ERREIE N 0 7 R DENKSCHRIFIEN DER MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU VIERTER BAND RICHARD SEMON, ZOOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL ERSTER BAND: CERATODUS MIT SO TAFELN UND 600 FIGUREN IM TEXT IUDSI JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1893—1913 ZOVLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN DR. PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891-1893 VON PROF. DR. RICHARD SEMON ERSTER BAND: CERATODUS MIT 80 TAFELN UND 600 FIGUREN IM TEXT ABER JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1893—1913 2 | VEEREN il S r Sucbllhle f lag! ” nr en, Le ara TLLERL/ IE 5: > u 72 np: Zr, Br Bus | u : ip vr VIRLEEIE ESTER TIEREN Br uppingg va Ba KT De Br e\ Kuss a4 Br j i ; Mt te Uschi 2 son KR In Dee Dr em u2 nl Du Er 2% je: Inhaltsverzeichniss. Seite Haeckel, Ernst, Zur Phylogenie der australischen Fauna. Systematische Einleitung. Erschienen 1893 I—XXIV Semon, Richard, Reisebericht und Plan des Werkes. Mit 1 Landkarte im Text. Erschienen 1893 . Semon, Richard, Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. Mit 1 Landkarte im Text. Erschienen 1893 RU ae Semon, Richard, Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. Mit Tafel I-VIII. Erschienen 1893 ul. Spencer, Baldwin, Der Bau der Lungen von Ceratodus und Protopterus., Mit Tafel IX und X und:3 Figuren im Text. Erschienen 1898 Semon, Richard, Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. Mit Tafel XI-XVII und 4 Figuren im Text. Erschienen 1898. . er En Semon, Richard, Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. Mit Tafel XVIH—XX und 12 Figuren im Text. Erschienen 1901 Braus, Hermann, Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. Ein Beitrag zur vergleichenden Morphologie der freien Gliedmaasse bei niederen Fischen und zur Archipterygiumtheorie. Mit Tafel XXI—XXIX und 25 Figuren im Text. Erschienen 1901 . Semon, Richard, Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. Mit Tafel XXX—XXXIV und 2 Figuren im Text. Erschienen 1901 Bluntschli, Hans, Der feinere Bau der Leber von Ceratodus forsteri, zugleich ein Beitrag zur ver- gleichenden Histologie der Fischleber. Mit Tafel XXXV und 24 Figuren im Text. Erschienen 1904 Neumayer, L., Die Entwickelung des Daswlkanelles, von Lunge, Leber, Milz und Pankreas bei Ceratodus Forsteri. Mit Tafel XXXVI und 34 Figuren im Text. Erschienen 1904 Fürbringer, Karl, Beiträge zur Morphologie des Skeletes der Dipnoer, nebst Bemerkungen über Pleuracanthiden, Holocephalen und Squaliden. Mit Tafel XXXVII—XLI und 38 Figuren im Text. Erschienen 1904 Te 0.00 Bing, Robert, und Burckhardt, Rudolf, Das Centralnervensystem von Ceratodus forsteri. Mit Tafel XLII und 36 theilweise farbigen Figuren im Text. Erschienen 1905 . Broman, Ivar, Ueber die Entwickelung der Mesenterien, der Leberligamente und der Leberform bei den Lungenfischen. Mit Tafel XLIII und 54 Figuren im Text. Erschienen 1905 Gregory, E. H., Die Entwickelung der Kopfhöhlen und des Kopfmesoderms bei Ceratodus forsteri. Mit 23 Figuren im Text. Erschienen 1905 1—10 11—28 29—50 51-58 59—111 113—135 137—300 301-- 332 333— 375 377—422 423—510 511—584 585—640 641—660 VI Inhaltsverzeichniss. Seite Greil, Alfred, Entwickelungsgeschichte des Kopfes und des Blutgefässsystems von Ceratodus forsteri. Erster Theil: Gesammtentwickelung bis zum Beginn der Bluteirculation. Mit Tafel XLIV—XLVIII, LVII—LX, LXII—LXII, LXXII—-LXXIV, LXXVI—LXXIX, LXXXI—LXXXIV und 264 theil- weise bunten Figuren im Text. Erschienen 1908. . . 2. 2 2. 2 un mn nn... 0. 661934 Greil, Alfred, Entwickelungsgeschichte des Kopfes und des Blutgefässsystems von Ceratodus forsteri. Zweiter Theil: Die epigenetischen Erwerbungen während der Stadien 39—48. Mit Tafel XLIX/L, LI—LVI, LXI, LXIV/LXV, LXVI/LXVII, LXVII, LXIX, LXX/LXXI LXXV, LXXX und 336 grösstentheils farbigen Figuren im Text. Erschienen 1913 . . 2. 2 2 nn nn nn nn. 935-1492 Fürbringer, Max, Schlussübersicht über den gesamten Inhalt von Prof. RICHARD SEMON’s Zoologischen Forschungsreisen. Erschienen 1913 . ... 2. 2.2... nn nn nn nn. 14931554 DENKSERIEITZEEN DER MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT VIERTER BAND RICHARD SEMON, ZOOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL ERSTER BAND: CERATODUS MIT SO TAFELN UND 600 FIGUREN IM TEXT ATLAS JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1893—1913 ZOOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN DR. PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891-1893 VON PROF. DR. RICHARD SEMON ERSTER BAND: CERATODUS MIT 80 TAFELN UND 600 FIGUREN IM TEXT ATLAS JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1893—1913 Apnt 5.1095 zus ZOOLÖGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. AYAN ACH / i \ MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN DR. PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891—1893 VON DR. RICHARD SEMON PROFESSOR IN JENA. ERSTER BAND: CERATODUS. I. LIEFERUNG: I.. Ernst Haeckel, Systematische Einleitung: Zur Phylogenie der Australischen Fauna. W. Richard Semon, Reisebericht und Plan des Werkes. II. Richard Semon, Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. IV. Richard Semon, Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. MIT S LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 2 ABBILDUNGEN IM TEXT. "BEXT. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1893. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Semon Dr. Richard, Professor an der Universität Jena, Studien über den Bauplan des Urogenitalsystems ’ der Wirbelthiere. Dargelest an der Entwiekelung dieses Organsystems bei Ichthyophis glutinosus. Mit 14 lithographischen Tafeln. Preis: 12 Mark. Die Entwiekelung der Synapta digitata und die Stammesgeschichte der Eehinodermen. Mit 7 lithographischen Tafeln. 1888. Preis: 9 Mark. Denkschriften der medieinisch-naturwissenschaftliehen Gesellschaft zu Jena. Band I. Ernst Haeckel, Das System der Medusen. Erster Theil einer Monographie der Medusen. Mit einem Atlas von 40 Tafeln. 1880. gr. 4%. — Preis: 120 Mark. Band II. Mit 21 Tafeln. 1880. Preis: 60 Mark. — Hieraus einzeln: 0. Frommann, Untersuchungen über die Gewebsveränderungen bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Kückenmarks. Mit 2 Tafeln Abbildungen. 1878. gr. 4%. Preis: 10 Mark. — Oscar und Richard Hertwig, Der Organismus der Medusen und seine Stellung zur Keimblättertheorie. Mit 3 lithographischen Tafeln. 1878. gr. 4%. Preis: 12 Mark. — Richard Hertwig, Der Organismus der Radiolarien. Mit 10 lithographischen Tafeln. 1870. gr. #0. Preis: 25 Mark. Band IH. Willy Kükenthal, Vergleichend-anatomische und entwickelungsgeschichtliche Untersuchungen an Wal- thieren. Mit 25 Tafeln. 1893. Preis: 75 Mark. — Erster Theil. Kapitel I: Die Haut der Cetaceen. Kapitel II: Die Hand der Cetaceen. Kapitel III: Das Centralnervensystem der Cetaceen, gemeinsam mit Theodor Ziehen. Mit 13 lithographischen Tafeln. 1889. Preis: 35 Mark. — Zweiter Theil. Kapitel IV: Die Entwickelung der äusseren Körperform. Kapitel V: Bau und Entwiekelung äusserer Organe. Kapitel VI: Die Bezahnung. Mit 12 lithographischen Tafeln. 1893. Preis: 40 Mark. Arbeiten, Morphologische. Herausgegeben von Dr. Gustav Schwalbe, o. ö. Professor der Anatomie und Director des anatomischen Instituts an der Universität zu Strassburg i. Els. Erster Band. Erstes Heft. Mit 7 Tafen. Preis: 8 Mark. Inhalt: Pfitzner, W., Beiträge zur Kenntniss des menschlichen Extremitätenskelets. Erste Abtheilung. I. Einleitung. Allgemeines. Methoden. II. Maassverhältnisse des Handskelets. III. Maassverhältnisse des Fussskelets. Zweites Heft. Mit 9 Tafeln. Preis: 13 Mark. Inhalt: Sieveking, Beiträge zur Kenntniss des Wachsthums und der Regeneration des Knorpels nach Beobachtungen am Kaninchen- und Mäuseohr. — Garcia, Beiträge zur Kenntniss des Haarwechsels bei mensch- lichen Embryonen und Neugeborenen. — Bethe, Beiträge zur Kenntniss der Zahl- und Maassyerhältnisse der rothen Blutkörperchen. — Jahn, Beiträge zur Kenntniss der histologischen Vorgänge bei der Wachsthums- behinderung der Röhrenknochen durch Verletzungen des Intermediärknorpels. — Moser, Beitrag zur Kenntniss der Entwickelung der Knieschleimbeutel beim Menschen. — Scholl, Ueber rätische und einige andere alpine Schädelformen. Drittes Heft. Mit 8 Tafeln. Preis: 11 Mark. Inhalt: Mehnert, Gastrulation und Keimblätterbildung der Emys lutaria taurica — Köppen, Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Centralnervensystems der Wirbeltbiere. Zur Anatomie des Eidechsengehirns. Viertes Heft. Mit 2 Tafeln. Preis: 12 Mark. Inhalt: Pfitzner, W., Beiträge zur Kenntniss des menschlichen Extremitätenskelets. Zweite Abtheilung: IV. Die Sesambeine des menschlichen Körpers. Zweiter Band. Erstes Heft. Mit 12 Tafeln. Preis: 16 Mark. Inhalt: Aschoff, Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Arterien beim menschlichen Embryo. — Moser, Ueber das Ligamentum teres des Hüftgelenks. — Pfitzner, Beiträge zur Kenntniss des menschlichen Extremitätenskelets. V. Anthropologische Beziehungen der Hand- und Fussmaasse. Zweites Heft. Mit 4 Tafeln. Preis: 13 Mark. Inhalt: Rebentisch, E, Der Weiberschädel. — Gaupp, E., Beiträge zur Morphologie des Schädels. I. Drittes Heft. Mit 6 Tafeln. Preis: 13 Mark. Inhalt: Schwalbe, Ueber den Farbenwechsel winterweisser Thiere. — Dreyfuss, Beiträge zur Ent- wickelungsgeschichte des Mittelohres und des Trommelfells des Menschen und der Säugethiere — Dayidsohn, Ueber die Arteria uterina, insbesondere über ihre Beziehungen zum unteren Uterinsesment. Dritter Band. Erstes Heft. Mit 6 Tafeln und 29 Textabbildungen. Preis: 11 Mark. Inhalt: Keibel, Studien zur Entwickelungsgeschichte des Schweines (Sus serofa domesticus). Zweites Heft. Mit 11 Tafeln und 56 Textabbildungen. Preis: 20 Mark. Inhalt: Zaleski, Untersuchungen über die Vertheilung der Blutgefässe an der menschlichen Wirbelsäule. — Röse, Ueber den Zahnbau und Zahnwechsel von Elephus indieus — Röse, Ueber die Zahnentwickelung der Krokodile. — Hayer, Ueber den Bau der Milz. — Mettenheimer, Ein Beitrag zur topographischen Anatomie der Brust-, Bauch- und Beckenhöhle der neugeborenen Kinder. DENKSCHRIFIEN MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU VIERTER BAND. RICHARD SEMON, ZOOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. ERSTER BAND: CERATODUS. I. LIEFERUNG. MIT 8 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 2 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1893. ZVÖLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN DR. PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891-1893 VON DR. RICHARD SEMON PROFESSOR IN JENA. ERSTER BAND: CERATODUS. I. LIEFERUNG: I. Ernst Haeckel, Systematische Einleitung: Zur Phylogenie der Australischen Fauna. II. Richard Semon, Reisebericht und Plan des Werkes. II. Richard Semon, Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. IV. Richard Semon, Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. MIT 8 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 2 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1893. Zur Phylogenie der australischen Fauna. Systematische Einleitung Ernst Haeckel. Jenaische Denkschriften IV. in Semon, Zoolog. Forschungsreisen. 1. Immshraalae Chorologische Betrachtungen. Das Problem der progressiven Vererbung Die conneetenten Wirbelthiere Australiens Die connectente Position der Acranier . Die connectente Position der Dipneusten . Die connectente Position der Monotremen Die connectente Position der Marsupialien Die circumscripte Position der Placentalien . Seite III VI XI XII xVI XVII XIX XXI Chorologische Betrachtungen. Australien bietet uns in seiner eigenthümlichen Fauna die Möglichkeit, uns ein annäherndes Bild von der längst verschwundenen Thierwelt zu entwerfen, welche das Festland unserer Erde vor Millionen von Jahren bevölkerte. Denn allein in Australien haben sich bis auf den heutigen Tag eine Anzahl von cänozoischen und mesozoischen Thierformen in wenig veränderter Gestalt lebend erhalten — Thierformen von höchst characteristischem Körperbau, welche in allen anderen Theilen der Erde längst ausgestorben sind und nur theilweise in versteinerten Resten bedeutungsvolle Spuren hinterlassen haben. So sind für uns von höchstem zoologischen Interesse: Ceratodus als einziger lebender Ueberrest der paläozoischen monopneumonen Di- pneusten; Hatteria als einziger überlebender Vertreter der ältesten permischen Reptilien; Echidna und Ornithorhynchus als die einzigen lebenden Repräsentanten der triassischen Monotremen, endlich die zahl- reichen Marsupialien, welche den weitaus grössten und wichtigsten Bestandtheil der australischen Säuge- thier-Welt ausmachen. Diesen bekannten und hervorragenden Beispielen aus dem Wirbelthier-Stamme liesse sich eine grosse Anzahl ähnlicher, wenn auch weniger bekannter Fälle aus dem weiten Reiche der wirbellosen Thiere an- reihen. Auch unter diesen, besonders unter den Insecten und Spinnen, sowie den landbewohnenden Mol- lusken, finden sich viele eigenthümliche Thierformen, welche ausserhalb des australischen Gebietes fehlen oder nur spärlich vertreten sind. Aber nicht minder interessant und bedeutungsvoll, als diese positiven Characterzüge der australischen Fauna, sind ihre negativen Eigenthümlichkeiten, der gänzliche Mangel von grossen und wichtigen Thiergruppen, welche in allen übrigen Theilen der Erde eine hervorragende Rolle spielen. Um hier nur einer einzigen Thierklasse zu gedenken, der Säugethiere, so fehlt Australien fast ganz die Subclasse der Placentalien, jener höchst entwickelten Hauptgruppe, welche in allen anderen Erdtheilen vorherrscht und ihre Vorfahren, die Marsupialien, verdrängt hat. Es fehlen alle Affen, alle Raub- thiere, alle Hufthiere. Die zahlreichen, mannichfaltigen und stattlichen Arten dieser Ordnungen, welche in dem benachbarten Indien so stark vertreten sind, suchen wir in Australien vergebens. Die wenigen Arten von Placentalthieren, welche in einzelnen Theilen Australiens sich gegenwärtig finden, verdanken ihre An- wesenheit erst späterer Einwanderung; es sind Fledermäuse und wanderlustige Mäuse; oder sie sind mit dem Menschen herübergekommen (wie der australische Hund, Canis dingo). Diese auffallenden negativen und postiven Characterzüge der australischen Fauna sind schon lange bekannt; sie sind als »merkwürdige Thatsachen« vielfach erörtert und bewundert, seitdem man überhaupt die Bevölkerung dieses entlegenen Erdtheils näher kennen lernte. Aber das wahre Verständniss dieser I* IV Zur Phylogenie der australischen Fauna. IV chorologischen Thatsachen, die Erkenntniss ihrer bewirkenden Ursachen, wurde uns erst vor 34 Jahren durch die moderne Entwickelungslehre gegeben. Indem CHARLES DARwın 1859 die Selections-Theorie schuf und damit der 50 Jahre früher von JEAN LAmArcK begründeten Descendenz-Theorie ein neues sicheres Fundament gab, führte er uns zugleich in die Kenntniss der natürlichen Ursachen auf dem verwickelten Gebiete der Chorologie ein. In den Capiteln seines »Origin of Species«, welche von der geographischen Verbreitung der Organismen handeln (XI. und XIl.), zeigte er klar, wie diese nur im Zusammenhang mit den geologischen Veränderungen der Erdoberfläche und mit der allmähligen Umbildung ihrer Bewohner verstanden werden kann. Während man vorher vergeblich versucht hatte, die Verbreitungsgesetze der zahllosen Lebensformen durch die klimatischen und localen Existenz-Bedingungen physikalisch zu erklären, zeigte DARwIn nunmehr einleuchtend, wie deren Einfluss beständigem Wechsel unterworfen und durch die unaufhörlich stattfindenden Wanderungen der Thiere und Pflanzen, vor Allem aber durch deren ver- wickelte Wechselbeziehungen modifieirt wird. Wie auf so vielen anderen Gebieten der Biologie, so müssen wir daher auch auf dem der Choro- logie, der Wissenschaft von der geographischen und topographischen Verbreitung der Organismen, CHARLES Darwın dankbar als denjenigen grossen Genius verehren, welcher durch die Erkenntniss der bewirken- den Ursachen, durch den Nachweis der »mechanischen Causalität«, volles Licht in ein weites dunkles Gebiet voll wunderbarer Thatsachen gebracht hat. Diesem Chaos von chorologischen Thatsachen, mit zahllosen verwickelten Räthselfragen, stand die praedarwinische Biologie kopfschüttelnd und rathlos gegen- über. Dass dabei nicht nur die reformirte und neubegründete Descendenz- Theorie LAMARcK’s, sondern auch die eigenste That Darwın’s, die Selections-Theorie, eine leitende Rolle spielt, scheint auf der Hand zu liegen. Wir müssen es hier aber desshalb besonders hervorheben, weil es häufig noch jetzt über- sehen wird, und weil ein anderer um die Chorologie besonders verdienter Naturforscher, MORITZ WAGNER, es bis zu seinem Ende hartnäckig geleugnet hat. Das von Letzterem aufgestellte »Migrationsgesetz« und die von ihm darauf gegründete Lehre von der »Entstehung der Arten durch räumliche Sonderung« stehen keineswegs — wie er meint — mit Darwın’s Selections-Theorie in Widerspruch, und noch weniger können sie dieselbe ersetzen. Vielmehr ist die erstere ein integrirender Bestandtheil der letzteren; »die Separation durch Migration ist nur ein besonderer Fall von Selection«, wie ich dies schon längst in meiner »Natürlichen Schöpfungsgeschichte« ausgeführt habe (VIII. Aufl. 1889, S. 316-338). Die grössten Verdienste um die Weiterbildung der »mechanischen Chorologie auf darwinistischer Grundlage« erwarb sich später bekanntlich ALFRED WALLACE. Sein werthvolles Werk über die geogra- phische Verbreitung der Thiere (1876) ist auch heute noch die umfassendste Darstellung der animalen Chorologie und die beste »Studie über die Verwandtschaften der lebenden und ausgestorbenen Faunen in ihrer Be- ziehung zu den früheren Veränderungen der Erdoberfläche«. Durch seine ausgezeichneten systematischen Kenntnisse, wie durch seine langjährigen Reisen in den Tropen beider Hemisphären war WALLACE be- sonders geeignet, die transformistische Chorologie auf Grund der Descendenz-Theorie aufzubauen; um so mehr, als er ja auch den Grundgedanken der Selections-Theorie unabhängig von DArwın erfasst hatte. Ganz besonders aber kamen ihm bei seinen »Beiträgen zur Theorie der natürlichen Zuchtwahl« seine achtjährigen Reisen im malayischen Archipel zu Gute. Denn hier, wie nirgendwo anders auf der Erde, bietet sich in dem schroffen Gegensatze der indo-malayischen und der benachbarten austral-malayischen Fauna ein chorologisches Problem ersten Ranges, welches nur durch die Descendenz-Theorie gelöst werden kann. Indem WALLACE mit ihrer Hülfe jenes Problem wirklich löste, schuf er ihr zugleich eine neue Stütze in der Chorologie selbst. V Zur Phylogenie der australischen Fauna. V An keinem anderen Punkte unserer Erde stehen zwei benachbarte Thiergebiete in so auffallendem Gegensatze, als auf der schmalen Grenze zwischen der indo-malayischen und austral-malayischen Region. Ueberschreiten wir die schmale Meerenge am Südende dieser Grenze, die tiefe Lombok-Strasse, so treten wir mit einem Male aus der Gegenwart in das mesozoische Zeitalter. Obgleich die beiden Nachbar-Inseln Bali und Lombok nur wenige Meilen entfernt und im Allgemeinen denselben klimatischen Bedingungen unter- worfen sind, erscheint dennoch die characteristische Landfauna derselben gänzlich verschieden; und noch mehr gilt das, wenn wir die Mangkassar-Strasse überschreiten und von dem indischen Borneo nach dem australischen Celebes übersetzen. Der durchgreifende Gegensatz ihrer Vogel- und Säugethier-Welt ist so gross, dass er zu den schlagendsten chorologischen Argumenten des Transformismus gerechnet werden muss. Auf viele einzelne Fragen der animalen Phylogenie werfen diese chorologischen Thatsachen ein erklärendes Licht; und viele andere phylogenetische Probleme werden durch sie neu angeregt. Je mehr sich die Ueberzeugung dieses Verhältnisses neuerdings Bahn gebrochen hat, und je mehr damit die Phylo- genie der australischen Fauna als eine hochinteressante Aufgabe der Zoologie in den Vorder- grund getreten ist, desto klarer hat sich uns als nächste Forderung die genaue morphologische und phy- siologische Erkenntniss ihrer Elemente aufgedrängt. Wollen wir die Stammesgeschichte der australischen Thierwelt wirklich näher ergründen, so müssen wir vor Allem die einzelnen characteristischen Thierformen, die sie zusammensetzen — nach Körperbau und Entwickelung, nach Lebensthätigkeit und Beziehung zur Umgebung — gründlich kennen lernen. Unter den grossen Aufgaben, die uns hier jetzt vorliegen, erscheint aber als dringendste die genaue Ontogenie jener »lebenden Fossilien«. Denn hier wie überall steht die Keimesgeschichte im engsten, durch Vererbung begründeten Zusammenhang mit der Stammesgeschichte- Auch wenn die erstere durch Anpassung an die Entwickelungsbedingungen mehr oder weniger stark modi- fieirt und cenogenetisch abgeändert ist, wird sie immer noch viele werthvolle palingenetische Be- standtheile conservirt haben. Mögen auch die primären Entwickelungs-Verhältnisse des Thierkeimes noch so sehr secundär verkleidet sein, immer noch werden sich ihre wichtigsten Spuren durch die täuschenden Hüllen hindurch erkennen lassen; das ergiebt sich stets bei kritischer und vergleichender Anwendung: des biogenetischen Grundgesetzes. Die vollständige. Ontogenie und vergleichende Anatomie der australischen Vertebraten, der Monotremen und Marsupialien, der Hatteria und des Ceratodus, erschienen mir demgemäss schon vor langer Zeit als höchst wichtige und verlockende Aufgaben der phylogenetischen Morphologie. Viele Jahre hindurch war es mein lebhafter Wunsch, selbst dieselben in Angriff zu nehmen und dazu eine Reise nach Australien und dem malayischen Archipel zu unternehmen. Da dieser Plan aber unausführbar blieb, war ich um so mehr erfreut, dass vor drei Jahren mein früherer Schüler, mein jetziger College und Freund RICHARD SEMON, dessen Ausführung unternahm. Die Lösung der grossen morphologischen Aufgaben, welche RICHARD SEMON sich bei seinen zoo- logischen Forschungsreisen in Australien und dem malayischen Archipel vorgesetzt hatte, erforderte vor Allem reiche Mittel zur Beschaffung des schwierig zu erhaltenden Materials. Dass dies in reichstem Maasse beschafft werden konnte, ist vor Allem der hochherzigen Unterstützung des Herrn Dr. PauL von RITTER in Basel zu danken, des begeisterten Förderers der Entwickelungslehre, der I886 in Jena die erste grosse Stiftung zum Ausbau der Stammesgeschichte und des Darwinismus begründete. Nicht allein die Erträge dieser »PAUL von RırTTer’schen Stiftung für phylogenetische Zoologie« (— aus denen auch die »RITTER- Professur für Phylogenie« in Jena gegründet wurde —), sondern auch weitere Zuschüsse des edlen Stifters machten es SEMON möglich, seine schwierige Aufgabe mit Aufgebot reichster Mittel zu lösen und seine Reise auf nahezu zwei Jahre auszudehnen. Die junge Wissenschaft der Phylogenie, gerade in den ersten VI Zur Phylogenie der australischen Fauna. VI Decennien ihrer Entwickelung mit Hindernissen und Vorurtheilen aller Art kämpfend, wird nie den warmen Dank vergessen, den sie Herrn Dr. PaurL von RITTER für seine materielle und moralische Unterstützung schuldig ist. Hervorragende Verdienste um die Förderung von SEmon’s Forschungsreisen und um die wissen- schaftliche Verwerthung seiner kostbaren Sammlungen hat sich mein Freund und College Max FÜRBRINGER erworben. Ich entspreche dem besonderen Wunsche meiner beiden Freunde, wenn ich auf den nach- folgenden Seiten einige kritische Bemerkungen zur Phylogenie der australischen Fauna ausführe. Ich wünsche darin die grosse phylogenetische Bedeutung zu erläutern, welche die australische Fauna für einige der wichtigsten allgemeinen Fragen der Entwickelungslehre besitzt. Unter diesen steht seit einigen Jahren im Vordergrunde des biologischen Interesses das grosse Problem der Vererbung und ihrer Beziehung zur Anpassung. Der lebhafteste Kampf der Ansichten bewegt sich hier vor Allem um die bedeutungs- volle Frage der progressiven Vererbung, oder wie sie gewöhnlich genannt wird, der »Vererbung erworbener Eigenschaften« (Hereditas adaptatorum — Heredity of acquired characters). Die Entscheidung dieser brennenden Frage wird gegenwärtig auf drei verschiedenen Wegen ver- sucht: I) durch genaueste mikroskopische Analyse der cellularen Veränderungen bei der Befruchtung und Zelltheilung, und durch daran geknüpfte Molecular-Hypothesen; 2) durch das physiologische Experiment; 3) durch morphologisch-phylogenetische Studien, gestützt auf die Thatsachen der Paläontologie, der ver- gleichenden Anatomie und Ontogenie. Nach meiner Ueberzeugung ist dieser dritte Weg der weitaus beste und ergiebigste; hingegen kann der erste Weg für sich allein nicht zum gewünschten Ziele führen. Die Ergebnisse des zweiten Weges sind von zweifelhaftem Werthe; soweit die Frage der progressiven Vererbung durch den physiologischen Versuch überhaupt gelöst werden kann, erscheint sie mir längst beantwortet (und zwar in positivem Sinne!) durch die tausendjährigen Erfahrungen der künstlichen Züchtung. Das Problem der progressiven Vererbung. Als JEAN LAMARCK I$og in seiner tief durchdachten Philosophie zoologigue den Grund zu der heute allgemein angenommenen Descendenz-Theorie legte, erklärte er bekanntlich die allmählige Umbildung der organischen Formen vor Allem durch ihre eigene Lebensthätigkeit; Uebung und Gebrauch der Organe stärkt dieselben, Unthätigkeit und Nichtgebrauch schwächt sie. Sowohl die progressive Umbildung, welche das Organ durch Wachsthum im ersten Falle, als die regressive Abänderung, welche dasselbe durch Ab- nahme im zweiten Falle erlitten hat, können durch Vererbung auf die Nachkommen übertragen werden. Indem diese geringfügigen Abänderungen im Laufe von Generationen sich häufen und befestigen, entstehen aus Varietäten neue »gute Arten«. Unter den vielen grossen Ideen, in deren Conception LAMARCK seiner Zeit weit vorauseilte, gehört diese Annahme von der Vererbung erworbener Eigenschaften sicher zu den bedeutungsvollsten; wenn er in der empirischen Begründung derselben und in der Wahl passen- der Beispiele nicht glücklich war, so lag das grösstentheils in dem mangelhaften Zustande der Biologie seiner Zeit. VII Zur Phylogenie der australischen Fauna. VII Die wichtigste Lücke, welche Lamarck in seiner Descendenz-Theorie gelassen hatte, füllte fünfzig Jahre später CHARLES DArwINn durch seine Selections- Theorie aus. Indem er seine Lehre vom Kampfe um’s Dasein begründete, entdeckte er die wichtigste bewirkende Ursache der historischen Umbildungen, welche seinem grossen französischen Vorgänger noch gefehlt hatte. Indessen ist die Theorie der Natural- Selection nicht die einzige Ursache des beispiellosen Erfolges, welchen der »Origin of species« errungen hat; vielmehr kommt dazu die ausgedehnte und geistreiche Anwendung, welche der grosse englische Natur- forscher von den erstaunlichen Fortschritten auf allen Gebieten der modernen Biologie gemacht hat. Ueber die Grenzen, welche der Wirksamkeit der natürlichen Zuchtwahl zu ziehen sind, hat ihr Begründer selbst zu verschiedenen Zeiten sehr verschieden gedacht. Es war sehr natürlich und zu entschuldigen, dass er anfänglich diese Grenzen sehr weit steckte; später hat er sie immer mehr eingeschränkt, indem er zugleich immer grösseres Gewicht auf die Vererbung erworbener Charactere legte. Damit näherte sich DArwın immer mehr dem Ideenkreise von LAMARcK, von dem er anfänglich eine sehr geringe Meinung hatte. Mit der Untersuchung der wunderbaren Vererbungs-Erscheinungen hatten sich bis dahin fast aus- schliesslich ihre empirischen Kenner, die Landwirthe, Thierzüchter und Gärtner in praktischem Interesse beschäftigt; erst durch Darwın wurden 'dieselben mit einem Male der theoretischen Naturforschung und insbesondere der Physiologie zugänglich gemacht. Als nächste Aufgabe erschien eine systematische Unter- scheidung der verschiedenen Erscheinungen der Vererbung und der Anpassung, eine Formulirung ihrer »Gesetze«, und die Erkenntniss der verwickelten Wechselbeziehungen zwischen denselben. Den ersten Versuch zur Lösung dieser nächstliegenden Aufgabe habe ich selbst 1866 in meiner Generellen Morphologie unternommen. Im neunzehnten Capitel derselben, welches »die Descendenz-Theorie und die Selections- Theorie« analysirt, versuchte ich eine allgemeine physiologische Erklärung der Vererbung und Anpassung, indem ich für erstere die bekannten Thatsachen der Fortpflanzung, für letztere diejenigen der Ernährung (— Stoffwechsel der Gewebe —) als physiologische Functionen der Artbildung geltend machte. Die mannichfaltigen Erscheinungen der Vererbung ordnete ich unter neun bestimmte Gesetze und stellte diese in zwei Reihen: I. fünf Gesetze der conservativen Vererbung (— erbliche Uebertragung der von Eltern und Voreltern überkommenen Eigenschaften auf die Nachkommen —) und Il. vier Gesetze der pro- gressiven Vererbung (—- erbliche Uebertragung der im individuellen Leben erworbenen Eigenschaften auf die Nachkommen —) (Gener. Morphol. II, p. 170—190). Unter den mannichfaltigen Erscheinungen der Variation und Anpassung unterschied ich acht einzelne Gesetze und stellte diese ebenfalls in zwei Reihen: I. drei Gesetze der indirecten Variation oder potentiellen Anpassung (— nutritive Abänderung des Organismus, welche sich nicht in seiner eigenen Formbildung, sondern in derjenigen seiner Nachkommen äussert —), und II. fünf Gesetze der directen Variation oder actuellen Anpassung (— nutritive Ab- änderung des Organismus, welche unmittelbar in seiner eigenen Formbildung zu Tage tritt) (Gener. Morphol. II, p. 19I—223). Den wesentlichsten Theil meiner Erörterungen über Vererbung und Anpassung habe ich aus der »Generellen Morphologie« gekürzt und in mehr populärer Form hinübergenommen in meine »Natür- liche Schöpfungsgeschichte«; in den acht verschiedenen Auflagen dieses Werkes habe ich mich bemüht, dieselben im Einzelnen zu verbessern; indessen sind meine Grundanschauungen immer dieselben geblieben (vergl. die VIII. Aufl., 1889, S. 157— 237). Von hier sind dieselben Anschauungen auch in viele neuere Werke übergegangen. Eine wesentliche Aenderung in diesen neueren Ansichten über Vererbung wurde 1885 durch Augusr WEISMANN herbeigeführt, den ausgezeichneten Freiburger Zoologen, welchem die moderne Entwickelungs- lehre so vielfache fruchtbare Förderung verdankt. In einer langen Reihe von Abhandlungen, welche in dem 1892 erschienenen Werke über »das Keimplasma, eine Theorie der Vererbung« zusammengefasst sind, ver- VIII Zur Phylogenie der australischen Fauna. VIII sucht WEISMANN, die Continuität des Keimplasma als Grundlage einer Theorie der Vererbung geltend zu machen; er nimmt an, dass in jedem Organismus zwei völlig getrennte Plasma-Arten neben einander existiren, das Keimplasma (Germinoplasma) als Zeugungsstoff und das Leibesplasma (‚Somato- plasma) als die Substanz, aus der sich alle Gewebe des Körpers entwickeln. Bei jedem Zeugungs-Process wird ein Theil des elterlichen Plasma nicht zum Aufbau des kindlichen Organismus verwendet, sondern bleibt unverändert zurück. Auf dieser ununterbrochenen Continuität des constanten Germinal-Plasma beruht die Vererbung, während die Variation oder Anpassung durch die Amphimixis herbeigeführt wird, durch die Mischung der beiden individuell verschiedenen Zeugungsstoffe bei der geschlechtlichen Fortpflanzung. Daher soll auch bei allen Histonen oder vielzelligen Organismen (Metaphyten und Metazoen) die Ver- erbung: erworbener Eigenschaften nicht stattfinden, während sie bei den einzelligen Protisten (Protophyten und Protozoen) zugestanden wird. Diese letzteren betrachtet WEISMAnN als unsterblich, jene ersteren allein als sterblich. Die Lehre WEIısMAnN’s von der Continuität des Keimplasma und sein Versuch, dadurch die Vererbung zu erklären, ist im Grunde eine metaphysische Molecular-Theorie, ebenso wie die Pangenesis von DArwın oder wie meine Perigenesis der Plastidule, und wie die Micellar-Theorie von NAEGELI (vergl. Nat. Schöpf., VII. Aufl., S, 198). Ihr Erfolg war überraschend gross, besonders in England; auch in Deutsch- land scheint die Zahl ihrer Anhänger noch zu wachsen, während sie in Frankreich und Italien, besonders aber in Nord-Amerika auf den lebhaftesten Widerspruch gestossen ist. Ueberblickt man die Zahl hervor- ragender Streiter, welche in diesem bedeutungsvollen Kampfe sich gegenüberstehen, so sehen wir auf beiden Seiten eine grosse Zahl bewährter Naturforscher; zu Gunsten WEISMANN’s haben sich namentlich erklärt: WALLACE, RAY-LANKESTER, GALTON, POULTON, WIEDERSHEIM u. A. Unter den Gegnern sind zu nennen HERBERT SPENCER, HUXLEY, GEGENBAUR, FÜRBRINGER, EIMER, CLAUS, CoPE, LESTER WARD u. A. Die neue Schule, welche auf Grund von WEIsMAnNn’s Theorie entstanden ist und sich namentlich in England rasch ausgebreitet hat, wird oft »Neodarwinismus« genannt; diese Bezeichnung ist aber unberechtigt und irreführend ;, denn in der Entwickelungs-Theorie von CHARLES Darwin ist die »Vererbung erworbener Charactere« ein ebenso wesentliches und unentbehrliches Element, wie in derjenigen seines Grossvaters Erasmus, und in der scheinbar entfernter stehenden von LAMARCcK. Der Unterschied in der Auffassung dieser beiden grössten Coryphäen der Descendenz-Theorie ist einfach der, dass DARwın der progressiven Vererbung keine so hervorragende Rolle zutheilte, wie LAMARcK, während er die Letzterem noch unbekannte Natural-Selection in den Vordergrund stellte. Wenn WEISMANN die Vererbung erworbener Eigenschaften überhaupt leugnet, so tritt er damit ebenso in principiellen Gegensatz zu DARwIn, wie zu LAMARCK. Was mich selbst betrifft, so habe ich trotz der grossen Fortschritte, welche die Vererbungslehre in den beiden letzten Decennien gemacht hat, keine Veranlassung gefunden, meine principielle, schon 1866 in der »Generellen Morphologie« fixirte Auffassung derselben in irgend einem wesentlichen Punkte zu ändern. Im Gegentheil hat mich die ununterbrochene Beschäftigung mit diesem fundamentalen Entwickelungs- Principe im Laufe der letzten dreissig Jahre immer mehr von der Richtigkeit jener Auffassung überzeugt. Ich habe daher WEısmann’s Theorie von Anfang an entschieden bekämpft und diesen Gegensatz neuerdings be- tont in den letzten Auflagen meiner Natürlichen Schöpfungsgeschichte (1889,S. 203) und meiner Anthropogenie (1891, S. XXIII, 149, 836 etc.). Es ist hier nicht der Ort, nochmals alle gegen WEISMAnN geltend gemachten Gründe zu recapituliren, und beschränke ich mich daher kurz auf folgende Sätze: 1) Die hypothetische »Con- tinuität des Keimplasma« ist weder empirisch nachweisbar, noch theoretisch annehmbar; die neueren Entdeckungen über das feinere morphologische Verhalten des Karyoplasma und Cytoplasma bei der Befruch- tung und Eifurchung beweisen dafür Nichts; 2) die hypothetische Trennung des Germinoplasma vom DL Zur Phylogenie der australischen Fauna. IX Somatoplasma ist weder empirisch wahrnehmbar, noch theoretisch haltbar; die innige physiologische Correlation beider Plasma-Arten, welche z. B. durch die bekannten Thatsachen der Castrations-Wirkungen illustrirt wird, beweist auch deren materielle Continuität; 3) die principielle Scheidung der Viel- zelligen (»Histonen«) von den Einzelligen (»Protisten«) ist keine absolute und in Beziehung auf die Ver- erbung keine wesentliche (— unter den vorwiegend monogonen Protisten entwickeln sich bereits ver- schiedene Formen der Amphigonie; während bei den überwiegend geschlechtlich zeugenden Histonen doch vielfach Monogonie besteht; die Vererbungs-Gesetze sind in beiden Gruppen nur graduell verschieden —). 4) Die einzellisen Protisten (Protophyten und Protozoen) sind ebensowenig unsterblich als die viel- zelligen Histonen (Metabhyten und Metazoen); auch im einfachsten Falle hat das organische Individuum nur eine beschränkte Lebensdauer; wenn eine Zelle durch Theilung in zwei Tochterzellen zerfällt, ist damit ihre individuelle Existenz vernichtet. Wenn man hingegen unter Unsterblichkeit die Continuität des Plasma in der Kette der Generationen versteht, so erscheinen alle Stammreihen (Histonen ebenso wie Pro- tisten) gleicherweise »unsterblich«; dann ist die Unsterblichkeit des Plasma nichts weiter als ein besonderer Fall von dem kosmologischen Grundgesetz: Erhaltung der Substanz. 5) Die progressive Vererbung, als eines der wichtigsten Fundamente der Phylogenie, wird indirect bewiesen durch den gesammten em- pirischen Thatsachen-Schatz der vergleichenden Anatomie und ÖOntogenie; nur durch ihre Annahme werden die zahllosen Erscheinungen der »Anpassung« an die Aussenwelt (im eigentlichsten Sinne) erklärbar. 6) Die progressive Vererbung ist längst experimentell und direct bewiesen durch die Erfahrungen der künstlichen Züchtung; alle erfahrenen und urtheilsfähigen practischen Züchter (Landwirthe, Thierzüchter, Gärtner) halten einstimmig die »Vererbung erworbener Eigenschaften« für eine unumstössliche That- sache; nur auf Grund dieser Thatsache und mit umsichtiger Benutzung derselben können sie ihre Züch- tungskunst erfolgreich üben. Auf die umfangreiche Litteratur, welche der sogenannte »Neo-Darwinismus« — richtiger die » WEIS- MANN’sche Plasma-Theorie« genannt — neuerdings hervorgerufen hat, können wir hier nicht eingehen. Eine ausführliche Widerlegung derselben hat namentlich THEODOR EIMER (1888) in seinem Werke über die Entstehung der Arten gegeben; eine treffende allgemeine Kritik der amerikanische Philosoph und Botaniker LESTER WARD. Nur eine einzige, sehr bedeutende Streitschrift gegen dieselbe aus neuester Zeit sei hier noch besonders erwähnt. HERBERT SPENCER, der scharfsinnige und kenntnissreiche Denker, der als moni- stischer Philosoph die Entwickelungslehre speculativ so sehr gefördert hat, veröffentlichte vor Kurzem in der »Contemporary Review« (Februar, März und Mai 1893) mehrere Abhandlungen unter dem Titel » The Inadequacy of Natural Selection, and Professor Weismann’s Theories<. Die schwerwiegenden Einwürfe, welche hier SPENCER gegen WEISMANN erhebt, unterschreibe ich Wort für Wort; es sind zum Theil dieselben, welche ich schon früher in mehreren Schriften geltend gemacht habe. Ebenso stimme ich SPENCER vollkommen bei, wenn er seine Opposition auch gegen andere neuere Modificationen der Descendenz-Theorie ausdehnt, insbesondere NAEGEL!'s Lehre, und überhaupt gegen alle Theorien, welche die Phylogenie aus unbekannten, treibenden inneren Ursachen erklären wollen, im Gegensatze zu den wohlbekannten, mechanischen äusseren Ursachen, welche uns in der »Anpassung« gegeben sind, in der Wechselwirkung des Organismus und der ihn umgebenden Aussenwelt. Dahin gehört ganz besonders jene Gruppe von teleologischen Theorien, welche die sogenannte »Zielstrebigkeit« von BAER, die innere »Vervollkommnungstendenz« von NAEGELI etc. angenommen haben, und welche in verschiedener Form immer zur Annahme einer mystischen »Schöpfungskraft«, einer »phyletischen Lebens- kraft« führen. SPENCER ist als monistischer Philosoph vollkommen im Recht, wenn er diese verschämt- teleologischen, in der That aber dualistisch-mystischen Theorien sammt und sonders verwirft,; und wenn er Jenaische Denkschriften IV. 308 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. DE Zur Phylogenie der australischen Fauna. X sagt: »Dann ist es besser, einfach zu dem alten Mythus von der Erschafiung der einzelnen Arten zurück- zukehren« (The Inadequacy etc., S. 29). Die grosse Frage, um die es sich hier handelt, ist so bedeutungsvoll und bestimmt so sehr unsere ganze allgemeine Weltanschauung, dass wir den höchsten Werth auf die Entscheidung zwischen den fol- genden Alternativen legen müssen: Entweder ist die ganze Phylogenie ein rein mechanischer Process und die Entwickelung der organischen Formen geschieht ziellos, lediglich bedingt durch die physiologische Thätigkeit der Organismen selbst (Vererbung, Anpassung) und ihre Beziehungen zur Aussenwelt (Kampf um’s Dasein etc.) — oder dies ist nicht der Fall; die Stammesgeschichte der Organismen ist »„zielstrebige, also ein teleologischer Process, geleitet durch einen prämeditirten »Schöpfungsplan«; in diesem Falle werden wir immer zu der anthropomorphen Vorstellung des persönlichen Schöpfers zurückkehren müssen, und dann ist es am einfachsten, mit Acassız bei dem alten Schöpfungs-Mythus von Moses stehen zu bleiben. Mit SPENcER bin ich der Ansicht, dass auch die Entwickelungsideen von WEISMANN, NAEGELI, KÖLLIKER, BAER etc. wieder zu dieser transcendenten Schöpfung zurückführen, und dass wir nur zwischen zwei Alter- nativen zu wählen haben: Entweder mechanische Entwickelung mit Vererbung erworbener Eigenschaften, oder überhaupt keine natürliche Entwickelung. Die trefflichen Beispiele, welche HERBERT SPENCER zur Begründung seiner monistischen Ansichten anführt, sind grossentheils der vergleichenden Anatomie und Physiologie der Wirbelthiere entnommen, be- sonders der Phylogenie ihrer Gliedmaassen. Auch ich selbst habe schon früher wiederholt darauf hin- gewiesen, wie gerade dieses Erscheinungsgebiet uns eine Fülle von einleuchtenden Beweisen für die Wirk- samkeit der Natural-Selection einerseits und zugleich der Vererbung von erworbenen Eigenschaften anderer- seits liefert. Diese beiden grossen Principien stehen keineswegs in Widerspruch (wie bisweilen noch irr- thümlich behauptet wird), sondern sie wirken vereint zusammen; die »Natürliche Züchtung« benutzt im »Kampf um’s Dasein« beständig ebensowohl die progressive als die conservative Vererbung. Die Phylogenie der Extremitäten der Wirbelthiere ist aus mehrfachen Gründen ganz be- sonders lehrreich für den Nachweis der progressiven Vererbung: Einerseits unterliegt hier das Skelet der Gliedmaassen und die entsprechende Musculatur durch Anpassung an verschiedenen Gebrauch den mannich- faltigsten Umbildungen. Anderseits bleibt dabei die typische Zusammensetzung und Anordnung der Skelettheile und der Muskeln durch zähe Vererbung mehr oder weniger erhalten. Man vergleiche nur inner- halb der einen Säugethier-Classe die Laufbeine der meisten Raubthiere und Hufthiere, die Springbeine der Känguruhs und Springmäuse, die Kletterfüsse der pedimanen Beutelratten und Affen, die Grabfüsse der Maulwürfe und Wühlmäuse, die Schwimmfüsse der Biber und Robben, die Flossenfüsse der Sirenen und Cetaceen. Man muss erstaunen über die ausserordentliche Mannichfaltigkeit und zugleich Vollkommenheit, in welcher die Gliedmaassen aller dieser Säugethiere ihren besonderen Functionen angepasst sind; während anderseits die Constanz in der Zusammensetzung und Anordnung ihrer typischen Skelettheile die gemein- same Abstammung Aller beweist. Mit Bezug auf alle Einzelheiten der osteologischen Transformation (z. B. in Carpus und Tarsus) sind hier vor Allen von höchstem Werthe die classischen »Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere«e von CARL GEGENBAUR. Für die formenreiche Classe der Vögel hat die stufenweise Umbildung sehr eingehend Max FÜRBRINGER in seinen sorgfältigen »Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Vögel« im Einzelnen dargethan. Alle diese grossen morphologischen Erscheinungen lassen sich nur durch Annahme der func- tionellen Anpassung und der progressiven Vererbung erklären; die Gewohnheit der besonderen Lebensweise und der entsprechende Gebrauch oder Nichtgebrauch der einzelnen Organe hat hier die er- staunlichsten Umbildungen derselben (— durch »teleologische Mechanik« —) hervorgerufen, und zwar gleich- XI Zur Phylogenie der australischen Fauna. DL zeitig in allen Theilen der Gliedmaassen, welche in Correlation stehen (»correlative Anpassung«). Diese »erworbenen Eigenschaften« sind dann durch Vererbung auf die Nachkommen übertragen, in der Reihe der Generationen befestigt und zu wesentlichen Merkmalen der Species geworden. Die Selection hat dabei vielfach fördernd und regulirend gewirkt. Aber die Natural-Selection allein, in Verbindung mit WEISMANN’s Amphimixis, würde nie im Stande gewesen sein, diese höchst zweckmässigen Anpassungen hervorzurufen. SPENCER hat an dem Beispiele des Katzensprunges (p. 28) sehr hübsch gezeigt, wie unfähig WEISMANN’S Theorie ist, derartige zweckmässige Umbildungen zu erklären. Die Wirbelthiere Australiens sind für die Lösung dieses grossen Problems desshalb von ganz be- sonderem Werthe, weil sie erstens eine grosse Zahl von uralten connectenten Formen besitzen, und weil zweitens in mehreren circumscribten Formengruppen einerseits die Divergenz, anderseits die Convergenz angepasster Formen sich sehr klar übersehen lässt. Sehr lehrreich sind in dieser Beziehung namentlich die australischen Marsupialien, und die Convergenz ihrer einzelnen Formen mit den entsprechenden Placen- talien der übrigen Erde. Die phylogenetische Bedeutung jener connectenten Vertebraten Australiens halten wir für so gross, dass wir sie hier einer besonderen Erörterung unterziehen wollen. Die connectenten Wirbelthiere Australiens. Als connecetente Formen bezeichnen wir hier kurz diejenigen organischen »Zwischenformen« oder »Uebergangsformen«, welche in morphologischer Beziehung die unmittelbare Verbindung zwischen zwei sonst scharf getrennten Gruppen vermitteln. In der praedarwinischen Zoologie und Botanik galten diese »unreinen« Zwischenformen den Systematikern als höchst unbequeme und verdächtige Geschöpfe; sie störten die reine Harmonie des durchdachten Systems, als dessen Hauptvorzug es galt, alle grösseren und kleineren Formengruppen möglichst scharf zu unterscheiden, klar zu definiren und durch »constante Merkmale« von einander abzusetzen. Das »natürliche System« schätzte man um so höher, je künstlicher es war; man hielt seine Definitionen für um so besser, um so vollkommener, je consequenter jene Aufgabe der analytischen Trennung logisch durchgeführt war. Die scharfe systematische Sonderung dieser circumscripten Formengruppen galt als Hauptziel der Classification. Darwın’s Entwickelungslehre hat bekanntlich dieses Verhältniss umgekehrt. Nachdem das »natür- liche System« sich als der hypothetische Stammbaum der Formengruppen entschleiert hatte, seitdem man anfing, bei allen morphologischen Untersuchungen phylogenetisch zu denken, gelangte man zu immer höherer Werthschätzung jener früher vernachlässigten Connectenten. Man begriff immer deutlicher, dass das einzig; wahre natürliche System nur das phylogenetische sein könne, und dass es bei dessen Aufbau nicht darauf ankommen müsse, die verwandten kleineren und grösseren Formengruppen möglichst scharf zu trennen, sondern möglichst ununterbrochen zu verbinden. An die Stelle der zerstückelnden Analyse tritt im phylo- genetischen System die verknüpfende Synthese. Die circumscripten Formengruppen erscheinen nun nicht mehr als isolirte und scharf characterisirte Einheiten, sondern als Zweige eines Baumes, dessen sämmt- liche Aeste und Zweige durch Connectenten mit dem Stamme continuirlich verbunden sind. Wie gewaltig sich in dieser Hinsicht die systematischen Anschauungen geändert oder vielmehr in ihr Gegentheil verkehrt haben, beweist jede bessere systematische Arbeit der Neuzeit, jedes moderne Lehrbuch der Zoologie und Botanik. Der erste Entwurf eines phylogenetischen Systems, den ich 1866 in 1I* = DR! Zur Phylogenie der australischen Fauna. xl meiner Generellen Morphologie auf Grund der Descendenz-Theorie gegeben hatte, wurde der Ausgangspunkt zahlreicher Verbesserungen in allen einzelnen Kategorien des Systems. Ein Vergleich des phylogenetischen Systems in der I. Auflage (1868) und in der VIII. Auflage (1889) meiner »Natürlichen Schöpfungsgeschichte« zeigt, wie vielfach sich innerhalb dieser 20 Jahre unsere systematischen Anschauungen geklärt und wie sehr sich die phylogenetische Methode der Classification als fruchtbar bewährt hat. Dennoch sind wir auch heute noch weit davon entfernt, die phylogenetische Methode bei morpho- logischen und systematischen Arbeiten überall in dem richtigen Sinne angewendet zu sehen. Vielmehr be- gegnen wir noch vielfach sehr irrthümlichen Vorstellungen über den Werth der systematischen Kategorien ; und nicht allein in den geringeren Schriften zweiten und dritten Ranges, sondern oft selbst in den besten Arbeiten von Morphologen ersten Ranges begegnen wir einer unrichtigen Auffassung und systematischen Anordnung der natürlichen Formengruppen. Manche Naturforscher (— namentlich Physiologen —) halten noch an der Ansicht fest, dass es ziemlich gleichgültig sei, wie man die kleineren und grösseren Formengruppen definire und im System verbinde. Dagegen muss jeder Morphologe Einspruch erheben, der seine interessante Aufgabe ernst nimmt, und der auf Grund der drei grossen Schöpfungsurkunden: der vergleichenden Ana- tomie, Ontogenie und Paläontologie, die Stammesgeschichte der Organismen zu ergründen versucht. Die connectenten Formen, durch welche er in den Stand gesetzt wird, die circumscripten Gruppen historisch und genealogisch zu verknüpfen, gewinnen für ihn den höchsten Werth. Besonders lehrreich und wichtig ist in dieser Beziehung das phylogenetische System der Wirbel- thiere, und die Stellung, welche die zahlreichen connectenten Vertebraten als Uebergangsformen zwischen dessen grösseren und kleineren Gruppen einnehmen. Kein anderes Land der Erde ist so reich an der- artigen Zwischenformen wie Australien; und da der grösste Theil dieses Werkes gerade ihrer Ontogenie und Anatomie gewidmet ist, erscheint es zweckmässig, ihre Stellung im Stammbaum der Wirbelthiere von vorn herein klar festzustellen. Es erscheint dies um so wichtiger, als selbst in neuester Zeit dieselbe noch sehr verschieden aufgefasst und demgemäss die Definition und Anordnung der Gruppen auf sehr abweichende Weise versucht wird. In dem phylogenetischen System der Wirbelthiere, welches ich 1866 in meiner Generellen Morpho- logie aufgestellt hatte, und welches jetzt von den meisten Zoologen angenommen ist, sind acht Classen ent- sprechend dem nachstehenden Schema unterschieden. Bei der Gruppirung und Rangordnung derselben ist ebensowohl die theoretische Bedeutung ihrer phylogenetischen Beziehungen berücksichtigt, als das prac- tische Bedürfniss einer klaren logischen Definition. Von besonderer Wichtigkeit ist dabei die kritische Vergleichung der herediven Charactere, jener Merkmale einer jeden Gruppe, die bereits von den Vorfahren durch Vererbung übertragen sind; und der adaptiven Charactere, welche durch An- passung an neue Existenzbedingungen erworben wurden; unter diesen Producten der Anpassung sind dann wieder die generellen (der ganzen Gruppe zukommenden) von den speciellen (bei einzelnen, heute noch lebenden Vertretern derselben) zu unterscheiden. Phylogenetisches System der Vertebraten (1866). A. Schädellose, Acrania 1. Rohrherzen, Leptocardıa { B! Rundmäuler, Oyclostoma 2. Unpaarnasen, Monorhina ı Ian seen ie, . > B. Schädelthiere, II: Fischthiere, ! 3. Fische, az Cradle B! Kiefermäuler, Anamnia 4. Lurchfische, Dipneusta g X Gnathostoma (Ichthyones) | 5. Lurche, Amphibia (oder Beutelherzen, . EN ! (oder Paarnasen, 4 3 & { 6. Schleicher, Reptilia Pachycardia). Amphirhina). II’ Amnionthiere, } 7. Vögel, ae \ L ammicra, I 8. Säuger Mammalia. XIII Zur Phylogenie der australischen Fauna. XII Die eonneetente Position der Acranier. Die phylogenetische Stellung des Amphioxus, als des einzigen Vertreters der Acranier, sowie die Beurtheilung seiner Verwandtschafts-Beziehungen zu den Cranioten, gehört gegenwärtig zu den wich- tigsten Problemen in der Morphologie und Phylogenie der Vertebraten. Seitdem wir die Ontogenie dieses niedersten Wirbelthieres und damit zugleich seine nahen Beziehungen zu den Ascidien genau kennen ge- lernt haben, ist die Ueberzeugung mehr und mehr allgemein geworden, dass hier der Schlüssel zu einer der bedeutungsvollsten zoologischen Fragen liegt, zu der Frage vom Ursprung der Wirbelthiere und somit auch unseres eigenen Geschlechts. Allein die vielseitige und alljährlich wachsende Theilnahme an dieser grossen Frage ist noch weit von einer befriedigenden Lösung derselben entfernt. Vielmehr gehen auch heute noch die Ansichten der verschiedenen Forscher über die phylogenetische Deutung der vorliegenden morpho- logischen Thatsachen weit auseinander; mindestens sechs verschiedene Ansichten und darauf gegründete phylogenetische Hypothesen stehen sich hier gegenüber. I) Die heute noch lebenden Acranier, die Leptocardier (Amphioxus, Paramphioxus und Epigon- ichthys) sind typische »Urwirbelthiere«, die letzten überlebenden Reste einer ausgestorbenen Gruppe von Prospondyliern (oder Provertebraten); aus einem anderen Zweige dieser letzteren sind die Cranioten hervorgegangen. Im System der Wirbelthiere sind die Acranier als selbständige Classe (oder als Sub- phylum) allen übrigen, den Cranioten, gegenüberzustellen. 2) Die Leptocardier bilden als Pharyngobranchiü die niederste Ordnung der Fische, sind zwar in Folge ihrer Lebensweise durch Rückbildung entartet, passen aber doch in den Rahmen dieser Classe. 3) Die Leptocardier sind paedogonische Fische, zur Ge- schlechtsreife gelangte Larven von anderen Fischen, demnach ohne phylogenetische Bedeutung. 4) Die Acranier sind degenerirte Cyclostomen, mit diesen von den Fischen als Classe zu trennen, aber durch Rück- bildung aus ihnen hervorgegangen. 5) Die Acranier sind als Cephalochorda näher verwandt den Tunicaten (Urochorda) als den Cranioten; die letzteren sind aus einem anderen Hauptaste des Chordonier-Stammes hervorgegangen als die ersteren. 6) Die Acranier (und die stammverwandten Tunicaten) haben überhaupt keine Stammverwandtschaft zu den echten Vertebraten (den Cranioten); diese letzteren sind vielmehr von Anneliden abzuleiten. Unter diesen sechs verschiedenen Auffassungen der Acranier-Position halte ich die erste (— die ich zuerst in der Generellen Morphologie 1866 aufstellte —) auch heute noch für die naturgemässeste; sie scheint mir sowohl die phylogenetischen Beziehungen der verschiedenen stammverwandten Hauptgruppen am rich- tigsten auszudrücken, als auch deren klare Definition im natürlichen System am präcisesten zu ermöglichen. Selbstverständlich ist damit nicht gesagt (— wie bisweilen auch heute noch irrthümlich behauptet wird —), dass wir in »Amphioxus den gemeinsamen Stammvater aller Wirbelthiere« erblicken; vielmehr halten wir die heutigen Leptocardier (Amphioxus und seine nächsten Verwandten) für einen überlebenden und stark modificirten Seitenzweig der Prospondylier (oder Provertebraten), jener gemeinsamen hypothe- tischen Stammgruppe, aus welcher nach einer anderen Richtung hin die Cranioten hervorgingen. Die Tunicaten wiederum betrachte ich als einen älteren Seitenzweig, der nur an der gemeinsamen Wurzel mit der Stammgruppe der Prospondylier zusammenhängt. Tunicaten und Vertebraten sind zwei divergente Stämme des grossen Hauptstammes der Chordathiere (Chordonia oder Chordota); dieser letztere hat seine eigene Wurzel in einem Zweige der ungegliederten Helminthen; er hat gar keinen Zusammenhang mit dem grundverschiedenen Stamme der Articulaten, der Anneliden und Anthropoden. In der vierten Auflage meiner Anthropogenie (1891) habe ich diese Verwandtschafts- Verhältnisse XI Zur Phylogenie der australischen Fauna. XIV (namentlich in den Vorträgen XIV, XVI und XVII) so ausführlich auseinandergesetzt, dass ich hier darauf verweisen kann. Aber ausdrücklich möchte ich hier nochmals auf den oft übersehenen Unterschied der beiden Acranier-Gruppen hinweisen, der ursprünglichen (längst ausgestorbenen) Prospondylier und der modificirten (heute noch lebenden) Leptocardier. Nur jene ersteren, nicht diese letzteren, dürfen als wahre Stammgruppe des Vertebraten-Stammes betrachtet werden. Allerdings konnten uns die ausge- storbenen onen wegen Mangels fester Skelettheile ebensowenig fossile Reste hinterlassen als die Tunicaten, die Leptocardier und Cyclostomen; aber auf die einstmalige Existenz und den allgemeinen Körperbau jener hypothetischen Stammgruppe können wir auf Grund der vergleichenden Anatomie und Ontogenie ebenso sicher schliessen, wie auf die frühere Existenz der Prochordonier. Die höchst characte- ristische Keimform der Chordula oder Chordalarve (Anthropogenie, IV. Aufl., S. 231, 431) beweist für sich allein schon den gemeinsamen Ursprung der Vertebraten und Tunicaten; sie widerlegt zugleich die An- nahme einer Abstammung derselben von den Anneliden (vergl. Anthropogenie, 1891, S. 327, 351, 503 etc.). Bei der phylogenetischen Würdigung des Amphioxus müssen daher mit ganz besonderer Kritik und Vorsicht die herediven Charactere (als Folgen der Vererbung) von den adaptiven (als Producten der Anpassung) getrennt werden; und unter diesen letzteren wieder die generellen Anpassmale, welche allen Acraniern gemeinsam sind, von den speciellen, welche bloss den Leptocardiern, nicht aber den Pro- spondyliern zukommen. Ebenso müssen auch in der Ontogenie des Amphioxus die cenogenetischen Modificationen der Keimbildung scharf getrennt werden von den überwiegenden palingenetischen Processen, welche die grösste Bedeutung für die ältere Stammesgeschichte der Wirbelthiere besitzen. Herediv-Charactere aller Acranier, welche sie durch Vererbung von den Prochordonia (oder Protochordota) überkommen haben, sind folgende: I) Der bilaterale Körperbau, dessen Grundform durch drei Richtaxen bestimmt wird (Anthropogenie, 1891, S. 257, 510); 2) der ontogenetische Aufbau des Körpers aus vier secundären Keimblättern, in der typischen Keimungsform der Chordonier (vergl. den »Ontogene- tischen Zellen-Stammbaum des Amphioxus«, Anthropogenie, S. 414); 3) das exodermale Medullarrohr in der Mittellinie des Rückens ; 4) die entodermale Chorda, unterhalb des ersteren; 5) das entodermale Darm- rohr mit vorderem Mund und hinterem After; 6) die Sonderung des Darmrohrs in vorderen Kopfdarm (Kiemendarm, mit Kiemenspalten) und hinteren Rumpfdarm (Leberdarm, mit Leberschlauch); 7) die Bildung von ein paar Coelomtaschen (durch Ausstülpung vom Urdarm) und einer Einschnürung, durch welche die- selben jederseits in eine dorsale und ventrale Tasche zerfallen; 8) die Bildung von Muskeln aus den Episomiten oder dorsalen Coelomtaschen;, 9) die Bildung von Gonaden aus den Hyposomiten oder ven- tralen Coelomtaschen; Io) ein primitives Blutgefäss-System mit zwei longitudinalen Hauptstämmen: dor- salem Darmgefäss (Principal-Arterie oder Aorta) und ventralem Darmgefäss (Principal-Vene oder Sub- intestinal-Vene). Alle oder doch die meisten dieser zehn wichtigen Merkmale (die den Stammformen der Tunicaten und Vertebraten gemeinsam sind) werden schon die Prochordonier besessen und theilweise von den Helminthen-Ahnen durch Vererbung erhalten haben. Wir legen auf diese Annahme besonderen Werth, weil auch heute noch nicht selten behauptet wird, der Ursprung der Chordathiere liege völlig im Dunkeln. Nach unserer Anschauung bietet die vergleichende Anatomie und Ontogenie der Helminthen (Nemertinen, Enteropneusten etc.) und der Chordonier hier zahlreiche Anknüpfungspunkte, wenngleich keine einzige der heutigen Helminthen-Classen in directer Linie als Ahnengruppe der Chordathiere zu betrachten ist. Generelle Adaptiv-Charactere der Acranier, durch welche sie sich von den stamm- verwandten Tunicaten scheiden, liegen vor Allem in der völlig entwickelten Metamerie, welche bei den letzteren gar nicht oder nur andeutungsweise zu finden ist. Diese typische »Vertebration« betrifft vor Allem in erster Linie die paarigen Coelomtaschen und deren beide Kammern, dorsale und ventrale Tasche. XV Zur Phylogenie der australischen Fauna. SV r) Aus der dorsalen Coelomtasche entwickelt sich jederseits eine Reihe von Myotomen oder Episomiten, die segmentalen Muskelplatten (Seiten-Rumpfmuskeln). 2) Aus der ventralen Coelomtasche entsteht jederseits eine Reihe von Gonotomen oder Hyposomiten (segmentale Geschlechtsdrüsen). 3) Aus dem lateralen Ver- bindungscanal der dorsalen und ventralen Tasche (der wahrscheinlich bei den Prospondyliern in jedem Me- tamer durch einen lateralen Porus aussen in der Haut sich öffnete) entwickelt sich ein Pronephridium; ein excretorisches »Vornieren-Canälchen«, welches sowohl die Harnsäure des Episomiten (Excret des Myocoels), als die Geschlechtszellen des Hyposomiten (Secret des Gonocoels) nach aussen abführt. 4) In Correlation zur Gliederung dieser Mesoderm-Segmente erfolgt auch eine entsprechende Metamerie der ernährenden Blutgefässe und Nerven. 5) Ebenso erfolgt eine Vermehrung der Kiemenspalten im Kiemendarm, anfäng- lich segmental (Branchiomerie), später multiplicirt (durch secundäre Spaltung). Specielle Adaptiv-Charactere der Leptocardier (oder der heutigen Acranier), durch welche sie sich von der hypothetischen Stammgruppe der Prospondylier unterscheiden, sind meiner Ansicht nach zunächst in der mehrfachen Asymmetrie der bilateralen Grundform zu finden; so die einseitige Aus- bildung der Leber und der Riechgrube, die einseitige Lage des Afters, die asymmetrische Innervation u. s. w. Zwei Arten von Leptocardiern, welche Professor SEmon von Australien mitgebracht hat (Paramphioxus bassanus und Epigonichthys cultellus) zeigen auch nur eine Reihe von Gonaden (auf der rechten Seite) ent- wickelt; diejenigen der anderen (linken) Seite sind theils rudimentär, theils ganz rückgebildet. Diese asym- metrischen Differenzen der beiden Antimeren sind alle (oder doch grösstentheils) durch die Gewohnheit des Amphioxus zu erklären, sich auf dem Sande auf eine (die rechte) Körperseite zu legen; also ebenso wie die Asymmetrie (oder Dysdipleurie) der Pleuronectiden. Die Prospondylier hingegen lebten vermuthlich frei- schwimmend und besassen ebenso vollkommene Symmetrie (oder Eudipleurie), wie ihre nächsten Vorfahren, die Prochordonier, und deren Helminthen-Ahnen. Ein weiterer specieller Adaptiv-Character der Leptocardier, der sich ebenfalls aus ihrer Lebensweise erklärt, liegt in der starken Rückbildung des Kopfes, der rudimentären Beschaffenheit des Gehirns und der höheren Sinnesorgane. Die Gewohnheit des Amphioxus, sich im Sande zu vergraben und nur bei Nacht hervorzukommen, seine Lichtscheu, seine Ernährungsweise, erklären hinlänglich die phylogenetische Rückbildung der Augen und der Gehörblasen ; bei den freischwimmenden Prospondyliern waren die höheren Sinnesorgane wahrscheinlich gut entwickelt, ebenso wie die Gehirnblase (entsprechend der der Ascidien- Larven). Auch besassen jene älteren Urwirbelthiere wahrscheinlich ein spindelförmiges Herz (ähnlich dem der Tunicaten), entstanden durch locale Erweiterung in der Mitte der contractilen Principal-Vene, zwischen deren Kopftheil (Kiemen-Arterie) und Rumpftheil (Subintestinal-Vene; vergl. Anthropogenie, 1891, S. 256, 520, 768 etc.). Eine specielle adaptive Erwerbung der Leptocardier ist die eigenthümliche Ausbildung der beiden grossen Mantellappen oder Kiemendeckel (der lateralen Hautfalten, welche die weite Mantelhöhle oder »Peribranchial-Höhle« umschliessen). Alles in Allem genommen, befestigt diese kritische Betrachtung der adaptiven und herediven Cha- ractere uns in der Ueberzeugung, dass die Acranier eine höchst wichtige connectente Formengruppe sind und die phylogenetische Brücke von den Prochordoniern (und Helminthen) zu den Cranioten schlagen. Dabei ist aber wohl darauf zu achten, dass die heute noch überlebenden Acranier, die Leptocardier oder Amphioxiden, vielfach rückgebildet sind, und nur in einem Theile ihrer eigenthümlichen Bildungs-Verhältnisse uns noch ein Schattenbild von der primitiven Organisation der ältesten Urwirbelthiere geben, der präsilurischen Prospondylier. xXVI Zur Phylogenie der australischen Fauna. XVI Die eonneetente Position der Dipneusten. Die phylogenetische Bedeutung und die ihr entsprechende systematische Stellung der Dipneusta (oder Dipnoa) unterliegt gegenwärtig vier verschiedenen Auffassungen: I) Die heute noch lebenden Di- pneusten, die beiden Familien der Monopneumones (Ceratodus) und der Dipneumones (Protoßterus, Lepidosiren) sind die letzten Ueberreste einer connectenten Uebergangsgruppe, welche in devonischer Zeit die Brücke von den kiemenathmenden Fischen (Selachier, Ganoiden) zu den lungenathmenden Amphibien (Stegocephalen) schlug; da dieselbe wesentliche Hauptmerkmale beider Classen in sich vereint, ist sie als eine selbstständige connectente Wirbelthier-Classe aufzufassen. 2) Die Dipneusten sind der Hauptsache nach Fische (— obwohl die einzigen lungenathmenden Fische —); sie müssen als selbstständige Ordnung (Dipnoi) den übrigen drei Ordnungen der echten Fische (Selachier, Ganoiden, Teleostier) angereiht werden. 3) Die Dipneusten stehen unter allen Fischen den Ganoiden am nächsten, und unter diesen den devonischen Crossopterygiern; sie können daher nur als eine besondere Familie (oder Unterordnung) zu den Ganoiden gestellt werden. 4) Die Dipneusten entfernen sich durch ihre Lungenbildung und die damit verknüpften correlativen Mutationen so sehr von den echten Fischen und schliessen sich anderseits so nahe den echten Amphibien an, dass sie als niederste Ordnung in diese Classe aufzunehmen sind. Unter diesen vier verschiedenen Auffassungen der Dipneusten-Position scheint mir die erste am zweck- mässigsten die wichtigen phylogenetischen Beziehungen derselben, einerseits zu den Fischen, anderseits zu den Amphibien auszudrücken. Lässt man die Dipneusten (— wie die meisten Zoologen noch heute thun —) bei den Fischen stehen, so verliert der Character dieser Classe sehr an Bestimmtheit. Die echten Pisces — die drei Subclassen der Selachier, Ganoiden und Teleostier — athmen nicht durch Lungen und besitzen daher nicht den characteristischen Lungenkreislauf; Hauptkammer und Vorkammer des Herzens sind noch einfach; die Nasengruben haben noch keine Kanal-Verbindung mit der Mundhöhle. Indem bei den Dipneusten der Arbeitswechsel der Schwimmblase eintritt und die hydrostatische Function derselben in die respiratorische sich verwandelt, indem zugleich die correlative Umbildung des Herzens, die Theilung der Vorkammer und die Ausbildung der Lungengefässe stattfindet, wird bereits jene tiefgreifende Transforma- tion des Vertebraten-Organismus vorbereitet, welche den Uebergang vom Wasserleben zum Landleben er- möglicht und welche dann bei den Amphibien weiter fortgeführt ist. Diese letzteren haben aber bereits den grossen Fortschritt in der Transmutation der paarigen Gliedmaassen durchgeführt, die Verwandlung der vielzehigen Fischflosse in den fünfzehigen Gehfuss; diese bedeutungsvolle Umbildung — ein hervor- ragendes Beispiel von der »Vererbung erworbener Eigenschaften«e — ist bei den Dipneusten noch nicht angedeutet. Natürlich sind die wenigen noch jetzt lebenden Dipneusten nur mit grosser Einschränkung unmittel- bar als »Uebergangsformen von den Fischen zu den Amphibien« zu verwerthen. Keiner von ihnen, weder der monopneumone Ceratodus, noch die dipneumonen Protopterus und Lepidosiren, gehören zu den directen Vorfahren der Amphibien; sie sind vielmehr die letzten mehr oder weniger stark modihieirten Ueberreste einer uralten formenreichen Gruppe, welche ihre Blüthezeit schon im paläozoischen Zeitalter erreicht hatte. Wir können diese Classe in drei Ordnungen eintheilen; von diesen scheinen die devonischen Phanero- pleuriden Reste der gemeinsamen Stammgruppe zu sein. Ihre unmittelbaren Vorfahren sind entweder bei den ‚Selachiern oder bei ältesten Ganoiden zu suchen (Crossopterygier?) Von den Phaneropleuriden oder Pala- dipneusten stellt der heutige Ceratodus Australiens (— schon in der Trias fossil —) einen letzten modernen Ausläufer dar. Aus ihnen sind einerseits hervorgegangen die paläozoischen Ctenodipterinen oder XVII Zur Phylogenie der australischen Fauna. XVII Ctenodipneusten (Ctenodinen und Dipterinen), anderseits die jüngeren mesozoischen Formen, die Neodipneusten;, die heutigen Protopteriden (der afrikanische Protopterus und der südamerikanische Lepidosiren) sind einzelne überlebende Seitenästchen dieses modernen Zweiges. Die directen Stammformen der Amphibien und somit aller pentadactylen (oder »quadrupeden«) Wirbelthiere sind uns zur Zeit noch unbekannt; sie dürften aber unter den devonischen und carbonischen Paladipneusten zu suchen sein. Herediv-Charactere der Dipneusten — und zwar zunächst der Ceratodinen, — durch conservative Vererbung von den Fischen (Selachiern und Proganoiden) überkommen, würden dieser Auf- fassung gemäss folgende sein: 1) die permanente Chorda dorsalis; 2) die primitive Beschaffenheit des Knorpel- skelets, insbesondere des Primordialschädels; 3) die gefiederte Form der paarigen Flossen, mit der characte- ristischen Bildung des Archipterygium, 4) die ganoide Schuppenbedeckung der Haut; 5) die ganoiden-artige Bildung des Kiemenapparates mit fünf Paar Knorpelbogen, vier Paar vollständigen Kiemen und knöchernem Kiemendeckel; 6) der musculöse Conus arteriosus des Herzens, dessen Klappenbildung an diejenige einiger Ganoiden erinnert; 7) die permanente Spiralklappe im Darm; 8) die Kloakenbildung, indem der Enddarm die Mündungen der Harn- und Geschlechtsleiter aufnimmt. In diesen acht wichtigen Erbstücken hat nament- lich Ceratodus die uralten paläozoischen Merkmale der parentalen Proganoiden und ihrer Vorfahren, der Selachier, treu bewahrt, während seine jüngeren Vettern, die Protopteriden, sie mehr oder weniger modificirt zeigen (Reduction der Flossenstrahlen und der Herzklappen). Generelle Adaptiv-Charactere der Dipneusten, durch welche sie sich von ihren Stamm- eltern, den Proganoiden und Selachiern, entfernen, sind dagegen folgende: 1) die Umbildung der Schwimm- blase zur Lunge, in Folge von Arbeitswechsel (Verwandlung der hydrostatischen in die respiratorische Function); 2) die damit verknüpfte Umbildung der Blutgefässe der Schwimmblase (Ausbildung der Lungen- arterien und Lungenvenen); 3) die correlative Umbildung des Herzens (Entwickelung eines longitudinalen Septum, welches die Vorkammer in eine rechte und linke Hälfte theilt); 4) die correlative Umbildung der Nase, die Verwandlung der blinden Nasengruben der Fische in Luftwege, welche innen in die Mundhöhle einmünden. Diese Nasenkanäle der Dipneusten sind schon vorbereitet in den »Nasenrinnen« der Selachier und Chimaeren; schon bei einigen Rochen sind dieselben zu Kanälen geworden. Diese vier wichtigen, in engster Correlation zu einander stehenden Veränderungen der ursprünglichen Fisch-Organisation sind es, welche die Dipneusten so hoch über ihre Fisch-Ahnen erheben und ihnen den Rang einer besonderen Vertebraten-Classe verleihen. Diese Transformationen mussten vollendet sein, ehe die Versuche, vom Wasserleben zum Landleben überzugehen, glücklichen Erfolg haben konnten. Die wichtige Umbildung der polydactylen Schwimmflosse der Fische zum pentadactylen Gehfusse der Amphibien konnte sich erst vollziehen, nachdem der Fisch sich an die doppelte Athmungsweise (durch Kiemen und Lungen) gewöhnt hatte. Das Verschlucken von Luft und das längere Verweilen der verschluckten atmo- sphärischen Luft in der Schwimmblase unterstützte ursprünglich nur deren hydrostatische Function; da aber unmittelbar damit der Gasaustausch zwischen der sauerstoffhaltigen Luft und dem Blute in den Gefässen der Schwimmblase möglich wurde, entwickelte sich als Nebenfunction deren respiratorische Thätigkeit. Bei den Amphibien wurde die letztere zur Hauptfunction, indem gleichzeitig bei den Versuchen, aus dem Wasser herauszuklettern und sich auf dem Lande fortzuschieben, die Umbildung der vielstrahligen Schwimmflossen zu fünfzehigen Gehfüssen sich verhältnissmässig rasch vollzog. Diese bedeutungsvollen morphologischen Veränderungen, die Entstehung der Luftathmungsorgane und der Pentadactylie, können nur im Sinne von LAMARcK und Darwın erklärt werden, durch die wechselnden physiologischen Gewohnheiten der Thiere und den veränderten Gebrauch ihrer Organe, unterstützt durch die natürliche Zuchtwahl; hin- gegen bleiben uns dieselben nach den Theorien von WEISMAnN und WALLACE vollkommen unverständlich. Jenaische Denkschriften IV. III Semon, Zoolog. Forschungsreisen. 1. XVILI Zur Phylogenie der australischen Fauna. XVII . Specielle Adaptiv-Charactere der Dipneusten, durch besondere Anpassung erst später entstanden, treten bei den jüngeren Dipneumonen mehr hervor als bei den älteren Monopneumonen. Das Archipterygium der letzteren ist bei den ersteren stark reducirt. Die Klappenbildung im Conus arteriosus schliesst sich bei Ceratodus mehr an die der Ganoiden an, hingegen bei Protopterus und Lepidosiren mehr an diejenige der Amphibien. Auch die Kiemen sind bei diesen jüngeren Neodipneusten mehr rückgebildet. Zahlreichen speciellen Anpassungen ist bei den fossilen Dipneusten sowohl die Bildung der Flossen als namentlich des Gebisses unterworfen. Auch die eigenthümlichen Zahnbildungen von Ceratodus — obwohl schon bei den triassischen Vertretern dieser Gattung ausgebildet — und ebenso die schneidenden, denen der Chimaera ähnlichen Zahnplatten der mordernen Protopteriden sind Producte der Anpassung an die besondere Form der Nahrungsaufnahme. Die Chimaeren (Holocephali), die einen sehr alten Seitenzweig der eigentlichen Selachier (Plagiostomi) darstellen, erinnern auch noch in manchen anderen Eigenthümlichkeiten an die Dipneusten; indessen sind diese Aehnlichkeiten, ebenso wie diejenigen vieler Ganoiden, wohl eher als phylogenetische Parallelen und Analogien zu deuten, nicht als wirkliche, auf gemeinsamer Abstammung beruhende Homo- logien. Ueberhaupt dürfte es vorsichtiger sein, die Paladipneusten direct aus einem paläozoischen, den Notidaniden verwandten Zweige der Proselachier abzuleiten, als von den Proganoiden, die ebenfalls von den letzteren — aber vielleicht von einem parallelen Zweige derselben! — abstammen. Die conneetente Position der Monotremen. Die phylogenttische Stellung der Monotremen unterliegt gegenwärtig noch vier verschiedenen Deu- tungen: 1) Die heute noch lebenden Monotremen (Zchidna und Ornithorhynchus) sind die niedersten Säuge- thiere, die isolirten letzten Ueberreste einer alten (triassischen) Stammgruppe dieser Classe, der Promam- malen; mit diesen zusammen repräsentiren sie eine besondere Subclasse: Prototheria oder Ornithodelphia. 2) Die Monotremen sind rückgebildete Marsupialien, mit diesen vereinigt als /mplacentalia den Placentalia gegenüberzustellen. 3) Die Monotremen sind den übrigen Säugethieren zwar als besondere Ordnung ein- zureihen, aber einigen Ordnungen (Edentaten) näher verwandt als die Fisch -Säugethiere (Cetaceen und Sirenen). 4) Die Monotremen sind keine echten Säugethiere, sondern von dieser Classe abzutrennen und als selbständige Amnioten-Classe zu betrachten, auf Grund ihrer vielfachen anatomischen und ontogenetischen Eigenthümlichkeiten. Unter diesen vier verschiedenen Auffassungen gebe ich der ersten den Vorzug, indem ich die drei Subelassen der Mammiferen, Monotremen, Marsupialien und Placentalien, für drei auf einander folgende phylo- genetische Bildungsstufen eines einheitlichen Säugethier-Stammes halte. Die gemeinsame Wurzel dieser monophyletischen Classe bilden die Promammalien der Trias (vielleicht schon in der Perm- Periode existirend); dass diese Stammgruppe schon im mesozoischen Zeitalter eine mannichfaltige Entwickelung erreichte, lässt sich aus der Verschiedenheit der fossilen Gebisse und einzelnen Zähne entnehmen, welche schon in der Trias, besonders aber im Jura und neuerdings auch in der Kreide gefunden und meistens direct auf Marsupialien bezogen sind. Von diesen dürften namentlich die Dromatherien und die Multituber- culaten als sehr primitive Formen anzusehen sein; sie schlagen die connectente Brücke von den Proreptilien (oder Protamnioten) zu den ältesten Monotremen der Secundär-Zeit. Dagegen sind die heute noch lebenden Monotremen (die »Ornithostomen«) durch Anpassung an ihre besondere Lebensweise vielfach modifieirt und haben keine directe ancestrale Beziehung zu den übrigen Säugethieren; sie erscheinen als die letzten XIX Zur Phylogenie der australischen Fauna. ID“ Ausläufer einer ausgestorbenen Nebenlinie.e Wir müssen daher bei der Beurtheiluug dieser wichtigen australischen Ueberreste wohl unterscheiden zwischen den primären herediven und den secundären adaptiven Merkmalen, welche erst später durch Anpassung erworben wurden. Herediv-Charactere der Monotremen, durch conservative Vererbung von den Proreptilien (oder Protamnioten) überkommen, sind folgende: 1) die Persistenz von selbstständigen Coracoid-Knochen am Schultergürtel; 2) die Persistenz des selbstständigen Episternum (der T-förmigen Interclavicula); 3) die Persistenz des Nahrungsdotters und demgemäss die discoidale Furchung der Eier; 4) die entsprechende Oviparie und die Bildung harter Pergamentschalen um die abgelegten Eier; 5) die Bildung und Lage der Hoden, vor den Nieren; 6) die Bildung und Lage des Penis, in einer Tasche der Kloakenwand; 7) die Duplicität der Oviducte, welche getrennt in den Sinus urogenitalis münden; 8) die permanente Kloakenbildung, indem der Sinus urogenitalis sich in den Mastdarm öffnet; 9) die primitive, reptilienähnliche Bildung des Gehirns, ins- besondere der Mangel eines ausgebildeten Corpus callosum. Generelle Adaptiv-Charactere der Monotremen, welche beim Uebergang von den Proreptilien-Ahnen zur Stammgruppe der Promammalien durch Anpassung erworben wurden, sind folgende: 1) die Bildung des Haarkleides und die damit verknüpfte eigenthümliche Umbildung der Hautdecke, nament- lich reiche Entwickelung der acinösen Balgdrüsen und tubulösen Schweissdrüsen; 2) die locale Entwicke- lung dieser Hautdrüsen an der Bauchhaut und ihre Umbildung zu Milchdrüsen, sowie die Ausmündung der- selben durch zahlreiche Milchgänge auf dem Mammarfelde; 3) die Bildung von Mammar-Taschen als ein paar lateralen Hautfalten nach aussen von dem Mammarfelde; 4) die Ausbildung einer Herzscheidewand, welche rechte und linke Herzhälfte vollständig trennt; 5) Obliteration des rechten Aortenbogens; 6) Trenn- ung der einfachen Leibeshöhle in Brust- und Bauchhöhle durch Ausbildung eines vollständigen muskulösen, vom Nervus phrenicus innervirten Zwerchfells, in Folge dessen Veränderung der Athembewegungen,; 7) Umbildung des Reptilien-Schädels in die besondere Form des Mammalien-Cranium, mit der eigenthüm- lichen Reduction des Kiefer-Apparates (insbesondere Verwandlung der paarigen Mandibular-Knochen, Umbildung des Quadratbeins in den Amboss, Verlust des freien Kieferstiels u. s. w.). Specielle Adaptiv-Charactere der heute lebenden Monotremen, durch Anpassung an die besonderen Lebens-Verhältnisse der Ornithostomen entstanden, sind dagegen folgende: ı) der Mangel des Gebisses und die entsprechende schnabelähnliche Bildung der zahnlosen Kiefer (die rudimentären Dentin- zähne, welche beim jungen Ornithorhynchus unter den secundären Hornplatten der Kiefer liegen, beweisen, dass sie von bezahnten Promammalien, Multituberculaten, abstammen); 2) die einseitige Ausbildung des linken Ovarium, während das rechte verkümmert (ähnlich der convergenten Rückbildung bei den meisten Vögeln); 3) die Ausbildung der tubulösen Schweissdrüsen zu Milchdrüsen, während diese bei den übrigen Mammiferen sich aus acinösen Talgdrüsen entwickeln (bei den triassischen Promammalien wird die Milch wohl aus dem Secret beider Drüsen-Arten gemischt gewesen sein); 4) die Bildung des copulativen Reiz- organs am Hinterfusse (Sporn und Sporndrüse der männlichen Ornithostomen, passend in eine entsprechende Grube am Fusse der Weibchen). Ausserdem sind natürlich die äusseren Eigenthümlichkeiten der beiden noch lebenden Gattungen als spätere Anpassungen an die besondere Lebensweise zu deuten. Die eonneetente Position der Marsupialien. Die phylogenetische Stellung der Marsupialien wird gegenwärtig noch vierfach verschieden gedeutet: 1) Die heute noch lebenden Marsupialien oder Metatherien (Didelphien) bilden eine besondere Subclasse der III* xx Zur Phylogenie der australischen Fauna. RE Säugethiere, welche bezüglich ihrer allgemeinen Organisation zwischen den beiden anderen Unterklassen mitten inne steht; sie vermitteln auch phylogenetisch den Uebergang von den älteren Monotremen zu den jüngeren Placentalien, 2) die Marsupialien stehen durch ihre niedere Organisation, insbesondere Mangel der Placenta und geringe Gehirn-Entwickelung, näher den Monotremen als den Placentalien; sie müssen mit ersteren als »Implacentalia« vereinigt und den letzteren gegenübergestellt werden; 3) Die Marsupialien stehen umgekehrt in wichtigen Eigenthümlichkeiten (Viviparie, Rückbildung des Nahrungsdotters und des Schultergürtels, Ausbildung der Milchzitzen und des Perineum) den Placentalien näher als den Monotremen; sie müssen daher mit den ersteren als Zitzenthiere (Mastophora) vereinigt und den letzteren (als »Zitzenlosen« Amasta) gegenübergestellt werden; 4) Die Marsupialien bilden keine einheitliche Subclasse, sondern sind nach der mannichfaltigen Ausbildung ihres Gebisses und ihrer Körperform in einzelne Ordnungen aufzu- lösen, welche sich den entsprechenden ähnlichen Ordnungen der Placentalien anschliessen ; die ersteren sind die specialisirten Vorstufen der letzteren: aus den Beutelraubthieren (Creophaga) sind die placentalen Raub- thiere (Carnivora) hervorgegangen, aus den Beutelnagethieren (Rhizophaga) die placentalen Nagethiere Rodentia), aus den Beutelratten (Didelphida) die placentalen Herrenthiere (Primates) u. s. w. Unter diesen vier verschiedenen Auffassungen der Marsupialien-Position halte ich die erste für die naturgemässeste; denn sie giebt ebensowohl den zahlreichen morphologischen Eigentbümlichkeiten Ausdruck, welche diese Subclasse von den beiden anderen Unterclassen der Mammalien trennen; als sie zugleich ander- seits die wichtige Zwischenstellung kennzeichnet, welche die Beutelthiere als connectente Gruppe zwischen den älteren Monotremen und den jüngeren Placentalien einnehmen — und zwar ebensowohl in phylogene- tischer als in vergleichend-anatomischer und ontogenetischer Beziehung. Wir müssen annehmen, dass sich die Metatherien während des mesozoischen Zeitalters (— spätestens in der Jura-Periode, vielleicht schon in der Trias-Zeit —) aus einem Zweige der Prototherien (den Promammalien) entwickelt haben, und dass später (während der Kreidezeit) aus einem oder mehreren Zweigen der Marsupialien die Zpitherien oder Placentalien entstanden sind. Leider sind die wichtigen cretassischen Säugethierreste nur äusserst spärlich erhalten, und auch von vielen jurassischen können wir nicht sicher sagen, ob sie Monotremen oder Marsu- pialien angehören. Jedenfalls ist es für das historische Verständniss der Säugethier-Classe — und insbesondere auch unseres eigenen Stammbaums — wichtig und nützlich, die Dreitheilung derselben, die schon 1818 durch BLAINVILLE eingeführt wurde, beizubehalten, sie ist ebenso logisch wie phylogenetisch gerechtfertigt. Wenn wir hingegen die Monotremen und Marsupialien als /mplacentalia vereinigt den Placentalia gegenüberstellen, so ist das ebenso unzweckmässig, als wenn wir die lebendig gebärenden Mastophora (die vereinigten Meta- therien und Epitherien) den eierlegenden Amasta (oder Prototherien) entgegensetzen. Gerade die vollstän- dige Mittelstellung, welche die Marsupialien als connectente »Uebergangs-Gruppe« zwischen den parentalen Monotremen und den descendenten Placentalien einnehmen, verleiht ihnen ein hohes phylogenetisches Inter- esse. Dies ergiebt sich klar, wenn wir die herediven Merkmale ihrer Organisation von den adaptiven mög- lichst scharf trennen. Herediv-Charactere der Marsupialien, durch conservative Vererbung von den Monotremen (Promammalien) überkommen, sind folgende: 1) die einfache Bildung der dünnwandigen Allantois-Blase, ohne Gefässzotten; 2) die Duplicität der weiblichen Genitalien; 3) die Behaarung der Epidermis; 4. die Anlage des Beutels, durch Erweiterung der Mammartaschen; 5) die Ausbildung der Beutelknochen, zur Stütze des Beutels; 6) die characteristische Bildung des Säugethier-Schädels, namentlich des Kiefer- Apparates; 7) die geringe quantitative und qualitative Entwickelung des Gehirns, namentlich des Corpus callosum. XXI Zur Phylogenie der australischen Fauna. SO Generelle Adaptiv-Charactere aller Marsupialien, neu erworbene Eigenschaften, welche ihrer Stammgruppe, den Monotremen, fehlten, und welche von ältesten Promarsupialien auf alle Glieder der Gruppe durch Vererbung übertragen wurden, sind folgende: 1) der Uebergang von der oviparen zur vivi- paren Gewohnheit, veranlasst durch längeres Verweilen der Eier im Uterus; 2) die damit verknüpfte Rück- bildung des Nahrungsdotters der Eier und ihrer Schalen; 3) die damit zusammenhängende Abänderung der Eifurchung (Uebergang von der discoidalen partiellen zur inaequalen totalen Furchung) und der Gastru- lation (Epigastrula); 4) die damit verbundene Umbildung der weiblichen Genitalien (Uebergang der ornithodelphen in die didelphe Form); 5) die Rückbildung des Sinus urogenitalis und Ausbildung des Perineum; 6) die damit verbundene Einmündung der Ureteren in die Harnblase und Ausbildung der männ- lichen Urethra; 7) die Ausbildung der Zitzen an den alveolaeren Milchdrüsen ; 8) die Rückbildung. der Cora- coid-Knochen am Schultergürtel, ihre Verwachsung mit dem Schulterblatt; 9) die Rückbildung des selbst- ständigen Episternum. Specielle Adaptiv-Charactere der heutigen Marsupialien sind diejenigen Eigenthüm- lichkeiten, welche von den Beutelthieren im Laufe langer Zeiträume durch Anpassung an besondere Lebens- Verhältnisse allmählig erworben wurden; sie sind bei den älteren (mesozoischen) Vertretern der Subeclasse wahrscheinlich nicht oder nur theilweise vorhanden gewesen. Als solche betrachten wir: I) die hohe Aus- bildung eines vollständigen Beutels behufs längerer Brutpflege; 2) die starke Ausbildung des Musculus cremaster an der Oberfläche der weiblichen Milchdrüse, behufs Compression derselben; 3) die Lageverän- derung der Hoden, welche aus der Bauchhöhle in ein vor dem Penis gelegenes Scrotum hinabsteigen ; 4) die Einwärtsbiegung des Unterkieferrandes, durch welche der eigenthümliche Hakenfortsatz des Kiefer- winkels entsteht; 5) die mannichfaltige Ausbildung des Gebisses in den einzelnen Ordnungen der Marsu- pialien, entsprechend ihrer verschiedenen Nahrung;; 6) die entsprechend mannichfaltige, in Correlation dazu stehende Umbildung der Gliedmaassen und ihres Skeletes; diese letztere liefert eine Fülle schöner Beispiele für die »Vererbung erworbener Eigenschaften«. Als Ganzes betrachtet, ist die australische Marsupialien-Fauna überhaupt eine reiche Quelle von schlagenden Beweisen zu Gunsten des Transformismus. Die früher oft geäusserte Ansicht, dass sie durch Degeneration aus höheren Mammalien-Formen entstanden sei, und dass die Ursache dieser Rückbildung in den beschränkten und dürftigen Lebensbedingungen des australischen Continents zu suchen sei, ist nicht mehr haltbar. Vielmehr müssen wir auf Grund der vergleichenden Morphologie, Paläontologie und Choro- logie annehmen, dass die australische Region seit der Kreidezeit durch tiefe Meeresstrassen von dem benach- barten südindischen Continent geschieden und gegen die Einwanderung der Placentalien geschützt war. In dieser Abgeschiedenheit erhielt sich die mesozoische Beutelthier-Fauna, die auch noch in der Tertiär-Zeit weit über die Erde verbreitet war. Während dieselbe in Asien, Europa und Nordamerika im Kampfe um’s Dasein mit den stärkeren Placentalthieren unterlag und austarb, fand sie in Australien ein stilles Asyl, in welchem sie sich, bei zäher Vererbung des inneren Körperbaues, äusserlich vielfach differenziren und mannich- fachen Existenz-Bedingungen anpassen konnte. Einen selbstständigen, eigenartig entwickelten Zweig der früher kosmopolitisch verbreiteten Marsupialien-Fauna bildet die Familie der Didelphiden von Südamerika; sie ist erst später (— wohl gegen Ende der Tertiär-Zeit —) von Nordamerika, bezüglich von Asien, einge- wandert. Während der älteren und mittleren Tertiär-Zeit war Südamerika (oder Austro-Columbia) noch ebenso ein insularer Continent, wie Australien, beide waren damals von dem übrigen Festlande, der Arcto- gaea, völlig getrennt. XXI Zur Phylogenie der australischen Fauna. RX Die eireumseripte Position der Placentalien. Die phylogenetische Beurtheilung der Placentalien und ihres Verhältnisses zu den parentalen Mar- supialien ist ein sehr schwieriges und zugleich so wichtiges Problem, dass wir hier, im Anschluss an die vorhergehende Beurtheilung der beiden anderen Subclassen der Säugethiere, einige kritische Bemerkungen anfügen wollen. Darüber, dass diese jüngste und höchstentwickelte Subelasse sich hoch über die beiden anderen erhebt und durch mehrfache wichtige Eigenthümlichkeiten von ihnen geschieden ist, besteht heute unter den Zoologen Einstimmigkeit; dagegen gehen die Ansichten derselben noch darüber weit auseinander, wie die Entstehung der Placentalien aus den Implacentalien aufzufassen, und wie demgemäss die Beziehungen ihrer Ordnungen zu deuten sind. Folgende Anschauungen darüber dürften die wichtigsten sein: 1) Die Pla- centalien bilden eine circumscripte zusammenhängende Subelasse, welche monophyletisch — wahrschein- lich während der Kreidezeit — aus einer Gruppe der Marsupialien entstanden ist. 2) Die Subclasse der Epitherien hat sich aus derjenigen der Metatherien diphyletisch entwickelt, indem einerseits bei fleisch- fressenden, anderseits bei pflanzenfressenden Beutelthieren (unabhängig in beiden Gruppen) die Umbildung der Allantois zur Placenta sich vollzogen hat. 3) Die Monodelphien sind aus den Didelphien polyphy- letisch hervorgegangen; die Bildung von Gefässzotten der Allantois hat wiederholt in verschiedenen Gruppen der Metatherien stattgefunden; die einzelnen Ordnungen der Placentalthiere (Carnivoren, Insecti- voren, Rodentien, Ungulaten) sind aus entsprechenden, mit ähnlichem Gebiss versehenen Ordnungen der Beutelthiere entstanden (Creophagen, Entomophagen, Rhizophagen, Barypoden etc.). 4) Die Placentalien besitzen gar keine directen phylogenetischen Beziehungen zu den Marsupialien; beide Subclassen sind un- abhängig von einander aus zwei verschiedenen Gruppen der Monotremen hervorgegangen. Diese letztere Hypothese hat neuerdings viel Anklang gewonnen; danach würden die vielen wich- tigen Uebereinstimmungen im Bau der Metatherien und Epitherien (Schultergürtel, Rückbildung des Nah- rungsdotters, Viviparie) durch Convergenz zu erklären sein. Allein hierbei wird übersehen, dass die weite Kluft zwischen den Monotremen und den Placentalien jedenfalls durch eine connectente Ueber- gangsgruppe ausgefüllt werden muss; und die verbindenden Charactere dieser Mittelgruppe, die wir hypothetisch durch die vergleichende Anatomie und Ontogenie construiren können, würden ganz dieselben sein, die wir thatsächlich in der scharfen allgemeinen Definition der Marsupialien bereits vorfinden (vergl. oben S. XX). Selbst der eigenthümliche »Beutel«, welcher den »Beutelthieren«e den Namen gegeben hat, bildet für diese Auffassung kein Hinderniss mehr, seitdem in neuester Zeit die embryonalen »Marsupial-Falten« an der Bauch- haut vieler Placentalthiere als Rudimente von wahren Beutelbildungen (bezüglich von Mammartaschen) ihrer Ahnen erkannt sind. Die grosse und unüberwindliche Schwierigkeit für eine definitive Entscheidung jener wichtigen Fragen liegt in unserer Unkenntniss der zahlreichen ausgestorbenen Zwischenformen; die meisten älteren Säuge- thiere haben uns keine fossilen Reste hinterlassen. Aber auch von denjenigen, deren Zähne wir versteinert in der Trias, Jura und Kreide, sowie in den ältesten Tertiär-Formationen vorfinden, kennen wir fast bloss diese Zähne; von dem characteristischen Bau ihres Weichkörpers erfahren wir Nichts. Aus Gründen der vergleichenden Anatomie, Physiologie und Ontogenie scheint unter den angeführten Hypothesen die erste am meisten für sich zu haben, diejenige, dass die eigenthümliche Umbildung der Allantois zur Placenta sich nur einmal vollzogen hat und dass also die circumscripte Position der Placentalien monophyletisch zu erklären ist. Dafür spricht auch die paläontologische Thatsache, dass die scharfen Grenzen zwischen XXIII Zur Phylogenie der australischen Fauna. XXIII den Hauptstämmen der Placentalien (— Ungulaten, Carnivoren, Primaten —) sich um so mehr verwischen, je weiter wir in den tiefsten Tertiär-Schichten auf ihre ältesten Ahnen zurückgehen. Herediv-Charactereder Placentalien, welche sie von den parentalen Didelphien durch Ver- erbung überkommen haben, sind folgende: ı) die Beschaffenheit der kleinen holoblastischen Eier, welche den Nahrungsdotter durch Rückbildung verloren haben und sich im Uterus entwickeln; 2) die damit ver- knüpfte eigenthümliche Form der Gastrulation (Bildung der Epigastrula, mit nachfolgendem Blastodiscus); 3) die Trennung des Urogenitalsystems vom Mastdarm (Mangel der Kloake); 4) die Zitzenbildung der Milchdrüsen; 5) der Mangel des selbstständigen Coracoid und Episternum. Generelle Adaptiv-Charactere der Placentalien, d.h. solche Eigenschaften, welche allen Thieren dieser Subclasse zukommen, und welche bei deren Entstehung aus den Marsupialien durch An- passung erworben wurden, sind eigentlich nur in der Placentabildung selbst zu finden. Denn alle anderen Eigenthümlichkeiten, durch welche sonst noch die zahlreichen Ordnungen der Placentalien sich auszeichnen, finden sich nur bei einem Theile dieser Subclasse und können nicht zu deren allgemeiner Characteristik verwendet werden. Um so wichtiger sind dieselben zur Unterscheidung ihrer einzelnen Ordnungen. Specielle Adaptiv-Charactere der Placentalien, welche demgemäss für die schwierige Classification derselben zunächst zu verwenden sind, finden sich vor Allem in der mannichfaltisen Umbildung des Gebisses einerseits, der Gliedmaassen anderseits. Die enge Correlation, welche zwischen diesen beiden Organen bei den Säugethieren so auffallend hervortritt, wurde schon vor der älteren Morphologie im Be- ginne unseres Jahrhunderts erkannt und mit Recht besonders betont. In den geistreichen morphologischen Betrachtungen von GOETHE und LAMARCK, von CUVIER und JOHANNES MÜLLER ist die Wechselwirkung der beiden grossen »Bildungstriebe«, welche jener Correlation zu Grunde liegt, eingehend erörtert: einerseits der conservative Trieb der Specification, anderseits der progressive Trieb der Metamorphose; ersterer fällt mit der Vererbung, letzterer mit der Anpassung zusammen. In der That giebt es kaum einleuchtendere Beispiele für die conservative Macht der Vererbung: einerseits, für die progressive Wirkung der Anpassung anderseits, als sie in der vergleichenden Morpho- logie und Physiologie der Gliedmaassen und des Gebisses der Säugethiere zu finden sind. Dabei ist noch besonders lehrreich der Parallelismus in der Umbildung der Organe, welche in den beiden Subclassen der Placentalien und Marsupialien sich analog vollzogen hat. Diese Analogie steigert sich sowohl in Bezug auf die ganze äussere Körperform, als auf die Gestaltung der einzelnen Organe in vielen Fällen zu einer mimetischen Convergenz; zwei analoge Formen können bis zur Verwechslung ähnlich werden. So sind namentlich die Gliedmaassen durch Anpassung an springende Lebensweise analog differenzirt bei den Hal- maturiden und Dipodinen, an kletterndes Baumleben bei den Phalangisten und Lemuriden, durch Aus- bildung einer Flughaut bei Petaurista und Pteromys ete. Im Gebiss haben sich die Zähne analog differen- zirt bei den fleischfressenden Dasyuriden und Carnivoren, bei den insectenfressenden Perameliden und Macrosceliden, bei den grasfressenden Po&phagen und Ungulaten, bei den nagenden Rhizophagen und Rodentien. Je tiefer die vergleichende Morphologie in die Erkenntniss dieser Analogien zwischen Marsupialien und Placentalien eindringt, desto klarer überzeugt sie sich, wie dieselben der Anpassung an ähnliche Exi- stenz-Bedingungen, an gleiche Lebensgewohnheiten und entsprechende Umbildung der Organe ihre Ent- stehung verdanken. Diese »Anpassung« im eigentlichsten Sinne kann aber nur dann stattfinden und als characteristische Eigenschaft der »specialisirten« Form oder Formengruppe sich constant erhalten, wenn die »erworbenen Veränderungen« durch Vererbung von Generation zu Generation übertragen werden. XXIV Zur Phylogenie der australischen Fauna. XXIV In diesem Sinne betrachtet, liefert gerade die Phylogenie der australischen Fauna eine Fülle von. lehrreichen Beispielen für die progressive Vererbung; sie bilden ebenso viele indirecte Beweise gegen die Theorien von WEISMANN und WALLACE, wie anderseits werthvolle Zeugnisse für die Wahrheit der Descendenz- lehre im Sinne von LAMARcK und Darwin. Uebersicht über die phylogenetische Stufenreihe der Vertebraten-Classen, ihre ausge- storbenen Stammgruppen und die lebenden Ueberreste derselben in Australien. enden Hypothetische Bekannte fossile Connectente, in Australien Wirbelthiere Stammgruppe der Ueberreste der Stamm- |noch lebende Vertreter i Classe gruppe der Stammgruppe a N ee I. Acrania 1. Prospondylia (Acrania nicht fossil) \ ; Erste Stufe Provertebrata Paramphioxus, i Aelteste Wirbelthiere | Epigonichthys. II. Cyelostoma 2. Proceraniota (Cyclostoma nicht fossil) | P 5 5 5 etromyzon, Zweite Stufe Archicrania More ! Aelteste Schädelthiere | II. Pisces 3A. Proselachii Pleuracanthides Notidanus, Dritte Stufe Aelteste Urfische (Silurisch) } Cestracion. \ 3B. Proganoides Acanthodini Aelteste Schmelzfische (Silurisch) IV. Dipnensta 4. Paladipneusta Phaneropleurida Ceratodus. Vierte Stufe Aelteste Lungen- (Devonisch) | v Wirbelthiere | V. Amphibia 5. Protamphibia Branchiosauria Fünfte Stufe (Stegocephala) (Carbonisch) ® Aelteste fünfzehige 3 Wirbelthiere VI. Reptilia 6. Protamniota Palaehatteria Hatteria Sechste Stufe (Proreptilia) (Permisch) (Sphenodon). ü Aelteste Amnionthiere VII. Mammalia | VII A. Prototheria 7. Promammalia Dromatherida } Echidna, (Monotrema) Aelteste Säugethiere (Triassisch) | Ornithorhynchus. Siebente Stufe ’ | VII B. Metatheria 8. Prodidelphia Amphitherida | Didelphia (Marsupialia) Aelteste Beutelthiere (Jurassisch) | } Australiae. Achte Stufe ? VIIC. Epitheria 9. Placentarcha ? (Placentalia) Aelteste Placentalthiere Cretassisch. Neunte Stufe Reiseberieht und Plan des Werkes Richard Semon. Jenaische Denkschriften IV. 1 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. Ben Australien, der am spätesten entdeckte Erdtheil, derjenige, der allen übrigen am eigenartigsten gegenübersteht, dessen Fauna sich in vieler Hinsicht nicht mit der lebenden, sondern nur mit der ausge- storbenen Fauna der übrigen Erde vergleichen lässt, hat weit seltener das Ziel naturwissenschaftlicher Forschungsreisen gebildet, als die anderen Continente. Mögen die letzteren den neuesten Erdtheil und seinen Trabanten Neuseeland noch so sehr an landschaftlichem Reiz, an merkwürdigen Erzeugnissen fremdartiger Cultur, an historischen Denkmälern übertreffen: für den Naturforscher, in erster Linie für den Zoologen, wird sich stets ein unvergleichliches Interesse an dieses Land der lebenden Fossilien, an die Heimath der Beutelthiere und Monotremen, der Casuare und des Apteryx, der Hatteria und des Ceratodus knüpfen. Als ich im Jahre 1890 den Plan fasste, eine längere zoologische Forschungsreise zu unternehmen, trat für mich sofort Australien in den Brennpunkt des Interesses. Die Erforschung seiner wunderbaren Wirbelthierfauna sollte das Hauptziel der Reise sein, die Beschaffung eines Arbeitsmaterials für vergleichend- morphologische Untersuchung der Marsupialien, Monotremen und Dipnoer die Hauptaufgabe meiner Arbeiten bilden. Im Laufe meiner Reise habe ich mich allerdings bemüht, die morphologischen Untersuchungen nicht zu einseitig in den Vordergrund treten zu lassen, sondern auch systematischen und zoogeographischen Fragen die gebührende Aufmerksamkeit zuzuwenden und vor allem in möglichstem Umfange biologische Beobachtungen zu sammeln. Doch würden die Resultate auf diesen Gebieten ganz andere gewesen sein, wenn hierauf der Schwerpunkt gelest worden wäre, und nicht meine Hauptaufgabe Zeit und Kraft absorbirt und für die Wahl der Localitäten den Ausschlag gegeben hätte. Mein Plan fand sofort die volle Billisung und lebhafte Unterstützung meines altverehrten Lehrers, Herrn Professor HAEcKEL’s. Sein thatkräftiges Interesse hat mein Unternehmen durch alle Phasen seiner Entwickelung begleitet, sein Rath und seine That haben es überall mächtig gefördert. Herr Dr. Paur von RITTER, dessen begeistertes Interesse für die Descendenzlehre und Phylogenie sich schon so oft bethätigt hat, und dem unsere Jenenser Universität so viel verdankt, nahm ebenfalls an meinem Unternehmen den lebhaftesten Antheil und verlieh ihm durch zweimalige grossartige Zuschüsse eine bedeutende Unabhängig- keit von pecuniären Rücksichten, die den Erfolg des Ganzen wesentlich mitbedingt hat. Fernere pecuniäre Beihilfe erhielt ich aus den Mitteln des Zoologischen Instituts der Universität Jena und aus der Jenenser Paur v. RITTER-Stiftung für Phylogenie. Herr Professor MAx FÜRBRINGER in Jena unterzog sich der höchst mühseligen und zeitraubenden Aufgabe, die von mir von Zeit zu Zeit nach Hause geschickten Samm- lungen in Empfang zu nehmen, auszupacken, die Conservirung zu controliren und fortzusetzen, das Ganze in den Räumen der Jenenser anatomischen Anstalt unterzubringen. Erwuchs nun schon hieraus den durch den Transport oft hart mitgenommenen Sammlungen ein unschätzbarer Vortheil, so lernte ich, was ebenso wichtig, aus den Briefen Professor FÜRBRINGER’s den Zustand der eingetroffenen Sendungen kennen, ich konnte Mängel in der Verpackung und Conservirung bei späteren Sendungen verbessern, konnte manches 1* _ 4 Reisebericht und Plan des Werkes. 4 unterwegs verdorbene ergänzen und wurde auf zahlreiche wichtige Punkte durch ihn erst aufmerksam ge- macht. Ohne den Beistand der Herren HAEcKEL, v. RITTER und FÜRBRINGER wäre eine Durchführung meines Reiseunternehmens in dem Maassstabe, in welchem es thatsächlich ausgeführt worden ist, unmöglich gewesen, und sollte sich bei weiterer Bearbeitung das heimgebrachte Material von Werth und Nutzen für die Wissenschaft erweisen, so gebührt der Dank, dass seine Herbeischaftung möglich war, diesen drei Männern ebenso wie meinen Freunden in Coonambula am Burnett, deren wesentlichen Antheil bei der Be- schaffung: des wichtigsten Theiles meiner Sammlungen ich unten näher berichten werde. Den Thüringischen Regierungen und dem Curatorium der Universität Jena bin ich für den zweijährigen Urlaub, den sie mir in meiner Stellung als Professor der Universität Jena bewilligt haben, zu hohem Danke verpflichtet. 100 Bstl En. Gruenwich \ Meiseniechrjjetiät® Ich trat meine Reise im Juni 1891 an. Obenstehende Karte giebt eine Uebersicht des Feldes meiner Thätigkeit. Meine Reiseroute ist als punktirte Linie eingetragen; die etwas stärkeren Punkte bedeuten Gegenden, in denen ich längere Zeit hindurch verweilte und sammelte. 5 Reisebericht und Plan des Werkes. ; 5 Nach sechswöchentlicher, ziemlich stürmischer Seefahrt mit kurzen Aufenthalten in Colombo, Adelaide, Melbourne und Sydney erreichte ich Brisbane Mitte August 1891. Mein Plan war, meine Thätigkeit in den mittleren und nördlichen Theilen von Queensland zu be- ginnen. Nach den Berichten von Mr. CALDWELL schien mir der Burnettdistriet besondere Vorzüge zu be- sitzen, da in demselben Monotremen und Beutelthiere in Fülle vorkommen sollten, gerade hier auch Cera- todus gefunden wird, und weil dieser District noch eine ansehnliche Menge der farbigen Urbevölkerung besitzt, deren Hülfe beim Sammeln der Thiere von grossem Nutzen ist. So wählte ich denn den Burnett zum Aussangspunkt meiner Arbeiten. Ich begab mich von Brisbane nach Maryborough an der Mündung des Mary River, von dort zunächst mit der Eisenbahn, dann mit der Post landeinwärts nach der kleinen Ansiedelung Gayndah am mittleren Burnett. Hier begann ich meine Sammelthätigkeit. Es stellte sich in- dessen bald heraus, dass bei Gayndah zwar der Fluss reich ist an Ornithorhynchus und Ceratodus, dass aber die Landthiere sich aus der Nähe der kleinen, nur einige hundert Köpfe zählenden Ansiedelung zurückgezogen haben, und dass der unbesiedelte australische »Busch« viel bessere Gelegenheit bieten würde, Echidna und Beutelthiere zu sammeln. Ich traf deshalb in Gayndah alle Vorbereitungen für ein längeres Lagerleben im Busch, kaufte Zelte, Lagergeräthschaften und Lebensmittel, versah mich mit Reitpferden und einem zweirädrigen Karren, einer sogenannten »Dray«, um Gepäck und Vorräthe zu transportiren, und en- gagirte als Reisebegleiter, Koch und Diener einen der Ansiedler Namens EDUARD DAHLKE, einen Sohn deutscher Eltern. Diese Wahl war eine sehr glückliche; DAHLKE war sowohl während meines ersten als zweiten Aufenthaltes am Burnett, zusammen während 9 Monate, mein treuer, zuverlässiger und intelligenter Helfer und Gefährte, dem ich mich zu grösstem Danke verpflichtet fühle. Leider ist dieser treflliche Mann vor kurzem an den Folgen eines Sturzes mit dem Pferde gestorben. Während meines zweiten Aufenthaltes hatte ich noch einige andere Weisse in meinen Diensten. Grosse Schwierigkeiten machte es, eine genügende Anzahl von Schwarzen zusammenzubringen, die bei der Sammelarbeit eine Hauptrolle spielen sollten. Während Carp- WELL zeitweilig I50 Schwarze mit sich gehabt hat, war es mir zu keiner Zeit möglich, mehr als 20 in meinem Lager zu vereinigen. Der Grund dafür liest darin, dass in den letzten zehn Jahren die Schwarzen am Burnett in rapidem Aussterben begriffen sind wie überall, wo die australische Rasse mit höheren Rassen in Berührung kommt. Besonders zerstörenden Einfluss übt dabei der Opiumgenuss, den die Schwarzen von den vereinzelt in den weissen Ansiedelungen lebenden Chinesen lernen und für den sie eine verhängnissvolle Vorneigung entwickeln. Von Anfang September 189I bis Ende Januar 1892 führte ich ein Lagerleben im australischen Busch. Da meine Resultate mich in mancher Beziehung nicht befriedigten und ich hoffte, gewisse Lücken meiner Sammlungen in den Monaten Juli und August ausfüllen zu können, kehrte ich Anfang Juli 1892 noch einmal an den Burnett zurück und arbeitete in gleicher Weise dort bis in die zweite Hälfte des October. Der unbesiedelte australische Busch ist Eigenthum des Staates und von letzterem zum grössten Theile an die grossen Heerdenbesitzer, die sogenannten »Squatters« verpachtet. Die Grosspachten oder »Runs« haben am Burnett durchschnittlich einen Flächenraum von 25—50 deutschen Quadratmeilen und mehr. Sie übertreffen also die meisten kleineren Fürsten- und Herzogthümer an Umfang und kommen manchen der mittelgrossen an Grösse gleich. Das Feld meiner Thätigkeit spielte sich fast ausschliesslich auf den beiden Runs Coonambula und Cooranga ab. Mr. W.F. Mc Corp von Coonambula nahm sich in aufopferndster Weise meiner Bestrebungen an, wie er auch seinerzeit Mr. CALDWELL auf das freundlichste unterstützt hat, und er der Mann ist, dem schliesslich die Wissenschaft die Kenntniss des Ceratodus verdankt. Denn er war es, der auf Veran- 6 Reisebericht und Plan des Werkes. 6 lassung: seines Vetters, Mr. WırLıam FORSTER, die ersten Exemplare von Ceratodus nach Sydney sandte. Dieselben wurden dort von KREFFT untersucht und als Ceratodus Forsteri beschrieben. Die thatkräftige Unterstützung, die mir von Mr. Mc Corp in jeder Beziehung zu Theil wurde, bildete einen wesentlichen Factor des Erfolges; die edle Gastfreundschaft, die ich in seinem Hause im Kreise seiner Familie genoss, warf Lichtblicke in das einsame und oft genug auch einförmige und monotone Buschleben, das ich während neun Monaten zu führen hatte. Selten verging eine Woche, in der ich nicht einmal der »Station«e Coonam- bula, dem Sitze meiner Freunde, einen Besuch abgestattet hätte. Als ich dann endlich im October 1892 den Burnett endgültig verliess, unterzogen sich Mr. Mc Corp und seine Gemahlin der Mühe, die jungen Cera- todus, die ich herangezüchtet hatte, noch weitere drei Monate am Leben zu erhalten, die verschiedenen Stadien sorgfältig für mich zu conserviren und dieses ganze Material wohlverpackt nach Jena zu senden, wo die Sendung im Juli dieses Jahres eingetroffen ist. Die Fortpflanzungsperiode der meisten Wirbelthiere am Burnett beginnt mit einigen gleich zu er- wähnenden Ausnahmen in der zweiten Hälfte des australischen Winters und zu Beginn des Frühlings, also Mitte Juni bis Mitte September. Ueber die Monotremen werde ich im zweiten Bande dieses Werkes noch ausführlichere Mittheilungen machen. Bei Echidna fängt nach meinen Erfahrungen die Brunst bei den am frühesten reifen Thieren Ende Juli an und die Jungen werden bis spätestens Ende November entlassen. Die Brunstzeit von Ornitho- rhynchus beginnt in der zweiten Hälfte des August. Während die Monotremen nur eine Brunst haben, scheint bei allen oder doch weitaus den meisten Marsupialien mehr als eine Brunst vorzukommen. Bei Phalangista und Hypsiprymnus begann bei den meisten Thieren die Brunstzeit im Burnettdistrict Anfang Juli, bei Petaurus, Perameles und Dasyurus, die in dieser Beziehung sehr bedeutende individuelle Schwankungen zeigen, einige Wochen später. Anfang August fing ich einige Phascogale mit ganz kleinen Beuteljungen. Macropus und Halmaturus findet man fast das ganze Jahr hindurch mit Embryonen oder mehr oder weniger ausgebildeten Beuteljungen; die individuellen Schwankungen sind hier sehr bedeutend. Auch die weiblichen Phascolarctos trifft man fast immer mit Embryonen, Beuteljungen oder schon ziemlich erwachsenen Jungen, letztere dann meist an den Rücken der Mutter angeklammert. Es scheinen zwei Brutperioden vorzukommen, deren jede etwa ein halbes Jahr dauert. Die eine derselben beginnt Mitte bis Ende October. Erst mit dem Eintritt der neuen Brunst trennt sich das Junge von der Mutter. Die meisten Beutelthiere wie Macropus, Halmaturus, Hypsiprymnus, Phascolaretos, Phalangista werfen jedesmal nur ein einziges Junges; Ausnahmen von dieser Regel kommen vor, sind aber sehr selten. Petaurus hat meist ein Junges, selten zwei. Bei Perameles fand ich meist zwei, zuweilen mehr Junge. Am fruchtbarsten scheinen Dasyurus und Phascogale zu sein, bei denen die Zahl der Jungen zwischen vier und acht schwankt. Auch für die meisten Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische fällt der Beginn der Fortpflanzungs- periode am Burnett in das Ende des australischen Winters und in den australischen Frühling. Sehr spät be- ginnt das Legen bei den hügelbauenden Grossfusshühnern Talegalla, nämlich erst Ende December. Zum Ausbrüten ihrer Eier, das durch die Gärungswärme vegetabilischer Substanzen geschieht, bedarf es einer warmen und feuchten Luft. Genauere Mittheilungen über meine auf diese und andere Fragen bezüglichen biologischen Notizen gedenke ich im Laufe der kommenden Jahre anderen Orts zu machen. Auch die Fortpflanzungszeit von Ceratodus schwankt individuell sehr bedeutend bei den einzelnen Thieren und steht ausserdem in den verschiedenen Jahren augenscheinlich noch in Abhängigkeit von Temperatur und Wasserstand. Das Laichen scheint bei den am frühesten reifen Fischen schon im Laufe 7 Reisebericht und Plan des Werkes. 7 des australischen Winters zu beginnen; Mitte September 1892 fand ich die Eier in reichlicher Menge; im Jahre 1891 sah ich aber auch noch Mitte November frisch abgelegte Eier. Ausser den embryologischen Sammlungen, die ich während meines neunmonatlichen Aufenthalts am Burnett zusammenbringen konnte, habe ich dann auch ein ausgedehntes Spiritusmaterial der ausgewachsenen Thiere gesammelt und ihre wichtigeren Organsysteme wie Nervensystem, Sinnesorgane, Verdauungssystem, Urogsenitalsystem, Mammarorgane etc. für anatomische und histologische Untersuchungen conservirt. Die Fülle des zufliessenden Materials, die ungestörte Einsamkeit, die Unabhängigkeit des Lagerlebens machten diese Arbeiten leichter und angenehmer, als man von vornherein vermuthen würde. Auch das rein faunistische Sammeln wurde nicht vernachlässigt. Doch habe ich mich dabei nicht der Beihilfe meiner Schwarzen bedient, um sie nicht von ihrer Hauptaufgabe, dem Fange von Echidna und gewissen Beutelthieren, abzuziehen. Ende Januar 1892 verliess ich zum ersten Male den Burnett und begab mich über Brisbane, der Nordostküste Australiens entlang fahrend, nach Thursday Island. Diese Insel, die im Uebergangsgebiet des Indischen in den Stillen Ocean zwischen Australien und Neu-Guinea in der korallenreichen Torresstrasse gelegen ist und den Mittelpunkt einer lebhaft betriebenen Perl- und Perlmutterfischerei bildet, schien mir ein ganz besonders günstiges Standquartier für marine Sammelarbeit. Leider wurden meine Erwartungen fast in jeder Beziehung enttäuscht. Es hielt hier ausserordentlich schwer, Boote und Menschen zu engagiren, da Alles der lohnenden Beschäftigung der Perlmutterfischerei nachgeht, und die Preise in jeder Beziehung eine enorme Höhe haben. Die Fischerei wird in Taucherapparaten von Europäern verschiedenster Nationalitäten und Farbigen der Philippinen und Südseeinseln betrieben. Seeleute, Abenteurer aller Art bilden das Haupt- contingent; wirkliche Fischer aber fehlen fast ganz, und gerade diese sind die werthvollsten Helfer des Naturforschers. In das Inselgewirr der engen Torresstrasse eingepresst, ebbt und fluthet das Meer wie ein Gebirgsstrom zwischen den Inselkanälen auf und ab und setzt die Segelschiffahrt in völlige Abhängigkeit von den Gezeiten. Eine grosse Reihe von Thierformen der Strandzone zieht sich vor den starken Gezeiten- strömen in ruhigere Meerestheile zurück, und nur die Bewohner der Korallenriffe, hier wie überall Liebhaber eines bewegten Wassers, entfalten ein üppiges, vielgestaltiges Leben. So war meine Thätigkeit auf Thursday Island von Mitte Februar bis Anfang April mit grossen Schwierigkeiten verknüpft und wenig erfolgreich, wohl die ergebnissärmste meiner ganzen Reise. Vielleicht war auch zum Theil die Jahreszeit mit Schuld daran, denn der Nordwest-Monsun, der von Mitte October bis Mitte April weht, scheint überall in diesen Meeren den Thierreichthum der Strandzone ungünstig zu beein- Alussen. Wahrscheinlich kommen während des stetigeren, trockneren Südost-Monsuns zahlreiche Bewohner tieferer Meeresteile in die Nähe der Küsten, um ihre Eier abzulegen. In einem kleinen Segelkutter, den ich mir gemiethet hatte, befischte ich die Meeresarme zwischen Thursday Island und den zahlreichen Nachbarinseln, besuchte viele der letzteren und machte auch Aus- flüge nach der nahegelegenen Nordostspitze des australischen Festlandes, dem Cap York. Von Wirbelthier- material will ich nur den interessanten Amphioxus (Epigonichthys) cultellus erwähnen, den ich in geringer Menge zwischen Friday- und Prince of Wales Island erbeutete. Eine Anzahl von Embryonen der Chelone imbricata und Chelone viridis sammelte ich auf Strait Island und auf Double Island. Einige ältere Crocodil- embryonen erhielt ich von Horn Island. Von Anfang April bis Ende Mai unternahm ich in einem etwas grösseren Segelboot, einem Lugger, eine Tour nach Britisch Neu-Guinea. Ich segelte entlang der Küste dieser gewaltigen Insel von Cape Possession bis zum Ostcap und machte an einer grossen Anzahl von Orten zwei- bis viertägige Ausflüge in das Land. In Milne Bay am Ostcap hielt ich mich eine Woche auf. Dieser Ausflug, im höchsten Grade S Reisebericht und Plan des Werkes. 8 interessant in anthropologischer und ethnographischer Hinsicht, bereicherte meine Sammlungen vorwiegend in faunistischer Beziehung (Landfauna). Morphologisches Arbeitsmaterial lieferte er ausser einer Anzahl von Cuscus und Petaurus nebst Embryonen und Beuteljungen, sowie einigen Casuarembryonen wenig. Ich hätte gern Exemplare der beiden Echidnaarten Neu-Guineas zum Vergleiche mit der continentalen Form mitgenommen. Meine Bemühungen waren aber vergeblich, was abgesehen von der Kürze der mir bei meinen Landaufenthalten zu Gebote stehenden Zeit auf die geringe Tüchtigkeit der Papuas als Jäger und Spürer zurückzuführen ist. In dieser Beziehung stehen die Bodencultur und Fischerei betreibenden wilden Bewohner Neu Guineas ebenso tief unter den nomadisirenden Jägerstämmen Australiens, als sie in jeder anderen Beziehung über ihnen stehen. Ende Mai kehrte ich vom Ostcap Neu-Guineas, vielfach durch widrige Winde, Stürme und Wind- stillen aufgehalten, nach Thursday Island zurück und begab mich von dort noch einmal auf das australische Festland, zunächst in die landeinwärts von Cooktown gelegenen Gebirgsgegenden. Ich führte dort ein ein- monatliches Lagerleben und jagte besonders Kängurus und Wallabies (Halmaturus). Leider erhielt ich hier von Entwickelungsstadien fast nur ältere Beuteljunge. Anfang Juli war ich wieder am Burnett, und die folgenden 3!/, Monate, die ich in verschiedenen Camps am Hauptstrom und seinen Nebenflüssen, Boyne und Auburn verlebte, waren wohl die ergebnissreichsten meiner ganzen Reise. Vor allem vervoll- ständigte ich meine Sammlung von Echidnaembryonen, erhielt ein reiches und vollständiges Material der Ceratodusentwickelung und ergänzte zahlreiche Lücken in meinem sonstigen embryologischen und ver- gleichend-anatomischen Material. Seit meiner ersten Ankunft in Australien hatte ich mich lebhaft bemüht, die Dugongfischer zu ver- mögen, etwa in ihre Hände fallende Embryonen für mich zu conserviren und gegen ein gutes Kaufgeld an mich abzuliefern. In Wide Bay und den angrenzenden Meerestheilen wird die Dugongfischerei von einigen Weissen allerdings nur in sehr kleinem Maassstabe betrieben. Anfangs waren alle meine Versuche erfole- los. Durch die gütige Vermittelung von Mr. C. W. pe Vıs, Directors des Queensland-Museums in Brisbane, wurden sie jedoch endlich mit Erfolg gekrönt, und ich hatte die Freude, bei meiner Rückkehr nach Bris- bane Ende October 1892 dort drei Halicoreembryonen verschiedener Stadien vorzufinden, die Mr. DE Vıs für mich in’ Empfang genommen und conservirt hatte. Ende October 1892 verliess ich Brisbane und fuhr mit kurzen Aufenthalten an der Nordostküste Australiens, Thursday Island und Bali nach Java. Mitte November traf ich in Batavia ein und begab mich sogleich nach Buitenzorg, wo ich von Herrn Dr. M. Treuß, Director des botanischen Gartens, auf das liebenswürdigste aufgenommen wurde. In dem schönen Laboratorium dieser in grossartigem Maassstabe ange- legten und geleiteten Anstalt öffnete sich mir gleich vielen Naturforschern vor mir eine Heimstätte für meine Arbeiten, wie sie in den Tropen sicher nicht ein zweites Mal zu finden ist. Ich bin Herrn Director Dr. TREUB sowohl wie Herrn Dr. Janse vom botanischen Garten in Buitenzorg für die stetige und that- kräftige Unterstützung, die sie mir während meines halbjährigen Aufenthaltes in Niederländisch Indien zu Theil werden liessen, zu wärmstem Danke verpflichtet. In Buitenzorg und in der hoch in den Urwäldern des Vulkans Gedeh gelegenen Besitzung des botanischen Gartens zu Tjibodas wendete ich meine Aufmerk- samkeit vorwiegend der Landfauna zu; ausserdem sammelte ich ein reiches Material von Manis javanica für morphologische Untersuchungen und einige interessante Insectivoren (Tupaia). Auch embryologisches Material von Manis, Tupaia, zahlreichen Reptilien wurde, allerdings in nicht sehr reichlichem Maasse, ge- wonnen. Nach kurzem Aufenthalt in Mittel- und Ostjava machte ich dann die sogenannte grosse Molukken- tour, eine Fahrt entlang der West-, Nord- und Nordostküste von Celebes mit zahlreichen Aufenthalten an den 9 Reisebericht und Plan des Werkes. 9 Küstenplätzen, dann nach Ternate, Batjan, Buru, Ambon und Banda. Auf Ambon blieb ich vom 1. Januar bis 1. März 1893 und fand dort ein sehr reiches Arbeitsgebiet im Bereich der marinen Zoologie. Die Bai von Ambon und die angrenzenden Meerestheile sind mit Recht für ihren Reichthum an Meeresthieren aller Art be- rühmt, und die Molukken überhaupt nehmen in dieser Beziehung sowohl wie auch rücksichtlich der Ueppigkeit und Schönheit ihrer Vegetation eine ganz bevorzugte Stellung auf unserer Erde ein. Zoologen, die zum Studium der Seethiere in Zukunft die Molukken besuchen sollten, würde ich indessen rathen, nicht gerade Ambon als Standquartier zu wählen, sondern lieber eine andere Insel, die weniger oft von Naturforschern besucht worden ist. Auch ist bei kürzerem Aufenthalt unbedingt zu rathen, die Zeit des Südost-Monsuns (Mai bis October) zu wählen, da dann das Meer viel thierreicher sein soll als während des Nordwest-Monsuns. Nautilus wird in der Bai von Ambon während des Südost-Monsuns häufig mit der Angel gefangen, während des Nordwest-Monsuns nur ganz ausnahmsweise; wahrscheinlich leben die Thiere für gewöhnlich in grösseren Tiefen und kommen nur zu gewissen Zeiten in die geringeren Tiefen der Strandregion, um sich fortzu- pflanzen. Dasselbe gilt wohl noch für zahlreiche andere Seethiere, wie ich anderen Ortes ausführen werde. Ich unternahm auch eine zweiwöchentliche Fahrt in einem einheimischen offenen Boote, einer so- genannten Orembaai, um einen grossen Theil der Insel Ambon. Widrige Winde verhinderten mich aber, meine Fahrten weiter auszudehnen und in dem schwachen und wenig segeltüchtigen Fahrzeuge auch die Nachbarinseln Haruku, Saparua, Nusa Läut und Ceram zu besuchen, wie ich ursprünglich beabsichtigt hatte. Alles in allem war meine Ausbeute auf den Molukken aber eine recht reiche und bildete einen schönen Abschluss meiner naturwissenschaftlichen Thätigkeit auf dieser Reise. Diese Thätigkeit hatte sich mit Ausnahme der einmonatlichen Arbeit auf Java, das dem orientalischen (indomalayischen) Faunengebiet angehört, ausschliesslich in der australischen Region abgespielt, und zwar in den beiden Subregionen, die von WALLACE als Subregion des australischen Festlandes und austromalayische Subregion unterschieden werden. Am 1. April trat ich von Ambon aus meine Rückreise an, nachdem ich vorher noch den Banda- inseln einen kurzen Besuch abgestattet hatte. Der Rückweg ging über Celebes, Java, Singapore, Penang nach Calcutta. Von dort machte ich einen kurzen Ausflug nach Darjeeling am Fuss des Himalaya. Ich fuhr dann quer durch Indien über Benares, Agra, Delhi, Jeypore nach Bombay, schiffte mich von dort am 15. April ein und langte Anfang Mai nach fast zweijähriger Abwesenheit wieder in Deutschland an. In jenen zwei Jahren war ich auch nicht einen Tag lang ernstlich krank gewesen, war nicht ein einziges Mal von einem ernsten Unfall betroffen worden, und die nach Hause gesandten Sammlungen waren in allen ihren wesentlichen Theilen in zufriedenstellendem Zustande angelangt und durch die gütige Für- sorge Professor FÜRBRINGER’s sofort auf das vorzüglichste geborgen worden. Mein Plan, die sich aus der Bearbeitung des heimgebrachten Materials ergebenden Resultate in einem zusammenhängenden Werke zu publiciren und nicht in vielen gesonderten Publicationen zu zer- splittern, fand seine rasche Verwirklichung durch die Theilnahme, welche die Herren HAECKEL und FÜRBRINGER diesem Unternehmen zuwandten, und ihre freundliche Bereitwilligkeit, die Redaction des Werkes im Verein mit mir zu übernehmen. Auch hier war es wieder die hochherzige Unterstützung des Herrn Dr. PauL VON RITTER, die uns die Ausführung in grösserem, durch äussere Rücksichten nicht beengtem Maassstabe ermöglichte. Die Medicinisch-naturwissenschaftliche Gesellschaft in Jena gab ihre Zustimmung dazu, das Werk im Rahmen ihrer Denkschriften erscheinen zu lassen, und die Verlagsbuchhandlung von G. FISCHER in Jena übernahm mit bekanntem Entgegenkommen und mit bekannter Liberalität die Herausgabe. Das mitgebrachte Material soll so vielseitig ausgenützt werden wie möglich. Die zahlreichen Pro- bleme, zu deren Lösung es geeignet erscheint Beiträge zu liefern, können nicht von wenigen, sondern Jenaische Denkschriften IV. 2 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. Io Reisebericht und Plan des Werkes. Io nur von einer grösseren Anzahl von Untersuchern fruchtbringend bearbeitet werden, und zu unserer Freude haben sich bereits eine grössere Anzahl von Forschern bereit erklärt, die Bearbeitung einer ganzen Reihe von Fragen zu übernehmen. Herrn Professor WEBER in Amsterdam bin ich für werthvollen Rath und thatkräftigen Beistand, den er mir bei zahlreichen Gelegenheiten in der Bearbeitungsangelegenheit gewährt hat, zu besonderem Danke verpflichtet. Da es in der Natur der Sache liegt, dass sich oft die Themata in den Händen der Bearbeiter während der Untersuchung anders gestalten und erweitern, die Liste der Mitarbeiter bis jetzt auch noch keineswegs geschlossen ist, so verzichte ich darauf, über diesen Punkt hier nähere Angaben zu machen, und lasse die einzelnen Bände des Werkes selber sprechen. Die ersten vier bis fünf Bände sollen die vergleichend-morphologische Bearbeitung des mitgebrachten Wirbelthiermaterials enthalten; natürlich wird, um diese Untersuchungen zu fruchtbringenden zu gestalten, Vergleichsmaterial anderweitiger Herkunft nicht ausgeschlossen, sondern möglichst herbeigezogen werden. Die letzten ein oder zwei Bände werden den wirbellosen Seethieren sowie einer möglichst vollständigen systematischen Bearbeitung der ganzen Sammlung gewidmet sein. Doch ist beabsichtigt, dass auch in diesen Theilen Material, das aus anderen Quellen stammt, nicht prinzipiell ausgeschlossen bleibe. Der erste Band soll Entwickelung und Bau des Ceratodus enthalten mit Heranziehung der übrigen Dipnoer; die beiden folgenden Monotremen und Marsupialien, der vierte und eventuell fünfte Amphioxus, Halicore, Edentaten und was sonst noch von Wirbelthieren bearbeitet werden wird. Indem sich durch eine derartige Bandeintheilung eine gewisse Sichtung des Stoffes erzielen lässt, wird im Uebrigen innerhalb der Theile selbst keine systematische Anordnung angestrebt werden. Eine solche würde das Erscheinen der einzelnen Beiträge ungebührlich verzögern. Sobald für jedes Stoffgebiet hinreichend Beiträge vorliegen, werden dieselben als Lieferungen des betreffenden Bandes zur Veröffentlichung kommen. Am Schlusse jeden Theiles wird dann eine genaue Inhaltsübersicht die Orientirung erleichtern. Aus dem Gesagten versteht es sich, dass die verschiedenen Bände gleichzeitig neben einander erscheinen werden. Der Abschluss des ganzen Werkes ist in etwa fünf Jahren oder später zu erwarten. Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Geratodus Forsteri. Richard Semon. { E Bea u i j f 8 VE RE } j a f P ir ITCREr Be: j a ir Var eg Le iD = = ’ } ir - am P) “ 5, u o u ji oh A . Se As Die Entdeckung des lebenden Ceratodus verdanken wir Mr. WILLIAM FORSTER, einem Manne von wissen- schaftlichen Neigungen und besonders ausgesprochenem Geschmack für die Naturgeschichte, der als Squatter längere Zeit am Burnett lebte und dort auf das merkwürdige Geschöpf aufmerksam wurde. Als FORSTER später Queensland verliess und nach Sydney übersiedelte, machte er dem Curator des dortigen Museums GERARD KREFFT Mittheilungen über den ausserordentlichen Queenslander Fisch mit knorpliger Wirbelsäule und suchte herauszubringen, ob derselbe bekannt und wissenschaftlich untersucht sei. KREFFT wollte zu- nächst nicht an die Existenz eines solchen Fisches glauben und nahm einen Irrthum FoRSTErR’s an. Um die Sache ins Klare zu stellen, veranlasste FORSTER seinen Vetter, Mr. W. F. Mc Corp von Coonambula Exemplare des Thieres im eingesalzenem Zustande nach Sydney zu senden, was denn auch nach einiger Verzögerung im Jahre 1869 geschah. KREFFT ermass sofort die Bedeutung des neu entdeckten Thieres und erkannte mit grossem Scharfblick seine Zugehörigkeit einerseits zu den übrigen schon bekannten leben- den Dipnoern, andererseits aber auch dem fossilen Genus Ceratodus, das von Acassız (I) den Haifischen zugerechnet worden war; er (7) nannte es deshalb treffend Ceratodus Forsteri und gab eine kurze Be- schreibung und eine gute, nach einer Photographie hergestellte Abbildung desselben in den Proceedings der Zoological Society of London, 28. April 1870. Man wird nicht umhin können, den weiten und scharfen Blick KREFFT's zu bewundern, der die Beziehungen des Thieres sofort richtig erkannte, ihm den zu- treffenden Namen gab und so jeder Verwirrung in systematischer Beziehung von vornherein vorbeugte!). Ein geringfügiger Irrthum des verdienten W. FORSTER gab aber Anlass zu endlosen Verwirrungen bezüglich unserer Kenntnisse des einheimischen Namens, der geographischen Verbreitung und der Lebens- verhältnisse des Ceratodus. Als FORSTER die ersten Exemplare des Fisches vom Burnett nach Sydney kommen liess, hatte er den Burnett schon seit längerer Zeit verlassen und seit mehreren Jahren in Sydney gelebt. Er theilte KREFFT ganz richtig mit, dass der Fisch in seiner Heimath von den Ansiedlern als »Burnett Salmon« bezeichnet wird. Nun lebt im nächsten Flussgebiet nördlich vom Burnett in den Wassern des Dawson und Fitzroy ein zweiter Fisch, ein Teleostier: Osteoglossum Leichhardti, der als »Dawson Salmon« bezeichnet wird; der einheimische Name dieses Fisches, der im Burnett nicht vorkommt, ist »Barramunda«. FORSTER hielt die beiden sogenannten Salme oder Lachse (Salmon) der Ansiedler nicht 1) Neuerdings ist von A. S. WOODWARD (12) die Zugehörigkeit des lebenden australischen Dipnoers zu der fossilen Gattung Ceratodus als fraglich hingestellt worden. »Though an imperfect tail of the early Mesozois Ceratodus has already been made known and a tolerably complete skull briefly noticed, there is jet no decisive proof of the generic identity of the extinet and living species; and future discoveries may thus eventually relegate Gosfordia to the synonymy of Ceratodus proper, and justify the adoption of a new name for the existing fish of the Queensland rivers.« IA Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. 14 auseinander, denn er bezeichnete den Ceratodus als »Burnett oder Dawson Salmon«, und indem Mr. E. S. Hırr, ein Correspondent GÜNTHER’S (4 p. 514), durch diese Namensverwechslung irre geleitet, weitere An- gaben machte, die sich theils auf Ceratodus, den Burnett Salmon, theils auf den Dawson Salmon, den wahren Barramunda (Osteoglossum) beziehen, resultirt für die Biologie unseres Thieres ein vollkommenes mixtum compositum. In den Jahren 1884 und 1885 verweilte Mr. W. H. CALpweır längere Zeit im Burnett-Distriet und sammelte dort in ausgedehntem Maassstabe embryologisches Material von Ceratodus, Monotremen und Mar- supialien. Auf seine Angaben (2 und 3) über die uns hier interessirenden Fragen komme ich bei Be- sprechung der Fortpflanzung und Eiablage des Ceratodus zurück. Als ich im Jahre 1891 am Burnett campirte, kam Ende September Mr. W. BALDWIN SPENCER, Professor an der Universität Melbourne, auf kurze Zeit in den District und stattete mir von Gayndah aus einen zweitägigen Besuch in meinem Lager ab. Er hat von diesem seinen Ausflug an den Burnett im »Victorian Naturalist« (9) eine lebendige Schilderung entworfen, in welcher er mich übrigens beharrlich als »Dr. SIEMEN« figuriren lässt. In diesem Aufsatze sowie in dem später erschienenen über die Blutgefässe des Ceratodus (IO) macht SPENCER einige zutreffende Angaben über die Lebensweise des Ceratodus, die sich besonders auf das vermeintliche Landleben des Fisches und seine Athmung beziehen. Ich komme auf einige seiner Angaben unten noch einmal zurück. In Folgendem gebe ich eine kurze Uebersicht alles dessen, was ich während meines dreiviertel- jährigen Aufenthalts in der Heimath des Thieres über dasselbe beobachten oder von den Eingeborenen und weissen Ansiedlern in Erfahrung bringen konnte. Geographische Verbreitung und Aufenthalt. Die Familie der Ceratodontiden hat in der paläozoischen Periode (Ctenodus) und der mesozoischen Periode (Hemictenodus, Ceratodus, Gosfordia) eine weite Verbreitung wohl über die ganze Erde gehabt. Fossile Reste der Gattung Ceratodus sind bis jetzt in vielen Theilen von Europa, in Ostindien, Nordamerika, Süd- afrika und in Australien gefunden worden. Ein einziger Vertreter dieser weitverzweigten Familie hat sich bis in unsere Zeit erhalten: es ist Ceratodus Forsteri. Die Unterscheidung zweier lebender Species, die eine mit grösseren, weniger zahlreichen Schuppen: Ceratodus Forsteri, die andere mit kleineren zahlreicheren Schuppen: Ceratodus miolepis (GÜNTHER 5 p. 516), bedarf erst noch weiterer Begründung. Der lebende Ceratodus ist auf die beiden kleinen Flussgebiete des Burnett- und Mary-River in Queensland beschränkt (vergl. die nebenstehende Karte). FORSTER (7 p. 224) sprach vom Vorkommen des Ceratodus im Dawson; Hırr (5) dehnte sein Ver- breitungsgebiet nach Norden, sogar über den Fitzroy-River bis zum Burdekin aus. Bei beiden Angaben handelt es sich aber um die Verwechslung mit dem echten Barramunda, Osteoglossum. Letzterer findet sich nicht mehr im Burnett; seine südliche Grenze ist der Fitzroy und Dawson. Es scheinen in Queens- land zwei Arten von Östeoglossum vorzukommen. Osteoglossum Leichhardti, der echte Barramunda oder Dawson Salmon, der sich vom Gebiete des Fitzroy längs der Ostküste nach Norden verbreitet, und der erst vor zwei Jahren von SAVILLE Kent entdeckte Osteoglossum Jardinii in den Flüssen, die in den Golf von Carpentaria münden (Batavia-, Norman-, Gregory-River). Ceratodus dagegen geht nicht so weit nörd- lich als die südliche Verbreitungsgrenze des Barramunda. Die Wasserscheide zwischen Burnett und Dawson bildet auch die Scheidungslinie für die Verbreitung von Ceratodus und Osteoglossum. Nach Süden dehnt Östlich ». Gresnwich zäfe £ 2 & © s Hydrographische Karte der östlichen Hälfte Australiens. 16 Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. 16 sich die Verbreitung des Ceratodus nicht über den Mary-River hinaus; er fehlt im Gebiete des Brisbane- River sowie in den ganz unbedeutenden Wasserläufen zwischen Brisbane- und Mary-River einerseits, Burnett- und Fitzroy-River andererseits. Auch in den Gebieten der beiden Flüsse Burnett und Mary ist das Vorkommen des Ceratodus ein begrenztes. Es ist auf den Mittellauf beider Flüsse und auf ihre grösseren Nebenflüsse beschränkt. Im Unterlauf der Flüsse, soweit der Einfluss der Fluth reicht, fehlt unser Fisch, so in Bundaberg am Burnett, 20 Kilometer von der Mündung, in Maryborough am Mary, 50 Kilometer von der Mündung. Ebenso aber fehlt Ceratodus im Quellgebiet der Flüsse und in den kleineren Nebenflüssen. Am Burnett geht er etwa so weit Hussaufwärts wie Dalgangal, fehlt aber höher hinauf, so bei Cania in dem noch ziemlich ansehnlichen Three Moon Creek, einem Quellfluss des Burnett. Ebenso fehlt erin den kleineren Nebenflüssen des Mittel- laufs. Im Unterlauf der grösseren Nebenflüsse des Burnett aber, des Barramba, Boyne und Auburn, des Munna Creek, eines Nebenflusses des Mary, ist er überall zu finden. Der Fisch hält sich in Erweiterungen und Austiefungen der Strombetten auf, die allenthalben in die Flussläufe eingeschaltet sind, den sogenannten »Waterholes< der Ansiedler, in denen das Wasser für gewöhn- lich kaum merklich fliesst, und die mit einer üppigen Vegetation von Wasserpflanzen bedeckt und durch- wachsen sind, falls nicht gerade einmal eine tüchtige Fluth das ganze Flussbett reingewaschen und gekehrt hat. Als Kehrbesen bedient sich der Fluss dabei mächtiger entwurzelter Bäume. Der Character der Queenslander Flüsse ist ein sehr eigenthümlicher und wird bedingt durch die Unregelmässigkeit der Niederschläge. Den grössten Theil des Jahres über sehen wir ein breites, tief ein- geschnittenes, fast wasserleeres Flussbett, in dessen Grunde ein kümmerliches Flüsslein dahinkriecht. Fast in jedem Jahre einmal, zuweilen auch öfter, schwellen gewaltige Regenmengen die Wasser, das Strombett füllt sich, und ein mächtiger, stolzer Strom, an Breite und Tiefe unseren grossen europäischen Strömen eben- bürtig '), an Gewalt der Strömung sie übertreffend, ist zuweilen auf Wochen an die Stelle des armseligen Wasserlaufs der Trockenzeit getreten. In feuchten Jahren kann sich dies Schauspiel mehrere Male wieder- holen und längere Zeit andauern, in trockenen Jahren kann es völlig ausbleiben. Eine Trockenheit von mehreren Jahren bringt nicht selten das Fliessen des Wassers ganz zum Stillstand, das Flussbett trocknet aus, und nur von Stelle zu Stelle bleiben die oben erwähnten Austiefungen, die »Wasserlöcher« als isolirte Weiher oder Teiche zurück. Ein vollkommenes Austrocknen aller, auch der tiefsten Wasserlöcher ist im Burnettgebiet seit Menschengedenken nicht beobachtet, und wahrscheinlich ist es die Existenz dieser tiefen Wasserlöcher, der wir das Ueberleben des Ceratodus bis in unsere Zeit zu verdanken haben. Sie sind der eigentliche Aufenthalt des Fisches, der in ihnen auch zuweilen in seichteres Wasser in der Nähe der Ufer geht, um Wasserpflanzen zu verzehren. Die seichten Flusspartien zwischen den einzelnen Wasser- löchern, in denen das Wasser lebhafter strömt und in denen sich keine Vegetation entwickelt, vermeidet der Fisch bei niedrigem Wasserstande sorgfältig. Die Ausdehnung jener Wasserlöcher ist natürlich eine sehr wechselnde; viele sind nur einige hundert Meter lang, manche erreichen eine Länge von mehreren Kilometern bei gewöhnlich nicht sehr bedeutender Breite. Eine solche sehr langgestreckte Austiefung be- findet sich beispielsweise im Auburn von seiner Mündung in den Burnett an aufwärts. Nebenbei sei er- wähnt, dass die Waterholes auch den Lieblingsaufenthalt des Ornithorhynchus bilden. In seinem eigentlichen Revier ist der Fisch nirgends selten, aber seiner Grösse entsprechend auch nirgends geradezu häufig. Die Zahl der Fische ist in erster Linie von der Ausdehnung und Tiefe der I) Um eine Vorstellung von der Länge der australischen Flüsse zu geben, sei bemerkt, dass die Länge des Fitzroy- Dawson etwa derjenigen der Oder, die des Darling-Murray etwa derjenigen der Donau entspricht. Der Lauf des Burmnett ist erheblich länger als der der Themse. 17 Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. 17 Wasserlöcher abhängig und schwankt von einigen wenigen Exemplaren in den kleinsten bis zu hundert und mehr in den ausgedehntesten und tiefsten. Dass die in früheren geologischen Perioden so weit verbreitete Gattung Ceratodus sich allein in Australien erhalten hat, wäre an sich noch nichts besonders Wunderbares. Augenscheinlich ist Australien seit sehr langer Zeit ausser jeder Landverbindung mit irgend einem anderen Erdtheil gewesen; es ist da- durch vor dem Eindringen vieler höherer Typen, die sich anderwärts entwickelt haben, geschützt geblieben und hat dafür eine Reihe von niederen Typen bewahrt, die anderwärts vollständig (Monotremen) oder doch fast vollständig (Marsupialien) ausgestorben sind. Viel wunderbarer ist die beschränkte Verbreitung unseres Fisches in Australien selbst. Warum findet er sich nicht auch in den Flüssen nördlich und südlich vom Burnett und Mary, die doch ihrer ganzen Beschaffenheit nach den erstgenannten Flüssen gleichen, wie ein Ei dem anderen? Auch sind die Gegen- den, in denen der Fisch lebend vorkommt, weder in geologischer, noch in klimatologischer Hinsicht von den angrenzenden Bezirken im Norden und Süden ausgezeichnet. Dazu kommt, dass durch fossile Funde bewiesen wird, dass der Fisch früher eine viel weitere Verbreitung gehabt hat. Postpliocene Reste des Ceratodus sind von DE Vıs (II) von Chinchilla im Gebiete des Condamine-Flusses beschrieben worden, eines der Quellflüsse des mächtigen Darling, der ganz im Süden Australiens vereint mit dem noch grösseren Murray nicht fern von Adelaide mündet. Die Quellgebiete des Condamine und Darling, die so- genannten Darling Downs, erweisen sich bei genauerer Untersuchung als ein ehemals viel wasserreicherer Seenbezirk, der vor Zeiten die Hauptquellen für den Condamine, Darling, Brisbane, Mary, Burnett und Dawson geliefert hat. Jetzt sind die Seen und Sümpfe in Folge von Niveauverschiebungen oder klimato- logischen Veränderungen ausgetrocknet (DE Vıs II p. 42). Die Funde von postpliocenen Ceratodusresten in den Darling Downs beweisen somit ein ehemaliges Vorkommen des Fisches im Gebiet des Darling-Murray und machen sein Vorkommen im Brisbanefluss und selbst im Fitzroy-Dawson-Gebiet mehr als wahrscheinlich. Was kann aber das Aussterben des Fisches in diesen viel bedeutenderen Flüssen veranlasst, was seine Erhaltung in den kleineren Stromläufen des Burnett und Mary bedingt haben ? Zunächst könnten wir an das Auftreten eines Feindes denken, der den Ceratodus in einer Anzahl von Flussgebieten ausgerottet hat. Krokodile finden sich noch im Fitzroy-Dawson, gehen aber nicht weiter südlich und fehlen gänzlich im mittleren Burnett und Mary, der Heimath unseres Thieres. Wir könnten uns also vielleicht vorstellen, dass Ceratodus, ein ungewöhnlich träger und indolenter Fisch, in den Gewässern nördlich vom Burnett durch Krokodile ausgerottet worden ist. Dann bliebe aber immer noch sein Fehlen in den Flüssen südlich vom Mary unerklärt, in denen er nachweislich früher vorkam und die weder Krokodile noch einen anderen Feind beherbergen, der dem grossen, wohlgepanzerten Dipnoer gefährlich werden könnte. Auch spricht gegen diese Erklärung das gleichzeitige Vorkommen von fossilen Krokodil- und Ceratodusresten in den Darling Downs. Meiner Ansicht nach ist die Erklärung in anderer Richtung zu suchen, nämlich in der grossen Schwierig- keit, die sich der Verbreitung unseres Fisches von einem Flussgebiet in das andere entgegensetzen. Die klimatologischen und physikalischen Verhältnisse Australiens liegen augenblicklich so, dass eine einzige, mehrere Jahre anhaltende Dürre die gesammten wasserlebenden Bewohner eines Flussgebietes ausrotten kann und zuweilen auch ausrotten wird. Die wenigsten Flüsse haben in Seen Reservoire, die sie in trockenen Zeiten speisen könnten; ferner bildet das Fehlen der wassersammelnden Moose einen hervorstechenden Zug der Vegetation des australischen Busches. Kommt nun eine Trockenperiode, — und in der kurzen Geschichte Australiens sind Perioden bekannt, in welchen in manchen sonst regenreichen Gegenden während 3 und Jenaische Denkschriften. IV. 3 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 18 Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. 