Pu ESDUCHER, Der unaufgelöste und unaufgeschlossene Rest besteht aus: c. Kieselsäurein.. .. 0 ee Su Ag Aroc. T’honerde! :, „1. 1 SAbEan In Ihn a „ Il. Reine Porphyre. 307 Eisenoxyd mit etwas Manganoxyd und Titansäure 0,61 Proc. Tallkerder Res rn Spur. Kalkerdes,., 4, = male eg ee er Em EOON (NEST Be in eal ae oo ae Kali 2 an RIESE en Are Belke 1u16325 9, Glüb verlust 2 2, 73,02 Proc. Das Verhältniss der Sauerstofigehalte in: a. b. c. Natron, Kali, Kalkerde Thonerde Kieselsäure ist: 0,86 : 3 5 12 also sehr nahe feldspathartig und trisilikatisch. 5. Gesteine vom südöstlichen Abhange des Gotteskopfs bei Amt-Gehren. Unter der Mannichfaltigkeit von Gesteinen, die am südöstlichen Abhange des Gotteskopfs nahe Amt-Gehren jedenfalls anstehen, deren Brocken und Blöcke jedoch nur lose an der Oberfläche gefun- den werden, ist ein sehr dichtes und lichtes nicht selten. Dasselbe hat eine sehr licht- röthlich - graue Verwitterungs-Kruste; seine frischen Bruchflächen sind weniger uneben als vielmehr erdig, licht grau, aber etwas dunkler als die Verwitterungs-Krusten, matt und so gleichförmig, dass das unbewaffnete Auge gar keine Einschlüsse bemerkt, mittels der Lupe schimmernde Feldspath-Durchbrüche und Ferrite in Körnehen und Flecken nur eben bemerkbar werden. Auf Grund makroskopischer Betrach- tung meint man viel eher einen Tuff, als ein körniges Gestein vor sich zu haben. Beim Zerkleinern zieht sich die Farbe ins Röthliche. Das Pulver enthält keine dem Magneten folgsame Theile. Die Dichte des Gesteins ist 2,65. Die mikroskopische Untersuchung des Dünnschlifls ergiebt gar keine grösseren Feldspath-Krystalle, sondern nur Feldspath-Leisten, deren Breite selten über 0,008 Mm. hinausgeht, im Durchschnitte nur 0,0015 Mm. misst. Dabei sind dieselben selten krystallinisch einfach und schief prismatisch- geschlossen, sondern meist polysynthetisch und am Ende vielfach eingeschnitten und zerspalten, vor- waltend nach einer Richtung lang neben einander gelegt, aber auch büschelförmig aggregirt (s. Taf. II. Fig. 4). Apatit-Prismen sind selten. Einige gelblich-röthliche Stellen würde man trotz ihres starken Dichroismus nicht unbedenklich auf Glimmer oder vielmehr Glimmer-Reste deuten, wenn sie sich nieht in sehr ähnlichen, nur etwas gröber körnigen, an demselben Abhange vorkommenden Gesteinen deutlicher darböten. Ebenfalls seltene farblose Flecke erweisen sich durch die Lebhaftigkeit irisirend - chromatischer Polarisation als Quarze, denen jedoch jede äussere Krystallform fehlt. Ferrit in opaken scharf umgrenzten Körnern bis braunen verwaschenen Flecken ist allgemein verstreut. Die grösseren Ferrit-Körner treten weit genug auseinander, um dem Dünnschliff ein klares Aussehen zu belassen, die kleinen Körnehen schieben sich hier und da dieht zusammen, als Umhül- lung von Glimmerstellen und Quarzflecken oder in gestreckter Rauten- und Stabform ohne selbst- ständigen Kern. Viridit ist nur spärlich eingemengt. Jen. Denkschriften II. 4. 39 308 II. Reime Porphyre. Es macht sich aber in diesem wie in dem unter 4 beschriebenen Gestein noch ein, freilich erst bei mittlerer Vergrösserung bemerkbares Mineral als wesentlicher Gemengtheil geltend. Dasselbe erscheint zuerst in grünlich- bis gelblich-grauen Rosetten, löst sich aber bei gesteigerter Vergrösserung in Krystallhäufehen auf, deren Oberfläche von schwarzen Furchen durchzogen ist, die den Fugen zwischen den einzelnen Krystallen entsprechen; die einzelnen seitlich hervorragenden Krystalle sind gelb und lassen bei stärkster Vergrösserung schiefe Endflächen erkennen. Die wesentlichen Bildungselemente des Gesteins sind Feldspath-Leisten und -Nadeln, Ferrit, Viridit und das vorn erwähnte gelbe Mineral. Von einer anderweitigen Grundmasse als einer Zu- sammenschiebung der feinsten Krystalle dieser Mineralien ist keine Rede. Unter eoncentrirter Chlorwasserstoffsäure erfolgt keine Kohlensäure-Entwickelung; die Säure nimmt aber reichlich Eisenoxyd auf. Der Glattschliff ist nach 24stündiger Einwirkung an vielen Stellen vertieft; seine Oberfläche ist sichtlich gebleicht, geröthet und von dunkleren Streifen durchzogen. Nach den von Dr. Preissler ausgeführten Analysen ist der chemische Bestand des ganzen Gesteins: A. Kieselsäure aka . 58,25 Proc. Thonerde mit etwas Phosphorsäure 16,19 ,, Eisenoxyd mit etwas Manganoxyd. 8,74 „ itan'oxy dere ar re, >, IEjsenoxy.du er u Er Er 1 2 De, Talkerde: 4 vEmlSH Se ale 2 to nn, Kalkerdesg. 0 nur Sr ar De, Natron: Aue ve oo, Kali asus a ee Gluh yerlus sr a er 5 O 99,84 Proc. Davon werden durch concentrirte Chlorwasserstoflsäure aufgelöst und aufgeschlossen: B. IKaeselsauref Pr er INl6PBroch Thonerde mit etwas Phosphorsäure . . . . . 2362 „ Eisenoxyd mit etwas Manganoxyd und Titansäure 9,77 „ (eRallker.d e) Weser a sr u GE GE >. Be Kalkerde . 0.0 cent Ve er Ola; Natron) 2 u re ES ur, Kalle ter ee ae SE pur: Der nach Digestion mit concentrirter Chlorwasserstoffsäure und Soda-Lösung verbliebene Rest enthält: ©. Kieselsäure; fın..1j.2 uncut roch Thonerde. ..un. u m TS ee Eisenoxyd mit etwas Manganoxyd und Titansäure 1,20 „ Talkerdes.n EU ES pur Kalkerdeunl is na vg nein rel Far Dane a a ER ON SEEN (Natron)... ar. or ce ee En 15 Se (Kallın aa a se El ER 350 en Glühverlustur 5... mE IE NR 73,04 Proc. II. Reine Porphyre. 309 Das Verhältniss der Sauerstoflgehalte in: a. b. c. Natron, Kalı und Talkerde Thonerde Kieselsäure ist demnach: 1,23 E 3 3 12,5 Bedenkt man, dass die Alkalien aus der Differenz zwischen I und II bestimmt sind und kleine Mengen von Natron und Kali in II, von Talkerde in III vernachlässigt worden, so stellt sich eine nahe Uebereinstimmung mit trisilicatischem Feldspath, dem etwas freie Kieselsäure anhängt, heraus. 6. Gestein von der Grossen Douche bei Ilmenau. Die zu der Ilmenauer Kaltwasser-Heilanstalt gehörige „Grosse Douche“ liegt auf dem rechten Ufer der Im, knapp über ihrer Aue und unterhalb der Einmündung des Steinbachs. Leider ist die Probe nicht einem anstehenden Felsen, sondern einem lose an der Oberfläche liegenden Blocke ent- nommen worden. Die Verwitterungskruste ist dunkelbraun, die fische Bruchfläche uneben, von sehr düster grauer Gesammt-Farbe. Aus der fast schwarzen Grundmasse treten nur Feldspathe hervor theils in grös- seren spaltbaren, schwach perlmutter glänzenden stumpfeckigen, schmutzig - weissen Prismen, theils in dünnen Leisten und Stäben. Die letzten sind erst auf einem Glattschliff recht deutlich zu erkennen; sie stossen zu Büscheln und Sternen zusammen. Beim Zerkleinern bleibt die Farbe grau, bis das Korn pulverig wird, dann geht sie ins Rothe über und wird, nachdem das Pulver unfühlbar fein geworden ist, graulich-ziegelroth. Dem Magneten folgsame Theilchen enthält es nicht. Die Dichte des Gesteins ist 2,623. Unter dem Mikroskop erscheint der Dünnschliff des Gesteins viel klarer und krystallinisch- körniger als seine makroskopische Beschaffenheit, seine düstere Farbe und die vorwaltende Ausdehnung der Grundmasse erwarten lässt (s. Taf. II Fig. 2). Die Hauptmasse des Gesteins macht ungewöhnlich klarer und geradkantiger Feldspath aus. Seine Krystalle gehen von makroskopischer bis zu fast mikrolithischer Grösse durch alle Zwischenstufen herab. Die grösseren, breiteren Krystalle verhalten sich deutlich optisch polysynthetisch und triklin; die kleineren oder vielmehr schmaleren Krystalle strecken sich oft wahrhaft nadelförmig aus; dieselben sind dann gewöhnlich quer gebrochen und längs der Brüche verrückt. Sie haben dunkele Seiten-Ränder und nicht selten schief-prismatische Endflächen. Krystalle der verschiedensten Grössen sind zu einem verwirrten, dichten Haufwerke zusammengedrängt. Ferrit ist dazwischen reichlich eingelagert, vornehmlich in derben opaken bis rothbraun-durch- scheinenden Massen, aber auch in zusammengedrängten oder einzelnen Körnern und in dünnen gelb- rothen Lamellen. Innerhalb der derben Ferrit-Massen finden sich häufig wasserklare Einschlüsse von lebhaft chromatischer Polarisation mit so bunten und verschwommenen — irisirenden — Farben, wie sie dem Quarz eigen sind. Die Umgrenzung dieser Einschlüsse ist sehr unregelmässig und so wenig krystall- ähnlich, dass ihre Deutung als Pseudomorphosen, etwa nach Angit, mindestens eine willkürliche ist. Kleine Quarz-Flecke, welche traubigen Ausfüllungen gleichen, liegen aber auch zwischen den Feld- spathen ohne jede Verbindung mit Ferrit. Erst bei Anwendung mittlerer Vergrösserungen zeigen sich Körnehen und Krümchen, die sich bei stärkeren Vergrösserungen in gewöhnlich knollige, seltener rosettenförmige Aggregate umgestalten 39* 310 II. Reine Porphyre. und bei stärksten Vergrösserungen als An häufungen gelber Krystalle darstellen. Die Ober- fläche dieser Anhäufungen ist von einem Netzwerke derber schwarzer Striche durchfurcht, zwischen denen rektanguläre hellere bis helle Räume eingeschlossen sind (s. Taf. IV Fig. 1). Einzelne Krystalle (s. Taf. IV Fig. 3 u. 4) von prismatischem Habitus sind seltener, als Vereinigungen mehrerer Knollen oder Rosetten zu sonderbaren den Lösskiedeln einigermassen ähnlichen Gestalten (s. Taf. IV Fig. 2 u. 5). Solche Knollen liegen auch bei stärkster Vergrösserung oft zahlreich auf einmal im Gesichtsfelde und ziehen durch die Eigenartigkeit und Mannichfaltigkeit ihrer Formen die Aufmerksamkeit des Untersuchers immer wieder auf sich. Ihre Gleichartigkeit mit den knolligen und rosettenförmigen Krystallaggregaten in den beiden vorausgehend beschriebenen Gesteinen ist kaum anzuzweifeln. Für eine eigentliche Grundmasse zwischen den aufgeführten Gemengtheilen bleibt sehr wenig Raum übrig. Dieselbe stellt sich theils feinkörnig-griesig, d. h. kryptokrystallinisch ein, theils homogen, d. h. glasartig, einfach brechend. Chlorwasserstoffsäure erzeugt keine Gasentwiekelung, färbt sich aber bald gelb von aufgenom- menem Eisenoxyde und hinterlässt auf dem Glattschliffe Rauhigkeiten und Vertiefungen, namentlich um die grösseren Feldspathe herum; zugleich ist die Farbe der Grundmasse etwas gebleicht. Die Zusammensetzung des Gesteins ist: A. Kieselsäure . . 52.99 Proc. Phosphorsäure . 0,22 „ Thonerde Eisenoxyd . N ans in Titanoxyd. Talkerdes 2.2240, Kalkerdew er role IN abron 2 S a 5 0 e R Glühverlust . . 3,41 ,„ 100,64 Proc. j Thonerde, Eisenoxyd und Titanoxyd sind hier mit der Summe ihres Betrags aufgeführt; zu ihrer Bestimmung im Einzelnen wurde ein besonderer Versuch angestellt, aber mit einem anderen Brocken desselben Handstücks; dieser ergab: Thonerde . . 12,78 Proc. Eisenoxyd. . 20,23 „ Titanoxzyd. . 3,04 ,„ 35,05 Proc. Dieses Ergebniss ist besonders geeignet, die Ungleichmässigkeit in der Mengung dieser Gesteine erkennen zu lassen. Durch Digestion und Eindampfen mit concentrirter Chlorwasserstoffsäure und nachherigen Auszug mit Soda-Lösung wurden aus dem Gesteine aufgenommen: B. IKıeselsuuxeyse 12° 8 Eroc‘ Thonerde mit etwas Phosphorsäure Eisenoxyd . 1000 e Titanoxyd REISTE Talkerdei e.V 316 Sun Kalkerde,. 0.2. ren Non oo 000 000 0 8 0 AB Kalı.a.. TORE ea RE II. Reme Porphyre. 311 Der verbliebene Rest besteht aus: c. Kieselsäure . 40,91 Proc. Thonerde . 12,06 „ Eisenoxyd . 0,41 ,„ Titansäure . 1,18 Talkerde. . 1,08 Kalkerde . 0,64 ,, Natron 2,192 EM 0 5 2 Glühverlust. 0,42 ,, 61,45 Proc. Das Verhältniss der Sauerstoff-Gehalte der Bestandtheile dieses Restes, nämlich: a. b. C. des Natron, Kali, der Kalk- und Talkerde der Thonerde der Kieselsäure ist: 0,88 8 3 : 11,60 Dasselbe bietet‘ einen Unterschuss nicht nur der Alkalien, sondern auch der Kieselsäure unter das einem trisilicatischen Feldspath zugehörige und lässt in dem Reste um so mehr einen etwas kieselsäure- ärmeren Feldspath erkennen, als durch die mikroskopische Analyse etwas freie Kieselsäure nach- gewiesen ist. 7. Gesteine vom Höllekopfe bei Kammerberg und vom Tragberge bei Langewiesen. Der Höllekopf ist der westliche Vorsprung einer Terrasse, welche sich zwischen dem steilen Abhang der Hohen Schlaufe und dem nordwestlichen Abfall der langgezogenen Gipfelfläche des Gickel- hahns hinzieht. Er ist der Hauptfundort der schönen Mandelsteine und cavernösen Porphyre, welche aus der Umgegend von Ilmenau vielfach in die Sammlungen gelangt sind. Der Tragberg ist eine am Fusse des Waldgebirges zwischen Lohme- und Liebchen - Thal flach hervorragende Kuppe südlich Langewiesen. Auch er, obgleich bis jetzt weniger beachtet, bietet eine Mannichfaltigkeit von Mandelsteinen und cavernösen Porphyren. An beiden Fundorten steht leider das Gestein nicht in zusammenhängenden Felsen an, sondern liegt nur frei in allerdings grossen Blöcken herum, deren verwitterte Schale fast lediglich aus cavernösen Porphyr besteht, während das tiefere Innere noch Mandelstein ist. Der meiste cavernöse Porphyr ist in der That nichts Anderes als Mandelstein, aus dem die Mandeln ausgewittert sind. Das Gestein zwischen den Mandeln und Cavernen ist sehr dunkel und lässt makroskopisch auf rothbraunem Grunde nur weisse Feldspathe erkennen. Die Dünnschliffe machen ausser den makroskopischen noch kleinere mikroskopische Feldspathe bemerklich und farblose bis gelbliche von Ferrit dick umhüllte, auch vielfach durchzogene klare Stellen, die häufig, aber durchaus nicht immer, Aehnlichkeit mit Augitformen (s. $. 9. 2) haben (s. Taf. IM. Fig. 3). Ihr Inhalt ist vorwiegend Quarz, aber weder in einheitlichen Krystallen, noch in einheitlich krystallisirten Ausfüllungsmassen, sondern in dicht geschlossenen Aggregaten keilförmiger Quarz-Krystalloide. Innerhalb der Feldspathe und vieler von den klareren Stellen erkennt man die unter 6 dieses $. ausführlicher beschriebenen und mehrfach wieder erwähnten knolligen Haufen kleinster gelber Krystalle. Im Uebrigen ist die Ferrit-Führung so stark, dass sie Opaeität erzeugt. Mit Rücksicht auf diese Mengung und auf die Unmöglichkeit alle, auch die kleinen Mandeln 312 II. Reine Porphyre. mechanisch auszusondern, musste eine eingehende chemische Analyse des Gesteins unthunlich erscheinen und auf die Mandeln beschränkt werden. An der Auskleidung und Ausfüllung der Hohlräume, durch welche die Bildung der Mandeln zu erklären man sich gewöhnt hat, nehmen mehrere Mineralien, namentlich Quarz, Chalcedon und Kalkspath wesentlichen Antheil; diese sollen an dieser Stelle noch nicht in Betracht gezogen werden, sondern ein weisses oder grünes, sehr weiches wasserhaltiges Silicat, welches als Delessit - ähnlich, talkig oder thonig zu bezeichnen man sich bisher begnügt hat. Die Mandeln lassen sich leicht aus dem Gestein auslösen. Ihr Durchmesser beträgt selten mehr als 1 Centimeter, im Mittel nur etwa halb so viel, oft sehr viel weniger. Viele von ihnen sind regel- mässig sphärisch, aber auch ellipsoidische und andere Formen, die sich mit Birnen, Citronen und Bohnen vergleichen lassen, kommen vor. Nicht gar selten sind zwei oder mehr Kugeln u. s. w. mit einander verwachsen. Die Aussenseite der Mandeln ist häufig rauher als die Innenseite der zugehörigen Caverne, d.h. grubig und die Gruben setzen sich als Höhlungen nach innen fort. Um solche Höhlungen herum liegen kleine, rothbestäubte sehr kleine Kügelchen, die beim Zerschlagen herausfallen, mitunter gemischt mit Quarzkryställchen oder Körnchen, auch eoncentrisch aggregirten, rothen Nadeln. Diese letzten scheinen unter dem Mikroskop nelkenbraun durch und bieten Leistenformen; sie bestehen aus reinem Eisenoxyd. Mit den geringfügigen Mengen, die mir zu Gebote standen, liessen sich weitere Unter- suchungen nicht ausführen. Andere Ferrite machen sich als dunkle Punkte bemerkbar. Mandeln, die homogen zu sein scheinen, oder vielmehr soweit dieselben homogen sind, haben folgende Charaktere. Dichte = 2,287 bis 2,465. Härte = 14; jedoch näher 1 als 2. Sehr leicht zersprengbar. Bruch ziemlich eben. Das Mineral ist in hohem Grade fettig anzufühlen und sehr leicht zerreiblich. Das Pulver schiebt sich bei einiger Feinheit zu Lamellen zusammen und wird zuletzt sehr schlüpfrig, wie halbflüssig. Farbe weiss bis grün. Strich weiss, meist in das Röthliche. Im Glaskölbehen giebt es reichlich Wasser aus unter Schwärzung und Entwickelung bituminösen Geruchs. Bei Luftzutritt erhitzt wird es zuerst graulich gelb und zuletzt blassroth. Vor dem Löthrohr schmilzt es zu grünlich-grauem, schwarzgefleckten Email, ohne die Flammen- spitze zu färben. Von Chlorwasserstoffsäure, auch verdünnter, wird das Pulver stark angegriffen; von Kohlensäure entwickelt sich dabei keine Spur. Zur Analyse wurden genommen: I. Grüne Mandeln vom Höllekopfe; D — 2,287. II. Grüne Mandeln vom Tragberge; D — 2,465. III. Weisse Mandeln vom Höllekopfe; D — 2,307. Die Analysen II und III wurden von Dr. Preissler und Dr. Höhn in meinem Laboratorium nach derselben Methode wie Analyse I von mir selbst ausgeführt. II. Reine Porphyre. 313 Zusammensetzung der Mandeln — bei 100° getrocknet — grün grün weiss vom Höllekopfe vom Tragberge vom Höllekopfe Kieselsäure . . 37,20 32,77 38,67 Eisenoxyd . . 25,56 17,73 24,72 Thonerde . . . 8,09 11,12 10,69 Talkerde . . . 15,56 14,19 12,95 Eisenoxydul . . 3,78 12,51 0,95 Kalkerde . . . 0,98 0,91 1,36 Wasser . . . 870 9,77 9,65 Summe 99,36, 99,00 98,99 Zwei andere demselben Handstücke wie I entnommene Proben ergaben Kieselsäure - Gehalte von 39,06 und 39,28 Proc. Berechnet man daraus das mittlere Sauerstoff-Verhältniss zwischen . . . .H,O-+-RO R,O, SiO, so erhält man direct 4,07 3 5,06 und abgerundet . . 4 3 5 Diesem Sauerstoff- Verhältnisse würde entsprechen Die empirische Formel: Fe | Fe, | | lan el E55si 240. und danach würde das Mineral einem wasserhaltigen Bisilicate sehr nahe stehen. Allein damit ist die Frage nach dem chemischen Bestande der Mandeln noch nicht abgemacht. Zunächst stimmen I und II in Bezug auf Aufschliesslichkeit durch Säuren nicht mit einander überein, indem bei I ein unaufgeschlossener Rückstand von nahe 6 Proc., bei IIT nur von noch nicht 2 Proc. hinterbleibt. Dann verliert das lufttrockene Pulver, bis 100° erwärmt, mehr Wasser, als man füglich für hygroskopisches nehmen kann. Schon im Vacuum ist der Wasserverlust ungewöhnlich gross, aber ungleich. Das zeigt folgende Uebersicht: Wasserverlust: 15 II. III. Im Varum bei gewöhnlicher Temperatur: 1,91 Proc. 4,55 Proc. 8,70 Proc. bei Erhitzung auf 100°: 3,90 ,„ 25205 Url zusammen: Duo OU VON Da durch dieses ungleichmässige Verhalten die Vermuthung nahe gelegt ist, das vorliegende Mineral sei ein ungleichmässiges Gemenge, so hat die mikroskopische Analyse ein besonderes Interesse. Und diese ist leicht auszuführen, da bei vorsichtiger Behandlung die Substanz wenigstens der kleineren Mandeln in den Dünnschliffen des Gesteins erhalten bleibt. Die Dünnschliffe der Mandeln haben bei mittlerer Vergrösserung ein griesiges Aussehen; zwi- schen gekreuzten Nikols liegen helle und dunkle, auch mattfarbige Flecke dicht an einander geschlos- sen; die einzelnen Körncehen besitzen entschieden doppelte Brechung, sind also krystallinisch, wenn auch nicht krystallographisch bestimmbar oder genauer gesagt krystalloidisch. Fremdartig treten zwi- schen sie gröbere Körnchen, die nach der Lebhaftigkeit und dem Wechsel ihrer chromatischen Polari- sation Quarze sind. Die Vertheilung der feinen Ferrit-Körnchen lässt auf eine eumulitische Anordnung der krystalloidischen Körnchen schliessen. Die einzelnen Cumuli bieten mitunter auffällige, aber nicht wesentliche Unterschiede zu einander. Der Aussenrand der Mandeln wird häufig durch amorphe klare 314 II. Reime Porphyre. Hüllen gebildet. Der Gesammt-Eindruck, den die mikroskopische Analyse der Mandeln hervorruft, stützt die Annahme ihrer mineralogischen Gleichartigkeit, selbstverständlich abgesehen von Quarz und Ferrit. Vergleicht man das vorliegende Mineral mit anderen, die als Mandelausfüllungen bekannt und benannt sind, so ist ein gleiches Verhalten des Wassergehaltes nur bei dem Hisingerit beobachtet wor- den; aber der Hisingerit schmilzt beträchtlich schwerer. Will man von den verschiedenen Bindungs- Graden des Wassers absehen, so bietet sich der Delessit als nächster Verwandter an, dessen Selbst- ständigkeit freilich auch in Frage gezogen werden kann. Derselbe ist jedoch härter, dichter und kie- selsäureärmer. Das Mineral auf den bunten Haufen der Glaukonite zu werfen, verbietet seine absolute Freiheit von Alkalien. Aus demselben Grunde und wegen viel geringeren Wassergehaltes scheidet es sich vom Pinitoid, und wegen wesentlichen Gehaltes an Thonerde und Eisenoxyd von Chlorophaeit. So wenig Befriedigung das zu Gebote stehende Material hat gewähren können, so wenig scheint mir die Eigenartigkeit der Hauptmasse der Mandeln in Zweifel zu stehen, als einer Verbindung, in wel- cher die Bestandtheile des Talks (Steatit) und der Thone (Arsillite) mit einander vereinigt sind; gebe ich ihm den Namen Steatargillit, so hat derselbe wenigstens den gleichen systematischen Werth, wie Delessit und Glaukonit. 8. Gesteine des Schneidemüllerkopfes. Der Steinbruch am Schneidemüllerskopf — auch Teichkopf genannt von dem jetzt abgelassenen grossen Manebacher Teiche — liegt unmittelbar neben der Chaussee, die von Ilmenau nach Schleu- singen führt, etwa eine halbe Stunde oberhalb Kammerberg. Derselbe bietet einen so breiten und in- teressanten Aufschluss dar, wie keine andere Stelle des centralen Thüringer Waldgebirges und ist dess- halb jedem Geologen, der diesem Gebirge auch nur flüchtig seine Aufmerksamkeit zuwandte, wohlbe- kannt. Gegenwärtig hat er eine Breite von über 90 Schritt nnd eine Höhe über 80 Fuss, obgleich er lediglich Material zur Beschüttung der Chausseen liefert. Die aus diesem Steinbruche entnommenen Gesteine zeichnen sich vor denen anderer Fundstätten durch ihre Frische aus. Sie sind von der Chaussee aus licht-graugrün, mässig hart, bis geradezu weich bleiben desshalb auch unbenutzt liegen; diese halten aus bis etwa zur halben Höhe der Rückwand des Steinbruchs. Darüber liegen die dunkelen, grau- oder grünschwarzen, harten Gesteine, die den Gegen- stand des Steinbruches ausmachen. Die lichten und dunkelen Gesteine grenzen ziemlich scharf gegen einander ab nach einer von N gegen S flach wellenförmig eingebogenen Linie Während ein Blick aus der Ferne und der Farbenwechsel eine bankförmige Lagerung anzeigt, lassen, aus der Nähe be- trachtet, die Absonderungs-Klüfte helle und dunkele Gesteine als ein Ganzes erscheinen. Die an den meisten Stellen vorwaltende Klüftung fällt nahe senkrecht und streicht nordöstlich mit gelegentlichen Ausbiegungen nach NNO; sie ist demnach namentlich im Streichen eine gewundene; durch sie ist das Gestein oft in dünne Platten getheilt. Zwei andere Klüftungen entwickeln sich minder durchgreifend und beständig, so dass parallelipipedische, von allen drei Klüftungen begrenzte Stücke nicht überall und selten in kleinem Maassstabe zu haben sind. Der Farbenwechsel schliesst sich nahe an eine die- ser letzten Klüftungen an. 8a. Schwarze Gesteine aus dem Steinbruche des Schneidemüllerskopfs. Die dunkelu Gesteine finden sich in ihrer vollen Eigenartigkeit an keiner anderen Stelle der Um- gegend von Ilmenau wieder; vorzugsweise diese sind es, welche in den Sammlungen als Melaphyre II. Reine Porphyre. 315 von Imenau aufgeführt werden. Sie sind schon oft beschrieben und eingehend mineralogisch und che- misch untersucht worden. Eine chemische Analyse liegt namentlich von v. Richthofen!) vor. Analysen, welche ich im Laboratorium der mineralogischen Anstalt als Uebungsaufgaben ausführen liess, stimmten jedoch weder mit der v. Richthofen veröffentlichten, noch unter sich so weit überein, dass die Unterschiede lediglich als Beobachtungsfehler hätten angesehen werden können, sondern in der Na- tur begründet sein mussten. Ich entnahm desshalb eine erste Reihe von Probestücken dem oberen Theile der steilen Hinterwand des Bruches, nahe dem Anschlusse derselben an die flache, bewaldete Böschung, eine zweite der Mitte der schwarzen Gesteinsbänke, eine dritte nahe über der unteren Grenze derselben gegen die graugrünen Gesteine. Auf diese Reihen beziehen sich die Ziffern I, I und III. Ein genereller Unterschied zwischen den Gesteinen dieser drei Reihen ist sehr schwer zu prä- eisiren, da er sehr gering ist. Die Gesteine aller drei Reihen überziehen sich bei der Verwitterung mit lehmgelben Krusten. Sie sind sämmtlich gleich leicht zersprengbar. Frische Bruchflächen zeigen durch- aus keine Cavernen; sie sind bei I unvollkommen muschlig bis splitterig, bei II und IN uneben bis splitterig; ihre Grundmasse ist feinkörnig bis dicht, schimmernd, bei I am dunkelsten, fast schwarz, bei II am mindesten dunkel, aber doch immerhin noch sehr dunkelgrau. Als einzige Einschlüsse sind mit blossem Auge Feldspathe erkennbar weniger an geradkantig kıystallinischer Umgrenzung, als an vollkommener Spaltbarkeit nach zwei sich nahe rechtwinkelig kreuzenden Richtungen. Die Feldspathe erscheinen jedoch im unverwitterten Gestein nicht weiss oder farblos, sondern fast ebenso dunkel wie die Grundmasse, von der sie sich durch höheren, perlmutterartigen Glanz unterscheiden; sie sind in der That sehr klar und lassen ebendesshalb die Grundmasse oder, noch bestimmter gesagt, die ihr einge- streuten Ferrite durchscheinen. Ihr grösster Durchmesser geht nicht selten bis auf 5 Millimeter und sogar darüber hinaus. Nach den vorstehenden Angaben ist es leicht begreiflich, dass man die Feld- spath-Krystalle auf ein schwarzes, nahe rechtwinkelig-spaltbares Mineral beziehen und als Augit be- zeichnen konnte. Aus dem Pulver zieht ein gewöhnlicher Magnet schon bei mässiger Feinheit desselben viele Körnchen aus. Die Farbe des feinen Pulvers ist lichtgrau, am lichtesten bei II. Glattgeschliffene Flächen nehmen dunklere Farben an, als die Bruchflächen. Für Stücke der Reihe I ergiebt sich die Dichte 2,71, der Reihen IT und III 2,73. Trotz der düsteren Farbe der Gesteine sind klare, der mikroskopischen Untersuchung ganz vor- züglich zugängliche Dünnschliffe leicht herzustellen. Die Dünnschliffe der drei Proben aus den oberen, mittleren und unteren Regionen der schwarzen Bänke zeigen einen hohen Grad von Uebereinstimmung. Sie sind alle sehr Feldspath-reich und lassen zweierlei Weisen des Feldspath-Vorkommens von einan- der unterscheiden, nämlich breite tafelförmige und schmale leistenförmige Krystalle. Die tafelförmigen Feldspathe sind makroskopisch. Ihre Umgrenzung ist gewöhnlich eine krystallinische, aber auch häufig eine durch Bruch erzeugte und ebenfalls nicht selten eine durch Be- rührung mit anderen Bildungs-Elementen bedingte. Sie sind ausserordentlich klar und farblos, aber vielfach von Sprüngen, Säcken und Schläuchen durchzogen, die häufig an der Aussenseite münden. In die Sprünge ist gelbe, braune oder grüne, d.h. ferritische oder viriditische Substanz eingedrungen. Die Füllung der Säcke und Schläuche ist gelblich und scheint insofern eine glasartige zu sein, als sie für sieh von sehr zarten Linien umzogen ist; gewöhnlich aber sind ihr dunkle Körnchen und Stäub- 1) Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. Bd. 8 8.615. Jahrg. 1856. Jen. Denkschriften II. 4. 40 316 II. Reine Porphyre. chen reichlich eingemengt und verdunkeln sie bis zur Undurchsichtigkeit. Die Vertheilung der Schläuche und Säeke ist sehr verschiedenartig und macht das Aussehen mannichfaltig, bald mehr bald minder marmorartig und scheckig: (s. Taf. I Fig. 12). Einlagerungen von Apatit-Prismen, Ferrit-Körnchen und Blättehen und anderen nicht genau charakterisirbaren Mikrolithen sind häufig. Die klaren Stellen der Feldspathe sind mit vollkommener Doppelbrechung und prachtvoller chromatischer Polarisation begabt. Ihre lamellare Bildung giebt sich mitunter schon im gewöhnlichen Lichte kund und ist zwischen den Niekols durch farbige Bänder angezeigt. Polysynthetische Zwillingsbildung ist fast allgemein und häu- fir. nach zwei sich rechtwinkelig kreuzenden Richtungen entwickelt (s. Taf. I Fig. 11). Da ihre kıy- stallographischen und optischen Hauptschnitte nicht zusammenfallen, sind die Feldspathe triklin (s. spä- ter unter Feldspath). Zwischen den Tafel-förmigen Feldspath-Krystallen und den Leisten-förmigen macht die Grösse einen durchgreifenden Unterschied, schon hinsichtlich der Länge, aber noch mehr hinsichtlich der Breite; die Leisten-förmigen Feldspath-Krystalle sind nieht mehr im Entferntesten makroskopisch und im mikroskopischen Bilde den Tafel-förmigen Krystallen durchaus untergeordnet. Die Letzten schmiegen sich an die ersten an und legen sich um sie herum, nur sehr selten in sie hineinragend. Viele Anschauungen hinterlassen den Eindruck, als ob die Feldspath-Leisten in breite und schmale zu scheiden seien, unter den schmalen solche verstanden, bei denen die Seitenkanten bei mittlerer Ver- grösserung kaum noch als doppelte Umrisse wahrgenommen werden, und als ob dazwischen ein all- mäliger Uebergang nicht statthabe; viele andere dagegen lassen mit einem Blieke zwischen den brei- testen und schmälsten Leisten alle möglichen Zwischenstufen erkennen und bedingen die einheitliche Zusammenfassung aller Leisten-förmigen Feldspath-Krystalle als die wesentlichste Grundlage der gan- zen Gesteinsbildung. Die Leisten -förmigen Feldspathe haben sehr gerade Seitenkanten; ihre schmalen Enden aber sind nicht gerade abgeschnitten, sondern ungleich abgesetzt bis ausgefranzt. Tritt ihre lamellar-polysynthetische Bildung schon darin sehr deutlich hervor, dass die einzelnen Lamellen neben einander vor- und zurückspringen, so noch mehr in ihrer chromatischen Polarisation, namentlich der damit verbundenen zweifarbigen Streifung. Die Leisten, besonders die breiteren, sind meist quer gebro- chen in Stücken etwa 4mal so lang als breit. Diese müssen sich häufig schon vor der Erstarrung der Gesteinsmasse von einander getrennt haben, da sie sich regellos zerstreut und gehäuft finden. Die Leisten lagern sich häufig zu vielen neben einander bald parallel, bald strahlig zu Bündeln und Büscheln. Zwischen den Feldspathen ist ein grünes Mineral ziemlich gleichmässig vertheilt, am häufigsten in kleinen Brocken, immerhin noch häufig in Schollen, seltener in dicken Prismen und langen Leisten. Die Farbe gleicht der eines Strahlsteins oder Eisenaugits, mitunter in das Gelbe, Braune oder Graue neigend. Die Brocken und Schollen geben dem Dünnschliff ein grünfleckiges Aussehen; die grünen Flecke scheinen an sich wohl bei schwacher Vergrösserung im Gestein zu verschwimmen, erhalten aber bei starker Vergrösserung scharfe, wenn auch nicht krystallographisch definirbare Umrisse. Ihre Struktur ist seltener eine unbestimmt körnige, als eine parallel faserige, mit feinen Haarspalten verbundene (s. Taf. IH Fig. 17). Die Umrisse der dieken Prismen sind ebenfalls nieht geradkantig und scharfeckig, sondern vielmehr abgerundet, wie abgerieben. Faserige Struktur zeigt sich sehr augenfällig (s. Taf. II Fig. 15 u.16). Die langen Leisten haben zwar gleichlaufende, aber nicht ganz gerade Seitenkanten; ihre schma- len Enden sind nicht durch einheitliche Abflächung gebildet, sondern vielmehr durch ungleiches Her- vortreten einzelner, sich etwas nach auswärts biegender derber Fasern. Diesen Fasern entsprechen nach der Länge der Leiste verlaufende Strukturlinien und Haarspalten (s. Taf. IH Fig. 22). Die Prismen wie die Leisten sind häufig quergespalten. Die Spalten erscheinen theils als schwarze schmale Linien, theils II. Reime Porphyre. 