18 4 Jahren kaum ein Tropfen Regen fiel, — so kann ein ganzes Flusssystem gänzlich austrocknen, und die Wasser- tiere desselben werden bis auf solche zu Grunde gehen, die im ausgebildeten oder embryonalen Zustand ein Austrocknen vertragen. Zu letzteren gehört aber Ceratodus nicht, wie unten des Näheren gezeigt werden soll. Hört die Dürre auf, und füllt der Fluss sich mit Wasser, so wird er allmählich von benachbarten Gebieten, die weniger hart durch die Dürre gelitten haben, wieder bevölkert werden. Denn die Dürren sind zwar Erscheinungen, die weite Bezirke heimsuchen, ihre Intensität ist aber fast immer eine local wechselnde. Fassen wir nunFdie Mittel ins Auge, durch die Fische, die uns hier allein interessiren, von einem Flussgebiet in das andere gelangen, so können wir folgende Hauptmittel und -wege feststellen. Erstens Uebergang von Bewohnern eines Flussgebietes in das andere im Quellgebiet in Fluthzeiten; dies gilt besonders für die Quellgebiete, die sich in Plateaus finden, und für die seitlichen Zuflüsse nahe der Mündung. Zweitens bildet das Meer längs der Küste eine Strasse für das Eindringen derjenigen Fluss- fische von einem Gebiet in das andere, die sich nicht vor dem Salzwasser scheuen. Drittens kommt für einige wenige Fische (Siluriden, Labyrinthfische) ein directes Wandern über Land in Betracht. Endlich ist zweifelsohne der Transport der Fischeier durch Wasservögel und Wasserinsecten das Hauptmittel der Verbreitung von einem Flusssystem in das andere. Von so seltenen Vorkommnissen, wie dem Transport von Fischen durch Stürme und Wirbelwinde, kann man füglich absehen. Alle jene Wege nun, die wir als die wesentlichen für die Verbreitung der Fische von einem Fluss- system in das andere kennen, sind dem Ceratodus verschlossen. Er vermeidet die Quellgebiete, hat also viel weniger Aussicht, von dort aus in benachbarte Flussläufe zu gelangen, als andere Fische. Er ist sehr empfindlich gegen Salzwasser; so ist ihm also auch der Weg durch die Flussmündungen und das Meer abgeschnitten. Zum Wandern über Land ist er gänzlich unfähig. Seine Eier endlich sind ganz ausser- ordentlich empfindlich und hinfällig, wie ich tausendfach Gelegenheit hatte mich zu überzeugen. Ein auch nur zeitweiliges Trockenwerden vertragen sie nicht. Wird das Wasser, in dem man die Eier züchtet, zu warm, hat man zu viele Eier in einem Gefäss, entfernt man nicht rasch jedes abgestorbene Ei, so ist ein rapides Absterben die Folge. Dieser Umstand erschwerte meine embryologischen Sammlungen sehr. Jeden- falls erscheint ein Transport der ohnehin sehr grossen Ceratoduseier durch Wasservögel oder andere Wasser- thiere so gut wie ausgeschlossen. Wird also Ceratodus durch irgend einen Grund — am nächsten liest es, an eine langdauernde Dürre zu denken — in einem Flussgebiet ausgerottet, so ist es ihm unendlich viel schwerer, von Nachbargebieten aus wieder in dasselbe einzudringen, als anderen Fischen. Hierin dürfte meiner Ansicht nach der Hauptgrund der beschränkten Verbreitung des Ceratodus zu suchen sein. Wahrscheinlich spielt auch eine Abnahme der Wasserreservoirs, die viele Flüsse Queenslands früher in den Seen und Sümpfen der Darling Downs hatten, ein dadurch bedingtes leichteres Austrocknen, über- haupt vielleicht eine Zunahme der Trockenheit des australischen Klimas eine Rolle. Das Ueberleben des Fisches im Burnett und Mary mag in dem Vorhandensein einiger besonders ausgedehnter Austiefungen dieser beiden Flussläufe, ferner vielleicht in dem Zusammentreffen glücklicher Umstände seinen Grund haben, das das gänzliche Austrocknen dieser beiden Flussläufe seit undenklichen Zeiten verhindert haben mag. Würde heute eine sehr intensive Trockenperiode den Mary River betreffen und diesen zum gänzlichen Aus- trocknen bringen, im Burnett aber noch einige Waterholes gefüllt lassen, so würde der Fisch auf den Burneft beschränkt sein, und wahrscheinlich ungemessene Zeiträume lang bleiben. Würde andererseits heute ein 19 Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. 19 Naturforscher oder Privatmann sich die Mühe machen, lebende Exemplare von Ceratodus in den Mittellauf des Brisbaneflusses einzusetzen, so würden dieselben dort zweifellos ausgezeichnet fortkommen und bald dies ganze Flusssystem bevölkern. Während meiner Anwesenheit in Brisbane fischte man dort einen Teich aus, in den vor 10 Jahren zwei lebende Ceratodus eingesetzt worden waren. Beide befanden sich noch am Leben, waren gut gediehen und beträchtlich gewachsen. Es wäre zu wünschen, dass das hier vorgeschlagene Experiment gemacht und dem interessanten Fisch eine weitere Verbreitung gegeben würde. Einheimischer Name, Fang, Verwendung. Diese Punkte bedürfen deshalb. einer kurzen Besprechung, weil bei allen dreien Verwechslungen mit Osteoglossum Leichhardti vorgekommen sind. Letzterer Fisch wird von den Eingeborenen des Dawson und Fitzroy »Barramunda« genannt. Der einheimische Name des Ceratodus dagegen ist am Burnett »Djelleh«. Allein unter diesem Namen war der Fisch den zahlreichen Eingeborenen des Burnett bekannt, die ich danach befragte!). Die Eingeborenen dieser Gegenden sind nomadisirende Jäger und Fischer; fast jedes land- und wasserlebende Wirbelthier dient ihnen zur Nahrung; eine interessante Ausnahme davon macht nur Ornitho- rhynchus, den sie verschmähen. Dagegen stellen sie dem Ceratodus oder Djelleh eifrig nach, ohne ihn für eine besonders leckere Speise zu halten. Eine Aeschenart (Mugil cunnesius, Russel) die sie Ngaria nennen und die im Burnett häufig vorkommt, wird weit vorgezogen. Die Eingeborenen bedienen sich zum Fange des Ceratodus zweier kleiner Handnetze, die eins in die rechte, das andere in die linke Hand genommen und mit ihren halbmondförmigen Holz-Mündungen um den Fisch an einander geklappt werden. Der Fischer taucht dabei zunächst an den Stellen der Wasser- löcher, wo er Ceratodus vermuthet, in die Tiefe und kundschaftet mit Augen, Händen und Füssen die Position des Fisches aus, der für gewöhnlich bewegungslos auf dem Grunde liegt. Der Taucher kommt nun meist zunächst wiederum an die Oberfläche, um Luft zu schöpfen, und taucht dann noch einmal, um nun den Fisch vorsichtig in die Netze einzuschliessen und mit einem Ruck herauszuheben. Eine solche Fangart ist natürlich nur bei ganz ungewöhnlich trägen, langsamen, indolenten Fischen möglich, und ein solcher ist Ceratodus. Man kann ihn bei nöthiger Vorsicht sogar unter Wasser berühren, ohne dass er seine Stelle wechselt. Wird er einmal durch die Berührung beunruhigt, so schwimmt er mit einem plötzlichen Ruck eine kurze Strecke weit fort, bleibt dann wieder regungslos liegen, und das Spiel wiederholt sich. Bei seiner gewaltigen Kraft gelingt es ihm unter Wasser nicht selten, sich aus den Netzen zu befreien, auch bricht er leicht die Angel; einmal ausser Wasser ist er aber ganz hilflos. Von den weissen Ansiedlern und neuerdings auch von den Eingeborenen wird er zuweilen auch mit der Angel gefangen. Als Köder dient Fleisch aller Art, Schnecken, abgetödtete kleine Fische und am besten grössere Süsswassercrustaceen. Der Fisch nimmt den Köder vom Grunde oder den tieferen Wasser- schichten, ist aber dabei ausserordentlich launisch. Ich habe ihn monatelang mit Setz- und Wurfangeln am Burnett, Auburn und Boyne gefischt. Zuweilen wollte wochenlang kein einziger beissen, zuweilen fing man täglich mehrere, einmal bei Beginn einer Regenperiode innerhalb 2 Tagen 10 Stück. Manchmal wollte es 1) Wie mir Mr. T. ILLiDGE mittheilte, wird der Fisch in anderen Gegenden (wahrscheinlich im Mary-District) Giwein oder Gadir genannt. Ich selbst habe hierüber keine Erfahrungen und erwähne diese Namen deshalb nur beiläufig und unter Vorbehalt. 3*+ 20 Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. 20 scheinen, dass der Fisch in den Morgen- und Abendstunden am besten bisse, manchmal traf das nicht zu. Ich kann also keine bestimmte Regel aufstellen. { Dagegen kann ich angeben, dass die Angabe, Ceratodus nähme in gewissen Jahreszeiten die Fliege, auf der schon mehrfach erwähnten Verwechselung mit dem echten Barramunda, Osteoglossum, beruht. Beide Osteoglossum-Arten, ©. Leichhardti sowohl wie O. Jardinii können mit der Fliege geangelt werden, und deshalb wird der Barramunda, ©. Leichhardti, von den Ansiedlern als »Dawson Salmon« bezeichnet, obwohl er mit einem Salm sonst nicht die geringste Aehnlichkeit hat. Auch der Burnett Salmon, Ceratodus Forsteri, hat mit einem Lachse absolut keine Aehnlichkeit; er wird aber als Salm bezeichnet, nicht weil er die Fliege nimmt, sondern weil er das rosenrothe Fleisch des Lachses besitzt. Dieses rosenrothe Fleisch ist an Geschmack dem echten Lachsfleisch durchaus unähnlich, er wird von den Schwarzen nicht besonders, von den weissen Ansiedlern gar nicht geschätzt und ist in der That trocken und fade. Die gegentheiligen Angaben sind wiederum durch die Verwechselung mit dem Dawson Salmon, dem Barramunda, veranlasst, dessen weisses Fleisch einen vortreftlichen Geschmack besitzt und ein allgemein beliebtes Nahrungsmittel bildet. Lebensweise. Ganz allgemein hält man den Ceratodus für einen Fisch, der sich ausschliesslich von vegetabilischen Stoffen ernährt. In der That findet man den ganzen Darm jederzeit mit Pflanzenstoffen aller Art voll- gepfropft. KREFFT fand auch Bruchstücke kleiner Muscheln im Magen; GÜNTHER nimmt aber an, dass die- selben nur zufällig mitverschluckt seien. Die Pflanzentheile bestehen aus Stücken verschiedener im Wasser wachsender Gramineen, grünen Algen, Blättern und Blüthen verschiedener Myrtaceen, die zufällig ins Wasser geweht und untergesunken sind. Niemals fand ich ein Exemplar, dessen Darmkanal nicht von grünen Pflanzentheilen prall erfüllt gewesen wäre. Es kann demnach keinem Zweifel unterliegen, dass Ceratodus ein Pflanzenfresser ist; eine andere Frage aber ist es, ob er sich von diesen Pflanzentheilen auch ernährt. Diese Frage glaube ich verneinen zu müssen. Zunächst ist daran zu erinnern, das Ceratodus auch mit der Angel gefangen werden kann und Stücke von Fischen (besonders Perca-Arten), Fleisch, Würmer, Schnecken, mit besonderer Vorliebe aber grössere Süsswassercrustaceen als Köder annimmt. Die Langsamkeit und Schwerfälligkeit des Thieres wird es demselben allerdings unmöglich machen, unter gewöhnlichen Verhältnissen grössere lebende Thiere in genügender Menge zu erbeuten. Auch spricht die Beschaffenheit seiner Zähne dagegen, die in ausgesprochener Weise dem Zwecke des Abschneidens von Gräsern und Pflanzentheilen, nicht dem Festhalten lebender Thiere angepasst sind. Doch wird durch die oben erwähnten Beobachtungen schon bewiesen, dass sich Ceratodus keineswegs ausschliesslich von vegetabilischen Stoffen ernährt. Die Beschaffenheit der im Darmkanal befindlichen Pflanzentheile selbst macht es im höchsten Grade unwahrscheinlish, dass dieselben überhaupt verdaut und zu Nahrungszwecken verwendet werden. Die Pflanzentheile sind nur ganz ungenügend zerkleinert, meist finden sich Centimeter lange Stücke, deren Structur noch so deutlich kenntlich ist, dass eine Artunterscheidung möglich ist. Es würde eine ganz ungewöhnlich starke verdauende Kraft dazu gehören, so unzureichend zerkleinerte Pflanzentheile zu ver- dauen. Der Darmkanal des Fisches ist gerade, ohne jede Windung und deshalb relativ sehr kurz; allerdings wird durch die wohl entwickelte Spiralklappe eine Oberflächenvergrösserung erzielt, und ein langsameres Passiren der Nahrungsstoffe durch den Darm bedingt. 21 Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. 21 Die im Darme gefundenen Pflanzentheile sind zuweilen noch ganz grün und frisch, zuweilen aber schwärzlich verfärbt und halb verfault; sie sehen dann aus, als ob sie lange abgestorben im Wasser gelegen hätten. In Wasserlöchern, die durch eine Fluth zeitweilig von einer eigenen Vegetation entblösst sind, müssen sich die Thiere eben mit halbverwesten Resten von Pflanzen, die zufällig in ihr Bereich geweht oder geschwemmt sind, begnügen. Solche Wasserlöcher findet man zahlreich am Flusse nach Fluthen besonders im Winter, Dass aber die Pflanzentheile im Darme des Fisches selbst nicht nennenswerth verändert, also auch nicht zur Nahrung verwendet werden, wird meines Erachtens durch den Umstand bewiesen, dass innerhalb eines Darmes die Pflanzentheile keine merkliche Differenz zeigen, ob sie nun im Anfangstheile oder im Endtheile desselben liegen. Ich habe oft ganz frische, kaum veränderte Pflanzentheile aus dem After heraus- ziehen können, deren Artzugehörigkeit sich noch erkennen liess, und aus denen sicher keine Nahrung ent- nommen worden war. Hieraus folgt der Schluss, dass die Pflanzen überhaupt nicht um ihrer selbst willen gefressen werden, sondern um dessentwillen, was zwischen ihren Stengeln, Blättern und Blüthen sitzt. Der Fisch nährt sich von den zahllosen Insectenlarven, Fisch- und Amphibien-Larven und Laich, Crustaceen, Würmern, Mollusken, die in jenem Pflanzengewirr ihren Unterschlupf finden. Durch makroskopische wie mikroskopische Untersuchung kann man sich leicht überzeugen, wie reich und üppig diese Fauna am Burnett ist. Doch handelt es sich natürlich fast ausschliesslich nur um relativ kleine Organismen, und es ist begreiflich, dass der grosse Fisch, um hinreichende Mengen dieser diminutiven Nahrung zu erhalten, fortdauernd sehr grosse Mengen von Pflanzentheilen aufnehmen muss. Die wohlentwickelte Spiralklappe verhindert eine zu rasche Passage der Theile durch den Darm, denn es bedarf einiger Zeit, ehe die verdauenden Säfte zwischen den Pflanzentheilen hindurch auf die animalischen Einschlüsse wirken können, und ehe die Resorption sich vollzieht. Wir kommen zu dem Schluss, dass Ceratodus die gefressenen Pflanzentheile ebensowenig verdaut, wie etwa eine Holothurie Steine oder Sand. In beiden Fällen ist die Nahrung eine vorwiegend oder ganz animalische; die abge- bissenen, kaum zerkleinerten Pflanzentheile in dem ersten, die mineralischen Bruchstücke in dem zweiten Falle sind blos die Vehikel der eigentlichen Nahrung. Es ist mir nicht gelungen, festzustellen, ob die Lebensweise des Fisches eine vorwiegend nächtliche sei. Allerdings behaupteten meine Schwarzen, dass er besonders bei Nacht seinen Standort wechsele und die Gräser abweide. Doch habe ich ihn ganz ebenso bei Tag wie bei Nacht, Morgens und Abends mit der Angel gefangen. Sicher ist, dass er bei Tage oft längere Zeit bewegungslos auf einem Flecke liegt, mit Vorliebe längs der riesigen Baumstrünke, die allenthalben im Flussbette zerstreut liegen, unter der Wölbung verborgen und beschattet. Stets wählt er dabei die tieferen Stellen der Wasserlöcher aus; zum Fressen begiebt er sich auch in das seichtere Wasser nahe den Ufern, niemals aber geht er ans Land. Es ist mir unverständlich, wie der Irrtthum hat aufkommen können, dass Ceratodus Nachts an Land gehe. Wenn Hırr (5 p. 514) angiebt: »these fishes do not go higher than the brackish water, and at night leave the streams and g0 among the reeds and rushes on the flats subject to tidal influence«, so kann damit Ceratodus schon deshalb nicht gemeint sein, weil derselbe nicht nur höher die Flüsse hinaufsteigt, als das Brackwasser und der Gezeiteneinfluss reicht, sondern das Brackwasser sogar sorgfältig vermeidet und nur jenseits des Gezeiteneinflusses, fern von den Mündungen im reinen Süsswasser gefunden wird. Aber ebenso irrig ist die neuere Angabe von LumHoLTz (8, englische Uebersetzung p. 385), dass Ceratodus auf die aus dem Wasser ragenden Baumstrünke krieche, um sich zu sonnen. Schon GÜNTHER (5 und 6) hebt mit Recht hervor, dass die paarigen Flossen des Ceratodus zu schwach und biegsam sind, um den schweren Körper auf dem Lande fortzubewegen. 22 Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. 22 Noch weniger ist natürlich bei der gedrungenen Körperform unseres Fisches an ein aalartiges Kriechen zu denken. Davon kann man sich leicht an gefangenen Thieren überzeugen, wie SPENCER (Io) mit Recht hervorhebt. In der That ist Ceratodus ausser Wasser hülfloser, als die meisten anderen Fische, und zu jeder Ortsbewegung: unfähig, da es ihm nicht einmal gelingt, sich durch Schläge des Schwanzes eine Strecke weit fortzuschnellen. Ein fernerer Irrthum, der sich von Beginn unserer Kenntniss über Ceratodus an durch die ganze Literatur schleppt, ist die Vorstellung, dass sich der Fisch während der trockenen Periode in den Schlamm eingrabe. Dieses Missverständniss wurzelt in der Aeusserung KREFFT’s: »I think), however, that during this latter period the animals are buried in the mud.«< KREFFT kam zu dieser Vermuthung offenbar durch die Analogie mit Protopterus, dessen Sommerschlaf in Schlammcocons, zur Zeit, als KREFFT schrieb, schon bekannt war. Was er als Vermuthung aussprach, wurde dann später als positive Thatsache wiederholt. Als ich an den Burnett kam, suchte ich natürlich Näheres über Sommerschlaf, Eingraben in den Schlamm, Coconbildung in Erfahrung zu bringen. Lag doch in der That bei dem häufigen Eintrocknen der australischen Flüsse der Gedanke an ein analoges Verhalten, wie der verwandte Protopterus es zeigt, sehr nahe. Das Resultat meiner Nachfragen war aber ein ganz negatives, und auf Grund ähnlicher Auskünfte hat auch schon SPENCER, der während meines ersten Aufenthalts am Burnett eine Zeit lang dort verweilte, ein Eingraben in Schlamm als sehr unwahrscheinlich bezeichnet (Io p. 2). Auf Grund der Angaben kundiger Eingeborener und Ansiedler und besonders auf Grund meiner eigenen Beobachtungen und Experimente muss ich das Vorkommen eines Sommerschlafs bei Ceratodus und Coconbildung irgend welcher Art auf das entschiedenste in Abrede stellen. Man kann das Thier das ganze Jahr im Flusse mit Netz und Angel fangen. Die Zeit des niedrigsten Wasserstandes am Burnett fällt normaler Weise in das Ende der trockenen Zeit (Ende August bis Mitte October). Gerade in diese Zeit fällt aber die Laichzeit der meisten Ceratodus, die natür- lich nicht gleichzeitig sommerschlafen und sich fortpflanzen können. Da noch niemals Cocons von Cera- todus am Burnett gefunden worden sind, und es sicher ist, dass solche Bildungen den geschärften Sinnen der schwarzen Eingeborenen nicht völlig entgangen sein würden, so ist von ihnen ganz abgesehen. Ceratodus bewohnt, wie oben erwähnt, die tiefsten Stellen der Flüsse, die sogenannten Wasser- löcher, die vor dem Austrocknen am besten geschützt sind.. Was wird aber vorkommen, wenn in sehr trockenen Jahren flachere Wasserlöcher, die auch Ceratodus enthalten, austrocknen? Ich habe versucht, diese Frage experimentell zu lösen, indem ich lebende Ceratodus einmal in einem todten Flussarm absperrte, ein anderes Mal in einen sumpfigen Teich im Dickicht (Scrub) einsetzte. Kein einziger machte irgendwelche Anstalten, sich in den schlammigen Boden einzugraben, obwohl die Fische volle vier Wochen unter diesen Verhältnissen gehalten wurden, und das Wasser täglich sank und wärmer wurde, da während dieser Zeit kein Regen fiel. Schliesslich war der Wasserstand im einen Fall auf I'/,, im anderen auf I Fuss gesunken. Am Ende der vierten Woche begannen starke Regen, die die vollständige Beendigung des Experiments unmöglich machten. Die Fische wurden durch rapides Steigen des Wassers aus dem todten Flussarm entführt; aus dem kleinen Teich nahm ich sie selbst wieder heraus. Sie hatten sich vortrefflich in demselben gehalten. Später machte ich noch einige Experimente, indem ich einzelne Exemplare in kleinere künstlich ausgegrabene Lachen einsetzte und das Wasser aus- trocknen liess. Niemals konnte ich die Thiere dazu bringen, sich einzugraben. Indessen erfolgte in diesen Fällen das Eintrocknen wohl allzu rasch, in I2—36 Stunden; auch hatten vielleicht die Fische die durch I) Im Original (7 p. 223) nicht gesperrt gedruckt. 23 Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. 23 Fang und Transport bedingte Schädigung noch nicht völlig überwunden. Jedenfalls starben sie ab, ohne sich einzugraben. Der beste und erfahrenste der schwarzen Eingeborenen, die in meinen Diensten standen, »Gorenga Jimmy« genannt, erzählte mir, dass zuweilen in sehr trockenen Jahren auch manche der grossen Wasser- löcher austrocknen; alle Fische suchen dann der sich zurückziehenden Feuchtigkeit bis in die Schlammdecke des Bodens zu folgen; einige wie die Aale wühlen sich in bedeutende Tiefen. Zu letzteren gehört aber Ceratodus nicht, dem der Bau seines Körpers und seiner Flossen ein eigentliches Eingraben in die härteren tieferen Schichten unmöglich macht. Jimmy hatte niemals einen wirklich tief in Schlamm vergrabenen Cera- todus gefunden oder von dem Fange eines solchen gehört. Er erzählte mir nebenbei, dass solche aus- trocknenden Austiefungen von zahllosen Wasservögeln, Raubvögeln und Krähen umschwärmt würden, die hier eine reichgedeckte Tafel finden. Wenn eine fischreiche Austiefung des Flussbetts austrocknet, sterben übrigens die meisten Fische schon vorher in Folge der Verschlechterung des Wassers durch faulende animalische und vegetabilische Substanzen. Mr. W. B. Marrtey von Gayndah erzählte mir, dass er in einem sehr trockenen Jahre einmal ein grosses, aber nicht sehr tiefes »Waterhole«, das dem Austrocknen nahe war, ausgefischt habe. Das übrig gebliebene Wasser war erfüllt mit abgestorbenen Barschen, Aeschen und anderen Flussfischen. Die Fischleichen verpesteten das Wasser so stark, dass das Fischen in demselben in hohem Grade unangenehm war. Einige Ceratodus aber, die sich in diesem Gewässer befanden, waren völlig frisch und lebenskräftig und zeigten keine Spuren davon, dass sie sich in einem für wasserathmende Thiere höchst ungesunden Auf- enthaltsort befanden. Hier ist der Punkt, wo die Lungenathmung des Ceratodus in Frage kommt. Sie dient ihm nicht auf dem Lande, nicht während des Sommerschlafes im Schlamme oder in Cocons, sondern sie ist für ihn das einzige Hülfsmittel, die in trockenen Zeiten für Kiemenathmung oft sehr ungünstigen Verhältnisse seiner einheimischen Gewässer zu überstehen. Dabei liegt die Sache nun aber nicht so, dass Ceratodus, wie GÜNTHER (5 und 6) vermuthet, in hinreichend reinem Wasser nur vermittelst der Kiemen, in schlechtem Wasser nur mittelst der Lungen athmet, in mittelmässig gutem Wasser aber beide Respirationssysteme benutzt. Vielmehr hat SPENCER (10) Recht, wenn er bemerkt, dass Ceratodus seine Lunge nicht zeitweilig als einziges, sondern fortdauernd als acces- sorisches oder besser coordinirtes Athmungsorgan benutze. — In den Gewässern, die den Fisch beherbergen, kann man stets, bei Tag wie bei Nacht, auch dann, wenn das Wasser rein und klar ist, ein eigenthüm- liches, dumpfes, grunzendes Geräusch vernehmen. Es ist unser Fisch, der vom Grunde an die Oberfläche steigt, um seine Lunge zu entleeren und mit frischer Luft zu füllen. Bei gefangenen Exemplaren konnte ich beobachten, dass die Schnauzenspitze dabei aus dem Wasser erhoben wurde. Ob der Mund fest ge- schlossen blieb, die Respiration also allein durch die vor dem Mundrande gelegenen äusseren Nasenlöcher erfolgte, was sehr wahrscheinlich ist, liess sich leider nicht mit Sicherheit feststellen, da ich die Thiere nicht in Gefässen mit durchsichtigen Wänden halten konnte; ebensowenig ob das Geräusch ein inspiratorisches oder exspiratorisches war und wie und wo es zu Stande kommt. Während des Respirationsactes schien mir zuweilen auch Luft in Gestalt einiger grosser Blasen durch die Kiemenöffnungen ausgetrieben zu werden. Die Frequenz der Athmung ist eine wechselnde; sie erfolgt bei gefangenen Thieren, die in kleinen Behältern gehalten werden, in Zwischenräumen von 30—40 Minuten. Ob der freilebende Ceratodus ebenso frequent athmet, vermag ich natürlich nicht zu entscheiden. Meine Schwarzen versicherten, dass das Ath- 24 Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. 24 mungsgeräusch in der Sommerhitze bei niedrigem Wasserstande häufiger zu hören sei, als bei hohem Wasserstande und in der kühleren Zeit. Ich selbst habe diese Beobachtung nicht machen können. Jedenfalls hört man dort, wo der Fluss zahlreiche Exemplare von Ceratodus beherbergt, das characte- ristische Grunzen zu allen Zeiten häufig und kann aus ihm auf die Anwesenheit des Fisches schliessen. Ein gefangenes Exemplar wurde von mir absichtlich längere Zeit in einem kleinen Gefässe mit weniger Wasser als das dreifache Körpervolumen des Tieres gehalten. Dieses Wasser wurde während einer Woche nicht gewechselt und hatte schliesslich eine ganz abscheuliche Beschaffenheit angenommen. Ein gewöhnlicher Fisch wäre unter solchen Verhältnissen in wenigen Stunden verendet, und selbst ein zählebiger Schlamm- bewohner wäre schliesslich gestorben oder hätte Zeichen des Unbehagens an den Tag gelegt. Ceratodus schien sich während der ganzen Zeit nicht schlecht zu befinden und war am Ende der Woche ebenso kräftig: und frisch, wie am Anfang des Versuchs. Ein merkliches Steigen der Frequenz der Athmung vermochte ich nicht zu constatiren. Einen längeren Aufenthalt an der Luft vertragen unsere Fische nicht, da ihre Kiemen rasch ein- trocknen. In der heissen Zeit sterben sie unter solchen Verhältnissen schon in I—2 Stunden ab, und er- holen sich auch nicht, wenn man sie noch vor dem Absterben wieder in Wasser zurückbringt. Auch ein mehrstündiger Transport in feuchten Tüchern wird schlecht vertragen. Niemals beobachtete ich bei ins Trockene gelegten Exemplaren die oben geschilderten Respirationserscheinungen. Ceratodus ist demnach noch ein vollkommenes Wasserthier; die bei ihm beobachtete Lungenathmung ist nicht als eine Anpassung an zeitweiliges Leben im Trocknen, sondern als Anpassung an ein Leben in zeitweilig zur Athmung untauglichem Wasser entstanden. Zweifellos haben an Athmungsverhältnisse, wie Ceratodus sie aufweist, diejenigen angeknüpft, die wir bei Protopterus beobachten. Dieser Dipnoer kann sich, wenn er in seinem Cocon vor übermässigem Eintrocknen geschützt ist, längere Zeit der Lungen- athmung bedienen. Er hat mithin als Luftathmer eine höhere Stufe erreicht als Ceratodus. Auf diese Punkte komme ich später noch einmal zurück, wenn die verwandtschaftlichen Beziehungen der Dipnoer unter ein- ander und zu den höheren und niederen Ordnungen der Anamnier genauer festgestellt sein werden. Dann soll auch auf analoge Verhältnisse der Respiration bei gewissen Ganoiden eingegangen werden. Beiläufig sei noch bemerkt, dass bei manchen Teleostiern (Cobitidina) ein Verschlucken von Luft zu respiratorischen Zwecken vorkommt. Es handelt sich hier um ene Darmathmung, die sich natürlich ganz selbständig und ohne Anknüpfung an die Verhältnisse der Dipnoer entwickelt hat. Wieder andere Fische (Periophthalmus, Labyrinthici etc.) können längere Zeit im Trocknen verweilen und führen eine wahr- haft amphibische Lebensweise. Bei ihnen handelt es sich aber bekanntlich um blosse Kiemenathmung,, die durch oft sehr complicirte Einrichtungen auch ausserhalb des Wassers möglich gemacht ist. Fortpflanzung und Eiablage. Es ist schwierig, bestimmte Angaben über die Fortpflanzungszeit des Ceratodus zu machen, da hier starke individuelle und durch klimatische Einflüsse bedingte Schwankungen vorkommen. Nach den Er- fahrungen, die CALDWELL (2 und 3) im Jahre 1884 und ich selbst in den Jahren 189I und 1892 gemacht haben, kann man wohl sagen, dass die Fortpflanzungszeit sich über die Monate April bis Ende November ausdehnt; weitaus die überwiegende Mehrzahl der Thiere laicht aber in den Monaten September und October. Zu dieser Zeit haben die meisten Thiere, die man öffnet, reife Geschlechtsproducte und zu dieser Zeit findetman auch 25 Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. 25 an günstigen Stellen reichliche Mengen von Ceratoduslaich. CALDWELL fing schon im April geschlechtsreife Männchen und Weibchen; er selbst aber sowohl wie auch ich konnten abgelegte Eier nicht vor September finden. Bei diesem negativen Resultat mag auch die Schwierigkeit eine Rolle spielen, in dem zur Winterzeit immerhin ziemlich kalten Wasser längere Zeit nach den Eiern zu suchen. Die schwarzen Ein- geborenen kann man dann überhaupt nicht dazu bringen, ins Wasser zu gehen. Ich sammelte noch im Laufe November geringere Mengen, Ende November ganz vereinzelte Eier im Fluss. Im December 1891 war es mir aber trotz aller Anstrengungen nicht möglich, auch nur ein einziges Ei zu finden. Die Eier des Ceratodus werden bekanntlich im Oviduct (MÜLLER’schen Gange) von einer schleimigen Umhüllung umgeben, die ganz ähnlich wie bei den meisten urodelen und anuren Amphibien im Wasser zu einer gallertigen Hülle aufquillt._ Dieselbe ist in diesem gequollenen Zustande für die Spermatozoen undurchdringlich. Bei jenen Amphibien werden deshalb also die Eier entweder im Augenblicke ihres Austritts, noch ehe sie mit dem Wasser in Berührung kommen, mit Sperma übergossen und befruchtet (Anuren), oder aber das Männchen entleert Samenpackete in das Wasser, die vom Weibchen selbst in den Oviduct eingeführt werden (Urodelen). Die ausserordentlich feste und ansehnliche Gallerthülle des Ceratoduseies lässt es, wie beim Amphi- bienei, unmöglich erscheinen, dass das Ei nach dem Quellen der Hülle befruchtet werde. Der Umstand, dass die Eier einzeln oft in bedeutenden Abständen von einander abgelegt werden, macht eine Befruchtung genau im Momente des Austritts, wie sie bei Kröten und Fröschen stattfindet, ebenfalls unwahrscheinlich. Es läge also am nächsten, an eine Art innere Befruchtung zu denken, sei es an eine wirkliche Be- gattung, wie bei Selachiern, sei es an ein Einführen des ins Wasser abgelegten Spermas seitens des Weib- chens, wie bei den Schwanzlurchen. Aber auch gegen diese beiden Möglichkeiten lassen sich Bedenken geltend machen. Von der Möglichkeit einer Begattung kann man wohl ganz absehen, da Begattungsorgane fehlen, und die Körperform unseres Fisches ein wirkliche Begattung als kaum denkbar erscheinen lässt. Beiläufig sei erwähnt, dass ich bei reifen oder nahezu reifen Thieren die Schleimhaut in der Umgebung der Urogenitalmündungen stark geröthet und geschwellt fand. Auch die Vorstellung, dass das ins Wasser entleerte Sperma mittelst der Bauchflosse des Weibchens oder auf irgend einem anderen Wege in die Genitalöffnung eingeführt werde, ist mit Schwierigkeiten verbunden und jedenfalls unbewiesen. Ich habe mir vergebliche Mühe gegeben, über diesen Punkt zu einem entscheidenden Resultat zu gelangen. Die Thiere vermeiden vollständig flaches Wasser mit hellem, unbewachsenem Sandboden, das die nöthige Durch- sichtigkeit haben würde, um ihr Treiben zu verfolgen. Das Wasser des Burnett ist nicht klar genug, um die Fische an tiefen oder mit Pflanzen durchwucherten Stellen zu beobachten. Ich kann in dieser Richtung nur eine einzige Beobachtung anführen, die von einem meiner Schwarzen gemacht worden ist. Derselbe sah am frühen Morgen eine grosse Anzahl von Ceratodus in einem mit Wasserpflanzen durchwachsenen Wasserloch längere Zeit in weitem Kreise hin und her schwimmen, wobei sie einander zu folgen schienen. Als wir bald darauf die Stelle untersuchten, fanden wir frisch abgelegten Laich. Eine Wiederholung des Vorganges konnte nicht beobachtet werden. Wahrscheinlich handelte es sich hier aber um Befruchtung und Ablage der Eier, denn ein derartiges geselliges Hin- und Herschwimmen ist sonst bei Ceratodus etwas ungewöhnliches. Es ist sehr wahrscheinlich, dass hier mehrere Männchen einem reifen Weibchen nachschwammen und in irgend einer Weise für die Befruchtung der eben abzu- legenden Eier sorgten. Auf die Art der Befruchtung wirft diese Beobachtung natürlich kein Licht. Die Eier werden einzeln lose zwischen das Gewirr der Wassergewächse abgelegt, mit Vorliebe an tieferen Stellen, seltener im flachen Wasser. Ein Ankleben an die Pflanzentheile, wie bei den Tritonen oder Amblystomen, findet nicht statt. Auch geht dem Laich jegliches Schwimmvermögen ab. Die Eier Jenaische Denkschriften IV. 4 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 26 Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. 26 liegen lose im Pflanzengewirr und fallen, wenn man beim Herausheben desselben aus dem Wasser nicht sehr vorsichtig ist, leicht zu Boden. Deshalb ist das Sammeln derselbem auch viel schwieriger und zeit- raubender als das unserer Schwanz- und Froschlurche. Solche Ceratodus, die sich in vegetationsarmen Wasserlöchern befinden, legen nothgedrungen ihren Laich auf den Grund ab, am liebsten unter die Wölbung versunkener Baumstämme oder in andere Verstecke. Folgende Beobachtung spricht dafür, dass das Legegeschäft eine grössere Anzahl von Tagen in Anspruch nimmt. Vom 4. bis 14. November 1891 wurden in einer kleineren Austiefung des Boyne nahe seiner Mündung in den Burnett täglich, kleine Mengen von Ceratoduseiern über einen weiten Umkreis zer- streut gefunden. An Stellen, die Tags zuvor von vielen Menschen sorgfältig abgesucht worden waren, fanden sich am nächsten Tage jedesmal wieder frisch abgelegte Eier in etwa gleicher Menge. Am 14. No- vember fischten einige der Schwarzen gegen meinen Willen an dieser Stelle des Flusses und tödteten ein reifes Weibchen, das noch ziemliche Mengen von Eiern enthielt. Von diesem Augenblick an wurde an der betreffenden Stelle kein Laich mehr gefunden. Die Menge der täglich gefundenen Eier war so gering, dass die Annahme ausgeschlossen ist, es habe hier täglich ein anderes Weibchen gelaicht. Höchst wahrschein- lich rührten aber die gefundenen Eier sämmtlich von dem einen, am 14. November getödteten Weibchen her. — Im September und October 1892, als viele Fische gleichzeitig laichten, war der Laich stellenweise ziemlich dicht gesät. Es sprechen aber zahlreiche Einzelbeobachtungen, die ich hier nicht alle ausführlich anführen kann, dafür, dass das einzelne Weibchen seinen Laich bei jeder Ablage über einen weiten Umkreis verstreut. Jedes Ei ist von einer sehr festen, elastischen Gallerthülle umgeben, die ihm so lange auf das engste anliegt, bis der Embryo sich deutlich abzuheben beginnt. Je älter der Embryo wird, um so weicher und lockerer wird die Hülle. Sobald er anfängt, im Inneren der Hülle Bewegungen auszuführen, kann man sie leicht abstreifen. Vorher ist das sehr schwierig, und zwar um so schwieriger, je jüngere Stadien man vor sich hat. Ganz genaue Daten über die Zeit der Entwickelung kann ich nicht geben, da ich niemals in die Lage kam, künstliche Befruchtung ausführen zu können. Ich kann aber folgende ungefähre Angaben machen. Die Entwickelung innerhalb der Hülle dauert etwa 10—12 Tage. Während der letzten Tage führt der Embryo in der Hülle Bewegungen aus und kann zu dieser Zeit ohne Schaden aus ihr befreit, so zu sagen künstlich geboren werden. Zu normaler Zeit ausgeschlüpfte Larven entsprechen etwa dem Stadium 41 Tafel VI der folgenden Abhandlung. Etwa 14 Tage nach dem Ausschlüpfen erscheinen die ersten Andeutungen der vorderen Extremitäten in Gestalt winziger Knöspchen. Die ersten Spuren der hinteren Extremitäten treten erst 2!/, Monate nach dem Ausschlüpfen ebenfalls als knospenartige Hervorwachsungen auf. Für die Einzelheiten der Entwickelung verweise ich auf die nächsten Abhandlungen. Die Eier sind sehr empfindlich gegen Schädlichkeiten aller Art, wie zu starke Erwärmung oder un- genügende Ventilation des Wassers, kurzes Eintrocknen etc. Auch viele Eier, die man frisch dem Flusse entnimmt, sind abgestorben. Vielleicht sind das unbefruchtete Eier. Aeltere Eier mit weiter entwickelten Em- bryonen sind widerstandsfähiger, aber auch die ausgeschlüpften Fischchen sind immer noch sehr empfindlich und bedürfen fortgesetzter Aufmerksamkeit und sorgfältiger Pflege. Die eben ausgeschlüpften Embryonen ernähren sich von dem noch reichlich vorhandenen Dottermaterial. Für gewöhnlich liegen sie bewegungs- los in Seitenlage auf dem Grunde. Aufgescheucht, schwimmen sie eine kurze Strecke, um dann wieder unter- zusinken und bewegungslos liegen zu bleiben. Wenn der Dottervorrath aufgebraucht ist, werden die Fisch- chen lebhafter,;, man muss ihnen dann Nahrung zukommen lassen. Am besten erreicht man dies, indem 27 Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. 27 man ihnen täglich kleine Mengen von Fadenalgen giebt, die um diese Jahreszeit (November, December) an flachen, ruhigen Stellen des Flusslaufes in Massen wuchern und in ihrem Fadengewirr unzählige Mengen von mikroskopischen Wassertliieren beherbergen. Letztere bilden wohl die eigentliche Nahrung der jungen Fische. Im Freien bekommt man die jungen Fischchen nur äusserst selten zu sehen, viel seltener als die Jungen der übrigen Flussfische des Burnett (Siluroiden, Percoiden, Mugiliden etc.). Sie müssen eine sehr versteckte Lebensweise auf dem Grunde führen und sich selten in höhere Schichten in das Gewirr der Wasserpflanzen begeben, in dem die Eier sich vor dem Ausschlüpfen befinden, und in dem ich zahlreiche andere junge Fische gefangen habe. Ebensowenig habe ich jemals kleine Ceratodus von I Fuss Länge und darunter gefangen oder von ihrem Fange gehört. Auch bei grossen Fischzügen, wie sie in Gayndah ab und zu veranstaltet werden, sind niemals so kleine Ceratodus gefangen worden. Selbst Exemplare von nur 2 Fuss Länge sind Seltenheiten. Es ist einigermaassen räthselhaft, wo und wie sich die kleinen Exemplare verbergen. Literatur-Verzeichniss. I) L. AGassız. Recherches sur les Poissons fossiles, Neuchatel 1833—45. Tome III, p. 129. 2) W. H. CALDWELL. On the Development of the Monotremes and Ceratodus. Journal and Proceedings of the Royal Society of New South Wales. Vol. 18, 1884. 3) Derselbe. The Embryology of Monotremata and Marsupialia. Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Vol 178, 1887. 4) ALBERT GÜNTHER. Description of Ceratodus, a Genus of Ganoid Fishes, recently discovered in Rivers of Queensland, Australia. Proceedings of the Royal Society of London. Vol 19, 1870—1871. 5) Derselbe. Description of Ceratodus, a genus of Ganoid Fishes, recently discovered in Rivers of Queensland, Australia. Philo- sophical Transactions of the Royal Society. Vol I6I, 1871. 6) Derselbe. An Introduction to the Study of Fishes. Edinburgh 1880. 7) GERARD KREFFT. Description of a gigantic Amphibian allied to the Genus Lepidosiren from the Wide-Bay District, Queens- land. Proceedings of the Zoological Society of London 1870. 8) C. LumHorLTz. Blandt Menneskealdere. Kopenhagen 1887. Engl. Uebersetzung: Among Cannibals. London 18389, John Murray. 9) W. BALDWIN SPENCER. A Trip to Queensland in Search of Ceratodus. The Victorian Naturalist, Melbourne. June Io, 1892. 10) Derselbe. Contribution to our Knowledge of Ceratodus. Maclean Memorial Volume. ı1) C. W. DE Vıs. Ceratodus Forsteri postpliocene. 12) A. S. WOooDWARD. The Fossil Fishes of the Hawkesbury Series at GOSFORD. Memoirs of the Geological Survey of New South Wales. Palaeontology No. 4, 1890. AR 28 Verbreitung, Lebensverhältnisse und F ortpflanzung des Ceratodus Forsteri. Uebersicht des Inhalts. Ceratodus Forsteri vom Hon. WILLIAM FORSTER entdeckt, von KREFFT zuerst beschrieben, der ihn richtig als Dipnoer und als Angehörigen des bisher nur als fossil bekannten Genus Ceratodus erkennt . Verwechslung des »Burnett-Salmon« Ceratodus mit dem »Dawson-Salmon« oder »Barramunda« : Osteo- glossum Leichhardti . : Beobachtungen CALDWELL’S und Saas. i Weite Verbreitung der fossilen, sehr begrenzte Verbreiaug "der lshendlen Ceratodus Letztere auf Burnett und Mary beschränkt Der Barramunda (Osteoglossum) geht nicht südlicher als Blzas dl Damen Ceratodus nur im Mittellauf der Hauptströme und im Unter- und Mittellauf der grösseren ENePerie Fehlt in den Quellgebieten und im Brackwasser Aufenthalt in Austiefungen der Flussläufe »Waterholes«; hier ee vor sm Arsssckzen geschnkzt Subfossile Ceratodusreste am Condaminefluss in den Darkas Downs e 0: > Vermuthliche Gründe für sein Aussterben in den meisten Flussgebieten Ansehen, Auftreten eines Feindes (Krokodile) wohl nicht zu beschuldigen Grund liegt wahrscheinlich darin, dass, wenn ein een eanei) netrocknen dl seine enakeer zu Grunde gehen, nach dem Aufhören der Dürre Ceratodus weit weniger befähigt ist, in ein solches Gebiet wieder einzudringen, als andere Fische, da er weder vom Quellgebiet in Fluthzeiten noch auch vom Mündungsgebiet aus eindringen kann, und seine Eier zu empfindlich sind, um einen Transport durch Wasservögel oder Insecten zu ertragen Die Möglichkeit des Fortlebens von Ceratodus auch südlich vom Mary name bewiesen Einheimischer Name des Ceratodus ist Djelleh, nicht Barramunda ; Fang mit Handnetzen und mit der Grund- und Setzangel. Ceratodus ni en dir Eu was Osteoglossum thut . Das rosenrothe Fleisch des Csarains Ahnele: im Ansschen, aber nicht im seien: dem Laakeilisch und wird wenig geschätzt . e Ceratodus frisst zwar grosse Mengen von Versalbiken, schein: (eesalben Aber ah zu 1 Mardeınen, ss mehr nur die zahlreichen schen den Pflanzentheilen befindlichen Wasserthier- und Insecten- larven, Mollusken und Crustaceen. Er kann mit allen möglichen animalischen Stoffen geangelt werden Ceratodus scheint weder ein ausgesprochenes Tag- noch auch ein Nachtthier zu sein Regungsloses Stillliegen auf dem Grunde an geschützten, schattigen Stellen Ceratodus ist unfähig an Land zu gehen . 6, nen, er. et Ken re Kein Sommerschlaf, keine Coconbildung. Experimente, ihn zum Eingraben zu veranlassen, resultatlos Fähigkeit, in fauligem Wasser zu existiren EEE WANDE 9 1a ©a 6. Nutzen der Lungenathmung in solchen Fällen. Sie findet aber auch in reinem, klarem Wasser statt . Grunzendes Geräusch bei der Respiration; fraglich, ob inspiratorisch oder exspiratorisch . Frequenz der Athmung bei gefangenen Thieren: einmalige Respiration in 30—40 Minuten . Experimente mit gefangenen Thieren. Ungenügender Wasserwechsel gut vertragen, Trockenheit Set Ceratodus steht als Luftathmer auf einer niedrigeren Stufe als Protopterus . Luftathmung bei Ganoiden und bei gewissen Teleostiern. Amphibische Lebensweise Wander Talensker bei reiner Kiemenathmung . Fortpflanzungszeit April bis Ende Nowenlbss, Eemgizt: September and Sehr 5 Gallerthülle der Eier macht, wie bei Amphibien , Befruchtung im Wasser nach Quellen der Hülle ı un- möglich : Es ist bis jetzt nicht Sehnen 2 zu enscheitlen, ai? alahıe Weise die Behruchhime ar Bier ul: . Eier einzeln lose zwischen Pflanzentheile abgelegt, nicht festgeklebt; vermögen nicht zu schwimmen . Legegeschäft scheint mehrere Tage in Anspruch zu nehmen Festigkeit der Gallerthülle nimmt mit dem Aelterwerden der Dribaronsn ab Se Entwickelung innerhalb der Hülle dauert I10—ı2 Tage. Auftreten der vorderen aernien a2 14 Tage, der hinteren Extremitäten etwa 2!/, Monate nach dem Ausschlüpfen Empfindlichkeit der Eier und Larven gegen Schädlichkeiten aller Art. Ernährung der kleinen Fischchen nach Aufbrauchen des Dotters. Verborgene Lebensweise der jungen Fischchen und kleinen Fische; Innos mer 2 iss Lanze selten, unter I Fuss Länge, soviel bekannt, überhaupt nicht gefangen . { 28 Seite 13 13 14 14 14 14 16 16 17 17 17 19 19 19 20 20 2I 2I 2I 22 23 23 23 23 24 24 24 24 25 25 26 26 26 26 26 27 27 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. Richard Semon. Mit Tafel I-VII. idee? 2143 ALU, 211.3 anilosal Urt in BINamER > ; Er Ange - 2 Dr ums In vorliegendem Aufsatze gebe ich eine Darstellung der äusseren Entwickelung des Ceratodes Forsteri. Es erschien mir im Hinblicke auf meine weiteren Untersuchungen durchaus nothwendig, die Hauptzüge der Entwickelung, soweit sie durch äussere Betrachtung und Untersuchung von künstlich aufgehellten Embryonen klargestellt werden kann, zur eigenen Orientirung festzustellen, ehe ich daran ging, die Einzelheiten mit Hülfe der jetzt üblichen feineren Methoden zu studiren. Gewann ich dadurch selbst einen Ausgangspunkt für die spätere analytische und synthetische Arbeit und ausserdem einen allgemeinen Ueberblick über die gesammte Entwickelung, so glaubte ich andererseits, die bisher gewonnenen Resultate den Fachgenossen nicht so lange vorenthalten zu dürfen, bis die gesammten Untersuchungen über alle Details der Entwickelung abgeschlossen vorlagen, was natürlich eine Reihe von Jahren in Anspruch nehmen wird. Ceratodus ist Vertreter einer Wirbel- thierklasse, über deren Entwickelung: bisher überhaupt nichts bekannt geworden ist. Für Viele wird deshalb eine Kenntniss auch bloss der Hauptzüge der Entwickelung von Interesse sein und auch dem Leser der späteren specielleren Untersuchungen wird sie das Studium derselben erleichtern. Eine Anzahl von Schnittserien verschiedener Stadien, die bereits angefertigt worden sind, benutzte ich für die vorliegende Arbeit nur zur Aufklärung äusserlich sichtbarer Organisationsverhältnisse, deren Bedeutung sich auf anderem Wege nicht feststellen liess. Ich habe an Ort und Stelle eine Reihe von Skizzen der lebenden Objecte entworfen, die mir bei der vor- liegenden Arbeit einen guten Anhaltspunkt für das Maass der Durchsichtigkeit der lebenden Thiere gaben. Die meisten Objecte sind auf den vorliegenden Tafeln möglichst lebensgetreu auch in Bezug auf ihre Durchsichtigkeit dargestellt. Diejenigen Figuren, bei denen durch künstliche Aufhellung innere Theile zur Anschauung, äussere zum Verschwinden gebracht worden sind (34%, 36%, 37%, 48x), sind in der Tafelerklärung ausdrücklich als solche gekennzeichnet. Die Figuren wurden mit dem Zeichenprisma bei g-facher (Tafel I) und ı3-facher (Tafel IH—-VIMN) Lupen- vergrösserung gezeichnet. Zum Studium vieler Reliefverhältnisse wurde mit Vortheil seitliche Beleuchtung an- gewendet. Die Figurenbezeichnung der vorliegenden Tafeln, Fig. 148, soll für diese und die folgenden Unter- suchungen gleichzeitig als Bezeichnung der verschiedenen Stadien dienen. Die letzten 3 Figuren der Tafel III stellen also z. B. den Embryo 28 in drei verschiedenen Ansichten (von oben 280, von hinten 28%, von der Seite 28s) dar. Das Material ist vermittelst einer Reihe verschiedener Methoden conservirt. Die Gallerthülle, die besonders während der Furchung so fest anliegt, dass sie sich nicht vom lebenden Objecte ohne Verletzung desselben ent- fernen liess, wurde nach vorhergegangener Härtung theils an Ort und Stelle, theils erst nachträglich hier in Jena abpräparirt. Der Durchmesser der Eier mitsammt ihrer kugelrunden Gallerthülle beträgt durchschnittlich 61/,—7 mm; individuelle Schwankungen in der Grösse sind nicht selten. In Figur ı ist ein Ei in seiner Gallerthülle in 32 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. 32 natürlicher Grösse dargestellt. Sehr bedeutende Grössenschwankungen zeigen auch die eigentlichen, aus ihrer Hülle herauspräparirten Eier. Die beinahe reifen Eier des Ovariums sind, falls sie nicht durch ihre Nachbarn hier und da gedrückt sind, kugelrund (Fig. ı*). Ganz reife, unbefruchtete oder befruchtete, aber ungefurchte Eier sind mir nicht zur Beobachtung gelangt; wahrscheinlich sind auch sie kugelrund. Sobald die Furchung beginnt, von der Zweitheilung bis zum Ende der Gastrulation, hat das Ei Linsenform (vgl. die Seitenansichten [s] von Stadium 2—20). Die flachen Wölbungen der Linse entsprechen dem animalen und dem vegetativen Pole. Der grosse Durch- messer der Linse beträgt durchschnittlich 3 mm, der kleine Durchmesser 2,7 mm. Die Farbe der animalen Hälfte ist eine schwärzlich-graue, die der vegetativen Hälfte heller grau mit einem Stiche ins Grünliche. Die dunklere Färbung der animalen Hälfte wird durch Anhäufung von Pigment in diesem Bezirke hervorgebracht. Es ist nicht ganz richtig, von animaler Hälfte zu reden, denn nur selten erstreckt sich die Pigmentirung bis zum Aequator abwärts, und häufig ist nur ein kleiner Bezirk um den Pol pigmentirt. Diese Vertheilung des Pigments beobachtet man schon am Ovarialei; je weiter die Furchung vorschreitet, um so undeutlicher wird sie und ist bei Beginn der Gastrulation ganz verschwunden. Purchung (Tafel ]. Die Furchung des Ceratoduseies ist eine totale, inäquale und stimmt in allen wesentlichen Punkten mit der Furchung des Amphibieneies überein. Individuelle Variationen bei der Furchung sind häufig, besonders was die Zeit des Durchschneidens der Furchen gegen den vegetativen Pol und was die Richtung der späteren Verticalfurchen anlangt. In allen Fällen treten die Furchen zuerst am animalen Pole auf und schneiden von dort her meist rasch gegen den vege- tativen Pol hin durch. Die erste Furche ist eine verticale. Sie theilt das Ei genau in zwei Hälften und schneidet zuweilen sofort bis zum vegetativen Pole durch (Fig. 24). Zuweilen aber verzögert sich dieses Durchschneiden bis zum Auftreten der zweiten Verticalfurche (Fig. 3u und 4). Die zweite Furche, deren erstes Auftreten wir bei Fig. 30 sehen, ist wieder eine Vertiefung, die genau auf der ersten senkrecht steht und somit das Ei in vier gleich grosse Theilstücke oder Blastomeren zerlegt (4.0); das völlige Durchschneiden dieser Furche bis zum vegetativen Pole verzögert sich meist bis in das nächste Furchungsstadium hinein (5 a). Das nächste (dritte) Furchungsstadium ist durch das Auftreten zweier weiterer Vertical- furchen gekennzeichnet, die je zwei der bisher gebildeten Quadranten halbiren. Es kann vorkommen, dass die eine dieser beiden eigentlich coordinirten Verticalebenen um ein Geringes früher auftritt als die andere (Fig. 50), doch ist das wohl eine Ausnahme. Das Resultat ist die Zerlegung des Eies in acht gleichgrosse Blastomeren (Fig. 6). Die Furchung ist bis hierher als eine annähernd äquale zu bezeichnen. Erst in der vierten Theilungsphase, also nach dem Auftreten von 8 Verticalfurchen, tritt die erste Horizontalfurche auf (Fig. 7). Hier ist also eine leichte zeitliche Verschiebung in dem Auftreten der Furchen gegenüber den meisten übrigen Thieren mit äqualer, adäqualer (Amphioxus), inäqualer (Cyslostomen, Amphibien) Furchung zu constatiren. In der Regel tritt nämlich schon in der dritten Theilungsphase, also nach dem Auf- treten nur zweier auf einander senkrechter Verticalfurchen, die erste Horizontalfurche auf?). I) Bei Acipenser, dessen Eifurchung sich einigermaassen dem meroblastischen Typus nähert, erscheint nach SALENSKY (33) erst nach dem Auftreten von acht verticalen Furchen die erste horizontale Furche, die unregelmässig ist und nahe am Bildungspole liegt. Die Furchung von Lepidosteus nähert sich noch mehr dem meroblastischen Typus. 33 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. 33 Die erste Horizontalfurche des Ceratoduseies, die in der vierten Theilungsphase auftritt, entspricht nun nicht dem Aequator des Eies, sondern tritt etwa 45° über ihm auf. Sie theilt das Ei in 8 Micromeren, die den animalen Pol umlagern, und 8 Macromeren, die die darunter gelegenen Theile des Eies umfassen (Fig. 7). Die Macromeren sind zuweilen am vegetativen Pole noch nicht alle deutlich von einander geschieden, wenn die erste Horizontalfurche auftritt. Die nächsten beiden Theilungsphasen sind durch das Auftreten einer zweiten und einer dritten Horizon- talfurche characterisirt. Durch jede werden weitere 8 Theilstücke von den Macromeren abgetrennt (Fig. 8 und Fig. 9). Das Ei enthält also in der ersten Theilungsphase > Theilstücke »„ „ Zweiten n „ » » dritten ns 8 Br » » vierten 5 16 er » » fünften n 24 E » » sechsten a 32 br Doch treten von der fünften Theilungsphase an sehr häufig Unregelmässigkeiten auf, so dass es gewöhnlich nicht gelingt, die zweite und dritte Horizontalebene deutlich zu verfolgen. Ein sehr deutliches Bild dreier horizontaler Furchen mit zusammen 32 Theilstücken bot das in Figur g dargestellte Ei. Eine kleine Unregel- mässigkeit findet sich aber auch hier, indem genau am vegetativen Pol ein kleiner ungetheilter Bezirk stehen geblieben ist, der als ein dreiunddreissigstes Theilstück imponirt (Fig. 9«). Einen analogen, vorläufig ungetheilt stehen gebliebenen Polbezirk sehen wir übrigens am vegetativen Pol in Figur 7 und sogar am animalen Pol in Figur 60. Nach dem Auftreten der dritten Horizontalfurche wird die weitere Theilung so unregelmässig, dass die Unterscheidung von Theilungsebenen unmöglich ist, Es erfolgt eine fortgesetzte Theilung der Zellen sowohl der animalen wie der vegetativen Hälfte, und so entsteht zunächst eine grosszellige (Fig.’10), dann eine klein- zellige Blastula (Fig. ı1). Bis in diese und die ersten Gastrulationsstadien hinein erhält sich aber der Unter- schied in der Zellengrösse am animalen und am vegetativen Pol. Im Stadium ır ist die Furchung abgeschlossen. Im nächsten Stadium erfolgt die Gastrulaein- stülpung. Es bedarf keines weiteren Beweises, dass eine Furchung, wie die soeben geschilderte und auf Tafel I abgebildete, sich aufs allerengste an die Eifurchung der Amphibien anschliesst. Jeder Embryolog, dem man die Tafel I vorlegen würde, ebenso wie auch noch die beiden folgenden, die die Gastrulation und die Erhebung und den Zusammenschluss der Medullarwülste vorstellen, würde wohl unbedenklich erklären, dass hier die ersten Ent- wickelungsvorgänge eines Amphibiums dargestellt seien. Es handelt sich dabei um eine Uebereinstimmung nicht allein in den Grundzügen, sondern auch um eine ganz auffallende Aehnlichkeit aller Formverhältnisse. Dabei ist zu betonen, dass diese Aehnlichkeit der Form die Dipnoerentwickelung ebenso stark der Amphibien- entwickelung nähert, als sie sie von der Ganoidenentwickelung entfernt, obwohl in ihren Grundzügen alle drei Entwickelungen übereinstimmen. Dass dieses Verhältniss nicht etwa einfach durch den grösseren oder geringeren Dotterreichthum bedingt ist, der sich ziemlich direct in der Grösse der Eier ausdrückt, wird dadurch bewiesen, dass das Ganoidenei seinem Dotterreichthum nach zwischen den Eiern der meisten Amphibien!) und dem Ceratodusei in der Mitte steht. ı) Die stark vergrösserten Eier der viviparen Salamandrinen (Ei von Salamandra mac. durchschnittlich 4,3 mm Durch- messer) können bei diesen Betrachtungen füglich unberücksichtigt bleiben. Ebenso die Eier der Coecilien. Jenaische Denkschriften IV. 5 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. 1. 34 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. 34 So hat das aus seiner Umhüllung: befreite Ei des Triton alpestris einen mittleren Durchmesser von 1,6 mm, das von Bombinator igneus einen solchen von ı,; mm; Rana temporaria nahezu 2 mm; das Ei des Lepidosteus misst nach BALFOUR und PARKER (1) nebst Hüllen etwa 3 mm; das des Acipenser sturio nach KUPFFER (21) mit Hülle 3 mm, ohne Hülle 2,8 mm; das des Acipenser ruthenus nach SALENSKY (34) mit Hülle 2 mm im Durch- messer. Das enthülste Ei des Ceratodus aber hat einen grossen Durchmesser von 3 mm und einen kleinen von 2,7 mm; es ist also noch um ein Geringes grösser als die Eier der Ganoiden, soweit dieselben bekannt geworden sind. Bekanntlich hat HAECKEL (7) zuerst scharf darauf hingewiesen, welchen gewaltigen Einfluss auf den Ab- lauf besonders der Entwickelungsvorgänge die Menge des Nahrungsdotters übt. >»Je auffallender nun diese Unterschiede in den ersten Stadien der Keimesentwickelung sich darstellen, desto wichtiger ist es, den cänogene- tischen Character aller dieser secundären Veränderungen im Auge zu behalten und sich das ursprüngliche Bild der dadurch verdeckten palingenetischen Processe nicht trüben zu lassen.« Ausgehend von diesen Gesichtspunkten, hat später RABL die Verhältnisse des Nahrungsdotters bei den Wirbelthieren näher ins Auge gefasst und die verschiedenen Abweichungen, die bei der Furchung und Gastru- lation der verschiedenen Wirbelthierklassen uns so auffällig entgegentreten, aus dem wiederholten Auftreten und Verschwinden des Nahrungsdotters bei der Entwickelung der verschiedenen Stämme aus einander zu erklären versucht (23; 24, p. 154 fi). Wenn RABL, wie auch schon früher HAECKEL und GEGENBAUR, ausführt, dass die placentalen Säugethiere von Formen mit grossen dotterreichen Eiern stammen, ihre Eier also secundär holo- blastisch sind, so ist dieser Schluss durchaus gerechtfertigt. Denn sowohl die Reptilien wie die Monotremen haben dotterreiche, meroblastische Eier, und an den nahen Beziehungen der Vorfahren der Placentalier zu diesen beiden Gruppen ist nicht zu zweifeln. Die Marsupialier haben Eier, die zwischen holoblastischen und mero- blastischen die Mitte halten. Die eigenthümlichen, offenbar caenogenetischen Modificationen der ersten Ent- wickelung des Säugethierkeimes, erklären sich ungezwungen durch die Annahme, dass hier durch Auftreten und Wiederverschwinden des Nahrungsdotters in der phylogenetischen Entwickelung starke Einflüsse auf die Keim- entwickelung gewirkt haben, die ihren einfachen, so zu sagen normalen Gang bedeutend abgeändert haben. Ist nun gegen diese Ausführungen nichts einzuwenden und sind dieselben vielmehr durchaus begründet und für unser Verständniss äusserst fruchtbringend, so ist eine ähnliche Argumentation RABL’s, soweit sie die Eier der Amphibien betrifft, weit anfechtbarer und meiner Ansicht nach nicht richtig. RABL geht von Amphioxus aus, dessen sehr dotterarme Eier eine nahezu äquale Furchung durchmachen. Bei Petromyzon hat die Menge des Nahrungsdotters zugenommen, »doch noch nicht so bedeutend, dass dadurch die Furchung zu einer partiellen würde. Auf dem ferneren Wege von den Cyclostomen zu den Selachiern steigt die Menge des Nahrungsdotters noch mehr an, so dass die Furchung nunmehr zu einer partiellen wird. Von den Selachiern zu den Ganoiden schrumpft wieder die Menge der Nahrungsdotter zusammen, und die Furchung wird wieder zu einer totalen, freilich mit sehr ungleich grossen Furchungskugeln. Nun trennen sich aber die ferneren Wege der Wirbelthiere, indem sich von den Ganoiden nach der einen Seite die Knochenfische, nach der anderen die Dipnoer und weiters die Amphibien abzweigen. In der Richtung zu den Knochenfischen nimmt nun abermals die Menge des Nahrungsdotters zu, und die Furchung wird wieder zu einer partiellen; nach der anderen Seite dagegen, in der Richtung gegen die Amphibien, schrumpft der Nahrungsdotter, der schon von den Selachiern zu den Ganoiden kleiner geworden war, noch weiter zusammen, und die Differenz in der Grösse der Furchungskugeln wird, wenn sie auch immer noch erheblich genug ist, noch geringer. So finden wir also bei den Amphibien Eier mit relativ kleinem Nahrungsdotter und totaler, aber inäqualer Furchung.« Gegen diese Ausführungen RAgr’s lässt sich nun zunächst Folgendes einwenden. Gesetzt, RABL hat Recht, und auf dem Wege von den Cyclostomen über die Selachier zu den Amphibien hat in der That eine 35 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. 35 sehr bedeutende Zunahme des Nahrungsdotters stattgefunden, so dass die Furchung zu einer partiellen, die Ga- strula zu einer »Discogastrula« wurde, dann aber wiederum eine Abnahme des Dotters, so dass die Furchung wieder secundär zum Typus der totalen Furchung zurückkehrte. Dann erscheint es höchst wunderbar, dass diese gewaltigen Veränderungen spurlos vorübergegangen sind, ohne den Entwickelungsmodus des »secundär« holoblastischen Amphibieneies in irgend einem wesentlichen Punkte zu beeinflussen. Die Vorgänge am Amphibienei entsprechen in allen wesentlichen Punkten denen am Ei von Petromyzon, und kein Mensch würde bei blosser Vergleichung der beiden Entwickelungsreihen auf den Gedanken kommen, dass beide Vorgänge durchaus nicht etwa direct auf einander zu beziehen sind, sondern die Entwickelung erst nach einem sehr langen und complieirten Umwege wieder auf denselben Fleck zurückgekehrt ist. Ganz etwas anderes ist es bei den Eiern der placentalen Säuger, deren Entwickelung man die Spuren bedeutender und tiefgreifender Schwankungen in der phylogenetischen Reihe sehr wohl ansieht. Auch haben meine obigen Angaben über die Grösse der verschiedenen Eier gezeigt, dass die Menge des Nahrungsdotters in der Reihe Ganoiden — Dipnoer — Amphibien keineswegs allmählig abnimmt, vielmehr die von RABL in die Mitte der Reihe gestellten Dipnoer die grössten, dotterreichsten Eier besitzen. Hier kommen wir an den Kernpunkt der Frage: Ist man denn genöthigt oder auch nur berechtigt, die Dipnoer in einigermaassen directe Beziehungen zu den Ganoiden zu setzen, oder sie gar unmittelbar von ihnen abzuleiten ? Betrachtungen über die Verwandtschaftsverhältnisse der Dipnoer zu den übrigen Classen der Ichthy- opsiden gehören nicht an diese Stelle, sondern an das Ende der Untersuchungen, von denen die hier vorliegende die erste ist; sie sollen sich als Frucht und Resultat derselben ergeben. Doch darf wohl schon hier betont werden, dass bereits aus der berühmten Abhandlung HUXLEY’s »On Ceratodus Forsteri« die Unmöglichkeit, die Dipnoer in einigermaassen directer Linie von den Ganoiden abzuleiten, Klar hervorgeht (18, p. 57). Dort wurde auch schon auf gewisse deutliche Beziehungen der Dipnoer zu niederen Haien (Notidaniden) und den Chimaeroiden hingewiesen und diese Beziehungen in einem übersichtlichen Schema zum Ausdruck gebracht Neuere Untersuchungen über das Centralnervensystem der Dipnoer haben zu ganz ähnlichen Ergebnissen ge- führt; dasselbe gilt für Untersuchungen über das Axenskelet. So viel darf man auf Grund unserer jetzigen Kenntnisse jedenfalls behaupten, dass eine phylogenetische Reihe: Selachier — Ganoiden — Dipnoer nicht existirt hat. Es ist also auch kein Grund, die Vorgänge bei der ontogenetischen Entwickelung innerhalb der drei Gruppen unter diesem Gesichtswinkel zu vergleichen, um so weniger als wir dadurch veranlasst werden, eine an sich unwahrscheinliche Complication anzunehmen, die uns veranlassen müsste, das, was sich ungezwungen aus dem Vergleich mit Amphioxus und den Cyclostomen erklären lässt, nicht als wirklich einfach, sondern auf einem Um- wege vereinfacht anzusehen. Auch ist daran zu erinnern, dass die Entwickelung der niedersten Haie (Notida- niden) und der Chimaeroiden, auf die es in erster Linie ankommen würde, noch gänzlich unbekannt ist. Gastrulation (Tafel I). Nach Ablauf der Furchung stellt sich der Keim als eine linsenförmige Blastula dar; die obere Wölbung der Linse (110) besteht aus erheblich kleineren Zellen als die untere (11z). Nunmehr beginnt die Gastrulation, und zwar zeigt sich der Gastrulamund als ein kleiner, nahezu geradliniger Querspalt an der Unterfläche der Linse (12). Der Spalt tritt aber nicht genau in der Mitte der Unterfläche auf, sondern gewöhnlich in einem mittleren Bezirk zwischen Centrum und Aequator (vgl. um bei 128, 138, 148, 158). 5* 36 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. 36 Aus dem queren Spalt wird durch Ueberwachsung der vegetativen durch die animalen Zellen bald ein Halbkreis, zuweilen auch eine mehr hufeisenförmige Bildung, deren Concavität nach unten, also gegen den vege- tativen Pol, deren Convexität nach oben, also gegen den Aequator beziehentlich den animalen Pol gerichtet ist (13 und 14). Indem die Schenkel des Halbkreises oder Hufeisens nach abwärts wachsen und sich vereinigen, kommt ein geschlossener, zuweilen kreisförmiger, meist aber unregelmässig elliptischer, weiter Urmund oder Blastoporus zu Stande, der in seinem Umkreis einen Complex von Zellen umfasst. Es ist der Dotterpfropf, dessen Zellen sich vor allen benachbarten Zellen durch bedeutende Grösse auszeichnen, auch vor denen, die den Ur- mund nach unten zu begrenzen (d bei 134, 144, 154). Am Urmunde selbst können wir jetzt eine dorsale (umd]) und eine ventrale (wmvl) Lippe unterscheiden (Fig. 15 2). Bald verengert sich aber der weite elliptische Urmund zu einem kleinen Längsspalt, welcher die Zellen des Dotterpfropfes nicht mehr äusserlich hervortreten lässt (16). Die Zellen der ganzen Gastrulaoberfläche haben sich von Stadium ı2 bis Stadium ı6 durch fortgesetzte Theilung stark verkleinert; sie sind in den nun folgenden Stadien nicht mehr mit dargestellt. In Stadium ı6 hatte sich der Urmund zu einem kleinen Längsspalt verengert, der auf der ventralen Hälfte der Gastrula ein wenig unter dem Aequator liegt (15s). Jener Längsspalt bleibt aber nicht stationär, sondern er zeigt in den folgenden Stadien ein eigenthümliches Längenwachsthum gegen die Dorsalseite hin. In ı7 h ist er schon länger geworden, hat aber den Aequator noch nicht überschritten (170). In Stadium ı8 hat er den Aequator'um etwas überschritten und reicht auf die dorsale Fläche der Gastrula ein kleines Stück herüber. Dieser vorderste Abschnitt ist indessen kein offener Spalt mehr, die Wände des Spaltes haben sich viel- mehr zu einer linearen Naht, der Urmundnaht (umn Fig. ı8), vereinigt. Im nächsten Stadium ist der zur Naht geschlossene Urmundspalt über die ganze Dorsalfläche der Gastrula herübergewachsen (19%, 190). Auf diesem Stadium beginnen sich die Medullarwülste zu erheben; man sieht, dass die Urmundnaht genau bis zum queren Verbindungswulst der beiden Medullarwülste (queren Gehirnwulst) reicht (Fig. 190, 200). Die Nahtlinie durchläuft nun die von ihr durchmessene Oberfläche nicht genau im Niveau, sondern sie liegt im Grunde einer flachen Rinne, die der von ©. HERTWIG und Anderen bei Amphibien beschriebenen »Rücken- rinne« entspricht. Dass die Naht durch Verwachsen der Ränder des Urmundes gebildet wird, geht unmittelbar aus der Vergleichung der Stadien ı7 Ah, ı8h, ı9%h hervor. Besonders characteristisch ist Stadium ıgh. Dabei handelt es sich um eine ganz typische, gezackte Nahtlinie, die stark an die Nähte des Schädels erinnert und durch nichts anderes entstanden sein kann als durch das Zusammenlegen zweier Spaltränder mit vorspringenden, ineinander greifenden Ecken (vgl. besonders Stadium 19 und 20). Es ist klar, dass die Urmundränder nicht allein im vorderen Urmundbezirk verwachsen sind, sondern dass die Längenausdehnung des gesammten Urmundes, das heisst des offenen Theils, plus dem durch die Naht verschlossenen ausserordentlich an Länge zugenommen hat. Um sich davon eine deutliche Vorstellung zu machen, vergleiche man Stadium ı6 mit Stadium ı9, 20 und 2ı. Im ersteren nimmt der Urmund eine kleine Strecke auf der Ventralseite etwas unterhalb des Aequators ein. In den älteren Stadien ist er etwas höher hinauf gerückt und seine offene Strecke liegt etwa im Aequator (205); von dieser aus erstreckt sich aber ein nahtförmig ge- schlossener Abschnitt über die ganze Dorsalseite der Larve hinüber bis zum queren Verbindungswulst der Me- dullarwülste. Die Naht sahen wir entstanden durch Aneinanderlegen der Ränder einer Spalte. Eine offene Spalte findet sich aber fortdauernd während aller Stadien (16—21) unter oder auf dem Aequator. Wie kann diese Spalte eine Naht liefern, die schliesslich die ganze Dorsalseite durchquert? Offenbar dadurch, dass immer, wenn sich vordere Abschnitte der Spalte schlossen und dorsalwärts verschoben wurden, von hinten her ein Nachschub 37 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. 37 stattfand, der neue Theile an die Stelle der alten Spaltränder setzte. Dabei bleibt aber an dieser Stelle fort- dauernd die Configuration eines offenen Spalts erhalten. Das Resultat der Entwickelungsvorgänge von Stadium 16 bis Stadium ıg und 20 ist die Erscheinung eines Urmundes, der, vom Aequator ausgehend, fast die ganze Dorsalfläche des Keimes durchsetzt (190, 200). Dieser Urmund ist nur noch in seinen untersten, im Aequator gelegenen Theilen offen. Dorsalwärts ist er zu einer Naht verlöthet und zwar so, dass die vordersten Theile, die bis dahin reichen, wo sich nunmehr die quere Verbindung der Medullarwülste (querer Gehirnwulst) zu erheben beginnt, zuerst entstanden sind und zuerst verlöthet wurden. Die dahinter liegenden Theile entstanden successive später und wurden auch später verlöthet. Man kann also von einem von vorn nach hinten fortschreitenden Verschluss des Urmundes reden. Schon seit längerer Zeit wird von Hıs (12—15) die Auffassung vertreten, dass der Körper der Wirbel- thiere sich durch Längsverwachsung zweier seitlicher Hälften bilde. Diese »Concrescenztheorie« von Hıs fand zunächst fast allseitigen Widerspruch und wurde lange Zeit hindurch ausser von ihrem Urheber nur noch von RAUBER verfochten. Eine ausserordentliche Unterstützung fanden später aber die Hıs-RAUBER’schen Anschauungen durch die bedeutungsvollen experimentellen Arbeiten von ROUX (31, 32). Derselbe kam auf Grund seiner Beobachtungen und Experimente zu dem Resultat, dass »das Material zur Bildung der Medullarplatte jederseits durch seitliches Herabwachsen vom Aequatorrande aus auf die Unter- seite des Eies geschoben wird, und dass diese von beiden Seiten her einander entgegenwachsenden Platten unten in der Medianebene mit einander verschmelzen. Diese Verschmelzung findet successive und zwar in cephalo-caudaler Richtung statt. Auf diese Weise erklärt sich zugleich die in der gleichen Richtung erfolgende Wanderung des Urmundes um etwa ı70° über die Unterfläche des Eies. Die Gastrulation des Froscheies voll- zieht sich also wesentlich durch Ueberwachsung der weissen unteren Hälfte des Eies von den beiden Seiten- hälften des Aequators aus, also durch bilaterale Epibolie.« Eine Reihe von Einwürfen, der die Hıs’sche Concrescenzlehre begegnete, ergab sich zum Theil aus dem Umstande, dass Hıs von der Ausdehnung und dem Schluss des Urmundes keine richtige Vorstellung hatte und, indem er ausdrücklich die Concrescenztheorie von der Urmundfrage ablöste, die Längsverwachsung der Axialgebilde von einer »embryobildenden Falte«, nicht aber von den sich schliessenden Urmundrändern aus- gehen liess. Diesen Fehler vermied RAUBER (25—29), der den ganzen Process richtig als Urmundschluss deutete, An ihn schloss sich später CH. SEDGWICK MINOT (22) an. In seinen Untersuchungen über Amphioxus kam HATSCHER (8) zu dem Ergebniss, dass bei diesem nieder- sten Wirbelthiere die Verwachsung des Urmundes in einer Linie erfolge, welche den grösseren Theil der späteren Rückenlinie bildet, und dass der Urmund ganz der späteren Rückenseite angehört. Auf Grund dieser Befunde vertrat FÜRBRINGER (6, II. Theil, p. 103) die Anschauung, dass die Rückenseite des Embryos eine vom vorderen Rande des Urmundes ausgehende und unter Theilnahme der seitlichen Ränder sich nach hinten ausdehnende neugebildete Strecke darstelle. Ausgehend von seinen eigenen höchst lehrreichen Beobachtungen von Missbildungen bei Amphibien, hat dann ©. HERTWIG (10, p. 424) noch einmal die ganze Frage kritisch durchgearbeitet und ist zu Resultaten gekommen, die er in der vierten Auflage seines Lehrbuches (11, p. 139) in folgende Sätze zusammenfasst und damit der »Urmundtheorie« einen klaren und scharfen Ausdruck verleiht: »Was man daher auf den einzelnen Stadien als Urmund bezeichnet, ist nicht ein und dasselbe unver- ändert gebliebene Organ, es sind nur verschiedene Strecken eines sich durch Wachsthum am hinteren Ende in 38 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. 38 demselben Maasse ergänzenden und erneuernden Organes, als es nach vorn durch Verwachsung und Organ- differenzirung aufgebraucht wird. Die einzelnen Entwickelungsstadien zeigen uns immer nur einen kleinen, dem jeweiligen Stadium ent- sprechenden Abschnitt des Urmundes geöffnet. Wollen wir uns eine Vorstellung von seiner Gesammtausdehnung verschaffen, so müssen wir uns’ alle Stellen, wo vom Beginn der ersten Einstülpung an eine Verschmelzung der Urmundränder stattgefunden hat, geöffnet denken. Ist dies geschehen, dann dehnt sich der Urmund vom vor- deren Ende der Anlage bis zum After, also durch die ganze spätere Rückengegend des Embryo, in ganzer Länge aus.« Kehren wir nun zu den uns beschäftigenden Stadien der Ceratodusentwickelung zurück, so sehen wir in der That einen theils offenen, theils zu einer Naht verlötheten Urmund, der sich vom queren Gehirnwulst bis zum After, also durch die ganze Rückengegend des Embryo ausdehnt (Stadium ı9—2ı). Wir sehen diesen Urmund hier leibhaftig und brauchen uns das Bild nicht im Geiste zu construiren, indem wir die bei der Urmund- bildung in den verschiedenen Stadien durchlaufenen Wachsthumsprocesse auf einander projieiren. Eine Urdarmnaht, wie die oben bei Ceratodus geschilderte !), habe ich in der Litteratur nicht beschrieben gefunden. Zwar die Rinne, in deren Grunde die Naht liegt, ist häufig abgebildet und beschrieben worden, und O. HERTWIG, der jener Rinne zuerst eine ganz andere Deutung gab, kommt neuerdings (10, p. 429) auf Grund theoretischer Erwägungen zu dem Ergebniss: »In der Rückenrinne erblicke ich jetzt die Nahtlinie, in welcher bald nach dem Beginne der Gastrulation die Urmundränder sich in einer von vorn nach hinten langsam fort- schreitenden Richtung in der Medianebene zusammengelegt haben und verschmolzen sind.« Bei seinen früheren Untersuchungen (g, p. ı2) hatte HERTWIG den Zusammenhang der Rückenrinne mit dem Urmunde geleugnet und beide Bildungen in ihrer Genese für vollkommen unabhängig von einander erklärt. Die Rinne soll nach HERTwIe’s damaligen Angaben stets durch einen queren Wulst vom Urmunde getrennt sein. Diese Beobachtung trifft für manche Fälle auch bei Ceratodus zu; die Urdarmnaht läuft eben zuweilen bei ihrem Austritt aus dem offenen Urmund eine Strecke genau im Niveau der Oberfläche und liegt oft (nicht immer) erst weiter dorsal- wärts im Grunde einer flachen Rinne, HERTWIG’S Rückenrinne. Die characteristische eigentliche Naht finde ich aber auch in HERTWIG’S neuesten Untersuchungen nicht beschrieben. Uebrigens gab VAN BAMBERE (2) schon im Jahre 1880 jener Rückenrinne (sillon median ou dorsal) eine ähnliche Deutung wie die, zu der HERTWIG neuerdings gelangt ist, und hat der belgische Forscher schliesslich gegen den von verschiedenen Seiten erhobenen Widerspruch Recht behalten. Aus seiner damaligen Beschrei- bung und aus den Worten eines neueren Aufsatzes (3) geht hervor, dass mit seinem »sillon median« die Furche gemeint ist, in deren Grunde bei Ceratodus die Nahtlinie liegt, nicht aber die äussere Nahtlinie selbst. Er sagt nämlich: »le sillou se presente sous forme de V, dont le sommet plus ou moins arrondi correspond au fond de la depression.< »Le sillon median ou raphe gastrulaire se confond, par consequent, en arriere avec la partie encore persistante du prostoma lineaire (sillon primitif).« Dass nun aber auch die thatsächlichen Verhältnisse bei den Amphibien genau ebenso liegen, wie bei Ceratodus, und auch bei ihnen eine wirkliche Nahtlinie äusserlich sichtbar ist, wird durch die vortrefflichen Zeich- nungen einer Arbeit v. ERLANGER’S bewiesen (4, Tafel XV, Fig. 4-7). ERLANGER spricht zwar immer von einem Primitivstreif, den er aus der dorsalen Rinne des fast ganz verschlossenen Urmundes »hervorwachsen« lässt, und sagt: »Der hinterste?) Theil des Primitivstreifs wird wohl im Bereich des dorsal verwachsenen I) Ich brauche wohl nicht besonders darauf aufmerksam zu machen, dass meine Beobachtungen bei Ceratodus für die Richtigkeit der Roux’schen Anschauung von der Verschiebung des (offenen) Urmundes um 170° gegen die Hauptmasse des Eies sprechen. 2) Im Original nicht gesperrt gedruckt. 39 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. 39 Theiles des Urmundes liegen, jedoch lässt sich das nicht genau angeben, da die dorsale Rinne, welche aus der Verwachsung des Urmundes entstand, sich allmählich abflachend unmerklich in den Primitivstreif übergeht.« Aus seinen Zeichnungen geht aber deutlich hervor, dass er die eigentliche Naht gesehen hat, während er die wohl sicherlich auch vorhandene Furche nicht mit darstellt. Sehr mit Unrecht also kritisiren ROBINSON und ASSHETON (30, p. 459) gerade diesen Theil von ERLANGER’S Beobachtungen. Aus den ERLANGER’schen Zeichnungen der Eioberflächen, zusammengehalten mit durch Schnitte gewonnenen Feststellungen VAn Bam- 'BEKE'S, wird zur Evidenz bewiesen, dass auch bei Amphibien ein vom After bis zum queren Gehirnwulst rei- chender, nahtförmig verschlossener Urmund vorhanden ist, und auch, wie man aus dem Vergleich der ER- LANGER’schen Figuren 4—6 ersehen kann, dass die Ausdehnung des Urmundes im Laufe der Entwickelung allmählig in derselben Weise zunimmt, wie wir sie oben bei Ceratodus kennen gelernt haben und wie sie den Anforderungen der »Urmundtheorie« entspricht. Allerdings zeichnet ERLANGER keine gezackte Nahtlinie, wie ich sie bei Ceratodus beobachtet habe. Ich möchte aber fast annehmen, dass eine nochmalige Untersuchung eine ähnliche Structur der Urmundnaht auch bei Amphibien ergeben wird. Beiläufig sei bemerkt, dass die Bildung nicht leicht wahrnehmbar ist und auch von mir anfangs übersehen wurde. Seitliche Beleuchtung mittelst einer Sammellinse lässt sie deutlicher hervortreten. Im Stadium ı9 beginnen sich die Medullarwülste zu erheben und bald umgreifen sie in der auch für Amphibien characteristischen Biscuitform den verlötheten wie den offenen Urmund. Am deutlichsten ist anfangs die Erhebung an den vorderen seitlichen Theilen, während die Erhebung der vorderen queren Verbindung der- selben (queren Gehirnwulst) unbedeutend später erfolgt. Bald schreitet die Erhebung dann nach hinten hin fort (Stadium 2o, 21); am spätesten wird der offene Abschnitt des Urmundes umwallt (Tafel III, 23 h). Erhebung des Embryo über den Dotter (Tafel IM). Tafel III stellt die Erhebung des Embryo über den Dotter dar. In dieser Periode vollzieht sich das Zu- sammenwachsen der Medullarwülste zum Medullarrohr, die Bildung der drei primären Hirnblasen und der Augen- ausstülpung und gleichzeitig das Auftreten der Segmentirung. Diese Vorgänge verlaufen für die äussere Be- trachtung in einer so sehr mit den Amphibien übereinstimmenden Weise, dass wir uns über dieselben kurz fassen können. Die in Stadium 22 und 23 noch weit von einander entfernten Medullarwülste rücken rasch gegen die Mitte zusammen und haben sich in Stadium 24 schon fast bis zur Berührung an einander gelegt. Nur im hin- tersten Abschnitt im Bereich des offenen Urmundes kommt es niemals zu einer nahen Aneinanderlagerung (24. h), vielmehr bleiben dort die beiden Wülste dauernd von einander getrennt (25h, 26h, 27 h) und fliessen erst hinter dem Urmund zusammen (25 k— 27h). In der Tiefe des rautenförmigen Schlitzes, den sie zwischen sich offen lassen, können wir auf allen Stadien eine Oeffnung erblicken, die augenscheinlieh der Urmundöffnung entspricht. Bei blosser Betrachtung der Oberflächenverhältnisse hat es den Anschein, als ob aus dieser Urmund- öffnung direct der After hervorginge (a in 28u). Es ist aber sehr möglich, dass der Vorgang ein etwas com- plicirterer ist, und verschiebe ich die gründliche Erledigung der Frage nach der Bildung des Afters, des Canalis neurentericus und der Schwanzknospe auf die nächste Abhandlung, die unter Zuhilfenahme der Schnittmethode dem genaueren Studium der ersten Entwickelungsstadien gewidmet sein soll. Eine bemerkenswerthe Thatsache ist beim Schluss des Medullarrohrs noch zu erwähnen. Solange die sich zusammenlegenden Medullarwülste noch einen Einblick in das Innere des sich bildenden Rohres gestatten, 40 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. 40 sieht man am Boden desselben die Urmundnaht bestehen bleiben (besonders deutlich bei 22 0 und 23 0), und selbst bei schon geschlossenem Rohre kann man zuweilen in dem am Hinterende offenbleibenden Schlitz die vom offenen Urmunde aus nach vorn ziehende Naht erkennen (27h). Die Urmundnaht durchläuft also den ganzen Boden des Medullarrohrs der Länge nach, und das Medullarrohr besitzt zwei wirkliche Längsnähte: eine ventrale, näm- lich die Urmundnaht, und eine dorsale, welche durch das Zusammenlegen und Verwachsen der Medullarwülste entsteht. Die Verlöthung der aneinander gelegten Medullarwülste in der Mittellinie (dorsale Längsnaht) erfolgt rasch von vorn nach hinten (24—27); dabei sind die vorderen Abschnitte den hinteren meist nur unbedeutend in der Entwickelung voraus. Noch während dieser Process sich vollzieht, beginnen sich die vorderen Abschnitte der Medullarrohrwandung blasenartig aufzublähen (260, 27 0), und bald kann man die drei primären Hirnblasen sowie die paarigen Augenblasen deutlich unterscheiden (vh, mh, hh und oc bei Stadium 28 o). Auch die Segmentirung des Embryo ist mittlerweile deutlich geworden. Das früheste Stadium, auf wel- chem ich eine solche wahrnehmen kann, ist Stadium 24. Dasselbe besitzt aber schon eine grössere Zahl von Segmenten. Ueber die Segmentirung der jüngeren Stadien haben Schnitte Auskunft zu geben, da das Object für eine Entscheidung dieser Frage durch Oberflächenbetrachtung nicht günstig ist. Auf Stadium 28 hat der Embryo sich schon sehr deutlich vom Dotter abgehoben; er besitzt eine grössere Anzahl (über 22) Segmente; am Kopfe treten die Augenblasen deutlich hervor. Ausbildung des Embryo (Tafel IV und V). Die jetzt zu schildernde Entwickelungsperiode umfasst die Stadien, auf welchen sich das Vorderende des Embryo vom Dotter abzuheben beginnt (29, 30), bis zur vollen Ausbildung des Embryo (40). Auf letzterem Stadium liegt der Embryo meist noch in der Eihülle und zwar in gekrümmter Körperhaltung und führt ab und zu spontane Bewegungen aus; auch reagirt er prompt auf äussere Reize. Um diese Zeit ist die Hülle gelockert, und man kann den Embryo dann aus derselben befreien, ohne ihn in seiner Weiterentwickelung zu schädigen. Im Anfange dieser Entwickelungsperiode sind die Embryonen ebenso wie die Eier und alle bisher ge- schilderten Stadien im lebenden wie im abgetödteten Zustande völlig undurchsichtig; künstliche Aufhellung ge- lingt in diesen Stadien nicht. Dagegen kann man die Embryonen 34 —-37 künstlich aufhellen; die Figuren, die nach künstlich aufgehellten Objecten dargestellt sind, findet man durch Zusatz des Buchstaben x zur Nummer des Stadiums gekennzeichnet. Von Stadium 38 an werden die Embryonen durchscheinend, wenn man sie in lebendem Zustande bei durchfallendem Lichte betrachtet. Beim Absterben werden die Thiere wieder undurch- sichtig. Diese Durchsichtigkeit erhält sich bis zum Stadium 43; dann verschwindet sie in Folge der starken Pigmentirung der Haut. Von Stadium 29 bis Stadium 4o macht der Embryo bedeutende Gestaltveränderungen durch, die in her- vorragendem Maasse auf seine fortschreitende Abhebung vom Dotter begründet sind. Als das Characteristische dieser Gestaltveränderung ist der Umstand zu bezeichnen, dass sich hauptsächlich das vordere Drittel vom Dotter abhebt, während die hinteren zwei Drittel auf dem Dotter liegen bleiben und die nahezu kugelige Masse reifen- föormig umfassen (Stadium 30—34). In den jüngeren Stadien 30—32 folgt die Embryonalaxe dabei nicht genau dem Meridian der Dotterkugel, sondern zeigt eine leichte Abweichung nach rechts; die Axe liest dann nicht in einer Ebene, sondern zeigt die Andeutung einer spiraligen Drehung (Stadium 32). In etwas älteren Stadien aber ist diese Drehung verschwunden, und die Embryonalaxe liegt genau über einem Meridian der Dotterkugel Al Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. 41 (34). In älteren Stadien (36 und 37) ist die Dottermasse nicht mehr ganz oder nahezu kugelig, sondern mehr ellipsoidisch; der Embryo zeigt auch dann noch eine deutliche Krümmung seiner Axe gegen die Dottermasse zu. In den Stadien 38 bis 40 vollzieht sich die Streckung der Embryonalaxe, und der Dotter springt dann wanstförmig an der Ventralseite des gerade gerichteten Embryo hervor (40). Während aller dieser Umgestal- tungen hat sich aber das Hinterende nur sehr unbedeutend vom Dotter abgehoben, wie man aus Fig. 391, 40s ersehen kann. Ein ähnliches Verhalten des Embryo zum Dotter, wie das eben geschilderte, finden wir unter den Wirbel- thieren noch bei Petromyzonten und Amphibien. Auch bei ihnen hebt sich wesentlich nur das Vorderende des Embryo vom Dotter ab, das Hinterende bleibt auf ihm liegen. Bei Petromyzon (36 und 2ı) ist dabei in späteren Stadien der Schwerpunkt der Dottermasse noch weiter nach hinten gerückt als bei Ceratodus, und der Dotter bleibt bis zu seiner Resorption im hintersten Körperabschnitt liegen, so dass ein Abheben des Hinterendes über- haupt unterbleibt, was wohl mit auf die sehr unbedeutende Schwanzentwickelung von Petromyzon zurückzuführen ist. Bei Amphibien, besonders bei Urodelen (Triton, Siredon), liegen die Verhältnisse in allen wesentlichen Punkten ähnlich wie bei Ceratodus (vgl. besonders VAN BAMBERE No. >, Pl. XI und XII). Selbst bei dem stark vergrösserten, sehr dotterreichen Ei von Salamandra erfolgt die Abhebung der vorderen Körperhälfte vom Dotter viel früher als die der hinteren; schliesslich hebt sich allerdings auch die letztere ab, und der Dotter bildet einen sackartigen Anhang der Körpermitte. Ziehen wir nun aber die Ganoiden zum Vergleich herbei, welche ebenfalls dotterarme Eier mit nahezu totaler Furchung besitzen, so finden wir hier wesentlich andere Verhältnisse des Embryo zum Dotter. Bei Lepi- dosteus (1), sowohl wie bei Acipenser (33) hebt sich das Vorderende nur in seinen vordersten Abschnitten, da- gegen die ganze hintere Hälfte des Embryo vom Dotter ab. Letzterer bildet in älteren Stadien einen sackartigen Anhang der vorderen Körperregion. Hierdurch erhält der Ganoidenembryo und die Ganoidenlarve eine Gestalt, die der des auf gleicher Entwickelungsstufe stehenden Ceratodusembryo in hohem Grade unähnlich ist. Schon im Beginn der uns beschäftigenden Entwickelungsperiode bemerkt man das Auftreten von seichten, wenig deutlichen Furchen und Wülsten; es ist die erste Andeutung der Visceralspalten und Visceral- bögen (30—34 vser. r. In den Stadien 30—32 sehe ich zwei derartige Furchen; in späteren Stadien steigt die Zahl auf drei, vier, fünf und mehr. Dann (3640) treten Wülste wie Furchen deutlicher hervor, besonders in den vorderen Abschnitten; nach hinten zu werden diese Bildungen aber so undeutlich, dass es fast auf keinem der Stadien bis einschliesslich Stadium 4o möglich ist, eine ganz bestimmte Angabe über die jedesmal letzten zu machen und ihre Zahl genau zu bestimmen. Selbst auf Stadium 4o ist noch keine Spalte wirklich durchgebrochen; der Durchbruch der schon angelegten und die Anlage der hintersten Furchen erfolgt vielmehr erst, nachdem die Region vom Kiemendeckel überwachsen ist. Letzterer zeigt sich zuerst auf Stadium 40 als eine nach hinten wachsende Falte (oprc). Der Bogen, der dieser Falte zur Basis dient, ist der Hyoidbogen. Vor der Opercularerhebung erblicken wir die Andeutung zweier weiterer Bögen; hinter ihr treten die drei nächsten Bögen deutlich hervor; die noch weiter hinten gelegenen sind erst in Ausbildung begriffen. Es wird natürlich Sache der Untersuchung mittelst der Schnittmethode sein, ganz genaue Angaben über die Anlage der Visceralbogen und -spalten auf den uns hier beschäftigenden Stadien zu machen. Durch blosse Oberflächenuntersuchung ist dies nicht möglich. Die erste äussere Andeutung der Vorniere tritt uns auf Stadium 30 in Gestalt eines kleinen Höckers (rn) entgegen. Dieser Höcker entspricht seiner Längenausdehnung nach etwa drei Körpersegmenten. In etwas späteren Stadien, die künstlich aufgehellt sind (35x, 36%®, 37%), sowie in den noch späteren, die in lebendem Jenaische Denkschriften IV. 6 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 42 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. 42 Zustande bei durchfallendem Lichte durchscheinend sind, kann man die Kanäle der Vorniere erkennen; in den jüngeren Stadien tritt dabei eine gewisse Segmentation zu Tage. Es scheinen drei Vornierensegmente zur wirk- lichen Entfaltung zu kommen (37 x); in jüngeren Stadien erblickt man aber Spuren eines vierten vordersten Seg- ments, das wohl bald in der Entwickelung zurückbleibt. In älteren Stadien ist äusserlich von einer Seg- mentation nichts mehr wahrzunehmen; die ganze Vorniere bildet einen Knäuel von Kanälchen (38—%0). Die optischen Verhältnisse gestatten es nicht, den Vornierengang weiter nach hinten zu verfolgen. Das Herz bemerkt man beim lebenden Thiere zuerst auf Stadium 38 als einen langgestreckten Schlauch, der schon Andeutungen einer Scheidung in Kammer und Vorkammer erkennen lässt. Das Säckchen ist durch röthliche Farbe ausgezeichnet, die durch den rothen Blutinhalt bedingt ist, und führt lebhafte rythmische Con- tractionen aus. Bei künstlich anfgehellten Embryonen ist das Herz schon auf früheren Stadien sichtbar (34 —37 cor,. Auf Stadium 4o hat sich die Scheidung in Kammer und Vorkammer fertig vollzogen, und deutlich tritt jetzt hier auch der Anfang der primitiven Aorta (ao) (Truncus arteriosus) hervor. Bedeutende Veränderungen macht das Nervensystem in der uns beschäftigenden Entwickelungs- periode durch. Auf Stadium 28 liessen sich’ die drei primären Hirnblasen unterscheiden. Auf Stadium 34 hat sich die Sonderung des primären Vorderhirns in Grosshirn (g%) und Zwischenhirn (zh) vollzogen. Von der gegen das Mittelhirn zu abfallenden, also später hinteren Wand des Zwischenhirns sieht man in der Medianebene einen Strang zur Körperoberfläche ziehen: es ist die Epiphyse (eß). Die genauere Feststellung der Beziehungen dieses Gebildes zur Körperdecke sei der späteren specielleren Untersuchung vor- behalten. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass sich die vorspringende Epiphyse bei der ÖOberflächen- betrachtung nicht bei allen Embryonen mit gleicher Deutlichkeit nachweisen lässt. Ich habe sie immer nur da dargestellt, wo das der Zeichnung zu Grunde liegende Object sie deutlich zeigte (besonders 34x, 36x, 418, 438). Die Sonderung: des primären Hinterhirns in Kleinhirn und Nachhirn vollzieht sich erst später; in Stadium 4o ist die erste Andeutung wahrnehmbar. Die Ausstülpung der Augenblasen erfolgte auf Stadium 28. Bald darauf beginnt die Bildung der Linse (Stadium 30). Das Einwachsen der Glaskörperanlage in das Auge vollzieht sich von Stadium 34-37. Auf diesen Stadien bemerkt man den primären Augenspalt. Auf Stadium 38 ist derselbe wieder geschlossen. Etwa gleichzeitig mit der Entstehung der Linse erfolgt die Einstülpung des Hörbläschens (Stadium 30, au. v.). Lange Zeit bleibt das Bläschen durch den Ductus endolymphaticus (d. e.) mit der Aussenwelt in Communication. Erst auf Stadium 4o erfolgt die Rückbildung des Ductus endolymphaticus, die vom Hörbläschen nach aussen zu fortschreitet. Auf den Stadien 40—42 sind von der Mündung des Ductus endolymphaticus noch Spuren erhalten; die Verbindung derselben mit dem Hörbläschen ist aber verschwunden. In den Stadien 34 bis 39 kann man bei günstigen Objecten (cf. bes. 34x und 36 x) eine Ganglien- masse vor- und abwärts von dem Hörbläschen wahrnehmen; sie gehört dem Acustico-facialis an. In be- trächtlichem Abstande vorwärts davon, direct über (dorsal von) dem Auge bemerkt man die noch voluminösere Ganglienmasse des Trigeminus. Besonderes Interesse beansprucht die Anlage und weitere Ausbildung des Geruchorgans, an die sich wichtige Veränderungen der äusseren Configuration des Kopftheils des Embryo knüpfen, und die bei der Gestaltung der Physiognomie von Bedeutung ist. Die erste Andeutung der Riechgruben macht sich auf Stadium 2g (ol) bemerklich. Der Mund ist auf diesen Stadien noch nicht durchgebrochen; es findet sich aber an der Stelle seines späteren Durchbruchs eine tiefe Einbuchtung, die wir als Mundbucht bezeichnen. Von jeder der Riechgruben zieht nun zunächst eine schmale Furche schräg abwärts gegen die Mundbucht, und in späteren Stadien (30, 31) laufen beide Furchen in der Mittellinie zusammen. So ergiebt sich dann eine nur leicht gebogene Rinne, die die Tiefe der einen 43 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri, 43 Riechgrube mit der anderen verbindet. Später vertieft sich die Rinne und nimmt eine mehr winkelige Krümm- ung an (Stadium 32). In noch späteren Stadien verstreichen die mittleren Partien der Furche wieder mehr und es bleiben nur die beiden, von wulstigen Rändern umzogenen Riechgruben übrig, die beide median- wärts gegen die Mundbucht eine seichte Furche entsenden. Auf Stadium 34 und 35 macht sich auf An- sichten von unten die paarige Unterkieferanlage bemerklich und wird auf den Stadien 38, 39 und 40 noch deutlicher. Entwickelung des jungen Fisches nach dem Ausschlüpfen. (Tafel VI, VII, VII) Gleich nach dem Ausschlüpfen hat der junge Fisch das auf Figur 41 und ‚42 wiedergegebene Aussehen. Man kann ihn nicht wohl als eine Larve bezeichnen, da er sich von späteren Stadien, die im Wesentlichen die Züge des ausgebildeten Thieres wiedergeben (Stadium 48), nur durch die weniger weit fortgeschrittene Aus- bildung, nicht aber durch irgend welche besondere Merkmale unterscheidet, die man als larvale bezeichnen könnte. Doch ist das Thier auf Stadium 41 noch ganz unentwickelt. Der Mund ist noch nicht nach aussen durchgebrochen, ebensowenig die Kiemenspalten, die Kiemenbogen tragen noch keine Kiemen, von den Extre- mitäten ist keine Spur zu entdecken. Das Thierchen liegt für gewöhnlich bewegungslos auf dem Grunde auf einer Seite; wenn beunruhigt, schwimmt es planlos eine kurze Strecke davon, um sich gleich wieder herabsinken zu lassen. Die Stadien 41 und 42 stellen junge Fischchen gleich nach dem Ausschlüpfen dar; am Ende der ersten Woche ist etwa Stadium 44 erreicht, am Ende der zweiten Stadium 45, im Laufe der vierten Stadium 46 und nach sechs Wochen Stadium 47. Auf letzteren Stadien verhalten sich die Thierchen schon viel lebhafter; sie schwimmen spontan umher und liegen in natürlicher Haltung auf dem Grunde. Da auf Stadium 47 der Dotter aufgebraucht ist, bedürfen die Fischchen jetzt Nahrungszufuhr von aussen. Ich suchte ihnen dieselbe dadurch zu verschaffen, dass ich ihnen täglich frische Wasserpflanzen brachte, in deren Gewirrr sich massenhafte winzige Wasserthiere befanden. Die Fischchen wuchsen aber von nun an nur sehr langsam, und es ist möglich, dass die Langsamkeit der Weiterentwickelung auf den Mangel geeigneter Ernährung zurückzuführen ist. Stadium 48 ist volle 4 Wochen älter als Stadium 47 und stellt einen jungen, fast drei Monate alten Fisch dar, wenn wir die Entwickelung innerhalb der Gallerthülle mitrechnen. Stadium 4ı bis 43 sind in lebendem Zustande die durchscheinendsten der ganzen Entwickelung. Man sieht fast alle Organe durchschimmern und kann ganz gut den Kreislauf beobachten. Von Stadium 44 an wird die Pigmentirung der Haut so intensiv, dass sie die Durchsichtigkeit beeinträchtigt, und die älteren Stadien werden wieder ganz undurchsichtig.. Der Grund, dass die Stadien 38 bis 43 transparenter sind als jüngere Stadien, liegt darin, dass bei ihnen der Dotter, der die Gewebe jüngerer Stadien völlig undurchsichtig macht, schon zum grossen Theile aufgebraucht ist. Doch zeigen Schnitte einen ziemlichen Dotterreichthum der Gewebe auch bei ihnen. Die Veränderungen der äusseren Körperform von Stadium yı bis 48 studirt man am besten durch Be- trachtung der Figuren; es hat keinen Zweck, dieselben ausführlich zu beschreiben. Die Hauptveränderungen werden bedingt durch stärkere Entwickelung des Schwanzes (Stadium 43), durch völliges Ueberwachsen der Kiemenregion durch das Operculum (Stadium 43 bis 46), durch die Schnauzenbildung: (Stadium 44 bis 47), durch die allmählige Resorption des Dotterinhalts des Darms (Stadium 46 bis 48), endlich durch das Hervorsprossen der Extremitäten (Stadium 45 bis 48). 6* 44 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. 44 Das erste Auftreten des Operculums als einer nach hinten gerichteten Falte erfolgt auf Stadium 40. Von Stadium 4ı bis 45 überwächst es die ganze Kiemenregion, ohne dass bis dahin ein Durchbruch der Kiemen- spalten stattgefunden hätte. Der Durchbruch der Kiemenspalten und die Bildung der Kiemen erfolgt erst, nachdem sich die Bedeckung der Kiemenregion durch das Operculum voll- zogen hat, also von Stadium 45 bis 46. In Figur 46u sieht man die eben angelegten Kiemenblättchen (br) eben unter dem Operculum hervorsehen; bei 47u sind sie völlig verdeckt. Es findet also bei Cera- todus zu keiner Zeit Entfaltung larvaler Kiemen (sogenannter äusserer Kiemen) statt, wie wir sie bei manchen Selachiern, Ganoiden (Polypterus), Teleostiern und den Am- phibien beobachten. Vorniere und Herz sind etwa bis zum Stadium 44 von aussen her sichtbar; ihr specielles Verhalten muss auf Schnitten studirt werden. Auf Stadium 4ı bis 44 nimmt man zwischen Pericard und Anfang des Darms die Anlage der Leber (hep) wahr. In Stadium 47 ist der Dotterinhalt des Darms resorbirt, und der junge Fisch nimmt jetzt von aussen Nahrung auf. Die Spiralklappe verleiht um diese Zeit dem Darm sein eigen- thümliches Gepräge (spd bei 47s und 48 x). Wichtige Umbildungen hat noch die Mund- und Nasenregion des jungen Fisches durchzumachen. Auf Stadium 4o sahen wir die Riechgruben jederseits in eine seichte, medianwärts gegen die Mundbucht ziehende Furche auslaufen. Die Ränder der Gruben springen wulstartig über das Niveau empor. Der Mund ist noch nicht nach aussen durchgebrochen. Auf Stadium 43 erfolgt der Durchbruch des Mundes. Zwischen den Riech- gruben und dem soeben durchgebrochenen Munde in der Tiefe der Mundbucht treten jetzt ein paar platten- förmige Gebilde hervor, die in der Mittellinie zusammenstossen. Die weitere Entwickelung lehrt, dass aus ihnen die Decke der Mundhöhle wird und auf ihnen die sogenannten Vomer- und Pterygopalatinalzähne entstehen. Ich gebe ihnen den indifferenten Namen der Munddachplatten (mdfl). Ich trage nämlich einiges Bedenken, sie als Oberkieferfortsätze zu bezeichnen, da man doch bei Fischen von einem Oberkiefer in dem Sinne des Oberkiefers der höheren Wirbelthiere nicht reden darf. Die Zähne, die später auf diesen Bildungen auftreten (47 u?, 48 u?), liegen medial von den inneren Nasenlöchern, es sind Vomer- und Palatinalzähne, und es kann leicht zu Missverständnissen führen, wenn man sie als Oberkieferzähne bezeichnet. Auf diese Fragen wird später bei der genaueren Untersuchung der Skeletentwickelung näher eingegangen werden. Zur Zeit erscheint es zweckmässig, einen indifferenten Namen zu wählen und die Frage, ob und inwieweit diese Fortsätze den Oberkieferfortsätzen der höheren Vertebraten homolog sind, offen zu lassen. Bis zu Stadium 43 bildet die Mundbucht eine an den Seiten offene Einsenkung. Auf Stadium 44 ist eine seitliche Abgrenzung durch Ausbildung je eines von der Riechgrube zum unteren Mundrande ziehenden Saumes erzielt (s auf Fig. 45%, 464). Indem nun der untere Mundrand seitlich an Ausdehnung gewinnt, der Abstand zwischen den Riechgruben sich aber nicht ändert, verläuft jener Saum nicht mehr genau abwärts, son- dern er läuft von vorn innen nach hinten aussen. Die Furche, die von jeder Riechgrube auf früheren Stadien (nf 29—35) medianwärts gegen die Mundbucht herabzog, erhält dadurch, dass sie an der Innenseite jenes Saumes liegt und im Laufe der Entwickelung seinem Lagewechsel folgt, zunächst einen geraden Verlauf (44 v); später verläuft auch sie schräg von vorn innen nach hinten aussen (454, 46%, 474). Sie liegt dabei fortdauernd innen von jenem Saume; rückt aber allmählig: mehr in die Tiefe (46%, 47 u). In Stadium 47 beobachtet man, dass sich die Ränder der Furche in deren mittleren Abschnitten gegen einander einrollen; auf Stadium 48 (cf. Tafel VII, 48u?) sind sie verwachsen. Die Furche bildet jetzt ein Rohr, das sich nach vorn und nach hinten öffnet. Die vorderen Oeffnungen bezeichnen wir als die vorderen oder äusseren, die hinteren Oeffnungen als die hinteren oder inneren Nasenlöcher (n. ex. und n. int. auf Fig. 48 u?). 45 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. 45 Die paarigen Munddachplatten (mdpl) (sogenannte Oberkieferfortsätze) von Stadium 43 und 44 sind auf Stadium 45 verwachsen. Es erheben sich jetzt auf ihnen warzenähnliche Vorragungen, die Anlagen der Zähne (45%, 46u). Klappt man den Unterkiefer zurück, so sieht man das auf Fig. 47u? dargestellte Bild. Zunächst liegen vorn rechts und links von der Mittellinie ein paar warzenförmige Hervorragungen: die Anlagen der Vomerzähne (vd). Dahinter folgt in einigem Abstande die Anlage der Pterygopalatinalzähne. Es finden sich jederseits 6 getrennte Höckeranlagen, die auf der Munddecke in Form eines nach vorn convexen Bogens aufgestellt sind. Auf Stadium 48 (cf. Tafel VII Fig. 48u°) hat die basale Verschmelzung der je 6 Höcker zu einer einheitlichen Zahnplatte begonnen; die sechs Spitzen aber sind frei geblieben; aus ihnen werden die sechs Zacken der Zahnplatten. Als oberen Mundrand (nicht sehr passend auch Oberlippe genannt) haben wir bei den Dipnoern eine gekrümmte Linie {zu setzen, deren Kuppe durch die vordere Grenze der Vomerzähne bezeichnet wird. Der obere Mundrand fällt entwickelungsgeschichtlich ungefähr mit der vorderen Grenze der Munddachplatten (soge- nannten »Oberkieferfortsätze«) zusammen. Die äusseren Nasenlöcher liegen vor, die inneren hinter jener Linie. In neuer Zeit haben sich besonders Hıs (16) und KEIBEL (19) bemüht, die Bildung der Physiognomien der niederen und höheren Wirbelthiere (Bildung des Mundrandes, Nasen- und Gaumenbildung) zu vergleichen, Diese an sich gewiss dankenswerthen Untersuchungen sind jedoch so lange nicht im Stande, den Gegenstand völlig aufzuklären, bis nicht gezeigt ist, inwieweit die sogenannten Oberkieferfortsätze der Fische mit den Ober- kieferfortsätzen der höheren Wirbelthiere verglichen werden können. Ich lasse also alle diese Fragen vorläufig auf sich beruhen. Am Centralnervensystem treten auf Stadium '4ı bis 44 die fünf secundären Hirnblasen: Gross- hirn, Zwischenhirn, Mittelhirn, Kleinhirn und Nachhirn deutlich hervor. Die Epiphyse sieht man besonders deut- lich auf Fig. 4ıs und 43s. Das Auge nimmt von Stadium 41—47 fortdauernd an Grösse zu; auf Stadium 48 erscheint es wieder kleiner, da es dann mehr in die Tiefe gerückt und ein grösserer Theil des Bulbus bedeckt ist. Auf Stadium 41 und 42 erblickt man noch ein Rudiment des Ductus endolymphaticus und zwar seine Mündung nach jaussen. Auf späteren Stadien ist auch diese verschwunden. Die Schicksale des Riechorgans wurden oben geschildert. Auf Stadium 4ı und 42 ist de Pigmentirung der Haut nur eine sehr schwache und ganz auf die Dorsalseite beschränkt. Auf Stadium 43 ist sie viel stärker ausgesprochen und beginnt auch auf die Ventral- seite überzugreifen. Auf Stadium 44 beginnt die Transparenz abzunehmen, auf Stadium 45 ist der Embryo in Folge der starken Pigmentirung ganz undurchsichtig geworden. Das erste, was vom Seitenorgansystem auftritt, ist auf Stadium 43 ein von Pigment freier Längs- streifen, der, hinter dem Opereulum beginnend, zunächst bis zur Körpermitte reicht (2). In den folgenden Stadien nimmt seine Ausdehnung nach hinten successive zu, und auf Stadium 46 ist die Schwanzspitze erreicht. Dieser Streifen entspricht dem am Ectoderm caudalwärts wachsenden Ramus lateralis nervi vagi. Ein ähnlicher Streifen, der als eine Fortsetzung des eben beschriebenen nach vorn zu betrachten ist, und der Aesten vorderer Hirnnerven entspricht, umzieht im Bogen die dorsale Grenze des Operculum und bildet einen weiten Kreis um das Auge. Die Anlagen der Endhügel der Seitenlinie treten erst erheblich später hervor. Zuerst bemerkt man sie auf Stadium 46 als kleine, warzenförmige Erhebungen, die auf dem Längsstreifen oder in seiner nächsten Umgebung liegen. Auf Stadium 47 und 48 sind sie deutlicher wahrzunehmen. Man kann dann am Rumpfe drei einigermaassen regelmässige Längsreihen von Endhügeln unterscheiden (eh,, eh ,, eh ,). Die mittlere Reihe eh , liegt ziemlich genau auf dem Längsstreifen des Ramus lateralis, die obere eh, etwas darüber, die untere eh, 46 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. 46 etwas darunter. Hier und da finden sich noch über eh, und unter eh, vereinzelte Endhügel verstreut. Von einer eigentlichen segmentalen Anordnung kann man auf den Stadien, auf denen diese Gebilde äusserlich sicht- bar werden, nicht reden. Jedem Segment gehören in jeder Reihe meist ein oder zwei solcher Hügel an; in der untersten Reihe eh, stehen dieselben im Allgemeinen am dichtesten. In grosser Zahl und unregelmässiger An- ordnung finden sich die Endhügel am Kopfe in der Umgebung des Auges und an der Basis des Kiemendeckels (vgl. besonders 47 S). Die eben geschilderte Entwickelung des Seitenorgansystems bei Ceratodus stimmt in allen wesentlichen Beziehungen mit den bei Amphibien, Ganoiden und Teleostiern bekannt gewordenen Entwickelungsvorgängen überein. Besonders bemerkenswerth ist die übereinstimmende Entwickelungsart des Ramus lateralis nervi vagi und das erheblich spätere Auftreten der Endhügel. Auf die eigenthümliche Anordnung der Endhügelreihen an Kopf und Rumpf, die in den verschiedenen Klassen nicht völlig übereinstimmt, wird bei der speciellen Aus- arbeitung des Capitels Haut und Sinnesorgane noch näher eingegangen werden. Andeutungen der Schuppen treten zuerst auf Stadium 45 (sg) hervor; auf Stadium 46 sind sie in Folge der stärker werdenden Pigmentirung nur noch sehr schwer wahrzunehmen. Die erste Spur der vorderen Extremität tritt auf Stadium 45 als eine minimale Hervorragung am vorderen Abschnitte des Rumpfes etwas ventralwärts von der Mittellinie auf (P. pct.). Diese kleine Verdickung ist durch Abwesenheit von Pigment und demzufolge durch hellere Farbe ausgezeichnet. Auf Stadium 46 hay sie sich zu einem nach hinten vorspringenden Knöspchen vergrössert, auf Stadium 47 hat sie Flügelform an- genommen und zeigt im Stadium 48 die Form der ausgebildeten Brustflosse. Im Stadium 47 tritt der Haupt- strahl als eine noch ungegliederte Verdickung des centralen Bindegewebes hervor. Von Seitenstrahlen ist noch keine Spur wahrzunehmen. Im Stadium 48 hat sich der Hauptstrahl in einen gegliederten Knorpelstab ver- wandelt (48 cf. Fig. 48s und 48x). An der Basis treten die ersten Seitenstrahlen auf. Dieselben sind auf den Figuren nicht wahrzunehmen, weil die Basis der vorderen Extremitäten jetzt von dem mächfig entfalteten Kiemen- deckel überdeckt ist. Natürlich wird die Entwickelung der Extremität in den späteren Mittheilungen ganz aus- führlich dargelegt und durch Abbildungen illustrirt werden. Erheblich später als die Brustflosse entwickelt sich die Bauchflosse (. abd.). Die erste Spur derselben ist auf Stadium 47 wahrzunehmen; man bemerkt dann gerade über der Stelle, wo der Darm sich winklig krümmt und als Enddarm zum After verläuft, eine kleine Verdickung , die derjenigen ähnelt, die auf Stadium 45 das erste Auftreten der Brustflosse bezeichnete. Im Stadium 48, also einen Monat später, hat sich die Verdickung zu einem kleinen Knöspchen vergrössert. Der Vergleich beider Figuren zeigt, dass das Wachsthum der Bauchflosse ein überaus langsames ist. Eine Verbindung der Brustflosse mit der Bauch- flosse durch eine Längsleiste oder auch nur durch eine Linie besonders ausgezeichneter Zellen, wie sie bei man- chen Selachiern beobachtet worden ist, lässt sich auf keinem Stadium nachweisen. Schluss. Die oben gegebene Schilderung der äusseren Entwickelung des Ceratodus Forsteri hat ergeben, dass dieses Thier einen eigenartigen Entwickelungsgang durchmacht, wie er sich nach der selbständigen Stellung der Dipnoerklasse von vorn herein erwarten liess. Nach abwärts in der Wirbelthierreihe schliesst sich die Ceratodus- entwickelung am nächsten an die Petromyzonten, nach aufwärts, und zwar noch enger, an die Amphibien an. Viel abweichender ist die Entwickelung der übrigen eigentlichen »Fische«. Ich folgere daraus, dass die Ent- 47 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. 47 wickelung der letzteren besonders in den jüngeren Stadien durch Anwachsen des Dotters stark cänogenetisch modificirt ist. Dass aber die ursprüngliche Einfachheit der Entwickelung von Dipnoern und Amphibien erst secundär wiedergewonnen ist, halte ich für einen unberechtigten Schluss. Viel näher liegend ist die Vor- stellung, dass die Urformen der Selachier dotterarme Eier und eine weniger modificirte Entwickelung besessen haben, und dass der grössere Dotterreichthum der Eier und die damit verbundenen Aenderungen in der Ent- wickelung erst innerhalb der Klasse der Selachier erworben worden sind. Vielleicht ist auch für die Ga- noiden anzunehmen, dass ihre Selachiervorfahren noch ziemlich dotterarme Eier besessen haben, wenn auch wahrscheinlich dotterreichere als die Stammformen der Dipnoer, und auch für sie liegt kein zwingender Grund vor, einen secundären Schwund des Dotters und secundäre Vereinfachung der Entwickelung anzunehmen. Die Lagerungsverhältnisse des Ceratodusembryo zum Dotter schliessen sich ebenfalls nach unten an die Petromyzonten, nach oben an die Amphibien an und machen es höchst wahrscheinlich, dass die Ausbildung eines Dottersacks erst allmählig in der Gruppe der Selachier zu Stande kam und den älteren Selachierformen fremd war. Denn natürlich sind jene entwickelungsgeschichtlichen Thatsachen nicht im Lichte einer engeren Verwandtschaft zwischen Dipnoern und Cyclostomen zu deuten. Es drückt sich in ihnen vielmehr bloss die ge- meinschaftliche Erhaltung des ursprünglichen Typus der Wirbelthierentwickelung aus, der bei den jüngeren Selachiern in Folge der Vermehrung des Nahrungsdotters verlassen worden ist, bei den alten Selachierstamm- formen der Dipnoer aber sicherlich auch existirt hat und vielleicht bei einigen ursprünglichen Selachiertypen noch jetzt existirt. Je weiter die Entwickelung der Embryonen fortschreitet, um so mehr treten die den Dipnoern eigen- thümlichen Züge hervor. Auf eine eingehendere Würdigung der Eigenthümlichkeiten der Organogenie kann erst eingegangen werden, wenn die specielleren Untersuchungen über die Entwickelung der Organe abge- schlossen sind. Auf zwei negative Merkmale sei aber hingewiesen: Die Abwesenheit larvaler (sogenannter äusserer) Kiemen und eines larvalen Saugapparats. Auf keinem Stadium der Ceratodusentwickelung findet sich eine Spur dieser Bildungen. Manche Forscher deuten die Saugscheibe der Lepidosteuslarve und die Saugscheiben der Anurenlarven als Reminiscenzen eines Cyclostomenstadiums, auf welchem der Mund mehr oder weniger bestimmt den Character eines Saugorgans besass. Die Abwesenheit jeder Spur dieser Bildung bei Selachiern und Dipnoern macht diese Auffassung sehr unwahrscheinlich und legt den Gedanken nahe, dass es sich in jenen beiden Fällen um blosse Larvenorgane handelt, die als besondere Anpassungen erworben wurden, wie die Haftscheiben am Bauche und am Rücken vieler Fische, und weder mit dem Saugmund der Cyclostomen etwas zu thun haben, noch auch beide unter sich in irgendwelche Beziehung zu setzen sind. Literatur-V erzeichniss. 1) F. M. BALFOUR and W. N. PARKER. On the Structure and Development of Lepidosteus. Philosophical Transactions of the Royal Society, 1882. 2) CH. Van BAMBERE. Nouvelles recherches sur l’embryologie des Batraciens. Archives de Biologie, T. I, 1880. 3) Derselbe. 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Ueber die Bildung der Haifischembryonen. Zeitschrift für Anatomie und Entwickelungsgeschichte, Bd. II. 14) Derselbe. Untersuchungen über die Entwickelung des Knochenfischembryo. Archiv für Anat. und Physiologie. Anat. Abth. 1878. 15) Derselbe. Zur Lage der Längsverwachsung von Wirbelthierembryonen. Verhandl. der Anat. Gesellschaft. 1891. 16) Derselbe. Die Entwickelung der menschlichen und thierischen Physiognomien. Archiv für Anatomie und Physiologie. Anat. Abth. 1892. 17) F. Houssay. Etudes d’embryologie sur les Vertebres. Archives de Zoologie experimentale, 1890. 18) T. H. Huxtey. On Ceratodus Forsteri with Observations on the Classification of Fishes. Proceedings of the Zoological Soc. of London, Jan. 4, 1876. 19) F. KEIBEL. Zur Entwickelungsgeschichte und vergleichenden Anatomie der Nase und des oberen Mundrandes (Oberlippe) bei Vertebraten. Anat. Anzeiger, Bd. VIII, 1893. 20) C. KUPFFER. Die Entwickelung von Petromyzon Planeri. Archiv für mikroskopische Anatomie, Bd. XXXV, 1890. 21) Derselbe. Mittheilungen zur Entwickelungsgeschichte des Kopfes bei Acipenser sturio. Sitzungsberichte der Gesellschaft für Morphologie und Physiologie zu München (17. Nov. und I. Dec. 1891). 22) CH. SEDGWICK MInoT. The Concrescence Theory of the Vertebrate Embryo. American Naturalist, 1889. 23) C. RaBrL. Ueber die Bildung des Mesoderms. Anatomischer Anzeiger, 1888, 24) Derselbe. Theorie des Mesoderms. Morph. Jahrbuch, Bd. XV, 1889. 25) RAUBER. Primitivrinne und Urmund. Morph. Jahrbuch, Bd. II, 1876. 26) Derselbe. Primitivstreifen und Neurula der Wirbelthiere, Leipzig 1877. 27) Derselbe. Die Lage der Keimpforte. Zool. Anzeiger, 1379. 28) Derselbe. Formbildung und Formstörung in der Entwickelung von Wirbelthieren. Morph. Jahrbuch, Bd. V und VI, 1879, 1880. 29) Derselbe. Noch ein Blastoporus. Zool. Anzeiger, 1883. 30) A. ROBINSON and R. ASSHETON. The Formation and Fate of the Primitive Streak etc. Quarterly Journal of Microscop, Science. Vol. XXXII. 31) Roux. Beiträge zur Entwickelungsmechanik des Embryo. Zeitschrift für Biologie, Bd. XXI, 1885. 32) Derselbe. Ueber die Lagerung des Materials des Medullarrohrs im gefurchten Froschei. Verhandl. der Anat. Gesellschaft, 1888. 33) W. SALENSKy. Entwickelung des Sterlet (Acipenser ruthenus), Arbeiten der Naturforscher - Gesellschaft zu Kasan, Bd. VII, 1878 und 1879. Russisch. 34) Derselbe. Recherches sur le d&veloppement du Sterlet (Acipenser ruthenus). Archives de Biologie, T. II, 1881. 35) F. SCHAnz. Das Schicksal des Blastoporus bei den Amphibien. Jenaer Zeitschrift für Naturw. Bd. XXI, N. F. XIV, 1887. 36) MAx SCHULTZE. Die Entwickelungsgeschichte von Petromyzon Planeri. Harlem 1856. Uebersicht des Inhalts. Seite Der Durchmesser der Eier in ihrer Gallerthülle beträgt durchschnittlich 61/,—7 mm; das aus der Hülle herauspräparirte Ei hat einen grossen Durchmesser von 3 mm, einen kleinen von 27 mm .... 31 Die obere (animale) Hälfte des Eies ist durch Pigmentirung vor der unteren ausgezeichnet . . . ... 32 Die Furchung ist eine totale, inäquale. . . .... SER ME a TE Ne A SR A 3 2 Erste Phase: Fine Verticalfurche.... 2 Theilstücke (Sem 2) Zweite ,„ Eine Verticalfurche .... 4 n ( z 4) Dritte 4 Zwei Verticalfurchen ... 8 . ( 5 of >= Vierte „ Eine Horizontalfurche .. 16 1 ( 2 7) Fünfte „ Eine Horizontalfurche ... 24 = ( z g)| Sechste „, Eine Horizontalfurche . . 32 3 . 9° 33 Durch fortgesetzte Theilung entsteht dann zunächst eine grosszellige (Stadium 10), dann eine kleinzellige Blastula (Stadium ı1); auch bei letzteren sind noch die Zellen der unteren a Seite durch bedeutendere Grösse vor den Zellen der Oberseite ausgezeichnet . . . 33 Die Furchung des Ceratoduseies ähnelt in hohem Grade der des AumeTbieneiess ztuch des eimnpaonel furcht sich nach gleichem Typus. Es ist kein Grund vorhanden, die Verhältnisse bei Dipnoern und Amphibien als ses: vereinfachte anzusehen, indem man die dotterreichen, meroblastischen Eier der Selachier als Ausgangspunkt wählt und die Ganoiden als Uebergangsglied zwischen Selachiern und Dipnoern betrachtet . . . . 33 Der Gastrulamund tritt als ein querer Spalt) an der Unterfläche der Tine renissen. Blascula er (Stadium ı2) . . 35 Der Spalt vergrössert sch Bra särd! haifhieresnnter: spiler sehlesst Sch dor rei, Der kerrmire Ur- mund verengert sich dann wieder und wird zu einem Längsspalt (Stadium 13—16) . . . 36 Allmählig dehnt sich der Längsspalt über die ganze Dorsalseite der Gastrula hinaus; auf der Derseilsste, aber nicht als eigentlicher Spalt, sondern als eine gezackte Nahtlinie (Urmundnaht). Dieselbe reicht von der jetzt im Aequator befindlichen offenen Partie des Urmundes bis dahin, wo sich das quere Verbindungsstück der Medullarwülste (querer Gehirnwulst) zu erheben beginnt (Stadium 17 —21) . . 36 Die Nahtlinie liegt in der Tiefe einer flachen Rinne, der Primitivrinne (©. HERTWIG’s Rückenrinne). Der vom Aequator bis zum queren Gehirnwulst reichende, theils offene, theils nahtförmig verlöthete Ur- mund der Ceratodusgastrula liefert eine sehr anschauliche Illustration der sogenannten Concrescenz- und der Urmundtheorie . . oo 0 0 rn 8 Die Bildung des Medullarrohrs erallsg: era wie ni dem Amen (Sam a An Boden des Rohres erhält sich lange die Urdarmnaht . . . . 3 Sobald das Medullarrohr geschlossen ist, treten an seinem Verkrende ir des Beinen riesen, sowie die Augenblasen hervor Na 28). Schon vorher ur 24) wird die Segmentation des Embryo äusserlich sichtbar . . . 40 Der Embryo beginnt sich nun vom Dotter ebmiichen. al zwar löst Seh des vordere Drittel 35 end die hinteren beiden Drittel auf dem Dotter liegen bleiben (Stadium 30—34) . - 40 In der Art der Ablösung vom Dotter ähnelt der Ceratodusembryo den Embryonen der Gassner and Amphibien; er unterscheidet sich sehr wesentlich von den Embryonen der Ganoiden (natürlich noch mehr von denen der Selachier und Teleostier), bei denen sich vornehmlich die hintere Körperhälfte vom Dotter ablöst, und letzterer in älteren Stadien einen sackartigen Anhang der vorderen Körper- ne 1 OT CTe ee a N ee ee ee re ee AT Jenaische Denkschriften IV. 7 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 50 Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. Jetzt (von Stadium 30 an) legen sich auch die Kiemenspalten und Kiemenbögen an. Der Durchbruch der Spalten erfolgt aber erst spät, nachdem die ganze Kiemenregion vom Operculum überwachsen ist. Vor dem Hyoidbogen, der das Operculum trägt, bemerkt man noch die a zweier vorderer Bogen (Stadium 40). } N Die Vorniere besitzt drei altiemsereiitiekie Seaamann al Among eines vierten (Seat a, Das Herz tritt auf Stadium 38 als einfacher Schlauch auf. Auf Stadium 4o hat sich die Scheidung in Kammer und Vorkammer vollzogen. Auf Stadium 4o ist das Gehirn in die fünf secundären Hirn- blasen zerfallen. Bemerkenswerth ist es, dass die Epiphyse zeitweilig bis an die Körperdecke herantritt Das Gehörbläschen communicirt lange Zeit durch einen Ductus endolymphaticus mit der Aussenwelt. ne: der äusseren Mündung des Ductus endolymphaticus erhalten sich bis in späte Stadien 5 Die Riechgruben entsenden je eine schräg nach innen gegen die Mundbucht laufende Furche (Stadium 29—3 5) Nach dem Ausschlüpfen werden die jungen Fische für eine Zeit lang durchsichtig (Stadium 38—43) . > Der Durchbruch der Kiemenspalten und die Bildung der Kiemen erfolgt nach Ueberwachsung der Kiemen- region durch das Operculum. Es findet zu keiner Zeit Entfaltung larvaler Kiemen Se äusserer Kiemen) statt Die Anlage der Leber bemerkt man an? Sardkian ; 41—44; die Spiralklappe a5 Daran is: m Sastın 47 und 48 wahrzunehmen 2 9 Das Dach der Mundhöhle wird auf Serum 43 neh ein Pair in der Mittellinie Zusamensteee Be sätze gebildet (sogenannte Oberkieferfortsätze), auf denen sich später vorn die Vomerzähne, hinten die Pterygopalatinalzähne entwickeln . Die beiden Nasenrinnen machen einen Lasesechsel dreh, mel Sch Ente Stadim Ps) ihre mern PIE schnitte zu einem Rohre schliessen, kommt es zur Bildung äusserer und innerer Nasenlöcher Die Zahnplatten werden durch Verschmelzung getrennter ee gebildet. Jede Zacke der Zahn- platte entspricht einer besonderen Zahnanlage (4742, 48u?) Die Pigmentirung der Haut wird von Stadium 44 an so intensiv, dass sie es Durchsichtigei de Be aufhebt 0 Die erste Andeutung des Seltenemensysisns tritt ai Sek 43 ale ein von Beamer: Bar ze: Längsstreifen hinter dem Operculum auf, der allmählig nach hinten und nach vorn an Ausdehnung zunimmt. Es ist der am Ectoderm nach hinten wachsende Ramus lateralis nervi vagi. Auf Stadium 46 ist die Schwanzspitze erreicht; eine Fortsetzung dieses Streifens nach vorn umläuft im Bogen die dorsale Grenze des Operculum und bildet einen Kreis um das Auge. Auf demselben Stadium bemerkt man das Auftreten von drei ziemlich unregelmässigen Längsreihen von Endhügeln, deren Mittelreihe auf dem linearen Längsstreifen liegt und denselben theilweise verdeckt . : Sehr ähnlich wie bei Ceratodus entwickelt sich das Sie bei Ganoiden, Deletarern ei ganz besonders bei Amphibien Die vordere Extremität erscheint als Krasıpa en Serum 45 und 6: NEE Sackım 47 tritt Br Mittel- strahl als eine noch ungegliederte Verdickung des centralen Bindegewebes auf. Auf Stadium 48 ist der Hauptstrahl in einen gegliederten Knorpelstab verwandelt, an seiner Basis treten die ersten Seiten- strahlen auf. Auf Stadium 47 und 48 legt sich die hintere Extremität in ganz ähnlicher Weise wie früher die vordere an ! > Eine Verbindung der Brustflosse ai der Eameiikäss erah eine Lessese ni einen hesandens ernss- zeichneten Epithelstreif konnte auf keinem Stadium beobachtet werden Die Entwickelung des Ceratodus ist eine eigenartige. Die der jüngeren Stadien scikess: Sch ach ers in der Wirbelthierreihe am nächsten an die Cyclostomen, nach aufwärts an die Amphibien an Es ist kein Grund vorhanden, die relative Dotterarmuth der Dipnoern- und Amphibieneier, ihre totale Furchung, ihre Gastrulationsverhältnisse, die sich an Amphioxus und die Cyclostomen anschliessen, auf secundäre Vereinfachung zurückzuführen, also sie von Selachiern mit sehr dotterreichen Eiern, partieller Furchung, Discogastrula abzuleiten Letztere Eigenthümlichkeiten wurden wahrscheinlich erst allmählig Anmesssilb ds Sabiterrchs een und waren den ursprünglichen Selachierformen nicht eigenthümlich E Bemerkenswerth ist bei Ceratodus die Abwesenheit larvaler Kiemen und eines malen Sansamndes. Die Saugscheiben der Lepidosteuslarve und der Anurenlarven sind blosse Larvenanpassungen. Eine Homo- logisirung jener Saugscheiben mit dem Saugmund der Cyclostomen ist nicht aufrecht zu halten Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 1196 Seite 44 44 44 44 45 45 45 45 46 46 46 47 47 Verlag von Gustav Fischer in Jena. Blochmann Dr. F., o. ö. Professor der Zoologie an der Universität Rostock, Untersuchungen über den Bau ’ der Brachiopoden. Mit 7 lithographischen Tafeln. 1893. Preis: 25 Mark. Inhalt: Abschnitt 1. Die Schale. — Abschnitt 2. Allgemeine Beschreibung der äusseren Morphologie. — Abschnitt 3. Die Körperwand und der Mantel. — Abschnitt 4. Das Muskelsystem. — Abschnitt 5. Der Arm- apparat. — Abschnitt 6. Der Darm mit seinen Anhängen. — Abschnitt 7. Die Leibeshöhle, die Mantelsinus, die Mesenterien, die Nephridien. — Abschnitt 8. Das Blutgefässsystem. — Abschnitt 9. Die Geschlechtsorgane. — Abschnitt 10. Das Nervensystem. Fürbringer Dr. Max, o. ö. Professor der Anatomie und Direktor des anatomischen Instituts der Universität Jena, ” Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Vögel. Zugleich ein Beitrag zur Anatomie der Stütz- und Bewesungsorgane. Zwei Bände. Mit 30 Tafeln. Preis: 125 Mark. Hieraus werden einzeln abgegeben: Allgemeiner Theil. Resultate und Reflexionen auf morphologischem Gebiete. Systematische Ergebnisse und Folgerungen. Mit 5 Tafeln. Preis: 75 Mark, und aus dem allgemeinen Theile, Kap. VI: Die grösseren Vogelabtheilungen und ihr gegenseitiger Verband. Versuch eines genealogischen Vogelsystems. Mit 5 Tafeln. Preis: 7 Mark 50 Pf. Haecke Ernst, Professor an der Universität Jena, Ursprung und Entwickelung der thierischen Gewebe. ’ 1884. Ein histogenetischer Beitrag zur Gastraea-Theorie. Preis: 2 Mark. Biologische Studien. Zweites Heft: Zur Gastraea-Theorie. Mit 14 Tafeln. 1877. Preis: 12 Mark. System der Siphonophoren. Auf phylogenetischer Grundlage entworfen. 1888. Preis: 1 Mark 20 Pf. Metagenesis und Hypogenesis von Aurelia Aurita. Ein Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Medusen. Mit 2 Tafeln. 1881. Preis: 5 Mark 50 Pr. Plankton-Studien. Vergleichende Untersuchungen über die Bedeutung und Zusammensetzung der pelagi- schen Fauna und Flora. 1890. Preis: 2 Mark. Heider Dr. Karl, Die Embryonalentwickelung von Hydrophilus Piceus L. Herausgegeben mit Unter- ’ stützung der kgl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. I, Theil. Mit 13 lithographischen Tafeln und 9 Textabbildungen. 1889. Preis: 20 Mark. Hertwi Dr. Oscar, o. ö. Professor der Anatomie und Direktor des II. anatomischen Institutes an der Universität g, Berlin, Die Zelle und die Gewebe. Grundzüge der allgemeinen Anatomie und Physiologie. Mit 168 Abbildungen im Texte. 1892. Preis: 8 Mark. Hertwi Dr. Richard, Professor der Zoologie und Direktor des zoologischen Museums an der Universität g, München, Der Organismus der Radiolarien. Mit 10 lithographischen Tafeln. 1879. Preis: 25 Mark. Die Aetinien der Challengerexpedition. Mit 14 lithographischen Tafeln. 1882. gr. 4%. Preis: 20 Mark. Hertwi Oscar und Richard, Der Organismus der Medusen und seine Stellung zur Keimblättertheorie. g, Mit 3 lithographischen Tafeln. 1878. gr. 4%. Preis: 12 Mark. Untersuchungen zur Morphologie und Physiologie der Zelle. Heft 1-6. Mit 13 lithographischen Tafeln. Preis: 19 Mark 60 Pf. Verworn Dr. Max, Privatdocent der Physiologie an der Universität Jena, Die Bewegung der lebendigen ’” Substanz. Eine vergleichend-physiologische Untersuchung bei Contractionserscheinungen. Mit 19 Ab- bildungen. Preis: 3 Mark. Psycho-physiologische Protistenstudien. Mit 6 lithographischen Tafeln und 27 Abbildungen im Text. Preis: 10 Mark. Walther Johannes, a. o. Professor an der Universität Jena, Einleitung in die Geologie als historische » Wissenschaft. Erster Theil: Bionomie des Meeres. Beobachtungen über die maritimen Lebensbezirke und Existenzbedingungen. 1893. Preis: 6 Mark. — Zweiter Theil: Beobachtungen über das Leben der geologisch wichtigen Thiere. 1893. Preis: 8 Mark 50 Pf. Weismann August, Professor in Freiburg i. Br., Die Entstehung der Sexualzellen bei den Hydromedusen. ı Zugleich ein Beitrag, zur Kenntniss des Baues und der Lebenserscheinungen dieser Gruppe. Mit einem Atlas von 24 Tafeln. 1883. gr. 4%. Preis: 66 Mark. Wiedersheim, Dr. Robert, Professor an der Universität und Direktor des anatomischen und vergleichend- anatomischen Instituts zu Freiburg i. B, Die Anatomie der G@ymnophionen. Mit 9 Tafeln kl. 40, 1879. Preis: 25 Mark. Das Gliedmaassenskelett der Wirbelthiere mit besonderer Berücksichtigung des Schulter- und Becken- gürtels bei Fischen, Amphibien und Reptilien. Mit 40 Figuren im Texte und einem Atlas von 17 Tafeln 1892. Preis: 24 Mark. Morphologische Studien. Heft 1. Mit 3 Tafeln. 1880. Preis: 5 Mark. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 1196 DENKSCHRIFTEN DER MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA. VIERTER BAND. RICHARD SEMON, ZOOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. ERSTER BAND: CERATODUS. I. LIEFERUNG. MIT 8 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 2 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1893. ZOOLÖGISCHE FÜRSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN DR. PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891—1893 VON DR. RICHARD SEMON PROFESSOR IN JENA. ERSTER BAND: CERATODUS. I. LIEFERUNG: I. Ernst Haeckel, Systematische Einleitung: Zur Phylogenie der Australischen Fauna. I, Richard Semon, Reisebericht und Plan des Werkes. IT. Richard Semon, Verbreitung, Lebensverhältnisse und Fortpflanzung des Ceratodus Forsteri. IV. Richard Semon, Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. MIT 8 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 2 ABBILDUNGEN IM TEXT. ATLAS. a — a JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1898. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Semon Dr. Richard, Professor an der Universität Jena, Studien über den Bauplan des Urogenitalsystems ’ der Wirbelthiere. Dargelest an der Entwickelung dieses Organsystems bei Ichthyophis glutinosus. Mit 14 lithographischen Tafeln. Preis: 12 Mark. Die Entwickelung der Synapta digitata und die Stammesgeschichte der Eehinodermen. Mit 7 lithographischen Tafeln. 1888. Preis: 9 Mark. Denkschriften der medieinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena. Band I. Ernst Haeckel, Das System der Medusen. Erster Theil einer Monographie der Medusen. Mit einem Atlas von 40 Tafeln. 1880. gr. 4%. — Preis: 120 Mark. Band II. Mit 21 Tafeln. 1880. Preis: 60 Mark. — Hieraus einzeln: 0. Frommann, Untersuchungen über die Gewebsveränderungen bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. Mit 2 Tateln Abbildungen. 1878. gr. 4%. Preis: 10 Mark. — Oscar und Richard Hertwig, Der Organismus der Medusen und seine Stellung zur Keimblättertheorie. Mit 3 lithographischen Tafeln. 1878. gr. 40. Preis: 12 Mark. — Richard Hertwig, Der Organismus der Radiolarien. Mit 10 lithographischen Tafeln. 1870. gr. 40. Preis: 25 Mark. Band II. Willy Kükenthal, Vergleichend-anatomische und entwickelungsgeschichtliche Untersuchungen an Wal- thieren. Mit 25 Tafeln. 1893. Preis: 75 Mark. — Erster Theil. Kapitel I: Die Haut der Üetaceen. Kapitel II: Die Hand der Cetaceen. Kapitel III: Das Centralnervensystem der Cetaceen, gemeinsam mit Theodor Ziehen. Mit 13 lithographischen Tafeln. 1889. Preis: 35 Mark. — Zweiter Theil. Kapitel IV: Die Entwickelung der äusseren Körperform. Kapitel V: Bau und Entwiekelung äusserer Organe. Kapitel VT: Die Bezahnung. Mit 12 lithographischen Tafeln. 1893. Preis: 40 Mark. Arbeiten, Morphologische. Herausgegeben von Dr. Gustav Schwalbe, o. ö. Professor der Anatomie und Director des anatomischen Instituts an der Universität zu Strassburg 1. Els. Erster Band. Erstes Heft. Mit 7 Tafeln. Preis: 8 Mark. Inhalt: Pfitzner, W., Beiträge zur Kenntniss des menschlichen Extremitätenskelets. Erste Abtheilung. I. Einleitung. Allgemeines. Methoden. II. Maassverhältnisse des Handskelets. III. Maassverhältnisse des Fussskelets. Zweites Heft. Mit 9 Tafeln. Preis: 13 Mark. Inhalt: Sieveking, Beiträge zur Kenntniss des Wachsthums und der Regeneration des Knorpels nach Beobachtungen am Kaninchen- und Mäuseohr. — Garcia, Beiträge zur Kenntniss des Haarwechsels bei mensch- lichen Embryonen und Neugeborenen. — Bethe, Beiträge zur Kenntniss der Zahl- und Maassverhältnisse der rothen Blutkörperchen. — Jahn, Beiträge zur Kenntniss der histologischen Vorgänge bei der Wachsthums- behinderung der Röhrenknochen durch Verletzungen des Intermediärknorpels. — Moser, Beitrag zur Kenntniss der Entwickelung der Knieschleimbeutel beim Menschen. — Scholl, Ueber rätische und einige andere alpine Schädelformen. Drittes Heft. Mit 8 Tafeln. Preis: 11 Mark. Inhalt: Mehnert, Gastrulation und Keimblätterbildung der Emys lutaria taurieca. — Köppen, Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Centralnervensystems der Wirbelthiere. Zur Anatomie des Eidechsengehirns. Viertes Heft. Mit 2 Tafeln. Preis: 12 Mark. Inhalt: Pfitzner, W., Beiträge zur Kenntniss des menschlichen Extremitätenskelets. Zweite Abtheilune: IV. Die Sesambeine des menschlichen Körpers. Zweiter Band. Erstes Heft. Mit 12 Tafeln. Preis: 16 Mark. Inhalt: Aschoff, Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Arterien beim menschliehen Embryo. — Moser, Ueber das Ligamentum teres des Hüftgelenks. — Pfitzner, Beiträge zur Kenntniss des menschlichen Extremitätenskelets. V. Anthropologische Beziehungen der Hand- und Fussmaasse. Zweites Heft. Mit 4 Tafeln. Preis: 13 Mark. Inhalt: Rebentisch, E., Der. Weiberschädel. — Gaupp, E., Beiträge zur Morphologie des Schädels. L. Drittes Heft. Mit 6 Tafeln. Preis: 13 Mark. Inhalt: Schwalbe, Ueber den Farbenwechsel winterweisser Thiere. — Dreyfuss, Beiträge zur Ent- wickelungsgeschichte des Mittelohres und des Trommelfells des Menschen und der Säugethiere. — Davidsohn, Ueber die Arteria uterina, insbesondere über ihre Beziehungen zum unteren Uterinsegment. Dritter Band. Erstes Heft. Mit 6 Tafeln und 29 Textabbildungen. Preis: 11 Mark. Inhalt: Keibel, Studien zur Entwickelungsgeschichte des Schweines (Sus serofa domestieus). Zweites Heft. Mit 11 Tafeln und 56 Textabbildungen. Preis: 20 Mark. Inhalt: Zaleski, Untersuchungen über die Vertheilung, der Blutgefässe an der mensehliehen Wirbelsäule, — Röse, Ueber den Zahnbau und Zahnwechsel von Elephus indieus. — Röse, Ueber die Zahnentwiekelung der Krokodile. — Hayer, Ueber den Bau der Milz. — Mettenheimer, Ein Beitrag zur topographischen Anatomie der Brust-, Bauch- und Beckenhöhle der neugeborenen Kinder. Fr Tafel I. Furchung. Figur ı in natürlicher Grösse; Figur ı* — ı2 bei g-facher Vergrösserung. Der Zusatz o zur Nummer des Stadiums bedeutet Ansicht von oben, ws: Ansicht von unten, s: Ansicht von der Seite. Fig. ı. Ei des Ceratodus Forsteri in natürlicher Grösse mit Gallerthülle. ı“. Beinahe reifes Ei aus dem Ovarium. £)) Stadium 16} Erste Theilungsphase. Erste verticale Theilungsfurche. Beginn der zweiten Theilungsphase. Erstes Auftreten der zweiten Verticalfurche. = » 2 4. Zweite Theilungsphase. Zweite verticale Furche, auf der ersten senkrecht. er 5. Beginn der dritten Theilungsphase. 6. Dritte Theilungsphase. Zwei weitere Verticalfurchen zerlegen das Ei in 8 Blastomeren. e 7. Vierte Theilungsphase. Die erste Horizontalfurche zerlegt das Ei in 8 Micromeren und 8 Macromeren. 8. Fünfte Theilungsphase. Auftreten der zweiten Horizontalfurche. > 9. Sechste Theilungsphase. Auftreten der dritten Horizontalfurche. 32 Blastomeren. = ıo. Grosszellige Blastula. N 5 ı1. Kleinzellige Blastula. n ı2. Beginn der Gastrulation; um . . Urmund. ‚Semon, Ceratodus, JEN. DENKSCHRIFTEN, Ba.IV. »emon, Forschungsreisen, Bd.l. Taf: 1. I RSernonuA Gils ch del. Verl v: Gustav Fischer, Jena. Tith.Anst:v. A.Giltsch, Jena. A ii Tafel I. Gastrulation. Alle Figuren bei ı3-facher Vergrösserung. Der Zusatz o zur Nummer des Stadiums bedeutet Ansicht von oben, #: Ansicht von unten, kA: Ansicht von Stadium ı2. hinten, s: Ansicht von der Seite. d. . . Dotterpfropf. mw . . Medullarwülste. prr . . Primitivrinne (Rückenrinne), in deren Tiefe die Urdarmnaht umn liegt (Fig. 20 0). um . . offener Urmund. umdl . dorsale Urmundlippe. umnm . Urmundnaht. umvl . ventrale Urmundlippe. Erstes Auftreten des Urmundes (um) als querer Spalt. Sichelförmig gebogener Urmund. Die Concavität der Sichel ist gegen den vegetativen Pol gerichtet. Nahezu geschlossener Urmund. Völlig geschlossener, sehr weiter Urmund. Urmund zu einem kleinen Längsspalt verengert, Dotterpfropf nicht mehr sichtbar. Längsspalt des Urmundes beginnt sich gegen die Dorsalseite hin zu verschieben und auszudehnen. Der Urmund reicht vom Aequator, wo er offen ist, auf die Dorsalseite herüber (18 0), wo er sich als nahtförmig geschlossener Spalt darstellt. Die Medullarwülste (mw) beginnen sich zu erheben. Der Urmund reicht vom Aequator, wo er offen ist, über die Dorsalseite bis zum queren Gehirnwulst. Auf der Dorsalseite zeigt er sich als gezackte Nahtlinie (umn). Die Medullarwülste beginnen auch die hinteren Abschnitte der Urmundnaht und den offenen Ur- mund zu umgreifen. Die Urmundnaht liest in der Tiefe einer Rinne 2r7r (Primitivrinne, Rücken- rinne der Autoren). Die Medullarwülste umgeben den ganzen Bereich des Urmundes. Biscuitform der Embryonalanlage. Senmon, Ceratodus, JEN. DENKSCHRIFTEN, Bd.N. Semon, kerschungsreisen, Bd. L.Ta£. I. | * Gustav Fischer, Jena. Tafel Ill. Erhebung des Embryo über den Dotter. Alle Figuren bei ı3-facher Vergrösserung. Der Zusatz o zur Nummer des Stadiums bedeutet Ansicht von oben, «#: von unten, k: von hinten, s: von der Seite. N tter hh . . Hinterhirn. mh . . Mittelhirn. mw . . Medullarwülste. oc. . . Augenblase. umn . . Urmundnaht. vh . . Vorderhirn. Stadium 22 und >23. Zusammenrücken der Medullarwülste gegen die Mittellinie. „ 24. Die Medullarwülste stossen in der Mittellinie zusammen. Die Segmentirung der Embryonalanlage wird sichtbar. 25. Das Medullarrohr beginnt sich zu schliessen. 26 und 27. Schluss des Medullarrohres bis auf einen Schlitz am Hinterende beendigt. Die vordersten Abschnitte des Rohres beginnen sich blasenartig aufzutreiben. k 28. Man kann die drei primären Hirnblasen (vh, mh, hh) und die Augenblasen (oc) unterscheiden. An der Stelle des offenen Urmundes liegt jetzt der After (a). Der Embryo, der mehr als 22 Segmente besitzt, hat sich merklich über den Dotter erhoben. Semon, Geratodus. BEE JEN. DENKSCHRIFTEN, Ba.N. ___ Semon, Forschungsreisen, Bd. 1. Taf: Il. 220, 23n. | 23s. „MIN Th Anstr AGiksch, Jena, Bee Tatel- IV. Ausbildung des Embryo. Die Figuren der ersten, zweiten und vierten Reihe bei 13-facher, die der dritten Reihe bei ı6-facher Vergrösserung. : ; s n Der Zusatz zu zur Nummer des Stadiums bedeutet Ansicht von unten, s: von der Seite, 55: halb von der Seite und von oben °. halb von der Seite und von hinten, FE halb von unten und von der Seite, &: Seitenansicht D h‘ eines künstlich aufgehellten Embryo. au.v . . Hörbläschen. CO Ter7% d.e . . . Ductus endolymphaticus. ep . . . Epiphysis. ggl.ac.f . Ganglion des Acusticofacialis. ggl.tr . . Ganglion des Trigeminus. gh . . . Grosshirn. hh . . . Hinterhirn. mh . . . Mittelhirn. N 2 Nasenrinne. GB 0 0 5 Auge, ol . . . Riechgrube. prn . . . \Vorniere. uk . . . Anlage des Unterkiefers. vscr.r . . Gegend der Visceralbögen und -spalten. zh . . . Zwischenhirn. Stadium 29. Embryo etwas spiralig um den Dotter gekrümmt. Auftreten des Hörbläschens und der Riech- gruben. > 30—33. Spiralige Krümmung noch stärker ausgesprochen. Auftreten zweier Visceralbögen und -furchen. Die Anlage der Vorniere tritt als Höcker äusserlich hervor. Am Auge bemerkt man das Auftreten der Linse. Von den Riechgruben zieht jederseits eine Rinne nach innen abwärts zur Mundbucht, oft confluiren beide Rinnen in der Mitte. n 34 und 35. Auftreten von vier Kiemenfurchen, die sich aber noch nicht als Spalten nach aussen öffnen. Man sieht das Hörbläschen durch den Ductus endolymphaticus nach aussen münden. Durch künstliche Aufhellung kann man jetzt das Herz, sowie die Ganglien des Trigeminus und Acustico- facialis sichtbar machen. Man sieht dann auch, dass sich das Vorderhirn in Grosshirn und Zwischen- hirn gesondert hat. Sernon, Ceratodus, JEN. DENKSCHRIFTEN, Ba.IV. Semon, Forschungsreisen, Bd.l. Taf.V. al 832. ---—-06 Verl.v GustayFischer, Tena. LithAnstr.A.Giltsch, Jena, er > jo 4 Rarelavz Ausbildung des Embryo. Fortsetzung. Alle Figuren bei ı3-facher Vergrösserung. Der Zusatz o zu der Nummer des Stadiums bedeutet Ansicht von oben, z: von unten, s: von der Seite, x: Seitenansicht eines künstlich aufgehellten Embryo. OEENoLtar au.v . . Hörbläschen. CO le1za d.ee . . . Ductus endolymphaticus. ed .- . . Epiphysis. gel.ac.f . Ganglion des Acusticofacialis. gel.tr . . Ganglion des Trigeminus. gh . . . Grosshirn. Kl ERleinkien: mh . . . Mittelhirn. MO > 5. Nadninam. GE 0500 Am, ol . . . Riechgrube. opre . . Operculum. MAR 2 > . Vornlere, uk . . . Anlage des Unterkiefers. vser.” . . Region der Visceralbögen und -spalten. zh . . . Zwischenhirn. Stadium 36 und 37. Axe des Embryo noch mit starker ventraler Krümmung. Embryonen noch undurchsichtig (36%, 37 x künstlich aufgehellt). % 38 und 39. Axe des Embryo beginnt sich zu strecken. Embryonen in lebendem Zustande durch- scheinend. » 40. Embryo kurz vor dem Ausschlüpfen. Axe des Embryo gerade. Operculum fängt an als Falte sichtbar zu werden. Am Herz Kammer und Vorhof zu unterscheiden. Das primäre Hinterhin zer- fällt in Kleinhirn und Nachhirn. Semon, Ceratodus. ‘ JEN. DENKSCHRIFTEN, Ba.IV. ._Semon, Forschungsreisen, Bd.T. Tat. Y. par er N Pi 2 1: \ & \ : NunBEDEe TEE en TE u > x ERLERNEN EEENTNTLECLNEN BE LE FREE ZBEBEBEDE EG, zum u 8 Gilisch del, Verl Gustav Fischer, Tena . IF Tafel VI. Der junge Fisch nach dem Ausschlüpfen. Alle Figuren bei ı3-facher Vergrösserung. Der Zusatz o zu der Nummer des Stadiums bedeutet Ansicht von oben, ı: von unten, s: von der Seite. a0 . . . primitive Aorta. au.v.. . . Hörbläschen. GR 0 „ Jar d.ee . . . Ductus endolymphaticus. ED piphysis ggl.ac.f . Ganglion des Acusticofacialis. geltr . . Ganglion des Trigeminus. geh . . . Grosshirn. TED teber: AR 5 5 „ Klemmen, ll . . . . linearer Epidermisstreifen der Seitenlinie (Ramus lateralis nervi vagi). mdpl. . . Munddachplatten (sogenannte Oberkieferfortsätze). mn 22 Nittelhien: nh 2.2.2 Nachhim: OO entre: Or rSecheube: oßpre . . . Operculum. prn . . . Vorniere. uk . . . Unterkiefer. zh . . . Zwischenhirn. Stadium 4143. Junge Fische in den ersten Tagen nach dem Ausschlüpfen. Hoher Grad von Transparenz. In Stadium 43 fängt die Seitenlinie an hervorzutreten. 44. Junger Fisch eine Woche nach dem Ausschlüpfen. Die Transparenz hat abgenommen. Das Operculum bedeckt die Kiemenregion beinahe ganz. ‚Semon, Ceratodus. | JEN. DENKSCHRIFTEN, Ba.W. Semon, Forschungsreisen, Bd_I. Taf! Wi. B.Semon u.& Giltsch del. Verl v: Gustav Fischer. Jena. i Lifh Anst.v-A Giltsch, Jenz, D j fi r " » . N Cr MR { } ö > er vn Ä x ö A Tail WINE Alle Figuren bei ı3-facher Vergrösserung. Der Zusatz u zu der Nummer des Stadiums bedeutet Ansicht von unten; bei den mit 4? bezeichneten Figuren ist der Unterkiefer zurückgeklappt. s: Ansicht von der Seite. Da KSemen: d.vom . . . Vomerzähne. d.ptfl . . . Pterygopalatinalzähne (Zahnplatte des Oberkiefers). eh,,eh,, eh, . drei Längsreihen von Endhügeln der Seitenlinie. ll. . . .. . linearer Epidermisstreifen der Seitenlinie (Ramus lateralis nervi vagi). n.ext . . . äussere Nasenlöcher. n.int . . . innere Nasenlöcher. TEN senzinner Ole NSechemubes p.abd . . . Bauchflosse. p.pect . . . Brustflosse. S. ....... Saum, der die Mundhöhle seitlich begrenzt. spd . . . . Darm mit Spiralklappe. SCENE Schuppen! Stadium 45. Junger Fisch, zwei Wochen nach dem Ausschlüpfen, bei dem eben die Brustflosse hervorzusprossen beginnt. Auf diesem Stadium treten die Schuppen deutlich hervor. Zahnanlagen sichtbar. 46. Junger Fisch, vier Wochen nach dem Ausschlüpfen. Kiemen angelegt; die hintersten noch nicht völlig vom Operculum bedeckt (46 u). 9 47. Junger Fisch, sechs Wochen nach dem Ausschlüpfen. Erste Anlage der Bauchflosse. Am Darm tritt die Spiralklappe hervor. Figur 47 u? und 48 u? Munddach von Stadium 47 und 48 nach Zurückklappen des Unterkiefers, um die Bildung der äusseren und inneren Nasenlöcher, die Zahnanlagen und ihre Verschmelzung zu den Zahnplatten zu zeigen. Semon, Ceratodus. JEN. DENKSCHRIFTEN, Ba.V. Semon, Forschungsreisen, Bd. 1. Taf VII. ah . > Er RiSemm u. A Giltsch del, na. StT ı, Jenas Tafel VI. Junger Fisch, zehn Wochen nach dem Ausschlüpfen bei 13-facher Vergrösserung. Stadium 48. s: Ansicht von der Seite, «: Ansicht von unten, &: Ansicht nach künstlicher Aufhellung. eh,, eh,, ehs . drei Längsreihen von Endhügeln der Seitenlinie. Ü ...... . linearer Epidermisstreifen der Seitenlinie (Ramus lateralis nervi vagi). b.abd . . . . Anlage der Bauchflosse. en, Bd.1. Taf. VII, 215 [63 es Semon, Forschundsr — gel . ith.Anst.wA.Gitsch, Jena { - eh EIERB EFF SW N. DENKSCHRIFTEN, Ba.IV. JE Semon.Ceralodus. 11 GustavFischer Jena, 5 Ve R Sermon u, A Galtsch del, Verlag von Gustav Fischer in Jena. Blochmann Dr. F., o. ö. Professor der Zoologie an der Universität Rostock, Untersuchungen über den Bau ” der Brachiopoden. Mit 7 lithographischen Tafen. 1893. Preis: 25 Mark. Inhalt: Abschnitt 1. Die Schale. — Abschnitt 2. Allgemeine Beschreibung der äusseren Morphologie. — Absehnitt 3. Die Körperwand und der Mantel. — Abschnitt 4. Das Muskelsystem. — Abschnitt 5. Der Arm- apparat. — Abschnitt 6. Der Darm mit seinen Anhängen. — Abschnitt 7. Die Leibeshöhle, die Mantelsinus, die Mesenterien, die Nephridien. — Abschnitt 8. Das Blutgefässsystem. — Abschnitt 9. Die Geschlechtsorgane. — Absehnitt 10. Das Nervensystem. Fürbringer Dr. Max, o. ö. Professor der Anatomie und Direktor des anatomischen Instituts der Universität Jena, ?’ Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Vögel. Zugleich ein Beitrag zur Anatomie der Stütz- und Bewegungsorgane. Zwei Bände. Mit 30 Tafeln. Preis: 125 Mark. Hieraus werden einzeln abgegeben: Allgemeiner Theil. Resultate und Reflexionen auf morphologischem Gebiete. Systematische Ergebnisse und Foleerungen. Mit 5 Tafeln. Preis: 75 Mark, und aus dem allgemeinen Theile, Kap. VI: Die grösseren Vogelabtheilungen und ihr gegenseitiger Verband. Versuch eines genealogischen Vogelsystems. Mit 5 Tafeln. Preis: 7 Mark 50 Pf. Haeckel Ernst, Professor an der Universität Jena, Ursprung und Entwiekelung der thierischen Gewebe. ” 1884. Ein histogenetischer Beitrag zur Gastraea-Theorie. Preis: 2 Mark. Biologische Studien. Zweites Heft: Zur Gastraea-Theorie. Mit 14 Tafeln. 1877. Preis: 12 Mark. System der Siphonophoren. Auf phylogenetischer Grundlage entworfen. 1888. Preis: 1 Mark 20 Pf. Metagenesis und Hyposenesis von Aurelia Aurita. Ein Beitrag zur Entwiekelungsgeschichte der Medusen. Mit 2 Tafele. 1881. Preis: 5 Mark 50 Pr. Plankton-Studien. Vergleichende Untersuchungen über die Bedeutung und Zusammensetzung der pelagi- schen Fauna und Flora. 1390. Preis: 2 Mark. Heider Dr. Karl, Die Embryonalentwickelung von Hydrophilus Piceus L. Herausgegeben mit Unter- ? stützung der kgl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. I. Theil. Mit 13 lithographischen Tafeln und 9 Textabbildungen. 1889. Preis: 20 Mark. Hertwi Dr. Oscar, o. ö. Professor der Anatomie und Direktor des II. anatomischen Institutes an der Universität g, Berlin, Die Zelle und die Gewebe. Grundzüge der allgemeinen Anatomie und Physiologie. Mit 168 Abbildungen im Texte. 1892. Preis: 8 Mark. Hertwi Dr. Richard, Professor der Zoologie und Direktor des zoologischen Museums an der Universität g, München, Der Organismus der Radiolarien. Mit 10 lithographischen Tafen. 1879. Preis: 25 Mark. Die Actinien der Challengerexpedition. Mit 14 lithographischen Tafeln. 1882. gr. 4%. Preis: 20 Mark. Hertwi Oscar und Richard, Der Organismus der Medusen und seine Stellung zur Keimblättertheorie. g, Mit 3 hithographischen Tafeln. 1878. gr. 4%. Preis: 12 Mark. Untersuchungen zur Morphologie und Physiologie der Zelle. Heft 1-6. Mit 13 lithographischen Tafeln. Preis: 19 Mark 60 Pf. Verworn Dr. Max, Privatdocent der Physiologie an der Universität Jena, Die Bewegung der lebendigen ’ Substanz. Eine vergleichend-physiologische Untersuchung bei Contractionserscheinungen. Mit 19 Ab- bildungen. Preis: 3 Mark. Psycho-physiologisehe Protistenstudien. Mit 6 lithographischen Tafeln und 27 Abbildungen im Text. Preis: 10 Mark. Walther Johannes, a. o. Professor an der Universität Jena, Einleitung in die Geologie als historische ; ? Wissenschaft. Erster Theil: Bionomie des Meeres. Beobachtungen über die maritimen Lebensbezürke und Existenzbedingungen. 1893. Preis: 6 Mark. — Zweiter Theil- Beobachtungen über das Leben der geologisch wichtigen Thiere. 1893. Preis: 8 Mark 50 Pf. Weismann August, Professor in Freiburg i. Br., Die Entstehung der Sexualzellen bei den Hydromedusen. ’ Zueleich ein Beitrag zur Kenntniss des Baues und der Lebenserscheinungen dieser Gruppe. Mit einem Atlas von 24 Tafeln. 1883. gr. 4%. Preis: 66 Mark. Wiedersheim Dr. Robert, Professor an der Universität und Direktor des anatomischen und vergleichend- ? anatomischen Instituts zu Freiburg i. B, Die Anatomie der 6ymnophionen. Mit 9 Tafeln kl. 4%. 1879. Preis: 25 Mark. Das Gliedmaassenskelett der Wirbelthiere mit besonderer Berücksichtigung des Schulter- und Becken- gürtels bei Fischen, Amphibien und Reptilien. Mit 40 Figuren im Texte und einem Atlas von 17 Tafeln. 1892. Preis: 24 Mark. Morphologische Studien. Heft 1. Mit 3 Tafeln. 1880. Preis: 5 Mark. Frommannsche Bucharuckerei (Hermann Pohle) in Jena, — 1196 + DENKSCHRIFTEN rl DER. oc 5 MEDIGINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLS ZU a JENA. Ri VIERTERBAND — nee “ RICHARD SEMON, ZOOLOGISCHE FORSCHUNGS IN AUSTRALIEN UND. DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL.. din, ERSTER BAND: CERATO ee NA VERLAG VON GUSTAV 1893. 0.00% Des ganzen Werkes Lieferung 14. =... 100L06ISchE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN DR, PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891-1893 VON RICHARD SEMON. ERSTER BAND: CERATODUS. IT. LIEFERUNG. Baldwin Spencer, Der Bau der Lungen von Ceratodus und Protopterus. Richard Semon, Die Entwickelung der paarigen Flossen von Ceratodus forsteri. MIT 9 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND % ABBILDUNGEN IM TEXT. TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1898. RR... Re und dem Malayischen ne von Ritter ausgeführt in den Jahren Mey 193 der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft er Base Liu (Des ganzen Werkes Lieferung, 1.) Mit 8 lithogr. Tafeln Hacckel, Systematische Einleitung: Zur Phylogenie der Australischen Fauna. ee und Plan des Werkes. — Richard en Verbreitung, Lebensverhältnisse — Richard dSemon, Die äussere Entwickelung des "Oeratodus Forsteri, rn Erste Lieferung. oe ‚ganzen Werkes Lieferung 3.) i Preis: 20. Mar h en hir die Lebensweise Au Fortpflanzung der Monotremen — Richard Semo u Die en der Monotremen und Entwiekelungsgeschichte der Monotremen. Marsupialier. Zweite Tiefsrung, Des ganzen Werkes Lieferung 5.) his Tafeln und 40 Abbildungen im Text. 1895. Preis: % Mark. 'G@eorgRuge, Die Hautmuskulatur der Monotremen und ihre Beziehungen zu dem Marsupial- i E: Hermann Klaatsch, Studien zur Geschichte der Mammarorgane. I. Theil: Die ‚Drüsenfeld der Monotremen. : Monotremen und Marsupialier. es a (Des ganzen Werkes Lieferung 6.) 1 age nn 6 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 25 Mark Inhalt: P. I tter, Beiträge zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte des Blutgefässsystems | der Monotremen. — Albert Narath, Die Entwickelung der Lunge von Echidna aculeata — Albert DR er den der Mono a a ee en dan javanica. re ter Band: onotremen b e ee (Des ganzen Werkes Lieferung 7.) (mu s I on und 11 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 16 Mark. nn a Hermann Braus, Untersuchungen zur vergleichenden Histologie der Leber der Wirbelthiere. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Fünfte Lieferung. De re Werkes Lieferung 9.) | | Mit 7 ischen Tafeln und 13 Abbildungen im Text. 1897. Preis: 20 Ma _ Inhalt: ©. Emery, Bei zur Entwickel ichte und oki a Hand- und Fussskeletts I .— Albert Oppel, Ueber den Darm der Monotremen, einiger Marsupialier und von Manis javanica, Monotremen” IL. ı ‚ter Band: d Mar Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 11.) | nit 96 Aeblunsen im Text. 1897. Preis: 16 Mark. Inhalt: Th. Ziehen, Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. I. Theil: Makro- Anatomie. ee I _ Dritter Band: Monotremen und Marsupialier II. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 13). = | Mit 11 lithographischen Tafeln und 17 Abbildungen im Text. 1898. Preis: 27 Mark. Inhalt: Fritz Römer, Studien über das Integument der ingeiine I. Das Integument der NT — Theodor Dependorf, Zur Entwiekelun ichte des Zahnsystems der Marsupialier. jerter Band: verschiedener Wirbelthiere. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes al a 10 un 5 lithogr. Tafeln und 47 Abbildungen im Text. 1897. Preis: 16 Mark. ib; nhalt: W. Kükenthal, Vergleichend-anatomische und entwickelungsgeschichtliche Untersuchungen g ; ee: DAerBeGer Au Be au tomie wirbelloser Thiere. Erste (Des Ka | oma we a Mit, n lithogr. Tafeln 7 nn im Text. Ba Preis: 20 Mark N A. ee Crustaceen. — E. y. Martens, Mollusken. — W. Michaelsen, Lumbri- . Ph. Sluiter, Holothurien. — O. Boettger, Lurche (Batrachia). — 0. Boettger, Schlangen. En Se Bidechsen und Schildkröten. — A. Reichenow, Liste der Vögel. — F. Römer, Bun Band: Systematik, Tirseora Anatomie wirbelloser Thiere. Zweite Lieferung. (Des Werkes lithographise. feln und 5 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 20 Mark. le ©. Ph. Sluiter, Tunieaten. — B. Haller, Beiträge zur Kenntnis der Morphologie von | Neutitus_ pompilius. - —_ Arnold Pagenstecher, Lepidoptera Heterocera — Max Fürbringer, Lepi- Rh — Max Weber, Fische von Ambon, Java, Thursday Island, dem Burnett-Fluss und = der Si en, Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Dritte Lieferung. wi ne 8) Mit 10 lithogr. Tach und 4 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 20 Mark. Inhalt: L. Döderlein, Bericht über die von Herrm Professor Semon bei Amboina und Thursday gesammelten Ophiuroidea. — L. Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina je ni gesammelten Asteroidea. — ©. Ph. Sluiter, Nachtrag zu den Tunicaten. — Marianne Sail von Ambon. — W. Fischer, Gephyreen. — E. Simon, Liste der Arachniden der oe in Australien und dem Malayischen Archipel. — J. C. H. de Meijere, Die Dipteren der a e, Anatomie wirbelloser Thiere. Vierte Lieferung. en 12.) Mit 18° N Tafeln und 4 Abbildungen im Text. 1898. a m A Die Cestoden der Marsupialia und Monotremata. — L. L. Breitfuss, ] an ein neuer heterocöler Kalkschwamm. — Casimir R. Kwietniewski, Actiniaria von y Island. — Eugen Burchardt, Aleyonaceen von Thursday Island (Torres-Strasse) und | von —L ” Schultze, Rhizostomen von Ambon. — v. Linstow, Nemathelminthen. Von Herrn in Australien gesammelt. — L. Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon I: - und Thursday Island ( alten Orinoiden. — 1 Döderlein, Ueber einige epizoisch lebende idea. — L. Döderlein, eber „Krystallkörper* bei Seesternen und über die Wachsthumserscheinungen ziehungen von Goniodiseus sebae. — Carl Graf Attems, Myriopoden. DENKSCHRIEIEEN DER MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA. VIERTER BAND. RICHARD SEMON, ZOOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. ERSTER BAND: CERATODUS. II. LIEFERUNG. MIT 9 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 7 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1898. ZÖÖLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN DR, PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891-1893 VON RICHARD SEMON. ERSTER BAND: CERATODUS. II. LIEFERUNG. Baldwin Spencer, Der Bau der Lungen von Ceratodus und Protopterus. Richard Semon, Die Entwickelung der paarigen Flossen von Ceratodus forsteri. MIT 9 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND % ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1898. er > + wall Part! ub Der Bau der Lungen von Ceratodus und Protopterus. Von Baldwin Spencer, M. A., Professor der Biologie an der Universität Melbourne. Mit Tafel IX und X und 3 Textfiguren. Jenaische Denkschritten. IV. 1 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. 1. Narr nach seiner Rückkehr von Australien übergab mir Herr Professor SEMon besonders conservirte Theile von Ceratodus-Lungen zusammen mit einem Exemplar einer Protopterus-Lunge. Das Folgende ist ein Bericht über den feineren Bau dieser Lungen, für deren gütige Ueberlassung ich Herrn Professor SEMON meinen aufrichtigen Dank ausspreche. Die allgemeine Form und Structur der Dipnoerlunge ist schon von verschiedenen Untersuchern be- handelt worden; für Ceratodus und Protopterus besonders von GÜNTHER!) und PARKER ?), für Lepidosiren von Owen und Hyrrr. Es scheint aber, dass sehr wenig über die feinere Anatomie bekannt ist. 1. Ceratodus forsteri. Wie schon GÜNTHER beschrieben hat, hat die Lunge ihren Ursprung an der Ventralseite des Oeso- phagus, ein wenig rechts von der Medianlinie. Indem sie sich von hier rechts wendet, kommt sie dorsal vom Darmkanal zu liegen. Hier ist sie in ihrer ganzen Länge durch einen Streifen fibrösen Binde- gewebes, in welchem die Aorta liegt, an die Wirbelsäule angeheftet. Im grösseren Theile ihrer Länge ist sie durch ein medianes Mesenterium an der Dorsalwand des Verdauungskanals befestigt. Die mittleren ventralen und mittleren dorsalen Abschnitte der Lungenwand sind dicker und sehen derber aus als die Seitentheile und sie entbehren des deutlich markirten Netzwerks von Blutgefässen, welches sich an den letzteren befindet. Auf diese Weise zeigt die Lunge, obwohl sie ein einheitliches inneres Lumen besitzt, die deutliche Andeutung einer Theilung in eine rechte und linke Hälfte. Bekanntlich ist diese Theilung bei Protopterus vollständig durchgeführt. Wie GÜNTHER bereits beschrieben hat, sind die beiden seitlichen Hälften der Lunge je in eine Reihe von Buchten getheilt, von denen jede von ihren seitlichen Nachbarn wohl gesondert ist. Die ganze Oberfläche jeder Seitenbucht ist bedeckt mit einem Netzwerk von feineren Septen. In Fig. ı auf Taf. IX ist das Innere eines Hinterendes der Lunge dargestellt, wobei die ventrale Wand auf der einen Seite durchgeschnitten und abwärts gezogen ist, um die grossen Septen zu zeigen, welche die Seitenbuchten von einander scheiden. Auch sieht man die kleinen Septen, welche grössten- theils kleine leistenförmige Erhebungen vorstellen, welche in der Wand vorspringen. Die allgemeine Anordnung der Blutgefässe in der Lunge habe ich schon beschrieben). Die Arterien liegen an der äusseren, die Venen an der inneren Seite. 1) A. GÜNTHER, Description of Ceratodus. Philosoph. Transactions R. Soc., Vol. 161, 1871. 2) W. N. PARKER, On the anatomy and physiology of Protopterus annectens. Transactions R. Irish Academy, Vol. 30. Bra 3) B. SPENCER, Contributions to our knowledge of Ceratodus. Part I. The blood vessels. Macleay Memorial Volume. Linn. Soc. N. S. W. 1* g* 54 Der Bau der Lungen von Ceratodus und Protopterus. 4 Zum Studium des feineren Baues wurden fortlaufende Schnittserien angefertigt, und unter ver- schiedenen Färbungsmitteln, die angewendet wurden, erwies sich Alaunhämatoxylin-Eosin als das vortheil- hafteste, weil es die Elemente gut differenzirte. Die feinere Structur ist bei Ceratodus verhältnissmässig einfach. Die ganze innere Oberfläche, ein- schliesslich der grösseren Septen, welche die Seitenbuchten abgrenzen, und einschliesslich der kleineren, welche ein Trabekelsystem überall auf den Wänden der letzteren bilden, ist mit einem reichen Netzwerk von feinen Capillaren bedeckt. Jede Seitenbucht ist, wie man auf dem Querschnitt (Fig. 2, Taf. IX) sehen kann, durch die Septen zweiter Ordnung in ein Netzwerk von communicirenden Hohlräumen aufgetheilt, die keine bestimmte Grösse und Form besitzen. Die Septen ebenso wie die äussere Wand der Lunge bestehen aus glatten Muskelfasern und Binde- gewebe. Die ganze innere Oberfläche der Lunge ist von einer einfachen Lage flacher Zellen bedeckt, die sich in allen Theilen der Lunge durchweg gleich bleiben. In Fig. 2 ist ein Schnitt durch den äusseren Abschnitt einer Seitenbucht dargestellt. Die Details der Bildung sind in Fig. 3 und 4 abgebildet. Die Blutgefässe durchdringen die Septa selbst (Fig. 3 lv), und man sieht die Blutkörperchen in den sehr kleinen Capillaren unmittelbar unter dem dünnen Epithel, das die Oberfläche auskleidet, eine fast continuirliche Schicht bilden. Bei Ceratodus zeigt sich bei Anwendung von Alaunhämatoxylin-Eosin in directem Gegensatz zu den bei Protopterus erhaltenen Resultaten, das Vorhandensein von nur zwei Arten von Blutkörperchen: I) rothe Blutkörperchen von leicht erkennbarer Gestalt, bei denen sich das Protoplasma leicht gelblich und der Kern grün färbt, und 2) eine Form von weissen Körperchen, die sich sofort erkennen lassen durch ihre Grösse, ihre ovale Gestalt, ihr ungefärbtes Protoplasma und ihren blau gefärbten Kern. Das unter- suchte Material war in Sublimat-Pikrinessigsäure conservirt worden. 2. Protopterus annectens. Die allgemeine Form der Lungen ist schon durch PARKER beschrieben. Im Gegensatz zu Ceratodus ist die Theilung in zwei Hälften mit Ausnahme des allervordersten Abschnittes vollständig. Die Wandung der Glottis ist durch eine faserknorpelige Platte ausgesteift. Howes') hat auf Beziehungen derselben zu einer Epiglottis aufmerksam gemacht. Wie bei Ceratodus begiebt sich die Lunge um die rechte Seite des Oesophagus zur Dorsalseite des Verdauungskanals und theilt sich dann sehr bald in eine rechte und linke Hälfte. Wie bei den Lebensgewohnheiten der Thiere anzunehmen war, ist die Lunge von Protopterus er- heblich höher differenzirt als die von Ceratodus. Die allgemeine Uebereinstimmung ist jedoch in mancher Beziehung recht augenfällig. Wäre die Lunge von Ceratodus durch eine mediane Scheidewand in zwei Hälften getheilt, so würde man an beiden Seiten der letzteren einen röhrenförmigen Hohlraum haben, der die Lunge der Länge nach durchsetzt und mit Buchten ausgestattet ist, die sich seitlich in gewissen Intervallen in ihn öffnen. Dies ist der thatsächlich vorhandene Befund bei Protopterus. Wenn man die Lunge von der Dorsalseite öffnet (Fig. 5, Taf. IX), so sieht man die ganze Oberfläche mit einem Netzwerk von Erhebungen bedeckt, während sich in dem centralen Hohlraum eine Reihe von Buchten von den Seiten und hinten her öffnen. Dieselben sind von einander durch dicke Septen getrennt. I) Proc. Zool. Soc., 1887, p. 501. 5 Der Bau der Lungen von Ceratodus und Protopterus. 55 PARKER giebt an, dass in dem Exemplar, das er untersucht hat, das kurze unpaare Vorderende keinen deutlichen medianen Hohlraum enthielt, sondern dass der ganze Raum von einem Trabekel- system durchsetzt war. In dem Exemplar, welches ich untersucht habe, sieht man die beiden mittleren Hohlräume in jeder Lunge sich schliesslich vereinigen, wenn man die Schnittserie nach vorwärts verfolgt, bis sie im vorderen Abschnitte einen sehr grossen und deutlichen einheitlichen Hohlraum bilden. Das Trabekelsystem ist dabei fast ganz auf die Seitenflügel beschränkt (Taf. X, Fig. 6). Dieser mittlere Hohlraum läuft in ein röhrenförmiges Stück aus, welches den Oesophagus umkreist, um sich in der Glottis zu öffnen. In dem paarigen Abschnitte sind die Wände mit einem Netzwerk von leistenförmigen Erhebungen bedeckt, zwischen welchen sich Oeffnungen befinden. Dieselben führen in Aushöhlungen hinab, die sich in ihrem Bau sehr von allem unterscheiden, was bei Oeratodus gefunden wird. Fig. 7 und 8 stellen Ouer- schnitte durch die Mitte der Lunge dar. Der erste ist durch die Region eines Septum gelegt, das zwei Aussackungen trennt, das zweite durch das Centrum einer solchen. Fig. 9 stellt einen Schnitt durch das Hinterende dar. Die Wandung ist dort dick und die Aussackungen verhältnissmässig klein. Die leisten- förmigen Erhebungen, welche in den inneren Hohlraum vorspringen, bestehen hauptsächlich aus glatten Muskelfasern mit einer gewissen Menge von fibrösem Bindegewebe. Zwischen diesen Erhebungen öffnen sich Räume gegen die Peripherie der ganzen Lungenoberfläche. Jeder dieser Räume öffnet sich wieder in eine Reihe von kleinen rundlichen Kammern. Die Art ihrer Verästelung von dem ihnen gemeinschaftlichen Hohlraum aus sieht man auf Fig. 7, 8, 9, Io, II. Die Oberfläche aller jener leistenförmigen Erhebungen, sowohl derer des centralen Hohlraums, wie derer der Seitenbuchten sind mit einem abgeflachten Epithel bedeckt, ähnlich demjenigen, welches die ganze innere Oberfläche der Lunge von Ceratodus auskleidet. PARKER’s!) Beschreibung der feineren Anatomie lautet folgendermaassen: „The epithelial lining of the lungs consists of a single layer of somewhat flattened cells, with which the network of blood vessels in the underlying tissues comes into close relation. Masses of smooth muscle fibres and numerous pigment cells are present in the connective tissue.‘ Wenn man das Epithel in die oben erwähnten verzweigten Kammern verfolgt, so findet man, dass sich seine Structur sehr ändert. Fig. 12 und ı3 stellen Schnitte durch solche Kammern dar, der erstere ist ein Querschnitt, der zweite trifft zwei Kammern etwas seitlich Statt abgeflacht zu sein, sind die Zellen gross und rundlich und ragen mit ihren abgerundeten Enden in das Lumen hinein. In vielen von ihnen hat der Kern ein eigenthümliches Aussehen. Das Chromatinmaterial bildet eine Kappe an dem nach dem Lumen gerichteten Ende. Von dieser Kappe ziehen kleine Chromatinstreifen rückwärts. Sehr oft (Fig. 13) ist die ganze Kammer von solchen Zellen ausgekleidet, aber in anderen Fällen (Fig. 12) ist zwar bei der Mehrzahl der Zellen das innere Ende abgerundet, aber sie enthalten Kerne, in welchen das Chromatin gleich- mässiger vertheilt ist. Bei Anwendung von Alaunhämatoxylin-Eosin nimmt man eine grosse Menge von eosinophilen weissen Blutkörperchen wahr. Ihre Kerne sind blau, ihr Protoplasma tief purpurbraun gefärbt. Man sieht sie zwischen den Zellen liegen, welche die Kammern auskleiden. Es ist mir nicht möglich gewesen, solche Zellen bei Ceratodus zu entdecken, während sie mit ihrer dunklen Färbung die ganzen Schnitte einer Protopterus-Lunge punktirt erscheinen lassen. Ihre unregelmässige Contour und ihre Farbe unterscheiden sie sofort von einer zweiten Reihe von weissen Blutkörperchen, welche eine regelmässige Contour besitzen, und deren Protoplasma granulirt ist und r) 1. e. p. 164. 56 Der Bau der Lungen von Ceratodus und Protopterus. 6 sich kaum färbt, während sich die Kerne blau färben. Die rothen Blutkörperchen sind wie gewöhnlich von einem gelblichen Farbenton mit einem grünlich-blauen Kern. In keinem Falle wurde ein weisses Blut- körperchen in dem Lumen der Kammer entdeckt, aber man findet sie häufig an der Oberfläche zwischen den Zellen, welche das Lumen begrenzen. Diese beiden Arten von weissen Blutkörperchen müssen offenbar denjenigen entsprechen, die PARKER als Form a und b beschrieben hat. Im grössten Theil der Lunge findet sich kein Muskelgewebe aussen von den verzweigten Kammern, so dass die ganze äussere Oberfläche mit stumpfen abgerundeten Vorsprüngen bedeckt ist, die jenen Kammern entsprechen. Auf ihnen kann man die verzweigten Blutgefässe sehen. Ihr Lauf ist oft durch punktirte Linien von Pigmentzellen bezeichnet. In den hinteren Abschnitten der Lunge sind übrigens die Muskelfasern auf der Oberfläche mehr entwickelt, und hier treten die verzweigten Kammern an Zahl sehr zurück. Die obigen Beschreibungen werden, so kurz sie sind, zusammen mit den Figuren dazu dienen, die Hauptzüge der Lungenstructur von Ceratodus und Protopterus klarzulegen. Vergleichung der Dipnoer-Lungen untereinander und mit denen der anderen Wirbelthiere. Die Textfiguren No. I, 2 und 3 werden als Diagramme den Bau der Lunge von Ceratodus und Proto- pterus erläutern. Die punktirte Linie durch die Mitte von No. I soll andeuten, dass nur die Hälfte der Figur dem Lungenbild von Protopterus, das in No. 2 abgebildet ist, äquivalent ist. N ) 3/1), Fig. 1. Ceratodus. Fig. 3. Protopterus. In beiden ist ein centraler Hohlraum vorhanden, der sich seitlich in Buchten öffnet. Durch die Zweitheilung der ursprünglich unpaaren Lunge bei Protopterus kommt es, dass diese Buchten nicht nur seitlich, sondern allseitig aus dem centralen Hohlraum hervorgehen. Die Buchten der seitlichen Reihe sind aber grösser als die übrigen und entsprechen offenbar der einen, bei Ceraiodus allein vorhandenen Reihe. Bei letzterem sind die Wände der Seitenbuchten von Septen durchsetzt, welche von unregelmässigen leistenförmigen Hervorragungen eben dieser Wand gebildet werden. Bei Protopterus sind die centralen Höhlungen und die seitlichen Buchten von Erhebungen durchsetzt, welche als Homologa der stärker aus- geprägten Septen von Ceratodus betrachtet werden können (verel. Fig.2, Taf. IX, von Ceratodus, und Fig. S und ı1, Taf. X, von Protopterus). Bei Ceratodus ist die Wand der ganzen Lunge, bei Protopterus diejenige 7 Der Bau der Lungen von Ceratodus und Protopterus. 57 des centralen Hohlraums und der Seitenbuchten von glatten Muskelfasern und Bindegewebe gebildet, welches durch ein flaches Epithel ausgekleidet wird. Unmittelbar unter demselben liegt ein Netzwerk von Blutgefässen. Man geht wohl sicher nicht fehl, wenn man die ganze Lunge von (Ceratodus mit dem centralen Hohlraum und den seitlichen Ausbuchtungen von Protopterus homologisirt, und die übrigen Bildungen in der Lunge des letzteren als Weiterbildungen betrachtet, welche bei Ceratodus noch nicht zur Ausbildung gelangt sind. Diese Bildungen sind: I) eine Reihe von mehr oder weniger röhrenförmigen Hohlräumen, deren Wandung von Muskelfasern gebildet werden. Dieselben communiciren mit 2) kleineren röhrenförmigen Hohlräumen, und in diese öffnen sich 3) verzweigt angeordnete kleinste Kammern. Die Lunge von Ceratodus ist wahrscheinlich derjenigen von Lepidosiren sehr ähnlich und steht auf einer viel tieferen Entwickelungsstufe als die von Protopterus. In seiner werthvollen Untersuchung über die Structur der Lungen hat MIiLLER!) es versucht, die verschiedenen Theile der Lunge, wie sie bei den verschiedenen Wirbelthieren entwickelt sind, zu homologi- siren. Es scheint mir jedoch, dass, obwohl natürlich eine allgemeine Aehnlichkeit vorhanden ist, man nicht eigentlich den Ausdruck Luftzellen oder Alveolen auf irgend einen Theil, beispielsweise der Frosch-Lunge anwenden darf, wenn man dabei im Sinne hat, anzudeuten, dass dieselbe streng homolog derjenigen Bildung ist, die bei den Säugethieren so genannt wird. MILLER sagt z. B.?): „In some of the lizards (Heloderma suspectum) we find that this central cavity is divided into several smaller ones by means of partition. These smaller cavities or air-sacs are sub-divided into air-cells, just as we have seen in the case of the frog lung.“ Nun kann wenig Zweifel darüber herrschen, dass der centrale Hohlraum und die lateralen Buchten in der Lunge von Ceratodus, ebenso wie ihre weiteren Unterabtheilungen, die durch die Septen gebildet werden, im genauen Sinne des Wortes homolog sind mit dem centralen Hohlraum und den lateralen Buchten bei Protopterus und gleichzeitig mit dem centralen Lumen und den seitlichen Auftreibungen, welche durch Septen aufgetheilt sind, beim Frosch und bei Heloderma. Wenn die Namen Luftsack und Luftzelle (Alveole) auf diese angewendet werden sollen, womit haben wir dann die kleinen, verzweigt angeordneten Hohlräume in der Protopterus-Lunge zu homologisiren, die augenscheinlich weitere Differenzirungen sind und sich in einfachen Lungen nicht finden? Ferner bemerkt MILLER°), wenn er von der Säugethier-Lunge spricht, dass sich das Atrium vom Vestibulum dadurch unterscheiden lässt, dass glatte Muskelfasern mit in die Wand des ersteren eintreten. Diese Unterscheidung wird sich aber kaum aufrecht erhalten lassen für die Bildung, welche er bei Kroko- dilen und Vögeln als Atrium bezeichnet. Im Ganzen ist es vielleicht am sichersten, ganz davon abzusehen, die einzelnen Theile der Lunge bei allen Formen von Wirbelthieren im Detail zu homologisiren. In allen Gruppen, von den Dipnoern und Amphibien an aufwärts, ist zwar eine gewisse fundamentale Uebereinstimmung vorhanden, aber in den höher entwickelten Lungen jeder verschiedenen Gruppe ist die Specialisation so weit gediehen, dass es unmöglich ist, die einzelnen Elemente zu homologisiren. Bei Protopterus z. B. (Textfig. 3) kann man sehen, dass ebensoviele verschiedene Theile vorhanden sind, welchen man besondere Namen geben könnte, als in der Lunge der Säugethiere. Angenommen, wir fangen damit an, die verzweigten Kammern Luftzellen oder Alveolen zu nennen (5), SO öffnen sich diese in 1) D)RIECHD-21/O: ) Journal of Morphology. V. S, 1893, p. 165. l. 3) ]. e. p. 174. 58 Der Bau der Lungen von Ceratodus und Protopterus. 8 Lufträume (4), diese wieder in kleine röhrenförmige Hohlräume (3), die wir naturgemäss, wenn wir die Homologie fortsetzen, Atrium benennen müssen. Aber nun befinden sich glatte Muskelfasern in den Wandungen der letzteren, und wir können ihnen deshalb, streng genommen, diesen Namen nicht geben. Dasselbe trifft auf die noch übrigen Theile zu. Was thatsächlich der Fall zu sein scheint, ist, dass bei Protopterus eine erhebliche Differenzirung der Lunge stattgefunden hat, grösser als bei irgend welchen Amphibien, und dass diese zur Bildung eines ziemlich complicirten Organes geführt hat, in welchem fünf verschiedene Elemente unterschieden werden können. Von diesen Elementen hat dasjenige, welches wir als das fünfte bezeichnen können, in seinem allgemeinen Aussehen und seinen Beziehungen eine bemerkenswerthe Uebereinstimmung zu dem Terminalgebilde der Säugethier-Lunge, der sogenannten Luftzelle oder Alveole, obwohl beide Bildungen in ihrem histologischen Bau sich sehr von einander unterscheiden. Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. Richard Semon. Mit Tafel XI—XVII und 4 Figuren im Text. Jenaische Denkschriften. IV. 2 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. \ j we * i i 11% En N ' s z $ “ 4 ’ H g 3r j Besehreibender Theil. Entwickelung der Brustflosse. Topographie der Theile vor dem Auftreten der ersten Anlage (Stadium 40—42). Wie ich in meiner Arbeit über die äussere Entwickelung des Ceratodus angegeben habe (1893), bemerkt man äusserlich die erste Andeutung der vorderen Extremität in dem von mir als 45 gekennzeichneten Stadium (l. c. Taf. VII, Fig. 455). Die Flossenanlage stellt sich dort als ein kleiner, rundlicher. etwas nach hinten und oben gerichteter Höcker dar, der hinter dem Herzen in der Gegend der Vorniere ein wenig ventralwärts von derselben liegt. Auf den vorhergehenden Stadien ist von einer Extremitätenanlage äusserlich noch nichts zu entdecken. Die Untersuchung von Schnittserien indessen lehrt, dass die ersten Stufen der Entwickelung der vorderen Extremität auf noch früheren Stadien zu suchen sind, und man, streng genommen, schon auf Stadium 43 von dem ersten Auftreten der Extremitätenanlage sprechen kann. Untersuchen wir auf dem nächst jüngeren Stadium, also auf 42, die Stelle der späteren Extremitäten anlage, so finden wir, dass das Ektoderm noch völlig indifferent über dieselbe hinwegzieht (Taf. XI, Fig. 3), und dass eine Anhäufung von einzelnen Zellen oder Zellcomplexen unter der Ektodermstelle ebensowenig zu beobachten ist. Bemerkenswerth ist dagegen das Verhalten der Myotome in dieser und der unmittelbar davorliegenden Körperregion. Der erste metotische Urwirbel (wir lassen die prootischen Somiten hier gänzlich ausser Acht) liegt in diesen und jüngeren Stadien unmittelbar hinter dem Labyrinthbläschen, gegen das er nach vorn keil- förmig zugespitzt ausläuft. Dieser Urwirbel entsendet niemals einen ventralen Myotomfortsatz. In der über- wiegenden Mehrzahl der Fälle findet man ventrale Myotomfortsätze erst vom dritten metotischen Urwirbel an. Besonders ansehnliche Fortsätze besitzen auf diesem Stadium der dritte bis siebente Urwirbel (mif 3 Fig. 2, mif 5 Fig. 3, Taf. XI), und zwar ist ihre Entwickelung bei den mehr caudalwärts gelegenen um ein Geringes weniger weit vorgeschritten als bei den mehr cranialen. Vom achten Urwirbel an beginnen auf diesem Stadium die ventralen Fortsätze eben erst knospenartig; hervorzuspriessen. Was die Richtung der Fortsätze anlangt, so liegt dieselbe im Allgemeinen annähernd in der unmittel- baren ventralen Fortsetzung der Myotome. Leichte Abweichungen, besonders eine leichte Ablenkung nach vorn für die 2 oder 3 ersten Fortsätze, die dem dritten bis fünften Myotom angehören, kommen vor. 2* 9* 62 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 12 Eine Constanz für jeden einzelnen Fortsatz konnte ich aber hierin nicht feststellen, obwohl ich von zahl- reichen Serien der Stadien 40—44 die 8-9 ersten metotischen Urwirbel nebst ihren Fortsätzen auf Millimeterpapier reconstruirt habe. Die Abweichungen sind zudem so geringfügige, dass man im All- gemeinen den Fortsatz als directe ventrale Verlängerung des Urwirbels bezeichnen kann. Hier! seien noch nähere Angaben über die Topographie der ersten 7 metotischen Myotome und ihrer Fortsätze hinzugefügt. Das erste liegt, wie erwähnt, unmittelbar hinter dem Labyrinthbläschen. Direct unter ihm liegt der hintere Abschnitt des Kiemendarms und unter diesem die Pericardialhöhle, die cranial- wärts sich etwa ebenso weit ausdehnt wie der erste Urwirbel. Das zweite Myotom liegt ebenfalls im Bereich des Kiemendarms und der vorderen Hälfte der Pericardialhöhle. Das dritte Myotom (in der Regel das erste, welches einen ventralen Fortsatz abgiebt) liegt über dem kiemenlosen Vorderdarm und der hinteren Hälfte der Pericardialhöhle, an welche sich sein ventraler Fortsatz seitlich anlegt (Fig. 2 mtf 3). Das vierte Myotom liegt über dem Anfang des Mitteldarms und der im Stadium 42 noch sehr wenig voluminösen Leberanlage. Dieselbe stellt sich als eine unpaare ventrale, nach vorn gerichtete Ausbuchtung des Darmes dar, deren weite Communication mit dem Darmlumen ebenfalls im Bereich des vierten Urwirbels liegt. Im Stadium 41 und 42 beginnen eben die beiden ersten paarigen Drüsendivertikel im ventralen Abschnitt des unpaaren Leberblindsacks sich herauszubilden. Der Fortsatz des vierten Myotoms legt sich cranial von der Com- municationsstelle des Leberblindsacks mit dem Darm an die Splanchnopleura. Im Bereich der caudalen Hälfte des vierten Myotoms begegnen wir auf diesem Stadium ventral von diesem dem ersten Vornieren- trichter und weiterhin caudalwärts den Windungen der Vornierenkanäle. Die Vorniere erstreckt sich dann caudalwärts über das Gebiet des fünften und sechsten Myotoms bis in das des siebenten hinein. Hier, gewöhnlich auf der Höhe des Anfangs des siebenten Myotoms findet sich dann ein zweiter Trichter, und von hier ab hören die Windungen der Vornierenkanälchen auf, und ein gerader Vornierengang läuft caudalwärts bis zum Enddarm, in den er jederseits nahe dem After einmündet. Die Untersuchung jüngerer Stadien lehrt, dass die Vorniere von Ceratodus ursprünglich dem fünften und sechsten metotischen Segment angehört. Das im Embryonalleben physiologisch so wichtige Organ wächst aber rascher als die Urwirbel und dehnt so seinen Bereich in das Gebiet des nächstvorderen (vierten) und oft auch in das des nächsthinteren (siebenten) aus. Erwähnt sei gleich hier beiläufig, dass der Bau der Vorniere bei Ceratodus grosse Uebereinstimmung mit dem der anuren und urodelen Amphibien zeigt. Denn es kommt nicht zum Abschluss des MAarpıicHrsschen Körpers der Vorniere gegen die übrige Leibeshöhle; die beiden Trichter münden frei in die allgemeine Leibeshöhle, in welche hier medial den Trichtern gegenüber von der Aorta her ein Glomerulus eingestülpt ist. Die Urwirbelfortsätze des fünften und sechsten Myotoms weichen bei ihrem ventralen Herab- wachsen dem voluminösen Packet der vielfach gewundenen Vornierenkanälchen sozusagen aus. Sie wachsen lateral um dieselben herum am Ektoderm entlang, wie der Schnitt durch das fünfte Myotom und seinen Fortsatz des Stadium 42 zeigt (Fig. 3). Auf Fig. ı sehen wir auf dem jüngeren Stadium 4o den Fortsatz des sechsten Urwirbels auf dem Wege, die Vorniere seitlich zu umwachsen. Da die Windungen der Vorniere gewöhnlich schon an der hinteren Grenze des sechsten Segments enden und sich jedenfalls immer nur in den vorderen Bereich des siebenten hineinerstrecken, braucht der ventrale Fortsatz des siebenten Myotoms nicht eine derartige seitliche Ausbiegung zu machen wie der des fünften und sechsten. Dieser Fortsatz des siebenten Myotoms ist kleiner als seine Vorgänger, wie denn, wie schon erwähnt, der Grad der Ausbildung der Fortsätze vom Kopf zum Schwanz successive geringer wird. Der Fortsatz des achten Myotoms stellt in Stadium 42 nur als eine unbedeutende Knospe dar. So liegen die Dinge in der grossen Mehrzahl der von mir untersuchten Fälle. In einem Falle aber entsandte schon das zweite Myotom einen Fortsatz und entsprach nicht nur dadurch, sondern auch in seinen 13 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 63 sonstigen topographischen Beziehungen dem dritten Myotom der Majorität. Ebenso entsprach das dritte Myotom topographisch dem sonstigen vierten, das vierte dem fünften u. s. w. Ich kann diesen Fall nicht anders deuten, als dass der erste metotische Urwirbel der Majorität hier bereits so völlig rückgebildet war, dass er auch ontogenetisch gar nicht mehr angelegt worden ist. Eine Lücke zwischen dem, was sich nun als erster metotischer Urwirbel darstellte, und dem Labyrinthbläschen fand sich nicht vor. Durch grössere Dicke der vorderen Myotome, besonders des zweiten, war der Defect vielmehr ausgeglichen, und war es ermöglicht, dass die Topographie des zweiten bis sechsten Myotoms und ihrer Fortsätze annähernd dieselbe war, wie sonst die des dritten bis siebenten. Ueber die topographischen Verhältnisse geben auch meine früheren Habitusbilder von Ceratodus-Larven (1893, Taf. V und VI, Fig. 36-—43) ein Bild. Da die Myotome, besonders die ersten metotischen, nur sehr un- deutlich durch die Haut durchschimmern, lassen sich sichere Zahlenverhältnisse aus diesen Figuren nicht ab- lesen. Während z.B. Fig. 41 ein correctes Bild giebt, haben mich Schnitte durch das Object, das der Zeichnung zu Grunde gelegen hat, belehrt, dass in Fig. 42 die 3 schmalen Urwirbel unmittelbar hinter dem Labyrinth in 2 dickere zusammenzuziehen sind. Auf sämmtlichen Figuren, soweit sie bei durchfallendem Lichte gezeichnet sind, erscheinen die Urwirbel durch ziemlich breite, hellere Zwischenräume getrennt, von denen man wohl zu- nächst annehmen wird, dass sie durch intermusculäres Bindegewebe eingenommen sind. Die Untersuchung von Schnitten lehrt indessen, dass die Einwucherung von intermusculärem Bindegewebe zwischen die ein- zelnen Urwirbel erst im Stadium 43 beginnt, und dass selbst auf Stadium 48 nur eine ganz dünne Binde- gewebslage die fest an einander gepressten Mytome trennt. Dennoch sind jene Zeichnungen nicht fehlerhaft. Den hellen Bändern, die zwischen den einzelnen Segmenten bei durchfallendem Lichte wahr- nehmbar sind, liegt eine Structureigenthümlichkeit der Myotome zu Grunde. Sie erklären sich aus dem Umstande, dass die Kerne der Muskelblätter die cranialen wie caudalen Grenzbezirke der Myotome frei lassen, so dass immer da, wo zwei Myotome zusammenstossen, vor und hinter der Berührungsfläche eine kernfreie und darum in durchfallendem Lichte hellere Zone liegt. An den hellen Streifen zwischen den Myotomen meiner Habitusbilder Fig. 36—44 sind also in gleicher Weise die kernfreien Grenzschichten je eines vorderen und eines hinteren Myotoms betheiligt. Was den Bau des ventralen Myotomfortsatzes anlangt, so sei bemerkt, dass letzterer überall da, wo er typisch ausgebildet und sein Schichtenbau nicht durch besondere Wachsthumsverhältnisse (Druck der sich üppig entfaltenden Vornierenkanälchen) undeutlich gemacht ist, aus zwei fest auf einander gedrückten Lagen gleichartiger Zellen besteht (Taf. XI, Fig. ı—3). Ich war im Stande, mich an meinem Öbjecte mit aller wünschenswerthen Sicherheit davon zu überzeugen, dass sich die laterale Schicht des ventralen Fortsatzes in die Cutisschicht, die mediale aber in die Muskelschicht des Myotoms fortsetzt, was mit dem von RAsBL (1892), MOLLIER (1897), MAURER (1891, 1895, 1898) und Anderen bei Selachiern, Ganoiden, Amphibien und Reptilien gemachten Befunden in vollem Einklange steht. Dem gegenüber lässt sich die Auffassung, dass sich der ventrale Myotomfortsatz lediglich aus dem lateralen Blatt (Cutisblatt) des Myotoms ableite, wie sie KAESTNER (1892) allgemein für Amnioten und FIELD (1894) für Amphibien gemacht haben, nicht aufrecht erhalten. Auch die Angabe HaARrRrISoN’s (1895), dass beim Lachs der Fortsatz allein aus der Cutisplatte gebildet werde, erscheint mir der Nachprüfung dringend bedürftig. Erste Anlage (Stadium 43, 44). Wir wenden uns nunmehr zur Betrachtung des nächstfolgenden Stadiums, das auf Taf. VI, Fig. 43 meiner früheren Arbeit dargestellt ist. Aeusserlich unterscheidet es sich von den beiden vorhergehenden 64 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. IA Stadien besonders dadurch, dass das rückwärts wachsende Operculum sich weiter nach hinten über die Kiemenregion hinübergeschoben hat. Auf diesem Stadium lassen sich an der Stelle, an welcher später (Stadium 45) die vordere Extremität auch äusserlich als kleines Höckerchen sichtbar wird, an drei ver- schiedenen Bildungsstätten Wachsthumsprocesse nachweisen, die das Material für die Bildung der Flosse liefern. Diese drei Bildungsstätten sind das Ektoderm, das Mesenchym und die Fortsätze des 5.—7. Myotoms ventral und lateral von der Vorniere. Das Ektoderm von Ceratodus ist im Gastrulastadium und auch später, wenn der Embryo sich über den Dotter erhebt, und die Medullarrinne sich schliesst, einschichtig. Nach Schluss des Medullarrohrs sondert sich, zuerst in den dorsalen Abschnitten, dann über den ganzen Körper hin, die ektodermale Körperdecke zu einem zweischichtigen Lager und bleibt so bis in die spätesten Stadien des Larvenlebens (Stadium 48) hinein an allen indifferenten Stellen der Körperoberfläche. In Stadium 43 zeigen nun die mässig abgeflachten Zellen beider Schichten im Bereich des kolbenförmig angeschwollenen Endes des 5.—7. ventralen Myotomfortsatzes eine Veränderung. Dieselbe besteht in einer ziemlich lebhaften Theilung der Ektodermzellen in dieser Region unter gleichzeitiger mässiger Volumszunahme sowohl der Kerne wie der Protoplasmaleiber. Durch letzteren Vorgang schwindet die an den anderen Körperstellen beobachtete Ab- flachung dieser Zellen (Taf. XI, Fig. 4—6 epv). Trotz der lebhaften Zelltheilung bleibt das Epithel aber doch zweischichtig, und nur vorübergehend sieht man einmal an einzelnen Stellen 3 Zellen in der Quere der Schicht liegen. Die Zellen, ganz besonders der inneren Schicht, verändern aber, in gleichem Schritt, wie ihre Menge zunimmt, ihre Stellung, indem sie ihre lange Axe senkrecht zur Oberfläche und Verlaufsrichtung der Schicht stellen. Dadurch wird bewirkt, dass auf gleichem Flächenraum mehr Zellen neben einander Platz finden, wobei aber natürlich die Dicke der Schicht zunehmen muss. Die Zellen der oberflächlichen Schicht behalten im Allgemeinen ihre frühere Achsenstellung (lange Achse in der Verlaufsrichtung der Schicht) bei Taf. XII, Fig. 10—12. Diese Veränderungen im Ektoderm sind durchaus auf den Bezirk des 5.—7. Myotoms beschränkt. Nie fand ich sie über das fünfte Myotom nach vorn, nie über das siebente nach hinten reichen. Besonders nach hinten, im Bereich des siebenten Myotoms ist das Aufhören der Ektoderm- verdickung stets höchst scharf markirt, und von einer Verdickung oder sonstigen Veränderung des Ektoderms („Ektodermleiste“), die von der Anlage der Vorderflosse nach hinten in das Gebiet reichte, in welchem sich später die Hinterflosse anlegt, ist auf keinem Entwickelungsstadium bei Ceratodus eine Spur zu entdecken. Zu derselben Zeit, in welcher sich das Ektoderm in der oben gekennzeichneten Region verdickt, findet eine Ansammlung von Zellen unter dieser verdickten Ektodermstelle, zwischen ihr und den ventralen Myotomfortsätzen 5—7 statt. In jüngeren Stadien (40—42) liegt jeder Fortsatz entweder unmittelbar dem Ektoderm an oder ist von demselben stellenweise durch eine schmale, zellenfreie, wohl gallertige Zwischen- schicht geschieden (Fig. I—3). Jetzt (Fig. 4—7) wird das anders. Woher stammen diese Zellen? Aus zwei Quellen: es sind zum Theil Zellen, die aus dem Epithelverband der ventralen Myotomfortsätze ausgewandert sind, zum Theil aber Zellen, die dem sich jetzt allenthalben reicher entfaltenden Mesenchym angehören. Während sich die Auswanderung von Zellenmaterial der Urwirbelfortsätze in diesen Bezirk hinein mit voller Klarheit beobachten lässt, ist der Nachweis, dass Mesenchymzellen anderer Herkunft ebenfalls an jener Zellansammlung theilnehmen, schwieriger zu führen. Die Quelle des Mesenchyms dieser Körperregion ist in den vorliegenden Stadien die Somatopleura, aber weniger dort, wo der Cölomspalt bereits zwischen den beiden Blättern der Seitenplatten aufgetreten ist und sich gerade die Somatopleura als eine zellarme, stark abgeflachte Schicht darstellt, als jedesmal dort, wo an der ventralen Kuppe der den Darm umwachsenden 15 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 65 Seitenplatten noch kein Cölomspalt aufgetreten ist (Fig. 3, 4, 6). Von dieser Stelle aus erfolgt auch, und zwar in ventrodorsaler Richtung, ein Eindringen von Mesenchymzellen in die Flossenanlage. Wenden wir uns nun schliesslich zur Untersuchung der Myotomfortsätze 5—7 in Stadium 43, so fällt uns zunächst eine leichte kolbenförmige Anschwellung des ventralen Endes auf (Fig. 4-7). Was wir ferner wahrnehmen, ist eine starke Kern- und Zellenvermehrung im medialen Blatte des Fortsatzes an dieser Stelle. Die Grösse der Kerne ändert sich zwar dabei nicht, aber bei der Vermehrung stellen sich die ovalen Kerne so, dass ihre kleine Axe in die Ebene des Blattes, ihre grosse senkrecht darauf zu stehen kommt, so dass auf gleichem Raume mehr Zellen neben einander Platz haben, gleichzeitig aber eine Dickenzunahme der Schicht an dieser Stelle stattfindet (Fig. 4, 5, 6). Viel unbedeutender ist die Zellvermehrung in der äusseren, lateralen Schicht des Endes des Myotomfortsatzes. Die Achsen der Kerne behalten hier ihre ursprüng- liche Lage, die grosse Achse bleibt in der Ebene der Schicht liegen. Sehr deutlich tritt diese verschieden- artige Lage der Zellen beider Schichten in den Figuren 5 und 6 zu Tage. Wie gesagt, ist dieses ganze eigenthümliche Verhältniss wesentlich durch die starke Zellvermehrung in der medialen Schicht bedingt. In letzterer trifft man dabei viel häufiger karyokinetische Figuren an, die indessen auch in der lateralen Schicht nicht ganz fehlen. Die schon erwähnte Dickenzunahme der medialen Schicht, die durch die veränderte Stellung der Zellachsen bedingt ist, verursacht die kolbige Verdickung des ventralen Endes des Myotomfortsatzes. Da die Verdickung wesentlich auf Rechnung der medialen Schicht steht, ist es klar, dass so das Bild eines median- wärts vorspringenden Buckels entstehen muss. Besonders deutlich tritt dies in Fig. 6 hervor. Mit den „Muskelknospen“ der Urwirbelfortsätze, wie sie bei Selachiern und Stören so deutlich hervortreten, sind diese den Fortsatz medianwärts auftreibenden Buckel nicht zu verwechseln. Für die echten „Muskel- knospen“ ist es charakteristisch, dass sie lateralwärts gegen die Extremitätenanlage hin gerichtet sind. In der That kommen „Muskelknospen“, d. h. knospenförmige Zellverbände, die sich in toto aus dem Epithelverband der Myotomfortsätze ablösen und als solche in die Extremitätenanlage hineinwachsen, bei Ceratodus nicht vor. Wohl aber haben jene eigenthümlich umgestalteten Enden der Myotomfortsätze, wie ich sie oben für Ceratodus beschrieben habe, mit der Lieferung von myogenem Material an die Flosse etwas zu thun. Indem nämlich in der medialen Schicht die Zellvermehrung auch nach Bildung jener Ver- dickung fortschreitet, ist bald der Augenblick erreicht, in welchem die neu sich bildenden Zellen trotz ihrer veränderten Achsenstellung in der Schicht nicht mehr Platz haben und nun das neugebildete Material seitlich in die laterale Schicht hineingetrieben wird. Auf Fig. 5 ist der erste Beginn dieses Processes sichtbar. Auf dem Stadium der Figuren 8 und 9, welches zwischen Stadium 43 und 44, dem letzteren aber näher steht, und das ich als Stadium 43°/, bezeichne, ist der Process noch weiter fortgeschritten. An einer Stelle, etwas vor dem ventralen Ende des Myotomfortsatzes, ist die laterale Schicht auseinandergewichen, die bisher überall scharfe Begrenzung des Urwirbelfortsatzes fehlt hier, die Zellen verlieren sich in dem Zellen- complex zwischen Fortsatz und Ektoderm. Bei oberflächlicher Betrachtung von Fig. 8 möchte man vielleicht glauben, dass hier eine echte Muskelknospe, ähnlich den beim Stör von MoLLiEr beschriebenen, gebildet sei. Dem widerspricht aber schon allein die genauere Untersuchung des Schnittes, der bei Fig. 9 bei stärkerer Vergrösserung abgebildet ist. Wir sehen, dass es sich um keine Muskelknospe in dem Sinne, wie diese Bezeichnung für Selachier und Störe gebraucht wird, sondern um eine Auflösung des Epithelverbandes der lateralen Schicht an einer bestimmten Stelle handelt. Noch weiter wird die Vorstellung, als löste sich hier ein knospenartiger Verband vom Myotomfortsatz ab, durch Untersuchung des nächsten Stadiums be- seitigt, zu dessen Betrachtung wir uns jetzt wenden. 66 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 16 Auf diesem, dem Stadium 44, haben sich die 4 ersten Myotomfortsätze, also mif 3—mtf6, von den Myo- tomen, von denen sie ausgingen, abgelöst. Dieser Process hat schon im Stadium 43 für die ersten Fortsätze begonnen, und zwar betrifft er dort fast stets die ersten beiden, mif 3 und mtf4, gewöhnlich aber auch mif5. Auf Stadium 44 finde ich regelmässig auch mif6 ohne Zusammenhang mit dem sechsten Myotom, mif7 da- gegen in breitem Verbande mit seinem Myotom. Auf Stadium 43 sind die einzelnen Fortsätze noch durch ansehnliche Zwischenräume von einander getrennt. Sie beginnen aber nun rasch in die Breite zu wachsen, so dass sie sich am Ende dieses Stadiums und im Stadium 44 unmittelbar mit ihren vorderen und hinteren Nachbarn berühren. Ein metamerer Bau ist auf diesen Stadien an den eng an einander gepressten Fort- sätzen nicht mehr nachzuweisen. Der erste Fortsatz wurde, wie oben beschrieben, vom dritten metotischen Urwirbel entsendet und hatte sich, wie auch schon angegeben, der Wand der Pericards und zwar dem vorletzten Viertel desselben angelagert. Dieser früh abgeschnürte Fortsatz scheint besonders rasch und energisch an der Wand des Pericards entlang nach vorn zu wachsen, denn gewöhnlich schon gegen Ende des Stadiums 43 (Stadium 43°/,) und stets von Stadium 44 an hat er, nun zum Pericardmuskel umgewandelt, die vordere Grenze des Herzbeutels erreicht, und sein craniales Ende liegt unter dem ersten metotischen Urwirbel. Auf späteren Stadien wächst der Hauptstock dieser Muskelmasse (M. coraco-hyoideus) noch über den Herzbeutel hinaus bis zum Hyoid, an das er sich anheftet. Er ist nach FÜRBRINGER (1897) beim ausgebildeten Thier durch drei Inscriptionen in vier Myomeren getheilt. Dasselbe sehe ich bei Untersuchung älterer Stadien (48) auf Horizontalschnitten. Ist die Zusammensetzung aus vier Myomeren der Ausdruck einer ursprünglichen Zu- sammensetzung des Muskels aus Derivaten von vier Myotomen? Ich sah zwar niemals, dass sich mehr als zwei ventrale Fortsätze an dem Aufbau dieser Musculatur betheiligen, und zwar waren es die Fortsätze des dritten und vierten metotischen Myotoms. Aber die ontogenetische Untersuchung dieser Dinge ist mit solchen Schwierigkeiten verknüpft, dass immerhin eine accessorische Betheiligung anderer, davor und da- hinter gelegener Myotome, vielleicht durch Auswanderung einzelner Zellen oder kleinerer Zellencomplexe, nicht ganz auszuschliessen ist. Dass insbesondere das zweite metotische Myotom, dessen Spinalnerv dem von FÜRBRINGER beim ausgebildeten Thiere als Occipitalnerv x bezeichneten Nerven entspricht, auch accessorisch Muskelmaterial für die hypobranchiale Musculatur liefert, ist nicht unmöglich. Betheiligt sich doch Nerv & nach FÜRBRINGER (1897) an der Ansabildung (,Plexus cervicalis“), welche einen Nerven hervor- gehen lässt, der zum weitaus überwiegenden Theile die hypobranchiale spinale Musculatur versorgt. Dagegen ist die Beteiligung des ersten metotischen Myotoms, dem ein Occipitalnerv w entsprechen würde, sehr unwahr- scheinlich, da ein solcher Nerv im ausgebildeten Thiere überhaupt nicht mehr gefunden wird. Sicherlich liessen sich Spuren dieses Nerven auch im ausgebildeten Thiere finden, wenn Derivate des ihm zugehörigen Myotoms in der hypobranchialen Musculatur enthalten wären. Auch eine etwaige accessorische Betheiligung des fünften metotischen Myotoms, das dem ersten Spinalnerven zugehört, an der Bildung der hypobranchialen Musculatur ist deshalb kaum anzunehmen, weil jener Nerv zu dem die Extremität innervirenden Plexus brachialis (omopterygialis) gehört, und dieser Plexus von dem Plexus cervicalis gewöhnlich sehr rein getrennt ist. Aus allen diesen anatomischen Gründen und meinen eigenen ontogenetischen Beobachtungen glaube ich den Schluss ziehen zu dürfen, dass die Theilung des Hauptstocks der hypobranchialen Musculatur (M. coraco-hyoideus) in vier durch Inscriptionen gesonderte Myomeren eine secundäre Erscheinung, eine Dys- metamerie ist, wie eine solche sich auch sonst nach FÜRBRINGER (1875, 1879, 1897) als eine in der Aus- bildung des Muskelsystems der Wirbelthiere durchaus nicht selten zu beobachtende Erscheinung erweist. Was die Fortsätze der weiter caudalwärts gelegenen Myotome anlangt, von denen sich, wie erwähnt, auf Stadium 44 mtf5 und mif6 von ihren zugehörigen Urwirbeln abgelöst haben, mif7 noch mit seinem Mutterorgan zusammenhängt, so ist der bei ihnen auf dem vorigen Stadium eingeleitete Process der Zell- 17 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 67 vermehrung in der medialen Wandung, der Auflösung des Epithelverbandes der lateralen Wand etwas ober- halb der ventralen Spitze, der Einwanderung von Zellen beider Schichten in die Zellansammlung unter der Ektodermverdickung der Flossenanlage noch weiter fortgeschritten. Die Figuren Io und I1, Taf. XII, zeigen dies auf Stadium 44, Fig. 12 und 13 auf einem Stadium, das zwischen 44 und 45 in der Mitte steht. Ich bezeichne es mit 44'/,. Hier ist die laterale Wand des Urwirbelfortsatzes in einem ansehnlichen Bereich ganz auf- gelöst, und ohne Grenze gehen hier die Zellen in die der subepithelialen Zellenansammlung der Extremitäten- anlage über. Dass es sich jetzt dabei nicht einfach um Auflösung der Cutisplatte des Urwirbelfortsatzes handelt, wie sie auf späteren Stadien für die gesammte Cutisplatte im Bereich des Urwirbels sowohl wie Urwirbelfortsatzes eintritt und zur Bildung von Bindegewebe führt, wird durch die starke Zellvermehrung im medialen Blatte und die Beobachtung einer Auswanderung von Zellen auch aus dieser Schicht, ferner aber auch dadurch bewiesen, dass jene definitive Auflösung der Cutisplatte in ihrem sonstigen Bereich erst auf viel späteren Stadien eintritt. Zudem ist der Process, mit dem wir uns eben beschäftigen, local scharf umgrenzt. Nie ergreift er die ventrale Spitze des Urwirbelfortsatzes (Fig. 8-13). Nach Abschluss der Auswanderung von Zellmaterial in die Flosse findet sogar eine Restitution der Cutisplatte der be- troffenen Urwirbelfortsätze statt, denn man bemerkt in den darauf folgenden Stadien hier keinen Defect in der Cutisplatte des Urwirbelfortsatzes. Die mediale Lamelle des letzteren hat dann schon begonnen, sich in Muskelgewebe umzuwandeln und liefert bei Ceratodus wie überali die ventrale Rumpfmusculatur (vergl. Taf. XII, Fig. 14 und folgende). Das Endresultat aller bisher beschriebenen Vorgänge ist eine Epithelverdickung im Bereich des fünften bis siebenten Urwirbelfortsatzes und eine Zellenansammlung unter derselben. Die Zellen der letzteren setzen sich zusammen: I) aus Mesenchymzellen, die aus dem parietalen Blatt (Somatopleura) der Seiten- platten hervorgegangen sind; 2) aus der lateralen Lamelle des Urwirbelfortsatzes; 3) aus der medialen Lamelle desselben. Wir werden sicher keinen Fehlschluss thun, wenn wir, gestützt auf unsere sonstigen, allgemeineren Erfahrungen annehmen, dass dıe beiden ersteren Bestandtheile die Stützgewebe (Skelet und Bindegewebe) der Flosse, der Antheil, der aus der medialen Lamelle des Urwirbelfortsatzes stammt, aber die Musculatur der Flosse liefert. Im Stadium 43 und 44 ist es aber — wenigstens mit unseren jetzigen technischen Hülfsmitteln — nicht möglich, die drei aus verschiedenen Quellen stammenden Antheile der subepithelialen Zellenansammlung auseinanderzuhalten. Ebensowenig ist eine Spur einer Sessmentation in jener Zellenansammlung wahrzunehmen, obwohl doch ein Theil des Materials sich aus einer Auswanderung aus drei segmentalen Urwirbelfortsätzen herleitet. MOLLIER (1895), der ähnliche Vorgänge an fünf ventralen Urwirbelfortsätzen von Reptilienembryonen beobachtet hat, braucht zur Erklärung dieses Phänomens einen treffenden Vergleich. Er sagt (p. 486): „Das aus den Knospen strömende myogene Zellmaterial nimmt seinen Weg gegen das Centrum der Extremitätenbasis und müsste hier zur Bildung von fünf metamer angeordneten Zellenhaufen führen. Das ist aber nicht der Fall. Darf ich mir einen etwas gewöhnlichen Vergleich erlauben, so ist der eben geschilderte Vorgang derselbe, als wenn man in fünf dicht neben einander gehängte Kornsäcke an ihrer Basis ein Loch schneiden würde; der Inhalt fliesst langsam aus, giebt zunächst fünf kleine Häufchen, welche aber schon im nächsten Moment mit der Zunahme ihrer Masse sich mit einander zu einer einzigen Schicht vereinigen.‘ Aehnlich wie bei den Reptilien ist auch bei Ceratodus gleich vom Beginn des Ausströmens an keine Spur einer Segmentation in den aus- gewanderten Zellenmassen mehr wahrnehmbar, zumal sich ihnen gleich das Material, das aus der Somato- pleura stammt, beimischt. Eine eigenartige, aber von der Metamerie unabhängige Sonderung der Zellen jener Ansammlung wird im Laufe des nächsten Stadiums wahrnehmbar. Jenaische Denkschriften. IV. 3 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 10 68 Die Eniwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 18 Aeusserliches Siehtbarwerden der Anlage (Stadium 45). Auf Stadium 45 (vergl. meine frühere Arbeit 1893, Taf. VII, Fig. 45), wird zuerst die Anlage der Brust- flosse (p.»pect.) auch äusserlich als ein kleines, abgerundetes, nach hinten und oben gerichtetes Höckerchen sichtbar. Ich gebe in der vorliegenden Arbeit auf Taf. XIV, Fig. 26, ein weiteres, bei stärkerer Vergrösserung gezeichnetes Totalbild des vorderen Körperabschnittes eines jungen Ceratodus auf diesem Stadium, auf welchem noch schärfer die Eigenthümlichkeit hervortritt, dass die Brustflosse gleich bei ihrem ersten Auftreten aus der Horizontalen dorsalwärts nach oben geklappt erscheint. Denken wir sie uns in die Horizontale zurück- geklappt, so sehen wir, dass durch jenen eigenthümlichen Wachsthumsmodus ihre ursprünglich dorsale Fläche zur medialen, ihre ursprünglich ventrale zur lateralen wird. Vergleichen wir damit die Entwickelung der erst auf Stadium 47 äusserlich sichtbar werdenden hinteren Extremität, so finden wir besonders deutlich im Stadium 48, von dem ich in Fig. 27, Taf. XIV, eine Copie aus meiner früheren Arbeit bringe, dass dort die Flossenanlage als ein aus der Horizontalen ventralwärts abwärts geklappter Höcker oder Saum auftritt. Ihre ursprünglich dorsale Fläche wird zur lateralen, ihre ursprünglich ventrale zur medialen. Die Brustflosse ist demnach aus der Horizontalen um 90° dorsalwärts, die Bauchflosse um 90° ventralwärts gedreht; gegen einander sind die beiden Flossenpaare um 180° gedreht. Die laterale Fläche der Brustflosse entspricht der medialen der Bauchflosse, ihre mediale der lateralen jener. Bekanntlich gleicht das Skelet der Brustflosse von Ceraiodus in ausgebildetem Zustande in hohem Grade dem der Bauchflosse. Nur sind an der Brustflosse die zahlreicheren, aber schwächeren Radien ventral- wärts gerichtet, bei der Bauchflosse dorsalwärts (GÜNTHER 187I, Taf. XXX). Um die Flossen in volle Uebereinstimmung zu bringen, müsste man entweder das eine Paar um 180° drehen oder aber jedes von ihnen um 90° im entgegengesetzten Sinne. SCHNEIDER (1886, 1837) und HATSCHEk (1889) haben hierauf schon aufmerksam gemacht. Der embryologische Befund, den ich oben mitgetheilt habe, zeigt, wie jene verschiedene Stellung ontogenetisch zu Stande gekommen ist. Gleich bei ihrem Auftreten erscheint die Brustflosse als ein aus der Horizontalen etwas nach oben, die Bauchflosse aber als ein nach unten ge- klappter Saum. Im weiteren Wachsthum der Flossen, das dann bei beiden wesentlich caudalwärts gerichtet ist, wird noch weiter bei der Brustflosse die ursprünglich dorsale Oberfläche zur medialen, bei der Bauch- fläche aber zur lateralen gemacht und so die sonderbare Verdrehung der beiden Flossenpaare gegen ein- ander bewirkt. Unten im allgemeinen Theil werde ich näher auf die Momente eingehen, die zu dieser sonderbaren Drehung in der gegenseitigen Stellung der beiden Flossen geführt haben. Fig. 14, Taf. XII, stellt einen Querschnitt durch die Flosse des auf Taf. XIV, Fig. 26, abgebildeten Thieres dar, und der Vergleich dieses Schnittes mit dem durch die successive älteren Flossenanlagen der Figuren I5 und 17 lässt deutlich die dorsale Aufklappung der immer noch saumartigen Flosse erkennen. (Der Schnitt Fig. 15 trifft die Flossenanlage etwas weiter hinten als der Schnitt durch die jüngere Anlage der Fig. I4. Die Erhebung des Flossensaums ist hier im älteren Stadium niedriger als die Erhebung weiter vorn im jüngeren.) An der saumartigen Erhebung betheiligen sich die in früheren Stadien beschriebene, verdickte Ektodermpartie und die darunter gelegene Zellenansammlung. Die letztere leitete sich, wie wir gesehen haben, aus drei verschiedenen Quellen ab: ausgewanderte Zellen der Seitenplatten (Somatopleura), Zellen der lateralen und Zellen der medialen Lamelle des ventralen Urwirbelfortsatzes. Bis zum Beginn des Stadiums 45 liess sich keinerlei Sonderung in dieser Zellenmasse erkennen. Nun wird eine solche deutlich, und zwar sondert sich eine dorsale und eine ventrale Schicht von einer mittleren, zwischen beiden liegenden, die aus einem lockereren Material mit wenigen dicht an einander gerückten Kernen besteht. Aus der dorsalen Schicht, die sich wie die ventrale von Stadium 45 bis zum Ende von Stadium 46 (dm [mm] Fig. 14—10) 19 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 69 immer schärfer sondert, entsteht die dorsale, in dem freien Flossenabschnitt medial liegende Muskelschicht (Stadium 47 und 48, Taf. XIII, Fig. 20 und 21). Aus der ventralen Schicht wird ebenso die ventrale, im freien Flossenabschnitt lateral liegende Muskelschicht (vm [Im] auf denselben Figuren). Auch in diesen Stadien haben die beiden Muskelschichten in der Flossenbasis eine dorsale bezw. ventrale Lage. Dieselbe geht, wenn wir sie von der Basis in die freie Extremität verfolgen, bei der sagittalen Flossenstellung parallel der Körperaxe in eine mediale bezw. laterale über. Die Schicht zwischen den beiden Muskelschichten wandelt sich in das Stütz- und Bindegewebe der Flosse um. Gegen Ende des Stadiums 45 hat sie sich, in ihrer Differenzirung an der Basis der Flosse beginnend, zu einer einheitlichen Vorknorpelanlage verdichtet (Taf. XIII, Fig. 19), die sich in den nächsten Stadien zum Knorpelskelet der Flosse in einer Weise umbildet, die wir noch] näher zu untersuchen haben werden. In dieser mittleren Schicht nimmt man von Stadium 45 an, in welchem sich die Flossenanlage über das Niveau der Körperoberfläche als ein kleiner Höcker zu erheben beginnt (Taf. XII, Fig. 14), auch ein Gefäss wahr, das von der Aorta in die Basis der Flossenanlage tritt. Sehr schön lässt sich sein Eintritt in älteren Stadien (47 und 48) verfolgen. Auf seine constante Lagerung zwischen den peripheren Theilen des] Plexus omopterygialis anterior und posterior komme ich noch zurück. Dieses Gefäss, die Arteria brachialis (sub- clavia), verhält sich rechts und links gleich und folgt ın seiner Entwickelung dem directen Weg, der zu dem Zustande beim ausgebildeten Thiere führt. Das venöse Blut sammelt sich beiderseits in einem Stamm, der, cranialwärts bis zur hinteren Wand der Kiemenhöhle verlaufend, in den kurzen Ductus Cuvieri mündet. Weitere Differenzirungen (Stadium 46—48). Nervensystem. Es dürfte auffallend erschienen sein, dass ich im bisherigen Verlauf meiner Beschreibung so wenig auf die Beziehung der Nerven zu der sich entwickelnden Flosse und ihrer Musculatur Rücksicht genommen habe. Ehe ich das Versäumte nachhole, will ich den Grund dieser scheinbaren Vernachlässigung er- klären. Das Object ist für die Untersuchung der Nerven auf jüngeren Stadien äusserst ungünstig, un- vergleichlich ungünstiger als zum Beispiel die Selachier. Erst vom Ende des Stadiums 45 an lassen sich die grösseren Nervenstämme, welche in die Musculatur der Brustflosse eintreten, mit hinreichender Sicherheit erkennen, und selbst noch auf Stadium 48 ist eine genauere Analyse der einzelnen Componenten des Plexus brachialis (Pl. omopterygialis anterior und posterior) sehr schwierig. Glücklicherweise besitzen wir eine Reihe Anhaltspunkte anderer Art, die uns helfen, diese Lücke auszufüllen. Greifen wir auf jüngere Stadien zurück, so finden wir (Stadium 40—42) Spinalganglien manchmal vom dritten, stets aber vom vierten metotischen Myotom an. Von Stadium 44 an sind diese beiden Spinal- ganglienpaare, die immer nur rudimentär angelegt werden, verschwunden. Das erste, stets aber auch nur schwach entwickelte Spinalganglion findet sich dann am fünften metotischen Myotom. Auch auf älteren Stadien ist es fast immer nachweisbar und wird, wie sich aus Vergleichung mit noch älteren Stadien ersehen lässt, zum ersten, meist ganz rudimentären Spinalganglion des ausgebildeten Thieres, wo es nach FÜRBRINGER (1897, p. 474) aus nur wenigen Zellen besteht und eine äussere Anschwellung in der Regel nicht erkennen lässt. Doch konnte es bei mikroskopischer Untersuchung leicht und unzweifelhaft nach- gewiesen werden. Das zweite bleibende Spinalganglion gehört zum sechsten Myotom. Es wird gleich stattlich angelegt und erhält sich auch so bis in ältere Stadien (Stadium 48) und in den ausgebildeten Zu- stand hinein, wo es nach FÜRBRINGER recht ansehnlich ist. 3* 10* 70 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus torsteri. 20 Auf Stadium 48 reicht der Schädel bis zum Labyrinth, und Gebiete vorderer metotischer Myotome sind noch nicht vom Cranium assimilirt. Doch lässt sich auf diesem Stadium die spätere Grenze zwischen Cranium und Wirbelsäule durch das deutlich markirte Auftreten der ersten Rippe bestimmen. Daraus ergiebt sich, dass die ersten sechs metotischen Myotome secundär ganz in den Schädelbereich mit einbezogen werden und dass das Spinalganglion des siebenten Myotoms oder das dritte bleibende gerade in die Grenze zwischen Cranium und Wirbelsäule fällt. Bedienen wir uns der FÜRBRINGER’schen Nomenclatur und Bezifferung, so sind die Nerven der vier ersten Myotome „occipitale Nerven“ („untere Vaguswurzeln“, „Hypoglossus‘ der früheren Autoren). Sie resp. die von ihnen versorgten Myotome I—4 sind demnach mit den Buchstaben w, x, y, z zu bezeichnen. Die occipitalen Nerven x und y entbehren im ausgebildeten Zustande stets der dorsalen Wurzeln. Für z wurde von FÜRBRINGER bei einem Exemplare von Ceratodus beiderseitig eine feine dorsale Wurzel, aber kein Spinalganglion entdeckt. Wie wir sahen, wird ein solches ontogenetisch stets für z, häufig aber auch für y angelegt. Es scheint noch nachträglich zu einer Rückbildung des Myotoms und des zugehörigen Nerven w zu kommen, denn dieser Nerv wird von FÜRBRINGER nicht erwähnt. Die Nerven der hinteren Myotome sind Spinalnerven, und zwar die des fünften und sechsten Myotoms, da sie nachträglich auch noch in den Bereich des Schädels gelangen, „occipitospinale Nerven“. Der Nerv des siebenten Myotoms ist nach FÜR- BRINGER ein Uebergangsnerv, da zwar seine ventrale Wurzel durch den Schädel, die zugehörige dorsale aber zwischen Schädel und Wirbelsäule hindurchgeht. Diese Nerven sind demnach als a, b, c(3) und die darauf folgenden als 4, 5, 6 etc. zu bezeichnen. Wie oben gezeigt worden ist, wird die Musculatur der Brustflosse ausschliesslich oder doch jeden- falls ganz vorwiegend vom fünften bis siebenten metotischen Myotom geliefert und naturgemäss von den zugehörigen Nerven, also a, b und c(3) innervirt. In Stadium 47 und 48 sieht man Aeste dieser Nerven in der Nähe der Wirbelsäule einen Plexus bilden, der zwei deutlich von einander gesonderte Nervencomplexe zur Flosse entsendet. Bei ihrem Abgange vom Plexus sind diese beiden Endstämme um die Breite der ersten Rippe von einander geschieden. Beide sind parallel dicht hinter einander gelagert. Zwischen ihnen tritt die Arteria subclavia, die einen ihnen nahezu parallelen Verlauf besitzt, in die Flossenbasis. Der vordere Plexusast und die Arterie treten zwischen Vorniere und dorsaler Kuppe des Bauchmuskels hindurch zur Flossenbasis; der hintere Plexusast durchsetzt auf seinem Wege den Bauchmuskel (Taf. XIII, Fig. 2I pl. pteryg. post). Jeder der beiden Aeste theilt sich dann in einen dorsalen und ventralen Endast für die dorsale (mediale) und ventrale (laterale) Flossen musculatur (Fig. 21). BrAus hat den Plexus, aus dem die Nervenstämme für die Flossenmusculatur von Ceratodus hervor- gehen, am ausgebildeten Thiere sehr genau untersucht und beschrieben (1898 A, p. 302 ff., Taf. IX und X). Er unterscheidet zwei ziemlich deutlich gesonderte Plexusbildungen, die er als Plexus omopterygialis anterior und posterior bezeichnet. Er sagt: „Der Plexus omopterygialis des Ceratodus setzt sich offenbar aus zwei Theilen zusammen, einem besonders stark entwickelten Plexus post. und einem schwach entwickelten Plexus ant., welche ohne deutliche Grenze in einander übergehen.“ „Es sind die beiden Theile des Plexus bei Ceratodus beim Durchtritt durch die Musculatur noch getrennt erkennbar. Denn das Gros derjenigen Nervenfasern, welche Nerv 1I—c(3) zur Flosse entsenden, verläuft an besonderer Stelle durch die Musculatur der Bauchwand, welche um die Breite der sehr stark entwickelten I. Rippe von den am vorderen Rippen- rand durch die Musculatur sich begebenden Aesten z—b entfernt liegt. Die Verbindungen beider Theile, welche bald stärker, bald schwächer bei verschiedenen Individuen ausgebildet sind, benutzen zwar beide 21 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 71 Muskelpforten, aber vom vorderen Theil (Plexus omoptery&. ant.) schliessen sich doch nur Fasern von b dem hinteren Theil an, vom hinteren nur Fasern von c und 4 dem vorderen.“ Stimmen diese Befunde von Braus, auch seine Angabe, dass die Arteria subclavia zwischen Plexus pterygialis anterior und posterior zur Flosse tritt, gut mit den oben mitgetheilten embryologischen Befunden überein, so bietet eine andere, am ausgebildeten Thiere festgestellte Thatsache um so grössere Schwierig- keiten. Nach FÜRBRINGER (1897) und Braus (1898 A) betheiligt sich am Plexus omopterygialis anterior häufig ein feines Aestchen des occipitalen Nerven z (Nerv des vierten metotischen Myotoms); ferner aber geben nach Braus die Spinalnerven 4—-10 resp. 4—II Aeste zum Plexus omopterygialis posterior ab. Allerdings sind diese Aeste stets sehr viel dünner als die Pterygialäste der Nerven a, b,.c (3), aber sie sind doch vorhanden und keineswegs verschwindend klein (vgl. Braus 1898 A, Taf. XVII, Ceratodus). Meine Untersuchungen haben ergeben, dass die Musculatur der Flosse sich von Material ableitet, das aus ventralen Myotomfortsätzen des fünften bis siebenten metotischen Myotoms (Spinalnery a—c) aus- wandert. Braus findet die Flosse von einem Plexus innervirt, zu dem a—c zwar den Hauptbestandtheil, der occipitale Nerv z aber noch ein Aestchen, die Spinalnerven 4—II einen immerhin nicht unbeträcht- lichen Beitrag liefern. Ich kann nun allerdings nicht völlig ausschliessen, dass Material des achten, neunten oder selbst zehnten metotischen Myotoms und damit Aeste des 4., 5. und 6. Spinalnerven in die Flosse gelangen. Zwar liest schon das achte und noch mehr das neunte metotische Myotom beträchtlich hinter dem Ende der Flossenbasis. Schrägstellung jener hinteren Myotome und ihrer Fortsätze nach vorn auf die Flossen- basis zu lässt sich in keinem Stadium erkennen, vielmehr verlaufen die sämmtlichen ventralen Myotom- fortsätze im Grossen und Ganzen in dorso-ventraler Richtung. Veränderungen, wie sie die ventralen Fortsätze des fünften bis siebenten Myotoms bei Abgabe des Materials für die Flossenmusculatur zeigen, habe ich an den Fortsätzen der weiter caudalwärts gelegenen Myotome vom achten einschliesslich an nie beobachtet. Andererseits erscheinen allerdings die beiden auf Stadium 47 und 48 aus den Plexus in die Musculatur tretenden Nervenäste zu ansehnlich (Taf. XIII, Fig. 21 pl. pteryg. post), um lediglich das Product der drei zu dieser Zeit durchaus noch nicht sehr ansehnlichen Spinalnerven a—-c (3) zu sein. Auch das Bild, das Braus (1898A, Taf. X, Fig. 2) vom Plexus pterygialis post. giebt, spricht dagegen. Aber obwohl ich mir klar bin, dass es bedenklich ist, negative Angaben dieser Art mit grosser Bestimmtheit zu machen: für das elfte bis fünfzehnte Myotom glaube ich jede Betheiligung an der Abgabe von Flossen- musculatur beinahe sicher ausschliessen zu können, und dieses müsste meiner Ansicht nach zu der Annahme führen, dass der 7.—II. Spinalnerv, wenn nicht auch noch frühere, sich zwar an der Plexusbildung be- theiligen, nicht aber wirklich Fasern in die Flossenmusculatur eintreten lassen. Denn die Anschauung von der untrennbaren Zusammengehörigkeit von Nerv und Muskel erscheint mir als eine der sichersten Grundlagen unseres morphologischen Erkennens, und da auch alle unsere Erfahrungen für eine Zusammengehörigkeit je eines Spinalnerven zu je einem Myotom sprechen, ist der Schluss unabweisbar, dass die Aeste nur solcher Spinalnerven in ein Muskelgebiet gelangen, deren Myotome an dem Aufbau der betreffenden Musculatur betheiligt gewesen sind. Daran wird wohl im Ernste Niemand denken, dass der 7.11. Spinalnerv etwa bloss mit sensiblen Fasern bei der Plexusbildung betheiligt sei und so seinen Antheil voll in die Flosse gelangen lasse. Das Gebiet jenes Plexus ist also höchst wahrscheinlich nicht mit dem Innervationsgebiet der Flosse identisch. Eine ähnliche Anschauung spricht BRAus (1898 A, S.421) mit folgenden Worten aus: „Bei Ceratodus ist zwar die distale Verzweigung der Flossen zu wenig bekannt, um über Verschiebungen innerhalb der Flosse Auskunft geben zu können. Aus der noch angedeuteten Spaltung des Plexus omopterygialis in einen 72 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 22 vorderen und hinteren Theil, von denen jeder durch eine besondere Muskelpforte die Bauchhöhle verlässt (Taf. IX, Fig. 1), ist aber eine ursprünglich etwas breitere Basis der Flosse zu erschliessen, auf welche auch Radienrudimente am Basalglied der Stammreihe (GÜNTHER, 187I, Howes, 1887) hindeuten. Doch liegt kein Grund vor, einen erheblichen Antheil des Plexus omopterygialis post. auf rostralwärts gerichtete Muskel- aberrationen zu beziehen, da bei Squaliden (Centrina) ein ähnlicher Plexus (6 Componenten gegen 9 bei Ceratodus) unabhängig von diesem entstanden und nur auf die Wanderung der ganzen Gliedmaasse nach vorn zurückzuführen ist. Ausserdem spricht die äussere ontogenetische Entwickelung der Ceratodus-Flossen (SEMON, 1893) nicht für eine ursprünglich so erheblich breite Verbindung der Flosse mit dem Rumpf, dass sie den lang ausgedehnten Plexus omopterygialis posterior erklären könnte. Die Flossenbasis ist vielmehr relativ nur wenig breiter als beim ausgebildeten Thier (Semon, Taf. VII)“ An anderer Stelle (p. 425) sagt er dann noch bestimmter: „Bei Ceratodus entspricht dieser oder einer ursprünglich um einige Meta- meren weiter caudalwärts reichenden Innervationsgrenze ungefähr eine frühe belangreiche Etappe in der Stellung des Schultergürtels. Denn wenn auch die Basis der Flosse früher ein wenig breiter ge- wesen sein mag, so kommt doch als hauptsächlichste Ursache der Plexusbildung die Wanderung des Schulter- gürtels nach vorn in Betracht.“ Ich glaube, diese Anschauung wird durch meine oben gemachten Angaben über die Entstehung der Flossenmusculatur durchaus bestätigt. Wenn, wie wohl sicher anzunehmen ist, kein Muskelmaterial vom fünf- zehnten bis elften (oder noch weiter vorwärts gelegenen Myotome und damit auch kein Antheil des I1.—6. (oder noch vorderer) Spinalnerven in die Flosse gelangt, und jene Nerven dennoch an der Plexusbildung theilnehmen, so fällt für die Erklärung dieser Plexusbildung jedenfalls die von BALFOUR, HASWELL und DoHRrN vertretene Auffassung, die der letztere Autor (1384) mit folgenden Worten ausdrückt: „Jeder Urwirbel zog eo ipso den ihn versorgenden Spinalnerven mit in die Flosse hinein, und da die Flossen ursprünglich zwar mit breitester Basis dem Körper aufsitzen, nachher aber an der analwärts gelegenen Circumferenz sich ablösen... ., so ergiebt sich eben mit Nothwendigkeit, dass die Ansae und Plexus zu Stande kommen mussten, um ihre Nervenelemente durch die so sehr verschmälerte Basis der Extremität doch in die Flossenmusculatur ge- langen zu lassen.“ Eine Plexusbildung, wie sie bei Ceratodus für die vordere und, wie weiter unten gezeigt werden wird, auch für die hintere Extremität vorliegt, lässt sich nicht durch solche Annahmen, völlig un- gezwungen dagegen durch die von GEGENBAUR, DAVIDOFF, FÜRBRINGER und Braus vertretene und durch zahlreiche Thatsachen belegte Auffassung erklären, die in der Wanderung der Gliedmaassen ein Causal- moment der Plexusbildung erblickt. Differenzirung des Skelets. Das Skelet der Flosse hatten wir auf Stadium 45 verlassen, wo sich aus der Schicht zwischen den beiden Muskelschichten die vorknorpelige Anlage des Flossenskelets herauszudifferenziren beginnt, indem die Zellen hier in der Achse sehr dicht zusammentreten und einen gegen das peripher davon gelegene Binde- gewebe nirgends scharf begrenzten Stab bilden, der von der Flossenbasis spitz gegen die Flossenspitze auskeilt. Auf den Totalbildern Taf. XIV, Fig. 28, Taf. XV, Fig. 31, sieht man dieses Auskeilen sehr gut. Freilich stellen diese Figuren ältere Stadien dar, in welchen bei Fig. 28, Stadium 46, der Vorknorpel an der Basis, bei Fig. 31, Stadium 48, der Vorknorpel schon bis nahezu zur Spitze in wirklichen Knorpel umgewandelt ist. Gegen die Spitze zu geht aber auf diesen Stadien der Knorpel noch ganz allmählich in Vorknorpel über, und so zeigt uns das Spitzenwachsthum älterer Stadien jedesmal ein Bild, das in jüngeren Stadien die Skeletanlage auch an der Basis dargeboten hat. Als besonders wichtig und charakteristisch möchte ich dabei die strenge Einheitlichkeit der Vorknorpelanlage hervorheben, die sich in jüngeren wie älteren 23 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 7 WW Stadien fortlaufend constatiren lässt. Im Stadium 46 beginnt, von der Basis her allmählich gegen die Spitze fortschreitend, de Umwandlung des Vorknorpels in Knorpel. Ueber das Wesen dieses Processes geben uns Fig. 29 und 30 auf Taf. XIV Auskunft. Histologisch wird er dadurch charakterisirt, dass die stark abgeflachten Vorknorpelzellen ihre Gestalt verändern, indem sich ihre Spindelform in eine Eiform umwandelt und sie sich dabei allseitig vergrössern, sozusagen aufblähen. Diese Veränderungen sind sowohl auf Rechnung des Kerns zu setzen, der eine bedeutende Grössenzunahme und Aufblähung zeigt, als auch des Protoplasma- mantels, der sich im Vergleich zu der sehr dünnen Protoplasmahülle, die den Kern der Vorknorpelzellen umgiebt, recht erheblich verdickt. Die Menge der zwischen den Knorpelzellen auftretenden hyalinen Grund- substanz ist anfangs noch eine sehr geringe, nimmt dann aber rasch an Volumen zu (Fig. 30). Dieser Verknorpelungsprocess schreitet nun nicht gleichmässig in der kegelförmigen Vorknorpelanlage fort, sondern er tritt herdweise, von der Basis beginnend und allmählich zur Spitze fortschreitend, in einer Reihe auf einander folgender Centren auf, in deren Mittelpunkt der Process jedesmal am weitesten vorgeschritten ist. In der Peripherie und zwischen zwei solchen Verknorpelungsherden behalten die Zellen zunächst noch den Charakter der Vorknorpelzellen (Fig. 29), aber allmählich wird diese periphere Zone durch Fortschreiten der Verknorpelung mehr und mehr verschmälert (Fig. 30). Der eben beschriebene Vorgang bringt es mit sich, dass der einheitliche Vorknorpelkegel während seiner Umwandlung in Knorpel in eine Reihe hinter einander liegender Glieder zerlegt wird, die gegen einander durch eine dünne Schicht von Vorknorpel begrenzt sind (Taf. XV, Fig. 32 und 33). Unterdessen wächst die Flosse in distaler Richtung unausgesetzt weiter, und in der Achse des fortwachsenden Stückes die einheitliche, ungegliederte Vorknorpelanlage (Fig. 31). Auf diese Weise bildet sich der gegliederte Achsenstab (Hauptstrahl) der Ceratodus-Flosse. Das erste, in der Basis der Flosse gelegene Knorpelstück ist der Knorpel des Schultergürtels (schgr) ; darauf folgen in Stadium 46 noch zwei weitere Knorpelglieder (Taf. XIV, Fig. 28 axgl I und axgl IT), die sich durch Weiterwachsen und Verknorpelung der vorknorpeligen Spitze im Stadium 48 auf 6—8 (ausschliesslich der immer noch vor- handenen vorknorpeligen Spitze) vermehrt haben. Im Beginn des Stadiums 46 ist von Seitenstrahlen oder Radien noch nichts zu entdecken. Im Laufe dieses Stadiums aber bemerkt man die vorknorpelige Anlage des ersten dorsalen Radius (Fig. 29 dr ]). Dieselbe entwickelt sich in völliger Continuität mit dem zwischen dem ersten und zweiten Achsenglied gelegenen Vorknorpel, als ein aus dem Hauptstrahl dorsal hervorsprossender Seitenzweig. Seine Verknorpelung geht in genau derselben Weise von Statten wie die des Hauptstrahls. Wie die einzelnen Glieder des letzteren unter sich, so gliedert er sich bei der Verknorpelung vom ersten und zweiten Achsenglied, aus deren Zwischen- vorknorpel er hervorgegangen ist, ab. Er selbst besteht auf Stadium 48 aus zwei Knorpelsegmenten und einer vorknorpeligen Spitze (Taf. XV, Fig. 32, 33 dr I). In der ausgebildeten Flosse steigt die Zahl der Glieder . des Hauptstrahls in der Brustflosse auf 25 bis 35. Es ist merkwürdig, dass dieser erste Radius, der in seinem Auftreten den übrigen Radien ziemlich vorauseilt, gerade in der Achsel zwischen dem ersten und zweiten Gliede des Hauptstrahls auftritt, an einer Stelle, in welcher sich in der ausgebildeten Flosse nur ausnahms- weise ein Radius oder auch nur das Rudiment eines solchen findet. Aus dieser entwickelungsgeschichtlichen Thatsache und dem gelegentlichen Vorkommen von isolirten Knorpelelementen an dieser Stelle in der aus- gebildeten Flosse geht klar hervor, dass ursprünglich auch das erste Glied des Hauptstrahls Radien getragen hat. Diese Radien sind aber secundär rückgebildet worden, und hierdurch ist eine Verschmälerung und leichtere Beweglichkeit der Flossenbasis erzielt. Erst später im Laufe des Stadiums 48 bemerke ich vor- knorpelige Anlagen von ventralen, sowie von mehr distalen, dorsalen Radien. Ziemlich deutlich treten die- selben auf Fig. 33 zwischen axgl II und axgl III hervor, in deren Zwischenvorknorpel sie continuirlich über- 74 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 24 gehen. Auch in den entsprechenden Partien der nächst höheren Zwischenvorknorpel bemerkt man die ersten Anzeichen des Hervorwachsens von vorknorpeligen Radien. Wir haben demnach in der sich entwickelnden Flosse die Zwischenvorknorpel zwischen den ein- zelnen Segmenten des Hauptstrahls als einen Mutterboden für die später, aber in steter Continuität ent- stehenden Nebenstrahlen (Radien) anzusehen. Nun finden sich zwar an der Brustflosse sowohl wie an der Bauchflosse zahlreiche Radien achselständig zwischen zwei Segmenten des Hauptstrahls, aber auch eine grosse Anzahl dazwischen, nur einem einzigen Segment aufsitzend. Und zwar ist das Verhältniss so, dass an den Bauchflossen die Mehrzahl der dorsalen (in der ursprünglichen Stellung der Flosse präaxialen) Radien achselständig steht. Die Zahl der ventralen (postaxialen) Radien ist aber bedeutend vermehrt, so dass zwischen solchen achselständigen Radien zahlreiche andere direct einem einzigen Segment des Haupt- "strahls aufsitzen (Taf. XVI, Fig. 34). Man sieht übrigens ohne weiteres auf dieser Figur, dass auch in selteneren Fällen dorsale (präaxiale) Radien der Brustflosse an den Parameren des Hauptstrahls, nicht zwischen denselben ansitzen können. Ebenso liegen die Dinge an der Bauchflosse, mit dem Unterschiede, dass bei ihr in Folge ihrer verschieden gerichteten Drehung die präaxialen, weniger zahlreichen Radien ventral, die zahlreichen postaxialen aber dorsal liegen. Es bleibt also die Frage zu beantworten: wie ent- stehen jene nur je einem Paramer des Hauptstrahls aufsitzenden, nicht achselständigen Radien? Um diesen Wachsthumsvorgang zu verstehen, müssen wir uns erinnern, dass bei der Umbildung des Vorknorpels des Hauptstrahls in Knorpel der Process in jedem einzelnen Glied des Hauptstrahls vom Centrum gegen die Peripherie vorschritt und in der äussersten Peripherie noch eine Schicht von Vorknorpel bezw. von dem Vorknorpel sehr ähnlichem jungen Knorpel zurückliess. Diese Schicht umgiebt nun auch noch in meinen ältesten Stadien die ganze Peripherie der Knorpelradien des Hauptstrahls. Da, wo zwei Glieder des Haupt- strahls an einander stossen, ist sie naturgemäss mindestens doppelt so dick als an dem freien Mantel der Glieder, weil an solchen Stellen die Vorknorpellage von zwei an einander stossenden Deckschichten gebildet wird (Taf. XV, Fig. 33). Aber eine dünne vorknorpelige Deckschicht überzieht auch die freien Oberflächen der Glieder des Hauptstrahls, und in ihr nehme ich in meinen ältesten Stadien Wucherungsprocesse wahr, die als erste Anlage der nicht achselständigen Radien zu deuten sind. In jenen |Stadien sind an der Brust- flosse diese Anlagen besonders an der ventralen (postaxialen) Fläche des zweiten Gliedes des Hauptstrahls (Fig. 32 und 33 axgl II), sowie auch, schwächer ausgeprägt, an der ventralen Fläche des dritten Achsengliedes (axglILI) wahrzunehmen. Auch an der dorsalen (präaxialen) Fläche des dritten Achsengliedes legt sich zuweilen ein nicht achselständiger Strahl an, der aber wohl gewöhnlich keine Selbständigkeit erlangt, sondern höchstens sich mitbetheiligt an der Bildung der Basis des achselständigen Radius, der zwischen zweiten und dritten Gliede des Hauptstrahls steht (Fig. 34). Da die mir zu Gebote stehenden Entwickelungsstadien nur über die Ausbildung eines dorsalen Radius und die Anlage einiger weiterer dorsaler und ventraler Radien Auskunft geben, habe ich versucht, durch genauere Untersuchung von ausgebildeten Flossen über einige Punkte zu weiterer Klarheit zu ge- langen. Die Structur der ausgebildeten Flossen ist sehr oft Gegenstand der Untersuchung gewesen; am ausführ- lichsten ist dieselbe von GÜNTHER (1871), HuxLEy (1876), HASWELL (1883), SCHNEIDER (1887), DAvIDoFF (1884) und Howes (1837) behandelt worden. Alle diese Untersuchungen aber beschränken sich auf die Darstellung der makroskopisch sichtbaren Verhältnisse. Bei der Leichtigkeit, mit der sich das Flossenskelet von Ceratodus prä- pariren lässt, hat man von einer mikroskopischen Untersuchung Abstand genommen. Für den grössten Theil des Flossenskelets kann man eine solche allerdings vollkommen entbehren, nicht aber für die Spitze, deren Knorpelradien zu zart sind um anders als durch die Schnittmethode oder wenigstens durch Präparation unter einem stark vergrössernden Präparirmikroskop zur Anschauung gebracht werden zu können. So finden wir denn 25 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 75 die Radien an der Spitze auf den meisten Abbildungen einfach fortgelassen. Bei Huxrey (1876) finde ich die für sein Exemplar wohl sicher richtige Angabe: „All butthe very last (median cartilage) bear lateral rays; but towards the distal end these become minute, and consist of a single piece.“ Auch Davivorr zeichnet Seiten- radien an den Endgliedern des Hauptstrahls auf seiner Abbildung einer Beckenflosse (1884, Taf. VIII, Fig. 1). Er macht aber dabei die Mittheilung: „Die sehr kleinen rudimentären Radien haben ihre feste Verbindung mit dem Stamme aufgegeben. Manche verbinden sich sogar gar nicht mehr mit demselben.“ Diese Angabe ist durchaus irrthümlich und wohl dadurch zu erklären, dass bei der Präparation (Abziehen der Haut) die sehr kleinen Radien von ihren Ansatzstellen abgerissen worden sind. Auf Taf. XVI, Fig. 34 gebe ich die Ab- bildung eines Flächenschnitts durch das Skelet einer linken Brustflosse in natürlicher Grösse. Die untere Hälfte derselben ist nach einem einzelnen Flächenschnitt gezeichnet, die obere durch Reconstruction einer Serie von Flächenschnitten gewonnen. Fig. 35 stellt die ıı Endglieder einer anderen Flossenspitze ebenfalls nach einer Flächenschnittserie dar, Fig. 36 a—h einzelne Abschnitte derselben bei noch stärkerer Vergrösserung. Die Flossenspitze ist ontogenetisch der jüngste Theil der Ceratodus-Flosse, und sie bleibt dauernd in einem jugendlichen, den embryonalen Verhältnissen ähnlichen Zustande. Hier findet wohl auch noch lange ein Spitzenwachsthum und eine weitere Abgliederung von Parameren statt, wofür die inconstante Zahl der Glieder des Hauptstrahls (an Brustflossen mittelgrosser Thiere schwankt sie zwischen 25 und 35) spricht. Doch beruht das Hauptlängenwachsthum der Flosse mehr auf dem Grösserwerden der einzelnen Glieder, be- sonders der proximalen, weniger auf der Vermehrung der distalen (Spitzenwachsthum); denn nicht immer ist die Zahl der Glieder der Grösse der Flossen proportional; zuweilen haben kleinere Flossen mehr Glieder als grössere. Indessen kann kein Zweifel obwalten, dass am distalen Ende kleinerer Flossen noch lange Zeit hin- durch ein Spitzenwachsthum stattfindet, und die histologische Untersuchung lehrt, dass sich an der Spitze dauernd jugendliche, wenn auch nicht embryonale Zustände der Gewebe erhalten. Wie Fig. 36a—h auf Taf. XVI zeigen, wachsen auch an der Spitze die Radien meistens aus den Achseln zwischen zwei Gliedern des Haupt- strahls hervor, wobei ihr Mutterboden der jugendliche Knorpel der Zwischenknorpelschicht ist. Auch hier aber können Radien aus der Continuität der Achsenglieder selbst hervorsprossen. Diese Funde an der fortwachsenden Spitze älterer Flossen stehen somit in völligem Einklang mit den embryologischen Befunden an den basalen Abschnitten der Flosse in den Stadien 46—48!/,. Uebrigens scheint auch nicht selten der Fall vorzukommen, dass Radien besonders in den basalen Abschnitten sich nicht nur quer, sondern auch längs gliedern, wodurch distale Gabelung, ja totale Längstheilung der Radien hervorgerufen werden kann. Um die Bedeutung der erwähnten Theilungen und Gliederungen der ausgebildeten Flosse ganz zu verstehen, haben wir uns mit der histologischen Structur der Flossenknorpel und der sie trennenden Zwischenstücke zu beschäftigen, über die bei den meisten Autoren unrichtige Anschauungen herrschen. Die Knorpel allerdings werden von allen Beschreibern ganz richtig als hyaline Knorpel beschrieben. Ueber ihre Verbindung aber macht GÜNTHER, der erste Beschreiber der Ceratodus-Flosse (1871), folgende Angabe: „The paddle is joined to the scapular arch by an elongate, flattish, slightly curved cartilage (m); its proximal end has a glenoid cavity, fitting into the humeral condyle; the joint is simple, free, allowing a considerable amount of motion, its parts being held together by a ligament fastened round its circumference, This is the only true joint in the limb, all the other parts being fixed to one another by connective tissue.“ Huxrey (1876) widerspricht dieser Angabe nur insofern, als er sagt: „I find no true joint between the proximal median piece and the scapular arch; the connexion between the two being effected by a solid fibrous mass.“ Welche Bedeutung haben aber jene „fibrösen Massen“ oder jenes „Bindegewebe“ zwischen den einzelnen Gliedern Jenaische Denkschriften. IV. 4 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 11 76 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 26 des Hauptstrahls sowohl als auch zwischen den Ansatzstellen der Radien an den letzteren und der einzelnen Glieder der Radien ? Die Untersuchung lehrt, dass sie durchweg von der Verbindung des Schultergürtels bezw. des Beckens mit dem ersten Gliede des Hauptstrahls an bis zur Spitze nicht aus Bindegewebe, son- dern aus Knorpel bestehen. Dieser Knorpel ist ein Faserknorpel, der continuirlich in die hyalinen Knorpel der Glieder, die er zu trennen scheint, übergeht. Bei makroskopischer Betrachtung erscheint ja die Trennung zwischen den einzelnen Gliedern der Flosse sehr scharf, das Zwischengewebe so deutlich durch Farbe und Consistenz von dem der Knorpelglieder unterschieden, dass, wie es scheint, die meisten Untersucher angenommen haben, sie hätten hier ein Element vor sich, welches sich principiell von dem der eigentlichen Skeletelemente unterscheidet. Bei Anwendung von schwächeren Vergrösserungen (Taf. XVII, Fig. 38) erscheint aber schon jene Grenze weniger bestimmt, und starke Vergrösserungen (Fig. 40) heben die Möglichkeit einer einschneidenden Grenzbestimmung ganz auf. Die Zellen der Zwischenstücke sind wıe die der Glieder echte, von Membranen (Knorpelkapseln) umhüllte Knorpelzellen, von denen man da, wo beide Gewebsformen an einander stossen, nicht immer sagen kann, ob sie dem hyalinen oder dem Faser- knorpel zuzurechnen sind (Fig. 40). Von Bindegewebszellen ist nirgends eine Spur zu entdecken. Im fibrillärknorpeligen Zwischenstück zeigt sich die Anzahl der Knorpelzellen im Vergleich zu denen der hyalinknorpeligen Glieder vermehrt, und eine gewisse „Richtung“ derselben ist stellenweise nicht zu verkennen. Doch herrscht durchaus keine strenge Regelmässigkeit in der Anordnung der Zellen. Grösser sind die Modificationen, die die Grundsubstanz zeigt. Zahlreiche Faserzüge durchsetzen dieselbe und lassen das hyaline Element sehr zurücktreten. An den Grenzflächen zwischen Zwischenstücken und Gliedern hören die Faserzüge ziemlich genau alle in einer Höhe auf, wodurch scheinbar eine scharfe Sonderung zwischen Hyalin- und Faserknorpel entsteht (Fig. 38). Starke Vergrösserung zeigt aber das allmähliche Einstrahlen der Fasern in die hyaline Grundsubstanz (Fig. 40). Die hyaline Substanz nimmt im Faserknorpel gegen das Innere der Zwischenstücke zu ab. Mächtige Gewebslücken finden sich in den voluminösen Zwischen- stücken der basalen Flossenabschnitte allenthalben eingestreut (Fig. 37, 38). Durch sie wird eine grössere Lockerkeit des Verbandes der Glieder und damit grössere Verschiebbarkeit der Glieder gegen einander erzielt. Am bedeutendsten ist diese Lockerkeit im Zwischenstück zwischen Schultergürtel und erstem Achsen- glied der Brustflosse einerseits, Becken und erstem Achsenglied der Bauchflosse (Fig. 37) andererseits. Auch zwischen erstem und zweitem Achsenglied ist das Gewebe des Zwischenstücks stark gelockert und gestattet eine bedeutende Beweglichkeit. Die Synarthrosen zwischen Schultergürtel und erstem Achsenglied einerseits, erstem und zweitem Achsenglied andererseits sind dadurch ausgezeichnet, dass die Grenzflächen der syn- arthrotisch durch Faserknorpel verbundenen Hyalinknorpel Kugelflächen darstellen, und zwar befindet sich in beiden Synarthrosen sowohl bei Brust- als bei Beckenflosse der Kopf am proximalen, die Pfanne am distalen Skeletelement. Je weiter distal vom zweiten Achsenglied, um so schmäler werden die Zwischenstücke, um so lückenärmer und fester ihr Gewebe, um so geringer auch die Möglichkeit der Bewegung. Die Flächen der Synarthrosen pflegen schon von der distalen Fläche des zweiten Achsengliedes an beinahe plan zu sein, noch weiter distal sind sie es völlig. Gegen die Spitze zu stellen die Zwischenstücke nur wenig modificirten Verbindungsknorpel zwischen je zwei Gliedern des Hauptstrahls oder zwischen Gliedern des Hauptstrahls und der Radien dar (Taf. XVI, Fig. 36c—h). Sie sind im Grunde nichts anderes als eine Schicht jugendlicheren zellreicheren Knorpels, dessen Grundsubstanz nur spärliche Mengen von hyaliner Substanz, daneben aber zahlreiche bindegewebige Faserzüge enthält, die mit den Fasern des Perichondriums continuirlich zusammen- hängen (Taf. XVII, Fig. 39). Aus diesem Befunde geht hervor, dass die Zwischenvorknorpel von Stadium 48 (Taf. XV, Fig. 32 und 33) sich nachträglich auch noch in Hyalinknorpel verwandeln. Die Umwandlung in Faserknorpel tritt erst später, und je weiter distal, um so unvollkommener ein. 27 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 77 Aus allem dem ergiebt sich die Thatsache, dass das Knorpelskelet der Oeratodus-Flosse, streng genommen, ein einheitliches Gebilde ist, und zwar nicht nur seiner Entwickelung nach, sondern dass es auch im ausgebildeten Zustande das Gepräge eines geweblichen Continuums an sich trägt. Wir können nunmehr die Entwickelung des Flossenskelets von (eratodus zu- sammenfassend folgendermaassen schildern. Es bildet sich in der Flossenanlage zunächst ein einheitlicher vorknorpeliger Achsenstab, dessen Uebergang in Knorpel in seiner Längsausdehnung in ungleichem Tempo von statten geht, so dass zwischen völlig verknorpelten Stücken immer dünne Schichten von vorknorpeligem, später jungknorpeligem Gewebe ausgespart bleiben. An der Peripherie des Ganzen erhält sich auch noch eine dünne Vorknorpelschicht. Von den Zwischenvorknorpeln sowohl wie von dieser peripheren Schicht sprossen dann die Radien hervor, zunächst auch nur vorknorpelig, später in ähnlicher Weise bei der Verknorpelung sich gliedernd wie der Hauptstrahl (Fig. 29, 32, 33 und 36 a—h). Die Zwischenvorknorpel wandeln sich überall nachträglich noch in echten Knorpel um. In den distalen Abschnitten behält ihr Gewebe im Wesentlichen den Charakter des jungen, zellen- reichen Hyalinknorpels, dessen Grundsubstanz nur verhältnissmässig wenige Fasern enthält. In den basalen Abschnitten der Flosse aber wird unter Erhaltung des Charakters der Zellen als Knorpelzellen die hyaline Grundsubstanz mehr und mehr von einer faserigen ersetzt. Dadurch wird die Verschiebbarkeit der Theile gegen einander in diesen Abschnitten erhöht. Weite Lücken treten besonders in den beiden ersten basalen Synarthrosen in jenem Faserknorpel auf und bewirken eine noch weiter gehende Lockerung der Theile. ‚Was wir hier vor uns sehen, wenn wir die Zwischenstücke, von der Spitze der Flosse beginnend, bis zur Basis untersuchen, ist eine vollständige Reihe, die uns den Vorgang der Gelenkbildung im Knorpel vergleichend-anatomisch und physiologisch vollständig vor Augen führt. An der Spitze nehmen wir die ersten Anfänge einer Verschiebbarkeit gewisser Theile des ursprünglich einheitlichen Knorpels gegen ein- ander wahr, indem die sie verbindenden Knorpelzonen einen weicheren Charakter dadurch annehmen, dass sie zellenreicher, dem embryonalen Knorpel ähnlicher bleiben. Weiter gegen die Basis zu erhöht sich die Beweglichkeit noch dadurch, dass die Knorpelgrundsubstanz mehr und mehr faserigen Charakter annimmt. In den am meisten basal gelegenen, am stärksten gelockerten Zwischenstücken treten dann noch weite Gewebs- lücken auf. In ihnen erblicke ich den Anfang der Bildung einer Gelenkhöhle, wie wir sie bei den pentadak- tylen Wirbelthieren im ausgebildeten Zustande kennen. Die einheitliche Gelenkhöhle jener entsteht durch Zusammenfliessen jener Lückenräume, die wir in den basalen Synarthrosen von Ceratodus beobachtet haben. Mit diesen Befunden am ausgebildeten Knorpelfisch (Ceratodus) stimmen vollkommen die Thatsachen überein, die wir von der Ontogenie der Gelenke höherer Wirbelthiere kennen. Auch hier finden wir zunächst die beiden knorpeligen Skelettheile continuirlich durch ein Gewebe verbunden, das dem Grundgewebe der Extremität des Embryos vollkommen ähnlich ist. Bei niederen Pentadactyliern (Amphibien) nimmt dasselbe in späteren Stadien durchaus den Charakter des Knorpels an; aber auch bei den Amnioten verwandelt es sich da, wo es in späteren Stadien überhaupt erhalten bleibt, häufig in Knorpel (Hyalinknorpel der Menisci, Faser- knorpel des Ligamentum teres femoris, der Ligamenta intervertebralia) um. Das Auftreten einer einheitlichen Gelenkhöhle ist der Hauptfortschritt, den die Gelenke der Pentadactylier im Vergleich mit denen der Knorpelfische gemacht haben. Bei ersteren sehen wir den ersten Schritt zu dieser Bildung durch Auftreten grosser und zahlreicher Lücken im Gewebe des fibrillären Zwischenknorpels gethan. Bei Amphibien ist eine einheit- liche Gelenkhöhle entstanden, aber nach Bernays (1878) ist ihre Ausdehnung z. B. im Kniegelenk bei Salamandern noch eine beschränkte. „Zwischen Femur und Tibia besteht am mittleren d. h. gegen das Centrum gelegenen Theil eine continuirliche Verbindung, welche durch ein eigenthümliches Gewebe (Faser- 4* 11% 78 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 28 knorpel) vermittelt wird. Aber am äusseren Theil bemerkt man eine deutliche Gelenkhöhle“. „Zwischen Fibula und Femur besteht dasselbe Verhältniss.“ „Beim Frosch findet sich entsprechend der um vieles freieren Beweglichkeit seiner Hintergliedmaassen eine grössere Ausbildung des Kniegelenkes.‘ Nachdem ich die oben mitgetheilten Befunde an den synarthrotischen Verbindungen der einzelnen Skeletglieder bei Ceratodus gemacht hatte, unterwarf ich auch verschiedene Selachier (Exemplare von Spinax niger, die ich der Güte des Herrn Dr. H. Braus, Seyllium stellare, die ich der Güte des Herrn Dr. A. A. Böhm verdanke) einer Untersuchung. Es ergab sich im Wesentlichen genau derselbe Befund wie bei Ceratodus. Auch bei Haifischen sind die Verbindungen der sämmtlichen Glieder des Flossenskelets Synarthrosen, und zwar besteht auch bei ihnen jenes Zwischengewebe aus jungem, zellenreichem Knorpel, bei beweglicheren Verbindungen aus Faserknorpel, dessen Substanz durch Lückenbildung dann noch weiter gelockert werden kann. Unterwirft man die Literatur über diesen Gegenstand bei Selachiern einer Durch- sicht, so findet man so gut wie gar keine präcisen Angaben über die Verbindung ihrer knorpeligen Elemente. Die meisten Untersucher nehmen offenbar an, dass das Gewebe zwischen den Basalstücken und den Radien, sowie zwischen den einzelnen Gliedern der letzteren ein Bindegewebe sei, durch welches nicht nur physio- logisch, sondern auch histologisch eine scharfe Continuitätstrennung zwischen den einzelnen Knorpelelementen bedingt werde. Soweit ich die sehr zerstreute Literatur über diesen Gegenstand übersehen kann, liefert nur BERNAYS in seiner vor 20 Jahren erschienenen, unter GEGENBAUR’s Leitung entstandenen Arbeit eine durchaus correcte Darstellung des wahren Sachverhalts. Wie ich bei ausgewachsenen Exemplaren von Ceratodus, Spinax niger und Scyllium stellare, fand er bei jugendlichen Exemplaren von Acanthias vulgaris und Seyllium die fast vollkommene Gewebscontinuität der Knorpeltheile und des sie trennenden Zwischen- gewebes. Er beschreibt die Fasern in der Grundsubstanz des letzteren, hebt den Charakter der Zellen als Knorpelzellen hervor und erwähnt auch kleine, spaltförmige Hohlräume, die durch Zerrung hervorgebracht sein können, welcher diese Zone bei den Bewegungen der Flosse ausgesetzt ist. Indem ich seine Darstellung vollkommen bestätigen kann, möchte ich doch, da er derselben keine Abbildung beigefügt hat, eine solche für die Synarthrose eines Radius mit dem zugehörigen Basalstück einen ausgebildeten Exemplars von Spinaz niger geben (Taf. XVII, Fig. 41). Die vollkommene Uebereinstimmung des histologischen Bildes mit den entsprechenden Theilen bei Ceratodus (Fig. 40) bedarf keiner weiteren Hervorhebung. Was den entwickelungsgeschichtlichen Vorgang bei Haifischen anlangt, so ist derselbe, wie ich aus Untersuchung verschiedener älterer Haifischembryonen ersehe, dem oben bei Ceratodus geschilderten durchaus entsprechend. Zwischen den einzelnen, rascher und vollkommener verknorpelnden Gliedern der Flosse (Schultergürtel, Basalstücke, Radien) werden Zonen von Vorknorpelgewebe ausgespart, die langsamer und in etwas anderer Art verknorpeln, zellenreicher bleiben, in deren spärlicher hyaliner Grundsubstanz später Fasern auftreten. Diese Darstellung stimmt nicht ganz mit der MoLLıER’s (1893, p. 36) überein, der den Vorgang folgendermaassen schildert: „Während dieser Vorgänge erfolgt in dem Stadium der Fig. 16 durch einen Reductionsprocess in der durch Strahlenconcrescenz vergrösserten, aber noch einheitlichen Skelet- anlage die Gliederung derselben in ihre späteren Abschnitte, das Pro-, Meso- und Metapterygium und bald darauf die Trennung der letzteren unter einander und von dem Schultergürtel. Es beruht dieser Vorgang auf einem allmählichen Verschwinden des Vorknorpels an gewissen Stellen der continuirlichen ersten Skelet- anlage, an welchen die Zellen wieder den Charakter des sonstigen mesoblastischen Zellmaterials annehmen.“ Wenn ich diese Angabe MoLLıer’s beanstande, dessen Beobachtungen über die Entwickelung der paarigen Extremitäten bei Selachiern, Ganoiden und Reptilien durchweg von musterhafter Genauigkeit sind, und der unsere Kenntniss der Thatsachen in diesem schwierigen Gebiete in ganz hervorragender Weise vermehrt hat, so betrifft mein Einwand mehr den Ausdruck als die Beobachtung. Kein Reductionsvorgang, kein 29 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 79 Verschwinden des Vorknorpels an gewissen Stellen der continuirlichen ersten Skeletanlage findet statt, sondern der Vorknorpel erhält sich gerade an jenen Stellen am längsten, während in den Bezirken, die zu Gliedern des Skelets werden, die Umwandlung in Hyalinknorpel mit rascheren Schritten fortschreitet. Erst später erfolgt auch in jenen Zwischenstücken eine Verknorpelung, aber immer ist die Menge der zwischen den Zellen ausgeschiedenen hyalinen Grundsubstanz eine geringe, das Gewebe behält den Charakter des jungen, weichen Knorpels bei, oder aber, wenn seine Verschiebbarkeit noch weiter zu Gunsten einer ausgiebigeren Bewegung der Theile, die es verbindet, erhöht werden muss, nimmt die Grundsubstanz allmählich fibrillären Charakter an. In den ausgeprägtesten Fällen dieser Auffaserung kommt es endlich zum Auftreten zahlreicher Gewebslücken in der nun fast rein fibrillären Grundsubstanz. Weitere Differenzirung der Museulatur. Wir haben jetzt noch mit einigen Worten auf die weitere Differenzirung der medialen (ursprünglich dorsalen) Muskelschicht dm (mm) und der lateralen (ursprünglich ventralen) Muskelschicht vm (Im) der Brust- flosse einzugehen, die wir am Ende des Stadiums 46 verlassen haben. Beide Muskelschichten verhalten sich in ihrer Weiterentwickelung übereinstimmend. Zunächst in den basalen Abschnitten der Flossen aus- gebildet, wachsen sie bei deren distalem Wachsthum mit und sind in ihrer histologischen Differenzirung immer in den mehr basalen Abschnitten weiter vorgeschritten als in den mehr distalen. Im Stadium 48 zeigt sich, von der Basis beginnend, eine Gliederung dieser Musculatur, die mit der Gliederung des Haupt- strahles des Skelets alternirt. Bedingt wird diese Gliederung durch das Auftreten zarter bindegewebiger Inscriptionen, die sich von der Peripherie her in die oberflächlichen Schichten der Musculatur einsenken und so eine Art Segmentirung secundär hervorrufen (Taf. XV, Fig. 31 ins). Je eine Inscription fällt dabei zwischen je zwei Synarthrosen der Glieder des Hauptstrahles bezw. Schultergelenk und erste Synarthrose der freien Extremität. Im Stadium 48 sind in der Regel 2—3 solcher Inscriptionen wahrnehmbar. Mit dem distalen Wachsthum der ganzen Flosse und ihrer Musculatur vermehrt sich. noch, wie der Ver- gleich mit dem ausgebildeten Zustande lehrt, die Zahl der Inscriptionen bedeutend. An der Beckenflosse wächst sie nach DAvIporr (I884) auf sieben, an der Brustflosse wohl noch auf eine grössere Zahl (SCHNEIDER, 1887, Taf. XI, Fig. 1). Wie die Entwickelung lehrt, ist diese Segmentation als eine durchaus secundäre zu betrachten und hat keine Beziehungen zu der Metamerie der Myotome, die das Material der Flossenmusculatur liefern. Das Auftreten solcher secundärer Inscriptionen in der Musculatur der Wirbelthiere ist ja überhaupt, wie wir durch die Angaben von FÜRBRINGER wissen, durchaus keine besonders seltene Erscheinung. Secundäre Lageveränderungen. Zum Schluss bleibt noch folgende Frage zu beantworten: Wie oben gezeigt worden ist, liegt bei Ceratodus die Flossenanlage zur Zeit ihrer Entstehung caudalwärts vom Herzen. In Stadium 43 und 44 z. B. liest das Ende des Pericards in der Höhe der Grenze zwischen drittem und viertem Urwirbel, die Flossen- anlage beginnt in der Höhe der Grenze zwischen viertem und fünftem Urwirbel. Eine volle Urwirbelbreite liegt also zwischen ihnen. Im ausgebildeten Thiere aber wird das Herz direct vom Schultergürtel bedeckt: „Ihe heart lies far forward, its basal half being protected by the middle of the scapulary arch‘‘ (GÜNTHER, 1871, p. 535). Diese Verschiedenheit zwischen embryonalem und ausgebildetem Zustand könnte durch caudalwärts gerichtetes Wachsthum resp. Verschiebung des Herzens oder aber durch cranialwärts gerichtetes Wachsthum resp. Verschiebung des Schultergürtels oder endlich durch eine Combination beider Processe bedingt sein. Eine Untersuchung der mir vorliegenden älteren Stadien giebt darüber Auskunft, denn in * so Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 30 Stadium 48 befinden sich die Organe schon im definitiven Lageverhältniss. Es ergiebt sich, dass wesentlich ein cranialwärts gerichtetes Vorwachsen des freien (cranialen) Endes des Schultergürtelknorpels die Ver- änderung hervorruft, ohne dass die Extremität dabei in toto ihre Lage veränderte. Auch das Wachsthum des Herzens ist dabei nahezu unbetheiligt. Die Lage der Vorniere giebt zur Bestimmung der gegenseitigen Lage der Theile in den verschiedenen Entwickelungsstadien einen guten Anhaltspunkt. In jüngeren Stadien liegt das Ende des Pericards ein wenig vor dem Anfange der Vorniere, in älteren (Stadium 48) überkreuzen sich beide Punkte um ein Geringes. Anlage der Deckknochen des Schultergürtels. Entwiekelung der Schuppen. Auf Stadium 48 liegen der rechte und der linke Knorpel des Schultergürtels noch weit von einander entfernt, zu einer medianen Vereinigung ist es noch nicht gekommen. Auf diesem Stadium zeigt sich aber schon die Anlage der deckenden Hautknochen des Schultergürtels (Cleithrum und Clavicula), die sich als Deckknochen unmittelbar über dem Knorpel anlegen. Es sei mir erlaubt, an dieser Stelle eine irrthümliche Angabe in meiner Arbeit über die äussere Entwickelung des Ceratodus forsteri (1893) zu berichtigen. Ich habe dort (p. 46) gesagt: „Andeutungen der Schuppen treten zuerst auf Stadium 45 (sq) hervor; auf Stadium 48 sind sie in Folge der stärker werdenden Pigmentirung verschwunden.“ Die genauere Untersuchung hat gezeigt, dass das auf Taf. VII, Fig. 45s und 45 u der Arbeit von 1893 abgebildete eigenthümliche Hautrelief nicht durch die Anlage der Schuppen hervorgerufen ist, sondern wohl nur als ein zufälliges, wahrscheinlich durch die Conservirung verursachtes Phänomen anzusehen ist. Die Schuppen legen sich sehr viel später an, und es konnte selbst auf Stadium 48 über ihr Auftreten noch nichts ermittelt werden. Entwickelung der Bauchflosse. Nachdem oben die Entwickelung der Brustflosse von Ceratodus ausführlich geschildert worden ist, kann die Entwickelung der Bauchflosse kürzer behandelt werden, da die Vorgänge mutatis mutandis durchaus übereinstimmen. Die erste Anlage der Bauchflosse zeigt sich erheblich später als die der Brusttlosse, was wohl theil- weise dadurch bedingt ist, dass sie um 27 Segmente weiter caudalwärts auftritt, und die Entwickelung der cau- dalen Abschnitte ja überhaupt viel später erfolgt als der mehr cranial gelegenen. So ist die Ausbildung der Brustflosse schon weit fortgeschritten, wenn von der Bauchflossenanlage noch keine Spur irgend welcher Art zu entdecken ist. Die beiden Extremitätenpaare entstehen zudem völlig discontinuirlich und unabhängig von einander. Zu keiner Zeit ist ein verbindender Hautsaum oder auch nur ein eigenthümlich veränderter Epithelstreifen vorhanden, der von der Brustflosse zur Bauchflosse oder auch nur zu der Stelle, an der sie später auftritt, hinüberleitete. Die Epithelverdickung, die sich beim ersten Auftreten der Brustflosse zeigt, ist durchaus circumscript und auf die Höhe des 5.—7. metotischen Urwirbels beschränkt. In diesem Bereich erhebt sich dann später im Stadium 45 die Brustflosse als ein flacher, nach oben (dorsalwärts) und hinten gerichteter Höcker (vergl. Taf. XIV, Fig. 26). Erst in Stadium 47—48, etwa 4 Wochen später, bemerkt man die erste äusserlich sichtbare Anlage der Bauchflosse als einen ähnlichen, aber nach unten (ventral- wärts) und hinten gerichteten Höcker, etwas vor dem After, auf der Höhe des 28.—-30. Spinalganglions. Da die ventralen Urwirbelfortsätze in diesen Stadien hier ziemlich schräg nach hinten verlaufen, sind es aber die Enden der Urwirbelfortsätze von vorderen Myotomen, nämlich denen, die zum 27.—29. Spinal- 31 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsterı. 81 ganglion gehören, oder anders ausgedrückt, des 31.—33. metotischen Myotoms, die auf die Flossenanlage zulaufen (vergl. hierfür die Abbildung des nächstälteren Stadiums 48, Taf. XIV, Fig. 27 mtf 53I—mtf 33. Auf Schnitten lässt sich die Anlage der Bauchflosse schon früher, nämlich gegen Ende des Stadiums 46 in der- selben Gegend nachweisen. Sie kennzeichnet sich dann durch zwei gleichzeitig auftretende Erscheinungen: I) durch eine Verdickung des Ektoderms an der betreffenden Stelle; 2) durch Auswanderung von Zellen aus den Enden des 31.—33. metotischen Myotomfortsatzes in das Mesenchymgewebe unterhalb jener Ekto- dermverdickung (Taf. XII, Fig. 22, 23). Die Verdickung im Ektoderm beruht auf genau denselben Ver- änderungen in Form und Aufstellung der Zellen, die schon bei der ersten Anlage der Brustflosse geschildert worden sind (p. 64). Auch hier bleibt das Ektoderm dauernd zweischichtig, und nur ausnahmsweise und vorübergehend kommt es bei der lebhaften Vermehrung der Zellen vor, dass hie und da einmal drei Zellen in der Dicke der Schicht getroffen werden. Nie betrifft das aber die ganze Schicht, immer nur vereinzelte Stellen. Um jedoch in den zwei Schichten Platz zu finden, können die Zellen nicht mehr ihren grossen Durchmesser in der Verlaufsrichtung der Schichten behalten. Sie stellen sich deshalb so auf, dass ihre lange Achse senkrecht zum Verlauf der Schicht zu liegen kommt. Hier in der Anlage der Bauchflosse findet diese Achsendrehung in beiden Schichten statt, obwohl sie in der inneren am markirtesten ist und in der oberflächlichen nur im Centrum der Anlage zu erkennen ist (Fig. 22epv). In der Anlage der Brustflosse blieb sie ja fast ganz auf die innere Schicht beschränkt. Wahrscheinlich ist es das raschere Wachsthum der verspätet auftretenden Bauchflossenanlage, das diese Differenz verursacht. Gleichzeitig mit dem Auftreten der Ektodermverdickung erfolet nun an den Enden der ventralen Myotomfortsätze, die ihr gegenüberliegen, eine reichliche Auswanderung von Zellen in das dazwischenliegende Mesenchym. Der Epithelverband an der Spitze der Myotomfortsätze erscheint stellenweise vollkommen aufgelöst, in einer Weise, die besser als durch Beschreibung durch die Figg. 22 und 23 auf Taf. XIII veranschaulicht wird. Es ist hier an der Bauchflosse die Spitze des Myotomfortsatzes, von welcher aus die Auswanderung der Zellen stattfindet, und es lässt sich deshalb nicht sagen, welchem Blatte des Myotoms sie zuzurechnen sind, dem äusseren oder dem inneren. Da jedoch in der Brustflossenanlage nachgewiesen werden konnte, dass Zellen beider Schichten in die Extremitätenanlage gelangen (p. 67), so kann kein Zweifel obwalten, dass die Dinge an der Bauchflossenanlage ebenso liegen, und dass die Auswanderung nicht nur myogenes Material liefert, sondern auch den Bindesubstanzen der Flosse zu Gute kommt. Weit schwieriger als an der Brustflosse ist die genaue Bestimmung, wie viel Myotomfortsätze an diesem Vorgang betheiligt sind. Die Fortsätze sind hier nicht wie bei ihrem ersten Auswachsen in den mehr dorsalen Abschnitten durch Zwischenräume von einander getrennt, sondern sie stossen unmittelbar an einander, und nur eine minimale Bindegewebslage scheidet sie von einander. An der Brustflosse tritt dieselbe Schwierigkeit erst auf einem späten Entwickelungsstadium der Anlage (von Stadium 44 an) auf; hier ist sie von vornherein vorhanden. Dazu kommt, dass an der Brustflosse der Process der Auswanderung selbst, da er seitlich aus dem Epithelverbande der Myotomfortsätze heraus stattfindet (Taf. XI, Fig. 9, Taf. XII, Fig. 13), sich markanter heraushebt, als hier, wo er von dem ohnehin noch im Wachsthum be- griffenen Ende des Myotomfortsatzes aus stattfindet. Sehr deutlich nehme ich die Auswanderung am Fortsatz des 32., ferner auch noch gut an den Fortsätzen des 31. und 33. metotischen Myotoms (man kann sie auch die Myotome des 27.—29. Spinalganglions nennen) wahr. Es sind dies die Fortsätze, die auch topographisch ins Bereich der Epithelverdickung der Bauchflossenanlage fallen. Ganz auszuschliessen ver- mag ich aber die Mitbetheiligung noch einiger caudalwärts und cranialwärts von den genannten liegender Myotomfortsätze nicht. Andererseits halte ich es aber für höchst unwahrscheinlich, dass Material von so weit cranialwärts gelegenen Myotomen, als es das 24. und 25. metotische Myotom (zum 20. und 21. 82 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 32 Spinalganglion gehörig) ist, wenn auch nur in Gestalt vereinzelter Zellen, um 6-7 Myotome caudalwärts bis in die Gegend der Flossenanlage einwandern sollte. Ich fasse deshalb den von DAvıporr (1884) ent- deckten, dann kürzlich von BrAaus (1898 A) näher studirten Plexus lumbalis (Davınorr’s Nervus collector), an dem sich nach BrAus I3 Spinalnerven (der 20.—32.) betheiligen, nicht so auf, dass nun wirklich auch Fasern aller am Plexus betheiligten Nerven in die Musculatur der Flosse gelangen, sondern ich möchte jedenfalls zur Erklärung des vordersten Abschnittes dieses Plexus dieselben Gesichtspunkte geltend machen, die ich oben (p. 71, 72) bei Besprechung des Plexus brachialis (omopterygialis) schon ausführlich auseinander- gesetzt habe. Die weitere Entwickelung der Bauchflossenanlage bei Ceratodus verläuft, soweit mein Material sie zu verfolgen gestattete, in einer der Entwickelung der Brustflosse durchaus parallelen Weise, mit dem Unterschiede, dass an der durch die Epithelverdickung markirten Stelle eine nach hinten und ventralwärts, nicht wie an der Brustflosse eine nach hinten und dorsalwärts gerichtete faltenförmige Er- hebung entsteht (Taf. XIII, Fig. 24; Taf. XIV, Fig. 26, 27). An dieser Faltenbildung betheiligt sich ausser dem Ektoderm auch das subepitheliale Mesenchym, das neben seinen ihm eigenthümlichen Zellen auch das aus den Myotomfortsätzen ausgewanderte Zellenmaterial enthält. In diesem eigenthümlichen subepithelialen Gewebe tritt dann bald wie in der Brustflosse eine Sonderung in drei Schichten auf, eine äussere (laterale), eine innere (mediale) und eine centrale. Aus der letzteren differenzirt sich auf Stadium 48 die einheitliche Vorknorpelanlage des Skelets der Bauchflosse heraus (Taf. XIII, Fig. 24, 25). Die äussere und innere Schicht stellen die Anlagen der Flossenmusculatur dar, und zwar liegen der entgegen- gesetzten Drehung der Bauchflosse entsprechend die Muskelschichten gerade umgekehrt, wie an der Bauch- flosse. Die laterale Muskelschicht der Brustflosse entspricht der medialen der Bauchflosse; beide hatten bei ursprünglich horizontaler Stellung der Flossen ventrale Lage. Der mediale Muskel der Brustflosse entspricht der der lateralen der Bauchtflosse; beide hatten bei ursprünglich horizontaler Stellung der Flosse dorsale Lage (vergl. Taf. XIII, Fig. 18, Brustflosse, und 24, Bauchflosse). Ebenso entspricht natürlich auch am Skelet die Aussenfläche der Brustflosse der Innenfläche der Bauchflosse und, worauf zuerst SCHNEIDER (1886, 1887) aufmerksam gemacht hat, die dorsalen Radien der einen den ventralen der anderen. Ueber die weitere Entwickelung des Flossenskelets der Bauchflossen giebt mein Material keine Auskunft. Meine ältesten Stadien zeigen rechts und links getrennte, in sich durchaus einheitliche Vorknorpelanlagen des Skelets der hinteren Extremitäten. Dass sich aus jeder eine Beckenhälfte nebst der zugehörigen freien Extremität herausbilden und in der für die vordere Extremität genauer studirten Weise ausbilden wird, erscheint um so sicherer, als die Anordnung und Structur der Glieder und Zwischenglieder in der vorderen und hinteren Extremität in allen wesentlichen Punkten übereinstimmt. Auch die Verbindung zwischen Becken und erstem Gliede des Hauptstrahls (Zwischenstück DAvInorr’s) ist eine Synarthrose (Taf. XVII, Fig. 37). Das Gewebe, welches die Continuität zwischen den beiden Theilen herstellt, ist derselbe eigenthümliche Knorpel mit faseriger, von zahlreichen Lücken durchsetzter Grund- substanz, der schon beim Schultergelenk beschrieben worden ist. Die Beweglichkeit in dieser Synarthrose _ ist eine recht bedeutende, da das Zwischengewebe ziemlich stark gelockert und seiner Form nach als Kugelfläche angeordnet ist, die an ihrer Concavität in den abgerundeten hyalinknorpeligen Fortsatz des Beckens, an ihrer Convexität in die pfannenförmig gestaltete Grenzfläche des ersten Gliedes des Hauptstrahls übergeht. Dabei ist die Zwischenknorpelschicht aber von letzterer Grenzfläche schärfer abgesetzt als von der correspondirenden des Gelenkfortsatzes des Beckens; auch zeigt es sich in der Nähe jener mehr gelockert und von Lücken durchsetzt als dort, wo es in den Hyalinknorpel des Beckens übergeht, wie dies auch auf 33 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 83 Fig. 37 ersichtlich ist!). Auch die Synarthrose zwischen erstem und zweitem Gliede des Hauptstrahls lässt eine bedeutende Beweglichkeit zu, zumal die Grenzflächen der Hyalinknorpel ebenfalls Kugelflächen (proximal Kugel, distal Pfanne) darstellen. Die Verbindung der rechten und linken Beckenhälfte unter einander ist auch ontogenetisch, wie Stadium 48 lehrt, ein secundärer Vorgang, ganz ebenso wie natürlich die Ent- wickelung des ansehnlichen unpaaren Beckenfortsatzes. Allgemeiner Theil. Morphologie und Physiologie der Geratodusflosse. Nachdem wir im beschreibenden Theil die Entwickelung der paarigen Extremitäten des Ceratodus kennen gelernt haben, erscheint es angezeigt, die aus den mitgetheilten Thatsachen sich ergebenden Schlüsse zu ziehen und zu erwägen, ob aus ihnen zur Lösung der zahlreichen, viel umstrittenen Probleme der ver- gleichenden Morphologie der Wirbelthierextremitäten neue Handhaben gewonnen werden können. Das Skelet der Ceratodus-Extremität entsteht als eine einheitliche Bildung und verharrt dauernd in diesem Zustande. Aus der einheitlichen Vorknorpelanlage differenziren sich zuerst der Gürtelantheil und die basalen Abschnitte des Hauptstrahls heraus. Erst durch weitere Wachs- thumsprocesse entstehen die distalen Abschnitte des Hauptstrahls, sowie die Radien, deren Entwickelung ebenfalls von der Basis zur Spitze der Flosse fortschreitet. Secundär ist auch am Knorpel des Schulter- gürtels ein bedeutendes cranialwärts gerichtetes Wachsthum. Die Verknorpelung der einheitlichen Vor- knorpelanlage erfolgt im Gebiete der ganzen Anlage aber in einer verschiedenartigen Weise, woraus eine Gliederung der einheitlichen Masse resultirt. Zwischen rascher verknorpelnden Theilen, die zu den hyalin- knorpeligen Gliedern werden, bleiben langsamer verknorpelnde Schichten zurück, die dauernd den Charakter des jungen, zellenreichen Knorpels beibehalten und in deren Grundsubstanz das Hyalin gegenüber fibrillären Structuren zurücktritt. Die Signatur des gesammten Flossenskelets ist aber von seiner ersten Entstehung an bis in den fertig ausgebildeten Zustand hinein die einer strengen Einheitlichkeit, einer so strengen, wie sie derjenige, der eine ausgebildete Flosse nur oberflächlich makroskopisch präparirt und anschaut, schwerlich ahnen wird. Angaben, dass die Radien an der Spitze ihren Zusammenhang mit dem Hauptstrahl gelöst haben, beruhen auf einem Beobachtungs- oder wahrscheinlicher auf einem Präparationsfehler. Hiermit ist allen denjenigen Constructionen, die die Ceratodus-Flosse aus einzelnen, ursprünglich getrennten Radien zusammenfliessen lassen, jeder thatsächliche Anhalt entzogen. Natürlich können sich 1) DAVIDOFF (1884, p. 124) giebt folgende Beschreibung des Gelenkes, wobei daran erinnert sei, dass er das erste Axen- glied des Hauptstrahls als „Zwischenstück“ bezeichnet: „Die Articulation zwischen dem hinteren, eben beschriebenen Fortsatze des Beckens und dem Zwischenstück ist einem Kugelgelenk zu vergleichen. Das Zwischenstück besitzt eine geräumige Höhle, in welche der knopfartige Gelenkhöcker des Beckenfortsatzes hineingreift. Die ganze Articulation wird durch straffes Bindegewebe zusammengehalten.“ Diese Darstellung, obwohl nicht direct unrichtig, kann doch leicht zu Missverständnissen Anlass geben, da durch sie der Charakter der Gelenkverbindung als Synarthrose nicht hinreichend deutlich gemacht ist. Jenaische Denkschriften. IV. 5 Semon, Zoolog, Forschungsreisen. I. 12 84 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 34 die Vertreter jener Ansicht auf Cänogenie berufen. Zugeben aber müssen sie jedenfalls, dass die Ontogenie ihre Speculationen in keiner Weise stützt. HasweLL (1883) hat bei zwei Ceratodus-Flossen eine Längsgliederung des Hauptstrahls beschrieben, die in dem einen Falle nur das zweite Glied des Hauptstrahls betraf, in dem anderen sich weiter distalwärts auf eine grössere Anzahl von Gliedern des Hauptstrahls erstreckte. Aehnliche Spaltungen sind auch von Howes (1887) in seiner schönen und sorgfältigen Untersuchung über das Skelet der paarigen Flossen von Ceratodus beschrieben, und SCHNEIDER (1886, 1887) macht bei zwei von ihm untersuchten Exemplaren für Brust- und Bauchflosse die Angabe, dass das zweite Glied des Hauptstrahls durch eine Längsgrube in zwei Stücke zerfällt. An den von mir untersuchten Exemplaren fand auch ich in einer Minderzahl der Fälle an der Beckenflosse eine ganz oder fast ganz durchgeführte Längsgliederung jenes zweiten Paramers (vergl. die Textfiguren p. 94). Andeutungen einer solchen traf ich ziemlich häufig an der Beckenflosse, seltner an der Brustflosse an, und aus einer Zusammenstellung der Literatur geht ebenfalls hervor, dass sie nicht gerade selten sind und viel häufiger an der Becken- als an der Brustflosse vorkommen. HASWELL fasst diesen Spaltungsprocess als einen Atavismus auf, indem er sagt: „it is reasonable to regard it as an instance of atavism, and so pointing back to a preexisting condition in which the fin skeleton consisted of branching joined cartilaginous elements supporting a cutaneous exparsion considerably broader than that of the fin of the living Ceratodus forsteri. The second joint seems to be formed by the coalescence of the bases of several of the main ribs or axes of the fin, and the first joint is to be regarded as derived from the equivalent of the basipterygium of the embryonic Seylium. In the absence, however, of any data on the development of Ceratodus the homologies of these cartilages cannot be determined with any certainty, but the varieties of arrangement which I have described seem to point to the above conclusion.“ Die Idee, jene gelegentlichen Spaltungen des Hauptstrahls als Atavismus aufzufassen, wurde dann mit noch grösserem Eifer und grösserer Bestimmtheit von WIEDERSHEIM aufgenommen, der den supponirten Ver- schmelzungsprocess einzelner zunächst getrennter Radien und die daraus resultirende zuerst gespaltene, zuletzt einheitliche Structur des Hauptstrahls in einer Reihe von Abbildungen (1892, p. 56, Fig. h—l) zu illustriren versucht hat. Die Entwickelungsgeschichte weist durchaus auf das Gegentheil hin. Zuerst entsteht der Haupt- strahl, aus ihm durch einen Sprossungsprocess die Radien. Zunächst ist die ganze Skeletanlage einheitlich. Die transversale Gliederung des Hauptstrahls sowohl wie der Radien sind secundäre Erscheinungen und bleiben dauernd unvollständig. An die Abgliederung der Radien vom Hauptstrahl schliesst sich nicht selten eine in den meisten Fällen nur schwach angedeutete longitudinale Gliederung einzelner Abschnitte des letzteren an (Taf. XVI, Fig. 36). Dieser Vorgang ist aber ein ganz secundärer, ontogenetisch immer spät auftretender. Niemals habe ich die geringsten Spuren einer longitudinalen Gliederung bei den recht zahl- reichen jungen Flossen (Stadium 47 und 48) gefunden, die ich untersucht habe. Wir haben in jenen longitudinalen Gliederungen einzelner oder vieler Glieder des Hauptstrahls keinen Atavismus, sondern einen progressiven Vorgang zu er- blicken. Die paarigen Extremitäten der Dipnoer befinden sich augenscheinlich physiologisch wie anatomisch in einem Uebergangszustand. Sie sind bei Ceratodus nicht mehr ausschliesslich Organe der Schwimm- bewegung. Eine durch Aufgabe dieser Function bedingte Tendenz, rudimentär zu werden, bemerken wir bei Protopterus und noch mehr bei Zepidosiren. Die dort eingeschlagene Bahn führt auf ein todtes Geleise. Bei Ceratodus dagegen sehen wir, dass die Flossen unter Beibehaltung ihrer Function als Schwimmorgane eine neue Function übernehmen: die des Fortschiebens des Körpers auf dem Grunde des Wassers. Hier tritt uns die Flosse zum ersten Male als ein Stützorgan entgegen. Uebrigens sei erwähnt, dass auch für 35 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 35 Protopterus angegeben wird, seine schwachen und stark in Rückbildung begriffenen Flossen hülfen bei dem Fortschieben des Körpers auf dem Grunde mit (PARKER, 1392). Oeratodus ist ein Grundbewohner. Zwar pflegt er von Zeit zu Zeit an die Oberfläche zu kommen, um zu athmen (vergl. darüber meine Angaben in: Verbreitung, Lebensweise und Fortpflanzung des Ceratodus forsteri, in SEMoN, Zool. Forschungsreisen in Australien, Bd. I, 1893), ferner schwimmt er auch sonst frei im Wasser umher und nimmt nicht nur die Grund-, sondern auch die Schwebeangel. Für gewöhnlich aber liest er bewegungslos auf dem Grunde des Wassers, meist unter dem Schutze der zahlreichen entwurzelten Baumstämme, die sich auf dem Grunde seiner Heimathsflüsse verstreut finden und viel häufiger sind als beispielsweise in europäischen Flüssen, weil das Hartholz der meisten australischen Bäume specifisch schwerer ist als das Wasser. Der Boden der Flüsse ist es auch, auf dem der Fisch hauptsächlich seine Nahrung findet, Wasserpflanzen aller Art, untergesunkene Blätter und andere Theile von Landpflanzen, die ver- schlungen werden, um die zwischen dem Gewirr befindlichen grösseren und kleineren, ja kleinsten Orga- nismen zu erbeuten, Algen, Protozoen, Süsswassermollusken, Crustaceen etc. Bei diesem Weidegeschäft und Stöbern auf dem Grunde schiebt sich der Fisch zweifellos mit seinen Flossen über den Boden hin fort. Ceratodus forsteri. Beide Flossen in Kriechstellung. Ein wirkliches Schwimmen wäre in dem Pflanzengewirr, wie es viele Stellen des Grundes im Burnett- und Maryfluss erfüllt, die gerade von Ceratodus besonders bevorzugt werden, gar nicht möglich. Für diesen Gebrauch der Flossen spricht auch durchaus die Art und der Ort der Anheftung derselben und ihre Stellung. Besonders deutlich prägt sich dies an der Beckenflosse aus, die für den Schwimmact überhaupt nur noch wenig in Frage kommt. Die Brustflosse dagegen dient neben der Kriechfunction auf dem Boden des Wassers auch noch als Ruder- und Steuerapparat beim freien Schwimmen, für das das Hauptorgan freilich der kräftige museulöse Schwanz ist. Dabei sei übrigens nochmals auf die schon in meinen früheren Ver- öffentlichungen gemachte Mittheilung hingewiesen, dass Ceratodus zu einem Kriechen ausserhalb des Wassers im Trockenen nicht fähig ist. Aus allem dem geht hervor, dass sich die Ceratodus-Flosse im Stadium des Ueberganges vom Ruder- und Steuerapparat zum Kriechorgan befindet. (Bei Teleostiern sehen wir in nicht seltenen Fällen die Brustflosse als Kriechorgan im Wasser [Trigliden, Scorpaeniden, Pediculaten] oder sogar ausserhalb desselben [Periophthalmus] benutzt). s6 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 36 Es ist selbstverständlich, dass die Uebernahme der neuen Function das Organ auch anatomisch ver- ändert, sein Gefüge sozusagen ins Schwanken! bringt. Es sei mir erlaubt, hier einige allgemeine Sätze anzuführen, durch welche GEGENBAUR in seiner soeben erschienenen vergleichenden Anatomie der Wirbel- thiere (1898) diesem Wechselverhältniss treffendsten Ausdruck verleiht: „Die Anpassung wird durch eine Veränderung. der Leistung eingeleitet, so dass also die physiologische Beziehung der Organe hier die Hauptrolle spielt. Da die Anpassung nur der Ausdruck jener Veränderung der Function ist, wird die Modification der Function ebenso wie ihre Aeusserung als ein allmählich sich vollziehender Vorgang zu denken sein. In der Anpassung giebt sich somit der engste Zusammenhang zwischen functionellem und morphologischem Verhalten des Organs kund. Die physiologische Function beherrscht in gewissem Sinne das Organ, und darin ist das Morphologische dem Physiologischen untergeordnet.“ Die Veränderung der physiologischen Verhältnisse, die neuen Aufgaben, die an das Organ heran- treten, bedingen nun zunächst eine gesteigerte Variabilität, und diese ist in der That, wenn wir die Skelete einer grösseren Anzahl von Ceratodus-Flossen untersuchen, ganz überraschend gross. Sie übertrifft weit die Variationen, . die die Flossen der verschiedenen Arten der Selachier, Holocephalen und Ganoiden zeigen. Es ist nahezu unmöglich, zwei Flossen zu finden, deren Skleletelemente sich in Zahl und Anordnung einiger- maassen genau entsprechen; nicht einmal die rechten und linken Flossen desselben Individuums zeigen eine markirte Uebereinstimmung. "Ich verzichte darauf, diese Thatsachen durch eine grössere Anzahl von Zeich- nungen zu illustriren, da die bereits publieirten Abbildungen dafür reichliche Belege abgeben. Ich ver- weise hier nur auf die beiden Figuren im Text p. 94, die zwei Beckenflossen darstellen, sowie auf die Ab- bildung einer Brustflosse Fig. 34, Taf. XVI; ferner auf die Abbildungen besonders von HAswELL (1883) und Howes (1887); ferner von GÜNTHER (1871), HUXLEY (1877), DAVIDOFF (1884), SCHNEIDER (1887), GEGENBAUR (1898). Diese Variabilität äussert sich in der schwankenden Zahl und inconstanten Stellung der Radien, der wechselnden transversalen und longitudinalen Gliederung derselben und gelegentlichen longitudinalen Gliederungen einiger oder vieler Glieder des Hauptstrahls. Wie man sich die Steigerung der Variabilität durch die veränderten functionellen Bedingungen vor- stellen will, ob durch den directen Reiz veranlasst oder auf einem complicirteren, mehr indirecten Wege, kann der persönlichen Auffassung des Einzelnen überlassen werden. Jedenfalls ist sie eine Thatsache. Hier liegt es nahe, einen Einwand zu machen: Wir kennen zwar nicht das Detail der Flossenstructur der fossilen Dipnoer; aber da die Anheftungsart und Stellung ihrer biserialen Flossen im Wesentlichen mit der des lebenden Ceratodus übereinstimmt, liegt es nahe anzunehmen, dass die Bedingungen, unter welchen ihre Flossen functionirten, ähnliche gewesen sind, wie ich sie oben für den lebenden Fisch auseinander- gesetzt habe. Haben die Zeiträume seit dem Auftreten palaeozoischer Dipnoer (Dipterus, Unterdevon), oder auch nur die minder beträchtlichen aber doch unser Vorstellungsvermögen überschreitenden seit dem Er- scheinen der Genera Ceratodus (Trias) oder Gosfordia (cf. WOoODWARD 1890) nicht genügt, um zu einer Fixirung der auf Anstoss des Functionswechsels in Fluss gerathenen anatomischen Structur zu führen ? Auf diesen Einwand ist Folgendes zu erwidern: Eine Fixirung der anatomischen Structur konnte aut zweierlei Weise erfolgen. Entweder indem das Organ sich der Doppelfunction vollkommen anpasste, oder indem es sich zu Gunsten der neuen Function definitiv umformte, weil die ursprüngliche Function mehr und mehr zurücktrat. Der zweite Weg ist bei den Dipnoern, wie Ceratodus lehrt, nicht eingeschlagen. Wir sehen ihn erst von den Pentadactyliern zurückgelegt. Die Dipnoer sind eben noch Fische geblieben. Dass aber auch die andere Alternative, die vollkommene Anpassung an die Doppelfunction, nicht erfüllt worden ist, liegt wohl daran, dass die beiden Functionen sich eben nicht in vollkommenen Einklang mit einander bringen liessen, sondern dauernd mit einander concurrirten, so dass, solange das Thier nicht Fisch, 37 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 87 nicht Fleisch war, auch seine Extremität in einem Schwebezustande zurückgehalten worden ist, den auch sein Respirations- und Circulationssystem so deutlich erkennen lässt. Dadurch charakterisiren sich ja die wenigen noch lebenden Dipnoer trotz des geologisch hohen Alters, besonders des Ceratodus, nicht nur physiologisch, sondern auch anatomisch als Uebergangsthiere, vermittelnde Glieder zwischen Fischen und Pentadactyliern !), Wenn übrigens die Anpassung an die Function des Fortschiebens des Körpers über den Grund des Wassers bei Ceratodus keine vollkommene geworden ist, weil die gleich wichtige, wahrscheinlich wichtigere Schwimmfunction eine zu einseitige Ausbildung nach der anderen Richtung hin fort und fort eindämmte, so ist dabei doch die anatomische Umformung der Flosse in der Richtung eines Kriech- organs eine nicht unbeträchtliche. In erster Linie ist die sehr bedeutende Beweglichkeit der Flossen in ihren basalen Abschnitten als eine Einrichtung aufzufassen, die eine bedeutend vielseitigere Verwendung des Organs ermöglicht. Diese Beweglichkeit wird dadurch erzielt, dass am ersten Gliede des Hauptstrahls der Radienbesatz schwindet, und dieses Glied damit zum freien Flossenträger wird, einem Träger, der das übrige Glied mit dem Schulter- bez. dem Beckengürtel verbindet und mit jenen Gürteln sowohl, als auch mit der freien Extremität recht frei beweglich verbunden ist. Dass es sich dabei um secundären Schwund der Radien handelt, wird direct durch die Ontogenie bewiesen, die, wie im beschreibenden Theil (p. 73) auseinandergesetzt ist, lehrt, dass an der Brustflosse constant im Winkel zwischen erstem und zweitem Gliede des Hauptstrahls ein dorsaler mehrgliedriser Radius angelegt wird, der später in allen oder doch in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle verschwindet. Rudimentäre Radien oder Knorpelstücke im Winkel zwischen erstem und zweitem Gliede des Hauptstrahls sind bei einigen ausgebildeten Beckenflossen von Howes (1887) beschrieben und abgebildet worden, der auch noch weitere Fälle aus den Abbildungen von GÜNTHER (187I) und Hasweı (1883) con- statirt. In der Mehrzahl der Fälle trägt aber auch am Becken das erste Glied des Hauptstrahls keine Radien mehr und dient lediglich als Flossenträger. Die Synarthrosen zwischen jenem ersten Gliede und dem Knorpel des Schulter- bez. Beckengürtels lassen in Folge der Configuration ihrer Flächen und des Auftretens zahlreicher Lücken im Gewebe der Zwischenknorpelschicht eine bedeutende Beweglichkeit zu (Taf. XVII, Fig. 37). Fast ebenso verhalten sich aber auch die Synarthrosen zwischen jenem ersten Gliede des Hauptstrahls und dem distal davon gelegenen zweiten. Diese Ausbildung einer zweiten Synarthrose zu dem, was man physiologisch wenn auch noch nicht morphologisch als Gelenk bezeichnen könnte, in der Continuität der Flosse, ist von fundamentaler Bedeutung, da sie eine höhere Differenzirung der Dipnoerflosse (Ceratodus-Flosse) im Vergleich mit den Flossen aller anderen Knorpel- fische einschliesslich Xenacanthinen bedeutet und das Organ der Extremität der Pentadactylier, dem Chiridium, ganz bedeutend annähert. Das gelegentliche Auftreten longitudinaler Gliederungen in einigen oder vielen Parameren des Haupt- strahls ist ebenfalls mit der neuen Leistung der Gliedmaasse in Verbindung zu bringen. Es ist denkbar, dass der directe Druck, dem die Knorpel bei der Function der Flosse, den Körper im Wasser über den r) An dieser Anschauung, die sich von jeher den Morphologen geradezu aufgedrängt hat, und die besonders von HAECKEL (1893) schärfer formulirt und näher begründet worden ist, halte ich gegenüber dem Widerspruche von DoLLo (1895) durchaus fest. Kein Mensch hat je daran gedacht oder wird daran denken, die Amphibien von Ceratodus oder dem forsilen Dipterus direct ab- zuleiten. Dazu sind diese Dipnoer in der That schon zu specialisir. Aber da wir bei phylogenetischen Ableitungen gar nicht erwarten können und gar nicht erwarten, die directen Vorfahren aufzufinden und die geraden Linien der Stammbäume nach- zuzeichnen, hat ein Herausgreifen einzelner Merkmale von ganz verschiedenem morphologischen Wert und ein Läugnen näherer Verwandtschaft wegen des Vorhandenseins einzelner Specialisationen bei den als Stammgruppe angesehenen Formen durchaus keine Berechtigung. Auf die Summe der Merkmale, auf die Gesammtorganisation der zu ver- gleichenden Formen kommt es an. Und da kann es meines Erachtens keinem Zweifel unterliegen, dass keine andere Fischordnung, auch die Crossopterygier nicht, in ihrer Gesammtorganisation den Amphibien so nahe steht, wie die Dipnoer es thun. Ich behalte mir vor, bei anderer Gelegenheit einmal näher auf diese Frage einzugehen. 88 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 38 Boden fortzuschieben, unterliegen, besonders bei Drehbewegungen der Flossen um ihre Längsachsen bei gleichzeitigem Aufstützen auf den Boden, zu diesen Längsgliederungen sowohl von Theilen des Hauptstrahls, als auch von einzelnen Radien den ersten Anstoss gab, und dass die Gliederung dann jener Function auch ihrerseits zu Gute kam, da sie die Beweglichkeit der Flosse für Excursionen um ihre Hauptaxe herum ver- mehrte, ohne ihre Festigkeit als Stützorgan in dieser Richtung zu vermindern. Wohl aber konnte diese Längsgliederung die Brauchbarkeit des Organs als Ruderplatte vermindern, wenn sie eine stärkere Ausbildung erlangte, und deshalb, weil eben die Schwimmfunction der Flosse bei einem Thiere von der Lebensweise des Ceratodus nicht angetastet werden durfte, sehen wir, dass der Process nicht über die ersten Anläufe hinauskommt und bei unserem Fisch niemals Constanz und schärfere Ausprägung erhalten hat. Anders ist das, wie unten ausgeführt werden soll, bei den Pentadactyliern gewesen, wo die Schwimmfunction der Extremität auf Kosten der Kriechfunction allmählich ganz in den Hintergrund gedrängt worden ist. Es ist zu erwägen, ob auch die Drehung der Flossen aus der horizontalen in sagittale Stellung, wie sie genauer im beschreibenden Theil an der Hand der Ontogenie dargelegt worden ist, auf die Uebernahme der neuen Function zu beziehen sei. Es ist ja selbstverständlich, dass für die Mitwirkung beim Kriechact eine sagittale Stellung der Extremität, wie wir sie bei Ceratodus beobachten, viel günstiger ist als eine horizontale, wie wir sie bei den Selachiern finden. Deshalb braucht jedoch die neue Leistung nicht die erste Ursache für jene Drehung gewesen zu sein. Haben doch auch bei vielen anderen ausgestorbenen und lebenden Fischen die paarigen Flossen (ich erinnere z. B. an die Brustflossen von Ganoiden und Teleostiern) sagittale Stellung angenommen, ohne dass sie bei der Mehrzahl jemals einer anderen Function als der Schwimmfunction gedient haben. Die Drehung wird sich daher wahrscheinlich auch bei den Dipnoern aus anderen, jetzt nicht mehr zu ermittelnden Gründen schon vorher vollzogen haben, und die Flossen werden wohl erst nach vollzogener Drehung in die Lage gekommen sein, sich der neuen Aufgabe zu unterziehen. Wenn diese Frage sich an der Hand der bisher bekannt gewordenen Thatsachen nicht entscheiden lässt, können wir dafür aus der soeben erörterten, zuerst von HATSCHEK (1889) betonten Doppelfunction der Flossen als Ruder- und Fortschiebungsapparat eine Erklärung für die sonderbare Gegendrehung der beiden Flossenpaare inihrer gegenseitigen Stellung ableiten. Anatomie und Ontogenie lehren uns über- einstimmend, dass, wenn wir die Flossen des Ceratodus in der gewöhnlichen, sagittalan den Körper angelegten Stellung betrachten, die Brustflossen gerade um 180° gegen die Bauchflossen gedreht sind, so dass, was dorsaler Rand bei den einen, ventraler bei den anderen, was bei diesen mediale, bei jenen dorsale Fläche ist. Diese verschiedenartige Drehung erscheint zunächst beinahe unbegreiflich, besonders wenn wir die sonstige weitgehende Uebereinstimmung der beiden Flossenpaare in Rechnung ziehen. Sobald sich aber die beiden Flossen in „Kriechstellung‘“ befinden, verschwindet jene Differenz, denn, um in diese Stellung zu gelangen, wird die Brustflosse nicht einfach abwärts gezogen, sondern sie wird gleichzeitig um ihre Längsaxe nach auswärts gedreht. Die Textfigur p. 85 zeigt die Brustflosse in dieser nach auswärts gedrehten Stellung. Die Drehung erfolgt dabei hauptsächlich in der Synarthrose zwischen erstem und zweitem Basalgliede. Umgekehrt geschieht eine solche Drehung an der Bauchflosse nicht, wenn sie in Kriechstellung gebracht wird. Die Bewegung wird hier durch einfaches Hinabziehen bewirkt. HATSCHERX (1889) hat dieses eigen- thümliche Verhältniss sehr treffend auseinandergesetzt und durch Abbildung erläutert. Die sonderbare Umdrehung des Lageverhältnisses der Flossen bei sagittaler, an den Körper gelegter Stellung ist demnach folgendermaassen zu erklären. Wenn das Thier seine Brustflosse aus der Kriechstellung in die sagittale Stellung bringt, so führt es eine Drehbewegung aus. Nimmt es denselben Stellungswechsel mit der Bauchflosse vor, so macht es bloss eine Winkelbewegung. Ueberhaupt ist die Bauchflosse zu ausgiebigeren Schwimmbewegungen gar nicht mehr fähig, sie ist sozusagen in der Kriechstellung stehen 39 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 89 geblieben. Dies prägt sich auch in der ontogenetischen Entstehung der Flossen aus. Die Flossen werden in ihren Ruhestellungen angelegt: die Brustflosse, bei der wohl dauernd die Function als Schwimmorgan überwiegt, in ihrer Ruhestellung, in der sie dorsalwärts aus der Kriechstellung heraufgeklappt und an den Körper angepresst erscheint. Ihre Hochstellung gewährt auch den Vortheil sehr ausgiebiger Bewegungen nach unten zum Zwecke der Bewegung des Thieres nach oben und vorn. Die Bauchflosse wird dagegen gleich in Kriechstellung angelegt, in der sie auch später beinahe unverändert verharrt und die deshalb zu ihrer Ruhestellung geworden ist. Zum Schluss sei noch an die Gegendrehung der vorderen Extremität um 180° gegen die hintere bei Pentadactyliern erinnert: Handelt es sich hier um einen homogenetischen Vorgang oder liegt bloss ein zufälliger Parallelismus des Entwickelungsganges bei Dipnoern und Pentadactyliern vor? Diese ebenso interessante wie schwierige Frage erscheint mir noch nicht spruchreif und bedarf jedenfalls noch eingehenderer Untersuchung. Geratodusflosse und Chiridium. Eine Prüfung der Morphologie und der Entwickelung der paarigen Flossen des Ceralodus unter Be- rücksichtigung der physiologischen Bedingungen, unter denen sie functioniren, hat uns dazu geführt, in ihnen Organe zu erblicken, an welche zu der ursprünglichen Function als Schwimmorgane eine neue Leistung hinzugetreten ist, die Aufgabe, den Körper über den Boden hinzuschieben. An den Brustflossen erscheint dabei die ursprüngliche Function besser gewahrt als an den Bauchflossen, bei denen physiologisch und morphologisch (besonders durch die Art ihrer Stellung und Anheftung) die Schwimmfunction zurück- zutreten beginnt. Bei den höheren Wirbelthieren von den Fischen an aufwärts, d. h. bei den Amphibien unter den Anamniern und den Amnioten, ist die Schwimmfunction der paarigen Extremitäten zu Gunsten ursprünglich der Kriechfunction, dann auch anderer locomotorischer Functionen noch viel mehr zurückgetreten, und nur secundär werden die Extremitäten wieder als Schwimmorgane benutzt. Der Bau der Extremität wird durch diesen Functionswechsel in so eingreifender Weise beeinflusst, dass man hieraus ein unterscheidendes Merkmal für jene grosse Gruppe der Wirbelthiere gewinnen und sie den Fischen als Tetrapoden oder Penta- dactylier gegenüberstellen kann. Das Fortbewegungsorgan der ersteren ist die Flosse, das Pterygium, das der zweiten die fünfzehige Extremität, das Chiridium (Chiropterygium). Da alle Naturforscher darin übereinstimmen, dass die Pentadactylier phylogenetisch von fischartigen niederen Wirbelthieren abzuleiten sind, ergab sich als selbstverständlich die Aufgabe, auch die Um- formung der Fischflosse zur fünfzehigen Extremität vergleichend zu begründen. Ehe Ceratodus (im Jahre 1870) entdeckt worden war, war es gegeben, die Anknüpfung hierfür bei den Selachiern zu suchen, da die schon bis dahin bekannten Dipnoer, Protopterus und Lepidosiren, nur rudi- mentäre paarige Extremitäten besitzen !). Mit der Entdeckung des Ceratodus eröffnete sich ein neuer Ausblick, man fand in seiner Flosse nicht nur die ursprünglichste Form der Fischflosse, das Archipterygium GEGEN- BAUR’S, mit nur geringfügigen Modificationen realisirt, sondern schon dem ersten Untersucher der Anatomie des Fisches, GÜNTHER (1871), drängte sich ein Vergleich mit den Extremitäten der Pentadactylier auf, dem er freilich nur unbestimmt in seiner Nomenclatur der Theile Ausdruck verlieh. Bestimmter sprach sie dann Huxrey (1876, p. 56) aus, und auf gleicher Bahn bewegen sich die späteren, kurzen, aber wohl- durchdachten Ausführungen von HASWELL (1833), SCHNEIDER (1886, 1887) und HATSCHER (1880). 