317 als Klüfte, deren Umrisse sich um so mehr abrunden, je weiter sie auseinander treten und welche sich demzufolge in ein Kanalnetz umgestalten, zwischen dem rundliche granulöse Brocken übrig bleiben (s. Taf. III Fig. 23, 24 u. 25). Secundäre Ablagerungen in den Klüften und Kanälen sind nicht be- merkbar ausser Viridit, aus dem dann auch der übrig gebliebene Rest bestehen möchte, Solange das grüne Mineral faserig ist, gehört ihm Doppelbrechung und Dichroismus zu; nachdem es aber granulös geworden ist, hat es beides verloren. Der Dichroismus zeigt sich so, dass die Farbe blaulichgrün ist, wenn der Hauptschnitt des polarisirenden Nikols parallel zur Faserung steht, gelbgrün bis röthlichgelb, wenn rechtwinkelig. Die Doppelbrechung namentlich der Prismen und Leisten ist mit einer chroma- tischen Polarisation von eigenthümlicher Mannichfaltiskeit verbunden. Allerdings ganz einfach ist das optische Verhalten des in Taf. III Fig. 22 dargestellten Krystalls.. Zwischen gekreuzten Nikols wird der- selbe sehr düster, fast lichtlos, sobald die Faserung parallel zu dem Hauptschnitte eines der Nikols steht, dunkelgelb-roth und violet bei schiefer Stellung der Faserung gegen die Hauptschnitte. Die dicken Prismen aber zeigen ein verwickelteres Verhalten. Sie verdunkeln sich zwischen gekreuzten Nikols am meisten, wenn ihre Faserung mit dem Hauptschnitte eines der Nikols zusammenfällt, so jedoch, dass zwischen den lichtlosen Stellen farbige, den Querschnitten einzelner Fasern entsprechende Flecke eingeschaltet sind, die sich um so weiter ausbreiten, je mehr Faserung und Haupischnitte aus- einander gehen und von irisirenden Säumen umzogen werden. Achnlich ist das Verhalten der meisten Schollen. Wenn das optische Verhalten des faserigen Minerals mit ziemlicher Bestimmtheit auf das rhombische Krystall-System hinweist und aus dem Zusammenhange der chemischen Untersuchung her- vorgeht, dass es ein Magnesium-reiches Silicat ist, so gewinnt seine Stellung in der Nähe des Ensta- tits einige Wahrscheinlichkeit. Sein granulöses Umsetzungs-Produkt möchte ich nicht mit einem be- stimmteren Namen, als dem des Viridites bezeichnen. Das oben beschriebene grüne Mineral tritt zwar gleichartig auf in allen dreien Proben des schwar- zen Gestieins vom Schneidemüllerskopf, aber nicht im gleichen Mengen-Verhältniss. Die Probe I zeigt fast nur kleine Brocken bis Schollen, die Probe IT neben diesen schon nicht selten Prismen und Lei- sten, die Probe III die beiden letzten häufig. Dem Augenmaasse nach enthält I weniger davon, als II, und II weniger, als Ill. Ob der Viridit dieser schwarzen Gesteine durchweg eine Metamorphose aus dem grünen Mi- neral ist, mag dahin gestellt sein. Er entwickelt sich nicht selten zu eoncentrisch fein faserigen Aggre- gaten. Er findet sich in den Feldspathen nicht nur als Eindringling von aussen entlang der feinen Haarspalten, sondern auch als rings umgrenzter Einschluss. Die Verbreitung des Apatits ist eine sehr allgemeine nicht nur als eines selbstständigen, zwi- schen die Feldspath-Leistehen eingestreuten Gemengtheils, sondern auch als eines Einschlüsslings in den Feldspathen (s. Taf. V Fig. 17). Innerhalb der Feldspathe eıreicht er zwar niemals ansehnliche Dimensionen, zeigt sich aber sehr vollkommen kıystallisirt und sonst vollkommen klar, farblos bis blass grünlich-bläulich. Kalkspath macht sich mikroskopisch nur wenig geltend. Quarz fehlt den Dünnschliffen der untersuchten Proben gänzlich, hat sich aber in Proben von benachbarten Fundstätten sogar makroskopisch dargeboten. Ferrit nimmt einen sehr beträchtlichen Antheil an der Bildung des Gesteins weniger in grossen als in kleinen und kleinsten Körnchen, die sehr selten geradlinig und scharfeckig begrenzt, d. h. deut- lich krystallinisch sind, wie es Tat. V Fig. 8 zeigt, vielmehr meist abgerundet oblong und rauten- förmig. Zwischen den opaken Ferriten liegen nur sehr wenig braun-durchscheinende. Ihre Ver- 40 * 318 II. Reine Porphyre. theilung ist keine gleichmässige; vielmehr sind sie an einzelnen Stellen zu dichten bis undurehsichtigen Haufen zusammengedrängt. Diese Haufen haben theils ganz unregelmässige Umrisse und sind dann aus Ferrit und den oben beschriebenen Bruchstücken von Feldspathleisten zusammengemischt, theils geradkanlige, und deuten dann auf leistenförmige und hexagonal-tafelförmige Krystalle, als ursprüng- liche Gemengtheile hin. Zwischen den Ferrit-Körncehen dieser Krystall-ähulichen Haufen schimmert mitunter noch ein gelbbrauner Kern durch, welchem bei Leisten-Form noch ein schwacher Dichroismus eigen ist zwischen Gelb und Braun, je nachdem der Hauptschnitt des polarisirenden Niekols rechtwin- kelig zur Leisten-Länge oder derselben parallel gerichtet ist. In sehr vielen Fällen drängt sich der Ferrit längs eines sehr schmalen Saums ebenso dieht zusammen wie im Innern, dazwischen aber ver- läuft ein lichterer Streif. Sehr wahrscheinlich gingen diese zuletzt beschriebenen Haufen aus Glimmer hervor. Dass ein ansehnlicher Theil des Ferrites dem Magneteisenstein entspricht, geht aus dem Magnetismus des Gesteins-Pulvers und aus seiner Zusammensetzung hervor. Zwischen diesen Bildungselementen ist noch eine grüne bis gelbe und braune Füllmasse einge- streut, welche sich erst bei stärkster Vergrösserung theils in grünliche bis gelbliche Faserbündel, theils in gelbliche bis farblose Körnchen, theils in braune bis opake Körnchen und Stäbchen auflöst. Die Faserbündel schliessen sich an das dem Eustatit zugewiesene grüne Mineral an, die hellen Körn- chen zumeist an die Brocken der Feldspath-Leisten, die dunkeln Körnchen und Stäbehen an den Ferrit; die letzten schmiegen sich eng an die grösseren Feldspathe an und zerfallen mitunter margaritisch. Für eine eigentliche Grundmasse bleibt kein Raum übrig, auch nicht für eine einfach-breehende Substanz. Die lichtgraue Farbe des feinen Pulvers verwandelt sich beim Glühen in eine ockergelbe. Unter Chlorwasserstoffsäure entwiekeln Bröckchen nur von Il und Ill, und zwar nur von wenigen Stellen aus Kohlensäure -Bläschen. Concentrirte Säure färbt sich in Berührung mit diesen Gesteinen bald pom- meranzengelb; nach 24stündiger Einwirkung derselben sind die Glattschliffe grubig geworden und ge- bleicht; die Bleiehung ist selbstverständlich erst nach Entsäuerung und Trocknung zu erkennen; sie ist an verschiedenen Stellen ungleich, so dass in der Grundmasse weisse Flecken entstanden und die Feld- spathe oft dunkler geblieben sind, als die Grundmasse. Die quantitativ chemische Analyse ergab folgende Resultate: A. Zusammensetzung der ganzen Gesteine. 1 II III Kieselsäureg nr 56860) 99,68 55,99 Thonerde mit etwas Phosphorsäure . . 17,20 18,00 17,70 Eisenoxyd, Titanoxyd, etwas Manganoxyd 7,93 5,56 7,86 IE TBex1o:x:y.du | a a EEE EEE >83) 3,78 2,99 Kalkerden mc ee 5195 5,67 4,60 Talkerde. 0... em ch ae MEERES 3,28 4,60 Natrong 0. ee NS 3,85 2,37 Kali cn un: aan ee RR SS 1,44 1,28 ‘Wasser, Spur Kohlensäure und Bitumen . 1,36 2,10 1,36 Summe 98,67 98,94 99,15 Phosphorsäure und Manganoxyd wurden nur qualitativ nachgewiesen. Die Bestimmung des Titanoxydes führte zu folgenden Zahlen: Titanoxyd 1054 1,32 1,18 ll. Reine Porphyre. 319 B. Zusammensetzung der durch Chlorwasserstoffsäure aufschliesslichen Theile. I II III Kieselsäurer 2 798:08 11,91 9,56 Thonerde mit etwas Phosphorsäure 2,69 3,76 3,42 Eisenoxyd, Titanoxyd, Manganoxyd 5,82 8,66 6,90 IKaallkerd opera re a el!s 1,71 0,86 [Taler os 2,24 2,88 Natron ee ER 0°05 0,26 0,16 Auf die Oxydationsstufe des Eisens wurde hier keine Rücksicht genommen. Kali liess sich auch qualitativ nicht nachweisen. C. Zusammensetzung der durch Chlorwasserstoffsäure nicht aufschliesslichen Theile. I II IIT IKiekelsäurer se AST 43,86 47,03 -Dhonerdese Se ee ee elle 13,40 14,28 Eisenoxyd mit etwas Manganoxyd, Titansäure 4,66 3,31 4,35 Kalkerden sn 0 cn ee en 886‘ 3,69 3,89 Talkerdel . 2 en 10 m ra 6 10X00 0,91 0,74 Nemo 0 0 oa 8 22 00 0.0. (RR) BR Er) Kalvepale: ae. er 3a el e)e,28) WasserZ (Gluhyerlusp)e u rot 0,49 0,35 Summe 75,67 70,69 74,18 Die aus dem Titanoxyd hervorgegangene Titansäure tritt in diesen Theilen so reichlich auf, dass man anstatt „Eisenoxyd mit etwas Manganoxyd, Titansäure“ auch sagen könnte „eisen- und mangan- haltige Titansäure“. Der in Salzsäure nicht aufschliessliche Rest bietet das Sauerstoffverhältniss zwischen Kieselsäure Thonerde Alkal. Erden und Alkalien bei I 9,15 : 3 : 0,83 II 11,20 3 : 1,04 III 11,24 ; 3 e 0,92 Diese Verhältnisse entsprechen noch immer dem Feldspathgesetz im Allgemeinen, einer Feld- spath-Mischung zwischen der Albit und -Oligoklas-Stufe im Besonderen. Ueberblickt man diese Resultate, so erkennt man sogleich, dass der Mangel an Uebereinstimmung, den die Analysen verschiedener Proben dargeboten hatten, in der Natur begründet ist, und nicht von Beobachtungsfehlern herrührt. Die Unterschiede der Gehalte an Eisenoxyd, Manganoxyd und Titanoxyd mag man als ebenso unwesentlich ansehen, als die verschieden dichte Zusammenschiebung der Ferrit- Körnchen an verschiedenen Stellen desselben Dünnschliffs. Dagegen ist der Gehalt an Kalkerde ent- schieden geringer bei III als bei II und I und steigt noch entschiedener der Gehalt an Talkerde von I zu II und von II zu III. Die Talkerde aber gehört einem durch Chlorwasserstoffsäure wenn auch nieht gerade leicht aufschliesslichen Mineral an, wie es die Mehrzahl der Bisilieate sind. Diess zusam- mengehalten mit dem reichlicheren Auftreten des grünen Minerals in III als in II, und in II als in I], stützt die Bestimmung desselben als eines Magnesium -Bisilicates und mit Rücksicht auf das optische Verhalten als eines rhombischen oder eines Eustatites. Der Eisenoxydul-Gehalt ist entschieden zu gering, um allen Ferrit für Magnetit in Anspruch zu nehmen. 320 II. Reine Porphyre. 8b. Lichte Gesteine aus dem Steinbruche des Schneidemüllerskopfes. Die in Untersuchung genommene Probe dieser Gesteine, welche bisher ganz unberücksichtigt geblieben sind, ist einer Hervorragung unmittelbar am Eingange in den Steinbruch entnommen. Die Verwitterungskruste dieses Gesteins ist gelbbraun. Es lässt sich leicht zerschlagen und bricht dabei in mässig unebenen Flächen. Auf frischen Bruchflächen waltet die licht grünlich - graue Grundmasse sehr vor und schliesst nur wenige weisse Feldspathe ein, deren Spaltbarkeit vollkom- men deutlich ist, während dagegen die Umrisse mit der makroskopisch homogenen Umgebung so ver- schwimmen, dass die Feldspathe auf dem Glattschliff fast nur durch stärkeren Glanz von der Grund- masse geschieden sind. Beim Zerkleinern wird die Farbe nur etwas lichter; das feine Pulver ist licht grünlich -grau; dasselbe enthält nur sehr wenige dem Magneten folgsame Theilchen. Die Dichte des Gesteins ist 2,648. Dünnschliffe sind vielmehr hell als klar. Grössere Feldspathe erscheinen darin nicht eben häufig, aber doch häufiger, als man es nach dem makroskopischen Bilde erwarten sollte; ihre Verthei- lung ist ungleichmässig. Ihre Form ist meist krystallinisch, mitunter durch den Eingritt anliegender Feldspath-Leisten gestört (s. Taf. II Fig. 1), mitunter abgerundet, wie abgerieben. Schon bei mittleren Vergrösserungen erkennt man in ihnen dicht neben einander in der Richtung der langen Seitenkanten gestreckte, schlauchförmige Einlagerungen mit scharfen, feinen Umrissen. Daneben erscheinen scharfe, schwarze Linien, nicht ganz gerade, gewöhnlich parallel, und dicht neben einander, oft nach zwei Rich- tungen, in denen ich eine krystallographische Beziehung nicht finden kann, sich kreuzend. Erst bei sehr starker Vergrösserung nehmen diese Linien das Aussehen von Streifen an mit doppelten, scharfen aber feinen Umrissen (s. Taf. I Fig. 14 u. 15). Oft haben sich diese Streifen erweitert, haben Ferrit und Viridit, auch Apatit und Diallag-artiges Mineral in sich aufgenommen. Durch Ferrit verdunkelt geben sie den Feldspathflächen nicht selten ein Marmor-artiges Aussehen. Die klar gebliebenen Stellen der Feldspathe bieten alle Erscheinungen unsymmetrisch zweiaxiger Doppelbrechung und polysynthe- tischer Struktur. Die Feldspathleisten sind klarer als die grossen Krystalle, verhalten sich übrigens optisch ebenso. Ihre polysynthetische Bildung macht sich schon in den Vor- und Zurückspringen der Enden der lamellaren Einzelkrystalle bemerklich (s. Taf. II Fig. 5). Die Leisten legen sich büschel- oder gar- benförmig aneinander; bewahren aber auch oft auf weitere Strecken einen gewissen Parallelismus. Zwischen den grossen Feldspath-Krystallen und den kleinen Leisten wird ein ansehnlicher Grössen-Unterschied durch Zwischenstufen nicht vermittelt (s. Taf. II Fig. 1). Selten liegen nicht nur als selbstständige Gemengtheile in der Gesteinsmasse, sondern auch als Einschlüsse in den erweiterten Kanälen der grossen Feldspathe abgerundete Brocken eines hellgrünen Minerals, welches recht deutlich spaltbar, aber nicht blätterig ist. Die Spaltungsrichtungen verlaufen nicht gerade, sondern gebogen, liegen auch nicht gar nahe aneinander. Die Doppelbrechung dieses Minerals ist mit Dichroismus verbunden. Steht der Hauptschnitt des polarisirenden Nikols rechtwinkelig zur Spaltungs- richtung, so ist die Farbe lebhaft grün, steht er parallel dazu, blass grünlich-gelb. Abgesehen vom Dichroismus stimmt dieses Mineral mit dem in $. 10. 2 als Diallag-artig beschriebenen überein. Wohl möglich, dass das dem ursprünglichen Zustande entspricht, der hier allein vorliegt, während die Umwandlungen gänzlich fehlen. II. Reine Porphyre. 321 Zwischen den Feldspathen ist Ferrit dicht eingestreut. Derselbe ist meist ganz opak, selten bräunlich, am seltensten gelbroth, bei dunkler Färbung scharf begrenzt, bei heller wolkig, in die Um- gebung verschwimmend. Seine Form ist meist rundlich-, selten länglich-körnig. Hin und wieder schie- ben sich die Ferrit-Körnchen zu Haufen zusammen, die in ihrer Mitte opak sind. Solche Haufen neh- men oft die Form langgestreckter Rhomben und Prismen an (s. Taf. II Fig. 1, Taf. IV Fig. 10). Zunächst den Ferriten, häufig mit ihnen innig verbunden, nehmen Viridite Theil an der Aus- füllung zwischen den Feldspathen, dringen in diese ein und werden von ihnen eingeschlossen. Als selbstständige Gemengtheile haben sie mitunter Krystall-ähnliche Formen (s. Taf. IV Fig. 8 u. 9), als Eindringlinge oder Einschlüsse (s. Taf. IV Fig. 10) sowie als selbstständige Ausfüllungen zwischen den Feldspathen (s. Taf. II Fig. 5) sind sie einfach brechend amorph. Bei mittleren Vergrösserungen erscheinen die Körnehen und Krümehen, welche schon mehrfach, zuletzt in 8.10. 6 beschrieben, sich bei starken und stärksten Vergrösserungen in knollige Haufen kleinster, gelber Krystalle umgestalten; diese Krystalle aber erreichen nicht einmal die dort an- gegebenen Grössen. An Stellen, denen grössere Feldspathe fehlen, ist das Gestein ein sehr fein- und kleinkörniges Gemenge von Feldspath-Leisten mit Ferrit-Körnchen, Viridit-Fleckehen und den zuletzt erwähnten Kry- stall-Häufehen und Knöllchen. In Chlorwasserstoffsäure eingetaucht, entwickelt das Gestein keine Kohlensäure, giebt aber an dieselbe reichlich Eisenoxyd ab; nach 24stündiger Einwirkung der Säure ist der Glattschliff rauh ge- worden und hat theils röthlichgraue, theils grüne Farben angenommen. Der chemische Bestand des Gesteins ist: A. Kieselsäure . . . 562BBroe: Thonerde mit eihrası Ehosphorsänze 18,88 „ Eisenoxyd mit etwas Manganoxyd . 4,19 Titan ozy dee Er ro Er Meonsariill 0 0 co. 00 0.0 re 5 00 5 5 by IKalkerde wer gr a 0 INTALLTO Te ur er a u er 10) Oier= Eli, fn ao en ron on ON Glüh verlust gr sileoge: 98,03 Proc. Davon wird durch Digestion mit eoncentrirter Chlorwasserstoffsäure aufgelöst und aufgeschlossen: B. Kieselsäure . . . & 0000 0 AT 1, Thonerde mit etwas Phosphorkiure öl Red, Eisenoxyd mit etwas Manganoxyd und Ditansun 5,04 ,, Talkerdei 2.0 a Ra IKalkerder er ra er DORE Natron een are 1 ee EN ERRSHERRSRLUTESSONS SE 0E. Kali Spurs,, In dem Eisenoxyd ist die oben nein Nenes Hisenneydulıı mit eingeschlossen. Der nach Digestion mit concentrirter Chlorwasserstoflsäure und nachher Sodalösung verbliebene Rest besteht aus: C. Kieselsäure 48,22 Proc. Thonerde . 11,92 322 II. Reine Porphyre. Eisenoxyd. 0,59 Proc. Titansäure. 1,96 ,„ Talkerde . (1,51) „ Kalkerde . (0,41) „ Natron. . (3,62) „ Kali. (0,81) „ Wasser. . 0,04 „ Das Verhältniss des Sauerstoff-Gehaltes in: 2. b. e. Natron, Kali, Kalk- und Talkerde Thonerde Kieselsäure ist 0,73 53 P 14,7 Der Rest kann demnach immer noch der ee nach für einen etwas zersetzten trisilicatischen Feldspath mit einer kleinen Menge freier Kieselsäure angesehen werden. Diese Analyse ist allerdings nicht ohne Verlust abgegangen. Derselbe überschreitet aber noch nicht die Grenze des Zulässigen, wenn man zu dem in Chlorwasserstofisäure aufschliesslichen Theil den zugehörigen Theil des Glühverlustes mit hinzufügt. 9. Gestein aus der Einsenkung zwischen Ilmsenberg, Quärig-Berg und Silber-Berz. Der Fundort ist etwas abgelegen; man erreicht ihn am sichersten, wenn man von der Amt- Gehren -Breitenbacher Chaussee aus den Ilmsengrund aufwärts geht bis zu seiner Gabelung und von da noch einige hundert Schritte in der geraden Fortsetzung des unteren Imsengrundes bis an die Waldwiese. Das Gestein hat eine graugelbe, mitunter mehrere Millimeter dicke Verwitterungskruste. Seine frischen Bruchflächen sind uneben ins Splitterige. Die Grundmasse ist röthlich schwarzbraun mit dunkelrothen Flecken; sie schliesst Prismen eines weissen, jedoch gewöhnlich rabenschwarz -durchscheinenden späthigen fett- bis perlmutterglänzenden Feldspath-ähnlichen Minerals ein und weisse, blätterige, matte Kalkspath-Körner. Beim Zerkleinern wird die Farbe heller; das unfühlbar feine Pulver ist gelblichgrau, dasselbe enthält wenige, aber doch unzweifelhaft magnetische Theilchen. Die Dichte verschiedener Bröckchen des Gesteins schwankt zwischen 2,666 und 2,677. Das mikroskopische Bild des Dünnschliffs ist ziemlich einfach und zufolge des Contrastes klarer und opaker Stellen recht eigenthümlich (s. Taf. II Fig. 3). Die klaren Stellen beruhen vorwaltend auf dem Vorkommen blassgelber, schmaler Prismen, untergeordnet auf demjenigen abgerundet-breiter, fast farbloser Kalkspathe. Die blassgelben Prismen sind nur unvollkommen krystallinisch entwickelt, indem weder ihre langen noch ihre schmalen Seiten geradkantig sind, sondern gebogen, aufgeblättert und zerfasert. Spalt- barkeit der Länge nach ist angedeutet, Absonderung der Quere nach und Querbruch häufig. Ihre Grösse ist sehr verschieden. Sie liegen theils einzeln kreuz und quer gegen einander, theils sind sie büschelförmig aggregirt. Sie brechen das Licht doppelt, sind aber nicht dichroitisch und zeigen nur matte chromatische Polarisation. Stellt man die Längsaxe eines Prismas parallel zu dem Hauptschnitte des polarisirenden Nikols, so tritt völlige Verdunkelung ein, wenn der Hauptschnitt des analysirenden Nikols rechtwinkelig steht zu dem des polarisirenden. Ein Querschnitt durch das Prisma ist also zu- gleich ein optischer und ein kıystallographischer Hauptschnitt, wie bei den Krystallen des rhombischen Systems. Uebrigens ist kaum ein Prisma völlig homogen, indem selten die ganze Prismenfläche gleich- II. Reine Porphyre. 323 mässig verdunkelt wird, sondern längliche Flecke hell bleiben. Um nicht zu weitläuftig beschreiben zu müssen, habe ich in Fig. 3 Taf. II eine möglichst naturgetreue Darstellung der mikroskopischen An- schauung gegeben. So unvollständig die Charakteristik dieses Minerals hat bleiben müssen, so wenig gestattet dieselbe, das Mineral als ein Glied der Feldspathreihe anzusehen, der er sich doch durch seine wahrscheinliche chemische Zusammensetzung annähert. Ich werde es vorläufig als Paroligklas bezeichnen. 2 Die selteneren aber breiteren fast farblosen oder sehr blassgelben Einschlüsse sind deutlich rhomboedrisch-spaltbare Kalkspathe. Im Innern sind dieselben mitunter getrübt durch eingestreuten Staub, mitunter durchzogen von Schlieren einer längsfaserigen doppeltbrechenden Substanz. Nach Aussen sind sie dick umhüllt mit Ferrit, durch den jedoch hin und wieder ein Prisma der vorigen Art hereinragt. Die opake Grundmasse ist Ferrit. Unter Chlorwasserstoflsäure findet von den lichten Stellen aus starkes und anhaltendes Auf- brausen stalt. Concentrirte Säure färbt sich rasch pommeranzengelb von reichlich aufgenommenem Eisenoxyd und macht den Glattschliff grubig. Der chemische Bestand stellt sich folgendermaassen heraus: A. Kieselsäurep 0 2 cr cn td Proc: Kiohlensaurem u Vo ne 4332, Thonerde mit etwas Phosphorsäure . . . . 16,07 Eisenoxyd mit etwas Titan- und Manganoxyd 14,74 Kallkerder a ee ao Talkerdep us le re ZINN INIB ET O Te Re ek, Den 1 ger ne le en ee ee Glühyerlust ee DD, 99,81 Proc. In das Eisenoxyd ist auch ein kleiner Gehalt an Eisenoxydul mit eingerechnet; da derselbe nur 0,08 Proc. beträgt, so kann er als unwesentlich vernachlässigt werden. Von diesen Bestandtheilen wurde durch verdünnte Chlorwasserstoffsäure gelöst oder verdrängt: B, a. Kohlensäure . . 4,32 Proc. Thonerde. . . 0,66 „ Eisenoxyd . . 2,37 ,„ Kalkerde . . . 6,81 ,„ Talkerde . . . 0,22 „ Natron und Kalı 0,28 „ Veit 2 0.0 VS n 14,44 Proc. Durch Eindampfen mit cone. Chlorwasserstoffsäure wurde aufgeschlossen: B, b. Seele 5 6 0 0 0 0 0 5 8 0 nn 0 AR Fine Thonerde mit etwas Phosphorsäure . . . . 2,08 ,„ Eisenoxyd mit etwas Mangan- und Titanoxyd 11,10 „ Talkerdes.1- 0 I - 2 r e RZ ARE; Kalkerdennch. a ee 2 ee ee 000 Natron re ae SE LO ]OE We, Kal N 0, 09 19,29 Proc. Dabei war auf einen Gehalt an Kalkerde sorgfältigst angefragt worden. Jen. Denkschriften II. 4. 41 324 II. Reine Porphyre. Demnach würde der nach Einwirkung von Chlorwasserstoffsäure und Soda-Lösung zurückge- bliebene Rest enthalten: C. Küeselsäure, re a lo)eBroc: ThonerdeW Er (110,35), Eisenoxyd mit etwas Mangan und Titan (1,27) „ alkkerd er (615277) Kalkerder ro Br Natron. ee (2106) EES Kal EEE AAO) MER Wasser. erlernen 0 64,60 Proc. Diese Zahlen beruhen leider, ausgenommen den Glühverlust, auf indirekten Bestimmungen. Bei ihrer Wichtigkeit würde ich eine direkte Bestimmung nachgeholt haben, wenn ich genug Material dazu ge- habt hätte. Ich durchsuchte den Fundort noch zweimal, fand aber unter dem, was makroskopisch mit dem ersten Probestück ganz übereinstimmte, Nichts wieder von mikroskopisch- und chemisch-gleichem Verhalten. Die Wichtigkeit dieses Restes liegt in dem Sauerstoff- Verhältnisse seiner Bestandtheile. Dasselbe ist: 2. b. & Sauerstoff von Natron, Kali, Talkerde Thonerde Kieselsäure 0,94 : 3 : 8,90 Dieses Verhältniss entspricht der Oligoklas-Stufe in der Reihe der triklinen Feldspathe, aber ohne Cal- cium. Der letzte Umstand, zusammengehalten mit dem optischen Verhalten, lässt die Bezeichnung des Minerals, welchem der in Frage stehende Rest und die blassgelben Prismen des Dünnschlifis angehö- ren, als eines Oligoklas-Feldspathes unstatthaft erscheinen, und rechtfertigt den vorläufigen Namen: Paroligoklas. $. 11. Beschreibung der einzelnen Gemengtheile. Bei der Beschreibung einzelner Gesteine hat zwar die grosse Mehrzahl der wesentlichen Mine- ral- Gemengtheile Erwähnung gefunden, aber doch nicht alle. Welchen Werth das Vorkommen eines einzelnen Minerals für die Zusammenfassung der einzelnen Gesteine zu höheren Einheiten hat, geht erst aus seiner Verbreitung hervor. Aus beiden Rücksichten ist es nothwendig, nochmals eine Uebersicht der Gesteine zu geben mit den einzelnen Mineralarten als Argument. 1. Feldspath. Feldspath ist das wichtigste unter den Mineralien, welche durch die vorstehenden Untersuchungen als Gemengtheile der quarzfreien porphyrischen Gesteine der Gegend von Ilmenau nachgewiesen sind, weil es allgemein verbreitet ist nicht nur in einzelnen Krystallen, welche das porphyrische Aussehen bedingen, sondern auch oder vielmehr als Grund- oder Füllmasse. Ist der durch concentrirte Chlor- wasserstoffsäure nicht aufschliessliche Theil der Gesteinspulver, seiner chemischen Zusammensetzung entsprechend, hauptsächlich Feldspath, so macht derselbe im Mittel der vorstehenden Gesteins-Analysen 73,3 Proc. vom Ganzen aus, zwischen den Grenzen 61,4 Proc. und 92,7 Proe. Das Vorkommen des Feldspathes ist aber nach Grösse, Form, Erhaltungszustand und chemischem Bestande ein sehr verschiedenes und überdiess zur Klassifieirung der ganzen Gesteins-Gruppe vorzüg- lich geeignetes. II. Reine Porphyre. 325 Die sehr grosse Mehrzahl der Handstücke bietet makroskopische Feldspathe dar, wenn auch ge- wöhnlich unter 2 Millimeter, selten bis zu 3 Millimeter Länge und über 1 Millimeter Breite. Doch kann man vielorts Brocken finden, die frei sind von makroskopischen Feldspathen, und an einigen Orten, namentlich am südöstlichen Abhang des Gotteskopfs, an den mittleren Abhängen des Tragbergs, und am südwestlichen Fusse des Kniebergs in der Nähe von Amt-Gehren und Langewiesen, auch ausge- dehntere Gesteins-Massen derart. . Die makroskopischen Feldspathe stechen durch ihre lichte, weisse, röthliche, grünliche und grau- liche Farbe von der dunkeln Umgebung ab, fast mit alleiniger Ausnahme derer aus den schwarzen Gesteinen des Schneidemüllerskopfes, welche schwarz erscheinen, indem sie die Ferrit-reiche Umhüllung durchscheinen lassen. Die Form der makroskopischen Krystalle ist die einer länglichen polyädrischen Tafel oder eines kurzen Prismas. Die Form der mikroskopischen Feldspathe ist fast ausschliesslich die Leiste oder Nadel. la. Lichter makroskopischer Feldspath. Die länglich-tafelförmigen und kurz-prismatischen, lichten Krystalle sind zwar sehr vorwaltend, aber doch nie vollständig kıystallinisch umgrenzt. Die Durchschnitte, welche durch Dünnschliffe erhal- ten werden, sind sehr selten ringsum geradlinig-umrissen, sondern zu einem bald kleineren bald grös- seren Theile des Umrisses krummlinig. Die gekrümmten Unrisse sind theils convex nach aussen und deuten auf Abreibung hin, theils manniehfaltig- und auch concav-gebogen und dann unzweifelhafte Bruchränder. Ist ein recht vollkommener Kıystall in einer dem krystallographischen Hauptschnitt M nahe parallelen Richtung durchschnitten, dann erkennt man als Seiten der Tafel gewöhnlich die Pro- jeetionen von P und x und die Durchschnitte mit T und 1, wie die Zeichnungen Figur 1 und 2 auf Taf. I, allerdings nur mit einer Annäherung der Winkel an exakte Kanten Messungen zeigen. Ist ein Krystall nahe rechtwinkelig gegen den Hauptschnitt M durchschnitten, so stellt er sich im einfachsten Falle als ein Oblong dar (s. Taf. I Fig. 5), in den gewöhnlichen Fällen als eine Aneinanderlagerung verschieden langer und breiter, vor- und zurücktretender Tafeln (s. Taf. I Fig. 5, 4 u. 6). Die charakteristische Spaltbarkeit parallel den Hauptschnitten M und P ist gewöhnlich schon makroskopisch an dem Perl- mutterglanze dieser Flächen erkennbar; sie tritt mikroskopisch auffällig hervor in dunkelen Streifen, längs deren die Trübung besonders dicht und stark ist. Nur wenige und nur kleine Krystalle sind durchaus klar, die meisten und alle grossen sind bräunlich getrübt. Die Trübung ist selten gleich- förmig, sondern vielmehr, wie eben erwähnt, längs der Spaltbarkeitsrichtungen am stärksten , so dass zwischen dunkeln Streifen klare Flecke eingeschlossen sind. Die Ungleichförmigkeit der Trübung ent- wickelt sich mitunter auch so, dass entweder der Aussenrand davon frei bleibt (s. Tafel I Fig. 5) oder zwischen einem klaren Aussenrande und einem ebenfalls klaren Innern ein trüber Streif eingeschaltet ist (s. Taf. I Fig. 4). Die Trübung löst sich auch bei stärkster Vergrösserung nur in feine Durchstäubung auf. Fein aber scharf umrissene Kanäle und Schläuche sind diesen Feldspathen fremd, oder gehören wenigstens zu den seltensten Erscheinungen. Trotz ihrer Trübung zeigen sie alle Erscheinungen der Doppelbrechung, Die chromatische Po- larisation ist bei der gewöhnlichen Stärke der Dünnschliffe mit der Entwiekelung vorzugsweise gelber und blauer Farben verbunden. Auf den Abbildungen ist versucht worden, diese Färbung durch Punk- tirung, Strichelung und Schraffirung zu ersetzen, jedoch mit wenig befriedigendem Erfolg. Der Ver- such dürfte jedoch wenigstens soweit geglückt sein, dass die Polysynthese der Krystalle dadurch auf- 4105 326 II. Reine Porphyre. geklärt wird. Man erkennt sogleich an Taf. I Fig. 6 u. 7, dass die einzelnen Lamellen nieht immer parallel-flächig durch die ganze Länge der Tafeln hindurchgehen, sondern mitunter keilförmig neben einander liegen. Man kann ferner an Taf. I Fig. 5 und 6 nicht übersehen, dass zweierlei Zwillings- Systeme sich durchkreuzen und zwar unter nahe rechten Winkeln; der Durchkreuzungs- Winkel ist nämlich bei Fig. 5 89°, bei Fig. 6 88°. Setzen die Farben der Zwillings-Streifen scharf und unver- mittelt gegen einander ab, so darf man annehmen, der Krystall sei rechtwinkelig gegen die Zusammen- setzungs-Ebnen der Zwillinge, welche unzweifelhaft dem Blätterdurchgang oder dem krystallographi- schen Hauptschnitt M entspricht. Wäre dieser krystallographische Hauptschnitt zugleich ein optischer, wie bei den monoklinen Feldspathen, so würde zwischen gekreuzten Nikols Verfinsterung eintreten, so- bald der krystallographische Hauptschnitt mit dem Hauptschnitte eines der Nikols zusammenfällt. Diess ist nun entschieden nicht der Fall, sondern die Verfinsterung tritt gewöhnlich erst ein, nachdem man die beiden Hauptschnitte um einen Winkel gegen einander verdreht hat, der bis über 30% betragen kann. Der Feldspath ist entschieden triklin. Jede Feldspath-Lamelle giebt übrigens bekanntermaassen einen doppelten Drehungswinkel, jenachdem man sie zwischen gekreuzten Nikols nach rechts (+) oder nach links (—) dreht. Diese beiden Drehungswinkel müssen sich zu 90° ergänzen. Damit ist eine recht brauchbare Controle der nieht eben leicht zu beurtheilenden Dunkelstellung dargeboten. Der zur Verfinsterung erforderliche Drehungswinkel wird verschieden ausfallen für Lamellen desselben Feldspa- thes je nach der Lage der Normale ihrer Sehnittfläche — diese immer rechtwinkelig gegen den kry- stallographischen Hauptschnitt (M) vorausgesetzt — zu der Durchschnittslinie zwischen dem krystallo- graphischen Hauptschnitte und der optischen Normal-Ebene, d.h. der Ebene, deren Normale die Bisectrix ist. Fallen diese Linien zusammen, so ist der erforderliche Drehungswinkel + (a) und — (90% — a), unter (a) verstanden den Neigungswinkel des krystallographischen Hauptschnittes und der Ebene der optischen Axen; schliessen diese Linien einen rechten Winkel ein, so ist der erforderliche Drehungs- winkel 0° und 90°. Der einen besonderen Feldspath charakterisirende Drehungswinkel ist (a); man be- zeichnet ihn gewöhnlich als die Maximal-Auslöschungsschiefe. Seine Beobachtung oder vielmehr Auf- findung in Dünnschliffen ist eine Sache des Zufalls. Im vorliegenden Falle werden Auslöschungsschie- fen zwischen 200 und 25° häufig wahrgenommen, 35° bis 36° sind mir nur einige Mal vorgekom- men. Jch meine jedoch nicht damit den Winkel (a) bestimmt zu haben, sondern begnüge mich damit, nachgewiesen zu haben, dass er recht beträchtlich ist. Ein bestimmteres Interesse gewähren die Zwillingskrystalle Theilt sich ein Feldspath-Krystall- schnitt in ein System farbiger Bänder, so hat jedes System für sich eine besondere Auslöscehungsschiefe, wie sich aus folgender Nebeneinanderstellung zusammengehöriger Beobachtungen auf einer Linie er- sehen lässt. — 590 TE 9 5 —- 7,8, | = 8, + 9, — 0, am, | am, EB Beh, ei, 9, — Ye, | =, m. => 0, m.,. ji, 6, — ro, Very, => WW, MM, | 1, 8, In diesen Zahlen ist durchaus keine Symmetrie der Auslöschungsschiefen zu beiden Seiten der Zusam- mensetzungsfläche angedeutet. Man hat daraus zu schliessen, dass die Normale zu der Durchschnitts- linie zwischen dem krystallographischen Hauptschnitte M und der optischen Normal-Ebene ungleich in den beiden Lamellen-Systemen liegt. Diess aber findet statt bei denjenigen Zwillingen trikliner Feld- II. Reine Porphyre. 327 spathe, welche nach Analogie der sogenannten Karlsbader Zwillinge monokliner Feldspathe gebildet sind, besonders wenn die Hauptaxe mit der oben bezeichneten Normale einen ansehnlichen Winkel macht. Die Lage des Krystallschnittes gegen diese Normale wird jedoch durch zwei zusammengehörige Auslöschungsschiefen noch nicht bestimmt; da zu dieser Bestimmung drei Unbekannte zu eliminiren sind, indem die Lage des krystallographischen Hauptschnittes M zu der Ebene der optischen Axe von zwei Winkeln, die Lage der krystallographischen Hauptaxe zur Biseetrix von einem Winkel abhängt, die Verbindung aber mehrerer zusammengehöriger Werthe würde zu complieirten Eliminationsfor- meln führen. Ein noch bestimmteres Interesse gewähren diejenigen Feldspath-Durchschnitte, welche zwei Sy- steme paralleler Zwillingsstreifen übersehen lassen, besonders dann, wenn sich diese Systeme nahe rechtwinkelig schneiden wie in Taf. I Fig. 5 und 6. Diese letzten Feldspath-Durchschnitte zeigen bei sehr nahe demselben Drehungswinkel die Verfinsterung immer je zweier der sich rechtwinkelig kreu- zenden Streifen-Systeme. Beispielsweise werden verfinstert die breiteren Streifen in Fig. 5 Fig. 6 vertial . ». » ». . —67, +23 — 77, + 13 horizontal . . . . — 68, 4 22 — 761/,, + 131], Je zwei Systeme von Zwillingsstreifen, die sich rechtwinkelig kreuzen, verhalten sich also gegen einan- der so, wie dasselbe System in je zwei zu einander senkrechten Stellungen. Diess stimmt vollkommen überein mit Zwillingen, deren Zwillingsebene das Prisma n ist — sie werden bekanntlich beim mono- klinen Feldspathe die Bavenoer genannt — während das Albit-Gesetz (Zwillingsebene P) ein ganz an- deres Verhalten mit sich bringt. Das optische Verhalten dieser Krystallschnitte hat noch ein beson- deres Interesse, weil die Lage der Zwillingslamellen gegen die Krystallaxen sicher orientirt ist; die Normale des Schnittes fällt eben mit der Brachydiagonale zusammen. lb. Schwarzer makroskopischer Feldspath. Die makroskopischen Feldspathe, welche schwarz, mitunter auch grau erscheinen, weil sie die Ferit-reichere oder ärmere Umgebung durchschimmern lassen, erreichen meistens eine ansehnlichere Grösse, als die trüben, weissen; einzelne erreichen bis über 5 Mllm., ja sogar bis über 1 Centm. längsten Durchmesser. Auf Bruchflächen, ja auch auf Glattschliffen treten ihre Umrisse nicht deutlich heraus; um so mehr überrascht die Deutlichkeit derselben auf Dünnschliffen, wie sie in Fig. 11, 12 u. 13 der Taf. I und in Fig. 1 der Taf. II dargestellt sind. Diese Darstellungen bedürfen kaum noch einer wört- lichen Erläuterung. Die Umrisse sind eben von dreierlei Art, nämlich geradlinig-krystallinisch, krumm- linig-unkrystallinisch, und krummlinig-gebrochen. Diese verschiedenartigen Umrisse vereinigen sich oft an einem Individuum. Die krystallinischen Umrisse sind mitunter recht einfach, gewöhnlich aber in Folge regelloser Aneinanderlagerung von Krystallen verwickelt. Der in Taf. I Fig. 12 gegebene Durch- schnitt ist nahe normal zur Hauptaxe und wird begrenzt durch den krystallographischen Hauptschnitt M, und die Flächenpaare T und I und Z; die mittels Prismas gezeichneten Winkel stimmen befriedigend mit denen, welehe dem Oligoklas eigen sind. Die feinen Linien im Innern des Krystalls, parallel der äusse- ren Umgrenzung, welche die Zeichnung angiebt, sind ersichtlich, wenn man durch gewöhnliches Licht beleuchtet; sie deuten eine lamellare Struktur an, die jedoch mit Zwillingsbildung nichts gemein hat, da die Linien im polarisirten Lichte verschwinden. Von Rissen werden die Feldspathe nach mannich- fachen Richtungen durchzogen, die sich oft zu Klüften erweitern, an welche sich Kanal- und Schlauch- artige Hohlräume anschliessen. In die feinsten Sprünge ist gelber bis gelbrother Ferrit eingedrungen. 