1) Mit weitem Blick und überlegener Einsicht erkannte GEGENBAUR (1865) damals vor der Entdeckung des (eratodus (dessen Flossenbau er übrigens im „Archipterygium“ vorauserkennend antecipirt hatte), dass bei einer solchen Vergleichung nur eine Homologie der Einrichtung des Ganzen, nicht der einzelnen Theile möglich sei, dass „die Nachweise der speciellen Homo- logien fehlen, weil die Uebergangsformen uns abgehen‘. _ 90 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 40 Nachdem somit eine Ableitung des Chiridiums aus der Extremität entweder der Selachier einschliess- lich Holocephalen oder der Dipnoer versucht worden war, blieb nur noch eine dritte Möglichkeit, eine Ableitung aus der Ganoidenflosse übrig, da die Heranziehung der Teleostierflosse wegen ihrer einseitigen Ausbildung und wegen der systematischen Stellung der Teleostier nicht in Betracht kommen konnte. Unter den Ganoiden zog man fast ausschliesslich die Crossopterygier in ihren recenten Vertretern Polypterus und Calamoichthys zur Vergleichung heran, und so bestechend scheint diese neue Bahn gewesen zu sein, dass alle neueren Versuche, das Chiridium vom Pterygium abzuleiten, von der Flosse des Polypterus und Calamoichthys, vom „Crossopterygium‘“ ihren Ausgang genommen haben. Freilich ist nur der Ausgangs- punkt derselbe, das Vorgehen bei der Vergleichung einerseits bei THompson (1886) und WIEDERSHEIM (1892), andererseits bei EMERY (1887, 1894, 1897) und POLLARD (1891), endlich bei KrAATscH (1896) ein grund- verschiedenes. Während THomPpson und WIEDERSHEIM von der Beckenflosse des Polypterus ausgehen, wählen EMERY, POLLARD und KrLAATSCH die von jener sehr abweichende Brustflosse als Vergleichsobject. Stark differiren wieder unter diesen die Anschauungen über die Ableitung des Humerus resp. Femur (zusammenfassend Stylopodium genannt. Nach EMErRY und PoLLArD soll das Stylopodium durch Abgliederung aus den Gliedmaassengürteln, nach KLAATSCH aus dem proximalen Abschnitt des secundär verschmolzenen Propodium und Metapodium entstanden sein. In einem stimmen nach EMERY’s (1897, p. 143) Aussage alle drei Autoren überein: „dass das Stylopodium der jüngste Theil des Glied- maassenskelets der Landthiere ist“. Gerade diese Aufstellung ist aber meiner Ansicht nach durchaus irrig und lässt sich weder physio- logisch noch ontogenetisch begründen. Das Stylopodium ist im Gegentheil derjenige Theil, der sich beim Uebergange des Pterygiums in ein Chiridium zuerst von der übrigen freien Extremität abgegliedert und gesondert hat. Mechanisch betrachtet, besteht der Unterschied zwischen einem Ruderorgan und einem Kriechorgan vor allem darin, dass das erstere eingelenkig, das letztere zwei- oder mehrgelenkig mit dem Rumpfe (also dem im Rumpfe befestigten Gürtel) verbunden ist. Ein Ruder- oder Steuerorgan, diene es nur zur Fortbewegung oder Steuerung eines Schiffes oder eines Thierkörpers, wird zweckmässig so construirt, dass eine einheitliche Platte an einer Stelle des Rumpfes beweglich eingefügt wird. Für die Platte ist es durchaus von Vortheil, dass sie einheitlich ist und sich jenseits ihrer Einfügungsstelle nicht knickt. Dabei braucht sie aber nicht starr zu sein, es ist sogar von Vortheil, dass die Krümmung ihrer Fläche sich nach Bedarf ändern kann, dass sie auch undulirende Bewegungen auszuführen im Stande ist (was ein beinahe starres Holzruder freilich nicht vermag, bei der Einseitigkeit seiner Anwendungsweise aber auch gar nicht vermögen soll). Nach diesem Princip sind allgemein die Fischflossen construirt, die als Organe des Schwimmens functioniren. Einer wirklichen Winkelbewegung sind sie nur an ihrer Anheftungs- stelle am Rumpfe fähig. Die sonstige Gliederung ihres Skelets gestattet nur Veränderungen der Krümmung ihrer Fläche und undulirende Bewegungen. Umgekehrt muss ein Kriechorgan, wenn es einigermaassen seinem Zweck entsprechen soll, ausser an der Einlenkungsstelle am Rumpfe mindestens noch an einer anderen Stelle seiner Continuität eine aus- giebigere Winkelbewegung, gestatten. Ein Jeder wird sich dies ohne weiteres durch eine einfache Ueber- legung klar machen können. Die Extremitäten der Crustaceen und Tracheaten, die man ja gerade deshalb als Gliederthiere bezeichnet, die der pentadactylen Wirbelthiere liefern dafür schlagende Beweise. Da, wo wir eingelenkig mit dem Rumpfe verbundene Bewegungsorgane finden, bei manchen Seeigeln, die ihre Stacheln wie Stelzen benutzen, bei den gegliederten Würmern, wird durch die in einander greifende Thätigkeit der sehr zahlreichen unvollkommenen Organe theilweise ersetzt, was dem einzelnen Gliede an Tauglichkeit mangelt. Sehr interessant ist es, dass da, wo ein Kriechorgan sich secundär wieder in ein Schwimmorgan verwandelt, es wieder zu einer mehr oder weniger starren Platte wird, dies nur an einer Stelle, ihrer AI Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. gI Einlenkung am Rumpfe, eine Winkelbewegung gestattet, so bei den Enaliosauriern, besonders Ichthyosaurus, so auch bei den Cetaceen. Wenn wir nun den Versuch machen, das als Kriechorgan functionirende Chiridium aus dem als Schwimmorgan functionirenden Pterygium abzuleiten, haben wir zunächst folgende Frage zu beantworten: Haben wir eine Möglichkeit, zu entscheiden, welche Stelle des Chiridiums als der Ort der zweiten, neu hinzugekommenen Winkelbewegung zu betrachten ist? Auf diese Frage liefert die vergleichende Anatomie eine ganz bestimmte und unzweideutige Antwort: es ist die Stelle des Ellenbogen-, bez. Kniegelenks, während Schulter- und Hüftgelenk den Einlenkungen entspricht, in welchen schon die Ruderbewegung der Fischflosse erfolgt ist. Die beiden zum Kriechen, dann überhaupt zur Locomotion auf dem festen Lande nothwendigen Winkelbewegungen erfolgen ursprünglich bei allen Amphibien, Reptilien und Säugethieren im Schulter- und Ellenbogen- bez. Hüft- und Kniegelenk. Die Ausnahmen sind als secundäre Umbildungen längst von der vergleichenden Anatomie erkannt und auf den ursprünglichen Zustand zurückgeführt. Diese Thatsache spricht sehr entschieden gegen die EmEry’sche Behauptung, „dass das Stylopodium (Humerus und Femur) der jüngste Theil des Gliedmaassenskelets der Landthiere ist.“ Wäre das richtig, so müssten entweder Schulter- (Hüft-) oder Ellenbogen- (Knie-)Gelenk, je nachdem sich das Stylopodium vom Gürtel oder der freien Extremität abgliedern lässt, jüngste Erwerbungen sein. Aber gerade die Ausbildung dieser zwiefachen Gelenke, das Hinzukommen des zweiten zu dem schon bei den Fischen in ausgebildeter Function begriffenen ersten, ist der springende Punkt der Entwickelung des Chiridiums aus der Flosse. Die Configuration der distalen Abschnitte ist dagegen zu- nmächst von durchaus nebensächlicher Bedeutung. EMERY (1897) versucht den Satz, das Stylopodium sei der jüngste Theil des Gliedmaassenskelets der Landthiere, auch durch ontogenetische Beobachtungen zu stützen. Es soll sich das aus der Betrachtung der sich bildenden Extremität am unverletzten Embryo ergeben. Jene äussere Betrachtung von Em- bryonen höherer Wirbelthiere ergiebt aber weiter nichts, als dass die Basis der Extremität sich erst all- mählich schärfer vom Rumpfe abhebt, während die Spitze natürlich schon im früheren Stadium frei absteht. Beweisendes hätte diese Beobachtung doch nur dann, wenn in jener Basis Gürtelanlage und Stylopodium noch ungesondert stecken würden, während sich die Anlagen der Vorderarm-(Unterschenkel-)Knorpel von der Basis schon abgegliedert hätten. Aber wir wissen doch längst für Amnioten sowohl als für Amphibien, dass der Humerus (Femur) nicht etwa später entsteht als die distalen Abschnitte der Extremität. Durch die Untersuchungen von STRASSER (1879) für Amphibien und durch die ungemein sorgfältigen Unter- suchungen von MOLLIER (1895) für Amnioten (Reptilien) ist das Gegentheil festgestellt. Aus der gemeinsamen Prochondralanlage differenziren sich zuerst die Gürtelanlagen, dann das Stylopodium, dann Vorderarm resp. Unterschenkel, noch später die mehr distalen Abschnitte knorpelig. Zwischen den einzelnen Knorpelherden, die sich von der Basis zur Peripherie fortschreitend entwickeln, werden Schichten von Vorknorpelgewebe ausgespart, und in diesen Zonen findet später die Gelenkbildung statt. Somit tritt auch die Anlage des Schulter-(Hüft-)Gelenks ontogenetisch früher auf, als die des Ellenbogen-(Knie-)Gelenks, diese früher als die der weiter distal gelegenen Gelenkverbindungen, und die Behauptung, dass das Stylopodium der jüngste Theil des Gliedmaassenskelets der Landthiere sei, entbehrt somit auch ontogenetisch jeder Begründung. Jeder Versuch, dasChiridium aus dem Pterygium abzuleiten, hat die Frage nach der Feststellung des Ortes und der Configuration der zweiten Winkelbewegung in den Vordergrund zu rücken. Denn die Einrichtung, die diese Bewegung ermöglichte, verwandelte erst das Ruderorgan in ein Kriechorgan. Die Flossen der Selachier, Holocephalen und Ganoiden mit Einschluss der Jenaische Denkschriften. IV. 6 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. 1. 13 92 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 42 Crossopterygier geben uns keinerlei Anhaltspunkte für die Erkenntniss, wie dieser wichtigste Schritt in der Umbildung des Organs zu Stande gekommen ist. Sie alle stellen reine Ruderorgane dar, die nur eine wesent- liche Winkelbewegung, im Uebrigen aber nur Krümmungen ihrer Flächen auszuführen vermögen, und deren ganze Configuration eine zweite ausgesprochene Winkelbewegung geradezu unmöglich macht. So sind denn die Autoren, die das Chiridium beispielsweise vom Crossopterygium ableiten wollen, zu den willkürlichsten Annahmen gezwungen; bald lassen sie das Stylopodium sich vom Gürtel, bald von der freien Extremität abgliedern, obwohl sich weder für die eine noch für die andere Ausnahme der Schatten eines wirklichen Beweises beibringen lässt. Und wenn wenigstens dem Vergleiche der übrigen Theile des Crossopterygiums mit dem Chiridium irgend welche zwingende Beweiskraft innewohnte! Aber auch da muss das Crosso- pterygium neu umgearbeitet und zurechtgeschnitten werden, um in das Chiridiumschema eingepasst werden zu können. Mit derartigen schematischen Verschmelzungen, Abgliederungen, Zertheilungen und Ver- schiebungen kann man schliesslich alles beweisen. In Ceratodus haben wir einen Fisch kennen gelernt, dessen Flossen nicht mehr ganz ausschliesslich als Schwimmorgane functioniren, sondern auch bei der Locomotion des Thieres auf dem Grunde des Wassers mitbetheiligt sind. Beide Flossenpaare berühren den Boden, wenn das Thier auf dem Flussgrunde ruht, der sein gewöhnlicher Aufenthalt ist. Die Dipnoerflossen sind die einzigen Fischflossen (wenn wir von hoch- specialisirten Flossen einiger Teleostier absehen), deren Skelet auch noch an anderen Stellen als der An- heftungsstelle an die Gürtel eine Winkelbewegung gestattet. Die Dipnoer zeigen ferner auch in vielen an- deren Punkten ihres Baues und ihrer Entwickelung eine Annäherung an die Pentadactylier. Es liegt aus diesen drei Gründen nahe, die Ableitbarkeit des Chiridiums aus einem der (Ceralodus- Flosse ähnlichen Pterygium einer weiter durchgeführten Prüfung zu unterziehen. Bei unseren Betrachtungen wollen wir nun zunächst die morphologischen Verhältnisse in den Vorder- grund stellen und untersuchen, welche Theile der Ceratodus-Flosse sich mit Theilen des Chiridiums ver- gleichen lassen. Bei diesen Betrachtungen legen wir den Hauptwerth auf die basalen Theile der Extremi- täten. Die peripheren Abschnitte sind überall, sowohl im Pterygium als ganz besonders auch im Chiridium die variableren, inconstanteren. Auch physiologisch sind sie weit weniger bedeutsam. Beispielsweise be- wirken Läsionen und Verbildungen des distalen Skelets und der distalen Gelenkverbindungen viel geringere Hindernisse bei der Locomotion als die der proximalen. Je näher ein Gelenk dem Rumpfe, um so grössere Wichtigkeit besitzt es im Allgemeinen bei der Locomotion. Während nun das am meisten basal gelegene Stück der Gesammtextremität, der Gürtelknorpel, bei Fischen und Pentadactyliern in gleicher Weise nachweisbar und als Ganzes (nicht in seiner speciellen Configuration) homologisirbar ist, wobei natürlich von rückgebildeten Zuständen des Beckens bei Ganoiden und Teleostiern abgesehen werden muss, so findet sich nur bei den Dipnoern ein Homologon des nächst distalen Skeletelements der höheren Thiere, ein einfacher, stielförmiger Träger, der mit der übrigen Extremität nur an seinem distalen Ende articulirt. Dieser Skelettheil der Dipnoer, das erste basale Glied des Haupt- strahls, können wir direct als Stylopodium bezeichnen und mit dem Stylopodium (Humerus resp. Femur) der Pentadactylier homologisiren. Wir treffen diesen freien, radienlosen Extremitätenstiel bei den Dipnoern erst im Beginn einer selbständigen Ausbildung. Nicht selten erhalten sich an ihm noch im ausgebildeten Zustande Rudimente von Radien; an der Brustflosse wird ontogenetisch constant ein solcher angelegt, aber in den allermeisten Fällen wieder rückgebildet (vergl. p. 73). Proximal ist dieser Extremitätenträger bei Ceratodus durch eine Synarthrose, die eine sehr freie Be- weglichkeit zulässt, mit dem Schulter- beziehentlich Beckengürtel verbunden. Fast ebenso frei ist aber auch die distale Gelenkverbindung des Trägers mit der übrigen Extremität. Auch diese Synarthrose ge- 43 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 93 stattet eine winklige Knickung, und sie, verbunden mit dem Verlust der Radien am Stielgliede selbst, ist es, durch welche eine zweite Winkelbewegung ermöglicht wird, die, wie wir oben gesehen haben, für den Kriechact unentbehrlich ist. Wir haben demnach in dieser noch synarthrotischen Gelenkverbindung ein Homologon des Ellenbogen- bez. Kniegelenks der Pentadactylier zu erblicken. Wie diese Synarthrosen schon durch Auftreten von zahlreichen Lücken im Zwischenknorpelgewebe den ersten Schritt zur Umbildung in Diarthrosen gethan haben, ist im beschreibenden Theil auseinandergesetzt worden. Die Umbildung dieser Synarthrosen in Diarthrosen d. h. die Ausbildung einer einheitlichen Gelenk- höhle ist ja auch noch bei den Amphiben nach BERNAYS (1878) keine vollkommene. Was die Form der Gelenkverbindungen anlangt, so ist bei Ceratodus bemerkenswerth, dass das Stylopodium am proximalen Ende, also in der Verbindung mit den Gürteln eine Art Pfanne, am distalen Ende, also am Homologon des Ellenbogen- (Knie-)Gelenks eine Art Kopf bildet. Bei den Pentadactyliern bildet bekanntlich auch das proximale Ende des Stylopodiums einen Kopf; die Pfanne befindet sich am Schulter- oder Beckengürtel. Ziehen wir die ungeheuer variable Form der Gelenkflächen in sonst homo- logen Gelenkverbindungen innerhalb der Wirbelthierreihe (Gelenke zwischen den Wirbeln, in den distalen Abschnitten des Chiridiums) in Betracht, so wird uns die morphologische Geringfügigkeit dieser: Differenz, wie sehr sie auch an sich zu interessanten physiologischen Fragestellungen Anlass giebt, klar, und wir ‚erkennen, dass hier kein Hinderungssrund für die Homologisirung vorliegt. Wir haben bisher als homolog erkannt Gürtelknorpel und Stylopodium der Pentadactylier mit Gürtel- knorpel und erstem basalen Achsenglied der Dipnoer. Ferner Schulter- (Hüft-)Gelenk, sowie Ellenbogen- (Knie-)Gelenk mit den entsprechenden Synarthrosen der Lungenfische. Sind wir nun aber wirklich be- rechtigt, von einer Homologie des Ellenbogen- (Knie-)Gelenks mit der Synarthrose zwischen erstem und zweitem basalen Achsengliede der Ceratodus-Flosse zu sprechen, da doch im Chiridium drei, in der Ceratodus-Flosse aber gewöhnlich nur zwei Skeletelemente an jener Gelenkbildung Antheil haben? Hört überhaupt distalwärts von diesem Gelenk die Möglichkeit einer näheren Vergleichung der Ceratodus-Flosse mit dem Chiridium auf? Allerdings ist es für die Pentadactylier durchaus characteristisch, dass im Ellenbogen- (Knie-)Gelenk ursprünglich stets zwei Skelettheile mit dem Stylopodium articuliren: Radius und Ulna bez. Tibia und Fibula. Wir wollen die beiden Skeletelemente des Vorderarms bez. Unterschenkels mit HAEcKEL (1895) zusammenfassend als Zeugopodium bezeichnen. In den meisten Ceratodus-Flossen dagegen articulirt hier nur ein Skeletelement, das zweite basale Glied des Hauptstrahls, mit dem ersten, in dem wir das Homologon des Stylopodiums erblicken. Aber auch nur in den meisten, nicht in allen. Gar nicht selten zeigt sich dieses zweite Glied durch eine Längsgliederung in zwei zerlegt, häufiger an der Beckenflosse, zuweilen aber auch an der Brustflosse. Die Vergleichung einer grösseren Anzahl von Flossen lehrt, dass die Gliederung zuweilen auf die mehr distalen Abschnitte des Hauptstrahls beschränkt bleibt, zuweilen den ganzen Haupt- strahl bis zum zweiten basalen Gliede einschliesslich spaltet, recht häufig aber, zumal an den Beckenflossen, nur eine völlige oder theilweise Theilung jenes basalen Stückes bewirkt, wie es z.B. in den beiden auf p. 94 abgebildeten Beckenflossen der Fall ist. Hier herrscht grosse Variabilität. Ganz constant scheint aber die Spaltung beim zweiten basalen Gliede des Hauptstrahls Halt zu machen, und noch nie ist bisher eine Längsgliederung des ersten basalen Gliedes, also des Stylopodiums beobachtet worden. In dieser Gliederung des zweiten basalen Gliedes erblicke ich mit SCHNEIDER eine gelegentlich auftretende Variation, die bei den Pentadactyliern constant geworden ist und zur Bildung der zwei Skeletelemente des Zeugopodiums (Radius-Ulna, Tibia-Fibula) geführt hat. 6* 13* 94 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 44 Dass sich unter Zugrundelegung der bisher erörterten Homologien der proximalen Skelettheile und Gelenke auch die distalen Elemente des Chiridiums leicht aus einer Ceratodus-Flosse mit getheiltem zweiten Achsenglied vorwiegend durch Reductionsprocesse ohne Zuhülfenahme complieirterer Umbildungen ab- leiten lassen, wird aus den untenstehenden Abbildungen ohne weiteres hervorgehen. Es genügt, im Allgemeinen diese Möglichkeit zu betonen und darauf hinzuweisen, dass in den distalen Abschnitten einer so stark variirenden Flosse, wie sie Ceratodus besitzt, reichlich das Material enthalten ist, um Carpus (Tarsus) und Radien der fünfzehigen Extremität zu liefern (vgl. Textfig. B). Den Process im Speciellen zu verfolgen, dazu fehlen uns bisher alle Kriterien, und die Aufstellung weiterer Homologien könnte sich dem Vorwurf h === Zeugopodium. Zeugopodium. ) ____ Diarthrose II (Ellenbogen [Knie-]- Gelenk) === Stylopodium. Synarthrose 1. Zeugopodium. - Stylopodium. I Synarthrose I. Stylonodhi 2 - VRR _ Diarthrose I (Schulter [Hüft-]- Gelenk). Gürtel. Gürtel. > {oo} C Fig. A und B Beckenflossen von Ceratodus mit getheiltem zweitem Achsengliede (Zeugopodium). A nach Originalpräparat, die Synarthrosen I und II durch Längsschnitt angeschnitten. B nach HAsWELL (1883). Fig. C Schema eines Chiridiums nach GEGENBAUR. der Willkür nicht entziehen. Selbst eine Vergleichung der Achse des Chiridiums mit der Achse der Ceratodus-Flosse über das Zeugopodium hinaus kann, wie ich glaube, zur Zeit noch nicht mit der nöthigen Sicherheit durchgeführt werden. Am nächsten würde es liegen, die Fortsetzung der Hauptachse im Chiridium durch den dritten Finger (Zehe) zu legen, und besondere Gründe dagegen scheint es mir keine zu geben, freilich auch keine zwingenden dafür. Bei der grossen Variabilität der distalen Theile der Ceratodus-Flosse muss sich somit die schärfer durchgeführte Vergleichung auf die proximalen Abschnitte beschränken. Doch deutet eben jene Variabilität darauf hin, dass wir hier in der Umbildung, im Fluss befindliche Verhältnisse vor uns haben, aus denen gerade deshalb etwas Neues entstehen kann. Dabei ist natürlich auch nicht daran zu denken, dass in paläozoischen Zeiten die Pentadactylier aus Dipnoern entstanden sind, die den uns bekannten Dipnoern in allen Punkten geglichen haben. Sicherlich waren jene Vorfahren dem Ceratodus und Verwandten in vielen Beziehungen, man denke u. a. nur an die Bezahnung, sehr unähnlich, und auch ihre Flosse glich nicht genau der der lebenden Form. Ich glaube aber, dass wir durchaus keinen Grund haben, eine in wesentlichen Punkten verschiedene Structur der Flossen anzunehmen. 45 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 95 Hier möchte ich noch auf einen weiteren, sehr wichtigen Umstand aufmerksam machen, der die Ableitung des Chiridiums von der Dipnoerflosse in hohem Grade erleichtert, ich möchte fast sagen erst eigentlich möglich macht. Es ist das die wesentliche Uebereinstimmung der Brust- und Becken- flossen bei den Dipnoern. Die vordere und hintere Extremität der Pentadactylier entspricht sich so vollkommen in allen wesentlichen Structurverhältnissen, dass eine Abstammung von Fischen mit wesentlich verschiedener Brust- und Beckenflosse und ein nachträgliches, vielleicht durch die Einflüsse der gleichen Function bedingtes Aehnlichwerden beider Extremitätenpaare im höchsten Grade unwahrscheinlich ist. Dazu sind die Uebereinstimmungen zu gross und fundamental. In der Klasse der Dipnoer begegnen wir — und zwar durchgehends — einer Uebereinstimmung der beiden Flossenpaare, die für die Ableitung des Chiridiums eine conditio sine qua non ist. Auch das darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Klasse der Dipnoer auch in den meisten anderen Punkten ihres Baues den niedersten Pentadactyliern näher steht, als es irgend eine andere Klasse der Fische thut. Zu diesen übrigen Uebereinstimmungen gesellt sich nun noch, wie oben dargelegt worden ist, die Uebereinstimmung im Bau der Extremitäten und zwar nicht nur der gemeinsame Grundplan (Archipterygium), sondern auch die ersten Schritte der speciellen Differen- zirung. In erster Linie wären hier zu nennen die Ausbildung des Stylopodiums und des Ellenbogen- (Knie-) Gelenks. In zweiter die gelegentliche Längstheilung des zweiten Basalgliedes bei Oeratodus), besonders häufig an seiner Bauchflosse und vielleicht auch die Gegendrehung der hinteren gegen die vorderen Ex- tremitätenpaare sowohl bei Dipnoern als auch bei Pentadactyliern. Freilich sind die Dipnoer darum noch keine Amphibien, wie die Naturforscher in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts und auch der Entdecker des Ceratodus, KREFFT, geglaubt haben. Sie sind sogar un-, fähig, ihre paarigen Extremitäten als Gehwerkzeuge auf dem Lande zu gebrauchen. Dazu sind diese rein knorpeligen Gebilde noch ganz untauglich, und die Verknöcherung, die bei Ceratodus sich auf die Bildung von deckenden Hautknochen (am Schultergürtel Clavicula und Cleithrum) beschränkt, musste sich auch auf die peripheren Elemente der Extremitäten erstrecken und das weichere Material durch ein festeres wenigstens zum Theil ersetzen, ehe ein Schritt aufs feste Land, wo der Körper ja relativ viel schwerer ist als im Wasser, gemacht werden konnte. Da aber bei den Dipnoern die Umhüllung des Schultergürtels mit Haut- knochen schon begonnen hat, ist der Schritt bis zur-theilweisen Verknöcherung auch der freien Extremität nur ein kleiner. Werfen wir schliesslich noch einen Blick auf die Musculatur der Ceratodus-Flosse, von der wir für die Beckenflosse durch die schönen Untersuchungen von DAvIDorF (1884) eine ziemlich genaue Kenntniss haben !), so bietet der Zustand, in dem wir die Musculatur der Flosse hier finden, eine vollkommene Bestätigung der oben entwickelten Anschauungen. Wir fassen dabei nur die Muskeln ins Auge, welche ausschliesslich der Gliedmaasse angehören und unterscheiden sowohl in der medialen wie in der lateralen Flossenmusculatur folgende Schichten : A. Oberflächliche Muskelschichten, die vom Becken und der Fascie der Seitenmuskeln entspringen, verlaufen auf der medialen wie auf der lateralen Fläche längs der Achse der Gliedmaasse. Sie erstrecken sich bei der Beckenflosse bis etwa zum siebenten Gliede des Hauptstrahls und sind durch sieben Inscrip- tionen in ihrem Verlaufe unterbrochen. Weder die Inscriptionen noch die Muskelfasern dieser Schicht stehen mit dem Knorpel des Flossenskelets in Zusammenhang. Dabei entsprechen aber die Inscriptionen den Gliedstücken des Hauptstrahles durchaus, dergestalt, dass sie sich immer zwischen je zwei Articulationen 1) Ueber die functionelle Bedeutung der einzelnen Abschnitte ist sich DAVIDOFF nicht vollkommen klar geworden. In meiner unten gegebenen Darstellung ordne ich die Thatsachen deshalb anders an, als er es gethan hat, folge ihm aber durchaus in der Wiedergabe des Thatsächlichen selbst. s 96 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 46 derselben lagern. Die Entstehung dieser Inscriptionen ist oben im beschreibenden Theil (p. 79 und Fig. 31, Taf. XV) näher geschildert worden. B. Von noch grösserem Interesse sind für uns die Muskeln einer tieferen Schicht, welche von der eben beschriebenen theilweise überlagert werden und nicht überall ganz von ihr zu trennen sind. Es sind dies: I) Muskeln, welche, vom Becken entspringend, zum ersten basalen Gliede des Hauptstrahls verlaufen (2 Muskelmassen). 2) Muskeln, welche, sich von Schicht A abzweigend, am zweiten basalen Gliede des Hauptstrahls ansetzen (DAVIDOFF, 1884, Fig. 6 Atst). 3) Muskeln, die vom ersten basalen Gliede zu der eben in Abgliederung begriffenen ventralen Portion des zweiten basalen Gliedes und seiner Radien ziehen (Davivorr, Fig. 6 Amrd). 4) Muskeln, die vom ersten basalen Gliede zu den dorsalen Radien ziehen, die dem zweiten Gliede des Hauptstrahles aufsitzen (Davivorr, Fig. 6 Alrd). 5) Radialmuskeln, die von den oben beschriebenen Inscriptionen der oberflächlichen Musculatur A entspringen und zu den Hornfäden verlaufen. Fragen wir nach der Function dieser Muskelgruppen, so ist es klar, dass die oberflächliche Achsen- musculatur A, je nachdem, ob es sich um die laterale oder die mediale Flossenmusculatur handelt, Ab- duction oder Adduction der gesammten Flosse im Gelenk zwischen Gürtel und erstem Gliede des Haupt- strahls unter gleichzeitiger Auswärts- oder Einwärtskrümmung der Achse der Extre- mität bewirkt. Die unter B5 geschilderte Radialmusculatur bewirkt Einrollung der blattförmigen Fläche der Flosse lateralwärts oder medialwärts, Die beiden unter B ı erwähnten Muskelmassen bewirken Beugung (die auf der entgegengesetzten Fläche Streckung) im Gelenk zwischen Gürtel und erstem Gliede des Hauptstrahls ohne gleichzeitige Biegung der übrigen Flossenaxe. Die unter B 2, 3, 4 beschriebenen Muskeln bewirken Beugung bez. Streckung im Gelenk zwischem erstem und zweitem Gliede des Hauptstrahls !), Während die Hauptmasse der Musculatur, nämlich A und B5, noch in einem recht primitiven Zustande sich darstellt und bloss die Inscriptionen in den Schichten der Musculatur A auf eine beginnende Selb- ständigkeit der einzelnen Flossenabschnitte bei der Beugung und Streckung hinweisen, ist in der tieferen Schicht, also in der Musculatur B I—4 diese grössere Selbständigkeit für die beiden ersten Glieder des Hauptstrahls, in B ı für das erste, in B 2-4 für das zweite bereits erreicht. Mit dieser Sonderung der Musculatur geht die höhere Ausbildung der Form der Gelenkflächen Hand in Hand (vergl. Textfig. A, p. 94). Wie im Skelet sehen wir also auch in der Musculatur die Uebernahme der neuen Function, der des Fortschiebens des Körpers im Wasser über dem Grunde ausgeprägt. Für die letztere Bewegung ist die Möglichkeit selbständiger Bewegungen im Gelenke zwischen Gürtel und erstem Achsengliede (Schulter-Hüft- gelenk) und zwischen erstem und zweitem Achsengliede (Ellenbogen-Kniegelenk) ein Erforderniss, dem sich die Musculatur der Ceratodus-Flosse schon sehr deutlich angepasst hat. Durch diese Ausbildung der Musculatur erfahren unsere Betrachtungen über Function und morphologische Bedeutung jener Gelenke sowohl als der durch sie verbundenen Theile eine weitere Bestätigung. Auch ist es klar, dass sich durch Weiterführung des Sonderungsprocesses, wie wir ihn in der Musculatur B ı—4 begonnen finden, ohne jeden Zwang die proximalen Theile der Extremitäten- musculatur der Pentadactylier (Muskeln zwischen Gürtel und Stylopodium, zwischen Stylopodium und 1) Der Scheidungsprocess innerhalb der Musculatur B2—4 ist wohl in Zusammenhang zu bringen mit der beginnenden Längsgliederung des Zeugopodiums der Beckenflosse von Ceratodus. Die Entscheidung, inwieweit sich dabei Skelet und Mus- eulatur gegenseitig beeinflusst haben, muss genauerer, auf diesen Punkt gerichteter Untersuchung überlassen bleiben. 47 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 97 Zeugopodium) ableiten lassen. Für die mehr distalen Abschnitte der Extremitätenmusculatur der Penta- dactylier, deren Sonderung bei Ceratodus noch ebensowenig erfolgt ist wie eine definitive, zum Chiridium führende Gestaltung des Skelets, findet sich in den mächtigen noch ungesonderten Muskelmassen von A, den peripheren Theilen von B 3 und B 4, endlich in B5 ein reiches Bildungsmaterial vor. Jedenfalls liegen für die Ableitung der Extremitätenmusculatur der Pentadactylier die Bedingungen unvergleichlich günstiger, wenn wir die Ceratodus-, als wenn wir die Crossopterygier-Flosse zum Ausgangspunkt und Vergleichsobject wählen, wie dies bei der Eingelenkigkeit des Crossopterygiums gar nicht anders zu erwarten ist'). Ob es möglich ist, die Vergleichung zwischen der Musculatur der Ceratodus-Flosse und der des Chiridiums, die oben nur in den Hauptzügen angedeutet worden ist, noch weiter zu führen und auch in der Innervation eine Uebereinstimmung der Grundzüge nachzuweisen, wird sich erst entscheiden lassen, wenn eine ins Einzelne gehende Bearbeitung der Musculatur und des Nervensystems der Ceratodus-Flosse vorliegt, besonders auch eine Analyse der peripheren Plexusbildungen, nachdem die intraabdominalen kürzlich von Braus (1898 A) einer genauen Untersuchung unterzogen worden sind. Ein näheres Eingehen hierauf kann in dieser Arbeit um so eher unterlassen werden, als von anderer Seite in dem vorliegenden Werke eine Untersuchung des gesammten Baues der ausgebildeten Dipnoerflosse gegeben werden wird. Zusammenfassend kann man sagen: Function und Structur (Ort und Art der Anheftung, Skelet, Gelenkverbindungen, Musculatur, Uebereinstimmung der vorderen und hinteren Extremitätenpaare) nähern die Dipnoerflosse, wie wir sie bei Ceratodus ausgebildet finden, in so hohem Maasse dem Chiridium, dass eine Ableitung des letzteren Gebildes aus dem ersteren in jeder Weise begründet erscheint und sich bei unbefangener Beurtheilung von selbst aufdrängt. Bei näherem Eingehen und schärfer durchgeführter Ver- gleichung, erweisen sich die Uebereinstimmungen noch grösser, als man a priori zu erwarten geneigt sein würde. Man kann die Dipnoerflosse des Ceratodus geradezu als ein Chiridium in statu nascendi bezeichnen. Ceratodusflosse und Archipterygium (Extremitätentheorie). In der vorliegenden Arbeit ist zum ersten Male die ontogenetische Entwickelung einer Fischflosse beschrieben worden, die nach dem Typus des GEGEnBaur’schen Archipterygiums gebaut ist. Bekanntlich hat GEGENBAUR versucht, von einem Archipterygium sämmtliche andere Flossenformen abzuleiten und das Archipterygium selbst auf einen Kiemenbogen mit Radienbesatz zurückzuführen. Gegen beide Aufstellungen ist lebhafter Einspruch erhoben worden. Was die Einwürfe gegen die erstere der beiden anlangt, die darin gipfeln, das biseriale Archipterygium, in dem GEGENBAUR schon vor der Entdeckung des Ceratodus und der Xenacanthinen die Grundform der Fischflosse in genialer Weise vorausahnend erkannte, sei eine secundäre Bildung, von der die uniseriale Haifischflosse nicht abgeleitet werden könnte, so wird dieser Einwurf durch die Thatsachen der vergleichenden Anatomie ebenso widerlegt wie durch die der Ontogenie und Paläontologie. Für die Selachier ist durch GEGENBAUR (1865, 1869, 1871) und BUNGE 1) KLAATSCH (1896) glaubt eine fundamentale Uebereinstimmung im Grundplan der ganzen Anordnung der lateralen Flossen- musculatur des Crossopterygiums und Chiridiums gefunden zu haben. „In beiden Fällen sehen wir die Scheidung der Musculatur in einen proximalen und distalen Theil durchgeführt. Der proximale Theil umfasst Muskelmassen, welche vom Gürtel aus zu einer sehnigen Stelle — dem Septum convergiren, während die Fasern des distalen Theiles von hier aus zu den Actinalien divergiren.“ „Im Cheiropterygium sehen wir das Septum immer mit der Stelle des Gliedmaassenwinkels in enger localer Beziehung. Man könnte geneigt sein, daraus auf eine genetische Zusammengehörigkeit der beiden Bildungen zu schliessen. Nach dem Crossopterygier- befund muss dies sehr zweifelhaft sein: das Septum ist eine uralte Bildung, welche schon vor der Existenz des Stylopodiums aus- gebildet war.“ KLAATSCH hat sich hier durch eine ganz äusserliche Uebereinstimmung täuschen lassen. Eine Vergleichbarkeit würde nur dann vorhanden sein, wenn jenem Septum bei den Crossopterygiern auch ein Gelenk entspräche, was nicht der Fall ist. Denn die Ausbildung der Gelenke ist das durchaus Bestimmende in der Anordnung der Extremitätenmusculatur der Penta- dactylier. Was KLAATSCH für fundamentale Uebereinstimmung hält, ist in Wirklichkeit fundamentaler Gegensatz. Auch die sonstigen von ihm hervorgehobenen Uebereinstimmungen sind meiner Ansicht nach blosse Analogien. 98 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 48 (1874) der Nachweis erbracht, dass sich an der Brustflosse der recenten Formen noch in der grossen Mehrzahl der Fälle Spuren eines biserialen Radienbesatzes nachweisen lassen. BALFOUR (1880, 1831) ist geneigt, den biserialen Radienbesatz am distalen Abschnitt des Metapterygiums als eine progressive Erscheinung anzusehen. Nach ihm sollen die Strahlen an der Hinterseite der Metapterygiums (mediale Radien) eher als in der Entwickelung begriffene Gebilde denn als letzte Spuren einer zweireihigen Flosse zu betrachten sein. Diese Auffassung wird aber durch die Ontogenie direct widerlegt. Wie GEGENBAUR und BunGe für eine Anzahl Formen (Acanthias, Carcharias, Spinax, Scymnus) gezeigt haben, ist die Zahl jener medialen Radien bei jungen Thieren und Embryonen grösser als bei ausgewachsenen, was doch der Annahme, in ihnen phylogenetisch in der Entwickelung begriffene Gebilde zu erblicken, durchaus entgegensteht. Noch weniger ist an einen Process des „Herüberwanderns‘“ lateraler Radien um die Spitze herum auf die mediale Seite zu denken, wie WIEDERSHEIM (1892) sich ihn vorstellt. Die Unmöglichkeit dieser Construction ist kürzlich von GEGEN- BAUR (1894, p. 144) ausführlich dargethan worden. Die Paläontologie schliesst die Kette der Beweise, indem sie zeigt, dass der Verlust des medialen Radienbesatzes an den Brustflossen fossiler Haie lange nicht so weit gediehen ist wie bei den recenten, und dass wir in den Xenacanthinen Formen vor uns haben, in deren Brustflossen noch handgreiflich der Bauplan des Archipterygiums hervortritt und völlig ungezwungen den Anschluss an die Ceratodus-Flosse gestattet, wobei sich gleichzeitig schon Spuren der einseitigen Ent- wickelungsrichtung erkennen lassen (Verlust der medialen Radien an den ersten 5-7 basalen Gliedern des Hauptstrahls), die zu den recenten Selachiern überleitet. Da sich nun von dem Flossenskelet der Selachier dasjenige der Ganoiden mit Ausschluss der Crossopterygier ableiten lässt, und da für die Crossopterygier durch GEGENBAUR (1894) der Nachweis geführt ist, dass ihrem Flossenskelet ein Archipterygium zu Grunde liegt, so gehört die Ableitung sämmtlicher Skeletformen der Fischflossen, die wir kennen !), vom Archipterygium zu den besonders sicher begründeten Schlussfolgerungen der vergleichenden Morphologie. Noch viel heftiger als die Aufstellung des Archipterygiums als Urtypus der Fischflosse ist die GEGENBAUR’sche Ableitung der paarigen Extremitäten der Wirbelthiere von Kiemen- bögen bekämpft worden. Zuerst mit allgemeinem Beifall aufgenommen, hat sie je länger je mehr einen wahren Sturm von Angriffen zu bestehen gehabt. Besonders von embryologischer Seite wurden Argumente gegen sie ins Feld geführt, die sie schwer erschüttert haben würden, wenn dieselben auf richtig beobachteten Thatsachen beruht hätten. Da nun in der vorliegenden Arbeit die Resultate der ontogenetischen Untersuchung eines Flossen- typus gegeben sind, der in seiner Entwickelung bisher noch ganz unbekannt war, so kann an diesen all- gemeineren Problemen nicht einfach vorübergegangen werden. „Die GEGENBAuRr’sche Ableitung der paarigen Extremitäten wird durch die Thatsachen der Ontogenie widerlegt“, „die Entwickelungsgeschichte beweist direct die Richtigkeit der Seitenfaltentheorie.‘“ Wie oft sind diese Aussprüche nicht besonders im letzten Jahrzehnt gefallen! Betrachten wir deshalb zunächst einmal die embryologischen Thatsachen, die uns aus der Entwicke- lung der Ceratodus-Flossen bekannt geworden sind, und wählen wir sie als Ausgangspunkt einer kritischen Betrachtung der verschiedenen Extremitätentheorien. Von letzteren kommen für uns hier nur in Betracht: die GEGENBAURr’sche, die die paarigen Ex- tremitäten der Wirbelthiere von Kiemenbögen ableitet, und die von THACHER (1877), MIvART (1879) und BALFoUR (1880/81) begründete „Seitenfaltentheorie“, welche vordere und hintere Extremität gemeinsam ı) Der Skeletbau der Oladoselache-Flossen ist in Bezug auf die wichtigsten, d.h. die basalen Abschnitte ganz ungenügend bekannt, scheint sich aber von dem der lebenden Haie nicht wesentlich zu unterscheiden. Näheres darüber siehe unten p. 105 f. 49 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 99 aus einer ursprünglich einheitlichen Seitenfalte hervorgehen lässt. Was eine dritte Theorie anlangt, die die paarigen Flossen zwar auch von Seitenfalten ableitet, diese Falten aber aus der Verschmelzung zahlreicher, metamerisch angeordneter, parapodialer Fortsätze entstanden denkt, so unterscheidet sie sich, soweit sie sich mit Thatsachen beschäftigt, nicht so wesentlich von der Seitenfaltentheorie, um eine gesonderte Behandlung zu erfordern. Soweit ihr von ihrem Urheber DoHrn (1884) und von P. MAvER (1886) eine selbständige Begründung gegeben worden ist, hat letztere durch RABL (1892, p. 139) eine so zutreffende Kritik erfahren, dass ich nur auf seine Ausführungen zu verweisen brauche. Die „Seitenfaltentheorie“ leitet die paarigen Extremitäten der Wirbelthiere aus paarıgen zu- sammenhängenden Flossensäumen ab, die sich an den Seiten des Körpers, der eine rechts, der andere links, befunden und einen ähnlichen Bau besessen haben sollen, wie er sich in den unpaaren medianen Flossen dauernd erhalten hat. Ein Hauptmerkmal des Skelets primitiv gebauter unpaarer Flossen, wie wir sie z. B. bei den Dipnoern finden, ist die Zusammensetzung aus metameren, an ihrer Basis nicht zusammen- hängenden Knorpelradien (Flossenstrahlen). Nach dieser Theorie wäre demnach erstens die Theilung der paarigen Extremitäten in ein vorderes und hinteres Paar ein secundärer Vorgang. Ferner hätten wir uns das Skelet aus einer Anzahl ursprünglich getrennter Radien secundär zusammengeschweisst zu denken. Sollte also wirklich die Ontogenie eine so glänzende Bestätigung für diese Theorie erbringen, wie behauptet wird, so müsste erstens eine Continuität in der Anlage der vorderen und hinteren Extremitäten, zweitens eine discontinuirliche Anlage des Skelets, eine secundäre Zusammenfügung getrennter Radien nachweisbar sein. Statt dessen sahen wir bei Ceratodus die vorderen und hinteren Extremitäten in völliger Discontinuität, das Flossenskelet aber in völliger Continuität entstehen. Auch sei hervorgehoben, dass die Continuität des Skelets sich nicht nur im Vorknorpelstadium nachweisen lässt, sondern sich trotz der Gliederung und beginnenden Gelenkbildung in den ausgebildeten Zustand hin- ein erhält. Die Ontogenie des Archipterygiums von Ceratodus liefert also in den beiden Cardinalpunkten nicht nur keine Spur einer Bestätigung der Seitenfaltentheorie, sondern selbst das Gegentheil einer solchen. Vielleicht liegen die Dinge aber bei den Selachiern und Ganoiden anders, und während die Ontogenie nur bei den Dipnoern im Stiche lässt, liefert sie bei diesen anderen Formen die gesuchte Bestätigung. Zunächst wurde das ja auch behauptet, und BALFoUR (1878, 1880, 1881) und DoHRN (1884) haben bei Selachiern eine continuirliche erste Anlage der vorderen und hinteren Extremität, DOHRN (1884) und WIE- DERSHEIM (1892) eine discontinuirliche Anlage des Extremitätenskelets beschrieben. Beide Angaben sind aber durch spätere Untersuchungenals falsch erwiesen. Was die vermeintlich continuirliche erste Anlage der vorderen und hinteren Extremität anlangt, so lasse ich hier wörtlich eine die Sachlage völlig klarstellende Auseinandersetzung von Braus (1898A, p. 432) folgen: „Dieser Beweis (für die Ableitung der paarigen Extremitäten von einer einheitlichen Falte) muss direct geführt werden. Das hat auch BALFoUR, der zuerst eine klar durchgeführte Seitenfaltenhypothese aufstellte, erkannt. Er führt das erste discutirbare Argument ins Feld: eine embryonale, primär auftretende Ektodermleiste, welche bei den Selachiern beide Extremitätenanlagen im ersten Stadium mit einander ver- binden sollte. BaLrour fand diese Leiste bei Torpedo und drückte sich über ihr Vorkommen bei Squaliden nicht aus; später (1881) gab er zu, dass bei letzteren (Seyllium) dieselbe nicht vorhanden ist. Damit ist eine Schwierigkeit für die Beweiskraft der Ectodermleiste gegeben, denn „auffallend bleibt es immerhin“, wie Ragr, ein Anhänger der Lateralfaltenhypothese, ganz richtig bemerkt (1892, p. 136), „dass bei den Rajiden die Flossenanlagen sich verbinden, bei den Squaliden aber, die man für älter zu halten gewohnt ist, nicht“. Jenaische Denkschriften. IV. 7 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 14 100 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 5o Diese Schwierigkeit wurde, wie ich weiter unten zeigen will, durch neue Hypothesen zu beseitigen gesucht. Einen zweiten, gleich starken Stoss erlitt das BALFOURr’sche Argument, dem sich insbesondere DoHRN (1884) angeschlossen hatte, durch den Nachweis Ragr’s (1892) und kurz darauf MoLLIER’s (1893), dass auch bei den Rochen die früheste Anlage der beiden Extremitäten discontinuirlich ist. RAgL sagt (1892, p. 116) über die Entwickelung von Torpedo marmorata: „An der vorderen Extremität bildet das Ektoderm über einer allerdings noch ziemlich beschränkten!) Stelle schon eine niedrige Falte, die nach vorn und hinten flach ausläuft und in eine einfache Ektodermverdickung übergeht. An der eben bemerkbaren Anlage der hinteren Extremität ist noch keine Falte, wohl aber eine Ektodermverdickung erkennbar. Diese steht aber mit derdervorderen Extremitätebensowenig wie bei Pristiurus in Zusammenhang“). Später kommt nach RagL und MOLLIER eine secundäre und vorübergehende Verschmelzung bei Torpedo zu Stande; das ist die BaLrour’sche Ektodermleiste. RABL schliesst daraus ganz folgerichtig, dass gegen die Annahme continuirlicher Flossensäume die Thatsache spricht, dass bei allen Selachiern die ersten Anlagen der Extremitäten von einander getrennt sind!) und bei den Squaliden auch während der weiteren Entwickelung getrennt bleiben“ (p. 135). So weit BRaus, der fernerhin noch die Annahme eines Vorkommens von Hautfalten, die die vordere und hintere Extremität verbinden sollen, bei ausgebildeten Fischen (Centrina, Chlamydoselachus, fossile Acan- thodier) widerlegt und zu dem Schlusse kommt, „das die von der Lateralfaltenhypothese postu- lirte primitive Verbindung der Vorder- und Hintergliedmaasse bis heute noch von keinem Menschen gesehen wordenist. Die vorkommenden Verbindungen (BALFour’sche Ektodermleiste bei Rajiden) sind nachweislich nicht primitiver Natur.“ Wie wir gesehen haben, ist auch bei Ceratodus keine Spur einer solchen Verbindung vorhanden, wie sie auch bei den Gano- iden, Teleostiern und höheren Wirbelthieren fehlt. Dass die WoLrr’sche Leiste der Säugethiere nicht die Bedeutung einer continuirlichen Anlage beider Extremitäten hat, also nicht als Seitenfalte anzusehen ist, ist bekannt. Nach der Seitenfaltentheorie bestand das Skelet der Seitenfalten wie das der unpaaren medianen Flossen ursprünglich aus getrennten, unter einander nicht zusammenhängenden Flossenstrahlen. In der Ontogenie der Ceratodus-Flosse fand sich ein solches Stadium nicht; das hervorstechendste Merkmal der Entwickelung des Flossenskelets war seine Continuität von der ersten Entstehung an bis in den ausgebil- deten Zustand hinein. Allerdings wurde eine discontinuirliche Entstehung des Skelets aus einzelnen Radien, eine secundäre Verschmelzung derselben an der Basis für Selachier von DOHRN (1884) und WIEDERSHEIM (1892), für Gano- iden (Acipenser) von WIEDERSHEIM (1892) beschrieben. Es ist das grosse Verdienst MOLLIER’Ss, unwider- leglich nachgewiesen zu haben (1893, 1897), dass diese Angabe für beide Fischklassen auf Beobachtungs- fehler zurückzuführen ist. Da auch für die Teleostier, Amphibien, Amnioten und nunmehr auch für die Dipnoer eine einheitliche Entstehung des knorpeligen Extremitätenskelets nachgewiesen worden ist, ist der Satz auf die paarigen Extremitäten sämmtlicher Gnathostomen auszudehnen. Auch in diesem zweiten funda- mentalen Punkte empfängt also die Seitenfaltenhypothese von der Ontogenie das Gegentheil einer Be- stätigung. Die Vertreter der Seitenfaltenhypothese heben noch eine Anzahl anderer Punkte hervor, bezüglich deren die Ontogenie ihre Anschauungen angeblich unterstützen soll. Es ist besonders die metamere Anlage der Musculatur der paarigen Flossen, die als ein Hauptargument, von Vielen als ein entscheidender Beweis für die Seitenfaltentheorie und gegen die GEGENBAUR’sche Kiemenbogentheorie angeführt wird. 1) Die gesperrt gedruckten Stellen sind von BRAUS hervorgehoben. 51 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. IOoI Erstaunlich ist es zunächst, dass hier die Ontogenie so in den Vordergrund gestellt wird. Schon längst war es uns bekannt, dass die Extremitätenmusculatur von einer grösseren Anzahl auf einander folgender metamerer Spinalnerven innervirt wird. Wird diese an sich natürlich höchst bemerkenswerthe Thatsache dadurch noch gewichtiger, dass nun auch ontogenetisch das Einwachsen dieser metameren Nerven und der mit ihnen eine physiologische und in gewissem Sinne auch morphologische Einheit bildenden Muskeln in die Flosse nachgewiesen wird? Damit soll natürlich das Verdienst, jenen Process direct be- obachtet und topographisch und histogenetisch näher ergründet zu haben (BALFOUR, 1878, 1880, und besonders DoHRN, 1884) nicht im mindesten verkleinert werden. Dieses Verdienst ist an sich ein grosses. Für die Theorie der Ableitung der Extremitäten ist es aber ohne jede Bedeutung, denn die Thatsache einer Ver- sorgung der Extremitäten durch eine Anzahl metamer auf einander folgender Spinalnerven stand schon ungezählte Jahre vorher fest und bedingte als etwas Selbstverständliches den Antheil mehrerer Rumpf- metameren an der Extremitätenmusculatur. Als GEGENBAUR I5 Jahre vor der Entdeckung der „Muskelknospen“ seine Extremitätentheorie auf- stellte, war ihm also das Wesentliche des seitdem so oft gemachten Einwurfs gegen seine Theorie, des Einwurfs des metameren Ursprungs der Flossenmusculatur und ihrer Innervation, schon längst in der vergleichend-anatomisch festgestellten Thatsache bekannt, dass die Extremitäten nicht von einem Vagusast sondern von einer grösseren Anzahl Spinalnerven versorgt werden. Wie er diesem Einwurf, den er sich natürlich gleich selbst gemacht, begegnet ist, soll unten ausgeführt werden. An der ganzen Sach- lage wurde dadurch, dass die Spinalnerven und zugehörigen Muskeln in ihrem ontogenetischen Verhalten beim Autbau der Flosse näher verfolgt wurden, nichts geändert. Jedenfalls muss dagegen nachdrücklich protestirt werden, wenn schlankweg behauptet wird, DOHRN habe den Nachweis „der metameren Ontogenese der Selachierflosse“ geliefert. Er hat nichts anderes gethan, als das ontogenetische Einwachsen der schon längst als metamer erkannten Nerven und Muskeln in die Flosse beobachtet. Seine Behauptung einer discontinuirlichen, metameren Anlage des Skelets dagegen hat sich als gänzlich irrig erwiesen. Und für die metamere Ontogenese der Flossse ist gerade die Skeletentwickelung der springende Punkt. Ebensowenig lässt sich eine metamere Anlage des Gefässsystems der paarigen Flossen nachweisen. Dass aber für die metamere Natur eines Organs nicht der Antheil metamerer Muskeln und Nerven an seiner Bewegung beweisend ist, wird durch viele Beispiele der vergleichenden Morphologie unwider- leglich bewiesen. Die das Wirbelthierauge bewegenden Muskeln gehören nicht einem, sondern mehreren Myotomen des Kopfes an; ist deshalb das eigentliche Sehorgan, der Augapfel, ein durch Zusammentluss metamerer Theile entstandenes Gebilde? Man sieht, dass eine solche Argumentation zu ganz unhaltbaren Resultaten führt. Es wurde nun aber behauptet, die Musculatur der Flosse lege sich nicht nur metamer an, sondern ihre Metamerie finde sich auch im Flossenskelet wieder ausgeprägt; die Radien entstünden zwar nicht metamer gesondert, aber sie wüchsen in durch die metamere Musculatur bedingten Abständen aus dem ungegliederten Basalstück heraus. Auch dieses Argument ist kein eigentlich ontogenetisches, denn eine gewisse Beziehung zwischen der Gliederung der Musculatur und dem peripheren Theil des Flossenskelets wird bei den Selachiern auch im ausgebildeten Zustande beobachtet. Aber diese Uebereinstimmung ist durchaus keine so strenge, wie behauptet worden ist. In überaus einleuchtender und auf sehr zahlreiche Beobachtungen gegründeter Weise hat Braus (1897 A) diesen Nachweis geführt: „Die Musculi radiales der Brustflosse der primitiveren Haie (Squaliden: Acanthias, Hexanchus, Laemaryus) stimmen nicht genau in ee 14* 102 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 52 der jetzigen Lage mit derjenigen der Knorpelradien überein, namentlich nicht bei dem constantesten Theil des Skelets, dem Metapterygium. Embryologische Angaben über eine völlige Lageübereinstimmung bedürfen, besonders soweit sie Squaliden betreffen, dringend der Nachprüfung. Die Innervation der Musculi radiales durch den distalen Plexus erweist auch die jetzige Lage als eine neuerworbene.‘ BrAUS weist ferner an der Hand genauer Zählungen, die an den Brust- und Bauchflossen von nicht weniger als 21 Repräsentanten der Selachier vorgenommen wurden, nach, dass die von Ragr (1893) behauptete Ueber- einstimmung der Segmente des Flossenskelets mit den Urwirbeln (Ragr’sches Gesetz: KL4=W oder auch “-w nicht vorhanden ist, und kommt zu dem Schluss: „Alle diese Instanzen beweisen die ursprüngliche Incongruenz und gegenseitige Unabhängigkeit zwischen Skelet und Musculatur. Erst durch allmähliche Ueberwanderung der Ursprünge von der Bauchwand auf das Skelet ist die gegenseitige Anpassung eingeleitet worden.“ In einer neueren Arbeit (1898 B) hat Braus dann die von ihm als Desiderat bezeichnete embryo- logische Nachprüfung unternommen und nachgewiesen, dass sich bei den Selachiern die Beziehungen zwischen Musculatur und Skelet in Folge der späten Entstehung des letzteren erst in einem Stadium aus- bilden, in welchem die ursprünglichen, wirklich metameren Knospen der Urwirbel gar nicht mehr als solche existiren, sondern, wenn bereits durch Verschmelzung von Knospen, die verschiedenen Segmenten angehören, complexe, pseudometamere Gebilde, die Musculi radiales aus ihnen entstanden sind. Die Gliederung der peripheren Theile des Skelets (Radien) harmonirt allerdings mit der Anordnung dieser Muskeln. Dieselbe beweist aber nichts für die metamere Anordnung des Skelets, da jene Muskeln gar nicht mehr metamer angeordnet sind, wenn sich das Skelet anlegt. Wir haben eine Anpassung vor uns, deren Zustandekommen physiologisch leicht erklärlich ist und deren durchaus secundärer Charakter auch ontogenetisch mit grosser Bestimmtheit zu erweisen ist. Diese Anschauungen werden durch meine Befunde am Archipterygium der Ceratodus-Flosse durchaus bestätigt. Hier tritt die ursprüngliche Incongruenz zwischen Skelet und Musculatur ontogenetisch aufs schärfste hervor; die Bildung der Radien erfolgt in gänzlicher Unabhängigkeit von der Musculatur als ein völlig selbständiger Vorgang. Dass sich secundär beide Organsysteme auch hier gegenseitig beeinflussen, ist selbstverständlich und kann vergleichend-anatomisch hier wie überall im Wirbelthierkörper nachgewiesen werden. An der Ceratodus-Flosse äussern sich diese secundären Uebereinstimmungen darin, dass die Inscriptionen der oberflächlichen Achsenmusculatur der Flosse den proximalen Gliedstücken des Hauptstrahls entsprechen und sich immer zwischen je zwei Articulationen derselben lagern. Dass dıese Beziehung zwischen der Gliederung des Hauptstrahls und der Musculatur eine secundäre ist, lässt sich bei Ceratodus ontogenetisch noch viel augenfälliger nachweisen, als es bei den Selachiern für die ganz anders geartete Beziehung zwischen der Musculatur und den Radien ermittelt werden konnte. Bei Ceratodus bildet die Anlage der Musculatur zunächst zwei völlig einheitliche, der Skeletanlage an beiden Flächen anliegende Massen, die erst sehr viel später einer Gliederung unterworfen werden, indem sich Inscriptionen von aussen her in die Muskeln einsenken und ihren Längsverlauf unterbrechen. Diese Inscriptionen treten nicht auf einmal, sondern successive auf, zuerst in den proximalen Abschnitten, erst später in den distalen (vergl. p. 79 und Taf. XV, Fig. 31). So verschiedenartig die Beziehungen zwischen Skelet und Musculatur bei den Selachiern und Dipnoern auch sind, das haben sie mit einander gemeinsam, dass sie in beiden Fällen nachweislich secundäre sind. Die Vertreter der Seitenfaltentheorie führen endlich noch ein ontogenetisches Argument an, welches die Existenz einer ehemals continuirlichen Seitenfalte erweisen soll. Es ist das Auftreten von Muskelknospen 53 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 103 in dem Zwischenraume zwischen vorderer und hinterer Gliedmaasse bei Squaliden, die nicht zum Aufbau der Extremitätenmusculatur verwendet werden, sondern einfach wieder verschwinden, ohne eine Leistung erfüllt zu haben. Daraus soll sich ergeben, dass früher der ganze Raum zwischen Vorder- und Hinter- gliedmaasse von einem continuirlichen, mit metameren Muskeln ausgestatteten Flossensaum ausgefüllt war. GEGENBAUR (1894) hat sich gegen diese Argumentation gewendet und jene „Abortivknospen“ als Zeugnisse der Wanderung der Hintergliedmaasse aufgefasst. Braus hat das Abortivwerden eines Theils der Musculatur im Zwischenflossenraum bei einem Squaliden (Rhina) sozusagen direct beobachtet und dargethan, dass die Rückbildungen der Musculatur hier in diesem Falle auf Verschiebungen der Hintergliedmaasse zurück- zuführen sind. „So wenig wie bei Rhina, bei welcher jetzt noch alle Rumpfmyotome die Flossenmuskeln aufbauen helfen, die Extremitäten eine Einheit bilden noch bildeten (Verschränkung der Innervationsgebiete), so wenig darf man aus den Abortivknospen auf eine ehemalige Lateralfalte oder dergl. schliessen“ (1898A, p. 438). Für die GEGEnBAUR’sche Erklärung (Wanderung der hinteren Extremität) spricht aber ferner auch noch die Ontogenie. Denn Braus konnte kürzlich (1898 B) bei Spinax den Nachweis liefern, dass wenigstens ein Theil der sogenannten Abortivknospen noch nachträglich in die hintere Extremität gelangt und sich an dem Aufbau ihrer Musculatur mitbetheiligt. Die Wanderungen und Verschiebungen der Extremitäten haben von je einen Stein des Anstosses für diejenigen Forscher gebildet, die nur ontogenetische Thatsachen als wirklich beweisend anerkennen und vermeinen, der Beweis einer Wanderung der Hinterflosse von T’rygon, die sich im Bereich des 60.—71. Wirbels befindet, während die von Prionodon in das Bereich des 27.—37. fällt, sei erst dann erbracht, wenn ad oculos demonstrirt wird, dass die Beckenflosse in der individuellen Entwickelung an 33 Wirbeln ent- langwandert. Als ob derartige Leistungen der Ontogenie die Regel und nicht vielmehr die seltene Aus- nahme wären. Die Ontogenie pflegt doch in der Mehrzahl der Fälle nur die jüngsten Etappen und nicht die sanze Summe der im Laufe der Phylogenese aufgetretenen Veränderungen zu recapituliren. Und für kürzere Strecken ist auch ontogenetisch der Nachweis solcher Verschiebungen mit Sicherheit erbracht. Völlig ausreichend für den, der überhaupt zu überzeugen ist und die Thatsachen überhaupt kennt, sind aber die vergleichend-anatomischen Nachweisse, äusserlich am auf- fallendsten bei den Telostiern, ebenso klar aber, wenn man sich nicht bloss mit äusserer Inspection begnügt, bei allen übrigen Gnathostomen (vergl. besonders FÜRBRINGER, 1875, 1879, 1887, 1888, 1896). Kürzlich hat Braus (1898) diesen Wanderungen bei den Selachiern, Holocephalen und Dipnoern eine äusserst eingehende Untersuchung gewidmet und den Grad der Verschiebung bei manchen Rochen noch erheblich grösser gefunden, als solche früher von FÜRBRINGER bei Vögeln (um I4—15 Wirbel) nach- gewiesen war. Bei Trygon und Raja vomer liegt der Schultergürtel in Segmenten, in denen sich bei manchen Squaliden wie Spinax und Prionodon der Beckengürtel befindet. Giebt es überhaupt eine vernünftige Mög- lichkeit, diese Thatsachen auf anderem Wege zu erklären als durch primäre caudale, in manchen Fällen secun- däre craniale Wanderungen der Extremitäten ? Auch der Umstand, dass bei Ceratodus, wie oben wahrscheinlich gemacht worden ist, sich viel mehr Spinalnerven an den Plexusbildungen betheiligen, aus denen die Innervation den Extremitäten erfolgt, als Myotome Material für die Musculatur der betreffenden Gliedmaassen liefern, lässt sich einzig plausibel durch die Wanderungen der Extremitäten erklären. Der Plexus stellt dort, wo seine Fasern sich nicht mehr an der Innervation der Flosse betheiligen, einen Rest der Etappenstrasse dar, die die Extremität bei ihrer Wan- derung zurückgelegt hat. Ein ähnlicher Fall scheint auch, wie sich aus einer Vergleichung der Literatur erkennen lässt, bei den Acipenseriden vorzuliegen. Bei ihnen (Acipenser ruthenus) sollen sich nach DAVIDoFF (1879) 13 Spinalnerven an der Innervirung der Beckenflosse zu betheiligen. Auf der anderen 104 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 54 Seite fand MOLLIER (1897) bei der embryologischen Untersuchung von Acipenser stwrio nur von 9 Myo- tomen Knospen zur Muscularisirung der Flosse abgegeben. Es ist zu bedauern, dass MOLLIER’s embryo- logische Beobachtungen an Acipenser sturio gemacht sind, während DavıporrF die Innervirung der aus- gebildeten Flosse nur bei Acipenser ruthenus genau untersucht hat, über Acipenser sturio jedoch bloss kürzere Mittheilungen macht und nur die Ausbildung eines eigentlichen Collectors, nicht aber die ganze craniale Ausdehnung des Plexus angiebt. Eine erneute Untersuchung wird indessen wohl ebenfalls ergeben, dass auch bei Acipenser wie bei Ceratodus erheblich mehr Spinalnerven an der Plexusbildung betheiligt sind, als Myotome zur Muscularisirung der Flosse beitragen. Als Resultat unserer Beobachtungen über die Ontogenese der Oeratodus-Flosse und der Vergleichung ihrer Entwickelung mit derjenigen der übrigen Gnathostomen können wir den Satz aufstellen, dass keine einzige ontogenetische Thatsache gegen die GEGENBAUR'sche Kiemenbogentheorie, keine einzige für die Seitenfaltentheorie spricht. Dieser Satz bedarf nicht einmal der Ein- schränkung in Bezug auf das bei Rajiden beobachtete Auftreten einer beide Extremitäten verbindenden Ektodermleiste, weil auch bei ihnen die ersten Anlagen der Extremitäten von einander getrennt sind, und ihre gegenseitige Annäherung ontogenetisch wie phylogenetisch (allmähliche ungeheure Entfaltung der Brustflosse bei den Rochen) etwas Secundäfres ist. Dass durch die Gültigkeit jenes Satzes die Richtigkeit der GEGEnBAURr’schen Ableitung noch nicht bewiesen wird, ist unbestreitbar. Schwerlich ist ein solcher Beweis von der Ontogenie für diese Frage jemals zu erhoffen. Denn so weit ist die Entwickelung der Gnathostomen in ihren Haupttypen bekannt, dass wir nicht erwarten dürfen, dass in irgend einer der uns bekannten lebenden Formen die Extremitäten sich noch als Kiemenbögen anlegen. Auch die vergleichende Anatomie vermag hier nur wahrscheinlich zu machen, nicht aber strict zu beweisen, weil bei allen Gnathostomen, die sich bis in unsere Zeit erhalten haben, keine Urzustände, sondern schon hoch entwickelte Verhältnisse vorliegen, und auch bei den primi- tivsten Formen der Uebergangszustand grösstentheils längst überwunden worden ist. Eine Zeit lang glaubten die Vertreter der Seitenfaltentheorie, die „metamere Ontogenese‘ der paarigen Extremitäten sei dadurch bewiesen, dass ihre Musculatur durch Einwachsen einer Anzahl metamerer Knospen von Myotomen des Rumpfes in die Flossenanlage (oder durch verwandte Processe) geliefert wird. Wie schon oben auseinandergesetzt worden ist, ist dieses ontogenetische Geschehen nichts anderes als der selbstverständ- liche Ausdruck der längst bekannten Thatsache, dass die Musculatur der Extremitäten der Gnathostomen nicht durch je einen Ast des Vagus, sondern durch ventrale Aeste einer Anzahl Spinalnerven innervirt wird, dass ihre Musculatur also keine Visceralmusculatur wie die der Kiemenbogen, sondern ein Derivat der spinalen Rumpfmusculatur ist. Diese vergleichend-anatomische Thatsache scheint wirklich zunächst eine fundamentale Differenz zwischen Kiemenbogen und Extremitäten zu involviren. Aber wie FÜRBRINGER in einer Reihe glänzender Untersuchungen gezeigt hat (1873, 1874, 1895, 1897), liegt bei genauerer Erkenntniss der be- treffenden Musculatur keineswegs eine fundamentale Differenz vor. Denn einmal besitzt die vordere Extremität noch wenigstens am Schultergürtel Ueberreste einer visceralen, vom Vago-Accessorius innervirten Museulatur (Musculus trapezius, der bei Haien den letzten Abschnitt des M. constrietor superficialis dorsalis des Visceralskelets darstellt, Musculus interscapularis der Anuren, welcher in toto mit Ursprung und Insertion dem Schultergürtel angehört und gleichfalls vom Vago-Accessorius versorgt wird) '). Ferner aber hat Für- BRINGER (1895, 1897) darauf hingewiesen, dass die Kiemenbogen keineswegs ausschliesslich von ı) Näheres über diese Muskeln vergl. bei FÜRBRINGER, 1897, p. 723. Dort wird auch ein Nervenplexus am Perichondrium des Schultergürtels beschrieben, der seine Fasern vom letzten Trapezius-Ast und dem Anfange der Rr. intestinales vagi bezieht. 55 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 105 visceralen, von Kopfnerven innervirten Muskeln bewegt werden, sondern dass auch die spinale Musculatur auf sie überzuwandern begonnen und sich ihrer in zunehmen- dem Maasse bemächtigt hat (epibranchiale und bypobranchiale spinale Musculatur). Besonders der letztere Nachweis ist von der grössten Tragweite. Zeigt er uns doch den Weg an, wie sich die spinale Musculatur branchialer Skeletelemente unter Verdrängung ihrer ursprünglicher Musculatur bemächtigt hat und wie der Zustand zu Stande kommen konnte, der uns jetzt in der Ex- tremitätenmusculatur der Gnathostomen vorliegt: die an der vorderen Gliedmaasse nicht ganz vollständige, an der hinteren vollständige Verdrängung der visceralen Musculatur durch spinale Elemente. ‚Weitere vergleichend-anatomische Argumente für die ursprüngliche Kiemenbogennatur der Glied- maassen und Zurückweisung von Einwürfen, die dieser Ableitung angeblich ans vergleichend-anatomischen Gründen hinderlich sein sollen, findet man bei FÜRBRINER (1897, p. 725—730). Man wird zugeben müssen, dass das Material, welches er beibringt, der GEGEnBAuUr’schen Theorie überall die Wege ebnet, und dass, wenn auch kein einzelnes Argument einen absolut zwingenden Beweis liefert, doch die Summe eine bedeutende Wahrscheinlichkeit in die Wagschale legt. Als vergleichend-anatomische Beweise für die Seitenfaltentheorie hat man die mancherlei Ueberein- stimmungen in Form und Structur angeführt, welche sich bei einer Vergleichnng der paarigen mit den unpaaren Flossen ergiebt. Alle die herangezogenen Aehnlichkeiten sind aber nur äusserlicher Natur, wie sie sich bei Organen, die analoge Functionen zu erfüllen haben, von selbst verstehen. Die Grunddifferenz, die Einheitlichkeit des Skelets der paarigen, die metamere Beschaffenheit des Skelets der unpaaren Flossen bleibt unverrückt bestehen und könnte nur durch den Beweis beseitigt werden, dass auch das Skelet der paarigen Flossen metamer entstanden und secundär einheitlich geworden ist. Ein solcher Beweis ist bisher weder auf vergleichend-anatomischem noch, wie schon oben gezeigt, auf ontogenetischem Wege erbracht worden. Die einzige Antwort, die die Paläontologie in diesen Fragen ertheilt hat, ist die gewesen, dass auch das uniseriale Ichthyopterygium der Selachier vom Archipterygium abzuleiten ist (Xenacanthinen), was durch vergleichend -anatomische Forschung bei recenten Selachiern durch GEGENBAUR und BunGE schon höchst wahrscheinlich gemacht worden war. Auf die Frage der Abstammung des Archipterygiums geben die bisher bekannt gewordenen paläontologischen Thatsachen keinerlei Auskunft, und der Versuch, durch eine ebenso willkürliche als unwahrscheinliche Deutung der in der fossilen Erhaltung unkenntlichen Basal- theile der Beckenflosse von Oladoselache die Seitenfaltentheorie zu stützen (DEAN, 1896), ist als gänzlich ver- unglückt zurückzuweisen. Cladoselache (Cladodus) tritt ebenso wie die Xenacanthinen in der Steinkohlen- formation auf, also verhältnissmässig ziemlich spät, wenn man berücksichtigt, dass Reste von Selachiern, Crossopterygiern, Dipnoer und Placodermen schon im Silur gefunden werden, die ersteren freilich in so ungenügender Erhaltung, dass über den Bau ihrer Flossen nichts ermittelt werden kann. Wenn das Auf- treten von (ladoselache in eine etwas ältere Stufe des Carbons zurückverfolgbar ist, als das der Xena- canthinen, so weiss doch jeder Naturforscher, dass es unstatthaft ist, aus solchem früheren Auftreten einen Schluss auf einen mehr primitiven, den Urformen ähnlicheren Körperbau zu ziehen. Die Untersuchung der fossilen Reste dieses pentanchen Haies!) hat, soweit der Deutung zugänglich, ein Bild geliefert, das in einer, für ein paläozoisches Thier beinahe auffallenden Weise an die recenten Haie erinnert. Es ist ungemein schwer einzusehen, wie DEAN auf Grund der Merkmale, die er angiebt, zu dem Schlusse gelangen kann: „Cladoselache was an exceedingly generalised shark“, „an Elasmobranch of an exceedingly primitive nature“. Der einzige wirklich besonders primitive Charakter, den Cladoselache besessen zu haben scheint, ist die 1) Nach DEAN „in a favourable specimen in Columbia College there appear to be traces of a sixth and seventh.“ 106 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 56 Abwesenheit von Copulationsorganen (claspers) an der Beckenflosse des Männchens. Ferner könnte man noch in der Abwesenheit von Intercalarknorpeln ein primitives Merkmal erblicken, obwohl das Vorhandensein von kleinen, den Intercalaria vergleichbaren Knorpeln bei Petromyzonten es nicht sicher erscheinen lässt, ob dieses Merkmal bei Oladoselache wirklich als ein primitiver Charakter zu deuten sei. Was den Fisch sonst, abgesehen von seinen Flossen, von den recenten Haien unterscheidet, sind sämmtlich ganz unter- geordnete Specialisationen. Aber das Entscheidende sollen die Flossen sein und durch diese soll zweierlei bewiesen werden: erstens die Ursprünglichkeit von Cladoselache eben durch den Besitz einer derartigen Flosse, zweitens die Ursprünglichkeit der Flosse, weil sie einem so primitiven Fisch angehört wie Cladoselache. Wenden wir uns zur Betrachtung der Flossen, so finden wir zunächst bei diesem Thier, das die Seitenfaltentheorie direct beweisen soll, zwei sehr kleine, durch einen weiten Zwischenraum getrennte, durch keine Spur einer Brücke verbundene Flossenpaare Die Bauchflosse ist geradezu als rudimentär zu bezeichnen. Vom Skelet der Flossen lassen sich mit Sicherheit nur die distalen Abschnitte der Radien unterscheiden. „The supporting elements of the pectorals are not as yet to be made out clearly“!). Die hypothetische Reconstruction, die DEAN versucht, ergiebt ein Bild, das am meisten an die Brustflossen hoch specialisirter recenter Haie wie der Carchariiden (Carcharias, Carcharodon) erinnert. Für die Bauchflossen wird angegeben, die Basalia seien noch „segmental and unfused, and no form of pelvic girdie appears!) to be present“ Gerade über die Hauptsache, die basalen Abschnitte beider Flossen, bleibt also noch Dunkel gehüllt. und wir müssen uns mit dem blossen „appears“ begnügen. Als ob innerhalb von dem, was Dan gesehen hat, nicht noch die schönsten einheitlichen Basal- theile und Gürtelstücke stecken könnten! DEaAan’s Beschreibung ist ferner eine irreführende, wenn er sagt, „the radials extend metamerically') from the body wall to the fin margin“, und „the basal cartilages, B, are as yet segmental“!), denn dies kann zu dem Glauben verleiten, als entsprächen die Radien den Metameren des Körpers, während wir an anderer Stelle beiläufig hören: „the elements of the fin include the compacted!) structures of between thirty and forty metameres.“ Schon ein Blick auf die Figuren, die DEAN selbst seiner Abhandlung beigiebt, lehrt übrigens, dass jene Radien den Körpermetameren ebenso- wenig entsprechen können, als sie es bei recenten Haien thun, und dass in der Charakterisirung der Radien als metamerer Gebilde das zu Beweisende als bewiesen angenommen wird. So bleibt von allen jenen Constructionen nichts anderes übrig, als dass hier eine paläontologisch mässig alte, aber von den lebenden Selachiern höchstwahrscheinlich nicht besonders abweichende Form vorliegt, deren Flossen ausser der rudimentären Beschaffenheit der Bauchflosse und der Abwesenheit von Copulationsorganen an ihr dadurch ausgezeichnet sind, dass ihre basalen Abschnitte im fossilen Zustande an den bisher vorliegenden Exem- plaren nicht genauer studirt werden können. Mit grosser Wahrscheinlichkeit lässt sich vorhersagen, dass die Untersuchung eines günstigen Objects von Cladoselache nachweisen wird, dass ihre Flossen nach dem Typus des uniserialen Ichthyopterygiums, vielleicht ähnlich denen der Carcharüden, gebaut waren, am Skelet der stark rudimentären Bauchflosse werden sich vielleicht Rückbildungserscheinungen erkennen lassen. Somit ist meiner Ansicht nach der paläontologische Beweis für die Richtigkeit der Seitenfalten- theorie ebensowenig geglückt, wie der vergleichend-anatomische und ontogenetische, und alle drei Methoden morphologischer Forschung liefern Resultate, die sich der GEGENBAUR’schen Extremitätentheorie sehr viel günstiger erweisen. Dazu kommen Erwägungen allgemeinerer Art. Die GEGENBAUR’sche Theorie knüpft, wie schon ihr Urheber hervorhebt, an etwas Vorhandenes, bei niederen Wirbelthieren im Ueberfluss Vorhandenes und zum Theil schon bei ihnen seiner ursprünglichen Function Entzogenes an, die Kiemenbogen. Man hört ı) Im Original nicht gesperrt gedruckt. 57 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 107 zuweilen sagen, der gesunde Menschenverstand lehne sich dagegen auf, den Uebergang eines Kiemenbogens in ein Bewegungsorgan (oder richtiger Steuerorgan) anzunehmen. Derselbe gesunde Menschenverstand würde sich aber auch auflehnen, den Uebergang von Kiemenbögen oder von Theilen derselben in Gehör- knöchelchen oder in das Kehlkopfskelet anzunehmen, wenn diese phylogenetisch später aufgetretenen Umbildungen sich nicht noch in allen Phasen entwickelungsgeschichtlich und vergleichend-anatomisch nach- weisen liessen. Die Schwierigkeit für die paarigen Extremitäten liest nicht in der Unwahrscheinlichkeit der Annahme jenes Functionswechsels, sondern in der Abwesenheit vermittelnder Zwischenstadien. Diese Abwesenheit ist bedingt: für die vergleichende Anatomie durch die enorme Kluft, die sich für die lebenden Thiere zwischen Cyclostomen und Gnathostomen befindet; für die Paläontologie durch die Unvollkommen- heit der geologischen Urkunde und unsere mangelhafte Kenntniss derselben. Hier ist aber vielleicht noch etwas von Funden in den unteren paläozoischen Schichten zu hoffen: Die Ontogenie endlich liefert deshalb keinen entscheidenden Beweis, weil sie nun einmal bei der Entwickelung der Extremitäten nicht mehr die sehr weit zurückliegenden Ur- und Uebergangszustände recapitulirt, sondern einen abgekürzten Weg wählt. Jedenfalls sind aber die Zeugnisse, die sie bringt, viel eher in Sinne der Kiemenbogen- als der Seiten- faltentheorie zu deuten. Die Skeletentwickelung des Ceratodus-Archipterygiums, die oben beschrieben worden ist, hat das von neuem auf das überzeugendste dargethan. Auch physiologisch ist der Functionswechsel eines an sich beweglichen Kiemenbogens, der seinen Kiemenbesatz verloren hat, in ein Locomotions- oder richtiger Steuerorgan leicht vorzustellen. Die Vorstellung, die die paarigen Flossen gleich als Flossen entstehen lässt, ist nur scheinbar die natür- lichere. Wie GEGENBAUR wiederholt betont hat, ist es unstatthaft, als ersten Schritt etwa das Auftreten einer Hautfalte, in die erst nachträglich Musculatur und Skelet eindrangen, anzunehmen. Welche physiologische Bedeutung sollte eine solche Hautfalte besessen haben? Als Kiel kann sie doch unmöglich gedient haben, denn ein solcher war schon bei den Vorfahren der Gnathostomen, den Acraniern, Myxinoiden und Petro- myzenten in den dorsalen und ventralen Flossen vorhanden, und der Erwerb eines zweiten, auf dem ersten Kielsystem senkrecht stehenden Kielpaares würde allen mechanischen Principien widersprechen, die wir in der Praxis des Schiffsbaues und durch die vergleichende Betrachtung des Körperbaues der schwimmenden Thiere realisirt finden. Wir hätten uns also die Function des Organs von Anfang an als locomotorische, das Organ selbst gleich mit Mukeln und festerem Stützgewebe ausgestattet zu denken. Hier liegen aber grössere Schwierigkeiten vor, als Viele anzunehmen scheinen, die sich darauf berufen, das Auftreten derartiger Seiten- flossen sei nicht schwerer zu verstehen als das der thatsächlich vorhandenen unpaaren dorsalen und ven- tralen Flosse. Denn letztere Flossen sind unter ganz anderen topographischen Bedingungen entstanden, als sie für die supponirten Seitenfalten denkbar sind. Sie konnten sich ohne weiteres dadurch bilden, dass sich der Körper des Thieres in der Medianebene kielförmig zuschärfte. Ihr Skelet ist eine blosse Fortsetzung des Achsenskelets, wie mit grösster Deutlichkeit durch die Dipnoer bewiesen wird, bei denen die Flossenstrahlen ‚der unpaaren Flossen sich noch unmittelbar als Glieder der Dornfortsätze der oberen und unteren Bogen darstellen. Bei den Selachiern treffen wir jene Stützgebilde der unpaaren Flossen in viel höherer Differen- zirung und von dem primitiven Zustande bedeutend weiter entfernt. Vielfach haben sich die Elemente des: Flossenskelets von der Wirbelsäule ganz abgegliedert und sollen nach den Angaben von DOHRN (1884) und P. MAvER (1896) auch ontogenetisch ohne Zusammenhang mit ihr entstehen. In dieser Allgemeinheit ist aber letztere Behauptung, wie ich auf Grund eigener ontogenetischer Untersuchungen angeben kann, jedenfalls nicht richtig und in zahlreichen Fällen kann auch bei ihnen noch ein Anschluss des Flossenskelets an die Wirbelsäule erkannt werden. Sowohl dieser Umstand wie besonders der Vergleich mit den primitiven Verhältnissen der Dipnoer stellen jene völligen Abgliederungen zweifellos als etwas secundär Erworbenes Jenaische Denkschriften. IV. 8 Sjemon, Zoolog. Forschungsreisen. I. u 15 108 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 58 dar. Aus der Auffassung der unpaaren dorsalen und ventralen Flosse als ein durch blosse Zuschärfung des Körpers in der Medianebene entstandenes Kielorgan ergiebt es sich auch als etwas Selbstverständliches, dass sie gleich von ihrem ersten Auftreten an mit Musculatur und Skelet versehen war, neben ihrer statischen Function also auch gleich locomotorische Functionen verrichten konnte. Sehr viel grössere Schwierigkeiten würde es machen, die phylogenetische Entstehung einer Seiten- flosse zu verstehen, die bei ihrem ersten Auftreten weder als blosser häutiger Kiel, noch auch als mit Muskeln und Skelet versehenes Locomotionsorgan gedacht werden kann. Das Skelet müsste in einer weichen, aber mit Muskeln versehenen Hautfalte ohne jede Beziehung zum Achsenskelet frei entstanden sein, was wenig wahrscheinlich ist. Das Organ hätte im häutigen wie im knorpeligen Zustande unter ungleich ungünstigeren Bedingungen functionirt als die medianen Flossen, weil ihm die feste Stütze, die jene im Achsenskelet besitzen, in allen Phasen seiner Entstehung gemangelt hätte. Die Annahme einer spontanen Entstehung von paarigen Seitenflossen begegnet also auch vom physiologischen Standpunkt grossen Schwierigkeiten. Jedenfalls lassen sich jene fictiven Gebilde durchaus nicht ohne weiteres mit den medianen unpaaren Flossen in Parallele setzen. Als Gesammtresultat der Betrachtungen dieses Capitels ergiebt sich der Schluss, dass vom morphologischen wie physiologischen Gesichtspunkt die GEGEN- BAUR’sche Ableitung der paarigen Extremitäten von Kiemenbögen sehr viel mehr Wahrscheinlichkeit für sich hat als die Seitenfaltentheorie. Dieses Resultat widerspricht den Anschauungen, denen sich im letzten Jahrzehnt die Mehrzahl der Morphologen, grösstentheils unter dem Einfluss der ontogenetischen Doctrin, zugewandt haben. Die zuver- sichtlich ausgesprochene und vielfach wiederholte Behauptung, dass durch die Ontogenie die GEGENBAUR’sche Ableitung widerlegt, die Seitenfaltentheorie direct bewiesen sei, hat ihre suggestive Wirkung nicht verfehlt. Aber die geschärfte ontogenetische Beobachtung, wie sie in den Arbeiten von Ragr, MOLLIER und BrAus zum Ausdruck kam, hat jener Behauptung alle Stützen entzogen. Von FÜRBRINGER und BraAus ist dann in letzter Zeit auch das vergleichend-anatomische Material, das zu Gunsten der GEGENBAUr’schen Lehre spricht, in einigen fundamentalen Punkten erweitert und vermehrt worden. Schon vorher stellte das, was in den Werken GEGENBAUR’s selbst, FÜRBRINGER’S, VETTER’sS und v. DAvIvorF’s niedergelegt war, ein starkes Rüstzeug jener Hypothese dar. Aber es schien vergessen zu sein oder wurde ignorirt, bis endlich vor 4 Jahren der Begründer selbst noch einmal für seine Lehre eintrat und bald darauf auch andere Forscher (JAEKEL, 1894, FÜRBRINGER, 1895, 1897, HAECKEL 1895, BRAUs, 1898) ihre Stimme erhoben und neue palä- ontologische und vergleichend anatomische Thatsachen und Gesichtspunkte ins Feld führten. Auch die Ontogenie fand von ihnen wie auch schon vorher von GEGENBAUR gebührende Berücksichtigung. Einige neue Beiträge besonders in ontogenetischer Beziehung hat auch die vorliegende Arbeit gebracht, in welcher die Entwickelungsgeschichte eines Archipterygiums behandelt worden ist. Durch diese Untersuchungen konnte die durchaus einheitliche Entstehung des Flossenskelets nachgewiesen, die Entstehung der Radien als eine Sprossung und Abgliederung demonstrirt und der Gedanke widerlegt werden, gewisse Längsgliederungen, die zuweilen im Flossenskelet älterer Thiere beobachtet werden, seien Producte einer mangelnden Verwachsung ontogenetisch getrennter Anlagen. Es konnte im Gegentheil in diesen Längsgliederungen ein progressiver, nicht ein atavistischer Vorgang, erkannt und im Archipterygium des Ceratodus ein Vorläufer des Chiridiums nachgewiesen werden. Dadurch war allen Speculationen der Boden entzogen, die an der Ceratodus-Flosse den bei den Selachiern missglückten Nachweis einer discontinuirlichen Entstehung des Flossenskelets führen wollten. Bemerkenswerfh war vielmehr an der Ceratodus-Flosse die trotz der Gliederung und beginnenden Gelenkbildung bis in den ausgebildeten Zustand hinein bewahrte Continuität des Knorpelskelets. 59 Die Entwickelung der paarigen Flossen des Ceratodus forsteri. 109 Verzeichniss der im Text eitirten Literatur. BALFOUR, En A., A Monograph on the development of Elasmobranch fishes. Journal of Anat. and Physiol., Vol. XI, 8. —, A Treatise of Comparative Embryology. London 1880. —, On the development of the skeleton of the paired fins of Elasmobranchii, considered in relation to its bearings on the nature of the limb of the Vertebrata. Proc. Zool. Soc. London 1881. vAn Beumeren, Ueber die Herkunft der Extremitäten- und Zungenmusculatur bei Eidechsen. Anat. Anz., Bd. IV, 1889. BernAays, A,, Die Entwickelungsgeschichte des Kniegelenkes des Menschen mit Bemerkungen über die Gelenke im Allgemeinen. Morph. Jahrb., Bd. IV, 1878. Boyer, E. 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Bisherige Versuche, die fünfzehige Extremität der höheren Wirbelthiere von ver- schiedenen Typen von Flossen abzuleiten : : 6 © Ableitung des Chiridiums von der Ceratodus-Flosse : omelogon des Skpankns Homologon des Ellenbogen- (Knie-)Gelenks Homologon des Zeugopodiums. 6 5 en Tr ae: : ee Uebereinstimmung der vorderen mit den Hinteren Extremitäten bei den en einerseits, den Pentadactyliern andererseits ER DEN REN ON EN en Vergleichung der Flossenmusculatur der Dipnoer mit der Extremitätenmusculatur der Pentadactylier Ceratodus-Flosse und Archipterygium (Extremitätentheorie). Bedeutung des biserialen Archipterygiums Kiemenbogen- und Seitenfaltentheorie: Discontinuität der Anlage der vorderen und hinteren Extremitäten, Continuität der Anlage des Extremitätenskelets Se Vermeintliche „metamere Ontogenese“ der erden Bedeutung der Abortivknospen Wanderungen der Extremitäten . 5 a A er Muskeln und Nerven der Kiemenbögen cl des paarigen Extremitäten Zeugnisse der Paläontologie RE ee en ee BE Physiologische Betrachtungen über die Entstehung de: paarigen und paaren loser Verzeichniss der im Text citirten Literatur Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 1658 III Seite 61— 63 63— 67 68— 69 69— 72 72— 79 79 79-- 80 80 80— 83 83— 84 84— 85 85— 87 87— 89 89— gI 92 92 93 93— 94 95 CH Cr 97— 98 99— Ioo 100— 102 103 103—IO4 104—1Oo5 105— 106 107— 108 109—IIO ee: wöder k Beat Verlag von. nm Gustav] Fischer in Jena. ee christen der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena. a Band I. Ernst ur 2 Ee rn ae Auen einer Monographie a SR 5 Ah, einem Atlas Re En n. De Band II. Mit 21 Tafeln. _ N Geweb EN lit a u ee us der 3 Preis: 25 Mark. — Be a, Die var: und ihre Begleiter. Mit 6 Tafeln. Bra Band IM. Bil ee Me ndamatonm: er ren. Mit i; 5: 75 Mark Erst R ap I: N aceen. Kapitel IT: gemeinsam mit 1 Theodor ne a 13 lith ee 5 eil. it an un 3 Wk Lule äusserer a lg Dan Be Mit ı2 lith S: 40 == & Über die Kortschrite der Anatomie undRun chiehte. In ing Jahresberichte mit De. Albrecht-Halle a.S, Prof, Dr. v ge Dee na a Dr. Bochm- München, be az . Bot Dr. a Baras „ Prof. Dr. Se Pro ick-Leipzig, Prof. Dr. Fürst-Lund, Prof. Dr. un Freiburg. r B., Prof. Dr. Holl-Graz, Prof. Dr. Hoyer-' Yarschau, Prof. Dr. Hoyer-Krakau, ; Dr. Keibel- ae i. B., Dr. Kopsch-Berlin, . Dr. W. Krause-Berlin, Prof Dr. Kü enthal- Dan Dr. Mehnert-Strassburg, Prof. Dr. Mollier-München,, Prof. Dr. Obersteiner- ee -München, Dr. Gakutaro Osawa-Rı i. B,, Prof. Dr. Pfitzner-Strassburg, Dr. Hans . Romiti-Pisa, Prof. Dr. Scha fer- Wien, Prof. Dr. Schiefferdecker-Bonn, Bit Dr. = Se , Dr. M. B. Schmidt-Strassburg, Prof. Dr. Graf Spee-Kiel, Prof. Dr. a Nene ‚Dr. Telesnicky-Budapest,Dr. Thileni ssburg, Prof. Dr.H. Virchow-Berlin, De Prof. Dr. Zander- = rg, Dr. Ziegenha en-Berlin, Prof. De nen Prof. Dr. Zuckerkandl- N Es a en von Dr. 6. chwalbe, o. Professor ee lan 108, 2 IS 1 et r Band. ratur-Verzeie r re tet von Dr. Conra Bauer in Strassb ie urg. Preis: ı6 Mark. Neue Folge. Di eb een a Litteratur 1896. Der Driöke Band befindet sich im Druck — ann sich lich Ende November rscheine Titel, Inhaltsverzeichniss und \ zweiten Band sind der zweiten an: - beigefügt worden. Für diejenigen a der a e sich den zweiten Band in zwei Abteilungen binden n wollen, wurden jeder Abteilung Titel beigegeben. Dr. Ad Privatdocent und Assistent am a en 1. Universität Heymons, „nei zn Die Embr yonalentwiekelung von a ran Örthopteren LER, rücksichtigun Keimblätterbildun, 12 Yhographischen Tafeln Pr 33 acksichtgung Text. 1895. Mark. 7 { Kollmann, Di je: en nn Sehmidt’s Jahrbücher : Das Buch u runs mE Neineine Oalen, san) ek Kükenthal Dr. Willy, Professor in J Den A ’ bildungen im Text. 1808. Albert, Professor a. d. Universität i. Br Oppel. \ı skopischen Anatomie. Eister Teil. a ; graphischen Tafeln. 1896. Preis: ı4 Mark. i% IM Berliner klinische De Be: { 1 sl, anal erörtert. Zahlrei nah nee sin BE karl und auch nicht uns an, ul de na nis Fachzeitschriften ein Urteil suchen. Aber das en sa; wissenschaftlicher Gründlichkeit ist, wie sie Jr Schimper, aicher Gm er _ und 4 Karten ee ur gel nn ‚a 97 © RD SE! . ERSTER BAND: CERATODUS. I: LIBRERUNG. N TAFELN UND 7 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA, yerLac VON GUSTAV FISCHER. Des ganzen Werkes Lieferung 14. a 5ö 1m ZÖÖLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. ER \ MIT UNTERSTUTZUNG DES HERRN DR. PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891-1893 VON RICHARD SEMON. ERSTER BAND: CERATODUS. II. LIEFERUNG. Baldwin Spencer, Der Bau der Lungen von Ceratodus und Protopterus. Richard Semon, Die Entwickelung der paarigen Flossen von Ceratodus forsteri. MIT 9 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 7 ABBILDUNGEN IM TEXT. ATLAS. ——— JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER, "1898. Zn en, in Australien und dem Malayischen ıg des Herrn Bauren Ritter a in den Jahren na een en en # Ense ee oa ap Werkes Lieferung 1.) Mit 8 lithogr. Tafeln Preis: 20 Einleit Zur Phylogenie der Australischen Fauna. Re — Rie 25 Semon, Verbreitung, Lebensverhältnisse ne Die äussere. a des Ceratodus Forsteri. { u ware (Des ganzen Werkes Lieferung 3.) gen über die eb und Fortpflanzung der Monotremen il ‚eratur. — Richard Semon, Die Embryonalhüllen der Monotremen unıl > emon, Zur Entwickelungsgeschichte der Monotremen. { en und Marsupialier. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 5.) Tat N na ao aba im Text. 1895. Preis: 16 Mark. rg Ruge, Die Hautmuskulatur ‘der Monotremen und ihre Beziehungen zu dem Marsupial- Hermann Klaatsch, Studien zur Geschichte der Mammarorgane. I. Theil: Die en am Drüsenfeld der Monotremen. eiter Bat Monotremen und Marsupialier. Dritte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 6.) 11 Jithogr. Tafeln und 6 Abbild en 1896. Preis: 25 Mark. } Inhalt: F. Hochstetter, Beiträge zur Anatomie und Entwiekelungsgeschichte des Blutgefässsystems | der Monotremen. — Albert Narath, Die Entwickelung der Lunge von Echidna aculeata. — Albert | Oppel, Ge ‚der Monoti a Marsupialier und von Manis javanica. q Vierte Li ter Band: u (Des ganzen Werkes Lieferung 7.) en Tafeln und 11 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 16 Mark. | Inhalt: Hermann Braus, Untersuchungen zur ee Histologie der Leber der Wirbelthiere. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Fünfte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 9.) au RICH Tafeln und 13 Alten im Text. 1897. Preis: 20 Mark. Inhalt: ©. Emery, Bei ur Entwiekelungsgeschichte und Morphologie des Hand- und Fussskeletts a — Albert Oppel, ee den Darm der Monotremen, einiger Marsupialier und von Manis javanica. Dritter Band: Monotremen und Marsu Meupuler II. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 11.) Mit: 96 Abbildungen im Text. 1897. Preis: 16 Mark. ie Aland Ziehen, Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. I. Theil: Makro- tom. £ nd: Monotremen und Marsupialier II. Zweite Lieferung. (Des Bas Werkes Lieferung 13). air det ae Tafeln und 17 Abbildungen im Text. 1898. Preis: 27 Mark. _ Imhalt: Fritz Römer, Studien über das Integument der Saugtbiue I. Das Integument der Monotremen. — Theodor De ee Zur a des Zahnsystems der Marsupialier. Vierter Band: M verschiedener Wirbelthiere. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 10.) Mit 5 lithogr. T und 47 Abbildungen im Text. 1897. Preis: 16 Mark. nhalt: W. Ben Vergleichend-anatomische und entwickelungsgeschichtliche Untersuchungen an S Fünfter Band: Systematik, hietseneraph in num. wirbelloser Thiere. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 2.) Mit 5 lithogr. und 6 Abbildungen im Text. 1894. Preis: 20 Mark. Inhalt: A. Ortmann, Ürustaceen. — E. v. Martens, Mollusken. — W. Michaelsen, Lumbri- | eiden. — C. Ph. Sluiter, Holothurien. — O. Boettger, Lurche (Batrachia). — O. Boettger, Schlangen. an nr ia und Schildkröten. — A. Reichenow, Liste der Vögel. — F. Römer, Be ie, Anatomie wirbelloser Thiere. Zweite Lieferung. (Des SE 2 Mit 8 en Taten und 5 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 20 Mark. Fr a: ©. Ph. Sluiter, a — B. Haller, Beiträge zur Kenntnis der Morphologie von 0 — Arnold Pagenstecher, Lepidoptera Heterocera — Max Fürbringer, Lepi- . — Max Weber, Fische von Ambon, Java, Thursday Island, dem Barneiitlass und Fünfter Band: 8) Thiergeographie, Anatomie wirbelloser 'Thiere. Dritte Lieferung. (Des ganzen Werkes Hilerung 8.) Mit 10 lithogr. Tafeln und 4 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 20 Mark. Inhalt: L. Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina und Thursday | Island gesammelten Ophiuroidea. — L. Döderlein, Berieht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina und a gesammelten Asteroidea. — Ü. Ph. Sluiter, Sue: zu den Tunicaten. — Marianne De yeladen von Ambon. — W. Fischer, Gephyreen. — imon, Liste der Arachniden der "schen Sammlung in Australien und dem Malayischen.Archipel. — J. C. H. de Meij ere, Die Dipteren der le Fünfter Band: Systematik, aphie, Anatomie wirbelloser Thiere. Vierte Lieferung. . wi Werkes Lieferung 12.) Mit 18 nn Tafeln und 4 Abbildungen im Text. 1898. 36 Mark. | Inhalt: F. Zschokke, Die Cestoden der Marsupialia und Monotremata — L. L. Breitfuss, ıphoriscus semoni, ein neuer heterocöler Kalkschwamm. — Casimir R. Kwietniewski, Actiniaria von und Thursday Island. — Eugen Burchardt, Aleyonaceen von Thursday Island (Torres-Strasse) und von main — L. 8. Schultze, Rhizostomen von Ambon. — v. Linstow, Nemathelminthen. Von Herrn | Richard Sonn in Australien gesammelt. — L. Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina und Thursday Island gesammelten Crinoidea. — un derlein, Ueber einige epizoisch lebende idea. — L. Döderlein, Ueber „Krystallkörper“ bei Seesternen und über die Wachsthumserscheinungen Verwandtschaftebeziehungen von Goniodiseus sebae. — Carl Graf Attems, Myriopoden. Fig. Tafel IX. Hinteres Ende der Lunge von Ceratodus, von der Ventralseite aus aufgeschnitten. ao. dorsale Aorta, e äussere Grenze. Querschnitt durch den äusseren Theil einer Seitenbucht der Lunge von Ceratodus. Die Wand und die Septen sind hauptsächlich aus glatten Muskelfasern zusammengesetzt, der Lauf der Blut- gefässe ist durch Punkte angedeutet. Die Contouren sind mit der Camera lucida gezeichnet. e äussere Grenze der Lunge, spf. Septa, bv Blutgefässe, mu Muskelfasern. Schnitt durch einen kleinen Theil des Innern von einer der Seitenbuchten der Ceratodus-Lunge. Wie man sieht, bestehen die Septa hauptsächlich aus glatten Muskelfasern und werden von Blut- gefässen durchsetzt. Eine Lage von Blutkörperchen liegt unter dem abgeflachten Epithel und deutet das capilläre Netzwerk an. mun Kerne der Muskelfasern, bv Blutgefässe, ep Epithel. Contour unter der Camera lucida gezeichnet, die Details mit Zeıss C. Oc. 2 eingetragen. Schnitt durch einen kleinen Theil eines Septums. Im oberen Theile geht der Schnitt durch die Kante des Septums. mu. n. Kern der Muskelfasern, r rothe Blutkörperchen, w weisse Blutkörperchen, epn Kerne der Epithelzellen. ZEıss F. Oc. 4. Kleiner Theil einer Protopterus-Lunge aus der Mitte ihrer Länge, von der Dorsalseite her auf- geschnitten, um die Reihe der lateralen Buchten zu zeigen, die denen von Ceratodus entsprechen. Die ganze innere Oberfläche ist mit leistenförmigen Erhebungen bedeckt. 6-fache Vergrösserung. [nl ‚Spencer, Lunge v.Gerat u.Protopt i JEN. DENKSCHRIFTEN Ba.IV. :eısen,Bdl.Taf. IX. Semon Forschun® Zen 7 ] A, >R Se, IS, EL mUun-- KYar7 = £ MDR Na NN ZEN ER Y Salageren N ne f h 2 IE RZER Kenn = = II AU Rn), > Se FF G. 4 dh v N Net A, Verl.v.Gustav Fischer Jena. 5 : Lith.Anst v A.Gilisch, Jena » w Ve i R 4 E e 1 r D ; ® E ; . h x 2 : pn ; « 6 Tafel X. Fig. 6—9. Querschnitte durch die Lunge von Protopterus. Alle Figuren mit der Camera lucida ge- IO. 10ıfo 12. ne: zeichnet. Fig. 6. Schnitt durch den vorderen unpaaren Abschnitt der Lunge, um den grossen medianen Hohlraum zu zeigen. Dieser Schnitt ist durch eine andere Lunge gelegt als diejenige, welche den übrigen Figuren zur Darstellung gedient hat. Die vorliegende Lunge war viel stärker ausgedehnt. m medianer Hohlraum, e äussere Grenze der Lunge, w der vordere Flügel, bv Blutgefässe. Fig. 7. Schnitt durch die Linie a—a in Fig. 5, Taf. IX, derselbe geht durch ein Septum, welches zwei aneinander grenzende laterale Buchten trennt. m medianer Hohlraum, ra verzweigt ange- ordnete Kammern oder Luftzellen (Alveolen), ! Seitenbucht, bv Blutgefässe, sept Theil des Septums. Fig. 8. Schnitt durch eine Hälfte der Lunge längs der Linie d—b in Fig. 5, Taf. IX, m medianer Hohlraum, ! Seitenbucht, ra verzweigt angeordnete Kammern oder Luftzellen (Alveolen). Fig. 9. Schnitt durch die eine Hälfte des hinteren Endes. Die Wand ist hauptsächlich aus Muskelzellen zusammengesetzt, mit einigen wenigen verzweigt angeordneten Kammern oder Luftzellen ra. Stärker vergrösserte Ansicht eines Schnittes durch einen Haufen von verzweigt angeordneten Kammern oder Luftzellen. Die Zahlen entsprechen denen in der Textfigur 3, Seite 56. ew eosino- phile weisse Blutkörperchen, ep Epithel, welches die verzweigten Kammern auskleidet, mu Muskel- fasern, ra verzweigt angeordnete Kammern oder Luftzellen, pig Pigmentzellen. ZEıss C. Oc. 2. Horizontaler Längsschnitt durch den mittleren Theil der Lunge. Im oberen Theil der Zeichnung sieht man die grösseren lateralen Buchten !. In Folge einer etwas schiefen Führung des Schnittes sind dieselben nicht in ihrer ganzen Länge getroffen. Von den grösseren lateralen Buchten ! und den kleineren medialen Buchten !‘ die man in der unteren Seite der Zeichnung sieht, werden röhrenförmige Stücke (3) abgegeben, in welche sich die verzweigt angeordneten Kammern oder Luftzellen öffnen. mu Muskelfasern, m medianer Hohlraum, ! die grösseren lateralen Buchten, ! die kleineren Buchten. ra verzweigt angeordnete Kammern, bv Blutgefässe, e äussere Grenze der Lunge. Contour mit der Camera lucida gezeichnet. Schnitt durch die Luftzellen, um die Kerne und die abgerundeten Enden der Epithelzellen zu zeigen, zwischen welchen man die Blutkörperchen sehen kann. ew eosinophile weisse Blut- körperchen, w zweite Form von weissen Blutkörperchen, ep Epithelzellen. Färbung mit Alaun- hämatoxylin-Eosin. ZEıss F. Oc. 4. Schnitt durch die verzweigt angeordneten Kammern nahe dem Hinterende der Lunge. Der Schnitt geht durch die Seite der Kammern und zeigt deshalb eine grosse Menge der eigenthümlich modi- ficirten Epithelzellen mit ihren grossen Kernen. ep Epithelzellen, ew eosinophile weisse Blut- körperchen, w zweite Form der weissen Blutkörper, r rothe Blutkörperchen, mu Muskelfasern. Färbung mit Alaunhämatoxylin-Eosin. Zeıss F. Oc. 4. JEN. DENKSCHRIFTEN, Bd. Semon,Forschunssreisen,Bd.l. Taf. X. | Verl v. Gustav Fischer, Jena Lith.Anstv.A Gilisch Jena. on Tafel XI. coel. Leibeshöhlenspalt. epv. Verdickung des Epithels der Brustflossenanlage. mt,—mt, Drittes bis siebentes metotisches Myotom. mtf,—mif, Ventrale Fortsätze des dritten bis siebenten metotischen Myotoms. prn. Vornierenkanälchen. prntr, Zweiter Vornierentrichter. sompl. Somatopleura. splpl. Splachnopleura. Querschnitt durch das sechste metotische Myotom rechterseits und seinen ventralen Fortsatz auf Stadium 40. Vergr. 130. Querschnitt durch das dritte metotische Myotom rechterseits und seinen ventralen Fortsatz auf Stadium 42. Vergr. 130. Querschnitt durch das fünfte metotische Myotom linkerseits und seinen Fortsatz auf Stadium 42. Vergr. 130. Querschnitt durch die Anlage der rechten Brustflosse auf Stadium 43 in der Höhe des ventralen Fortsatzes des fünften metotischen Myotoms. Vergr. 130. Ein Theil von Fig. 4 (Epithel der Flossenanlage und Ende des Myotomfortsatzes), 420-fach vergrössert. Querschnitt durch die Anlage der linken Brustflosse auf Stadium 43 in der Mitte des ventralen Fortsatzes des fünften metotischen Myotoms. Vergr. 130. Querschnitt durch die Anlage der linken Brustflosse auf Stadium 43 in der Höhe des ventralen Fortsatzes des siebenten metotischen Myotoms. Vergr. 130. Querschnitt durch die Anlage der linken Brustflosse auf Stadium 43?/, in der Höhe des ventralen Fortsatzes des sechsten metotischen Myotoms. Vergr. 130. Ein Theil von Fig. 8, 420-fach vergrössert. Semon, ForschungsreisenBd.I,TafXT. Semon,Ceratodus, Entw. d. Extren. a — = JJEN. DENKSCHRIFTEN. Ba.IV. oa > ‚Verl :v. Gustav Fischer Jena. Tih.Anstv: A Gilisch, Jena. Tafel XIL- DE Fig. 16. 7% Tafel XI. dm (mm) Anlage der dorsalen (secundär medialen) Muskelschicht der Brustflosse. epv. Verdickung des Epithels der Brustflossenanlage. mtf,, mif, Ventrale Fortsätze des fünften und sechsten metotischen Myotoms. vm (lm) Anlage der ventralen (secundär lateralen) Muskelschicht der Brustflosse. Querschnitt durch die Anlage der linken Brustflosse auf Stadium 44 in der Höhe des ventralen Fortsatzes des metotischen Myotoms. Vergr. 130. Ein Theil von Fig. ı0, 420-fach vergrössert. Querschnitt durch die Anlage der rechten Brustflosse auf Stadium 44!/, in der Höhe des ventralen Fortsatzes des sechsten metotischen Myotoms. Vergr. 130. Ein Theil von Fig. 12, 420-fach vergrössert. Querschnitt durch die Anlage der linken Brustflosse auf Stadium 45. Vergr. 130. Querschnitt durch die Anlage der rechten Brustflosse auf Stadium 45!/,. Der Schnitt trifft die Flossenanlage verhältnissmässig weiter hinten als der auf Fig. 14 abgebildete, wodurch sich erklärt, dass die ältere Anlage der Fig. I5 hier kleiner erscheint als die jüngere der Fig. 14. Vergr. 130. Ein Theil von Fig. 15, 420-fach vergrössert. Frontalschnitt durch die Anlage der rechten Brustflosse auf Stadium 45'/,. Vergr. 130. nenn JEN.DENKSCHRIFTEN ‚Ba.IV. i Semon Forschungsreisen,Bd.l.Taf.XlL: ne IN ai > La de une Zn uaea nu Ze Sea® vm (Im) nn 0002 Tea® dın (mm) Varl.v. Gustav Fischer, Jena. Lith.Anst.v. A.GiltschJena. Tafel XI. 2 = Tafel XI. dm (mm) Anlage der dorsalen (secundär medialen) Muskelschicht der Brustflosse. dm‘ (lm‘) Anlage der dorsalen (secundär lateralen) Muskelschicht der Bauch flosse. epv' Verdickung des Epithels der Bauchflossenanlage. knpl. Knorpel des Flossenskeletts. mif ;„. Ventraler Fortsatz des zweiunddreissigsten metotischen Myotoms. pl. omopt. post. Plexus omopterygialis post. vknpl. Vorknorpel des Flossenskeletts. vm (lm) Anlage der ventralen (secundär lateralen) Muskelschicht der Brustflosse. vm' (mm') Anlage der ventralen (secundär medialen) Muskelschicht der Ba uchflosse. Fig. 18. Querschnitt durch die Anlage der rechten Brustflosse auf Stadium 45°/,. Vergr. 130. „ Ig. Querschnitt durch die Anlage der linken Brustflosse auf Stadium 46. Vergr. 130. „ 20. Querschnitt durch die Basis der linken Brustflosse auf Stadium 46°/,. Vergr. I3o. „ 21. Querschnitt durch die Basis der linken Brustflosse auf Stadium 48. Vergr. 130. „ 22. Querschnitt durch die Anlage der Bauchflossen auf Stadium 47 in der Höhe des ventralen Fortsatzes des 32. metotischen Myotoms. Vergr. 130. „ 23. Ein Theil von Fig. 22 (Anlage der linken Bauchflosse), 420-fach vergrössert. » 24. Querschnitt durch die Anlage der Bauchflossen auf Stadium 48. Vergr. I3o. „ 25. Ein Theil von Fig. 24 (Anlage der linken Bauchflosse), 420-fach vergrössert. Semon,Ceratodus,Entw. d. Extrem. JEN. DENKSCHRIFTEN, Bd.V. Semon ‚Forschungsreisen,Bd.1, Taf. XI. [2,38 = Verl.v GustavFischer, Jena, Lith.Anst.v. A.Giltsch Jena, 10 Fig. 26. 27. 28. 29. 30. Tafel XIV. axglI, axgl II Erstes und zweites basales Glied des Hauptstrahls der Brustflosse. dr I Erster dorsaler Radius der Brustflosse. knpl. Knorpel. mif 31—33 Ventrale Fortsätze des 31.— 33. metotischen Myotoms. p. abd. Bauchflosse. p. pect. Brustflosse. schgr. Knorpel des Schultergürtels. vknpl. Vorknorpel. Habitusbild des vorderen Körperabschnitts eines jungen Ceratodus. Stadium 45, um die Stellung der Brustflossenanlage (dorsale Emporklappung) zu zeigen. Vergr. 17. Habitusbild des hinteren Körperabschnitts eines jungen Ceratodus, Stadium 48, um die Stellung der Bauchflossenanlage (ventrale Hinunterklappung) zu zeigen. Vergr. 13. Totalansicht einer Brustflosse auf Stadium 46. Gefärbt und aufgehellt. Vergr. 76. Flächenschnitt durch die rechte Brustflosse auf Stadium 46'!/,. Zeigt die Umwandlung der beiden ersten basalen Glieder des Hauptstrahls (axglI und axglII) in Knorpel innerhalb der einheitlichen Vorknorpelanlage, aus der soeben der erste dorsale Radius (dr I) hervorwächst. Die Knorpelanlage des Schultergürtels ist auf dem Schnitt nicht mitgetroffen, weil die Flosse ein wenig in der Fläche gekrümmt war. 2 Schnitte weiter ist der Knorpel des Schultergürtels voll getroffen. Vergr. 138. Flächenschnitt durch zwei auf einander folgende Glieder des Hauptstrahls einer Brustflosse im Stadıum 46'/,. Fortschreiten des herdweise aufgetretenen Verknorpelungsprocesses im Vorknorpel. Vergr. 138. JEN. DENKSCHRIETEN.Ba.IV. _ _____Semon.Horschungsreisen.BiLL’TafXN Semon Ceratodus.Entw. &. Extrem BO > el 53) 6 (@) in) X PIIOTIER OR RS NEO oo Ih Anst:v. A Giltsch, Jena. Verl.v Gustav Fischer, Jena. Tafel XV. axgl I-III Erstes bis drittes basales Glied des Hauptstrahls der Brustflosse. dr I-III Erster bis dritter dorsaler Radius der Brustflosse. ins. Inscriptionen in der Musculatur. schgr. Schultergürtel. vr. Ventrale Radien der Brustflosse. Totalansicht einer linken Brustflosse im Stadium 48. Gefärbt und aufgehellt. Diese Flosse w dadurch ausgezeichnet, dass ihre äussere Form eine sehr symmetrische, lanzenspitzenähnliche w Häufiger sind leicht asymmetrische Formen mit mehr gerundeten Rändern und weniger scha abgesetzter Spitze. Vergr. 76. j Flächenschnitt durch eine linke Brustflosse im Stadium 48. Vergr. 76. Flächenschnitt durch eine rechte Brustflosse im Stadium 48!/,. Vergr. 138. en,Bd.l. Taf. XV. STEIS USLElS 1talop n 6 a S' Semon, For JEN. DENKSCHRIFTEN, Ba.I\. Semon (eratodus, Entw.d. Extrem. \) N N \ \, AN \ [4 SEE = =30 0% — =. a8 BRSIN 890 zo‘ DEREN le “ ee‘ ea 31. Re 2 Rn 2000 Jena. Verl v. Gustav Fischer, . “ SEN K L ; + ep e £ ER le n 5 Ar E FRE r h i % ET n $ 2 x \ - Bart Sch e = Fr ur ae EBEN. 8 j nanliateee re > ER Senat as Er u i Man eg ER TEN R F, Rn Sudan Br ya ne ” 3 Tafel XVI. axgl I-III Erstes bis drittes Glied des Hauptstrahls. dr. Dorsale Radien. schgr. Knorpel des Schultergürtels. sP.ı_s Die acht letzten Glieder der Flossenspitze, sp, letztes, sp, vorletztes etc. syn I Synarthrose zwischen Schultergürtel und erstem Glied des Hauptstrahls (Schultergelenk). syn II Synarthrose zwischen erstem und zweitem Glied des Hauptstrahls (Ellenbogengelenk). vr. Ventrale Radien. Fig. 34. Flächenschnitt einer linken Brustflosse eines erwachsenen Ceratodus (kleines Exemplar). Die untere Hälfte der Figur nach einem einzelnen Flächenschnitt gezeichnet, die obere Hälfte nach Recon- struction aus einer Serie von Flächenschnitten. Natürliche Grösse. „» 35. Spitze einer rechten Brustflosse, nach einer Serie reconstruirt. Vergr. 7!/,. „ 36a—h. Stücke der acht Endglieder der Spitze Fig. 35 nebst den Ansatzstellen der von ihnen aus- gehenden Radien. Vergr. 47. JEN. DENKSCHRIFTEN. Ba. Semon Forschungsreisen,‚Bd.l.Taf.XVl. Semon, Oeratodus, Entw.d. Extrem. p>& Verl v.GustavFischer, Jena Tafel XV. axgl I-III Erstes bis drittes basales Glied des Hauptstrahls der Brust- resp. der Bauchflosse. axgl X VIII, axgl XIX 18. und 19. Glied des Hauptstrahls einer Bauchflosse. Fig. 37- 38. 39. 40. 41. dr. Dorsaler Radius. kn. Knorpel. lck. Lücken im Gewebe der Zwischenknorpelschicht. mpt. Metapterygium. prch. Perichondrium. r. Radius. zknsch. Zwischenknorpelschicht (fibrillärer Knorpel zwischen den einzelnen hyalinknorpeligen Theilstücken der Flossen, continuirlich mi tdenselben zusammenhängend). Längsschnitt durch die faserknorpelige Synarthrose zwischen Becken und freier Extremität bei einem ausgewachsenen Ceratodus. Der Gelenkfortsatz des Beckens bildet den Kopf, das proximale Stück des ersten Achsengliedes die Pfanne. Die Zwischenknorpelschicht ist schärfer von der Pfanne als vom Kopfe abgesetzt. Auch befinden sich in der Nähe jenes Randes zahlreiche Lücken im Gewebe der Zwischenknorpelschicht, die eine bedeutende Beweglichkeit bedingen. Vergr. 12. Längsschnitt durch die faserknorpelige Synarthrose zwischen zweitem und drittem Achsenglied und erstem dorsalen Radius der Brustflosse eines ausgewachsenen Ceratodus. Zeiss, Apochromat 16,0 mm, Comp.-Oe. 4. Längsschnitt durch die faserknorpelige Synarthrose zwischen 18. und 19. Achsenglied der Bauchflosse eines ausgewachsenen Ceratodus. Vergr. 180. Ein Theil von Fig. 38, stärker vergrössert. Zeiss, Apochromat 4,0 mm, Comp.-Oec. 4. Längsschnitt durch die faserknorpelige Synarthrose zwischen Metapterygium und einem Radius bei einem ausgewachsenen Exemplar von Spinax niger. Zeiss, Apochromat hom. Immers. 2,0 mm, Comp.-Oc. 4. . _Semon, Ceratodus Entw. d. Extrem. JEN. DENKSCHRIFTEN, Bd .IV. Semon,Forschungsreisen,Bd.I. Taf.XVIl. 3% : 38. Ds a zknsch a Verl.v. Gustav Fischer Jena. Lith.Anst,v. A Giltsch Jena, on __ Verlag von Gustav v Fischer in Jena. Band II. nn a en Preis: 60 pre lnnanı (8 Se Un chungen über & N a bei der multiplen Sklerose nn und uekenmurks N Br 2 Tafelı 1878. Preis: u ; ar und. ae 2 seine i Richard heise u er Radı Preis: 25 Mark. = Senn en, Por} und ihre Begleiter. Preis: va u Band II. Will Kakenttan ve ee ne Untersuchungen an Walinaeren. Mit “ Tafel; Er 1 nn Preis 75 5 Mark. — Erster Theil. Kapitel I: Die Haut ne Cetaceen. Ra I: Die Hand der apitel III: Das Centralnervensystem der pn Kapıel I. Die Enteklung der Sileren Korprtrm, "Rate \: eh eiter Theil. K: 3 Entwicklun usseren : und - or Bezahnung. Mit ı2 lithographisch ln ussag Organe. Kapitel Tafeln. 189; en, 5 über die Fortschritte der Anatomie und Entwieklungsgesehichte. In Verbindung Jahresberichte mit Dr. a a.S., Prof. Dr. von Bardel] eben-Jena, Dr. Bauer- Strassburg, Dr. Boehm-München, Dr e ling- Würzi urg, Prof. Dr. Bere Ss, Dr. Endres- Halle ee I: Felix-Zürich, ne r. R. Fick-Leipzig, Prof. Dr. Fürst-Lund, Prof. Dr. Gaupp- ee) Prof. Dr. Holl- ‚Graz, Prof. Dr. Hoyer- Warschau, Prof. Dr. Hoyer-Krakau, bel- Freiburg 1 JB), TDie Den an DW Krause-Berlin, Prof Dr Kükenthal- ena, Dr. Mehnert- Strassburg, Prof. Dr. Mollier-München, Prof. Dr. Obersteiner-Wien, Prof. dr. Oppel-München, Dr. Gakutaro ren Bi, Prof. Dr. Pfitzner-Strassburg, Dr. Hans Rabl-Wien, Prof. Dr. Romiti-Pisa, Prof . Dr. Schaffer-Wien, Prof. Dr. Schiefferdecker-Bonn, Prof. Dr. E. Schmidt-Leipzig, Dr. M. B. Schmidt-Strassburg, Prof. Dr. Graf Spee-Kiel, Prof. DE Stöhr- Würzburg, Dr. Telesn cky- Budap Dr. Thilenius-: , Prof.Dr.H. Virchow- Prof, Dr. E. Zacharias- Hamburg, Prof. Zander-Königsberg, Dr. "Ziegenha en-Berlin, Dr. Ziehen-Jena, Prof. Dr. Zuckerkandl-Wien herausgegeben ik 6. Sun be, o. Professor der Anatomie und Direktor des anatomischen ne Ve even Strassburg i. E. Neue Folge. Erster Band. DI etun Verzeickuis für die Jahre 1593, no 1895, bearbeitet von Dr. Conrad Bauer iS in ee Preis: 16 Mark. Neue Folge. Zweiter Band. Zwei Abteilungen. Litteratur 1896. DE Bann Befinden eich im Druck und wird voraussichtlich Ende November erscheinen, Titel, Inhaltsverzeichniss und Register für den vollständ zweiten Band sind der zweiten Abteilung worden. Für diejenigen Abnehmer der Jahresberichte, die sich den zweiten Band in zwei Abteilungen binden lassen wollen, wurden jeder Abteilung Titel beigegeben. , Dr. Richard, Privatdocent und Assistent am el Tese m ae: Kon Universität Heymons, | in Berlin, D Die Embry, bryonalentwiekelung nn hopter: ni nter besonderer Berücksichtigung der Keimblätterbildung mon isch bearbeitet. Mit > lithographi 33 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 30 nn Dr. ]. o. ö. Professor der Ma in Basel, Lehrbuch der Entwiekelungsgeschicht: an. enschen. Mit 380 Abbildungen im Text, 1898. Preis: brosch. ı5 Mark, ! hmidı’s anleuer: Tan ger zreitilos die Ihm gebührende Beachtung und. Verbriung Anden, zumal der Brei in Ant der aueh on Keane in sehr mässiger ist Ki uglı Kükenthal, Pr, Willy, Professor in Jena, Leitfaden für das Z Praktikum. ra IR ’ bildungen En Text. 1898. Preis: brosch. 6 Mark, geb. 7 BR Dr. Albert, Professor a. d. Universität Freiburg i. Br, Leh DE n aunionae Bister Teil Der Magen“ Mir >67 Ab) graphischen Tafeln. ı896. Preis: ı4 Mark, Berliner klinische Wochenschrift No, ext. verfolgt die Butwiekel und Gestaltung des Magens, nachdem er zu: fiermagens erörtert, dach die ce Wirbeltierreihe, wobei dann die Literatur Be aus suchungen des Verf, ergänzt Soweit es das vorhandene Material wird a logische Verhalten erörtert. nn Abbildungen sind als. auf die speeiell anatomische regung daraus sehöpfen wird Bllan Zweiter Mil Schlund und Darm. Mit 343 on ne 1897. Preis: zo Mark Een Wiener kl. Vemat No. 7 1898: bliek wird BEER lich sein. Wlr : Dr. A. F. W,, a, ee Bene! Pl h Sohimper, K er ea Er a Tesahbdungen, a. in Auiypie, 5 icht und 4 Kartenbeilagen. Preis: gebunden 30 ni War Spengel, Dr. WE: W., Be a a in En Zweekmässigkeit au ss ” N y1 NSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT erst BAND: ORRATODUS, ER | ; 6. N ums ums TARBLN UND 7 ABBILDUNGEN IN TEXT. Bin JENA, Kae VERLAG, VON GUSTAV FISCHER. 1898. FCb IS ıyUl All Des ganzen Werkes Lieferung 18. i ZOOLOGISCHE - FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN D®. PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891—1893 VON RICHARD SEMON. ERSTER BAND: CERATODUS. III. LIEFERUNG. hard Semon, Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. — Hermann Braus, Die Muskeln und ren der Ceratodusflosse. — Richard Semon, Die Furchung und Fntwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. MIT 17 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 39 FIGUREN IM TEXT. TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1901. Austral ni ien all = in a is hen len Jahren 1891—93 Gesellschaft a ed _ Zweite Lieferung. rk en Mit 9 lithogr. Tafeln 898. Preis: 18 Mi En encer, Der Bau a von ern und Protopterus. — Richard n und ! jer. Erste I nzen Werkes Lieferung 3. 1 Preis: e Dar ) ber die Lebensweise und Fortpflanzung der Monotremen Semon, Die Dabryonh en der Monotremen und der Monotremen sent: Lieferung, (Des ganzen Werkes a 5.) ee 1895. nn 16 Mark. 2 and Marsupialier., ler Dan Bas (Des ganzen Werkes Lieferung 6.) a zur a und Entwickelungsgeschichte des Blutgefässsystems OS Die ne der Lunge von Echidna a ne le nes a me Werkes Lief nes nzen es Lieferung 7.) | al im Text. 1896. Preis: 16 Mark. ;: 5 ermann ee ntersuchungen zur vergleichenden Histologie der Leber der Wirbelthiere. Zweiter : Monotremen und Marsupialier. Fünfte Lieferung. a a Werkes Lieferung 9.) Mit 7 iiogrpnischen Tafeln und 13 Anenn im Text. 1897. Preis: Inhalt: ©. Emery zur Entw: ee er und Mor one des Hand- und Fussskeletts der Merspiier, _ — Albert Ghren, ek den Darm der Monotremen, einiger Marsupialier und von Manis javanica. ik Saldnoironen. II. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 11.) i en _ Text. 1897. Preis: 16 Mark. n le En 0 Bee der Monotremen und Marsupialier. I. Theil: Makro- und Marsu Marsupialier II. Zweite Lieferu en Werkes Lieferung 13.) | n Mafeln und) 1SAREiNEnR een ae e m alt: I tz Römer, Studien über das Integument der a II. Das Integument der Eee ns Dependorf, Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. und Bialler) II. Dritte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 16.) 63 en a und 35 Textabbildungen. 1899. Preis: 18 Mark. “ Er ua Maurer, Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna und ihre | Beziehungen zu bei anderen Wirbelthieren. Otto Seydel, Ueber Entwiekelungsvor- gänge u ‚der a rn en von Echidna nebst Beiträgen zur Morphologie des peri- uchsorgans und des Gaumens der a. en Di I: ierter Band: wi, verschiedener Wirbelthiere. te erung. ( nzen Werkes 10.) Mit 5 lithogr. Tafeln und 47 Se im Text. 1897. Preis: 16 Mar' ” Inhalt: W. Kükenthal, Nezelerehng an atomische und ee Untersuchungen end ‚Band: Morphologie verschiedener Wirbelthiere. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes 1 Lieferung 16) au 6 un nn a ee e u in H. Eggeling, Ueber die Stellung der Milchdrüsen zu den übrigen Hautdrüsen. L Mit- Heine. ausgebildeten Mammardrüsen der Monotremen und die Milchdrüsen der Edentaten nebst Be- Sie Aa über die & cheldrüsen der letzteren. — Albert Oppel, Ueber die Zunge der Monotremen ‘von Manis javanica. Ri Anatomie wirbelloser Thiere. Erste Lieferung. (Des \ Wei aan Mit 5 lithogr. Se 6 Abbildungen im Text. 1894. Preis: 20 Mark. Inhalt: A. a Crustaceen .v. Martens, Mollusken. — W. Michaelsen, Lumbri- —.C. En Siuiter, Holothurien. — 0. Be Lurche (Batrachia). — O0. Boettger, Schlangen. a Bidechsen und Schildkröten. — A. Reichenow, Liste der Vögel. — E. Römer, ematik a u e wirbelloser Thiere. Zweite Lieferung. (Des Mit 8 lithographischen Tafeln und 5 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 20 Mark. luiter, Tunieaten. — B. Haller, Beiträge zur Kenntnis der Morphologie von “ irnold Pagenstocher, Lepidoptera Heterocera. — Max Fürbringer, Lepi- — Max Weber, Fische von Ambon, Java, Thursday Island, dem Burnett-Fluss und un: ie, Anatomie wirbelloser Thiere. Dritte Lieferung. 3) 10 seh afeln und 4 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 20 Mark. an rlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina und Thursday ı Ophiuroidea. — L. Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina Asteroidea. — ©. Ph. Sluiter, Nachtrag zu den Tunicaten. — Marianne von Ambon. — W. Fischer, Gephyreen. — E. Simon, Liste der Arachniden der vo Australien und dem Malayischen Archipel. — J. C. H. de Meijere, Die Dipteren der n e r N F . . Ne R 3 S Tr: u > = e * Brent PN x DENKSCHRIFIEN DER MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA. VIERTER BAND. RICHARD SEMON, ZOOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. ERSTER BAND: CERATODUS. III. LIEFERUNG. MIT 17 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 39 FIGUREN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1901. FEB 19 1901 ZOVLÖGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN DR. PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891-1893 VON RICHARD SEMON. ERSTER BAND: CERATODUS. III. LIEFERUNG. Richard Semon, Die Zahnentwickelung des Ceratodus forster. — Hermann Braus, Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. — Richard Semon, Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. MIT 17 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 39 FIGUREN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1901. Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. Richard Semon. Mit Tafel XVIII-XX und 12 Figuren im Text. Jenaische Denkschriften. IV. 1 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. Einleitung. In meiner Arbeit über die äussere Entwickelung des Oeratodus (1893 B) habe ich für die Entwickelung der Zahnplatten des Oberkiefers schon die Angabe gemacht und dieselbe durch Abbildungen illustrirt, dass jede Platte durch Verwachsung einer Anzahl getrennter Zahnanlagen entsteht. Diese Angabe, die von den Anhängern der Lehre von der Zahnconcrescenz bei Selachiern, Crossopterygiern, Stegocephalen, Ichthyosauriern und Säugethieren mehrfach zur Stütze ihrer Anschauungen verwerthet worden ist, bedarf um so mehr genauerer Begründung und Illustration, als bei jenen anderen Formen die behauptete Verwach- sung einzelner Zahnindividuen zu den complicirten Gebilden, denen wir als Zahnplatten bei Rochen, als Faltenzähnen bei den echten Crossopterygiern, Stegocephalen und Ichthyosauriern, als mehrspitzigen Zähnen bei Haien und Säugethieren begegnen, sich bei schärferer Prüfung als auf irrthümlicher Deutung anato- mischer und ontogenetischer Einzelbeobachtungen beruhend erwiesen hat. Wenn nun, wie ich in den folgenden Ausführungen zeigen werde, die Zahnplatten der Dipnoer in der That Aggregate sind, die durch Verwachsung einer grösseren Zahl von Einzelindividuen entstanden sind, so möchte ich gleich hier voraus- schicken, dass aus dieser Thatsache Analogieschlüsse auf anders beschaffene Zahngebilde nicht gezogen werden dürfen. Ich komme darauf am Schlusse der Arbeit noch ausführlicher zurück. Die Zahnentwickelung des Ceratodus beginnt im Stadium 44. Mein embryologisches Material reicht bis Stadium 48!). In letz- terem Stadium sind die einzel- nen Zahnanlagen schon zu den Vomerzähnen und Pterygopala- tinalplatten des Oberkiefers und den Zahnplatten des Unter- kiefers verwachsen. Die Platten lassen sich aber trotzdem noch deutlich als Aggregate einzelner Individuen erkennen, und es em- pfiehlt sich, den Zahnindividuen auf diesem Stadium besondere Be- zeichnu g . Di i ; as ii i 3 Suszui geben Die beiden Figur A. Oberflächenansicht des Oberkiefers eines jungen Ceratodus, Stadium 48, Textfiguren A und B geben den von der Mundhöhle aus bei 63-facher Vergrösserung. 1) Vergl. SEMON, Ueber die äußere Entwickelung des Ceratodus forsteri (1893 B). 16* 116 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 4 Anblick der Mundhöhle von Ceratodus auf Stadium 48 bei äusserer Betrachtung wieder. Die Zeichnungen wurden mit der DRÜNER-BrRAUSs’schen stereoskopischen Lupe bei auffallendem Lichte angefertigt. Was sofort auffällt, ist im Oberkiefer sowohl als im Unterkiefer die Reihenstellung der Zähne. Im Oberkiefer sind min- destens drei Zahnreihen, im Unterkiefer mindestens zwei (in Wirklichkeit wohl auch drei) zu unterscheiden. 5 Im Oberkiefer sehen wir nun jederseits h an der Stelle des späteren Vomerzahns drei getrennte Zahnspitzen hervorragen, die ich mit v,, v5, v, bezeichnet habe. Da, wo beim H ausgewachsenen die sogenannten Gaumen- % platten des Oberkiefers (Pterygopalatinal- platten) sichtbar sind, ragen beim jungen Fische des Stadium 48 drei Zahnreihen her- vor, die ich mit a,—a,, b,—b;, c,—c, be- zeichne. Jede Pterygopalatinalplatte besteht also im Stadium 48 aus 9 an der Spitze freien, an der Basis, wie unten gezeigt werden soll, verwachsenen Zähnen. Am Unterkiefer bemerken wir zwei deut- lich ausgeprägte Zahnreihen, die ich mit 2, — x, und 0,—0, bezeichnet habe. Dazu kommen Figur B. Oberflächenansicht des Unterkiefers eines jungen Ceratodus, Stadium 48, von der Mundhöhle aus bei 63-facher Vergrösserung. die Zähne p,, p, und g,. Endlich ist noch der Zahn y hervorzuheben, der in der Mehr- zahl der Fälle als unpaares Gebilde genau in der Medianlinie auftritt. In zwei Fällen habe ich ihn aber auch paarig angetroffen (Taf. XIX, Fig. 14), und nehme an, dass in diesen selteneren Fällen das ursprüng- lichere Verhältniss recapitulirt ist. Stadium 48 habe ich hier nur vorgreifend behandelt, um die Bezeichnung der Einzelzähne von dem- jenigen der mir zu Gebote stehenden Stadien abzuleiten, in welchem sie die höchste Entfaltung zeigen. Ich kehre nun zu Stadium 44 zurück, in welchem, wie erwähnt, im Epithel und dem darunter liegenden Mesenchym der Mundhöhle die ersten Veränderungen erkennbar sind, die die Zahnbildung einleiten. Erste Anlage der Zahnindividuen. Der Durchbruch der Mundbucht in die Kopfdarmhöhle erfolgt bei Ceratodus im Stadium 43. Wir sehen darauf das ektodermale, auf diesem Stadium schon so gut wie dotterfreie, Epithel der Mundbucht in das entodermale dotterreiche Epithel der Kopfdarmhöhle ziemlich allmählich übergehen, was derart zu Stande kommt, dass caudalwärts gegen die Berührungsstelle hin die ektodermalen Zellen der Mundbucht mehr cylindrische Form annehmen, während der Dottergehalt der Entodermzellen rostralwärts gegen die Berührungsstelle hin abnimmt. Wie ich schon in einer früheren Arbeit (1898) angegeben habe, ist „das Ektoderm von Ceratodus im Gastrulastadium und auch später, wenn der Embryo sich über den Dotter erhebt, und die Medullarrinne sich schliesst, einschichtig. Nach Schluss der Medullarrinne sondert sich, zuerst in den dorsalen Abschnitten, dann über den ganzen Körper hin, die ektodermale Körperdecke zu einem zweischichtigen Lager und bleibt so bis in die späteren Stadien des Larvenlebens (Stadium 48) hinein 5 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 117 an allen indifferenten Stellen der Körperoberfläche.‘“ Beide Schichten zeigen dabei an allen indifferenten Stellen der Körperoberfläche eine bedeutende Abflachung, die sich aber in den uns beschäftigenden Stadien noch nicht bis auf die ventrale Seite des Kopfes, besonders nicht bis auf die Mundbucht ausgedehnt hat. Dort bestehen vielmehr beide Schichten des Epithels aus cubischen Zellen (vergl. Fig. 1, 2, 3 auf Taf. XVII); die Zellen der tieferen Schicht nehmen in der Tiefe der Mundhöhle gegen die Berührungs- stelle mit den Entodermzellen zu mehr und mehr cylindrische Formen an. In der Mundbucht zeigt sich auch das Mesenchym, verglichen mit dem Mesenchym beliebiger anderer Körperabschnitte, stark verdichtet, und zwar sowohl am Boden wie am Dache der Mundhöhle. Die dem Epithel angrenzende Schicht dicht- gedrängter Mesenchymzellen erinnert in ihrer Anordnung dabei selbst an ein Epithel (vergl. Fig. ı und auch Fig. 2, die ein späteres Stadium darstellt). Zu diesem späteren Stadium, das zwischen Stadium 44 und 45 etwa in der Mitte steht, wenden wir uns jetzt. Figur 2 auf Tafel XVIII ist einer Querschnittsserie durch den Kopf einer Larve dieses Stadiums entnommen und zeigt zwei ganz junge, symmetrisch gelegene Zahnanlagen im Längsschnitt. Wir bemerken zwei kleine Bindegewebspapillen, die sich gegen das Epithel vorwölben und von der tieferen Schicht des- selben einen Ueberzug empfangen. Diese „Epithelscheide“ ist von dem übrigen, nicht vorgestülpten Theil der Epithelschicht durch etwas bedeutendere Höhe der Epithelzellen und ihrer Kerne, sowie durch engere Zusammendrängung der im Querdurchmesser fast ganz von ihren Kernen ausgefüllten Zellen aus- gezeichnet. Diese Form der ersten Anlage der Zähne ist bekanntlieh bei niederen Wirbelthieren sehr verbreitet. Sie ist die typische für die ersten Zahnanlagen der Ganoiden, Teleostier, Urodelen und Crocodile und wird wegen ihrer Uebereinstimmung mit der Anlage der Placoidschuppen der Selachier, wie sie von ©. HERrTwIG (1874 A) beschrieben worden ist, passend als placoider Typus der Zahnanlagen bezeichnet. Solcher placoider Zahnanlagen bemerkt man im allerersten Anfange der Zahnbildung bei Ceratodus nur wenige, zwei bis drei in jeder Ober- und Unterkieferhälfte. Aeusserst rasch aber vermehrt sich ihre Zahl, so dass bei einem kaum merklich älteren Thiere (Stadium 45) je vier Zahnpapillen in jeder Oberkiefer- hälfte und Unterkieferhälfte nachweisbar sind. Erst dann ist es möglich, aus der gegenseitigen Stellung der Anlagen dieselben mit Sicherheit auf die Zähne älterer Stadien zu beziehen. Es sind die Anlagen der Zähne v,, a,, a,, b, im Oberkiefer, y, 0,, 05, 2, im Unterkiefer. Doch lässt sich eine absolut sichere Regel dafür nicht aufstellen, welche Zähne den übrigen in der Entwickelung voraneilen. Nicht selten legt sich z. B. Zahn o, erst später an als o,, gewöhnlich aber hat er einen Vorsprung vor ihm. Hier herrschen bedeutende Schwankungen. In einem noch etwas älteren Stadium (45!/,) haben sich diese Anlagen auf je sechs im Ober- und Unterkiefer vermehrt. In ersterem ist die Anlage der Zähne a, und b,, in letzterem die Anlage der Zähne <%,; und e, hinzugekommen. Auf den Textfiguren der folgenden Seite sind Diagramme der gegenseitigen Stellung der Zahnanlagen des Stadiums 45!/, nach einer Querschnittserie abgebildet. Ein Vergleich dieser Diagramme, in welchen die jüngeren, weniger entwickelten Anlagen durch kürzere Linien gekennzeichnet sind, als die älteren, weiter entwickelten, mit den Abbildungen der Bezahnung älterer Stadien (Stadium 48, Textfigur A und B) ist in verschiedener Beziehung lehrreich. Das Diagramm der Oberkieferzähne auf Stadium 45!/, zeigt, dass auch hier zunächst zwei Zahn- reihen angelegt werden und dass die Reihe b ursprünglich in der unmittelbaren caudalen Verlängerung der Reihe v liegt. Die Reihe c der älteren Stadien ist etwas neu Hinzukommendes. Im Unterkiefer ist besonders die Veränderung bemerkenswerth, die in der gegenseitigen Stellung der Zähne der Reihe &—p auftritt. Es beruht dies auf Wachsthumseigenthümlichkeiten, auf die ich später 118 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 6 zurückkommen werde. Die Anlage der Zähne «,—x, erfolgt regelmässig, die der Zähne o, und qg, gewöhn- lich später als die der übrigen Zähne. Doch sei nochmals betont, dass zuweilen auch andere Zähne, so der gewöhnlich früh entwickelte Zahn o,, in Anlage und Ausbildung stark nachhinken können. Nach Vorausschickung dieser topographischen und chronologischen Orientirung wenden wir uns zu näherer Betrachtung der Anlagen selbst. Wollen wir die Zahnanlagen auf Quer- und Längsschnitten studiren, so dürfen wir nicht ausser Acht lassen, dass, wenn wir zur Untersuchung Schnittserien verwenden, die in transversaler, horizontaler und sagittaler Richtung durch den Körper des jungen Fisches gelegt sind, wir bei Benutzung der Ouerschnittserien sehr vorsichtig sein müssen, weil sie die Zahnanlagen zum grössten Theil in schiefer Richtung treffen. Wie die Oberflächenbilder der Kiefer älterer Stadien zeigen (Textfigur A und B auf Seite I15 und 116), ragen die Zähne nicht senkrecht aus der Schleimhaut heraus, sondern sind schief theils nach vorn (a,—a,, b;—b;, c; und c,), theils nach hinten (w, —®,, #,—;, y) gerichtet. Nur die Unter- kieferzähne 0,—0,, p, und p, haben in späteren Stadien nahezu senkrechte Stellung, während die Spitze von g, meistens etwas nach hinten ge- |" [’ wendet ist. Diese verschiedenartige Stel- lung wird nun von den Zähnen nicht I le: etwa erst secundär erworben, sondern sehr bald, nachdem sich die Papillen in l»: E MR das Epithel eingesenkt haben, lässt sich das schief nach vorn oder nach hinten gerichtete Wachsthum der gesammten Figur C. Diagramm der Zahnanlagen des Oberkiefers eines jungen Cera- todus, Stadium 45'/,, nach einer Querschnittserie. Vergr. 150. Anlage an Sagittalschnitten erkennen (vergl. b, auf Stadium 45, Taf. XVII, Ir | Ix, Fig. 3). Auch die Unterkieferzähne 0, —0,, l y p, und 95 sind Anfangs mehr schief nach vorn gerichtet, als sich dies auf älteren Ser „Sg .Q er Stadien (Textfigur B) erkennen lässt. » ls; le: Ih, Hier findet aber eine leichte Verschiebung Figur D. Diagramm der Zahnanlagen des Unterkiefers eines jungen Cera- todus, Stadium 45'/,, nach einer Querschnittserie. Vergr. 150. aus der ursprünglichen Stellung statt, wie überhaupt der gesammte Unterkiefer eine Stellungsänderung durchzumachen hat. Anfangs (Stadium 45) liegt er nämlich noch nicht genau unter dem Oberkiefer, die Zahnanlagen des Ober- kiefers und Unterkiefers werden auf Querschnitten, die genau senkrecht zur Körperachse gelegt sind, nicht gleichzeitig getroffen, sondern die Zahnanlagen des Oberkiefers liegen in so frühen Stadien ganz beträchtlich rostralwärts von denen des Unterkiefers. Erst später wächst der Unterkiefer rostralwärts so weit vor, dass die Zahnplatten mit den Zähnen 0,—0,, P,, P,, 9, unter die Zahnplatten mit den Zähnen a,—a,, b,—bs, C;, 6, zu liegen kommen und beim Kauen correspondirend functioniren. Dieses Vorwachsen des Unterkiefers ist auch aus den Totalansichten der Unterseite der Stadien 45—48 (Tafel VII und VIII meiner Arbeit über die äussere Entwickelung des Ceratodus, 1893 B) zu ersehen. Der schief theils nach vorn, theils nach hinten gerichtete Einsatz der Zähne in die Schleimhaut macht es überhaupt unmöglich, auf Querschnitten, auch wenn man ihnen eine etwas schiefe Richtung giebt, sämmtliche Zähne genau längs zu treffen. Ich habe darauf verzichtet, durch Aenderung der Schnittrichtung von Querschnitten einen Theil der Zähne längs zu treffen, habe vielmehr aus Rücksicht auf die anderweitige Ausnutzung der Präparate in der Regel Querschnitte verwendet, die die Körperaxe genau quer trafen, des- 7 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 119 halb also Schiefschnitte der Zähne lieferten (Taf. XVIII, Fig. 4 und 5). Wenn man sich bewusst ist, dass man Schiefschnitte und keine reinen Längsschnitte der Zähne vor sich hat und wenn man die Bilder zur Controlle mit reinen Längsschnitten (Sagittalschnitten durch das ganze Thier) vergleicht (Fig. 3 und 7), ist keine Gefahr eines Irrthums vorhanden. Jene beiden Querschnitte durch Oberkiefer (Fig. 4) und Unter- kiefer (Fig. 5) habe ich gegeben, um das Nebeneinanderstehen der Zahnanlagen auch auf queren Durch- schnitten zu zeigen. Die beiden Schnitte entstammen der Serie, nach welcher ich die beiden Diagramme (Textfiguren C und D) entworfen habe. Ein Vergleich der Tafelfiguren mit den Diagrammen wird die Topographie der Schnitte verständlich machen. Zum Verständniss des Schnittes Figur 4 sei noch darauf aufmerksam gemacht, dass sich an dieser Stelle die Schleimhaut des Oberkiefers kuppelförmig nach oben wölbt, so dass auf dem Querschnitt nicht nur die Zahnanlagen, sondern auch die Schleimhaut schief ge- troffen ist. Sie erscheint deshalb gegen die Mitte zu vielschichtig, während sie in Wirklichkeit auf diesem wie auch auf älteren Stadien im Grossen und Ganzen zweischichtig ist (Fig. 3 und 7). Ein wesentlicher Umstand wird uns durch die Betrachtung der Längsschnitte junger Zahnanlagen sowohl im Stadium 45 (Fig. 3) als 45!/, (Fig. 4 und 5) sofort klar, und Untersuchung weiterer Stadien be- stätigt dies: die einzelnen Zahnanlagen entstehen sämmtlich in vollkommener Unabhängigkeit von ein- ander. Jede besitzt ihre eigene selbständige Papille, die mit der seiner vorderen, hinteren oder seitlichen Nachbarn keinerlei Zusammenhang zeigt. Die Zahnanlagen des jungen Ceratodus besitzen genau dieselbe Selbständigkeit, wie die ebenfalls nach placoidem Typus gebauten Zahnanlagen der Ganoiden, Teleostier und Urodelen, die diese Selbständigkeit dauernd bewahren, während sie bei Ceratodus später durch secundäre Verwachsungserscheinungen verloren geht. Ueber der Papille bildet, wie die Figuren (vergl. besonders den reinen Längsschnitt Fig. 3) zeigen, die tiefere Schicht des Epithels der Mundhöhle einen Ueberzug, der als Schmelzepithel oder richtiger mit dem mehr indifferenten Namen Epithelscheide (Eps) bezeichnet werden kann. Von der Papille ist die Epithelscheide scharflinig abgesetzt. Eine eigentliche Basalmembran habe ich aber auf meinen Präparaten nicht nachweisen können. In keiner Weise zeichnet sich das Bild einer solchen Zahnanlage vor denen anderer Wirbelthierabtheilungen, deren Zähne nach placoidem Typus entstehen, aus. Eine detaillirtere Beschreibung erscheint daher überflüssig, zumal aus den Figuren 1-5, Tafel XVIII die kleinen Besonder- heiten der jungen Zahnanlagen bei Ceratodus ohne Weiteres ersehen werden können. Sehr bald wird von den Zellen, die den Mantel der Papillen bilden, Dentin abgeschieden (Fig. 4 und 5). Die Dentinbildung beginnt an der Spitze der Papille und schreitet gegen die Basis zu fort (vergl. die Figuren der Tafeln XIX und XX, z. B. die correspondirenden Zähne auf Fig. 8 und 11). ‚Was zunächst entsteht, ist somit bloss ein winziger Hohlkegel aus Dentin, der die Spitze der Papille kappenförmig deckt. Man kann sich die verkalkten Elemente für sich zur Anschauung bringen, indem man die Kiefer der Stadien 45—48 mit 3—5-procentiger Kalilauge behandelt. Ich verfuhr dabei so, dass ich den vorderen Abschnitt des Kopfes bis zur Augengegend durch einen Schnitt abtrennte und Ober- und Unter- kiefer von einander löste. Darauf präparirte ich so sauber wie möglich die äussere Haut ab, weil ihr Pigment bei der Untersuchung stören kann, entfernte vom Oberkieferpräparat die anhaftenden Gehirntheile und die Augen und setzte die Präparate auf dem Objectträger in der feuchten Kammer der Einwirkung der verdünnten Kalilauge aus. 12—24 Stunden genügten meist, um die Weichtheile soweit aufzulösen, bezw. aufzuhellen, dass die verkalken Zahnanlagen aus dem Präparat mit grösster Deutlichkeit hervortraten, wenn man enge Blenden anwendete. Man kann dann die Kalilauge wieder entfernen und das Präparat zur dauernden Aufbewahrung in Glycerin einschliessen. 120 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 8 Eine vollkommene Isolation der verkalkten Elemente erwies sich als unmöglich, weil eine Maceration durch schwach erwärmte Kalilauge oder durch Eau de Javelle, die energisch genug war, die knorpeligen Theile des Präparats aufzulösen, auch die Gestalt der Zahnanlagen gänzlich zerstörte, da sie ihre organische Grundsubstanz auflöste. Uebrigens ist es sogar von Vortheil, die Zahnanlagen nicht völlig aus dem umgebenden Gewebe zu isoliren, weil so die Lagerungsverhältnisse der Theile besser bewahrt bleiben. Kleinere Lageverschiebungen isolirter Zahnanlagen treten freilich trotzdem ein, zumal wenn man ein Deckglas auflegt. So sind in Figur 8 und 9 die ersten Anlagen der Vomerzähne v,; nach vorn umgeklappt, während sie in Figur Io und IT in ihrer richtigen Lagerung geblieben sind. An den Unterkieferpräparaten sind durchweg die Zahnanlagen y und z aus ihrer ursprünglichen Lagerung (die Spitzen caudalwärts gerichtet) in entgegengesetzter Richtung her- übergeklappt, wie ein Vergleich dieser Figuren mit Textfigur B lehrt. Ich habe darauf verzichtet, diese topographischen Verschiebungen innerhalb der Präparate in den Zeichnungen zu corrigiren, weil es mir aller Wahrscheinlichkeit nach doch nicht geglückt wäre, die ganz correcte Stellung wiederzugeben, weil mir andererseits daran lag, die Präparate, so wie sie sind, zu reproduciren, und weil nach dem Voraus- geschickten Jeder selbst in der Lage ist, die kleine Correctur mit dem geistigen Auge vorzunehmen. Nicht ganz leicht war es immer, besonders bei den jüngeren Anlagen, die einzelnen Zahnindividuen zu identificiren, zumal die Schwankungen in der Zeit des Auftretens und in der Stellung der Einzelzähne nicht unbedeutende sind. Unter Berücksichtigung einer Reihe von Anhaltspunkten, die hier autzuzählen sich der Mühe nicht verlohnt, und durch Vergleich von Schnittserien durch die Stadien 45, 46, 47 und 48, fühle ich mich aber sicher, in der Hauptsache die Individuen richtig identificirt zu haben, wenn sich auch in seltenen Einzelfällen die Feststellung nicht mit apodiktischer Bestimmtheit vornehmen liess. Ein solcher Einzelfall ist z. B. die Bestimmung des mit v, bezeichneten Zahnes in Figur 8 und 9, Taf. XIX. Es er- scheint mir nicht ausgeschlossen, aber auch nicht wahrscheinlich, dass dieser Zahn dem mit v, bezeichneten Zahne der Stadien 47 und 48 entspricht. Doch kommt hierauf für die uns hier beschäftigenden Fragen sehr wenig an und genügt es, auf diesen Zweifel hingewiesen zu haben. 5 Figur 8 auf Tafel XIX entspricht ungefähr dem Alter des Stadiums nach dem Diagramm Textfigur C, Figur ıı der Textfigur A, Figur 14 der Textfigur B. Natürlich ist von solchen Zahnanlagen, die noch kein verkalktes Dentin besitzen, auf den Macerationspräparaten der Tafel XIX nichts zu entdecken, obwohl die Anlage selbst in den Kiefern, aus denen die Präparate genommen wurden, schon vorhanden war. Verwachsung der Zahnindividuen. Homologien der durch diese Verwachsung entstandenen Complexe. Die Bilder auf den Tafeln XIX und XX zeigen sehr schön die Verwachsung der in ihren Papillen und ihren Zahnscherbchen ursprünglich völlig selbständigen Zahnanlagen zu complicirteren Bildungen. Diese Verwachsung erfolgt dadurch, dass spongiöses Knochengewebe in der Umgebung der Basis gewisser Zähne (a, im Oberkiefer, o, und p, im Unterkiefer) gebildet wird, sich peripherisch aus- breitet und, die Dentinscherbchen ferner gelegener Zahnanlagen erreichend, ganze Gruppen zu einheit- lichen Gebilden vereinigt. Den Modus dieses Auswachsens illustriren die Figuren 8-11 für den Oberkiefer, 12—1I4 für den Unterkiefer. Zur ferneren Orientirung dienen die Schnitte 6 und 7 auf Tafel XVIII (Fig. 6 Horizontalschnitt, Fig. 7 Sagittalschnitt), auf die ich noch zurückkomme. Die Totalansichten der Hartgebilde der Zähne auf Tafel XIX und XX bedürfen wohl keiner weiteren Analyse. Nur auf einen Umstand sei besonders 9 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 121 hingewiesen: nie kommen die symmetrischen Gebilde der rechten und linken Seite mit einander zur Ver- schmelzung, wenn sie sich auch in der Mittellinie bis auf Bruchtheile von Millimetern nähern und später durch Sutur unter einander verbunden sind. Eine Ausnahme von dieser Regel machen nur die Zähne y im Unterkiefer, deren Basalplatten quer über die Medianlinie verschmelzen (Fig. 14), falls nicht überhaupt gleich statt der paarigen Bildungen ein einziges median gelegenes Zähnchen angelegt wird. Das Endresultat bis zum Ende des Stadiums 48 ist, dass im Oberkiefer rechts und links je zwei Zahnplatten ausgebildet werden. Das vordere Paar ist durch Verwachsung der Einzelzähne v,—v, entstanden, das hintere Paar durch Verwachsung der Einzelzähne a,—a,, b,—b,, c, und c;. Im Unterkiefer kommt es zur Ausbildung dreier separater Bildungen. Erstens des entweder unpaaren, median gelegenen Einzelzahnes y oder, falls y paarig angelegt wurde, der kleinen median verschmolzenen Zahnplatte (Fig. 14). Zweitens der seitlich davon gelegenen paarigen Zahnplatten »,—x, und endlich der caudalwärts von y, &,—x; gelegenen, paarigen Platten 0,—0,, P,, Ps, 9ı- Das Stadium 48 ist das älteste, welches mir zur Verfügung steht. Obgleich der junge Fisch auf diesem Stadium (IO Wochen nach dem Ausschlüpfen) schon eine ziemlich hohe Ausbildung zeigt, ist es höchst wahrscheinlich, dass weiterhin noch neue Zähnchen angelegt werden, wie b,, b,, £,, C,, €, etc. im Oberkiefer, wahrscheinlich auch noch neue Reihen, wie d und e etc., die zur Vergrösserung der Pterygo- palatinalplatten des Oberkiefers beitragen. Aehnliches ist für die Unterkieferplatten zu erwarten. An der Configuration des Ganzen wird meiner Ansicht nach kaum etwas Wesentliches geändert werden. Zunächst kann es keinem Zweifel unterliegen, dass aus v,—v; die Vomerzähne, aus a,—aq,, b,—b;, €, 6, die Pterygopalatinalzähne des Oberkiefers, aus 0,—0;, P}, Ps, 9, die Zahnplatten des Unterkiefers des ausgebildeten Thieres werden. Es sei bei dieser Gelegenheit daran erinnert, dass die Zahngebilde der Dipnoer nicht etwa Knochentheilen aufsitzen, sondern dass ihre aus Knochen- gewebe bestehende Basis den Knochentheil recht eigentlich bildet, ein Umstand, der auch von ©. HERTwIG (1874 B) zur weiteren Stütze des Satzes, dass das knöcherne Skelet der Mundhöhle genetisch auf Zahn- bildungen zurückzuführen ist, gebührend verwerthet worden ist. Die richtige Homologisirung der verschmolzenen Zahnbasen der Dipnoer mit den zahntragenden Knochen der Mundhöhle der Ganoiden und Amphibien ist schon durch HuxLEy (187I, 1876), sowie durch O. HeErrwıG (1874 B) durchgeführt worden. Der knöcherne Theil des sogenannten Vomerzahns entspricht, wie HuxLEy zweifellos richtig ausführt, dem Vomer der anderen Wirbelthiere, nicht dem Intermaxillare, wie OWEN, WIEDERSHEIM und W. N. PARKER vermuthet haben. Die knöcherne Basis der mächtigen hinter den Vomerzähnen gelegenen Zahngebilde entspricht dem Pterygopalatinum, wobei erwähnt zu werden verdient, dass die knöcherne Basis besonders nach hinten eine viel weitere Ausdehnung besitzt als die aus Dentin bestehende Krone des Zahngebildes. Dass die zahntragenden Platten des Unterkiefers aus den Complexen 0,—05s, P,, Ps, 9ı hervor- gehen, wird durch die Topographie dieser Gebilde im jugendlichen und im ausgebildeten Zustande, be- sonders auch durch die Lagebeziehung zum Knorpel mit Sicherheit erwiesen. Die knöchernen Basen jener Unterkieferplatten wurden von GÜNTHER als Dentale bezeichnet. Dem gegenüber haben HERTWwIG (1874) und HuxLEy (1876) mit vollem Recht darauf hingewiesen, dass es sich um kein Dentale, sondern um ein Operculare (Spleniale) handelt. Es erhebt sich aber nun für uns die Frage, wie die Complexe x, — z,, sowie y zu deuten, auf welche Theile des ausgebildeten Thieres sie zu beziehen sind. An eine nachträgliche Verschmelzung der Com- plexe x, — x, mit den Opercularplatten (Splenialplatten) des Unterkiefers ist wohl sicher nicht zu denken. Jenaische Denkschriften. IV. 2 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 17 122 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 1) Dagegen spricht vor allem die sehr scharfe, von mir auf allen Stadien beobachtete Scheidung dieser beiden Gebilde. Nun kennen wir aber im Unterkiefer von Ceratodus ausser den Opercularplatten keine anderen zahntragenden Skeletelemente. Wohl aber wissen wir durch Huxrey (1876), dass beim ausgebildeten Fisch vor dem Operculare ein schwach entwickeltes, zahnloses Dentale liegt. Huxrey beschreibt diese Verhältnisse mit folgenden Worten: „Dr. GÜNTHER does not mention a third ensheathing bone which is united by suture with the other two, and lies on each side of the symphysis on the ventral face of the mandible. It is a flat plate, of a „triangular‘“ form with a thick rugose inner edge for the attach- ment of the symphysial ligament. Its posterior edge is thin and concave; its external edge is also thin and overlaps the bone termed „articular“ by Dr. GÜNTHER, uniting with it by a squamous suture. The outer half of its dorsal aspect is smooth and helps to support the ventral face of MEckEL’s cartilage; the inner or symphysial half presents a broad, rough, triangular surface, which extends on the inner side of the symphysial end of MEckEr’s cartilage, and unites with the corresponding surface furnished by the ex- panded symphysial end of the bone termed „dentary‘“ by Dr. GÜNTHER. I cannot doubt, that this bone is the representative of the true „dentary“ element; nor is there any question in any mind, that Dr. GÜNTHER’s „dentary‘ is the true „splenial“ element while his „articular‘ answers to the „angular‘“ piece of the verte- brate mandible. In the attachment of the tooth to the splenial. and not to the dentary element, Ceratodus presents an interesting and important feature of resemblance to Siren and to larval Salamanders on the one hand and on the other to Polypterus.