328 II. Reine Porphyre. Die erweiterten Sprünge, Kanäle und Schläuche sind von blassgelber, glasähnlicher, oder auch von viri- ditischer Substanz erfüllt, welche beide häufig durch eingestreute Körnehen und Staubtheilchen bis zur Opaeität getrübt werden (s. Taf. I Fig. 12). Solche Verdunkelungen ziehen sich oft dicht neben einander, vielförmig gewunden durch die sonst klare Feldspath-Masse, und geben ihr ein recht eigenthümliches, dunkel marmorirtes Aussehen, wie es Taf. I Fig. 9 darstellt an einem Feldspathe, der jedoch einem conglomeratischen Porphyr-Gesteine entnommen ist. Daran schliessen sich Schläuche an, die, in der Richtung der Hauptaxe langgestreckt, scharf und schmal umsäumt sind (s. Taf. I Fig. 13), und weiter Poren, die sich bei schwacher Vergrösserung als feine, scharfe, schwarze Linien und Linien -Gitter darstellen, bei starker Vergrösserung aber deutlich doppelte Conturen erkennen lassen. Diese Poren schaaren sich oft zu einfachen (s. Taf. I Fig. 14) oder sich kreuzenden Zügen (s. Taf. I Fig. 15). Sie sind von blass gelber, theils glasähnlich homogener, theils feinst krümeliger Substanz erfüllt. Im Uebrigen ist der Feldspath ausserordentlich klar, an vielen Stellen wasserklar, und entwickelt vollkommene Doppelbrechung und chromatische Polarisation in wahrhaft prächtiger Weise; er erweist sich dabei triklin und fast ausnahmslos polysynthetisch. Die Polysynthese ist bei dem in Taf. I Fig. 12 abgebildeten Krystall sehr einfach entwickelt; derselbe theilt sich in eine breitere linke und eine schmä- lere rechte Seite. Die Dunkelstellung erfordert für die rechte linke Seite die Drehungswinkel — 4 +86 — 81 +9 Nun geht schon aus den Flächenwinkeln der Ecken hervor, dass der Krystall nicht genau reehtwin- kelig gegen den krystallographischen Hauptschnitt M, und noch weniger genau normal gegen die kry- stallograpliische Hauptaxe durehschnitten sei, und man darf annehmen, dass die Lage der Auslöschungs- schiefen gegen die Scheidelinie der Zwillinge, welche desshalb nur nahe symmetrisch ist, es vollkommen sein würde, wenn die Normale des Schnittes mit der krystallographischen Hauptaxe zusammenfiele. Diese Annahme aber weist darauf hin, dass die Zwillingsfläche M sei, oder auf das nach dem Oligoklas be- nannte Zwillingsgesetz. Ein besonderes Interesse gewährt der in Taf. I Fig. 11 dargestellte Krystall, er zeigt zunächst im Polarisations-Instrument zweifache Zwillingsstreifung, welche 93° zwischen sich einschliesst. Aber die Bestimmung der Auslöschungsschiefen stösst hier auf die eigenthümliche Schwierigkeit, dass das Maxi- mum der Verdunkelung um einen Winkel von mindestens 3° unsicher ist, weil dieselbe mit einem dunkeln Blau beginnt und mit einem dunkeln Violet endet — oder umgekehrt —, und dazwischen der Eintritt eines farblosen Dunkels einem subjektiv unsicheren Urtheil "unterliegt. Fasst man zuerst die in der Zeichnung vertikal gestellten Streifen ins Auge, so stellen sich links im oberen Theile des Krystalls zwei kurze, am oberen Rande ausgehende, mässig breite Streifen — dieselben sind in der Lithographie durch zarte Querschraffirung ausgezeichnet, aber nicht eben sehr kenntlich gemacht — in optischen Gegensatz zum Uebrigen. Für diese Streifen ist die Auslöschungsschiefe im Mittel einer Reihe von Messungen = 31), 0% + 581], 0% für das Uebrige — abgesehen von den dasselbe durchziehenden feinsten Streifen — umgekehrt — 581[, 0%, + 311/50. Die zwei kurzen breiten Streifen stehen danach zu dem Uebrigen im Verhältniss der Zwillingsbildung nach dem Oligoklas-Gesetz, welche das vorige Beispiel bereits darbot. Ausser den zwei kurzen brei- ten Streifen durchzieht aber noch eine Anzahl dicht an einander gedrängter, schmaler, fast linearer Ir. Reime Porphyre. 329 Streifen die ganze Höhe des Krystalls. Diese stellen sich zwischen gekreuzten Nikols als schwarze Linien auf gelbrothem Grunde dar, wenn sie mit dem Hauptschnitte des oberen Nikols Winkel ein- schliessen von — 70° und 20°, als weisse Linien auf hellblauem Grunde bei Winkeln von — 20° und + 70°. Dass die Linien unter sich und die breiten Streifen zwischen ihnen unter sich krystallo- graphisch parallel stehen, und dass beide miteinander als Zwillinge verbunden sind, ist nicht zweifel- haft, und das Gesetz der Zwillingsbildung kann nicht wohl ein anderes sein, als das Karlsbader. Da die Normale des Schnittes, wie sich aus der nahe rechtwinkeligen Kreuzung des vertikalen und hori- zontalen Zwillingsstreifen-Systems ergiebt, nahe mit der Brachydiagonale zusammenfällt, so ist zu er- warten, dass die Auslöschungsschiefen einigermaassen mit denen übereinstimmen, welche bei den ana- log gebildeten polysynthetischen Krystallen der tafelförmig-lichten Feldspathe beobachtet wurden. Und diese Erwartung trifft zu. Man hat also in den vertikalen Streifen eine Aneinanderlagerung von La- mellen parallel dem Blätterdurchgange mit parallelen Hauptaxen, gekreuzten Nebenaxen und zwar eben- sowohl Brachyaxen (Oligoklas-Gesetz) als Makroaxen (Karlsbader Gesetz). Die horizontalen Zwillings- streifen zeigen unter sich dieselbe dreifache krystallographische Orientirung, wie die vertikalen, wenn auch weniger augenfällig; zu den vertikalen stehen sie im Verhältniss der Verdrehung nach dem Ba- venoer Gesetz parallel dem Prisma n. Die breiten horizontalen Streifen verdunkeln sich bei gleicher Drehung des krystallographischen Hauptschnittes — M — gegen den Hauptschnitt des oberen Nikols mit den breiten vertikalen Streifen. Ic. Mikroskopischer Feldspath. Während sich unter den makroskopischen Feldspathen nur wenige langgestreckte Prismen oder Leisten finden, treten die Tafelformen unter den mikroskopischen Feldspathen sehr zurück gegen die Leistenformen. Diese Leisten finden sich aber mit dem verschiedensten Verhältniss zwischen Länge und Breite, wie sich aus der Anschauung von Taf. II Fig. 1, 2, 4 u. 5 von selbst ergiebt. Kıystallo- graphisch einfache Endflächen werden sehr selten dargeboten; die einfachsten, welche ich beobachtete, stellt Taf. I Fig. 16 u. 17 dar, und gerade diese eignen sich ihrer schiefen Lage wegen nicht zu Mes- sungen. Nach dem Augenmaasse stehen die zwei schiefen Endflächen nahe rechtwinkelig gegen die breite Seitenfläche, welche letzte dann als der Hauptschnitt M gedeutet werden müsste, während die ersten etwa auf die Flächenpaare P und x bezogen werden könnten. Nur wenige Male führte mir ein günstiger Zufall Leisten mit einfachen Endflächen zu, deren breite Seitenflächen der Fokalebene nahe parallel waren, und nur zweimal konnte ich den Winkel zwischen den Endflächen mittels Oculargonio- meters messen; die Messung ergab 112° bis 118°. Nimmt man wiederum die breite Seite der Leiste für den Hauptschnitt M, so passt der gemessene Winkel entschieden nicht zu der Annahme, die End- flächen seien etwa die Flächenpaare P und x, denn diese schneiden sich bei allen Feldspathen unter einem Winkel von nahe 130°. Der gemessene Winkel — 112 bis 118° — erinnert an die Neigung zwischen den Feldspath-Flächenpaaren T und I, die bekanntlich bei den Orthoklasen 118° sehr nahe kommt, bei den Klinoklasen nicht viel über 120° hinausgeht. Wollte man aber die breite Leisten- fläche nahe parallel mit dem Hauptschnitte P annehmen, so käme ja nicht dieser Neigungswinkel, son- dern der kleinere Flächenwinkel zwischen den Schnitten von T und I mit P in Frage, und die Flä- chen T und 1 könnten nicht als scharflineare Projektionen erscheinen. Ich muss zugestehen, dass meine Materialien für die Aufklärung dieses nicht eben unwichtigen Punktes unzulänglich sind. Die meisten Leisten sind polysynthetisch, aus Lamellen parallel dem krystallographischen Hauptschnitt M zusammengesetzt; dieser krystallographische Hauptschnitt ist nicht zugleich ein optischer, sondern beide 330 I. Reine Porphyre. Hauptschnitte schliessen Winkel zwischen sich ein von ungefähr gleicher Grösse, wie sie ar die tafel- förmigen Feldspath -Zwillinge angegeben worden sind. Die leistenförmigen Feldspathe sind demnach triklin. Da die Auslöschungsschiefen unsymmetrisch zu der Zwillingsebene liegen, so ist die Polysyn- these auf das Karlsbader Gesetz zu beziehen. Das Walten des Bavenoer und des Oligoklas- Gesetzes habe ieh nicht beobachtet. Die polysynthetischen Leisten haben meist sehr stark abgesetzte Enden in Folge ungleicher Länge der einzelnen einfachen Lamellen, wie aus Taf. II Fig. 5 ersichtlich ist. Die Feldspathleisten haben unter sich ebensowohl nahe gleiche, als sehr ungleiche Grösse. Gar häufig lie- gen sie von allen Dimensionen zwischen Makroskopisch und Mikrolithisch neben einander. Ihre Grup- pirung ist wenig regelmässig; allerdings nicht selten legen sie sich parallel oder büschelförmig aneinan- der, meistens jedoch durchkreuzen sie sich zu einem Filzwerk. Dem Umfange grösserer Krystalle schmiegen sie sich gewöhnlich an, dringen aber auch nicht selten in sie ein. Die Hinweisungen auf die Abbildungen im Einzelnen dürfte überflüssig sein. Wenn ich neben den Leisten-förmigen Feldspathen der nadelförmigen noch besonders gedenke, so bezieht sich das nicht auf diejenigen Gesteine, welche die ersten in allen möglichen Grössen - Ab- stufungen bis zum Mikrolithischen einschliessen, sondern auf diejenigen, deren tafelföürmige Feldspathe vorwaltend makroskopische Einschlüsse darstellen, zwischen denen der übrige Raum vorwaltend von einem Filzwerke von Prismen und Leisten eingenommen wird, so schmal und dünn, dass ihre allseitig krystallinische Umgrenzung auch bei stärkster Vergrösserung nicht immer wahrgenommen wird. Mes- sungen sind dabei selbstverständlich nieht mehr möglich, aber die Auffassung des Feldspath -Habitus wird nicht irrig sein. Das Filzwerk wird häufig so fein, dass es nur mittels polarisirtem Lichte aufge- löst werden kann, und kaum noch als mikrokrystallinisch, sondern eher als kryptokrystallinisch bezeich- net werden muss. ld. Bemerkung über die Manebacher Feldspath-Zwillinge. Wenn ich zum Schlusse noch der von Blum!) beschriebenen Orthoklas-Zwillinge von Mane- bach gedenke, so geschieht diess zunächst zum Zwecke der ausdrücklichen Ableugnung ihrer Zuge- hörigkeit zu den quarzfreien Porphyren. Sie haben dazu in der That gar keine Beziehung. Makro- skopische Orthoklas-Krystalle finden sich nur an einer Stelle in der Umgebung von Manebach, nämlich im Meiers-Grund, allerdings wie Manebach auf Gothaischem Grund, aber näher Stützerbach, als Mane- bach. Das sind die längst bekannten Pseudomorphosen nach Feldspath, welche kürzlich von Dalmer 2) ausführlich beschrieben und bearbeitet worden sind. Diese sind mir zu Hunderten durch die Hände gegangen, ohne dass ich einmal einen Zwilling, mit der Zusammensetzungs-Fläche oP, parallelen Neben- axen und sich kreuzenden Hauptaxen bemerkt hätte. Sie enthalten nach Dalmer gar keinen Feld- spath mehr. Manebach verdient demnach wohl nicht die Ehre, als Hauptfundort einem wichtigen Zwillings-Gesetze des Orthoklases den Namen zu geben. Die Feldspath-Pseudomorphosen vom Meiers- Grund verdienen aber auch noch desshalb erwähnt zu werden, weil derselbe Process, der sie aus einem Feldspath hat hervorgehen lassen, vielorts die grösseren Feldspathe der quarzfreien porphyrischen Ge- steine ergriffen hat. le. Chemische Zusammensetzung und specifische Bestimmung der Feldspathe. Die Kenntniss der chemischen Zusammensetzung der Feldspathe hat nicht unmittelbar durch Analyse mechanisch ausgesonderter Krystalle erhalten werden können. Auch die makroskopischen Kry- 1) 8. Neues Jahrb. f. Min. 1863. 3. 343. 2) S. Neues Jahrb. f. Min. 1878. 5. 225—264. II. Reine Porphyre. 331 stalle sind von so geringer Grösse und so fest mit der Gesteinsmasse verbunden, dass ihre mecha- nische Ausscheidung, wenn auch nicht ganz unmöglich, doch äusserst mühselig sein würde, und gerade ihre Analyse würde kein diese Mühseligkeit lohnendes Resultat ergeben, da sie vorzugsweise angegtif- fen sind. Dass die mechanische Aussonderung der mikroskopischen Feldspathe unmöglich ist, versteht sich von selbst. Indem ich den durch Chlorwasserstoffsäure nicht aufschliesslichen Theil der Gesteine als Feld- spath mit etwa beigemengter freier Kieselsäure — und durch die Aufschliessung ausgeschiedener Titan- säure — ansehe, bin ich mir wohl bewusst, einige Bedenken erregende Voraussetzungen zu machen. Die wesentlichste Voraussetzung besteht darin, dass concentrirte Chlorwasserstoffsäure alle Ge- mengtheile ausser dem Feldspathe und der etwa vorhandenen freien Kieselsäure aufschliesse; bezüglich der Carbonate und Phosphate ist das unzweifelhaft; bezüglich der Ferrite wohl ebenfalls, aber aus dem Titaneisen wird Titansäure ausgeschieden und diese mengt sich dem unaufgeschlossenen Theile der Gesteine bei; sie muss bestimmt, und vom Unaufgeschlossenen abgezogen werden. Bezüglich der Sili- cate wird man mit Berufung auf die z. B. in Rammelsberg’s Handbuch der Mineralchemie vorfindlichen Angaben Zweifel erheben. Giebt man aber auch nicht mehr zu, als der Glimmer werde durch Chlor- wasserstollsäure stark, die Bisilicate schwach angegriffen, so genügt das. Angriff ist eben der Anfang der Zersetzung, ein Beweis für die Zersetzbarkeit, die vollständig eintreten wird, wenn man den Zer- setzungsprocess lange genug fortdauern lässt. Eine Reihe von Versuchen berechtigt mich zu der Be- hauptung, Glimmer, Augite, Hornblenden und ihnen verwandte Silicate, seien durch Chlorwasserstofl- säure aufschliessbar, wenn man sie in feinst gepulvertem Zustande anwendet und die Säure bei einer den Siedepunkt noch nicht erreichenden Temperatur bis zu wiederholter Eintrocknung einwirken lässt. Im vorliegenden Falle erkennt man die Vollständigkeit der Zersetzung daran, dass der unaufgeschlos- sene Rest bei höherem Kieselsäure- Gehalte nur wenig Caleium, noch weniger Magnesium und Eisen enthält. Dieselbe kann aber zu Folge scheinbar sehr geringfügiger Abweichungen des Verfahrens ver- schieden ausfallen, ja sie wird sogar selten bei zwei Versuchen mit demselben Gesteinspulver bis auf Zehntel Procente wieder erhalten werden. Eine zweite Voraussetzung besteht darin, der Feldspath werde nicht angegriffen. Für trisilica- tische Feldspathe stimmt dieselbe mit den gangbaren Annahmen überein; ich habe sie nicht weiter geprüft. Für niedrigere Säuerungs-Stufen der Feldspath-Mischung gilt sie nicht, namentlich nicht für den Oligoklas nach meinen eigenen Versuchen !). Der Feldspath-Gehalt kann demnach wohl mehr be- tragen, als der unaufgeschlossene Theil des Gesteins, die Feldspath-Mischung aber kann keine wesent- lich andere sein, als diejenige des Restes. Damit steht in gutem Einklange die Zunahme des Caleiums mit der Abnahme des Silieiums, während das Magnesium auch dann dem durch Chlorwasserstoflsäure aufschliesslichen Antheile zufällt. h Eine dritte Voraussetzung geht dahin, jedes Gestein enthalte nur einerlei Feldspath trotz der Verschiedenheit seiner Grössen-Entwickelung. Diese Voraussetzung empfiehlt sich jedenfalls durch ihre Einfachheit und verträgt sich sehr wohl mit der Beobachtung, wenn sie auch dadurch nicht gerade bedingt wird. Man wird um so eher geneigt sein, diese Voraussetzungen anzunehmen, je mehr man einsieht, dass die Zusammensetzung der in Rede stehenden Reste eine Feldspath-artige ist. Ein Rückblick auf die Rubriken C der chemischen Analysen, welche in $. 10 aufgeführt sind, lässt erkennen, dass abge- 1) S. Pogg, Ann. 89, 296. Jen. Denkschriften II. 4. 42 332 II. Reine Porphyre. sehen von der beigemengten Titansäure, die ganz ausser Acht gelassen werden kann, keine qualitativ- anderen Bestandtheile vorkommen, als die in den Feldspathen gewöhnlichen. Die Talkerde fehlt auch den Feldspathen nicht; ob sie in allen Fällen als Vikar für Kalkerde in Anschlag zu bringen, oder für unwesentlich, d. h. anderen dem Feldspath eingelagerten Mineralien zugehörig, anzusehen ist, kann unerörtert bleiben; es genügt darauf hingewiesen zu haben, dass ihr Betrag in den Resten nieht höher ist, als in einer Mehrzahl wohl charakterisirter Feldspathe. Anders steht es mit der Kalkerde; sie ist ein sehr wesentlicher Bestandtheil und tritt wie in vielen selbstständigen Feldspathen, so auch in den in Rede stehenden Resten auf von blossen Spuren bis zu nahe 2 Proc., darüber hinaus nur in den Resten der schwarzen Gesteine des Schneidemüller- kopfs, und ist dann in Gemässheit des Tschermackschen Feldspath- Gesetzes mit einer Abnahme des Kieselsäure-Gehaltes verbunden. Das Gewichtsverhältniss zwischen Kali und Natron ist ein sehr mannichfaltiges. Nur einmal, im Gestein von Oehrenstock, waltet Kali entschieden vor dem Natron vor mit einem Verhältniss von 1: 0,61; in den meisten analysirten Gesteinen stehen sie sich nahe gleich mit den Verhältnissen 1: 1,08 bis 1:1,12; nur in den Gesteinen des Schneidemüllerskopfes nimmt das Natron noch mehr überhand, und zwar in den schwarzen zwischen 1: 1,73 und 2,70, nm den lichten bis 1: 4,47. Das Eisenoxyd ist wohl überall, wie die Titansäure, unwesentlicher Bestandtheil. Für die weitere Vergleichung dürfte eine Wiederholung und Nebeneinanderstellung einiger Zah- len aus $. 10 erspriesslich sein. Verhältniss der Sauerstoff-Gehalte von: 1 nd SUN a. b. & sure er sen = Be Kali, Natron, Kalk- Thonerde Kieselsäure und Talkerde 1. Oehrenstock (s. $. 10. 1). . . . ES ron Se oe 0,70 3 12,1 2. Oestl. Fuss des Ilmsenbergs (s. $. 10. 2) IR a ER OLOAERN © 0,87 3 3 11,8 3. Oberhalb Möhrenbach (s. $. 10. 3) . . . ER ce 0,89 3 s 12,9 4. Zwischen Ochsenbacher Mühle und SenBerE & 3. 10. A) ER 0,86 3 12,0 DW G 0tte8kopIal(27 SW 10 0) Ba a R- r E r r B- S 1,23 3 12,5 GBRLGToSseRD) ou chen (@ 5 310.3 6) WE ur Er ee: 0,88 3 11,0 I 0,83 3 9,1 7. Schwarze Gesteine des Schneidemüllerskopfes (s. $. 10. 8a) II 1,04 3 11,2 III 0,92 b) 11,2 8. Lichte Gesteine des Schneidemüllerskopfes (s. $. 10. N Do 6 00 oc 0,73 3 14,7 Fasst man zunächst das Verhältniss von a:b ins Auge, so stellt sich nur einmal taken bei 5 ein entschiedener Ueberschuss von a heraus, dessen Erklärung jedoch schon in $. 10.5 gegeben ist. Bei den Gesteinen 7, die am frischesten sind, ist die Abweichung vom normalen Verhältnisse 1:3 gering- fügig. Alle übrigen Gesteine bieten einen Unterschuss von a, der sich sehr bestimmt auf die Um- wandlung aller grösseren Feldspath-Krystalle bezieht, die, wie sogleich nachgewiesen werden wird, mit einer Wegführung von Alkalien, Bildung mehr oder weniger leicht aufschliesslicher Thonerde - Alkali- Silieate und Ablagerung von Carbonäten und freier Kieselsäure verbunden ist. Das Verhältniss von b : e zeigt sich nur einmal bei 8 ansehnlich über 3 : 12 und deutet be- stimmt freie Kieselsäure an, zweimal bei 3 und 5 nur wenig darüber. Dreimal bei 1, 2 und 4 trifit es nahe mit 3 : 12 zusammen. Viermal bei 6, 7I, II und Ill sinkt es unter 3 : 12, aber doch nur ein- mal bei 7I auf nahe 3 : 9. Die Mehrzahl der Reste hat demnach eine trisilicatische Feldspath- Zusammensetzung, theils mit (8, 3, 5), theils ohne (1, 2, 4) freie Kieselsäure, die Minderzahl (6, 7II, 7II) ist basischer, ein Rest (7]) entspricht der Oligoklas-Stufe. II. Reine Porphyre. 358 Da sich nun alle Feldspathe nach ihrem optischen Verhalten als triklin herausgestellt haben, da alle Kali-Natron- oder Natron-Kali-Feldspathe sind, so hat man die Mehrzahl als Mikrokline in dem von Zirkel!) angenommenen Sinne zu bezeichnen, neben denen in den Gesteinen bald grössere bald kleinere Mengen von freier Kieselsäure vorkommen. Die Feldspathe der Gesteine 6, 7II und III stehen zwischen Mikroklin und Oligoklas, oder in ihnen kommen neben Oligoklas kleine Mengen freier Kie- selsäure vor. Der Feldspath des Gesteins 7I ist Oligoklas. 1f. Umwandlung der Feldspathe. Die optischen wie die chemischen Analysen haben nachgewiesen, dass namentlich die makro- skopischen Feldspathe nicht frisch, d.h. dass ihre Merkmale nicht, oder nicht mehr diejenigen eines normalen Feldspathes, nicht mehr die ursprünglichen sind, dass sie tief eingreifende, ja bis zur Bildung von Afterkrystallen durchgreifende Metamorphosen erlitten haben. Von diesen Metamorphosen soll nach- siehend eine kurze Uebersicht gegeben werden. Fast alle lichten makroskopischen Feldspathe haben dieselbe Art der Metamorphose erlitten, sie sind von Kalkspath durchsetzt und von Ferrit durchstäubt. Nach dem Aetzen mit Chlorwasserstoffsäure sind an ihrer Stelle von lockeren Rückständen mehr oder weniger eingenommene, bis völlige Hohl- räume entstanden. Diese Metamorphose vergleicht sich in Allem derjenigen, durch welche die bekannten Feldspath- Afterkrystalle von Meiersgrund entstanden, die allerdings nicht einem quarzlreien, sondern einem quarz- führenden Porphyr angehören. Sie ist von Dr. Dalmer?) aufgeklärt worden. Der Rückstand besteht nach ihm wesentlich aus Kalkspath, Eisenocker, theils durch Chlorwasserstoffsäure, theils Schwefelsäure zerseizbaren Alkali-Thonerde-Siliecaten und freier Kieselsäure. Derselbe ist aus frischem Feldspathe durch Fortführung ansehnlicher Mengen aller Bestandtheile, aber doch verhältnissmässig grösserer von Alkalien, als von Kieselsäure, und noch grösserer als von Thonerde entstanden. Damit steht die Zusammensetzung der Feldspathreste, welche nach Entfernung des durch Chlorwasserstoffsäure aufgeschlossenen Theils der Gesteine zurückbleiben, in gutem Einklange; sie zeigen einen Unterschuss von Alkalien und einen Ueberschuss von Kieselsäure, über das Feldspath - Verhältniss. Dass diese Metamorphose Folge einer Durechtränkung mit saurem Eisen- und Caleium-Carbonat ist, dass das aus dem sauren Eisen-Carbonat ausgeschiedene Eisenoxyd oder Eisenoxydhydrat als Zersetzungsmittel genügt, hat Dr. Dalmer sehr wahrscheinlich gemacht. Die eben beschriebene Metamorphose ist mit einer eigenthümlichen Erscheinung verbunden, welche nicht unerwähnt bleiben darf. Die ferritische Durchstäubung ist noch in der Weise ungleich- förmig, dass klare schmale Streifen quer gegen die Hauptspaltungsriehtung ziemlich nahe nebeneinander sich durch den Dünnschlifl eines Krystalls ziehen. Diess ist auf Taf. I Fig. 7 zugleich mit den farbigen Streifen der chromatischen Polarisation dargestellt. Die makroskopischen Feldspathe der Gesteine aus dem Steinbruche des Schneidemüllerskopfs, sowohl der schwarzen, als auch der lichten, und der Gesteine einiger anderer Fundorte, die sich an die lichten Gesteine des Schneidemüllerskopfs anschliessen, veranschaulichen einen andern Gang der Metamorphose ausgehend von engen und engsten, theils schon bei mittlerer, theils erst bei starker und stärkster Vergrösserung deutlich erkennbaren Kanälen und Schläuchen (s. Taf. I Fig. 13, 14 und 15), fortschreitend zu weiteren netzförmig mit einander verbundenen Gängen, die durch reichlich eingestreu- 1) S. Zirkel-Neumann, Elemente der Mineralogie S. 6539. 2) Neues Jahrb. für Min. u. s. w. Jahrgang 1878. 8. 225—264. 334 IT. Reine Porphyre. ten Fertit auch Viridit verdunkelt sind (s. Taf. 1 Fig. 12). Die Verdunkelung geht jedoch noch viel weiter, lässt dann nur wenige Stellen klar und giebt dem Dünnschliffe des Krystalls ein marmorirtes Aus- sehen. Das Alles, sowie die fein- aber scharf-lineare Umgränzung der Canäle und Schläuche ist schon in $. 10. 8 beschrieben, bedarf aber noch einiger Erläuterung. Selbstverständlich können die letzten nicht mit Gas erfüllt, keine Dampfporen sein, sondern müs- sen eine Substanz einschliessen von nahe demselben Lichtbrechungsvermögen, wie der umgebende Feldspath, die übrigens ebenso gut liquid, als starr sein könnte. Jedenfalls ist sie strukturlos.. Woraus sie besteht ist durch keine weder der optischen, noch der chemischen Erscheinungen angedeutet. Da- mit muss die Frage nach dem Processe ihres Eindringens als eine vorläufig müssige zurückgewie- sen werden. Ausser dem Ferrit ist auch Viridit ein gewöhnliches Vorkommen metamorphosirter Feldspathe. Doch tritt der Fall nicht oft ein, dass ein Feldspath zu einem so ansehnlichen Theile seines Volumens von Viridit eingenommen wird, wie es Taf. I Fig. 10 zeigt. Ebenfalls nicht gar häufig sind Feldspath- formen erfüllt von einer einfach brechenden Substanz mit dichten Büscheln dendritischer Ferrite. 2. Paroligoklas. Indem ich den Namen Paroligoklas hier wiederhole, habe ich zu seiner Rechtfertigung dem, was ich $. 10. 9 geltend gemacht habe, nichts weiter hinzuzufügen. Ich begnüge mich damit nochmals hervorzuheben, dass das dem in Chlorwasserstoffsäure unlöslichen und unaufschliesslichen Reste des Gesteins aus der Einsenkung zwischen Silberberg, Quaerigberg und Imsenberg entsprechende Mineral jedenfalls nicht feldspathähnlich gebildet ist, nicht einmal dem monoklinen Systeme angehört, und Cal- cium-frei, Natron-reich und Kali-arm ist. 3. Glimmer. Glimmer ist zwar nicht allgemein verbreitet, wie Feldspath, wo er aber vorkommt, fällt er unter allen Gemengtheilen am meisten auf und bedingt eine wichtige Abtheilung der ganzen Gesteinsreihe. Sein Vorkommen ist zum guten Theil makroskopisch in Form von sechsseitigen Blätteraggregaten mit metallähnlichem Glanze und rabenschwarzer Farbe; wie aber die mikroskopische Betrachtung von Dünn- schliffen erst die richtige Vorstellung von der Massenhaftigkeit seines Vorkommens gewährt, so auch von der Beschaffenheit des Glimmers. Derselbe nimmt mikroskopisch ein ganz anderes Aussehen an; er erscheint in seinem unveränderten Zustande durchsichtig, ja klar, vorwaltend gelb, häufiger übergehend ins Braune als ins Grüne, selten rothgelb bis rothbraun. Die Ursache der makroskopisch dunkeln Farbe ist für den Glimmer dieselbe, wie für den Feldspath (s. diesen $. 11.1. b); sie liegt in der Klarheit seiner Masse, welche die gewöhnlich dichte Umhüllung und Durchsetzung von Ferrit durchschimmern lässt. Die Formen der mikroskopischen Glimmerdurchschnitte lassen sich meist sehr bestimmt auf sechsseitige (scheinbar hexagonale) dieke Tafeln und kurze Säulen zurückführen, sie werden aber durch mancherlei Ein- und Aussprünge und durch ungleiche Ausdehnung oft bis zur Unkenntlichkeit modificirt. Nicht immer sind die Seitenflächen der Tafeln oder Säulen so rechtwinkelig und glatt an die Tafelflächen angesetzt, wie in Taf. II Fig. 9 u. 10, sondern gar häufig gekerbt in Folge der Aneinanderlagerung schmalerer und breiterer Blätter, wie in Taf. II Fig. 11, oder auch zugleich gegen einander verschoben, wie in Taf. II Fig. 7. Uebrigens ist ein so regelmässiges Aussehen, wie das in Taf. I Fig. 6 darge- stellte, nicht gerade selten. Auch die aus dieser Figur ersichtliche Schraffirung ist sehr gewöhnlich. Dieselbe erscheint bei schwacher Vergrösserung haarscharf, schwarz, bei starker braun, ungleich breit, II. Reime Porphyre. 335 sogar in einzelne Flecke aufgelöst. Alle Glimmerdurchschnitte von so regelmässiger Form, wie der in Fig. 6 dargestellte, zeigen die Schraffirung rechtwinkelig gegen die Seiten der Umgrenzung, während “diejenigen, welche nahe rechtwinkelig dagegen stehen, von schrägen Parallellinien durchzogen sind (s. Fig. 7, 10 u. 11). Es kann daher kein Zweifel sein, dass sie von denjenigen Diseontinuitäten her- rühren, welche von Reusch!) und Bauer?) als Gleitflächen nachgewiesen sind; ihre Sichtbarkeit ist durch ferritische Imprägnation vermittelt. Regelmässig sechsseitige Tafeln lassen keine Spur von Di- chroismus erkennen, alle Schnitte nahe rechtwinkelig gegen diese Tafelfläche, d. i. gegen den Hauptblät- terdurchgang einen recht auffälligen. Beleuchtet man einen Schnitt der letzten Art so mit polarisirtem Lichte, dass die feinen Linien quer durch denselben, welche der Richtung des Hauptblätterdurchgangs entsprechen, mit dem Hauptschnitte des polarisirenden Nikols parallel laufen, so erhellt sich die Farbe oft bis zur Farblosigkeit; beleuchtet man dagegen so, dass sie sich rechtwinkelig kreuzen, so verdunkelt sich die Farbe oft bis zur Opacität. Die Schliffe der letzten Art lassen überdiess noch erkennen, dass die Glimmer-Aggregate nach ihrer Bildung starkem Drucke ausgesetzt waren, indem die einzelnen Blät- ter zwischen den Spaltungsrichtungen häufig gebogen und gestaucht sind. Am weitesten verbreitet und am breitesten und vollkommensten entwickelt sind die gelben Glimmer; sie lassen die Gleitflächen sehr häufig, und zwar an allen grösseren Krystallen deutlich er- kennen. Ihr Dichroismus bedingt einen Wechsel blassgelber bis tiefbrauner Farben. Viel seltener sind die grünen Glimmer; aber auch sie treten noch in breiten und grossen Krystall-Aggregaten auf; auch au ihnen nimmt man noch vielfach die den Gleitflächen entsprechende Schraffirung wahr; ihr Dichrois- mus zeigt einen Wechsel von lichtgrün und grünlichbraun. Am seltensten zeigen sich die gelbrothen (orangefarbigen) Glimmer, welche sowohl nach Grösse, als nach krystallinischer Entwickelung sehr zurückstehen, weder sechsseitige Tafel-, noch ablonge Prismen-Formen darstellen und Gleitflächen nicht erkennen lassen. Ihr Dichroismus beruht auf dem Auftreten eines sehr blassen Röthlichgelb und eines Braun, welches den verschiedenen Sätligungsgraden der Terra de Siena oder anderen gebrannten Ockers entspricht. Es kann daher leicht vorkommen, dass man Glimmer für Ferrit und zwar dünn- blätterigen Eisenglanz, oder auch diesen für Glimmer nimmt. Dass eine solche Verwechselung nament- lich in Bezug auf das ausgezeichnete Gestein vom südwestlichen Fusse des Kniebergs bei Langewiesen nicht begangen worden ist, ergab eine eingehendere Untersuchung. Aus diesem Gesteine lassen sich ein- zelne Glimmer- Aggregate mechanisch, wenn auch durchaus nicht rein aussondern, da sie bis zu 1 Millim. Breite erreichen. Die Härte dieses Glimmers ist nahe 3. Im Glaskölbchen erhitzt, verändert er sich nicht; vor dem Löthrohre giebt er ein anfangs gelbrothes zuletzt fast violettes Glühlicht; die Szabösche Probe ergiebt einen Kali-Gehalt von 4—5 Proc. Der Glimmer ist so gewöhnlich von Ferrit umgeben und durchwachsen, dass man nicht wohl umhin kann, Beide als eine gleichzeitige Ausscheidung aus einem Fluidum anzusehen, welches zur Zeit mehr Eisen enthielt, als der Glimmer in sich aufnehmen konnte. Eine weitere Ausscheidung von Fer- rit dürfte aber erst Folge der Umwandlungen sein, welche im Glimmer nach seiner Bildung vorgingen ; sie ist oft so reichlich, dass die Querschnitte der Glimmer-Aggregate nur an einigen Stellen Licht durch- lassen, wie Taf. II Fig. 8 zeigt; mit ihr zugleich findet eine Umsetzung des Glimmers in Viridit, Kalk- spath und Chalcedon oder Quarz statt. Der Viridit zeigt mannichfache Farben zwischen Smaragd-grün, Span-grün und Gras-grün; er unterscheidet sich vom Glimmer durch das Fehlen der Blätterigkeit. Eı ist jedoch nicht immer dasselbe einheitliche Umsetzungsproduct des Glimmers, sondern entspricht viel- 1) Pogg, Ann. Bd. 136 S. 130. 2) Pogg, Ann. Bd. 38 8.337. 