“‘ Die oben mitgetheilten ontogenetischen Thatsachen liefern, wie mir scheint, eine vollkommene Bestätigung der HuxLeEy’schen Vergleichungen. Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, dass die knöcherne Basis des Zahncomplexes x, —x, zum „dentary“ Huxrey’s wird. Dieses Dentale, obwohl beim ausgebildeten Thiere ein blosser Knochen ohne Dentinkrone, trägt beim jugendlichen Individuum noch Zähne, und diese Zähne correspondiren in sehr augenfälliger Weise mit den Vomerzähnen des Oberkiefers, und zwar sowohl ihrer Lage im Kiefer, wie der Richtung ihrer Spitzen und ihrer ganzen Configuration nach (vgl. Textfigur A und B). Der ontogenetische Befund führt uns zu dem Schlusse, dass die Vorfahren des Ceratodus in ihrem Unterkiefer Zahncomplexe besessen haben, die mit den Vomerzähnen des Oberkiefers correspondirten, und deren verschmolzene Basen sich noch in dem zahnlosen, rudimentären Dentale des ausgebildeten Fisches wiederfinden, und dieser Schluss wird auch durch die Paläontologie bestätigt, wie unten weiter ausgeführt werden soll. Hier sei nur erwähnt, dass wir in den carbonischen Dipnoern Uronemus und Phaneropleuron Formen kennen, die ausser den eigentlichen Zahnplatten noch kleine conische Einzelzähnchen an den Kieferrändern besessen haben, bei denen sich die Elemente des Complexes &,— x, also noch erhalten, und zwar in sehr primitiver, unverschmolzener Form. Eine Zurückbeziehung des unpaaren Zahnes resp. median verschmolzenen Zahncomplexes y auf ein Gebilde, das sich im Unterkiefer des ausgebildeten Ceratodus findet, erscheint mir dagegen nicht möglich, und zwar deshalb nicht, weil ich im Unterkieferskelet des Erwachsenen kein unpaares oder median verschmolzenes Element finden kann. Deshalb erscheint es mir auch unwahrscheinlich, dass y sich nachträglich noch mit anderen Skelettheilen (Dentalia oder Opercularia) verschmilzt; viel eher ist an gänzliche Rückbildung zu denken. Wohl aber lässt sich aus dem Vorhanden- sein des unpaaren Zahngebildes y beim jungen Fische schliessen, dass gewisse Vorfahren des Ceratodus einen unpaaren „Symphysenzahn“ im Unterkiefer besessen haben, analog — nicht homolog — gewissen fossilen Holocephalen (Chimaeropsis, Myriacanthus). II Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 123 Histologisches Verhalten der Hartgebilde. Es bleibt mir noch übrig, über das histologische Verhalten der Hartgebilde, die wir auf Tafel XIX und XX die Zahncomplexe des jungen Fisches aufbauen sehen, etwas genauere Angaben zu machen. Die Odontoblastenschicht der Zahnpapille sehen wir schon in den fortgeschritteneren Zahnanlagen des Stadiums 45 Dentin ausscheiden. Dieses Dentin ist zunächst unverkalkt, was ich daraus schliesse, dass, wenn man von demselben Kiefer die eine Hälfte auf Schnitten, die andere nach Maceration mit Kalilauge untersucht, das letztere Präparat, das natürlich nur das verkalkte Dentin in Erscheinung treten lässt, scheinbar in der Ent- wickelung gegen die andere Hälfte zurücksteht, da diese das gesammte Dentin, das verkalkte sowohl wie das unverkalkte, zur Wahrnehmung bringt. Der quere Durchmesser der Dentinschicht, den man an optischen Schnitten der Macerationspräparate zu Gesicht bekommt, ist beträchtlich dünner als der quere Durchmesser der Dentinschicht an Schnittpräparaten, an denen das unverkalkte Dentin nicht wie bei ersteren durch die Kalilauge zum Verschwinden gebracht ist. Dentinscherbchen sehr junger Zahnanlagen, die man auf den gefärbten Schnittpräparaten als dünne Linien sieht, haben keine Repräsentanten auf dem Macerations- präparat der anderen Seite, waren also noch unverkalkt. Aehnliches gilt für das spongiöse Knochengewebe, welches bald darauf die Basis der einzelnen Zahnanlagen vereinigt. Zur Färbung der Schnittpräparate bediente ich mich anfangs der Doppelfärbung Boraxcarmin-Bleu de Lyon, später aber einer Alaunhämatoxylinfärbung mit Nachbehandlung nach van Gieson. Ich benutzte dabei die von Hansen!) vorgeschlagene Modification der van GiEson’schen Färbung, verfuhr aber so, dass ich die mit Hämatoxylin nicht zu stark vorgefärbten Schnitte nur auf einige Secunden in die Pikrinsäure- Säurefuchsin-Mischung tauchte und sie so rasch wie möglich durch die verschiedenen Alkohole in Toluol überführte. Diese Methode ist leicht zu handhaben, sehr zuverlässig und liefert überhaupt für ältere Em- bryonen und Gewebe ausgebildeter Thiere nicht nur schöne, sondern selbst für den Geübten recht nütz- liche Präparate, weil die prachtvolle Differenzirung fast jeder Gewebsart durch besondere Farbentöne die Untersuchung thatsächlich erleichtert. Sehr gut sieht man auf solchen Präparaten die Odontoblasten, besonders an den Spitzen der Papillen, ihre Ausläufer in das junge (zum Theil noch unverkalkte) Dentin entsenden und kann äusserst feine Dentinröhrchen in diesem eben erst gebildeten centralen Dentin wahrnehmen (Taf. XVIH, Fig. 7). Solche Dentinröhrchen vermochte ich dagegen selbst mit den stärksten Vergrösserungen nicht in den peripheren Schichten des Dentins nachzuweisen, in denen es wohl zu einer vollkommeneren Verkalkung gekommen ist, und die als „Vitrodentin‘ bezeichnet werden können. Noch besser lassen sich diese beiden Schichten an Zähnchen unterscheiden, deren Weichtheile durch Kalilaugebehandlung zerstört resp. bis zum Verschwinden aufgehellt worden sind (Taf. XX, Fig. 15 Vd und D). Die spongiösen Knochenmassen, die, etwas später auftretend als die Dentinkappen der zuerst an- gelegten Zahnindividuen (Taf. XIX, Fig. 8), bald die verschiedenen Zahngruppen zu bestimmten Com- plexen vereinigen, entstehen durch einfache Bindegewebsverknöcherung. Längere Zeit werden die Knochen- bälkchen nur zwischen den einzelnen Bindegewebszellen ausgeschieden, ohne dass die Bildungszellen völlig von Knochensubstanz umschlossen würden. Auf Stadium 48 (Taf. XVIII, Fig. 6, 7) sieht man noch die überwiegende Mehrzahl jener Osteoblasten den Knochenbälkchen seitlich anliegen. Im Laufe des Stadiums 48 I) FR. C. C. HansEn, Eine zuverlässige Bindegewebsfärbung, Anat. Anzeiger, Bd. XV, 1898, No. 9. 2 17= 124 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 12 werden aber mit dem Dickerwerden der Knochenbälkchen mehr und mehr Zellen von der Knochen- substanz allseitig umschlossen, wie dies schon bei einigen wenigen der Figuren 6 und 7 der Fall ist. Im ausgebildeten Zahn bestehen die entsprechenden Theile aus echtem, Knochenzellen führendem Knochen, der ein spongiöses Balkenwerk bildet, welches ein System von Markräumen umschliesst (Textfigur M auf Seite 127). Die Knochenbasen der Zahncomplexe zeigen zunächst bis in das Stadium 46 hinein weder im Ober- noch im Unterkiefer Beziehungen zum Knorpelskelet. Die Anlagerung erfolgt in ausgeprägter Weise erst im Stadium 47 und 48 in Folge der Volumszunahme sowohl der Knorpel wie der Knochenplatten (vergl. Taf. XVIII, Fig. 7). Auf keinem Stadium, das mir zur Untersuchung vorlag, habe ich die geringste Spur einer Schmelz- bildung wahrnehmen können, weder an Schnittpräparaten, noch bei der Untersuchung der durch Kali- laugebehandlung aus dem umgebenden Gewebe frei herausgelösten verkalkten Zähnchen. Ich habe solche Zähne sowohl mit starken Immersionssystemen als auch unter dem Polarisationsmikroskop untersucht, immer aber mit negativem Erfolg. Auf den ersten Blick könnte man vielleicht geneigt sein, anzunehmen, die Schicht Vd (Taf. XX, Fig. 15), die sich ziemlich deutlich von dem darunterliegenden „Röhrenzahnbein‘“ D abgrenzt, sei eine Schmelzschicht. Dagegen ist aber zu bemerken, dass ihr die zwei wesentlichen Characteristica des Schmelzes: das Vermögen der starken Doppelbrechung und die Abgrenzung vom darunter liegenden Dentin durch eine scharfe Grenzlinie, durchaus fehlen, und wir sie deshalb ebenso für eine Vitrodentinschicht er- klären müssen, wie dies heutzutage wohl allgemein (vergl. Röse, 1897) für die entsprechende Schicht der Haifischzähne geschieht. Immerhin könnte man das Fehlen einer echten Schmelzschicht an meinen Präparaten auf die voran- gegangene Conservirung schieben, die ich seiner Zeit in Australien nach verschiedenen Methoden (Sublimat, Ragr’sches Gemisch etc.) vorgenommen habe. Dagegen spricht, dass dieselbe in der Mehrzahl der Fälle Dentin und Knochen wohl conservirt hat. Jedenfalls müsste, wie die Topographie meiner Schnitt- präparate lehrt, eine etwa vorhanden gewesene Schmelzschicht von fast unmessbarer Dünne gewesen sein. Alles zusammengenommen, erscheint mir aber die Annahme, eine solche sehr dünne Schicht sei vorhanden gewesen, aber durch die Conservirung bei gleichzeitiger tadelloser Erhaltung des Dentins und Knochens zerstört worden, in höchstem Grade unwahrscheinlich. Da auf Stadium 48 die meisten Zähne schon mit ihrer Spitze die Schleimhaut zu durchbrechen und frei in die Mundhöhle vorzuragen beginnen (Taf. XVIII, Fig. 7), ist auch die Annahme, die richtige Schmelzbildung beginne erst auf späteren Stadien, aus- geschlossen !). ı) Die Zahngebilde des erwachsenen Ceratodus entbehren, wie schon durch GÜNTHER’s Untersuchung (1871) bekannt, eines Schmelzüberzuges vollständig. Dasselbe gilt für die fossilen paläozoischen wie mesozoischen Dipnoer. OWEN (184045) und GÜNTHER (1871) schreiben auch den Protopterus-Zähnen keinen Schmelz zu; nach ersterem Autor besitzt die Oberfläche der Zahnbildungen „an external sheath of very hard enamel-like dentine“. Wenn dem gegenüber PETERS (1845), W. N. PARKER (1892) und RÖSE (1892) schlechthin von Schmelz sprechen, so dürfen ihre Angaben meiner Ansicht nach erst dann angenommen werden, wenn sie näher begründet und wenigstens durch eine nicht schematisirte Abbildung illustrirt sind. PETERS \1845, Taf. III, Fig. 4) und RÖSE (1892, Fig. 7) geben jeder eine rein schematische Abbildung der problematischen Schmelzschicht, während PARKER (1892, p. 133) erklärt: „I have not so far been successful in following out the relations of the enamel, and it is not therefore re- presented in Fig. 4. In decalcified sections it is not visible, and in ground sections of the hard teeth it becomes so easily broken away that the determination of its relations to the rest of the tooth is by no means an easy task.“ Die Röse’sche Abbildung des Schmelzes (1892, Fig. 7) ist nicht nur durchaus schematisch gehalten, sondern auch kaum verständlich, weil sie die Schmelzschicht als solche direct in die innere Zellenschicht der „Epithelscheide“ übergehen lässt, was natürlich undenkbar ist. Aus diesen Gründen sehe ich mich veranlasst, zu constatiren, dass der Nachweis eınes Schmelzbelages an Protopterus-Zähnen in keiner Weise geführt ist, und vorläufig kein Grund zu der Annahme vorliegt, Protopterus sei in dieser Hinsicht eine Sonderstellung unter den Dipnoern einzuräumen. 13 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 125 Am Ende des Stadiums 48 bestehen demnach meiner Ansicht nach die Zähnchen ausschliesslich aus Dentin, und zwar im Wesentlichen aus gewöhnlichem, Zahnbeinkanälchen führendem ‚„Röhrenzahnbein“, dem eine dünne Schicht scheinbar völlig homogenes „Vitrodentin“ aufliegt (Taf. XX, Fig. 15 D und Va). Sehr interessant ist nun der Befund, dass im Laufe des Stadiums 48 von der bis dahin glatten, einen Kegel- mantel darstellenden Innenfläche des Dentinscherbchens Zahnbeinbälkchen in das Innere der Pulpahöhle in unregelmässiger Weise einwachsen (vergl. besonders die Zähne auf Fig. ıı und Fig. 14). Auf Figur 15, Tafel XX, ist ein solcher gut entwickelter Fall bei starker Vergrösserung dargestellt. Die Entwickelung von unregelmässig gestalteten Dentinvorsprüngen (7rd) beginnt hier schon in beträcht- lichem Maasse die bis dahin einheitliche Pulpahöhle zu modificiren. Bekanntlich besitzen die Zähne der fossilen wie der noch lebenden Dipnoer kein gewöhnliches compactes Dentin, son- dern ihr Zahnbein ist ganz durchsetzt von sogenannten Medullarkanälen, Ausläufern der Pulpahöhle (vergl. Textfigur E). Ein derartiges Zahnbein, das von Owen (1840) noch mit unter dem Sammelbegriff des „Vasodentins“ classificeirt wurde, wird jetzt oft nach Röse (1897) als Trabecular- dentin bezeichnet, seit TomEs (1878) die Bezeichnung Vasodentin für ein Zahn- bein reservirt hat, in welches Gefäss- capillaren allein, nicht aber Ausläufer Pulparinne der gesammten Pulpa eindringen. An Stelle des Ausdrucks „Trabeculardentin“ gebrauche ich die mir charakteristischer erscheinende Bezeichnung „Pulpadentin‘“. anoefn Aufschluss über die Entwickelung Kr Re solcher Zähne und ihres Pulpadentins haben uns zuerst die Untersuchungen Figur E. Längsschliff durch eine einzelne Zahnspitze von Dipterus ver- von TREUENFELS (1896) an den Zähnen neuwillii nach PANDER. Stark vergrössert. von Myliobatis aquila gegeben. 'TREUEN- FELS giebt an, dass die zunächst einheitliche Pulpahöhle durch Vorsprünge und Lamellen, die von der Innenfläche des ursprünglichen Dentinkegelmantels ihren Ausgang nehmen, gekammert und bald durch Zusammenfügung jener Vorsprünge und Lamellen zu Röhren in ein Kanalsystem verwandelt wird. Die erste Phase dieses Processes kann man auch an vielen Ceratodus-Zähnen des Stadiums 48 (Fig. II, IA, 15) beobachten. Ob RösE (1897) Recht hat, wenn er auf Grund einer Durchsicht der TREUENFELS’schen Präparate behauptet, dass auch Dentinbalken frei im Inneren des Zahnbalkens ohne Zusammenhang mit dem umhüllenden Dentinkegelmantel entstünden, vermag ich nicht zu entscheiden. Ich kann nur constatiren, dass bei Ceratodus, bei dem ich freilich nur den Beginn der Entwickelung des Pulpadentins beobachten konnte, alle Vorsprünge und Bälkchen im Inneren der Pulpahöhle von der inneren Fläche des Dentinkegel- mantels ihren Ausgang nehmen. 126 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 14 Vergleichung der Zahngebilde des jungen und ausgebildeten Ceratodus forsteri mit den Zähnen der fossilen Dipnoer. Die complexen Zahngebilde, deren Entwickelung wir bis hierher verfolgt haben, gleichen auf Stadium 48 noch ziemlich wenig den entsprechenden Gebilden des erwachsenen Ceratodus forsteri. Dagegen zeigen sie in den Grundzügen ihres Baues auf diesem Stadium eine fundamentale Uebereinstimmung mit den Zahnplatten der paläozoischen Dipnoer (vergl. die Textfigur E, Dipterus verneuillü, auf der vorigen Seite). Figur G. 5 a Dentin Figur F. vz= EEE 2 g 4 \ Knochen Figur F. Oberflächenansicht einer Zahnplatte von Dipterus tubereulatus, S'/,-fach vergrössert. Figur G. Längsschliff durch zwei nebeneinander stehende Zahnspitzen von Dipterus tubereulatns, stark vergrössert. Beide Figuren nach PANDER. Textfigur F zeigt uns die Oberflächenansicht einer Zahnplatte von Dipterus tuberculatus nach PANDER (1858), Textfigur G einen verticalen Schnitt durch zwei neben einander stehende Zähnchen derselben. Wie wir sehen, ist hier nur die knöcherne Basis der Einzelzähne verwachsen, der Dentintheil dagegen an den Fi - Figur H. isur ] — Dentin Figur H. Längsschliff durch zwei nebeneinander stehende Zahnrippen einer rechten Gaumenplatte von Dipterus keyser- lingii, stark vergrössert. Figur J. Gaumenknochen-mit Zahnplatten von Dipterus mwrchisoni, natürliche Grösse. Beide Figuren nach PANDER. einzelnen Zahnindividuen isolirt geblieben. Bei anderen Dipterus-Arten, so z. B. bei Dipterus keyserlingü, dessen Zahndurchschnitt in Textfigur H nach PANDER dargestellt ist, sind die basalen Abschnitte des Pulpadentins zwischen den einzelnen Zähnen schon in grosser Ausdehnung verwachsen, und von hier 15 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 127 aus ist der Schritt bis zu den Zuständen, die wir bei den jüngeren und noch lebenden Dipnoer- Formen beobachten, nur ein verhältnissmässig kleiner. Schon bei den paläozoischen Formen beginnt nicht nur eine Verschmelzung der Dentinbasis der einzelnen Zähne (Textfigur H), sondern auch die Spitzen verschmelzen reihenweise zu kammartigen Er- habenheiten, wie dies Textfigur J] sehr schön bei Dipterus murchisoni zeigt. Ein ähnliches Verschmelzen der einzelnen Zahnspitzen lässt sich bei gewissen Arten der paläozoischen Gattung Ctenodus beobachten, so bei Otenodus obliquus Hanc. und ATTHEyY. Bei den mesozoischen Dipnoern hat der Process weitere Fortschritte Figur L. Figur K. Vomer- zahnplatte Pierygopa- latinalzahn- ------ / platte £ Figur K. Oberflächenansicht des Oberkiefers eines erwachsenen Ceratodus forsteri, ?/, der natürlichen Grösse. Figur L. Oberflächenansicht des Unterkiefers eines erwachsenen Ceratodus forsteri, ?/;, der natürlichen Grösse. Auf der Abbildung des Unterkiefers ist das schwach entwickelte Dentale nicht sichtbar. Figur. M. Längsschliff durch eine Zahnplatte des Unterkiefers eines erwachsenen Ceratodus forsteri, vergrössert. Alle drei Figuren nach GÜNTHER. gemacht und nur Hemictenodus intermedius JAEKEL aus dem unteren Muschelkalk zeigt noch rudimentäre Höcker auf der Aussenseite der Leisten. Dieselben werden bei den verschiedenen triassischen Arten des Genus (Ceratodus (C. serratus Ac., C. runeinatus PLIEN, O. Sturi TELLER, alle aus dem Keuper), sowie bei dem lebenden Ceratodus forsteri, bei Protopterus und Lepidosiren im ausgebildeten Zustande vermisst. Es finden bei ihnen sich bloss glatte Leisten oder Radialkämme, deren Zahl übrigens auch eine Reduction erkennen lässt, wenn man von den älteren zu den jüngeren Formen fortschreitet (vergl. JAEKEL, 1890). Die Ontogenie von (eratodus forsteri hat uns gelehrt, dass auch in der individuellen Entwickelung jene Kämme durch reihen- weise Verschmelzung von Einzelzähnen entstanden sind, und im jugendlichen Zustande die Zahnplatte einen Bau besitzt, die an diejenigen der Ctenodipterinen in hohem Grade erinnert (vergl. Textfiguren A und B). Obwohl sich an den mir vorliegenden Stadien eine ganz sichere Entscheidung über das Detail der Bildung der Radialkämme noch nicht treffen lässt, ist es doch mehr als wahrscheinlich, dass die vorderste 128 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 16 Radialfalte der Oberkieferplatten durch Verschmelzung der Anlagen a,—a,, die folgende durch Ver- schmelzung von b, und c,, die dritte von b, und c,, während die vierte auf meinem ältesten Stadium erst durch den Einzelzahn c, repräsentirt ist, während Repräsentanten der kleineren fünfte und sechste Radialfalte überhaupt noch nicht angelegt sind (vergl. die Textfiguren A und K). Ein Auftreten weiterer Zahnanlagen, b, und b,, c,, e, und c,, wohl auch noch neuer Reihen d, e etc., labialwärts von den bis zu Stadium 48 angelegten, ist deshalb fast mit Sicherheit zu erwarten. Dasselbe gilt mutatis mutandis für die Unterkiefer- platten (vergl. Textfiguren B und L). Es verdient hierbei hervorgehoben zu werden, dass bei der Verschmelzung der Einzelzähnchen zu Radialfalten die verschmelzenden Radialreihen nicht den ursprünglichen primären Zahnreihen (vergl. Text- figuren C und D) entsprechen, sondern dass hier die Zahnindividuen zu neuen Combinationen verbunden werden, durch die in einer secundären, lediglich durch functionelle Einflüsse bedingten Weise Individuen einer Primärreihe (b, und b,, e, und c,) von einander getrennt werden, um sich mit denen anderer primärer Reihen (b, mit c,, b, mit c,) zu combiniren. Es ist allerdings zu bedauern, dass zwischen meinem ältesten Stadium 48 (cf. Textfiguren A und B, sowie Taf. XVIII, Fig. 6, 7, Taf. XIX, Fig. ıı, Taf. XX, Fig. 14 und 15) und den ausgebildeten Zahn- bildungen des Ceratodus ein bedeutender Sprung liegt, doch wird zunächst Jeder geneigt sein, zuzugeben, dass blosse Weiterentwickelung in der einmal eingeschlagenen Bahn den jugendlichen Zustand ohne weiteres in den ausgebildeten überführen konnte. Bei weiterem Nachdenken wird aber eine Schwierigkeit auffallen. Wie vermochten denn die Dentin- theile der Zahnplatten, Fig. ıı auf Tafel XIX, Fig. ı2 auf Tafel XX, überhaupt noch an Umfang zuzu- nehmen, da doch die Zahnpapillen an der Basis schon durch das spongiöse Knochengewebe sozusagen zu- geschlossen waren? Hier bleibt keine andere Möglichkeit offen als die, dass das Knochengewebe, während es peripherisch sich weiter entwickelte, von den Papillen aus auf osteoklastischem Wege wieder successive und allmählich beseitigt und durch Pulpadentin ersetzt wurde. Nicht selten habe ich mitten im Dentin er- wachsener Ceratodus-Zähne Inseln von echtem, zellenhaltigem Knochengewebe gefunden. Dieser Befund, der mit einem ähnlichen von Röse (1892) bei Protopterus übereinstimmt, harmonirt gut mit der oben vorgetragenen Auffassung von dem Wachsthum des Dentins in Regionen hinein, die zunächst von Cement eingenommen gewesen waren. Direct beobachtet habe ich diesen Process nicht, überhaupt keine Osteoklasten gesehen; dazu waren meine Stadien wohl noch zu jung. In diesem Falle scheint mir aber einmal ein Exclusionsschluss gerecht- fertigt zu sein, zumal er vollkommen in Einklang steht mit sehr zahlreichen und sicheren Thatsachen, die wir aus der Entwickelung des Knochensystems anderer Wirbelthiere kennen. Die grosse gemeinsame Pulpahöhle der Zahnplatten des Ceratodus erweist sich unter diesem Gesichts- punkt als eine secundäre Bildung. Ursprünglich hatte jedes einzelne Zahnindividuum seine besondere Pulpa- höhle (vergl. Taf. XIX und XX), die durch die Bildung des Pulpadentins nur eigenartig modificirt wird (Taf. XX, Fig. 15). Auch an den Zahnplatten der meisten paläozoischen Dipnoer flossen die Medullarkanäle an der Basis jedes Einzelzähnchens in eine kleine Pulpahöhle zusammen. Diese Pulpahöhlen vereinigten sich bei den Zähnen der zugehörigen Zahnreihe oder zahntragenden Rippe zu geschlossenen Hohlräumen, die ich vorschlage als „Pulparinnen“ zu bezeichnen‘). Jede zahntragende Rippe wird so in ihrer ganzen 1) PANDER bezeichnet diese Hohlräume als „Pulpakanäle“. Ich möchte diese Bezeichnung vermeiden, weil sie die Gefahr einer Verwechselung dieser grossen, die Basis der zahntragenden Rippen durchziehenden Hohlräume mit den „Medullarkanälen“, die baumförmig verästelt das Pulpadentin durchziehen, mit sich bringt. In der That gebrauchen neuere Autoren, wie JAEKEL, den Ausdruck Pulpakanal synonym mit Medullarkanal. 17 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 129 Länge von einer Pulparinne durchzogen, die an beiden Enden der Rippe blind endigt. Bei den Cteno- dipterinen sind die Pulparinnen der einzelnen zahntragenden Rippen noch von einander geschieden, doch ist bei manchen Formen nur ein so dünnes Septum zwischen den Pulparinnen benachbarter Reihen (vergl. Textfigur H, Dipterus keyserlingii), dass der Schritt bis zu der einheitlichen und einzigen Pulpahöhle der Ceratodus-Zahnplatte als ein nur kleiner erscheint. Bei manchen paläozoischen Formen (Cheirodus, Holodus) und mesozoischen Ceratodus- Arten finden sich überhaupt keine Pulpahöhlen, weder einzelne getrennte noch ein grosser, gemeinsamer Hohlraum. In diesem völligen Schwunde der ungetheilten Pulpahöhlen und ihrer völligen Ausfüllung durch von Medullar- kanälen durchzogenes Pulpadentin ist natürlich ein secundärer Vorgang zu erblicken. Vermeintlicher Zahnwechsel bei Dipnoern. (Schützender Hornüberzug der Protopterus-Zähne während des Trockenschlafes.) Wir sind nun völlig in der Lage, den Bau eines Zahngebildes des ausgebildeten Ceratodus forsteri zu verstehen, wenn wir uns ein Wachsthum und eine Weiterbildung der jungen Zahncomplexe des Sta- diums 48 nach den eben entwickelten Principien unter gleichzeitiger ausgiebiger Abnützung der äusseren Oberfläche durch den‘ Kauact vorstellen. Diese Abnützung öffnet bekanntlich einen Theil der Medullar- kanäle nach aussen, so dass die äussere Oberfläche eines Ceratodus-Zahnes von minimalen punktförmigen Oeffnungen durchsetzt erscheint. Trotzdem muss der Zahn für das ganze Leben aushalten. Irgend etwas, was auf Zahnwechsel hindeutete, ist weder bei Ceratodus noch bei fossilen Dipnoern je beobachtet worden. RÖSE (1892) nimmt allerdings einen Zahnwechsel bei Protopterus an, dessen Ablauf er in die Schlafperiode des Fisches hineinverlegt. Eine wirkliche Begründung dieser Behauptung vermisse ich. Was er als „Pulpa der Ersatzzahnplatte‘ auffasst, was als erste Spur vom Dentin derselben (1892, Fig. Io), hat sicher mit einer Ersatzzahnplatte nichts zu thun, und es liegt keinerlei Grund vor, seine, wie sie vorgelegt ist, unverständliche Figur IO im Sinne einer Ersatzzahnbildung zu deuten. Viele Hunderte von eingekapselten Protopterus sind schon zu beliebigen Zeiten aus ihrem Trockenschlafe geweckt worden, alle besassen ausgebildete, ihrer Körpergrösse entsprechende Zahnplatten, nie wurden Ersatzzähne in den Kiefern, nie abgeworfene Zahnplatten in den Cocons gefunden. Dagegen ist es durchaus wahr- scheinlich, dass, wie W. N. PARKER (1892) vermuthet, der von ihm entdeckte epitheliale Hornüberzug der Zahnplatten während jeder Schlafperiode erneuert wird, da er sich in intactem Zustande nur bei eingekapselten oder eben aus den Cocons befreiten Exemplaren von Protopterus findet. Um diese Er- neuerung zu erklären, bedarf es aber nur der Annahme einer Bedeckung der Zahnoberfläche durch eine Epithelwucherung während der Schlafperiode, nicht einer vollkommenen Erneuerung der Zähne. Höchst wahrscheinlich handelt es sich um eine Schutzeinrichtung, die bestimmt ist, eine zu grosse Austrocknung der Zahnoberfläche während der Schlafperiode zu verhüten. Die Mundhöhle der Fische, ein- schliesslich der Dipnoer, entbehrt ja noch des Drüsenapparats, der ein Trockenwerden dieses Raumes und der ihn ausstattenden Organe bei den echten Luftathmern (Amphibien und Amnioten) verhindert. Während des activen Lebens bedarf Protopterus eines solchen Schutzes nicht, da sein gelegentliches Luftschlucken natürlich noch keine Austrocknung der Mundhöhle bewirkt. Wohl aber ist eine Bedeckung der Zähne während des Trockenschlafes nothwendig, während dessen eine Anfeuchtung der Mundhöhle von aussen ausgeschlossen ist. Jenaische Denkschriften. IV. 3 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 18 j 130 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 18 Histogenetisch haben wir ein Analogon zu dieser Epithelialumhüllung der Zähne während des Trockenschlafes in der Ueberwallung des Eies der Placentalier durch die Wucherung des Uterusepithels (Reflexabildung). Auch sind zahlreiche Analoga aus der pathologischen Anatomie bekannt. Eine directe Untersuchung des interessanten Phänomens dürfte nicht schwer sein, da es bekanntlich stets gelingt, einen Protopterus, den man aus seinem Trockenschlaf durch Einlegen des Cocons in Wasser zu activem Leben erweckt hat, wieder zur Einkapselung zu bringen, und man so durch Abtödten des Thieres sofort und einige Tage nach der Einkapselung im Stande sein wird, alle Phasen des Processes der Ueberwachsung zu verfolgen. Während eine genauere histogenetische Untersuchung der Zukunft überlassen bleiben muss, kann doch schon jetzt über das Wesen des ganzen Phänomens kein Zweifel obwalten, und ist der Versuch, ihn durch einen Zahnwechsel zu erklären, als unbegründet zurückzuweisen. Ceratodus verfällt, wie ich schon früher (1893 A) nachgewiesen habe, überhaupt in keinen Trocken- schlaf. Auch seine Zahnplatten werden während des Lebens des Individuums nicht gewechselt. Ebenso- wenig wie bei Protopterus sind je bei ihm Ersatzzähne oder deren Anlagen beobachtet worden. Die starke Abnützung der mächtigen Zahnplatten älterer Exemplare zeigt allein schon, dass dieselben viele Jahre lang in Thätigkeit gewesen sind; die Dicke und fabelhafte Härte der noch vorhandenen Dentinschicht lässt erkennen, dass sie noch viele, viele Jahre thätig sein können, ohne ihre Brauchbarkeit einzubüssen. Diese Härte des Dentins ist in der That ganz ausserordentlich und kann nur von dem ganz gewürdigt werden, der eigenhändig Lamellen eines Ceratodus-Zahnes abgesägt hat, um Schliffe anzufertigen. Das Durchsägen schmelzhaltiger Säugethierzähne ist ein Kinderspiel dagegen. Es fehlt also auch vom physiologischen Standpunkt aus jede Nöthigung, einen Ersatz der einmal gebildeten und noch lange in Breite und Dicke weiter wachsenden Zahnplatten anzunehmen, und bei der Abwesenheit jeder anatomischen oder embryo- logischen Thatsache, die in diesem Sinne zu verwerthen wäre, kann ohne Einschränkung die These auf- gestellt werden, dass ein Zahnwechselin der Klasse der Dipnoer nicht vorkommt. Schlussbetrachtung. Die in der vorliegenden Untersuchung mitgetheilten Thatsachen haben gezeigt, dass die sämmtlichen Zahngebilde, die sich in der Mundhöhle des erwachsenen Ceratodus forsteri finden, durch Verschmelzung einer Anzahl separat angelegter und eine Zeit lang separat bleibender Zahnindividuen gebildet werden. Die Annahme, dass die merkwürdigen Zahnplatten der Dipnoer durch eine Verschmelzung einzelner Zahnindividuen entstanden seien, lag nach den Befunden bei den paläozoischen Ctenodipterinen sehr nahe, und ist vermuthungsweise auch schon von den älteren Anatomen und Paläontologen ausgesprochen worden. Als dann eine Zeit lang die sogenannte „Concrescenztheorie‘“ der Zähne die Aufmerksamkeit der Naturforscher auf sich lenkte, und man begann, die vielspitzigen Zähne vieler Haie, die pflastersteinförmigen mancher Rochen, die Faltenzähne der echten Crossopterygier, Labyrinthodonten und Ichthyosaurier, die Backzähne der Säuger als durch Concrescenz mehrerer Zahnindividuen entstandene Gebilde aufzufassen, wurden natürlich auch die Zahnplatten der Dipnoer mit herangezogen. RösE (1892) versuchte diesen Gedanken näher auszuführen und nahm an, dass die Zahnplatten der Dipnoer aus so viel Einzelzähnen entstanden seien, als sie Medullarkanäle besitzen. Mit Recht hat JaEREL (1894) hiergegen eingewendet, „dass die Zahnplatten der paläozoischen Dipnoer zahlreiche wohl geschiedene Höcker und Spitzen aufweisen, deren jeder eine ganze Anzahl solcher Medullarkanäle in sich vereinigt. Wenn hier ein Verschmeizungs- 19 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 131 process vorliegen soll, so könnte man nur jene einzelnen Höcker als die ursprünglich getrennten Individuen auffassen, niemals aber deren unter sich anastomirende Medullarkanäle.“ Dass die von JAEKEL vertretene Auffassung die richtige sei, und dass ein Verschmelzungsprocess überhaupt, von dem er nur in conditionaler Form spricht, thatsächlich vorkommt, ging auch aus meinen schon früher publicirten vorläufigen Mittheilungen über die Zahnentwickelung des Ceratodus (1893 B) hervor, die eine Concrescenz der Pterygopalatinplatten aus einer geringen Anzahl separater Anlagen (nach der Röse’schen Auffassung hätten es viele Hunderte sein müssen) nachwies. Daraufhin hat denn auch RÖsE (1895) seine ursprüngliche Auffassung fallen gelassen. Die in der vorliegenden Arbeit mitgetheilten Befunde ergeben das Bild einer, ich möchte fast sagen, ungewöhnlich vollständigen Uebereinstimmung der ontogenetischen mit den vergleichend-anatomischen, in diesem Falle grösstentheils paläontologischen Thatsachen. Ungewöhnlich, weil, während sonst in der Mehrzahl der Fälle das phylogenetische Bild in der individuellen Entwickelung durch Caenogenie getrübt und verdunkelt erscheint, wir in der Ontogenie der Bezahnung des Ceratodus die von den Vorfahren der paläozoischen Dipnoer (vergl. Ceratodus, Stadium 45) und von diesen selbst (vergl. Ceratodus, Stadium 48) durchlaufenen Zustände fast unverändert reproducirt sehen, so dass man z. B. den Zustand des Zahnsystems von Ceratodus auf Stadium 48 (Taf. XIX, Fig. ıı, Taf. XX, Fig. 14, 15) geradezu als Ctenodipterinenstadium bezeichnen könnte. Der einzige wesentlichere Unterschied, durch den sich die Zahnplatten auf diesem Stadium von denen der Ctenodipterinen unterscheiden, ist, abgesehen natürlich von dem viel geringeren Volumen des ganzen Ge- bildes und der schwächeren Entfaltung des Pulpadentins, der Umstand, dass die Pulpahöhlen der Zähne zusammengehöriger Radialkämme, a,—a,, b, und c,, b, und c,, noch nicht zu‘ gemeinsamen Pulparinnen zusammengeflossen sind. Dieses Stadium der Ceratodus-Entwickelung reproducirt also einen phylogenetisch etwas älteren Zustand, der von den Ctenodipteren bereits überschritten worden ist. Die Ontogenie erweist aber noch einiges, was die paläontologischen Befunde, wenigstens wie sie gegenwärtig vorliegen, nur unbestimmt andeuten. So vor allem, dass auch die sogenannten Vomerzähne der lebenden Dipnoer Producte der Verschmelzung einer Anzahl von Einzelindividuen sind, und dass mit ihnen ursprünglich im Unterkiefer Zahncomplexe correspondirten, die vor den bekannten Zahnplatten des Unter- kiefers gelegen haben. Bei den lebenden Dipnoern sind dieselben bekanntlich der Rückbildung verfallen. Auch bei den triassischen Dipnoern!) und den carbonischen Gattungen Sagenodus und Ctenodus ist bisher keine Spur solcher Zahngebilde nachgewiesen worden. Uebrigens sind auch Vomerzähne bei ihnen unbe- kannt, was aber wenig besagen will, da wir bisher von diesen Fischen fast nur einzelne Zähne oder Schädel- fragmente kennen. Der einzige vollständigere Schädel ist von TELLER (I89I) aus dem unteren Keuper der Alpen beschrieben worden; an diesem ist leider gerade der Vordertheil nicht erhalten. Bei der weitgehenden Uebereinstimmung, die der sonst wchlerhaltene Schädel dieses Ceratodus sturii benannten Dipnoers mit Cera- todus forsteri zeigt. ist, wie auch TELLER vermuthet, ein Vorhandensein von Vomerzähnen, ähnlich denen des recenten Fisches, in hohem Maasse wahrscheinlich, und hat man von dieser Form wohl auch, was die Bezahnung des vorderen Abschnitts des Unterkiefers anlangt, kaum auf überraschende Aufschlüsse zu hoffen. Dagegen kennen wir in den devonischen und carbonischen Gattungen Phaneropleuron und Uronemus Formen, die ausser den Zahnplatten noch gewöhnliche conische Zähnchen an den Kieferrändern besitzen, die ohne Zweifel den Zähnen v,—v, im Oberkiefer und &,— x, im Unterkiefer des jungen Ceratodus entsprechen. Bei den paläozoischen Formen waren diese Zähnchen noch unverschmolzen, später sind auch sie, wie die ı) Ich bin Herrn Professor ©. JAEKEL für zahlreiche werthvolle Auskünfte und Hinweise auf paläontologischem Gebiete, die ich in den folgenden Ausführungen verwerthet habe, zu hohem Danke verpflichtet. 3* 18% 132 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 20 Ontogenie des Ceratodus lehrt, sowohl im Oberkiefer als auch im Unterkiefer zu Complexen vereinigt, von denen sich die Oberkiefercomplexe als sogenannte Vomerzähne erhalten haben, die Unterkieferzähne (Dentale- Zähne) aber bei den lebenden Dipnoern der Rückbildung verfallen sind. Der schlechte Erhaltungszustand der triassischen Dipnoer macht es unmöglich, die Zustände bei ihnen hier zur Vergleichung mit heranzuziehen. Was den unpaaren medianen Zahn oder Zahncomplex y im Unterkiefer des jungen Ceratodus (vergl. Taf. XX, Fig. 12-14) anlangt, so ist klar, dass es sich phylogenetisch nicht um ein wirklich unpaares Ge- bilde handelt, obwohl ontogenetisch ein solches in der Regel angelegt wird, sondern um einen median ver- schmolzenen Zahncomplex, als welcher er sich auch ontogenetisch in Ausnahmsfällen (vergl. z. B. Taf. XX, Fig. 14) präsentirt. Ein derartiger Zahn ist bei fossilen und lebenden ausgewachsenen Dipnoern unbekannt. Es verdient aber wenigstens erwähnt zu werden, dass ein ähnliches Gebilde bei gewissen fossilen Holo- cephalen vorkommt. Es ist dies der unpaare sogenannte Symphysenzahn der Myriacanthiden aus Lias und Jura (Myriacanthus, Chimaeropsis). Obwohl nun die Ordnung der Holocephalen in Bezahnung und manchen anderen Eigenthümlichkeiten ihres Baues gewisse Beziehungen zu den Dipnoern erkennen lässt, sind diese Beziehungen doch so entfernte, die Grundzüge des Baues der Holocephalen und Dipnoer so verschiedene, dass von einer wirklichen Homologie keine Rede sein kann, und es sich nur um eine interessante Analogie handelt, aus welcher aber sehr wahrscheinlich wird, dass auch der unpaare Symphysenzahn der Myri- acanthiden durch mediane Verschmelzung ursprünglich paariger Zähne entstanden sei. Zum Schlusse möchte ich noch einige Worte über die Frage der Zahnconcrescenz im allge- meinen hinzufügen. Ausgehend von der Auffassung, dass die mehrspitzigen Zähne der Säuger durch Concrescenz ein- zelner Zahnindividuen entstanden seien (AMEGHINO, KÜKENTHAL, RÖSE), kam man dahin, alle complicirteren Zahngebilde, die mehrspitzigen oder mehrhöckerigen Zähne solcher Haie, wie Heptanchus, Chlamydoselachus etc., die mächtigen Pflasterzähne solcher Rochen, wie Myliobatis und Rhinoptera, die Faltenzähne der echten Crossopterygier, Labyrinthodonten und Ichthyosaurier für Producte einer Verschmelzung von Einzelzähnen zu halten. Vor einer schärferen Kritik, die besonders von paläontologischer Seite geübt worden ist, konnten diese Deductionen nicht Stand halten. In einzelnen Fällen wurden sie auch direct ontogenetisch widerlegt. JAEKEL (1894) zeigte, dass sich bei einzelnen jüngeren Arten der Gattung Notidanus (Heptanchus) die Zahl der Spitzen auf grossen Zähnen sehr erheblich vermehrt, ohne dass die Zahnformel sich ändert, d. h. die Zahl der grossen Zähne verringert, was durchaus dagegen spricht, dass jede Spitze oder jeder Höcker eines Selachier-Zahnes ursprünglich einem besonderen Zahnindividuum entsprochen hat. TREUENFELS (1896) wies ontogenetisch nach, dass jede der breiten Platten bei Myliobatis aus je einem kleinen Einzelzahn durch blosse Verbreiterung entstünde, nicht durch Concrescenz mehrerer Zahnindividuen. Dass die Faltenzähne der echten Crossopterygier, Labyrinthodonten und Ichthyosaurier unmöglich als polysynthetisch, d. h. als Product der Verschmelzung der Pulpen einer vielzähligen Gruppe von Zahnanlagen entstanden aufgefasst werden können, sondern als einheitliche Zähne zu betrachten sind, deren Falten secundär entstanden sind, ist von JAEREL (1894) durch eine völlig überzeugende Beweisführung, die sich vorwiegend auf paläonto- logische Thatsachen stützt, dabei aber auch, soweit dies möglich ist, den ontogenetischen Standpunkt berück- sichtigt, dargethan worden. Den mehrhöckerigen Säugethierbackzahn endlich, von dem die Concrescenztheorie ihren Ausgang genommen hat, betrachten heute nach den glänzenden Klarlegungen, die uns die Paläontologie besonders durch OsBorn (1893 A und B) in dieser Frage gegeben hat, wohl nur noch sehr wenige Morphologen, die sich mit dem Gegenstande eingehender beschäftigt haben, als Product der Verschmelzung mehrerer kegelförmiger Reptilienzähne. 21 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 133 Die Concrescenztheorie in ihrer Verallgemeinerung auf Selachier, echte Crossopterygier, Labyrinth- odonten, Ichthyosaurier und Säugethiere wird deshalb wohl bald ausgelebt haben. Wie die Verallge- meinerung nach der positiven Seite hin auf einen Irrweg geführt hat, so würde aber nun auch eine Ver- allgemeinerung nach der negativen Seite hin über das Ziel hinausschiessen. In einigen wenigen Wirbel- thiergruppen kommen thatsächlich Concrescenzen von Einzelzähnen zu complicirteren Zahngebilden vor. Bei den Teleostiern kann man im Falle der Scaroiden erst vom Beginn einer eigentlichen Concrescenz sprechen, da beiihnen (Owen, 1840—45, BoaAs, 1879), noch die Individualität der Einzelzähne gewahrt bleibt, und es sich also bloss um eine „aggregated and anchylosed mass of teeth“, um ein Zusammenkitten der Zähne durch Cement, nicht um eine wirkliche Verwachsung des Dentinkörpers der Einzelzähne handelt. Zum vollen Verständniss der sehr interessanten Verhältnisse bei den Gymnodonten bedarf es noch näherer ontogenetischer Untersuchung. Was die Dipnoer!) anlangt, so handelt es sich bei den paläozoischen Formen auch zum Theil erst um eine Aufkittung zahlreicher Einzelzähne auf eine knöcherne Basis (vgl. Dipterus verneuillü und D. tuberculatus, Textfiguren E und G). Aber bei anderen Formen ist der Process schon weiter gediehen, die Dentinkörper der Einzelzähne sind in ausgiebigem Maasse verwachsen (vgl. Dipterus keyserlingü, Textfigur H), und bei den triassischen und recenten Dipnoern sind in den Vomerzähnen, Gaumen- und Unterkieferplatten völlig einheitliche Complexe entstanden, die im ausgebildeten Zustande weder in ihren Dentin- noch in ihren Cementtheilen eine Spur der Entstehung aus einst getrennten Anlagen erkennen lassen, die uns durch ihre Ontogenie so deutlich vor Augen geführt wird. ı) Die Holocephalen lasse ich hier vorläufig bei Seite, weil die Ontogenie ihres Zahnsystems noch ganz unbekannt ist. Die Annahme einer Concrescenz von Einzelzähnen, ähnlich der bei den Dipnoern nachgewiesenen, erscheint mir bei ihnen indessen aus verschiedenen Gründen recht wahrscheinlich. Es liegt nahe, den unpaaren Symphysenzahn im Unterkiefer von COhimaeropsis und Verwandten nach Analogie des ähnlichen Gebildes des jungen Ceratodus als einen durch mediane Verschmelzung entstandenen . Zahncomplex zu erklären. Aber auch im übrigen Zahnsystem der Holocephalen haben höchst wahrscheinlich Concrescenzen von Einzelzähnen zu Zahncomplexen stattgefunden. 134 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. 22 Verzeichniss der im Text citirten Literatur’). Boas, J. E. V., Die Zähne der Scaroiden. Zeitschr. f. wissenschaftl. Zoologie, Bd. XXXII, 1879. GünzHer, A., Description of Ceratodus. Philosoph. Transactions of the Royal Society, Vol. CLXT, 1871. Hrrrwıg, O., Ueber Bau und Entwickelung der Placoidschuppen und der Zähne der Selachier. Jen. Zeitschr. f. Naturw., Bd. VIII, N. F. Bd. I, 1874 A. — Ueber das Zahnsystem der Amphibien und seine Bedeutung für die Genese des Skelets der Mundhöhle. Archiv £. mikroskop. Anatomie, Bd. XI, 1874 B. Huxıey, Th. H., A manual of the anatomy of vertebrates animals. London 1871. — On Ceratodus forsieri. Proc. Zool. Soc., London 1876. JAEREL, O., Phaneropleuron und Hemictenodus. Sitzungsber. d. Ges. naturforsch. Freunde, Berlin 1890. — Die sog. 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I) Genannt sei hier noch der im Wesentlichen referirende Aufsatz von BRIQUEL, „Les dents de Ceratodus“, Bibliographie anatomique, Tome VI, 1898, der im Text keine Erwähnung gefunden hat. 23 Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. Inhaltsverzeichniss. Einleitung Erste Anlage der Zahnindividuen EN ER ee Placoider Typus der Anlagen. Räumliche Anordnung und zeitliche Aurnandertdee Spätere Lagever- schiebungen. Schiefer Einsatz der Zähne. Selbständigkeit der einzelnen Papillen. Epithelscheide. Erstes Auftreten des Dentins. Verwachsung der Zahnindividuen. Homologien der durch diese Verwachsung emiesitanldlemenE@omplexer. er EN re Nee eDe el hun Verschmelzung der einzelnen Zahnindividuen zu zwei Paar Complexen im Oberkiefer, zu zwei Paar und einem unpaaren Complex im Unterkiefer. Vomer. Pterygopalatinum. Operculare (Spleniale). Dentale. Letz- teres wird später zahnlos. „Symphysenzahn“ y. Histologisches Verhalten der Hartgebilde. Bildung von zunächst unverkalktem, dann von verkalktem Dentin. Untersuchungsmethoden. Vitrodentin und Röhrenzahnbein. Bildung des Knochengewebes. Keinerlei Schmelzbildung nachweisbar. Auftreten des Pulpadentins. Vergleichung der Zahngebilde des jungen und ausgewachsemen Ceratodus forsteri mit den Zähnen der fossilen Dipnoer Uebereinstimmung der Zeugnisse der Paläontologie mit den ontogenetischen Befunden bei Ceratodus forsteri. Phylogenetisches und ontogenetisches Verschmelzen der Einzelzähne (Zahnhöcker der Cteno- dipterinen) zu den sogenannten Radialfalten. Wachsthum der Zahncomplexe beim jungen Ceratodus. Ein- heitliche Pulpahöhle der Zahnplatten des Ceratodus ein secundär entstandenes Gebilde. Vermeintlicher Zahnwechsel bei Dipnoern. Se 2a: Bei keinem fossilen oder lebenden Dipnoer bisher eine anatomische oder physiologische a be- obachtet, die für einen Zahnwechsel spricht. Der verhornte Epithelüberzug der Protopterus-Zähne während des Trockenschlafes ist eine specielle Anpassung, die die Zahngebilde vor dem Eintrocknen schützt. Ab- nützung der Zahnplatten. Schlussbetrachtung a : : . Ontogenetische und vergleichend-anatomjsche paläontologische Befunde ergeben in Uebereinstimmung und gegenseitiger Ergänzung, dass die Zahngebilde der Dipnoer durch Concrescenz einer Anzahl von Einzel- zähnen entstanden sind. Vomerzähne, Dentalezähne, Symphysenzahn der fossilen Formen. Concrescenztlieorie der Zähne in ihrer Verallgemeinerung auf Selachier, echte Crossopterygier, Labyrintodonten, Ichthyosaurier und Säugethiere nicht haltbar. Dies berechtigt nicht, die Entstehung complicirterer Zahngebilde durch Con- crescenz überhaupt zu leugnen. Ganz klar liegen die Verhältnisse bei den Dipnoern. Die Zähne der Holo- cephalen sind wahrscheinlich ähnlich zu beurtheilen. Beginnende Concrescenz zeigen die Scaroiden. Verzeichniss der im Text citirten Literatur 135 Seite 115—116 116—120 120—122 123— 125 126—129 129— 130 130—133 134 ab Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. Ein Beitrag zur vergleichenden Morphologie der freien Gliedmaasse bei niederen Fischen und zur Archipterygiumtheorie. Hermann Braus, Privatdocent und Prosector in Würzburg. Mit den Tafeln XXI—XXIX und 25 Figuren im Text. Jenaische Denkschriften. IV. 4 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. Die grosse Formenmannigfaltigkeit, welche selbst bei den Extremitäten der einfach organisirten, niederen Fische herrscht, erschwert die Erkenntniss des Typischen und Gemeinsamen im Bau dieser Organe. Es bestehen daher, trotz des ungemeinen Fleisses und Scharfsinnes, welche auf die Untersuchung derselben verwendet worden sind, noch grosse Meinungsverschiedenheiten unter den Autoren, welche so weit gehen, dass z. B. bei Ganoiden selbst Hauptbestandtheile der Extremität, wie es der Extremitätengürtel und die freie Flosse sind, an verschiedenen Stellen gesucht, gefunden oder vermisst werden. Aber selbst da, wo die Verhältnisse einfacher liegen und der Deutung zugänglicher sind, hat doch die Mannigfaltigkeit im Bau und die grosse Variabilität immer wieder Zweifel wachgerufen, ob das bisher als typisch Erkannte nicht das Unwesentliche und Transitorische sei, und ob nicht die Urform noch unseren forschenden Blicken ver- borgen geblieben. Diese Schwierigkeiten spitzen sich besonders zu, wenn man die Formverhältnisse der Fischflossen als Basis zu nehmen und von hier aus die Extremitäten der Pentadactylier genetisch zu ver- stehen versucht. Die Kluft zwischen den Fischen und Amphibien ist unüberbrückt, da primitive vermittelnde Thierformen in der jetzt lebenden Thierwelt fehlen. Alle Familien, welche als connectente Organismen von verschiedenen Autoren angesehen werden, sind von der Urform in einseitiger Richtung abgewichen und können deshalb als ursprüngliche Bindeglieder nicht ohne weiteres erkannt werden. Wenn nun dazu noch der feste Ufergrund auf Seite der Fische fehlt, von dem wir in Gedanken die Brücke, welche einst von den Extremitäten bei Gestaltung der pentadactylen Gliedmaasse beschritten wurde, reconstruiren könnten, so ist das Hin- und Herschwanken verständlich, welches die Extremitäten-Literatur in diesen Fragen aufweist. Man versteht auch, wie sehr das Verlangen nach neuen Thatsachen auf dem Gebiete der Glied- maassen-Morphologie wach geblieben ist. Vielen schien die Entwickelungsgeschichte berufen, hier neue Antworten auf alte Fragen zu geben. Aber gerade bei den Extremitäten, welche früh gebraucht und deshalb schnell und complet angelegt werden, um die Ausbildung zeitig zu vollenden, ist die ontogenetische Form häufig in den wesentlicheren Punkten von vornherein identisch mit dem ausgebildeten Organ. Immer- hin zeigt die Embryologie noch manches werthvolle Merkmal vergangener Epochen, welches der aus- gebildeten Form abgeht. Es liegt hier noch ein weites Feld der Forschung offen. Denn die ontogenetische Untersuchung der niederen Gliedmaassen muss eine vergleichende sein. Das alte Postulat der vergleichenden Morpho- logen, die Beurtheilung der Stammesentwickelung nicht nach der Entwickelungsgeschichte einer oder weniger Formen zu beurtheilen, findet mit der Ausdehnung unserer entwickelungsgeschichtlichen Kennt- nisse und der Erkenntniss von der Verschiedenheit der Entwickelung bei verschiedenen, selbst stamm- verwandten Thieren naturgemäss immer mehr Zustimmung und Anerkennung. Für den ruhig abwägenden Forscher kann es ja keinem Zweifel unterliegen, dass die Zusammenhänge in der Vielgestaltiskeit morpho- logischer Formen nur richtig erkannt werden können, wenn wir alle uns bekannten Eigenthümlichkeiten 4* 19* 140 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 28 der Form!) in Ansatz bringen und aus dem Vergleich unser Urtheil ableiten. Den leitenden Gesichtspunkt für die Entscheidung darüber, welcher Zustand aus der grossen Mannigfaltigkeit verschiedener und oft ein- ander scheinbar widersprechender Formen von den Vorfahren ererbt wurde, wird aber stets die Function bilden. Denn nur daran, ob ein Organ in einer bestimmten Ausbildung auch functionirt, können wir erkennen, ob dasselbe überhaupt lebensfähig ist. Was nützt uns dagegen alle ontogenetische Kenntniss für phylogenetische Erkenntniss, wenn die Formen, mit welchen wir operiren, nie im Stande waren, frei zu leben und sich zu vermehren? Dadurch regelt sich von selbst die Bedeutung, welche der sich entwickelnden und entwickelten (fertigen) Form für phylogenetische Schlüsse innewohnt. Denn in den meisten Fällen liegt während der ontogenetischen Entwickelung der höheren Thiere die Function der Organe brach. Die Bedeutung derselben wird in diesen Fällen erst, abgesehen von paläontologischen Dokumenten, im Zusammenhang mit der fertigen Form richtig bewerthet werden können. Ist den sich entwickelnden Formen eine Function gegeben oder lässt sich durch das Experiment eine solche anregen, wie dies neuerdings vielfach mit Erfolg geschieht, so werden selbstverständlich auch hier phylogenetische Schlüsse möglich sein. Immer aber wird die Ver- gleichung in ihrem Recht bleiben, da die sich entwickelnden Formen manchmal nach anderer Richtung hin Functionen äussern als die fertigen. Das sind für den vergleichenden Morphologen im Princip lange geübte und bekannte Sätze. Manche Embryologen, welche heute gegen alte Ueberlegungen wie diese, als ob es überlebte Doktrinen seien, theoretisch zu Felde ziehen, acceptiren sie morgen, wenn die specielle Unter- suchung zur Auswahl unter den sich scheinbar gegenseitig aufhebenden Funden drängt, in der Praxis als eine vermeintlich neue, erst mit dem Emporblühen ontogenetischer Methoden gefundene Wissenschaft. Dafür liefert gerade die Extremitäten-Literatur lehrreiche Beispiele. So erfreulich es ist, dass die ver- gleichenden Gesichtspunkte auch in der Embryologie thatsächlich immer mehr Anwendung finden, so ist es gegenüber den von Missverständnissen zeugenden Angriffen mancher Forscher auf die vergleichend-morpho- logische Methode Sache der Gerechtigkeit, daran zu erinnern, dass die Entwickelungsgeschichte bei An- wendung derselben von Anfang?) an dieser ihrer wahren Bedeutung nach stets voll gewürdigt wurde und nur von solchen unterschätzt worden ist, welche ihrerseits die gegebenen Grundlagen ihrer Wissenschaft nicht unbefangen zu prüfen vermochten. \ Ich habe mir in der vorliegenden Arbeit das Ziel gesteckt, durch das Studium der Musculatur und Innervation der Gliedmaassen niederer Fische neue Bausteine zu gewinnen, mit welchen ich helfen könnte, Lücken in unseren Kenntnissen über die allgemeine Gliedmaassen-Morphologie auszufüllen, und eine Basis herzustellen, auf welcher die eine oder andere der Theorien über die Ableitung der fünfzehigen Extremität festere Stützpunkte als bisher finden könnte. Da bei der Beckenflosse nur wenige und bei der Brustflosse so gut wie gar keine Mittheilungen über die Innervation der freien Extremität in der Literatur vorliegen und auch die myologische Bearbeitung keine ausreichende ist, habe ich mich in meinen eigenen Unter- suchungen auf diese beiden Bestandtheile der Flossen concentrirt. Jedoch wurden nur diejenigen Muskeln und deren Nerven berücksichtigt, welche der eigentlichen Flosse angehören. Die von der Rumpfmusculatur secundär abgespaltenen und in Beziehung zur Extremität tretenden Gruppen (Homodyname des Serratus- systems u. a. bei höheren Thieren) fanden, soweit sie überhaupt vorkommen, keine specielle Berücksichtigung. Das Skelet wurde natürlich in seinen Beziehungen zur Musculatur und zum Nervensystem ständig berücksichtigt. Doch ist die Kenntniss desselben an sich durch eine grosse Anzahl von Arbeiten, unter welchen die epochemachenden Untersuchungen GEGENBAUR’S immer in erster Reihe stehen, so sehr aus- gebaut, dass ich das Wesentliche als bekannt voraussetzen kann. 1) Das, was RABL neuerdings „Entwickelungseinheit“ (1899, p. 264) genannt hat. 2) Vergl. GEGENBAUR’s Abhandlungen aus den 6oer Jahren bis 1808, p. 17, 18. 29 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. IqI Eigene embryologische Untersuchungen sind, abgesehen von kleineren Notizen, in dieser Arbeit nicht niedergelegt. Doch konnte ich zuverlässige Untersuchungen Anderer und eigene frühere Arbeiten benutzen. Die technischen Schwierigkeiten, welche bei der Präparation der Flossennerven zu überwinden sind, bringen es leider mit sich, dass mein Material ein ziemlich beschränktes ist. Doch habe ich die Auswahl so zu treffen gesucht, dass die wichtigeren Thierformen Berücksichtigung fanden. Den Ausgangspunkt der Untersuchung bilden die Dipnoer, um welche sich im weiteren Verlauf der Verarbeitung meines Materials alles Andere gruppirte, da sie in der Organisation ihrer Extremitäten die Reste ursprünglicherer Bildung und zugleich den Schlüssel für das Verständniss der höheren Gliedmaassen bewahrt haben. Ich suchte das reiche Material von Ceratodus Forsteri Kr., welches mir aus den Sammlungen von Prof. SEmon zu Verfügung stand, nach Kräften auszunutzen und verzichtete ganz auf die Untersuchung der anderen Lungenfische, weil bei diesen offenbar nur Rückbildungen gegenüber den Extremitäten des Ceratodus vorliegen. Zur Durchführung des Vergleiches bedurfte ich der genauen Untersuchung der Selachier. Auch hier beschränkte ich mich auf die ausganggebenden Formen, die Squaliden, und zwar auf die hepta- und hexatremen Formen, sowie auf niedere Pentanchier (Spinaciden). Die Rochen schied ich aus, weil wohl kein Zweifel mehr sein kann, dass sie nur durch Vermittelung der Squaliden für die Extremitätenfrase in Betracht kommen. Andererseits fesselten mich besonders die Ganoiden, welche von vielen Autoren zu den Dipnoern in nähere Beziehungen gebracht wurden, deren vielformige Flossen so weiten Spielraum für Muthmaassungen über die Entstehung der höheren Gliedmaassen geben und in der verschiedensten Weise benutzt worden sind. Meine Resultate führen mich allerdings hier zu einer vollen Ablehnung aller dieser Speculationen. Um aber dies nachzuweisen, bedurfte es einer Durcharbeitung der wichtigeren Familien. Ich untersuchte von den Acipenseriden (G. chondrostei), Acipenserinen (Acipenser und Scaphirhynchus) und Spatulariden (Polyodon), von Crossopterygiern Polypterus und von Amiaden Amia. Die Lepidosteiden glaubte ich am ehesten bei Seite lassen zu können, da sie in ihrer ganzen Organisation weder sehr ursprüngliche Beziehungen bewahrt haben, noch zu höheren Thiergruppen in naher Verwandtschaft stehen. Amia wurde wegen des verwandtschaftlichen Verhältnisses zu den Knochenfischen besonders berücksichtigt, auf die Teleostier selbst aber nicht näher eingegangen, da es nur darauf ankam, das zu erkennen, was schon bei den Ganoiden nach dieser hoch specialisirten, aber für allgemeine Fragen unwichtigen Fischabtheilung hinzielt. Die vorliegende Untersuchung zerfällt dementsprechend in mehrere getrennte Abschnitte. Der erste behandelt die Dipnoer-, der zweite die Selachier-, der dritte die Ganoidenflosse. Diese sind in sich in einen myologischen und neurologischen beschreibenden und einen allgemeinen vergleichenden Abschnitt gesondert. An dieselben schliesst sich ein vierter Abschnitt, welcher die Vergleichung der Fischflosse mit primitiven Formen der pentadactylen Extremität zur Aufgabe hat, und ein zusammenfassendes Schlusscapitel an. Die Liberalität, mit welcher Herr Prof. SEMoN seine Sammlungen allen Mitarbeitern an diesem Werk zur Verfügung stellte, wurde auch mir durch Ueberlassung des Materiales von Ceratodus zu Theil. Besondere technische Vortheile gewährten mir seine fertig montirten Serien von Embryonen, welche ich benutzen konnte. Im Uebrigen standen mir die reichen Schätze der ichthyologischen Sammlung der Jenenser Anatomie und des Directors derselben, des Herrn Prof. FÜRBRINGER, sowie meine eigenen Sammlungen zur Verfügung. Durch Tausch gelang es mir, seltenere Ganoiden durch Vermittelung der Herren Prof. KnIPOWITSCH (St. Petersburg) und Museumsdirector Dr. Antıpa (Bukarest) zu erhalten. Meine Untersuchungen basiren auf der Unterstützung, welche ich allen diesen Herren verdanke; es ist mir ein Bedürfniss, meinem Dankes- gefühl hiermit Ausdruck zu geben. Für die Abfassung der Arbeit war es von grosser Wichtigkeit, durch eine ausreichende Anzahl von Abbildungen der Anschauung zu Hülfe zu kommen und den Text dadurch von allzu weitläufigen und doch schwer verständlichen Beschreibungen nach Möglichkeit befreien zu können. Ich fand in meinem Bestreben 142 Die Muskeln und Nerven ‚der Ceratodustlosse. 30 das weitgehendste Entgegenkommen des Herrn Herausgebers und Herrn Verlegers, denen ich für die reiche Ausstattung meiner Arbeit mit Figuren herzlichst danke. Bei allen meinen Untersuchungen über die Extremitäten befestigte sich immer überzeugender in mir die Erkenntniss von der hohen Bedeutung, welche dem motorischen Nervensystem für die Recon- struction verschwundener Formen auf Grund der existirenden innewohnt. Auch in dieser Arbeit tritt die Uebereinstimmung der Innervationsverhältnisse bei verschiedenen Thieren vielfach zu Tage, wo die Muscu- latur divergente Bahnen eingeschlagen und selbst das Skeletsystem den alten Typus verloren hat. So bieten die neurologischen Erfahrungen in vielen Fällen eine willkommene Bestätigung, in anderen eine Erweiterung und Ergänzung unserer, auf der Kenntniss des Skelets beruhenden Anschauungen über die Extremitätenphylogenie. Das sind Früchte, die bei der Durchforschung bisher fast unbetretener Unter- suchungsgebiete mühelos geerntet wurden. Ich verdanke sie dem steten Hinweis auf die hohe Bedeutung des Nervensystems, welcher mir in Jena während der langjährigen Beschäftigung mit der Gliedmaassen- morphologie zur Seite stand, und einer Arbeitsmethode, welche mit intensiver Bearbeitung des Materials geistige Verwerthung der bekannt gewordenen Thatsachen Schritt für Schritt verbindet. Sie wird mir stets, nah oder fern, ein hohes Vorbild sein. I. Die 'Ceratodusflosse. a) Myologie. Von den beiden Extremitäten des Ceratodus ist bisher nur die hintere einer genauen Untersuchung bezüglich ihrer Musculatur unterzogen worden. Wir verdanken dieselbe v. DAvIDorF (1883). Der Musculatur der vorderen Extremität dagegen ist nur bei GÜNTHER (IS7I, p. 533), HUMPHRY (1872 B, p. 284), HASWELL (1883, p- I0) und A. SCHNEIDER (1857, p. IOI) mit einigen Worten Erwähnung geschehen. Ich werde infolgedessen den Schwerpunkt meiner Schilderung auf die letztere legen und hoffe dadurch diejenigen Punkte besonders hervorheben zu können, welche mir die charakteristischsten für die Extremitätenmusculatur zu sein scheinen. Denn die Beckenflossen-Musculatur ist, abgesehen von einem fundamentalen Unterschied, derjenigen der Vorderflosse sehr ähnlich. Wenn ich trotz der Priorität, welche die Bauchflosse durch die Beschreibung von V. DAvIDoFF gegenüber der letzteren besitzt, doch mit der Brustfllosse beginne, so geschieht es, um bei dieser Gelegenheit neue Unterscheidungen und Bezeichnungen der einzelnen Muskelfasern anzuwenden, welche ich für nothwendig halte, um die Beziehungen zu anderen Thierklassen im weiteren Verlauf dieser Abhandlung deutlich zu machen. Wir wissen, abgesehen von älteren Notizen (z. B. bei MECKEL, 1828, und bei DuMErıL, 1865), besonders durch die ausgedehnten Untersuchungen von v. DAVIDOFF (1879 —1883), dass die eigentliche Musculatur der freien Extremität bei allen Ichthyopterygiern nur aus 2 Muskeln besteht, welche entgegengesetzte Seiten der Flosse einnehmen, sei es die Ober- und Unter-, sei es die Innen- und Aussenfläche. Ich nenne sie Musculi pterygiales communes. Jeder dieser Muskeln setzt sich anstatt aus. deutlich gesonderten Muskelschichten aus einer in sich fast ganz zusammenhängenden Masse von Muskel- fasern zusammen. Diese sind aber durchaus nicht alle gleichartig in ihrem morphologischen Verhalten. Es scheint mir bei der Schilderung derselben weniger darauf anzukommen, die Verschiedenheiten der einzelnen Muskelfasern durch eine mehr oder minder schematische Zusammenfassung der gleich verlaufenden Fasern in gesonderte Schichten, welche in Wirklichkeit nicht vorhanden sind, hervorzuheben, wie es v. DAVIDOFF gethan hat, sondern die Aufgabe scheint mir vor allem in genauestem Nachweis aller morphologischen Beziehungen zu bestehen, welche die Muskelfasern zu einander und zu ihrer Nachbarschaft bei dem unter- 31 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 143 suchten Thiere besitzen. Werden dabei zunächst die Uebergänge, welche allenthalben zwischen den einzelnen Faserkategorien bestehen, bezüglich ihrer genetischen Wichtigkeit gewürdigt, so kann später im Hinblick auf höhere Thierformen eine Zusammenfassung der topographischen Verhältnisse der Muskelfasern unter- einander in Form einer künstlichen Schichteneintheilung gerechtfertigt erscheinen. Um jedoch nichts zu prä- judiciren, möchte ich zur Bezeichnung der Muskelfasern solche Ausdrücke vorschlagen, welche nur Ursprung und Insertion derselben anzeigen, und werde im Folgenden diejenigen Muskelfasern, welche vom Extremi- tätengürtel entspringen und am äusseren Flossenskelet, an den „Hornfäden“, zur Insertion gelangen, als Musculi zono-keratoidei bezeichnen und diejenigen gleicher Insertion, aber mit anderem, nämlich am Flossenknorpel befestigtem Ursprung, als Mm. pterygo-keratoidei. Alle Muskelfasern, welche am Gliedmaassengürtel entspringen und zum inneren Skelet der freien Flosse verlaufen, heissen: Mm. zono-pterygiales, und schliesslich die mit Ursprung und Insertion am inneren Flossen- skelet befestigten Fasern: Mm. pterygiales proprii. I. Die Musculatur der Brustflosse. Bekanntlich sind die paarigen Flossen des Ceratodus vertical gestellt, so dass wir eine Aussen- und Innenseite unterscheiden können. In Fig. ı, Taf. XXII, ist die innere, dem Rumpf anliegende Fläche der Brustflosse in ihrem basalen Theile gezeichnet. Von der Fortsetzung der Gliedmaasse in distaler Richtung giebt Fig. 2, Taf. XXI, eine Vorstellung. Letztere hat hauptsächlich den Zweck, genau die Muskelanordnung auf der Aussenfläche der Vorderflosse zu reproduciren, so wie sie nach Entfernung der Haut und der ober- flächlichen Fascie zu Tage tritt. Die erstere dieser Figuren zeigt deutlich, dass die beiden Muskelmassen, von denen jede eine Fläche der freien Flosse bedeckt, am basalen Theile der Extremität nicht die Lage beibehalten, welche sie am distalen Theile besitzen. Man sieht, wie der innere Muskel, welcher im unteren Theile der Figur, entsprechend der vertical gestellten Flossenfläche, mit seiner Ausbreitung dem Beschauer zugewendet ist und den äusseren Muskel vollkommen verdeckt, sich so dorsalwärts erhebt, dass er nicht mehr innen vom äusseren Muskel, sondern neben ihm liegt. Sein Ursprung befindet sich am Cleithrum (07) dorsal vom Gelenkkopf des Schultergürtels (@, Taf. XXII, Fig. I) und umgreift den ganzen caudalen Rand dieses Knochens. Der äussere Muskel ist dagegen mit seinem Ursprung: nicht lateral, sondern ventral am Schultergürtel, nämlich an der Clavicula (C7) längs deren caudalem Rande angeheftet. Man kann also bezüglich des Ursprungs beider Muskeln einen dorsalen und einen ventralen unterscheiden, bezüglich der Ausbreitung einen medialen und lateralen Muskel. Ich möchte deshalb den rechts gelegenen Muskel der Fig. ı, Taf. XXII, als dorso-medialen, den links gelegenen als ventro-lateralen bezeichnen. «e) Specielle Anordnung der Muskeln. Ueber Verlauf, Ursprung und Insertion der einzelnen Bündel beider Mm. pterygiales communes giebt Taf. XXI (Fig. 2—-ır) Auskunft. Die Abbildungen sind zwar lediglich dem ventro-lateralen Muskel einer rechten Vorderflosse entnommen. Sie können aber ebenso gut als Illustration des dorso-medialen Muskels derselben Flosse gelten; denn der Faserverlauf in diesem Muskel weicht nirgends erheblich von dem seines Gegenübers ab. Fig. 2 stellt den ganzen Muskel in einer Ansicht dar, welche man beim Anblick von unten und aussen erhält. Entsprechend der Gliederung des Skelets der Flosse, an welche ein Blick auf die blau gezeichneten Contouren der Fig. 2, Taf. XXIII, erinnern mag, sieht man den Muskel stielförmig am Schulter- gürtel beginnen und sich in eine Platte distalwärts ausbreiten. Man übersieht bei dieser Stellung die Aus- 144 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 32 breitung der Platte selbst völlig und von der stielförmigen Ursprungspartie den grössten Theil. Die ver- deckten Fasern der letzteren, welche sich an den rechten Rand des Bildes anschliessen, sind in Fig. 3 dar- gestellt. Es ist dasselbe Stück, welches man auch in Fig. I, Taf. XXII, links abgebildet findet. Der Contour der Muskelplatte ist, soweit sie sich distalwärts erstreckt, ähnlich dem der Flosse über- haupt. Der von A. SCHNEIDER (1886, 1887) zuerst hervorgehobene Unterschied zwischen dorsalem und ventralem Rand macht sich an der Begrenzung der Muskelschicht ebenfalls geltend. Am ventralen Contour äussert sich die distale sichelförmige Einbuchtung der Flossenplatte in einer bogenförmigen Abrundung des Insertionsrandes der Muskelplatte;, denn diese endet etwa in der Tiefe der genannten Ausbuchtung. Der dorsale Rand von Flosse und Muskel verläuft dagegen mehr gerade. Die Stelle, an welcher der Muskel distal endet, ist makroskopisch schwer genau zu bestimmen, da die Muskelfasern immer zarter werden und schliesslich bei auffallendem Lichte selbst mit starken Vergrösserungen kaum mehr unterschieden werden können. Ich konnte denselben nur etwa bis zum 12. Glied des Hauptstrahles verfolgen (Fig. 2, Taf. XXIII), während A. SCHNEIDER ihn auf seiner Fig. ı, Taf. XI (1887), viel weiter distalwärts verlaufen lässt (bis etwa zum Ig. Glied). Inscriptiones tendineae. Die sehnigen Inscriptionen, welche an der Oberfläche des Muskels zu sehen sind, bieten an der Brustflosse manche Eigenthümlichkeiten, welche wenig mit dem mehr schematischen Bild SCHNEIDER’S (S. O.), dem einzigen, welches existirt, übereinstimmen. Die erste, wenn man in proximo-distaler Richtung zählt, läuft nicht continuirlich quer über den Muskel hinüber, sondern besteht aus zwei Theilen (Fig. 2, Taf. XXTJ). Der dorsale, kleinere Theil der Inscriptio wird gegen die Flossenmitte zu allmählich undeutlicher. Schon vor dem völligen Verschwinden beginnt weiter distal der ventrale, grössere Theil, so dass einige Muskel- fasern in kurzer Entfernung von einander 2 Inscriptionen besitzen. Das dorsale Myocomma erreicht den Flossenrand seiner Seite, das ventrale endet aber eine Strecke vor dem ventro-medialen Rande, wie aus Taf. XXI, Fig. 3, und Taf. XXII, Fig. ı zu ersehen ist. Die zweite Inscriptio gabelt sich an ihrem dorsalen Theile (Taf. XXI, Fig. 2). Beide Schenkel beginnen an einer sich deutlich abhebenden Linie, welche auch das dorsale Ende des distalen Theiles der ersten Inscriptio berührt und genauer weiter unten untersucht werden soll. Sie vereinigen sich erst nach einer ziemlich beträchtlichen Strecke getrennten Verlaufes, so dass eine grosse Anzahl von Muskelfasern an zwei Stellen von verschiedenen Theilen desselben Myocomma mit Zwischensehnen versehen sind. Das ventrale Ende der Inscriptio erreicht wie bei der ersten den ventralen Flossenrand nicht, zeigt aber eine besondere Krümmung in distalwärts offenem Bogen und endet mit einer rechtwinkligen Abknickung. Die folgenden Sehnenstreifen können mit dem zweiten abzüglich dessen proximalem Schenkel ver- glichen werden. Sie verlaufen in distalwärts offenem Bogen über den mittleren Theil der Flosse hin und nehmen von Glied zu Glied an Länge ab. Sie werden dadurch immer undeutlicher. Schon die achte Inscriptio ist kaum mehr wahrzunehmen und in der Figur, entsprechend deren Grössenverhältniss, nicht mehr zu sehen. Auch hier unterscheidet sich meine Figur von derjenigen, welche SCHNEIDER gegeben hat (s. o.). Denn dort kann man deutlich 18 Inscriptionen zählen. Wenn auch die von mir in Fig. 2, Taf. XXI, abgebildete Flosse ein wenig kleiner als diejenige des ScHnEIDEr’schen Exemplares ist, so fand ich doch auch bei grösseren mir zur Verfügung stehenden Thieren der Semon’schen Sammlung stets, dass die feinen Quer- streifen im distalen Theile der Flosse, wie ich sie auch in meiner Figur wiederzugeben versucht habe, nicht Myocommata sind und sein können. Denn so ausgebreitete Muskelschichten sind hier nicht mehr vorhanden. Die Querlinien entpuppen sich vielmehr als die Grenzen der Querglieder des knorpeligen Hauptstrahles, welche durch die bindegewebige Fascie hindurchschimmern. Ich glaube deshalb, dass so zahlreiche Inscrip- tionen, wie sie SCHNEIDER abgebildet hat, bei Thieren der betreffenden Grösse nicht vorhanden sind. 33 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. I45 Die innere Structur des Muskels zeigt bezüglich der Myocommata Verschiedenheiten. Dieselben verlaufen von der Oberfläche zur Unterfläche des Muskels in beträchtlicher Schrägstellung, so dass diejenigen, welche den Knorpel erreichen, an dieser Stelle viel mehr dem Schultergürtel genähert sind als mit ihrer oberflächlichen Partie. Man sieht dies in den Figg. 4, 5 und 9 der Taf. XXI, in welchen an ver- schiedenen Stellen Querschnitte durch Inscriptionen dargestellt und diese zugleich mit dem oberflächlichen Verlauf der Inscriptionen durch passende Lagerung der an die Zwischensehnen angehefteten Muskeln zu sehen sind. Durch die Schrägstellung der Myocommata erklärt es sich, dass sich die Oberflächen derselben häufig auf die Grenzlinien zwischen je 2 Quergliedern des Hauptstrahles des Flossenskelets projiciren lassen oder dass sie sich sogar über das oder die distalwärts folgenden Querglieder hinüberschieben (Fig. 4 und 9). Letzteres ist besonders an den seitlichen Endtheilen der Inscriptionen der Fall. Immer jedoch behalten die an der Innenfläche des Muskels sichtbaren Grenzen der Myocommata ihr regelmässiges, von Glied zu Glied sich gleich bleibendes Aussehen. Dieses ist besonders klar in Fig. ı, Taf. XXIII, zur Anschauung gebracht, in welcher die dem Skelet zugewendete, also innere Fläche des Muskels gezeichnet und das Lage- verhältniss zum Skelet durch Eintragung der Grenzen aller Knorpelstücke mittelst blauer Contourlinien an- gedeutet ist. Man muss sich, um die Figur verstehen zu können, den Knorpel durchsichtig vorstellen, so dass man durch ihn hindurch die Flossenmusculatur und ihre Ursprünge am Skelet erkennen kann. (Ueber die Herstellung solcher Präparate berichte ich bei der Beschreibung der Nerven, p. 160.) Es ent- spricht jedem Querglied des Skelets je eine Zwischensehne, welche meist näher dem distalen Rande des Gliedes, in den distalen Theilen der Flosse aber ungefähr in der Mitte desselben liegt. Die seitlichen Theile der Inscriptionen setzen sich auf die Seitenradien des knorpeligen Hauptstrahles fort, und zwar im Allgemeinen derart, dass sie in die Längsrichtung eines Seitenstrahles einbiegen, wie es der gekrümmten, im distalwärts offenen Bogen verlaufenden Anordnung der Zwischensehnen entspricht. Es zeigt sich beim Vergleich der Aussen- und Innenfläche des Muskels und bei der Präparation der Inseriptionen im Inneren desselben, dass verschiedene Myocommata am Knorpel beginnen und in den Muskel zwar eindringen, aber nicht seine Oberfläche erreichen. Das ist z. B. bei den distalsten Zwischen- sehnen der Fall, da man jenseits der 8. von innen noch 3 weitere, die letzte freilich nur sehr unbestimmt, wahrnehmen kann, welche von aussen nicht zu sehen sind. Andererseits kommt es auch vor, dass ein Theil einer Inscription an der Oberfläche beginnt, eine Strecke weit in den Muskel eindringt, ohne jedoch die Unterfläche zu erreichen. Man kann dies namentlich bei dem proximalen Schenkel der gespaltenen 2. Zwischensehne sehen (er fehlt in Taf. XXIII, Fig. 1). Ferner dringen die rechtwinklig abgebogenen ventralen Enden der Inscriptionen (Taf. XXI, Fig. 2) nicht bis zum Knorpel durch. Auch die dorsalen Enden sind nicht so weit distalwärts auf der Unterseite zu verfolgen wie auf der Oberseite. Muskelfaserkategorien. Die Muskelfasern, welche vom Schultergürtel entspringen, sind zum Theil Mm. zono-keratoidei, zum Theil Mm. zono-pterygiales. Erstere verlaufen oberflächlicher als die letzteren und kommen nicht in directe Berührung mit dem Knorpel des Flossenskelets. Sie erreichen sämmtliche am proximalen Theile des ventralen und dorsalen Flossenrandes gelegenen Hornfäden, um mit ihnen in Verbindung zu treten. Fig. 6, Taf. XXI, zeigt z. B. die Insertion von Fasern des nach rechts umgeklappten Muskelbündels a an Hornfäden des ventralen Flossenrandes; Fig. 10 derselben Tafel stellt ähnliche Bündel (Fasern von a) dar, die an dorsalen Hornfäden inseriren. Die Hornfäden der Flossenspitze entbehren, entsprechend der relativen Kürze des M. pteryg. communis, einer directen Verbindung mit Muskelfasern (Taf. XXI, Fig. 2). Jenaische Denkschritten. IV. 5 Semon Zoolog. Forschungsreisen. I. 20 146 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 34 Sämmtliche Mm. zono-keratoidei sind von einer oder mehreren Inscriptionen durchschnitten. Es erhebt sich deshalb die Frage, ob diese am Knorpel befestigt sind oder nicht? Im letzteren Falle würden die Zwischensehnen die Bedeutung haben, eine Senderung der Muskelfasern in selbständig, aber im Uebrigen gleichartig functionirende Theile herbeizuführen. Im ersteren Falle jedoch würde ausser der Selbständigkeit der einzelnen Theile auch eine Verschiedenartigkeit ihrer Wirkung auf die Flosse je nach der Stelle ein- treten, an welcher die Befestigung an dem Flossenskelet stattfindet. v. Davıporr hat sich für die Bauch- Aosse mit Entschiedenheit gegen einen Zusammenhang zwischen Inscriptionen und Knorpelskelet aus- gesprochen (1884, p. 131, 132), und durch SEMON (1898, p. 95) sind seine Ausführungen in dieses Werk übernommen worden. Doch finde ich die Verhältnisse wesentlich anders. Die Zwischensehnen gehen nicht nur in das Perichondrium des Knorpels über, sondern die Befestigung an letz- terem wird an vielen Stellen auch noch durch besondere Muskelfasern verstärkt, welche am Knorpel inseriren oder von ihm entspringen (Taf. XXI, Fig. 5, 8, 9). Von diesen wird weiter unten noch genauer die Rede sein. Diejenigen Mm. zono-keratoidei, welche am Beginn des dorsalen Flossensaumes liegen, setzen sich gegen eine andere Gruppe derselben Fasern ab, welche mehr dem Hauptstrahl des Skelets folgen (Fig. 2, Taf. XX]). Letztere liegen über den ersteren. Ihr freier, dorsaler Rand markirt sich als eine scharfe Linie, von welcher oben die Rede war (p. 144) und welche bereits A. SCHNEIDER gesehen hat (1887, Taf. XI, Fig. 1). Dieselbe bildet anfänglich die Grenze gegen tiefer liegende Mm. zono-pterygiales und weiter distal gegen die erwähnten Mm. zono-keratoidei. Gegen die Spitze der Flosse hin verschwindet diese Grenze; die Anordnung der Muskelfasern ist dort gleichmässig fächerförmig. Die dorsale Randmuseulatur besitzt somit in den basalen Theilen eine gewisse Selbständigkeit gegenüber der axialen Muskelmasse. Die Mm. zono-keratoidei, welche am Beginn des ventralen Flossensaumes liegen, sind von den rechtwinklig abgeknickten Partien der Inscriptionen ab distalwärts zu breiten Zügen vereinigt, welche von je einer Inscription schräg zu weiter distalwärts liegenden Hornfäden hinziehen und sich einigermaassen gegen einander abgrenzen lassen (Taf. XXI, Fig. 2). Es könnte so scheinen, als ob diese Muskelbündel in ihrer Breite und in ihrem Verlauf den Seitenstrahlen des Knorpelskelets entsprächen. Es sei deshalb besonders betont, dass dies nicht der Fall ist. Es geht dies schon daraus hervor, dass dem 2. und 3. Gliede des Hauptstrahles mindestens 2 ventrale Seitenstrahlen ansitzen (Taf. XXIII, Fig. 2), dass aber z. B. an der 2. Inscriptio tendinea nur ein derartiges Bündel beginnt (Taf. XXI, Fig. 2). Die Mm. zono-pterygiales liegen im Allgemeinen unter den Mm. zono-keratoidei. Nur diejenigen ventralen Randmuskeln, welche am ı. Glied des Hauptstrahles inseriren, sind in der Ansicht von der medialen Seite her an der Oberfläche zu sehen (Taf. XXI, Fig. 3). Ausserdem sieht man am Beginn des dorsalen Flossenrandes proximal vom Beginn der Hornfäden und lateral von der Abschlusslinie der in der Richtung des Hauptstrahles verlaufenden Muskelfasern eine Reihe von Mm. zono-pterygiales frei vorliegen (Taf. XXI, Fig. 2). Diese heften sich am dorsalen Rande des I. und 2. Gliedes des Hauptstrahles und an der dorsalen Kante des distal folgenden Knorpels an, welcher das Basalsesment des 1. dorsalen Seitenstrahles bildet (Taf. XXI, Fig. ır). Die drei Insertionspunkte sind auf Taf. XXIII, Fig. 1 mit & bezeichnet. Die übrigen Mm. zono-pterygiales werden erst sichtbar, wenn man die oberflächlichen Mm. zono- keratoidei ganz abträgt oder zur Seite zieht. Am ersten Glied des Hauptstrahles sind ausser den in Fig. 3 abgebildeten, am ventralen Rande desselben befestigten Muskeln namentlich zahlreiche Fasern dort angeheftet, wo sich der kegelförmige Fortsatz desselben erhebt (Taf. XXI, Fig. 4 Proc), SCHNEIDER hat bereits darauf hingewiesen, dass dieser Fortsatz bei der Brustflosse im ventralen Abschnitt des I. Gliedes liegt (1886, p. 521). Von ihm aus zieht sich eine Insertionslinie schräg proximalwärts bis zum dorsalen 35 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 147 Rande des ı. Gliedes hin (Fig. 10), wo sie an dem Vorsprung endet, an welchem die oberflächlich liegenden Mm. zono-pterygiales inseriren und die I. Inscriptio mit ihrem proximalen Stück beginnt (Fig. ıı u. 2). Beim zweiten Glied des Hauptstrahles bietet theils die Hauptknorpelplatte, theils die an ihr befestigten dorsalen und ventralen Seitenstrahlen Insertionsflächen für Mm. zono-pterygiales (Taf. XXIII, Fig. 1; die Befestigungsstellen am Knorpel sind in der Figur durch rothe Tüpfel angegeben). An der Hauptplatte ist der ventrale und dorsale Rand bevorzugt. An ersteren sind Muskelfasern an einer Stelle angeheftet, welche ein wenig über die übrige Fläche des Knorpels dort prominirt, wo der 3. und 4. ventrale Seitenstrahl ans 2. Axenglied sich ansetzt. Man sieht die Insertion der Muskelfasern an diesem Processus (Proc.) in den Figg.5 und 6 (Taf. XXI), in welchen die oberflächlichen Fasern theils abgeschnitten, theils zur Seite gezogen sind. In der Mitte des 2. Gliedes sind keine zono-pterygialen Fasern vorhanden. Die Inscriptionen der Mm. zono-keratoidei sind vielmehr direct an den Knorpel befestigt, ohne dass Muskelfasern von diesen abgingen (Fig. 9). Am dorsalen Rande der Knorpelplatte finden sich dann wieder Insertionen, welche zu den oberflächlich liegenden Bündeln der Mm. zono-pterygiales gehören (s. p. 146). Von den Seitenstrahlen des 2. Axengliedes betrachten wir zuerst die ventralen. Dass diese nicht alle unmittelbar an der Hauptplatte des 1. Gliedes angeheftet sind, war schon GÜNTHER bekannt (1871, Taf. XXX und Textfigur p. 532). Ich zähle bei den Exemplaren, welchen Fig. 2, Taf. XXI, und Fig. ı, Taf. XXIII, entnommen sind, fünf ventrale Seitenstrahlen dieses Gliedes. Huxrey (1876, p. 49) und A. SCHNEIDER (1887, Taf. XI, Fig. 2) fanden ebenso viele Radien an dieser Stelle. Die Zahl derselben, wie der Seitenstrahlen überhaupt, ist nicht ganz constant, wie aus dem Vergleich der Abbildungen des Skelets hervorgeht, welche in der Literatur vorliegen, und wie von SEmoN (1898, p. 86) besonders hervorgehoben worden ist. Ich gehe auf diesen Punkt hier nicht weiter ein!). Von den 5 Strahlen meiner Exemplare articuliren nur die 3 inneren am Hauptstrahl; die beiden äusseren stehen nur indirect, durch Vermittelung des 3., mit demselben in Zusammenhang (Taf. XXIH, Fig. r). Die zono-pterygialen Muskeln inseriren an sämmtlichen 5 Knorpeln. Den Ansatz am 1, zeigt Taf. XXI, Fig. 7, den am 3. und 4. Seitenstrahl Fig. 6. In beiden sind die oberflächlichen zono-keratoidalen Muskeln bei Seite gezogen. Man sieht in Fig. 6, dass sich nur an den proximalen Knorpelstücken der Seitenstrahlen Ansätze finden. Vergleicht man Fig. 6, Taf. XXI, mit Fig. ı, Taf. XXIII, in welcher die Ursprungs- und Insertionspunkte von Muskelfasern durch rothe Tüpfel angegeben sind, so sieht man, dass in beiden die Insertionen nur an denjenigen Knorpeln vorhanden sind, auf welchen keine Hornfäden liegen, dass dagegen die distalen, mit Hornfäden ganz oder auch nur theilweise bedeckten Knorpelstücke frei von solchen sind. Die Anzahl der Knorpelstücke, welche den Muskeln bei jedem Seiten- strahl Insertionspunkte bieten, ist verschieden, entsprechend der Variabilität des Skelets (z. B. beim 3. Strahl in Fig. 6, Taf. XXI, 2 Knorpelstücke, in Fig. ı, Taf. XXIII, deren 3), und offenbar unwichtig. Die Richtung der Muskelfasern entspricht nicht genau der der Knorpelstrahlen, an denen sie sich ansetzen. Das ist noch deutlicher an den ventralen Seitenstrahlen des folgenden Gliedes, für welches ich in Fig. 5, Taf. XXI, eine Abbildung dieses Verhaltens gebe. Die Fasern mögen hier schon besprochen werden, weil sie bis kurz vor ihrer Insertion auf dem 4. und 5. Seitenstrahl liegen und dann erst auf den 6. Strahl, den ersten zum 3. Axenglied gehörigen, übertreten, um sich an ihn anzuheften. Man sieht deutlich, dass sie schräg über drei Seitenstrahlen hinwegziehen. Bei den Mm. zono-pterygiales, welche auf dem r., 2. und 3. ventralen Seitenstrahl liegen, ist die schräge Lage um so weniger ausgeprägt, je mehr man sich dem I. Seitenstrahl nähert (bei dem von einem derartigen Verhalten nicht gesprochen werden kann, da nur einige Muskelfasern auf seiner Fläche, die übrigen alle an seinem proximalen Rande inseriren, Fig. 7, 1) Vergl. Cap. IV dieser Abhandlung, wo die Einrichtungen am Skelet näher besprochen werden sollen. 5* 20° 148 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 36 Taf. XXI). Doch fand ich nirgends genaue Uebereinstimmung des Muskelverlaufes mit der Richtung der ventralen Seitenstrahlen. Die Mm. zono-pterygiales, welche an dem einzigen dorsalen Seitenstrahle des 2. Axengliedes inseriren, verlaufen in der Richtung desselben. Entsprechend der Breite und Stärke dieses Strahles sind die an ihm angehefteten Muskelfasern zahlreich gegenüber denjenigen der ventralen Seitenstrahlen. Auch wird die Regel eingehalten, dass die Insertionen nicht weiter als bis zu den Hornfäden reichen und dass in Folge dessen an den distalsten Knorpelstücken des Seitenstrahles keine vorhanden sind (Taf. XXIII, Fig. 1). Man sieht in Fig. 10, Taf. XXI, die Insertionen der Muskelfasern bei den Bündeln a und b genau eingezeichnet. Dieselben heften sich gruppenweise an den Knorpel an. Es besteht dabei an den einzelnen Gliedern des Seitenstrahles keine Uebereinstimmung in der Oertlichkeit der Anheftungsstellen. Die auf das 2. Glied folgenden distalen Glieder des Hauptstrahles und deren Neben- strahlen haben in den für die Mm. zono-pterygiales bestimmten Insertionspunkten so viel Gemeinsames, dass ich sie zusammen besprechen kann. Die an den proximalen Gliedern des Hauptstrahles (I und II) vor- handenen Insertionen sind hier verschwunden. Es giebt nur an den Seitenstrahlen inserirende Mm. zono-pterygiales. Dieselben sind in Fig. ı, Taf. XXIII, durch Punktirung angegeben. Man sieht, dass sie wesentlich an den Rändern der Knorpelstrahlen liegen, und zwar an den ventralen mehr am proximalen, an den dorsalen mehr am distalen Rande. Je weiter man gegen die Flossenspitze hin fort- schreitet, um so weniger weit erstrecken sich die Insertionen an den Seitenstrahlen distalwärts. Schon an denjenigen des 5. Axengliedes finden sie sich beiderseits nur noch am I. Knorpel der Seitenstrahlen. An den Seitenstrahlen des Io. und II. Gliedes sind keine Muskeln mehr angeheftet. Es reichen also die Mm. zono-pterygiales nicht so weit terminalwärts wie die Mm. zono-keratoidei. Die Anheftung an einen der distal gelegenen ventralen Seitenstrahlen zeigt Fig. 4, Taf. XXI. In dieser weicht der Längsschnitt, welcher gemacht wurde, um die Inscriptionen durch den Muskel hindurch zu verfolgen, distalwärts vom Hauptstrahl ab und folgt dem ventralen Seitenstrahl des 4. Axengliedes (S. Str). Man sieht, dass sich an diesen Muskelfasern festsetzen, während an den Gliedern des Haupt- strahles nur die Zwischensehnen befestigt sind. Musculi pterygo-keratoidei sind an der Üeratodus-Brustflosse nur spurweise vorhanden. An dem ganzen Hauptstrahl und den proximalen Seitenstrahlen suchte ich vergeblich nach solchen. Nur an distalen Seitenstrahlen fand ich einige Muskelfäserchen, welche am Knorpel in der Nähe der Hornfäden entspringen, sich mit den Mm. zono-keratoidei vereinigen und mit ihnen an den Hornfäden befestigen. Man kann sie in Fig. 4, Taf. XXI, am Seitenstrahl des 4. Axengliedes (8. Str.) eben erkennen. Ausgeprägter sind die Mm. pterygiales proprii. Dadurch, dass die Zwischensehnen aller längeren Muskeln der Ceratodus-Flosse am Knorpel befestigt sind, ist eine Wirkung von Knorpel zu Knorpel möglich. Für die Function der Muskeln kommen also gewiss die einzelnen Abteilungen der Mm. zono- keratoidei et -pterygiales als Beweger der einzelnen Knorpel gegen einander in Frage. Ohne Beobachtungen am lebenden Thier könnte man es jedoch als zweifelhaft betrachten, ob die einzelnen Abtheilungen dieser Muskeln gesonderte Contractionen ausführen. Es ist deshalb von Wichtigkeit, dass kurze Muskelfasern existiren, welche nicht zu den erwähnten Muskeln gehören, vom Knorpel entspringen und an ihm inseriren, also keine andere Function haben können als diejenige, einzelne Stücke des Flossenskelets für sich zu bewegen. Deshalb lege ich den Mm. pterygiales proprii besonderes Gewicht bei. Im Einzelnen hat man oft Schwierigkeiten, zu bestimmen, ob man es mit Theilen der langen, am Schultergürtel entspringenden Muskeln zu thun hat oder mit Fasern der hier zu besprechenden Muskeln. Am deutlichsten sind sie gesondert in den proximalen Theilen der Flosse. Am 1. Axenglied ent- 37 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse, 149 springen überall da, wo zono-pterygiale Fasern inseriren, andere, welche zum 2, Axenglied verlaufen, um an ihm Anheftung zu finden. Die Insertionspunkte liegen bei letzterem auf der dorsalen Partie der Mittelplatte und erstrecken sich von hier auf die Basalglieder des ersten dorsalen Seitenstrahles. Insertionen der letzteren Art sieht man in Fig. 10, Taf. XXI, dargestellt und mit c bezeichnet. Die vom 1. zum 2. Axen- glied verlaufenden Fasern sind in der Figur zum Theil entfernt, zum Theil durch darüber liegende Muskeln verdeckt. Doch sieht man die an der dorsalen Flossenkante befindlichen sehr deutlich in Fig. 1ı ausgeprägt. Vom zweiten Axenglied ab distalwärts sind am Hauptstrahl dorsal von der Mitte Muskel- fasern zu sehen, welche deutlich vom Knorpel entspringen (Fig. 8 und 9, Taf. XXI), aber zu der nächst- folgenden Inscriptio verlaufen. Man könnte sie also zum M. pterygo-keratoideus rechnen. Doch sieht man hier und da kleine Zwischensehnen ausgebildet, an welchen sich diese Fasern und einige dem M. zono- keratoideus angehörige anheften und welche zur Befestigungsstelle einer Inscriptio tendinea, also zum Knorpel verlaufen (Fig. 9 bei J). Aus solchen Bildern kann man entnehmen, dass eine Zugwirkung der fraglichen Muskeln auf den Anheftungspunkt der Sehne, also von Knorpel zu Knorpel stattfindet. Ventral von der Mittellinie des Hauptstrahles finden sich Mm. pterygiales proprii von dem auf das 2. Axenglied folgenden Knorpel an nicht mehr. Ebensowenig sehe ich solche an den Seitenstrahlen der betreffenden Axenglieder. Gestützt auf diese Schilderung der Musculatur der Flosse, welche sich, soweit nicht anders an- gegeben, besonders auf Bilder vom ventro-lateralen Muskel bezieht, aber bei der fast völlig über- einstimmenden Structur beider Mm. pterygiales communes auch für den dorso-medialen Flossenmuskel in allen wesentlichen Punkten stimmt, möchte ich die Bewegungsmöglichkeiten zusammenstellen, welche für die Flosse gemäss der Muskelanordnung existiren. P) Wirkung der Muskeln. Wirkung auf die Hornfäden. Betrachten wir zunächst die Wirkung derjenigen Muskeln, welche an den Hornfäden befestigt sind, so ist zu bemerken, dass diese Elemente des äusseren Skeletsystems bei allen Ichthyopterygiern (GEGENBAUR, 1865, p. 139) nicht im Zusammenhang mit dem inneren Skelet, dem Knorpel, stehen. Die proximalen Enden dieser Hornfäden liegen eine ziemlich beträchtliche Strecke lang auf den knorpeligen Seitenstrahlen (Fig. 11), Taf. XXIII), so dass also jeder Seitenstrahl mit seinem distalen Ende zwischen zwei Platten dicht neben einander liegender Hornfäden hineinragt. Die Muskeln umfassen mit ihren Endsehnen den Anfang der Hornfäden. Contrahiren sie sich, so müssen sie die Elemente des äusseren Skelets in die Richtung auf ihre Ursprungspunkte hin, sei es auf den Schultergürtel, sei es auf die Seitenradien des Hauptstrahles hin zu verlagern suchen. Es zieht dabei jedes an einem Hornfaden angeheftete Muskelbündel nach Art eines Seiles, mit welchem irgend ein Gegenstand geschleppt wird, an ihm. Denn die Richtung der Muskelfasern stimmt ungefähr mit derjenigen der Hornfäden überein (Taf. XXI, Fig. 2). Eine Hebel- wirkung könnte höchstens an den proximo-ventral liegenden Hornfäden in Betracht kommen, da hier eine ziemlich stark ausgeprägte Winkelstellung zwischen ziehenden und gezogenen Elementen auftritt. Doch gehören gerade diese Hornfäden zu den schwächsten und jedenfalls functionsuntüchtigsten Gebilden ihrer Art. Ausserdem hängen sie durch straffes Bindegewebe so fest mit ihren Nachbarn zusammen, dass durch diese eine Winkelbewegung in der Richtung auf die Flossenspitze hin wahrscheinlich verhindert wird. Ueberhaupt muss man sich in Folge des innigen Zusammenhanges der Hornfäden, welcher durch Binde- gewebe und durch die Befestigungen in der Haut hergestellt wird, die Bewegung derselben mehr als eine 5 ı) Die Figur zeigt nur die Anfänge der Hornfäden. Man ergänze dieselben nach Taf. XXI, Fig. 2. 150 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusilosse. 38 gemeinsame, flächenhafte vorstellen (selbst wenn nur wenige Muskelfasern sich contrahiren), nach Art der einzelnen Phasen der Wellenbewegung, welche MAREY (1803) bei Rochenflossen beobachtet hat, und nicht als eine gesonderte Action der einzelnen Theile des äusseren Skelets. Die Zugwirkungen der Hornfädenmuskeln auf das äussere Skelet werden deshalb Biegungen der Flossenfläche zur Folge haben müssen. Je nach der Zahl der Muskelfasern, welche gleichzeitig zur Con- traction gelangen, biegen sich grössere oder geringere Theile der Flossenfläche ein. Denkt man sich alle Fasern in Contraction, so kann man die Gestalt, welche die Flossenfläche annehmen muss, mit der Form vergleichen, welche die menschliche Hand annimmt, wenn man mit ihr Wasser zu schöpfen versucht. Das knorpelige Skelet spielt bei diesen Bewegungen nur eine passive Rolle, indem es der Flosse im Wesentlichen inneren Halt verleiht, ohne sie starr zu machen, und auch im geringen Grade Muskeln Ursprungspunkte gewährt, welche die Action mit hervorbringen (Mm. pterygo-keratoidei). Man muss dabei im Auge behalten, dass die Gelenke, wie SEMON (1898, 1899) gezeigt hat, mit Ausnahme der beiden vordersten, „Vollgelenke“ sind, d. h. nur eine geringe Beweglichkeit der Theile, welche sie verbinden, gestatten. Von grosser Wichtigkeit sind bei der Art dieser Bewegung die Befestigungen der Muskeln am Knorpelskelet durch die Zwischensehnen. Denkt man sich diese fort, so würden einmal die Hornfäden- muskeln sehr lange Fasern besitzen, die wir als langsame Muskeln kennen, während der Fisch so in ihnen Systeme von kurzen Muskeln zur Verfügung hat, die Schnelligkeit mit Kraft der Wirkung verbinden. Bei jeder kräftigeren Zugwirkung würden die Muskeln, wenn sie mit dem Flossenknorpel nicht in Zusammen- hang ständen, versuchen, die Hornfäden in gerader Linie gegen den Schultergürtel zu bewegen (b, d Textfigur 1). Dabei hätten sie den Widerstand des Knorpels zu überwinden, welcher ungefähr in derselben Richtung liegt, und müssten diesen durchbiegen, wie dies die Textfigur 1 zu veranschaulichen sucht. Da sie jedoch mit dem Knorpel in Verbindung stehen, so ist einmal, wie dasselbe Schema zeigt, die Form der gebogenen Flosse eine viel günstigere für die Ruderbewegung, da erst durch die Zwischensehnen der Zu- stand hervorgerufen wird, welchen ich oben mit der zum Schöpfen bereiten Menschenhand verglich. Wie wichtig gebogene Formen für die Ruderwerkzeuge sind, kann man an der Stellung der eigenen Hand beim Schwimmen ermessen und an der Gestalt erkennen, welche vielfach die Schiffer ihren Rudern zu geben pflegen. Es gilt dies natürlich auch für den Fall, dass der Effect der Flossenbewegung in der Steuerung des Thieres besteht, wie es den Anschein hat. Denn diese Steuerung wird durch eine Ruderbewegung der einzelnen Flosse wenn nicht ausschliesslich bewirkt, so doch wesentlich gefördert werden. Andererseits würden die Hornfäden Gefahr laufen, von den Knorpelstäben des inneren Skelets mit ihren proximalen Enden abgehoben zu werden, wenn die Zwischensehnen nicht am Knorpel befestigt wären und wenn die Contraction erfolgte, wie es durch die mit b bezeichneten Contouren der Textfigur I an- gedeutet wird. Wie wichtig dieser Punkt ist, geht auch daraus hervor, dass an den seitlichen Rändern der Flossen, an welchen die Inscriptiones tendineae aufhören, andere Mechanismen auftreten, welche ein Ab- weichen der Musculatur vom Knorpel verhindern und dadurch die Hornfäden vor einer Lostrennung von diesem schützen. Es sind das die Mm. zono-pterygiales, welche sich an diesen Stellen am Knorpel befestigen und bis an diejenigen Glieder heranreichen, welche von den Hornfäden bedeckt sind. Ihre Wirkung; ist nach Textfigur 3 (Fasern zu 1, 2 und 5) eine ganz ähnliche wie diejenige, welche durch Vermittelung der Inscriptionen erfolgt. Wirkung auf den Knorpel. Es knüpft sich hieran die Analyse der Bewegungsmöglichkeiten an, welche den ührigen am Knorpel inserirenden Muskelfasern auf Grund des morphologischen Befundes zuzuschreiben sind. Es kommt da zunächst die specielle Wirkung der Inscriptiones tendineae auf den Knorpel in Frage. Dass eine 39 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. I5I solche bestehen muss, ist nach der Art der Anheftung und der verstärkenden Wirkung direct am Knorpel inserirender Muskelfasern sicher. Doch hängt die specielle Form der Bewegung, welche dem Knorpelskelet durch Zug an den Zwischensehnen ertheilt wird, von der Form der Inscriptionen und der Lage ihrer An- heftungslinie am Skelet ab. Ich habe beides in Textfigur 2 durch breite, schwarze Linien angegeben, indem ich mit Benutzung der Zeichnungen auf Taf. XXI und XXIII halbschematisch die Zwischensehnen, so wie sie sich in ihrer vollen Entfaltung, (meistens im Oberflächenbild) präsentiren, auf ihre natürliche Anheftungs- stelle am Skelet übertrug. Man sieht, dass die Inscriptionen so zum Skelet orientirt sind, dass durch Zug an denselben im distalen Theile der Flosse immer ein Glied des Hauptstrahles mit seinen dorsalen und ventralen Seitenstrahlen als ein Ganzes gegen das vorhergehende und folgende bewegt werden muss. Die beweglichen Verbindungen zwischen je einem Axenglied und den zugehörigen Seitenstrahlen haben die Form eines Charniergelenkes von folgender Gestalt /" N (vergl. die gestrichelte Linie a in Textfigur 2), natürlich mit dem wichtigen Unterschied, dass letztere bei höheren Thieren Diarthrosen, erstere Synarthrosen sind, wie wir durch SEMON (1898, 1899) wissen. In Folge dessen kann die Excursion der Bewegungen, welche durch den Zug an den Zwischensehnen erzeugt werden, keine sehr grosse sein. Fig. I. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 1. Längsschnitt durch den Axenstrahl der Ceratodus-Flosse. G Extremitätengürtel (quer getroffen), / Basalglied des Axenstrahles (I. Mesomer), a Musculatur bei flectirter Flosse, ce Hornfäden bei flectirter Flosse, b Lage der Musculatur bei mangelnder Befestigung derselben am Axenstrahl, d Lage der Hornfäden in diesem Falle. Fig. 2. Ursprünge von Muskelfasern am Knorpel der Ceratodus-Flosse mit Kreuzen, Insertionen mit Tüpfeln bezeichnet. Die Richtung der Muskelfasern ist durch feine Strichelung, diejenige der Inscriptiones tendineae durch dicke schwarze Linien angegeben. Die schwarze Strichellinie a zeigt die Form eines distalen Vollgelenkes an. Fig. 3. Längsschnitt durch die beiden basalen Glieder des Axenstrahles der Ceratodus-Brustflosse (I und I/) und durch den ersten präaxialen Seitenradius (1-4). Vergl. Figurenerklärung Fig. ı. In der Musculatur der concaven Seite sind die Systeme der Mm. zono-keratoidei, zono-pterygiales und pterygiales proprii angegeben. Die von anderen Muskeln verdeckten Fasern sind mit punktirten Linien gezeichnet. Die Verhältnisse ändern sich am’ Flossenstiel insofern, als die 2. Inscriptio ausser dem dorsalen Theile, welcher, wie bei den distalen Zwischensehnen, längs dem Seitenstrahl orientirt ist, auch noch einen solchen besitzt, welcher quer zu demselben verläuft. Dasselbe wäre bei der I. Zwischensehne der Fall, wenn noch ein dorsaler Seitenstrahl existirte. So verläuft der proximale, hier vom distalen Theile völlig getrennte Schenkel schräg zum dorsalen Rande der Knorpelplatte, welche allein das I. Glied aus- macht. Diese Besonderheit der beiden proximalen Zwischensehnen macht ihrer Orientirung nach schon eine specielle Anpassung derselben an den vordersten dorsalen Seitenstrahl wahrscheinlich. Es wird dies bestätigt durch die Anordnung der Muskelfasern. 152 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 40 Ich habe in Textfigur 2 die Richtung der Muskelfasern mit feinen gestrichelten Linien und die Anheftungsstellen am Knorpel mit Punkten und Kreuzen bezeichnet. Berücksichtigt sind nur solche Muskel- fasern, welche unmittelbar dem Knorpel aufliegen und an ihm inseriren. Behält man im Auge, dass die Knorpelradien mit ihren Enden eine Strecke weit zwischen die Hornfäden hineinragen, dass an vielen Stellen (z. B. am ventralen Rande) die Richtung der Seitenradien und der an ihnen inserirenden Muskel- fasern mit einander nicht übereinstimmt, aber eine Bewegung der Radien in der Ebene der Flossenfläche durch die eng an einander gepresste Lage sämmtlicher Strahlen in dieser ausgeschlossen erscheint, so kann unmöglich an eine isolirte Bewegungsmöglichkeit der Knorpelradien durch die auf sie direct wirkenden Muskeln gedacht werden. Vielmehr hat man sich die Bewegung, welche durch den Zug an den Knorpel- strahlen hervorgerufen wird, vorzustellen als eine Krümmung des benachbarten Theiles des Hornfäden- saumes, welche synergistisch mit den Mm. zono-keratoidei wirkt. Von besonderer Wichtigkeit muss dieser Mechanismus einer einheitlichen Wirkung von Hornfäden und benachbarten Knorpelradien sein, da durch ihn, wie aus Textfigur 3 hervorgeht, ein Abheben oder gar Losreissen der Hornfäden von den Strahlen in der Richtung auf die Ursprungspunkte ihrer Muskeln hin verhindert wird. Diese Muskelfasern ersetzen also, wie oben bereits erwähnt wurde, für die Seitenstrahlen die Zwischensehnen, welche wesentlich am Hauptstrahl vorkommen und nur wenig auf die Seitenstrahlen übergreifen. Dies wird auch dadurch wahr- scheinlich, dass umgekehrt die Hauptstrahlenglieder frei von Insertionen zono-pterygialer Muskeln sind. Eine Ausnahme machen jedoch diejenigen Muskelfasern, welche sich zum I. und 2. Axenglied und I. dorsalen Seitenstrahl begeben. Letztere laufen in der Richtung der Länge des Seitenstrahles Da sie ausserdem von Zwischensehnen durchbrochen werden, welche quer zur Längsaxe des Seitenstrahles orientirt sind, so erscheint eine besonders kräftige Action dieser Muskeln gerade auf den Knorpelstrahl wohl möglich. Da: die dorsalen Radien lockerer stehen und weniger fest mit einander verbunden sind als die ventralen, so liegt kein Hinderniss für eine relativ selbständige Bewegung des Seitenradius vor. ‘Schliess- lich sind die Hornfäden, welche ihn an seinem distalen Ende einschliessen, in Rückbildung begriften. Denn ihre Zahl und Ausdehnung in proximaler Richtung schwankt bei den verschiedenen Exemplaren ziemlich. In Taf. XXIII, Fig. ı ist ein extrem starkes Uebergreifen auf den Knorpel (bis zum 3. Querglied), in Taf. XXI, Fig. 10 ein geringeres (bis zum 4. Querglied) gezeichnet. Dabei liegen die Hornfäden nicht so dicht wie weiter distalwärts im Flossensaum; sie sind sehr kurz im Verhältniss zu den anderen. Es ist-deshalb wohl an- zunehmen, dass die vom Flossensaum freie Partie des dorsalen Flossenrandes durch eine Reduction des Saumes entstanden ist. Wissen wir doch, dass Reductionen an dieser Stelle eingetreten sind, da ein dorsaler Seitenstrahl des ersten Axengliedes bei ausgebildeten Flossen nur ausnahmsweise angetroffen wird, sich entwickelungsgeschichtlich jedoch wie alle anderen anlegt (Semon, 1808, p. 73). Mit der Rückbildung der Hornfäden muss das erste persistirende Paramer relativ selbständig in seiner Bewegungsfreiheit geworden sein, da die Anordnung der Musculatur einer solchen günstig ist und selbst Zeichen einer selbständigen Differenzirung besitzt (p. 146). Die kurzen Hornfäden, welche in meinen Exemplaren dem distalen Theile desselben auflagern, können Bewegungen des Knorpels kaum erheblichen Widerstand entgegensetzen. Doch sind nicht alle Muskelfasern, welche am ı. dorsalen Seitenstrahl inseriren, parallel zu seiner Axe orientirt. Diejenigen, welche vom I. Axenglied kommen, verlaufen schräg zu ihr (Taf. XXIII, Fie. I) und können, da nach dieser Richtung keine Nachbarstrahlen vorhanden sind, ein wenig den Knorpel auf den Schultergürtel hin bewegen, soweit dies durch die Befestigung am Flossenrand gestattet ist. Es ist wohl möglich, dass diese Muskeltheile ursprünglich zu dem dorsalen Seitenstrahl des 1. Axengliedes gehörten und mit dem Ver- schwinden dieses an dem folgenden Seitenstrahl auftraten. Die Orientirung des proximalen Stückes der I. Zwischensehne, welche der Ansatzstelle des verschwundenen Radius entspricht, ist dieser Annahme günstig. 4ı Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse, 153 Was für den besprochenen Seitenstrahl gilt, ist in erhöhtem Maasse für die beiden proximalen Axenglieder bezüglich ihrer speciellen Bewegungsmöglichkeiten zu sagen. Auch hier ist es offenbar die Reduction des Flossensaumes und der ursprünglich ihnen zur Seite liegenden Knorpel, welche eine freiere Beweglichkeit hervorgerufen hat, wie dies oft hervorgehoben worden ist. Die Muskeln zeigen eine ent- sprechende Specialisirung, namentlich am 1. Glied. Gruppen von Fasern, welche am ventralen Processus des 1. Axengliedes inseriren, werden im Sinne einer Flexion!) der Flosse nach auswärts und einer Abduction!) nach abwärts beim ventro-laterälen, einer entgegengesetzten Bewegung in beiden Richtungen beim dorso-medialen Muskel wirken. Die Rotation!) des Gliedes um die Längsaxe wird beim ventro-lateralen Muskel durch Fasern besorgt, welche schräg zu den erwähnten verlaufen und am dorsalen Rande des I. Axengliedes befestigt sind. Sie sind in Textfigur 2 eingezeichnet. Da der ganze ventro-laterale Muskel nicht nur in der Höhe der Flossen- axe entspringt, sondern namentlich ventralwärts davon auf die Clavicula seine Ursprünge ausdehnt, so muss diesen schräg verlaufenden Fasern eine besonders kräftige Drehwirkung innewohnen, welche den oberen Rand der Flosse nach abwärts zu richten vermag. Die Flossenfläche ändert dabei ihre Lage derart, dass sie von der senkrechten Stellung allmählich in die horizontale übergeht, um sich darauf wieder in die senkrechte zu verwandeln, jedoch so, dass die früher laterale Fläche sich dem Körper des Fisches zu, also medialwärts wendet. Die entgegengesetzte Bewegung werden die dorsal am Cleithrum entspringenden und zum ventralen Flossenrand verlaufenden Muskelfasern des dorso-medialen Muskels einleiten können. Doch fehlen hier speciell entwickelte Bündel wie die oben beschriebenen. Die Bewegung kann deshalb nicht die Kraft besitzen wie diejenige, welche den dorsalen Flossenrand in ventrale Lage zu bringen versucht. Die am 2. Axenglied inserirenden Muskelbündel wirken ihren Insertionspunkten gemäss (Textfigur 2) auf den dorsalen und ventralen Rand, während die Mitte frei ist. Der ventrale Rand springt wenig über die Flossenaxe hinaus, und speciell der kleine Processus, welcher sich an ihm findet und die Insertionen fast aller Muskelfasern auf sich trägt, liegt in der Verlängerung des Axenrandes. Es können in Folge dessen kaum erhebliche Drehbewegungen durch die an ihm inserirenden Muskelfasern hervorgerufen werden. Sie müssen beim äusseren Muskel im Sinne einer Flexion nach aussen, beim inneren einer solchen nach innen wirken. Die am dorsalen Rande des 2. Axengliedes angehefteten Fasern könnten bei der starken Breiten- entwickelung des Gliedes an dieser Stelle sehr wohl dasselbe um die Flossenaxe in Rotation versetzen. Es fehlen aber die schräg verlaufenden Faserbündel wie beim I. Gliede, deren Ursprung ventral vom Insertions- punkt liegt. In Folge dessen wird die drehende Wirkung keine so beträchtliche wie bei diesem sein. Ueberblicken wir die Bewegungsmöglichkeiten, welche der Brustflosse auf Grund ihrer morpho- logischen Einrichtungen gegeben sind, so können wir scharf auseinanderhalten einmal solche, welche auf Krümmungen und Biegungen der Flossenfläche in Bogen- oder Wellenlinien hinaus- laufen. Dieselben wurden von Mm. zono-keratoidei, pterygo-keratoidei und den distalen Mm. zono-pterygiales abgeleitet. Andererseits giebt es Bewegungen, welche zu ausgesprochenen Winkelstellungen, sei es der ganzen Flosse zur Rumpfwand, sei es einzelner Skeletstücke der freien Flosse zu anderen führen. Von diesen sind am ausgiebigsten diejenigen zwischen Schultergürtel und erstem Axenglied. Die an letzterem inserirenden Mm. zono-pterygiales lassen Flexionen nach aussen und innen, Rotationen und, da es sich nicht um rein dorsale und ventrale, sondern um ventro- I) Ich bezeichne im Folgenden mit Rücksicht auf den Sprachgbrauch bei höheren Thieren stets alle um eine senkrecht zum Mittelstrahl, aber in der Flossenebene liegende Axe erfolgenden Bewegungen als Flexionen, alle um eine senkrecht zum Mittelstrahl und zur Flossenebene liegende Axe möglichen Knickungen als Ab- und Adductionen und nenne bei denjenigen, bei welchen die Axe in der Flossenebene und im Mittelstrahl liegt, die Verschiebungen in den einzelnen Gelenken: Rotationen. Die Gesammtbewegung der Flosse im letzteren Falle würde als Torsion zu bezeichnen sein, wenn in mehreren Gelenken gleichzeitig Rotationen erfolgen. Jenaische Denkschriften. IV. 6 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 21 154 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 42 laterale und dorso-mediale Muskeln handelt, auch dorsal- und ventralwärts gerichtete Abductionen (Elevationen und Depressionen) möglich erscheinen. Weniger ausgeprägt sind de Winkelbewegungen zwischen erstem und zweitem Axenglied, da nur Flexionen aus dem Muskelverlauf abgelesen werden konnten. Für Rotationen sind keine besonderen Elemente vorhanden. Sie sind wohl möglich, aber weniger ausgiebig als diejenigen im Schultergelenk. Ob Abductionen bei der in dorso-ventraler Richtung recht breit gezogenen Gelenkfläche möglich sind, ist unwahrscheinlich. Schliesslich ist dem ersten dor- salen Seitenradius eine besonders freie Winkelbewegung gegenüber der Flossenfläche im Sinne einer Flexion zuzuschreiben auf Grund der an ihm inserirenden Muskelfasern, der Besonderheit der Zwischen- sehnen derselben und des relativen Zurücktretens der Hornfäden, welche bei den übrigen Seitenradien eine isolirte Beweglichkeit verhindern. Beobachtungen am lebenden Thier. Mit dieser morphologischen Analyse der Flossenbewegungen stimmen die Beschreibungen derselben, welche von Beobachtern des lebenden Thieres bisher gegeben worden sind, gut überein. E. P. Rausay (1877) lieferte eine zwar kurze, aber sehr genaue Mittheilung über die Bewegungen gefangener Lungenfische. SEMoN (1808), welcher den Fisch theils in der Freiheit, theils in der Gefangenschaft, aber unter ungünstigen äusseren Verhältnissen (während seines Lagerlebens im australischen Busch) beobachtete, erschliesst mehr aus der ganzen Lebensweise und der Art der Gewässer, welche dem Lungenfisch zum Aufenthalt dienen, auf die Art der Bewegungen seiner Flossen. Deshalb sind die Bestätigungen seiner Schlüsse besonders werthvoll, welche die auf seine Veranlassung im Zoologischen Garten in London an Gefangenen unter Fig. 4. Ceratodus Forsteri, auf den aufgestemmten paarigen Flossen und dem Schwanze ruhend. Nach einer Skizze von A. THOMSON (London), gezeichnet von A. GILTSCH (publ. von SEMON, Zool. Anz., Bd. XXII, 1899, p. 298). günstigeren Umständen von Mr. ARTHUR THONSoN angestellten Beobachtungen, wie SEMON (I899, P- 297) berichtet, ergeben haben. Ramsay und SEMON-THoMSoN schildern verschiedene Arten von Schwimm- bewegungen, bei welchen entweder die Flossen gar nicht benutzt werden oder nach Art der „Schwebe- bewegungen einer Fahne in einem sanften Winde“ (Tmomson) functioniren. Es kommen also dabei nur Bewegungen von undulirender Form, keine Winkelbewegungen vor. Letztere wurden dagegen von Ramsay und THoMmson übereinstimmend in einer Reihe von Beobachtungen des ruhenden Fisches gesehen. Die Thiere liegen manchmal mit leicht aufgerichtetem Vorderkörper auf dem Boden, indem sie sich auf denselben mit den an der Basis vertical nach abwärts gerichteten Brustflossen stützen, während die Bauchflossen nach hinten gerichtet sind; oder endlich „beide Flossenpaare sind nach abwärts aufgestemmt und erheben, zusammen mit dem Schwanze, den Vorderkörper I—-2 cm frei über den Boden“. Letzteres beobachtete THomson. Die nach seiner Skizze von A. GILTSCH ausgeführte Zeichnung reprodueire ich in Textfigur 4. Die Brustflosse ist hier einmal um ihre Axe torquirt, so dass der dorsale Rand mit seinem distalen Theile nach unten gerichtet ist und den Boden berührt. Der proximalste Punkt, welcher mit dem Boden in Berührung steht, auf welchem also vor allem das Körpergewicht lastet, entspricht, wie ein Vergleich von Textfigur 4 mit Taf. XXI, Fig. 2 lehrt, ziemlich genau der Stelle, wo der Hornfadenbesatz beginnt, also dem distalen Ende des I. dorsalen Seitenstrahles (Taf. XXIII, Fig. 1). Ferner ist der distale Theil der Brustflossenplatte gegen den proximalen Theil und den Flossenstiel flectirt. Denn ersterer liegt dem Boden an, letztere stehen „vertical nach abwärts“. 43 Die Muskeln und Nerven der Ceratodustlosse. 155 Wir sehen in dieser Stellung die hauptsächlichen Winkelbewegungen realisirt, welche nach dem morphologischen Befund zu erwarten waren. Die Rotationsbewegung erfolgt in der Richtung der schrägen Bündel des ventro-lateralen Muskels, welche am vollkommensten einer solchen angepasst erschienen (Taf. XXI, Fig. 10). Die Flexion ist zum Theil latent in der Brustflossenstellung der Textfigur 4 ausgedrückt, indem das erste und zweite Axenglied und von den Seitenstrahlen wesentlich das erste dorsale Paramer die Stemmfunction übernehmen, also durch eine gegen den Boden gerichtete Wirkung eine Einknickung der zwischen ihnen liegenden Gelenke vermeiden und dadurch den Körper des Thieres tragen. Diese Wirkung kann deshalb als eine Flexion aufgefasst werden, welche die Flosse aus ihrer Ruhestellung nach aussen, aus der rotirten Stellung der Textfigur 4 jedoch nach unten bewegen (knicken) würde, wenn diese Action nicht durch den Gegendruck der Körperlast in den basalen Gelenken aufgehoben (latent) würde. Die ohne weiteres erkennbare Flexion der distalen Theile dürfte eine passive sein. Letztere fallen schon ihrer Schmächtigkeit halber kaum für die Stützfunction in die Wagschale. Mit der Rotation ist eine Bewegung der Flossenspitze nach unten verbunden, welche durch die Abknickung derselben in die Horizontale weniger zum Ausdruck kommt, als dem wirklich vorhandenen Grade der Winkelstellung entspricht. Es ist dies im Sinne meiner obigen Definition eine Abductions- stellung, welche sich, entsprechend der Wirkung des ventro-lateralen Muskels, in der Richtung nach abwärts an die Rotation nach aussen anschliesst. Soweit die ‚vorliegenden Beobachtungen am lebenden Thier einen Vergleich mit dem anatomischen Befund gestatten, ergiebt sich das Resultat, dass die Flächen- und Wellenbewegungen der Flosse und das sie erzeugende Zusammenspiel von Muskeln und Skelettheilen beim Schwimmen im freien Wasser wirken, die Winkelstellungen und die bei ihnen betheilisten Elemente beim Aufstützen auf dem Boden in Anwendung kommen. 2. Die Muskulatur der Beckenflosse, Bei der Beschreibung der Musculatur der Beckenflosse des Ceralodus. kann ich ganz kurz sein und überall auf die Verhältnisse an der Brustflosse verweisen. Ich gebe in Taf. XXI, Fig. ı ein Oberflächenbild, um zu zeigen, dass die Uebereinstimmung mit demjenigen der Brustflosse (Taf. XXI, Fig. 2) eine fast vollständige ist. Man beachte bei der Beckenflosse besonders die mit dieser gemeinsame Ver- schiedenheit der beiden lateralen Contouren des Musc. pteryg. comm. von einander, ferner die Anheftung der Muskelfasern am proximalen Theil des linken Randes am Flossencontour, ohne Vermittelung von Hornfäden. Auch das Verhalten der Inscriptionen ist bei beiden Flossen sehr ähnlich. Nur ist bei der Beckenflosse statt zweier proximaler Zwischensehnen wie bei der Brustflosse nur eine, die vorderste, in zwei Schenkel getheilt. Doch ist dieses Unterscheidungsmerkmal kein constantes. Die von HumpHRY (1872, B, Fig. 34) abgebildete axial verlaufende Zwischensehne der Beckenflossenmusculatur finde ich eben- sowenig wie alle übrigen Nachuntersucher und kann in Folge dessen auch den Schlüssen, welche der Autor an dieselbe knüpfte, nicht folgen. Auch in der inneren Structur des Beckenflossenmuskels finde ich eine so getreue Recapitulation der Brustflossenverhältnisse, dass ich auf Abbildungen ganz verzichten kann. Einige, übrigens unwesentliche Einschränkungen werde ich unten an die Besprechung der v. Davınorr’schen Befunde anknüpfen. Achtet man jedoch auf die Stellung der in Fig. ı, Taf. XXI, gezeichneten Flosse, so ist im Auge zu behalten, dass dieselbe den auf der medialen Seite des Knorpelskelets liegenden Muskel darstellt, während Fig. 2 den auf der lateralen Seite befindlichen veranschaulicht. Beide Flächen bilden einen Winkel von 180° mit einander. Man müsste demnach erwarten, dass die beiden Bilder, wenn die Musculatur 6* 21* 156 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 44 beider Flossen identisch wäre, sich spiegelbildlich zu einander verhielten. Dies ist nicht der Fall. Wir ersehen auch aus der Abbildung von THouson (meine Textfigur 4, p. 154), dass der Fisch seine Brustflosse fast um 180° rotirt, um sie in dieselbe Stützstellung zu bringen wie die Beckenflosse. Es müssen also die Flossen selbst um 180° zu einander gedreht sein, wenn die Uebereinstimmung der Muskel- structur eine ursprüngliche ist. Die Idee von einer Rotation der Flossen in entgegengesetztem Sinne ist zuerst von A. SCHNEIDER (1886, p. 521) auf Grund von Beobachtungen über die äussere Form und das Skelet der Flossen ausgesprochen worden. Inwieweit es gerechtfertigt ist, eine solche anzunehmen, möchte ich erst zur Sprache bringen, wenn ich weiter unten meine Befunde am Nervensystem der Flosse mitgetheilt habe. Hier habe ich noch der eingehenden Mittheilungen von v. DAvIDoFF (1884) über die Musculatur der hinteren Extremität zu gedenken, theils um meine Beschreibung derselben zu ergänzen, theils um zu zeigen, wie viele von den oben an der Vorderflosse unterschiedenen Faserkategorien bereits bei dieser durch die Arbeit jenes Autors bekannt waren. Ich ordne dabei seine Beschreibung in meine Muskelkategorien ein. Befestigungen der Muskeln ; Zwischensehnen. v. DAviDorF (1884, p. 128—137) beschrieb bei der Bauchflosse den Ursprung der beiden Haupt- muskeln und gab an, dass beide ventral liegen. Doch glaube ich, dass man auch hier, soweit die relative Lage der beiden Hauptmuskeln zu einander in Frage kommt, von einem mehr dorsalen und einem mehr ventralen Ursprung reden kann. Denn v. DaviporrF fand die Anheftungen der Muskelfasern des einen auf den medialen Theil des Beckenknorpels beschränkt. Es kommt sogar in der Sagittalebene zu einer Verschmelzung der entsprechenden Flossenmuskeln beider Antimeren (l. c. p. 136). In geringem Grade fand ich dies auch bei meinem Exemplaren. Der andere Muskel dagegen erstreckt sich mit seinem Ursprung auf die lateralen Theile des Beckenknorpels, so dass zwischen den beiderseitigen Muskeln stets die ventral und medial angeheftete Musculatur zu finden ist. Besonders charakteristisch für das Lageverhältniss ist weiterhin eine vom übrigen Muskel getrennte Ursprungsportion des lateral am Becken entspringenden Hauptmuskels, welche nicht am Becken, sondern an der Rumpffascie, dorsal vom Beckenknorpel, befestigt ist. Da dem letzteren ein dorsaler Theil fehlt, welcher mit der vom Cleithrum bedeckten dorsalen Hälfte des primären Schulterbogens verglichen werden könnte, so ist die Aehnlichkeit dieses mehr dorsal liegenden Muskelursprungs mit dem am Cleithrum befestigten, dorsalen Muskelursprung der Vordertlossen- muskeln der Lage nach sehr auffallend. Man kann also auch bei der Beckenflosse wie bei der Brustflosse einen ventral entspringenden Musc. pterygiales communis von einem dorsal entspringenden unterscheiden. Bezüglich des weiteren Verlaufes und der Insertion machte v. DavIDorF darauf aufmerksam, dass der ventrale Muskel sich auf die mediale Flossenfläche begiebt und hier inserirt, der dorsale dagegen auf der lateralen Anheftungen findet. Auch hier äussert sich das direct entgegengesetzte Ver- halten der Musculaturen beider Flossen, da bei der Brustflosse ein ventro-lateraler Muskel von einem dorso-medialen zu unterscheiden war (p. 143). Die Inscriptiones tendineae wurden von v. DAvIDorFF nicht genauer beachtet. Mit der Be- hauptung, dass die Zwischensehnen nicht im Zusammenhang mit dem Knorpel ständen (1884, p. 131-132), kann ich meine Befunde an der Beckenflosse ebensowenig in Einklang bringen wie diejenigen an der Brustflosse (p. 146). Kategorien von Muskelfasern. Die Mm. zono-keratoidei werden von v. DAVIDOFF in zwei verschiedenen Schichten gefunden. Einmal werden sie als Bestandtheil einer oberflächlichen, der Axe des Skelets folgenden Schicht („Stammmusculatur“), ferner aber als Theile der auf den Radien liegenden tiefen Schicht („Radial- wu 45 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 157 musculatur‘) beschrieben. Es stimmt dieses aber nur für die ventrale Seite der Flosse, und zwar auch nur für deren proximalen Theil. Hier decken in der That, genau wie bei den Muskeln am dorsalen Rande der Brustflosse, oberflächliche Muskelfasern, welche in der Richtung der Flossenaxe verlaufen, tiefere, welche sich zu den seitlichen Hornfäden begeben. Es existirt auch die der Längsaxe parallel verlaufende Begrenzungslinie der oberflächlichen Schicht wie bei der Brustflosse. Sie beginnt wie bei dieser an der I. Inser. tend. und berührt die ventralen Enden der 2—3 folgenden Zwischensehnen (vergl. Taf. XXI, Fig. I und 2). Im ganzen übrigen Flossenmuskel dagegen, also im ganzen distalen Abschnitt und ebenso proximal auf der dorsalen Partie, fehlt diese Schichtung. Die axialen Muskelbündel gehen ohne scharfe Grenze in die lateralen über. Es besteht also bei dieser Faserkategorie eine völlige Uebereinstimmung zwischen Brust- und Beckenflosse. Die Mm. zono-pterygiales der Beckenflosse sind nach v. DavıvorF über dem Axenstrahl auf das I. Mesomer (,„Zwischenstück‘‘ dieses Autors) beschränkt. Sie bilden 2 Muskeln, welche, wenigstens an der dorso-lateralen Gliedmaassenfläche, gut gegen einander abgesetzt sind, und von welchen der eine an einem dorsalwärts, der andere an einem ventralwärts gerichteten Theil des I. Axengliedes (Processus) inserirt. Bis hierhin sind die Verhältnisse mit denjenigen an der Brustflosse identisch. Dagegen fehlt die Ueberkreuzung der Muskelbündel, welche bei letzterer beobachtet wurde, da die tiefen Fasern nicht schräg wie dort (Taf. XXI, Fig. 10), sondern parallel zu den übrigen (v. DAvivorr, Taf. IX, Fig. 5) verlaufen. Es hängt dies wohl damit zusammen, dass die Beckenflosse der Rotation nicht bedart, welche die Brustflosse ausführen muss, um in die „Stützstellung“ zu gelangen (Textfigur 4). Die übrigen Muskelfasern dieser Kategorie inseriren an den Seitenradien des Knorpelskelets. v. Davıporr findet nur ein Bündel, welches er auf der dorso-lateralen Gliedmaassenfläche als separaten Muskel beschreibt und abbildet (Taf. VIII, Fig. 3 ab). Dasselbe inserirt am basalen Glied des I. ventralen Seitenstrahles.. Es ist das dieselbe Muskelgruppe, welche auch bei der Brustflosse an entsprechender Stelle (an der dorsalen Flossen- kante) existirt. Sie ist aber auch an der Beckenflosse, wie bei jener, am I. und 2. Axenglied ausser der oben erwähnten Stelle befestigt (in Taf. XXIII, Fig. ı mit X bezeichnet). Ausser diesem, von v. Daviporr bereits erwähnten Muskelbündel giebt es noch zahlreiche andere, welche an den Seitenradien inseriren. Sie vertheilen sich wie bei der Brustflosse (Taf. XXIII, Fig. 1) auf die basalen Glieder aller Seitenradien (dorsaler und ventraler) und fehlen nur den distalsten. Die Mm. pterygo-keratoidei fehlen in der Beschreibung v. Davıporr’s ganz. Nach meiner Beobachtung sind sie nur als spärliche Fasern entwickelt und finden sich wie bei der Brustflosse aus- schliesslich an den distalen Gliedern der Parameren. Die Mm. pterygiales proprii sind nach v. Davıporr im proximalen Theil der Bauchflosse sehr zahlreich. Sie sollen vom ı. Axenglied („Zwischenstück“) entspringen und an den vier vordersten dorsalen und dem vordersten ventralen Seitenstrahl inseriren. Auch hier ist die Uebereinstimmung mit der Brust- flosse jedoch eine grössere, als es nach dieser Schilderung im Vergleich mit der meinigen scheinen könnte. Denn auch bei der Beckenflosse finde ich Insertionen von Mm. pterygiales proprii ausser am I. ventralen Seitenstrahl auch an der angrenzenden Partie des 2. Axengliedes, welche der dorsalen Kante desselben an der Brustflosse entspricht. Die an den dorsalen Seitenradien der Beckenflosse inserirenden Fasern nehmen dagegen, wie die entsprechenden der ventralen Zone der Brustflosse, ihren Ursprung nicht am Knorpel, sondern an der I. Zwischensehne und sind deshalb dem System der Mm. zono-pterygiales einzureihen. Weiter in das Detail einzugehen, ist wohl überflüssig, da aus der vorstehenden Darlegung zur Genüge hervorgehen dürfte, wie ausserordentlich ähnlich die Musculaturen beider Flossen sind, wenn man dieselben in die einander entsprechenden Stellungen bringt. „4 ou [0,0] Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 46 b) Neurologie. I. Die Nerven der Brustflosse. Ueber die Nerven der Brustflosse des Ceratodus existiren nur solche Angaben in der Literatur, welche sich auf die seriale Anordnung und Zahl derselben beziehen. Ueber die Vertheilung und Endisung derselben in der Flosse selbst erfahren wir aus derselben nichts. Zahl und seriale Herkunft der Nerven. FÜRBRINGER (1897) und ich (1898 A) stimmen darin überein, dass von occipitalen Nerven ein Aestchen von Z an die Brustflosse abgegeben wird. Dieses verbindet sich mit Aesten der Nerven a (1), b (2) c (3) und 4 zu einem Plexus omopterygialis anterior, welcher durch eine besondere Muskelpforte cranial von der 1., bei Ceratodus sehr verbreiterten Rippe die Rumpfwand durchbohrt. Ein zweiter Plexus (Pl. omopterygialis posterior), welcher aus Aesten der Spinalnerven: b (2), c (3), 4, 5, 6, 7, 8, 9, Io und wahrscheinlich II besteht, benutzt eine eigene, caudal von der 1. Rıppe liegende Muskelpforte, um sich zur Extremität zu begeben. Beide Plexus sind mit einander verwebt, wie aus der Betheiligung der Nervenäste von b (2), ce (3) und 4 an jedem von beiden hervorgeht (BrAaus, 1898 A, p. 304 und Taf. IX—X, Ceratodus). Die Zahl der betheiligten Nerven ist also viel grösser als früher angenommen wurde. BEAUREGARD (1881, p. 241) und HAswELL (1883, p. Io) fanden nur vier spinale Componenten des Extremitätenplexus. BEAUREGARD’s und mein Befund eines doppelten Extremitätenplexus hat sich durch die Untersuchung der Entwickelung der Nerven durch SEMmon (dieser Band, p. 70-71) bestätigt. Dagegen erhebt SEmon an der- selben Stelle einen Einwand gegen die Betheiligung der letzten Nerven des Plexus omopterygialis posterior (7.—I1. Spinalnerv) an der Innervation der Flosse. Er findet nämlich, dass keine diesen Metameren (7.— 11.) zugehörige Muskelbildungszellen in der Art wie bei den vorhergehenden Metameren in die Flossenanlage hineinwachsen, .und schliesst daraus, „dass der 7.—-II. Spinalnerv, wenn nicht auch noch frühere, sich zwar an der Plexusbildung betheiligen, nicht aber wirklich Fasern in die Flossenmusculatur eintreten lassen“ (l. c. p. 71). Ich glaube, dieser Einwand lässt sich nicht aufrecht erhalten angesichts der Thatsache, dass auch bei den Extremitätenanlagen verschiedener Selachier-Familien in der späteren Entwickelung Nerven auf- treten, welche nicht zu einem in Form von Muskelknospen oder dergleichen gleichmässig und ungefähr gleichzeitig der Flosse einverleibten Material gehören (BRAus, 1899, p. 555 u. ff.). Bei C(eratodus scheint eben auch eine nachträgliche Muscularisirung der Flosse in späteren Stadien durch Elemente stattzufinden, welche in früheren noch indifferent sind und deshalb beim heutigen Stande unserer mikrotechnischen Hülfs- mittel nicht von anderen Bildungszellen (embryonales Bindegewebe etc.) unterschieden werden können. Es kann auch hier das zu den gewiss functionell weniger wichtigen hinteren Nerven des Plexus gehörende Muskelmaterial in anderer Art angelegt werden als das functionskräftigere der vorderen Nerven. Doch sind über die Art seines Entstehens nur Vermuthungen möglich, da SEmon leider älterer Embryonen als derjenigen, welche sein Stadium 48 repräsentirt, nicht habhaft werden konnte. Uebrigens gelang es mir, an den Semon’schen Serien (vergl. p. I4I) nachzuweisen, dass bereits am Plexus omopterygialis des Stadiums 48 ausser dem von SEMON angegebenen starken Ast vom 3. Spinalnerven (ce) auch noch je einer vom vierten und fünften deutlich betheilist sind. Eine Verbindung mit dem 6. Spinalnerven und den folgenden konnte ich freilich nicht sehen. Es ist dies aber z. B. bei Spinaz niger ebensowenig bei der Entwickelung des Plexus pelico-pterygialis anterior (Collector der hinteren Extremität) der Fall, bei welchem analoge Verhältnisse der Extremitätenverschiebung bezüglich der absoluten 47 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 159 Richtung des Plexus vorliegen. Auch dort treten die am Ende dieses Plexus befindlichen Nerven zuletzt und alle vorhergehenden successive mit fortschreitender Entwickelung auf (BrAaus, 1899, p. 571). Ich kann also die Vermuthung Semon’s, dass in dem von ihm in den Stadien 47 und 48 gesehenen Plexus omopterygialis posterior wegen seiner Stärke doch noch weitere Nerven als die relativ dünnen Aeste des L., 2. und 3. definitiven Rumpfsegmentes stecken, für den 4. und 5. Nery durch directe Beobachtung bestätigen. Dadurch geräth aber SEMmon’s Voraussetzung, dass die am ventralen Ende des L., 2. und 3. Myotoms (und an keinem anderen) beobachteten Veränderungen eine specifische Quelle für das myogene Material der Extremität bildeten, ins Schwanken. Diese entstehen im Stadium 44—45. Wenn schon im Stadium 48, also kurz darauf, motorische!) Nerven von anderen Myotomen in die Flosse hinein- gehen, so kann es sich doch wohl an den betreffenden Stellen nicht um eine ausschliessliche Muskel- production für die Flosse handeln, sondern wahrscheinlich findet bei weiter hinten liegenden Myotomen an derselben Stelle zugleich mit der Auflösung der Cutislamelle (also etwas später) auch eine Ausstossung von Muskelmaterial statt. Ich sehe keinen Gegengrund, warum nicht das, was hierdurch für 2 weitere Myotome ausser den von SEMON allein als ausser Zweifel stehend anerkannten Segmenten wahrscheinlich wird, auch für die Production myogenen Materiales bei noch weiter caudal- und rostralwärts liegenden Myomeren gelten sollte. Ich glaube deshalb nicht, dass der Einwand SEmon’s meine früheren Angaben über die seriale Innervation der (eratodus-Brustflosse getroffen hat. Doch werde ich selbst meine damaligen Angaben weiter unten auszuführen haben. Vertheilung der Nerven an die Hauptmuskeln der Flosse. Nachdem die beiden Plexus (omopterygialis anterior und posterior) die Bauchmusculatur durchbohrt haben, vereinigen sie sich an der Innenwand der Flosse in einer Furche, welche zwischen die Ränder der beiden Mm. pterygiales communes bis zum ventralen Rande des Gelenkfortsatzes des primären Schulter- gürtels (G Fig. ı, Taf. XXII) und der beiden ersten Axenglieder des Flossenknorpels vordringt und ausser mit Nerven und Gefässen mit Bindegewebe gefüllt ist. Doch ist es möglich, durch sorgfältige Präparation die einzelnen Bestandtheile des Plexus anterior, soweit sie innerhalb der Bauchhöhle isolirbar sind (1893 A, Taf. IX, Fig. ı), bis zum Eintritt in die Flossenmusculatur selbst auseinanderzuhalten. Die Bestandtheile des Plexus posterior konnte ich jedoch auf die lange Strecke hin nicht mit genügender Sicherheit entwirren. Fig. 1, Taf. XXII, giebt ein Bild von der Anordnung der Nerven in dieser relativ isolirten Lage. Die Rumpf- musculatur ist dort durchschnitten, wo sie vom Pl. omopt. post.?) passirt wird, und weiter nach vorn ganz ab- getragen. Die Bestandtheile des Plexus anterior liegen in Folge dessen frei auf dem Schultergürtel. Den weiteren Verlauf der Nerven in der Flosse selbst veranschaulicht Fig. ı, Taf. XXIII2). Es ist, wie schon früher erwähnt, die ventro-laterale Musculatur der Flosse dargestellt. Man findet in der Figur von jedem der Nervenstämme der Fig. 1, Taf. XXII, einen Theil wieder. Der andere Theil begiebt sich zum dorso- medialen Muskel. Denn alle Nervenstämme theilen sich in Aeste, von denen je ein Theil für einen der genannten Hauptmuskeln bestimmt ist. In Fig. 1, Taf. XXII, sieht man diese Theilung besonders deutlich beim letzten Nervenstamm?) (Plexus posterior b-+ ce + 4-11). Es gehen eine Reihe Hautnerven zu der beide Hauptmuskeln bedeckenden Haut und ausserdem kräftige motorische Endäste in 1) Dass es sich nicht etwa um ausschliesslich sensible Nerven handelt, lässt sich am ausgebildeten Thier durch die Verfolgung der Nerven in die Extremitätenmusculatur hinein feststellen. SEMON hat übrigens ausdrücklich einen derartigen Einwand zurückgewiesen (p. 71). Zu denjenigen Nerven, welche motorisch sind, müssen aber Muskeln gehören. Denn motorische Nerven ohne Muskeln atrophiren. en 2) In der Figur ist der betr. Plexus an diesem Verhalten leicht herauszufinden. Durch ein Versehen wurde die ihm zukommende Bezeichnung (b, c, 4-10 resp. II, s. p. 158) bei der Reproduction nicht wiedergegeben. — In der Fig. ı, Taf. XXIII, b ausgehenden Linien irrthümlich an die Endausbreitungen von Nerven herangezogen. sind die punktirten, von z, a und a, = an den Beginn der Nerven und zwar der beiden oberhalb b Sie gehören natürlich, wie alle übrigen Nervenbezeichnungen, liegenden Aestchen. 160 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 48 die Musculatur. Die Abzweigung dieser Aeste ist nicht sehr einfach und wird besser durch die Abbildung als durch Worte erläutert. Die Theilung der übrigen Nervenäste ist gleichfalls sehr compliceirt und liess sich auf dem engen Raum der Furche über dem Gelenkkopf des Schultergürtels in Fig. ı, Taf. XXII, nicht zeichnen. Ich habe aber dieselbe bei der Präparation der Flosse gut verfolgen können und hoffe, dass der Leser mittelst der identischen Buchstabenbezeichnung die Nerven über dem Gelenkkopf der Fig. 1, Taf. XXII, auf die Anfänge der Nerven in Fig. ı, Taf. XXIII, wird beziehen können. Die Nerven der Flossenmusculatur verlaufen auf lange Strecken hin an der basalen Fläche der Hauptmuskeln, zwischen ihnen und dem Perichondrium des Skelets. Will man deshalb die Nerven präpariren, ohne die Musculatur zu zerstören, so muss man so vorgehen, dass man die gefiederte knorpelige Skeletplatte ihrer Fläche nach mit einem scharfen Scalpell vorsichtig halbirt und successive ein Glied derselben nach dem anderen abträgt. Auf diese Weise werden die Nerven nach und nach zugänglich, ohne dass ihre Endigungen in der Musculatur und die Muskeln selbst beschädigt werden. Auch hat diese Methode den, jedem mit feineren Präparationen vertrauten Untersucher bekannten Vortheil, dass man bei ihr am besten die Nerven in proximo-distaler Richtung präpariren kann. Das Original zu Fig. ı, Taf. XXIII, ist so entstanden, dass das Skelet der Flosse, nach der Durch- trennung desselben seiner Fläche nach, in starker Vergrösserung (4-fach) gezeichnet wurde Dann begann ich mit der Ablösung des I. Axengliedes, präparirte die dadurch frei werdenden Nerven und zeichnete sie in die Contourzeichnung dieses Knorpels ein. Darauf ging ich in gleicher Weise bei dem 2. Axen- glied vor, ebenso bei jedem einzelnen Seitenstrahl desselben u. s. w. Ich erhielt auf diese Weise eine Zeichnung, welche genau die topographischen Beziehungen zwischen Nerven und Skelet wiedergiebt. Es wurde dabei auch die Musculatur mit ihren Zwischensehnen, der Verlauf und die Befestigungen ihrer Fasern berücksichtigt und mit rother Farbe markirt. Wegen der topographischen Beziehung der Musculatur zum Skelet wurde im vorigen Capitel auf die Figur bereits mehrfach verwiesen. Es ist mir, wie aus den beiden Bildern (Taf. XXII, Fig. 1; Taf. XXIII, Fig. ı) ersichtlich ist, bei Ceratodus nicht möglich gewesen, die einzelnen serialen Componenten der Extremitätenplexus bis zu den Endverzweigungen zu isoliren, wie dies bei Squaliden gelang (siehe nächstes Capitel). Ich konnte dieselber nur bis zu dem vollendeten Durchtritt der Nerven durch die Bauchwand auseinanderhalten, so dass die Beziehung zur Flosse gesichert war. Bei dem vorderen Plexus waren noch die Hauptbestandtheile, welche aber auch schon theilweise gemischter Natur sind, bis zum Eintritt in die Flossenmuskeln selbst zu isoliren. Aber auch bei ihnen treten dann Verflechtungen zwischen Aesten von z, a, b und c auf, welche ich ohne sichere Erhaltung aller Fasern nicht zu entwirren vermochte. Die Nerven des Lungenfisches sind bei in Alkohol conservirtem Material sehr durchsichtig und brüchig, so dass feinere Elemente schwer zu erkennen und freizulegen sind; andererseits erschwert ein derbes bindegewebiges Perineurium feinere Präparationen. Immerhin lässt die relative Isolirung der serialen Bestandtheile des Plexus einen Einblick in die Vertheilung des metameren Muskelmateriales der Flosse zu. Bezüglich der speciellen Nervenvertheilung in der Brustflosse verweise ich vor allem im Detail auf die oben erläuterten Abbildungen. Eine Beschreibung in Worten würde zu weitläufig sein. Ich hebe deshalb hier nur einige Hauptpunkte hervor. Der Plexus omopterygialis posterior theilt sich in der Nähe des Schultergelenkes in einige Aeste. Von diesen ist einer grösstentheils, aber nicht ausschliesslich sensibel; die anderen dringen fast völlig in die Flossenmusculatur ein. Vergleicht man den sensiblen Antheil des Nerven, welcher sich an dieser Stelle abspaltet, mit dem motorischen, so ist letzterer weitaus der stärkere. Doch zeigt sich ferner, dass der dorso-mediale Hauptmuskel von den motorischen, die ventro-laterale Seite von den sensiblen Aesten des Plexus 49 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 161 bevorzugt wird. Es lässt sich daraus nicht mit Sicherheit entnehmen, ob in dem ersteren auch numerisch mehr seriale Abkömmlinge der Rumpfmusculatur sitzen als im ventro-lateralen Hauptmuskel. Denn es ist eine nicht seltene Erscheinung bei niederen Wirbelthieren, dass die schwächeren Extremitätennerven ungleiche Theile an die beiden Hauptflossenmuskeln abgeben. Beispielsweise bei Batoiden (Pristis, Raja fullonica) sind beide Aeste des letzten metazonalen Nerven der Brustflosse vorhanden, aber einer ist stärker entwickelt als der andere. Bei dem letzten metazonalen Nerven der Brustflosse anderer Selachier (Scymnus, Rhinobutus, Raja vomer, Myliobatis) fehlt dagegen der Ast zueinem Hauptmuskel gänzlich (BRAaus, 1898, p. 313). Es könnte also bei Oeratodus der ventro-laterale Muskel gerade so reich an serialem Material hinterer Metameren wie der dorso-mediale sein; wahrscheinlicher ist es, dass er um ein oder einige wenige Metameren ärmer ist. ‚Wie steht es aber mit der Bedeutung der am meisten caudal entspringenden Bestandtheile des Plexus posterior für die Brustflosse? In Betracht kommen für diese Frage die relativ stattlichen Hautäste der Flosse, welche den Plexus vor seinem Eintritt in die Musculatur verlassen. Auch hier geben die Verhältnisse niederer Fische einen Anhaltspunkt für die Beurtheilung. Denn bei ihnen finden wir bereits die für die ganze Wirbel- thierreihe einschliesslich des Menschen bekannte Erscheinung, dass der oder die letzten Extremitätennerven häufig rein sensibler Natur sind (z. B. bei Heptanchus, Acanthias, Spinax, Chimaera, BRaus, 1898, p. 313). Es ist deshalb möglich, dass auch bei Ceratodus von den hintersten, am Aufbau des Plexus omopterygialis posterior betheiligten Spinalnerven einige (II, 10 u. s. w.) nur sensible Fasern an die Extremität entsenden. Wie- viele von diesen Nerven eventuell unter diese Kategorie gehören, kann ich natürlich nicht sagen. Bei Selachiern fand ich nie mehr als zwei derartige Nerven). Die Nerven z, a, b und c resp. diejenigen Aeste des Plexus omopterygialis anterior, deren Hauptbestandtheile von den entsprechenden Metameren geliefert werden (Taf. XXII, Fig. 1), theilen sich in ähnlich complicirter Weise wie der Plexus posterior in die für die beiden Hauptmuskeln bestimmten Aeste. Doch fehlen stärkere Hautnerven wie bei diesem. Wichtig ist der Verlauf eines dünnen Nervenfädchens, welches von Nerv a und wahrscheinlich von einem Aestchen von z gebildet wird. Dasselbe begiebt sich in schrägem Verlauf über die Clavicula und tritt erst in der Nähe der ventralen Flossenkante in die Musculatur ein, um sich in ihr lateralwärts zu verzweigen. Plexus omopterygialis distalis. Sind einmal die Extremitätennerven zwischen Flossenmusculatur und -knorpel angelangt, so beginnen Plexusbildungen, welche durch ihre Complication und Mannigfaltigkeit ein Netzwerk feinster Art über die ganze Unterfläche der Musculatur hin herstellen. Ich nenne sie Plexus pterygiales distales (Taf. XXIII, Fig. 1). Grosse Nervenstämme bilden sich durch die Anastomosirung nur am proximalen Theile der Flosse über dem I. Axenglied, aber auch nicht in sehr ausgeprägtem Maasse. Im Uebrigen verbinden und lösen sich die Nervenäste in stetem Wechsel. Untersucht man die Verhältnisse genau, so findet man stets, dass an den Anastomosen ein Austausch der Fasern der in Verbindung tretenden Nervenäste erfolgt. Diese sind also keine Appositionen im Sinne einer rein äusserlichen, bindegewebigen Verbindung der Nerven, wie offenbar HASWELL glaubte (1883, p. I0), sondern wahre Plexusbildungen, bei welchen die aus dem Geflecht aus- tretenden Nerven anders zusammengesetzt sind als die in dasselbe eintretenden. Damit erfährt aber auch ı) Dieser Zusatz zu meinen früheren Angaben bezüglich des Plexus posterior (1898 A) thut natürlich der Verwerthung desselben als Beweismittel für die beträchtliche Lageveränderung der Extremität keinen Eintrag. Denn die Nerven laufen doch alle, trotz ihres zum Theil weit von der Extremität entfernten Ursprunges, zu dieser hin (p. 160). Darin unterscheidet sich eben mein Nachweis von der Auffassung SEMoN’s, welcher glaubt, dass diese Nerven zum Theil weder die Musculatur noch die Haut der Flosse versorgen (s. p. 158, 159). — Es ist mir wahrscheinlicher, dass, wenn überhaupt, dann nur ventrale Aeste der letzten Flossenverven rein sensibel sind; dadurch würde die Präponderanz der Hautäste auf der ventro-lateralen Flossen- seite und diejenige der motorischen Nerven beim dorso-medialen Hauptmuskel (s. o.) ihre Erklärung finden. Jenaische Denkschriften. IV. 7 Semon, Zoolog, Forschungsreisen. 1. 22 162 Die Muskeln und Nerven der Ceratodustlosse. 