336 II. Reine Porphyre. mehr einer Reihe von Umwandlungs-Phasen. Bei einigen — wahrscheinlich den ersten — dieser Pha- sen ist noch Doppelbrechung und Dichroismus wahrzunehmen, bei andern — wahrscheinlich den letz- ten — bricht er das Licht einfach und ist monochroitisch; dann stellt sich häufig faserige Absonderung und büschelförmige oder concentrisch strahlige Anordnung der Fasern ein. Kalkspath entwickelt sich theils als Hülle von Glimmer - Aggregaten, theils als Einschaltung zwischen die Glimmerblätter; Fig. 9 Taf. II zeigt diess so, dass völlig farblose und klare, breite Kalkspath-Linsen von gewunden-blätterigen Glimmer-Resten umzogen sind. Chalcedon bildet ebenfalls Faser- Aggregate, Quarz erscheint nicht in ebenflächig begrenzten Krystallen, sondern in formlosen Flecken und wird lediglich durch lebhafter- chromatische Polarisation, durch das Erscheinen von Regenbogen-Farben zwischen den Nikols charakte- risirt. Diese Umwandlungs-Produkte stellen sich bald einzeln, bald miteinander verbunden ein, so zwar, dass Ferrit am seltensten fehlt. Von Ferrit kommen häufig mehr oder weniger dicht aneinander gedrängte Haufen vor mit einer gewissen, namentlich an Glimmer erinnernden Regelmässigkeit des Umfangs. Auch ist gewöhnlich an einzelnen Stellen Glimmer selbst, oder ein viriditisches Umwandlungs- Produkt von ihm noch erkenntlich, aber mitunter auch gar keine Spur davon. Solche Haufen sind in Taf. I Fig. 11 und Taf. V Fig. 14 dargestellt. | Ueber das chemische Verhalten der Glimmer lässt sich zunächst sagen, dass sie durch eoncen- trirte Chlorwasserstofflsäure aufgeschlossen werden, und ferner, dass sie Magnesium -reich, auch wohl eisenhaltig sind. Da aber neben ihnen noch eine Mannichfaltigkeit in Chlorwasserstoflsäure löslicher und durch sie zersetzbarer Mineralien vorkommen, fehlt der Berechnung die Grundlage zu mehr als wahrscheinlichen, oder auch nur möglichen Resultaten. Man darf daher über die Behauptung nicht hinausgehen, sie seien Magnesiaglimmer im älteren Sinne, Phlogopite oder Biotite in Tehermacks!) Sinne, etwa noch hinzufügend, dass ihre Zugehörigkeit zu den wesentlich Fluor -haltigen Phlogopiten weniger wahrscheinlich sei, als diejenige zu den Biotiten, da neben ihnen, wenn es der Apatit nicht etwa sein sollte, Fluor- Verbindungen nur als Eindringlinge von Gängen aus nachgewiesen werden konnten. 4. Zwischen Glimmer und Hornblende stehendes Mineral. Die Dünnschliffe verschiedener Gesteinsproben, die auf der Hochfläche gefunden wurden, welche von der Gansleite südwestlich Möhrenbach aus nach den Silberberg aufsteigt und sich von da über eine flache Einsenkung nach dem Quaerigberge zieht, namentlich da, wo der Fussweg von Möhren- bach nach dem Quaerigberge den Rücken zwichen den Gruberen und dem Ilmsengrunde kreuzt, und südwestlich neben der flachen Kuppe des Quaerigberges zeigen neben wohlcharakterisirtem grünem Glimmer noch ein anderes, etwas dunkler-grünes, von opakem Ferrit stark durchsetztes Mineral, dessen Formen auf Fig. 12, 13 u. 14 der Taf. III dargestellt sind. Diese Formen sind vereinbar ebenso- wohl mit den sogenannten Rhomben-Formen des Glimmers, als mit denen der Hornblende. Von beiden Mineralarten aber unterscheidet sich das Mineral dadurch, dass es, obwohl entschieden doppelt- brechend, doch zugleich durchaus monochroitisch ist. Das Fehlen des Polychroismus konnte wohl mit der durch die Ferrit-Imprägnation verbundenen Umsetzung, in Verbindung gebracht werden, wenn sich einsehen liesse, wie die Doppelbrechung bestehen und der Polychroismus verschwinden kann. Analoge Vorkommnisse bieten sich noch mehrere dar. So zeigen sich im Gestein auf der Kuppe des Hohen Brand — zur Linken des Langebachgrundes — Rhomben mit abgestumpften schar- 2 1) Tehermack, Die Glimmergruppe. II. Th. 5. 35. Aus dem LXXVII. Bande der Sitzb. der k. Acad. der Wissensch. I. Abth. Juni-Heft. Jahrg. 1878. I. Reine Porphyre. 337 fen Ecken, welche von Ferrit umhüllt sind, der sich wurmförmig vom Rande aus nach innen zieht und deren gelbes Innere sich bei starker Vergrösserung in Strahlen -Bündel und Sterne auflöst mit verwirrter Doppelbrechung, jedoch ohne lebhafte chromatische Polarisation (s. Taf. IN Fig. 10). Häu- figer sind Anhäufungen von Ferriten mit ziemlich geradliniger Umrandung, die wohl immer den Ein- druck machen von Resten resorbirter Krystalle, aber zwischen den Ferriten nichts mehr davon erken- nen lassen. Das in Taf. II Fig. 11 dargestellte Vorkommen stammt von der Kuppe des Teichrandes östlich dem Schneidemüllerskopf. In Ermangelung eines ausreichenden Grundes, diese unzweifelhaft von Umsetzungsprodukten erfüllten Formen auf ein bestimmtes ursprüngliches Mineral zu beziehen, mögen sie zwischen den Glimmern und Hornblenden und Augiten ihre Stellen finden. 3. Augit. Obgleich bei der Beschreibung einzelner Gesteine nur zweimal und beidemal kürzlich von Augit die Rede gewesen ist, so gehört derselbe doch nicht zu den ungewöhnlichen Mineralgemengtheilen. Aller- dings bezieht sich das Augit-Vorkommen auf die Erhaltung viel weniger der ursprünglichen Substanz, als vielmehr der Form, die durch eine qualitative, wie quantitative Mannichfaltigkeit von Stoffen einge- nommen wird. Die Form ist sechs- bis achteckig und entspricht sehr nahe einem regelmässigen Acht- eck, wenn der ursprüngliche Augit-Krystall nahe rechtwinklig gegen seine Hauptaxe durchschnitten ist. Wie dicht mitunter solche Schnitte neben einander liegen, zeigt Fig. 3 auf Taf. IH; diese ist dem Dünn- schlifie eines von röthlichbraunem Feırit so stark durchsetzten Gesteins vom Abhang des Höllekopfs gegen Kammerberg zu entnommen, dass nur die Querschnitte von Feldspathleisten und die von Quarz und Ferrit erfüllten Augitformen durchsichtig sind. Die Lithographie veranschaulicht übrigens die Feld- spathe besser als die Augitformen, die sie zu wenig geradkantig erscheinen lässt. Bezeichnender sind die in Fig. 12, 13, 14 u. 15 auf Taf. II und in Fig. 1, 2, 4, 5, 6 u. 7 auf Taf. III gegebenen Formen. Die Originale zu Taf. I Fig. 12 (Gestein vom Mühlenrand bei Oehrenstock) und Fig. 13 (Gestein süd- westlich der Kuppe des Langewiesener Tragbergs) haben noch die meiste Aehnlichkeit mit Augit wegen ihrer braunen Farbe, aber diese wird durch eingestreuten Ferrit bedingt, und was, frei davon, farblos und klar ist, hat nicht im Entferntesten das optische Verhalten des Augits. Taf. II Fig. 6 (Gestein über der ersten Schneidemühle im Wohlrosethale) lässt eine einheitliche Kalkspath - Füllmasse erkennen, Taf. III Fig. 7 (Gestein zwischen der Hohen Schlaufe und dem Gickelhahn) stellt fein- und verworren-körnige Kalkspathfüllung dar. Taf. III Fig. 1 (Gestein über der Kammerberger Mühle), Taf. IU Fig. 2 (Gestein von der Kuppe der Wilhelnsleite), Taf. IT Fig. 14 (Gestein vom Fusse des Lin- denbergs) zeigen Füllungen von Quarz und Kalkspath. In Taf. III Fig. 4 (Gestein aus dem Thal- srunde über Manebach an der Weimarisch-Gothaischen Grenze) sieht man, wie glasartige Infiltrationen von aussen eintreten. Taf. III Fig. 5 und Taf. IV Fig. 17 (Gestein aus dem Steinbruche des Ascher- ofens) und Taf. II Fig. 15 (Gestein über der Kammerberger Mühle) veranschaulichen eine Füllung vor- zugsweise durch Quarz und Viridit — der von Viridit eingenommene Raum ist in den beiden letzten Figuren durch feine Punktirung ausgezeichnet —. Taf.III Fig .8 u. 9 (Gesteine vom Höllekopf) entspre- chen einer Füllung durch Quarz und Ferrit; der letztere dringt wurmförmig und perlschnurartig in den Quarz ein und nimmt den Aussenrand so weit ein, dass die Umrisse ungestaltig werden. Die Quarze, welche so vielförmig zu der Ausfüllung beitragen, sind nie einheitlich krystallisirt, sondern aus vielfach in einander greifenden optisch verschieden orientirten Parthien zusammengeschoben. Sie sind häufig ca- vernös. Die Cavernen sind stets sehr klein, bald abgerundet, bald schlauchförmig, bald ausgestülpt 358 II. Reine Porphyre. gewöhnlich breit- und dunkel - umsäumt. Apatit-Prismen sind häufige Einschlüsse, viel häufigere als im umgebenden Gestein. Feldspathleisten ragen nicht selten vom Aussenrand herein, Feldspaihpris- men von noch geringerer Grösse sind im Innern zerstreut. Ferrite in derben und feinsten Körnern bis zu staubiger Vertheilung mischen sich bei. 6. Diallag. In einer kleinen Anzahl von Gesteinsproben, nämlich: 1) vom Steinbruch in Ascherofen, 2) vom Fusse der Hohen Schlaufe unterhalb der grossen Douche bei Ilmenau, 3) vom östlichen Fusse des Ilmsenberges neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Brei- tenbach (s. $. 19), 4) im Westen der Gansleite bei Möhrenbach, 5) vom Fusse des Schneidemüllerskopfs zwischen Kammerberg und Stützerbach, in lichtem Gestein (s. $. 38), und 6) von dem Sattel im W. des Langewiesener Tragbergs, finden sich mikroskopische Gemengtheile, die sich durch ihre Spaltbarkeit nach einer Richtung und durch ihre Farbe den grünen Glimmern sehr nahe stellen, aber dadurch von ihnen unterscheiden, dass die den Spaltungsrichtungen folgenden Haarspalten weniger eben verlaufen und weiter von einander abstehen, als bei dem grünen Glimmer, und dass ihr optisches Verhalten ein anderes ist. Alle sind lieht-grün. Was man im 1 bis 5 von ihnen findet, ist noch immer sehr deutlich dichroitisch, aber lange nicht mit dem Helligkeits-Contrast, wie ihn die Glimmer zeigen. Stellt man den Hauptschnitt des Nikols unter dem Objekt rechtwinklig gegen ihre Spaltbarkeits-Richtung, so erscheinen sie blass gelblichgrün bis fast farblos, stellt man ihn parallel, so erscheinen sie wohl gesättigt grün, mitunter ins Blauliche, aber niemals düster. Was man in 6 findet, lässt keine Spur von Dichroismus erkennen. Doppelbrechung aber ist darin gleich vollkommen entwickelt und in gleicher Weise mit lebhaft chro- matischer Polarisation verbunden. Die breitesten und klarsten Vorkommnisse in 1, 2 und 3 haben die Auslöschungsschiefe 0°, diejenigen in 4 ist die Auslöschungsschiefe desshalb nicht bestimmbar, weil nicht ihre ganze Fläche gleichzeitig verfinstert, sondern ein Theil stets hell bleibt, diejenigen in 5 haben eine Auslöschungsschiefe von etwa 6°, diejenigen endlich in 6 werden am dunkelsten, wenn der Hauptschnitt des analysirenden Nikols 49 resp. 41° mit der Spaltungsrichtung einschliesst. Selbst- verständlich ist mit dieser Verschiedenartigkeit des optischen Verhaltens nicht nothwendigerweise eine speeifische Verschiedenheit verbunden, vielmehr kann dieselbe aus einer verschiedenen Lage des Dünn- schlifis gegen die Spaltbarkeitsrichtung und gegen die Elasticitätsaxen abgeleitet werden. Nimmt man an, das Krystall-System dieser Vorkommnisse sei das monokline, die Spaltbarkeitsrichtung entspreche dem orthodiagonalen Hauptschnitt und das zuletzt besprochene Vorkommniss sei parallel dem klinodiago- nalen Hauptsehnitt durehschnitten, so stimmen die Angaben mit denen, welche bis jetzt für den Diallag gemacht sind, nahe überein. Leider lässt sich diese Uebereinstimmung nicht mehrseitiger prüfen, da äussere Krystallgestalt ebensowohl wie bei den abgebildeten Exemplaren vom Abhang des Ilmsenber- ges neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Breitenbach (s. Taf. II Fig. 18) und aus dem Steinbruch des Ascherofens (s. Taf. II Fig. 19), auch bei allen übrigen fehlt. Die abgebildeten Exemplare schlies- sen beide Apatite ein; bei den meisten übrigen ist diess auch der Fall; auch Ferrit- und andere Ein- schlüsse fehlen nicht. Wenn ich die Bestimmung Diallag für diese Vorkommnisse annehme, so betrachte ich sie nicht II. Reine Porphyre. 339 nur als eine mögliche, sondern auch als eine wahrscheinliche, welche durch das Vorkommen auch noch anderer Bisilicate in verwandten Gesteinen angedeutet ist. Das eben beschriebene diallagische Mineral ist meist vielfach zersprungen. Indem sich die Sprünge erweitern, bleiben nicht eckige Brocken, sondern abgerundete Stücke zwischen ihnen übrig (s. Taf. III Fig. 20), deren Doppelbrechung jedoch immer noch sehr deutlich und deren chromatische Polarisation sehr lebhaft ist. Im weiteren aber bestimmten Zusammenhange damit stehen solche Par- thien, deren Umgrenzung nicht mehr an Kıystallisation erinnert, die ein von dunkelen Zwischenräumen durchzogenes Haufwerk von abgerundeten, meist klaren, zwischen den Nikols buntgefärbten Stückchen darstellen (s. Taf. III Fig. 21). Die Sprünge und die aus ihrer Erweiterung hervorgehenden Zwischenräume sind theils mit Ocker, theils mit amorpher Substanz erfüllt. Die Aehnlichkeit dieser letzten Bildungen mit den Uebergängen des Olivin in Serpentin sei hier nur angedeutet, ihre Besprechung dem Schlusse der nächstfolgenden Nummer vorbehalten. 7. Enstatit. Ausschliesslich auf die schwarzen Gesteine am Schneidemüllerskopf beschränkt, nicht sowohl nach Häufigkeit, als vielmehr nach Grösse von den oberen nach den unteren Bänken — mit dem Magnesium - Gehalte — zunehmend, sind grüne Faser - Aggregate, bald dicht an einander gedrängt zu kurzen Prismen (s. Taf. III Fig. 16), bald lose neben einander gelegt (s. Taf. II Fig. 17). Die Seiten der Prismen sind ziemlich geradlinig, ihre Enden nur selten vergleichbar mit Krystallflächen (s. Fig. 15 Taf. II rechts), gewöhnlich abgerundet, wie abgerieben. Die losen Aneinanderlagerungen erscheinen bei schwacher Vergrösserung als Flecke, die mit der Umgebung verschwimmen, bei mittlerer erhalten sie scharfe Umrisse, bei starker und stärkster erst lösen sie sich in Fasern auf. Ihre grüne Farbe ist ziemlich düster, lässt aber doch doppelte Strahlenbrechung und Dichroismus sehr deutlich erkennen. Zwischen gekreuzten Nikols verdunkeln sie sich am meisten, wenn die Richtung der Fasern mit dem Hauptschnitte eines der Nikols zusammenfällt; schmale Prismen werden dann fast schwarz, breitere etwas fleckig und bunt, wohl nur desshalb, weil die Fasern nicht alle vollkommen parallel zu einander liegen. Rechtwinklis gegen die Fasern muss also ein optischer Hauptschnitt liegen; das deutet, wenn man nicht annehmen will, die Fasern seien nach der Orthodiagonale langgestreckt, wie etwa beim Epi- dot, auf das rhombische Krystall-System. In Zwischenstellungen treten blaue und rothe Interferenz- farben hervor. Dichroismus ist sehr entschieden so, dass sich die Farbe in das Lichte und Gelbe zieht, wenn der Hauptschnitt des Nikols unter dem Objekt rechtwinklig zur Faserung steht, in das Düstere und Blaue, wenn er parallel dazu ist. Die meisten Prismen haben Quersprünge, und diese sind ge- wöhnlich kanalartig erweitert. Mit der Ausbreitung dieser Kanäle verliert sich die der Faserung ent- sprechende Längsstreifung, und damit auch Doppelbrechung und Dichroismus, zuletzt tritt feine Gra- nulirung ein. Fig. 15 Taf. III veranschaulicht den Anfang und das Ende dieses Processes rechts und links fast unmittelbar neben einander. Ich möchte in diesem Minerale, ebenfalls wie im vorigen, ein rhombisches Bisilicat und zwar der Enstatit-Gruppe erkennen. Unter Beibehaltung der Form geht die Farbe dieser Faser- Aggregate von den unteren nach den oberen Bänken zu in das Bräunlich-Grüne und Bräunlich-Gelbe über. Ein braunlich-gelbes Prisma aus den mittleren Bänken stellt Fig. 22 Taf. IN dar. An ihm ist die Doppelbrechung in fast gleichem Grade entwickelt, wie bei den grünen Prismen. Es verdunkelt sich zwischen gekreuzten Nikols am stärksten, wenn die Faserung mit dem Hauptschnitte eines der Nikols zusammenfällt, und färbt sich Jen. Denkschriften II. 4. 45 340 I. Reine Porphyre. lebhaft gelbroth in Zwischenstellungen. Sein Dichroismus dagegen ist minder contrastirend und be- steht im lebhafteren Hervortreten des Gelb oder des Braun, jenachdem der Hauptschnitt des pola- risirenden Nikols senkrecht oder parallel zur Faserung gerichtet ist. Auch die gelben Faseraggre- gate sind vielfach quergesprungen, auch ihre Quersprünge erweitern sich kanalartig, und was von ihnen zwischen den Kanälen übrig bleibt, verliert mit der Erweiterung derselben Längsstreifung, Fa- serung und zugleich Doppelbrechung. Dann treten Bildungen hervor, wie sie in Fig. 23, 24 und 25 Taf. III dargestellt sind. Die Umwandlung führt auch hier schliesslich zu feiner Granulirung. Unleugbar haben diese letzten Bildungen noch grössere Aehnlichkeit mit gewissen Umwandlungs- Stadien des Olivins zu Serpentin, als diejenigen, welche im Anschlusse an das diallagische Mineral be- schrieben wurden, und man kann sich durchaus nicht wundern, wenn sie auf Grund einzelner Be- obachtungen für Olivin und Serpentin genommen worden sind, allein die Mineralien — mögen sie der Diallag- und Enstatit-Gruppe angehören, der ich sie zuweise, oder nicht —, welche der Umwandlung unterlagen, haben jedenfalls keine Aehnlichkeit mit dem Olivin, und die Mineralien, welche die letzten Umwandlungsprodukte zu sein scheinen, sind nur möglicherweise Serpentine. 8. Viridit. Obgleich der Viridit makroskopisch nicht eben auflällig hervortritt, so ist er doch in kleinen Flecken wohl erkennbar und trägt wesentlich zu der häufig grünlichen Gesammtfarbe der Gesteine oder ihrer scheinbaren Grundmasse bei. Mikroskopische Viridit-Massen fehlen selten und sind meist sehr häufig und breit. Die Formen des Viridites sind sehr mannichfaltig, selten auch nur so weit kry- stallähnlich, wie man das von den Abbildungen in Fig. 8 u. 9 Taf. [IV sagen kann, meist abgerundet- schlauchförmig mit vielerlei Ein- und Ausstülpungen. Nur wenige Viridite sind ganz homogen und einfachbrechend wie die in Fig. 8, 9 u. 10 Taf. IV als selbstständige Gemengtheile und Einschlüsse in Feldspath, und wie die in Fig. 5 Taf. II als Ausfüllungen zwischen den Feldspathen dargestellten. Die grosse Mehrzahl lässt bald mehr, bald minder deutlich concentrisch strahlige Aggregation erkennen und diese ist nicht selten in der augenfälligen Weise entwickelt, wie sie durch Fig. 11 Taf. IV ver- anschaulicht ist. Alle solche Aggregate sind mehr oder weniger dichroitisch, d.h. nehmen bei Be- leuchtung mit linear-polarisirtem Lichte eine fleckige Färbung an, und entwickeln zwischen Nikols In- terferenz-Farben, vorwaltend so, dass sie bei gekreuzten Nikols am dunkelsten, oft blau erscheinen, bei parallelen hellgrün. Die Farbe der Viridite ist ein reines und gesättigtes Grün — Smaragdgrün —, häuliger in Blaulichgrün als in Gelblichgrün übergehend. Die Viridite kommen zwar auch so vor, dass man sie als selbstständige Gemengtheile ansehen könnte, die meisten aber finden sich als Einschlüsse, namentlich in Feldspath, als Anschlüsse nament- lich an Glimmer und als Ausfüllungen der Formen, die vordem von anderen Mineralien eingenommen waren, namentlich von Augit. Fast in allen Formen des Vorkommens werden sie begleitet von Fer- rit und zwar vorzugsweise von ganz opaken Ferrit-Körnchen; an der Ausfüllung von Augit- Formen nehmen sie Theil zugleich mit Quarz, Chalcedon, glasig-amorphe Kieselerde und Kalkspath, denen sich sehr gewöhnlich Apatit- Prismen und schmale Feldspathleisten zugesellen. Die Ausfüllung vieler Cavernen besteht aus demselben bald ganz verworrenen, bald mehr geordneten Mineral- Gemenge; so liegen in Fig. 12 Taf. IV Kalkspath, Viridit, Ferrit, Quarz und Apatit bunt nebeneinander, während in Fig. 16 Taf. IV der Viridit zu ausgefranzten Bändern vereinigt ist, und in Fig. 14 Taf. IV der Viridit den Kern einnimmt, der schaalig von Quarz und Chalcedon umhüllt ist; Fig. 11 Taf. IV stellt einen solchen Kern bei stärkerer Vergrösserung dar. II. Reine Porphyre. 341 Eine eigenthümliche und seltene viriditische Entwiekelung veranschaulicht Fig. 1 nnd 2 Taf. V. Schon die Farbe unterscheidet sich durch einen gelblich-bräunlichen Schein von der der übrigen Viri- dite; dann sind die einzelnen Strahlen derber, als gewöhnlich und die Durchsetzung und Umhüllung mit Ferrit diehter. Auch mit ihnen ist Quarz in nicht individualisirten Parthien verbunden. Sie treten auf nicht nur als ursprüngliche Gemengtheile, sondern auch als Einschlüsse in Feldspathen auf, kleiden auch Cavernen aus oder erfüllen sie, nicht als einheitliche Globosphärite, sondern als ein dicht aneinan- der schliessendes Haufwerk kleiner Globosphärite, deren jeder einen braun durchscheinenden Mittelfleck hat. Sie treten dadurch in eine gewisse Beziehung zu dem die meisten und alle grösseren Cavernen des Gesteins ausfüllenden Steatargillit (s. $. 10. 7). Die eben gegebenen Zeichnungen und Beschrei- bungen beziehen sich auf einen Mandelstein-Porphyr, welcher als zusammenhängende Bank fast rings um die Kuppe des Tragbergs südlich Langewiesen ausstreicht. Eine gleiche Viridit-Modifikation fand ich ausserdem nur noch in einem Gesteine nahe dem Mundloche im Carl - Alexander - Stollen bei Ilmenau. Die Frage nach der mineralogischen Einerleiheit oder Verschiedenartigkeit der Viridite muss ich dahin gestellt bleiben lassen, finde es aber mehr als bedenklich, sie theilweise oder ganz für Serpentin zu nehmen, wie diess von Zirkel nnd seiner Schule, namentlich von Haarmann, ohne eingehende Be- sründung geschehen ist und nicht verfehlen kann, ein nachhaltiges Vorurtheil zu erzeugen. Nur aus einem einzigen Gesteine vom Fusse der hohen Schlaufe unterhalb der Grossen Douche bei Ilmenau konnte ich mir Viridit rein genug zu einer Löthrohrprobe aussondern. Er bildet hier flaserig-blätterige Einlagerungen, die dem Gestein ein flaseriges Aussehen geben. Seine Härte ist 4; seine Farbe dun- kelgrasgrün, der Strich blassgrün. Im Glaskolben erhitzt, giebt er reichlich Wasser aus und verfärbt sich in das Dunkelbraune. Vor dem Löthrohr schmilzt er so schwer, wie etwa ÖOrthoklas, zu einem schwarzen Glase mit schwach röthlichem Glühlichte. Der Viridit dieses Gesteines, welchem die Abbil- dung in Fig. 11 Taf. IV zugehört, ist also ganz entschieden kein Serpentin. Dagegen dürfte nicht in Abrede zu stellen sein, dass er wie der Serpentin ein Glied der langen und mannichfaltigen Reihe von nicht krystallinischen, grünen, wasserhaltigen Umwandlungsprodukten der Singulo- und Bisilicate ist, zu welcher der Serpentin als eines der Haupt- und Endglieder gehört. 9. Steatargillit. Ueber die mineralogische Charakteristik des Steatargillits ist in 8. 10. 7 Alles gesagt, was auf Grund der mit dem vorliegenden Material möglichen Untersuchung gesagt werden kann. Seine soeben besprochene Beziehung zu den Viriditen vermag die geologische Charakteristik soweit aufzuklären, dass man ihn als sekundären Gemengtheil auffasst. Ein Umsetzungsprodukt aber im gewöhnlichen Sinne ist er gewiss nicht, d. h. er nimmt nicht die Stelle eines vor ihm dagewesenen Minerals ein. Vielleicht sind die kugeligen Einlagerungen in den Tuflen, welche die quarzfreien Por- phyre begleiten, mit denen des Steatargillites in eine genetische Beziehung zu bringen. 10. Unbestimmte Silicate. Bei der Untersuchung einer umfänglichen Gesteins-Gruppe wird es selten ausbleiben, dass sich neben exakt bestimmbare Mineralien und solche, deren specifische Bestimmung eine wenigstens wahr- scheinliche ist, auch solche stellen, die sich nur einer höheren systematischen Einheit unterordnen lassen. Das letzte ist auch hier der Fall. Von einigen wesentlichen Mineral-Gemengtheilen lässt sich nur behaupten, dass sie zu den Silicaten gehören. Ich rechne dazu namentlich: 43 * 342 II. Reine Porphyre. a) knollige Häufchen kleinster Krystalle; b) Krystall-Rosetten; ce) eoncentrisch-strahlige Aggregate; d) Gläser. 10a. Knollige Häufchen kleinster Krystalle. Die knolligen Häufchen kleinster Krystalle sind bereits in $.10. 4, 6, 7 u. 8b erwähnt und be- schrieben worden. Sie fanden sich ausserdem in allen mikroskopisch analysirten Mandelstein-Porphy- ren am Rande des Gickelhahnes, des Langewiesener Tragberges und des Carl-Alexander-Stollens und in den dem Gesteine der Grossen Douche verwandten Gesteinen am Fusse der Hohen Schlaufe des Carl- Alexander-Stollens, des Abhanges östlich über Kammerberg, am südwestlichen Fusse des Knie- bergs und bei der oberen Schneidemühle im Wohlrosethale. Da sie aber leicht übersehen werden können, ist ihre Verbreitung wahrscheinlich noch viel weiter. Vorzugsweise wenn nicht immer sind sie in den Feldspathen eingeschlossen. Ihre äusseren Umrisse sind durch Fig. 1 bis 5 auf Taf. IV genügend veranschaulicht; die Struk- tur der Oberfläche im Ganzen ist aus der Lithographie weniger klar und vollständig ersichtlich; die dunkeln Furchen, die den Zwischenräumen zwischen den auseinander tretenden Einzel-Krystallen ent- sprechen, stossen schärfer-winkelig zusammen, als die Figuren es darstellen. Die Einzelkrystalle von der abgebildeten Grösse gehören jedoch zu den Seltenheiten auch im Gestein von der Grossen Douche, in welchem sie am kräftigsten entwickelt sind. Einem andern als dem tetragonalen oder rhombischen Systeme gehören sie schwerlich an. Ich halte das Walten des rhombischen Systems für sehr wahrscheinlich und vermuthe in ihnen ein Glied der Humit- oder Chrysolith-Reihe. 1Ob. Krystall-Rosetten. Stern- bis rosetten-förmige Aggregate sind sehr weit verbreitet, nicht alle auch nur von glei- chem Habitus und mineralogisch ebenso wenig bestimmbar, als die knolligen Häufchen kleinster Krystalle. Sie unterscheiden sich von diesen letzten auch bei gleicher Grösse dadurch, dass die weiter hervorragenden Einzelkrystalle nicht gerad-, sondern schief-flächig oder -prismatisch enden; wie es Fig. 7 und Fig. 18 auf Taf. IV veranschaulichen. Noch häufiger sowohl in Bezug auf die Fundorte, als auch auf das Nebeneinander-Vorkommen sind mehr oder weniger concentrisch-gruppirte Krystalloid - Aggregate von grünlich-grauer bis grün- lich-brauner Farbe, wie Fig. 6 Taf. IV eines darstellt. Sie sind am Aussenrande hell, in Innern dun- kel bis zur Opaeität; die Grenzen setzen aber nicht so scharf gegen einander ab, wie in der Lithogra- phie, sondern verschwimmen ineinander. 10c. Concentrisch-strahlige Aggregate. Als dritte Reihe unbestimmbarer Silicate seien diejenigen eoneentrisch strahligen Aggregate zu- sammengestellt, deren stoflliche Grundlage weder Quarz und Chalcedon, noch Viridit ist. Solche finden sich in einem Gestein nordöstlich Manebach an der Weimarisch-Gothaischen Landesgrenze, farblos, äus- serst zart, im engen Anschluss an Feldspathe (s. Taf. IV Fig. 18) und nehmen den Raum zwischen ihnen an Stelle der Grundmasse ein. Neben ihnen finden sich in demselben Dünnschliff auch Aggre- gate hellbrauner Fasern und scharf linearer Trichiten, die sich an den Grenzen mitunter kreuzen; ge- II. Reine Porphyre. 343 wöhnlich aber werden die einzelnen Aggregate durch gewundene Bänder einer farblosen, einfach-bre- chenden Substanz von einander getrennt. Die chromatische Polarisation dieser Aggregate hat etwas Chaleedon-Aehnliches. Eine Gesteinsprobe von Rosenborn, einer ausgezeichneten Quelle am südlichen Abhang; des Für- stenbergs, besteht sehr vorwaltend aus dem in Fig. 4 u. 5 Taf. V dargestellten Aggregate mit Feld- spath und wenig Quarz und Viridit. Dasselbe erscheint an den meisten Stellen einfach-brechend, bei mittlerer Vergrösserung griessig, bei starker globulitisch. Die Globuli sind braun, nicht scharf begrenzt. Sie ordnen sich nicht immer strahlig und erzeugen nicht immer für sich eoncentrische Textur, sondern diese wird vielmehr erst durch braune Ferrit-Trichiten hergestellt, welche in convergirenden Buscheln neben einander liegen, sich kreuzen, aber nicht verzweigen. Bald sind sie so dicht an einander ge- drängt, dass sie zwischen sich nur wenig Licht durchlassen, bald stehen sie weiter von einander. Bei stärkster Vergrösserung lösen sich viele von ihnen margaritisch auf. Aehnlich verhält sich eine am Wege vom Gabelbachsgrunde nach dem Langebachsgrunde auf- gelesene Probe. Ein Dünnschliff davon zeigt concentrisch strahlige, nierförmige Aggregate, von opa- ken bis braun-durchscheinenden Globuliten, die ersten ansehnlich grösser, als die zweiten. Diese Aggre- gate theilen sich zwischen Nikols buntfarbig in Sektoren und Keile Quarz kann an der Bildung die- ser Aggregate wohl Antheil nehmen (s. Taf. V Fig. 3). Der Dünnschliff eines dem Rande rechts über der Einsenkung des Langebachgrundes entnom- menen Gesteines zeigt minder feinsirahlige Aggregation. Die einzelnen Strahlen verhalten sich nach Verschiedenheit ihrer Lage optisch verschiedenartig, sind aber nur mit matt-chromatischer Polarisation begabt. Die Vertheilung des Ferrites zwischen den Strahlen deutet vielmehr auf eine Infiltration in gewundene Klüfte, als in Kanäle. Je nach der Lage der Schnittfläche des Dünnschliffs zur Kluftfläche erscheint die Ferrit-Imprägnation als opaker Trichit oder durchscheinende Lamelle oder Fleck (s. Ta- fel V Figur 6). 10d. Gläser. Die glasartigen Einschlüsse, von welchen namentlich die Feldspathe in kanal- und schlauchar- tigen Formen durchzogen sind, entziehen sich jeder weiteren Bestimmung. 11. Bemerkung über den Knebelit. - Der Ilmgrund zwischen Imenau und Kammerberg-Manebach wird als Fundort des Knebelits angeführt und seine Besprechung dürfte hier an ihrem Platze sein, auch wenn er nicht speciell den reinen Porphyren angehören sollte. Auf die Gewährschaft Döbereiners hin wird der Knebelit von Ilmenau in allen unseren Lehrbü- chern aufgeführt, obgleich er in den Sammlungen vergeblich gesucht wird. Ich habe nur einmal ein kleines — etwa haselnussgrosses — Stückchen davon gesehen in der von dem Major v. Knebel, dem bekannten Freunde Göthes, hinterlassenen Mineralien-Sammlung. Für seine Echtheit sprach die Art der Aufbewahrung und der Etiquettirung mit Döbereiners eigener, mir wohlbekannter Handschrift. Es hatte das Aussehen eines Tuffs. Als ich später durch mehrfache Anfragen veranlasst wurde, nochmals da nachzusehen, wohin die Knebelsche Sammlung verkauft worden war, fand ich das Stückchen nicht mehr vor; man hatte es mit andern für nutzlos erachteten beseitigt. Da das Mangan zu dem chemischem Bestande der porphyrischen Gesteine, welche unmittelbar und mittelbar den Boden der bezeichneten Strecke des Ilmgrundes bilden, keinen wesentlichen Beitrag 344 II. Reme Porphyre. abgiebt, so ist auch das Vorkommen des Knebelits, eines eigentlichen Mangan-Minerals, wahrscheinlich kein primäres. 12. Quarz, Chalcedon. Quarz-Krystalle kleiden die Cavernen der Gesteine namentlich am Tragberge zwischen Amt- Gehren und Langewiesen aus und erreichen hier eine ansehnliche Grösse. Als Gemengtheile fehlen sie den vollkommen massigen, reinen Porphyren ganz und diese verdienen desshalb die Benennung „quarzfreie“ Porphyre im buchstäblichen Sinne. Quarzkörner ohne alle krystallinische Umgrenzung von makroskopischer Grösse sind mir aus keinem andern der körnig-krystallinischen Gesteine bekannt, als den schwarzen des Schneidemüllers- kopfs. Hier fand ich selbst, aber nur einmal, ein Aggregat Linsen - grosser Stücke. Dagegen sind solehe von mikroskopischer Grösse nicht gerade selten. Sie fallen im gewöhnlichen Lichte als farblose mit der Umgebung verflösste Flecke nicht gerade auf, umsomehr aber zwischen den Nikols durch die Lebhaftigkeit ihrer Iris-Farben. Aehnliche nur etwas schärfer begrenzte Quarz -Parthien liegen dicht neben einander innerhalb der Augit-Formen, umhüllen die grösseren Viridite und bilden die Salbänder der Flussspath-Apophysen, die von den Gängen dieses Minerals aus in die Umgebung eindringen. Diese Quarze finden sich also vornämlich unter Verhältnissen, die auf secundäre Entstehung hindeuten. Viel häufiger noch, als Quarz kleidet und füllt Chalcedon die Hohlräume, namentlich die klei- neren, aus. Derselbe ist meist faserig bis concentrisch-strahlig abgesondert und aggregirt sich kugelig, traubig und schaalig (s. Fig. 13 u. 15 Taf. IV). Die kugeligen und traubigen Aggregate, namentlich die in Fig.13 dargestellten, zeigen zwischen gekreuzten Nikols das dunkle Kreuz, dessen Erscheinen mit Recht als Folge regelmässig concentrischer Anordnung gleichartiger und gleichfeiner Strahlen angesehen wird. Die Chalcedon-Drusen sind häufig — durch Viridit — schön grün gefärbt. Glasartige, gewöhnlich farblose und klare Umhüllungen der Drusen und Ausfüllungen zwischen ihnen dürften amorphe und strukturlose Kieselsäure sein. Optisch verhalten sich sehr ähnlich dem Chalcedon die concentrisch strahligen ‚bis faserigen Aggregate (s. Fig. 7 Taf. V) in einem Gesteine des Thalgrundes, der sich nordöstlich Manebach an der Weimarisch-Gothaischen Landesgrenze hinzieht, ebenso die in Fig. 3 u. 6 Taf. V abgebildeten aus Proben, die neben dem Wege vom Gabelbachsgrunde nach dem Langebachsgrunde aufgelesen waren, ingleichen die in Fig. 4 u.5 Taf. V abgebildeten vom Rosenborn; sie sind alle unter 10c dieses Para- sraphen schon beschrieben. 13. Ferrit. Ferrit nimmt, wie schon aus der Farbe und Dichte zu erkennen ist, einen sehr wesentlichen Antheil an der Gesteinsbildung, sowohl in primärer als auch seeundärer Weise. Derselbe stellt sich in einigen Fällen, wie der Magnetismus des Pulvers anzeigt, zum Magneteisenstein, in andern und zwar den meisten Fällen nach der lebhaft rothen Farbe des Gesteins- Pulvers zum Eisenglanz oder Rotheisenstein, in noch andern nach der braunen Farbe desselben zum Brauneisenstein. Mangan ist ihm in zwar geringfügiger Menge aber allgemein beigemengt. Auch das Titan ist ihm untergeordnet, da es keiner Gesteinsprobe fehlt und sich doch nirgends in selbstständiger Form, namentlich nicht als Tita- nit darbietet. Die specifische Bestimmung des Ferrites ist jedoch nicht immer möglich, umsomehr als er sich nieht in so grossen Massen anhäuft, dass man sie mechanisch aussondern und für II. Reine Porphyre. 345 sich untersuchen könnte. Auch die äussere Form gewährt keine festen Anhaltepunkte. Am häufigsten sind schief- und rechtwinkelig parallelipipedische Querschnitte (s. Fig. 8 u. 9 Taf. V), die sich bestimmt weder auf die regulären Formen des Magneteisens, noch auf die hexagonalen des Eisenglanzes bezie- hen lassen und gewöhnlich dureh Anhäufung alle Regelmässigkeit der Form verlieren (s. Fig. 14 Taf. V) oder sich zu staubartigen, als krystallinisch nicht erkennbaren Theilchen verkleinern. Sind solehe feinste Staubtheilchen opak, so wird man allerdings auf Magneteisen schliessen dürfen, scheinen sie röthlich durch, auf Rotheisenstein. Prismatische Formen, die auch durch ihre braune Farbe auf Brauneisenstein und zwar Göthit hinweisen (s. Fig. 10 Taf. V) sind selten, vielförmige braundurehschei- nende Haufwerke, die in das völlig Kryptokrystallinische und Dendritische übergehen, häufiger (s. Fig. 11, 12 u. 18), bei weitem der grösste Theil des Ferrites dürfte, sofern er selbstständig mit den übrigen Bildungs-Elementen gemengt ist, als primärer Gemengtheil anzusehen sein, und nur der kleinere Theil der als Eindringling und Hülle mit umgewandelten, zersetzten oder resorbirten Krystallen namentlich des Glimmers und Augits verbunden ist, als secundärer. Die mannichfachen lamellaren, trichitischen und margaritischen Formen des secundär den Gestei- nen zugehörigen Ferrites bedürfen hier keiner wiederholten Ausführung. 14. Apatit. Obgleich die Apatite in keiner Gesteinsprobe mit blossem Auge oder auch mit der Lupe er- kennbar sind, gehören sie doch insofern mit zu den wesentlichen Gemengtheilen, als sie nur in wenigen Dünnschliffen bei mikroskopischer Untersuchung fehlen, und ebensoselten Phosphorsäure bei chemischer Analyse etwa eines Grammes Gesteinspulver vermisst wird. Da eine andere Phosphorverbindung neben dem Apatit nicht nachweisbar ist, so darf man den Apatit-Gehalt aus dem Phosphorsäure-Gehalte berechnen. Nimmt man an, nur Fluor-Apatit sei vor- handen, so ergiebt sich die procentische Menge desselben im Gesteine von der Stelle des Ilmsengrundes, wo sich derselbe aufwärts gabelt, bei rothem Strich . . . . . als fraglich von derselben Stelle, bei grauem Strich . . . . . E . . . zu 0,23 Proc. von der Terasse zwischen dem Abhang der Hohen- Schlaufe una an ee zum olktioe des Giekelhahns ° . . . ka : ..0,380 von der Anschürfung neben der Chanacss von Din Gehean nach Brattoabach am se ie: n- senbergese . . B en a A RR EEE OO RO ee a RE I Ton MER El Bi: ee EGAL Wen von der grossen Douche bei Timahan ee = ie On N RL So ae a 1 EL über den westlichen Häusern von en am aa nach Tansewiesen sat » 0,64 ,„ vom Felsen links neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Breitenbach, nahe aa ame 5 WS vom südöstlichen Abhang des Gotteskopfs bei Amt-Gehren . . . 2 2 2 2 m 2 m 2 2 2000209 0,85 ,„ Die Apatite finden sich ebensowohl als selbstständige Gemengtheile, als als Einschlüsse in an- deren Gemengtheilen, namentlich in Feldspathen, in Glimmern und deren Umsetzungsprodukten sowie innerhalb der Augitformen. Diejenigen Apatite, welche in unmittelbarer Mengung mit den übrigen das Gestein wesentlich bildenden Mineralien vorkommen, sind wohl durchschnittlich die grössesten, aber nicht auch die schön- sten, krystallinisch am vollkommensten entwickelten. Schon ihre Säulenflächen sondern sich nicht einfach und scharfkantig von einander; wenn sie auch ziemlich regelmässig sechsseitig erscheinen (s. Fig. 26 Taf. V), rundet sich bei diesen makroskopischen, wie bei der Mehrzahl der mikroskopischen Krystalle die Säule in Folge von vielfacher Flächen - Alternation ab (s. Fig. 19, 20 u. 22 Taf. V). Noch weniger scharf setzen die Endflächen von einander ab, vereinigen sich vielmehr zu einer fast gleichmässigen Krümmung. Quersprünge und Verschiebungen längs derselben (s. Fig. 19 u. 22 Taf. V) 346 I. Reine Porphyre. sind sehr häufig. Die Farbe dieser Apatite ist ockergelb bis braun und rührt bestimmt von derberen und feineren Ferrit-Lamellen, Leisten und Nadeln her, die stets parallel zur Hauptaxe eingelagert sind, aber nur selten, wie Fig. 25 Taf. V, parallel zu den Seitenflächen oder wie in Fig. 26 Taf. V parallel unter sich verlaufen. Ausser diesen Einlagerungen sind es auch Hohlräume, welche die Homogeneität unterbrechen und die Klarheit beeinträchtigen; sie scheinen die äusseren Krystallformen zu wiederho- len, sind wenigstens stets langgestreckt in Richtung der Hauptaxe, bald recht gross wie im oberen Theil des Taf. V Fig. 19 abgebildeten Krystalls, bald so klein, dass sie erst bei stärkster Vergrösserung doppelte Umrisse erhalten, wie es die demselben Dünnschliff zugehörigen Abbildungen in Taf. V Fig. 20 und 21 zeigen. Die grösseren von den in anderen Krystallen eingeschlossenen Apatiten haben noch viele Eigen- thümlichkeiten mit den selbstständig ausgeschiedenen gemein, namentlich die Abrundung der Seiten- und Endflächen (s. Fig. 18 Taf. V) und die ockerige Trübung durch Ferrit-Stäbchen und Lamellen. Je kleiner, desto schärfer-kantig, klarer und reiner werden sie. Demzufolge erscheinen Krystalle, die sich ganz innerhalb des Dünnschlifis befinden, zu etwa der Hälfte ihrer Breite klar mit einem nahe gleichmässig dunkeln, scharf abgesetzten Rahmen (s. Fig. 15, 23 u. 24 Taf. V) und solche, die quer- durchsehnitten sind, als gerad- und parallel-kantige bis regelmässige Sechsecke, denen, bei einiger Aus- dehnung, Ferrit-Einschlüsse nicht fehlen (s. Fig. 28 Taf. III, Fig. 27 Taf. V): Ausgezeichnet durch ihre Klarheit sind die Apatit-Einschlüsse der Feldspathe; sie unterscheiden sich von dem Feldspath-Umschluss nicht selten deutlich durch blass-grüne und blaue Farben. Die sechsseitigen Querschnitte der Apatite mit ihren Ferrit-Einlagerungen haben eine nicht ge- ringe Aehnlichkeit mit denen der Nepheline und könnten recht wohl, für sich betrachtet, dafür in An- spruch genommen werden, wie es von mehreren Untersuchern geschehen zu sein scheint, namentlich von Möhl!) mit Bezug auf das Gestein aus dem Steinbruche des Ascherofens bei Ilmenau. Gerade dieses Gestein habe auch ich sehr eingehend untersucht; ich kann die darin vorkommenden -Nephelin- ähnlichen Querschnitte im Zusammenhange mit den übrigen offenbar demselben Mineral zugehörigen Anschauungen für Nichts anderes halten, als für Apatit. Ueber die scheinbaren Hohlräume im Apatit mag ich mich vorläufig nicht weiter aussprechen. Vielleicht stehen sie in Beziehung zu den Fällen, in welchen sich ein Apatit-Einschluss als Hohlraum fortsetzt (s. Fig. 24 Taf. V). ; 15. Hlussspath. Das Vorkommen des Flussspathes ist nicht nur ein sehr seltenes, sondern sogar ein unsicheres. Dass der in Fig. 27 Taf. III abgebildete Krystall ein Flussspath ist, dürfte sehr wahrscheinlich sein. Solcher Krystalle fanden sich einige wenige im Dünnschliff eines Gesteins nordöstlich der Alber- tinen-Lust an der Nordostseite eines Ganges von grobkörnigem Quarz-Porphyr. Dieselben sind blass- violett und brechen das Licht einfach. Dass dagegen das abgerundet-quadratische Korn, welches sich nur einmal in einem Dünnschliffe des Gesteins neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Breitenbach am Fusse des Ilmsenberges aufgefunden wurde, ist nur möglich. Dasselbe ist fleckig, farblos, blaulich, violett und schwarz. Weitere Vorkommnisse, die auf Flussspath als selbstständigen Gesteins-Gemeng- theil gedeutet werden könnten, habe ich nicht wahrgenommen. Dagegen ziehen sich von den Flussspath-Gängen aus, die zum Theil mächtig genug sind, um 1) 5. Neues Jahrb. f. Min. 1875. 8. 727. 1. Reime Porplyre. 347 abgebaut zu werden, lichte Adern in das Gestein hinein, die zum Theil von F lussspath erfüllt sind. Am nördlichen Fusse des Stechberges nimmt eine farblose, einfachbrechende, zwar nicht krystallinisch- umgrenzte, aber deutlich spaltbare Substanz die Mitte einer gangartigen Spaltausfüllung ein, und diese nehme ich für Flussspath in Anspruch; die den Spaltungsrichtungen entsprechenden Klüfte haben sich häufig kanalarig erweitert und abgerundet. Nach aussen legt sich Quarz in keilförmig mit einander verzinkten, individualisirten Massen an. $. 12. Gliederung. Auf die vorausgegangene Beschreibung einzelner Gesteine, denen noch eine Mehrzahl ebenfalls vollständig untersuchter und eine grosse Anzahl wenn auch nicht chemisch quantitativ analysirter, so doch qualitativ geprüfter und mikroskopisch genau untersuchter zur Seite steht, und der einzelnen Mi- neralien, welche als wesentliche Gemengtheile der reinen Porphyre auftreten, lässt sich recht wohl eine Gliederung derselben begründen, allerdings mit Rücksicht nicht allen auf makroskopische Merkmale, sondern auch auf mikroskopische und chemische. Diese soll jetzt kürzlichst durchgeführt werden mit Hinweisung darauf, dass sie sich später mit den Lagerungs-Verhältnissen in einen sichern, wenn auch nicht eben einfachen Zusammenhang bringen lassen wird. 1. Glimmerporphyr. Am weitesten verbreitet sind diejenigen Gesteine, welche v. Cotta als Glimmer-Porphyre be- zeichnete, zu denen als recht typische Modifikationen das Gestein von Oehrenstock (s. $. 10. 1) und die Gesteine vom östlichen Fusse des Ilmsenbergs und bei Möhrenbach (s. $. 10. 2 u. 3) gehören. Ausserdem würden als Fundstellen recht ausgezeichneter Entwickelungen zu nennen sein der Hölle- teich, Quaerigberg, Edelmannskopf und Rothkopf wegen der darin recht breiten Glimmerblätter, ferner die Gehänge zur Linken der Ilm, gegenüber der Kammerberger Mühle, längs der Einsenkung, welche die Weimarisch -Gothaische Landesgrenze bildet, und zur Rechten der Ilm in nächster Nähe derselben Mühle, wegen der Augitformen und strahligen Aggregate, dann der Steinbruch des Ascherofens öst- lich dem Giekelhahn im Gabelbachsgrunde wegen ungewöhnlicher Frische, und des Kammes der Wil- helmsleite. Die letzte Fundstätte nenne ich besonders desshalb, weil das an ihr anstehende Gestein von früheren Forschern mit einigem Nachdruck ein Quarzporphyr genannt wurde Von diesem Ge- sichtspunkte aus wurde es bei einer früheren in meinem Laboratorium von Dr. Laufer!) ausgeführ- ten Untersuchung geprüft. Die mikroskopische und noch mehr die chemische Analyse stellten jedoch seine Zugehörigkeit zu den Glimmerporphyren über jeden Zweifel. Quarz kommt allerdings im Ge- stein vor, aber als Ausfüllungsmasse der Augitformen, also in ganz sekundärer Weise. Die Glimmerporphyre herrschen im Westen und Süden des Gebietes bis zu den Höhen über dem Gabelbach und bis zum Grunde des Taubachs durchaus vor. Wollte man einmal die Mannich- faltigkeit der quarzfreien Porphyre durch ein einziges Gestein repräsentiren, so müsste das vielmehr durch den Glimmerporphyr geschehen, als durch den Melaphyr. Die Dichte der Glimmerporphyre beträgt nach 14 Beobachtungen im Mittel 2,62, zwischen den Grenzen 2,70 und 2,52. Die Glimmerporphyre sind düster-graue Gesteine gewöhnlich mit einem deutlichen Stich ins 1) 8. Zeitschr: d. deutsch. geol. Gesellschaft. Jahrgang 1876. 3. 45 u, 48. Jen. Denkschriften II. A. 44 348 II. Reine Porphyre. [3] Rothe, nur selten mit einem solehen ins Grüne, wie im oberen Wohlrosegrunde. Der röthliche Stich steigert sich nur selten zu einer hellrothen Farbe, wie auf dem Hohen Brand und dem Teichrand, fer- ner zwischen dem Rotlkopf und den Witzlebener Tannen u. a. a. 0. Ihr Strich ist gewöhnlich zie- gelroth, selten aschgrau, oder grünlichgrau. Ihr Pulver enthält keine dem Magneten folgsame Theile. Das porphyrische Aussehen wird durch Feldspathe und Glimmer bedingt, welche nahe gleich häufig und gross in eine hell- und dunkelfleckige, felsitische Grundmasse eingestreut sind. Die Feldspathe stellen sich zu den Mikroklinen, die Glimmer zu den eisenreichen Magnesia- glimmern (Tschermacks Phlogopiten und Biotiten).. Die Farbe der Glimmer ist demnach gelb und gelbbraun, sehr selten gelbgrün, so selten, dass sich die Fundstätten leicht aufzählen lassen, nämlich: Gartenthal und Moosbachsgrund im oberen Ilmthale, Hühnerstein bei Möhrenbach, Rücken zwischen den Gruberen und Imsengrund im Westen der Gansleite, oberer Ilmsengrund, und Weg von Neustadt am Rennsteig nach Oehrenstock westlich dem Kämpfenberg. Feldspathe und Glimmer haben tief eingreifende Umwandlungen erlitten und unter den Pro- dukten der Umwandlung ist Caleiumearbonat sehr gewöhnlich. Daher entwickelt etwa die Hälfte der untersuchten Proben unter Chlorwasserstoflsäure Kohlensäuregas von den Feldspathen und Glim- mern aus. Ferrit und zwar sehr vorwaltend Titan -haltiger Eisenglanz giebt der Grundmasse ihre Farbe; die grünlichen Flecke in derselben rühren von Viridit her. Die übrigen Gemengtheile sind nur mikroskopisch wahrnehmbar; die nachfolgende Uebersicht über dieselbe beruht auf der Untersuchung von 90 Dünnschliffen. Am weitesten durch die Glimmerporphyre verbreitet ist der Viridit. Spuren davon fehlen kaum einer Probe, grössere Mengen davon finden sich in 42 Proc. Sehr weit verbreitet sind die Augitformen; deutlich erscheinen sie in 39 Proc. Recht augenfällige concentrisch strahlige und büschelförmige Aggregate kleiner Krystall-Leisten und Nadeln bieten sich dar in 25 Proc. der untersuchten Proben. Sie nehmen oft so überhand, dass sie einen ansehnlichen Theil der ganzen Gesteinsmasse ausmachen; diess ge- schieht namentlich beim Rosenborn und auf dem Rücken zwischen Gabelbach und Langebach unter örtlieh vollständiger Verdrängung der Glimmer, ja auch der Feldspathe. Quarz- und Chalcedon-Flecke zeigen sich sehr deutlich in 12 Proc. Von den Gesteinen, die in $. 11. 6 als Fundstätten diallagischer Mineralien aufgeführt wurden, sind die vier ersten unzweifelhafte Glimmerporphyre, das fünfte steht zwischen den Glimmer- porphyren und den Paramelaphyren, endlich das sechste ist ein Paramelaphyr. Die in $. 11. 4 beschriebenen ebensowohl an Glimmer, als an Hornblende erinnern- den Mineralien finden sich in Gesteinen der Hochflächen im W. der Gansleite, welche durch das reichliche Auftreten mikroskopischer leistenförmiger Feldspathe einen Uebergang aus dem Typus der Glimmerporphyre in den der Paramelaphyre vermitteln. Die eigenthümlichen knolligen Krystallkörner-Häufehen, welche unter $. 11. 10 be- schrieben sind, konnte ich nur in wenigen Glimmerporphyren auffinden, nur in solchen, die den Para- melaphyren unmittelbar aufliegen, nämlich etwas unterhalb der grossen Douche und bei dem untersten Lichtloch des Carl-Alexander-Stollens. Die Grundmasse der Glimmerporphyre löst sich häufig vollkommen krystallinisch auf und zeigt sich dann als ein Filzwerk zusammengeschobener feinster Leistchen; immer erscheinen zwischen gekreuzten Nikols helle Striche, die bei Drehung des Objektes ihre Stelle verändern, so dass nirgends II. Reine Porphyre. 349 stetige Verdunkelung bleibt. So weit die Leistchen krystallographisch definirbar sind, bieten sie das Aussehen eines Feldspathes und ich kann keinen Grund absehen, warum man die nicht krystallogra- phisch definirbaren für etwas anderes halten sollte. Es gehört jedoch zu den wesentlichen Charakteren des Glimmerporphyres, dass zwischen den makroskopischen Feldspathen und den mikroskopischen eine Grössen-Vermittelung nicht statthat. Will man diesen Charakter als den entscheidenden gelten lassen, so findet er sich allerdings auch bei den Gesteinen am Wege von Neustadt am Rennsteig nach Oehrenstock im W. des Kämpfen- berg, welche keinen Glimmer, dafür aber die vorhin erwähnten knolligen Krystallkörner-Häufchen ent- halten. Eine Probe solchen Gesteins betrifft $. 10. 4. 2. Paramelaphyr. Die Gesteine, welche als Paramelaphyre für sich gestellt werden sollen, treten weder an der Oberfläche gleich breit auf, wie die Glimmerporphyre, noch reichen sie gleich mächtig in die Tiefe, sie bilden vielmehr einige, allerdings entschieden selbstständig den Glimmerporphyr durchlagernde Bänke. Ihr Vorkommen ist am zusammenhängendsten im Ilmthal zwischen Ilmenau und Kammerberg von der Kuppe des Höllekopfs aus südlich unter dem Gickelhahn hin und nördlich nach der IIm-Aue herunter und gegen die Klippen des Schwalbensteins hinauf. Unter der Im-Aue sind ihre Lagerungsver- hältnisse durch den Carl-Alexander-Stollen und seine Lichtlöcher vortrefflich aufgeschlossen. Auch neh- men sie eine breite Fläche am Fusse des eigentlichen Waldgebirgs zwischen den Tragbergen bei Veh- renstock und Langewiesen ein. Ausserdem findet man sie am Fusse des Schneidemüllerskopfs und am Mühlenrand bei Oehrenstock, und an einer Mehrzahl von Stellen längs des nordwestlichen Thü- tingerwaldgebirges. Die Dichte der Paramelaphyre beträgt im Mittel von 5 Beobachtungen 2,62 zwischen den Ex- tremen 2,72 und 2,32. Die meisten Paramelaphyre sind dunkel-graulich- oder röthlich-schwarz, einige aber auch asch- grau — am Abhange des Gotteskopfs bei Amt-Gehren — oder grünlich-grau — am Fusse des Schneide- müllerskopfs —. Ihr Strich ist nicht so lebhaft roth, wie der der Glimmerporphyre. Ihr Pulver, mit Ausnahme der lichten Gesteine des Schneidemüllerskopfs, enthält keine dem Magneten folgsame Theile. Als makroskopischer Gemengtheil hebt sich aus einer sehr feinkörnigen Grundmasse im Allge- meinen nur Feldspath heraus und erzeugt, da seine Krystalle schmal und klein — durchschnittlich schmaler und kleiner sind, als diejenigen der Glimmerporphyre — meist ein fein-porphyrisches Aus- sehen, aber doch nicht immer, theils weil die Krystalle die dunkle Farbe der Grundmasse durchschei- nen lassen, theils weil sie bei lichter Farbe der Grundmasse von dieser nicht abstechen, theils endlich weil nur wenige Feldspathe eine makroskopische Grösse erreichen. Die makroskopischen Feldspathe sind in ähnlicher Weise angegriffen, wie in den Glimmerpor- phyren; wenn aber von den untersuchten Proben etwa zwei Dritttheile unter Chlorwasserstoflsäure aufbrausen, so rührt das nicht allein von carbonatisirten Feldspathen, sondern auch von carbonatreichen Ausfüllungsmassen der Augitformen her, mitunter auch von carbonatisirten Glimmern. Im mikrosko- pischen Bilde der Dünnschliffe erscheinen neben den makroskopischen Feldspathen dicht aneinander gedrängt kleinere, durchweg leistenförmige und die Grundmasse selbst löst sich bei stärkster Vergrös- serung bald mehr, bald weniger deutlich in ein Filzwerk feinster Krystallnadeln auf. Selten jedoch sinkt die Grösse der einzelnen Krystalle stetig bis zum Mikro- oder Krypto-Krystallinischen herab, son- 44 * 350 II. Reine Porphyre. dern ebensowohl zwischen den makroskopischen und mikroskopischen, als auch zwischen den mikro- skopischen, aber krystallographisch definirbaren und den nicht mehr definirbaren findet ein Abstand statt. In diesem Verhalten der Feldspathe liegt der wesentlichste Unterschied zwischen den Glimmerporphy- ren einerseits und den Paramelaphyren und Melaphyren andererseits. Dagegen sind die Feldspathe der Paramelaphyre, ausgenommen das Gestein von der Grossen Douche (s. S. 50), ebensowohl Mikrokline, wie diejenigen der Glimmerporphyre, und erst diejenigen der Melaphyre sind nicht mehr trisilika- tisch, sondern stehen zwischen der Mikrolin-Stufe und der des Oligoklases. Glimmer, obwohl sehr selten makroskopisch, zeigt sich doch sparsam eingestreut in einem Dritt- theile der untersuchten Dünnschliffe. Derselbe entspricht aber sehr selten den gelben Glimmern der Glimmerporphyre, ist auch nicht gar häufig gelbgrün, sondern meist orangefarbig, wie etwa dünne Eisenglanzblättehen (s. S. 53). Zufolge eingetretener Zersetzung ist er innig verbunden mit Ferrit und oft nur noch durch Ferrit- Anhäufungen angezeigt, so in den lichten Gesteinen des Schneidemüllers- kopfes (s. S. 54). Augit-Formen konnten zwar in nicht mehr als einem Fünftheil der untersuchten Dünn- schliffe aufgefunden werden, sind aber, wo sie überhaupt vorkommen, dicht gehäuft und geben den Dünnschliffen wegen der Mannichfaltigkeit ihrer Ausfüllungsmassen ein eigenthümliches Aussehen. Die mehrfach besprochenen knolligen Krystallkörner-Häufchen (s. $. 11. 10) fehlen bei sehr aufmerksamer Durchsuchung fast keinem Dünnschliffe Auch grössere sternförmige und strah- lige Krystallaggregate sind häufig. Quarz, Chalcedon, Viridit und Kalkspath, gewöhnlich verbunden mit Ferrit, sind häu- fig; sie tragen aber immer die Kennzeichen sekundärer Beziehung zu den Gesteinen, von Umsetzungs- und Zersetzungsprodukten an sich. Zu dem ausgezeichneten Auftreten der Chalcedone liefern Fig. 13 u. 16 auf Taf. IV Beispiele. Apatit, Ferrit und Viridit sind allgemein verbreitet. Die Paramelaphyre sind theils dieht geschlossene, theils cavernöse Gesteine. Dadurch schon und noch mehr durch Auskleidung und Ausfüllung der Cavernen wird eine Mannichfaltigkeit des Aus- sehens hervorgerufen, die jedoch weder lithologisch noch stratigraphisch eine wesentliche Verschieden- heit bedingt. Die dicht geschlossenen Paramelaphyre sind durch das Vorstehende vollständig charakterisirt. Zu ihnen gehören die in 8. 10. 5, 6 u. 8b ausgeführten Beispiele. Die cavernösen Paramelaphyre und die aus ihnen durch Ausfüllung der Cavernen hervorgehen- den Mandelsteine, von denen schon in $. 10. 7 die Rede war, bedürfen noch einiger Berücksichtigung. Die porphyrische Grundlage dieser Gesteine ist meist von Ferrit so stark imprägnirt, dass ihre Grundmasse dunkel graulich-rothbraun gefärbt ist und gegen die Feldspathe scharf absticht. Die Cavernen sind sehr verschieden weit und häufig. Ihre Begrenzung ist seltener eckig, als abgerundet. Die Abrundung ist häufig eine sehr nahe kugelige; nicht eben selten hängen zwei oder mehrere Kugeln mit einander zusammen und bilden traubige Anhäufungen. Die Cavernen sind theils ganz leer, theils ausgekleidet, theils ausgefüllt. Die Auskleidung ge- schieht am häufigsten durch freie Kieselsäure sowohl in krystallinischer, als auch in amorpher Form. Schöne Quarzauskleidung finden sich an den Abhängen des Langewiesener Tragbergs. Die Aus- füllung ist nicht immer vollständig, vielmehr bleiben Zwischenräume, die mit amorphen Feırit ausge- kleidet sind, mitunter auch Krystallnadeln enthalten. Auch ist wohl die Ausfüllung ein loses Hauf- werk kleiner runder Körnchen. Das häufigste und eigenthümlichste Ausfüllungsmittel ist jedoch der IJ. Reine Porphyre. 351 in 8.10. 7 beschriebene Steatargillit. Er füllt im Gemenge mit wenig Ferrit und Quarz oder Chalcedon die Hohlräume des Porphyrs oft vollständig aus, ohne dass sich eine fremdartige Auskleidung oder Umhüllung einschaltete, wenn diese auch mitunter vorhanden ist. Dünnschliffe, aus denen die Füllung der Cavernen nicht herausgebröckelt ist, zeigen deutlich die Ränder gebrochen durch anliegende Ge- mengtheile des Paramelaphyrs, namentlich durch Feldspathe. Ferrit dringt häufig aus dem Paramela- phyr in die Steatargillit-Ausfüllung ein, und kleine Theile der letzten sind in den umgebenden Ferrit eingebettet. Obgleich die Steatargillit-Ausfüllungen von vollkommener Homogenität oder auch nur vollkommen gleichförmiger Mengung weit entfernt sind, lassen sie doch auch keine Spur von schaaliger Struktur erkennen, wie sie mit einer Infiltration verbunden sein würde. Das genetische Verhältniss des Steatar- gillits zum Paramelaphyr ist kein aufgeklärtes. Den Namen Paramelaphyr habe ich gewählt, um an den bisher üblichen Sprachgebrauch anzu- knüpfen, der diese Gesteine wegen ihrer dunkelen Farbe und feinporphyrischen Entwickelung unbe- denklich als Melaphyre bezeichnete. Sachlich würde ein auf die trisilieatische Feldspath-Grundlage hinweisender, die Zugehörigkeit zu den wahren Porphyren betonender Name den Vorzug verdienen. 3. Melaphyr. Der ebenso ehrwürdige, als unbestimmte Name Melaphyr muss auf die schwarzen Gesteine im Steinbruche am Schneidemüllerskopf beschränkt bleiben, wenn man mit den neuern Forschern über porphyrische Gesteine Fühlung behalten will. So viel Aehnlichkeit diese Gesteine auch mit den Para- melaphyren haben mögen, sie unterscheiden sich schon dadurch wesentlich von ihnen, dass ihre Feld- spath-Grundlage nicht mehr trisilicatisch ist, sondern sich der Oligoklasstufe annähert. Ihnen allein ist ein Enstatit-artiges Mineral eigen, sie haben keinen rothen oder röthlichen Strich und enthalten ziem- lich vielen Magnetit. Ihre Dichte ist im Durchschnitt 2,72. Im Uebrigen würde zu ihrer Charakteristik das zu wiederholen sein, was in $. 10a bereits aus- geführt ist. 4. Paroligoklasit. Indem ich anhangsweise das in $. 10. 9 und $. 11. 2 besprochene Gestein als Paroligoklasit aufführe, rege ich eine Frage mehr an, als dass ich sie beantworten kann. Ich habe nämlich das Ge- stein nur einmal unter den an der Oberfläche zerstreuten Blöcken gefunden, obgleich ich den Fundort wiederholt besucht und abgesucht habe. Nun ist zwar die Befürchtung, die Probe möge gar nicht von einem in der Nähe anstehenden Gesteine herrühren, sie möge etwa dorthin verschleppt sein, wegen der Abgelegenheit des Ortes nicht nahe gelegt, auch würde die Probe desshalb, weil sie zu den dort anstehenden nicht gehört, nicht minder eigenartig sein, allein ihre Beziehungen zu den quarzfreien Por- phyren bleibt dennoch völlig unklar. Il. Conglomeratische Porphyre und Porphyrtuffe. Die reinen Porphyre, von welchen bisher die Rede war, lassen in ihrem Wesen keinen Zug erkennen, der mit ihrer Erstarrung aus einer Flüssigkeit im Widerspruche stünde. Mit ihnen verbun- den, ihnen zwar untergeordnet, aber doch breit und mächtig entwickelt sind Gesteine, zu deren Bil- dung vorher bereits erstarrte Theile einen wesentlichen Beitrag abgegeben haben. Dieselben haben theils ein porphyrisches Aussehen, indem sie aus einem den reinen Porphyren ähnlichen Umschlusse und trümmerhaften Einschlüssen bestehen, theils ein tuflartiges, indem sie aus sehr gleichmässigen und sehr feinen Theilchen zusammengehäuft und deutlich eoncordant schieferig sind. Die ersten Gesteine, oder die conglomeratischen Porphyre nehmen den grössten Theil des Oeh- renstocker Grubenfeldes ein, finden sich zusammenhängend namentlich am Langewiesener Tragberg, am Gotteskopf und Albrechtsberg bei Amt-Gehren, zerstreut an noch viel anderen Orten. Die zweiten, oder die Porphyrtuffe streichen an den Abhängen des Lindenberges und Hölle- kopfes aus und sind besonders gut aufgeschlossen durch den Carl-Alexander-Stollen. $. 13. Conglomeratische Porphyre. Die conglomeratischen Porphyre brechen weniger eben und glatt und haben hellere Farben, als die reinen Porphyre. Ihre Farbe verblasst nicht nur bis zum Hellrothen, wie am Quaerigberg, Lange- wiesener Tragberg und Seifig, sondern auch bis zum Röthlichweissen, wie zwischen Steinberg und Al- bertinenlust, am nordwestlichen Abhang des Quaerigberges, zwischen Silberberg und Ilmsenberg. Ihre Dichte ist im Mittel von acht Beobachtungen 2,57 zwischen den Extremen 2,69 und 2,49; dieselbe steht also beträchtlich unter derjenigen der reinen Porphyre und besonders der Melaphyre in Folge grösseren Gehaltes an freier Kieselsäure. - Die Untersuchung der conglomeratischen Porphyre hat selbstverständlich andere Wege einzu- schlagen und andere Ziele zu verfolgen, wie diejenige der reinen Porphyre. Die Resultate der mikro- skopischen Analyse treten vielmehr in den Vordergrund, als die der chemischen. Die Zahlen, welche die Zusammensetzung der ganzen Gesteine angeben, stehen unter einander in viel lockererem Zusam- menhang, ja sie sind in mancher Beziehung ganz zufällige Combinationen. Namentlich lässt sich auf die Resultate der Partial- Analyse kein weitergreifendes Urtheil über den mineralogischen Bestand be- gründen, weil der durch Chlorwasserstoflsäure unaufschliessliche Rest ein Gemenge von Feldspath min- destens mit Quarz ist, und der Feldspath nicht aus einem, sondern aus mehreren Gesteinen herrührt. III. Conglomeratische Porphyre und Porphyrtuffe. 353 Wenn bei alledem die Resultate der Analysen nicht gar weit auseinander gehen, dürfte es um so mehr genügen, diejenigen eines typischen Beispiels hier ausführlich mitzutheilen. 1. Gesteine des Oehrenstocker Feldes. Die Untersuchung eines Gesteins, welches am Südfusse des Oehrenstocker Tragberges neben dem Wege von Langewiesen nach dem Schortethale anstehend gefunden war, ergab die folgenden Resultate. Die Verwitterungskruste desselben ist dunkelgelbbraun. Es bricht uneben. Die Grundmasse frischer Bruchflächen ist licht kirschroth, etwas gefleckt. Dieselbe schliesst Feldspathe ein, die durch ihre Späthigkeit, ihren Perlmutterglanz, ihre weisse Farbe und ansehnliche Grösse deutlich hervortreten; ferner blättiige dunkele, metallisch-glänzende Glimmer und endlich, durchschnittlich viel kleiner als Feldspathe und Glimmer, muschelig-brechende, graue, fettglänzende Quarze. Cavernen sind klein und selten. Auf dem Glattschliff lässt die Grundmasse hellere und dunklere Fluidal-Streifen erkennen. Die dunkeln Flecke, deren Durchmesser nicht selten bis auf 5 Millim. geht, erhalten scharfe Grenzen und erweisen sich als fremdartige Gesteinsbrocken. Das Pulver des Gesteins ist licht ziegelroth, ganz unmagnetisch. Seine Dichte ist 2,507. Die Herstellung der Dünnschliffe ist umständlich, da die meisten Stellen so stark von Ferrit durchsetzt sind, dass nur die zartesten Blättchen der Untersuchung zugänglich sind. Das mikrosko- pische Bild ist sehr verschieden, jenachdem man eine gleichförmige, oder eine von Fluidal- Streifen durchzogene Stelle vor sich hat. Am auffallendsten treten aus dem porphyrartigen Umschlusse zersetzte, d. h. vielfach aus- und einspringend begrenzte Brocken eines Quarz-Porphyrs hervor, welche bei schwachen Vergrösse- rungen braunes, bei starken rothbraunes — von der Farbe der Terra de Siena — Licht durchlassen, in Folge rothbrauner Einstreuungen, die bei stärkster Vergrösserung theils körnig, theils staubig er- scheinen. Ihr Gefüge ist krystallinisch bis kryptokrystallinisch, indem sie aus bald mehr, bald weniger deutlichen dünnen Prismen zusammengeschoben sind. Quarz-Brocken sind nicht eben häufig und durchaus nicht gleichmässig vertheilt. Auch Feldspath-Brocken sind unzweifelhaft. Die Feldspathe der Brocken unterscheiden sich aber, abgesehen von ihren Umrissen, nicht wesentlich von denen, welche dem Umschlusse an- gehören. Nimmt man die Feldspathe der Brocken und Einschlüsse zusammen, so treten sie in den Dünnschliffen am bedeutendsten hervor. Ihre äussere Form ist nur an wenigen Stellen eine krystallinische, an den meisten Stellen eine durch Bruch erzeugte. Ihre Spaltbarkeit ist sehr deutlich, wenn auch oft nur durch dunkle Streifen angezeigt. Bei Anwendung stärkster Vergrösserung erkennt man in Richtung der Blätterdurchgänge feine Linien und Hohlräume, die letzten bald grösser, bald kleiner, meist langgezogen, aber auch aus- gestülpt, stets breit und dunkel umsäumt, also wohl gashaltig. Obgleich die meisten Feldspathe stark getrübt sind von eingestreuten Staubtheilchen, die bei stärkster Vergrösserung theils als scharf um- grenzte opake Krümchen, theils als opake bis rothbraune Blättehen erscheinen, besitzen sie doch noch lebhaft chromatische Polarisation, und erweisen sich danach polysynthetisch und triklin. 354 III. Conglomeratische Porphyre und Porphyrtuffe. Die Glimmer gehören ganz dem Umsehlusse an; sie vertheilen sich etwas sparsamer. Sie sind gelb bis braungelb, stark dichroitisch, an vielen Stellen von Ferrit umhüllt und durchzogen. Auch Quarz ist dem Umschlusse eigen, aber nur als Ausfüllung von Cavernen. Apatit-Prismen sind Seltenheiten. Ferrit ist bald nur in einzelnen opaken bis rothbraunen Körnchen und Stäubehen verstreut, bald dicht an einander gerückt. Durch den letzten Umstand werden vorzugsweise die Fluidal-Streifen erzeugt, die, wie gewöhn- lich, bei schwacher Vergrösserung besonders zart und scharf hervortreten. Innerhalb derselben ent- wickelt sich auch eumulitische bis globosphäritische Anordnung, nicht nur so, dass sich innerhalb der Zwischenräume zwischen den Kugeln feinster Ferrit besonders dicht zusammendrängt und diese dun- kelbraun färbt, sondern auch so, dass zwischen gekreuzten Nikols das bekannte Kreuz strahliger Aggre- gat-Polarisation erscheint. Strahlige Absonderung innerhalb der Kugeln ist jedoch auch mittels stärk- ster Vergrösserung nicht ersichtlich. Wo die Grundmasse des Umschlusses recht hell ist, scheidet sie sich in feine doppeltbre- chende Körnchen, die jedoch krystallographisch nicht bestimmbar sind; sie ist demnach eine krypto- krystallinische zu nennen. Im Glaskölbehen erhitzt entlässt das Gestein übelriechendes braungefärbtes Wasser. Vor dem Löthrohre schmilzt es weniger leicht als die übrigen-Gesteine zu einem lichten Glase; dabei färbt sich die Flammenspitze roth. Chlorwasserstoflsäure greift das Gestein an unter Aufnahme von Eisenoxyd, jedoch häufiger ohne, als mit Gasentwickelung, die dann auch schwach und kurz ist. Eine Karbonat-freie Probe besteht aus: Kieselsäurena ee 65 3AProc IEhosphorsäurege a Er Er 00) Er n’onerd eo Sr Ber Gr oure Eisenoxyd mit etwas Mangan und Titan 4,32 „ Talkerdesat oh Pa Er DEE Ber IKalkerdege nr 0702 Natron. 