50 die ältere Ansicht!) Haswerr’s ihre Widerlegung, welcher glaubte, die Geflechte seien durch Einengung einer ehemals grösseren Basis erzeugt, und deshalb letztere postulirte. Wenn auch keine sehr ausgeprägten Nervenstämme im Plexus distalis der Brustflosse gebildet sind, so lässt sich doch eine gewisse strangförmige Anordnung der Netzmaschen verfolgen, welche sich am proximalen Theil der Form einheitlicher Nerven stark nähert. Die Netzmaschen sind in proximo-distaler Richtung gegenüber der dorso-ventralen Ausdehnung stark in die Länge gezogen und stehen zu beiden Seiten der Axe über dem Ursprung der Seitenradien am dichtesten. Diese beiden, längs der Axe ver- laufenden Netzstränge setzen sich proximalwärts, wenn auch durch viele Verbindungen mit einander im Austausch begriffen, in die beiden am 1. Axenglied befindlichen Längsstämme fort, von welchen der eine am ventralen Rande des I. Axengliedes, der andere, mehr einheitliche, auf der Mitte desselben liegt. Ausserdem lassen sich noch zwei Gesetzmässigkeiten aus der Vertheilung der Nervenfasern in dem Gewirr des Plexus ableiten. Die mehr cranial an der Medulla entspringenden Nervenfasern (z, a) begeben sich (Taf. XXI, Fig. 1)?) mehr an den proximalen und dorsalen Theil der Flosse als die mehr caudalwärts aus der Wirbelsäule austretenden Elemente (c, 4—II), welche mehr distalwärts und an den ventralen Theil der Extremität im Vergleich mit jenen verlaufen. Es ist dies unverkennbar, wenn auch die genaue Grenzbestimmung der Ausbreitung der einzelnen serialen Nervenelemente aus oben erwähnten Gründen nicht gelingt und namentlich die Aeste von b überall die Verbindung zwischen a und c und den Beimischungen beider herstellen. Daraus folgt aber, dass einmal eine Eintheilung der Flossenfläche entsprechend der Gliederung des Rumpfes vorgenommen werden kann. Das Material des dorsalen Theiles muss bei seiner Entstehung im Rumpf mehr vorn, das des ventralen Theiles mehr hinten gelegen haben. Für ersteres hat Huxrry (1876, p. 47) den Ausdruck präaxial, für letzteres postaxial eingeführt, indem er die Lagebeziehung auf die Axe der Extremität übertrug. Bei der Ceratodus-Brustflosse sind also, wie schon HuxLEy aus anderen Gründen annahm, dorsaler und präaxialer, ventraler und postaxialer Rand identisch. Fernerhin findet, wie namentlich am dorsalen Flossenrande ersichtlich ist, eine Versorgung der proximaleren Partien längerer Muskeln, z. B. der Mm. zono-keratoidei, durch mehr cranial entstehende Nerven (z, a) statt gegenüber den distaleren Theilen derselben Muskeln, die ihre Innervation aus mehr caudal vom Rückenmark entspringenden Nerven beziehen. Auch beim Ceratodus bestätigt sich also das allgemeine, insbesondere von FÜRBRINGER (1888, p. 980) formulirte Gesetz, dass die Extremitätenmuskeln der Wirbelthiere polymetamer sind und dass sich ihre Zugehörigkeit zu den Metameren des Körpers in schräger Richtung von vorn-proximal nach hinten-distal erstreckt. Die letzten Endigungen der motorischen Nerven sind bei der Ceratodus-Flosse bald erreicht, wenn man die in die Unterfläche des Hauptmuskels sich einsenkenden?®) Fädchen verfolgt. Sie verzweigen sich hier wohl auf kurze Strecken und verbinden sich weiter mit anderen Aestchen. Die Complication der Bildung von Nervennetzen schreitet deutlich in proximo-distaler Richtung fort, um in der Musculatur selbst ihren Höhepunkt zu erreichen. Aber überall enden feinste Aestchen, welche aus dem Netz hervorgehen. Eine besondere Schichtenbildung innerhalb der Musculatur ist an den Nerven nicht zu erkennen. Die verschiedenen Faserkategorien, welche im myologischen Abschnitt beschrieben sind, werden vielmehr von Aestchen desselben Nervenzweiges ver- sorgt, wenn sie nur nahe genug bei einander liegen. I) Später (1884, p. 82 Anm.) hat der Autor seine Anschauungen dahin modificirt, dass er überhaupt den Nervengeflechten keine in Betracht kommende Beweiskraft mehr beimisst. Dem kann ich noch weniger beipflichten. 2) Vergl. p. 159, Anm. 2. 3) Von diesen sind in Fig. ı, Taf. XXIII, nur diejenigen gezeichnet, welche nicht von Nervenstämmen verdeckt sind. 51 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 163 Nur vereinzelte Aeste erreichen die Oberfläche der Musculatur. Es sind dies feine sensible Nerven, welche an die Flossenhaut treten. Sie sind einzeln beträchtlich dünner, aber zahlreicher als die Hautnerven, welche vom proximalen Plexus (Pl. omopterygialis posterior, Taf. XXII, Fig. 1) abgegeben werden. Alle diese Hautnerven und die distalen Endäste der Flossen- nerven, welche zwischen die Hornfäden und von hier aus zur Haut gelangen (Taf. XXIII, Fig. 1), verbinden sich an zahlreichen Punkten, so dass ebenso wie ein motorisches, so auch ein sen- sibles Endnetz der Flossennerven besteht. Auf eine Beschreibung und Abbildung der Nerven des anderen Hauptmuskels verzichte ich ganz, da die Abweichungen von dem hier geschilderten Bilde nebensächlicher Natur sind. 2. Die Nerven der Beckenflosse. Bei der Beckenflosse des Ceratodus sind nach v. DAvIDoFF (1883, p. 138) 12, nach meinen Präparaten 13 Nerven (Aeste vom 20.—32. Spinalnerven) an der Innervation betheiligt (Braus, 1898 A, Taf. XVII). Ich bilde meine Originalzeichnung von den- selben hier nochmals ab (Textfigur 5), da die Figur, welche ich früher gegeben habe, in der Reproduction zu klein und schematisch ausgefallen ist (1898 A, Taf. X, Fig. 1), um ein genügendes Bild von der Structur des Plexus pelicopterygialis, den die Nerven bilden, zu geben. Derselbe zerfällt in zwei Theile, wie der Plexus omo- pterygialis. Am Plexus pelicopterygialis anterior sind die Flossen- äste vom 20.—28. Spinalnerven, am Plexus pelicopterygialis post. vom 27.—32. betheiligt. Es sind also nur zwei Nerven beiden Geflechten gemeinsam (gegenüber dreien bei den Brustflossen- nerven). Auch dieses Verhalten ist nicht constant; denn bei einem anderen Exemplar fehlte die intraabdominale Verbindung des 27. Nerven mit dem Plexus posterior, während diejenige des 28. Nerven mit dem Plexus anterior nur sehr dünn und nicht ganz sicher war (Taf. XXVI, Fig. 2)1). In diesem Falle ist also nur ein Spinalnerv an beiden Geflechten betheiligt. Die beiden proximalen Plexus der Beckenflosse gehen auch, wie diejenigen der Brustflosse, durch gesonderte Pforten der Bauch- wand hindurch. Doch liegen diese nahe der Linea alba an Stellen, wo kaum mehr Muskeln vorhanden sind. Der Weg vom Eintritt in die Bauchwand bis an das Skelet der Bauchflosse ist kurz (vergl. Fig. 2, Taf. XXVII, in welcher für die Rr. pterygiales laterales die 1) Das Nervenfädchen zerriss bei der Präparation an der durch das ? be- zeichneten Stelle. Doch konnte die Zusammengehörigkeit der beiden Enden kaum zweifelhaft sein. — Der Plexus proxim. dieser Figur ist bezüglich seiner Aus- dehnung nach vorn und hinten nicht so genau untersucht, wie der in Textfigur 5 abgebildete Plexus. Die Aestchen, welche, namentlich am caudalen Ende, fehlen, missglückten bei der Präparation in Folge nicht ganz tadelloser Erhaltung des Exemplares. m“ 22* Fig. 5. Plexus pelicopterygialis bei Cera- todus, '/,; mal vergr. a medialer, a‘ lateraler Ast des Plexus anterior, p Plexus posterior. 164 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 52 Eintrittsstelle in die Bauchwand durch Querstriche angegeben ist, mit Taf. XXII, Fig. ı). Essind in Folge dessen die Theilungsstellen der Plexusäste in die für die ventro-medialen und dorso-lateralen Hauptmuskeln bestimmten Zweige, welche sich ebenso wie an der Brustflosse finden und bereits von v. DAVIDoFF hier nachgewiesen wurden, ganz nahe an den intraabdominalen Plexus herangerückt. Ja, einige dieser Theilungen pflegen schon vor den Durchtritt durch die Bauchwand einzutreten (Textfigur 5 a, a). Da mit der Spaltung eine starke Ver- ästelung der Plexusäste und Verflechtung der neu entstehenden Theile wie bei der Brustflosse einhergeht (in Taf. XXVII, Fig. 2, bei den medialen Aesten abgebildet), so wird das Bild ein viel complicirteres als bei der Brustflosse, obgleich die Verhältnisse principiell dieselben wie bei dieser sind. Der Raummangel bringt es mit sich, dass schon vor und bei dem Durchtritt der Nerven durch die Bauchwand alle jene Umlagerungen erfolgen, welche bei der Brustflosse räumlich auseinandergehalten werden können. Es begeben sich bei der Beckenflosse alle Extremitätennerven in eine Furche zwischen den beiden Hauptmuskeln, welche an den dorsalen Rand des knorpeligen Skelets (speciell an den Gelenkfortsatz des Beckens, an das ı. Axenglied und den Anfang des 2.) führt. Es zeigt sich hierin bei der Beckenflosse eine um 180° gegen die Eintrittsstelle der Nerven bei der Brustflosse veränderte Lage. Denn bei letzterer begeben sich die Nerven an die ventrale Kante des Skelets. v. Daviporr (1884, p. 140) fand bei der Beckenflosse bereits, dass die Nerven mit ihren Ver- zweigungen auf dem Skelet liegen und erst kurz vor ihrer Endigung in die Musculatur eintreten. Er verzichtete ausdrücklich auf eine Beschreibung der feineren Nervenverästelungen, da es mit den damaligen technischen Hülfsmitteln unmöglich erschien, dieselben präcis darzustellen. Aber auch sein Befund, dass drei grössere Längsstämme auf beiden Seiten der Flosse existiren, ist möglicher Weise als eine Folge des zugegebenen Missstandes anzusehen. Ich bilde in Fig. 2, Taf. XXVII, die Verästelungen und Verbindungen des distalen Extremitätenplexus auf der medialen Flossenseite ab. Da das Bild über die ganze Flossenfläche immer das gleiohe bleibt, habe ich nur den proximalen Theil der Flosse gezeichnet. Vergleicht man dasselbe mit dem von der Brustflosse gegebenen (Taf. XXIII, Fig. 1), so fällt die Uebereinstimmung der entsprechenden Geflechte im Allgemeinen bei beiden Flossen auf. Jedoch ist auch hier wieder das völlig spiegelbildliche Verhalten bei beiden Extremitäten ins Auge zu fassen. Denn die präaxiale Seite liegt bei der Brustfiosse dorsal, bei der Beckenflosse ventral. Umgekehrt befindet sich der postaxiale Rand bei der ersteren ventral und bei der letzteren dorsal Ferner sind die Längsstämme, welche auch v. Davıporr beschrieb, deutlicher entwickelt und geschlossener als bei der Brustflosse. Auf dem I. Axenglied sind die Verhältnisse bei beiden Flossen ungefähr gleich. Weiter distal jedoch kann man nur bei der Beckenflosse dickere Nervenstämmchen zu beiden Seiten der Axe beobachten. Dieselben sind stellenweise unterbrochen, indem an ihre Stelle Netz- stränge treten, die dann bald sich in anderer Gruppirung zu neuen Stämmchen zusammenschliessen. Bei der Brustflosse finden sich auf der ganzen Strecke dagegen die oben beschriebenen Netzstränge. Ihre Lage zum Skelet ist dieselbe wie diejenige der Längsstämme bei der Beckenflosse. Beide Bildungen lassen sich gut mit einander vergleichen; die Längsstämme als die complicirteren Bildungen erscheinen dabei als höhere Differenzirungen gegenüber den Netzsträngen. Da, wo erstere stellenweise den Charakter letzterer besitzen, liegen noch primitivere Stadien vor, welche im Uebrigen durch engeren Zusammenschluss der Nervenästchen an einander überwunden sind. Ich kann mir nur denken, dass bei dem Exemplar von v. DAvIDoFF entweder einer der dünneren Seiten- äste des am dorsalen Axenrand befindlichen Längsstammes stärker entwickelt war als gewöhnlich und deshalb von ihm als dritter separater Längsstamm aufgefasst wurde, oder dass bei den vielen technischen 53 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 165 Schwierigkeiten der Präparation ein Irrthum bei dieser vorliegt. In meinen Präparaten fand ich nie 3 Längsstämme. Zieht man die Verhältnisse bei der Brustflosse mit in Betracht, so kann es nicht zweifelhaft sein, dass die Entstehung der Längsstämme an zwei Orte gebunden ist, nämlich an die Anheftungszone der Radien zu beiden Seiten der Axenglieder. Es giebt also bei der Ceratodus-Bauchflosse an jedem Hauptmuskel zwei Längsstämme. Endlich unterscheidet sich der Verlauf der Beckenflossennerven von demjenigen bei der Brustflosse dadurch, dass bei ersteren diejenigen Aeste stärker entwickelt sind, welche vom Eintrittspunkt des Plexus anterior in die Musculatur aus rückläufig werden und in der Richtung auf den Extremitätengürtel hinziehen. Am Gelenkfortsatz des Beckens finde ich einen runden Buckel, welcher sich über die sonst glatte Fläche des Knorpels ein wenig erhebt!) (Taf XXVII, Fig. 2). Um diesen ziehen die Nervenäste im Bogen herum und versorgen die proximalen Theile des M. pteryg. comm. Bei der Brustflosse ist der Knorpelvorsprung nicht deutlich und der bogenförmige Verlauf sowie die Länge der rückläufigen Nerven wenig ausgebildet. Es hängt dies mit der verschiedenen, an der Beckenflosse stark, an der Brustflosse gering entwickelten Länge des Gelenkfortsatzes zusammen. Dabei zeigt der Nervenverlauf, dass die Musculatur sich vom Hüft- gelenk aus proximalwärts vorgeschoben hat in dem Maasse, als sich der grössere Gelenkfortsatz ausbildete. Die Verlängerung des Gelenkfortsatzes beim Becken gegenüber seiner Kürze beim Schultergürtel ist eine progressive Bildung. Auch bei der Beckenflosse bietet die laterale Seite, gegenüber der medialen, bezüglich ihrer Nerven- versorgung so geringfügige Unterschiede, welche innerhalb der auch medial vorkommenden Variationsbreite fallen, dass sie hier übergangen werden können. c) Zusammenfassung und Schlüsse: Die Dipnoertlosse. Die Aehnlichkeit der beiden Flossen des Ceratodus in ihrer Structur, welche alle Untersucher betonen, hat auch diese Arbeit erwiesen. Nicht nur in der äusseren Form und im Bau des Skelets, sondern auch in der Anordnung der Musculatur und namentlich des Nervensystems wiederholt die eine Flosse in allen wesent- lichen Eigenschaften die Einrichtungen der anderen. Nur in untergeordneten Punkten bestehen Differenzen, indem beispielsweise die distalen Plexusverbindungen bei der Bauchflosse inniger geworden sind und zu Längsstammbildungen von einer Ausdehnung geführt haben, welche ich bei der Brustflosse nicht sah. Die Verschiebung der Muskelfasern, welche diese Verflechtungen der Nerven veranlasst, ist also bei der Beckenflosse gesteigert und damit ein secundärer Process weiter geführt als bei der vorderen Extremität. Denn auch beim Ceratodus ist, wie bei Selachiern, die erste Anlage der Musculatur in der Ontogenie eine metamere. Die Vermischung haploneurer Muskelfasern zu polyneuren Muskeln ist erst später erworben. Im Uebrigen sind bei der Beckenflosse Unterschiede gegenüber der Brustflosse bezüglich der Zahl der sie versorgenden Nerven gegeben, welche mit der Stellung der Beckenflosse und den zur Erreichung dieser nöthigen Verschiebungen zusammenhängen. Stellung der Vorder- und Hintergliedmaasse. Gegenüber der Aehnlichkeit in der Structur der Flossen ist die Ruhestellung der beiden Extremitäten eine direct entgegengesetzte. SCHNEIDER (1886, 1887) hat zuerst nachgewiesen, dass der obere Rand der 1) Nicht zu verwechseln mit dem grossen lateralen Fortsatze dieses Knorpels, an welchem die Rumpfmusculatur befestigt ist (GÜNTHER, V. DAVIDOFF). 166 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 54 Brustflosse in der Form seines Contours dem unteren der Beckenflosse entspricht, dass Vorsprünge und Furchen am Skelet bei der ersteren dorsal, bei der letzteren ventral liegen und dass die Seitenradien des Axenstrahles beider Flossen sich, wenn man diese herauspräparirt und neben einander legt, genau spiegel- bildlich verhalten. Neuerdings hat SEmon (1898) gezeigt, dass auch in der Ontogenie von beiden Flossen- anlagen eine direct entgegengesetzte Wachsthumsrichtung eingeschlagen wird, indem die Brustflossenfalte dorsalwärts, die Beckenflossenfalte ventralwärts wächst. Schon SCHNEIDER hat die Vermuthung ausgesprochen, dass die Flossen des Ceraiodus um 180° gegen einander gestellt seien. Nach dieser Auffassung soll die Structur der Flossen primär gleich gerichtet gewesen und die Stellung secundär erworben sein. Man könnte sich aber auch mit Howes (1887) vorstellen, dass die Stellung der Extremitäten die primäre geblieben, die Aehnlichkeit der Form aber das Secundäre sei, da ähnliche Wirkungen der Aussenwelt auf entgegengesetzte Ränder zweier Flossen wohl denkbar sind und eine Convergenzbildung hervorgerufen haben könnten. Von Wichtigkeit war dafür der Befund von Howes, welcher bei ein und demselben Thiere das Skelet der einen Bauchflosse von direct entgegengesetzter Form wie dasjenige der anderen Seite fand (l. c. Taf. II, Fig. 2). Das Nervensystem entscheidet jedoch diese Frage zu Gunsten der Annahme SCHNEIDER’S, welcher auch bisher die meisten späteren Autoren gefolgt sind. Die Eintrittsstellen der Flossennerven liegen bei der Brustflosse an deren unterem ventralen, bei der Beckenflosse jedoch am oberen dorsalen Rande. Von diesen einander entgegengesetzten Stellen findet die distale Vertheilung der serialen Nerven an die Flosse in entgegengesetzter Weise statt, da bei der Brustflosse der dorsale Rand von mehr cranialwärts ent- springenden Nerven als der ventrale Rand versorgt wird, umgekehrt bei der Beckenflosse dagegen sich gerade beim ventralen Rande solche Nerven nachweisen lassen. Prä- und postaxiale Partien sind also bei beiden Flossen direct gegen einander vertauscht. Dieser Befund ist nur so zu verstehen, dass bei der Brustflosse einst der dorsale Rand mehr vorn am Körper gelegen haben muss als der ventrale und auf diese Weise das Material von mehr cranialwärts liegenden Myomeren empfing als der weiter caudalwärts liegende, spätere ventrale Rand. Bei der Becken- flosse war das Umgekehrte der Fall. Dort lag ursprünglich der ventrale Rand cranialwärts, der dorsale caudalwärts. Damit ist erwiesen, dass die Structur des Muskel- nnd Nervensystems eine primär homodyname ist. Das Gleiche gilt danach auch für das Skelet 1) und die äussere Form. Für die Reconstruction der ursprünglichen Stellung der Flosse ist den Befunden an Musculatur und Nervensystem zu entnehmen, dass die Anheftungslinie der Flosse an den Rumpf in cranio-caudaler Richtung verlief, also horizontal lag. Denn der Plexus anterior tritt bei beiden Flossen cranial vom Plexus posterior durch die Rumpfwand an den Flossenrand heran. Dieser, bei der vorderen Extremität der untere, bei der hinteren der obere, ist die älteste Befestigungsstelle der Flosse an der Rumpfwand. Nur so ist es zu verstehen, dass die Nerven diesen Weg benutzen, um zu ihren Endgebieten zu gelangen. Auch die Musculatur ist mit ihren Ursprüngen noch dorsal und ventral gelagert, was der horizontalen Anheftungslinie entspricht. Denn bei allen niederen Fischen finden sich die beiden Haupt- muskeln der Flosse auf entgegengesetzten Seiten derselben. So würden bei horizontaler Anordnung des Skelets an der Anheftungsstelle der Flosse dorsal und ventral von dieser befindliche Bezirke liegen. Bei der Brustflosse werden dieselben von der Musculatur in der That innegehalten, und zwar um so deutlicher, als eine secundäre Ausdehnung: der Ursprungsbezirke ventral- und dorsalwärts stattgefunden hat?). Bei der 1) In dem Fall von Howes (s. 0.) wäre zur Beurtheilung der vorliegenden Abnormität die Kenntniss des Nervenverlaufes erforderlich. 2) Siehe weiter unten. 55 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 167 Beckenflosse dagegen ist das Verhältniss mit der Reduction des dorsalen Theiles des Extremitätenbogens undeutlicher geworden, immerhin aber noch zu erkennen. Schliesslich sprosst nach SEMON (1898, p. 68) die früheste embryonale Anlage der Extremität als eine längs des Körpers verlaufende kleine Falte bei beiden Flossenanlagen aus der Rumpfwand hervor, wendet sich aber zugleich in die für die fertigen Flossen typische, entgegengesetzte Richtung. Die Entstehung der primären, horizontal verlaufenden Anheftungslinie der Extremitätenanlage am Rumpfe kann auf zweierlei Ursachen beruhen. Es sind die Spinalnerven und Myomeren, deren Material die Flossennerven und -muskeln entstammen, in dieser Richtung hinter einander angeordnet. Da viele von ihnen an der Versorgung der Flossen betheiligt sind, ist die horizontale Lage der Eintrittspforte für die Einwanderung des Rumpfmaterials in die freie Flosse offenbar eine Function der Lage des letzteren. Einmal könnte nur hierauf die Stellung der Anheftungslinie beruhen und die senkrechte Lage der Flossen im Uebrigen die primäre sein. Ausserdem könnte aber die freie Flosse von vornherein horizontal gestanden und erst später die senkrechte Ruhelage des ausgebildeten Thieres erworben haben. Im ersteren Falle müsste eine der beiden Extremitäten im Laufe der Entwickelung eine Drehung von I8o® um ihre Axe gemacht haben, um ihre Ruhelage zu erreichen; denn die Befestigungsstelle am Rumpfe liest gerade am entgegengesetzten Flossenrande wie bei der anderen. Im letzteren Falle würden beide Flossen je eine Drehung um 90°, aber in entgegengesetzter Richtung vollzogen haben. Nach den Untersuchungen von HATSCHEX (1839) und den Beobachtungen von SEMON (1898, 1899 A) und Thomson kann die Lage der Flossen, wenigstens diejenige der vorderen Extremität, ausserordentlich schwanken. Von der Ruhelage aus vermag der Lungenfisch seine Brustflosse in „Stützstellung‘“ (SEMON) zu bringen, bei welcher die gleiche Position wie bei der Beckenflosse erreicht wird. Es berühren dann bei beiden Flossen homodyname Contouren und Radien den Boden (Textfigur 4, p. 154), und die Ueber- einstimmung der Form und Anordnung derselben wird verständlich aus der gleichen Function. Bei einer solchen Veränderlichkeit der Stellung der Brustflosse, welche sich beim Ceratodus unter unseren Augen vollzieht, würde die Bedeutung derselben für die Anheftung der Extremität an der Rumpf- wand sicher unwesentlich sein. Wir haben jedoch zu fragen, ob statt derselben nicht früher eine engere Ver- bindung mit dem Rumpfe vorhanden war, und ob die Beweglichkeit nicht ein jüngerer Erwerb der Ceratodus- Brustflosse ist? Bei der hinteren Extremität ist dieselbe an sich geringer und wesentlich auf die verticale Stellung beschränkt, welche die Ruhelage derselben bildet (HATSCHER 1889, p. 89—90). Die Beantwortung dieser Frage ist nach den morphologischen Verhältnissen des Lungenfisches selbst, auch während seiner Entwickelung, zur Zeit nicht zu geben. Es lässt sich zwar anführen, wie ich bereits früher erwähnte (1898, p. 318), dass ein Plexus anterior und ein Pl. posterior innerhalb der Rumpfwand bei beiden Flossen noch zu unterscheiden und dass ersterer mit letzterem secundär verschmolzen ist. In früheren Zeiten, als beide Geflechte noch getrennt waren, muss der Abstand zwischen ihnen und damit die Anheftungs- linie der Flosse an der Rumpfwand länger gewesen sein als jetzt. Auch der Radienbesatz des I. Axen- gliedes des Flossenskelets, welcher bei der embryonalen Flosse noch existirt (SEMON, 1898), später aber bıs auf gelegentliche Reste (GÜNTHER, 1871, v. DAvIDoFF, 1883, HaswELL 1883, Howes, 1837) verloren geht, ist für eine einstens breitere Flossenbasis zu verwerthen, falls die Extremitätenplatte ursprünglich horizontal stand. Es lässt sich aber erst durch den Vergleich mit anderen Fischen feststellen, inwieweit diese Ver- hältnisse für die ursprüngliche Form und Stellung der Flosse von Wichtigkeit sind. Eine Bedeutung für diese Frage kommt auch der ursprünglichen Muscularisirung der Flosse vom Rumpfe aus zu. Bei Ceratodus ist die axiale Extremitätenmusculatur durch quer zur Axe verlaufende Inscriptiones tendineae in Abtheilungen zerlegt. Manche Autoren, und sogar neuerdings noch L. Bork 168 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 56 [1898, p. 196]°), beharren bei der Meinung, es handle sich hier um eine metamere Gliederung, obwohl bereits v. DaviporF durch seine neurologischen Untersuchungen nachwies, dass sie „nicht metamerer Natur und wahrscheinlich durch Anpassung an die Gliederung der Stammreihe entstanden sind“ (1884, p. 160). Ein Blick auf seine Abbildung (Taf. IX, Fig. 7) genügt, um dies sofort klar zu machen. Auch in der Ent- wickelungsgeschichte erscheinen diese Zwischensehnen erst spät (SEMON, 1898, p. 79) und unabhängig von der metameren Anlage der Extremitätenmusculatur. Dagegen versorgen die Nerven der Ceratodus-Flosse wie bei den Extremitäten aller Wirbelthiere die Gliedmaassen in der Art, dass mehr proximal liegende Theile desselben Muskelzuges von mehr cranial entspringenden Nerven und mehr distal liegende von mehr caudal entstehenden versorgt werden. Im Detail liess sich bei Ceratodus wegen der grossen Complication der Nervengeflechte dieser Beweis nicht durchführen. Dagegen stimmen die wenigen Befunde, die ich machen konnte, so gut mit meinen Erfahrungen an der Selachierextremität überein, dass im Allgemeinen dieselben Beziehungen in dieser Richtung bei beiden Gliedmaassen bestehen dürften. Ich verweise deshalb auf das Capitel über die Nerven der Selachierflosse. Dagegen sind die Nerven in anderer Weise zu den Inscriptionen angeordnet, als dies gewöhnlich der Fall ist. Im Allgemeinen verlaufen die Hauptnervenstämme, bei der Rumpfmusculatur wenigstens, in der Richtung der Zwischensehnen. Sie liegen zwischen 2 Muskelsepten und zwar meistens in der Nähe eines derselben oder unmittelbar auf ihm. Da die Inscriptionen die Ruhepunkte im Spiel der Muskeln sind, ist eine solche Lage offenbar sehr günstig als Schutz gegen Zerrungen und anderweitige Störungen der nervösen Leitung durch Muskelactionen. Auch beim Ceratodus sind die Rr. ventrales der Spinalnerven in der Bauchwand so angeordnet (BRAus, 1898, Taf. IX). Bei einer genaueren Untersuchung der Bauchwand niederer Fische erweist sich jedoch dieses Verhalten nicht als primitiv. Es sei mir deshalb ein kleiner Excurs gestattet, um ein für das Verständniss der Zwischensehnen der Ceratodus-Flosse vielleicht wichtiges Moment hervorheben zu können. Pseudometamerie der ventralen Rumpfwand bei Selachiern und Dipnoern, eine Parallele zu ähnlichen Einrichtungen der Ceratodus-Flosse. Durch WIKSTRÖM (1897) ist der Nachweis geführt worden, dass die ventrale Partie der Bauchwand der Fische im Gegensatz zu den mehr dorsalen Theilen und wahrscheinlich zur Rückenmusculatur ihre metamere Structur verloren hat. Ich habe die bisher leider nur in einer kurzen Notiz fixirten Resultate des Autors bei meinen Untersuchungen bestätigt gefunden und schon früher angegeben, dass bei Noti- daniden die zwischen 2 Inscriptionen eingeschlossene Muskelmasse von verschiedenen (von 7 und mehr) Spinalnerven versorgt werden kann (1898, p. 293). Ich gebe in Taf. XXIV dieser Arbeit eine Abbildung der inneren Bauchwandfläche eines Hexanchus, bei welchem die Nervengeflechte präparirt sind. Bei Auf- lösung derselben, welche bei subtilster Präparation an vielen Stellen sicher gelang, liessen sich die einzelnen serialen Nervenzweige bis in ihre Endgebiete verfolgen. Es ist z. B. der in der Figur mit IV bezeichnete ventrale Muskelbezirk von Aesten des I1., Io., 9., 8., 7., 6., und 5. Spinalnerven versorgt. Bei den folgenden ist die Zahl der innervirenden Aeste in serialer Hinsicht nicht geringer. Es scheiden jedoch immer mehr Aeste vorderer Spinalnerven (5., 6. u. s. w.) aus, und neue Aeste von weiter caudalwärts liegenden Myotomen (I2., 13. u. s. w.) treten dafür ein. I) In der Abbildung von L. BOLk sind die Zwischensehnen gerade in entgegengesetzter Richtung gekrümmt zu derjenigen, welche in Wirklichkeit vorhanden ist. 57 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 169 Die zwischen zwei Inscriptiones tendineae liegenden Muskelbezirke täuschen also durch ihre äussere Aehnlichkeit mit metameren Muskelbezirken nur eine primäre Segmentation vor. In Wirklichkeit ist die ursprüngliche Metamerie des Muskelsystems durch eine neue ersetzt, ähnlich wie dies bei der vor dem Schultergürtel liegenden spinalen Strecke bei Selachiern durch FÜRBRINGER (1898, p. 400 und 403) eingehend nachgewiesen wurde. Ich nenne die betreffenden Bezirke Pseudomyomeren (-myotome), um sie von den eigentlichen Myotomen resp. Myomeren (Eumyomeren, Eumyotomen) zu unterscheiden, welche allgemein als haploneur angesehen werden. Es liegt auf der Hand, dass diese Verhältnisse von hoher Bedeutung für die Auffassung der Segmentation der Bauchwand höherer Thiere sind und sehr misstrauisch gegen solche Angaben stimmen müssen, welche für diese einen haploneuren Bau der Segmente behaupten. Ob bei Hexanchus einzelne polyneure Segmente von mehr als 7 Spinalnerven versorgt werden, wie es bei Betrachtung der Taf. XXIV den Anschein hat (z. B. VII. und VIII. Segment), kann ich nicht sicher angeben. Die Auflösung der Plexusverbindungen gelang nicht überall, und so blieb die schliessliche Endigung mancher Nerven unbestimmt. Doch halte ich eine hochgradigere Polyneurie an diesen Stellen für wahrscheinlich. Bei höheren Squaliden ordnen sich die Nervenstämme in der Weise um, dass die feineren Aestchen, welche die Quer- und Schrägverbindungen der grösseren bei Hexanchus bilden, allmählich immer mehr Nervenfasern in sich vereinigen und an Stärke schliesslich die ursprünglichen Hauptstämme übertreffen. Die feineren Queranastomosen haben nämlich den Vortheil, mehr in der Richtung je eines polyneuren Segmentes, also einer mechanischen Muskeleinheit, zu verlaufen. Manche von ihnen liegen unmittelbar neben den Inscriptiones tendineae, den Ruhepunkten bei der Bewegung der Muskeln, und sind offenbar dadurch den Hauptstämmen gegenüber im Vortheil, welche über viele polyneure Segmente hinüberlaufen. Auf Taf. XXIV sieht man dorsal von der, bei der Präparation entfernten Vena parietalis feine, zu Geflechten vereinigte Seitenästchen des 8. und 9. Spinalnerven und der folgenden ungefähr den Inscriptiones tendineae folgen. Auch ventral von der Vena parietalis sind manchmal auf längere Strecken Nervenästchen den Inscriptiones angelagert. Hier ist aber schon kein so auffallender Unterschied mehr wie weiter dorsal zwischen Haupt- und Nebenästen vorhanden. Die Durchflechtung der Nervenfasern ist eine sehr verwickelte. Bei Auflösung der Plexus sieht man häufig, dass die in der Richtung der Inscriptionen verlaufenden Bestandtheile eines serialen Nerven stärker und reicher an Nervenfasern sind als die schräg verlaufenden. Links oben ist z. B. auf der Taf. XXIV die mit x bezeichnete Nervenverknüpfung der Hauptfigur nach vollendeter Auflösung gezeichnet. Derjenige Bestandtheil des 6. Spinalnerven, welcher der Inscriptio folgt (Horizontalast), ist an der Theilungsstelle deutlich kräftiger als der quer zu ihr verlaufende (Verticalast). Beim 5. Spinalnervenast sind die Bestandtheile ungefähr gleich gross. Es ist also schon eine Umkehr des Verhältnisses gegenüber den Nerven dorsal von der Vena parietalis angebahnt. Noch deutlicher wird dies bei pentanchen Squaliden. Bei Acanthias z. B. (Textfigur 6) sind die quer zu den Inscriptionen verlaufenden Aeste der Spinalnerven ventral von der Vena parietalis noch erhalten. Ueberall dagegen sind ausserdem Aeste entwickelt, welche den Zwischensehnen folgen, oder solche, welche nur ein polyneures Segment überkreuzen. An manchen Stellen, z. B. beim II, III, IV., V. und VI. polyneuren Segment ist ventral von der Vena parietalis ein ziemlich deutlicher Stamm entstanden, welcher die Zwischensehne begleitet und gegen welchen die schräg und quer zu ihr verlaufenden Aestchen zurücktreten. Weniger übersichtlich sind die Verschiebungen in dem dorsal von der Vena parietalis liegenden Bezirk des Bauchmuskels. Dieser ist bei Acanthias auch stark vereinfacht gegenüber Hexanchus. Die Zahl der Geflechte zwischen den einzelnen Spinalnerven ist aber, soweit die Ergebnisse meiner Präparation eine Jenaische Denkschriften. IV. 8 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 23 [0Fuoyroy ıy IOp ojsoVy "ue ce [oJ mSaaynyaS woA 93 ‘OSSIY sumbjna sunyunoy uoA anyepnosnwyoneg 9 "SLd ) uomeploA JeNWoNxA Anz ayappm "ıyuaa "V x d.ıy ‘(eIAE[OgnS) SITEUOZ ELIOJIV 31a} (ssunwwo9 sojel 3 usuul uoA_ Yaossgadıaa Jeuz 'sıejoried wuoy dr’ s YpuypIszag + u pur S uS19Pı0A I9p sofeyusa 'ıy uap Nur “uoyose A9Ayı U USIMWOÄWOPNIST SIP UOgOS UIYIZ usyostursge] OIq ‘(97—8) uaaıaujeurd SIq 170 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 58 59 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 171 Beurtheilung gestatten, nicht so gross, als dass auch hier die den Segmenten folgenden Nerven aus Aesten mehrerer serialer Nerven bestehen könnten. Im Hinblick auf die ventral von der Vena parietalis liegende Bauchmusculatur und deren secundäre Veränderung ist es im höchsten Grade unwahrscheinlich, dass bei Acanthias hier primitivere Verhältnisse als bei Hexanchus vorliegen sollten. Auch sah ich manchmal Seiten- ästchen der Hauptnervenstämme in dieser Zone quer zu den Inscriptionen verlaufen und in einem ganz anderen Segment enden als demjenigen, welchem der Hauptnervenstamm folgte. In der Fig. 3, Taf. XXIII, ist der ausgeprägteste Fall derart, welcher mir zu Gesicht kam, abgebildet. Der betreffende Seitenast des 15. Spinalnerven überquert in der Höhe des Durchtrittes der Flossennerven durch die Bauchwand (vergl. Textfigur 6) drei polyneure Segmente, um sich in das letzte einzusenken. Freilich enden solche Aeste sehr häufig früh, ohne mittelst Plexusbildung eine Fortsetzung bis gegen die Bauchmittellinie hin zu finden. Es scheinen also die Umwandlungen der Bauchmusculatur und mit ihnen diejenigen des Nerven- systems dorsal von der Vena parietalis noch hochgradiger zu sein als ventral von derselben. Dass die Gegend der Vena parietalis eine Art Grenze zwischen zwei sich verschieden entwickelnden Zonen ist, geht auch daraus hervor, dass bei Acanthias die Zwischensehnen und polyneuren Muskelsegmente in der Nähe des Schultergürtels dorsal und ventral von dieser Grenze gegeneinander etwas verschoben sind. An das I. Segment stösst das II., an das II. das III. etc. (Textfig. 6). Bei Ceratodus ist ein Stadium erreicht, in welchem die Hauptnervenstäimme (Rr. ventrales) der Bauchmusculatur allenthalben den Inscriptiones tendineae folgen [Braus, 1898, Taf. IX, Fig. ı1)]. Die Hauptstämme sind durch ein dichtes Geflecht feiner und feinster Anastomosen verbunden. Dieselben laufen an manchen Stellen zu vielen an einem Ursprungs- und Vereinigungspunkt zusammen. Solche können dann Ganglien ähnlich sehen, enthalten aber nur periphere, sich kreuzende und verschlingende Nerven- fasern. In diesem Gewirr von Nerven sind die alten Bahnen nicht mehr, wie bei Selachiern, zu erkennen. Sie sind gegenüber den neuen kräftigen Nervenstämmen, welche den Inscriptiones folgen, weit zurück- geblieben und von ihren ehemaligen Seitenästen nicht mehr zu unterscheiden. Der Grund der Veränderungen in den ventralen Theilen der Rumpfmusculatur ist in allen denjenigen Umwälzungen zu suchen, welche die Metamerie des Rumpfes und seiner Theile stören. Unter diesen spielen an dieser, dem Schultergürtel benachbarten Stelle der Bauchwand gewiss die Wanderungen der Extremitäten und speciell die Verschiebung der Vordergliedmaasse die Hauptrolle. Bei Ceratodus ist die cranialwärts gerichtete Wanderung des Schultergürtels eine ganz besonders starke und beträchtlicher als bei den hexanchen und pentanchen Haien (BrAus, 1898, Taf. XVII). Aus diesem Excurs in das Gebiet der, leider noch einer genaueren Durcharbeitung harrenden Morphologie der Bauchwand niederer Fische dürfte hervorgehen, dass die Lage der Nerven zu den Zwischensehnen bei der Ceratodus-Flosse zwar sehr absticht gegen die topographische Anordnung beider Gebilde in der Bauchwand dieses Thieres, dass aber ursprünglich bei letzterer Verhältnisse geherrscht haben, welche den jetzt bei der Flosse bestehenden ziemlich ähnlich waren. Es wäre also wohl denkbar, dass in den Zwischensehnen der Ceratodus-Flosse Reste einer ursprünglich metameren Segmentation der Musculatur vorliegen, ebenso wie in den Inscriptiones tendineae der Bauch- musculatur. Man könnte ihnen, um ihre Umwandlung anzudeuten, den Namen polyneure Zwischen- sehnen geben. Ich möchte nicht unterlassen, nochmals hervorzuheben, dass diese Ansicht durchaus ver- schieden ist von derjenigen, welche irrthümlicher Weise der Ceratodus-Musculatur eine Metamerie supponirt. ı) Vollständig gezeichnet sind in dieser Figur nur die Aeste der cranialen Nerven (bis b incl). Vom Nerv e ist nur ein Theil der Seitenäste und von 4 sind nur wenige proximale Nerven wiedergegeben. Bei letzteren sieht man jedoch die Lage der Hauptnervenstämme zu den Zwischensehnen. 8* » 23* 172 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. - 60 Denn was die letztere als bestehend annimmt, scheint mir nur in lang vergangenen Zeiten möglich &ewesen zu sein. Die Metamerie der Muskeln ist durch hochgradige Umlagerungen der Fasern aufgehoben. Bei Ceratodus ist in der Ontogenese nichts von diesen Processen erhalten. Bei ihm selbst ist daher nach unserer jetzigen Kenntniss kein weiterer Aufschluss über diesen Theil der Geschichte der Extremitäten zu erlangen. Es liegt aber auf der Hand, dass hier Momente gegeben sind, welche für die Entstehung und ursprüngliche Stellung der Extremität, sowie ihre Anheftung an die Bauchwand Bedeutung haben. Eine Einwanderung der Musculatur senkrecht zur Flossenaxe, welche der Lage der Inscriptionen entspräche, würde einen engeren Verband der Extremität mit der Bauchwand nothwendig erscheinen lassen, als eine solche, welche in der Richtung der Axe erfolgt. Denn im letzteren Falle könnte die Befestigung des basalen Endes der Axe am Schultergürtel für die Muskeleinwanderung vom Rumpf zur Flosse genügen. Anheftungen der Muskeln am Skelet und Wirkung derselben. Die Musculatur der Ceratodus-Flosse hat sich an verschiedenen Stellen von der ausschliesslichen Befestigung an den Zwischensehnen, welche bei Zurückführung derselben auf ursprüngliche Bestandtheile für eine primäre gelten müsste (vergl. Cap. IIc: Selachier- und Dipnoerflosse), emancipirt. Zunächst ist eine grosse Anzahl von Fasern am Schulter- und Beckengürtel befestigt. Diese haben bei der Brust- und Beckenflosse eine verschiedene Richtung in progressiver Entwickelung eingeschlagen. Bei der vorderen Extremität ist dieselbe ventral- und dorsalwärts erfolgt. Besonders deutlich wird dies beim ventro-lateralen Hauptmuskel durch einen isolirten Ast von Nerv a (+ 2?) illustrirt, welcher die Richtung der Ursprungsverschiebung der Muskelfasern durch seine rein ventrale Lage angiebt (Taf. XXII, Fig. Tr). Bei der Beckenflosse dagegen haben die Ursprünge am Extremitätengürtel sich mit der Reduction des dorsalen Theiles desselben in proximaler (rostraler) Richtung ausgedehnt. Auch hier zeigen Nerven den Weg an, welchen die Musculatur genommen hat. Die Aeste der rostralen Flossennerven verlaufen von ihrer Eintrittsstelle in die Musculatur im Bogen cranialwärts (Taf. XXVII, Fig. 2). Der lange Gelenk- fortsatz des Beckens (G), welcher beim Schultergürtel nicht in dem Maasse vorhanden ist, ist offenbar eine Anpassung an die kräftige Ursprungsportion der Muskeln, welche in der Richtung, die noch jetzt ihre Nerven einschlagen, vom Knorpel Besitz ergriff. Die Zwischensehnen erstrecken sich nicht durch die ganzen Hauptmuskeln. Die Randpartien der letzteren stehen in enger Verbindung mit den Hornfäden des äusseren Skelets. Dadurch tritt eine Beschränkung der Inscriptionen auf die Stammzone der Musculatur ein, welche schon früheren Untersuchern (v. DAVIDOFF, SCHNEIDER etc.) bekannt war (Taf. XXT). Die Musculatur des ventralen und dorsalen Randes ist nach ihren Insertionen an den Hornfäden angeordnet und hat in Folge dessen eine zur parallelfaserigen Richtung der axialen Musculatur diver- girende Stellung eingenommen. Die Muskelfasern gerathen dadurch in dieselbe Verlaufsrichtung wie die Zwischensehnen, und diese kommen in Folge dessen als überflüssig in Fortfall. Solche Fälle sind z. B. bei der Bauchmusculatur höherer Thiere durch SEyDEL (1891) beschrieben worden. Nur auf kurze Strecken sind die Inscriptionen mit ihren lateralen Rändern dem Verlauf der seitlichen Muskelfasern angepasst. Bei der Brustflosse z. B. biegen die ventralen Enden der 3 vordersten Inscriptionen rechtwinklig um und erhalten dadurch die gewöhnliche, zum Muskelfaserverlauf senkrechte ‘Stellung (Taf. XXI, Fig. 2, 3). Am präaxialen Rande spalten sich die Inscriptionsenden bei 2 Zwischensehnen der Brust- und einer der Beckenflosse (Taf. XXI, Fig. 2 und I) aus gleichen Gründen. Aber selbst in der Stammzone der Musculatur sind die Inscriptionen nicht die einzigen Befestigungs- stellen für Muskelfasern. Namentlich am I. Axenglied entspringen terminal- und inseriren basalwärts von 61 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 173 der Inscriptio Muskelfasern am Knorpel (Textfigur 2, p. 151, Ursprungspunkte: Kreuze; Insertionsstellen : Tüpfel). An den weiter terminal liegenden Axengliedern sind wesentlich Ursprungspunkte am Innenskelet von Muskelfasern gewonnen. Da die Inscriptionen selbst mit dem Perichondrium in Verbindung stehen, ist die Ueberwanderung von Anheftungspunkten der Muskeln von den Zwischensehnen auf den Knorpel leicht zu verstehen. Man findet in der That alle Uebergänge von geringer bis zu ausgedehnter Besitz- ergreifung des Knorpels durch Muskelursprünge (Taf. XXI, Fig. 9). Da, wo die Inscriptionen fehlen, an den seitlichen Muskelpartien, ist die Anheftung von Fasern am inneren Skelet sehr ausgeprägt. Besonders sind es die Insertionen, welche hier mit dem Knorpel in Ver- bindung getreten sind. Ueber den Radienbesatz der postaxialen Seite der Flosse ziehen die Muskelfasern schräg zur Längsaxe der Knorpel hin. Am präaxialen Rande dagegen verlaufen sie in der Richtung der Knorpelradien. Im letzteren Falle haben sie offenbar eine stärkere Wirkung auf das innere Skelet und können die Radien, zumal da, wo ein stark reducirter Flossensaum besteht, wie beim proximalsten Radius (Taf. XXI, Fig. 1-2), kräftiger und mehr für sich bewegen, als dies auf der postaxialen Seite möglich erscheint. Sie sind in Folge dessen an dieser Stelle gegen die axiale Musculatur durch eine besondere Grenzlinie abgesondert. Diese Differenzirung der Musculatur steht in innigem Wechselverhältniss zu dem Bau des knorpeligen Skelets und den Functionen der Ceratodus-Flosse, welche in diesem Bande durch SEmon eingehend geschildert worden sind und welch’ letztere, abgesehen von den älteren mit ihnen in Einklang stehenden Beobachtungen von Ramsay (1877), neuerdings durch denselben Autor (I899A) eine Ergänzung auf Grund der Beobachtungen von THomson am lebenden Ceratodus gefunden haben. Ich verweise wegen des Details auf die specielle Beschreibung der Musculatur des Ceratodus (p. 149—155) und fasse hier nur kurz die Resultate zusammen. Bei dem Vergleich der Dipnoer- und Selachierflosse werde ich Gelegenheit nehmen, auf diese Verhältnisse zurückzukommen. Für eine freiere Beweglichkeit ist ausser dem Schulter- resp. Hüftgelenk bei der Ceratodus- Flosse das zwischen 1. und 2. Axenglied liegende Gelenk seinem anatomischen Bau und den Muskel- verhältnissen nach eingerichtet. Ausserdem ist der I. präaxiale Seitenstrahl durch besondere Anpassung der betreffenden Inscriptio tendinea, durch die Lage der Muskelfasern und die starke Reduction der an seinem distalen Ende befindlichen Hornfäden zu freierer Beweglichkeit im Stande als alle übrigen Seiten- strahlen. Diese Beweglichkeit besteht in winkligen Knickungen der Theile gegen andere Theile des knorpeligen Skelets. Bei der ganzen übrigen Flosse nämlich besteht die Beweglichkeit des Knorpels nur in Biegungen seiner Theile, welche auch da, wo sie zusammenstossen, durch Vollgelenke (SEmon, 1899B) mehr verbunden als getrennt werden. Die Befestigungen der Inscriptionen und da, wo sie fehlen (namentlich am Seitenrand der Flosse), der Muskeln am Knorpel haben den Zweck, eine zu starke Durch- biegung des Knorpels zu verhindern und die Radien in dieselbe Richtung zu bringen, welche die Hornfäden einnehmen, um ein Losreissen der letzteren von ersteren zu verhindern (Textfigur I und 3, p. I5TI). Im Uebrigen greift die Wirkung der Muskelfasern bei den Bewegungen der Flosse durch Biegung an den Hornfäden an. Die Angriffspunkte am inneren (Knorpel-)Skelet sind dabei rein accessorischer Natur. Im Allgemeinen scheint der Lungenfisch die Biegungsbeweglichkeit seiner Flossen zum Schwimmen zu benutzen (Steuerung). Die Knickungsbeweglichkeit dagegen wird, abgesehen von derjenigen im Schulter- resp. Hüftgelenk, welche allen Fischen zukommt, nur beim Liegen auf dem Boden der Gewässer, beim Aufstemmen der Flossen auf den Untergrund (Textfigur 4, p. 154) angewendet. 174 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 62 Eine Parallele hierzu scheint bei denjenigen Knochenfischen zu bestehen, welche im Stande sind, sich mittelst ihrer Flossen auf dem Boden der Gewässer (Trigliden, Pediculaten, Umbriden)!) oder selbst auf dem Festland (Gobiiden, Blenniiden) aufzustützen oder sogar zu bewegen. Bei manchen von diesen ist es bekannt, wie ich der hierauf bezüglichen Zusammenstellung bei SımroTH entnehme (1891, p. 344), dass sich etwas einem Ellenbogengelenk Aehnliches bei der vornehmlich in Benutzung stehenden Vorderflosse herausgebildet hat (bei Lophius und Periophthalmus), während bei allen schwimmenden Knochenfischen nur eine dem Schultergelenk functionell entsprechende Einrichtung besteht. Andererseits haben viele Land- wirbelthiere, welche sich aufs Neue dem Wasserleben angepasst haben und Seethiere geworden sind, wie die Wale und manche fossile Reptilien (Ichthyo- und Sauropterygier), bekanntlich die freien distalen Gelenke, welche ihre landlebenden Verwandten besitzen, verloren und bewahren einzig das Schulter- bezw. Hüftgelenk. Il. Die Selachierflosse. Bei den Selachiern ist es im Allgemeinen nicht schwierig die Musculatur der Extremitäten selbst und diejenige der Extremitätengürtel (Schulter- und Beckenmusculatur) zu unterscheiden. Es besteht noch nicht die innige Vermengung von Bestandtheilen beider Gruppen, wie sie z. B. bei den Musculi brachiales sup. und inf. einerseits und thoracici sup. und inf. andererseits bei der vorderen Extremität höherer Wirbelthiere (namentlich durch die Arbeiten von M. FÜRBRINGER, 1873—1900) bekannt sind. Vielmehr sind in den meisten Fällen die Schulter- und Beckenmuskeln gar nicht als besondere Muskeln vorhanden. Man findet sie in statu nascendi als Anfänge einer Abspaltung der Bauchmusculatur (GEGENBAUR, 1898, p- 672 u. f.). Ich beschränke mich, wie ich schon früher erwähnte, auf die ältere, bei niederen Fischen allein voll entwickelte Musculatur der eigentlichen Extremität und deren Nerven. a) Myologie. I. Die Musculatur der Brustflosse. Die Musculatur der Brustflosse der Selachier hat bisher noch keine genauere Beschreibung gefunden. Es ist allerdings die wichtige Thatsache bekannt, dass dieselbe in zwei Hauptmuskeln, Mm. pterygiales communes, zerfällt, von welchen der eine die dorsale, der andere die ventrale Fläche des Flossenskelets bedeckt (MECKEL, 1828, Dum£rıL, 1865, HumrHry, 1872 A). Ferner wissen wir, dass sich diese Muskeln in einzelne, im Allgemeinen der Richtung der Knorpelradien folgende Bündel zerlegen lassen, für welche ich den Namen Mm. radiales vorschlug (1898 A, B). Dieselben wurden bei Rochen schon von MonRo (1785) abgebildet, bei Knorpelfischen überhaupt von MECKEL (1828) ihrer 1) Auf Umbra crameri MÜLL. und deren Vermögen, den Körper mittelst der winklig gebogenen Flossen auf dem Boden aufzustützen, hat kürzlich KATHRINER (1899) aufmerksam gemacht. Doch ist dieses weder, wie der Autor anzunehmen scheint, das einzige Beispiel einer derartigen Anpassung bei Knochenfischen, sondern nur eines von vielen, zum Theil viel markanteren Fällen, noch ist SEMON das Vorkommen solcher bei Teleostiern entgangen (vergl. diesen Band, p. 85). Wenn schliesslich KATHRINER sagt, dass auf Grund solcher functioneller Anpassungen, welche denen der Dipnoerflosse ähnlich sind, eine analoge Annäherung zwischen der Flosse des Hundsfisches und der pentadactylen Extremität wie zwischen dieser und der Dipnoerflosse angenommen werden müsse, so vergisst er, dass die Teleostierflossen und ihre einzelnen Theile in Folge besonderer Meta- morphosen des inneren Skelets einen ganz anderen morphologischen Werth als die Dipnoerflosse besitzen (GEGENBAUR, 1865 und 1898, p. 512 u. ff.). Eine phylogenetische Ableitung der fünfzehigen Extremität von der Flosse des Hundsfisches oder eines anderen Teleostiers ist undenkbar. Als Convergenzerscheinung verdienen jedoch die morphologischen Einrichtungen der Art bei Teleostiern Beachtung und sind wohl einer genaueren Untersuchung ihrer Weichtheile als der vorliegenden werth. 63 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 175 Zahl und Lage nach in Uebereinstimmung mit den Knorpelradien angegeben und auch in der neueren embryologischen Literatur bezüglich dieser Beziehungen erwähnt. Die Hauptmuskeln, ihre Lage und Ausdehnung. Ich lege meiner Schilderung die Brustflosse von Acanthias vulg. Rısso zu Grunde, welche ich am genauesten untersucht habe. Man sieht an ihr die beiden Hauptmuskeln nach Entfernung der Haut als verhältnissmässig kurze Platten (MEckEL, 1828) den proximalen Theil der Flosse einnehmen. Sie enden dort, wo die Hornfäden beginnen. Das Knorpelskelet der Flosse reicht ein wenig, und zwar an verschiedenen Stellen verschieden weit, über die distale Muskelgrenze hinaus (Taf. XXIII, Fig. 2). Während die Muskeln gegen ihre distalen Enden hin platt sind und sich flächenförmig über das Skelet ausbreiten, nehmen sie gegen den Schultergürtel hin an Dicke zu. Denn der Ursprung sowohl des dorsalen wie ventralen M. pteryg. comm. erstreckt sich ziemlich weit am Schultergürtel hinauf und hinab (Taf. XXII, Fig. 2—4, Ansicht auf die mediale Fläche der Squalidenflosse). Die rein dorsale und ventrale Lage der Muskeln ist jedoch an zwei Stellen gestört. Einmal setzt sich am lateralen Flossenrand der ventrale Muskel in eine dorsalwärts über die vom Flossenskelet repräsentirte Horizontalebene emporragende Region fort (Taf. XXIII, Fig. 3 B)!). Doch ist dies bei niederen Haien nicht oder doch nicht in dem Maasse der Fall. Die Abbildung von Hexanchus |Taf. XXIII, Fig. 4!)] zeigt eine nur bei Kenntniss der Verhältnisse bei Spinaciden bemerkbare Ausdehnung des Muskels an dieser Stelle. Die betreffende Muskelpartie bei Acanthias ist der Beginn einer besonderen Differenzirung eines Abductors der Flosse, welcher den Notidaniden fehlt und deshalb nur für die höheren Haie von Wichtigkeit ist. Eine andere Abweichung findet sich am distalen Theile der Flosse, an der Stelle, wo die von GEGEN- BAUR (1865, 1873) und BunGe (1874) beschriebenen Knorpelstückchen sich befinden. Diese Knorpelstückchen, welche am medialen Rande des Metapterygium liegen und als Reste der verloren gegangenen Hälfte des biserialen Archipterygium aufgefasst werden, liegen stets so, dass sie nach abwärts schauen und dass die sie bedeckende dorsale Musculatur in mediale Lage geräth, die ventrale dagegen in laterale (Taf. XXIJ, Fig. 4). Es ist dies auch bei anderen Squaliden, speciell bei Notidaniden (Hexanchus, Taf. XXII, Fig. 2) der Fall. Bei Hexanchus lässt die dorsale Musculatur den am meisten medial liegenden Theil dieses Knorspels’°) frei. Man sieht ihn in Folge dessen in der Ansicht der medialen, der Rumpfwand anliegenden Flossenfläche frei vorliegen (vergl. Taf. XXI, Fig. 2 x). Dadurch wird die Stellungsänderung sehr deutlich; denn man sieht das dünne Knorpelchen (x) von der Fläche, das Metapterygium jedoch von der Kante. Die beiden Flossenmuskeln sind ohne jede innigere Verbindung mit der Rumpfmuseculatur. Der dorsale Muskel setzt sich zwar mit seinen Ursprüngen von dem dorsalen Theile des Schultergürtels (Scapula) ein wenig auf die Rumpfwand fort (Textfigur 7; eine Vene bedeckt die Ursprungslinie an dieser Stelle). Die Fasern entspringen jedoch von einer derben Fascie, welche sie völlig von der Rumpfmusculatur trennt. Am Ursprung des ventralen Muskels ist überhaupt keine Anlagerung an die Rumpfwand vorhanden. Die Muskelfasern verlassen den Knorpel (Coracoid) nicht, welcher einen besonderen, ihnen Ursprung gewährenden Muskelfortsatz (Processus muscularis) besitzt (Taf. XXII, Fig. 4 Proc,; auch bei GEGENBAUR, 1865, Taf. IV, Fig. 9A, B abgebildet). Bei Hexanchus fehlt die Fortsetzung des Ursprungs des dorsalen Muskels auf die Rumpfwand (Taf. XXIII, Fig. 2). Es sind hier die beiden Hauptmuskeln mit ihrem Ursprung, ihrer Insertion und in ihrem ganzen 1) Durch ein Versehen sind die beiden Figg. 3 B und 4, Taf. XXIII, im Vergleich mit allen übrigen Abbildungen auf den Kopf gestellt. Man denke sich den oberen (ventralen) Rand derselben nach unten schauend. 2) In meinem Exemplar war nur ein medialer Knorpelradius von relativ ansehnlicher Grösse vorhanden. GEGENBAUR bildet bei Hexanchus 2, bei Heptanchus einen ab (1865, Taf. IX, Fig. T2): 64 176 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. Verlauf an die Flosse und ihr Skelet gebunden. Andererseits haben höhere Haie mannigfache Aberrationen von Rumpfmuskeln an die Flosse. Am ausgeprägtesten und häufigsten sind sie bei Rochen. Bei Raju fullonica L. z. B. verlaufen zahlreiche isolirte Fasern oder Bündel von solchen an die Brustflossenmuskeln Man kann bei der Schwierigkeit der Präparation leicht in Versuchung kommen, sie als (Textfigur 8). betrachten und damit eine Verbindung zwischen diesen und der Bestandtheile von Flossenmuskeln zu g Fig. 8. Fig. 7. N Ep} S um INN N Mm N Ta > Fig. 7. Schultergürtel und Ursprung des dorsalen Hauptmuskels von Acanthias (von der Seite und oben gesehen). @ Schulter- gürtel (Scapula), 7 M. trapezius, m dorsaler Hauptmuskel, V Vena, P Propterygium, K letzte Kiementasche. Fig. 8. Partie der Bauchwand von Raja fullonica L. zwischen hinterem Ende der Brust- flosse (Br. Fl) und vorderem Rande der Beckenflosse (Bk. Fl.), sowie Becken P. Die Bk. Fl. P Bauchmusculatur mit Inscriptionen versehen. Einzelne Muskelfasern treten aus dem Verband der segmentalen Muskeln mit einem Ende aus und legen sich theils auf die Musculatur der vorderen Extremität, theils auf diejenige der hinteren. Die Brustflosse ist von der Bauchwand künstlich abgedrängt. Dadurch wird eine in der Figur eng schraffirte Bindegewebsplatte sichtbar, in welcher die beiden letzten Flossennerven (schwarz) Die Muskelfasern, welche auf dieser Bindegewebsplatte sich befinden, liegen in situ, gerade so zur Vordergliedmaasse verlaufen. wie die Fasern weiter rechts, der Musculatur der Brustflosse an. Sie werden von einem feinen, sich verzweigenden Nerven- ästchen (schwarz) versorgt, welches die Bauchwand unabhängig von den in der Figur weiter oben rechts liegenden Flossennerven perforirt. Die Bindegewebsplatte setzt sich caudalwärts in eine niedrige Hautfalte fort, welche Vorder- und Hinterflosse verbindet (siehe JAECKEL, 1894, p. I4, und BRAUS, 1898 A, p. 435). Rumpfmusculatur anzunehmen. Doch findet man bei genauem Zusehen nie einen wirklichen Zusammenhang. Immer liegt noch eine bindegewebige Hülle zwischen Rumpf- und Extremitätenmuskeln. Auch kommen die Nerven der aberrirenden Muskelfasern aus selbständig die Rumpfwand durchbohrenden Aestchen der Die Extremitätennerven, von denen in der Figur die beiden letzten abgebildet Ich kann deshalb auf weitere Beispiele verzichten, zumal ich Denn zweifellos sind diese Verbindungen etwas, was ventralen Spinalnervenäste. sind, entsenden keine Zweige zu ihnen. an der Beckenflosse dasselbe werde zeigen können. erst innerhalb der Selachier auftritt. Entwickelungsgeschichtlich bilden sich gleichfalls die distalen, eng dem Flossenknorpel anliegenden Muskelpartien zuerst (MOLLIER, 1893, BRAUS, 1899). 65 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse, 177 Die beiden Mm. pterygiales communes sind nicht nur von den Rumpfmuskeln, sondern auch von einander völlig getrennt. Immer findet man das Knorpelskelet zwischen dorsalen und ventralen Muskelfasern. Ich werde später zeigen, dass diesem Befund auch die Nervenverhältnisse entsprechen. Denn motorische Nerven treten nirgends weder ausserhalb der Flossenknorpel, noch durch dieselben oder zwischen ihnen hindurch von einem Hauptmuskel zum anderen‘). Ich wende mich jetzt zu der specielleren Anordnung der Hauptmuskeln und finde die ein- facheren Verhältnisse beim M. pterygialis communis ventralis der Brustflosse. Faserkategorien des ventralen Hauptmuskels. Von den früher ihrer Bedeutung nach präcisirten Faserkategorien (p. 143) sind zunächst die Mm. zono-keratoidei stark entwickelt. Doch entspringen nicht alle direct vom Schultergürtelknorpel. Die am medialen Flossenrand befindlichen Muskeln nehmen vielmehr von einer Aponeurose Ursprung, welche sich ihrerseits an den Proc. muscularis des Coracoid ansetzt. Die eigentlichen Muskelfasern haben in Folge dessen nur etwa die halbe Länge derjenigen, welche unmittelbar am Coracoid entspringen. Die Mm. zono-keratoidei finden sich überall an der distalen Oberfläche des Muskels. Am proxi- malen Theil jedoch, welcher auf dem Schultergürtel und dem Basale propterygi liegt, liegen Fasern ober- flächlich, welche am Knorpel (Propterygium) selbst sehnig inseriren. Sie gehören zu der Kategorie der Mm. zono-pterygiales (Taf. XXIII, Fig. 3B M. abd.)?). Es giebt also in diesem Bereich keine Mm. zono- keratoidei. Bei Hexanchus ist ihre Zahl, entsprechend der geringen Ausdehnung dieser Zone, sehr gering (Taf. XXII, Fig. 4). Die Mm. pterygo-keratoidei haben eine weniger ausgedehnte Verbreitung. Zunächst fehlen sie am medialen Flossenrand. Alle Fasern, welche aufden medial von der Axe der Flosse (A) liegenden Knorpeln (Taf. XXIII, Fig. 2 No. 2, 3, 4) verlaufen, sind reine Mm. zono-keratoidei. Nur unter denjenigen Fasern, welche der Axe des Metapterygium zunächst liegen, sind einige vorhanden, welche am Knorpel entspringen und an den Hornstrahlen inseriren (Textfigur g«, schräge Fasern). Diese Fasern sind eng mit den Mm. zono-keratoidei verwebt und verlaufen mit ihnen gemeinschaftlich an ihren Insertionspunkt. Schreitet man von der Axe des Metapterygium (A Taf. XXIII, Fig. 2) nach dem lateralen Flossen- rand zu fort, so werden die Mm. pterygo-keratoidei bald zahlreicher und allmählich selbständiger. Ihr Ursprung beginnt sich an der Grenze zwichen Meta- und Mesopterygium gegen die Mm. zono-keratoidei deutlich abzugrenzen. In Textfigur ge, welche Fasern darstellt, die auf dem Metapterygium und dessen Radien liegen, sind die beiden Fasersysteme eng mit einander verbunden, aber nicht mehr mit einander gemischt, wie am medialen Rande des Metapterygium. In Textfigur 97 ist eine Zwischensehne im distalen Theil aufgetreten, welche nach dem terminalen Ende der Muskeln zu an die Oberfläche tritt. (In der Skizze zwischen Muskel u und & ist dieselbe in der Oberflächenansicht von «u in dunklem Tone gezeichnet.) Diese nimmt anfangs Insertionen der Mm. pterygo-keratoidei und zono-keratoidei auf, weiter distal nur noch solche von ersteren. Es schliessen sich beide Faserkategorien zu proximal doppelt und distal einfach &efiederten Muskeln zusammen. Auch bei den auf dem Mesopterygium und dessen Radien verlaufenden Muskeln (Textfigur gu und £&) ist dies der Fall. Die Mm. pterygo-keratoidei sind jedoch beträchtlich vermehrt, und dementsprechend dient die Zwischensehne mehr Fasern dieser Kategorie als bei den weiter medial 1) Ausnahmen kommen nur bei sensiblen Nerven vor und auch bei diesen lediglich in der Nähe des Flossenrandes, indem sich ventrale Aestchen um denselben herum an benachbarte Theile der dorsalen Flossenhaut begeben. 2) Siehe p. 175, Anm. 1. Jenaische Denkschriften. IV. 9 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 24 178 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 66 liegenden Muskeln zum Ansatz. Auch hat sich am Ursprung die Abgrenzung der Mm. zono-keratoidei gegen unsere Muskelfasern vollzogen. In Textfigur gr ist das am deutlichsten geworden. Schliesslich hören am lateralen Flossenrande die Mm. zono-keratoidei ganz auf. Es erhalten sich dann noch einige Faserbündelchen, welche zur pterygo-keratoidalen Kategorie gehören. Dieselben liegen auf dem distalen Theil des Propterygium (Taf. XXIII, Fig. 2%, W), terminal vom Ansatzpunkt des bei Acanthias stark entwickelten ventralen Abductors (s. 0.). Wir haben in dieser Reihe noch bei ‚der fertigen Flosse alle Stufen des Entwickelungs- ganges neben einander liegen, welche die ausgebildetsten Fasergruppen der Mm. pterygo-keratoidei durchlaufen haben. Sie entstehen aus den Mm. zono-keratoidei, indem zuerst einzelne, später [04 T Fig. 9. Musculi radiales des ventralen Hauptmuskels der Brustflosse von Acanthias, isolirt und von der Seite gesehen. (Die chondrale Seite [Knorpel der freien Brustflosse] liegt links, die dermale rechts, die terminale oben und die proximale [Schulter- gürtel] unten.) Die einzelnen Muskeln sind mit den der Fig. 2, Taf. XXIII, entsprechenden Buchstaben versehen. Der Verlauf der einzelnen Muskelfasern ist grau, derjenige der Nerven schwarz eingezeichnet. Am Anfang der Nerven steht die seriale Ziffer des Spinalnerven, zu welchem sie gehören, und an ihrer Eintrittsstelle zwischen die Muskelfasern der Buchstabe desjenigen M. radialis, in welchem sie endigen. Ist kein Buchstabe angegeben, so endigt der Nerv in dem M. radialis, in welchen er auf der Zeichnung eintritt. 2mal vergr. immer zahlreichere Fasern ihren Ursprung auf das Flossenskelet verlegen, und zwar beginnt dieser Process distal und schreitet allmählich proximalwärts fort. Alle Mm. pterygo-keratoidei haben das Gemeinsame, dass sie nur von den Basalplatten der Flossenknorpel unmittelbaren Ursprung nehmen. Den Radien derselben liegen sie durch Vermittelung einer Aponeurose lose an. In Textfigur 9 habe ich diese zwischen n und u, von der Unterseite des Muskels her gesehen, gezeichnet. Der breite Anfang der Aponeurose ist am Ende des Basale mesopterygii angeheftet. Man sieht, wie die Muskelfasern alle von der sich verjüngenden Sehne fiederig entspringen. In Taf. XXIII, Fig. 2 ist die Ausdehnung dieser (weiss gehaltenen) Aponeurosen eingezeichnet. Am Metapterygium entspringen allenthalben Muskelfasern, nicht nur von dem basalen Hauptstück, sondern 67 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 179 auch von der grösseren Knorpelplatte, welche distalwärts auf dieses folgt. Das 2. Querglied des Axen- strahles verhält sich also bezüglich dieser Muskeln gerade wie ein Basale. Eine weit geringere Ausdehnung als den beiden bisher geschilderten Muskelfasern kommt der Kategorie der Mm. zono-pterygiales zu. Sie sind auf zwei Bezirke beschränkt. Einmal finden sie sich am medialen Rande des Basale metapterygii. Auf Taf. XXI, Fig. 4 und Taf. XXIII, Fig. 2 sieht man Muskelzüge sich an den distalen Theil desselben begeben. In Textfigur 97 sind einige vom Skelet abgelöst und im natürlichen Zusammenhang mit den anderen Kategorien von Muskelfasern gezeichnet. Sie kreuzen sich in der Nähe ihrer Insertionen mit Ursprungspartien von Mm. pterygo-keratoidei (in der Figur zwischen den Ziftern 77 und 12). Die Mm. zono-keratoidei gehen ohne Grenze in sie über. In den weiter medial liegenden Muskeln bestehen die Mm. zono-pterygiales nur aus einigen Fäserchen, welche sich von den Mm. zono-keratoidei abzweigen, kurz bevor diese den Rand des Metapterygium erreichen. Diese vermehren sich immer mehr, je näher die betreffenden Muskeln mit ihrem distalen Ende dem lateralen Rande des Metapterygium kommen. Diejenigen Mm. zono-keratoidei, welche über die Radien des Meso- pterygium verlaufen (Taf. XXIII, Fig. 2), besitzen aber keine Abzweigungen zum Knorpel mehr. Das Vorkommen solcher ist also lediglich auf die distale Hälfte des Basale metapterygii und auf dessen medialen Rand beschränkt. Denselben allmählichen Uebergang zwischen Mm. zono-keratoidei und -pterygiales finde ich auch in dem anderen Bezirk, in welchem letztere vorkommen, nämlich am lateralen Flossenrande. Hier sind sie bei Acanthias sehr zahlreich vertreten, da der Abductor des ventralen Muskels stark entwickelt ist und nur aus solchen Fasern besteht. Bei Hexanchus ist, entsprechend der geringen Entfaltung desselben, die Zahl der Fasern kaum grösser als diejenige der am medialen Flossenrande befind- lichen Muskeln dieser Kategorie. Auch sie inseriren hier lediglich am freien Rande des Basale propterygii, nicht an seiner Fläche. Vergleicht man die Insertionsfläche bei Acanthias mit der von Hexanchus (Taf. XXIII, Fig. 3B und 4), so erkennt man, dass erstere durch Ausbreitung der Muskelansätze über die laterale Kante dorsalwärts!) vergrössert worden ist. Denn sie liegt in einer anderen, fast rechtwinklig abgebogenen Ebene im Verhältniss zu der- jenigen, welche von den Extremitätenknorpeln bestimmt ist. Es geht daraus hervor, dass an dieser Stelle die Mm. zono-pterygiales späte Abspaltungen aus den Mm. zono-keratoidei sind. ö 5 E ; Fig. 10. Brustflossenskelet Ein Unterschied gegenüber der medialen Flossenkante besteht darin, yon Acanthias. Schema. Mit Kreuzen sind die Ursprünge, mit schwarzen Tüpfeln die Insertionen pterygiales werden. Daher kommt es, dass der Abductor nicht wie alle von Muskelfasern am Knorpel be- al: 2 ee m N ichnet. Die gestrichelten Linien übrigen Fasern der letzteren Kategorie von Mm. zono-keratoidei oberflächlich © ten ee EEE erehime der dass die Mm. zono-keratoidei hier successive sammtlich zu Mm. zono- bedeckt ist. In Textfigur 9z sieht man, wie die Abspaltung der Mm. zono- Muskelfasern an. keratoidei von den Mm. pterygo-keratoidei eingeleitet ist. Haben erstere ihre Insertionen am Propterygium gewonnen (Umwandlung in Mm. zono-pterygiales), so ist die Trennung vollzogen. Auf Taf. XXIII, Fig. 2 befindet sich eine kleine Lücke zwischen den Insertionspunkten der Mm. zono-pterygiales (schwarze Tüpfel Textfigur 10) und den Ursprungspunkten der Mm. pterygo-keratoidei (Kreuze Textfigur IO) an dieser Stelle (Basale propterygiü). Es ist das die höchste Stufe der Differenzirung und Sonderung, welche am ventralen Hauptmuskel von den Neubildungen aus zono-keratoidalen Fasern erreicht wird. I) Siehe p. 175, Anm. 1. 9g* 2U* 180 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 68 Faserkategorien des dorsalen Hauptmuskels. Weiter ist die Specificirung der Faserkategorien am dorsalen Hauptmuskel der Brustflosse fortgeschritten. Bei diesem sind die Mm. zono-keratoidei, zono-pterygiales und pterygo-kera- toidei bereits am medialen Rande des Basale metapterygii vollentwickelt und auch an ihren Ursprüngen von einander getrennt. In Textfigur II bilde ich einen vom Skelet abgelösten, aber in der natürlichen Lage der Muskelfasern zu einander belassenen Complex ab, welcher sich auf dem medialen Radienbesatz der Axe des Metapterygium findet. Die Fasern sind unten in der Figur vom Schultergürtel bezw. von der Fascie, welche den Knorpelursprung bei Acanthias auf die Rumpfmusculatur caudalwärts ausdehnt (s. o. p. 175, Textfigur 7), abgelöst zu denken. Sie verlaufen zu den Hornfäden. Ein Theil von ihnen löst sich in Gruppen (e, £) ab und verbindet sich mit anderen Fasercomplexen, welche demselben Ziel zustreben. Es verbinden sich mit diesen Mm. zono-keratoidei die mit p bezeichneten Fasern, indem sie einander durchkreuzen. Das Bild ähnelt an dieser Stelle am meisten der Textfigur ge Diese entstammt einem ventralen Muskel, welcher auf dem 5. und 6. lateralen Strahle des Knorpelskelets liegt. Es wird diese Anordnung also bei dem ventralen Hauptmuskel erst viel weiter lateralwärts erreicht als bei dem dorsalen. Bei dem nächstfolgenden Radialmuskel des dorsalen Hauptmuskels treten dann schon Zwischensehnen auf, wie sie ventral erst bei 7 (Textfigur 9) zu beobachten sind. Die dritte, mit z bezeichnete Gruppe (Mm. zono-pterygiales) entspringt wie die erste, heftet sich aber am medialen Rande des Basale metapterygii an. Sie ist recht stattlich und zerfällt in zwei platte, aber breit ausgezogene Bäuche. Vergleicht man das Bild mit Textfigur ge, welche den correspondirenden Muskel der ventralen Seite wiedergiebt, so ist der Unterschied in der Höhe der Differenzirung gleicher Stellen der beiden Hauptmuskeln augenscheinlich. Im Uebrigen werden jedoch keine höheren Formen der Muskeldifferen- 70 zirung im dorsalen Hauptmuskel erreicht. Der Unterschied gegen den ventralen 13 Muskel besteht in einer gleichmässigen Höhe der Muskelentwickelung, indem Fig. ı1. Musc. radialis des die einfacheren Formen der Muskelbildung bei letzterem noch erhalten, bei ersterem dorsalen Hauptmuskels der , ” b B 0 Brustflossevon Acanthias. Buch. jedoch allenthalben durch höhere Formen ersetzt sind. Die Faserkategorien stabenerklärung siehe Fig. 9 p- 178. Die chondrale Seite 3 h I 2 liegt in dieser Figur rechts, im Zusammenhang; eine Bildung von isolirten Schichten oder anders gestalteten die dermale links. bleiben jedoch auch bei ihm stets, sei es am Ursprung, sei es an der Insertion, Muskelindividuen (abgesehen von weiter unten zu schildernden Einrichtungen, die sich aber auf der ventralen Seite ebenso finden) tritt nicht ein. Auch fehlen hier ebenso wie an den ventralen Muskeln Mm. pterygiales proprii, und die Flächen der Basalia, sowie ihre Radien besitzen nirgends Muskelinsertionen (Mm. zono-pterygiales). Ebensowenig erleidet die topographische Verbreitung der Mm. zono-pterygiales, welche wir beim ventralen Hauptmuskel als die am wenigsten entwickelten kennen lernten, eine Ausdehnung. Dieselben sind auf die freien Ränder der Basalia des Knorpelskelets beschränkt (und zwar auf die distale Hälfte des medialen Randes vom Basale metapterygi, Taf. XXI, Fig. 4, Textfigur 12a, und auf den lateralen Rand des Propterygium). Dagegen fehlt eine dem ventralen Muskel entsprechende Ausdehnung 69 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 131 der lateralen Muskelfasern dieser Art. Dieselben sind ähnlich entwickelt wie auch die ventralen Muskeln von Hexvanchus an dieser Stelle. Einen Abductor des dorsalen Hauptmuskels giebt es nicht. Eine Folge der bereits am medialen Flossenrande vollzogenen theilweisen Trennung der verschiedenen Faserkategorien von einander ist eine eigenthümliche Schichtung der Muskelfasern an der medialen, der Rumpfwand breit angehefteten Fläche der Flosse (Taf. XXII, Fig. 4, Textfigur 12a). Da nämlich, wo die Mm. zono-pterygiales an der Mitte des Basale metapterygii aufhören, kommen die Mi. pterygo-keratoidei eine Strecke weit oberflächlich zum Vorschein. Es sind solche Fasern, welche in ihrem distalen Verlauf zu weit lateral liegenden Stellen der Flosse (den Radien des Mesopterygium) gelangen (Textfigur I2a). Sie bleiben aber nur kurz oberflächlich sichtbar, weil sie bald von Mm. zono-pterygiales bedeckt werden. Wie die Fasern auf einander folgen, dürfte aus Textfigur 12a leicht ersichtlich sein, da hier sowohl die mediale Seitenansicht als auch diejenige von der inneren (dem Knorpelskelet zugewendeten) Fläche neben einander zu sehen sind. Auf Taf. XXII, Fig. 3 sind in einem Bilde der medialen Flossenfläche von Laemargus borealis MüLL. HENLE die Bündel mit fortlaufenden Ziffern versehen, derart, dass die Auf- einanderfolge der Bündel in der Richtung vom medialen zum lateralen Flossenrand mit I, II u. s. w. an- gegeben ist. Mit diesen Verhältnissen stimmen diejenigen bei Acanthias überein. Auch bei Hexanchus (Taf. XXII, Fig. 2) ist Aehnliches zu sehen (es tritt auf der Figur zu Gunsten der Wiedergabe der Nerven etwas zurück). Nur sind die Mm. zono-pterygiales hier nicht so kräftig entwickelt wie bei den Spinaciden. Die Ursache für die Spaltung der am Schultergürtel entspringenden Muskelkategorien von den vom Flossenskelet Ursprung nehmenden in ihren proximalen Theilen von einander liegt darin, dass der dorsale Muskel seine Ursprünge am Schultergürtel (Scapula) dorsal- und lateralwärts ausdehnt. Der ventrale Muskel jedoch benutzt den am Coracoid nahe dem Gelenkvorsprung und medial befindlichen Proc. muscularis, so dass bei ihm im Allgemeinen die Ursprungsorte der vom Schultergürtel und vom Flossen- skelet ausgehenden Muskelfasern näher an einander liegen als beim dorsalen Muskel. Eine sehr charakteristische Ausnahme bilden die Abductionsfasern des ventralen Muskels bei Acanthias, welche ihren Ursprung dorsalwärts verschieben. Bei diesen ist ebenfalls, wie beim dorsalen Muskel, eine Abspaltung von Muskelfasern, welche sogar bis zur totalen Loslösung der Mm. pterygo-keratoidei führt, eingetreten. Muskelindividuen: Mm. radiales. Ich wende mich jetzt zu den Mm. radiales, d. h. denjenigen Fasercomplexen, welche ungefähr in gleicher Weise wie die Radien des Knorpelskelets angeordnet sind, jedoch auch auf die Basalia des Skelets sich fortsetzen (Textfigur 12a und b mit gestrichelten Linien gezeichnet, Taf. XXIII, Fig. 2 mit griechischen Buchstaben benannt). Dass sie aus den metameren Muskelknospen früherer Entwickelungs- stadien nicht unmittelbar hervorgegangen sind und deshalb keine Rückschlüsse auf die Entstehung der einheitlichen Basalia zulassen, zeigte ich bereits früher (1898 A und B). Ich habe damals auch schon darauf aufmerksam gemacht, dass der Verlauf der Mm. radiales zwar im Allgemeinen mit der Anordnung der Knopelradien übereinstimmt, dass jedoch bei genauer Präparation nicht unerhebliche Abweichungen an einzelnen Stellen, namentlich am Metapterygium und seinen Radien constatirt werden können. Löst man vorsichtig Knorpel- für Knorpelstückchen von der Unterfläche der Muskeln ab und zeichnet in die Knorpelcontourzeichnung für jedes Stück jedesmal nach der Auslösung die Grenze der zum Vorschein kommenden Muskelradien ein, so erhält man sehr genaue Uebersichtsbilder über das Lage- verhältniss der Skelet- und Muskelelemente zu einander. Sowohl Fig. 2, Taf. XXIII (Textfigur ı2b) als auch Textfigur 12a sind so gewonnen und beweisen beide die früher schon kurz mitgetheilte und an einer {=} 182 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 70 Contourzeichnung nach ersterer erläuterte Thatsache (1898 A). Besonders charakteristisch ist der schräge Verlauf über die Axe des Metapterygium hin. Andererseits ist es von Wichtigkeit, dass bei beiden Haupt- Fig. 12a. sn >> ham / ums Fig. 12a. Unterfläche des dorsalen Hauptmuskels von Acanthias vulgaris Rısso (2mal vergrössert). Grenzen der Radialmuskeln mit längsgestrichelten Linien, Grenzen der Basalia und Radialia des Knorpelskelets mit quergestrichelten breiten Contouren (Radien mit lateinischer Bezifferung) und Nerven fett schwarz wiedergegeben. Letztere sind mit deutschen Ziffern ihrer serialen Reihenfolge nach bezeichnet. Fig. ı2b. Unterfläche des ventralen Hauptmuskels derselben Brustflosse. Dieselbe liegt derjenigen des dorsalen (Fig. 12a) im Präparat gegenüber, von ihr nur durch den Knorpel getrennt. Copie nach Taf. XXIII, Fig. 2 dieser Abhandlung, in derselben Art der Darstellung und mit denselben Bezeichnungen wie Fig. 12a, jedoch in einem etwas grösseren Maassstab (c. 2'/,mal vergr.). 71 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 183 muskeln in der That die lateralen Radialmuskeln fast völlig in ihrer Lage mit der Axe des Meso- und Propterygium und deren Radien übereinstimmen. Die Mm. radiales sind aber auch an verschiedenen Stellen der Flosse verschieden bezüglich ihrer Structur. Es ergiebt sich das aus den oben mitgetheilten ausführlichen Beschreibungen der topo- graphischen Anordnung der verschiedenen Muskelfaserkategorien. Denn die Radialmuskeln umfassen die ganze Dicke der Hauptmuskelschicht und demnach alle Fasern, welche an der Ober-, Unterfläche und in der Mitte des M. pteryg. comm. innerhalb des betreffenden Streifens vorkommen. Es giebt demnach Mm. radiales, welche nur aus Mm. zono-keratoidei oder nur aus Mm. zono-pterygiales bestehen, und solche, welche aus Mm. zono- und pterygo-keratoidei (Textfigur 90, y, &, 7; eine ähnliche Figur schon bei A. SCHNEIDER, 1890, Taf. XXV, Fig. 8) oder aus allen drei Kategorien (Textfigur ge, 7) gemischt sind. Fragt man, ob in den Mm. radiales selbständige Muskelindividuen vorliegen, welche sich aus den Mm. pterygiales communes differenzirt haben, so ist dies für eine Reihe dieser Muskeln gewisser- maassen zu bejahen. Denn abgesehen von den dem medialen Radienbesatz der Flossenaxe anliegenden Muskeln (a—f Fig. 2, Taf. XXIII) und den am Propterygium inserirenden Abductorfasern, sind alle Radial- muskeln fast in ihrem ganzen Verlauf durch deutliche Bindegewebssepten scharf von einander gesondert. Bei dem Abductor sind Bindegewebssepten zwar auch vorhanden, aber die Muskelbündel sind doch nicht ganz scharf von denselben gegen einander abgegrenzt. Man bleibt bei der Präparation immer im Zweifel, in wie viele Unterabtheilungen man den Muskel trennen soll. Das ist bei den Muskelindividuen des Mesopterygium und des lateralen Theiles des Metapterygium auf lange Strecken hin nie der Fall. Deutlich und unverkennbar dagegen ist wiederum der Zusammenhang der Mm. radiales bei den medial von der Axe des Metapterygium vorkommenden: Muskeln. Er ist am auf- fallendsten beim ventralen Muskel, aber auch dorsal vorhanden (Textfigur II zeigt zwei Verbindungszüge, «, P). Jedoch auch die selbständigen Mm. radiales das meta- und mesopterygialen Flossenabschnittes hängen an ihren proximalen Ursprungspartien mehr oder minder innig zusammen (Textfigur 12b). Sie verhalten sich also wie etwa die Bäuche der langen Hand- oder Fussmuskeln höherer Wirbelthiere: nur ist die Anzahl der Köpfe dieser Selachiermuskeln eine weit beträchtlichere und die Spaltung eine noch tiefgreifendere. Auf die Hornfäden theilt sich die Sonderung der Hauptmuskeln in einzelne Individuen nicht mit. Dieselben liegen continuirlich neben einander. Es entsprechen 8—1o dieser Fäden je einem Radialmuskel. Für die Bedeutung der Radialmuskeln in functioneller Beziehung und für ihre Entstehung ist das Lageverhältniss zu den Knorpelradien ausschlaggebend. Darin stimme ich wohl mit allen Autoren völlig überein, dass die einzelnen Muskelbäuche deshalb relativ selbständig geworden sind, weil sie an die Bewegung der Knorpelradien functionell gebunden sind. Wäre diese Beziehung eine innigere, d. h. würden die Radialmuskeln auch an den Knorpelradien beispielsweise inseriren, so würde wahrscheinlich die Lage- übereinstimmung eine ausgedehntere sein. Dies ist auch bei Rochen der Fall, bei welchen die Hornfäden ganz fehlen oder doch stark reducirt sind (KnEr, 1860). Da dies aber bei Squaliden nicht der Fall ist, die Knorpelradien zudem durch Bindegewebe mit einander verbunden sind und ein jeder nur in sehr beschränktem Maasse für sich bewegt werden kann, so ist offenbar keine so genaue Anpassung der Lage der Muskeln an diejenige der Knorpel nöthig, um beschränkte Partien der Flosse durch Zug an den Horn- fäden bei genügender Stützwirkung seitens des inneren Skelets isolirt in Action zu setzen. Aehnliches ist auch an der lediglich zum Schwimmen benutzten ventralen Seite der Ceratodus-Flosse angebahnt (p. 146). Es ist dabei zu beachten, dass der Raum, auf welchem die Muskeln mit den Skeletradien zusammen- liegen, im metapterygialen Flossenabschnitt ein relativ kleiner ist im Verhältniss zur Grösse des Basale 184 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 72 (Taf. XXIII, Fig. 2, Textfigur 12). Beim Meso- (und Pro-)pterygium ist derselbe so gering, dass die grössere Uebereinstimmung in der Lage beider Elemente als beim Metapterygium (s. 0.) nur verständlich ist, wenn man die von GEGENBAUR (I870) mit genauen Nachweisen erhärtete Concrescenz des Basale desselben aus isolirten Radien in Betracht zieht. Denn die äussersten lateralen Radialmuskeln erreichen mit ihren Enden nur noch eben das proximale Ende der Radien. Ich brauche wohl kaum zu betonen, dass man aus dem Zerfall der Hauptmuskeln in Bäuche nicht generell den Schluss ziehen darf, es sei überall entsprechend der Theilung dieser auch eine Spaltung der Basalia des Knorpelskelets bei den Vorfahren der Selachier vorhanden gewesen. Denn beim Metapterygium würde dann der schräg zur Axe des Basale gerichtete Verlauf der Radialmuskeln zu der absurden Annahme führen, dass der einheitliche Knorpel sich aus schräg an einander gefügten Theilen zusammen- setze. Es sind also die Radialmuskel in keiner Weise als Stütze für die Concrescenztheorie im Sinne von BALFOUR, THACHER, MIVART, HASWELL, DOHRN, RABL, WIEDERSHEIM, MOLLIER etc. zu verwerthen. Ihre Entwickelung bietet vielmehr eine Reihe Argumente gegen dieselbe (BRAus, 1898B, 1899). 2. Die Musculatur der Beckenilosse. Die Musculatur der Beckenflosse ist von MECKEL (1828) und v. DAvıDorF (1879) beschrieben worden. Die Darstellung des Letzteren ist sehr genau; ich kann sie in allen Hauptpunkten bestätigen. Bei der Bauchflosse ist ein Verhalten besonders ausgebildet, welches bei der Brustflosse von den hier beschriebenen Formen nur der dorsale Muskel von Acanthias in geringem Maasse aufweist. Es ent- springen die oberflächlichen Muskelfasern in langer Ursprungslinie von der Fascie der Rumpfwand. Bei dem dorsalen Muskel ist das deshalb nichts Auffallendes, weil beim Becken der Squaliden ein dorsaler Fortsatz bekanntlich fehlt. Wenn überhaupt die Fasern hier erhalten bleiben sollten, mussten sie eine andere Ursprungsfläche suchen. Eine solche ist aber gegenüber Hexanchus, wo sie noch fehlt, bereits beim dorsalen Muskel der Brustflosse von Acanthias trotz der gleichzeitigen Befestigung an der Scapula in der aponeurotischen Befestigung an der Rumpfwand gewonnen (p. 175). Es ist diese Partie beim dorsalen Muskel der Bauchflosse in progressiver Weise weiter entwickelt worden und die andere mit dem Schwund eines eigentlichen Ileum verloren gegangen. Dagegen sind auch am ventralen Muskel zahlreiche Ursprünge oberflächlicher Muskelfasern an der Bauchwand, und zwar an der Linea alba, bereits von MECKEL und v. DAvIDoFF gesehen worden. Hier ist die Ausdehnung der Ursprünge unabhängig vom Fehlen des Knorpels erfolgt. Denn die Beckenplatte ist ventral ansehnlich entwickelt. Ihr Schwund im dorsalen Muskelgebiet kann also nicht der einzige Grund für die Ursprungsverlegung der Muskelfasern gewesen sein. Die breite Befestigung der Bauchflosse an der Rumpfwand ist jedenfalls die Hauptursache dieser progressiven Vorgänge. Es giebt bei der Beckenflosse der meisten und speciell der niederen Haie (Heptanchus, v. DAVIDOFF, 1879) am ventralen Hauptmuskel 3 Faserkategorien: a) Mm. trunco-keratoidei, welche von der Bauchwand entspringen und an den Hornfäden inseriren. Sie liegen oberflächlich und finden sich am ganzen Hauptmuskel mit Ausnahme seines vorderen und hinteren Randes. An diesen Stellen liegen andere Faserkategorien, welche im übrigen Hauptmuskel von den Mm. trunco-keratoidei verdeckt werden, frei vor. Bei Acanthias fehlen die letzteren völlig. Diese Mm. trunco-keratoidei sind, auch dem später zu erwähnenden Nervenbefund nach, parhomolog den Mm. zono-keratoidei der Brustflosse, von denen sie nur durch den veränderten Ursprung unterschieden sind. Durch eine Zwischensehne ist mit ihnen distal, wie an der Brustflosse, die zweite Kategorie von Fasern verbunden. 73 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 185 b) Mm. pterygo-keratoidei, Diese entspringen vom Basale metapterygii und verlaufen über die Radien desselben, ohne mit letzteren in engeren Verband zu treten, an die Zwischensehne und wirken durch diese auf die Hornfäden. Sie sind bereits von MECKEL beschrieben (1828, p. 97, 98) und von v. DAvIDoFF (1879) genauer untersucht und abgebildet worden (baso-radiale Schicht, nach seiner Nomen- klatur). In meiner Taf. XXIX, Fig. I habe ich die Ursprünge der Muskeln durch rothe Tüpfel angegeben, weil dieselben bei der Wegnahme der Knorpel von letzteren abgeschnitten worden waren (vergl. über die Präparationsmethode p. 160). Der Verlauf der Muskeln und ihre Eintheilung in Mm. radiales ist ebenfalls in die Zeichnung aufgenommen. Diese Kategorie von Muskelfasern ist wie bei dem dorsalen Hauptmuskel der Brusttlosse überall vorhanden, nur nicht am Propterygium. Die geringste Ausdehnung nimmt auch an der Beckenflosse die dritte Gattung ein: c) Die Mm. zono-pterygiales. Dieselben sind wie bei der Brustflosse auf die freien Ränder des Skelets beschränkt. Doch sehen wir bei der Beckenflosse den ganzen medialen Rand des Meta- pterygium von Insertionen dieser Fasern eingenommen (Taf. XXIX, Fig. 1), während bei der Brustflosse die proximale Hälfte desselben frei von solchen ist. Bei Acanthias finde ich eine gleichmässig breite Zwischenzone am Metapterygium, welche frei von Anheftungen der Muskelfasern ist. Da die oberflächlichen Muskelfasern fehlen, liegt hier der Knorpel oberflächlich zu Tage, wenn die Flossenhaut entfernt worden ist. Diese Kategorie ist zum Theil bereits bei MEcKEL kurz beschrieben. v. DAvıporrF hat sie genauer untersucht (pelvico-basale Schicht nach ihm) und giebt an, dass an dieselbe oft solche Muskelfasern sich anschliessen (Heptanchus, Acanthias), welche von der Bauchwand entspringen und wie die vorigen inseriren: Mm. trunco-pterygiales (septo-basale Schicht). Bei Acanthias finde ich dieselben jedoch nicht (s. Taf. XXIX, Fig. 1). Der dorsale Hauptmuskel beherbergt dieselben Faserkategorien wie der ventrale. Die erste Gruppe (Mm. trunco-keratoidei) ist bei Acanthias von einer feinen, quer zu ihrem Verlauf hinziehenden Inscriptio tendinea durchzogen, welche die Fasern nicht weit von ihrer Insertion (jedenfalls in meinem Exemplar näher derselben, als v. DAvıDorr in Fig. 14, Taf. XXIX, gezeichnet hat) durchsetzt, aber nicht in andere Faser- kategorien vordringt. Im Uebrigen entspricht diese Gruppe und ebenso die zweite in Ausdehnung und Verlauf derjenigen des ventralen Hauptmuskels, soweit beide bei letzterem vorhanden sind (Ausnahme: Acanthias, siehe oben). Auch von der dritten Gruppe (Mm. zono- resp. trunco-pterygiales) finde ich am Propterygialrand eine ziemliche Anzahl von Fasern bei Acanthias, welche da inseriren, wo die Hornfäden aufhören. Ausserdem beschreiben MEckKEL und v. DaviDorF Fasern, welche vom Becken entspringen und sich fächerförmig auf dem Propterygium ausbreiten und an ihm schliesslich inseriren. Bei Heptanchus fehlt dieser Muskel. Am medialen Rande des Metapterygium sind dorsal keine Mm. zono-pterygiales vorhanden. Vielleicht hängt das mit dem Fehlen des dorsalen Theiles des Extremitätenbogens zusammen. Mm. pterygiales proprii fehlen in beiden Hauptmuskeln. Bezüglich der Eintheilung der Muskeln in Mm. radiales herrscht bei beiden Hauptmuskeln ein ähnliches Verhalten wie bei der Brustflosse. Dieselben sind mit Ausnahme des propterygialen und distalen metapterygialen Abschnittes gut ausgebildet und leicht zu isoliren. Im letzteren, dem metapterygialen Theile sind sie bei Acanthias auch vorhanden, fehlen jedoch bei Heptanchus (v. DAVIDOFF). Die Lageübereinstimmung der Radialmuskeln mit den Knorpelradien fehlt bei den distalsten Radien des Metapterygium (Taf. XXIX, Fig. 1). Bei diesen zeigt sich eine geringe Schiefstellung des einen Jenaische Denkschriften. IV. 10 Semon Zoolog. Forschungsreisen. I. 25 186 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 74 Systems zum anderen. Im Uebrigen coincidiren die Grenzen beider völlig oder doch fast vollständig. Bei der Brustflosse ist dagegen beim Metapterygium fast nirgends Coincidenz der Grenzen von Muskelindividuen und Knorpelradien vorhanden (Textfigur 12a und b, p. 182). Die Mm. radiales der hinteren Extremität unterscheiden sich ferner von denjenigen der vorderen dadurch, dass sie selbständiger entwickelt sind. Sie sind auch an ihren Ursprüngen gut von einander isolirt, und der bei der Brustflosse vielfiedrige Hauptmuskel ist mit Ausnahme kleiner, oben aufgezählter Partien völlig in eine Reihe streifenförmiger Muskelindividuen zerlegt. Das ist nur manchmal nicht beim dorsalen Muskel der Fall. Bei Acanthias z. B. ist proximal von dem parallel zur Ursprungslinie verlaufenden Zwischensehnenband die Eintheilung in Mm. radiales nicht zu bemerken, die distal von ihm deutlich ist. Es scheint hier diese Zwischensehne die Bedeutung zu haben, den Zusammenschluss der proximalen Faser- enden bei allen Mm. radiales des dorsalen Hauptmuskels aufrecht zu erhalten. Wahrscheinlich sind das Anpassungen an die breite Befestigung der oberflächlichen Fasern an der musculösen Bauchwand. Es dürfte schon dieser Schilderung zu entnehmen sein, dass bei der Beckenflossenmusculatur nur solche Abweichungen von derjenigen der vorderen Extremität vorkommen, welche eine höhere, einseitige Differenzirung verrathen. Die Untersuchung des Nervensystems und deren Resultate machen das noch deutlicher. b) Neurologie. Meine Untersuchungen über die Zahl der Extremitätennerven der Selachier und über die Entstehungs- weise derselben aus den Spinalnerven habe ich früher bereits veröffentlicht (1898 A, vergl. dazu die Ab- bildungen dieser Arbeit auf Taf. XXII-XXIV und XXIX, Fig. ı). Ich beschränke mich deshalb hier auf die Vertheilung der Nerven an die Flosse selbst und verweise bezüglich der Auswahl der untersuchten Thiere auf das früher (p. I4I) Gesagte. Soweit ich die Literatur (1898 A, p. 243) kenne, wurde dieses Nerven- gebiet bei der Brustflosse der Squaliden bisher nicht untersucht. Für die Beckenflosse sind mir nur die, übrigens in diesem Punkte wenig ausführlichen, Angaben von v. DavIDorF (1879) bekannt. I. Die Nerven der Brustflosse. Sensible und motorische Aeste und deren Verzweigungen. Die Nerven der Brustflosse verlaufen theils durch den Schultergürtel mittelst besonderer Kanäle (diazonal), theils hinter demselben durch die Bauchwand hindurch (metazonal) zur Extremität. Die ersteren geben, ehe sie in den Knorpel eintreten, also intraabdominal, die letzteren, nachdem sie die Bauchwand verlassen haben, Hautnerven ab, welche ventralwärts zu der Bauchhaut verlaufen (Taf. XXII, Fig. 2, 3, 4). Doch sind bei den ersteren diese Hautäste zunächst noch eine Strecke lang mit den motorischen Endästen der Rr. ventrales verbunden (z. B. bei Nerv 7, Fig. 2, Taf. XXII, vergl. mit Taf. XXIV), während letztere zugleich mit den Extremitätennerven den Spinalnervenstamm verlassen. Die Verzweigung an der Haut ist in Taf. XXII, Fig. 3 für Laemargus und in Fig. 4 für Acanthias abgebildet. Die Verästelungen eines metameren Nerven versorgen im Allgemeinen Hautstrecken, welche mehr als ein bestimmtes Muskelsegment (durch gezackte Grenzlinien in der Figur von Acanthias angedeutet) bedecken. Sie halten also die Grenzen der Segmente nicht ein, sondern verzweigen sich über eine grössere Hautfläche und verbinden sich mit den Hautästen anderer Nerven ihrer Nachbarschaft. Da die motorischen Aeste in dieser Region (Taf. XXIV, 75 Dıe Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 187 Textfigur 6, p. 170) zahlreiche Plexusbildungen eingehen und von hochgradigen Verschiebungen in der Bauch- musculatur Zeugniss ablegen, sind Verschiebungen in der viel leichter wandelbaren Haut nichts Auffallendes. Von diesen Hautnerven gehen sensible Aeste an die Extremitätenoberfläche. Dieselben sind in Taf. XXII, Fig. 3 und 4 an der Stelle gezeichnet, wo sie am ventralen Flossenrande von den die Bauch- haut versorgenden Aesten abbiegen und um die Kante des Flossenmuskels herumlaufen. Hier beginnt die ventrale Extremitätenfläche, an die sie sich vertheilen. Auf Taf. XXII, Fig. 4 (rechts) sind ausserdem noch eine Reihe Hautäste zu sehen, welche beim Durchtritt der Extremitätennerven durch die mit dunklem Ton angegebene Bauchmusculatur selbständig werden und an die über dem dorsalen Flossenmuskel befindliche Haut verlaufen. Es gesellen sich manchmal zu diesen noch Aeste, die weiter distal von den Nervenstämmen nach Abgabe des Ramus cutaneus entspringen (z. B. bei Nerv 12) oder sogar jenseits der Theilung in den ventralen und dorsalen Ast (z. B. Nerv 13). Die zahlreichsten Hautnerven an die Extremität giebt in der Regel der letzte Flossennerv, der unter Umständen rein sensibel sein kann (p. I61)}). Die Theilung der Extremitätennerven (Rami pterygiales communes) in dorsale und ventrale Aeste (Rr. pteryg. dorsales et ventrales) erfolgt bei einem Präparat von Hexanchus (Taf. XXI, Fig. 2) derart, dass die diazonalen Nerven eine Spaltung des Stammes in 2 gleich starke Aeste erleiden, von welchen der eine zum dorsalen, der andere zum ventralen Hauptmuskel verläuft. Bei den metazonalen Nerven entstehen jedoch meist complicirtere Bilder, indem entweder von Anfang an eine mehrfache Theilung der Hauptäste erfolgt (Nerv 9, 12) oder indem distal von der Trennungsstelle in 2 Aeste eine abermalige Theilung der letzteren vor sich geht, welche Zweige des ventralen Astes dem dorsalen Muskel oder umgekehrt zuführt (Nerv 8, 11, 13, 14, 15). Nur Nerv Io hat eine den diazonalen Nerven entsprechende Zweitheilung in einen reinen ventralen und dorsalen Unterast. Uebrigens variiren diese Verhältnisse stark bei verschiedenen Exemplaren und auf den beiden Seiten desselben Fisches. So fand ich bei der anderen Extremität desselben Thieres, dem Fig. 2, Taf. XXII, entnommen ist, auch bei Nerv Io eine Dreitheilung des Nerven wie in den oben zuerst erwähnten Fällen (9, 12). Charakteristisch bei diesen Theilungen ist vor allem, dass die Nerven, je mehr caudalwärts sie gelegen sind, um so stärkere Auffaserungen zeigen. Das Bild (Taf. XXII, Fig. 2) giebt darüber besser als alle Beschreibung Auskunft. Bei einem anderen Exemplare von Hexanchus war die Zersplitterung der einzelnen Nerven nicht weniger stark, jedoch auf eine geringere Zahl von Nerven beschränkt. In dem Maasse, wie sie in Fig. 2, Taf. XXI, bei Nerv 14, I5 und 16 (bei letzterem ist nur der Ast mit motorischen Bestandtheilen gezeichnet) vorkommt, war sie dort nur bei dem letzten (in diesem Falle bei dem von Nerv 15 stammenden) Extremitäten- ast vorhanden. Auch bei Laemargus (Taf. XXII, Fig. 3) gleichen die Verhältnisse mehr dem letzteren Falle. Bei Heptanchus und Acanthias (Taf. XXII, Fig. 4) ist eine weitere Vereinfachung eingetreten, indem die Theilung in 2 gleich starke Aeste bei fast allen (Heptanchus) oder allen (Acanthias) Extremitätennerven erfolst. - Der Plexus omopterygialis distalis beim ventralen Hauptmuskel. Betrachten wir zunächst die ventralen Aeste der Flossennerven genauer, so geben die 3 Bilder Fig. 2, 3, 4 auf Taf. XXII einen Ueberblick über die Plexusbildungen, welche diese vor Eintritt in den ventralen Hauptmuskel eingehen. Dieselben rechne ich zu dem Plexus pterygialis distalis, unter welchem ich sämmtliche Plexusbildungen zusammenfasse, welche sich in der freien Flosse finden, 1) Bei dem Exemplar von Hexanchus, welchem die Abbildung auf Taf. XXIV entnommen ist, konnte ich keine motorischen Aeste von Nerv I6 zur Flosse verfolgen; wohl jedoch in dem in Fig. 2, Taf. XXII, wiedergegebenen Falle. 10* 25° 188 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 76 zum Unterschied von denen (Plexus pteryg. proximalis), welche innerhalb der Bauchwand oder innen von derselben (intraabdominal) liegen (1898 A, p. 248). Einmal giebt es auf der Oberfläche des ventralen Hauptmuskels Verbindungsäste zwischen den einzelnen metameren Nerven, welche dicht am medialen Rande des Metapterygium liegen. Dieselben werden von der Arterie und Vene der Extremität (A. und V. brachialis) verdeckt (Taf. XXII, Fig. 4; für Acanthias sind sie auf Taf. XXIII, Fig. 2 am medialen Rande des Metapterygium nach Wegnahme der Gefässe gezeichnet). Ich rechne sie zu dem Plexus medialis s. postaxialis der freien Flosse aus weiter unten (p. 196) anzugebenden Gründen. Bei Hexanchus und Acanthias sind feine Verbindungsästchen an dieser Stelle namentlich bei den hintersten Nerven [16!) bis I Hexanchus, 14—12, II—IO Acamthias] in bei verschiedenen Flossen variirender Zahl und Stärke zu constatiren. Nach vorn zu hören dieselben meistens auf. Doch kommen hin und wieder auch dort Anastomosen vor. Bei Laemargus hat sich ein stärkerer Plexus entwickelt, welcher längs dem Rande des Metapterygium verläuft und welchen ich im Anschluss an die von v. Davinorr bei der Beckenflosse für ähnliche, aber anders gelagerte Gebilde eingeführte Bezeichnung Längsstamm nennen will. Derselbe beginnt an der Oberfläche des Muskels am 8. resp. 9. Nerven und verläuft parallel der Kante des Metapterygium bis zum letzten (12.) Nerven caudalwärts (Taf. XXII, Fig. 3). Er liegt also ziemlich genau im rechten Winkel zur Lage der an die Flosse herantretenden Nerven. Diese Längsstammbildung wird besonders wichtig für das Verständniss der Extremitätennerven höherer Wirbelthiere werden, und deshalb im Folgenden besonderer Werth auf das Vorkommen ähnlicher Bildungen bei Flossen zu legen sein. Im Anschluss an diesen Plexus kommen noch andere Geflechte an der Oberfläche des ventralen Hauptmuskels vor, welche ausserordentlich fein sind und leicht, namentlich an unvollkommen conservirtem Material, übersehen werden können. Ich habe sie am genauesten bei Acanthias studirt. Hier gehen von den hintersten Nerven (II—14) zahlreiche feine Aestchen ab (Taf. XXII, Fig. 4, und Taf. XXIII, Fig. 2), welche Schlingen und Netze bilden, dabei überall Endästchen in die Musculatur entsenden. Dieser Plexus gehört zu dem Plexus medialis s. postaxialis. An der ventralen Flossenkante kommt ein besonders dichtes Geflecht und manchmal sogar ein, allerdings äusserst dünner Längsstamm zu Stande (Taf. XXIL, Fig. 4). Auch in der Figur von Hexanchus (Taf. XXI, Fig. 2) sind Theile dieses Plexus abgebildet. Doch kommen hier und bei Laemargus (bei welchem die Zeichnung noch weniger von ihm zeigt, Taf. XXII, Fig. 3) höchstwahrscheinlich viel reichere Geflechte vor, die nur mein Material nicht oder zu schlecht erkennen liess, als dass ich sie genau wiedergeben könnte. Verfolgt man die Extremitätennerven von der medialen Kante des Metapterygium weiter distalwärts, so findet man, dass sie an die Unterfläche des ventralen Hauptmuskels treten und hier zum Theil mit langen Aesten noch weite Strecken ausserhalb des Muskels, zwischen ihm und dem Knorpel- skelet verlaufen (Acanthias, Taf. XXI, Fig. 2). Es finden sich bei diesen viele netzförmige Verbindungen, welche um so zahlreicher werden, je weiter sich die Nerven vom lateralen Rande des Metapterygium ent- fernen. Ich nenne diese Geflechte Plexus lateralis s. praeaxialis. Von ihnen aus dringen Aeste direct oder nach kürzerem Verlauf an der Unterfläche des Muskels in diesen ein. Innerhalb des Hauptmuskels =) In Fig. 2, Taf. XXII, fehlt ein R. ventr. des 16. Nerven; doch fand ich ihn auf der anderen Seite desselben Thieres. Da es sich um sehr feine Aestchen handelt, ist es wohl möglich, dass im ersteren Falle der ventrale Ast übersehen wurde. Doch kann es sich auch um einen thatsächlichen Befund handeln, da Variationen an dieser Stelle häufig sind. 77 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 189 finden sich die Nerven meistens in den Zwischenräumen zwischen den Musculi radiales, sind aber durchaus nicht auf denjenigen Zwischenmuskelspalt beschränkt, in welchen sie einmal eingetreten sind, sondern können denselben verlassen, den nächst begrenzenden Musc. radialis durchbrechen und sich in diesem und dem nächsten Spalt, sowie an die jenen begrenzenden Muskeln verzweigen. Die Textfiguren 9 und 11, p. 178 —180, welche isolirte Radialmuskeln von der Seite darstellen, enthalten dafür zahlreiche Beispiele. Ich will nicht auf all das Detail dieser Geflechte eingehen, welches sehr variirt und wenig Interesse bietet. Das Nothwendige ist aus den Abbildungen zu entnehmen. Es ist jedoch wichtig, zu beachten, dass überall innerhalb der Muskeln und in den Zwischenräumen zwischen ihnen feinste Nervengeflechte nachweisbar sind, die wie ein Filz das Muskelgewebe durchziehen. Es kommt auch häufig vor, dass die feinsten motorischen Aestchen bis zur Oberfläche der Mm. radiales vordringen, sich an dieser verzweigen und mit rückläufigen Aestchen wieder in andere Mm. radiales eindringen (siehe beispielsweise die in Textfigur 14, p. 190, eingetragenen Nerven). Endbezirke der serialen Nerven im ventralen Hauptmuskel. Da bei Acanthias die Verbindungen der Nerven am medialen und lateralen Rande des Metapterygium (prä- und postaxialer Plexus) fast alle präparatorisch aufgelöst werden können und manche Aeste bis zum Eintritt in die Musculatur uniserial bleiben, gelang es mir, die motorischen Endbezirke der ein- zelnen serialen Nerven festzustellen. Ich habe die Resultate bereits in 2 Zeichnungen veröffentlicht (1898, Taf. XII, Fig. ı und 2), von denen eine (in Textfigur 13 dieser Arbeit reproducirt) die Unterfläche, die andere (siehe Textfigur I4 dieser Arbeit) die Oberfläche des ventralen Muskels darstellt. Die Nerven- bezirke sind in beiden durch Einzeichnung der serialen Ziffer des betreffenden Metamers kenntlich gemacht, welchem der zugehörige Nerv entstammt. Man kann aus Textfigur 13, deutlicher jedoch aus dem Oberflächenbild (Textfigur 14), in welchem die demselben Metamer zugehörigen Bezirke durch besondere Linien umgrenzt sind, entnehmen, dass die Musculi radiales sämmtlich polyneure Muskeln sind. Ferner gilt für dieselben die Regel, dass die proximalen Theile der Muskeln von mehr cranialwärts entspringenden Nerven versorgt werden als die distalen Theile derselben, da letztere ihre Nerven von mehr caudalwärts im Rumpf liegenden Nerven beziehen. Dieses insbesondere von FÜRBRINGER (1888) für höhere Wirbelthiere aufgestellte Gesetz gilt also schon für Squaliden !). Betrachtet man ferner die Vertheilung der Muskelbezirke im Vergleich zu derjenigen der Basalia des Knorpelskelets, so zeigt sich, dass das Propterygium von Muskelfasern bedeckt wird, deren Ent- stehungsgebiet am meisten von allen Extremitätenmuskeln cranialwärts liegt, das Metapterygium dagegen von solchen, die am weitesten caudalwärts am Körper hervorgingen. Die Musculatur des Meso- pterygium hält zwischen beiden die Mitte. Nach der Huxrey’schen Nomenklatur liegen also das Pro- und Mesopterygium präaxial zum Metapterygium. Eine eigenthümliche Erscheinung bietet die Vertheilung der motorischen Nervenendbezirke in der medial vom Metapterygium liegenden Musculatur. Auch hier wurde der Plexus postaxialis, soweit dies bei der Feinheit seiner Elemente möglich war, entwirrt. Dabei stellte sich heraus, dass die auf dem lateralen Theil der Oberflächenzeichnung des Muskels (Textfigur 14) schräg von innen-vorn nach aussen- hinten verlaufenden haploneuren Muskelbezirke medialwärts nur im proximalen Theil der Flosse in derselben Richtung fortzusetzen sind. Weiter distalwärts biegen dieselben dagegen immer mehr in eine stärker zur 1) Bei Ceratodus ist der Verlauf der Nervenstämme innerhalb der Flosse demjenigen bei Acanthias so ähnlich (Taf. XXI, Fig. ı und 2), dass höchst wahrscheinlich die Vertheilung der Nerven an die Muskeln keine sehr verschiedene ist. Es gilt bei Ceratodus dasselbe Gesetz (vergl. p. 162). 190 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 78 Flossenaxe geneigte (I0., II. Metamer), schliesslich senkrecht zu derselben geordnete (12. Metamer) Lage ein. Darauf folgt am distalen Ende der Musculatur eine Umkehr der haploneuren Zonen in eine entgegen- gesetzt gerichtete schräge Lage, da dieselben medial (postaxial) vom Metapterygium von vorn-aussen nach hinten-innen verlaufen, lateral (präaxial) von demselben aber dieselbe Lage wie weiter vorn beibehalten. Die letzte Zone (I4. Metamer) sitzt rein axial und erreicht weder den prä- noch postaxialen Rand der Flossen- musculatur. Fig. 13. \ N N x N N \ \ e\/ N H \ v N N Y \ IUENIN N 2 N Y N o N \ A \ NN SEN \ \ N \ \ RC RN \ \ RZNEN Pray N Fig. 13. Unterfläche des ventralen Hauptmuskels von Acanthias vulgaris Rısso (amal vergr.). Der Knorpel ist mit gestrichelten Linien, die Muskelradien sind mit ausgezogenen Linien contourirt. Letztere sind mit Buchstaben bezeichnet, welche der Fig. 2, Taf. XXIIl, entsprechen. Die Ziffern geben an, welche seriale Nervenfaser sich an der betreffenden Stelle in der Musculatur verzweigt. Fig. 14. Oberfläche des ventralen Hauptmuskels von Acanthias vulgaris Rısso (2mal vergr.). Bezeichnung der Mm. radiales (ausgezogene Contouren) wie in Fig. 13. Die Grenze zwischen « und ß ist im Präparat sehr undeutlich und deshalb punktirt. Die gleich innervirten Zonen sind durch gestrichelte Linien gegen einander abgegrenzt, soweit die Trennung der serialen Nervenbestandtheile gelang. Jede trägt die Ziffer des die Zone versorgenden serialen Nerven. Die Grenzen sind Mittelwerthe, da an ihnen häufig Aestchen liegen, welche aus zwei serialen Componenten zusammengesetzt sind, deren Endgebiet in einer so kleinen Zeichnung nicht scharf wiederzugeben ist. — Aus M. rad. @ tritt ein Nerv heraus, läuft eine kleine Strecke über die Oberfläche des Muskels und begiebt sich dann an M. rad. c, in welchen er sich mit Aestchen einsenkt. 79 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. IgI Ich habe früher bereits (T398—1899) auf diesen Befund aufmerksam gemacht und gezeigt, dass aus demselben eine ursprüngliche Anordnung der haploneuren Musculatur zu den Knorpel- radien in einer von der Lage und Zahl dieser durchaus abweichenden Weise folgt. Doch wird sich aus ihm auch ein positives Argument für den Vergleich der Selachier- und Dipnoerextremität weiter unten gewinnen lassen. Ich mache noch bezüglich der Textfiguren 9 und IL, p. 178 und I$8o, besonders darauf aufmerksam, dass die Endäste der Nerven durchaus nicht etwa an die verschiedenen Faserkategorien gesondert verlaufen. Es kommt sehr oft vor, dass ein und dasselbe Nervenästchen sowohl Mm. zono- als auch pterygo-keratoidei oder erstere und Mm. zono-pterygiales versorgt. Es hängen also die Fasersysteme der verschiedenen Kategorien deshalb zusammen, weil sie unvollständig gesondert sind, nicht weil Verschmelzungen früher selbständiger Muskeln vorliegen. Im letzteren Falle wäre ein anderer Nervenbefund zu erwarten. Zum Schlusse muss ich noch die sensiblen Nervenäste an der ventralen Brustflossenhälfte von Acamthias erwähnen. Sie gehen einmal aus den an der Unterfläche des Muskels verlaufenden langen Nerven- stämmen hervor, von welchen Aeste, ohne sich überhaupt in die Musculatur einzusenken, distalwärts bis zu den Hornfäden und durch diese hindurch zur Haut verlaufen (Taf. XXIII, Fig. 2). Ausserdem aber sind die in und zwischen den Radialmuskeln Geflechte bildenden Nerven nicht rein motorisch, sondern geben an die Oberfläche des Hauptmuskels und an die sie bedeckende Haut sensible Fädchen ab (Textfigur 9, p- 178). Zu diesen beiden Quellen der Hautnerven kommt noch das bereits erwähnte Contingent hinzu, welches die Rr. cutanei der Bauchwand durch ventrale Seitenäste abgeben (p. 187). Ausser Acanthias habe ich noch bei Hexanchus, einigen Spinaciden (Laemargus, Scymnus) und bei Odontaspis die Rr. ventrales der Flossennerven präparirt. Von den Befunden will ich hier nur hervorheben, dass bei Laemargus der postaxiale Längsstamm am medialen Rande des Metapterygium auf der Unter- fläche der Musculatur weiter proximalwärts als an der medialen Oberfläche, und zwar bis zu den vordersten Flossennerven, zu verfolgen ist. Nerven des dorsalen Hauptmuskels; Mangel directer Beziehungen zu den ventralen Flossennerven. Die Nerven des dorsalen Hauptmuskels bedürfen nach der vorangehenden Schilderung der ventralen keiner ausführlichen Beschreibung. Auch hier bitte ich vor allem die Abbildungen (Taf. XXI und Textfigur 12a, p. 182) zu betrachten. Wir finden im Allgemeinen sehr ähnliche Verhältnisse wie auf der ventralen Seite. Es liegt jedoch der postaxiale Längsstamm, soweit er entwickelt ist, nicht unmittelbar dem Skelet an, sondern auf der tiefen Schicht der Mm. pterygo-keratoidei. Vergleicht man die Vertheilung der Flossennerven an die beiden Hauptmuskeln, so zeigt sich, dass die gleichen metameren Nerven sich auf der dorsalen und ventralen Flossenfläche zwar in ähnlicher, aber durchaus nicht identischer Lage an den Knorpelradien befinden. In Textfigur 12a (p. 182) sieht man die Verzweigungen der dorsalen, in ı2b diejenigen der ventralen Aeste der Flossennerven. Um die Bilder nicht zu complicirt zu gestalten, sind nur die stärkeren Nervenäste mit den ihnen entsprechenden serialen Ziffern versehen und nur die Knorpelradien numerirt. Die Mm. radiales sind mit gestrichelten Linien eingetragen, aber nicht besonders benannt. Man kann sich bei diesen beiden Figuren leicht überzeugen, wie verschieden der Verlauf und die Vertheilung der Nervenäste gleicher Metameren auf beiden Seiten der Flossen ist, wenn man die Lage derselben zu den Radien des Skelets betrachtet. Die grössten Unterschiede finden sich bei den Aesten des g., Io. und 13. Nerven, die geringsten 192 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 80 bei denen des 7. und 8. Aber auch bei letzteren walten im Detail grosse Differenzen ob. Das Gleiche geht aus einer Zusammenstellung der Nervenverhältnisse bei Hexanchus hervor: 7 6 6 7 7 78 © 9 Io IOIIII I2 12 1313 14 KOXDKTKERNV TITDIV EX TOR EXT VZERUTTDSSTTESXTEE GET RES TTS VAT VEN N zn 7 7 8 8 © 9 $ oO wm m m a 9a ag m 7 8 9 12 In diesem Zahlenschema sind die Knorpelradien mit römischen und die grösseren Nervenstämme mit arabischen Ziffern angegeben. Man stelle sich vor, dass das Ganze einen Querschnitt durch die Flosse von Hexanchus repräsentire, welcher distal von den Basalia durch die Radien derselben geführt und diese vom IIl.-XX. Radius getroffen habe. Die dorsale Musculatur mit ihren Nerven würde über den Querschnitten der Knorpelradien, die ventrale unter ihnen liegen. Da, wo verschiedene seriale Nerven- fasern zu einem Stamm sich verbinden, sind die betreffenden, sie bezeichnenden Ziffern unter einander gesetzt (z. B. 10, 9 und 7, 8 etc.). Die Zahlenreihe ist insofern schematisch, als statt einer genauen Zeichnung der Knorpel- und Nervenquerschnitte nur Ziffern angegeben sind. Die Stellung der Ziffern zu einander ist aber naturgetreu nach dem Präparat construirt, so dass man sich genau über die Lage der Nervenstämme zu den Knorpeln und über die Lage der ersteren zu einander orientiren kann. Liegt z. B. ein Nerv auf der Fläche eines Knorpelradius an der Stelle, durch welche der Schnitt hindurchgegangen sein soll, so steht die betreffende arabische Ziffer genau über oder unter der lateinischen (z. B. 13 und V]); liegt derselbe zwischen zwei Radien, so entspricht die arabische Ziffer in ihrer Stellung dem Zwischenraum zwischen den beiden entsprechenden lateinischen (weitaus die meisten Fälle). Man beachte besonders die seitliche Verschiebung der dorsalen Nervenäste des 7., 8. und 9. Metamers gegen die entsprechenden ventralen. Es kommt nicht vor, dass motorische ventrale Aeste zum dorsalen Hauptmuskel oder umgekehrt solche des letzteren zum ventralen Hauptmuskel verlaufen. Dagegen sah ich bei Acanthias am distalen Flossenrand wohl sensible Aeste der einen Seite in geringer Zahl sich um die mediale Flossenkante herum auf die andere Seite begeben. 2. Die Nerven der Beckenilosse. Die Nerven der Beckenflosse sind bei Acanthias von v. DAVIDOFF (1879) beschrieben worden. Dieser Autor hat hier zuerst Längsstämme der Nerven sowohl beim ventralen wie dorsalen Hauptmuskel gesehen. Im Uebrigen sind seine Angaben über die Nervenverbreitung in der Flosse selbst entsprechend den unvollkommenen technischen Hülfsmitteln der damaligen Zeit lückenhaft und schematisch, so dass ich nicht bei denselben zu verweilen brauche (man vergl. das Original 1879, p. 465 und 466). Die Rr. pterygiales communes der Beckenflosse von Acanthias verlaufen theils dia-, theils metazonal. Von letzteren gehen die vordersten (37.—40.) durch die Bauchmuseulatur hindurch, nahe der Bauchmittel- linie. Doch ist diese an jener Stelle, nahe der Cloake, stark reducirt und erreicht die Mittellinie nicht ganz. Die Flossenäste des 41.—45. Nerven gelangen deshalb bis an den äussersten Rand der Bauch- musculatur, biegen um diesen herum und erreichen auf diesem Wege die Flosse. Aussen von der Bauch- wand geben die Nerven zunächst Hautnerven ab, von denen namentlich diejenigen der hintersten Nerven sich mit reichen Verästelungen an die Haut der Cloake und in dem Bindegewebe zwischen Flosse und Cloake verzweigen. Doch geben alle sensible Aeste an die Flosse. Sı Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 193 Alle eigentlichen Flossennerven zerfallen bei der Beckenflosse in zwei Aeste: einen Ramus pteryg. dorsalis und einen R. pteryg. ventralis. Ich gebe in Fig. ı, Taf. XXIX, eine Abbildung des Nervenverlaufes am ventralen Hauptmuskel der Beckenflosse von Acanthias. Es sind nur die ventralen Flossenäste gezeichnet. Wir sehen medial vom Metapterygium einen feinen Plexus sich auf den Mm. zono-pterygiales ausbreiten. Er entspricht dem Plexus postaxialis der Brustflosse. Eine Längsstammbildung ist ähnlich wie bei der vorderen Extremität von Laemargus vorhanden. Sie erstreckt sich bis zu den vordersten Flossennerven (p. I9I). Die Dicke der Nerven und des Längsstammes ist jedoch sehr gering und entspricht etwa dem medialen Geflecht, welches auf meinen Abbildungen der Brust- flosse von Acanthias im Zusammenhang mit dem dort weniger ausgedehnten Längsstamm steht (Taf. XXI, Fig. 4, Taf. XXIII, Fig. 2). Numerisch ist also bei Acanthias der postaxiale Plexus an der Beckenflosse höher entwickelt als an der Brustflosse; quantitativ ist jedoch letzterer im Uebergewicht. Am lateralen Rande des Metapterygium der Bauchflosse liegt ein kräftig entwickelter Plexus mit mehreren Längsstämmen, welche parallel mit einander verlaufen (Taf. XXIX, Fig. r). Von diesen hat v. DAvIDoFF einen gesehen und als Längsstamm beschrieben. Aus dem Geflecht der durch zahl- reiche Anastomosen mit einander verbundenen Längsstämme setzen sich dann lateralwärts die Endäste fort, welche, wie die Längsstämme selbst, zwischen der Unterfläche des Muskels und dem Skelet liegen. Sie sind sehr zahlreich und verhalten sich zu den Mm. radiales gerade so wie die Nerven der Brustflosse zu diesen. Der Lage nach entspricht dieser Plexus mit seinen Längsstämmen den Geflechten am präaxialen Rande des Metapterygium und auf dem Meso- und Propterygium der Brustflosse (Plexus praeaxialis). Er ist von ihm nur durch die höhere Entwickelung der Geflechtsbildung unterschieden. Der Nervenbefund an der Beckenflosse erinnert in allen Einzelheiten an die Befunde bei der Brust- flosse, zeigt aber überall, dass eine höhere Stufe der Entwickelung erreicht ist (p. 186). Die Nervengeflechte haben sich allenthalben zu Längsstämmen verdichtet, auch an Stellen, an welchen bei der Brustflosse solche nicht vorkommen, und sind da, wo sie auch bei der Brustflosse vorhanden sind, den extremen Fällen an Ausdehnung gleich. Ausserdem ist die Theilung in ventrale und dorsale Aeste für die beiden Hauptmuskeln bei der Beckenflosse eine gleichmässige bei allen Nerven, wie es nur bei wenigen an der Brust- flosse der Fall ist. Die Verhältnisse am dorsalen Muskel stimmen mit dem entsprechenden an der Brusiflosse überein, jedoch mit ähnlichen Abänderungen, wie wir sie soeben beim ventralen Muskel constatiren konnten. Besonders hervorzuheben ist nur, dass die Mm. trunco-keratoidei in ganz gleicher Weise innervirt werden wie diejenigen der Brustflosse. Da dieselben bei letzterer mit Mm. zono-keratoidei eng zusammenhängen (Textfigur 7, p. 176) und auch mit diesen gemeinschaftlich innervirt werden, so sind sie und ebenso die ihnen parhomologen Fasern der Beckenflosse von solchen abzuleiten. | Die ausserordentlich innigen Geflechte der Nerven machten es mir unmöglich, die metameren Nerven hier bis zu ihren Enden zu verfolgen. Es ist jedoch anzunehmen, dass entsprechend der stärkeren Plexusbildung auch eine hochgradigere Umlagerung der metameren Muskelelemente in der Becken- flosse gegenüber der vorderen Extremität stattgefunden hat. Dass eine Umlagerung überhaupt vor- kommt, ist entwickelungsgeschichtlich für die Anfänge der dann noch einfacheren Processe erwiesen (BRaus, 1899, p. 543, 508). Jenaische Denkschriften. IV. 11 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 26 194 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 832 c) Zusammenfassung und Schlüsse. Selachier- und Dipnoerflosse. Wiewohl die Flossennerven bei den Selachiern mit ihren Aesten zahlreiche und innige Geflechte in der Extremität eingehen, so lassen sich doch bei vielen die Hauptstämme eine ziemliche Strecke weit in die Flosse hinein oder völlig isoliren. Einen Eindruck von dem ganzen Verlauf der Nerven der Brustflosse erhält man z. B. von Acanthias, wenn man zunächst die Rr. ventrales auf Textfigur 6, p. 170, betrachtet und bei diesen die Rr. pterygiales communes aufsucht. Die Fortsetzung derselben ausserhalb der Bauch- wand und die Spaltung in die Rr. pterygiales ventrales und dorsales findet man auf Taf. XXII in Fig. 4 dargestellt. Den Verlauf der Rr. dorsales giebt Textfigur 12a, p. 182, denjenigen der Rr. ventrales Textfigur 12b und mit grösserer Vollständigkeit Taf. XXIII, Fig. 2 wieder. Endlich sind Bilder der letzten Verästelungen verschiedener Nervenäste der Textfiguren 12a und b in den Textfiguren 9, p. 178, und Io, p. 180, wiedergegeben. Es ist hier ein günstiges Object vorhanden, an welchem sich bestimmen lässt, wo ein jeder serialer Nerv mit seinen motorischen Verästelungen in der Flossenmusculatur endet. In der That gelang bei Acanthias eine Entwirrung der Nervengeflechte an den meisten Stellen der Flosse, so dass ich in Textfigur I3 und IA, p- Igo, Bilder geben kann, bei welchen die Nervenendbezirke mit den entsprechenden serialen Nummern der sie versorgenden Aeste versehen sind. Ursprüngliche Uebereinstimmung der Flossenmusculatur beim Hai- und Lungenfisch. Die Oberfläche der Musculatur (Textfigur I4, p. I90) besitzt bei Acanthias eine Anordnung der serialen Nervenbezirke, welche an die Vertheilung der Zwischensehnen und der von ihnen begrenzten Muskelpartieen bei der Ceratodus-Flosse erinnert. Denn im Gegensatz zu den Mm. radiales, welche bei Acanthias ungefähr dem Verlauf der Knorpelradien folgen, sind die haploneuren Zonen durch Grenzen von einander geschieden, welche senkrecht oder schräg zu der Axe des Metapterygium verlaufen. Im distalen Theil der Flosse sind zwei Grenzlinien vorhanden (zwischen dem Bezirk des I4. und I3. und 13. und 12. Spinalnerven), welche, entsprechend dem Verlauf der Zwischensehnen der (eratodus- Flosse (Taf. XXI, Fig. I und 2), in terminalwärts offenem Bogen durch die Musculatur construirt werden müssen. Die Grenze zwischen dem Endgebiet des 12. und ıı. Spinalnerven repräsentirt nur den einen Schenkel eines solchen Bogens und die Mitte desselben. Der andere Schenkel fehlt. Bei den weiter proximalwärts folgenden Grenzen ist auch die Mitte nicht mehr vorhanden. Reconstruirt man jedoch in Gedanken die nach den Befunden GEGENBAUR’s (1865, 1873) und BunGe’s (1874) am Skelet abortive postaxiale Seite der Flosse nach der Form, welche uns die fossilen Funde bei Xenacanthiden (GoLDFuss, 1847, FRITSCH, 1888, 1889, BRONGNIART, 1888, DÖDERLEIN, 1889) zeigen, so würde man eine Ergänzung gerade desjenigen Theiles der Grenzlinien erhalten, welcher unvollständig ist. Denn auch beim Skelet fehlt der proximale Theil des Radienbesatzes. Wahrscheinlich ist also früher die Aehnlichkeit der Grenzlinien zwischen den haploneuren Zonen mit dem Verlaufe der Inscrip- tiones tendineae bei Ceratodus noch grösser gewesen. Denn der distale Theil des postaxialen Flossen- abschnittes ist auch beim Skelet noch einigermaassen in Form rudimentärer Radien am medialen Rande des Metaptperygium, besonders bei Embryonen von Squaliden, erhalten und mit dem Skelet von Ceratodus vergleichbar. Dem entspricht die Vollständigkeit der hier in der Form der Innervationsbezirke mit den Zwischensehnen bei Ceratodus obwaltenden Aehnlichkeit. Ebenso wie man das Skelet weiter proximal- wärts nach dieser Partie reconstruiren muss, hat man auch die Muskelzonen hier entsprechend den 83 Die Muskeln: und Nerven der Ceratodusflosse. 195 distalen zu ergänzen und also dem erhaltenen präaxialen Schenkel noch eine Mitte und einen postaxialen Schenkel, wo eines von beiden oder beide nicht vorhanden sind, hinzuzufügen. Der Unterschied der Musculatur gegenüber derjenigen der Ceratodus-Flosse ist andererseits nicht gering. Denn bei letzterer werden von den Zwischensehnen polyneure Segmente eingeschlossen, während bei Acanthias gerade die haploneure Natur der Bezirke Anlass zu der Form der Grenzlinien giebt. Es ist jedoch in dem zusammenfassenden Capitel über die Ceratodus-Flosse bereits die Frage erörtert worden (p. 171), ob nicht in den Zwischensehnen dieser Extremität alte Gebilde vorliegen, welche entstanden sind, ehe die Vermischung der metameren Muskelfasern eintrat, und sich, wenn auch in anderer Zusammen- setzung (polyneure Inscriptionen), aus mechanischen Gründen erhalten haben trotz der Umwälzungen, welche die an ihnen befestigte Musculatur erlitt. Eine Parallele konnte in dem Schicksal der Bauchmusculatur in der Gegend des Schultergürtels, also gerade dem Mutterboden der Musculatur der vorderen Extremität nach unseren neurologischen und entwickelungsgeschichtlichen Erfahrungen, und dem Verhalten ihrer Zwischen- sehnen bei Aufgabe der primären Metamerie nachgewiesen werden (Hexanchus Taf. XXIV und Acanthias Textfigur 6, p. 170). Es wäre also denkbar, dass die Musculatur ursprünglich in Form metamerer, durch Inscriptionen von einander getrennter Bündel auf die Flosse überwanderte. Bei Acanihias wäre dann in der Weiter- entwickelung eine Anpassung der Muskelfasern an die von ihrem Verlauf ursprüngliche abweichende Richtung der Radien und damit ein Verlust der Inscriptionen eingetreten. Denn die Entfaltung der Musculatur und des Skelets ist bei den Selachiern wesentlich lateralwärts gerichtet, beschränkt sich also auf den präaxialen Theil der Flosse, während die Axe keine besondere Ausdehnung gewinnt und der postaxiale Theil der Extremität sogar der Rückbildung verfällt (p. 196). Dadurch gerathen die Inscriptionen grössten- theils in die Richtung des Verlaufes der Muskelfasern, werden mechanisch unwirksam und verschwinden. Auf dem kleinen, der ursprünglichen Axe entsprechenden Bezirke des Metapterygium jedoch und namentlich am distalen Ende desselben, sind die metameren Abtheilungen dort, wo keine Befestigungen am Knorpel eingetreten sind (also an der Oberfläche des Muskels) noch einigermaassen erhalten und an ihrer Innervation zu erkennen. Beim Ceratodus andererseits wäre die Einwanderung der Musculatur in die Flosse in derselben Weise erfolgt, jedoch wäre, da eine Entfaltung der axialen Partien des Skelets, nämlich ein beträchtliches Wachsthum der Axe und ihres Radienbesatzes sowie eine transversale Gliederung derselben unter dem Einfluss der Musculatur eingetreten ist, eine andere Entwickelungsrichtung in der Ausbildung der Extre- mitätenmuskeln als bei den Selachiern eingeschlagen worden. Die Inscriptiones tendineae hätten sich als eine mechanisch höchst wirksame Einrichtung für die Flosse im axialen Theil derselben erhalten, indem sie immer wieder aufs neue, allerdings jedesmal aus anderem Material gebildet wurden. Die Form und Anordnung der alten Zwischensehnen blieb auf diese Weise dieselbe, und wenn neue hinzutraten, über- nahmen auch diese die zweckmässige und deshalb bei den anderen vererbte Anordnung. Die Musculatur wäre ebenfalls Umformungen unterlegen, während sie sich der Form des Skelets anpasste, und hätte ihre metamere Structur dabei völlig, soweit meine Kenntniss reicht, verloren. Bei ihr ist infolgedessen von der alten Anordnung nichts mehr erhalten. Im Folgenden werde ich auseinanderzusetzen haben, inwieweit diese Vorstellung von der phylo- genetischen Entwickelung der Musculatur bei der Selachier- und Dipnoerflosse mit den übrigen morpho- logischen Thatsachen im Einklang steht, um daran ihre Berechtigung zu prüfen. Homologien und Divergenzen der Lage und Verbindungsweise bei den Flossennerven. Die Flossennerven bilden bei Ceratodus innerhalb der Extremität Geflechte, welche besonders dicht zu beiden Seiten der Axe angeordnet und dort in der Längsrichtung der Flosse proximo-distalwärts ver- 11° 26 * 196 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 84 laufen. Dieselben bestehen bei der Brustflosse im Wesentlichen noch aus lockeren Anastomosen, sind aber bei der Beckenflosse stellenweise zu einheitlichen Stämmen zusammengeschlossen. In Textfigur Isa und ce habe ich in halbschematischer Weise die Anordnung der Nerven auf dem Skelet wiederzugeben gesucht und durch schwarze Färbung diejenigen Geflechte hervorgehoben, welche zu beiden Seiten der Axe (schwarz gestrichelte Linie) verlaufen. Die Flossennerven, aus welchen sich die beiden Geflechte (Plexus prae- und postaxialis) aufbauen, und die Endäste, welche von ihnen ausgehen, sind mit doppelten Contouren als helle Streifen gezeichnet. Bei Acanthias können mit den Längsstämmen Nervenverbindungen (schwarz in der Figur) verglichen werden, welche ebenfalls prä- und postaxial liegen (Textfigur ı5b und d). Bei hen RS SUN Fig. 15. Halbschematische Wiedergabe der Anordnung der Nerven zwischen Knorpel und Musculatur der Flosse. a Brust- flosse von Ceratodus, b von Acanthias, c Beckenflosse von Ceratodus, d von Acanthias. Contouren des Knorpelskelets mit schräg gestrichelten Linien, Axe des Skelets mit fett gestrichelter Linie und Nerven mit ausgezogenen Doppelcontouren wiedergegeben. Der Plexus praeaxialis (rechts von der Axe) und der Plexus postaxialis (links von der Axe) sind durch schwarze Ausfüllung des Zwischenraumes zwischen der Doppelcontour der Nerven hervorgehoben. Der erste und letzte Flossennerv sind mit einem Kreuz bezeichnet. der Brustflosse (b) sind dieselben im Allgemeinen lockerer als bei der Beckenflosse (d). Am postaxialen Rande der Brustflosse ist der Plexus schmächtiger als auf der präaxialen Seite und (bei Acanthias) nur am distalen Flossenende reichlicher entwickelt. Er setzt sich aus Aesten der Hauptflossenstämme zusammen. Diese selbst ziehen über das Meta- und Mesopterygium hin und bilden hier — präaxial — ein lockeres Geflecht mit zahlreichen Maschen, welche zum Theil auf dem Skelet, zum Theil aber auch in der Musculatur selbst liegen. Bei der Beckenflosse sind die Nervenverhältnisse denen der vorderen Extremität principiell gleich; nur ist der Plexus postaxialis feiner, aber manchmal aus einer grösseren Zahl serialer Componenten zusammengesetzt, der Plexus praeaxialis dagegen viel fester gefügt und einem Längsstamm ähnlicher als bei der Brustflosse. Zu den vorhandenen Beweisen für die ehemalige Existenz eines grösseren postaxialen Flossenabschnittes bei den Haien liefert also die Neurologie der Flossen einen neuen hinzu, indem noch ein beträchtlicher Theil der Musculatur und Nerven erhalten ist, der ursprünglich diesem Abschnitt angehörte. Die Muskeln, welche von dem Plexus postaxialis versorgt werden, ziehen über die noch erhaltenen Radien des medialen Flossen- abschnittes bei Squaliden hin (bei der Brustflosse von Acanthias über die medialen Strahlen I—4) und sind theils noch an Hornfäden gleich den lateralen Muskeln befestigt (Mm. zono-keratoidei), theils haben sie an der medialen Kante des Metapterygium neue Anheftungen gefunden (mediale Mm. zono-pterygiales). Durch sölche Umwandlungen und durch die noch relativ stattliche Ausdehnung des Plexus postaxialis gegenüber dem 85 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse, 197 spärlichen Vorkommen medialer Knorpelradien am terminalen Ende der Skeletaxe wird die Unmöglichkeit einer anderen Auffassung dargethan, welche in dem medialen Radienbesatz des Flossenskelets recenter Haie den Beginn der Differenzirung eines biserialen Skelets erblickt und also letzteres von der uniserialen Form ableiten will (BALFoUR, 1881, p. 552; Howes, 1887, p. I5; WIEDERSHEIM, 1892, p. 57, u. A. m.). Der präaxiale Plexus der Brustflosse von Acanthias ist weit lockerer als selbst derjenige der Brust- flosse von Ceratodus. Es steht dies im Einklang mit der Entfaltung von Skelet und Musculatur in lateraler Richtung bei den Haien. Indem Radien den Schultergürtel erreichten und mit ihren basalen Theilen die Meso- und Propterygia bildeten (GEGENBAUR, 1870, 1898), entwickelten sich hiermit in Wechselwirkung die Muskeln in senkrechter Richtung zur Axe und zogen den Plexus in diesem Sinne aus. Bei der Beckenflosse der Squaliden dagegen ist kein Mesopterygium gebildet und die Verbreiterung des Skelets nicht in solchen Maass erfolgt wie bei der Brustflosse. Dort ist der Plexus praeaxialis auch mehr in die Länge gestreckt und demjenigen der Brustflosse von Ceratodus ähnlich. Die Rr. pterygiales mediales et laterales resp. dorsales et ventrales verhalten sich bei Dipnoern und Selachiern ihrer Lage nach sehr verschieden von einander, ehe sie zwischen Skelet und Musculatur ein- dringen. Denn bei Ceratodus liegen sie, entsprechend der kleinen Stelle, an welcher die Flosse mit der Rumpfwand verbunden ist, eng zusammen. Bei den Squaliden (und in noch höherem Maasse bei den Rochen) nehmen sie gemäss der breiten Verbindungsfläche zwischen Extremität und Rumpf eine viel längere Linie ein. In Textfigur 15 ist bei den verschiedenen Flossen der Abstand des vordersten vom hintersten Flossennerven durch 2 Kreuze markirt und an der verschiedenen Entfernung dieser von einander der Unterschied zwischen Ceratodus und Acanthias leicht zu erkennen. Im weiteren Verlauf der Nerven, zwischen Knorpelskelet und Musculatur, verwischt sich dieser Unterschied, indem nicht nur bei Acanthias die Nerven, nachdem sie die Aeste zum Plexus postaxialis abgegeben haben, schräg über die Axe des Skelets auf dessen andere (präaxiale) Seite hinüberziehen, um dort den präaxialen Plexus zu bilden, sondern indem auch bei Ceratodus ein ganz ähnlicher schräger Verlauf der Nervenäste in grösseren oder kleineren Abständen von einander beobachtet wird (man vergleiche Textfigur 15, sowie die Originalabbildungen auf Taf. XXIII und XXVI). Bei Acanthias ist das Verhalten der Nerven leicht verständlich, da die Aeste den kürzesten Weg von der Eintrittsstelle der grösseren Stämme in die Flosse aus gegen ihr Endgebiet wählen. Bei (Ceratodus jedoch würde man erwarten, dass die Nerven annähernd in der Richtung der Flossenaxe verlaufen und von vornherein die beiden, dieser parallel gelagerten Plexus bilden würden. Statt dessen wird aber auch hier zuerst der Plexus postaxialis erzeugt. Eine grosse Zahl der Zuführungsäste für den Plexus prae- axialis passirt zunächst den ersteren, anstatt sich direct dem letzteren beizugesellen. Diese enge Beziehung der Flossennerven zum postaxialen Rande des Skelets und zu dem dieser Seite der Extremität zugehörigen Nervengeflecht bei Selachiern und Dipnoern findet eine einfache Erklärung in der Annahme, dass von dieser, bei beiden horizontal am Rumpfe liegenden, Strecke aus ur- sprünglich die Einwanderung der Rumpfmusculatur in die Flossenanlage erfolgt ist. Das ist aber nur dann möglich gewesen, wenn der jetzige postaxiale Rand der Flosse mit der Rumpfwand in relativ breitem Verband stand!). Die Differenz zwischen den Nerven des Hai- und Lungenfisches bei ihrem Eintritt in die Extremität ist zu Stande gekommen, indem von dem Indifferenzzustande aus bei Ceratodus ein Längenwachsthum parallel zur Rumpfwand, also in der Richtung der Axe der Flosse eintrat, während bei Squaliden eine Vergrösserung, besonders an der Brustflosse, schräg oder senkrecht zu der Axe durch Bildung neuer, mit dem Extremitätengürtel articulirender Basalia (Meso- und Propterygii) stattfand. Im ersteren 1) Ueber die Form der Flosse und speciell diejenige ihres Skelets zu jener Zeit s. p. 199. Die Form des letzteren muss biserial gewesen sein. Denn die Ceratodus-Flosse von einer Extremität mit uniserialem Gliedmaassenskelet abzuleiten, wider- spricht allen thatsächlichen Erfahrungen (s. o.). Bezüglich der scheinbar widersprechenden Funde bei Cladodus (NEWBERRY 1890, S. WOODWARD 1892, JAEKEL 1892, DEAN 1894, 1896) vergleiche die Kritik von O. REIS (1896), BRAUS (1I898A, p. 443) und besonders SEMON (dieser Band, p. 105). 198 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 86 Falle ist die ursprüngliche Basis der Flosse durch die terminale Ausdehnung in den Hintergrund gedrängt worden. Sie wird bei Ceratodus weiterhin secundär verkürzt (p. 167). Im letzteren Falle hat sie erhöhte Bedeutung gewonnen und progressiv (besonders bei Rochen) an Umfang zugenommen (BRAUS, I898A, p. 414 u. f.). Die Stellung der Flosse bei Selachiern und Dipnoern ist eine Function dieser divergenten Entwickelungsrichtung. Die einseitige Entfaltung der Axe in die Breite und die Ausdehnung des präaxialen Radienbesatzes bei Selachiern ist offenbar im Zusammenhang mit der Horizontalstellung erfolgt. Der postaxiale Theil des Knorpelskelets nimmt bei den Squaliden dagegen eine der verticalen Stellung dieses Abschnittes bei Ceratodus entsprechende Lage ein (Taf. XXII, Fig. 2-4). Es erklärt sich daraus, dass der hier laterale, im Uebrigen ventrale Hauptmuskel in seinem zwar sehr rudimentären postaxialen Theil immerhin besser erhalten ist als der entsprechende Abschnitt des medialen, bezw. dorsalen Hauptmuskels. Denn die Rückbildung der postaxialen Radien und ihrer Musculatur ist jedenfalls eine Folge der Berührung, in welche gerade dieser Theil derselben mit der Rumpfwand gerieth. Dabei war die in mediale Stellung um- gebogene Flossenseite die zuerst und am stärksten, die laterale die weniger betroffene Seite. Es ist nicht erforderlich, daraus zu schliessen, dass die ganze Selachierflosse gleichzeitig mit ihrem postaxialen Abschnitt einst die verticale Stellung eingenommen hat. Wenigstens zeigen die paläontologischen Abbildungen und Beschreibungen (GoLDFUSS, 1847, P. 404; FRITSCH, 1889, p. 29; ZITTEL, 1890, Fig. 99), dass die radienreichere Seite der Axe im Original nach aussen, die radienärmere nach innen liegt. Die horizontale Hauptlage der Extremität dieser Fossilien ist um so wahrscheinlicher, weil freie Radien mit dem Becken (und auch mit dem Schulterbogen, KnEr, 1867, p. 575, Taf. II, DöpErLEIN, 1889, Textfigur) articuliren. Es liegt deshalb der Schluss näher, dass nur der reducirte Abschnitt der Flosse mit der progressiven Ent- wickelung der präaxialen Seite an die Rumpfwand und hier in senkrechte Lage gedrängt wurde, als dass sich die ganze Flosse in eine solche gedreht hätte. Die Uebereinstimmung der Extremitäten von Selachiern und Dipnoern hat durch die Aehnlichkeit der Muskel- und Nervenverhältnisse beider eine Stütze erhalten im Sinne der GEGENBAuRr’schen Ansicht, welche nach den Befunden am Skelet für beide eine biseriale Ausgangsform annimmt. Wir können also mit Recht erwarten, in der Musculatur und Innervation der Squaliden- und Dipnoerflosse im Allgemeinen Zustände zu finden, welche sich ergänzen zur Reconstruction der Urform. Dadurch gewinnt die oben (p. 195) geäusserte Ansicht eine Stütze, dass die noch stellenweise (am Metapterygium) erhaltene metamere Gliederung der Musculatur bei der Acanthias-Brustflosse ein Rest ursprünglicher Verhältnisse, und ebenso die Inscriptiones tendineae der Ceratodus-Flosse entsprechende, wenn auch polyneur metamorphosirte Ueber- bleibsel seien, welche zusammen auf die ehemalige Einwanderung metamer gegliederter Rumpfmuskelmassen schliessen lassen‘). Halten wir damit zusammen, dass bei allen Extremitätennerven niederer Fische eine gleichmässige Theilung in je zwei Theile für die beiden Hauptmuskeln und eine seriale Reihenfolge vorhanden ist, welche sehr auffallend und schwer erklärlich wären, wenn die Muskeln von vorn (cranial) und hinten (caudal) an die Flosse herangetreten wären, und dass auch an der Ceratodus-Flosse die Ursprünge der Hauptmuskeln früher ganz und auch jetzt bei der Brustflosse noch völlig dorsal und ventral (nie cranial und caudal) vertheilt sind, so müssen wir annehmen, dass die Musculatur eine horizontal liegende Brücke oder Verbindungszone benutzte, um in die Flosse zu gelangen und an dieser sich zunächst in Form eines dorsalen und ventralen Hauptmuskels vertheilte. Auch entwickelungsgeschichtlich legt sich die Flossenleiste bei allen 1) Durch die zufällige Coincidenz der Richtung der einwandernden Myotome mit derjenigen der präaxialen Radien wurde bei den Haien eine relativ ursprünglichere Anordnung der Muskeln innegehalten, da bei ihnen die weitere Ausgestaltung der Extremität sich in dieser gemeinsamen Richtung bewegte. Bei Ceratodus dagegen verwischten sich die ursprünglichen Verhältnisse mehr, weil die alte Entwickelungsrichtung der Flosse, welche hier innegehalten wird, zufällig nicht mit der Richtung der ein- wandernden Myotome coincidirte. Denn .diese verläuft in der Richtung der Flossenaxe, also senkrecht zu letzterer. Man kann deshalb nicht sagen, dass die Verhältnisse bei Acanthias in toto primitiv geblieben seien. Denn sie verdanken die relative Ursprünglichkeit nur einer mehr zufälligen Coincidenz bei progressiver Ausgestaltung des Skelets. Letzteres steht bei Ceratodus der Urform näher. 87 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 199 niederen Fischen, selbst beim Lungenfisch, in der Horizontalen an, um von dort in der Richtung weiter zu wachsen, welche die ausgebildete Flosse einnimmt. Das knorpelige Flossenskelet kann zu dieser Zeit nur einen geringen Umfang besessen haben. Denn hat es überhaupt Seitenradien zu jener Zeit gegeben, so müssen diese biserial gestanden haben, da Selachier sowohl wie Dipnoer in den morphologischen Bestandtheilen ihrer Flosse die ursprüngliche Biserialität in deutlichen Spuren bewahrt haben (p. 196) der offen zur Schau tragen. Ein biseriales Skelet kann in horizontaler Stellung nur dann gedacht werden, wenn die Seitenradien der einen Hälfte cranialwärts, diejenigen der anderen caudalwärts schauen, die Axe also nahezu senkrecht vom Körper absteht. Denn sonst kann sich nur eine Hälfte der Seitenradien entfalten, weil die Nähe der Rumpfwand die andere am Wachsthum hindern muss. Ein uniseriales Knorpelskelet als Ausgangsform, wie im letzteren Falle, ist weder für das Dipno- noch das Selachopterygium möglich (p. 197). Eine horizontal liegende Flosse mit senkrecht vom Körper abstehendem knorpeligen Axenstab und biserialem Randienbesatz kann aber nur ein beschränktes Wachsthum haben. Denn sie wird stets Gefahr laufen, abgeknickt oder beschädigt zu werden. Die Entwickelungsgeschichte des Extremitätenskelets hat uns gelehrt (durch die Arbeiten von BALFOUR, RasBL, MOLLIER, SEmon), dass die erste Anlage bei allen Paläichthyern aus einem einheitlichen Stab besteht, der späteren Axe, welcher mit dem Extremitätengürtel zusammenhängt. Ein solches Stadium kann der Extremi- tätenknorpel zu der Zeit repräsentirt haben, als die Rumpfmusculatur von ihm Besitz ergriff. Mit der Bildung von Radien, welche zu beiden Seiten dieses Stabes hervorsprossten, wie dies jetzt noch an der Spitze der Ceratodus-Flosse regelmässig der Fall ist (SEMoN, 1898), bildete sich dann von selbst die verticale Stellung aus. Denn jene konnten nur in einer Ebene, aber nach zwei Richtungen (biseriale Form) auswachsen, da die ober- und unterhalb liegenden einheitlichen Muskelschichten jeden anderen Weg versperrten. War aber das Flossenskelet biserial geworden, dann musste das weitere Wachsthum von Seitenradien parallel zum Rumpf, also dorsal- und ventralwärts geschehen. Denn wie sollten sonst alle auswachsenden Seitenradien Platz finden, und wie sollten sie so wie der Axenstrahl vor Verletzungen geschützt werden? Dabei ist von der Brustflosse des Ceratodus die entgegengesetzte Richtung wie von der Bauchflosse eingeschlagen worden, so dass bei der ersteren die ehemals dorsale Muskelschicht zum Theil medial, bei der letzteren zum Theil lateral vom Skelet zu liegen kommt und die ehemals ventrale Musculatur entsprechend in entgegengesetzte Position geräth, wie die Innervation (p. 166) und auch die Entwickelungsgeschichte (SEMoNn) beweist. Es liegt nahe, hier mit HATSCHER (1889) anzunehmen, dass verschiedene functionelle Anpassung, und zwar bei ersterer die Schwimm-, bei letzterer die Stütz- (oder Kriech-)Function den Anstoss zu der verschiedenen Bildungs- weise gab. Bei den Vorfahren der Selachier ist nur der postaxiale Theil der Flosse in die verticale Stellung gedreht worden, und zwar, entsprechend der Schwimmstellung bei Ceratodus, ebenfalls ventralwärts. Er wurde jedoch zurückgebildet. Die rudimentäre postaxiale Partie hält diese Stellung heute noch inne (p. 108). Die progressiv sich entfaltende präaxiale Seite dagegen entwickelte sich in der Horizontalebene lateral- wärts weiter und schlug damit Bahnen ein, welche weitab von der Entwickelung der Dipnoer führen. Divergente Entwickelung und Wirkungsweise der Musculatur. Nicht nur in der Verschiedenheit der Stellung und der sie bedingenden verschiedenen Ausbildung des Skelets und der Musculatur in terminaler und lateraler Richtung wurden von der Selachier- und Dipnoer- flosse divergente Bahnen eingeschlagen. Auch im Einzelnen ist die Musculatur bei beiden in recht ver- schiedener Weise dem Skelet angepasst. Es besteht allerdings das Gemeinsame, dass die Muskelfasern zum Theil an den Hornfäden inseriren und dadurch der Möglichkeit einer directen Einwirkung auf das Knorpel- skelet der Flosse entbehren. Jedoch ist auch hierbei der quantitative Unterschied zwischen Selachiern und Dipnoern ein ganz beträchtlicher. Vergleicht man die Textfiguren 2, p. I5I, und Io, p. 179, in welchen mit 200 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 88 Punkten die Insertionen am Knorpelskelet angegeben sind, mit einander, so erkennt man negativ an der geringen Ausbreitung derselben bei Selachiern gegenüber Ceratodus, dass bei ersteren eine sehr viel stärkere Entfaltung der an den Hornfäden inserirenden Muskeln vorhanden sein muss. Denn alle Fasern, welche sich nicht zum inneren Skelet begeben, sind am äusseren festgeheftet. Es ist nun charakteristisch für die Befestigungsstellen der Muskelfasern am Knorpelskelet bei Squaliden, dass dieselben nur an den Rändern der Flosse zu finden sind. Am präaxialen Rande bilden sie an der ventralen Fläche der Flosse einen Musculus abductor, welcher seinem Bau und seiner Innervation nach als eine progressive Bildung erwiesen wurde. Am postaxialen Rande ist eine Adductionsbewegung an die Contractionen dieser Fasern, welche im Wesentlichen Ueberbleibsel der einst grösseren postaxialen Flossenmusculatur sind, geknüpft und hat wohl zur Erhaltung derselben beigetragen. Beide Muskeln dienen ausserdem, wenn sie gemeinsam wirken, der Bewegung der Flosse im Sinne einer dorsalen oder ventralen Flexion und unterstützen die folgende Gruppe, welcher diese Function hauptsächlich obliegt‘). Weitaus das Gros der Muskelfasern der Haiflosse entspringt am Schultergürtel oder an den Basalia der freien Flosse (Textfigur Io, p. 179, Kreuze) und inserirt an den Hornfäden. Für diese Muskeln bietet der Knorpel keine Angriffspunkte, sondern er ist nur das Punctum fixum, von welchem aus die Bewegung erzeugt wird. Freilich ist das in einer umfassen- deren Weise zu verstehen als bei den Extremitäten höherer Thiere. Denn der Knorpel ist auch in den terminalen Theilen, welche frei von Muskel- ursprüngen sind, ein Punctum fixum für die Extremität. Ohne ihn würde die Flossenplatte nicht den erforderlichen Stand haben und unter der Wirkung der Musculatur einknicken. Der Knorpel verhindert das letztere, ermöglicht aber bei seiner Biegsamkeit doch eine Bewegung der Flossenfläche. Die einzige Winkelbewegung findet in dem Schulter- resp. Hüftgelenk statt. Textfigur 16 veranschaulicht im Längsschnitt durch die Selachierflosse die Anordnung und Wirkungsweise der am äusseren Skelet inserirenden Muskelfasern. Den am Flossenskelet selbst (den Basalia) entspringenden Fasern, welche erst später aus den Mm. zono-keratoidei sich abgezweigt haben (p. 178), liegt die Function ob, nicht nur die Wirkung der letzteren zu verstärken, sondern auch die Hornfäden mit ihren basalen Enden in Fig. 16. Längsschnitt durch = n > die Squalidenflosse. @ Stück des der Nähe des Flossenknorpels zu erhalten. Würden die am Extremitäten- Schultergürtels (längs getroffen), gürtel oder der Rumpfwand in ziemlicher Entfernung vom Schulter- bezw. B Basale mit Radius von 4 Quer- gliedern, a contrahirter Haupt- Hüftgelenk entspringenden Muskelfasern allein auf die Hornfäden einwirken, muskel, aus Mm. zono-keratoidei und Mm. pterygo-keratoidei be- stehend, bZwischensehnezwischen oelöst würden und der Zusammenhang der Theile Schaden litte. Es wirken beiden Kategorien von Muskel- fasern, e Ursprungssehne der di- stalen Mm. pterygo-keratoidei, tendineae und die Mm. zono-pterygiales an den Radien der (eratodus-Flosse d activ, e passiv flectirter Horn- faden. (p- 150, 151). Hierin offenbart sich eine grosse Divergenz in der Myologie der so würde Gefahr vorhanden sein, dass die letzteren vom Knorpelskelet ab- also die Mm. pterygo-keratoidei in ähnlicher Weise wie die Inscriptiones Dipnoer- und Selachierflosse. Denn dieselbe Function wird hier durch die Differenzirung der Ursprungs-, dort durch diejenige der Insertionspartien der Muskeln erreicht. Dies ist von Einfluss auf andere Unterschiede in der Muskelanordnung. ı) Die Insertionen am Knorpelskelet der freien Flosse sind nach dieser Auffassung secundäre Erscheinungen. Da die Musculatur des Selachopterygium nicht so sehr verändert ist wie diejenige des Dipnopterygium (p. 198), können die zahlreicheren Insertionen bei letzteren nicht als primär angesehen werden. Es erscheint mir deshalb nicht wahrscheinlich, dass die Befestigungs- weise der Musculatur am inneren Skelet, welche die (Oeratodus-Flosse mit der cheiropterygialen Extremität in nahen Zusammen- hang bringt (Cap. IV dieser Abhdl.), der Anheftung an der Haut vorausging. 89 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 201 Während nämlich bei Selachiern die entsprechend den Basalia des Skelets breite Entfaltung der Ursprünge der Muskeln eine grosse Flächenwirkung auf die Extremität vermittelt, specialisirt sich bei Oeratodus die Function viel mehr, da die Insertionen zum Theil an das vielgliederige Radienskelet geheftet sind. Ebenso dient bei letzterem die indirecte Befestigung der Muskeln durch die Inscriptionen am Knorpel einer viel mannigfacheren Beweglichkeit der Flosse als bei den Haien. Es ist über die specielle Art der Bewegungen in dem Capitel über die Dipnoerflosse in extenso berichtet worden. Im Zusammenhang mit den viel directeren Einwirkungen auf das knorpelige Skelet steht die Ausbildung eines zweiten Gelenkes beim Ceratodus, welches SEMON (1898) zwischen I. und 2. Glied des Axenstrahles nachwies. Als Ausdruck für die mannigfaltigere Gliederung der Ceratodus-Musculatur gegenüber den Haien kann das Vorkommen von Mm. pterygiales proprii betrachtet werden (p. 148), welche den letzteren völlig fehlen. Dieselben bilden einen Neuerwerb des Lungenfisches, der für den Vergleich mit der penta- dactylen Extremität von Wichtigkeit sein wird (p. 200 Anm.). Ill. Die Ganoidenflosse. Da wir bekanntlich unter den jetzt lebenden Ganoiden nur spärliche Ueberreste zahlreicher, ganz oder fast ganz ausgestorbener Familien von grossem Formenreichthum besitzen, so finden wir erklärlicher- weise eine ziemlich bedeutende Divergenz in der Organisation derselben, entsprechend ihrer verschiedenen Stellung im System aller, wesentlich aus paläontologischen Funden uns bekannt gewordenen Schmelzfische (vergl. besonders HAECKEL, 1895, p. 244 ff.). Dieselbe ist auch bei den Extremitäten ausgedrückt, wie bereits die classischen Untersuchungen GEGENBAUR’s über das Skelet derselben darthaten (1865). Ich werde schon aus diesem Grunde die bisher durchgeführte zusammenfassende Anordnung des Stoffes für diese Classe der Fische aufgeben und die einzelnen Familien, von denen ich die für uns wichtigsten (Acipenseriden, Crossopterygier, Amiaden, p. I4I) bevorzuge, getrennt besprechen. Ausserdem sind aber die Bauchflossen der Ganoiden infolge ihrer vom Bau der Brustflossen abweichenden Structur zum Ausgangspunkt besonderer, tief in das theoretische Gebiet der Extremitätenfrage einschneidender Speculationen gemacht worden (THACHER, 1877 A, B, MIvART, 1879, WIEDERSHEIM, 1802). ES kommt deshalb darauf an, die Beziehungen zwischen Brust- und Bauchflosse dieser Fische zu einander und zu denen der übrigen Paläichthyer durch eine genaue Untersuchung der Structureigenthümlichkeiten beider festzustellen. Ich durfte hoffen, durch neue Thatsachen aus den fast ganz brach liegenden Gebieten der Neuro- und Myologie der Ganoidenflosse die Frage nach der Entstehung derselben neu zu beleben. Deshalb bespreche ich die beiden Extremitäten der Ganoiden gesondert, behandle in jedem Capitel die verschiedenen, bei jetzt lebenden Ganoiden vorkommenden Hauptformen und versuche erst in besonderen Schlusscapiteln die Details für allgemeine Schlüsse über die Abstammung der Ganoidenflosse zu verwerthen. A. Brustflosse. I. Acipenseriden. «e) Myologie. Die Musculatur der Brustflosse von Acipenser ruthenus L., welche ich meiner Beschreibung zu Grunde lege, setzt sich zunächst aus 2 Hauptmuskeln, Mm. pterygiales communes, zusammen. Der eine Jenaische Denkschriften. IV. 12 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 27 202 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 90 entspringt dorsal am Schultergürtel, und zwar einmal an dem medial freiliegenden knorpeligen Theile (Scapula, Taf. XXV, Fig. I) und andererseits am lateralen Deckknochen [Cleithrum‘'), Taf. XXVI, Fig. 3], ohne dass jedoch im Muskel selbst eine Trennung, entsprechend der Verschiedenartigkeit der Ursprungs- stellen, zu bemerken wäre. Die höchste Erhebung in dorsaler Richtung liegt da, wo die oberflächliche Ursprungslinie die Grenze zwischen Scapula und Cleithrum schneidet (Taf. XXVI, Fig. 3). Von da aus dacht sich der Muskelursprung lateral- und medialwärts, hier am Knorpel, dort am Knochen ab bis in die Höhe der Ansatzstelle für das Skelet der freien Gliedmaasse (Taf. XXV, Fig. 1), lateral ist dieser Ort durch den knöchernen Randstrahl des äusseren Skelets (Os marginale) und speciell den Beginn des Kapsel- bandes, welches diesen am Schulterdeckknochen befestigt, bestimmt. Die Insertion des dorsal entspringenden Hauptmuskels liegt bei der normalen Stellung der Flosse horizontal. Sie fällt mit den Anfängen der dorsalen knöchernen Strahlen des äusseren Flossenskelets zusammen, an welchen die Muskelfasern mittelst Sehnen befestigt sind. Es liegt dieser Hauptmuskel also an Ursprung, Insertion und in seinem ganzen Verlauf völlig dorsal. Die distale, von Muskelfasern freie und nur vom äusseren Skelet eingenommene Flossenfläche ist an ihrem medialen Rande ein wenig ventral- wärts abgebogen. Dies tritt stärker als in der Normalstellung hervor, wenn man den Schultergürtel aus der Rumpfwand herauslöst und senkrecht hält (in Taf. XXV, Fig. I ist er so abgebildet, wie wenn er in der Ebene des Papiers läge; man übersieht dabei einen grossen Theil der dorsalen Flossenfläche). Doch liegt dies lediglich daran, dass der Schultergürtel bei Acipenser in situ ziemlich schräg zur Sagittalebene des Thieres orientirt ist. Der ventrale Hauptmuskel ist mit seiner oberflächlichen Ursprungslinie an das Coracoid und die Clavicula und mit seiner entsprechenden Insertion an die Anfänge der ventralen knöchernen Flossenstrahlen angeheftet. Den medialen Theil der ersteren sieht man in Fig. 1, Taf. XXV. Die Faserkategorien der Hauptmuskeln. Die speciellere Structur der beiden Hauptmuskeln ist eine complicirte, da verschiedene Faserkategorien unterschieden werden können. Dieselben folgen zwar in einer constanten Reihenfolge auf einander von der Ober- zur Unterfläche der Hauptmuskeln hin (dermo-chondrale Richtung). Doch sind die Uebergänge allmählich, so dass man keine Muskelschichten in Form specialisirter Muskelindividuen unterscheiden kann. Aehnlich ist dies mit der Eintheilung der Hauptmuskeln in medio-lateraler Richtung (Mm. radiales), auf welche ich weiter unten zurückkomme. Es giebt in den Hauptmuskeln Fasern, welche am Schultergürtel entspringen und an den Strahlen des äusseren Skelets inseriren [Mm. zono-keratoidei?)]. Diese finden sich an der ganzen Oberfläche der Mm. pterygiales communes mit Ausnahme des medialen Theiles, welcher der Rumpfwand zugewendet ist. An letzterem kommen Fasern oberflächlich zum Vorschein, welche am Schultergürtel, wie die vorigen, entspringen, aber am Knorpelskelet der freien Flosse inseriren (Mm. zono-pterygiales). Dieselben finden sich innerhalb des eigentlichen Hauptmuskels nur an dieser Stelle, sind aber in den Muskel hinein ein wenig lateralwärts zu verfolgen. Sie bilden dort gegenüber den Mm. zono-keratoidei eine tiefere Schicht. Bei Oberflächenbildern kann man sich übrigens über die topographische Anordnung dieser Muskeln leicht ı) In der Nomenklatur folge ich GEGENBAUR (1898, siehe dort Literatur). 2) Trotzdem bei den Ganoiden keine „Hornfäden‘‘, sondern echte Knochenstäbe das äussere Skelet der Flossen zusammen- setzen, und diese Muskeln deshalb richtiger etwa Mm. zono-dermostoidei benannt werden müssten, behalte ich doch der Einheit- lichkeit der Bezeichnung wegen die bei Selachiern und Dipnoern gebrauchte Benennung bei. Ich gebe derselben den Vorzug, weil diese beiden Gruppen die primitiveren Verhältnisse der Gliedmaassen im Allgemeinen bewahrt haben, ohne dass ich aber dadurch etwas bezüglich der genetischen Beziehungen der Skeletelemente der Haut zu einander präjudiciren möchte. 91 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 203 täuschen lassen. In Fig. ı, Taf. XXV, hat es z. B. den Anschein, als ob ziemlich alle an der medialen Flossenfläche liegenden Muskelfasern am Knorpel inserirten. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr lassen sich die distaleren Muskelbündel bei dem Versuch, sie präparatorisch zu isoliren, sämmtlich bis an die Befestigung am äusseren Skelet und an dessen ganz medial liegende Knochenstrahlen (die in Fig. 2, Taf. XXV, abgebildet sind) verfolgen. Am Knorpel ist eine relativ kleine Insertionszone vorhanden, welche auf den proximalen Theil des Metapterygium beschränkt ist. Am dorsalen Hauptmuskel ist dieselbe ungefähr kreisförmig (in Fig. 2, Taf. XXV, durch schwarze Punktirung umgrenzt). Eine weit stärkere Ausdehnung als die beiden vorerwähnten Kategorien besitzen die Mm. pterygo- keratoidei der Störflosse. Dieselben entspringen nicht nur am Metapterygium überall da, wo keine Insertionen für die vorige Gruppe vorkommen, also am weitaus grössten Theile desselben (Taf. XXV, Fig. 2), sondern in besonders grosser Menge und Dichte an den freien Radien, welche bei den Stören auf das Metapterygium folgen oder direct am Schultergürtel articuliren (vergl. auch Textfigur 17). Bei diesen sind sie nicht auf den Knorpel selbst beschränkt, sondern überall auch an das bindegewebige, straffe Zwischengewebe zwischen den Knorpelradien angeheftet. Auch am Basale propterygii entspringen einige Mm. pterygo-keratoidei. Die Ursprungszone dehnt sich in proximo-distaler Richtung überall so weit aus wie der Contour des Hauptmuskels überhaupt, welcher für den dorsalen in Fig. 2, Taf. XXV, durch die roth punktirte Linie angegeben ist. Sie erreicht also nicht die Endglieder der Radien. Dagegen erstreckt sie sich auch bei den dem Metapterygium angehefteten Radien (und bei den freien Radien selbstverständlich) mit Ausnahme der am meisten medial, in der Verlängerung der Flossenaxe liegenden Knorpelstückchen mindestens auf die proximale Hälfte derselben. An den Radien ist die Musculatur überall in dieser Zone mit ihren Ursprüngen direct am Perichondrium befestigt. Es ist von MOLLIER (1897) besonders hervorgehoben worden, dass in älteren Fig. 17. Längsschnitt durch einen freien Radius fasern zu beiden Seiten des Skelets existirt. Bei ausgebildeten Thieren ist dieselbe der AeuspnsarABsusillosse, . 5 G Schultergürtel (längs jedoch in schmale Bündel abgetheilt, welche ich auch hier Musculi radiales nennen getroffen), R Radius mit $ R : : z £ distalen Quergliedern will. Man sieht dieselben auf dem Oberflächenbild (Taf. XXV, Fig. 1; Taf. XXVI, RER 2 a contrahirter Haupt- Fig. 3), ebenso an der Unterfläche des Hauptmuskels (Taf. XXV, Fig. 3), findet jedoch a mit ei Be H . FOR: . & 5 r 5 und pterygo-keratoldeil bei der Verfolgung ins Innere Schwierigkeiten bei dem Versuch, die einzelnen Radial- 5 Knochenstrahl. Entwickelungsstadien der Störbrustflosse eine gleichmässige Schicht von Muskel- muskeln isolirt abzugrenzen. Dieselben bestehen einmal darin, dass die Muskeln sehr schräg zur Fläche des Knorpelskelets stehen, indem ihr äusserer (dermaler) Rand weit mehr lateral liegt als ihr unterer (chondraler) Rand. Sie sind in Folge dessen viel breiter, als man bei der geringen Dicke der Hauptmuskeln erwarten sollte. Ausserdem aber bestehen wirkliche Zusammenhänge einzelner Muskelfasern benachbarter Radialmuskeln untereinander und zwar bei allen Radialmuskeln an den ver- schiedensten Stellen. Das ist ein Rest der embryologisch gleichmässigen Verbindung aller Muskel- fasern mit einander. Die Zahl der Radialmuskeln ist weit beträchtlicher als diejenige der Knorpelradien (Taf. XXV, Fig. 3), ihre Anordnung zu letzteren im Allgemeinen so, dass die Muskeln dem Verlaufe der Knorpel- strahlen folgen. Doch ist genaue Uebereinstimmung nirgends vorhanden, vor allem bestehen am Meta- und Propterygium beträchtliche Schrägstellungen zwischen den Längsaxen der Knorpeltheile und Muskel- 12 * 27 * 204 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 92 bündel. Die Breite und Zahl der Musc. radiales entspricht dagegen derjenigen der Knochenstrahlen ziemlich genau, wie schon BRUTZER (1859, p. 28)!) fand. Der innere Bau der Mm. radiales ist ein gefiederter. Zahlreiche vom Knorpel entspringende Muskelfasern vereinigen sich mit einer Anzahl vom Schultergürtel kommender Fasern zu einer Zwischen- sehne. Diese liegt aber nur eine kurze Strecke lang wirklich zwischen beiden Faserkategorien, tritt dann auf die Oberfläche des M. radialis und dient nunmehr zur Insertion der Mm. pterygo-keratoidei (in Textfigur 17 halb schematisch abgebildet). Die überwiegende Zahl der letzteren gegenüber den Mm. zono-keratoidei bei der Zusammensetzung, der Mm. radiales fällt besonders auf und stempelt den distalen Theil der letzteren zu einfach gefiederten Muskeln im Unterschied zu dem doppelt gefiederten proximalen Theil. Die Musculatur des knöchernen Randstrahles. Die Hauptmuskeln, welche ich bisher beschrieb, machen aber nur etwa die Hälfte der Muskel- substanz aus, welche sich auf der freien Flosse findet. BRUTZER (1859, p. 28) bemerkt, dass bei der ventralen Musculatur des Scaphirhynchus ein grosser Theil durch den Knorpelkanal zum Capitulum des ersten Knochen- strahles verlaufe. Ich finde bei der Acipenser-Flosse dorsal (roth ausgezeichnet, Taf. XXV, Fig. 2) und ventral (Taf. XXV, Fig. 3) Muskeln, welche speciell dazu dienen, den starken lateralen Knochenstrahl der Extremität (Os marginale) in Bewegung zu setzen. Beim dorsalen Hauptmuskel setzen sich die am meisten lateral, auf dem Propterygium liegenden Radialmuskeln mit ihren Ursprüngen am Schultergürtel in den weiten dorsalen, von GEGENBAUR (1865) bereits genauer beschriebenen Knorpelkanal fort und gelangen durch diesen an das Cleithrum am vorderen (cranialen) Rande des Schultergürtels. Diese Muskelpartie ist auf Taf. XXV, Fig. 2 durch rothe Punktirung (rechts von dem mit M. add. oss. marg. bezeichneten Muskel) umgrenzt; in Fig. ı liegt ihr Anfang am Cleithrum unter den Nervenstämmen a(1) bis c(3) oberflächlich vor. Im letzteren Bild ist deutlich von ihr eine andere, als M. add. oss. marg. bezeichnete Muskelgruppe getrennt, welche gleichfalls in den Knorpelkanal des Schultergürtels eintritt. Die Trennung ist jedoch nur eine oberflächliche. In der Tiefe hängen beide Muskeln zusammen. Eine durchgehende Scheidung bahnt sich erst beim Verlauf durch den Knorpelkanal an und ist an der Insertion vollendet. Denn die in Fig. 2, Taf. XXV, detaillirt gezeichneten Muskelfasern begeben sich sämmtlich an den Knorpel (Mm. zono-pterygiales) und inseriren am proximalen Theile des Basale propterygii?2), während die übrigen, in Fig. 2 nur durch den Contour angegebenen Fasern an den Knochenstrahlen inseriren (Mm. zono-keratoidei). Da der Zusammenhang der Muskelfasern beider Gruppen am Ursprung und im größten Theile des Verlaufes noch stellenweise (nämlich in der Tiefe) besteht und nur an der Insertion völlige Trennung ein- getreten ist, geht schon aus dem Muskelbefund mit Wahrscheinlichkeit hervor, dass hier eine specialisirte Weiterentwickelung der Mm. zono-pterygiales zu einem, wenn auch nicht ganz, so doch fast voll- ständigen Muskelindividuum vorliegt, welches am Basale propterygii mit seiner Insertion angreift. Ich nenne diesen Muskel M. adductor ossis marginalis. Das Basale propterygii wird nämlich vom lateralen Knochenstrahl an seiner Spitze völlig und an seiner Basis wenigstens am lateralen Rande scheidenförmig umschlossen (Taf. XXV, Fig. 2). Bewegungen, zu welchen der Knorpel veranlasst wird, müssen sich deshalb auf den Randknochen übertragen. Der Musc. ı) Die Vereinigung derselben zu grösseren Fascikeln, welche bei Seaphörhynchus den Knorpelradien an Zahl nach BRUTZER entsprechen, sah ich nicht. - 2) Dieses trägt bei Ae. ruthenus einen Radius (siehe Taf. XXV, Fig. 2), wie das von GEGENBAUR abgebildete Exemplar von Polyodon folium (1865, Taf. VIII, Fig. 4). 93 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 205 add. oss. marg. wird seiner Lage nach so wirken, dass er das Basale propterygii in der Richtung seiner Axe auf den Schultergürtel hin zu bewegen versucht. Da aber eine solche Bewegung durch die Lage der Knorpelstrahlen zu einander und ihre Befestigung mit einander verhindert wird, so kann sich die Wirkung nur darin äussern, dass die Axe des Basale propterygii von unserem Muskel in einer der Axe der freien Radien parallelen Stellung erhalten oder nach Verlust derselben wieder in eine solche zurückgeführt wird. Für den knöchernen Randstrahl bedeutet diese Action eine Adduction seiner Spitze gegen den Rumpf hin, vorausgesetzt, dass dieselbe durch eine andere, gleich zu erwähnende Muskelwirkung vorher vom Rumpfe weg bewegt und in Abductionsstellung versetzt war. Während der Adductor oss. marg. im Vergleich zum dorsalen Hauptmuskel mehr zurücksteht, überwiegt gegenüber dem ventralen Hauptmuskel ein Muskel, welcher in Fig. ı und 3, Taf. XXV, als M. abd. oss. marg. bezeichnet ist. Derselbe ist an Ausdehnung nur wenig, an Masse jedoch erheblich grösser als der ventrale Hauptmuskel, da er beträchtlich dicker als letzterer ist. Er füllt mit seiner Ursprungspartie völlig den Anfang des ventralen weiten Knorpelkanales des Schultergürtels aus. Nur gegen die Mündung des Kanales (an der freien Gliedmaasse) hin theilt die Muskelmasse den Raum mit einer anderen, nämlich dem lateralen Theile des ventralen Hauptmuskels, welcher hier von der Clavicula entspringt (Taf. XXV, Fig. 3). Die Ursprünge des M. abd. oss. marg. sind ebenfalls an der Clavicula, nur weiter cranialwärts angeheftet, ferner an den Wandungen des ventralen Knorpelkanales und schliesslich an einer derben Fascie, welche letzteren cranialwärts an seinem Anfang bedeckt. Die beiden letzteren Gruppen sind in Fig. 3, die erstere auch in Fig. ı, Taf. XXV, durchschnitten, da die Fascie (in beiden Präparaten) und ausserdem noch der Knorpel (in Fig. 3) bei der Präparation entfernt wurden. Nur am Ursprung des lateralen Theiles des Hauptmuskels und des M. abd. oss. marg. an der Clavicula besteht ein Zusammenhang der Muskelfasern beider, welcher aber auch nur inmitten der Muskeln, nicht an ihrer Ober- und Unterfläche beobachtet wurde. Im ganzen übrigen Verlauf und an der Insertion sind beide Muskeln völlig getrennt (Fig. 3). Der M. abd. oss. marg. begiebt sich an den proximalen Theil des knöchernen Randstrahles und befestigt sich hier innen an der Wand der scheidenförmigen Aushöhlung desselben, welche das Propterygium umfasst. Ich nenne diesen Muskel Musc. abductor ossis marginalis, weil er die Basis des knöchernen Randstrahles um das Propterygium als Stützpunkt gegen den Körper des Thieres hin zu bewegen, also die Spitze des Randstrahles vom Körper weg in Abductionsstellung zu bringen vermag. Da der Randstrahl mit dem übrigen Knochenskelet der freien Gliedmaasse durch Bindegewebe fest verbunden ist, wird sich diese Bewegung darin äussern, dass die Flossenfläche ausgebreitet wird und durch ihre Entfaltung in der Fläche eine weit grössere Wirkung auf das Wasser als im ungespreizten Zustand erlangt. Es erklärt sich aus dieser, gewiss sehr wichtigen Function die mächtige Entwickelung des randständigen Knochenstrahles und seiner Musculatur. Ueber die Zugehörigkeit des M. abd. oss. marg. zum ventralen Hauptmuskel wird erst die Inner- vation vollen Aufschluss geben. ß) Neurologie. Die Neurologie der Brustflosse der Knorpelganoiden hat nur insofern in der vorliegenden Literatur Berücksichtigung gefunden, als die Zahl und seriale Reihenfolge der betheiligten Nerven bei einigen Exemplaren notirt wurden. Doch sind diese Bemerkungen deshalb wenig brauchbar, weil der Ausgangs- punkt der Zählung in Folge der verschiedenen Auffassung der occipitalen und occipito-spinalen Nerven zu sehr schwankt, als dass die einzelnen Befunde mit einander verglichen werden könnten. FÜRBRINGER 206 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 94 (1897, p. 457) giebt zwar Zahlen, die sich leicht auf die meinigen beziehen lassen), bemerkt aber aus- drücklich, dass seine Zählungen bezüglich des caudalen Theiles des Plexus brachialis auf Genauigkeit keinen Anspruch machen. Er findet bei Acipenser und Polyodon 6—-7 Componenten. STANNIUS (1854, p. 142) und van WIJHE (1882, p. 35) hatten vorher schon für ersteren 6 angegeben. Verschiedene seriale Versorgung, Verschiebung der Extremität. Bei den von mir untersuchten Knorpelganoiden wird die Brustflosse von Aesten folgender Spinalnerven versorgt: Polyodon folium Lac£r. b, e, d, e, 6, 7, 8 Acipenser stellatus PALL. 9,458 Acipenser ruthenus L. ,9,&%cdb®%7 Scaphirhynchus kaufmanni a, b, c, 4, 5, 6, 7, (8) Die Verschiedenartigkeit der serialen Versorgung der hier aufgeführten vorderen Extremitäten ist eine Folge einer bei Ganoiden im Flusse befindlichen Verschiebung der Brustflosse in der Richtung nach dem Schädel zu. Dieselbe ist beim Stör von MoLLIER entwickelungsgeschichtlich demonstrirt worden (1897, p- 37) und wohl grösser, als der Autor selbst vermuthet. Denn nach seinen eigenen Angaben gerathen zwei anfänglich prozonale Nerven in späteren Stadien in den Schultergürtelknorpel hinein. Ausserdem nimmt das ı. definitive Rumpfmetamer nach MoLrLiEr bei der embryonalen Störflosse nicht an der Inner- vation der Brustflosse theil, während dies beim erwachsenen Thiere wohl der Fall ist (FÜRBRINGER, 1897, p- 457, z= a). Die embryonale Verschiebung erstreckt sich demnach für die ganze Flosse über I—2 Metamere. 1) Die Eintheilung und Zählung der spino-occipitalen Nerven macht bei den Ganoiden deshalb bekanntlich grosse Schwierigkeiten, weil die Aufnahme neuer Wirbel (occipito-spinaler Elemente) bei diesen Fischen in vollem Flusse, aber bei den verschiedenen Familien in sehr verschiedenem Maasse ausgebildet ist. FÜRBRINGER, welcher allen diesen Verhältnissen die genauesten und ausgedehntesten, in der Literatur niedergelegten Untersuchungen gewidmet hat (1897, p. 448 u. ff), macht zum entscheidenden Kriterium seiner Eintheilung und Zählung der Nerven einen Befund bei Polyodon, bei welchem eine liga- mentöse Stelle im Schädel als Rest der Cranio-Vertebralgrenze angesprochen wurde. Dieses Argument wird nach ihm unter- stützt durch zwei, früher schon von GEGENBAUR (1887B, p. I2 und 17) angeführte wichtige Beweisgründe, welche dieser einmal in dem spurweise erhaltenen ersten Wirbeldorn und ferner in dem Beginn eines für die Wirbelsäule charakteristischen elastischen Bandes erblickte. Da diese drei charakteristischen Kennzeichen beim Ganoidenschädel manchmal an einer Stelle zusammentreffen, so ist dieselbe allerdings als Wirbelgrenze sicher charakterisirt. Sie kann aber ebensogut die Grenze zwischen zwei ursprünglichen Wirbeln wie diejenige zwischen dem Schädel und dem ersten ursprünglichen Wirbel sein. Denn die Wirbelcharaktere verwischen sich und verschwinden sogar manchmal ganz, wenn die Aufnahme in den Schädel seit langem erfolgt ist. Ich finde nun bei Acipenser ruthenus und Scaphirhynchus kaufmanni bei dem Nerven, welcher nach FÜRBRINGER’S Bezeichnungsweise gleich z zu setzen wäre, eine beim ausgewachsenen Thier gut erhaltene dorsale Wurzel (Taf. XXVI, Fig. 3, Nerv a). Unter den Selachiern würde dieser Befund nur bei heptanchen und hexanchen Squaliden seine Parallele haben, Ausserdem liegt derjenige Somit, welcher nach FÜRBRINGER’s Auffassung (1897, p. 454), mit t zu bezeichnen wäre, nach den Untersuchungen von SEWERTZOFF (1896, p. 22I) in jungen Entwickelungsstadien (Stad. A) mit seiner vorderen Hälfte gerade gegenüber der Vagusanlage. Das ist bei Embryonen pentancher Haie unbekannt. Vielmehr liegt bei diesen t entweder ganz rostralwärts vom Vagus (Pristiurus, VAN WIJHE, 1883), oder nur die hintere Hälfte liegt gegenüber dem letzteren (Spinax, BRAUS, 1899). Es ist wahrscheinlich, dass bei Notidanidenembryonen t noch complet gegenüber oder sogar caudalwärts von der Vagus- anlage zufinden ist, da die spino-occipitalen Somiten in caudo-rostraler Richtung wandern. Auch in diesem Punkt würde also Acipenser nach der Nomenklatur FÜRBRINGER’s primitivere Verhältnisse aufweisen als die embryologisch bekannten pentanchen Haie. Dagegen spricht aber die allgemeine systematische Stellung der Ganoiden zu den Selachiern. Die Bezeichnungsweise FÜRBRINGER’s bei den Ganoiden ist um ein Metamer zu hoch angesetzt. Auch positive Momente, auf welche an anderer Stelle eingegangen werden soll, lassen sich dafür geltend machen. Bei der Schwierigkeit der Verhältnisse bei Ganoiden ist möglicher- weise auch hier eine Rectificirung auf Grund neuer Thatsachen späterhin nothwendig. Der Stand unserer jetzigen Erfahrung scheint mir jedoch diese Correctur nothwendig zu machen. Ich bezeichne daher in der vorliegenden Arbeit die FÜRBRINGER- schen occipitalen Nerven y und z mit z und a (= I) und entsprechend die occipito-spinalen Nerven a mit b, b mit c etc. Hervor- heben möchte ich hier noch, dass SEWERTZOFF (1898, p. 219) bei seinem Einwand gegen die Zählung FÜRBRINGER’s irrthümlicher- weise annimmt, dass die Embryonen pentancher Haie nur drei spino-occipitale Nerven (x, y, z) aufweisen. Hätte er, wie es der Wirklichkeit entspricht (BRAUS, 1899, p. 440 u. f.), fünf (v, w, x, y, z) gezählt, so würde seine Rechnung für Acöpenser- Embryonen (bei welchen er nur den vordersten von diesen als verschwunden bezeichnet), und für den erwachsenen Sterlet mit der meinigen völlig übereinstimmen. Denn ich bezeichne den ersten Nerven bei Acipenser-Embryonen mit w (y bei SEWERTZOFF) und den ersten bei erwachsenen Thieren mit z (b bei SEWERTZOFF; für a existirt nach ihm noch der Knorpelkanal, doch keine Nervenfasern; auch ich fand dieselben [y nach meiner Zählung] bei erwachsenen Fischen nicht). 95 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse, 207 Dadurch wird schon für den Stör die von MorLıer an ihn geknüpfte Meinung widerlegt, der eraniale Rand der Extremitätenanlage sei generell (bei Ganoiden, Selachiern, Reptilien) an das 2. definitive Rumpfmyotom (6. Myotom nach MOLLIER) gebunden, Die ausserordentliche, längst bekannte Variabilität in der serialen Stellung der Extremitäten, auch der vorderen, macht eine ganz andere Basis von Untersuchungsmaterial zur Entscheidung solcher Fragen erforderlich, als sie Entwickelungsserien vereinzelter, aus weit entfernten Thierklassen herausgegriffener Embryonalformen liefern können. Die ontogenetischen Resultate bei Acipenser sturio werden bestätigt und erweitert durch andere Anzeichen von Verschiebung, welche sich an den fertigen Flossen der übrigen Knorpelganoiden finden. Bei Polyodon giebt es drei Löcher im Schultergürtel, von welchen das erste (Ivd) in seinem dorsalen und ventralen Theile von allen Flossenästen der Spinalnerven b und c und von einem Theile der Aeste von d benutzt wird. Das zweite (IIv) enthält den Rest des ventralen Astes von d und einen Theil des gleich- namigen von e, der dritte (IlIv) Kanal endlich den Rest des ventralen Flossenastes von e. Der Rest des dorsalen Astes von d läuft metazonal. Bei Acipenser ruthenus sind zwei dorsale (Id, IId) und zwei ventrale (Iv, IIv) Löcher vorhanden. Das letzte von Polyodon (Illv) ist in Fortfall gekommen; denn alle Flossenäste vom Nerven e verlaufen metazonal. Beim R. pteryg. d ist keine besondere Veränderung eingetreten; denn ein Theil des dorsalen Astes liegt wie bei Polyodon caudal vom Schultergürtel (Taf. XXV, Fig. r). Der Inhalt der vorhandenen beiden serialen Durchbrechungen mit ihren dorsalen und ventralen Löchern ist wiederum gegenüber Polyodon ein wenig im Sinne einer cranialwärts gerichteten Wanderung des Schultergürtels verschoben, indem der zweite ventrale Kanal (Ilv) den ganzen ventralen Ast von d umschliesst, während bei Polyodon noch der vordere Theil dieses Nerven im ersten Kanal (Iv) liest. Der dorsale diazonale Ast von d steckt im zweiten dorsalen Kanal (Ild), nicht im ersten (Ivd) wie bei Polyodon. Im ersten dorso-ventralen Kanal (Ivd) finden sich Aeste von a, b und c gegenüber b, c und d bei Polyodon. Bei Scaphirhynchus kaufmanni sind weitere Veränderungen bei den diazonalen Nerven eingetreten, indem in den beiden dorso-ventralen Löchern (Ivd, IIvd), welche ihrer Zahl!) nach mit den beim Sterlet vor- handenen übereinstimmen, andere seriale Nerven als bei letzterem liegen. Der erste dorso-ventrale Kanal umschliesst die Rr. pterygiales von a und b, während sich beim Sterlet solche von a, b und e fanden; der zweite Kanal beherbergt den vorderen Theil der Flossenäste von e gegenüber denjenigen von d beim Acipenser. Bei Scaphirhynchus ist der Schultergürtel nach diesen Befunden um nicht ganz drei Metamere weiter cranialwärts als bei Polyodon verschoben. Acipenser ruthenus steht zwischen beiden etwa in der Mitte. Ein weiteres Merkmal der rostralen Verschiebung ist das constante Vorkommen eines Plexus omopterygialis posterior. Derselbe besteht aus den 2 oder 3 letzten serialen Flossenästen. Dieselben vereinigen sich ausserhalb der Bauchwand zu einem Nervenstämmchen, welches eine Strecke weit unter der Haut rostralwärts verläuft, ehe es die Extremität erreicht (Taf. XXVI, Fig. 3). Die einzelnen Aestchen sind manchmal ungemein fein und deshalb häufig von den älteren Autoren übersehen worden. Auch ich konnte bei Scaphirhynchus nicht mit Sicherheit feststellen, ob in den Plexus posterior noch ein Aestchen vom 8. Spinalnerv eintritt, oder ob er mit dem 7. Spinalnerven abschliesst. Ersteres ist mir aber nach meinen Präparaten wahrscheinlicher. 1) Iwanzow (1887, p. 26) beschreibt bei seinem Exemplar (Species?) ausser Ivd (nach meiner Nomenklatur vergl. 1898 A, p- 270) noch vier kleine Kanälchen, aber nicht deren Einschlüsse. Es scheinen seinen Angaben nach IIv, IIIv, IId und vielleicht IITfd zu sein. Möglicher Weise ist das eine primitivere Variante als in meinem Exemplare. Doch wäre zur Entscheidung die Kenntniss der diazonalen Nerven erforderlich. 208 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 96 Der Plexus omopterygialis anterior ist bei Acipenseriden wenig entwickelt und ist bei Acipenser ruthenus um ein Metamer gegenüber Polyodon nach vorn verschoben. Er besteht aus Aesten von a, b und c (Taf. XXVI, Fig. 3) gegenüber b, c, d bei letzterem. Schliesslich sind die Innervationsverhältnisse der Bauch- und Halsmusculatur Zeugen einer Extremitätenwanderung nach vorn. Beim Plexus cervicalis zeigte bereits FÜRBRINGER (1807, pP. 457), dass bei Polyodon eine Betheiligung von drei Nerven (nach meiner Bezeichnung z, a, b), bei Acipenser sturio nur eine solche von zweien (z, a) statthat. Wie der Stör verhalten sich auch Acipenser ruthenus und Scaphirhynchus kaufmanni. Der erste metazonale ventrale Nervenast, also einer von den- jenigen, welche die Bauchmusculatur zu versorgen haben, stammt bei Polyodon vom Spinalnerven c, bei Acipenser ruthenus (Taf. XXVI, Fig. 3) und Scaphirhynchus vom Nerven b. Plexus omopterygialis distalis. Der Nervenverlauf in der freien Brustflosse ist für den Sterlet an der Hand der Ab- bildungen auf Taf. XXV leicht zu erkennen. Ehe die Flossennerven in die Musculatur der Extremität eintreten, bilden sie sehr fein ramificirte Plexusbildungen. Diese gehören schon zum Plexus pterygialis distalis. Sie sind namentlich am dorsalen Hauptmuskel schön entwickelt (Fig. I); am ventralen Musc. pterygialis communis ist ein stärkerer Zusammenschluss dieser Nerven zu einem mehr einheitlichen Nervenstämmchen erfolgt, welches der Längsaxe des Basale metapterygii folgt. Diese Geflechte bezeichne ich als Plexus postaxialis. Dringt man zwischen Skelet und Hauptmuskel ein, so findet man ein dichtes Geflecht von Nerven (Fig. 2 dorsaler Plexus), dessen stärkste und hauptsächlichste Verbindungen am präaxialen Rande des Basale metapterygii und an der Basis der freien Strahlen, zum Theil noch auf dem Boden des Muskel- kanales im Schultergürtel liegen. Dasselbe ist auf beiden Seiten des Flossenskelets sehr ähnlich entwickelt. (In Textfigur 18 sind die Hauptnervenstämme der ventralen Seite nach dem Präparat eingezeichnet.) Ich nenne diesen Plexus wegen seiner Lage präaxiales Geflecht. Von ihm aus dringen theils Nervenästchen direct in die Musculatur ein und verästeln und verbinden sich in dieser in reichem Maasse (theilweise mit punktirten Linien in Fig. 2 angegeben). Andere verlaufen noch eine Strecke lang auf dem Skelet in der Richtung der Radien und geben auf diesem Wege Aeste an die Musculatur ab. Unter letzteren befinden sich besonders starke Hautäste, welche sich über die distale Grenze der Flossenmusculatur hinaus an die knöchernen Strahlen und von hier zur Haut begeben. Auf der ventralen Flossenfläche ist ein besonders starker derartiger Hautast in das Basale propterygii eingebettet. Er benutzt einen Kanal, welcher den Knorpel der Länge nach durchzieht, und gelangt zwischen dem End- stück des Propterygium und dem Seitenradius desselben in die pulpaartige Höhle des Randstrahles, um weiter distal diesen und die Haut zu versorgen (Fig. 3). Die Nerven, welche den Musc. adduct. oss. marg. versorgen, entstammen zum grössten Theil dem R. pteryg. dors. des Spinalnerven b(2) (Fig. 2). Der vorderste Theil erhält einige Fädchen von a. Ueberall bestehen innerhalb des Muskels enge, maschenartige Nervenverbindungen zwischen den Ausläufern der einzelnen Nervenästchen. Dieselben hängen continuirlich mit den Geflechten im M. pteryg. communis zusammen (speciell mit den Aesten von c, Fig. 2). Auch bei dem ventralen Musc. abductor oss. marg. bestehen enge Verbindungen zwischen den Nerven desselben, welche hauptsächlich von c herkommen, aber auch einen feinen Zweig von a+ b besitzen (Fig. 3), und den Nerven des ventralen Hauptmuskels. Die laterale Partie des letzteren erhält zahlreiche Aeste desselben Nerven c, welcher auch den M. adduct. versorgt. Die Trennung, welche bei den Muskeln fast vollzogen ist, hat also bei den sie versorgenden Nerven noch nicht Platz gegriffen. 97 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 209 Die Vertheilung der serialen Nerven an die Brustflosse des Sterlets ist, im Allgemeinen genommen, also eine derartige, dass, wie bei Selachiern, der laterale Rand präaxial, der mediale postaxial liegt. Die Museuli radiales sind polyneure Gebilde. 2. Crossopterygier. «e) Myologie. Die Musculatur der Brustflosse von Polypterus bichir ist von POLLARD (1892) und KLAATSCH (1896) beschrieben worden. Ich ziehe es vor, die Angaben derselben im Verlauf meiner Darstellung zu erwähnen, anstatt hier schon auf dieselben einzugehen. Denn die Mittheilungen von PoLLarD sind klar und einfach, aber so kurz, dass sie allenthalben ein tieferes Eindringen in den Gegenstand nöthig machen. KLAATSCH hat dies versucht, aber eine Reihe, die Angaben PoLLAarp’s zum Theil modificirender Untersuchungen ver- öffentlicht, welche den Gegenstand sehr compliciren, ohne dass sie den Thatsachen, wie ich glaube, immer ganz gerecht werden. Ich werde dies durch kritische Zusätze zu meiner Darstellung nachzuweisen suchen. Die Brustflosse des Polypterus steht so zum Rumpf, dass man eine dem Rumpf anliegende (mediale) Fläche von einer von demselben abgewendeten (lateralen) Fläche unterscheiden kann. Muskelfaserkategorien. In den Muskeln auf beiden Seiten des inneren Flossenskelets finden sich Musculi zono- keratoidei!), pterygo-keratoidei!) und zono-pterygiales. Die Mm. zono-keratoidei entspringen am Schultergürtel dicht neben dem Gelenk für das Skelet der freien Flosse und bedecken die ganze Oberfläche auf beiden Seiten der Extremität. Sie finden sich sowohl über den beiden Marginalia („Meta- und Propterygium‘ nach der früheren Bezeichnung GEGEN- BAUR’s), wie auch über der Cartilago centralis (,„Mesopterygium‘“). Ihre distalen Enden sind an Sehnen befestigt, vermittelst welcher sie sich an den Knochenstrahlen des äusseren Skelets anheften. Viel zahlreicher und mächtiger sind die Mm. pterygo-keratoidei, welche auch hier unter der vorigen Kategorie liegen, aber sich in innigem Connex mit ihnen befinden (Taf. XXVI, Fig. ıB und C). Sie entspringen von beiden Marginalia und der Cartilago centralis, finden sich also auch beiderseits auf der ganzen Flossenoberfläche. Nur ist bei den Marginalia der proximale Theil frei von Ursprüngen (Fig. I C). Bei der Cartilago centralis schliessen sich die Fasern so unmittelbar an die Mm. zono-keratoidei an, als ob kein Schultergelenk bestände (Fig. ıB). Distalwärts erstrecken sich die Ursprünge so weit, wie die Musculatur überhaupt reicht (siehe Taf. XXVI, Fig. 1A, rot punktirte Linie). Sie reichen also bis auf die Endstücke der Marginalia und die knöchernen Endradien der Cartilago centralis. Sie stehen namentlich auf den letzteren sehr dicht und nehmen auch die Zwischenräume zwischen den Skelettheilen ein. In diesen sind sie an straffem Bindegewebe befestigt, welches die Knochenstäbchen mit einander zu einer Platte verbindet. Die Mm. zono-pterygiales finden sich nur an den seitlichen Rändern der Muskelplatten auf beiden Seiten der Flosse. Sie entspringen zusammen mit den Mm. zono-keratoidei am Knorpel des Schultergürtels?2) und liegen an manchen Stellen unter diesen (Fig. ıC), an anderen aber an der Oberfläche der Musculatur. An der Cartilago centralis fehlen dieselben völlig. Die am Marginale prae- axiale inserirenden Muskeln sind auf der äusseren Flossenfläche zu einem ziemlich selbständigen Muskel I) Siehe Anm. 2 p. 202. | { ' 5 2) In Fig. IA ist die verknöcherte Partie des primären Schültergürtels (Coracoid-Scapula) nicht eingetragen. In Wirk- lichkeit war der Knorpel mit einer sehr feinen Knochenschale bedeckt und nur die kleine, distal vom Foramen zonale befindliche Partie incl. des Gelenkes rein knorpelig. Diese dient den meisten Muskeln der Flosse zum Ursprung. Jenaische Denkschriften. IV. 13 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 23 210 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 98 entfaltet, welcher mit breiter Basis am Schultergürtel entspringt und oberflächlich liegt (Fig. ID M.aba.). Noch mächtiger und selbständiger ist die entsprechende Muskelkategorie auf der inneren Flossenfläche entwickelt, indem dicht gedrängte Bündel von Mm. zono-pterygiales als ein geschlossener Muskel vom Cleithrum entspringen (Fig. Iı und 2 M.lev.; in Fig. I ist der Muskelursprung mit einer rot punktirten Linie umgrenzt, der Muskel selbst bei Seite geschoben). Die am Marginale postaxiale inserirenden Muskeln sind auf der Aussenseite besonders mächtig entfaltet (Fig. ID M.depr.) und reichen mit ihren Ursprüngen auf die mediale Flossenfläche, so dass scheinbar dieser Theil des Muskels zur medialen Muskelplatte gehört (Fig. 2 M.depr.). Die Innervation zeigt aber, dass dies nicht der Fall ist. Am geringsten ist der Bestand von Mm. zono-pterygiales an der entsprechenden Stelle der medialen Flossenfläche. Dieselben liegen unter den Mm. zono-keratoidei und inseriren nur an der proximalen Hälfte des Knochens (Fig. IC). Allgemeines über Muskelindividuen und die Hauptmuskeln. Mm. radiales sind zwar bei der Polypterus-Flosse vorhanden (Taf. XXVI, Fig. ID und E, Fig. 2) und entsprechen, wie bei Acipenser, in ihrer Breite den Knochenstrahlen des äusseren Skelets. Aber sie sind noch weniger selbständig als beim Sterlet. Die Grenzen zwischen den einzelnen, welche an der Oberfläche schon nicht regelmässig durchverfolgt werden können, verschwinden im Innern der Muskelplatten und an der Unterfläche. Dagegen sind an der Polypterus-Flosse andere Muskelindividuen entwickelt, welche zwar nicht alle ganz selbständig sind, aber doch eine so hohe Sonderung besitzen wie bei keinem der bisher beschriebenen Fische. Ihre Beschreibung nahm in Folge dessen das Hauptinteresse der früheren Autoren in Anspruch, und die von mir oben angeführten Muskelkategorien erscheinen in ihrer Schilderung bald als Theile dieser Muskelindividuen, bald sind sie mit solchen identisch, je nachdem ein Muskel sich aus Fasern bloss einer Kategorie oder aus solchen mehrerer entwickelt hat. Ich hoffe dadurch, dass ich diese Muskelindividuen in ihrer genetischen Beziehung zu den Hauptmuskeln und deren oben geschilderten Muskelkategorien darstelle, das Wesentliche besser hervorheben zu können. Sowohl auf der Aussen- wie Innenseite der Flosse liegt ein Hauptmuskel, M. pterygialis communis, vergleichbar demjenigen der Acipenseriden. Seine Ursprungslinie am Schultergürtel ist aber kurz im Verhältniss zur distalen Ausbreitung an der Flosse (siehe besonders den medialen Muskel, Fig. 2, zu dessen eigentlicher Ursprungslinie die kurze Strecke vom Eintritt des Plexus omopt. ant. [b, 5] bis zu dem- jenigen des Plexus post. [5, 6, 7] dient). Dafür findet sich bei beiden Hauptmuskeln eine Zwischensehne, welche am Schultergürtel entspringt und durch den grössten Theil der Hauptmuskeln distalwärts verläuft (Fig. ıE und 2). An ihr entspringen beiderseits Muskelfasern, welche grösstentheils zu den Mm. zono- keratoidei gehören, aber am Schultergürtel selbst nicht genügend Platz zur Anheftung finden. Ausserdem finden aber auch tiefe, zu den Mm. pterygo-keratoidei der Cartilago centralis zu rechnende Muskelfasern an ihnen Befestigung für ihre Ursprünge. Denn die Cartilago centralis ist, wie schon GEGENBAUR angab (1865), nicht mehr in directem Zusammenhang mit dem Schultergürtel. Bei meinem Exemplar reicht sie oberflächlich kaum bis an die proximalen Epiphysen der Marginalia (Fig. 1), in der Tiefe jedoch über deren Grenzen hinaus, ohne allerdings den Schultergürtel ganz zu erreichen. Die Inscriptio tendinea bildet hier die Brücke zwischen den Knorpeln und bietet den Mm. pterygo-keratoidei Ursprung, welche durch die Reduction des Knorpels (GEGENBAUR, 1865, KLAATSCH, 1896) an dieser Stelle andere Befestigungspunkte suchen mussten. Die Hauptmuskeln sind also doppelt gefiederte Muskeln. KLAATSCH (I896, p. 299 und 301) hat den Zwischensehnen eine ganz besondere Bedeutung beigemessen und sie als beherrschendes Merkmal der Muskelanordnung betrachtet. Aber selbst nach seiner Darstellung 99 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse, 2II ist das bei dem medialen Muskel nicht der Fall. Seine Beschreibung ist völlig richtig und stimmt mit meiner Darstellung überein, da auch er die Inscriptio als Längsstrang schildert, welcher lediglich den Ursprüngen der Muskelfasern zum Ansatz dient. Derartige Sehnen sind so verbreitete und unwesentliche Erscheinungen in der Vertebratenmyologie (auch bei den Extremitäten der niederen Fische, z. B. bei Selachiern, p. 177), dass ihnen gewiss keine besondere Bedeutung zukommt, Anders sollen jedoch die anatomischen Verhältnisse nach KraatscH bei der Inscriptio des lateralen Hauptmuskels liegen. Diese sondert nach ihm die Musculatur in einen proximalen und distalen Theil, indem sie, freilich mit mannigfachen Variationen bei den verschiedenen Individuen (l. c. p. 299), in „querer Richtung“ über die Flosse verläuft und einem Theil der proximalen Musculatur zur Insertion dient (M. zono-septalis, KLaATscH). Die distalen Muskeln nehmen, wie alle Muskeln der medialen Fläche, an der Zwischensehne ihren Ursprung. Ich finde jedoch keine so starke Abweichung der Muskelanordnung des lateralen Hauptmuskels von derjenigen des medialen. Sieht man zunächst von der oberflächlichen proximalen Musculatur (Fig. 1 D M. abd.) ab und betrachtet nach Wegnahme dieser Schicht den Hauptmuskel (Fig. ıE), so ist die Zwischensehne ganz ähnlich wie beim medialen Muskel ein Längsband, welches am Schultergürtel entspringt und haupt- sächlich den Mm. zono-keratoidei, in der Tiefe aber auch den Mm. pterygo-keratoidei Ursprung gewährt. Eine Sonderung des Hauptmuskels in einen proximalen und distalen Theil ist in dieser Schicht nicht vorhanden. Das kommt in der Beschreibung von KLAATSCH nicht zum Ausdruck. Die oberflächliche proximale Schicht (Fig. ID M.abd.) ist nun ein verhältnissmässig selbständiges Muskelindividuum; denn sie ist in ihrer ventralen Partie völlig isolirt von der tiefen Schicht. Weiter dorsalwärts, gegen den Rand des Marginale praeaxiale hin, besteht aber ein Zusammenhang mit der tiefen Schicht, welcher am Rande selbst bis zur völligen Verschmelzung führt. Ich will vorweg bemerken, dass an dieser Stelle sich von den Nerven der tiefen Schicht der selbständige Nervenast des oberfläch- lichen Muskels ablöst und quer zur Längsaxe der Flosse durch die Muskelsubstanz des letzteren bis in seinen selbständigen Theil verfolgt werden kann (Fig. ıD, punktirt angegeben). Ich betrachte deshalb diesen Muskel als eine Differenzirung der dorsalen Partie der tiefen Schicht; derselbe hat sich von seinem Entstehungsort aus über die tiefe Musculatur mit seinen Fasern ventralwärts vorgeschoben und auf diese Weise den ventralen Rand der Flosse mit seinem Ursprung erreicht. Nach seiner hauptsächlichsten Function nenne ich ihn Musc. protractor!) und werde noch näher weiter unten auf ihn eingehen. KLAATSCH unterscheidet an diesem Muskel, der für seine theoretischen Speculationen besondere Wichtigkeit hat und deshalb unser ganzes Interesse beansprucht, einen Theil, den er nach Ursprung und Insertion M. coraco-septalis bezeichnet, und einen, welchen er nach denselben Merkmalen M. zono- propterygialis lateralis benennt (l. c. p. 299). Der von KLAATscH für den Muskel vorgeschlagene Gesammtname (M. zono-septalis) bezieht sich also nur auf die Eigenschaften eines Theiles der Muskelmasse. Denn der M. zono-propterygialis lateralis inserirt nicht am Septum, sondern am Marginale praeaxiale („Propterygium“). Es bleibt für die besondere Bedeutung des M. protractor nur das Merkmal nach KraAtsch’s eigener Darstellung übrig, dass die ventralen Fasern desselben am Coracoid entspringen und an der Zwischensehne inseriren (M. coraco-septalis, KraatscH). Die Genese des Muskels entkleidet jedoch dieses Merkmal jeder besonderen Bedeutung. Denn r) In den Figuren der Taf. XXVI ist der Musc. protractor mit M. abd., der Musc. retractor (s. p. 212) mit M. add. bezeichnet. Ich änderte die Bezeichnung der Muskeln, als die Tafel bereits gedruckt war, und bitte diese leicht zu Verwechselungen Anlass gebenden Hinweise zu corrigiren. — Die Namen M. pro- und retractor finden sich bereits bei POLLARD, aber als Synonyme für M. extensor und flexor, d. h. für die Hauptmuskeln in toto. Ich lasse diesen nur die letztere Bezeichnung (p. 153 Anm.) und reservire jene (Pro- und Retractor) für die aus ihnen hervorgehenden Muskelindividuen. 13* 23* 212 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 100 da die Fasern desselben dorsal vom Septum mit denjenigen der tiefen Schicht noch verschmolzen sind, so ist es verständlich, dass die Inscriptio des Hauptmuskels sich noch eine Strecke weit in den von ihm entstandenen Protractor fortsetzt und dadurch bei diesem eine partielle Quergliederung hervorruft. Der- artige Verlagerungen der Zwischensehnen zum Verlauf der Muskelfasern bei Verschiebungen der einen oder anderen sind etwas sehr Gewöhnliches in der Myologie. Ich erinnere beispielsweise an die Fälle, welche SEYDEL (1891) für die Bauchmusculatur der Säuger zusammengestellt hat. Hier findet hauptsächlich der umgekehrte Process statt, indem die Muskelfasern durch Aenderung ihres Verlaufes in die Richtung der Inscriptionen gerathen und dadurch ihrer Quergliederung verlustig gehen. Es scheint mir deshalb auch in Fällen, in welchen die Inscriptio des M. protractor oberflächlich sich weiter ausdehnt und schräg oder gar quer!) verläuft, wie KLaaTscH dies beschreibt und abbildet (Taf. XI, Fig. 5), nur eine Anpassung an den (gegenüber der tiefen Schicht) veränderten Faserverlauf des M. protractor vorzuliegen, welcher in diesen Fällen nicht nur den dorsalen Flossenrand, sondern auch die Flossenmitte durch Vermittelung des Septums als Angriffspunkt bei seiner Function benutzt. Das thut aber der Längs- richtung des tiefen Theiles der Inscriptio zum Skelet keinen Abbruch. Prüfen wir jetzt zunächst, welche Beziehungen der mediale Hauptmuskel mit den Hauptmuskeln der Sterletflosse gemein hat, und welche Muskelindividuen aus ihm neu entstanden sind. Der dorso-mediale Hauptmuskel und seine Muskelindividuen. Der mediale Hauptmuskel entspringt am Schultergürtelknorpel, und zwar medial von dem Schulter- gelenk, und strahlt von hier aus divergirend auf die Flossenfläche aus. Es ist jedoch nicht die ganze mediale Fläche von diesem Hauptmuskel eingenommen. Vielmehr ist ventral ein Stück der lateralen Musculatur zu sehen (Taf. XXVI, Fig. 2 M. depr.), dessen Zugehörigkeit zu dieser durch die Innervation bewiesen wird. Die Grenze zwischen beiden Muskeln ist an einer Furche kenntlich, in welcher ein. Nervenast vom Plexus omopter. post. distalwärts verläuft. Die Lage des medialen Hauptmuskels ist demnach keine rein mediale in Bezug auf die laterale Musculatur. Letztere reicht vielmehr etwas weiter ventralwärts. Man kann deshalb wohl von einer ventro-lateralen und dorso- medialen Musculatur der Brustflosse sprechen, zumal die letztere von den beiden noch eine dorsale Fortsetzung besitzt, welche diese Bezeichnung rechtfertigt. Zunächst fällt an dem dorso-medialen Hauptmuskel ein abgegrenztes Muskelbündel auf, welches dessen ventralen Theil einnimmt und zwar von der Zwischensehne bis zum Rande des Muskels reicht. Ich nenne diesen schmalen, parallelfaserigen Muskelbauch M. retractor (s. p. 2II Anm. I). Derselbe besteht wie der übrige Hauptmuskel aus Mm. zono- und pterygo-keratoidei, enthält aber ausserdem alle Mm. zono- pterygiales, welche am Marginale postaxiale inseriren. Diese Kategorie fehlt den auf dem Flossenknorpel liegenden Radialmuskeln. Es ist wohl dieser Bestandtheil, welcher den M. retract. selbständiger als die letzteren gemacht und in seiner Lage und Form an das Marginale gebunden hat. Der Musc. retractor ist das am wenigsten selbständige Muskelindividuum der Brustflosse. Er hat seiner Lage und Befestigung nach die Wirkung, die Extremität dem Rumpfe zu nähern, und wirkt dadurch als Antagonist des Protractor (p. 211). Da er aber wesentlich das Marginale postaxiale auf den Bauch zu bewegt, so kann er auch die Wirkung des Protractor auf das Marginale praeaxiale unterstützen. Durch diesen Synergismus wird eine Rotation im Schultergelenk (Pronationsbewegung der Flosse) zu Stande kommen. ı) Bei meinem Exemplar war der Verlauf nach Entfernung aller Fascien ein deutlich längsgerichteter (Fig. I D). IoI Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 213 Eine selbständigere Abspaltung des medialen Hauptmuskels ist der von PoLLARD (1892, P- 414) bereits als isolirter, aber ursprünglich zu ihm gehörender Muskel aufgeführte Musc. levator!). Er entspringt am Scapulartheil des primären Schultergürtels und reicht ziemlich weit am Cleithrum in die Höhe (Taf. XXVI, Fig. ı und 2). Er besteht nur aus zono-pterygialen Fasern, ist also eine selbständige Differenzirung nur einer Faserkategorie am dorsalen Flossenrand. Die Insertion des Muskels ist sehnig und in Form einer breiten Aponeurose längs des ganzen Randes des Propterygium befestigt (Fig. ) Bedeckt wird dieselbe oberflächlich vom medialen Hauptmuskel, dessen Contour in Fig. I durch die roth punktirte Linie angegeben ist. Am distalen Theile der Aponeurose findet sich das von WIEDERSHEIM entdeckte Knorpelstückchen, welches dem äusseren Rande des Marginale praeaxiale anliegt. Man kann sagen, dass die Aponeurose des M. levator an diesem Knorpel inserir. Da KraartscH auch Fasern der dorsalen Musculatur an diesen Knorpel sich begeben sah (was ihn veranlasst, ihn geradezu zu seinem Musc. zono- propterygialis zu rechnen), so ist das Verhältniss dieses Knorpelstückchens zur Musculatur wohl dasselbe wie dasjenige des inneren Skelets überhaupt, d. h. auf beiden Seiten liegen Sehnen, die Muskeln vertreten. Ich halte deshalb mit GEGENBAUR (1899, p. 510) diesen Knorpel für das Analogon eines Radius, welcher nur aus der Reihe gekommen ist. Der M. levator hat offenbar die in seinem Namen ausgedrückte Function (dorsale Abduction, p- 153 Anm.). Er setzt aber nicht nur den Ursprung des medialen Hauptmuskels weiter dorsalwärts fort und erhöht dadurch den topographischen Gegensatz zur lateralen Musculatur, bei welcher eine ventrale Aus- dehnung statthat, sondern er verleiht dadurch auch dem Contour des Muskels eine abgeknickte Form. Verfolgt man denselben vom Ursprung des Levator gegen die Insertion des Hauptmuskels zu (Fig. 2), so sieht man ihn zunächst zum Propterygium hin und dann von diesem weg zum Hautskelet verlaufen. Es wäre möglich, hier eine proximale Partie der medialen Musculatur gegen eine distale zu scheiden; es ist das an sich unwichtig, hat aber insofern Interesse, als KLAATSCH eine solche Unterscheidung nur für den lateralen Muskel angiebt, für den medialen jedoch die Möglichkeit einer derartigen Eintheilung leugnet. Der ventro-laterale Hauptmuskel und seine Muskelindividuen. Bei der lateralen Musculatur ist der Hauptmuskel (M. pteryg. comm.) in der Tiefe und distal- wärts in toto deutlich erhalten (Fig. IE und D). Er besitzt, wie auch der ventrale Hauptmuskel, Fasern dreier Kategorien in der für den Hauptmuskel anderer Ganoiden charakteristischen Vertheilung und Anheftung am Skelet. Auch die Function der Fasern ist für die freie Flosse dieselbe wie bei diesen. Ich komme darauf bei der Zusammenfassung der Ergebnisse zurück. Von separaten Muskeln hat sich besonders deutlich ein, von PoLLArD bereits als solcher beschriebener Musc. depressor am ventralen Rande abgespalten. Es ist dieses, wie auch POLLARD und KLAATSCH (M. coraco-metapterygialis) finden, das ausgeprägteste Muskelindividuum, welches sich aus den Hauptmuskeln differenzirt hat. Der Muskel abducirt die Extremität ventralwärts. Die Lage des Ursprunges desselben ist eine rein ventrale (Fig. I, roth gestrichelte Linie). Er entspringt am Coracoid des primären Schultergürtels und inserirt am Marginale postaxiale längs dessen äusserer Kante, ausserdem aber auf dessen lateraler Fläche (Fig. LE und Fig. 2). Er besteht lediglich, wie auch schon oben erwähnt, aus Mm. zono-pterygiales. Diese gehören der Lage ihrer Insertionsstelle zufolge und vor allem der Innervation nach zur lateralen Musculatur. Der Muskelbauch ist aber auch auf der medialen Flossenfläche sichtbar (Fig. 2). Es ist dies für die Auffassung der Musculatur der Polypterus-Flosse von besonderer Wichtigkeit. KraArtscH hat die Grenze in seiner Fig. 6, 1) KLAATSCH (1896, p. 302) nennt ihn M. zono-propterygialis medialis und rechnet ihn, wie POLLARD seinen Levator, auch zum medialen Hauptmuskel. 214 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 102 Taf. II, richtig in ziemlicher Entfernung vom ventralen Flossenrand abgebildet, sagt aber im Text, dass die Furchen, welche die äussere von der inneren Flossenmusculatur trennen, „genau der freien Kante entsprechen“ (p. 298). Es widerspricht dies sowohl seiner eigenen Abbildung, als auch meinen Befunden. Weniger ausgeprägt in seiner Individualität ist der Musc. protractor (Fig. ID abd). Ich wies bereits darauf hin, dass aus dem Zusammenhang mit dem Hauptmuskel und besonders aus der Innervation auf die Entstehung desselben im dorsalen Theile der Flosse geschlossen und die ventrale Ausdehnung des Ursprunges als etwas Secundäres aufgefasst werden muss (p. 2II). Seine Fasern erzeugen der Mehrzahl nach eine Entfernung der Flosse von der Bauchwand; die ventralen Fasern werden ausserdem, namentlich im Verein mit der Wirkung des Retractor, eine Drehung der Flosse im Sinne der Pronation bewirken und die dorsalen Fasern die Thätigkeit des medialen Levator ein wenig unterstützen können. Ich schliesse mich dabei KLAATScH an, der diese dreifache Wirkung des Muskels bereits betont hat (p. 300) 1). ß) Neurologie. Die Innervation der Polypterus-Flosse ist weniger als die Musculatur studirt und jedenfalls weniger genau als diese beschrieben worden. POLLARD (1892), FÜRBRINGER (1897) und WIEDERSHEIM (1898) geben an, dass Aeste von 5 Spinalnerven in dieselbe eintreten; Van WIJHE (1882) und KLAATSCH (1896) finden jeder bei seinem Exemplar nur vier. Der letzte Nerv der anderen Autoren (insbesondere der von POLLARD beschriebene) ist nach KLAATSCH, wie er mit Sicherheit gefunden zu haben glaubt, nicht vorhanden. Auch leugnet er wirkliche Plexusbildungen zwischen den Flossennerven und will diesen Namen bei unserem Object ganz vermieden wissen (p. 306). Verhalten der Nerven vor Eintritt in die freie Flosse. Ich finde bei meinem Exemplar, dass bei beiden Brustflossen die serialen Nerven b (2), 3, 4, 5, 6 und 7 deutliche Aeste an die Flossenmusculatur abgeben, dass also im Ganzen sechs Extremitätennerven existiren. Nach den Beschreibungen der anderen Autoren sind die 4 resp. 5 vordersten mit den bisher bekannten identisch; der sechste Nerv folgt serial auf den fünften von POLLARD, FÜRBRINGER und WIEDERSHEIM gefundenen. Hinter dem letzten Nerven, welchen KrLAaATScH sah, können also in der That noch zwei Flossenäste liegen. Ich will an dieser Stelle nur kurz darauf hinweisen, dass die Speculationen, welche namentlich MOLLIER an die Fünfzahl der Extremitätennerven bei Polypterus bezüglich dessen Verwandtschaft zu den Pentadactyliern geknüpft hat (1897, p. 29), damit hinfällig werden. Die seriale Stellung der Extremitätennerven von Polypterus hält die Mitte zwischen derjenigen von Acipenser ruthenus und Ae. stellatus (p. 206). Mit letzterem stimmt der erste Nerv, mit ersterem der letzte Nerv überein. Die Zahl der Nerven ist um eins geringer als bei den Acipenseriden. Es ist deshalb zu vermuthen, dass, wie dort, eine Wanderung nach vorn (cranialwärts) eingeleitet, aber am vorderen Rande noch nicht so weit wie beim Sterlet fortgeschritten ist. Für die craniale Verschiebung legt ferner der Plexus omopterygialis posterior Zeugniss ab. Seine 3 Aestchen nehmen in cranio-caudaler Richtung an Stärke ab. Das letzte (von 7) ist das dünnste (Fig. 2)?). ı) Der M. mesopterygio-actinalis superfic. von KLAATSCH ist ein Theil meines medialen Hauptmuskels, den ich nicht besonders bezeichne. 2) Die ganze Art und Anordnung dieses Plexus legt die Vermuthung nahe, dass KLAATSCH in Folge ungenauer Rück- verfolgung der Componenten desselben bis zur Wirbelsäule einem Irrthum anheimgefallen ist, den ganzen Plexus für einen Nerven gehalten und deshalb das Geflecht als solches nicht erkannt hat. 103 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 215 Der Plexus omopteryg. anterior setzt sich aus den beiden Aesten von b (2) und 3 zusammen. Er hat eine sehr ungewöhnliche Lage. Während nämlich der Flossenast des 4. Spinalnerven theil- weise diazonal verläuft, liegen alle anderen Flossennerven metazonal, und zwar diejenigen vom 5.—7. Spinalnerven (Plezus o. pt. post) ventral (postaxial) vom inneren Flossenskelet, diejenigen vom 2. (b) und 3. (Plexus o. pt. ant.) dorsal (präaxial) von demselben (Fig. ı und 2). Auf diazonale Nerven oder auf Gruppen von solchen pflegen bei allen anderen Fischen, von denen Untersuchungen bekannt sind, nach der einen Seite (cranialwärts) prozonale, nach der anderen (caudalwärts) metazonale Nerven zu folgen, falls diese Gruppen überhaupt 'existiren. Dass aber diazonale Nerven zwischen zwei Gruppen von metazonalen Nerven eingeschlossen sind, ist mir nur bei Polypterus bekannt. Die Flossenäste von Nerv b (2) und 3, welche man, da sie sich nicht im Schultergürtel finden, in prozonaler Lage erwarten sollte, wie dies bei der Brustflosse zwar nie, wohl aber bei der Beckenflosse mancher Fische (Selachier, Ganoiden) häufig vorkommt, liegen unverkennbar caudal von dem primären Schultergürtel und dessen knöcherner Bedeckung (Cleithrum). Diese Thatsache ist nur so zu verstehen, dass diese Gruppe von Nerven ursprünglich diazonale Lage besass, aber durch Einschmelzungsprocesse im Knorpel, welcher bekanntlich sehr redueirt und durch die Entfaltung von Deckknochen in den Hintergrund gedrängt ist, secundär wieder frei wurde. Es wird uns dies bei dem Vergleich der Brustflosse der Polypterinen mit derjenigen der Selachier und Dipnoer noch beschäftigen. Alle Gliedmaassennerven der Brustflosse spalten sich bei Polypterus, ehe sie in die Musculatur ein- treten, in Aeste, von denen einer oder mehrere zu der Musculatur der lateralen und ebenso einer oder mehrere andere zur Musculatur der medialen Flossenfläche verlaufen. In Fig. ı habe ich diese Theilungen, welche namentlich bei den feineren Flossennerven leicht übersehen werden können, nach Auflösung der Nervengeflechte dargestellt und die zur lateralen Flossenfläche verlaufenden durch Schraffirung gegen die weiss gelassenen Nerven der medialen Musculatur hervorgehoben. In dieser Beziehung stimmt der Befund bei Polypterus mit der bei allen niederen Wirbelthieren nachweisbaren Eintheilung der Flossenäste eines jeden Spinalnerven!) in zwei Theiläste oder zwei Gruppen von solchen überein, von denen sich je einer oder eine zu einer der beiden am Skelet antagonistisch vertheilten Muskelmassen begiebt. POLLARD und KLAATSCH?) haben bei einzelnen Nerven (z. B. beim ersten, POLLARD auch bei seinem letzten Flossennerven) nur Aeste für einen der beiden Hauptmuskeln oder für dessen Abkömmlinge gefunden. Dies entspricht nicht den thatsächlichen Verhältnissen, wie ich sie fand°). Verhalten der Nerven innerhalb der freien Flosse. Ich wende mich jetzt zum Plexus pterygialis distalis und beschreibe ihn speciell für die mediale Flossenfläche (Fig. 1). Derselbe ist von KrLaATscH fast ganz übersehen worden (vergl. seine Fig. 12 und 13, Taf. III, mit meinen Figuren). Die Lage der serialen Nerven zum Skelet ist so beschaffen, dass die vorderen Nerven (2 und 3) die Musculatur am kürzeren Randstrahl („Propterygium‘), die hinteren Nerven (5, 6, 7) diejenige am längeren Randstrahl („Metapterygium“) versorgen. Der erstere ist deshalb als Marginale praeaxiale, 1) Dieses Gesetz erleidet nur hin und wieder beim letzten oder ersten Nerven durch Reductionen eine Ausnahme, namentlich in solchen Fällen, in welchen, wie bei Rochen, die vordere und hintere Extremität an einander stossen und gleichsam in Wettbewerb um das metamere Material gerathen (Braus, 1898, Taf. XVII). 2) Dieser Autor sagt allerdings an einer anderen Stelle, dass jeder Nerv einen Streck- und Beugeast habe (p- 311). 3) Es will mir scheinen, als ob die Differenz zwischen den Angaben der beiden Autoren und den meinigen mehr auf einem Uebersehen der feinen Aestchen als auf thatsächlichen Variationen beruhe. 216 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 104 der letztere als M. postaxiale im Sinne der HuxreEy’schen Nomenklatur zu bezeichnen. Denkt man sich die Flosse in Horizontalstellung, statt in der verticalen Position, welche sie mit ihrer Fläche in der That einnimmt, so wird nur dann eine, anderen horizontal gestellten Flossen (z. B. bei Acipenser) entsprechende Lagerung. der Muskelmassen zu erzielen sein, wenn die mediale Flossenfläche dorsalwärts und die laterale ventralwärts gedreht ist. Dies stimmt mit der Ansicht von GEGENBAUR (1865), POLLARD (1892), EMERY (1897) u. A. überein. Es entspricht dies auch den geringen Lageabweichungen der beiden Muskelmassen von der rein medio-lateralen Position; denn ich konnte bei ihnen einen mehr ventro- lateralen von einem mehr dorso-medialen Hauptmuskel (incl. deren selbständigeren Theilen) unter- scheiden. Ich bezeichne deshalb von jetzt ab die Aeste der Flossennerven bei Polypterus als Rr. dorsales und Rr. ventrales, unbeschadet ihrer in Wirklichkeit medialen und lateralen Lage. Es geschieht dies mit Rücksicht auf den Vergleich mit den homologen Nerven bei horizontal gestellten Flossen. Die dorsalen Aeste der präaxialen metazonalen Flossennerven versorgen, ehe sie den Rand des Marginale erreichen, mit einigen Aestchen den M. levator. Diese Aeste sind lediglich solche vom 2. Spinalnerven (b). Derselbe theilt sich so früh in je einen dorsalen und ventralen Ast (Fig. I), dass an der ventralen Natur der betreffenden Zweige kein Zweifel sein kann. Der Rest des an sich nicht kräftigen R. v. b, ein feines Nervenfädchen, verbindet sich mit dem R. v. 3. Einige Fasern gehen in dessen Endgebiet über, die Mehrzahl jedoch versorgt die präaxiale Partie des medialen Hauptmuskels. Es sind diese Aeste in Fig. ı in der Zone zu sehen, welche vom Marginale praeaxiale und der rothen gestrichelten Contourlinie des medialen Hauptmuskels begrenzt wird. Die nahe Verwandtschaft der Fasern des Levator mit dieser Musculatur wird durch die Versorgung beider durch Aeste desselben Nerven (b) sichergestellt. Die präaxialen Nerven und der dorsale Ast des Nerven 4, welcher seinen ventralen Ast durch ein Loch des Schultergürtels sendet, selbst aber metazonal und zum Flossenskelet axial verläuft, senden einige Aestchen auf die Oberfläche des medialen Hauptmuskels (Fig. 2). Diese bestehen zum Theil aus Hautästchen; zum Theil dringen sie aber in die Musculatur oder in die Zwischensehne ein und verbinden sich in den tieferen Schichten mit den Aesten der Nerven, welche zwischen der Musculatur und dem inneren Flossenskelet liegen. Letztere werden sichtbar nach Abnahme der Musculatur. In Fig. I sind die Nerven, welche dabei auf dem inneren Skelet intact liegen bleiben, mit ausgezogenen Contouren versehen, diejenigen, welche in der Musculatur selbst liegen und bei Abnahme derselben mitentfernt werden müssen, mit gestrichelten Linien gezeichnet. Man findet solche zwischen Skelet und Musculatur und in der Musculatur liegende Nervenfädchen in den Fig. IB und © in Seitenansichten zweier Mm. radiales dargestellt. Die präaxialen, axialen und postaxialen Nervenäste bilden einen dichten Plexus auf dem inneren Skelet. Die Maschen desselben sind in die Länge gezogen und mit ihrer Axe baso-terminalwärts gerichtet. Man unterscheidet eine Anzahl kräftiger Längsmaschen, welche dem ventralen Theile der Cartilago centralis aufliegen. Dieselben folgen der Richtung einer Linie, welche man durch eine Anzahl von Löchern in dem Knorpel legen kann (Fig. ı). Es sind das die von WIEDERSHEIM (1898, Fig. 124) für Nervenlöcher, von POLLARD (l. cc. p. 416) für Nerven- oder Gefässlöcher und von KLAATScH (l. c. p. 279) mit Wahrscheinlichkeit für Gefässlöcher erklärten Foramina der Cartilago centralis. Bei meinem Exemplar sind vier!) vorhanden, welche in ziemlich gleich grosser Entfernung von einander liegen. Nerven passiren dieselben nicht. I) EMERY (1894—95, p. 22) spricht noch von einem Foramen, POLLARD (1892, p. 416) jedoch schon von verschiedenen Löchern; KLAATSCH (1896) bildet drei (bei Polypterus, p. 277, und vier bei Oalomoichthys, Taf. I), WIEDERSHEIM (1898, Fig. 124) fünf Foramina ab. a ri 105 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 217 Jedoch konnten mit Sicherheit Gefässe in ihnen erkannt werden. Ich stimme somit in diesem Punkte mit KraATscH überein. Die Wände derselben sind pigmentirt und daran bei genügender Vergrösserung von Nerven leicht zu unterscheiden. Auch gelang es, in die Lumina feine Borsten auf weitere Strecken ein- zuführen. Das Geflecht, welches zwischen Musculatur und Knorpel liegt, entsendet distalwärts seine Endäste zwischen die Radialmuskeln hinein (Fig. IB und C). Dieselben liegen speciell zwischen den Mm. pterygo- keratoidei. Allenthalben verlassen feine motorische Endästchen die Nerven in ihrem ganzen Verlauf. Verfolgt man die seriale Herkunft der Nervenästchen eines Musc. radialis, so erweist sich derselbe als polyneures Gebilde In Fig. 1C z. B. wird der proximale Theil des abgebildeten Muskels von einem Ast des 5. und 6. Spinalnerven, der distale Theil von solchen des 6. und 7. Spinalnerven versorgt. Es ist wichtig, dass auch bei Polypterus, wie dies Beispiel zeigt und wie sich überall an der Flosse nachweisen lässt, die haploneuren Zonen schräg zum Verlauf der Mm. radiales orientirt sind, und zwar vom proximo- medialen zum disto-lateralen Rande verlaufen. Die feinen motorischen Aestchen verbinden sich innerhalb der Musculatur in der mannigfaltigsten Weise. Manche Aeste dringen bis an die Oberfläche vor und versorgen die Haut. Sensibel sind auch die Endäste der zwischen Skelet und Musculatur liegenden Nervengeflechte, die zwar distalwärts in die tief liegenden Muskelfasern, namentlich solche, welche zwischen den knöchernen Endradien entspringen, hineingerathen, aber dann über den distalen Muskelcontour hinaus zu dem äusseren Skelet und zur Haut verlaufen. Die Nervenvertheilung an der lateralen Flossenfläche ist eine ganz ähnliche wie die auf der medialen; es verlohnt sich nicht, auf dieselbe näher einzugehen. 3. Amiaden. ae) Myologie. Die Musculatur der vertical stehenden Brustflosse von Amia calva L. zerfällt in zwei Muskel- gruppen, von welchen eine auf der medialen Flossenfläche und eine auf der lateralen liegt. Ich lege die erstere, welche dem bei den anderen Ganoidengruppen genauer beschriebenen Hauptmuskel entspricht, meiner Schilderung zu Grunde. Die mediale Musculatur entspringt oberflächlich an der medialen Fläche des Schultergürtels, und zwar an dessen primärem, knorpeligem Theile, und ferner an dem dorsalen Stück des Cleithrum, an welchem sich der Ursprung hoch in die Höhe erstreckt (Taf. XXVI, Fig. 4A und B; in letzterer ist der Contour des Muskels durch eine roth gestrichelte Linie angegeben). Die Ausbreitung der Muskelplatte auf der medialen Flossenfläche reicht bis zum Beginn des äusseren Skelets. Ich nenne die Platte ihrer Lage nach Musc. dorso-medialis. Die andere Muskelgruppe ist der Antagonist zu dieser und liegt ventro-lateral. In beiden Muskelgruppen finden sich die für Ganoiden typischen Bestandtheile der Hauptmuskeln. Mm. zono-keratoidei kommen der ganzen Musculatur zu. Sie sondern sich jedoch beim dorso-medialen Hauptmuskel in drei Gruppen, welche sich oberflächlich gut gegen einander abgrenzen lassen, aber in der Tiefe durch Vermittelung der Fasern der übrigen Kategorien mit einander in Zusammenhang stehen. Es sind Muskelindividuen, deren Absonderung vom Hauptmuskel im Gange, aber noch nicht beendigt ist. "Die erste Fasergruppe entspringt am Cleithrum, dorsal vom Reste des primären Schultergürtels, als ein kräftiger, dicker Muskelbauch und verläuft divergirend zu den Knochenstrahlen, an welchen die Jenaische Denkschriften. IV. 14 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 29 218 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 106 Fasern längs des terminalen Muskelrandes (Fig. 4A) mit Ausnahme seiner dorsalen Partie Anheftung finden. An letzterer verbinden sich die Insertionen mit anderen Muskelfasern, welche theils der dritten, weiter unten zu besprechenden Gruppe zono-keratoidaler Muskeln angehören, theils der Kategorie der Mm. pterygo- keratoidei. Die zweite Fasergruppe verhält sich bezüglich ihres Ursprunges umgekehrt wie die vorige. Der Ursprung ist breit, flächenhaft und dünn über den primären Schultergürtel, mit Ausnahme nur des ventralen Randes desselben, ausgedehnt. Er ist an der Stelle, an welcher der Knorpel durchbrochen ist (vergl. GEGENBAUR, 1865) und der Ursprung des ventro-lateralen Hauptmuskels vorliegt, von letzterem durch eine straffe Membrana obturatoria (Fig. 4B, helle Partie) getrennt, welche beiderseits, ebenso wie der Knorpel, Muskelursprünge aufnimmt. Die Muskelfasern convergiren von dieser breiten Ursprungsfläche aus nach ihrer Insertion zu. Sie verlaufen unter der vorigen Gruppe distalwärts und schliessen sich am terminalen Muskelrande an jene in der Weise an, dass sie sich an die dorsalen Knochenstrahlen anheften. Sie bilden mit ihrer Insertion die Fortsetzung der Fasern der ersten Gruppe, welche weitaus die meisten Knochenstrahlen erreichen, jedoch nicht die am weitesten dorsal liegenden. Diese werden durch die Fasern der convergirenden Gruppe in Bewegung gesetzt. Die dritte Gruppe entspringt am distalen und ventralen Winkel des primären Schultergürtels und bildet zusammen mit Fasern, welche an einem isolirten Knorpelstückchen neben diesem entspringen (Fig. AB &), einen an dieser Stelle ziemlich dicken, runden Muskelbauch, welcher divergirend distalwärts verläuft. Die Fasern treten unter diejenigen der ersten Schicht und verbinden sich mit denselben an der Insertion vermittelst feiner Zwischensehnen, mit denen alle an den Knochenstrahlen des äusseren Skelets angeheftet sind. Die Fasern der dritten Schicht gehen dorsalwärts ohne bestimmte Grenze in die Mm. pterygo-keratoidei über. Ihr Verhalten zu den Fasern der ersten Schicht der Mm. zono-kera- toidei ist dasselbe, wie weiter dorsalwärts dasjenige der Mm. pterygo-keratoidei zu den oberflächlichen Mm. zono-keratoidei (welche hier theils noch zu der ersten Gruppe, theils zu der zweiten Gruppe gehören). Die Kategorie der Mm. pterygo-keratoidei ist schwächer entwickelt als diejenige der Mm. zono-keratoidei. Ihre Ursprünge finden sich am Metapterygium, besonders an den knöchernen Seitenstrahlen desselben und an den beiden freien Radien!). Besonders zahlreich sind sie zwischen allen Radien an dem dieselben verbindenden straffen Bindegewebe befestigt. Sie verlaufen zu den knöchernen Strahlen bezw. zu den feinen Zwischensehnen, welche sich zwischen sie und die oberflächlichen Fasern der Mm. zono- keratoidei einschieben und beide Kategorien am Skelet anheften. Sie fehlen am ventralen Flossenrande und werden hier ersetzt durch die dritte Gruppe der Mm. zono-keratoidei, in welche sie ohne Grenze über- gehen (8. 0.). Die Kategorie der Mm. zono-pterygiales ist nur an einer Stelle an der Flosse vorhanden. Am ganzen Metapterygium und den freien Radien kommen keine inserirenden Muskelfasern vor. Am Basale propterygii jedoch inserirt innerhalb des in Fig. 4B mit rother Strichelung umgrenzten Bezirkes eine kräftige Muskelmasse, welche in der von der „Knorpelspange‘‘ GEGENBAUR’s (1865, p. I00) zum Theil überbrückten Vertiefung des Schultergürtels entspringt. Der Ursprung ist so kräftig entwickelt, dass er als I) GEGENBAUR (1865, p. 151) und WIEDERSHEIM (1892, p. 160) fanden einen freien Radius. Bei meinem Exemplar sind deren zwei vorhanden. Doch findet sich an der Basis des neben dem Metapterygium liegenden Radius noch ein kleines isolirtes Knorpelstückchen (Fig. 4B). Dieses muss als abgesprengtes Stück des Basale metapterygii aufgefasst werden; denn der betreffende Radius (von der ventralen Kante ab gerechnet, der 6. knöcherne Radius) sitzt bei dem Exemplar von GEGENBAUR (1865, Taf. VIII, Fig. 7) noch dem Metapterygium an. Die Loslösung des Radius erfolgt also durch Längstheilung und Reduction des Knorpels am dorsalen Rande der Axenplatte, nicht durch einfache Ueberwanderung des Radius von dieser auf die Scapula. 107 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 219 dicker Bauch die ganze Höhlung im Knorpel ausfüllt. Die Muskelfasern liegen direct auf dem Knorpel und werden bedeckt von den Mm. zono-keratoidei der ersten und zweiten Gruppe. Die Kategorie der Mm. zono-pterygiales beschränkt sich demnach bei Amia auf ein selbständiges Muskelindividuum, welches lediglich auf das Basale propterygii und damit auf den ihm und seinem Seiten- radius ansitzenden knöchernen Randstrahl wirkt. Der Muskel ist vergleichbar dem M. adductor oss. marg. der Sterletflosse (p. 204). i Auf der ventro-lateralen Flossenfläche sind die drei Muskelkategorien gleichfalls vorhanden. Doch ist die relative Trennung der Mm. zono-keratoidei in Muskelindividuen nicht so weit fortgeschritten wie bei dem Antagonisten. Die zono-pterygiale Kategorie bildet hier einen M. abductor oss. marg. Musculi radiales sind als einheitliche Individuen bei Amia ebenso wenig wie bei Polypterus zu unterscheiden. Die oberflächliche Eintheilung der Muskelfasern in Längsfascikel (Fig. 4 A) entspricht ihrer Anordnung nach ungefähr den knöchernen Strahlen des äusseren Skelets. ß) Neurologie. Die Nerven der Brustflosse meines Exemplars von Amia calva entstammen dem 4. (d) bis 12. Spinal- nerven (Fig. 4A). Es sind also im Ganzen Abkömmlinge von neun serialen Nerven. van WIJHE (1882, P- 90) gab nur sechs an. FÜRBRINGER (1897, p. 457) fand gerade so viele wie ich; doch stimmen dieselben, auch wenn ich meine etwas abweichende Bezeichnung der Nerven in Anrechnung bringe (nach welcher ich FÜRBRINGER’s z = a setze, siehe Anm. p. 206), nicht mit den bei meinem Exemplar vorkommenden Nerven überein. Denn der erste Nerv kommt bei seinem Exemplar (nach meiner Bezeichnung) von Nerv c, der letzte Nerv von Nerv ıı. Dasselbe hat vielleicht Arrıs (1897, Fig. 34) gesehen. Es ist demzufolge bei meinem Exemplar die Innervationszone der Brustflosse gegenüber dem von FÜRBRINGER untersuchten Thiere um ein Metamer caudalwärts verschoben. Für eine solche Wanderung spricht der Vergleich mit anderen Ganoiden. Den Ausgangspunkt für die bei Acipenseriden und Polypterinen erschlossene cranialwärts gerichtete Wanderung bildete der Befund bei Polyodon, bei welchem die Brustflosse vom 2. (b) bis 8. Spinal- nerven Aeste bezieht. Bei FÜRBRINGER’s Exemplar von Amia ist gegen diese seriale Zone der Anfang der Flosse um ein Metamer, in meinem um zwei Metamere caudalwärts verschoben. Der Plexus omopterygialis anterior ist aber auch in meinem Exemplar nur um einen serialen Bestandtheil (von 4) weiter caudal- wärts ausgedehnt als bei Polyodon (wo er mit c abschliesst). Andererseits ist ein Plexus omopterygialis posterior nicht in dem Grade wie bei Acipenseriden und Polypterinen (siehe Figuren) entwickelt. Die Flossenäste verbinden sich fast alle, z. B. auch diejenigen vom 7., 8. und 9. Spinalnerven, mit Aesten unter einander. Bei den hintersten Nerven ist dies auch der Fall, aber es ist das nichts ihnen Eigenthümliches, wie es die Art der Plexusbildung bei den hintersten Nerven anderer Paläichthyer ist. Zudem kommt die Verflechtung dieser Nerven bei Amia hauptsächlich der Entstehung eines ziemlich starken sensiblen Astes zu gute, während für die motorische Versorgung der Flosse nur Verbindungen zwischen Aesten von Nerv II und ı2 in Betracht kommen (Fig. 4 A). Der Plexus cervicalis endlich hat, wie FÜRBRINGER betonte, seine eigene Entwickelungsrichtung. Er ist aber in etwas anderer Beziehung vom Plexus cervicalis von Polyodon in seiner serialen Ausdehnung verschieden, als es die Innervationsbezirke der Flossen beider Fische sind. Denn während letztere um 4 resp. 3 Metamere am hinteren und um 2 resp. I am vorderen Flossenrand gegen einander verschoben sind, 14* 29* 220 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 108 reicht der Plexus cervicalis bei Polyodon (wie FÜRBRINGER fand und ich bestätigen kann) bis b incl., bei FÜRBRINGER’S, ALLIS’ und meinem Exemplare von Amia bis d incl. oder vielleicht bis e (dieses besitzt in meinem Exemplare überhaupt keinen ventralen Ast für die Bauchwand). Ordne ich diese Befunde entsprechend der von mir früher (1898 A, p. 296) für Knorpelfische gegebenen Tabelle an, so ergiebt sich Folgendes: a, b, c, (d), eerg © Die obere Reihe enthält die serialen Rami ventrales, welche präzonal (Plexus cervicalis), die untere diejenigen, welche metazonal (Bauchmuskeläste) verlaufen. Fett gedruckt ist der erste Brustflossennerv nach FÜRBRINGER’s und meinem Befund (der letztere eingeklammert). Die Brustflosse reicht mit ihrem Innervationsbezirk also noch ziemlich weit in die metamere Region vor dem Schultergürtel hinein. Alle diese Momente zusammen genommen lassen keinen Zweifel, dass die Beziehungen der Brust- flosse bei Amia zu den vordersten Spinalnerven und der vor (cranialwärts von) dem Schultergürtel liegenden Region ältere, diejenigen zu den hintersten, sie versorgenden Nerven jüngere, neu erworbene sind. Die Flosse ist in cranio-caudaler Richtung gegenüber anderen Ganoiden verschoben. Bei Teleostiern kommen noch hochgradigere Verschiebungen nach hinten vor als bei Amia. Bei Esox z. B. gehört die Brustflosse zu den Rumpfmetameren 5—7 (nach FÜRBRINGER, welcher sie mit 4—6 be- zeichnet, 1897, p. 467). Bei anderen Knochenfischen steht die Brustflosse wieder weiter vorn; die embryo- logischen Untersuchungen, namentlich beim Lachs von HARRISON (1895), haben überzeugend nachgewiesen, dass sie dies einer abermaligen Wanderung in cranialer Richtung verdanken. Da der systematischen Stellung von Amia zu den anderen Ganoiden zu Folge wohl anzunehmen ist, dass die Vorfahren dieses am höchsten specialisirten Schmelzfisches an ihrer Brustflosse zunächst die cranialwärts gerichtete Bewegung aller niederen Ganoiden erfahren haben, so ist die Complication in den Wanderungen der vorderen Extremität, wenn man die späteren Verschiebungen bei Knochenfischen und bei den sie mit den Ganoiden verbindenden Amiaden berücksichtigt, eine sehr beträchtliche. Es ist dies ein weiterer Beitrag zu der bei allen Wirbelthierklassen sich wiederholenden Erscheinung, dass die Lage der Extremitäten zum Rumpf eines der variabelsten Momente in der Gliedmaassen-Morphologie ist. Löst man die Verbindungen der Extremitätennerven von Amia auf, so zeigt sich, dass jeder Flossenast einen Ramus medialis und lateralis resp. dorsalis und ventralis besitzt. Die drei vordersten Flossennerven bilden zum Theil ganz (4), zum Theil mit einzelnen Aesten (5 und 6) einen diazonal verlaufenden Nervenstamm (Plexus). Derselbe tritt in den dorso-medialen Hauptmuskel ein (Fig. 4A), gelangt, ohne vorher Aeste zur Musculatur abzugeben, in den Kanal des knorpeligen Schulter- gürtels (Fig. 4B) und theilt sich erst, nachdem er das „Spangenstück‘ passirt hat, in einen dorsalen und ventralen Ast, von welchen jeder von allen drei serialen Elementen (4, 5 und 6) Bestandtheile empfängt. Der dorsale Ast löst sich sofort in eine Reihe feiner Aestchen auf, welche sich namentlich an die Gruppe der Mm. zono-pterygiales (M. adductor oss. marg.) verzweigen, im Uebrigen aber mit den folgenden Nerven in Verbindung treten und die ventrale Partie der übrigen Extremitätenmuskeln mit innerviren. Wichtig ist von letzteren besonders ein Ast, welcher im Bogen über das Spangenstück verläuft und sich in der 2. Gruppe der Mm. zono-keratoidei (convergirender Muskel) vertheilt (Fig. 4B). Der ventrale Ast des diazonalen Plexus tritt am Boden der Grube im Schultergürtelknorpel in den ventralen, von GEGENBAUR (1865) genau beschriebenen Kanal (Fig. 4B) und gelangt auf diesem Wege zum ventro-lateralen Muskel. Vom 5. und 6. Spinalnerven verläuft ausser diesen diazonalen Aesten auch je einer metazonal. Bei diesen und den metazonalen Flossennerven finden sich sehr feine Nervenfädchen, welche vor nn he er ug hin 5 EEE EEE ya, 109 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 221 dem Eintritt der Nerven in die Musculatur auf der Oberfläche der letzteren ein Netz bilden und motorische Fasern in dieselbe einsenken (Fig. 4 A). Dieser Plexus, welchen ich zum Plexus pterygialis distalis rechne, _ ist vergleichbar mit dem beim Sterlet (Taf. XXV, Fig. ı) beobachteten. Ich nenne ihn, wie bei diesem, Plexus postaxialis und will erst in der Zusammenfassung diesen Namen zu rechtfertigen suchen. Die Nerven der dorso-medialen Musculatur treten zum Theil in ziemlicher Entfernung vom medialen Flossenrand in diese ein. Doch senken sie sich bald bis an die Unterfläche des Muskels und liegen hier zwischen dieser und dem inneren Flossenskelet. Nur der letztere Theil ist in Fig. 4B gezeichnet. Die hintersten Nerven (von 3 theilweise und von 9—12) liegen jedoch schon am medialen Flossenrand zwischen Muskel und Skelet. Am ventro-lateralen Muskel ist das letztere ursprünglichere Verhältniss auch bei den vorderen Nerven erhalten. Während des Durchtrittes durch die Musculatur geben die Flossennerven des dorso-medialen Muskels zahlreiche Aeste ab, welche sich zu dichten Geflechten vereinigen. Von diesen aus erfolgt die Innervirung der Mukelfasern. Sensible Aeste gelangen wieder an die Oberfläche zurück zur Haut. Die Nervenstämme, welche zwischen Musculatur und innerem Skelet liegen, sind grösstentheils sensibel. Es gehen zwar noch einzelne Aestchen von ihnen an die Musculatur (namentlich an die Mm. pterygo-keratoidei); die Endäste jedoch laufen distalwärts über den Muskelcontour hinaus zu den knöchernen Radien des äusseren Skelets und zur Haut. Eine Auflösung der eng verflochtenen mannigfachen Plexusbildung (Plexus distalis praeaxialis), welche sich in ähnlicher Weise beim ventro-lateralen Muskel findet, versuchte ich nicht. Es ist ohne- dies wohl kaum zweifelhaft, dass die Muskeln, welche über den einzelnen Radien des inneren Skelets liegen, polyneur gebaut sind. 4. Zusammenfassung: Die Ganoidenbrustflosse und ihre Verwandtschaft mit der Vordergliedmaasse der Selachier und Dipnoer. Die Befunde an den 3 von mir genauer untersuchten Familien der Ganoiden sind so divergenter Natur, dass keine nahen verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen ihnen bestehen können. Es lassen sich allerdings zwischen den Acipenseriden und Amiaden Aehnlichkeiten in der Entwickelung ihrer Brustflossen erkennen. Andererseits zeigen sich die Polypterinen in einigen Structurverhältnissen ihrer vorderen Extremität den Amiaden verwandt. Doch sind die Flossen des Bichirs und Knorpelstörs so verschieden, dass die Chondrostei und Holostei wahrscheinlich seit Alters in der Ausbildung ihrer Extremitäten getrennte Bahnen eingeschlagen haben. Gemäss diesen Verschiedenheiten der Familien von einander sind auch die Beziehungen zu den Selachiern und Dipnoern einerseits und zu den Teleostiern andererseits nicht dieselben. Ich will versuchen, für jede Familie festzustellen, inwiefern die Brustflosse mit derjenigen der Selachier und Dipnoer Aehnlichkeiten bietet und in welchen Punkten sie von jener abweicht, und ferner versuchen, den Grad der Verwandtschaft mit den anderen Ganoidenextremitäten zu analysiren. Das Resultat wird nicht ohne Interesse für die Frage nach der Bedeutung der Flosse der Schmelzfische für die frühen Stadien der Gliedmaassenphylogenie sein. Denn dieselbe gipfelt darin, ob in den Flossen der Ganoiden einfachere oder höher entwickelte Formen als in denen der Selachier und Dipnoer vorliegen. Wenn zur Beantwortung dieser Frage von den Autoren bisher auch nur die Befunde an der Bauchflosse angeführt und als ent- 222 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. Ilo scheidend angesehen werden, so versteht es sich, falls man sich nicht dem Vorwurfe der Einseitigkeit aus- setzen und in fehlerhafte Schlussfolgerungen verfallen will, doch von selbst, dass auch die Brustflosse als homodynames Organ nicht ausser Acht zu lassen ist. Gleichzeitig erhalten wir in diesem Capitel ein ausgedehntes Material, welches ich später bei Auf- stellung der Frage nach der Herkunft der pentadactylen Extremität mit Nutzen hoffe verwerthen zu können. a) Die Stellung der Acipenseriden-Brustflosse zu derjenigen der übrigen Paläichthyer. Bei dem Plexus omopterygialis distalis der Acipenseriden ist eine ganz ähnliche Vertheilung der metameren Nerven vorhanden wie bei den Selachiern. Wir unterscheiden wie bei diesen einen präaxialen Rand, welcher cranialwärts schaut, und einen postaxialen Rand, welcher caudalwärts gerichtet und zum Theil der Rumpfwand angeheftet ist. Die Stellung der vorderen Extremität bei den Stören stimmt danach im Allgemeinen mit derjenigen der Selachier überein. Es fehlt jedoch äusserlich die bei Squaliden vor- handene Richtung; des medialen Flossenrandes nach unten (ventralwärts, Taf. XXII, Fig. 2-4; Textfigur 24b). Der Schultergürtel ist vielmehr so schräg in die Rumpfwand eingebettet, dass eine reine Horizontal- stellung der Flosse zu Stande kommt, trotzdem ihre Fläche zur Fläche des Schultergürtels ventralwärts geneigt ist (Taf. XXV, Fig. 1). Die Musculatur ist mit ihren Ursprüngen rein ventral und rein dorsal angeordnet. Wie am Skelet jede Spur eines medialen Radienbesatzes bei der Brustflosse der Störe fehlt, so ist auch in der Stellung der vorderen Extremität nach diesen Befunden äusserlich nichts erhalten, was an eine partielle verticale Flossenstellung erinnern könnte, welche mit dem Vorhandensein medialer Knorpelstrahlen verknüpft zu sein pflegt. Es fragt sich, ob dies eine parallele Aus- und weitere Fortbildung der Flosse in der von den Selachiern eingeschlagenen Richtung ist, bei welchen die Horizontalstellung als Characteristicum progressiver Entfaltung gelten muss (p. 198). Die Beantwortung geschieht durch die Thatsache, dass auch bei Aci- penseriden noch ein Plexus postaxialis in der freien Brustflosse existirt; also ein Rest desjenigen Flossenabschnittes, dessen completes Vorhandensein die biseriale Skeletform voraussetzt (p. 196). In Textfigur 18 habe ich in halbschematischer Weise den Plexus omopterygialis distalis in seiner Lage zum inneren Skelet bei Acipenser abgebildet und bitte, damit die Textfigur 15b p. 196 zu vergleichen. Der Plexus praeaxialis und postaxialis ist bei Haien und Stören vorhanden. Der erstere ist beim Selachier weniger eng verfilzt als beim Acipenser. Die weiteren Maschen und Netze bilden den primitiveren Zustand gegenüber eng verbundenen, strangartigen Geflechten. Das war beim Vergleich der Brust- und Bauchflosse der Selachier deutlich zu verfolgen. In der That gleicht der Plexus praeaxialis des Sterlets eher dem homodynamen der hinteren Extremität von Acanthias (Taf. XXIX, Fig. 1; Textfigur 15d) als dem der Vorderflosse. Die Musculatur stimmt damit überein. Denn bei Acipenser ist eine andere Gliederung derselben eingetreten als bei Squaliden, da die Mm. radiales nicht eine relative Anpassung an die Knorpelradien der Flosse wie bei letzteren aufweisen, sondern eine Beziehung zu den Knochenstrahlen des äusseren Skelets besitzen. Dieselbe ist zwar lange nicht so ausgesprochen wie die Längsgliederung bei Selachiern. Die Mm. radiales waren dort zum Theil selbständige Muskelindividuen. Das sind sie bei den Stören nicht, da nur an der Ober- und Unterfläche der Hauptmuskeln (Taf. XXV, Fig. ı und 2) Grenzen zwischen ihnen wahrnehmbar, im Inneren der Musculatur solche jedoch nicht ausgebildet sind. Es ist aus dem Nerven- Yan {11 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 223 befund beim Plexus praeaxialis zu schliessen, dass durch die Anpassung der Muskeln an die Knochen- strahlen, welche bei den Ganoiden beginnt und bei den Knochenfischen zu immer höheren Graden fort. schreitet, eine noch stärkere Vermischung der haploneuren Muskelfasern als bei Selachiern stattgefunden hat, wie auch aus anderen Merkmalen der Musculatur sich ergeben wird. Es ist dabei natürlich nicht erforderlich, dass die Proganoiden jemals eine ähnliche Eintheilung ihrer Flossenmusculatur wie die recenten Selachier besessen haben. Die Ontogenie zeigt jedenfalls von einem solchen Zustande nichts. Nach MOLLIER (1897) differenzirt sich dieselbe im embryonalen Zustande nur insofern, als die haploneuren Muskel- anlagen zu einem polyneuren Hauptmuskel verschmelzen, welcher gänzlich ungegliedert ist. Die Anfänge einer Längsgliederung (an der Ober- und Unterfläche des ausgebildeten Thieres) und die Be- ziehungen zu den Knochenstrahlen überhaupt (Mm. zono- und pterygo-keratoidei) sind aber, wie weiter unten näher dargelegt werden soll, wohl im Stande, eine stärkere Vermischung des monometameren Materials zu erklären, da die mechanischen Bedingungen der Muskelaction in diesem Zustande mit denjenigen bei Selachiern sehr contrastiren. Der Plexus postaxialis der dorsalen Flossenhälfte breitet sich bei Acipenser wie bei der Squalidenbrustflosse an der medialen Ober- fläche der Musculatur aus (vergl. Taf. XXV, Fig. ı, mit Taf. XXII, Fig. N ne 2—4, und Textfigur I2a, p. 182). Dagegen sind die Bestandtheile ji N 1 des postaxialen Plexus beim Sterlet ausserordentlich fein und zart, und SU das ganze Gebilde in Folge dessen quantitativ viel geringer entwickelt als bei Squaliden. Es besteht eine Rückbildung gegenüber diesen. Das kann nicht zweifelhaft sein, da dieser Plexus bei Acipenseriden der =o-uü einzige Rest der ganzen postaxialen Flossenpartie ist, welche bei Dipnoern so mächtig entfaltet, bei Squaliden ausser am Nervensystem noch in der Anordnung der haploneuren Muskelzonen und namentlich am Skelet (mediale Knorpelradien) zu erkennen ist. Die Muskelfasern, welche von den Endästen des Plexus postaxialis an PORERRE SONNE Ai = versorgt werden, sind eng mit den von Endästen des Plexus praeaxialis : £ Fig. 18. Aecipenser ruthenus, Brust- innervirten Muskeln verbunden, wie denn auch die Nervenästchen selbst flosse. Lage der ventralen Nerven 5 o 3 0 9 auf d Flossenskelet distal allenthalben anastomosiren. Die Muskelfasern liegen auf oder in- a an £ Präparat gez.). Figurenerklärung s. seriren an dem Basale metapterygii. Da kein postaxiales inneres Skelet Textfigur 15, p. 190. existirt, ist auch eine Beziehung der postaxialen Muskeln zu diesem nicht möglich. Namentlich aus dem weit verzweigten Verlauf des dorsalen postaxialen Plexus beim Sterlet lässt sich erkennen, dass die fragliche Musculatur in diffuser Weise Vertheilung an und Aufnahme in die mediale Randpartie der präaxialen Muskelmasse gefunden hat. Es kann schon hiernach als sicher gelten, dass die Brustflosse der Acipenseriden in ihrem Nervensystem den Typus der Selachier erhalten hat, dass jedoch bei ihr eine einseitige Ausbildung der schon bei Selachiern eingetretenen Bevorzugung des präaxialen Theiles eingetreten ist. Es bestätigt dies den Befund GEGENBAUR’s, welcher am Skelet die medialen Radien vermisste und daraus den gleichen Schluss zog. Fragen wir nach den Veränderungen, welche diese einseitige Ausbildung der präaxialen Musculatur innerhalb dieser selbst und an der ganzen Flosse begleiten! Dieselben sind, soweit der ursächliche Zusammenhang nachweisbar ist, als progressive Zustände charakterisirt. 224 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 112 Die Hauptmuskeln sind nur in wenig wesentlichen Punkten von denjenigen der Squaliden ver- schieden. Die Mm. zono-keratoidei sind schwächer, die Mm. pterygo-keratoidei dagegen stärker ent- wickelt. Die letzteren haben directe Anheftung an den distalen Partien des Skelets, soweit die Musculatur überhaupt reicht, gefunden, während bei Squaliden nur eine sehnige Ausdehnung der Ursprungszone über die Basalia hinaus stattfindet (vergl. Textfigur 17 p. 203 und 16 p. 200). Es wird dadurch der Ursprung der Hauptmuskeln am Knorpel bei den Stören distalwärts bis zum Beginn des äusseren Flossenskelets vergrössert. Dadurch kommt, abgesehen von den Bewegungen im Schultergelenk, ein mechanischer Gegen- satz zwischen innerem und äusserem Skelet zu Stande, indem das erstere (Schultergürtel und freies Flossenskelet) als Punctum fixum gegenüber dem letzterem als Punctum mobile functionirt. Bei Squaliden dagegen liegt zwischen den als Punctum fixum dienenden Basalia der freien Flosse und dem Punctum mobile noch die distale Partie des inneren Skelets, welche sich indifferent verhält. Vergegenwärtigt man sich die Wirkungsweise der Muskeln beim Acipenser, so darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass bei ihm das äussere Skelet der Flosse fester (knöchern) als das innere ist, dass dagegen bei Squaliden ein solcher Gegensatz (zwischen Hornfäden und Knorpel) nicht oder gerade in um- gekehrter Weise besteht. Obgleich die Kraftäusserung der Hauptmuskeln bei den Stören wie bei den Haien fast ausschliesslich auf das äussere Skelet übertragen wird, so wird bei ersteren die Biegung der Flosse doch wesentlich in dem weicheren Theil, dem Knorpel, erfolgen und deshalb nicht, wie bei den Haien, die ganze Flosse, insbesondere nicht die vom äusseren Skelet (Knochenstrahlen) eingenommene Partie betreffen. Die einzelnen Muskelfasern werden bei ihren Versuchen, ihre beiden Befestigungspunkte (Ursprung und Insertion) einander zu nähern, denjenigen Theil des Knorpels zu biegen trachten, über welchen sie hinwegziehen, da die knöchernen Strahlen in viel geringerem Maasse als die Hornfäden dem Zug nachgeben können. Da der Knorpel aber sehr dick und solid ist, wird diese Biegung vor allem an prädisponirten Stellen, an dem Schultergelenk und an der Grenze zwischen dem knorpeligen und knöchernen Skelet zum Ausdruck kommen. Natürlich ist diese Bewegung eine eingeschränkte gegenüber derjenigen bei Squaliden. Anderer- seits ist sie dadurch ausgezeichnet, dass die Biegung der Flosse wesentlich proximal und nicht distal wie bei diesen erfolgt. Dies ist in noch höherem Maasse bei Amiaden der Fall und erreicht seine höchste Aus- bildung bei Teleostiern (s. u.). Ganz besondere, den Haien fremde Bahnen haben bei den Acipenseriden die Mm. zono-pterygiales eingeschlagen. Sie sind zwar wie bei jenen auf den medialen und lateralen Flossenrand beschränkt und fehlen völlig der knorpeligen Flossenplatte. Die Muskeln am medialen Rande sind wenig ausgebildet und gegenüber Selachiern mit ihren Ansätzen am Basale metapterygii proximalwärts verlagert (vergl. Taf. XXV, Fig. 2 mit Textfigur 10 p. 179). Dies hat nichts Auffallendes, da bei der Beckenflosse von Acamthias eine Ausbreitung der Insertionen am ganzen medialen Rande des Basale stattfindet. Ein solcher Zustand wird wahrscheinlich die Vermittelung zwischen den bei der Brustflosse von Squaliden und Acipenseriden beobachteten gebildet haben. Die Bewegungsmöglichkeit der Flosse im Schultergelenk wird durch die Art der Insertion dieser Muskeln bei den Stören eine günstigere, während eine Wirkung auf das Basale metapterygii im Sinne einer Durchbiegung desselben unmöglich ist. Die Beschränkung der Bewegung geht auch hier in der Weise vor sich, dass die Bewegung eine rein proximal localisirte wird. Dasselbe ist am lateralen Flossenrande der Fall. Auch hier inseriren die Muskelfasern bei den dorsalen Muskeln am proximalen Rande des Propterygium. Sie haben sich aber zu einem mächtigen Muskel entwickelt, dem Musc. adductor ossis marg. Derselbe ist fast völlig getrennt von dem Haupt- muskel und in seiner Function mehr selbständig. 113 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse, 225 Sein Antagonist, der Musc. abductor oss. marg. der ventralen Seite, ist noch stärker entwickelt und ein selbständiges Muskelindividuum. Nur die Innervation zeigt hier noch die ursprüngliche Zugehörig- keit zum Hauptmuskel. Der Insertion nach gehört dieser Muskel zu der Kategorie der Mm. zono-keratoidei, da er am lateralen Knochenstrahl angeheftet ist. Da dieser aber scheidenförmig das Propterygium umfasst und ich an diesem selbst keine Muskelinsertionen finden konnte, ist an eine nachträgliche Ueberwanderung des Ansatzes dieses Muskels vom Knorpel auf den Knochen zu denken. Die Musculatur des knöchernen Randstrahles hat ihr besonderes Merkmal dem Schultergürtel auf- geprägt in den weiten Muskelkanälen, deren Bedeutung schon GEGENBAur’s Scharfblick (1865) nicht entging. Die Musculatur ist so mächtig wie die Hauptmuskeln und befindet sich, als eine neue, niederen Fischen _ fremde Gruppe, in scharfem Wettbewerb mit diesen. Ja, es sind Anzeichen vorhanden, dass die Haupt- muskeln bei den Stören schon in directer Rückbildung begriffen sind. Es finden sich nämlich an der Innenseite des Schultergürtels Bündelchen von Muskelfasern, welche der Rumpfmusculatur aufliegen und nur schwer von dieser zu trennen sind. Sie werden von Aestchen der Flossennerven versorgt (Taf. XXV, Fig. 1). Es sind also Reste von Flossenmuskeln, welche sich von der Flosse getrennt und der Rumpfmusculatur angeschlossen haben. Aus ihrer Lage geht hervor, dass die Flossenmuskeln ursprünglich weiter cranialwärts am Schultergürtel entsprangen. Denn die oben beschriebenen Fasergruppen sind offenbar Relicte, welche bei der Rückbildung des Muskels übrig blieben. Die dürftige Entwickelung der Mm. zono-keratoidei bei den Hauptmuskeln ist ebenfalls eine Folge der Einschmelzungen, welchen diese alte Museulatur unterliegt. So verschiebt sich bei den Stören die Ausbildung und Wirkung der Flossenmuskeln in einseitiger Richtung, indem wesentlich der mächtige knöcherne Randstrahl durch eine neue, aus den alten Haupt- muskeln entstandene Musculatur ab- und adducirt wird. Dadurch kommt eine wechselnde Entfaltung der durch das knöcherne äussere Skelet starr gewordenen Flossenfläche und ein Zusammenklappen derselben je nach Nothwendigkeit und Bedürfniss zu Stande. Die Hauptmuskeln dienen noch zur Bewegung der Flossen im Sinne einer Hebung und Senkung, besorgen aber nicht mehr wie bei Squaliden die Feststellung und Durchbiegung des äusseren Skelets. Dadurch erklärt sich ihre Reduction gegenüber jenen. Die Verschiebung der Brustflosse bei Acipenser nach dem Kopfe zu ist eine Fortführung der bei Squaliden im Flusse befindlichen gleichartigen Bewegung. FÜRBRINGER (1897) hat dieselbe speciell bei Ganoiden mit Recht in Zusammenhang mit der besonderen Reduction des Kiemenkorbes gebracht, welche nicht die Zahl, wohl aber die Entfaltung der Kiemenbogen betrifft. Es scheint mir von Wichtigkeit zu sein, dass die Acipenseriden bezüglich der Wanderung der Fiosse an die primitiveren Haie (heptanche, hexanche und niedere pentanche Formen) anschliessen und nicht an die höher specialisirten Formen, bei welchen eine Verschiebung der Brustflosse nach dem Schwanze zu erfolgt (Braus, 1898 und 18099). Kurz zusammengefasst, ist das Resultat der Untersuchung der Flossenmusculatur und ihrer Innervation bei den Acipenseriden so zu definiren, dass überall ein Anschluss an ähnliche Zustände wie bei Squaliden (z. B. Spinaciden) nachzuweisen, jedoch eine einseitige Differenzirung in besondere, allen Haien, namentlich auch den höher specialisirten Formen derselben fremde Bahnen eingetreten ist. Es stimmt das sehr gut überein mit den Resultaten, welche GEGENBAUR (1865) aus seinen Untersuchungen des Skelets der Flossen ableitete, während es unvereinbar ist mit den Anschauungen, welche THACHER (1877 A, B), MivArT (1879) und WIEDERSHEIM (1892) bezüglich der primitiveren Structur der Störflosse, besonders freilich der hinteren, ausgesprochen haben. Mehr noch als von den Haien ist Acipenser von den Dipnoern entfernt, mit welchen eine Vergleichung nur durch Vermittelung der Haie möglich ist, da gerade das Characteristicum Jenaische Denkschriften. IV. 15 f Semon, Zoolog. Forschungsreisen. 1. 30 226 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. II4 der Dipnoerflosse, die postaxiale Entfaltung der Extremität, bei den Stören weit stärker als bei den Selachiern zurückgebildet ist. Die Beziehungen der Störflosse zu den Extremitäten höherer Fische (Knochenganoiden, Teleostiern) will ich in der Weise besprechen, dass ich die Resultate der Untersuchungen bei Amia zu analysiren und den Zusammenhang mit den Knorpelganoiden und Selachiern einerseits und den Teleostiern andererseits festzustellen versuche. ß) Die Stellung der Amiadenbrustflosse zu derjenigen der übrigen Paläichthyer. Die Amiaden sind schon bezüglich der serialen Stellung der Flossen zum Rumpfe in charakteristischer Weise von den übrigen Ganoiden verschieden, indem eine Bewegung der Vorderextremität nach dem Schwanze zu eingetreten ist. Sie verhalten sich in diesem Punkte zu den Knorpelganoiden wie die höheren pentanchen Squaliden und die Rochen zu den niederen Haien (Braus 1898, 99). Auch in der Organisation der Flossen selbst ist eine höhere Differenzirung gegenüber dem Zustand der Knorpelganoiden erreicht, freilich nicht in der Weise, dass Amia sich direct an diese anschliessen liesse. Für Amia ist nämlich eine Sonderung charakteristisch, welche bei der dorso-medialen Flossen- musculatur am weitesten durchgeführt ist und sich direct mit den bei Squaliden beobachteten Ver- hältnissen vergleichen lässt. Bei diesen ist die Gruppe der Mm. zono-keratoidei am medialen Rande des dorsalen Hauptmuskels von den Mm. pterygo-keratoidei dadurch getrennt, dass erstere ihren Ursprung am Schultergürtel dorsalwärts verschoben und sich mit diesem dadurch bis zur theilweisen Lösung des Zusammen- hanges von dem letzteren entfernt haben (p. 181). Dies ist bei Amia noch weiter gediehen und hat zur Differenzirung eines ziemlich selbständigen, oberflächlichen Muskelindividuums geführt, welches am Schulter- gürtel (Cleithrum) dorsal entspringt und an den Knochenstrahlen des Metapterygium und der freien Knorpelradien inserirt (Taf. XXVI, Fig. 4A). Auf der ventralen Flossenfläche ist die Sonderung nicht so ausgesprochen; bei Squaliden fehlt sie an dieser Stelle ganz. Da Acipenser in dieser Hinsicht weder an der dorsalen noch ventralen Fläche der Flosse ähnliche Verhältnisse wie die Squaliden besitzt, so liegt offenbar eine divergente Differenzirung bei diesem und Amia vor, indem das Bild, welches die Anordnung der Hauptmuskeln bei den Squaliden dar- bietet, beiden Stören im Verschwinden, bei Amia in weiterer Ausbildung begriffen ist. Dies äussert sich bei Amia auch darin, dass bei den Hauptmuskeln keine Abnahme der Mm. zono- keratoidei, wie beim Sterlet, sondern im Gegentheil eine Zunahme dieser Kategorie beobachtet wurde. Einmal wird dieselbe durch eine Ausdehnung der Ursprünge dieser Muskeln bis an den vorderen Schulter- gürtelrand veranlasst (Taf. XXVI, Fig. 4A). Man erkennt die Vermehrungsrichtung an der Bogenform des Nerven, welcher diazonal verläuft und über das Spangenstück sich kopfwärts zu der hier entspringenden Musculatur begiebt (Fig. 4B). Einen so excessiven Grad der cranialwärts gerichteten Ausdehnung der Hauptmuskeln sah ich selbst bei Squaliden nicht. Ferner wandern Mm. pterygo-keratoidei auf den Schultergürtel mit ihren Ursprüngen hinüber und verwandeln sich dadurch in Mm. zono-keratoidei. Man erkennt dies am besten an der tiefen Muskelgruppe, welche an dem Knorpelstückchen & und der benachbarten Partie des knorpeligen Schulter- gürtels (Fig. 4B) entspringt. Diese Muskeln hängen distalwärts innig mit den Mm. pterygo-keratoidei zusammen und verhalten sich zu den oberflächlichen Mm. zono-keratoidei gerade so wie erstere zu letzteren (s. p. 218). ro 115 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse, 227 Die Beurtheilung dieser Fasern ist für die Auffassung des Knorpels & von Bedeutung. Derselbe kann entweder durch eine Abgliederung vom Schultergürtel entstanden sein oder einen rudimentären Radius der postaxialen Seite des Pterygium repräsentiren. Er liegt in meinem Exemplar vom Schultergürtel und Metapterygium wenig, aber gleich weit entfernt. Er selbst giebt also keine Auskunft darüber, welche von den beiden Deutungen die richtige ist. Ist das Knorpelchen ein Theil des Pterygium, so wäre der Ursprung der Musculatur an ihm das Gewöhnliche, da dieselbe den Charakter von Mm. pterygo-keratoidei hat. Gehört dasselbe zum Schultergürtel, so muss eine Ueberwanderung von Ursprüngen der Muskelfasern jener Art vom Skelet der freien Flosse auf diesen angenommen werden. Das letztere bereitet bei der leichten und häufigen Verlagerung von Muskelursprüngen keine Schwierigkeiten, zumal in diesem Falle, da andere Muskel- bündel auf den Schultergürtel in der That übergewandert sind. Denn die Befestigung der dritten von mir unterschiedenen Gruppe der Mm. zono-keratoidei (p. 218) am primären Schultergürtel ist nur verständlich, wenn man eine Ueberwanderung der Ursprünge ehemaliger Mm. pterygo-keratoidei auf ihn annimmt. Die übrigen Merkmale der Fasern stimmen gar nicht mit denen der Mm. zono-keratoidei überein. Andererseits ist eine Verschiebung von Muskelursprüngen in rostraler Richtung auch bei anderen Brustflossenmuskeln oben nachgewiesen worden. Ich muss die Deutung des Knorpels x vorläufig in der Schwebe lassen, bemerke jedoch hier schon, dass die Möglichkeit, denselben als rudimentären Strahl aufzufassen, zu einem Vergleich mit der Polypterus-Flosse auffordert. Denn nur bei dieser sind unter den Ganoiden postaxiale Theile des Archi- pterygium erhalten. Damit würde das Amiopterygium in ein neues Licht rücken. Wie sehr sich die Lage der Muskeln zum Skelet an der Brustflosse von Amia cranialwärts verschoben hat, ist an der Lage der Nerven zu diesem leicht zu erkennen, wenn man die Verhältnisse bei Selachiern und Knorpelganoiden in Vergleich zieht. Bei Amia liegt der grössere Theil der Flossennerven mit der Stelle, an welcher sie sich in den dorsalen und ventralen Ast gabeln, über dem primären Schultergürtel (Taf. XXVI, Fig. 4A, 4.9. Spinalnerv). Bei Squaliden und Acipenseriden befindet sich die Theilungsstelle bei den meisten Nerven am Basale metapterygii (Taf. XXII, XXIII, XXV). Die Ursache dieser Verschiebung der Flossenmusculatur bei Amia erblicke ich in der zunehmenden Starrheit des Extremitätenskelets. Bei den Stören ist noch das primäre Flossenskelet knorpelig. Bei Amia beginnt auch dieses distal zu verknöchern. Damit wird immer mehr die schon beim Sterlet nur noch bedingte Möglichkeit, durch Biegungen des inneren Skelets Bewegungen zu erzeugen, eingeschränkt (pP: 224). Ein gewisser Grad der Beweglichkeit wird noch in den Verbindungen der Radien mit dem Meta- pterygium bestehen. j Stärkere Knickungen sind aber nur möglich im Schultergelenk, dem einzigen ausgebildeten Gelenk der Extremität (alle anderen sind „Vollgelenke“ im Sinne Semon’s), oder zwischen innerem und äusserem Skelet, da diese beiden nicht fest mit einander verbunden sind. Da die Muskeln aber wesentlich an den Knochenstrahlen des äusseren Skelets inseriren, so besitzen diejenigen von ihnen, welche an dem fest verankerten Schultergürtel entspringen, einen besseren point d’appui als die vom beweglichen inneren Flossenskelet Ursprung nehmenden Muskeln. Bei Knochenfischen hat die bei Amia angebahnte Richtung dazu geführt, dass sämmtliche Muskeln mit ihren Ursprüngen auf den Schultergürtel gerückt sind. Es ist ihnen dabei nach den genauen Untersuchungen von GEGENBAUR (1865) in vielen Fällen ein Angliederungsprocess behülflich, welcher die übrig gebliebenenTheile des primären Brustflossenskelets mit dem Schultergürtel vereinigt. Für die Musculatur ist dadurch der bei Acipenser in den Anfangsstadien, bei Amia in weit höherem Grade nachweisbare Zustand bis zur vollen Ausbildung gediehen, dass das innere Gliedmaassenskelet (resp. dessen Deckknochen) 15* 30* 228 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 116 nichts anderes als die Ursprungsfläche, das äussere nur die Insertionsstellen für die Flossenmuskeln abgiebt. Das Skelet kann sich dieser Einrichtung in einzelnen Fällen [z. B. bei Periophthalmus‘)] so sehr anpassen, dass ein besonderes Gelenk zwischen innerem und äusserem Skelet zu Stande kommt (HÄMMERLE 1897, p. 28, 31). Bei Selachiern dagegen ist die Biegsamkeit von innerem und äusserem Flossenskelet zu einer ganz anderen Art der Bewegung der Flosse verwerthet (p. 200). Noch weiter sind die Einrichtungen bei den Dipnoern hiervon entfernt (p. 149f.). Es sind in der Amia-Flosse noch verschiedene andere Einrichtungen erhalten, welche einen alten Erbtheil der niederen Fische bilden, aber hier stärker als bei Acipenser verändert sind. So lässt sich ein prä- und postaxialer Plexus im Vergleich mit den Verhältnissen bei Acipenser wohl unterscheiden. Der letztere ist aber an der dorso-medialen Flossenmuseulatur noch stärker auf die Oberfläche hinaufgerückt, als dies beim Sterlet der Fall ist (vergl. Taf. XXVI, Fig. 4A, und Taf. XXV, Fig. I). Um dies zu verstehen, muss man in Betracht ziehen, dass die dorsalen Hauptnervenstämme in den Hauptmuskel nicht am Rande, wie bei Acipenser, oder in der Nähe des Randes, wie bei Squaliden, eintreten, sondern dass bei Amia die Nerveneintrittsstellen dorsalwärts auf die Oberfläche des Muskels verschoben sind (Taf. XXVI, Fig. 4A). Ferner sind die Ursprünge der am ventralen Flossenrande liegenden Mm. zono-keratoidei sehr stark dorsal- wärts am Cleithrum in die Höhe gerückt. Dieser Tendenz der Ausbreitung in dorsaler Richtung sind offenbar auch die Muskelfasern gefolgt, welche vom Plexus postaxialis versorgt werden, und haben dessen Aeste immer mehr über diejenigen des Plexus praeaxialis hinübergezogen. Daher kommt es, dass die beiden bei Selachiern entsprechend ihrem Namen cranial und caudal von der Axe des Basale metapterygii liegenden Geflechte bei Amiaden schliesslich in eine oberflächliche Schicht (Plexus praeaxialis) und eine tiefe Schicht (Plexus postaxialis) verwandelt sind. Allerdings ist auch bei Amia der oberflächliche Plexus nicht so weit entfaltet, dass er etwa die Randstrahlmusculatur erreichte. Er verräth durch seine auf den ventralen Theil der Flosse beschränkte Lage noch die ursprüngliche Position am ventralen Flossenrande. Auch bei der Musculatur des Randstrahbles ist eine grosse Selbständigkeit gegenüber dem Hauptmuskel und eine ähnliche, wenn auch nicht so beträchtliche, Entfaltung wie bei Acipenseriden fest- gestellt worden. Bisher habe ich eine Reihe von Merkmalen der Amia-Flosse aufgeführt, welche sich zwar zum Theil als erhebliche Abweichungen vom Typus der Acipenseriden charakterisiren, aber doch entweder einen Anschluss an die Einrichtungen der Störe, oder doch eine ihnen parallel verlaufende Organisation erkennen liessen. Es ist dies so zu verstehen, dass Amia auf Grund dieser bisher erwähnten Befunde für einen Fisch gelten kann, welcher an seiner Brustflosse die Anordnung der Musculatur zum Randstrahl und die Ver- änderung der postaxialen Musculatur in ähnlicher Weise wie die Acipenseriden erfahren hat, andererseits aber durch eine progressive Ausbildung der präaxialen Musculatur eine Weiterentwickelung gegenüber den Stören einschlägt, welche bei Teleostiern in mannigfaltigster Form durchgeführt ist. Die Acipenseriden haben dagegen durch die einseitige Entwickelung der Randstrahlmusculatur unter regressiver Veränderung des Hauptmuskels eine besondere Richtung eingeschlagen, welche nicht zu anderen, höher differenzirten Formen hinüberführt. Mit diesen Ausführungen ist keineswegs alles erschöpft, was sich auf Grund der früher mitgetheilten Befunde über die Stellung der Brustflosse von Amia innerhalb der Ganoiden sagen lässt. Doch möchte ich, um dies besser würdigen zu können, hier zunächst die zusammenfassende Besprechung der Crossopterygier anschliessen. 1) S. p. 174. Die mir erst während des Druckes dieser Abhdl. zugänglich gewordene Arbeit von HÄNMMERLE liefert für Periophthalmus, die p. 174, Anm. ı, als Desiderat bezeichnete genauere Untersuchung und speciell eine Beschreibung des früher zwar bekannten, aber nicht in seiner genaueren Configuration gewürdigten distalen Gelenkes. a TEE el TEE U AO A j | 117 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse., 229 7) Die Stellung der Crossopterygier-Brustflosse zu derjenigen der übrigen Paläichthyer. Die Brustflosse des Polypterus, welche in ihrer serialen Stellung zum Rumpf derjenigen der Acipenseriden ähnlich ist, hat verschiedene wichtige Merkmale, welche allen anderen von mir untersuchten Ganoiden fehlen. Der Plexus omopterygialis distalis erinnert in seiner Anordnung an die Verhältnisse bei Ceratodus und unterscheidet sich von denjenigen bei Selachiern und anderen Ganoiden deutlich. Es existiren nämlich mehrere gut entwickelte Längsstränge, welche über die Cartilago centralis proximo-distalwärts und nahe dem postaxialen Rande hinweglaufen (Textfigur 19). Von diesen strahlen nach dem prä- und postaxialen Rande der Flosse Aestchen, welche ebenfalls Geflechte bilden, aus. Bei Selachiern und bei den anderen Ganoiden kommen derartige strangartige Geflechte beim Plexus praeaxialis (z. B. Taf. XXIX, Fig. 1) und beim Plexus postaxialis (z. B. Taf. XXIII, Fig. 2) vor. Um die fraglichen Gebilde bei Polypterus mit einem von diesen Plexus vergleichen zu können, müsste sich zeigen lassen, wo das andere Geflecht zu finden wäre. Denn bei allen niederen Fischen, welche ich untersuchte, sind beide, das postaxiale freilich meist in reducirtem Zustande, erhalten. Die ober- flächlichen Aestchen, welche sich von den Hauptnervenstämmen bei Polypterus ablösen, ehe diese in die Musculatur eintreten (Taf. XXVI, Fig. 2), ähneln zwar in ihrer Lage ein wenig dem gegenüber dem ursprünglichen Zustande stark veränderten Plexus postaxialis der Amia-Flosse (Fig. 4A). Aber einmal sind diese Nerven bei Polypterus zum Theil Hautäste; andererseits bilden sie kein Geflecht unter einander. Sie sind nichts anderes als früh sich abzweigende Aestchen, wie diejenigen, welche beim Nerven b (2) noch viel weiter vertebralwärts zum Musculus levator abgehen (Fig. I und 2). Sie kommen demnach nicht in Betracht. Andere Aeste sind aber nicht vor- handen. Es stecken also wahrscheinlich beide Plexus in den Längssträngen. Tv 2 Es besteht nun eine gewisse Aehnlichkeit der Nervenlängsstämme N 1 € N der Polypterus-Flosse mit derjenigen bei Ceratodus, namentlich bei der Brust- flosse dieses Dipnoers (Textfigur I5a, p. 196). Die bei beiden übereinstimmende Fig. 19. Polypterus - Brustflosse. Lage auf der Fläche!) der Flosse, nicht etwa ausgesprochen am Rande Lage der Nesen Zum Selen Leer teres ist vereinfacht gegenüber dem derselben, unterstützt die Ansicht, dass auch bei Polypterus wie beim Lungen- thatsächlichen Befund (verg. Taf. S BEER r N XXVI, Fig. 1A). In Folge dessen liegt fisch in den Geflechten des Plexus omopterygialis distalis das ganze aye anders zur Zahl der Radien als in Textfigur 20€. Figurenerklärung Netz der Plexus prae- und postaxialis vorliegt. 2 vergl. Textfigur 15, p. 196. Damit scheint mir ein neuer Anhaltspunkt dafür gegeben zu sein, dass die Cartilago centralis der Polypterus-Flosse nicht, wie GEGENBAUR ursprünglich (1865) wollte, ein Mesopterygium, sondern, seiner neueren Auffassung (1895, vergl. auch 1873, p. 139) entsprechend, ein dem Metapterygium der Selachier und dem Stammstrahl der Dipnoer ganz oder zum Theil homologes Skeletstück darstellt. Es ist die Frage vielfach aufgeworfen worden, ob die Cartilago centralis durch eine Verschmelzung eines Stammradius mit Seitenradien zu Stande gekommen sei, oder ob eine Verbreiterung des Axenstrahles 1) Die Angabe von KLAATSCH (1896), dass bei Polypterus die Nerven durch eine tiefe Muskelschicht vom Knorpel getrennt seien, trifft für diese Plexusbildungen nicht zu. 230 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 118 vorliege. Um eine Verschmelzung anzunehmen, wie dies mit Bestimmtheit PoLLARD (1892) und MOLLIER (1897, p. 28) thuen, müssten Reste der ursprünglichen Bestandtheile nachweisbar sein. Diese werden, abge- sehen von den vieldeutigen Einkerbungen des distalen Knorpelrandes, welchen PoLLarp Bedeutung beimass, darin erblickt, dass der Knorpel von Löchern durchbrochen ist. Diese Löcher scheinen mir in der That Beachtung zu verdienen. Sie dienen, wie KraaTscH und ich nachwiesen, ausschliesslich Gefässen zum Durchtritt. In der Umgebung einiger von ihnen (KLAATSCH) tritt bei älteren Exemplaren die schon Jon. MÜLLER (1846) bekannte Verknöcherung im Centrum des Knorpels auf. Sie selbst entstehen aber wohl unabhängig von der Ossification. Wenigstens sind in meinem Exemplar 4 Foramina (also sogar eines mehr, als KraatscHh bei einer Polypterus-Flosse mit Knochenkern fand) vorhanden, ohne dass von Össification etwas zu merken gewesen wäre. Auch gehen bei meinem Exemplar die Gefässe glatt von der einen Seite zur anderen hindurch und lösen sich nicht etwa im Knorpel auf. Perforirende Gefässe gelten an manchen Stellen bei den Extremitäten höherer Thiere als Marken für ehemalige Grenzlinien zwischen einst getrennten Theilen |z. B. Arteria perforans im Carpus zwischen Ulnare und Intermedium!), Taf. XXVII, Fig. IB]. An anderen Stellen werden Gefässe in das Skelet aufgenommen, wo dies nicht mit einer ursprünglichen Discontinuität der Theile in Zusammenhang gebracht werden kann (z. B. beim Foramen supracondyleum des Humerus, in welchem sich A. brachialis und N. medianus finden). Die Deutung der Kanäle bei Polypterus und Calamoichthys ist also eine zweifelhafte. Hoffentlich bringt die Entwickelungsgeschichte Aufschluss über dieselben. Bis dahin müssen wir uns mit Vermuthungen begnügen, welche jeder Zeit durch neue Thatsachen corrigirt und umgeworfen werden können. Da bei den Pterygiophoren Kanäle im Knorpel der freien Flosse bisher nirgends?) gefunden sind, so ist es immerhin auffallend, dass gerade bei Polypterus solche secundär in den Knorpel hineingerathen sein sollen. Ausserdem erfordert die Lage der Kanäle in einer, parallel dem Marginale postaxiale verlaufenden Linie, auf welche KLAATScCH zuerst hinwies, eine Erklärung. Es ist das Verdienst von KLAATSCH, erkannt zu haben, dass die Brustflosse der recenten Crosso- pterygier asymmetrisch zu ihrer ursprünglichen Axe entwickelt ist. Er schliesst dies°) aus der äusseren Form der Flosse, der Richtung der endständigen Radien und der Lage des distalwärts am weitesten vor- springenden Punktes am Knorpelcontour (vergl. auch meine Taf. XXVI, Fig. IA). Diese Momente lassen übereinstimmend die Vermuthung zu, dass die Axe nahe dem postaxialen Rande und nicht in der Mitte der Cartilago centralis zu suchen sei. Ich möchte dieselbe weiter unterstützen durch den Hinweis auf die Form und Anordnung der Mm. zono-keratoidei, der ältesten Extremitätenmuskeln, welche die Flosse besitzt. Die- selben breiten sich divergirend auf der Flossenplatte aus, und zwar von einer Axe, welche etwa an die selbe Stelle zu legen ist, wie es nach den oben erwähnten Facta geschehen kann. Auch die Zwischensehnen beider Hauptmuskeln geben jene Richtung an, obgleich ihnen als secundären Differenzirungen keine grosse Bedeutung in dieser Frage beizumessen ist. Das Nervensystem schliesslich ist in demselben Sinne zu ver- werthen. Denn auch die Lage und Richtung der Hauptnervenstämme deutet auf eine Axe hin, welche näher dem post- als präaxialen Rande der Flosse lag (Textfigur 19, p. 229). 1) Vergl. besonders die Arbeiten von EMERY (1894, 1897 A und B). 2) Ueber Ausnahmen, welche ich bei Ceratodus fand, werde ich später (p. 258) berichten. Sie scheinen mir auch für die Wichtigkeit dieser Kanäle zu sprechen. 3) Den anderen Argumenten von KLAATSCH kann ich keine Beweiskraft zuerkennen. Der unvollständige Radius, durch welchen der Autor die Axe bestimmt sieht, ist nicht der einzige, welcher vorkommt (vergl. meine Taf. XXVI, Fig. IA). Warum aber die Gefässlöcher die Lage der Axe bestimmen sollen, bleibt in der Darstellung KLAATSCH’s unerörtert. Man wird wohl annehmen dürfen, dass gerade dort, wo sie sich befinden, die Axe nicht zu suchen ist. u En en a 119 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 231 Genau die Stelle zu bestimmen, an welcher die Axe zu suchen ist, z, B. durch Angabe des betreffenden distalen Radius, wie KLAATSCH es thut, erscheint mir jedoch nach dem vorliegenden Material unmöglich !). Die einzelnen Momente, welche für die asymmetrische Lage der Axe sprechen, sind überhaupt ihrer Beweis- kraft nach nicht so hoch zu veranschlagen, dass eines ausschlaggebend für die Reconstruction derselben sein könnte. Nur ihre Coincidenz macht dieselbe möglich. Dieses Zusammenfallen der Axen heterogener Flossenbestandtheile ist natürlich kein absolutes. Eine gewisse Breite bleibt zur willkürlichen Anordnung der Axe zur Verfügung. Die Asymmetrie des Skelets ist möglicher Weise schon bei fossilen Crossopterygiern vorhanden gewesen. Die Form der Flosse und die Anordnung des äusseren Skelets bei Holoptychius z. B., bei welchem der eine Flossenrand mächtig entwickelt, der andere viel weniger entfaltet ist (Textfigur 20a), lässt vermuthen, Fig. 20. Schema einer Ableitung der Brustflosse von Polypterus und Amva. a Fossile Brustflosse eines Holoptychius. b Hypothetische Urform des Knorpelskelets eines primitiven Ganoiden. Die spätere Verschmelzungszone ist mit punktirtem Contour angegeben. Gefässlöcher zwi- schen den Enden der Seitenradien. e Undinastadium. In eine Contourzeichnung nach der Brustflosse des Fossils ist die hypothetische Form des Knorpelskelets eingetragen. Die Gefässlöcher liegen in der axialen Knorpelplatte. Lage der ur- sprünglichen Axe durch fett gestrichelte Linie bezeichnet. d Hypothetische Uebergangsform vom Un- dinastadium zu recenten Crossopterygiern Lage der Axe siehe unter c. e Knorpelskelet der Brustflosse von Polypterus bichir. (Copie nach Taf. XXVI, Fig. 1.) f Knorpelskelet der Brustflosse von Amia ealva. Schematisirt nach Taf. XXVI, Fig. 4B. Die axiale Knorpelplatte ist nach der linken Seite zu ergänzt. dass die erstere auch von kräftigeren Seitenstrahlen der biserialen Axe gestützt wurde als die letztere. Die bei diesen alten Formen viel weiter terminalwärts als bei den recenten entwickelte Axe wird also näher dem geraden als dem gebauchten Rande der Flosse zu suchen sein. Die directen Beobachtungen hierüber bei Fossilien sind leider sehr spärlich (TRAQUAIR, 1876, p. 390). Um aber auf die Gefässlöcher im Knorpel recenter Crossopterygier-Brustflossen zurückzukommen, so muss bei ihnen die eigenthümliche Lage in der Nähe des postaxialen Randes des Knorpels mit Rücksicht auf die Axenbestimmung auffallen. Sie liegen der Axe benachbart und in einer Linie, welche der Richtung derselben ungefähr entspricht (Textfigur 20e). Sind die Gefässlöcher keine späten Neubildungen (was ich in keiner Weise als entschieden ansehen möchte), so lässt sich am ehesten, wie ich glaube, ihre Lage ver- stehen, wenn man annimmt, dass von der Axe der ursprünglichen, bereits asymmetrisch entwickelten Flosse aus (Holoptychius a und Schema b) eine allmähliche und gleichmässig nach der Peripherie des Knorpelskelets 1) Ich habe in Textfigur 19, p. 229 die Axe mit ? versehen, um damit auszudrücken, dass ich die Lage desselben genau an dieser Stelle nicht vertreten möchte. Vergl. p. 230 Anm. 3. 232 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 120 fortschreitende Verschmelzung der Basalia der Seitenradien mit der Axe selbst stattfand. Diese Verschmelzung würde dann Gefässstämme!), welche zwischen den Radien lagen, in den Knorpel eingeschlossen und, da die postaxialen der Axe, also dem Centrum concentrischer Wachsthumslinien, näher lagen als die präaxialen, erstere schon früh erreicht haben (Schema b und c, Textfigur 20). Die schliessliche Ausgestaltung der Brustflosse recenter Crossopterygier beruht nach GEGENBAUR auf Reductionen?) der Axenplatte in Folge vicariirenden Wachsthums zweier Randstrahlen, der Marginalia. Diese gewinnen durch ihre Beziehungen zur Musculatur und den aus ihr entstehenden Muskelindividuen immer grössere Bedeutung und verdrängen die Knorpelplatte immer mehr. Das dem präaxialen Mar- ginale anhängende Knorpelchen zeigt dabei, dass hier nicht der äusserste Strahl sich entwickelte, sondern mindestens erst der zweite (Textfigur 20 c, d, e). KLAATSCH (1896, p. 311) hat versucht, durch seine Befunde am Nervensystem nachzuweisen, dass die Polypterus-Brustflosse „Zustände von wahrhaft classischer Einfachheit‘ besässe. Von seinen Argumenten scheint mir aber ein Theil auf sehr anfechtbaren Beobachtungen zu basiren (geringe Zahl, mangelnde Ver- bindungen der Nerven, Plexusbildung nur in Anfängen, Abnahme der Nervenverbindung in cranio-caudaler Richtung); die übrigen kommen bei dieser Frage kaum in Betracht, da sie entweder allen niederen Fischen und speciell auch allen Ganoiden zukommen (Theilung eines jeden Flossennerven in R. ventr. und dors.) oder wenigstens den meisten Paläichthyern (sehr weit cranial liegende Flossennerven; sie sind bei Dipnoern, vielen Squaliden, Acipenseriden vorhanden, Braus 1898A, Taf. XVII und diese Abhandlung, p. 206). Es finden sich vielmehr, abgesehen von den Spuren ursprünglicher Biserialität, überall erhebliche progressive Veränderungen der Polypterus-Brustflosse, welche diese von ihren muthmaasslichen Vorfahren weit entfernt und in besondere Bahnen gedrängt haben. So ist von KLAATSCH auch die verticale Ruhelage der Brustfiosse für primitiv gehalten worden. Es zeigt sich jedoch, dass die Musculatur eine ventro-laterale und dorso-mediale Lage besitzt, da der Musc. depressor (Taf. XXVI, Fig. 2), ein ventral entspringender Muskel, seiner Innervation nach zur lateralen Musculatur gehört. Der M. levator andererseits entspringt dorsal und gehört zur medialen Mus- culatur. Die Nerven des Plexus omopterygialis posterior treten auch nicht an der unteren Kante der Flosse zwischen lateraler und medialer Flossenfläche in die Musculatur hinein (KLAATSCH), sondern ihre Eintrittsstelle liegt auf der medialen Flossenfläche, zwischen dem Rande des M. depressor und M. retractor (Taf. XXVI, Fig. 2 s. p. 2II Anm.). Man könnte jedoch in der Lage der Muskelursprünge etwas spät Erworbenes erblicken, da diese so oft und leicht ihre Lage wechseln. Entscheidend ist deshalb die Anordnung der Nerven zum Skelet. Der Plexus omopterygialis posterior theilt sich am Rande des Marginale postaxiale (Taf. XXVI, Fig. TA) in seine Rami dorsales et ventrales. Daraus geht hervor, dass dieser, wie der entsprechende, an der Theilungsstelle der Flossennerven liegende Rand der Dipnoer- und Selachierflosse, der Rumpfwand ursprünglich zunächst gelegen haben muss. Ausserdem können die vorderen Flossennerven ihre eigen- thümliche dorsale Lage nur durch eine sehr starke Axendrehung der Polypterus-Flosse erhalten haben. Es 1) „Randgefässe“, welche der Peripherie des Knorpels folgen, sind von MOLLIER bei Störembryonen beschrieben worden (1897, p. 32 und Textfigur 9); um Aeste von solchen würde es sich handeln. 2) Auch am distalen Rande der Knorpelplatte scheinen mir Reductionen eingetreten zu sein. Manche Endradien erreichen nicht mehr den Knorpel oder sind mit Nachbarstrahlen verschmolzen (Textfigur 20e, letzteres stellt KLAATSCH irrthüm- licher Weise gegenüber WIEDERSHEIM in Abrede). Die Reduction der Strahlen ist bei Calamoichthys weiter fortgeschritten und hat zu einer Einbusse an Radien gegenüber Polypterus geführt. Für distale Verschmälerungen sprechen auch Concrescenzen unter den Epactinalia (POLLARD, vergl. auch meine Figur) und die Verschmelzung der Cartilago centralis mit der distalen Epiphyse des Marginale praeaxiale (PARKER, KLAATSCH), welche ich, entgegen KLAATSCH, der sie nur bei Calamoichthys sah und für Polypterus in Abrede stellt, auch bei diesem finde (Taf. XXVI, Fig. IA). 121 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 233 kommt bei keinem anderen mir bekannten Fisch vor, dass cranialwärts von diazonalen Nerven!) metazonale liegen, wie dies bei den präaxialen Aesten des 2. und 3. Spinalnerven bei Polypterus der Fall ist (siehe Fig. IA und 2). Bei den meisten Selachiern und allen übrigen Ganoiden liegt der vorderste Flossennerv diazonal; bei Dipnoern und einigen Squaliden (z. B. Spinaz, individuell) befindet er sich zusammen mit allen folgenden Nerven metazonal. Es wäre aber unverständlich, warum von allen Flossennerven gerade der eine Ast des 4. Spinal- nerven aus der Reihe der übrigen metazonalen Nerven heraus- und in den Schultergürtelknorpel hinein- gerathen sein könnte, wenn man etwa daran denken wollte, alle metazonalen Nerven der Polypterus-Flosse für primär metazonal zu halten. Man muss vielmehr für die Entstehung der diazonalen Nerven dieselben Ursachen postuliren, welche bei den Extremitäten der niederen Wirbelthiere und besonders der Fische ganz allgemein wirksam sind. Diese führen regelmässig dazu, dass zuerst der vorderste, dem Extremitätenbogen zunächst liegende Flossennerv, dann der 2., 3. u. s. w. in den Schultergürtel eingeschlossen werden, falls überhaupt ein Einschluss erfolgt (BRaus, 1898, 1890). Da bei Polypterus vor dem diazonalen Flossenast des 4. Spinalnerven noch solche vom 3. und 2. zur Extremität verlaufen, so müssen diese ehemals auch diazonale Nerven gewesen und erst nachträglich in ihre alte metazonale Lage zurückgekehrt sein. Sie sind secundär metazonal und verdanken dies offenbar Einschmelzungen des primären, bei Polypterus stark ver- kleinerten Schultergürtels, auch an dieser Stelle. Bei den Selachiern liess sich zeigen, dass die Ursache für die Wanderung der Nerven in den _ Schultergürtel hinein und durch diesen hindurch in Verschiebungen der Flossentheile in caudo-cranialer Richtung, speciell in der Ausbildung des Propterygium und seiner Musculatur zu suchen ist (BRaus, 1898 A). Bei Polypierus ist die Wanderung der Nerven nicht in caudo-cranialer, sondern in ventro-dorsaler Richtung erfolgt. Denn auf ventrale s. postaxiale metazonale Nerven folgt der diazonale Nerv, und auf diesen dorsale s. präaxiale Aeste. Hier hat demnach eine Verschiebung des Flossenskelets in ventro- dorsaler Richtung stattgefunden, wie die Nerven anzeigen. Da der postaxiale Rand der Flosse, ebenfalls nach dem Nervenbefund zu urtheilen, der Rumpfwand einstens anlag, so war es der präaxiale Rand, welcher die Bewegung vollführte. Verständlich wird die Stellungsänderung des Flossenskelets bei Polypterus durch die eigenartige biseriale Entfaltung des Skeletes, speciell den functionellen Process, welcher die Marginalia an der Gelenk- verbindung mit dem Schultergürtel betheiligte. Zu bedenken ist, dass zu jener Zeit vielleicht ausserhalb der jetzigen Marginalia noch Radien existirten, welche am Schultergürtel befestigt waren (Textfigur 20, b, c, d p. 231). Durch diese Vorgänge bekam das Gelenk einen viel grösseren Umfang und stellte sich in die Richtung ein, welche beim primären Schultergürtel den weitesten Raum gewährt, nämlich in die ventro- dorsale Längsaxe desselben. So, denke ich mir, wurde die Ruhestellung der Flosse in der verticalen Ebene fixirt. Diese Stellung blieb bei den folgenden Reductionsprocessen erhalten, auch als die ausserhalb der jetzigen Marginalia liegenden Radien bis auf den jetzt bei Polypterus noch erhaltenen, aber ausser Connex mit dem Schultergürtel gerathenen Rest verschwanden, als die Marginalia proximal zusammenrückten, die Cartilago centralis aus der Gelenkverbindung mit dem Schultergürtel verdrängten, und eine distale Verschmälerung der Skeletplatte eintrat, die bei der Differenzirung der Randradien (Marginalia) gegenüber den Endradien betheiligt gewesen sein wird (p. 232). Wie die Flosse gestanden hat zu der Zeit, als ihre Axe schmäler war und ihre Marginalia noch nicht mit dem Schultergürtel articulirten, ist nach den paläontologischen Befunden nicht mit Sicherheit zu 1) Chlamydoselachus, mit welchem POLLARD die Verhältnisse bei Polypterus identificiren zu können glaubt, besitzt 5 dia- zonale Nerven (BRAUS, 1893A, Taf. XVII). Cranial von diesen liegen keine anderen Flossennerven. Jenaische Denkschriften. IV. 16 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. al 234 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 122 entscheiden. Doch werden dieselben Verhältnisse bestanden haben, wie sie für Flossen mit primitivem biserialem Knorpelskelet und deren Vorläufer durch den Vergleich der Dipnoer- und Selachierextremität erschlossen wurden (p. 198, 199). Denn dass das primitive Crossopterygium biserial gebaut war, ist nach den paläontologischen Formen (TRAQUAIR 1876, ZITTEL 1890, GEGENBAUR 1895) und den oben (p. 230) angeführten Befunden von KLAATSCH und mir bei recenten Quastenstören sehr wahrscheinlich. Die jetzige Stellung der Polypterus-Brustflosse stimmt insofern mit der Ruhelage der Brustflosse des Ceratodus überein, als bei beiden die dorsale Fläche medialwärts und die ventrale Fläche lateralwärts schaut. Bei beiden ist die Ursache der senkrechten Stellung in der mächtigen Entfaltung des biserialen Flossen- skelets zu suchen. Die gleiche Richtung, welche die Drehung einschlug, lässt ähnliche functionelle Auf- gaben voraussetzen, welche jetzt noch von beiden Thieren durch die Benutzung der vorderen Extremität zum Schwimmen (Steuerung) erfüllt werden. Bei Acipenseriden dagegen ist mit der einseitigen Entwickelung des Skelets, bei welchem von der postaxialen Partie nichts erhalten ist, die horizontale Ruhestellung eingehalten, ähnlich wie dies bei den recenten Selachiern der Fall ist (p. 198). Schwierigkeiten macht die genauere Definition des Zustandes, von welchem das Amiopterygium seinen Ausgang nahm. Die Flosse bei Amia steht mit ihrer Fläche senkrecht wie bei Polypterus. Die knor- pelige Axe, ein primitives Merkmal gegenüber dem beispielsweise bei Lepidosteus verknöcherten Stamm- strahl, ist ziemlich breit und ursprünglich noch breiter gewesen, weil die freien Radien der Flosse durch Reductionen und Abspaltungen des präaxialen Randes der knorpeligen Axenplatte frei wurden (p- 218 Anm.). ; Sie erinnert also dadurch an Zustände, welche bei Polypterus als charakteristisch gelten. Ich habe in Textfigur 20f (p. 231) die Form des primitiven Amiopterygium auf Grund dieser Befunde dargestellt. Man sieht, dass der Schritt von dem hypothetischen Undinastadium der Crossopterygierflosse (Textfiigur 20c) zu ihm kein grosser ist. Hat die Verschmälerung der postaxialen Seite bei Flossen wie jenem zugenommen und ist an diesem Rande kein prävalirender Strahl zur Entwickelung gekommen, so wäre ein Stadium, wie es in Textfigur 20f abgebildet ist, erreicht. Diese Entwickelung würde nicht ohne Parallele sein. Denn auch beim Selachopterygium wird die postaxiale Seite zu Gunsten der präaxialen unterdrückt; letztere entfaltet sich hier durch vermehrte Production von Knorpelradien, bei Amia dagegen, analog ähnlichen Einrichtungen bei anderen Ganoiden, durch besondere Ausgestaltung des Hautskelets in Form eines kräftigen, vom Propterygium getragenen Randstrahles. Sollte sich das Knorpelchen x als das Rudiment eines postaxialen Seitenstrahles erweisen lassen, so würde diese Vermuthung an Sicherheit gewinnen. Doch lässt sich darüber zur Zeit nichts aussagen (p. 227). Ich wollte immerhin auf diese Aehnlichkeit des Amio- und Crossopterygium aufmerksam machen, um weitere Untersuchungen auf diese Punkte zu lenken. Eine besonders hervorspringende Eigenschaft der Musculatur bei Polypterus ist die Entwickelung einer Reihe ganz oder fast ganz selbständiger Muskelindividuen. Ich unterschied in Anlehnung an die von POLLARD (1892) eingeführten Bezeichnungen einen Musc. levator und retractor auf der medio-dorsalen und einen M. protractor und depressor auf der latero-ventralen Flossenfläche. Diese Muskeln sind Diffe- renzirungen einzelner Theile der Hauptmuskeln, indem entweder Mm. zono-pterygiales oder auch solche im Verein mit tiefer liegenden Fasern an bestimmten, mechanisch bevorzugten Stellen, also besonders an den Rändern des Flossenskelets, wucherten und separate Muskelbäuche bildeten. Es entsteht in diesen Muskelindividuen qualitativ nichts Neues. Denn die Bewegung greift nach wie vor am ganzen distalen Flossenrand am äusseren Skelet, den Knochenstrahlen, an, da an ihnen 123 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 235 die Mehrzahl der Muskeln befestigt ist. Die Insertion der separaten Muskelindividuen an den Marginalia (M. levator, depressor, retractor) ist eine besondere Fortbildung des bei allen anderen Ganoiden und allen Selachiern vorkommenden Zustandes, dass an den seitlichen Rändern des Flossenskelets Muskelfasern zur Insertion gelangen. Dieselbe Beschränkung auf die Ränder der Flosse wie bei jenen ist aber auch bei Polypterus vorhanden. Etwas Neues wäre es, wenn in der That, wie KLAATScH glaubt, eine Wirkung der Musculatur auf die Cartilago centralis vermittelst der Zwischensehnen möglich wäre, welche in beiden Hauptmuskeln vorhanden sind. Diese dienen aber lediglich zur Vergrösserung der Ursprungsfläche der am Schulter- gürtel entspringenden Muskelfasern. Die Fortsetzung der Inscriptio in einen kleinen Theil des M. protractor kommt hierbei kaum in Betracht (p. 211, 212). Ebensowenig wie hier eine mittelbare Insertion an der Fläche der Cartilago centralis besteht, kommt eine unmittelbare an den distalen Radien des inneren Skelets vor. KraartscH glaubt bei diesen Mm. interossei gefunden zu haben, also solche Muskelfasern, welche an den Radien Ursprung und Insertion finden. In Wirklichkeit inseriren aber alle an den distalen Radien des inneren Skelets ent- springenden Muskelfasern an den Knochenstrahlen des Hautskelets (Mm. pterygo-keratoidei). Diese Verhältnisse sind deshalb besonders wichtig, weil mit der Anlage neuer Insertions- punkte am Skelet in der That Verhältnisse geschaffen wären, welche bei der pentadactylen Extremität in besonderer Ausbildung getroffen werden. Denn bei dieser beruht das mechanische Princip der Muskelwirkung wesentlich darin, den einzelnen Quergliedern des inneren Skelets möglichst vielseitige Winkelstellungen zu einander zu ermöglichen (Hebelsystem, GEGENBAUR, 1876, 1898). Bei Polypterinen jedoch dient das Knorpelskelet der Flosse ebenso wie bei allen anderen Ganoiden und Selachiern als ein einarmiger Hebel, welcher nur in einem Gelenk, dem Schultergelenk, bewegt wird. Die Bewegungen in der Flosse selbst beruhen auf Bewegungen des äusseren Flossenskelets (Knochenstrahlen) gegen das innere, welche bei den Tetrapoden wegen des Mangels solcher nicht in Betracht kommen, ‚und laufen auf Biegungen und unbedeutende Knickungen hinaus, welche durch Ver- kürzung der einen Flossenfläche gegenüber der anderen seitens der ebenfalls am äusseren Skelet der Flosse inserirenden Muskelfasern bedingt werden. Solche fehlen aber der pentadactylen Extremität völlig. Bei Amiaden ist in der Musculatur eine weitere Aehnlichkeit mit den Polypterinen gegeben, da auch bei ihnen Muskelindividuen, wenigstens auf der dorso-medialen Seite, selbständig geworden sind. Dieselben sind jedoch mit denjenigen bei Polypterus nicht direct vergleichbar, schliessen sich vielmehr theils an Einrichtungen an, die bei der dorsalen Musculatur der Squaliden-Brustflosse bestehen, theils an solche, welche sich bei Acipenseriden finden. 0) Schlussworte zu diesem Capitel. Die Entwickelungsstufe der Brustflosse bei den untersuchten Ganoiden ist in- sofern eine ähnliche, als überall das innere Flossenskelet als einarmiger Hebel benutzt wird, in sich selbst aber keine neuen Bewegungsmöglichkeiten in proximo- distaler Richtung durch besondere Muskeldifferenzirungen erhalten hat. Die Anordnung der Musculatur ist der Hauptsache nach dieselbe wie bei Selachiern. Sie setzt sich zusammen aus denselben drei Kategorien von Muskelfasern wie bei diesen. Von den bei Ceratodus vorhandenen, lediglich am distalen Theile des Flossenskelets angehefteten Muskeln (Inscriptiones und Mm. pterygiales proprii) ist nichts vorhanden. 