0. er Be 5,83 u Kaliv 2 1.2 ee EEE 6 SS1O Ba Glühyverlusti er nase Bes Be RER 100,08 Proc. Der Gehalt an Eisenoxydul beträgt nur 0,85 Proc. und dürfte immerhin noch zu vernachlässigen sein. Was verdünnte Chlorwasserstoflsäure an Eisenoxyd und Thonerde aufnimmt, beträgt etwa drei Viertel eines Procentes. Der Auszug durch concentrirte Chlorwasserstoffsäure ist namentlich an Eisenoxyd rei- cher. Seine Bestimmung ist von geringerem Interesse, da sich in den obigen Zahlen bereits ein Ge- menge von viel trisilicatischem Feldspath mit etwas Quarz und Eisenglanz kund giebt. Der Sauerstofl- Gehalt von: a. b. c. Kali, Natron, Kalk- und Talkerde Thonerde Kieselsäure steht nämlich im Verhältnisse 1,08 : 3 : 13,52. Das eben beschriebene Gestein gehört zu einer mächtigen und breiten Ablagerung, welche den Abhang nördlich Oehrenstock einnimmt, und durch welche eine Mehrzahl manganreicher Gänge hin- IH. Conglomeratische Porphyre und Porphyrtufle. 355 durchsetzen. Von dieser Ablagerung wurden noch drei Gesteine durch Dr. Wahnschaffe vollständig untersucht. Die Untersuchung führte mikroskopisch wie chemisch zu sehr ähnlichen Resultaten. So ergaben die Gesteine: I. von einer Halde im SO des Grubenfeldes; II. von der Grube „Luthersteufe“; II. von der Grube „Gabe Gottes“ IE II. III. IKtfese Saure BER rer He Proc: 65,63 Proc. 66,35 Proc. Thonerde mit etwas Phosphorsäure . . . . 17,95 „ Pos 16,80 ,„ Eisenoxyd mit etwas Mangan- und Titanoxyd 2,77 ,„ AlSmEe, Dill 5 2. Umschlossene Brocken. Die Brocken, durch welche die conglomeratische Struktur dieser Gesteine bedingt ist, rühren her theils von einfachen Mineralien, theils von Gesteinen. Quarz ist ganz allgemein verbreitet, er vorzüglich giebt den Gesteinen ihren von den reinen Porphy- ren abweichenden Charakter. Die Quarzbrocken erreichen selten !/, Centim., sie haben meist unter 1 Mil- lim. Durchmesser; sie sind also nur zum kleineren Theile makroskopisch am muscheligen Bruche und Fettglanze zu erkennen; zum grösseren Theile sind sie mikroskopisch, wie es Fig. 5 Taf. VI — Ge- stein vom Fusse des Tragbergs im Grunde der Lohme — darstellt. Ihre Umgrenzung ist zwar in manchen Dünnschliffen ringsum krystallinisch, d.h. gerad- und parallelkantig; häufiger aber wechseln gerade Durehschnitte von Krystallflächen und unregelmässig gekrümmte von Bruchflächen mit einan- der ab; gewöhnlich laufen Bruchränder ringsum (s. Fig. 9. 7 u. 10 Taf. VD). Wenn auch die meisten Quarzbrocken klar und farblos sind, so gehören doch glaserfüllte Einstülpungen und Glaseier zu den gewöhnlichen Erscheinungen. Beide sind häufig durch feinste opake Köruchen verdunkelt. Kleine und kleinste Cavernen, einfach abgerundet und mehrfach schlauchförmig - verzweigt, ausgestülpt und geschwänzt, breit und dunkel, oder schmal und scharf umsäumt, im letzten Falle oft mit Libellen und zwar mitunter rotirenden (Gestein vom Fusse des Tragbergs im Grunde der Lohme) durchschwärmen und durchziehen viele Quarzkörner. Ebenso bezeichnend sind Apatit-Einschlüsse sowohl in den ge- wöhnlichen kurzprismatischen, als auch langgestreckten Formen, welche mitunter zu den feinsten Spi- tzen auslaufen und wohl auch gebogen und geknickt sind (s. Fig. 15 und 16 Taf. IV — Fuss des Tragbergs im Grunde der Lohme). Auch Einschlüsse von Ferrit in Körnehen, Blättchen und krystal- loidischen Schuppen kommen vor. Alles das legt die Vermuthung nahe, die Quarzbröckehen haben ursprünglich Quarzporphyren angehört. Die meisten und wohl alle grossen Feldspathe sehen brockenhaft aus, oder sind so wenig fest und innig mit dem Umschluss verbunden, lassen sich so leicht und rein mechanisch auslösen, dass man sie für conglomeratische Einschlüsse anzusehen hat. Sie sind theils wohlerhalten, klar, mit voll- kommener Doppeltbrechung begabt, theils in der $. 11. 1a u. b beschriebenen Weise so angegrifien, dass sie von gewundenen Schläuchen durchzogen werden und marmorirt erscheinen. Die Ausfüllung der Schläuche ist bald viriditisch, bald durch opake Körnchen verdunkelt (s. Fig. 9 Taf. I — Gestein neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Breitenbach nahe dem Sichelhammer anstehend). Die Feldspathe sind im Durchschnitte beträchtlich grösser, als die Quarze, mitunter bis zu 1 Centi- meter Durchmesser, wenn ein Vorkommen am Fusse des Tragbergs im Grunde der Lohme hierher gehört, welches nach zwei sich rechtwinkelig kreuzenden Richtungen gestreift ist, aber eine confuse, hier Quarz-artig irisirende, dort polysynthetisch-streifige chromatische Polarisation bietet. Jen. Denkschriften II. 4. 45 356 III. Conglomeratische Porphyre und Porphyrtuffe. 13) Bezüglich dieser letzten verhalten sich zwar die meisten Feldspath-Bröckchen einfacher, als die Feldspath - Einschlüsse, ihre polysynthetische Zusammensetzung ist jedoch stets mit einer Abweichung des optischen Hauptschnittes vom krystallographischen verbunden; ihr Krystallsystem ist also das trikline. Aus den Gesteinen von den Halden der Gruben l. „Gottesgabe“ und II. „Morgenstern“ liessen sich Feldspathe rein, wenn auch nur in so geringer Menge mechanisch auslösen, dass eine Al- kalibestimmung nicht möglich war. Im Uebrigen waren die Resultate ihrer Analyse nach Dr. Wahn - schaffe: bei I II Kieselsäure 61,56 58,99 Thonerde . 14,62 15,33 Eisenoxyd. 3,40 5,51 Kalkerde . Spur 2,24 Demnach verhält sich zu einander der Sauerstoff in: Thonerde und Kieselsäure o bei I wie 3 8 12,56 UL 3 : 11,63 Der erste Feldspath ist demnach entschieden trisilicatisch und dementsprechend auch fast Kalkerde-frei, der zweite steht etwas unter Trisilicatisch und bietet in Uebereinstimmung damit einen kleinen Kalk- erdegehalt. Auch die Zersetzung scheint nicht ganz denselben Gang genommen zu haben bei diesen Feld- spath-Brocken wie bei den Feldspath-Einschlüssen der reinen Porphyre. Sie dürfte eine mehr kaoli- nische sein. Diess zeigt der in Fig. 10 Taf. I abgebildete Krystall aus einem Gestein neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Neustadt am Rennsteig bei ihrer Ausbiegung aus dem Schobsethale; derselbe zeigt auf weissem nur schwach doppeltbrechendem Grunde viriditische und ferritische Flecke. Dass auch die Glimmer-Einschlüsse, die übrigens sehr zurücktreten, conglomeratisch seien, hat wegen ihrer innigen Verknüpfung mit dem Umschluss wenige Wahrscheinlichkeit. Unter den Gesteinsbrocken sind nicht nur die häufigsten, sondern auch die grössesten an ihrer Gesammtfarbe leicht zu erkennen, welche dem Rothbraun der Terra de Siena entspricht. Sie fehlen den Dünnschliffen der Proben nur von einer Minderzahl der Fundstätten. Die meisten dieser Brocken sind makroskopisch, sie erreichen aber doch selten Durchmesser von !/, Centim. und darüber hinaus. Sie liegen dieht an einander, beinahe bis -zur Berührung mit einander. Die Ränder der einzelnen Bro- cken sind häufiger scharf und durch besonders dichte Zusammenhäufung des Ferrites dunkel umsäumt, als mit dem Umschlusse verflösst. Die grösseren Brocken lassen in einer mikro- bis kryptokrystallini- schen, feinkörnigen bis griesigen, von feinsten Ferrittheilchen durchstäubten und desshalb rothbraunen Grundmasse Feldspath, grünen Glimmer und Quarz erkennen (s. Fig. 5 Taf. VI — Fuss des Tragbergs im Grunde der Lohme — und — Fig. 4 Taf. VI — alte Anschürfung neben der Chaussee am Gold- helm oberhalb Kammerberg). Das Gestein ist demnach entschieden ein Quarzporphyr, aber keiner von denen, welche in der Nähe anstehen, schon desshalb nieht, weil von diesen die quarzfreien Porphyre durehbrochen werden. Wahrscheinlich gehört er zu denjenigen Quarz-Porphyr- Vorkommen, welches Heinr. Credner!) als das älteste am Thüringer Walde bezeichnet. Dasselbe beschränkt sich auf 1) Credner, Uebersieht der geognostischen Verhältnisse Thüringens und des Harzes. -1843. S. 62. III. Conglomeratische Porphyre und Porphyrtuffe. 357 wenige Berge südlich und nördlich vom Rehberge bei Masserbergen. Es zeichnet sich nach Credner durch seine ziegelrothe Farbe aus, und wird von ihm in den Geschieben, welche hauptsächlich das Con- glomerat unter den Carbonschichten am Thüringerwalde ausmachen, wiedererkannt. Der Kehberg ist freilich weit von da entfernt, wo diese Porphyr-Brocken und Geschiebe vorkommen. Leider habe ich selbst noch nicht Gelegenheit gehabt, denselben zu untersuchen. Etwas minder häufig als der eben beschriebene Quarzporphyr macht sich ein feinflaseriges bis fluidales Gestein bemerklich. Seine Brocken sind etwa von gleicher Grösse, wie die vorigen. An ihren Rändern sind die Flasern oder Fluidalstreifen gewöhnlich ungleich verbrochen, oft von einander gelöst (s. Fig. 1 Taf. VI — von der Schwedenschanze bei Amt-Gehren). Ihre Gesammtfarbe, oder die Farbe der Grundmasse ist grau, grün, auch braun wegen ferritischer Durchstäubung. Quarz-Einschlüsse sind häufig. Dieselben sind ringsum krystallinisch begrenzt. Einstülpungen aus der Grundmasse sind häu- fig ebenso eiförmige Glaseinschlüsse und Cavernen mit Libellen (s. Fig. 2 Taf. VI, welche ein Stück von Fig. 1 nach grösserem Maassstabe darstellt). Seltener als Quarze sind Feldspathe eingeschlossen, und zwar deutlich polysynthetisch zusammengesetzte und optisch trikline (s. Fig. 3 Taf. VI — Einsen- kung zwischen Reiter, Burgberg und Ebertsberg nicht weit von der Ochsenbacher Mühle). Die Grund- masse ist kryptokrystallinisch-griesig; aber zwischen gekreuzten Nikols bleibt keine überhaupt durch- sichtige Stelle des Dünnschliffs bei Drehung desselben um die Axe des Mikroskops dunkel. Die Flui- dalstreifung wird durch Ferritflasern angedeutet. Diese Brocken rühren unzweifelhaft von einem Por- phyrtuff her, aber nicht von einem der in der Nähe anstehend nachgewiesen ist. Selten zeigen sich Brocken eines dunkel-ziegelrothen Quarzporphyrs, ausgezeichnet durch ringsum auskrystallisirte Quarze mit Einstülpungen und Glaseiern. Die Grundmasse auch der feinsten Dünn- schliffe lässt nur wenig Licht durch und erscheint in Folge stellenweiser Ungleichförmigkeit wolkig bis fluidal (s. Fig. 6 Taf. VI — Schwedenschanze bei Amt-Gehren). Ein sehr ähnliches Gestein steht am trigonometrischen Signal auf dem Kienberge bei Oehrenstock an. Die Darstellung, welche in Fig. 8 Taf. VI davon gegeben ist, lässt die Uebereinstimmung der Grundmasse erkennen, ist aber mit beson- derer Rücksicht darauf ausgeführt, dass die Quarzeinschlüsse zwar auch häufig geradkantig-krystallinisch im Dünnschliff erscheinen, aber mitunter auch abgerundet und wie in Auflösung begriffen sind. Allein die Gleichheit des Aussehens ist nicht nothwendig eine wesentliche, da das Gestein vom Kienberge höchst wahrscheinlich eine Apophyse des langgestreckten Ganges grobkörnig-rothen Quarzporphyrs ist, welcher nahebei den Glimmerporphyr durchsetzt und schwerlich älter ist, als das Gestein der Schwe- denschanze. Ebenso selten sind Brocken im Dünnschliffe nur wenig durchscheinender, gräulich- bis grünlich- brauner Gesteine mit fein-leistenförmigen Feldspathen, welche unbedenklich den Paramelaphyren zuge- zählt werden können. Sie liessen sich nur in drei Dünnschliffen auffinden, nämlich in denen der Ge- steine vom vorderen Schmiedehaupt bei Möhrenbach, am Waldrande im SO des unteren Teiches im Grunde der Lohme und am südlichen Fusse des Oehrenstocker Tragbergs an der Oehre. 3. Umschluss. Die Masse, von welcher die eben beschriebenen Brocken umschlossen sind, das Cäment des Con- glomerates, hat nicht immer ein porphyrisches, sondern häufig auch ein tuflartiges Aussehen, indem von den makroskopischen Feldspath-Einschlüssen bei weitem nicht alle ursprünglich dem Umschluss angehören, sondern conglomeratische Brocken sind, und Glimmerblätter nur in einem Viertheile der 45 * 358 III. Conglomeratische Porphyre und Porphyrtuffe. untersuchten Brocken sich vorfinden. Feldspathe und Glimmer sind in einer fleisch- bis gräulich- und bräunlich-rothen, oft grüngefleckten schwach glänzenden bis matten Grundmasse eingeschlossen. In Dünnschliffen bieten die mit der Grundmasse innig verbundenen, und desshalb deın Umschluss wesentlich angehörigen breiteren Feldspathe wie diejenigen der reinen Porphyre und der Brocken po- Iysynthetische Zusammensetzung und trikline Auslöschungsschiefe. Die Glimmer sind grün, grüngelb, gelb und gelbbraun, verdrückt, von opakem Ferrit umhüllt und durchzogen. Neben Feldspath und Glimmer ist Quarz und Chaleedon in Adern, Drusen und Flecken zu erkennen. Viridit in den meisten der $. 11. 8 beschriebenen Modifikationen ist fast allgemein verbreitet. An den Viridit schliessen sich vereinzelte Vorkommnisse von gelben bis grünen, faserigen und blät- terigen, mitunter dichroitischen Stäbchen und Blättchen an. Kalkspath erkennt man in einigen Proben als Umsetzungsprodukt; Carbonathaltig erwiess sich aber etwa ein Dritttheil der Proben. Augit-Formen (s. $. 11. 5) bemerkte ich nur in den Dünnschliffen zweier Proben, nämlich von anstehenden Felsen rechts über dem Ausgange des Moosbachs, und am Kamme, der sieh vom Dachs- kopfe nach der Ilm zieht. Apatit-Prismen sind fast in jedem Dünnschliff bemerkbar. Ferrit ist sehr reichlich eingestreut. Auch concentrisch -strahlige Aggregate (s. Fig. 10 Taf. VI — von der alten Anschürfung am Fusse des Goldhelms neben der Chaussee von Ilmenau nach Schleussingen oberhalb Kammerberg) und Rosetten fehlen nicht. Cavernen, aber meist wenig umfängliche sind häufig. Die Grundmasse ist in einigen Fällen mikro- bis krypto-krystallinisch, wie diejenige der Glim- mer-Porphyre; in den meisten Fällen ist sie jedoch als eine krystalloidische zu bezeichnen, weil sie wohl noch überall Doppelbrechung besitzt, von einer krystallähnlichen Abgrenzung der einzelnen Kör- ner aber nieht mehr die Rede ist. In einigen Fällen geht sie in das Gleichförmige, Einfachbrechende und nicht sowohl Glasartige (Hyaline) als in das Porodine über. Dann haben die Einschlüsse nament- lich von Feldspath das Aussehen, als ob sie in Auflösung begriffen seien (s. Fig. 28 Taf. V — vom vorderen Schmiedehaupte bei Möhrenbach). Cumulitische und fluidale Struktur wird sehr häufig durch ungleichförmige Ferrit - Einstreuung hervorgerufen. 4. Yluidale Gesteine. Vollkommen fluidale Gesteine, die sich an die conglomeratischen Porphyre anreihen dürften, habe ich nur an zwei Stellen gefunden, deren eine am Wege von Möhrenbach nach dem Quaerig- berge von der Gansleite gegen den Ilmsengrund zu, die andere zwischen Albertinenlust und Fürsten- berg in dünnen der Fluidalstruktur parallelen Platten ansteht. Das Gestein vom letztgenanuten Fundort hat eine röthlich-grüne Verwitterungskruste, bricht wenig uneben und zeigt auf der frischen Bruchfläche in licht graulichrother Grundmasse weisse Strei- fen, denen Feldspathe, Quarze und dunkle Körner eingelagert sind. Die mikroskopische Betrachtung der Dünnschliffe lässt der Fluidalstreifung parallel reihenweise eingestreute Ferrit- Leisten und Körner erkennen. Die Feldspathe erscheinen als Krystallfragmente zwar noch wohl spaltbar, aber stark zer- III. Conglomeratische Porphyre und Porphyrtuffe. 359 setzt, die Quarze in länglich abgerundeten nicht krystallinischen Formen, zwischen Nikols lebhaft irisirend, Ferrit in Körnchen, seltener Stäbchen, die sich mitunter winkelig aneinander legen. Die Grundmasse behält ein fluidales Aussehen auch bei starker Vergrösserung; sie ist aus kryptokrystallinischen oder krystalloidischen Theilchen zusammengesetzt, welche alle Doppelbrechung besitzen und soweit regel- mässig geordnet sind, dass die Verfinsterung zwischen gekreuzten Nikols im Allgemeinen am stärksten ist, wenn die Fluidalstreifung mit dem Hauptschnitte eines der Nikols parallel läuft. $. 14. Porphyrtuffe. Die Porphyrtulfe haben wegen ihrer Eigenthümlichkeit und Nettigkeit die Aufmerksamkeit der Lithologen, und wegen ihrer Lagerungsverhältnisse auch der Geologen auf sich gezogen. Sie zerfal- len, wie bereits S. 70 erwähnt ist, in die zwei Partien des Lindenbergs und des Höllekopfs. Die Gesteine der ersten Partie wurden bisher Bandjaspis genannt; Credner!), dem v. Fritsch?) beitritt, sah sie als gefrittete Steinkohlensandsteine an. Meine Beobachtungen ergeben andere thatsächliche Grundlagen, und damit selbstverständlich auch andere Folgerungen. Die Gesteine der zweiten Partie wurden bisher Thonsteine genannt, und v. Fritsch?) ohne zureichenden Grund als Glieder des Rothliegenden aufgefasst. Unterstützt durch die Aufschlüsse, welche der Carl-Alexander-Stollen — von v. Fritsch als tiefer Kammerberger Stollen bezeichnet —, der zur Zeit der Veröffentlichung der Abhandlung v. Fritsch’s noch nicht vollendet war, bin ich zu einer anderen Auffassung geführt worden. l. Porphyrtuffe vom Lindenberge. Tuffe streichen nicht nur am nördlichen Abhange des Lindenbergs aus, sondern auch am öst- lichen Abhange desselben, und zwar gerade an diesem letzten in längerer Erstreckung. Ihr Ausstreichen ist am breitesten gegen NO, und verschmälert sich von da aus nach W, wie nach S bis zum völligen Verschwinden. Glimmerporphyr bildet ebensowohl das Hangende, wie das Liegende Die Tuffe sind stets schieferig, meist dünnschieferig, häufiger hart als mürbe, hell als dunkel, kieselig als thonig, oder — Alles zusammengenommen — häufiger hornsteinarliig als Sandstein- und Schieferthon-artig. Koh- lige Flecke deuten Pflanzenreste an. Die harten, kieseligen, hellen Tufle, die sogenannten Bandjaspisse, bestehen aus sehr ebenen und parallelen, papierdünnen bis centimeterstarken, abwechselnd grauen und graugelben, bis asch- und dunkelgrauen, auch graubraunen Lagen, in deren Richtung sie leicht spaltbar sind. Zwischen die Schieferungs- Streifen sind dunkele Flecke eingeschaltet. Quer gegen die Schieferung ist der Bruch eben bis muschelig, feinkörnig, etwas rauh. Unter Chlorwasserstoflsäure entwickelt das Gestein keine Kohlensäure, giebt aber viel Eisenoxyd ab. 1) Credner sagt wörtlich: Am Lindenberg sieht man die Sandsteine des Steinkohlengebirges gefrittet und die schwächeren mit Schieferthon wechselnden Lagen desselben in Bandjaspis-ähnliches Gestein umgewandelt. Die grauen mer- geligen Schieferthone erscheinen als bräunlichgelbe Thonsteine, hie und da mit unverkennbaren Pflanzenresten. Es ist eine Scholle des Steinkohlengebirges, welche vom Melaphyr emporgehoben und theilweise in solcher Art umgewandelt wurde (s. Credner, Uebersicht der geognostischen Verhältnisse Thüringens und des Harzes. S. 70). 2) S. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. Jahrg. 1860. S. 132. 3) v. Fritsch sagt darüber Folgendes: Eigentliche Sandsteine besitzen wir in unserem Rothliegenden nur unter- geordnet. Dagegen besitzen wir in den im Ilmthal zwischen Kammerberg und Steinbach nicht unbedeutend entwickelten Thonsteinen sandige Schieferthone. — Merkwürdig sind die in manchen Thonsteinen — im tiefen Kammerberger Stollen, am Eisenweg — vorkommenden concentrisch-schollig gebildeten Kugeln u. s. w. — S. Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch. Jahrg. 1860. S. 133. 360 III. Conglomeratische Porphyre und Porphyrtuffe. Im Glaskölbehen erhitzt giebt dasselbe bituminöses Wasser aus; die dunkelen Lagen werden dabei licht, die hellen grau. Vor dem Löthrohr sind scharfe Splitter schmelzbar, etwa wie Feldspath zu schaumigem Glase. Die mittlere Dichte des Gesteins ist 2,42. Die leicht herstellbaren, klaren Dünnschliffe zeigen als mikroskopische Gemengtheile schwarze Flasern, Glimmer, Feldspath, Quarz, Ferrit, Apatit und dunkele Kügelchen. Die schwarzen Flasern lösen sich bei stärkster Vergrösserung in Schuppen- und Faser-Aggre- gate auf und verlieren so den Zusammenhang; sie dürften meist kohliger Natur sein. Der Glimmer erscheint in nelkenbraunen bis pommeranzengelben, blätterigen, gewöhnlich etwas gekräuselten und ausgefransten Tafeln. Er ist stark dichroitisch, so zwar, dass, wenn der Hauptschnitt des polarisirenden Nikols senkrecht steht zum Blätterdurchgang, die Farbe heller, wenn derselbe parallel ist dem letzten, die Farbe dunkler wird. Die Feldspathe haben die Form länglicher Schollen; sie sind von langgezogenen Schläuchen durchzogen. Der Quarz tritt in Brocken auf, die durchaus nicht krystallinisch umgrenzt sind. Braune Ferrit-Fetzen sind oft gehäuft. Die dunkeln, scheinbar einfach brechenden Kügelchen erscheinen bei stärkster Vergrösserung als Häufchen kleinster gelber Krystalle, sehr ähnlich denen, welche in $. 11. 10a beschrieben wurden. Ganz dieselben Gesteine finden sich zwischen Weidenberg und Gabelbachskopf, bei dem Drei- Schwestern-Sitz wieder. Beide Fundstätten dürften zu einer unter dem Lindenberg durchstreichenden Einlagerung in den Glimmerporphyr gehören. 2. Porphyrtuff vom Höllekopf. An den nördlichen und westlichen Abhängen des Höllekopfs bei Kammerberg streichen zwei Lager wohlgeschichteter Tufle aus, welche durch Paramelaphyr von einander getrennt sind. Allein bei der starken Neigung und Biegung dieser Lager, bei der Steilheit, beträchtlichen Ueberrollung und diehten Bewaldung der Abhänge würden die Lagerungsverhältnisse und die lithologischen Eigenthüm- lichkeiten nur unvollkommen bekannt sein, wenn der Carl- Alexander -Stollen nicht einen so vollstän- digen Aufschluss ergeben hätte. Dieser Stollen wurde innerhalb der Jahre 1835 —1867 hergestellt, um das Kammerberger Kohlenwerk trocken zu legen. Er reicht mit einer Gesammtlänge von 900 Lach- ter, von der grossen Douche, eine halbe Stunde oberhalb Ilmenau, bis nahe zum Sophien-Schacht, am oberen Ende des Ortes Kammerberg. Die Grossherzoglich Sächsische Regierung hatte sich zu dieser kostspieligen Anlage entschlossen in der zuversichtlichen Hoffnung, die bei Kammerberg auf der rech- ten (weimarischen) Seite der Ilm schon zum grossen Theil abgebauten Kohlenflötze würden unter der Ilmaue gegen Ilmenau zu fortstreichen. Da sich diese Hoffnung durchaus nicht bewährt hat, kommt der fertige Stollen nur noch den Wasserwerken unterhalb der Einmündung des Stollens in die Im zu Gute, die über 1 Stunde weit abwärts auch im Winter frostfrei bleiben, und der Ilmenauer Badean- stalt, der er im Sommer stets kühles Wasser zuführt. Obgleich jetzt schon theilweise verbrochen, hat er der geologischen Forschung genau verzeichnete Aufschlüsse und vorzüglich frisches Gestein darge- boten. Danach ist die Gesteinsfolge von oben nach unten: III. Conglomeratische Porphyre und Porphyrtuffe. 361 Glimmerporphyr, Glimmerporphyr in Paramelaphyr übergehend, 1. < Paramelaphyr, Paramelaphyr-Mandelstein. ı Paramelaphyr, 2 Dutia (oberer) er rer ssssTachtersmachtig; 8. Paramelaphyr-Mandelstein,. . ». ». 2 2.2.2... 7 " n 49 TuttA(mittleren) We ee ee ee LE EL BEA ” ” 5. Conglomeratischer Porphyr und Glimmerporphyr, etwa 50 hr ” 6. Tuff (unterer) und Conglomerat, . . . . . „etwa 30 m ” 7. Conglomeratischer Porphyr. Die oberen und mittleren Tuffe (2 u. 4) sind es, die an den Abhängen des Höllekopfes aus- streichen; die unteren Tufle und Conglomerate (6) bleiben in der Tiefe. Vollständig mikroskopisch und chemisch analysirt wurden nur Proben der mittleren Tuffe (4); Proben der unteren Tuffe (6) wurden nur mikroskopisch untersucht. Für die Tuffe 2 dürfte die makroskopische Beschreibung genügen. 2a. Obere Tuffe. Die oberen Tuffe sind feinkörnig, psammitisch, einförmig rothbraun mit wenigen quarzitischen und glaukonitischen Flecken, diekschieferig, nach der Schieferung ziemlich gut spaltbar. Chlorwasser- stoffsäure entwickelt aus eingetauchten Bröckchen etwas Kohlensäure und entzieht ihnen etwas Eisen- oxyd. Im Glaskölbehen erhitzt geben sie reichlich bituminöses Wasser aus, vor dem Löthrohr sind sie zu weissem schaumigem Glase schmelzbar unter rothgelber Färbung der Flammenspitze. 2b. Mittlere Tuffe. Die mittleren Tuffe, durch welche der Stollen auf eine sehr lange Strecke hindurchgeführt wer- den musste, sind ebenfalls feinkörnig-psammitisch, meist lebhaft roth, theils ins Braune, theils ins Vio- lette, mitunter grün gefleckt, mitunter feingestreift, selten blassgelb; sie sind sehr vollkommen concor- dant-schieferig; ihr Querbruch ist erdig, matt. Chlorwasserstoffsäure entzieht ihnen etwas Eisenoxyd, veranlasst aber nicht immer und nur schwache Entwickelung von Kohlensäure. Im Glaskölbehen er- hitzt geben sie bituminöses Wasser aus. Vor dem Löthrohre schmelzen nicht alle gleich leicht zu weissem, schaumigem Glase. Die grünen Flecke setzen scharf ab und sind meist kreisrund. Dieselben dürften mit recht vollkommenen, sich oft glatt auslösenden Kugeln in Beziehung stehen. Diese Ku- seln, mitunter über 3 Centim. Durchmesser erreichend, sind weicher, fühlen sich milder an und schmel- zen etwas leichter, als das sie einschliessende Gestein; sie liegen zerstreut und nicht dicht nebeneinan- der. Carbonate enthalten sie nicht. Während die Dichte des umgebenden Gesteins 2,52 ist, beträgt diejenige der Kugeln 2,38. Ein Dünnschliff des die Kugeln umschliessenden Gesteins war seinem grössten Theile nach aus zwar doppeltbreehenden, aber krystallographisch nicht definirbaren, wahrscheinlich krystalloidischen Körn- chen zusammengeschoben, und davon, nicht eben ‚zahlreich, umschlossen Feldspath, Glimmer, Viridit, Ferrit, Apatit, Chalcedon und Porphyrstaub. Die Feldspathe sind nicht krystallinisch umgrenzt, zeigen auch nicht mehr lebhaft chromatische Polarisation, aber doch deutlich polysynthetische Zusammensetzung. Der Glimmer ist grünlichgelb, hat ein zerrissenes Aussehen, seine Blätter sind wellig gebogen. Der Viridit bildet eoneentrisch feinstrahlige Aggregate. Ferrit ist in gelben, braunen bis opaken Schollen eingestreuf. Die Formen des Apatits sind die gewöhnlichen prismatischen. Für Chaleedon dürften farblose, nur schwach chromatisch polarisirende runde Ferrit-Körnchen und Apatit-Prismen einschlies- 362 III. Conglomeratische Porphyre und Porphyrtuffe. sende Körner zu halten sein. Als Porphyrstaub sehe ich braune Bröckchen von kryptokrystallinischer oder krystalloidischer Struktur an. Zwei Proben der dunkel-gestreiften Tuffe boten die Dichte 2,53. Ihre Dünnschliffe zeigten eine fast gleichförmig -feinkörnige, farblose Grundmasse mit reichlich eingestreutem Ferrit in Körnchen und Stäubchen. Zwischen gekreuzten Nikols wird dieselbe verdunkelt bis auf kleine, nahe an einander liegende helle Schmitzen, welche bei Drehung des Objektes in der Ebene des Tisches wandern, so dass wohl jede Stelle einmal hell wird. Also auch hier findet eine Zusam- menschiebung aus doppeltbrechenden, kryptokrystallinischen oder krystalloidischen Theilchen statt. Ein- schlüsse sind weder häufig, noch mannichfaltig. Nur mitunter erscheinen abgerundete in die Umgebung verfliessende gelbe Flecke. Schlifle parallel der Schieferung und dunkeln Streifung, und solche recht- winkelig dagegen bieten beinahe dasselbe Bilde Ohne es vorher zu wissen, würde man kaum bemer- ken, dass die Vertheilung des Ferrites in den ersten Schliffen weniger flaserig sei, als in den zweiten. Zwei in quantitativ-chemische Untersuchung genommene Proben gaben im Glaskolben erhitzt reichlich bituminöses Wasser aus. Vor dem Löthrohre schmelzen sie etwas schwerer, als Feldspath zu schaumigen Gläsern unter röthlich-gelber Färbung der Flammenspitze. Chlorwasserstoffsäure entwickelt keine Spur von Kohlensäure aus ihnen, färbt sich aber bald gelb von aufgenommenem Eisenoxyde. Nach den Untersuchungen von Dr. Preissler (P) und Dr. Orgler (0) ist ihr chemischer Bestand: N ©) (0) Kienelsäurer N rrnantoWBroc: 78,23 Proc. Thonerderser mer: 27 saiger,, ID Eisenoxyd mit etwas Mansandsyd Wü ) Pre Titanoxy der a 0 SEEp, | 2 r Kalkerd op 0 or, 05322, Malkerd o Wr Er 035, 0,3505,, NEON 0 0.00 0 aha OD SwlOBEEr, Kal Es chrlnies oe DNS TER GI hver| us 2° 6 Or FU 100,13 Proc. 100,27 Proc. Die Preisslersche Probe ergab den durch Chlorwasserstofisäure aufschliesslichen Antheil: B. (BP) Kieselsäure . . eyesbmbroc. Thonerde, Fissnosyd u. 8. w. 3,74 ,„ IKelkerde 2. Era, Talkerde er "So, IN OO Wr 0 2 IRA 10 er 0 Der durch Chlorwasserstoffsäure nicht aufschliessliche Theil c. (P) betrug 88,18 Proc. mit 0,66 Proc. Wassergehalt. 2c. Untere Tuffe. Die unteren Tuffe und die zu ihnen gehörigen Conglomerate sind von der Bodenoberfläche gar nicht bekannt, aber vom Carl- Alexander -Stollen in der ansehnlichen Länge von 183 Lachter durch- schnitten. Ihre Grundfarbe ist röthlich, wie diejenige der mittleren und oberen Tuffe. Auch sie sind II. (Conglomeratische Porphyre und Porphyrtuffe. 363 häufig grün gefleckt und die Substanz der grünen Flecken ist weicher und milder, als die des rothen Gesteins. Die grünen Flecken erscheinen auf der Bruchfläche abgerundet und neben ihnen dunkle Ringe bis zu 1 Centim. Durchmesser. Die Letzten liegen zahlreicher und dichter neben einander als die ersten. Beide sondern sich aber nicht so leicht und vollkommen mechanisch aus der Grundmasse, wie das bei den mittleren Tuflen erwähnt ist. In ganz bestimmter Weise haben grüne Flecke und dunkle Ringe keine Beziehung zu einander, indem sie gelegentlich in einander übergreifen. Das Verhalten bei Erhitzung im Glaskolben und vor dem Löthrohre stimmt mit demjenigen der mittleren und oberen Tuffe überein. Die Dünnschliffe zeigen mikroskopisch auch dieselbe Grundmasse, aber andere Einschlüsse. Näm- lich am häufigsten sind seitlich ausgefranste, gestreifte bis flaserige graubraune Bröckehen, welche zwi- schen gekreuzten Nikols auf dunkelem Grunde lichte Stäbchen zeigen, jedoch so, dass bei einer Dre- hung des Objektes in der Ebene des Tisches die Beleuchtung fast an allen Stellen wechselt, wie das bei der Grundmasse vieler Porphyre der Fall ist. Seltener sind Quarzkörnchen mit sehr kleinen Ca- vernen und opaken Kügelchen, nicht krystallinisch begrenzt, aber zwischen Nikols lebhaft irisirend, fer- ner Chalcedon mit schwach angedeuteter concentrisch-strahliger Struktur und Viridit. Die Ringe grenzen sich von der Umgebung nur durch enger aneinander gedrängte rothbraune Ferrit-Körnchen und Blättchen ab. Je stärker vergrössert, desto weniger scharf erscheint die Begrenzung. Jen. Denkschriften II. 4. 46 IV. Conglomerate Sandsteine und Schiefer. An die eonglomeratischen Porphyre schliessen sich nicht nur porphyrische, sondern auch ge- wöhnliche Conglomerate und ferner an diese Sandsteine und Schiefer an, von denen die letzten an mehreren Stellen organische Reste enthalten. , Die Hauptglieder dieser deuterogenen Bildungen sind die Porphyreonglomerate, die anı Goldhelm als Liegendes von der Steinkohlenablagerung bei Kammerberg und Manebach vorkommen, und die quarz- reichen Conglomerate, sandigen Tuffe und Schiefer von Möhrenbach. Diese beiden Vorkommnisse bil- den die natürlichen Ausgangspunkte der Betrachtung. $. 15. Porphyr-Conglomerate. Durch eine beim Bau der Chaussee von Ilmenau durch das Ilmthal nach Schleusingen, also vor sehr geraumer Zeit, ausgeführte Abschürfung am Fusse des Goldhelms oberhalb Kammerberg ist die Auflagerung der Steinkohlenschichten auf Porphyr in ansehnlicher Breite entblösst. Der Porphyr er- weist sich gegen unten als conglomeratischer in dem früher festgestellten Sinne, schliesst aber nach oben viele kugelig-abgerundete Geschiebe ein, selten grösser als eine Faust und kleiner als eine Wall- nuss, die theils ebenfalls eonglomeratische Porphyre sind, kaum verschieden von dem des Umschlusses, theils demjenigen rothbraunen Quarzporphyr angehören, von dem als Einschluss in vielen conglomera- tischen Porphyren bereits (s. $. 13. 2) ausführlich die Rede war. Diese Conglomerate scheiden sich jedoch nicht scharf von den Sandsteinen und Thonschiefer der Steinkohle, sondern wechsellagern mehr- fach mit ihnen. Dieselben treten auf der linken Seite der Ilm unter der Manebacher Steinkohle nicht zu Tage, sind aber bei einem Stollenbau vom Harzhüttengrunde aus ebenfalls als Liegendes der Steinkohlen- schichten aufgefunden worden. Weiter nordwestlich, namentlich am Abhang unter der Schmücke, finden sich ähnliche, aber in aller Weise grossartiger entwickelte Conglomerate, die wenn nicht demselben, doch einem nicht gar weit verschiedenen Horizonte angehören. $. 16. Conglomerate, sandige Tuffe und Schiefer. 1. Von Möhrenbach. Die quarzreichen Conglomerate von Möhrenbach sind auf den älteren Karten bereits angedeutet und als Rothliegendes in Anspruch genommen worden, jedoch ohne Nachweisung der Zugehörigkeit IV. Conglomerate Sandsteine und Schiefer. 365 weder in lithologischer, noch in paläontologischer Beziehung. Verbunden mit conglomeratischen Por- phyren und mit sandigen Tuffen und Schiefern nehmen dieselben um den westlichen Theil des Dor- fes herum einen ansehnlichen Raum ein, namentlich gegen N und NW und reichen bis zum Draht- hammer und bis nahe zum Gipfel des Gickelbergs. Unter den eonglomerirten Geschieben finden sich Quarzite am häufigsten, harte, graugrüne Grauwacken mit Quarzadern, Kieselschiefer und conglomera- tische Porphyre etwas minder häufig. Die conglomeratischen Porphyre sind von gröberem Korne, als die früher beschriebenen, und nehmen nicht selten schieferige Struktur an; Brocken rothbraunen Quarz- porphyres sind nicht selten und erreichen oft bis zu 2 Centim. Durchmesser. Carbonate enthalten die Conglomerate nicht. Die sandigen Tuffe bestehen aus feinen Quarzkörnchen verbunden durch ein grau- oder gelb-grünes, thoniges, Carbonat-freies Cäment. Wenn das Cäment vorwaltet, entstehen grün- liche Schiefer. Es ist mir nicht gelungen, eine bestimmte Aufeinanderfolge in der Lagerung dieser Gesteine zu erkennen. Von organischen Ueberresten in ihnen habe ich Nichts gefunden und gesehen, oder auch nur erfahren. Die Beobachtungen lassen darüber keinen Zweifel, dass die quarzfreien Porphyre der Gansleite und der Schmiedehäupter den eben beschriebenen Complex meist deutlich sedimentärer Gesteine überlagern. 2. Von Amt-Gehren, im Lohme-Grunde und Liebehenthale. Verfolgt man die Chaussee von Möhrenbach nach Amt-Gehren weiter abwärts, so sieht man so- gleich bei der Vereinigung des Möhrenbachs mit der Wohlrose dieselben Gesteine, d.h. dunkelgrüne tuffartige Sandsteine und Conglomerate mit Quarz und Quarzporphyr-Geschieben auf. der Sohle des Baches anstehend und gegen den Sichelhammer zu am Fusse des Wohlroser Bergs angeschürft, aber auch hier in geringer Höhe von Porphyr bedeckt. Sie entsprechen dem Fortstreichen des Möhren- bacher Vorkommens. Weiter abwärts bis in die Nähe des Sichelhammers steht zwar unmittelbar neben der Chaussee kein Porphyr an, aber doch knapp daneben am Waldrande und dieser Porphyr wird deutlich von Schiefern, Sandsteinen und Conglomeraten überlagert, deren frisches Anstehen im Felsenkeller des Drahthammers — derselbe ist jetzt in eine Schankwirthschaft und Brauerei umgewandelt — zu sehen ist. Die Schiefer und Sandsteine haben grosse Aehnlichkeit mit denen des Kammerberger Steinkohlen- lagers; die Schiefer sind oft kohlschwarz aber doch nicht brennbar. Organische Ueberreste sind mir auch von dieser Stelle nicht bekannt geworden. Diese geschichteten Gesteine beim Sichelhammer sind südlich - westlich aufgerichtet; sie gehen auf den Feldflächen unter dem Waldrande am Fusse des Wohlroser Berges vielorts zu Tage aus; sie streichen so, dass man ihre Fortsetzung in der Nähe des Amt-Gehrener Felsenkellers zu erwarten hat, und diese Erwartung wird in der That nicht getäuscht. Das Fortstreichen unter dem Alluvialboden, welchen die Schobse vor ihrem Austritte aus der Thalenge ausgebreitet hat, ist durch einen Schacht angezeigt, den man in der Nähe der Schleitlochs- Mühle 8 Lachter tief abteufte, in der Hofinung, ein Steinkohlenflötz aufzufinden. Man fand aber keines und stiess, nachdem man noch eine kurze Strecke weiter gebohrt hatte, auf festes Gestein, welches man wohl als Porphyr nehmen kann. Ein paar hundert Schritte weiter aufwärts, von da an, wo das Gerinne der Schleitlochs - Mühle von der Schobse abgezweigt ist, heben sich die Schichten sandiger, grünlichgrauer Tuffe und darüber 46 * 366 IV. Conglomerate Sandsteine und Schiefer. kohliger Schiefer über den Wasserspiegel, zuerst 200 Schritte lang, sehr flach steigend, dann plötzlich steil in die Höhe gebogen. Die kohligen Schiefer sind stellenweise Versteinerungs-reich, indem sie auf den Sehieferflächen dicht bedeckt sind mit den sehr dünnen, aber wohl erhaltenen, oft noch zusam- menhängenden Schalen einer kleinen — beträchtlich kleiner als die in den Steinkohlenschiehten von Kammerberg-Manebach vorkommende — Anthracosia, denen sich glänzende Fisch-Schuppen und -Sta- cheln zugesellen, und als Seltenheiten Zweige von Walchia ef. pinnata. Im hinteren nicht ausgemauer- ten Theile des Felsenkellers sind diese Schichten entblöst mit ihrem Hangenden und Liegenden. Ihre ebenen Grenz- und Schichtungsflächen werden von den Wänden schräg durehschnitten und die Durch- schnitte neigen sich gegen die Horizontale mit 30%. Im Hangenden, wie im Liegenden ist Glimmer- porphyr. Oberhalb des Felsenkellers ist der Abhang zunächst stark überrollt, dann aber folgen an den Anschürfungen neben der neuen Chaussee von Amt-Gehren nach Neustadt am Rennsteige bis auf 215 Schritt vom Kellereingang klare Aufschlüsse. Zunächst sind es rothe Thonschiefer- bis Hornstein- artige Schichten von ansehnlicher Mächtigkeit, dann folgen graue und graugrüne, in conglomeratischen Porphyr übergehende Tuffe (etwa 4 Met. mächtig), weiter Conglomerate mit grünem oder rothem, bröcklichem Bindemittel (etwa 14 Met. mächtig), Conglomeratischer Porphyr (etwa 3 Met. mächtig), Grüne Schiefer mit untergeordneten Conglomeraten (etwa 1 Met. mächtig) und zuletzt trümmerhafte Porphyre mit untergeordneten Conglomeraten (etwa 4 Met. mächtig). Die Tuffe und Schiefer sind bald mehr erdig, bald mehr talkig. In den Conglomeraten sind abgerundete Geschiebe häufiger als eckige Brocken. Als Geschiebe und Brocken treten Porphyre und zwar Glimmer-Porphyre am häu- figsten auf, dann talkige bis quarzitische Grauwacken und Quarzite, die letzten stets vollkommen abge- rundet. Die meisten dieser Gesteine sind frei von Carbonaten, einige enthalten Spuren davon. Na- mentlich die Glimmerporphyre sind sehr frisch, wie der aus ihnen entnommene in Fig. 8 Taf. I abge- bildete Feldspath-Krystall erkennen lässt. Die Schiehtung, wenn auch oft in das Knollige und Flaserige übergehend, ist doch überall deutlich. Alle Schichten, welche oberhalb des Felsenkellers auftreten, sind steil gegen W aufgerichtet. Sie halten aus nicht nur bis auf den Rücken des Albrechtsberges, wo sie über eine flache Einsenkung ausgebreitet sind, sondern auch noch eine kurze Strecke darüber hinaus. Verfolgt man die Chaussee etwa 500 Schritte weiter, so findet man graue Glimmer - Porphyre und rothe conglomeratische Porphyre neben ihr angeschürft, dann aber in der Nähe der neuen Schneide- mühle nochmals flaserige Schiefer eines grüngefleckten Conglomerates. Entlang dem Rücken des Albrechtsbergs gegen W herrscht Glimmer-Porphyr bis zu der Ein- senkung zwischen ihm und der Schwedenschanze, über welche vorherrschend grüne, aber harte Schie- fer verstreut sind. Auch an der benachbarten Born- und Lohmewand sind mit conglomeratischen Porphyren Con- glomerate und Tuffe innig verbunden, und zu diesen stehen kohlige Schiefer in inniger Beziehung, welche auf der Sohle des Lohmethals anstehen. Sie wurden in der Mitte der fünfziger Jahre ange- schürft in der Hoffnung, auf Steinkohlen zu stossen, jedoch ohne Erfolg. Die auf der Halde liegenden Schiefer sind dunkelgrau bis schwarz, gleichförmig bis glimmerreich, eben bis schwielig. Dieselben Anthracosien, welche am Amt-Gehrener Felsenkeller vorkommen, sind auch in ihnen häufig, ausserdem erscheinen glänzende Fischschuppen und undeutliche Pflanzenreste. Eine lithologisch sehr ähnliche Ablagerung dunkler Schiefer nimmt den Boden unter der Wiese am oberen Ende des benachbarten Liebehenthales ein. Leider ist es bald wegen Steilheit, bald wegen Ueberrollung, bald wegen dichter Bewaldung der Bodenoberfläche nicht möglich exakt nachzuweisen, wie weit diese geschichteten Einlagerungen stetig fort- IV. Conglomerate Sandsteine und Schiefer. 367 streichen und mit einander zusammenhängen, oder wiefern sie von einander getrennte Lenticular-Massen sind. Jedenfalls stehen sie, wie örtlich, so auch zeitlich nahe aneinander. Als die Zeit ihres Absatzes dürfte nach Maassgabe ihrer organischen Ueberreste das Unterrothliegende anzunehmen sein. 3. Vom unteren Ausgange des Gabelbachsgrundes. Eine unbestimmte Stellung nehmen lichtgraue, mürbe, erdig brechende Schiefer ein, welche im Gabelbachsgrunde zuerst an dem unteren Waldrande und dann noch einmal höher hinauf rechts neben der alten Chaussee von Ilmenau nach Schleusingen anstehen. Sie erreichen nur eine geringe Mächtig- keit, werden deutlich von Glimmer-Porphyr überlagert und einmal von demselben gangförmig durch- brochen. Ich halte sie für frei von organischen Ueberresten und muss es dahin gestellt sein lassen, ob sie Tuffe oder eigentliche Sedimente sind. V. Durchsetzende Stöcke und Gänge. Zu einer vollständigen Beschreibung der quarzfreien Porphyre und ihrer Begleiter gehört wenig- stens eine Uebersicht über die sie durchsetzenden Gesteins-Stöcke und Gesteins-Mineral- und Erzgänge. Mit den Gesteins-Stöcken und Gängen kann ich mich um so kürzer fassen, als sie vor bereits längerer Zeit und zwar im hiesigen mineralogischen Institute von Dr. Laufer!) bearbeitet und von Vogel- sang?) wichtige Bemerkungen darüber gemacht worden sind. Contact-Erscheinungen zwischen den quarzfreien Porphyren und den sie durchsetzenden Stöcken und Gängen sind selten zu beobachten und die Beobachtungen gewähren kein besonderes Interesse. $. 17. Gesteins-Stöcke und Gänge. Die stockförmigen Durchsetzungen sind lediglich Quarzporphyre. Diese vertheilen sich auf die breiten Parthien des Hirschkopfs mit der Wilhelmsleite, von Stützerbach mit dem Erbskopf, des Gickel- hahns, der Hohen Schlaufe mit der Sturmheide, an welche sich Decken anschliessen, und auf die be- schränkten des Kniebergs mit dem Ehrenberg, des Heiderthalkopfs und des Grossen Hundskopfs, in wel- chen letzten man den Stock vor sich hat. Zu der Quarzporphyrdecke des Gickelhahns dürfte der Klip- penzug des Grossen Hermannsteins als Eruptionskluft gehören. Der Steinbruch nahe dem Felsenkeller bei Ilmenau ist wohl auch in den nach der Tiefe reichenden Stock eingedrungen. Auch die zwei Gesteinsgänge sind quarzporphyrische, aber von sehr verschiedener Entwickelung. Der eine vom Lindenberg über den Kienberg bis zur Schobse gegenüber dem Fusse des Bärenkopfs, freilich nicht ganz ununterbrochen, ziehende ist sehr grobkörnig, ein echter Granophyr. Der andere kür- zere, der sich von der Einsenkung zwischen Lindenberg und Flossberg, über den Wildberg bis südlich Oehrenstock verfolgen lässt, ist äusserst feinkörnig. An diesen feinkörmigen, eben noch felsitischen Quarzporphyr schliesst sich Fluss- und Schwerspath an; er erhält dadurch ein bergmannisches Interesse. Beide Spathe zeigen sich am Stechberg und Brandkopf auch als selbstständige Gangmassen. Alle diese Gänge streichen von NW nach SO und fallen sehr steil ein. $. 18. Erzgänge. Das Erz der Gänge ist am Gickelhahn und Stechberg, Rotheisenerz mit Eisenglanz und Nestern von Braunstein und Brauneisenstein; beide werden zeitweise bergmännisch ausgebeutet. Sie haben Streichen und Fallen mit den Quarzporphyr- und Spath-Gängen gemein. 1) 8. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. Jahrg. 1876. S. 22 £. 2) Vogelsang, Die Krystallite. 1875. 8. 172. V. Durchsetzende Stöcke und Gänge. 369 Zwischen Silberberg und Gansleite durchsetzt ein Kupfergang den Glimmerporphyr mit einem Streichen von NNW nach SSO und sehr steilem Einfall. Derselbe führt Kupferglanz, Rothkupfererz und Melachit mit soviel tauber Masse, dass die einzelnen Nester den Abbau nieht lohnen. Viel wichtiger sind die Braunsteingänge!), welche vorzüglich zahlreich und ergiebig das Oehrenstocker Feld durchziehen. Dieselben haben mit den vorigen das steile Einfallen gemein, strei- chen aber von W nach 0. Sie haben eine Mannichfaltigkeit von Braunsteinen ergeben, als Pyrolusit, Manganit, Psilomelan 2), Hausmannit3), Braunit und Wad, ausserdem noch Rotheisenerz, das eigen- thümliche Eisenoxydhydrat des Xanthosiderit*), Schwefelkies, Kalkspath und Aragonit5), Quarz und Chalcedon, Eisenkiesel, Steinmark, Schwerspath und Flussspath. $. 19. Mineralgänge. Die Flussspath- und Schwerspath-Gänge am Stechberg haben bereits Erwähnung gefunden; sie sind mächtig und beständig genug, um mit Vortheil abgebaut werden zu können. Ein, wenn auch nur geologisches, Interesse gewähren die gangähnlichen Kluftausfüllungen der Gesteine des Schneidemüllerskopfs. Sie bestehen hauptsächlich aus Quarz und derjenigen unbestimm- ten erdigen Mischung von Braunsteinen, welche man als Wad zu bezeichnen pflegt. Daran schliessen sich Mangan -reiche Carbonate an. Bis jetzt nur einmal hat sich Datolith 6) gezeigt, wenn auch nicht in grosser Menge und schöner Entwickelung, so doch unzweifelhaft bestimmbar. Im Gemenge mit Kalkspath breitet es sich auf einer geschlossenen Unterlage von kleinen, klaren, starkglänzenden Quarz- krystallen aus, durch welche die dunkeln Gesteinsflächen und die umhüllenden Ferrit-Blättchen stark durchscheinen. 1) S. Zerrenner, Die Braunstein- od. Manganerz-Bergbaue in Deutschland, Frankreich u, Spanien. 1861. S. 113 £. 2) S. E. E. Schmid in Pogg, Ann. 126. 151. 3) S Rammelsberg in Pogg, Ann. 124. 521. 4) S. E. E. Schmid in Pogg, Ann. 84. 495. 5) S. Herbst in Neues Jahrb. f. Min. Jahrg. 1856. 5. 168. 6) Die nachweisbaren Charaktere sind: Krystallinisch. Dichte — 2, 945. H=5,. Farblos-klar bis weiss-trübe, Glas- bis fettglänzend. Im Glaskölbcehen erhitzt giebt das Mineral Wasser aus. Vor dem Löthrohre ist es leicht schmelzbar zu einem anfangs schaumigen, dann klaren Glase, unter grüner Fär- bung der Flammenspitze. Durch Chlorwasserstoffsäure ist es zersetzbar, auflöslich unter Zurücklassung schleimig-pulveriger Kieselsäure. Aus einer weder ganz reinen noch gewichtigen Probe liess sich ausscheiden: Kieselsäure 39,49 Proc. Kalkerde . 33,81 „ Eisenoxyd. 1,03 ,„ Glühverlust 5,69 „ Da das Eisenoxyd unwesentlich ist, etwas Quarz wohl der mechanischen Analyse entgangen sein kann, und der Glühverlust ausser dem Wasser auch etwas Borsäure einschliesst, so darf man Uebereinstimmung mit: Kieselsäure 37,50 Proc. Kalkerde . 35,00 ,„ Wasser. . 5,62 „ wie sie im Datolith neben einander vorkommen, annehmen. VI. Lagerung. $. 20. Reihenfolge und Alter. Um zu einer nicht bloss relativen, sondern auch absoluten Altersfolge der quarzfreien Porphyre und ihrer Begleiter zu gelangen, bieten sich zu allernächst zwei ziemlich umfängliche Profile an: das eine auf der rechten Seite der Ilm oberhalb Kammerberg, das andere bei Amt-Gehren zwischen dem Ilmsen- und Liebchen-Thale. Der Fusspunkt des ersten Profils ist der oft erwähnte Steinbruch am Schneidemüllerskopf ober- halb Kammerberg. Hier treten als unterstes Glied die unteren, lichten Bänke (s. $. 10. 8b) auf, welche (s. $. 12. 2) als Paramelaphyre bestimmt wurden. Darüber folgen die oberen, schwarzen Bänke (s. $. 10. 3a), welche (s. $. 12. 3) als: Melaphyre charakterisirt sind. Diese werden überlagert von den: Glimmerporphyren des Teichrandes und Hohen Brandes mit sehr ansehnlicher Mächtigkeit. Ueber diesen breiten sich mit beträchtlich geringerer Mächtigkeit die: Conglomeratischen Porphyre des Dachskopfs und Gartenthals aus, deren oberste Bänke am Goldhelm in: Porphyr-Conglomerate übergehen und das Liegende der Kammerberg-Manebacher Steinkohlen-Ablagerung ausmachen. Diese aber wird dem: Oberen Carbon zugezählt. Damit schliesst dieses erste Profil. Das zweite Profil bietet bei weitem nicht eine so gleichförmige und durchgreifende Lagerung, wie das erste. Dasselbe geht aus von den: Meist cavernösen oder mandelsteinartigen Paramelaphyren um den Langewiesener Tragberg herum und am Gotteskopf. Vom ersten aus gegen WSW, vom zweiten aus gegen NO werden diese bedeckt von: Conglomeratischen Porphyren und Conglomeraten, an welche sich nicht nur uuikter VI. Lagernng. 371 sondern — im Lohmegrunde und Liebehenthale — auch Kohlige, Anthracosien-führende Schiefer anschliessen. An anderen und — wie es scheint — den meisten Stellen, und zwar besonders deutlich am Fahrwege, der von Langewiesen nach dem Kienberge und Rennsteige führt, folgt sogleich: Glimmerporphyr. Und diesem sind: Conglomeratische Porphyre, Conglomerate, Tuffe, sandige, thonige und kohlige, versteinerungsführende Schiefer als mehr oder weniger breite, linsenförmige Einlagerungen untergeordnet. Die ältesten dieser Ein- lagerungen sind diejenigen von Möhrenbach (s. $. 16. 1), die jüngsten diejenigen vom Amt-Gehrener Felsenkeller (s. $. 16. 2). Das Alter der letzten aber ist, wie bereits bemerkt, höchst wahrscheinlich dasjenige des Unterrothliegenden. Dieser Gesteinswechsel wird nochmals von: Glimmer-Porphyren überlagert, die bei Amt-Gehren ein trümmerhaftes Aussehen haben. Um diese zwei besprochenen Profile mit einander in Zusammenhang zu bringen, hat man sich zunächst an das schon früher (s. $. 12. 2) in Betracht gezogene Profil zwischen der Grossen Douche bei Imenau und dem Sophienschacht bei Kammerberg zu wenden. Dieses ergab von unten auf: Conglomeratischer Porphyr, Tuffe und Conglomerate, Conglomeratische Porphyre mit Glimmerporphyren, Tuff, Paramelaphyr, meist mandelsteinartig, Tuff, Paramelaphyr, meist mandelsteinartig, Paramelaphyr in Glimmerporphyr übergehend, Glimmerporphyr. Dieses dritte Profil wird von dem ersten durch eine Verwerfungsspalte getrennt, welche SSO bis SO streicht und südlich-westlich einfällt. Die Spaltungsfläche selbst ist in Folge von Abrutschung der westlichen Seite auf eine weite Strecke zwischen dem Sophienschachte und Dachskopfe entblöst und lässt dann Streifung und Glättung erkennen. Hat es nun zwar von vornherein grosse Wahr- scheinlichkeit, dass die eonglomeratischen Porphyre vom Dachskopf bis zum Goldhelm westlich-südlich der Spalte, und diejenigen aus dem oberen Theile des Carl- Alexander - Stollens östlich - nördlich der Spalte demselben geognostischen Horizonte angehören, so passen doch weder die Mächtigkeitsmaasse zusammen, noch lassen sich irgendwie die von der Spaltungsfläche abgeschnittenen Steinkohlenschich- ten jenseits, und die bis nahe zu ihr fortstreichenden mittleren und oberen Tuffe diessseits wieder- finden. Ferner wird unter Annahme der obigen Wahrscheinlichkeit als Wahrheit der Glimmerporphyr des Teichrandes und Hohen Brandes tief unter die Paramelaphyr-Mandelsteine gerückt, der Glimmer- porphyr unterhalb der Grossen Douche und im unteren Gabelbachs-Grunde, namentlich im Ascherofen, darüber. Beide aber, der untere Glimmerporphyr vom Teichrand und Hohen Brand her und der obere vom Gabelbachsgrunde her, vereinigen sich auf dem Rücken des Forsthauses Gabelbach und der Hohen Tanne mit einander ohne jede Zwischenbildung. Das wäre allerdings widersinnig, wenn man anneh- men müsste, die Porphyrbänke und die ihnen untergeordneten klastischen und deuterogenen Ein- Jen. Denkschriften II 4. 47 372 VI. Lagerung. 3 lagerungen seien alle gleichweit ausgebreitet. Es geht vielmehr daraus hervor, dass diese Einlagerungen recht ungleich breit sind und desshalb recht ungleichmässig über einander folgen, dass beispielsweise die Tuffe und Paramelaphyre des Höllekopfs zeitliche Aequivalente für die Steinkohlen-Lager von Kam- merberg-Manebach sind. Vom Gabelbachsgrunde aus zieht sich: Glimmerporphyr ununterbrochen am Lindenberge und Flossberge hin, über das Schortenthal und den Rücken zwischen Oehrenstock und dem Schobsethale nach dem Hexensteine. Dieser Glimmerporphyr mit seinen beiden Einlagerungen, den grünen Schiefern des Gabelbachsgrundes (s. $. 16. 3) nahe der unteren Grenze und den Tuffen des Lindenbergs und Drei-Schwestern-Sitzes (s. $. 16. 2), höher oben gehört also zur oberen Abtheilung. Sein Liegendes ist bis zum Hüttenholze Granit, von da aus aber über das Öehrenstocker Feld hinweg bis zum Liebehen-Thale: Conglomeratischer Porphyr, welcher auch lithologisch demjenigen, durch welchen der obere Theil des Carl- Alexander -Stollens durchgeführt werden müsste, so nahe steht, dass er mit ihm in den gleichen Horizont gestellt werden kann. Die Decke dieses eonglomeratischen Porphyrs ist: Paramelaphyr, und zwar gegen W derjenige des Mühlenrandes, gegen 0 derjenige des Tragberges und Gotteskopfs, an welche sich das zweite Profil mit den Anthracosien -Schiefern des Amt-Gehrener Felsenkellers u. a. O. anschliesst. Aus der Zusammenfassung dieser Beobachtungen und Betrachtungen ergiebt sich mit Rücksicht auf die zeitlichen Aequivalenten folgende Uebersicht über die: VI. Lagerung. Lagerungsfolge [S4) -ı SV) der quarzfreien Porphyre und ihrer Begleiter am mittleren Thüringer Walde von oben nach unten. Oestlicher Theil des Gebietes. | Mittlerer Theil des Gebietes. Glimmerporphyre bei Amt-Gehren, an der Bornwand, auf der Kuppe des Langewiesener Tragberges, Hexensteines und Lindenberges. Kohlige Anthracosien-Schiefer Unterrethliegendes am Felsenkeller von Amt-Gehren, im Lohme- und Liebehen-Thale. Sandig-Schieferige Tuffe Conglomerate wechsellagernd Por- phyren und Glimmerporphy- und Tuffe Schwestern-Sitzes. des Lindenberges und Drei- mit conglomeratischen ren beim Sichelhammer, im Wohl- rosethale, an der Bornwand, im Lohme- thale, am Langewiesener Tragberge und im Liebehen-Thale. Glimmerporphyre der Gansleite, des Wohlroser Berges, im Schobse- und Schorte-Thale, des Floss- und Lindenberges. Quarzreiche Conglomerate, san- dige Tuffe und Schiefer bei Möhrenbach. Grüne tuffartige Schiefer im Ga- belbachsgrunde. Glimmerporphyre im Wohlrosethale, Schortethale, Gabelbachsgrunde und im Ilmthale unterhalb der Grossen Douche. Paramelaphyre, meist cavernöse und mandelsteinartige am Gotteskopfe und Langewiesener Tragberge, am Mühlenrande und bei der Gros- sen Douche. Tuff, Höllekopf , Paramelaphyr, a RL | en ER und im | Be s a nS Carl-Alexander- steinartig, Stollen. | Tuff Tuff und Conglomerat im oberen Theile des Carl-Alexander- Stollens. Conglomeratischer Porphyr 2 im oberen Theile des Carl-Alexander- Stollens. Westlicher Theil des Gebietes. Steinkohlen-Ablagerung von Kam- merberg und Manebach Oberes Carbon. Conglomeratische Porphyre des Oehrenstocker Feldes, im Carl-Alexander-Stollen, des Goldhelms nnd Dachskopfes. Glimmerporphyr des Teichrandes und Hohen Brandes. Melaphyr des Schneidemüllerkopfs. Paramelaphyr | des Schneidemüllerkopfs. 47° 374 VI. Lagerung. In dieser Uebersicht ist die Stellung der grünen Schiefer im Gabeibachsgrunde und der Tuffe am Lindenberg und Drei- Schwestern - Sitz etwas willkürlich. Die Vorkommnisse am Rennsteig und am südwestlichen Abhange des Waldgebirges haben in Ermängelung sicherer Anknüpfungspunkte darin keine Stelle erhalten. Das Alter umfasst einen mässig langen Zeitraum an der Grenze zwischen dem oberen Carbon und der unteren Dyas. Wie weit es unter das erste abwärts reicht und über das zweite aufwärts, müssen weitere Wahrnehmungen zeigen. Eine einfache Beziehung des chemischen Bestandes zu dem Alter besteht nicht, namentlich nieht mit besonderer Rücksicht auf den Kieselsäuregehalt. Es kommt mir nicht bei, an der eruptiven Natur der quarzfreien Porphyre zu zweifeln, aber eine Stelle, an welcher ihr Emporkommen aus der Tiefe wahrnehmbar wäre, habe ich — abgesehen von dem in $. 16. 3 erwähnten Aufschlusse des unteren Gabelbachsgrundes, der nicht ganz klar ist — nieht aufgefunden. Die Bänke dieser Porphyre sind als deckenarlige Ergüsse anzusehen mit unbe- kannten typhonischen Stielen. Viel weniger einfach sind die genetischen Beziehungen der conglomeratischen Porphyre wegen der gleichförmigen und reichlichen Einstreuung der Quarzbröckchen und durchaus nicht angeschmol- zenen Feldspathbröckchen. Die Conglomerate endlich und die Tuffe sind grösstentheils deutlich ge- schichtet und gehen in Sandsteine und Schiefer von sedimentärem Aussehen über. Den kohligen ver- steinerungsführenden Schiefern kann man eine dnrehaus sedimentäre Natur nieht absprechen. Zwischen einzelnen porphyrischen Ergüssen, die sich als Bänke darstellen, müssen längere Zwi- schenzeiten verlaufen sein, während deren sich Wasser in den Vertiefungen der Porphyrdecke ansam- melte und mit ihm Schutt und Schlamm und diese dauerten lange genug aus, um eine Vegetation an den Ufern und eine Fauna im Wasser aufkommen zu lassen. Wenn man nicht umhin kann, die reinen Massengesteine zu allernächst mit den eonglomera- tischen Massengesteinen, namentlich den mächtig- und breit-entwickelten Tuflen, als ein Ganzes zusam- menzufassen, so sind doch die Unterschiede zwischen dem chemischen Bestande derselben, namentlich in Bezug auf die Kieselsäure, auffallend gross. Indess ist schon mehrfach die Bemerkung gemacht worden, dass Laven, Auswürflinge und Aschen auch unserer jetzigen Eruptionen nicht die gleiche Zu- sammensetzung haben. $. 21. Verhältniss zum Waldgebirge. Zum Schlusse erübrigt es, die Bedeutung der quarzfreien Porphyre und ihrer Begleiter für das Thüringer Waldgebirge zu bezeichnen durch Angabe des Antheils, den sie an der Entstehung und Masse desselben nehmen. Dazu ist es nöthig, auf die Grundzüge der bisherigen Wahrnehmungen und daraus abgeleiteten Anschauungen zurückzugreifen. Die ältesten Gesteine des Thüringer Waldes sind bekanntlich azoische Grauwacke und Granit. Der letzte ist in der Gegend von Ilmenau jünger, als die erste!); an anderen Stellen mag er älter sein. Darüber folgen Silur, Devon und Kulm, welche durchsetzt von dioritischen und diabasischen Ge- steinen den südöstlichen Theil des Gebirges einnehmen. Produktives Carbon nimmt nur einen sehr 1) E. E. Schmid, Der Ehrenberg bei Ilmenau. 1876. VI. Lagerung. 375 mässigen Antheil am Bau des Gebirges. Sehr bedeutsam namentlich für den nordwestlichen Theil des Gebirges ist das Rothliegende. Durch ihre Tuffe und Conglomerate mit dem oberen Carbon und dem unteren Rothliegenden innig verknüpft treten quarzführende und quarzfreie Porphyre als wesentliche Bildungsmassen desselben Theiles hervor. Der Zechstein bedeckt nur den Fuss des Gebirges. Die Trias zieht sich noch mehr vom Gebirge zurück; jedoch finden sich Reste der unteren Trias, nämlich des Buntsandsteines, noch auf dem Rücken des Gebirges bei Steinheide. Der Thüringer Wald ist bekanntlich ebensowenig wie der Harz ein einfaches Gebirge, indem die ihn zusammensetzenden Sedimente nicht alle parallel der Kaımmlinie streichen, vielmehr die älteren bis zum Kulm rechtwinkelig dagegen. Die Thatsache der Faltung der älteren Sedimente in südwest- lich -nordöstlicher Richtung, der jüngeren in südöstlich - nordwestlicher hat bisher ihren hypothetischen Ausdruck in der Annahme zweier Hebungssysteme, eines älteren und eines jüngeren gefunden. Als Ursache der jüngeren Hebung des Thüringer Waldgebirges galt bisher die Eruption der Porphyre, wie sich dieselbe in den ihren Karten beigefügten Durchschnitten bei Heinr. Credner und v. Cotta veranschaulicht findet !). So ausgedrückt liegt aber in dieser Ansicht ein Widerspruch schon gegen die älteren Beobachtungen, auf deren Grund die Porphyreruptionen in die Zeit des Absatzes vom Rothliegenden versetzt werden müssten, während der Hebung nicht nur zugleich der Zechstein, sondern auch die gesammte Trias unterliegen. Man hälte wenigstens anstatt „Eruption“ einsetzen müs- sen „Emporkommen“ und den Porphyren nach ihrer Eruption eine noch lange, bis zum Abschlusse der triadischen Sedimente fortdauernde Bewegung nach aufwärts zuschreiben. Aber auch so ausge- drückt, ist die Ansicht von der Erhebung des Waldgebirges dureh die Porphyre keine nothwendige, ja sie ist nicht einmal eine mögliche. Die Annahme mächtiger, schon für sich gebirgsartiger Porphyrstöcke ist durchaus nicht eine richtige Abstraktion aus der Erfahrung, sondern eine willkürliche Einbildung. Mächtige Porphyrgänge kommen wohl vor, aber nicht eben häufig. Die grosse Masse der Porphyre erscheint in Form von Decken, welche wiederum in einzelne Bänke zerfallen. Für die quarzfreien Porphyre ist das bereits am Schlusse des vorigen Paragraphen ausgeführt; für die quarzführenden Porphyre isi es noch viel augenfälliger; unter ihren Decken tritt das Rothliegende nicht nur längs der Erosionsthäler am Ab- hange, sondern mitunter auch über den Gebirgsrücken hinweg hervor. Entsprechen aber die Porphyr- Decken und Bänke einzelnen, durchaus nicht stetig über einander erfolgten Ergüssen, so können diese Ergüsse unmöglich in den gewundenen und gekräuselten Formen erfolgt sein, in welchen sie uns jetzt entgegentreten, so müssen sie dieselben vielmehr erst nach ihrer Erstarrung angenommen haben in Folge äusserer Einwirkung. Und worauf Anderes kann diese Einwirkung hinauskommen, als auf Zu- sammenschiebung ? Bei der minimalen Plastieität und Blastieität der Porphyre kann freilich eine Zusammenschiebung an der Erdoberfläche nicht zu solchen zusammenhängenden Biegungen führen, wie wir sie an den Porphyrbänken beobachten, wenn auch dieselben oft genug durch Spaltungen und Zertrümmerungen unterbrochen sind. Sie setzen vielmehr einen allseitig starken Druck, zugleich wirksam mit der Zu- sammenschiebung voraus, wie ihn eine bis zur oberen Trias hinaufreichende Gewölbedecke ausüben konnte. Was wir jetzt nach theilweiser, aber überall tiefer Abtragung dieser Gewölbedecke noch vor uns haben, ist nicht das Resultat der aktiven Emportreibung eines Porphyrmassivs zwischen auseinan- der gedrängten Spaltenrändern, sondern der faltigen Auftreibung eines Bodens, dessen emporgedrängter 1) S. d. Anm. zu $. 7. 376 VI. Lagerung. Tiefe der Porphyr angehörte durch seitlichen Zusammenschub, einer theilweisen Abtragung dieser Auf- treibung und dadurch Entblössung (Denudation) der Tiefe. Die Rolle, welche die Porphyre dabei spie- len, ist eine rein passive. Mit diesen Anschauungen, welche unmittelbar aus den Beobachtungen am Thüringer Waldge- birge abgeleitet sind, stimmen diejenigen sehr wohl überein, welche in der neueren, von A. Heim!) ebenso knapp als klar dargelegten Lehre von der Entstehung der Kettengebirge immer weiter um sich greifen. Die quarzfreien Porphyre und ihre Begleiter, welche durch tiefeingreifende Denudation als ober- flächliche Decke erscheinen, und als solche in der Mitte des Thüringer Waldgebirges ein selbststän- diges Gebiet einnehmen, ruht im O und S auf azoischer Grauwacke, im W und N auf Granit. Die azoische Grauwacke tritt als Unterlage aus der porphyrischen Decke selbst bis zu dem Gebirgsrücken, zwischen dem Dreiherrnstein und der Ochsenbacher Mühle, breit hervor. Sie zeigt sich auch in recht eigenthümlicher Weise auf dem Boden des Wohlrosethals, und ist hier neben der Chaussee oberhalb der ersten Schneidemühle durch Abschürfung entblösst. Sie erhebt sich als abgerundete Kuppe über die Thalsohle und ist von stark, aber gleichmässig gebogenen, etwas trümmerhaft entwickelten Glim- merporphyr-Bänken überwölbt. In noch eigenthümlicherer Weise zieht sich ein schmaler, gerader, an beiden Enden zugespitzter Streif sehr quarzitischer Grauwacke über den Rücken zwischen dem Silber- berg und hinterem Schmiedeberg aus dem Thalgrunde der Gruberen nach dem Wohlrosethale. Sie entspricht wahrscheinlich einer eingeklemmten oder aufgerichteten Scholle. Die Granite finden sich im Ilmthale zwischen dem Rabenthale und Langebache, oberhalb IIme- nau und wiederum zwischen dem Neuhause und der Herrenmühle unterhalb Imenau, an beiden Stel- len hoch an den Abhängen hinauf reichend. Auch die Einschnitte des Langebach und des Wildthales entblössen ihn. Man ersieht daraus, dass die Mächtigkeit der Decke, welche aus dem quarzfreien Porphyr und seinen Begleitern zusammengesetzt ist, nicht beträchtlich sein kann. 1) A. Heim, Ueber die Stauung und Faltung der Erdrinde 1878. Fig. Fig. Fig. Für alle Figuren gelten folgende Bezeichnungen: Erklärung der Abbildungen. Axenzellen der Tentakeln. gl Genitallamelle. r Radialkanal. Stützzellen und Stützfasern. h Keimbläschen. s Stützlamelle zwischen Ektoderm und Cuticula. k Keimzellen. Entoderm; s’ innerhalb des Ekto- Epithelzellen des Ektoderms. 1 Tentakelscheide. derms entstandene Stützlamelle. Entodermzellen der Gallerte. m Muskelfibrillen. t Tentakel. Entodermlamelle. mz Muskelzellen, welche aus dem Epi- u Subepitheliales Gewebe. Ektoderm; ek! Ektoderm der dor- thel ausgeschieden sind. v Velum. salen Schirmfläche; ek? der ventralen n Nesselzellen. w Tentakelwurzel. Schirmfläche; ek? der Magenwand. o Eier. x Gallerte. Körnerzellen. p Spermatozoen. y Kerne der Stützfasern. Geschlechtsorgane. q Spermatozoenmutterzellen. Die Bezeichnungen der Linsen beziehen sich auf Zeiss’sche Systeme. Tafel I. 1. Stück eines Querschnitts durch das Ovarium von Mitrocoma Annae. F. Oe. 1. 2. Stück eines Querschnitts durch das Oyarium von Lizzia Koellikeri. F. Oc. I. 3. Querschnitt durch ein bandförmiges Geschlechtsorgan von Mitrocoma Annae. Die linke Hälfte von einem weib- lichen, die rechte Hälfte von einem männlichen Thier gezeichnet. C. Oc. II. 4. Querschnitt durch eine Hodenlamelle von Oceania conica. F. Oe. 1. 5. Ein Stück der Hodenlamelle von Fig. 3 beim Uebergang in den Faltenrand. F. Oec. I. 6. Querschnitt durch die Uebergangsstelle der Magenwand in die Subumbrella von Cunina sol maris. F. Oe. I. 7. Radialschnitt durch den Schirm, die Subumbrella und die Entodermlamelle von Lizzia Koellikeri. F. Oe. I. 8. Querschnitt durch die Hodenlamelle von Oceania conica am Uebergang in die Magenfalte. D. Oec. 1. 9. Zwei Epithelzellen mit Cuticula von der Oberfläche des Schirms von Cunina sol maris. F. Oec. I. 10. Querschnitt durch die Entodermlamelle von Aurelia beim Uebergang in einen Gastrovaseularkanal. F. Oc. I. 11. Entodermlamelle von Carmarina hastata von der Subumbrella aus gesehen. F. Oe. I. 12. Stück eines Querschnitts durch das Ovarıum von Lizzia Koellikeri. F. Oc. I. 13. Entodermlamelle von Aequorea Forskalea von der Fläche gesehen. F. Oe. I. 14. Stück eines Querschnitts durch einen schlauchförmigen Tentakel von Carmarina. 15. Radialschnitt durch die Subumbrella von Aequorea Forskalea unterhalb des Ringkanals. F. Oc. I. 16. Querschnitt durch den interradialen Muskel des Magenstiels von Carmarina hastata. D. Oe. I. 17. Querschnitt durch eine Tentakelanlage von Cunina sol maris. D. Oe. I. 18. Radialschnitt durch die Subumbrella von Aequorea Forskalea medianwärts vom Ringkanal. F. Oc. I. 19. Radialschnitt durch das Velum einer jungen Carmarina hastata. F. Oc. I. 2 20. Radialschnitt durch das Velum einer der Geschlechtsreife nahe stehenden Carmarina hastata. F. Oc. I. Tafel II. 1. Stück eines Querschnitts durch den Radialmuskel, der das Geschlechtsblatt von Carmarina hastata in zwei Ge- schlechtslamellen zerlegt. F. Oe. I. 2. Stück eines Querschnitts durch eine Ovariallamelle von Carmarina hastata. F. Oe. I. 3. Stück eines Querschnitts durch eine Geschlechtslamelle von Carmarina hastata. Junges Thier. F. Oe. I. 4. Stück eines Querschnitts durch das Ovarialblatt von Glossocodon mucronatum; mittelgrosses Exemplar. F. Oc. I. . 5. Stück eines Querschnitts durch das Ovarialblatt von Glossocodon mueronatum; der Geschlechtsreife nahe stehendes Thier. F. Oe. I. 6. Stück eines Querschnitts durch das Ovarialblatt von einem sehr jungen Thier von Glossocodon mucronatum. F. Oe. I. 7. Querschnitt durch den Rand eines Oyarialblattes von einem mittelgrossen Thier von Glossocodon mueronatum. F. Oe. I. 8. Querschnitt durch das Ovarium von Rhopalonema velatum. D.' Oc. I. Fig. Fig. Erklärung der Abbildungen. . 9 und 10. Querschnitte durch Eierstöcke von Cunina sol maris. Fig. 9 Ovarialanlage ohne Ei, Fig. 10 Ovarium mit grossem Ei und einigen in der Reifung begriffenen Eikeimen. Die Keimmasse wird durch eine Stützlamelle vom Ektodermepithel getrennt. C. Oe. II. ie. 11. Querschnitt durch das Ovarium von Octorchis Gegenbauri. D. 0e. I. ig. 12. Theil eines Querschnitts durch die Magentasche einer jungen Cunina lativentris, bei der als erste Anlage Wer Ge- schlechtsorgane eine Vermehrung der subepithelialen Zellen eingetreten ist. D. Oec. I. ic, 13. Theil eines Querschnitts durch die Magentasche einer noch nicht völlig geschlechtsreifen männlichen Cunina lati- ventris. D. Oec. I. ic. 14. Querschnitt durch die Magenwand einer weiblichen Cunina sol maris. C. Oc. I. g. 15. Stück eines Querschnitts durch die Magentasche einer männlichen geschlechtsreifen Cunina lativentris. D. Oec. I. ig. 18. Die an die Oberfläche und an die Stützlamelle grenzenden Ektodermtheile eines derartigen Querschnitts bei stär- kerer Vergrösserung. Imm. 2. Oe. I. . 16 und 17. Theile aus der Figur 10 bei stärkerer Vergrösserung. Imm. 2. Oe. I. . 19—22. Querschnitte durch die Geschlechtsfalte von Aequorea Forskalea. Fig. 22 Stücke aus verschiedenen Gegenden einer Geschlechtslamelle: A. der an die Gallerte (x) grenzende Theil; B. Anfangstheil und C. mittlerer Theil der eigentlichen Oyariallamelle; D. der den Faltenrand bildende Theil, in dem der radiale Muskel liegt. C. Oc. I. . 19—21. Stücke aus dem Anfangstheil bei stärkerer Vergrösserung, um den allmählichen Uebergang der subepithelialen Zellen in Eizellen zu zeigen. Imm. 2. Oe. I. Tafel III. . 1. Querschnitt durch den Schirm von Aequorea Forskalea senkrecht zur Richtung der Radialkanäle, von denen vier mit ihren Geschlechtslamellen zu sehen sind; etwa vierfach vergrössert. 2. Die Hälfte eines Querschnitts durch den Magen von Lizzia Koellikeri mit zwei Geschlechtsorganen, von denen ein jedes durch den Radialmuskelstrang in zwei gefaltete Geschlechtslamellen zerlegt wird; bei zwanzigfacher Ver- grösserung. 3. Die untere, die Geschlechtsorgane enthaltende Wand eines Radialkanals von Aequorea Forskalea vom Schirm los- gelöst und ausgebreitet; bei ungefähr doppelter Vergrösserung; der Radialmuskel, welcher die beiden Geschlechts- lamellen trennt, eingezeichnet. 4. Die Hälfte eines Querschnitts durch den Magen von Oceania conica ungefähr in der Mitte zwischen Basis des Magens und Mundöffnung. Die interradialen Geschlechtsorgane werden durch radiale Muskelzüge von einander ge- trennt; bei zwanzigfacher Vergrösserung. . 5. Der Magen von Oceania conica in seitlicher Ansicht, ungefähr um das Doppelte vergrössert. . 6. Der Magen von Lizzia Koellikeri von dem die Mundöffnung tragenden Ende aus betrachtet, etwa um das Doppelte vergrössert. . 7. Die Hälfte eines Querschnitts durch Magen und Schirm einer Oceania conica dicht an der Stelle, wo die Radial- kanäle vom Magen entspringen; bei zwanzigfacher Vergrösserung. . 8—13. Cunina sol maris. g. 8. seitliche Ansicht der Tentakelwurzel, das Verhalten der Magentasche nach einem Querschnitt eingezeichnet; bei ungefähr zwanzigfacher Vergrösserung. 3. 911. Querschnitte durch die untere, die Geschlechtsproducte erzeugende Wand des Gastrovascularsystems. Fig. 9. Querschnitt durch den Magen. Fig. 10 durch den Magen und einen Zipfel der Magentasche. Fig. 11 durch die Mitte der Magentasche. Fig. 12. Ansicht der Tentakelaxe. C. Oc. I. etwas verkleinert. Fig. 13. Die an die Stützlamelle grenzenden Theile zweier Zellen bei stärkerer Vergrösserung A. auf dem Längsschnitt, B. von der Fläche betrachtet. F. Oc. I. Fig. 14 und 15. Schemata zur Reduction der Meduse auf den Hydroidpolypen: Fig. 14 des Hydroiden, Fig. 15 der Meduse. Fig. 16. Querschnitt durch das Geschlechtsblatt einer Carmarina senkrecht zur Richtung des Radialkanals. Fig. 17. Querschnitt durch den Anfang der Tentakelwurzel, um zu zeigen, wie sich das Epithel des Tentakels und der Schirmoberfläche in die Wurzelscheide fortsetzt. F. Oc. I. auf die Hälfte verkleinert. Fig. 18. Ende der Tentakelwurzel. €. Oc. I. auf die Hälfte verkleinert. Fig. 19. Querschnitt durch den Magenstiel einer Carmarina, etwa siebenfach vergrössert. Fig. 20—24. Copien nach Allman, Agassiz und v. Beneden. Fig. 20. Eine Geschlechtsknospe von Myriothela nach Allman. Fig. 21—22. Eine junge, in Entwicklung begriffene Sarsia mirabilis: Fig. 21 auf dem optischen Längsschnitt, Fig. 22 auf dem optischen Querschnitt; nach Agassiz. Fig. 23—24. N Männliche Geschlechtsknospen von Hydractinia echinata in verschiedenen Entwicklungszuständen nach v. Be- neden. Taf.l. JENA. DENKSCHRINTEN Ba.Il. Ne se ze rue LITE SaBasI nn 3730 BF wunnnregpst IM = Ko aee Fig. 10. ERS Q TIEREN o& 3 a, rn N I ® / a a Lith,änst v. G.C.Müller Jena. Hertwig del. Verlag v. Qustav Fischer, Jena. Taf Il. =] ‚JENA. DENKSCHRIRTEN bd.ll. n d......- me ERS En Dean BEZHUIPT 7 EREET re Fe 9 RISEBEBB 7 RN KOENEDE KINTTTE Hein) WA) N Zn B) „ee Fe Tarran®\ De S e eLKere DEU ERREN 6) BT ERDE Hal eo 5 Luh.Anst.v. G C.Müller, Jena. Verlag v. Gustav Fischer, Jena I: Jana Denksen RIETEN Bd. II. j Tat IT. ; Hertwig del. * Verlagv.Gustav Fischer, Jena. Lith Anst v.G.C.Müller, Jena”. Frommann, (tewebsveränderungen . N Fis.. SE Erommann del. (JEN.. DENKSCHRIF'TEN, Bd.lL. Taf. IV, ) Aka I Verlag, v. Gustav Fischer, Jena Lith’Anst v.G.0.Müller, Jena, Frommann, Gewebsveränderungen (JEN. DENKSCHRIFTEN, Ball Tat.V.) Taf.IE. Fig.13. ommann dei. Verlag v. Gustav Fischer, Jena. S Lith.Anst.v.&.C.Müller, Jena. Hertwig, Radiolarien, (JEN. DENKSCHRIFTEN, BOTL.TAR\T.) Taf Tigl. Tig.2. Wertwis del ; 2 Verlag von Gustav Fischer in Jena Lith.Anst,v.&.C.Müller, Jena. nt 2 x ’ < x Hertwig, Radiolarien. i (JEN. DENKSCHRIFTEN, BAlLTar.vıR) Taf. R.Hertwig del. . Verlag von Gustav Fischer, in Jena. eLith.Anst.v.0.C.Müller, Jena. Herwig, Radiolarien. ( JEN. DENKSCHRIE TEN, BA. Tat.) Tig.2. S un nn Taf. R-Hertwig del, Verlag v. Gustav Fischer, Jena. BR; RN h Hertwig, Radiolavien. (JEN.DENKSCHRIFTEN, BaLI. Taf. IX) Taf. IV. Tig.2. R.Hertwig del. Verlag v. Gustav Fischer in Jena‘. i Lith. Anst.v.@.0.Muller, Jena, _ Hertwig Radiolarien. (JEN. DENKSCHRIFTEN, Bal.Tat.X.) Tar.V. Fig.T. Raklertwig del Verlag v.Custav Fischer Jena. Lith.Anst.v&0. Müller Jena. ( JEN.DENKSCHRIFTEN, BAT Tal. Hertwig Radiolanen Taf. MI >. NE \ a SasS2 en MOD AS oO 032 QDm x Sn JISS, Peer Re ey IT = Te DA ie Le) ae) I) OuaRr ajajaz — . Big.10. | II f If ul Hd | } | Ss de I < S59909 S SSS5S5>-_— R.Hertwig del. Verlag v. Gustav Fischer, Jena Se N eh dur" Hertwig, Radiolavien. (JEN. DENKSCHRIF'TEN, BALL. Tat.X) Tac\ı % SAMEN 7 SNISOL. h OSB Lay RDOA N AN NO N rm a MN B z 2 In Da, WA \ € . | | I} I = lnmmılıll. | srTITEL hl j I} | NER en er IS / nr Fr RiHertwig del. Verlag v. Gustav Fischer, Jena Lith.Anst.y. G.0. Müller, Jena Herwig, Radiolarien. (JEN,DENKSCHRIFTEN, Bdl.TatXIl) Fee, 00 Ill N ON) R-Haskis del „Verlag v. Gustav Fischer, Jena. j Lith.Ansev&.6.Müller, J=a Hertwig, Radiolarian.. (JEN. DENKSCHRIRTEN, Bd. Taf AV.) Fig. 2. (ER IN Raklertwig del. ; Verlag v Gustav Fischer, Jena. u Hertwis, Radiolarien. (JEN. DENKSCHRIF TEN, Bd I. Taf.XV..) Taf. X. Fig.1®. m N m Deren u Int | 7 7 h Di Fie.3. » 8.0. | op, b \_ R.Hertwig del Verlag v. Gustav Fischer, Jena. Lith-Anst.v. GC. Müller, Jena Fig. Fig. Fig. Fig. . 10. 11. . 12, . 18. . 14. 15. 16. 17. Erklärung der Abbildungen. Tara Seite Feldspath. Glimmerporphyr. Liebchenthal nahe dem Ursprunge des@Baches 2 SL. er 1er (Jen. Denkschr. 299. 325) Feldspath.. Glimmerposphyr. Oehrenstock über dem Fahrwege nach Langewieseen . . - » 2... 17.43 (Jen. Denkschr. 299. 325) Feldspath braun durchstäubt mit hellem Rande. Glimmerporphyr. Schobsethal. Flossteich . . ee ei (Jen. Denkschr. 325) Feldspath braun umsäumt. Glimmerporphyr. Zwischen Albertinenlust und Eberesch, neben dem Gange grobkörnigen QuarzporphyIs . - » » 2 nn nn mn nn nn nen nn 4b (Jen. Denkschr. 325) Feldspath mit Andeutung chromatischer Polarisation und zweifach polysynthetischer Zu- sammensetzung. Glimmerporphyr. Nördlicher Fuss des Stechberges neben einem Fluss- spathgang . ee 43. 44. 45 (Jen. Denkschr. 325. 326. 327) Feldspath mit Andeutung chromatischer Polarisation und zweifach polysynthetischer Zu- sammensetzung. Glimmerporphyr. Neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Breitenbach, am@A'phangerdes@limsenbergsi Lu Er BR Er Es Br Be Er Be ee 1 EEE (Jen. Denkschr. 301. 325. 326. 327) Feldspath verwittert, mit Andeutung chromatischer Polarisation. Ueber der Kammerberger Mühlen... 2 ee ER TERRA N re Nr RESTE UL VE P= FON REL: BER" Haare MER = DEE" ER“ ee (Jen. Denkschr. 326. 333) Feldspath mit Andeutung chromatischer Polarisation. Glimmerporphyr aus Conglomerat. Schobsethal neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Neustadt am Rennsteig oberhalb des Belsenkellers”yon Amt-Gehren .) 1. LE re er ee Er > (Jen. Denkschr. 366) Feldspath von dunkelen Schläuchen und Kanälen durchzogen. Conglomeratischer Porphyr. Neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Breitenbach, nahe dem Sichelhammer 46 (Jen. Denkschr. 328) Feldspath, weisslich getrübt mit Viridit und Ferrit, auch einem Apatit-Einschluss. Conglo- meratischer Porphyr. Chaussee von Amt-Gehren nach Neustadt am Rennsteig bei Aus- bieguns@derselben ausydemaSchobsethaler nr. rn EEE EEE 17 (Jen. Denkschr. 356) Feldspath mit Andeutung chromatischer Polarisation und mehrfach polysynthetischer Zu- sammensetzung. Melaphyr. Obere dunkele Bänke im Steinbruche des Schneidemüllers- kopfs. 34. 45. 52 (Jen. Denkschr. 316. 327. 334) Feldspath mit blätteriger Absonderung und erweiterten Kanälen längs der Blätterdurch- gänge. Melaphyr. Obere dunkele Bänke im Steinbruche des Schneidemüllerkopfe SAmA5BZ (Jen. Denkschr. 316. 327. 334) Feldspath mit langgezogenen, schmalumsäumten Schläuchen. Paramelaphyr. Untere lichte Bänke im Steinbruche des Schneidemüllerskopfs . . . 2 2 2 2 2 2... 0 Zi ii il (Jen. Denkschr. 327. 328. 333) Langgezogene, gerade, schmalumsäumte Schläuche in Feldspath. Paramelaphyr. Untere, lichte Bänke im Steinbruche des Schneidemüllerskopfs . 38. Sl 3 (Jen. Denkschr. 320. 333) Gitter langgezogener, schmalumsäumter Schläuche in Feldspath. Paramelaphyr. Untere, lichte Bänke im Steinbruche des Schneidemüllerskopfs . . . . 2... 38a (Jen. Denkschr. 320. 328. 333) Feldspathleiste mit Endflächen. Cavernöser Paramelaphyr. Zwischen Hoher Schlaufe und Gickelhahn Ben a | (Jen. Denkschr. 329) Feldspathleiste mit Endflächen. Cavernöser Paramelaphyr. Zwischen Hoher Schlaufe und Gickelhahn 47 (Jen. Denkschr. 329) Map HRIFTEN, Ba I. Taf.) \ ) (JEN. DENRSC chmid, Quarzir.Porph. {u} #9) BE Verlag v. Gustav Fischer, Jena GB. Nat gez. E. Schmid a “ ji Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 10. 11. ig. 13. 14, 15. 380 Taf. II Breite Feldspath-Tafel mit Einschlüssen von feinen Feldspathleisten, Apatit-Prismen, Vi- ridit und Ferrit, umgeben von schmalen Feldspathleisten mit wenig Viridit und viel Ferrit; Ferrit theils in Körnern, theils in Körnchen-Haufen, theils in einzelnen Körn- chen. Paramelaphyr. Untere lichte Bänke im Steinbruche des Schneidemüllerkopffs . . . . 38. 39. 45. 47 (Jen. Deukschr. 320. 321. 327. 329) Seite Dünne Feldspathleisten mit Ferrit. Paramelaphyr. Grosse Douche bei Ilmenau. gi 27. 47 s (Jen. Denkschr. 309. 329) Paroligoklas-Prismen in ferritisch verdunkelter Grundmasse. Paroligoklasit. IImsengrund . 40. 41 (Jen. Denkschr. 322. 323) Polysynthetische Feldspath-Leisten, dicht zusammengeschoben mit Ferrit. Paramelaphyr. Gotteskopfabei® Amt GehrenWegr ER Er Br Er Ge Br a 25. 47 (Jen. Denkschr. 307. 329) Polysynthetische Feldspath-Leisten, umgeben von monochroitischem Viridit und Fervit. Paramelaphyr. Untere lichte Bänke im Steinbruche des Schneidemüllerskopfs. . . . . . 88.39. 47. 48. 58 (Jen. Denkschr. 320. 321. 329. 330. 340) Glimmer, gelb, parallel dem Hauptblätterdurehgange durchschnitten mit Gleitflächen, zwi- schen denen Ferrit eingedrungen ist. Glimmerporphyr. Oehrenstock ern. 6 16. 52. 53 (Jen. Denkschr. 298. 334. 335) Glimmer, gelb, nahe rechtwinkelig zu dem Hauptblätterdurchgange durchschnitten, mit Gleitflächen, von Ferrit durchzogen in Richtung sowohl der Blätterdurchgänge als auch der Gleitflächen. Glimmerporphyr. Oehrenstock BO OLE so 16. 52. 53 (Jen. Denkschr. 298. 334. 335) Glimmer, gelb, stark von opakem Ferrit durchsetzt und umhüllt. Parallel an ihn ange- lagert ein Apatit-Prisma mit Viridit-Einschluss. Glimmerporphyr. Neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Breitenbach, nahe dem Drahthammer . . . 2... nn nn nn. ee 53 (Jen. Denkschr. 335) Glimmer, blassgelb, mit eingelagertem Kalkspath und Ferrit. Glimmerporphyr. Wil- helmsleite nahe der Kuppe . EEE 52. 54 (Jen. Denkschr. 334. 336) Glimmer, blassgelb; Blätterdurchgänge und Gleitflächen von Ferrit imprägnirt. Glimmer- PorphyesssSüdlichwdem@Hiöllteic he pass. 12 Er EEE EEE 7 > (Jen. Denkschr. 334. 335) Glimmer, gelb, mit Gleitflächen, welche sehr stark von Ferrit durchzogen sind, und dicker Ferrit-Hülle. Glimmerporphyr. Fuss des Dachskopfs . . . . 2... 2 2 2 00. 52. 53. 54 (Jen. Denkschr. 334. 335. 336) Augit. griessig, braun, weder polychroitisch noch doppeltbrechend. Paramelaphyr. Müh- lenrand ‘bei Oehrenstöck . . . .. nu a 0 ee a re Er <> (Jen. Denkschr. 337) Augit, griessig, braun, mit farblosen, breiten, gewundenen Bändern. Paramelaphyr- Mandelstein. Tragberg und Langewiesen seele 06) (Jen. Denkschr. 337) Augit-Form von äusserst fein- und verworren-körnigem Kalkspathe eingenommen, mit Einschlüssen von Apatit-Prismen, Ferrit-Prismen und Körnern, und anderweitigen Mi- krolithen. Glimmerporphyr. “Euss des Lindenberes sro 55 (Jen. Denkschr. 337) Augit-Formen von Viridit, Quarz und Ferrit eingenommen (Viridit in der Zeichnung fein punktirt), Quarz mit Einschlüssen von Apatit. Glimmerporphyr. Ueber der Kammer- berger Mühle ER 55 (Jen. Denkschr. 337) R.R.Schnid, Onanzir. Porph ( JEN. DENKSCHRIFTEN, Ba. I. Taf) TafIl Nat gez.v. B. Schmid Verlag v. Gustav Fischer‘, Jena. LithAnsty. &.C’Müller, Jena. ® j E an re?) . 4 Pr Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. [S\} 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. Taf, IIL Augit-Form, erfüllt von grobkörnigem, zum Theil geradkantigem Quarze mit Einschlüssen von Apa- Seite tit-Prismen und braunem Ferrit. Glimmerporphyr. Neben der Chaussee unterhalb der Kammer- bergerP Mühle rn ER EB Br Se Er o B- Be ar RS ee a a Ba Bu SE Be > (Jen. Denkschr. 337) Augit-Form, erfüllt von regellos in einander geschobenen, jedes für sich lebhaft und irisirend chro- matisch - polarisirenden Quarztheilchen, mit Feldspath-Leisten und körnigen bis staubigen Ferrit- Einstreuungen. Glimmerporphyr. Wilhelmsleite, nahe der Kuppe Ben. O2) (Jen. Denkschr. 337) Feldspath-Leisten und Augit- Formen in rothbrauner, nur schwach durchscheinender Grundmasse. Die Augit-Formen stark verzogen, quarzitisch erfüllt, von Ferrit durchsetzt. Paramelaphyr. Ab- Ihangfdes@Elollekopfsg segen NV ar ar. Bur- 2 Er BEE Er er ee EEE EEE > 95 (Jen. Denkschr. 311. 337) Augit-Form, erfüllt von feinkörnigem Kalkspath mit Einschlüssen von Ferrit und wenig bräunlich- grünem Viridit, durchzogen von sehr zart umrissenen klaren, farblosen Adern. Glimmerporphyr. Thalgrund nordöstlich Manebach an der Weimarisch-Gothaischen Grenze . 5 N (Jen. Denkschr. 337) Augit-Form, erfüllt von gelblich-grünem, schwach dichroitischem Viridit mit Einschlüssen von Apa- tit und Ferrit. Glimmerporphyr. Steinbruch im Ascherofen . su SoRlUeee vrosnike (Jen. Denkschr. 337) Augit-Form, erfüllt von einheitlich-spaltbarem Kalkspathe mit etwas Ferrit. Paramelaphyr. Schobsethal nahe der untersten Schneidemühle . a E- (Jen. Denkschr. 337) Augit-Form, erfüllt von fein- und verworren-körnigem Kalkspath, durchsetzt und umhüllt von Ferrit. Paramelaphyr. Zwischen der Hohen Schlaufe und dem Gickelhahn. . . . . . 2. 2. 22... 55 (Jen. Denkschr. 337) Augit-Form, sehr verzogen, erfüllt von verworren-körnigem Quarzit, mit reichlichen Einschlüssen von opakem Ferrit in Form von Trichiten und Margariten. Paramelaphyr. Höllekopf, Abhang gegen NW . NS rer (Jen. Denkschr. 337) Augit-Form, quarzitisch und ferritisch erfüllt. Cavernöser Paramelaphyr. Nordwestlicher Abhang des Höllekopfs . ar di.o (Jen. Denkschr. 337) Zwischen Glimmer und Hornblende stehende Form, von concentrisch-strahlig aggregirter Substanz erfüllt GTimmer=Borp hy to herzBrran dr (Jen. Denkschr. 337) Zwischen Glimmer und Hornblende stehende Form, von blassgelber, nicht dichroitischer, verwor- ren-doppeltbrechender Substanz mit viel Ferrit erfüllt. Glimmerporphyr. Teichrand. . . 2.2.2... 55 (Jen. Denkschr. 337) Zwischen Glimmer und Hornblende stehende Form, erfüllt von nieht dichroitischer, aber doppelt- brechender Substanz. Glimmerporphyr. Quaerigberg Ra 54 (Jen. Denkschr. 336) Zwischen Glimmer und Hornblende stehende Form, erfüllt von nieht dichroitischer, aber doppelt- brechender Substanz. Glimmerporphyr. Quaerigberg . Sue Se Io. E54 (Jen. Denkschr. 336) Zwischen Glimmer und Hornblende stehende Form, erfüllt von nicht dichroitischer, aber doppelt- brechender Substanz. Glimmerporphyr. Quaerigberg ie va. ek: (Jen. Denkschr. 336) Enstatit-artiges Mineral, grün; rechts ein Krystall in beginnender, links ein solcher in vorgeschrit- tener Veränderung. Melaphyr. Schneidemüllerskopf. . 0... 0.0000 234 51 (Jen. Denkschr. 316. 339) Enstatit-artiges Mineral, grün. Melaphyr. Schneidemüllerskopff . . 2 2. 2 2 2 2 2 2 22202 .84 57 (Jen. Denkschr. 316. 339) EB. Scmid, Quarziv. Porph, (JEN. DENKSCHRIFTEN, BTL. Taf. VIE) Taf. III. Da 0 Fig.3. & ig4. 8 NEN: geay. B.Schunid. Verlag y Gustav Fischer Jena Lith Anstr.G.C.Miller, Jena Fig. ig. 18. ig. 19. 17. . 20. 389 Seite Enstatit-artiges Mineral, grün, faserig-aggregivt. Melaphyr. Schneidemüllerskopff . . » 2. 2 2..2....%84. 57 (Jen. Denkschr. 316. 339) Diallag-artiges Mineral, Apatit einschliessend. Glimmerporphyr. Neben der Chaussee von Amt- Gehren nach Breitenbach, am Abhange des Imsenbergs . . » 2 2. nn m m m nn nn. 19. 56 (Jen. Denkschr. 301. 338) Diallag-artiges Mineral, Apatit und Ferrit einschliessend. Glimmerporphyr. Steinbruch im Ascherofen . . . . 56 (Jen. Denkschr. 338) Diallag-artiges Mineral, in beginnender Veränderung. Glimmerporphyr. Neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Breitenbach am Abhange des Ilmsenberges . . . 2 2 2 nn nn nen nn 0. 20. 57 (Jen. Denkschr. 302. 339) Diallag-artiges Mineral in vorgeschrittener Veränderung, aber noch stark chromatisch-polarisirend. Glimmerporphyr. Neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Breitenbach am Abhange des Ilm- BEIDEN SPERREN en a ee ee en Tee 2 Url (Jen. Denkschr. 302. 339) Enstatit-artiges Mineral, gelb. Melaphyr. Schneidemüllerskopff . . . 2 2 2 2 2 nn nn. 84. 85. 57 (Jen. Denkschr. 316. 317. 339) Enstatit-artiges Mineral, Olivin-artig verändert. Melaphyr. Schneidemüllerskopff . . » » 2. 2 2 .2.....85 (Jen. Denkschr. 317) Enstatit-artiges Mineral, Olivin-artig verändert. Melaphyr. Schneidemüllerskopff . . . » . 2 2..2.....85 (Jen. Denkschr. 317) Enstatit-artiges Mineral, Olivin-artig verändert. Melaphyr. Schneidemüllerskopff . . » » 2 2 2.2..2...85 (Jen. Denkschr. 317) Flussspath (?). Glimmerporphyr. Neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Breitenbach am Ab- haneekdeswllmsenberses nr N N 206 (Jen. Denkschr. 302. 346) Flussspath (?). Glimmerporphyr. Zwischen Albertinenlust und Eberesch. . . » 2 2. 2 0m nn. 64 (Jen. Denkschr. 346) Apatit. Querschnitt mit Ferrit-Einlagerungen. Glimmerporphyr. Steinbruch im Ascherofen . . . . . . 63 (Jen. Denkschr. 345) ig. 10. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. le 12. 13. 14. . 15. ig. 16. 17. 18. 384 Taf. IV. Seite Knollige Anhäufung kleinster Krystalle. Paramelaphyr. Grosse Douche. . . Ei ne 28. 60 (Jen. Denkschr. 310. 342) Knollige Anhäufung kleinster Krystalle. Paramelaphyr. Grosse Douche. . . . .» 2. 2 2.2.2. ...28. 60 (Jen. Denkschr. 310. 342) Einzelne kleinste Krystalle. Paramelaphyr. Grosse Douche. . .» . . 2 2 2 2 u nenn 20. 28. 60 (Jen. Denkschr. 310. 342) Einzelne kleinste Krystalle. Paramelaphyr. Grosse Douche . . . . 2... rer 28. 60 (Jen. Denkschr. 310. 342) Knollige Anhäufung kleinster Krystalle. Paramelaphyr. Grosse Douche, . . . . . 6 . 28. 60 (Jen. Denkschr. 310. 342) Rosette bräunlich-grauer Krystalle oder Krystalloide. Glimmerporphyr. Neben der Chaussee von Amt- Gehren nach Breitenbach am Abhange des Ilmsenberges . » » . 2 2 2 2 0 2. ea 2060 (Jen. Denkschr. 302. 342) Rosette graugelber Krystalle. Cavernöser Paramelaphyr. Nordwestlicher Abhang des Höllekopffs . . . . 60 (Jen. Denkschr. 342) Viridit-Scholle mit Ferrit. Paramelaphyr. Schneidemüllerskopf. . . » 2» 2 2 2 2 2 2 202000. 89.58 (Jen. Denkscehr. 321. 340) Viridit-Scholle mit Ferrit. Paramelaphyr. Schneidemüllerskopf . ROT NE 39. 58 (Jen. Denkschr. 321. 340) Viridit, gleichförmig, einfachbrechend (in der Abbildung feinpunktirt), Ferrit und Apatit einschliessend, 0: © 39. 58 (Jen. Denkschr. 321. 340) Viridit, strahlig aggregirt, dichroitisch, von Quarz umschlossen. Cavernöser Paramelaphyr. Höllekopf Abhanengegen.NiW.., . 1 ken en en or kei es R- De en. 2 Er Due 2 re E05 (Jen. Denkschr. 340. 341) Viridit, schwach dichroitisch (in der Abbildung punktirt), mit Ferrit und Apatit in Kalkspath einge- schlossen. Glımmerporphy.-s» NahekderZAlbertinenu sts ns Er er BEE SE ES 5 (Jen. Denkschr. 340) Traubiger Chalcedon durch Viridit grün gefärbt. Cavernöser Paramelaphyr. Zwischen Hoher Schlaufe undY Gickelhahn er 2 EB Er ee 7258 075 (Jen. Denkschr. 344. 350) Viridit sehr lebhaft-grün, monochroitisch, mit Ferrit, farblos umrandet, in gelbbraun-getrübter, feinst- körniger Grundmasse. Paramelaphyr. Zwischen Ilmsengrund und Gruberen . . . 2. 2 2 2 2 2... 88 (Jen. Denkschr. 340) Chalcedon, concentrisch-strahlig, viriditisch gefärbt, Quarz, Feldspath und Ferrit. Conglomeratischer Porphyr. Rechts neben der Mündung des Moosbachs in die Imaue . . ». 2. 2 2 2 2 nn nn... 62 (Jen. Denkschr. 344) Viridit (in der Abbildung punktirt), schwach dichroitisch, aber deutlich doppeltbrechend, in braun ge- flecktem Quarz. Glimmerporphyr. Schobsethal über der unteren Schneidemühle. . . . » 2. ..... 58.68 (Jen. Denkschr. 340. 350) Viridit (in der Abbildung punktirt), kaum dichroitisch, nur an einzelnen Stellen chromatisch-polarisi- rend; Quarz z. Th. braun getrübt. Glimmerporphyr. Steinbruch im Ascherofen . . . ». 2 2 2... 5 (Jen. Denkschr. 337) Feldspath - Leisten; Rosetten monokliner Krystalle; Ferrit; in concentrisch - strahlig aggregirter Grund- masse. Cavernöser Paramelaphyr. Höllekopf, Abhang gegen NW. . . . ..... einen grossen Feldspath durchziehend. Paramelaphyr. Schneidemüllerskopf ar. OU) (Jen. Denkschr. 342) B.B.Schmid. Quarzfr. Porph, (JEN.DENKSCHRIFTEN, Bd.1.Taf. X0X.) Fig.l. je Ügg Nat gezv. Schmid, Verlag. Gustav Fischer, Jena Lith.Anst-v:&0.Miller Jena Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 10. g. 11. 12. 13. g. 14. . 15. ig. 16. 18. 386 Taf. V, Viridit, dunkellauchgrün, derb-concentrisch-strahlig um Ferrit-Kerne geordnet, dicht von Ferrit umhüllt. Paramelaphyr. Südlicher Abhang des Tragberges bei Langewiesen . . . . 2 2 2 2 22...59 (Jen. Denkschr. 341) Viridit, dunkellauchgrün, derb-concentrisch-strahlig um Ferrit-Kerne geordnet, dicht von Ferrit umhüllt. Paramelaphyr. Südlicher Abhang des Tragberges bei Langewiesen . . . . » 2 2 2 2.....59 (Jen. Denkschr. 341) Globosphäritisches Gestein, untergeordnet dem Glimmerporphyr. Am Wege vom Gabelbachsgrunde nach dem des Langebaches Seite RE AR 61. 62 (Jen. Denkschr. 343. 344) Felsosphäritische Grundmasse eines Feldspath-führenden Gesteins, durchzogen von Ferrit-Trichiten, Quarz- und Ferrit-Adern, untergeordnet dem Glimmerporphyr. Rosenbornm . . . . ». 2.2.2.2.2...61.62 (Jen. Denkschr. 343. 344) Ferrit-Trichiten aus der felsosphäritischen Grundmasse des dem Glimmerporphyr untergeordneten Gesteines yomyRosenborne 1. 1 N G)1ER 62, (Jen. Denkschr. 343. 344) Globosphäritisches Gestein, untergeordnet dem Glimmerporphyr. Rechts über dem oberen Aus- gange,des'.bangebachgrundes> .. 0... 0 ee De EEE > (Jen. Denkschr. 343. 344) Concentrisch -strahlige Einschlüsse in Glimmerporphyr. Thalgrund nordöstlich Manebach an der Weimarisch-Gothaischen Grenze | 2 2 er 62 (Jen. Denkschr. 344) Ferrit, opak, in abgerundeten Tafeln und Stäbchen, zwischen Feldspath-Leisten. Melaphyr. Schneidemüllerskopf.. Ne, 1." a .®.. u az an nee > 0105 (Jen. Denkschr. 317. 345) Ferrit, opak in abgerundeten Tafeln und braun-durchscheinenden Flecken, welche letzten sich linear nach Krystall-Kanten (Augit?) ordnen. Paramelaphyr. Schneidemüllerskopff . . »- ». »..2.....63 (Jen. Denkschr. 345) Ferrit, dunkelbraun, in Göthit-artigen Prismen. Glimmerporphyr. Neben der Chaussee unterhalb der Kammerberger Mühle: u... 2... vu ea ee EG > (Jen. Denkschr. 345) Ferrit, hell- bis dunkel-rothbraun in krystalloidischen Anhäufungen. Glimmerporphyr. Neben deräChansseegunterhalbader’Kammerbersers Mu es 3 (Jen. Denkschr. 345) Ferrit, graulich-braun, durchscheinend, krystalloidisch. Glimmerporphyr. Thalgrund nordöstlich ManebachSan&der We imarisch- Gothaisch en) Grenze (Jen. Denkschr. 345) Ferrit, rothbraun durchscheinend, krystalloidisch. Glimmerporphyr. Neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Breitenbach am Abhange des Ilmsenberges . 222mm m m mn nn nn. 20 (Jen. Denkschr. 302) Ferrit, opak, theils dicht, theils körnig zusammengedrängt, zwischen Feldspath -Leisten einge- klemmt.5 Baramelaphyr'S Schneidemüllerskop ro EEE; (Jen. Denkschr. 345) Apatit, langsäulenförmig. Einschluss in Quarz. Conglomeratischer Porphyr. Sohle des Lohme- thales am, Fnsse des Tragbarges . 0. 00 0 ee 6193 (Jen. Denkschr. 346. 355) Apatit, langnadelförmig, geknickt. Einschluss in Quarz. Conglomeratischer Porphyr. Sohle des Lohmegrundes am Fusse des Tragberges. 22 2 al nn ee (> (Jen. Denkschr. 355) Apatit-Einschlüsse in Feldspath. Melaphyr. Schneidemüllerskopf . RN a a n (Jen. Denkschr. 317) Apatit-Einschluss in Feldspath. Glimmerporphyr. Steinbruch im Ascherofen . . . 5 (Jen. Denkschr. 345. 346) BEE. Schmid, Quarzir. Porph. (JEN. DENKSCHRIETEN, Ball. Taf. XX ) Taf. V. Naar gez.v.B. Schmid. Verlag v. Gustav Fischer, Jena. Anstv.G.C.Müller, Jena a KR a Fig. Fig. Fig. Fig. IE), 20. 987 Seite Apatit. Glimmerporphyr. Nahe der Albertimenlust. . . » 2 2 u... nn nenn. 68. 64 (Jen. Denkschr. 345. 346) Apatit. Glimmerporphyr. Neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Breitenbach am Abhange des@Ilmsen Der resp Br EEE EI ee 22 016.97764 (Jen. Denkschr. 302. 345. 346) Cavernen im Apatit. Glimmerporphyr. Neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Breitenbach, amWAlphangesdespllmsenbergesie «2 re er Se Er 0 2,0.768764 (Jen. Denkschr. 302. 345. 346) Apatit. Glimmerporphyr. Neben der Chaussee von Amt-Gehren nach Breitenbach am Abhange despllmsenDers este a ee ee es ER Ane 0 (Jen. Denkschr. 302. 345) Apatits Glimmerporphyr., Huss’ des indenberges . 2 ne 6% (Jen. Denkschr. 346) Anatıtse Glimmerporphyr-sHussldes) Lindenberger nr Er 6% ; (Jen. Denkschr. 346) Natel Glimmerporphyrg Husswdeswlundenberges 2 Se er Be 6 (Jen. Denkschr. 346) Apatit, Querschnitt. Glimmerporphyr. Fuss des Hirschkopfs . . . 2 2 2 2 nn mn nn nn 68. 64 (Jen. Denkschr. 345. 346) Apatit, Querschnitt, Einschluss in Feldspath. Glimmerporphyr. Steinbruch im Ascherofen . . 64 (Jen. Denkschr. 346) Feldspath von glasartiger Grundmasse durchzogen. Conglomeratischer Porphyr. Vorderes Schmiede- In ap RB NET E B RENn BRENNER Eee RI NE TREE EEE a on ken ns er ara vet Seyorage TO (Jen. Denkschr. 358) . 10. 388 Taf. VI. Brocken fluidalen Gesteins mit Quarz-Einschluss. Conglomeratischer Porphyr. Schwedenschanze bei Amt-Gehren: us er ven, se a aaa jenen Ne tel er nie, Reh rear Sa er Varel» Pan SEE VE STE 77) (Jen. Denkschr. 357) Quarzeinschluss in einem Brocken fluidalen Gesteins (s. Fig. 1). Conglomeratischer Porphyr. Schwe- denschanzesbeigAmt-Gehren gr EEE Eu Er a (5; (Jen. Denkschr. 357) Brocken fluidalen Gesteins mit Feldspath-Einschluss. Conglomeratischer Porphyr. Südöstlich dem Reiter . . 75 (Jen. Denkschr. 357) Brocken von Quarzporphyr. Conglomeratischer Porphyr. Fuss des Goldhelmes . . . . 2.2.2... 74 (Jen. Denkschr. 356) Brocken von Quarzporphyr. Conglomeratischer Porphyr. Sohle des Lohmebachs am Fusse des Tragbergs . 73. 74 (Jen. Denkschr. 355. 356) Brocken von Quarzporphyr. Conglomeratischer Porphyr. Schwedenschanze bei Amt-Gehren. ..... 75 (Jen. Denkschr. 357) Brocken von Quarz mit von aussen eindringenden Schlackensäcken, Krystalloiden und Glaseiern. Con- Seite glomeratischer Porphyr. Schwedenschanze bei Amt-Gehren . . . . . . . 2. nn 2 2. 2 22... 71 (Jen. Denkschr. 355) Quarzporphyr mit einem in Auflösung begriffenen Feldspathe. Trigonometrisches Signal auf dem Kienberge . . 75 , (Jen. Denkschr. 357) Quarzkrystall mit Glaseiern und Glasschläuchen, auch kleinen dunkel umsäumten Cavernen. Conglo- meratischer Porphyr. Fuss des Gotteskopfs bei Amt-Gehren. . . . . 2.2. 2. 2. 2. 2 2 22.2.0. (Jen. Denkschr. 357) Concentrisch -strahliges Aggregat und Quarz mit Glaseiern in etwas fluidaler Grundmasse. Conglome- ratischer; Porphyr: . Goldhelm’ 1.1. „u 20 en 0 1 Er 13016 (Jen. Denkschr. 355. 358) Druck von Ed. Trommann in Jena. kn Schmid, Quarzfr. Porph. N.dNat. gez.y.E. Schmid. (JEN. DENKSCHRIFTEN Bd.L/ Tat. AT.) Verlag v. Gustav, Fischer, Jena. Tith. Anstv.0.Muller, Jena. I > DENKSCHRIFTEN DER MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA. ZWEITER BAND ERSTES HEFT. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER VORMALS FRIEDRICH MAUKE 1878. MER EIN Re ZWEITER BAND ZWEITES HEFT. VERLAG VON GUSTAV FISCHER Bi pe — jun) ED) (dp) -] - EI < ) m) ED) = >| So rm — SS) = (OP) u = (OP) z — eo = er | rs NISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT Ri ZWEITER BAND DRITTES HEFT. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER Yonuazs FRIEDRICH MAUKE a DENKSCHRIFTEN DER MEDIGINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA. © | ZWEITER BAND. VIERTES HEFT. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER % vonmars FRIEDRICH MAUKE Fe 1880. RCO) EB————- ZUR EN je=. NN h" ER BR ER