16 * 3L* 236 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 124 Innerhalb dieses Rahmens divergiren jedoch die Flossen der einzelnen Ganoiden beträchtlich. Eine doppelseitige Entfaltung des basalen Flossenskelets in senkrechter Ruhelage hat bei den recenten Crosso- pterygiern, in Wechselwirkung mit entsprechenden Muskelveränderungen, mehrere selbständige Muskel- individuen entstehen lassen. Bei Amiaden ist die doppelseitige basale Entfaltung des Skelets zum Stillstand gekommen, die postaxiale Seite bis auf Spuren verloren gegangen und unter Beibehaltung der senkrechten Ruhelage eine Uebergangsform ausgebildet worden, welche auf eine Winkelbewegung zwischen Abkömmlingen des inneren und äusseren Skelets abzielt. Dieser Uebergang äussert sich in der Ueberwanderung der Ursprünge der Musculatur vom freien Flossenskelet auf den Schultergürtel. Bei manchen Teleostiern ist der Endzustand erreicht, da bei ihnen alle Muskelursprünge auf dem, zu einer Einheit verschmolzenen primären Gliedmaassenskelet vereinigt sind, und der einarmige Hebel der freien Gliedmaasse, welchen diese Muskeln bewegen, nur noch aus Abkömmlingen des Hautskelets besteht. Bei Acipenseriden muss ein Verlust des postaxialen Theiles des Flossenskelets, für dessen ehemaliges Vorhandensein der noch spurweise erhaltene, entsprechende Nervenplexus zeugt, eingetreten sein, ehe die doppelseitige Verbreiterung der Flossenbasis eintrat, die bei Polypterinen (und Amiaden) zur senkrechten Ruhelage führte. Aus der einseitigen Entfaltung!) des präaxialen Abschnittes des Flossenskelets bei den Acipenseriden resultirte eine wagerechte Ruhelage der Extremität. Selachier und Ganoiden stehen bezüglich ihrer Brustflossenmusculatur und -innervation so zu einander, dass bei letzteren überall die Grundeinrichtungen ersterer erkennbar sind. Bei Acipenseriden ist im Wesentlichen nur eine Reduction der drei Muskelkategorien der Haie erfolgt, dafür aber eine besondere Entfaltung der Randstrahlmusculatur eingetreten. Bei Amiaden ist in letzterer Beziehung derselbe Weg eingeschlagen, in ersterer jedoch keine Rückbildung, sondern eine Fort- entwickelung vor sich gegangen, welche zu den Teleostiern führt. Der Ausgangszustand bei Amia ist deutlicher als ein den Squaliden ähnlicher zu erkennen, als bei Acipenseriden, wo die Rückbildung in dieser Hinsicht die alten Verhältnisse verwischt hat. Bei Polypterus ist keine Randstrahlmusculatur, dafür aber eine ganz eigenartige Entwickelung der den Ganoiden und Selachiern gemeinsamen Hauptmuskeln zu Stande gekommen, welche im Prineip der Isolirung selbständiger Muskelindividuen den bei Amiaden und Knochenfischen auf der einen und bei Pentadactyliern in höchstem Maasse auf der anderen Seite herrschenden Verhältnissen analog ist. Polypterus steht also von Acipenser weit mehr entfernt als Amia (vergl. Tabelle am Ende dieser Abhandlung). B. Beckenflosse der Ganoiden. I. Acipenseriden. e) Myologie. Die Musculatur der Bauchflosse ist von v. DAVIDOFF (1879) genau beschrieben worden. Ich gebe im Folgenden eine kurze Zusammenstellung der Resultate seiner Darstellung und verweile nur länger bei solchen Punkten, welche ich derselben auf Grund meiner Untersuchungen hinzufügen möchte, weil sie mir wichtig erscheinen. ı) Dass es sich hier um einen progressiven Vorgang handelt, bestätigt auch die Entwickelungsgeschichte. MOLLIER (1897) zeigte, ohne dieses besonders hervorzuheben, dass das Basale metapterygii anfangs nur einen Strahl trägt (p. 25), in späteren Stadien aber noch einen zweiten an seinem distalen Ende producirt (p. 28). Der ausgebildete Stör hat zwei Radien zur Seite des Metapterygium (GEGENBAUR, 1865, Taf. VIII, Fig. 2). Es findet also von der Flossenaxe aus eine Neu- production von Radien statt, welche, lange fortgesetzt, die präaxiale Entfaltung der Flosse veranlasst. 125 Die Muskeln und Nerven der Ceratodustlosse, 237 Die Basalplatte!) der Beckenflosse ist in die Rumpfmusculatur tief eingebettet, so dass nur die ventrale Spitze wie ein Knopf oberflächlich zu Tage tritt. Da, wo ausser der Basalplatte auch freie Radien in ventrale Fortsätze ausgezogen sind, wie bei Polyodon (Taf. XXVII, Fig. 1), sind auch die Enden dieser oberflächlich sichtbar. Im Uebrigen heftet sich die Rumpfmusculatur überall an die Oberfläche der Basalplatte an, indem die vor der Bauchflosse liegenden Bauchmuskeln an ihr inseriren und die hinter ihr beginnenden von ihr entspringen. Die innere (abdominale) Fläche der Basalplatte dient auch zum grossen Theil zum Ansatz von Rumpfmuskelfasern. Die Insertionen präpelvicaler Bauchmuskeln nehmen den vorderen Rand des ventralen Fortsatzes der Basalplatte ein (bis zur punktirten Linie Taf. XX VIII, Fig. 2A, 3) und erstrecken sich auf den dorsalen Fortsatz. Hier besetzen sie bei Aecipenser stellatus den vorderen Rand und einen kleinen zipfelförmigen Theil der caudalwärts verlaufenden Spange (Fig. 2A); bei Scaphirhynchus erstrecken sich die Insertionen jedoch fast über den ganzen dorsalen Fortsatz der Basalplatte, so dass nur eine schmale sichelförmige Stelle am caudalen Rande frei bleibt, und nehmen die ganze, freilich hier weniger stark als bei Acipenser entwickelte Spange ein (Fig. 3, $p). Bei Polyodon sind sämmtliche 2) dorsale Fortsätze des Basalstückes und der freien Radien mit Muskelansätzen bedeckt, soweit sie nicht mit Flossen- muskeln selbst besetzt sind (Fig. I, die herausragenden Enden). Der ventrale Fortsatz verhält sich wie bei den vorigen. Die Ursprünge postpelvicaler Bauchmuskeln befinden sich bei allen Acipenseriden am caudalen Rande der Basalplatte auf deren ventralem Fortsatz. Sie erstrecken sich von hier mehr oder weniger weit caudalwärts. Bei Acipenser stellatus sah ich sie bis hinter Nerv 33, also fast bis zum Ende der Basalplatte reichen (Fig. 2A), bei Scaphirkynchus auch noch auf die vordersten beiden freien Radien (Fig. 3). Ganz ähnlich verhalten sie sich am dorsalen Fortsatze bei Scaphirhynchus, bei welchem auch eine Fortsetzung caudalwärts auf das Spangenstück gerade so weit wie am ventralen Rande der Basalplatte und der freieren Radien statthat (Fig. 3). Bei Acipenser und Polyodon fehlen diese dorsalen Ursprünge. Ein Uebergang der Rumpfmuseculatur in die Flossenmuskeln kommt nirgends vor. Es wird also die Basalplatte mit ihren Fortsätzen und die freien Radien sowie deren Fortsätze, soweit welche existiren, von der Rumpfmusculatur in ganz gleicher Weise zur Anheftung in Anspruch genommen. Der Unterschied zwischen den Anheftungsstellen an den Skelettheilen besteht nur in der graduellen Abnahme, welche in cranio-caudaler Richtung stattfindet und welche eine nothwendige Folge der in dieser Richtung erfolgenden Ablösung der Flosse vom Rumpfe ist. Dabei wird aber nicht etwa die Grenze zwischen der Basalplatte und den freien Radien von den Insertionen und Ursprüngen der Rumpf- musculatur irgendwie respectirt, wie dies bei den Selachiern und Dipnoern an der Grenze zwischen Becken und freier Gliedmaasse der Fall ist. Denn dort bleiben die Befestigungen der Rumpfmusculatur stets auf das Becken beschränkt’). Die Flossenmusculatur besitzt einen dorsalen und ventralen Hauptmuskel. Beide bestehen lediglich aus Mm. trunco- und pterygo-keratoideit). v. DAvıporF wies schon ausdrücklich darauf hin, dass die Kategorie der zono-pterygialen (resp. trunco-pterygialen) Fasern völlig fehlt. Ebenso fehlt jegliche Spur von anderweitigen Insertionen am inneren Skelet. Der Ursprung der Mm. trunco-keratoidei erfolgt beim dorsalen Hauptmuskel oberhalb des dorsalen Knorpelfortsatzes der Basalplatte und seiner Spange und setzt sich ungefähr in der gleichen Höhe längs 1) In der Nomenklatur folge ich v. RAUTENFELD (1882) und GEGENBAUR (1808). 2) v. DAVIDOFF fand den letzten frei von Insertionen. 3) Ausnahmen bilden nur Muskelfasern wie beispielsweise bei Rochen, welche sich aber nur der Flossenmusculatur auflagern (Textfigur 8, p. 176). Sie haben offenbar mit den Einrichtungen bei Ganoiden nichts gemein. . er 4) Die Berechtigung dieser Bezeichnung und die Vermeidung des Ausdruckes Mm. zono-keratoidei werde ich im zusammen- fassenden Theile nachweisen. Vergl. auch p. 202 Anm. 2. 238 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 126 der Rumpfwand in der ganzen Länge der Flossenbasis caudalwärts fort (Taf. XXVIII, Fig. 1, 2A, 3). Es folgt unter diesen oberflächlichen Fasern eine gemischte Zone, in welcher viele Muskelfasern von der Aussenfläche des dorsalen Fortsatzes der Basalplatte und dessen Spange entspringen (Acipenser, Scaphirhynchus) oder von den zahlreichen dorsalen Fortsätzen, welche Polyodon besitzt. Bei letzterem finde ich die Ursprünge längs der ganzen Aussenfläche der Fortsätze, speciell auch an den dorsalen Enden (Fig. ı), während sie v. Daviporr nur an den basalen Theilen finden konnte. Eine andere Gruppe von Muskelfasern der Uebergangszone entspringt wie die oberflächlichen Mm. trunco-keratoidei von der Rumpfmusculatur. Letztere ist von einer derben Fascie bedeckt, welche sich zwischen der Basalplatte und ihrem dorsalen Fortsatz oder, bei Polyodon, zwischen den zahlreichen Fortsätzen und ihren Basaltheilen ausspannt und überall am Knorpel Befestigung gefunden hat. Löst man die Bauchflosse sorgfältig von der Rumpfwand ab und präparirt diese Fascie weg, so werden die Ursprünge der Flossenmusculatur zwischen Spangenstück und Basalplatte durchschnitten, und die Stümpfe liegen ober- tlächlich zu Tage (Fig. 2A). Die unterste Schicht besteht lediglich aus Mm. pterygo-keratoidei. Die Ursprünge derselben nehmen die Basalplatte und die Basalglieder der freien Radien ein (Taf. XXIX, Fig. 2, 3, 4 vergl. Technik p. 160). v. Davıporr glaubte, dieselben seien bei allen Knorpelganoiden auf diese Theile des Skelets beschränkt. Es dehnen sich jedoch die Ursprünge bei Polyodon auf die hier verknöcherten Radien der Basalplatte und in gleicher Weise auf die Endstücke der freien Radien aus. Da letztere nur zum Theil verknöchert sind, die Ursprünge aber auch an den beiden distalen knorpeligen Radienendgliedern bestehen, ist die Verknöcherung unabhängig von der Ausdehnung der Ursprünge entstanden. Letztere ist bei der Brustflosse der Ganoiden allgemein vorhanden (p. 203, 209, 218). Im ventralen Hauptmuskel ist die Anordnung der Mm. trunco-keratoidei und Mm. pterygo-kera- toidei die gleiche wie bei der dorsalen Musculatur. Nur ist die Menge der ersteren Kategorie eine geringere. Bei Acipenser entspringen sogar alle Muskelfasern von der Basalplatte, bei welcher nur das ventrale Ende frei von Ursprüngen ist, und von den Basalgliedern der freien Radien (Taf. XXVII, Fig. 4B, und Taf. XXIX, Fig. 2). Bei Scaphirhynchus und Polyodon sind vereinzelte Fasern hinter und zwischen den ventralen Fort- sätzen des Knorpels mit ihren Ursprüngen an die Rumpffascie angeheftet. Diese Befunde lassen sich in eine continuirliche Reihe bringen. Der einfachste Zustand ist der, bei welchem nur Mm. pterygo-keratoidei bestehen. Daran schliessen sich solche an, wo einzelne Fasern hinzu- kommen, welche von der Rumpfwand entspringen. Mit deren Ausbildung hängt offenbar die Entwickelung der Fortsätze (dorsale und ventrale) des Knorpelskelets zusammen, da in derselben Schicht von Muskel- fasern die einem am Rumpfe, die anderen, nahe benachbarten an diesen Fortsätzen oder dem Spangenstück des Fortsatzes angeheftet sind. Schliesslich besteht der complicirteste Zustand darin, dass neben den Mm. pterygo-keratoidei eine dichte Schicht oberflächlicher Mm. trunco-keratoidei besteht, welche so kräftig wie die andere entwickelt ist. Es wird von der Beurtheilung des Entwickelungsganges der Ganoidenbauchflosse überhaupt ab- hängen, ob man diese Reihe als eine progressive oder regressive auffasst (s. p. 253). Die ganzen Hauptmuskeln der Acipenseriden-Beckenflosse zerfallen in sehr deutliche Mm. radiales. Dieselben setzen sich aus allen innerhalb ihrer Grenzen befindlichen Muskelkategorien zusammen, bestehen also bald aus Mm. trunco- und pterygo-keratoidei, bald nur aus letzteren. Im ersteren Falle sind die Fasern durch eine Zwischensehne vereinigt und mittelst dieser an den Strahlen des äusseren Skelets befestigt (Taf. XXIX, Fig. 5). Die Mm. radiales besitzen, wie v. DavıporF nachwies, directe Beziehungen zu den Radien des inneren Skelets. Ihre Zahl und Lage stimmt genau, wie auch ich finde, mit derjenigen der letzteren überein (Taf. XXIX). 127 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 239 Besonders wichtig ist die Beziehung der Mm. radiales zu den Nervenlöchern des Skelets. Ueber das Vorkommen und die Zahl der letzteren wird unten im neurologischen Abschnitt zu berichten sein. Am deutlichsten ist bei Polyodon (Taf. XXIX, Fig. 4) an der dort vorhandenen grossen Zahl von Nervenlöchern zu erkennen, dass die Grenzen zwischen den Mm. radiales in den meisten Fällen gerade auf die Nervenlöcher fallen. Wenn eine Abweichung von dieser Regel vorkommt, wie beispielsweise bei dem zum 21. oder dem zum 25. + 26. Spinalnerven der Flosse von Polyodon gehörenden Nervenloch oder einem im ceranialen Theile der Flosse von Scaphirhynchus befindlichen, so ist dieselbe doch sehr gering, und die Zwischenmuskelgrenze zieht ganz dicht neben dem Loch vorbei. Solche Ausnahmen sind zudem selten. ß) Neurologie. Die Innervation der Beckenflosse geschieht bei den einzelnen Acipenseriden durch sehr ver- schiedene seriale Spinalnerven. Aehnlich sind in dieser Richtung Polyodon folium und Scaphirhynchus kaufmanni mit einander. Beim ersteren reicht die Innervationszone vom 16.—26., beim letzteren!) vom 15.27, Spinalnerven. Bei Acipenser stellatus!) ist dagegen der 25.—38. Spinalnerv mit senso-motorischen und der 39. noch mit sensiblen Aesten an der Versorgung der hinteren Extremität betheiligt. Polyodon und Scaphirhynchus haben so weit nach vorn reichende Nervenbezirke wie kein recenter Selachier, Holocephale oder Dipnoer. Vergleicht man den I. pelyco-pterygialen Nerven (15. resp. 16.) der beiden Knorpelganoiden mit den Extremitätennerven jener Paläichthyer, so zeigt sich, dass er bei letzteren in vielen Fällen (ganz abgesehen von den Rochen) die Brustflosse versorgt (BrAus, 1898A, Taf. XVII). Es ist danach schon unwahrscheinlich, dass diese weit cranialwärts vorgeschobene Lage der Flosse dieser beiden Acipenseriden etwas Primitives sein könnte. Denn der ganze Körperbau und speciell auch die Structur und seriale Stellung der vorderen Extremität weist den Stören eine höhere Stellung als den Squaliden, Holocephalen und Dipnoern an. Die Bauchflossen der Knorpelganoiden besitzen auch selbst verschiedene Merkmale, welche jene Stellung als neu erworben erkennen lassen. Sie legen Zeugniss ab für eine cranialwärts gerichtete Wanderung, welche die hintere Extremität vollzogen hat. Es findet sich nämlich bei Polyodon unter den hintersten Flossennerven (25. + 26. Nerv) ein Plexus pelyco-pterygialis posterior (Taf. XXVIIl, Fig. 1), welcher am 26. Spinalnerven in ziemlich beträcht- licher Entfernung hinter der Anheftungsstelle der Bauchflosse an der Rumpfwand beginnt und cranialwärts zieht, um sein Endgebiet zu erreichen. Ein solcher Plexus kommt selbst bei Acipenser stellatus vor, obwohl die Flosse viel weiter hinten steht als bei Polyodon (Taf. XXVII, Fig. 2B, Nerv 37 und 38). Freilich ist der Plexus anterior, dieser Stellung entsprechend, bei Acipenser beträchtlich umfangreicher als bei Polyodon. Aber auch am Vorderrande der Flosse zeigt sich, dass die Epoche, in welcher er entstand, verschwunden und einer neuen Platz gemacht hat. Denn die Nerven der Bauchmusculatur von Acipenser bilden cranial- wärts von der Basalplatte der Bauchflosse ein Nervengeflecht, welches unter dem Plexus pelycv-pterygıalis 1) v. DAVIDOFF hat Acipenser ruthenus und Scaphirhynchus cataphraetus untersucht. Er giebt für Scaphürhynchus cata- phractus den 17.—27. Nerven an. Bei Acipenser ruthenus findet er Flossenäste vom 19.—31. Spinalnerven. Doch ist nicht an- gegeben, ob bei der Zählung die occipito-spinalen Nerven mitberücksichtigt sind. Sollten bei Acipenser die 6 letzteren nicht mitgezählt, also nur die reinen Spinalnerven des ausgebildeten Sterlet vom Autor in Betracht gezogen sein, so würde das Resultat (25.—37. Nerv) ziemlich gut mit meinem Befund bei A. stellatus stimmen. Allerdings wäre dann, dieselbe Zählungsweise bei Scaphirhynchus vorausgesetzt, ein Unterschied von etwa 3 Metameren (der Zahl der occipito-spinalen Nerven bei diesem) zwischen v. DAVIDOFF’s und meinen Befunden bei verschiedenen Scaphirhynchi vorhanden. Ich wage nicht, diesen Unterschieden Gewicht beizulegen, ohne genaue Nachuntersuchung der betreffenden Species. Es dürfte aber eine solche Aussicht haben, Zwischenstadien zwischen den weit von einander getrennten Stellungen der Flossen bei Acipenser- und Sceaphirhynchus-Arten zu finden. 240 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 128 anterior her nach der Linea alba des Bauches hin zieht (Fig. 2B, Nerv 33 und 34). Es ist das ein Ver- halten, welches an Chimaera erinnert, wo ebenfalls die Endäste der Rr. ventrales vor der Beckenflosse zusammengedrängt sind (Braus, 1898A, Taf. X, Fig. 4). Auch dort sind sonstige Merkmale dafür vorhanden, dass die Extremität in cranialwärts gerichteter Wanderung begriffen ist. Auf diese Weise erklärt sich die Einengung des präzonalen Gebietes und die Vereinigung der zu ihm gehörenden Nerven zu einheitlichen Stämmchen. Wenn aber die Acipenser-Flosse in Vorwanderung begriffen ist, so ist dies um so mehr für Polyodon und Scaphirhynchus glaubhaft. Die Knorpelganoiden schliessen sich also an die Squaliden an, bei welchen auch schon die hintere Extremität hier und da beginnt, retrograd cranialwärts zu wandern. Acipenser steht mit dem Vorderrande seines Innervationsbezirkes noch auf derselben Stufe wie etwa Acanthias (vergl. Taf. XXIX, Fig. I und 2); der Hinterrand ist aber schon beträchtlich verändert. Auch bei der Brustflosse war die seriale Stellung bei Acipenser stellatus eine der ursprünglichsten unter den Knorpelganoiden. Dass Polyodon, dessen Brust- flosse mit derjenigen von Acipenser stellatus bezüglich der serialen Stellung ungefähr gleich ausgebildet ist, eine stärker veränderte Position der Bauchflosse hat als der Sternhausen, kann nicht Wunder nehmen, da die Wanderung beider Flossen vielfach unabhängig von einander erfolgt. Der Factor, welcher jedenfalls einen grossen Einfluss auf die Vorwanderung der hinteren Extremität ausübt, ist de Verkürzung der Leibeshöhle, welche GEGENBAUR (1868) durch Untersuchung der Wirbelveränderung in der Uebergangszone zwischen Rumpf- und Schwanzwirbelsäule bei Ganoiden nach- gewiesen hat. Auffallend ist dabei die oft von der Stellung der Cloake ziemlich unabhängige Lage der Flosse, welche jedenfalls mit dem Verlust des Mixipterygium erworben wurde und schnelleres Vorrücken der Flosse erlaubt, als die Verkürzung der Leibeshöhle erfolgt. Die Flossennerven der hinteren Extremität besitzen proximale und distale Plexusbildungen, welche v. DavıDorF beschrieb, und theilen sich, wie derselbe Autor angiebt, sämmtlich in einen R. dor- salis und ventralis für je den dorsalen und ventralen Hauptmuskel. In diesen Punkten herrscht also eine allgemeine Uebereinstimmung mit den Einrichtungen bei der Brustflosse der Knorpelganoiden und den Beckenflossen der Selachier und Dipnoer. Im Speciellen finde ich aber erhebliche Unterschiede. Der Plexus proximalis ist in viel innigerem Verband mit dem Plexus distalis als bei den meisten anderen Flossen. Die Theilung der Flossennerven in Rr. ventrales und dorsales findet häufig schon innerhalb der Bauchhöhle oder innerhalb der Bauchmusculatur statt. Die letzteren verbinden sich, ehe sie an die Oberfläche der Rumpfmusculatur gelangen, in der mannigfaltigsten Weise, so dass an den Rand der Basalplatte keine haploneuren Nerven- stämme, sondern polyneure Aeste herantreten. Man sieht solche frühen Theilungen und Verbindungen besonders deutlich bei Acipenser stellatus (Nerv 33, 34, 35 u. a., Taf. XXVIII, Fig. 2B), und Polyodon folium (Fig. 1). Häufig sind die Verbindungen so enge Verflechtungen der einzelnen Nervenfasern, dass es nicht gelang, die einzelnen serialen Bestandtheile präparatorisch zu isoliren. In Taf. XXIX sind solche Nerven mit mehreren Ziffern bezeichnet, und daran die Häufigkeit derselben bei den verschiedenen Knorpel- ganoiden zu erkennen. Bei den vorderen Extremitäten der Ganoiden kommen wohl manchmal frühe Vereinigungen der Flossennerven zu Geflechten vor (vergl. Amia Taf. XXVI, Fig. 4A). Doch liegen dieselben stets ausserhalb der Bauchwand. Das Verhalten der Beckenflossennerven ist so zu charakterisiren, dass ein Theil der distalen Plexus- verbindungen proximalwärts verschoben, auf diese Weise allmählich in die Bauchwand und in die Bauchhöhle gelangt ist und jetzt dieselbe Lage wie die proximalen Plexus einnimmt. 129 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 241 Am deutlichsten ist die proximale Verschiebung an demjenigen Theile des distalen Plexus zu erkennen, welcher noch auf dem Skelet der freien Flosse liegt. Während derselbe bei der Beckenflosse von Acanthias dem proximalen Theile der Radien und nur zu einem ganz geringen Theil dem distalen Rande des Metapterygium angeschmiegt ist (Fig. ı, Taf. XXIX), liegt derselbe bei allen Knorpel- ganoiden complet auf der Basalplatte und den Basalstücken der freien Radien (Taf. XXIX, Fig. 2, 3, 4). Auf den Radien selbst sind hier nur die Endäste vorhanden, welche aus dem Geflecht hervorgehen und, unter häufigen Anastomosirungen, theils in die Musculatur hinein-, theils zur Haut treten. Die Verschiebung des distalen Plexus in proximaler Richtung besorgten Lageveränderungen des Flossenskelets, welche gleichfalls in dieser Richtung erfolgten und die Nerven mit sich nahmen. Die- selben documentiren sich an den Nervenkanälen, die sich auch bei den Ganoidenbauchflossen als vorzügliche Marken für die Stellung der Skelettheile bewähren. Nervenkanäle. Die Nervenlöcher kommen in verschiedener Zahl und Lage vor. Bei Acipenser stellatus giebt es eines, wie auch THACHER (1877B) bei A. brevirostris und v. DAvIDoFF (1879) bei A. sturio und ruthenus fanden. Doch theilt sich dasselbe innerhalb des Knorpels in 2 Kanälchen, in ein ziemlich weites und ein sehr feines. Während nach v. Davivorr beim Sterlet der ganze ventrale Ast des Plexus pelycopterygialis anterior durch den Nervenkanal hindurchtritt, benutzt beim Sternhausen nur der ventrale Ast des 30. und 31. Nerven die beiden Kanäle. Die vorangehenden Nerven (25.—29) verlaufen an die craniale Kante der Basalplatte und treten von dort her auf den Knorpel, die folgenden (32. u. s. w.) erreichen denselben von der medialen Kante her (Taf. XXIX, Fig. 2). Die hintersten treten an die mediale Kante der freien Radien. Bei der Theilung des Nervenloches in die beiden Kanälchen theilt sich auch der Inhalt so, dass beide Kanälchen von Theilen beider Nerven in Anspruch genommen werden. Bei Scaphirhynchus (Sc. cataphractus und Se. Fedschenkoi) haben v. DavıvorF (1879) und v. RAUTEN- FELD (1882) einen Nervenkanal gefunden. Ich sehe bei meinen Exemplaren von Se. Kaufmanni deren zwei. Der vordere, weitere beherbergt hier den ventralen Ast des Plexus (Nerv I5—21), der hintere, feinere ein von ventralen Aesten des 21I., 22. und 23. Spinalnerven gebildetes Stämmchen (Fig. 3). Ein anderer Ast des 23. Nerven und die folgenden ventralen Flossenäste verlaufen frei an die mediale Kante der Basal- platte und freien Radien. Bei Polyodon folium haben v. DavıporFr und v. RAUTENFELD in der Basalplatte ein bis zwei Löcher gefunden. Ausserdem sah v. Davınorr noch im Basalstück des ersten freien Radius einen Kanal, V. RAUTENFELD im letzten Basalstück der freien Radien einen und WIEDERSHEIM (1892, p. 63) im 4. und 5. Basalstück je einen Kanal. Es sind also im Ganzen sechs Kanäle von den verschiedenen Autoren gesehen worden. Allerdings sah keiner dieselben bei einem Thier, und es bleibt daher fraglich, ob jeder Untersucher andere als die übrigen Autoren sah. | Bei meinem Exemplar finde ich sieben Kanäle. Von diesen durchbohren sechs die Hauptbasal- platte (7). Der siebente liegt in dem letzten Basalstück der freien Radien (VI Taf. XXIX, Fig. 4). Die Nerven, welche durch die Kanäle verlaufen, sind sämtlich ventrale Aeste der Flossennerven. Dieselben sind in der Figur mit der serialen Ziffer der in ihnen vorhandenen Spinalnervenfasern bezeichnet, so dass ich bezüglich der Einschlüsse auf die Abbildung verweisen kann. Ausser diesen Nervenästen verlaufen aber noch andere durch das Skelet hindurch zum ventralen Hauptmuskel. Dieselben benutzen, ähnlich wie auch einige Kanälchen in der Hauptplatte selbst den Spalten in dieser folgen, so ihrerseits die Lücken zwischen der Hauptbasalplatte und dem ersten freien Radius, Jenaische Denkschriften. IV. 17 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. 1. 32 242 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 130 sowie zwischen diesem und der nächstfolgenden Basalplatte freier Radien. Ich finde einen Ast zwischen Knorpel I und II und einen zwischen Knorpel IT und III eingeklemmt (Fig. 4). Es wird dadurch die Zahl der durch das Skelet hindurchtretenden Nervenstämmchen auf neun erhöht. Das Zustandekommen der Nervenkanäle ist bei Polyodon am leichtesten zu erkennen. Dieselben unterscheiden sich in fundamentaler Weise von den Nervenkanälen im Becken der Selachier. Einmal sind die Einschlüsse derselben, die Flossennerven, welche durch den Knorpel hindurchtreten, ganz regellos bei Polyodon mit solchen gemischt, welche um den Knorpel herumlaufen (freie Nerven), um zum Senkmuskel der Flosse zu gelangen. So haben die Nerven 16-22 sämtlich Aestchen, welche durch den Knorpel ziehen. Ausserdem haben von diesen Nerven noch der 16.—18. und der 22. freie Aestchen. Bei Nerv 23 und 24 liegen sämtliche Flossenäste ausserhalb des Knorpels. Bei Nerv 25 und 26 treten neben solchen wieder andere auf, welche Knorpelpforten benutzen (Taf. XXVIII, Fig. 1). Es müssen also ganz andere Ursachen beim Entstehen der Kanäle gewirkt haben als bei dem Selachierbecken, bei welchem die cranio-caudale oder caudo-craniale Verschiebung der Flosse und ihrer Theile eine regelmässige Folge von pro-, dia- und metazonalen Nerven bedingt. Es kommt dort nicht vor, dass auf metazonale Aeste diazonale und dann wieder metazonale folgen. Auch bei der Brustflosse ist dies nie der Fall. Die einzige Ausnahme bildet hier die Brustflosse eines Ganoiden (Polypterus), bei welcher ebenfalls besondere Verhältnisse vorliegen (p. 233). Ferner unterscheidet sich die Lage der Nervenlöcher von derjenigen beim Selachierbecken dadurch, dass manche von ihnen bei Polyodon nicht im Knorpel, sondern zwischen den Knorpeln liegen. Bei Selachiern kommen dieselben nur im Beckenknorpel selbst, nie zwischen ihm und dem Metapterygium oder Radien des Pro- oder Metapterygium vor. Die Beziehungen der Knorpelkanäle zu den Knorpel- grenzen ist das durchgreifendste Merkmal der Polyodon-Bauchflosse. Denn es lässt sich selbst bei solchen Nerven nachweisen, welche durch die Knorpelplatte selbst hindurchtreten und anscheinend nichts mit den Spalten zu thun haben. So muss es z. B. auffallen, dass die beiden von Nervenästen des 16.—ıg. Spinalnerven benutzten Kanälchen genau in der Richtung zweier Spalten liegen, welche vom distalen Rande der Knorpelplatte in diese einschneiden, aber eine kurze Strecke vor ihnen Halt machen. Würde man sich die proximalere der beiden Spalten (die erste vom cranialen Rande aus gerechnet) so weit fortgesetzt denken, wie etwa die 4. Spalte, so würde zweifellos der Kanal in dieselbe fallen (Taf. XXIX, Fig. 4). Bei den übrigen Kanälen ist entweder die Entfernung vom proximalen Ende der Spalten zu gross, als dass eine genaue Lagebeziehung erkannt werden könnte, oder es findet in der That eine geringe seitliche Abweichung von dem Spalt statt, wie z.B. bei dem am caudalen Rande der Hauptbasalplatte liegenden, von einem Aestchen des 2I. Spinalnerven benutzten Kanal. In diesen Fällen sind Grenzen zwischen den Mm. radiales von Wichtigkeit. Wie oben bereits beschrieben wurde (p. 238, 239), folgen dieselben im distalen Gebiete genau den Grenzen der Radien. Proximalwärts fallen sie in der Regel mit den Spalten zusammen, soweit solche vorhanden sind, und weiterhin mit den Nervenkanälen im Knorpel. Hinweis auf die Bedeutung der neurologischen Einrichtungen für die Auffassung des inneren Skelets der Flosse. Eine solche Coincidenz der Grenzen zwischen den Knorpelstücken mit (den Grenzen der Muskeln und) den Nervenlöchern ist leicht verständlich, wenn man annimmt, dass die Spalten ursprünglich länger waren und den Knorpel vom distalen bis zum proximalen Rande allenthalben durchsetzten. Diese An- schauung, welche zuerst von THACHER (1877 A, B) entwickelt, besonders aber von v. RAUTENFELD (1882) auf 131 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 243 Grund vergleichend-anatomischer und entwickelungsgeschichtlicher Untersuchungen über die Entstehung der Spalten und ihre Variation ausgebildet und von den meisten späteren Autoren, auch von GEGENBAUR in sein Lehrbuch (1898) übernommen wurde, stellt sich vor, dass das Skelet der Ganoiden-Bauchflosse ursprüng- lich aus getrennten Radien bestand, welche erst später mit ihren proximalen Theilen (Basalsegmenten oder -stücken) hier und da verschmolzen und dadurch grössere und kleinere Basalplatten lieferten. Die andere Anschauung dagegen, welche nur v. DavıporrF (1879—83) vertreten hat, dass nämlich die Spalten Neubildungen seien, welche die ursprünglich einheitliche Knorpelplatte allmählich in Stücke analog den distalen Radien zergliederten, findet in der Lage der Nervenkanäle keine Stütze. Es wäre im Gegentheil wunderbar, dass die Kanäle die zukünftige Richtung und Lage der Spalten anzeigen könnten an Stellen, wo diese noch gar nicht bestehen. Ebensowenig wäre die Coincidenz der Muskelgrenzen mit den Knorpellöchern verständlich. Schliesslich ist noch ein Merkmal in der Lage der Nervengabeln, d.h. der Theilungsstelle der Flossennerven in dorsale und ventrale Nerven, gegeben, welches den Unterschied der Ganoiden- und Selachier-Beckenflosse scharf beleuchtet. Es wurde oben bereits erwähnt, dass dieselben nicht alle wie bei letzterem und bei sämmtlichen Brustflossen am proximalen Rande des Skelets oder in der Nähe desselben (medialer Rand des Metapterygium oder Extremitätenbogens, vergl. Taf. XXIL, XXV, XXVI, XXVII, XXIX) liegen, sondern dass sie in die Bauchmusculatur hinein oder selbst in die Bauchhöhle verschoben sein können. Sie befinden sich bei Polyodon auf der dorsalen Flossenfläche in beträchtlicher Entfernung von deren proximalem Rande (Taf. XXVIII, Fig. ı). Man sieht dies in der Figur am deutlichsten an einigen ventralen Nervenästen, welche, um zu ihren (als punktirte Kreise eingezeichneten) Knorpelkanälen zu gelangen, durch den Hebemuskel der Flosse hindurchtreten. Diese Nerven geben keine Aeste an die dorsale Musculatur ab, sondern verzweigen sich lediglich an die ventrale Musculatur. Es ist also die Spaltung der Flossenäste in dorsale und ventrale Nerven nicht beeinträchtigt. Dagegen ist die Durchwanderung der ventralen Nerven durch dorsale Musculatur und die darin am prägnantesten, aber auch bei den anderen Flossennerven deutlich zum Ausdruck kommenden Lage der Nervengabeln nur durch eine Verschiebung der Nerven oder des Skelets in einer medio-lateralen (proximo-distalen) Linie zu erklären. Alle Merkmale der Nervenkanäle und ihre Einschlüsse weisen bei Polyodon ein- hellig darauf hin, dass einstens freie Knorpelradien bestanden, welche allmählich ihre proximalen Enden gegen die Nervengabeln der Flossennerven vorschoben. Dabei geriethen einige ventrale Nerven in die Spalten zwischen die Radien und verschoben sich in ihnen um so mehr distalwärts, je stärker die Radien proximalwärts vordrangen. Beim Verschmelzen benachbarter Radien zu Basalplatten entstanden die Nervenlöcher in diesen. (Hierhin gehören z. B. die Aeste von Nerv IQ und 20, Taf. XXVII, Fig. 1, und Taf. XXIX, Fig. 4.) Andere Nerven drangen nicht in die Spalten zwischen die Knorpel ein, sondern blieben an den proximalen Enden der letzteren gleichsam hängen, versuchten wohl nachträglich durch Lageveränderung in die Spalten zu gelangen und liegen deshalb näher dem medialen Rande des Flossenskelets als die oben erwähnte Gruppe von zeitlich früher eingeschlossenen Nerven. (Hierhin gehören z. B. die Aeste von Nerv 21 und 22, welche zwischen Knorpel ZI, II und III liegen, und von Nerv 25 und 26 in Knorpel VI, Taf. XXVIH, Fig. ı, und Taf. XXIX, Fig. 4.) Wieder andere ziehen jetzt noch um den proximalen Rand des Skelets herum und sind in Folge dessen zu einem langen Bogen ausgezogen, welcher an der Nervengabel beginnt, bis zum Rande des Knorpels und um diesen herum zur ventralen Musculatur führt. (Hierhin gehören alle Aeste, welche in 17° 32* 244 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 132 Taf. XXVII, Fig..ı den unteren Rand des Knorpels erreichen. Den weiteren Verlauf kann man auf Taf. XXIX in Fig. 4 verfolgen, in welcher sie links vom Knorpel beginnen.) Die Regellosigkeit der Aufeinanderfolge in den Knorpel eingeschlossener und freier Flossennerven ist hierdurch gegeben. Denn die medio-laterale (proximo-distale) Linie, in welcher die Verschiebungen der Skelettheile und Nerven bei diesem Process erfolgt, steht senkrecht auf der cranio-caudalen Linie, auf welcher sich die ganze Extremität längs des Rumpfes bewegt. Während bei Selachiern beide Bewegungen in derselben cranio-caudalen Linie erfolgen und sich gegenseitig ergänzen und unterstützen, so dass successive ein Nerv nach dem anderen in den Knorpel hineingeräth und ihn wieder verlässt, kommt es bei der Polyodon-Flosse ganz darauf an, wie gerade die Nervenäste zu den proximalwärts vordringenden Radien liegen. Die Auswahl unter ihnen hat lediglich nach der Coincidenz ihrer Lage mit den Grenzen zwischen den Radien stattgefunden, wie am Object zu sehen ist. Es wechseln daher Nerven, welche durch den Knorpel verlaufen, und solche, welche sich um ihn herumbegeben, ohne Rücksicht auf die seriale Reihenfolge, in cranio-caudaler Linie mit einander ab. Bewegungen in letzterer sind an der Umschliessung der Nerven selbst nicht betheiligt, erklären jedoch die geringen Deviationen, welche einige wenige Nerven gegenüber den ursprünglichen Radialgrenzen erlitten haben (p. 242). Die Nervenkanäle von Acipenser und Scaphirhynchus und ihre Einschlüsse sind an sich vieldeutig. Sie erhalten ihre Erklärung erst durch den Vergleich der Ganoiden-Beckenflossen unter einander, den ich weiter unten bringen werde. Von den dem Knorpel anliegenden Nervenästen dringen allenthalben Zweige in die Flossenmusculatur ein und versorgen die Radialmuskeln. Dieselben sind polyneur. Hautäste gehen aus den Enden dieser Zweige hervor und setzen sich als distale Verlängerungen der zwischen Knorpel und Muskel liegenden Nerven an die Knochenstrahlen des äusseren Skelets und von dort an die Haut fort. 2. Crossopterygier. Die Untersuchungen von v. DAVIDoFF (1880) über die Bauchflossen der Knochenganoiden sind aus- reichend, um die augenfälligen Rückbildungsvorgänge dieser Organe auch an der Musculatur und Innervation verfolgen zu können. Ich beschränke mich deshalb lediglich auf Polypterus, weil bei diesem Knochenganoiden die Deutung der Bestandtheile der Flosse besondere Schwierigkeiten macht. e) Myologie. Die Musculatur der Beckenflosse ist bei diesem Fisch in voller Rückbildung begriffen. Denn sie ist derartig mit Sehnen durchsetzt, auf welche auch v. DAviDoFrF schon hinwies, dass es stellenweise schwer hält, makroskopisch überhaupt Muskelfasern zu entdecken. Es giebt einen dorsalen und ventralen Hauptmuskel. Der ventrale ist in meinem Exemplar demjenigen der anderen Seite zwar sehr nahe benachbart (Taf. XXVIII, Fig. 4A), aber doch in seiner Structur deutlich von ihm getrennt, während v. DAvıDoFF eine Verwachsung der Fasern beider Muskeln beobachtete. Der Muskel entspringt theils von dem basalen Knochenstück, theils von der Fascie, welche von diesem zur Mittel- linie des Bauches und dem caudo-medialen Fortsatz des Basalstückes (Taf. XXVIII, Fig. 4B Proc) hinzieht. Die Ursprünge setzen sich auf die knöchernen Radien und das straffe Bindegewebe zwischen diesen fort und reichen bis zur distalen Grenze des Muskels überhaupt (Taf. XXIX, Fig. 5). Insertionen finde ich 133 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 245 bei meinem Exemplar nur an den Knochenstrahlen des äusseren Skelets. v. Davıporr hat auch solche am medio-caudalen Fortsatz des Basalstückes beschrieben, die aber auch nach ihm bei den anderen Knochen- ganoiden fehlen. Vergleicht man die ventrale Musculatur mit derjenigen der Knorpelganoiden (vergl. namentlich Fig. 4B mit Fig. ı, Taf. XX VIII), so findet sich eine complete Uebereinstimmung in der Lage des Muskels zum Skelet und zur Bauchwand sowie in Ursprung und Insertion. Ich nenne deshalb auch bei Polypterus die am Skelet entspringenden Fasern sämmtlich Mm. pterygo-keratoidei, die an der Fascie Ursprung nehmenden Mm. trunco-keratoidei. Eine Insertion von Fasern am medio-caudalen Fortsatz, welche v. DAviporF beschreibt, würde diese Uebereinstimmung stark beeinträchtigen. Ich vermuthe deshalb, da ich eine solche bei meinem Exemplar nicht entdecken kann, dass eine Verwechselung mit Ursprüngen anderer Fasern vorliegt, welche an dieser Stelle entspringen und bei der mangelhaften Sichtbarkeit der Muskelfasern unter schwachen Vergrösserungen nicht immer leicht von ihnen zu unterscheiden sind. Die dorsale Musculatur entspringt theilweise vom knöchernen Basalstück und den distalen Radien sowie zwischen diesen, ausserdem aber in viel beträchtlicherem Maasse als die ventrale Musculatur von der Bauchwand. Die letztere Partie ist besonders in Fig. 4B, Taf. XXVIII, nach Ablösung der Flosse von der Bauchwand dargestellt. Auch hier liegt die Uebereinstimmung mit der dorsalen Musculatur des Knorpelganoiden auf der Hand (siehe namentlich Fig. 1). Nur sind, da alle dorsalen Skeletfortsätze bei Polypterus fehlen, die Ursprünge an der Bauchwand zahlreicher als bei den Knorpelganoiden, wo Fortsätze stets und bei Polyodon in ungemein hohem Maasse entwickelt sind. ß) Neurologie. Die Innervation des Polypterus- Bauchflosse erfolgt durch Aeste des 33.— 41. Spinalnerven (Taf. XXIX, Fig. 5). Zwischen den Flossennerven bestehen sehr starke Plexusbildungen, welche innen von der Bauch- musculatur und innerhalb derselben liegen. In Fig. 4B, Taf. XXVIII, sind die Geflechte durch Wegnahme der Musculatur aus dieser herausgelöst und im Zusammenhang dargestellt. Die Plexusbildung erstreckt sich über das Innervationsgebiet der Bauchflosse caudalwärts hinaus (bis zum 43. Nerven). Bei der Auflösung der Geflechte zeigt sich erst, dass der 41. Spinalnerv den letzten motorischen Ast für die Flosse besitzt. Die Verhältnisse sind also ganz ähnliche wie bei den Knorpelganoiden (vergl. Polyodon, Tat. XXVIII, Fig. 1) und lassen wie dort auf eine retrograde, cranialwärts gerichtete Bewegung der Beckenflosse schliessen, obgleich dieselbe weiter hinten am Rumpfe steht als bei irgend einem bisher untersuchten Knorpelganoiden. Bei anderen Knochenganoiden scheint die Flosse weiter vorn gelegene Rumpfregionen erreicht zu haben. v. Davivorr hat wenigstens für Ania den 19.—26., für Lepidosteus den 13.22. Spinalnerven als Versorgungs- quelle der Extremität angegeben. Wenn auch wegen der Unsicherheit der Zählung (vergl. p. 239, Anm.) ein genauer Vergleich mit Knorpelganoiden nicht gestattet ist, so kann man die Flosse doch bei den Holostei ungefähr so weit nach vorn wie bei ersteren verfolgen. Die hintere Extremität hat sich bei Polypterus ganz von der Stellung der Cloake emaneipirt. Nicht weniger als acht Intercostalnerven ohne Rr. pelyco-pterygiales folgen auf den letzten Bauchflossennerven. Sehr eigenthümlich ist bei Polypterus die Verzweigung der distalen Flossennerven. Dieselben theilen sich zwar wie gewöhnlich bei allen niederen Fischen sämmtlich in dorsale und ventrale Aeste für die gleich- namigen Hauptmuskeln. Die Theilungsstellen liegen aber wie bei Knorpelganoiden innerhalb der Bauchwand 246 N Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 134 und weitab vom medialen Flossenrand. Die Aeste, welche in die Oberfläche des dorsalen Muskels eintreten (Taf. XXVIII, Fig. 4B), sind ausserdem durchaus nicht alle dorsale motorische Flossennerven, sondern manche von ihnen dringen durch den Muskel hindurch, ohne an ihn Aeste abzugeben, und gelangen in den ventralen Hauptmuskel, welchen sie- innerviren. Diese Aeste sind in Fig. 5, Taf. XXIX, auf der rechten (lateralen) Seite der Basalplatte gezeichnet. Sie begeben sich an den lateralen Theil der Flossenmusculatur. i Eine andere Gruppe von Nerven überquert das knöcherne Basalstück und senkt sich an dessen medialer Kante in die ventrale Musculatur (Taf. XXVIII, Fig. 4B). In Fig. 5, Taf. XXIX, biegen diese Nerven um die linke Kante des Basalknochens herum und verzweigen sich an Muskelfasern, welche medial- wärts auf die von der oben beschriebenen Gruppe versorgten Muskeln folgen. Die serialen Bestandtheile der beiden Nervengruppen sind ungefähr identisch. Jedoch ist auch das 39. Metamer unter den lateralen Nerven vertreten, während die medialen mit dem 38. abschliessen. Andere Aeste des 39. Spinalnerven bilden eine dritte Gruppe, welche einen Kanal in der Basal- platte benutzt, um den ventralen Muskel zu erreichen und hier die auf die zuletzt beschriebene Muskelpartie medialwärts folgende Zone zu versorgen. Dieser Kanal wurde, soweit mir die Literatur bekannt ist, bisher übersehen. Er beginnt im knöchernen (Diaphysen-)Theil der Basalplatte an deren dorsaler Oberfläche (Fig. AB, Taf. XXVIII) und erreicht beim Austritt an der ventralen Oberfläche (Fig. 5, Taf. XXIX) die Grenze des (Epiphysen-)Knorpels. Endlich gehen Aeste des 40. und 41. Spinalnerven an den medialen Flossenrand dort, wo die Radien liegen, und versorgen hier im Anschluss an die vorher geschilderten Gruppen die medialste Partie der ventralen Musculatur. Der dorsale Hauptmuskel wird von in gleicher Weise auf einander folgenden serialen Nerven wie der ventrale innervirt. Es fehlen die complicirten Beziehungen zum Flossenskelet wie bei den ventralen Aesten. Alle Nerven gehen direct an ihren Bestimmungsort. Die letzte Verzweigung in der Musculatur ist eine relativ spärliche (Fig. 5, Taf. XXIX). Die Nerven liegen zum Theil eine Strecke weit auf dem Flossenskelet und senden Seitenäste in die Musculatur, zum Theil liegen sie von Anfang an zwischen den Muskelfasern der Hauptmuskeln, ohne dass sich eine Regel angeben liesse. Verbindungen der Nerven sah ich verhältnissmässig selten innerhalb der Musculatur. Ich möchte darauf kein Gewicht legen. Denn bei der Feinheit der Nerven ist ein Uebersehen derselben, falls namentlich die letzten Ausläufer in Betracht kommen, leicht möglich. Diese Anordnung der Nerven ist nur verständlich, wenn man die Knorpelganoiden, speciell Polyodon, zum Vergleich heranzieht. Denn würde man, wie v. DAvıDorF (1880, p. 459), EMERY (1894/95, p. 17) und neuerdings GEGENBAUR (1898, p. 571), alle mit ganz verschiedenen Gründen, dies thun, der Basalplatte des Polypterus eine andere Bedeutung zuweisen als der Basalplatte jener, so bestände die Schwierigkeit, das Nervenloch und die Aufeinanderfolge der Flossennerven zu erklären, darin, dass bei den Extremitäten- gürteln und den Metapterygien (resp. Axenstrahlen) der Selachier- und Dipnoerextremitäten nie pro-, dia- und metazonale Nerven so bunt durch einander gewürfelt sind, wie die ventralen Nerven der Polypterus- Bauchflosse es unter dieser Voraussetzung wären. Denn bei letzterer würde auf eine prozonale eine meta- zonale Nervengruppe folgen, daran würden sich diazonale und schliesslich wieder metazonale Nervenäste anreihen. Auch bei den Brustflossen der Ganoiden ist das nicht oder doch (beı Polypterus selbst) in ganz anderer Weise der Fall. Dagegen sind bei Polyodon ganz ähnliche Verhältnisse realisirt. Die Uebereinstimmung leuchtet bei einem Vergleich der correspondirenden Abbildungen Fig. 1 und 4B, Taf. XXVII, und Fig. 4 und 5, 135 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 247 Taf. XXIX, ohne weiteres ein. Die Bildung einer grösseren Anzahl von Nervenkanälen, wie bei Polyodon, ist bei Polypterus entweder unterblieben, oder es sind nachträglich Kanäle zurückgebildet worden. Als frühere Einschlüsse solcher Löcher kämen Aeste der um den medialen!) (linken) Rand des Basalknochens sich herumschlingenden Nerven in Betracht (Taf. XXIX, Fig. 5). 3. Zusammenfassung. Die Ganoiden-Bauchflosse und ihre Verwandischaft mit den Extremitäten der übrigen Fische. Alle Autoren sind darin einig, dass das knorpelige Hauptbasalstück der Beckenflosse bei den Knorpelganoiden und die Basalia (Basalsegmente) der freien Radien Homodyname (freilich von verschiedener numerischer Zusammensetzung) sind. Dies wird auch durch die Musculatur und Innervation bestätigt. Denn die Bauchmusculatur inserirt an den kleineren Basalstücken genau so wie an den grösseren (Scaphirhynchus, Taf. XXVIIIL, Fig. 3), während bei Selachiern wohl das Becken, aber nicht das ihm an- gegliederte Metapterygium jener Anheftungspunkte bietet. Wichtiger noch ist es, dass die Nervenkanäle bei Polyodon bei beiden vorkommen (Taf. XXIX, Fig. 4). a) Entstehung der Basalia des Knorpelskelets. Die Deutung dieser Knorpel begegnete bisher deshalb Schwierigkeiten, weil namentlich das Vor- kommen von Nervenkanälen der nächstliegenden, von THACHER (1877) zuerst ausgesprochenen Annahme, dass die grösseren Knorpel Verschmelzungsproducte kleinerer seien, Eintrag zu thun schien. Denn bei allen anderen niederen Fischen und speciell bei den Beckenflossen kommen Nervenkanäle nur in dem ein- heitlichen Beckenknorpel vor. Deshalb bezeichnen manche Autoren diese Knorpel als Becken. v. Davı- DOFF (1879), welcher zuerst diese Ansicht vertrat, glaubte, die einheitliche Beckenplatte sei einer Zer- gliederung unterworfen worden, und schlug damit den umgekehrten Weg der Deutung wie THACHER ein, da die kleineren Basalia nach ihm nicht den Ausgangs-, sondern den Endpunkt des Processes darstellen sollten. MOLLIER (1897, p. 59) dagegen, welcher gleichfalls wegen der Nervenlöcher die proximal von ihnen liegende Partie des Skelets mit dem Becken der Selachier und Dipnoer vergleicht, postulirt wie THACHER, MivART, BALFOUR, DOHRN u. v. a. m. auch für letztere einen ähnlichen Process der Verschmelzung aus ursprünglich getrennten Radien wie bei Ganoiden und sucht auf diese Weise homologe Verhältnisse für alle Extremitäten zu konstatiren. Er glaubt, dass in den Basalia bei Polyodon die Homologa vom Becken und Basale metapterygii der übrigen Paläichthyer in Eins verschmolzen seien, wie dies auch O. METSCHNI- KOFF (1880, p. 427) vermuthet hatte. Dem stehen entgegen die Ansichten von WIEDERSHEIM (1882, 1892) und v. RAUTENFELD (1882), welche den Nervenkanälen keine besondere Bedeutung beimessen. Trotzdem die Basalia der freien Flossen aller anderen Fische niemals von Nervenlöchern durchbohrt sind, halten diese Autoren doch die Haupt- basalplatte und Basalsegmente der freien Radien für diesen homologe Bildungen. WIEDERSHEIM, welcher sich darin mit THACHER (1877 A), speciell bei Knochenganoiden auch mit v. DavıDorr (1880) und THomPpson (1886) im Einklang: befindet, vergleicht dieselben mit dem Basale metapterygii, da er bei diesem eine Zusammen- ı) Hier kommt die Differenz mit der Nervenanordnung bei der Brustflosse am deutlichsten zum Ausdruck. Denn dort können als frühere Knorpeleinschlüsse nur die lateral (resp. präaxial) liegenden Nerven angesehen werden (p. 215). — Das Nerven- loch bei Polypterus verbietet meines Erachtens, die Basalplatte dem Metapterygium zu vergleichen. 248 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 136 setzung aus serialen Stäben beobachtet zu haben glaubt. In Folge der Richtigstellung dieses vermeintlichen Befundes durch MoLLIER und RAgr ist dieser Vergleich hinfällig geworden. Denn es ist durch nichts bewiesen, dass ursprünglich das Basale metapterygii gegliedert war. v. RAUTENFELD vergleicht dagegen die Hauptbasalplatte und die Basalsegmente der freien Radien der Ganoiden mit dem B. propterygii anderer Paläichthyer. Seine Ausführungen sind von besonderer Bedeutung, weil sie in sehr überzeugender Weise den Nachweis der Connascenz von getrennten Radien zu grösseren Platten bringen und den Vergleich dieses Processes mit der Bildung des gleichfalls durch Concrescenz entstandenen Basale propterygiüi bei den Beckenflossen der Selachier durchführen. Auch GEGENBAUR (1898) hat sich denselben angeschlossen. Vergleichend-anatomische Befunde. Ich glaube, die Verhältnisse der Nervenkanäle bei den Fischflossen sind so constante und regel- mässig wiederkehrende Erscheinungen, dass man ihnen auch bei der Beckenflosse der Ganoiden besonders Rechnung tragen muss. Die Argumente, welche die Morphologie der Nervenkanäle an die Hand giebt, sind für mich von ausschlaggebender Bedeutung. Deshalb würde ich, falls der Versuch v. Davıporr’s und MOLLIER’s, die Nervenkanäle der Ganoiden- und Selachier-Beckenflosse zu identificiren, den Thatsachen entspräche, auch den Schluss für gerechtfertigt halten, dass die von ihnen durchbohrten Skelettheile Homologa seien. Die Untersuchung zeigt jedoch, dass die Nervenkanäle der Ganoiden-Bauchflosse in ganz anderer Weise entstanden sein müssen als diejenigen des Beckens der Selachier. Hier wandern die Nerven, welche diese Löcher erzeugen und in ihnen eingeschlossen sind, in caudo-cranialer, dort jedoch in medio-lateraler Richtung in den Knorpel hinein und durch seine Masse hindurch bis zu ihrem Endziele. Denn dieselben finden sich, kleine, leicht zu erklärende (p. 244) Abweichungen abgerechnet, bei allen Bauchflossen der Ganoiden zwischen den Grenzen zweier Radien oder in der idealen Fortsetzung dieser (siehe besonders Polyodon, Taf. XXIX, Fig. 4). Die Lagebestimmung der letzteren wird erleichtert durch die Grenzen zwischen den Radialmuskeln, welche distal mit den Interradialgrenzen des Skelets coin- cidiren und proximal regelmässig genau über die Nervenlöcher hin- oder, in seltenen Fällen, dicht neben ihnen vorbeiziehen. Die Coinceidenz von Interradialspalten, Nervenlöchern und Muskelgrenzen ist nur so zu verstehen, dass in den Partien, wo jetzt der Knorpel einheitliche Platten bildet, ursprünglich Spalten vorhanden waren, deren letzte Ueberreste in den Nervenkanälen persistiren. Wollte man mit v. DavıDorF annehmen, dass die Spalten erst eine Zergliederung der Basalplatte in Zukunft bewerkstelligen werden, so bliebe es unerklärt, warum die Nervenlöcher die Grenzen der Glieder gleichsam prädestinatorisch andeuten. Alle Stadien des Einwanderungsprocesses sind bei Polyodon gleichsam fixirt und erhalten. Denn manche Nerven laufen noch direct durch den dorsalen Muskel und den Knorpel nahe seiner lateralen Grenze hindurch zum ventralen Hauptmuskel. Sie sind die ältesten perforirenden Aeste, welche zuerst umschlossen wurden. Andere nehmen denselben Weg durch den Muskel, durchsetzen den Knorpel aber nahe seinem medialen Rande. Sie machen schon einen kleinen Umweg zu ihrem Endgebiet, wurden also erst umschlossen, als die Knorpelradien weiter medialwärts vorgerückt waren. Den grössten Umweg machen schliesslich die Nerven der ventralen Musculatur, welche jetzt noch ausserhalb des Knorpels liegen. Sie sind am weitesten medialwärts vorgeschoben. Wahrscheinlich hängt die ausserordentlich scharfe Trennung der Musculi radiales der Beckenflosse der Knorpelganoiden gemäss der Lage und Breite der Radien des inneren Skelets (Taf. XXVII, Fig. 2A) mit der ursprünglichen completen Sonderung in solche zusammen. 137 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 249 Man könnte nun entweder die Ursache für die Wanderung der Nervenkanäle in proximo-distaler Linie allein einer Verschiebung der Endgebiete der Nerven, namentlich der Muskeln, distalwärts, oder aber der Verschiebung des Skelets in entgegengesetztem Sinne (proximalwärts) beimessen. Der Nervenbefund bei Polyodon entscheidet auch hier und zwar für eine Verschiebung des Skelets von der Rumpfoberfläche nach der Innenfläche der Bauchwand und nach der ventralen Medianlinie zu, also in disto-proximaler Richtung. Denn die serialen Flossennerven folgen so auf einander, dass in den Knorpel eingeschlossene und freie Aeste mit einander unregelmässig abwechseln (p. 242). Erstere sind zwar unter den cranialwärts liegenden Nerven häufiger, kommen aber auch bei weiter caudalwärts folgenden vor, Letztere finden sich bei den meisten, nur bei Nerv 19-21 nicht. Diese unregelmässige Auswahl unter den serialen Nerven beim Einschluss in den Knorpel findet aber keine Erklärung in den Muskelverhältnissen, da die Muskeln der freien Flosse ganz gleichmässig in allen Theilen der Extremität entwickelt sind. Die medialen (proximalen) Skelet- enden ragen jedoch verschieden weit in Form von (ventralen) Zacken in die Bauchwand vor, und zwar der vorderste, zu Hauptbasalplatte gehörende Fortsatz am weitesten (Fig. ı, Taf. XXVIII). Ausserdem sind früher an Stelle der Basalplatten überall getrennte Radien gewesen. Nimmt man an, dass diese allmählich in die Bauchwand hineingewachsen sind, so erklärt sich leicht, dass aus der Reihe der ventralen Flossennerven der eine in den Knorpel eingeschlossen wurde, der folgende aber wieder nicht, und dass sich dieser Vorgang in unregelmässiger Folge immer wiederholte, je nachdem die Nerven zwischen die Spalten der Radien geriethen oder gegen die mediale Kante eines oder mehrerer, schon verschmolzener Radien stiessen und von dieser fortgeschoben wurden. Ein weiteres Argument ist von der Lage der distalen Nervengeflechte der Extremität abzuleiten, welche bei allen untersuchten Knorpelganoiden auf der Hauptbasalplatte liegen und von dieser parallel dem medialen Rande distalwärts über die Basalsegmente der freien Radien hinziehen, in der Beckenflosse der Haie jedoch zum weitaus grössten Theile den Radien und nicht oder nur zum geringsten Theile dem Basale metapterygii aufliegen (siehe Abbildungen Taf. XXIX). Im Uebrigen haben beide Geflechte überein- stimmenden Charakter und sind als Plexus praezonales Homodyname. Der Unterschied in der Lage erklärt sich leicht durch den oben geführten Nachweis, dass die Basalplatten der Ganoidenflosse durch Concrescenz von Radien entstanden sind. Sie können also nicht mit den Basalia der Haie verglichen werden, wie viele Autoren wollen (p. 247). Denn nach der Lage des Plexus ist das mediale Ende der Radien des Acanthias mit den Basalplatten und -segmenten der Knorpelganoiden zu homologisiren (vergl. namentlich die Lage und proximale Ausdehnung des Plexus bei Acipenser und Scaphirhymchus). Sucht man nach Resten des Plexus distalis postaxialis, so sind solche möglicher Weise in den Nervengeflechten erhalten, welche innerhalb der Bauchwand und auf der Innenfläche derselben zwischen den Flossennerven bestehen (Taf. XXVIII, Fig. 2B, Fig. 1). Solche Verbindungen sind bei Selachiern an dieser Stelle nicht vorhanden. Da aber der Plexus praeaxialis mit den Skelettheilen, auf welchen er liegt, proximalwärts verschoben ist, so ist es verständlich, dass auch der Plexus postaxialis weiter innen angetroffen wird als bei den Haien. Das Becken und Basale metapterygii freilich, welchen er und die von ihm versorgte Musculatur anliegen (Taf. XXIX, Fig. ı), fehlen bei den Knorpelganoiden. Durch ihren Verlust wurden die Verschiebungen der Radien und deren Concrescenzen überhaupt erst möglich. Embryologische Befunde. In der Entwickelungsgeschichte legen sich die Radien, wie MOLLIER (1897, p- 56, Fig. 55) entgegen anderen Beschreibungen (v. RAUTENFELD und WIEDERSHEIM) in überzeugender Weise nachwies, nicht getrennt an, sondern an ihren basalen Enden hängen alle durch einen Streifen von Vorknorpelgewebe Jenaische Denkschriften. IV. 18 Semon, Zoolog, Forschungsreisen. I. 33 250 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 138 zusammen und bilden auf diese Weise ein einheitliches Basale. Der Autor selbst deutet diesen Befund als eine cänogenetische Erscheinung, da er annimmt, die Verbindung sei nicht die Wiederholung eines phylogenetischen Zusammenschlusses der Radien, die letzteren seien vielmehr durch die nachträgliche relative Einengung der Flossenbasis (Concentration) aus Platzmangel gezwungen, sich während der Onto- genese zu verbinden. MOLLIER bezeichnet sogar seinen Befund als „den lange gesuchten Beweis von der Entstehung des primären Basale aus der Verschmelzung basaler Strahlenenden“ (p. 56). Obgleich ich diese letztere Art der Argumentation nicht theile!), stimme ich doch MoLLIER darin bei, dass man die vorknorpelige Vereinigung der basalen Strahlensegmente in der Ontogenese nicht ohne weiteres als Beweis für einen phylogenetischen Zusammenhang derselben, d. h. für die Existenz eines Basale oder eines Beckens verwerthen kann. Der Vorknorpel ist ein sehr weiches und der Art seiner Grenzen nach wenig bestimmtes Gewebe, dem möglicher Weise wegen seiner wenig festen Consistenz die Eigenschaft zukommt, grössere Räume einzunehmen als der Knorpel, ebenso wie dieser massiger zu sein pflegt als der Knochen. Es wäre dann klar, dass nahe benachbarte Vorknorpelanlagen sich eher berühren oder mit einander verschmelzen könnten als die aus ihnen hervorgehenden knorpeligen Elemente. Beispiele ähnlicher Art kennen wir ja von anderen jungen embryonalen Geweben (z. B. bei der Anlage der Zahnleiste, der Milchleiste etc.), obgleich im Detail die Ansichten der Autoren vielfach auseinandergehen und fast überall die entwickelungsphysiologischen Grundlagen für die Beurtheilung der hier besonders wichtigen physikalischen Verhältnisse noch fehlen. Die Beckenflosse der Ganoiden ist deshalb besonders suspect, weil alle Untersucher (v. RAUTENFELD, WIEDERSHEIM und MOLLIER) übereinstimmend gefunden haben, dass das Knorpelskelet nicht einheitlich angelegt wird, dass nämlich die freien Radien als Knorpel von Anfang an getrennt sind. Andererseits aber wäre es denkbar, dass in der That jener vorknorpelige Basalstreifen, welchen MOLLIER in der Extremitätenanlage sah, eine Recapitulation des Beckens und eines Basale oder eines letzteren allein wäre, ohne dass man eine Cänogenese, wie jener Autor es thut, anzunehmen braucht. Denn jene alten, bei den Knorpelganoiden secundär in Fortfall gekommenen Bestandtheile der Extremität könnten noch in dieser Form angelegt werden; es würden dann später die distalen Radien, welche an die Stellen vorgewachsen sind, wo sich die primäre Anlage befindet, als Knorpel in der Anlage selbst sichtbar werden und weiterhin durch Weiterwucherung in proximaler Richtung die neue Basalplatte liefern. Da die Entwickelungsgeschichte der Acipenseridenflosse zu wenig im Detail (z. B. was Innervation, Muskel- vertheilung etc. in den verschiedenen Stadien angeht) bekannt und in späteren Stadien noch nicht studirt ist, lässt sich zur Zeit nicht entscheiden, ob die Annahme einer Cänogenese durch MOLLIER oder die Ver- muthung eines palingenetischen Verhaltens, die ich schon früher angedeutet habe (1898 A, p. 442#f.), das Richtige getroffen hat. Hier sind weitere Untersuchungen am Platze und, wie mir scheint, nicht ohne Aussicht auf Erfolg. Es scheinen mir also alle bekannten Thatsachen über den Bau der Beckenflosse der Knorpelganoiden in dem Sinne verwerthbar zu sein, dass wir uns diese Extremität aus ursprünglich freien, mit ihren basalen 1) Der Autor sieht den embryologischen Beweis für die ursprüngliche Existenz freier Radien bei einem Object geführt, bei welchem solche Radien bei ihrem Erscheinen partiell verschmolzen auftreten, die beim fertigen Thier getrennt sind. Wäre die Ontogenese eine unveränderte Recapitulation der Phylogenie, so involvirte diese Thatsache natürlich gerade den umgekehrten Schluss. Deutet man jedoch die ontogenetische Thatsache als Cänogenese, so ist es doch unstatthaft, durch die Ontogenie gerade das beweisen zu wollen, was durch die Cänogenie verdecktist. So weit zu gehen, würde selbst dem überzeugtesten Vertheidiger des Vorkommens zahlreicher Cänogenesen logischer Weise nicht möglich sein. — Für die Skeletentwickelung bei anderen Fischen kommen die Ganoiden auch deshalb nicht in Betracht, weil bei ihnen bisher nicht gezeigt ist, dass sich im fertigen Zustand einheitliche Basalia entwickelungsgeschichtlich aus getrennten Stücken aufbauen. Das Hauptbasalstück bei Acipenser z. B. legt sich gerade so einheitlich successive an, wie es beim ausgebildeten Thiere geformt ist. Nur dadurch aber könnte der ontogenetische Nachweis für die Concrescenz der Radien zu Basalplatten geführt werden, dass wirklich getrennt angelegte Radien während der Entwickelung nach und nach verschmolzen. Das ist bei den paarigen Extremitäten der Ganoiden, soweit die Extremitäten- bogen und Metapterygia in Betracht kommen, ebensowenig wie bei denjenigen der Selachier und Dipnoer der Fall. 139 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 251 Segmenten theilweise verschmolzenen Radien entstanden denken, welche den Radien der Selachier-Bauch- flosse homolog: zu setzen sind. Bei den Knochenganoiden ist aber das Gleiche der Fall. Denn bei Polypterus findet sich ein, den Nervenlöchern der Knorpelganoiden vergleichbarer Kanal in dem einheitlichen, verknöcherten Basale, und die Nerven sind in ähnlich bunter Reihenfolge wie bei Polyodon zu diesem Basale orientirt (Taf. XXVIII, Fig. 4B, und Taf. XXIX, Fig. 5). Embryologische Untersuchungen fehlen hier leider noch völlig. Folgerungen für die verschiedenen Formen und Bestandtheile der Ganoiden- (und Teleostier-)Bauchflosse. GEGENBAUR (1898, p. 571) hat die Frage aufgeworfen, ob die Basalia der übrigen Knochenganoiden (Lepidosteiden, Amiaden) mit demjenigen der Polypterus-Beckenflosse zu homologisiren seien, und dieselbe mit Rücksicht auf die Verschiedenartigkeit des Baues der Brustflossen dieser Fische verneint. Ich glaube es ist vor allem auf Grund der Befunde am Nervensystem daran festzuhalten, dass die Beckenflossen aller Ganoiden aus ursprünglich getrennten Knorpelstäben verschmolzen sind. Ausser dem Becken und Basale metapterygii, deren Verlust die eigenartige Verschiebung der Radialknorpel nach der Rumpfmittellinie zuerst möglich machte, sind auch die Basalia meso- und propterygii, welche auch immer von ihnen bei den Vorfahren dieser Fische bestanden haben mögen, verschwunden, und die jetzt vorliegenden Basalia sind Neubildungen. Dagegen ist es fraglich, ob die Radien, welche bei den verschiedenen Ganoiden erhalten sind, ursprünglich zu einem Basale meta-, meso- oder propterygii gehörten. GEGENBAUR hat vollkommen Recht, wenn er als entscheidende Instanz hierfür den Bau der Brustflosse anführt, da die Paläontologie die Gleichartigkeit des Baues zwischen den beiden Extremitäten bei den Vorfahren der recenten Ganoiden documentirt. Es ist deshalb zu vermuthen, dass bei Polypterus Radien des Metapterygium, und zwar sowohl prä- und postaxiale erhalten blieben und zu dem Basale verschmolzen, während bei den übrigen Knochen- und allen Knorpelganoiden wesentlich präaxiale Radien diesen Process vollzogen. Wenn wir uns mit GEGENBAUR vorstellen, dass die Reduction der Bauchflosse eine Folgeerscheinung des Verlustes eines bei Selachiern mächtigen Copulationsapparates, des Mixipterygium, ist, welcher jedenfalls allen uns bekannten Ganoiden fehlt, so ist wohl anzunehmen, dass wesentlich die Axe selbst mit ihren Radien der kRückbildung verfiel, da jener Apparat von dieser getragen wird. Es ergiebt sich dann die Consequenz, dass die präaxialen Radien, welche erhalten sind, den freien, am Schultergürtel der vorderen Extremität direct befestigten Radien zu vergleichen und als mesopterygiale Stäbe zu bezeichnen oder als Reste eines Propterygium zu deuten wären. Hier mögen bei den verschiedenen Familien getrennte Wege eingeschlagen worden sein. Nach den uns vorliegenden Formen der Ganoiden-Beckenflosse erscheint es willkürlich, ob man den Bildungsprocess des Basale mit der Entstehung eines Pro- und Mesopterygium vergleichen will. Wenn man mit v. RAUTENFELD von einem Basale propterygii spricht, so geschieht dies im Hinblick auf die Hinterflossen der Selachier, bei welchen mesopterygiale Bildungen fehlen. Eine Schwierigkeit könnte noch darin erblickt werden, wie die freien, unpaaren oder paarigen Knorpel- stückchen zu deuten seien, welche sich zwischen den medialen Enden der Hauptbasalia mancher Knorpel- und Knochenganoiden finden. v. DAVIDOFF (1880) und neuerdings WIEDERSHEIM (1892) fassen dieselben als proximale Abgliederungen des Basale auf, welche secundär selbständig werden. Ich kann den Beobachtungen der beiden Autoren über die Variabilität dieser Stückchen bei Polypterus einen weiteren Fall anreihen. Bei meinem Exemplar bestehen nämlich, wie bei ähnlichen, einem von v. DAVIDOFF sowie einem von WIEDERSHEIM kurz erwähnten Falle, nur zwei knorpelige Apophysen in der Bauchmittellinie, welche ich mit WIEDERSHEIM für die unverknöcherten Enden der Basalia halte (Taf. XXVIU, Fig. 4A, B). Denn derartige Knorpelapophysen 18* 33* 252 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 140 sind ja eine ganz allgemein verbreitete, wenn auch quantitativ variable Einrichtung bei den verknöcherten Skelettheilen der Wirbelthiere. Die überknorpelten Gelenkflächen der Pentadactylier gehören ebenfalls hierher. Die Ansicht v. Davıporr’s u. a., dass diesen Knorpelstücken die Bedeutung von Beckenrudimenten beizumessen und ihnen damit eine Sonderstellung einzuräumen sei, kann ich deshalb nicht theilen. Das Besondere meines Falles beruht darin, dass die beiden Apophysen nur in ihrem vorderen (cranialen) Theile durch eine Incisur von einander getrennt sind. Nach hinten (caudalwärts) setzt sich dieselbe in eine nahtförmige Furche obertlächlich fort (Fig. 4A Sule. med.). An dieser Stelle sind die beiden Knorpel und sogar die beiden knöchernen Hülsen der Basalia mit einem Theile ihrer proximalen Peripherie zu einer Synchondrosis und Synostosis verschmolzen. Durch einen in der Richtung der Bauch- mittellinie geführten Schnitt wurden diese Theile künstlich getrennt. Die Schnittflächen des Knorpels und Knochens sind in Fig. 4B durch Schraffirung hervorgehoben. Dieser Befund erklärt meines Erachtens die Variabilität in dem Auftreten der Knorpelstückchen in der Mittellinie bei Polypterus. Namentlich durch die knöcherne Verbindung der beiden Basalia wird leicht eine Abknickung des vorderen (cranialen) Theiles der Apophysen, welcher seine Beweglichkeit bewahrt hat, gegen den hinteren, consolidirten Theil erfolgen und damit eine Abgliederung desselben eingeleitet werden. Dieselbe erfolgt, wie die Abbildungen von v. DAVIDOFF und WIEDERSHEIM zeigen, bald einseitig, bald doppel- seitig und entweder unter Persistenz oder unter Schwund der Incisura mediana. Mit dieser Erklärung der isolirten Knorpelstückchen fällt aber aller Grund fort, in denselben abortive Beckenreste zu sehen, welche dem Extremitätengürtel anderer Fische zu vergleichen wären. Dass sie nicht den Ausgangspunkt für die Entstehung der Extremitätengürtel überhaupt bilden, wie WIEDERSHEIM annimmt, erledigt sich durch die abortive Form der Hinterflossen der Ganoiden und den durchaus ver- schiedenen Modus der Entstehung der Gliedmaassengürtel bei allen anderen niederen Fischen. Die Vereinigung der Basalia in der Mittellinie wird bei Teleostiern zur gewöhnlichen Erscheinung. Nur selten bleiben dort die beiden Antimeren getrennt. Durch Verbreiterungen der Berührungsflächen oder Theilungen derselben in verschiedene Fortsätze entstehen Verbindungen in der Bauchmittellinie von sehr differenter Form und Function. Damit gehen Veränderungen im distalen Skelet einher, indem auch hier, wie bei der Brustflosse der Teleostier, die Knochenstrahlen des äusseren Skelets mehr und mehr prävaliren und die knorpeligen Radien zum Schwund bringen!) (vergl. KOLZOFF, 1895, GEGENBAUR, 1898, p. 569). ß) Veränderungen der Musculatur gegenüber anderen Extremitäten. Die Musculatur der Ganoiden-Beckenflosse ist den Veränderungen des Skelets angepasst. Jedoch sind die Abweichungen von den bei Selachiern und Dipnoern bestehenden Einrichtungen leicht verständlich, wenn man nur die grosse Plasticität der Muskeln und leichte Verschieblichkeit ihrer Anheftungen am Skelet beachtet. Die Bauchmusculatur, welche bei den Selachiern und Dipnoern lediglich am Becken Anheftungen findet, ist bei den Ganoiden mit dem Hauptbasale und bei den meisten auch mit den Basalsegmenten der freien Radien in Verbindung. Auf diese Weise hat das Flossenskelet Ersatz für die Befestigungen gefunden, welche es mit dem Verlust seiner Axe und des Gliedmaassengürtels preisgab. 1) Neuerdings versucht SABATIER (1896, 1898) gerade umgekehrt die Selachierextremitäten als reducirte und secundär hochgradig veränderte Formen den Knochenfischen und ihren Flossen gegenüberzustellen. Wie diametral entgegengesetzt allen anatomischen und embryologischen Thatsachen eine solche Auffassung ist, dürfte auch aus dieser Abhandlung hervorgehen. Ich will nur hervorheben, dass die Nervenlöcher, welche Autor als Rest der primitiven Grenze zwischen seinen Hauptbestandtheilen der Urgliedmaasse (demi-inter&pineux) bezeichnet, längst als secundär entstandene (v. DAVIDOFF, 1879; GEGENBAUR, 1879, u. a. m.) bekannt und als in ihrer Position sehr wechselvolle Gebilde (BRAUS, 1898, 1899) erwiesen sind. 14I Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 253 Eine weitere Verankerung wurde dem Skelet zu Theil durch die dorsalen Fortsätze der Basalia, welche bei Polyodon am stärksten und zahlreichsten entwickelt sind. Dieselben dienen aber nicht nur der Befestigung der Bauchmusculatur und dadurch der Verbindung der Flosse mit dem Rumpfe, sondern sie vergrössern auch die Ursprungsfläche der Musculatur der freien Flosse. Bei Polyodon, bei welchem das Skelet der freien Flosse die geringsten Reductionen unter den Ganoiden aufweist, haben wir die ursprünglichsten Muskelverhältnisse zu suchen. Denn die Musculatur unterliegt denselben gestaltenden Factoren wie die Skelettheile, an denen sie befestigt ist. Die oberflächliche Schicht von Mm. trunco-keratoidei des Polyodon, welche beim dorsalen Hauptmuskel entwickelt ist und sich bei Acipenser und Scaphirhynchus (Taf. XXVIII) ebenfalls findet, ist der Rest der Mm. zono-keratoidei, welche bereits bei der Beckenflosse der Selachier ausser mit dem Becken in breiten Verband mit der Bauchwand getreten sind (p. 184, 193). Beim ventralen Hauptmuskel ist diese oberflächliche Schicht von Mm. trunco-keratoidei verschwunden. Dafür haben sich bei Polyodon die Mm. pterygo-keratoidei mit ihren Ursprüngen proximal- und distal- wärts ausgedehnt. Denn einmal haben sie mit der Ausbildung der Fortsätze der Basalia ihr Ursprungsgebiet vergrössert und sich noch weiter auf die zwischen diesen Fortsätzen ausgespannten Fascien und dadurch auf die Bauchwand ausgedehnt; andererseits finden wir ihre Ursprünge, wie bei der Brustflosse, auf den Radien bis zu dem distalen Rande der Hauptmuskeln hin (Taf. XXIX, Fig. 4). Bei den anderen Ganoiden sind diese Ursprungsgebiete entweder nicht in demselben Maasse erobert oder wieder verloren worden. Denn von den Fortsätzen des Knorpelskelets des Polyodon ist ja bei ihnen nur wenig vorhanden. Bei den Knochenganoiden steht der dorsale Hauptmuskel in breitem Verband mit der Rumpfwand. Da die Muskelfasern innig mit den Mm. pterygo-keratoidei zusammenhängen, sind sie eher als Abkömmlinge dieser denn als Reste der stets bei Knorpelganoiden von ihnen deutlich getrennten Mm. zono- resp. trunco- keratoidei zu betrachten. C. Rückblick: Brust- und Bauchflosse der Ganoiden. Obgleich in den Extremitäten der Ganoiden eine Reihe von Einrichtungen zur Anschauung kommen, welche ihre Untersuchung und Deutung zu den anziehendsten Capiteln der Gliedmaassenmorphologie gestalten, so erweisen sich dieselben doch überall als specialistische Ausbildungen oder gar Rückbildungen, welche nicht als Ausgangspunkt grösserer Formenreihen dienen. Dies gilt vor allem für die hintere Extremität. Bei dieser ist durch ausgedehnte Einschmelzung von Skelettheilen und eine damit verbundene Convergenz der erhaltenen Partien schliesslich ein Zustand erzielt worden, in welchem von der früheren Mannigfaltigkeit der Flossen kaum noch Spuren existiren. Dagegen ist dieselbe bei der Brustflosse noch erhalten, indem dort Anklänge an die biseriale Flossenform neben uniserialen Einrichtungen vorkommen. Aber auch diese sind secundär verändert und werden, im ersteren Falle von Ceratodus, im letzeren von den Squaliden, an Ursprünglichkeit übertroffen. Für diese hier vertretene Auffassung der Ganoidengliedmaasse, welche vor allem GEGENBAUR (1865, 1873, 1895) durch seine Untersuchungen über das Skelet derselben begründete, ist in den vorhergehenden speciellen Abschnitten, wie ich hoffe, weiteres Beweismaterial geliefert worden. Der nächste Abschnitt wird die Aufgabe haben, zu prüfen, ob die Selachier, Ganoiden oder Dipnoer den Anschluss an die pentadactyle Extremität ermöglichen. D [978 18 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 142 IV. Das Pterygium und Chiridium. Ueber die Ableitung der pentadactylen Extremität von den Flossen der Fische gehen die Ansichten weit auseinander. Es sind so gut wie alle Möglichkeiten der Anknüpfung von den verschiedenen Autoren versucht worden, indem sowohl die Extremität der Selachier, als auch die der Ganoiden und endlich diejenige der Dipnoer als Ausgangsform gewählt wurde. Ich will im Folgenden den Versuch machen, an den wesent- lichen Bestandtheilen der Extremität zu prüfen, ob auf Grund des in der Literatur und in den vorhergehenden Capiteln dieser Untersuchung niedergelegten Materiales eine bestimmte Stellung zu einer dieser Auffassungen eingenommen werden kann. Bezüglich der Pentadactylier kommen in erster Linie dabei die urodelen Amphibien in Betracht. Ich orientirte mich bei diesen durch eigene Untersuchungen bei Necturus lateralis über die genaueren Verhältnisse von Skelet, Musculatur und Nervensystem. Im Uebrigen folge ich den Angaben der Literatur, soweit sie hinreichend gesichert erscheinen. Die höheren Pentadactylier habe ich nicht in den Kreis meiner Betrachtungen gezogen, weil hier durch weitere beträchtliche Veränderungen der Extremität die ursprünglichen Theile und ihre Stellungen immer mehr der Fischflosse unähnlich werden, und es mir nur auf Herstellung des genetischen Connexes zwischen den beiden Hauptformen der Glied- maassen, der Flosse und der pentadactylen Extremität, ankommt. ce) Beziehungen zwischen dem Skelet beider Extremitätenhauptformen. Stylopodium. Das innere Skelet der Fisch- und Amphibiengliedmaassen ist in diesem Bande von R. SEMON einer eingehenden Vergleichung unterzogen worden. Durch den Nachweis, dass allein bei Ceratodus ausser dem zu einer frei beweglichen Synarthrose bei allen Fischen differenzirten Schulter- (bezw. Hüft-)Gelenk noch ein zweites Gelenk (Ellenbogen- resp. Kniegelenk) bei beiden Gliedmaassen besteht, hat SEMON ein sehr wichtiges Moment herangezogen, welches auf die Dipnoerflosse oder eine dieser sehr ähnliche Extremität als Urform des Cheiropterygium hinzeigt. Ich verweise bezüglich des Details der Beweisführung auf die p. 89-93 dieses Bandes. Nach dieser ist das proximalste Mesomer bei Ceratodus als Stylopodium erwiesen). Zeugopodium. : Wenn es mir danach ausgemacht erscheint, dass das Stylopodium (Humerus bezw. Femur) im ersten Axenglied der (eratodus-Flosse zu suchen sei, so erheben sich doch sofort Schwierigkeiten, wenn man die folgenden Glieder desselben und des Chiridium zu vergleichen sucht. Denn das 2. Glied besteht bei Ceratodus (seltene, später zu erwähnende Ausnahmen abgerechnet) nur aus einem Stück. Das Zeugopodium (Ulna + Radius bezw. Fibula + Tibia) ist also scheinbar nicht realisirt. Dagegen besitzt die Selachier- und ı) Eine früher allgemein verbreitete Ansicht (CUVIER, AGASSIZ, OWEN, JOH. MÜLLER, METTENHEIMER), die meines Wissens zuletzt von KNER (1867) vertreten wurde, im Uebrigen aber durch die classische Widerlegung von GEGENBAUR (1865) beseitigt schien, ist neuerdings durch POLLARD (1892), EMERY (1894/95) und SABATIER (1896, 1898) wieder aufgenommen worden. Diese Autoren haben das Gemeinsame, dass sie, wie jene ältere Anschauung, Bestandtheile des Chirıdium im Gliedmaassengürtel der Fische suchen und gefunden zu haben glauben. POLLARD und EMERY vermuthen das Stylopodium, SABATIER sogar das Stylo-, Zeugo- und Mesopodium an dieser Stelle. Doch entbehren alle diese Vermuthungen bisher jeglicher controlirbarer, positiver Fundirung, sind vielmehr im Einzelnen sehr angreifbar (siehe GEGENBAUR, 1865; SEMON, 1898, pP. 90, 9I, auch diese Abhandlung p. 140 Anm.). Dasselbe gilt bezüglich derjenigen Forscher — auch darin stimme ich SEMON (l. c.) bei — welche, ähnlich wie andere ältere Autoren (z. B. BRUCH, 1852), neuerdings das Stylo- oder gar dieses und das Zeugopodium für eine jüngere Neubildung gegenüber den distaleren Theilen der Extremität halten (KLAATSCH, 1896; BOLK, 1899). — Das Basale der Bauchflosse von Knochenganoiden, speciell von Polypterus, zum Ausgangspunkt der Differenzirung eines Stylopodium zu machen (THOMPSoNn, 1886; WIEDERSHEINM, 1892) oder gar Stylo- + Zeugo- + Mesopodium zu homologisiren (EMERY 1894), verbietet die augenscheinliche Reduction und Degeneration dieser Gliedmaassen (vergl. auch p. 247—253), welche bei einem nahen Verwandten von Polypterus — Calamoichthys — zum völligen Verlust der Bauchflossen führt. ee Eee is 143 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 255 Ganoidenflosse einen grossen Reichthum an Seitenradien, so dass eine grosse Auswahl offen steht, wenn man versucht, ausser dem Axenstrahl noch einen zweiten Strahl, wie er im Zeugopodium vorhanden ist, bei diesen herauszufinden. GEGENBAUR hatte deshalb diese Extremitäten (speciell diejenigen der Selachier, aber nicht in der hochentwickelten recenten Form, sondern in einem radienarmen, primitiveren Zustand) im Auge, als er das Extremitätenskelet der höheren Thiere vom uniserialen Archipterygium abzuleiten versuchte (1865, 1870, 1873 etc.). SEMON (1898) hat sich dagegen der Hypothese A. Scuneiper’s (1886, 1887) angeschlossen, welcher sich das Zeugopodium der Pentadactylier durch eine Spaltung des einst einheitlichen 2. Axengliedes der Üeratodus-Flosse entstanden dachte. Spaltbildungen in dem betreffenden Gliede des Ceratodus, welche schon GÜNTHER (1871), THACHER (1878), MivART (1879) und VANHÖFFEN (1891) nach Furchen in demselben erschlossen, welche HAswELL (1883) und Howes (1887) thatsächlich beobachteten und für welche SEMoN (1898) weitere Beispiele anführt, sollen der Ausgangspunkt der Längsgliederung desselben in die beiden Skeletstäbe des Vorderarms bezw. Unterschenkels bilden. Da in der Befestigungsart der Musculatur an den in Frage kommenden Skeletstücken und in der Neurologie Anhaltspunkte gegeben sind, welche, wie ich weiter unten ausführen werde, den Anschluss des Zeugopodium viel eher an die Ceratodus-Extremität als an diejenige der Selachier oder Ganoiden ermöglichen, so wurde die Frage der Ableitung des Zeugopodium aus dem 2. Mesomer des Ceratodus für mich von grosser Bedeutung. Ich habe deshalb durch eigene Untersuchungen an 7 Brust- und 9 Bauchflossen die fraglichen Verhältnisse des 2. Axengliedes studirt und Aufschluss über die sich zum Theil recht widersprechenden Angaben der Literatur zu erlangen gesucht. Die Seitenstrahlen (Parameren) des 2. Axengliedes sind bei beiden Ceratodus-Flossen stets durch ihre besonders grosse Zahl ausgezeichnet. Das betrifft vor allem die postaxialen Seitenradien, welche bei der Vorderflosse in ihrer Ruhelage ventral und bei der Hinterflosse dorsal liegen. HUXLEY (1376, p. 49), SCHNEIDER (1886) und VANHÖFFEN (1891) haben an der Brustflosse deren fünf gezählt, Befunde, welche von HowEs (1837) mit Unrecht bezweifelt wurden. Denn auch ich: finde dasselbe an der Mehrzahl meiner Exemplare. Nur in einem Falle (Textfigur 21a) sah ich deren nur 4. Bei der Beckenflosse dagegen ist eine geringere Zahl von Radien an dieser Stelle die Regel. SCHNEIDER gab deren drei an, Howes fand bei einem grösseren Material (10 Bauchflossen) in der Regel 2, in einem Falle jedoch 3 und in einem anderen 4. Bei meinen Exemplaren sind bei der Beckenflosse drei präaxiale Seitenradien des 2. Axengliedes in der Regel vorhanden. In einem Falle (Textfigur 218) finde auch ich vier, in einem anderen nur zwei, bei welchem der eine sich distalwärts in zwei Radien gabelt (Textfigur 21e), und endlich bei einem dritten Fisch keinen Seitenradius. Im letzteren Falle war distalwärts ein Knorpelstück vorhanden, dessen proximale Verlängerung, wenn sie vorhanden gewesen wäre, das ı. Axenglied erreicht hätte. Ein weiteres, sehr kleines Knorpelchen stiess an das proximale Ende dieses Radius an und erstreckte sich in der Richtung nach dem Hüftgelenk zu eine kurze Strecke weit (Textfigur 21f). Diese Befunde lassen sich in folgender Reihe gruppiren: Zahl der von verschiedenen Autoren beobachteten postaxialen Parameren des 2. Mesomers: I. Omopterygium!) 5 (HUxLEY, SCHNEIDER, VANHÖFFEN, BRAUS: Regel) 4 (Howes: Regel; JaQuET?), Braus: I Fall) II. Pelycopterygium!) 4 (Howes, JAQuET?), Braus: je I Fall) 3 (SCHNEIDER und Braus: Regel; Howes: ı Fall) 2 (Howes: Regel; Braus: ı Fall) o (Braus: ı Fall, jedoch Rudimente) 1) Omopterygium = Skelet der Brustflosse, Pelycopterygium = Skelet der Beckenflosse (vergl. BRAUS, 1898 A, p- 248 Anm.). 2) Die Arbeiten dieses Autors (1897—1900), welche ich während der Correktur dieser Abhandlungen erhielt, ‚konnten in den früheren Abschnitten nicht mehr Berücksichtigung finden. Sie enthielten für mein Thema übrigens nichts wesentliches Neues. 256 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. I44 Die Maximalzahl 5 beginnt diese Reihe, und sie endet mit 0. Denn an den Radien sind Spuren der Rück- bildung deutlich, welche dazu führt, dass einer nach dem anderen die Verbindung mit der Extremitätenaxe verliert, verkümmert und schliesslich zu Grunde geht. Bei der Brustflosse hat SCHNEIDER noch 4 Seiten- Fig. 21. Oeratodus-Flossen, °/, nat. G. a—c Brustflossen, d—i Beckenflossen. Das zweite Mesomer ist plastisch, das übrige Knorpelskelet nur in Contouren wiedergegeben. Alle Figuren sind so gezeichnet, dass der präaxiale Rand nach rechts, der postaxiale nach links schaut. Es wurden diejenigen Originale, bei welchen das nicht der Fall war, spiegelbildlich reproducirt. Von der rechten Seite des betr. Ex. stammen Figg. a, c, d, e, g, von der linken b, h, i, £. radien vollkommen und den 5. unvollkommen in Verband mit dem Axenglied angetroffen. In meinen Exemplaren reicht nur in einem Falle der 4. noch mit einem spitzen proximalen Fortsatz bis nahe an das Axenglied heran, ohne dasselbe jedoch ganz zu erreichen (Textfigur 21c). In allen anderen besteht ein 145 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 257 weiter Zwischenraum an dieser Stelle, und höchstens drei Radien stehen im Verband mit dem Axenglied. Von diesen ist bei der Beckenflosse die Ablösung eines nach dem anderen in meinen Figuren zu verfolgen |Textfigur 21d—i)]. Da nach den Untersuchungen von SEMON (8. 0.) die Seitenradien aus dem axialen Vorknorpel- blastem der Flossenanlage seitlich heraussprossen, so ist die basale Ablösung der Radien von der Axe unzweifel- haft ein Rückbildungsprocess; denn gerade hier haben sie entwickelungsgeschichtlich zuerst bestanden. Die Stelle des 2. Axengliedes selbst, an welcher diese postaxialen Radien befestigt sind, hat schon seitens früherer Autoren besondere Beachtung gefunden. SCHNEIDER (Ss. 0.) beschrieb eine Furche, welche längs des postaxialen Seitenrandes des Gliedes verlaufe. Howes (s. o.) bestätigte dieselbe und fand einmal bei. der Beckenflosse einen Spalt an dieser Stelle, welcher jedoch nicht den proximalen, das Kniegelenk begrenzenden Theil des 2. Axengliedes erreichte?). Ein Fall völliger Ablösung ist von GEGENBAUR (1898, p. 517) abgebildet worden. Ich bemerke ausdrücklich, dass hierhin nicht der von Semon eitirte Befund Haswerr’s und seine eigene Beobachtung gehört, da jene Spalten am präaxialen Rande des Axengliedes liegen, während die hier in Betracht kommenden postaxial gesucht werden müssen. In meinen Exemplaren ist die postaxiale Furche dann, wenn mehrere Seitenradien vorhanden sind, sehr deutlich. Dieselbe beginnt in den Fällen, in welchen sie sich bis zum terminalen Rande verfolgen lässt, zwischen dem medialsten und dem auf ihn folgenden Seitenradius |[Textfigur 21b, d, g°)]. Ist nur der innerste Radius oder gar keiner im Verband mit dem 2. Mesomer, so fehlt auch die Furche (Abbildung f). Eine Spaltbildung an dieser Stelle kommt in meinen Präparaten nicht vor. Ich fasse diese Furche als Marke einer Verwachsung auf, welche sich zwischen den Basalia der in Rückbildung begriffenen Radien und dem 2. Axenglied vollzogen hat.ı Denn eine so grosse Zahl von Seitenradien, wie sie sonst beim 2. Mesomer ursprünglich vorhanden gewesen sein müsste (5), Kommt bei keinem anderen Axenglied zur Beobachtung. Die Maximalzahl bei den folgenden Gliedern ist nach HowEs 3, in weitaus den meisten Fällen jedoch nur 2 oder 1. Wir wissen aber durch SEMON, dass entwickelungsgeschichtlich auch am ersten Axenglied Seitenstrahlen zur Anlage kommen. Dieselben sollen später ganz zu Grunde gehen oder in seltenen Fällen als Rudimente in dem Winkel zwischen I. und 2. Mesomer erhalten bleiben. Es erscheint mir dagegen viel wahrscheinlicher, dass von den fünf postaxialen Seiten- radien des zweiten Axengliedes die lateralsten Reste derjenigen des ersten Mesomers sind. Denn der postaxiale Theil des 2. Mesomers, mit welchem diese Radien zusammenhängen (soweit sie überhaupt noch die Axe erreichen), ist nicht nur durch die oben beschriebene Furche oder Spalte gegen die übrige Partie des 2. Axengliedes begrenzt, sondern er reicht manchmal noch bis zu dem Gelenk zwischen I. und 2. Mesomer (Textfigur 21g, h). In anderen Fällen ist allerdings die gelenkige Verbindung mit dem 1. Axenglied rudimentär geworden; das postaxiale Stück endet dann schon früher, ehe es das Gelenk zwischen I. und 2. Mesomer erreicht hat (besonders deutlich in Textfigur 2Ia, e, wo dasselbe deutlich gegen den übrigen Theil des Mesomers abgesetzt ist). ı) In Fällen, wie in Textfigur 2ri, articulirt ein Strahl mit dem 2. und 3. Axenglied. Möglicher Weise leitet dies zu anderen über, wo der Strahl seinen Ursprung vom 2. Axenglied völlig auf das 3. verlegt hat. In der Abbildung h zZ. B. hat letzteres 3 postaxiale Parameren statt der gewöhnlichen Zweizahl. In der Reihenfolge h-g—d—i—e—f würden die Abbildungen dann die zunehmende Ablösung der betreffenden Strahlen verdeutlichen. } a ; 2) In der Beschreibung von Howes ist bei der Beckenflosse der dorsale Rand als präaxial bezeichnet, während er in Wirklichkeit postaxial steht (p. 164). 3) In Fig. h scheint sie zwischen dem innersten Radius des 2. und dem I. Strahl des 3. Mesomers auszulaufen. Es ent- spricht dies der Auffassung, dass letzterer ursprünglich das medialste postaxiale Paramer des 2. Axengliedes bildete (vergl. Anm. r). Jenaische Denkschriften. IV. 19 Semon Zoolog. Forschungsreisen. I. 34 258 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 146 Da wir wissen, dass an Stelle der Furche in seltenen Fällen (GEGENBAUR, s. o.) ein Spalt vor- handen ist, sind Gefässlöcher nicht ohne Bedeutung, welche ich häufiger in der Furche fand (Text- figur 2Ie, h, i). Denn bei den übrigen Meso- und Parameren der Ceratodus-Flosse kommen Gefässlöcher nicht im Knorpel, sondern immer nur zwischen den Knorpeln vor. Es liegt also die Vermuthung nahe, dass die Gefässlöcher durch die Knorpelplatte des 2. Mesomers deshalb hindurchlaufen, weil statt der Furche einst eine Spalte vorhanden war. Am präaxialen Rande des 2. Mesomers soll nach SCHNEIDER bei der Brust- und Bauchflosse ebenso wie an allen folgenden dieser Seite nur ein Seitenstrahl sitzen. Doch stimmt hiermit die eigene Abbildung des Autors nicht überein, welche bei der Beckenflosse 2 Parameren an dieser Stelle aufweist. Auch Howes hat hier im Durchschnitt 2,1 Radien gefunden, während er für die Brustflosse die Beobachtung SCHNEIDER’s bestätigt fand. Ich sehe bei meinen Flossen ganz regelmässig bei der vorderen Extremität einen präaxialen Radius, bei der hinteren deren zwei (oder mehr) mit dem 2. Mesomer articuliren, während die distalwärts folgenden Glieder je nur einen präaxialen Seitenstrahl tragen!). Dasselbe finde ich am 2. Mesomer, soweit die prä- und postaxiale Seite angegeben oder sonst unterscheidbar sind, bei allen mir bekannten Abbildungen von Ceratodus- Flossen (GÜNTHER, HUXLEY, v. DAVIDOFF, SCHNEIDER, Howes, GEGENBAUR, WIEDERSHEIM, SEMON) bestätigt, obwohl dieselben sonst in vielen Details von einander ab- weichen. Man kann nach diesen Erfahrungen geradezu das Skelet einer Brust- von demjenigen einer Beckenflosse am leichtesten daran unterscheiden, dass das letztere 2 (oder ausnahmsweise mehr) präaxiale Radien am 2. Mesomer besitzt, dass dagegen ersteres nur einen an dieser Stelle aufweist. In der Verlängerung des Interradialspaltes zwischen diesen beiden Seitenstrahlen des 2. Mesomers der Beckenflosse findet sich in dem Axenglied selbst die Spalte, welche nach HASWELL und SEMON aus- nahmsweise die ganze präaxiale Partie des Knorpels von dem mittleren Theil abtheilt, indem sie bis zum 2. Gelenk (Kniegelenk) vordringt. In den meisten Fällen hört die Spalte innerhalb des Knorpels auf. In wenigen fehlt dieselbe überhaupt (Textfigur 21f). Da es sich auch in diesem Falle um ein Skeletstück handelt, welchem ein überzähliger Radius ansitzt, wie bei dem postaxialen Abschnitt desselben Mesomers, so erscheint mir die Deutung HAswerr’s und Howes’ gerechtfertigt, welche eine Verschmelzung eines Radius mit dem 2. Mesomer annehmen und den incompleten Spalt als einen Rest der ehemaligen Trennungslinie betrachten. Vergleicht man das Bild eines jungen Entwickelungsstadiums der Brustflosse von Ceratodus, in welchem SEmon die deutliche Anlage eines präaxialen Seitenstrahles des ersten Axengliedes fand (Taf. XV, Fig. 31 dieses Bandes), mit dem Skelet der ausgebildeten Beckenflosse, so fällt die Aehnlichkeit dieses embryonalen Seitenstrahles mit dem präaxialen Theil des 2. Mesomers und dem ihm ansitzenden Radius sehr in die Augen. Ich stimme also Howes (1837, p. 8) bei, welcher im 2. Mesomer ein Verschmelzungsproduct eines ürsprünglichen Axen- gliedes mit den Parameren des I. Mesomers erkannte (vergl. aber p. 259). Freilich halte auch ich die generelle Vermuthung HasweLr’s und anderer Autoren nach ihm, dass die Axe der Ceratodus-Flosse überhaupt durch eine Verschmelzung von vorher isolirten Radien entstanden sei, in keiner Weise durch seinen Befund einer Verdoppelung des Axenstrahles für gerechtfertigt, da SEMON in der frühen Entwickelung eine einheitliche Anlage des Skelets fand, wie sie jetzt bei allen niederen Fischen nachgewiesen ist. Die doppelte Axe der Haswerr’schen Flosse kann ausserdem in sehr verschiedener Weise gedeutet werden. Mein Befund an der in Textfigur 21d abgebildeten Flosse zeigt, dass in abnormen I) HASWELL hat einen Fall beschrieben (l. c. p. 8) und abgebildet (Fig. 6), bei welchem das 2. Mesomer der Beckenflosse nur einen präaxialen Seitenstrahl trägt. In diesem Falle waren aber am ersten Mesomer 2 präaxiale Strahlen vorhanden. Dieser Befund steht also in gutem Einklang mit meiner Auffassung. 147 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse, 259 Fällen!) von den Seitenradien ihrerseits Parameren (Seitenstrahlen II. Ordnung) erzeugt werden können. Von diesen hat einer eine stattliche Länge erreicht und ist parallel der Flossenaxe mit dieser verbunden. Er vertritt offenbar die hier (in Folge früherer Verletzung?) fehlenden kurzen Seitenstrahlen. Denkt man sich ein solches Paramer noch stärker als in meinem Fall entwickelt, so könnte es an Grösse und Lage wohl mit der ursprünglichen Axe in Concurrenz treten und ein Bild wie dasjenige HAswEr’s (]. c. Ei 6) bilden helfen. In diesem ist auch einer der Mittelstrahlen noch kürzer als der andere. Es braucht also in Fällen, wie dem letzteren, weder eine normal stattfindende Verschmelzung ausgeblieben zu sein (HAswErr) noch eine abnorme Spaltung stattgefunden zu haben (Semon). Dies schliesst aber nicht aus, dass nicht bei Oeratodus Verschmelzungen von Radien unter einander oder von solchen mit Theilen der Axe an einzelnen Stellen vorkommen, wie dies bei Selachiern und Ganoiden so vielfach beobachtet ist (Meso-, Propterygium). Dass es sich speciell in der präaxialen Spalte des 2. Mesomers um einen secundären Erwerb der Flosse handelt, ist bisher, soviel ich sehe, durch nichts wahrscheinlich gemacht. Bei der Brustflosse fehlt diese Spalte in meinen Exemplaren stets. Auch in den Abbildungen anderer Autoren ist nichts von einer solchen wiedergegeben. Es würde dies mit meiner Auffassung der Spalte als eines Restes der Trennungslinie zwischen dem I. präaxialen Seitenradius und dem 2. Axen- glied stimmen, da ersterer bei der Brustflosse fehlt. Die Furche, welche SCHNEIDER als Fortsetzung des I. definitiven präaxialen Seitenstrahles (also desjenigen des 2. Mesomers) im 2. Axenglied der Brustflosse beschreibt, ist allerdings vorhanden. Sie ist aber in meinen Präparaten ziemlich seicht und wechselnd im Verlauf (Textfigur 2Ia—c). Aehnliche seichte Furchen finden sich auch an derselben Stelle bei den folgenden Mesomeren. Bindegewebsstränge, wie sie GÜNTHER (1871) und MIıvArT (1879) bei ein und dem- selben Exemplar an der kritischen Stelle beschrieben haben, werden secundär entstanden sein; denn zu Variabilitäten neigt der Flossenknorpel beim Lungenfisch ganz allgemein. Vergleicht man das Zeugopodium der Amphibiengliedmaassen mit dem 2. Axenglied der Ceratodus- Extremität, so scheint mir nur die hintere Flosse des Lungenfisches eine Anknüpfung zu ermöglichen. Denn es bleibt, wie ich weiter unten noch begründen möchte, wesentlich der präaxiale Theil der Extremität sammt der Axe von dem ganzen Flossenskelet bei den Pentadactyliern übrig. Die Fibula und die Tibia sind deshalb, wie SCHNEIDER und SEMON wollen, dem Mittelstück des 2. Mesomers und dem prä- axialen Abschnitt desselben zu vergleichen. Der postaxiale Abschnitt ist, wie schon manchmal bei der Ceratodus-Flosse selbst (Textfigur 21f), bei den höheren Thieren verschwunden. Dieser präaxiale Abschnitt ist aber nichts anderes als der ehemalige Seitenstrahl des ersten Axengliedes. Da ein diesem homodynamer Abschnitt bei der Brustflosse im ausgebildeten Zustande fehlt, so ist hier ein Vergleich mit einem Zeugopodium nicht mehr durchführbar. Nur in der Entwickelungsgeschichte taucht der präaxiale Seitenstrahl des I. Axengliedes noch auf als Beweis dafür, dass die Vorfahren des Ceratodus ihn besassen. Durch Vermittelung allein dieses entwickelungsgeschichtlichen Befundes lassen sich bei der Brustflosse der Dipnoer Ulna und Radius nachweisen. Der ausgebildete Fisch ist in einseitiger Weise differenzirt, indem er das Homologon des Radius (p. 262) verlor. Trotzdem ist die Dipnoerflosse die einzige unter denjenigen der niederen Fische, welche in ihrer Musculatur und ihrem Nervensystem Einrichtungen ähnlich denen der Pentadactylier besitzt. I) Unregelmässigkeiten der Anordnung der Hornfäden in der Verlängerung des 3. präaxialen Paramers der betreffenden Beckenflosse rechtfertigen die Vermuthung, dass die Extremität ehemals verletzt war und sich regenerirte. Aeusserlich war an der Flosse nichts Abnormes zu bemerken. Bei einem anderen Exemplar war der distale Theil der Flosse glatt abgetrennt und die Wunde frisch vernarbt. — Auch bei Protopterus sind Spaltungen der Axe, welchen früher Bedeutung für die Genese der Flosse beigelegt wurde (ALBRECHT 1886), als Regenerationsformen von grosser Variabilität und Inconstanz nachgewiesen (Bi- und Tri- fidität: HOPLEY 1891, BOULENGER 1891). 19* 34 * 260 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 148 8) Beziehungen zwischen der Musculatur des Pterygium und Chiridium. Semon hat in diesem Bande die Untersuchungen von v. Daviporr (1883) über die Muskeln der Beckengliedmaasse des Lungenfisches in dem Sinne verwerthet, dass eine enge Anpassung der Muskeln nicht nur an das proximale Gelenk (zwischen Gürtel und Stylopodium), sondern auch an das zweite (zwischen Stylo- und Zeugopodium) stattgefunden habe. Die Uebereinstimmung zwischen Dipnoer- und Amphibien- muskeln bei den Extremitäten ist aber eine viel allgemeinere, wenn man die Flossen anderer Paläichthyer (Selachier, Ganoiden) dagegenhält. Für die letzteren wurde in den betreffenden Abschnitten dieser Abhandlung der Nachweis geführt, dass die Musculatur am knorpeligen Extremitätenskelet wesentlich mitihren Ursprüngen befestigt ist. Dieselben sind, wie bei Squaliden gezeigt wurde (p. 178), ursprünglich auf die Rumpfwand und den Extremitätengürtel beschränkt gewesen, haben aber in dem grössten Theile der Flosse von den Basalia durch Ueberwanderung Besitz ergriffen. Bei Knorpel- und Knochenganoiden dehnen sie sich auch noch weiter terminalwärts, nämlich auf die Radien aus (p. 224, 235, 238 u. s. w.). a b @ G @G NEL Pr // FE ph (5) ph (4) u (1) m(3) e(2) Fig. 22. a Längsschnitt durch die Squalidenflosse. G@ Stück des Schultergürtels, B Basale mit Radius von 4 Quer- gliedern, « contrahirter Hauptmuskel, aus Mm. zono-keratoidei und Mm. pterygo-keratoidei bestehend, 5b Zwischensehne zwischen beiden Kategorien von Muskelfasern, e Ursprungssehne der distalen Mm. pterygo-keratoidei, d activ, e passiv flectirter Hornfaden. b Längsschnitt durch die beiden basalen Glieder des Axenstrahles der Ceratodus-Brustflosse (7 und //) und durch den ersten präaxialen Seitenradius (—4). @ Schultergürtel, e Hornfaden. In der Musculatur der concaven Seite sind die Systeme der Mm. zono-keratoidei, zono-pterygiales und pterygiales proprii angegeben. Die von anderen Muskeln verdeckten Fasern sind mit punktirten Linien gezeichnet. c Längsschnitt durch die Axe (Z, IT) und einen Seitenradius (7—6) der vorderen Extremität eines Urodels (Necturus). @ Schultergürtel, H Humerus (I. Mesomer), U Ulna (II. Mesomer), « Ulnare (1. Glied des Paramers), e Carpale (2. Glied des Para- mers), m Metacarpale (3. Glied des Paramers), ph Phalangen (4.—6. Glied des Paramers). Die Musculatur des Ober- und Unter- armes ist nach Fig. I, Taf. XXVII, diejenige der Hand nach EISLER, 1895, Taf. X, Fig. 3 gezeichnet. Die Insertionen der Muskeln dagegen sind weitaus ihrer Mehrzahl nach an den Hornfäden oder Knochenstrahlen des äusseren Skelets befestigt. Nur an dem prä- und postaxialen Rande der Flosse sind Muskelinsertionen in Verbindung mit dem inneren Skelet. Dieselben sind zum Theil (am präaxialen Rande) ein progressiver Erwerb, indem sie sich an einem spät entstandenen Theile des Skelets anheften (Propterygium) und hier einen neuen Muskel, den Abductor der Flosse, bilden. Zum Theil (am postaxialen Rande) sind sie Reste des ehemals hier befindlichen Flossenabschnittes des biserialen Be ee 149 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 261 Archipterygium. An die Fläche des Knorpelskelets sind nur Ursprünge von Muskelfasern angeheftet (Textfigur Io, p. 179, Kreuze vergl. p. 200). Speciell bei den Polypterinen, bei welchen nach den Angaben von KLAATSCH (1896) Insertionen von Muskeln auch an dieser (und an ihren Radien sogar Mm. interossei s. pterygiales proprii) vorkommen sollen, sind die Verhältnisse in dieser Beziehung nicht anders als bei anderen Ganoiden und als bei den Selachiern. Denn ich fand die Insertionen in Wirklichkeit auf die Marginalia beschränkt, die als ungegliederte und dazu noch verknöcherte Stäbe keine neue Winkelbewesung innerhalb der freien Flosse, sondern nur Specialisirungen der Action der letzteren in toto gestatten (p. 235, 236). Bei den Pentadactyliern dagegen ist ein reiches und mannigfaltiges System von Muskeln vorhanden, welche nicht nur mit ihren Ursprüngen, sondern auch mit ihren Insertionen Angriffspunkte am inneren Skelet besitzen. Dadurch wird überhaupt erst die fünfzehige Extremität zu dem complicirten mehrarmigen Hebelsystem, welches sie zu Bewegungen auf dem Lande befähigt. An Stelle der langen Muskeln der Selachier- und Ganoidenflosse sind viele kurze Muskeln getreten, welche möglichst nur ein Gelenk über- springen und Knochen gegen Knochen bewegen können (Taf. XXVI, Fig. 1a). Beim Ceratodus. ist aber, besonders an den präaxialen Radien, dieselbe Differenzirung von Muskeln, welche am inneren Skelet inseriren, im Flusse, wie bei Amphibien. Nur ist die Specialisirung keine so beträchtliche; denn die oberflächlichen, am äusseren Flossenskelet inserirenden Muskeln sind noch ziemlich zahlreich. Die genaueren Nachweise hierfür finden sich in dem speciellen Capitel (p. 172 u. f,). Einen Ueberblick geben die halbschematischen Textfiguren 22a, b, c, in welchen für einen Radius bei der Selachier-, Dipnoer- und Amphibienextremität genau die Ursprünge und Ansätze der Muskeln, deren Fasern aller- dings numerisch in schematischer Weise dargestellt sind. 7) Beziehungen zwischen dem Nervensystem des Pterygium und Chiridium und der Stellung beider zu einander. Schliesslich giebt uns das Nervensystem der Extremitäten Aufschluss über die ursprüngliche Stellung derselben zum Rumpf und erhärtet dadurch den Nachweis innigerer Beziehungen zwischen den Dipnoer- und Amphibiengliedmaassen, als zwischen letzteren und denen anderer Fische. In Fig. TA, Taf. XXVII, habe ich die Muskeln und ventralen Nerven einer vorderen Extremität von Neeturus wiedergegeben. Der Plexus wurde im Präparat in seine serialen Bestandtheile aufgelöst. In der Figur ist durch die den Nerven- endästchen beigegebenen Ziffern angezeigt, aus welchen serialen Componenten dieselben sich zusammensetzen. Während die Schulter- und Oberarmmuskeln vom ganzen Plexus innervirt werden, wird die Vorderarm- und Handmusculatur ausschliesslich von den beiden hinteren Gliedmaassennerven (4, 5) versorgt. Ihre Aeste sind innig mit einander verflochten. Ein deutlicher Unterschied in der Vertheilung der Aeste von Nerv 4 und 5 besteht jedoch darin, dass die radialwärts liegende Musculatur eine grössere Zahl von Nervenelementen des vierten Metamers, die ulnarwärts liegende von solchen des fünften Metamers empfängt. In der Figur habe ich den grösseren Antheil serialer Bestandtheile eines Nervenastes gegenüber dem geringeren durch Verdoppelung der betreffenden Ziffer und durch grösseren Druck derselben hervorgehoben. Der Befund an der Vordergliedmaasse von Necturus bietet eine Reihe Vergleichspunkte mit den bei niederen Fischen gewonnenen Resultaten. Einmal tritt das, in der menschlichen Anatomie lange bekannte, aber erst genau von HERRINGHAM (1887) geprüfte, und besonders von FÜRBRINGER (1888) für Tetrapoden insgemein formulirte gesetzmässige Verhalten zu Tage, dass die cranial entspringenden Nervenelemente (z. B. von Nerv 3) proximalere Partien der Extremität versorgen als die caudal entspringenden. Dasselbe fand ich bei allen daraufhin näher untersuchten Gliedmaassen niederer Fische. Andererseits lässt sich nach der Anordnung der Nerven eine dorsale und ventrale Fläche der Extremität unterscheiden, indem, wie bei 262 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 150 Selachiern, Ganoiden und Dipnoern, jeder Gliedmaassennerv in Hauptäste zerfällt, von welchen die einen in ihren Verzweigungen lediglich auf die ventrale Muskelgruppe, die anderen auf die dorsale beschränkt sind. (Die dorsalen Nerven sind in meiner Figur nur an ihren Anfängen wiedergegeben und durch graue Schraffirung bezeichnet.) Auch dies hat FÜRBRINGER (1873 und folgende Jahre) bei Amphibien ufd höheren Pentadactyliern als gesetzmässig nachgewiesen und durch die Ausdrücke Rami thoracici et brachiales superiores und inferiores zum Ausdruck gebracht. Schliesslich lässt sich an der Necturus-Extremität, wie bei den Fischflossen, ein cranialer oder präaxialer Rand von einem caudalen oder postaxialen unter- scheiden, indem analog höheren Thieren die Musculatur der Radialseite an Oberarm, Unterarm und Hand zahlreichere vorn am Rumpf entspringende Nerven, diejenige der Ulnarseite zahlreichere hinten ent- springende Nerven empfängt. Ich befinde mich also in Uebereinstimmung mit vielen älteren Autoren (CUVIER u. a.) und namentlich mit HuxLey (1876), dessen Argumenten GEGENBAUR sofort!) (1876) und viele andere Autoren (KÖLLIKER 1879, GÖTTE 1879, PATERSON 1887, HATSCHEK 1889, WIEDERSHEIM 1892, EISLER 1889, EMERY 1894, 1897 u. a. m.) in der Folge beitraten. Die Anordnung der ventralen und dorsalen Musculatur zu einander und die Stellung des cranialen und caudalen Gliedmaassenrandes bei Necturus findet unter den niederen Fischen einzig und allein, so weit unsere jetzigen Kenntnisse reichen, ihre Parallele bei der Beckenflosse des (eratodus. Nur bei dieser ist die ventrale Musculatur wie bei den Vorderarm- und Handmuskeln von Necturus zu einer medialen Musculatur geworden. Bei den Selachiern, Ganoiden und Teleostiern verharrt dieselbe entweder in ventraler Lage oder nimmt eine laterale Stellung ein. Bei den hier verglichenen Extremitäten von Dipnoern und urodelen Amphibien ist aber der Grund dieser Uebereinstimmung eine beiden eigene, in gleicher Richtung erfolgte Axendrehung; denn bei beiden schaut der eraniale Rand ventralwärts, der caudale dorsalwärts. Ein Vergleich der beiden auf Taf. XXVII wiedergegebenen Extremitäten und ihrer Nerven zeigt, dass sich die linke Bauchflosse eines Ceratodus und die rechte Brustflosse eines Necturus in dieser Beziehung wie die beiden Hälften eines Gliedmaassenpaares verhalten. Diese von HATSCHER (1889) besonders hervorgehobene Uebereinstimmung, welche auch bei der vorderen Ceratodus-Flosse dann hervortritt, wenn dieselbe nach unten herunter geklappt und um 180° gegen ihre Ruhelage gedreht ist, besitzt deshalb besondere Wichtigkeit, weil die hintere Extremität von Ceratodus die einzige unter den Fischgliedmaassen ist, welche eine solche Lage. dauernd auch in der Ruhe besitzt. Sie ist die Stützstellung der Fischflosse. Wie nach SEMONn und THoumson (1899) schon oben mitgetheilt (p. 154), kann aber auch die vordere Extremität von Ceratodus unter Umständen annähernd eine solche Stützstellung gewinnen. Die Vordergliedmaasse der Amphibien hat dieselbe als dauernde Einrichtung erworben, da auch sie als Stützorgan wie die Hinterflosse des Ceratodus benutzt wird, und besitzt in Folge dessen eine um ISo° gegen die ruhende Brustflosse des Lungenfisches gedrehte Lage. So gut dieser Befund mit den physiologischen Verhältnissen übereinstimmt, so wenig giebt er SCHNEIDER (1886, 1887) Recht, welcher in der Stellung der (Ceratodus-Flosse diejenige der Pentadactylier erkennen zu können glaubte. SEmon hat sich in seiner Arbeit (1898) vorsichtiger ausgedrückt und diese Frage noch unentschieden gelassen. Die hintere Extremität der urodelen Amphibien und aller höheren Pentadactylier dreht, wie wir durch die neueren Untersuchungen über die Extremitätenplexus wissen, ganz allgemein ihre dorsale Fläche nach aussen und ihre ventrale Fläche nach innen, so dass der präaxiale Rand ventralwärts und der post- axiale dorsalwärts schaut. Sie besitzt also dieselbe Stellung wie die Bauchflosse des Ceratodus oder, nach den oben mitgetheilten Befunden, wie die Vordergliedmaasse des Necturus. ı) Trotzdem citiren manche Autoren (THOMPSON 1886, HATSCHEK 1889, EMERY 1897) immer noch diesen Autor für die Ansicht, dass der Radius am postaxialen Rand der pendactylen Extremität liege, wie GEGENBAUR allerdings vor 1876 annahm. Dieselbe wurde in der That nach HuxLEy noch vertreten von THACHER (1878 A), BAUR (1885), POLLARD (1892) und KLAATSCH (1896). ee RE 151 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 263 Bei den wasserlebenden urodelen Amphibien ist von der Gegendrehung der beiden Extremitätenpaare, wie sie bei höheren Pentadactyliern allgemein zur Be- obachtung kommt, nichts vorhanden. Dieselbe kommt unter Anderem dadurch zu Stande, dass sich die Vordergliedmaasse mehr zum Greiforgan beim Vorwärtsziehen des Körpers heranbildet und dabei eine Rotation erleidet. So wird die Pronation mit gekreuzten Vorderarmknochen als Grundstellung der terrestrischen Gliedmaasse erzeugt. Bei der Hintergliedmaasse fehlt bei der Grundstellung des in ursprüng- licherem Zustand verharrenden Extremitätentheiles (Unterschenkel und Fuss) die Rotation des Zeugopodium; es ist die stützende Function bei ihr reiner erhalten, indem die Extremität mehr als die vordere zum Abstossen und Fortschieben, schliesslich beim Menschen ausschliesslich zum Tragen und Fortbewegen des Körpers benutzt wird. Im Detail nachzuweisen, wie sich diese Veränderungen vollzogen haben, ist nicht Sache dieser Abhandlung. Ich verweise auf die reiche, hier vorliegende Literatur, welche freilich in manchen Punkten einer Sichtung und Neubearbeitung des ihr zu Grunde liegenden Materiales bedarf. Für unsere Zwecke genügt es, die Anknüpfung der Amphibien an die niederen Fische zu erreichen. Eine schwierige Frage ist endlich diejenige, ob in dem Gliedmaassenskelet der Amphibien eine Axe ähnlich derjenigen des Archipterygium nachzuweisen und wo dieselbe zu suchen sei. Aber auch hier giebt der Vergleich mit der Ceratodus-Flosse Anhaltspunkte, welche weder Selachier noch Ganoiden bieten. Man muss freilich die hintere Extremität des Ceratodus in Betracht ziehen, da diese in ihrer Stellung und Erhaltung ihres Skelets von der vorderen verschieden ist. Bei ihr ist der präaxiale Radius des I. Gliedes, welcher bei ausgebildeten Thieren meistens mit dem 2. Axenglied partiell verwächst, sehr stark und breit. Denkt man sich den postaxialen Abschnitt des 2. Axengliedes, welcher durch die secundäre Angliederung entsprechend liegender Radien des 1. Mesomers entstanden ist, fort, so fehlt wenig. dass dieser Knorpel nicht gerade so breit wie das Axenglied ist (Taf. XXVII, Fig. 2, Textfigur 21d, p. 256). Beim Ceratodus ist also bereits die Entwickelung des I. präaxialen Paramers so weit fortgeschritten, dass aus der Aehnlichkeit der Stärke von Ulna-Radius oder Tibia-Fibula bei urodelen Amphibien kein Gegengrund gegen ihre ursprüngliche Verschiedenheit abgeleitet werden kann. Wir wissen durch GEGENBAUR (1876), dass das Skelet des Zeugopodium der Amphibien eine Axe daran erkennen lässt, dass bei der hinteren Extremität, wie die Untersuchungen von WIEDERSHEIM (1876) ergeben, manchmal das Intermedium zwischen die beiden Unterschenkelknochen eindringt und an der Fibula angeheftet ist. Wie die Tibia als präaxialer Strahl des Femur sich zu erkennen giebt, so ist dadurch das Intermedium als präaxialer Strahl der Fibula erwiesen. Diese erscheint in Folge dessen als Fortsetzung des Femur, also der Axe. Eine Bestätigung für die Untersuchungen von GEGENBAUR (1876) an der vor- deren Extremität von Salamanderlarven hat SHITKOV (1899)!) in der Ontogenese von Isodactylium schrenkii gefunden, indem er nachwies, dass die vordere Extremität dieses urodelen Amphibs „hinsichtlich der Lage und Grösse des Intermedium gleichsam das Stadium des Hinterfusses des erwachsenen Thieres durch- 1) Der Autor legt grosses Gewicht darauf, dass das Intermedium in noch jüngeren Stadien zwischen Radius und Ulna in der Verlängerung des Humerus liegt. Da aber immer ein beträchtlicher Zwischenraum zwichen beiden Anlagen besteht, welcher durch embryonales Bindegewebe ausgefüllt ist, so besteht meines Erachtens kein Grund, das Intermedium als Fortsetzung des Humerus und also der Axe aufzufassen, wie dies SHITKOV auf Grund dieses embryologischen Befundes thut. — Paläon- tologische Funde einer Berührung zwischen Intermedium und Stylopodium bei fossilen wasserlebenden Reptilien (MarsH 1880, THOMPSON 1886 u. a.) können deshalb nicht als Beweis für die primitive Natur dieser Verbindung gelten, weil die betreffenden Thiere ihre Skeletform Reductionen der Länge der Querglieder verdanken, welche eintraten, als sie das Land- mit dem Wasser- leben vertauschten (BAUR 1886). Ich kann deshalb denjenigen Autoren nicht beistimmen, welche die Extremitätenaxe durch das Intermedium legen wollen (HUxLEY 1876, KLAATSCH 1896, EMERY, ?1897). Ebensowenig halte ich die auf einer Verwechslung des prä- und postaxialen Randes der Extremität (s. p. 262 Anm.) basirende Ansicht, dass die Axe durch den Radius (resp. Tibia) zu legen sei, für gerechtfertigt, noch die rein negative Meinung, es sei überhaupt keine primitive Axe im Zeugopodium nachweisbar (THOMPSON 1886, EMERY 1887, BAUR 1888, WIEDERSHEIM 1892, MOLLIER 1895, 1897). 264 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 152 macht“ (p. 252, vergl. auch Fig. 3, p. 251). Auch hier verhält sich das Intermedium zur Ulna wie ein Paramer zu seinem Mesomer. Weiter terminalwärts wachsen die Schwierigkeiten beträchtlich, bei den Versuchen unter den Hand- und Fusswurzelbestandtheilen der Urodelen-Gliedmaassen die Axe wiederzuerkennen. Dieselbe ist im postaxialen Theile von Hand und Fuss zu suchen, da die Axe durch den entsprechenden Abschnitt des Zeugopodium verläuft. GEGENBAUR lässt sie bekanntlich durch den 5. Finger (Kleinfinger, Kleinzehe) verlaufen und glaubt also, dass der ganze postaxiale Radienbesatz des Archipterygium bei den Penta- dactyliern nicht bestehe. Dieser Ansicht steht allerdings nichts Entscheidendes von den mir bekannten Thatsachen entgegen. Andererseits ist es bei den ausserordentlich wechselnden Befunden im Carpal- und Tarsaltheil der pentadactylen Extremitäten kaum möglich, eine feste Basis für dieselbe durch Untersuchungen am Skelet zu gewinnen. In demselben Sinne hat sich auch die Mehrzahl der Embryologen ausgesprochen. Auf der Volarseite der Hand des Nectwrus finde ich zwei Nervenstämme, welche sich am Unterarm aus dem bei Amphibien bekanntlich proximal aus einem Stamme bestehenden Armplexus (R. brachialis inf.) differen- ziren und mit Seitenästen die Vorderarm- und Handmusculatur versorgen. Diese beiden Stämme liegen zum 4. und 5. Strahl der Extremität ähnlich wie die Längsstämme der COeratodus-Flosse zum Axenstrahl (vergl. Taf. XXVII, Fig. ıB und 2). Obgleich ich einen so vereinzelten Befund keineswegs als Beweis dafür ansehe, dass in einem der beiden Finger die Axe zu suchen sei, so wollte ich ihn doch nicht ganz unerwähnt lassen. Denn hier zeigt sich vielleicht ein Weg, auf welchem man, nämlich durch Untersuchung des Nerven- verlaufes bei- einem grösseren vergleichenden Material niederer Pentadactylier, zu sicheren Ergebnissen gelangen könnte. Im folgenden Capitel werde ich die Frage nach der Lage des Axenstrahles im distalen Theile der Extremität nochmals an der Hand der allgemeinen Gesichtspunkte berühren, welche sich über die Entstehung der Gliedmaassen aufstellen lassen. Nach diesen erscheint mir die Annahme GEGENBAUR’s, nach welcher die Axe in dem präaxialen Randstrahl enthalten ist, oder doch eine ganz ähnliche, nach welcher dieselbe nahe dem präaxialen Rande von Hand und Fuss (z. B. im 4. Strahl nach der üblichen Zählung) zu suchen wäre, der Wahrheit am nächsten zu kommen. V. Die Archipterygiumtheorie. Wenn man die Entstehung der Extremitäten höherer Wirbelthiere (Tetrapoden, Pentadactylier) zu, verstehen versucht, genügt es nicht, den Anschluss bei der einen oder anderen Form von paarigen Flossen der Fische, der niedrigsten sicher bekannten Extremitätenthiere unter den Vertebraten, zu suchen. Denn bei diesen ist durch die Anpassung an das "Wasserleben allenthalben eine einseitige Ausgestaltung der Extremität dank der Plasticität, welche allen niederen Gliedmaassen zukommt, eingetreten und hat selbst bei im übrigen Körperbau primitiven Formen die Gliedmaassen vom ursprünglichen Zustande abgeführt. Es ist dies z. B. in besonderem Maasse bei den Haien der Fall. Eine Lösung der Frage ist deshalb nur dann zu erhoffen, wenn unter den Fischflossen (Pterygia, Ichthyopterygia) die gemeinsame Urform erkannt und deren Entstehung begründet ist. Von dieser aus muss man versuchen, die Gliedmaassen der Landwirbelthiere (Chiridia, Cheiropterygia) abzuleiten. Es ist deshalb nicht gerechtfertigt, die GEGENBAUR’sche Archipterygiumtheorie in zwei isolirte Theile aufzulösen, wie es heute vielfach geschieht. Die Frage nach der Herkunft des biserialen Pterygium lässt sich nicht lostrennen von derjenigen nach der Entstehung des Chiridium. Denn das Chiridium ist nicht ohne Kenntniss der Vorläufer jetzt bestehender biserialer Flossenformen von einer der letzteren ableitbar. TE 153 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse, 265 Ich stelle deshalb in diesem Capitel zum Schluss alle positiven Argumente zusammen, welche in den Rahmen eines geschlossenen Versuches der Ableitung unserer Gliedmaassen aus der Urform der bisher untersuchten Extremitäten niederer Vertebraten fallen. Ich entnehme dieselben den hierüber handelnden literarischen Quellen und den in dieser Abhandlung niedergelegten Befunden. Wegen vieler mehr neben- sächlicher Punkte und der specielleren kritischen Prüfung des einschlägigen Materiales und der Literatur verweise ich besonders auf die Uebersichtscapitel der einzelnen Abschnitte dieser Abhandlung. Im Detail auf den Gegensatz zwischen der Lateralfalten- und Kiemenbogen-Hypothese einzugehen, liest mir hier fern, da ich schon in anderen Arbeiten meine ablehnende Stellung der ersteren gegenüber zu begründen versucht habe (1898A, p. 422—440, und 1899, p. 601—608), und bereits von SEMON eine sehr klare kritische Widerlegung derselben in diesem Bande selbst gegeben worden ist (p. 99 u. £.). Ursprüngliche Form des Extremitätenskelets. GEGENBAUR!) äusserte seine Kiemenbogenhypothese im Anschluss an seine epochemachenden Unter- suchungen über das Extremitätenskelet. Er stützte sie nämlich auf die allen Flossen, welche er genauer studirte, im Grunde gemeinsame Eigenschaft, dass ein Extremitätenbogen in der Rumpfwand und ein mit ihm articulirender Radius (Axenstrahl, Metapterygium) in der freien Flosse die constantesten, deshalb wichtigsten und ältesten Einrichtungen des inneren Skelets bilden. An dem Skeletstab der freien Flosse können in der verschiedensten Anordnung Seitenradien angeheftet sein, und diese können ihrerseits durch Verschmelzung neue Platten (Basalia pro- et mesopterygii) bilden, welche neben dem ursprünglichen Axen- strahl mit dem Extremitätengürtel articuliren (Selachier, Ganoiden-Brustflosse) oder, falls derselbe verloren gegangen ist, an seine Stelle treten (Ganoiden-Bauchflosse). Weder die Angriffe seitens HuxLey’s (1876), welcher die Bedeutung des Metapterygium als Axen- strahl in Frage stellte und statt dessen das nach GEGENBAUR secundär entstandene Mesopterygium?) für primitiv erklärte, noch die von vielen anderen Autoren (THACHER, MIVART, BALFOUR, HASWELL, DOHRN, WIEDERSHEIM, RABL, MOLLIER u. A.) bald als Vermuthung aufgestellten, bald durch indirecte Schlüsse oder vermeintliche Beobachtung gestützten Einwände, dass die Axe der freien Flosse ursprünglich nichts Einheitliches gewesen, sondern gerade so, wie nach GEGENBAUR die Basalia meso- und propterygii, ebenfalls ein Verschmelzungsproduct aus vielen einzelnen Theilen sei, haben die Bedeutung des Extremitäten- bogens und Axenstrahles als primitiver Anlagen schmälern können. Denn die Constanz des Metapterygium bei niederen Fischen namentlich in Fällen, in welchen alle anderen Basalia fehlen (Scymnus), und anderer- seits die Inconstanz des Mesopterygium in Vorkommen und Verbindung mit dem Extremitätengürtel, welche Howess, ein Schüler Huxrey’s, zugeben musste (1887, p. 14), machten GEGENBAUR die Vertheidigunng seiner Ansicht gegenüber den Einwänden von Huxrey leicht. Vollends die Entdeckung fossiler Selachier mit unverkennbarem biserialen Radienbesatz (Pleuracanthiden) stellte die Bedeutung des Metapterygium als allein in Frage kommenden Skelettheiles bei Bestimmung - der Extremitätenaxe für die Brustflosse ausser Frage. Eine gleich glänzende Bestätigung lieferte die Paläontologie neuerdings in den gut er- 1) In den verschiedenen Publicationen des Autors, welche diesen Gegenstand behandeln, sind der Hauptgedanke und seine Begründung stets dieselben geblieben. Im Einzelnen jedoch hat GEGENBAUR stets den jeweiligen Fortschritten unserer Kenntniss von dem Bau niederer Extremitäten Rechnung getragen und deshalb wiederholt Aenderungen (namentlich über die Entstehung der Seitenradien und deren Weiterbildung) vorgenommen. Ich gehe auf diese Modificationen, welche GEGENBAUR selbst stets hervorgehoben hat, nicht näher ein, sondern folge seiner neuesten Darstellung in der Form, welche er selbst für die wahrschein- lichste erklärt hat (1898, p. 462). Ä un 2) Der Versuch MIVART’s (1879, p. 480), das Propterygium als Stammstrahl zu proclamiren, ist eine blosse, vom Autor selbst nicht näher begründete Idee geblieben. Jenaische Denkschriften. IV. 20 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 35 266 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 154 haltenen Resten von Cladodontiden!) (Cladodus, Symmorium) nicht nur für die Ursprünglichkeit der im Metapterygium repräsentirten Axe, sondern auch für die secundäre Entstehung der übrigen Basalia durch Concrescenz von Radien. Denn bei diesen ist die Axe mit reichem uniserialem Radienbesatz, wie bei recenten Squaliden, vorhanden. Ausserdem aber existiren zahlreiche. noch sämmtlich frei neben einander liegende Radien, welche neben der Axe mit dem Schultergürtel articuliren (CoPE, 1893—95, TRAQUAIR, 1897, C. Brown, 1900). Schliesslich verrathen auch die neurologischen Befunde an recenten Selachiern durch das Vorkommen eines Plexus prae- und postaxialis und die gleiche Lage derselben zum Metapterygium wie bei Ceratodus zum Axenstrahl (p. 196, Textfigur 15) die Homologie beider Skelettheile. Für die Einheitlichkeit der Anlage von Gliedmaassengürtel und Axenstrahl in der freien Flosse treten fernerhin alle zuverlässigen Untersucher ein, welche die embryonale Entwickelung dieser Skelet- theile untersucht haben. BAaLrour (1881 A, B), A. SCHNEIDER (1890 A), RABL (1892) und MOLLIER?) (1892, 1893) haben bei Selachiern (Squaliden und Batoiden), MOLLIER (1897) bei Ganoiden, SEMON (1898) bei Dipnoern übereinstimmend gezeigt, dass das Extremitätenskelet als eine einheitliche Spange (Basipterygium BALFouRr’s) auftritt. Diese liegt zum Theil in der freien Flosse, zum Theil in der Rumpfwand und stellt die gemeinsame Anlage von Gliedmaassenaxe und -gürtel dar. Denn erst in der Weiterentwickelung bildet sich im Vorknorpe] das Schulter- resp. Hüftgelenk aus und sondert die proximale (meist vorher schon von Nerven durchbohrte und an diesen Einschlüssen erkennbare) Partie von der distalen. Die erstere, von Anfang an in dorso-ventraler Richtung breiter als der distale Theil, wächst weiter nach oben und unten aus, bis die definitive Form des fertigen Gliedmaassengürtels erreicht ist. Die letztere treibt Sprossen wesentlich nach einer Richtung (Selachier, Ganoiden) oder nach zweien (Ceratodus) und erzeugt auf diese Weise das definitive Skelet der fertigen freien Flosse. Immer aber bleibt die Einheitlichkeit der in einem Guss angelegten Skeletstücke (Gürtel und Axe nebst Radien) gewahrt. Selbst die später auftretenden Gelenke oder gelenkartigen Spalten sind nach BERNAYS (1878) und SEMoN (1898, 1899B) unvollständige Trennungen, da der Vorknorpel, wenn auch in modifieirter Form, zwischen den Theilstücken ganz oder zum Theil erhalten bleibt. Alle Autoren, welche im Gegensatz dazu eine Entstehung des Skelets aus einzelnen, secundär mit einander verschmelzenden Stücken annehmen, können die zum Theil gerade von ihnen persönlich begründete und durch exacte, zuverlässige Angaben belegte Thatsache der Einheitlichkeit der Skeletanlage von Gürtel und freier Extremität nur so umgehen, dass sie dieselbe für eine Cänogenese, d.h. für eine Abweichung der individuellen Entwickelung von dem phylogenetischen Gange der Ausbildung erklären. Denn die ver- meintlichen directen Beobachtungen von Connascenz isolirt angelegter Radien zu einem einheitlichen Basipterygium bei Selachiern und Ganoiden (WIEDERSHEIM, 1892)°?) haben sich als irrthümliche heraus- gestellt (MOLLIER, 1892, 1893; RABL, 1892). Die Gründe für die cänogenetische Umdeutung der einheit- lichen Anlagen in getrennte Componenten stützen sich zum Theil auf den Bau der Musculatur und des Nervensystems, welche später in Zusammenhang mit dem Skelet treten. Diese Systeme sollen nach RABL und MOLLIER in der Extremität streng metameren Bau besitzen und, da sie die Skeletelemente erzeugen sollen, diesen ihr metameres Gefüge aufprägen. Von diesen Annahmen setzt sich die erstere in völligen r) Vergl. p. 197 Anm. Es ist hervorzuheben, dass die von NEWBERRY (1889) beschriebenen Oladodus-Arten ihrer unvoll- ständig erhaltenen Flossen wegen namentlich von DEAN (1894, 1896) als Beweismittel gegen das Bestehen einer Axe bei ursprüng- lichen Flossen verwerthet und von anderen auch acceptirt wurden (EMERY, 1897). Durch die jetzt complet vorliegenden Exemplare ist dem der Boden entzogen. 2) MOLLIER untersuchte das jüngste Stadium (Prochondralanlage). Sein Zeugniss ist deshalb von besonderer Wichtigkeit. 3) Aus dem Wortlaut des Textes bei DOHRN (1884, p. 173) geht nicht mit Sicherheit hervor, ob der Autor die Ver- schmelzung gesehen haben will, oder ob er sie nur postulirt. 4 155 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 267 Gegensatz zu den thatsächlichen Beobachtungen. Denn der Bau des Muskel- und Nervensystems der Gliedmaassen selbst ist zu keiner Zeit, zu welcher überhaupt Skelettheile existiren, rein metamer. Wohl sind die Elemente, aus denen die Anlagen der schon seit A. Monro (1785) als spinal bekannten Extremitätenmusculatur abstammen, metamere, da die Rumpfmusculatur segmental gebaut ist und von ihr die Bausteine für die Anlage der Gliedmaassen zu irgend einer Zeit geliefert werden müssen. Aber die Zeichen metamerer Abkunft gehen beim Eintritt der Musculatur in die Extremitätenleisten alsbald verloren. So kommt es, dass diejenigen Muskeln, welche in Beziehung zum Skelet treten, ihrer Entwickelung und ihrer Innervation nach nicht metamer gebaut sind (Braus, 1898, p. 440 u. f.; 1899, p. 608 u. f.). Ferner aber geräth die Behauptung Rapr’s, dass sich die Musculatur ein von Anbeginn an mit ihr concordantes Skelet aufgebaut habe, überall in Conflict mit den Thatsachen. Denn eine Uebereinstimmung der Zahl der Muskelanlagen mit der Zahl der Knorpelradien ist nicht vorhanden, und die darauf basirte Formel Ragr’s hat sich als unrichtig erwiesen (vergl. MoLLier’s Modification der Formel, 1894, p. 153, und BRAUS, 1898A, p. 445 u. f.; 1899, p. 610). Damit ist der hieraus abgeleitete Beweis des Autors selbst hinfällig. Andererseits treten directe Abweichungen zwischen der Lage von Radialmuskeln und Knorpelradien überall in der Entwickelung (BrRAus, 1899, p. 579) und beim ausgebildeten Thier (siehe diese Arbeit, p. 181) zu Tage. Der wahre Sachverhalt zeugt gerade entgegengesetzt der Meinung Rapr’s für eine ursprüngliche Discrepanz zwischen Muskel und Skelettheilen, welche erst allmählich und successive einer annähernden oder völligen Concordanz beider Platz macht. Diese Umbildungen sind freilich von grösster Bedeutung für die weitere Entwickelung und Ausbildung der Function der Glied- maassen, wie ich weiter unten ausführlicher hoffe zeigen zu können. Sie sind aber ohne Belang für die ursprüngliche Entstehung derselben. Eine andere Reihe von Gründen, welche für die cänogenetische Umdeutung der einheitlichen Skeletanlagen in ehemals getrennte Radien angeführt werden, geht von der Vorstellung aus, dass die Flossen ursprünglich einen absolut oder relativ (im Verhältniss zur Rumpflänge) ausgedehnteren Verband mit der Rumpfwand in cranio-caudaler Richtung besessen hätten als jetzt, und dass erst durch die Ver- kleinerung dieser Flossenbasis (Concentration) die Verschmelzung der einst freien Radien zu Stande gekommen wäre. Diese Vorstellung ist selbst wieder eine Hypothese, welche aufs engste mit der Lateralfalten- hypothese verknüpft ist. Die Gründe für dieselbe kann ich aber, wie ich bereits früher (1899, p. 604 —608) ausführlich dargethan habe, nicht gelten lassen. Dass geringe Verkleinerungen und Einengungen namentlich bei breiten Flossen hier und da vorkommen, soll nicht geleugnet werden. Ich konnte im Gegentheil selbst derartige Processe bei Selachiern verfolgen (1899, p 519 u. ff.). Der überwiegenden Hauptsache nach sind aber die breiten Flossen nach den übereinstimmenden Zeugnissen der Entwickelungsgeschichte (Braus, 1899, P. 521, 560) und vergleichenden Anatomie (1898A, p. 414 u. f.) erst aus schmalen entstanden. Ich sehe deshalb, wie GEGENBAUR selbst (1895), in der allen Paläichthyern gemeinsamen einheit- lichen Skeletanlage keine Cänogenese, sondern halte sie wegen der Uebereinstimmung mit der überall in der Morphologie dieser Thiere zu Tage tretenden Constanz und Einheitlichkeit des Gliedmaassengürtels und der Axe bei der freien Flosse für einen glücklichen Fall completer Persistenz uralter Zustände. Ein in der Rumpfwand liegender Gürtel mit einem Besatz allerdings nicht von einem, sondern von mehreren oder gar vielen freien Radien kommt ausser der primitiven Extremität nur den Visceralbogen niederer Vertebraten zu. Andere ähnliche Einrichtungen kennen wir bei den niedersten Vertebraten, die allein hier in Betracht kommen können, nicht. Diese Aehnlichkeit und die homodyname Lage waren es vornehmlich, welche GEGENBAUR bestimmten, das Extremitätenskelet in genetische Beziehung zum Kiemen- 20 * 35 * 268 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 156 skelet zu bringen. Es kommt natürlich auf den Grad der Uebereinstimmung beider Skelete, auf das Vorhandensein typischer sonstiger Kiemenbogenmerkmale bei den Extremitäten oder auf Einrichtungen bei den jetzigen Kiemen an, welche die Entstehung von Extremi- täten aus ehemaligen Homodynamen von ihnen vorbereiten konnten, wenn man diese Hypothese auf ihre Richtigkeit prüfen will. Eine Aehnlichkeit allgemeiner Art könnte auch dann vor- handen sein, wenn das Skelet der Gliedmaassen selbständig entstanden wäre, ohne dass Kiemenbogen bei seiner Bildung irgendwie betheiligt zu sein brauchten. Allerdings wäre auch hier erst zu prüfen, inwieweit eine selbständige, nicht vererbte Entstehung von Knorpel aus indifferentem Gewebe an dieser Stelle möglich ist. Nach den bekannten Thatsachen gehört sie, wenn sie überhaupt völlig unabhängig von axialen Rumpfelementen auftritt, jedenfalls zu den grössten Seltenheiten. Wanderungen der Gliedmaassen. Ehe aber ein Vergleich durchgeführt werden kann, muss zunächst eine Frage berührt werden, welche wohl den meisten mit morphologischen Erfahrungen weniger vertrauten Forschern von vornherein die Vorstellung einer Ableitung der Extremitäten von Kiemenbogen sehr sonderbar erscheinen liess, die Frage nämlich: Wie soll die völlig differente Lage der Gliedmaassen, namentlich der hinteren, von der- jenigen der Kiemenbogen erklärt werden? Es hat sich gezeigt, dass darin in Wirklichkeit keine besondere Schwierigkeit für die Kiemenbogenhypothese besteht. Denn zahlreiche Untersucher haben in den letzten Decennien den Nachweis geführt, dass Verschiebungen der Gliedmaassen eine sehr häufige Erscheinung sind und dass solche selbst in,der Entwickelung noch zur directen Beobachtung [ROSENBERG, FÜRBRINGER, HARRISON, MOLLIER, BRAuUS, PunnETT!) u. A.] kommen können. Bei den niederen Fischen sind dieselben in besonders hohem Maasse vorhanden. Beide Flossen konnten rückwärts in Positionen verfolgt werden, in welchen ursprünglich auch der hintere Kiemenkorbrand gelegen hat. Besonders wichtig erscheint mir für unsere Frage die Thatsache, dass bei manchen Knorpelfischen (Rochen) die Brustflosse mit dem Schulter- gürtel successive caudalwärts bis in Zonen wandert, in welchen bei anderen, niederen Pterygiophoren (Squaliden, Holocephalen, Dipnoern) der Beckengürtel der hinteren Gliedmaasse liest (BrAus, 1898A, B, 1899). Denn damit ist der Beweis erbracht, dass die Extremitäten generell das Vermögen besitzen, so weit caudalwärts zu wandern, wie dies bei bestehender Homodynamie des Skelets mit Kiemenbogen seitens der Hinterflosse der Fall gewesen sein muss. Die vordere Extremität liegt bei Paläichthyern jetzt noch stets in naher Nachbarschaft des Kiemenkorbes. Vergleichung des Skelets von Gliedmaassen und Kiemen. Die genauere Vergleichung des Extremitäten- und Kiemenskelets fördert eine Reihe Aehnlich- keiten zwischen beiden zu Tage, welche grösser ist, als man bei Berücksichtigung und Würdigung des weit zurückliegenden Ausgangszustandes beider vermuthen sollte. Die Visceralbogen legen sich ent- wickelungsgeschichtlich .in continuo an (DoHRn, 1884). Sie stimmen darin mit den einheitlich gebauten Gliedmaassengürteln überein. Ihre Quergliederung ist eine spätere Erscheinung. Dass diese den Glied- maassengürteln auch nicht fehlt, ist bekannt (Suprascapulare)?). 1) Gegenüber der Behauptung PUNNET’s (1900), dass der hintere Collector der Beckenflosse „has not hitherto been described“, möchte ich auf meine Arbeiten (1898 A, p. 248, 369 und 1899, p. 566) und die zahlreichen dort beschriebenen und abgebildeten Geflechte dieser Art (Plexus pelyco-pterygialis posterior) hinweisen. 2) Auch der Schultergürtel fossiler Selachier ist gegliedert. Wichtig sind hier wegen ihrer primitiven Stellung besonders die Pleuracanthiden, bei welchen FRITSCH (1889), DÖDERLEIN (1889) und JÄKEL (1895) Querspalten im Schulterbogen beschrieben. Von paläontologischer Seite wird neuerdings besonders die Quergliederung bei fossilen Acanthodiern als Homodynamie der bei den Kiemenbozen noch heute allenthalben bestehenden Gliederung in vier discrete Theile betrachtet (JÄKEL, 1899A, B). 157 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse, 269 Die Radien der Kiemenbogen sind zwar im Allgemeinen zahlreich und an der ganzen Kante derselben successive aufgereiht. Ihre geringere Zahl ist aber bei den primitiveren Fischen (z. B. bei Squaliden gegenüber Batoiden) vorhanden und vermindert sich bei den Transformationen erleidenden Visceralbogen (z. B. dem Zungenbein- und Kieferbogen) bis auf einige oder gar ein Knorpelstückchen. In der Differenz ihrer Zahl dem Radienbesatz der Extremitätenbogen gegenüber kann also kein Gegengrund gegen die Vergleichung gefunden werden. Die Radien der Visceralbogen besitzen ein grosses Wucherungsvermögen, indem nicht nur ver- mehrtes Längenwachsthum unter den äussersten dorsalen und ventralen (dem sogenannten äusseren Kiemen- skelet bei Squaliden, gelappten Radien bei Batoiden) vorkommt, sondern indem manche, gerade bei den in weniger innigem Verband mit dem Kiemenkorb stehenden Bogen (z. B. dem Hyoid) seitliche und endständige Fortsätze treiben. Es kommen bei Squaliden Stäbchen vor, welche bis zu zehn und mehr, zum Theil in der Nähe der Basis beginnende Fortsätze aussenden (z. B. Laemargus, Isistius brasiliensis), und alle Ueber- gänge (z. B. bei Scylium canicula), welche sie mit den einfachen Radien verbinden (GEGENBAUR, 1865 und 1898, p- 428 und Fig. 198; W. K. PARKER, 1878, Taf. XXXVIII, Fig. 2; S. Garnman, 1899, Taf. II, Fig. 4, 7). Dieselbe Fähigkeit ist aber bei dem embryonalen und ausgebildeten Axenstrahl der freien Flosse von Ceratodus in diesem Bande (p. 73, 75) durch SEMon nachgewiesen worden. Die Entstehung des grössten Theiles des Flossenskelets durch Sprossung aus dem primitiven Basipterygium bei Selachiern und Ganoiden ist bekannt (MOLLIER, 1892, 1895; RABL, 1892). Endlich stimmt der Schultergürtel der niederen Haie mit den Visceralbogen darin überein, dass bei beiden das Perichondrium von cranialen Nerven versorgt wird. Denn FÜRBRINGER (1897, p. 725) fand in die Knorpelhaut des Brustgürtels (besonders deutlich bei Heptanchus) feine Vagusäste sich begeben. Beim Becken ist davon nichts mehr erhalten. Freilich sind auch Unterschiede zwischen Kiemen- und Gliedmaassenskelet, auf welche ich jetzt eingehe, als ausschlaggebend gegen ihre Homodynamie angeführt worden. Doch bedarf das Haupt- argument, die discontinuirliche Anlage von Kiemenbogen und Radien in der Embryologie der Haie (DoHrn, 1884, p. 118) gegenüber der Einheitlichkeit des Barrour’schen Basipterygium (Extremitätengürtel + Meta- pterygium der freien Flosse), dringend der Nachprüfung auf breiterer Basis. Kommen doch beim aus- gebildeten Torpedo continuirliche Zusammenhänge zwischen den Kiemenbogen und ihren Radien vor (GEGENBAUR, 1898, p. 430) und ist doch bei dem Kiemenskelet der Petromyzonten die Sprossung von Fort- sätzen mannigfacher Form aus den, freilich inneren Kiemenbogen nicht complet homologen Spangen des Kiemenkorbes ganz gewöhnlich. Sollte sich aber in der Ontogenese die Discontinuität der Anlagen von Kiemenbogen und deren Radien als durchgehende Einrichtung erweisen, so ist immerhin zu bedenken, dass hier eine Loslösung im Laufe der Zeit stabil geworden und der ehemalige Zusammenhang der Theile auch für die Entwickelungsgeschichte verloren gegangen sein kann. Negative Resultate der Ontogenese bedürfen besonderer Vorsicht in der Beurtheilung, wie gerade beim Kiemenskelet der Embryonen pentancher Squaliden das völlige Ausbleiben von Anlagen des 6. und 7. Bogens, wiewohl diese noch bei nahe verwandten recenten Formen (Heptanchus, Hexanchus, Chlamydoselachus) erhalten sind, aufs eindringlichste lehren muss. Die betreffenden Fische erwecken aber ihrer wenig primitiven Gesammt- und Extremitätenorganisation wegen Bedenken gegen diese Auffassung. Die ausführliche Arbeit des Autors bleibt deshalb vorerst abzuwarten. — Die Copulae, welche die beider- seitigen Kiemenbogen desselben Thieres in Verbindung setzen (über deren Embryologie wir ‚leider noch nichts Zuverlässiges wissen), sind ähnlichen Erscheinungen bei den Extremitätenbogen verschiedener Anamnier (Notidaniden, Dipnoer, Anuren) wahr- scheinlich nicht fremd. FÜRBRINGER (1897, p. 725 und 726) hält die mit verschiedenen Namen bezeichneten, namentlich dem Schulter-, aber auch dem Beckengürtel ansitzenden Skeletstücke (Epi-, Omo-, Archisternum etc.; Epi-, Interpubis, Pelvisternum, Hypoischium etc.) einer genaueren Prüfung auf eine etwaige, den visceralen Copulae homodyname Natur für bedürftig, weil namentlich erstere an eine solche denken lassen. Doch hält er auch eine secundäre Natur dieser Gebilde durch Abgliederung mit GEGENBAUR nicht für ausgeschlossen. 270 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 158 Die Verschiedenheit in der tieferen oder oberflächeren Lage von Kiemen- oder Extremitätenbogen in der Rumpfwand ist gleichfalls kein Gegengrund gegen eine Homodynamie. Das verschiedene, durch diese bedingte Verhalten zu den Aesten des Vagus (Rr. laterales und R. intestinalis) hat durch FÜRBRINGER (1897, p- 727730) eingehende Erklärung und Zurückführung auf einheitliche Urzustände gefunden. Ausserdem widerlegen die Ausführungen dieses Autors (1888, p. 989) über die Unabhängigkeit der Verlagerungen des Herzens von den Verschiebungen der Extremitäten den Einwand, welchen MıvART (1879, p. 463), besonders gestützt auf Barrour’s Befunde von der Lage des Kopfcöloms (1877), darin erblickt hat, dass die Kiemen- bogen innen, die Extremitätenbogen aussen von den Gefässen liegen. Auch hier liegen spät erworbene Correlationen zwischen Extremitäten und Gefässen vor, da die Verschiebungen beider in gesonderten Bahnen verlaufen sind. Diese Einwände sind also sämmtlich nicht stichhaltig. Es besteht vielmehr zwischen den primitivsten uns bekannten Zuständen des Extremitätenskelets niederer Vertebraten und den Visceralbogen und ihren Einrichtungen bei diesen eine so grosse Aehnlichkeit, dass jedenfalls die Annahme, beide seien ehemals Homodyname gewesen, einfacher und weniger gezwungen erscheinen muss, als wenn man glaubt, es seien von einander unabhängige, convergente Bildungen. Die Schwierigkeit einer directen Vergleichung der Skelete beruht bei unserem Problem eben darin, dass wir es bei den in Betracht kommenden Thieren mit Homodynamien und nicht mit Homologien zu thun haben. Diejenigen Bogen und ihre Radien, aus welchen sich Extremitätenknorpel gebildet haben sollen, existiren selbstverständlich bei allen Pterygiophoren als solche nicht mehr. Sie fehlen auch bei Acraniern, Myxinoiden und Petromyzonten wegen der mangelnden oder divergenten Entwickelung ihres Kiemenskelets. Inwieweit andererseits die noch im Kiemenkorb liegenden Visceralbogen recenter Palä- ichthyer den ursprünglichen Zuständen des für die Extremitäten verwendeten Skelets gleichen, entzieht sich in vielen Punkten unserer Kenntniss. Wir wissen nur, dass die Visceralbogen grosser Veränderungen fähig sind (man denke an die Derivate derselben im Kiefer-, Gehör-, Zungenbein- und Respirationsapparat). Kiemenbogenmerkmale an den Weichtheilen der Extremitäten. Es existiren jedoch in den übrigen Bestandtheilen der Flossen Einrichtungen, welche als Rüstzeug für die Extremitätentheorie von Werth sind. Die Thatsache, dass sich die Musculatur der Glied- maassen erst allmählich und successive bei den niederen Fischen dem Knorpelskelet anpasst, dass insertive Befestigungen an letzterem nur bei wenigen, den Pentadactyliern nahe stehenden Paläichthyern (Dipnoern, p. 200) mehr in den Vordergrund treten, und dass eine ursprüngliche Discrepanz zwischen den Nerven und Knorpeln der Extremität ihrer Lage nach besteht und sich stets erhält (p. 266), wird verständlich bei der Annahme, dass Skelet und Musculatur (incl. ihrer motorischen Nerven) der Gliedmaassen hetero- genetischen Ursprunges seien, wie es unsere Theorie verlangt; denn nach ihr ist das erstere visceraler Natur, die letztere spinaler Abkunft. Demjenigen, welchem die Kiemenbogenhypothese kein Problem ist, muss der Mangel ursprünglicher Uebereinstimmung zwischen diesen zwei Bestandtheilen der Gliedmaassen — Muskeln und Nerven auf der einen, Skelettheile auf der anderen Seite — ein Räthsel bleiben. Von der alten visceralen Musculatur, welche den Kiemenkorb grösstentheils beherrscht und also auch an dem Muskelbesatz der zu Extremitäten umgewandelten Visceralbogen ursprünglich betheiligt gewesen sein muss, ist nach dem Eindringen der kräftigen, bei niederen Fischen mächtig sich entfaltenden spinalen Musculatur das Meiste verdrängt und vernichtet worden. Bei der Beckenflosse, der ältesten und schicksalsreichsten, haben wir begreiflicher Weise weniger Aussicht, Reste zu entdecken, als bei der jüngeren, dem Kiemenkorb noch benachbarten Brustflosse. Bei ersterer hat sich bis jetzt nichts von visceraler Musculatur 159 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 271 oder dazu gehöriger cranialer Innervation gefunden. Bei der vorderen Extremität jedoch sind an Stellen, an welche die Abkömmlinge der Rumpfmuskeln nicht vorgedrungen sind, und bei zufällig einer Conservirung des alten Materiales günstigen Ausbildungsformen des Schultergürtels in der That unverkennbare branchiale, von Vagusästen versorgte Muskeln noch vorhanden, und zwar von FÜRBRINGER (1873, 1874, 1897) nachgewiesen worden. Zu diesen wichtigen Muskeln gehört der am Schultergürtel inserirende M. trapezius, welcher bei allen Anamniern ganz oder fast ganz durch den Vagus innervirt ist. Dieser wird bei den höheren Thieren bekanntlich immer mehr mit spinaler Musculatur durchsetzt. Er durchläuft ganz allmählich die Bahn des Verfalles paläobranchialer Musculatur und sieghaften Vordringens spinaler Fasern, welche von den Muskeln der freien Gliedmaasse viel schneller durcheilt worden ist. Bei den Anuren wies FÜRBRINGER einen anderen, noch völlig, mit Ursprung und Insertion, dem Schultergürtel eigenen M. interscapularis als typischen Vagusmuskel nach, welcher hier der Beweglichkeit und gegenüber Urodelen vollständigeren Erhaltung der Theile des Brustgürtels seine Conservirung verdankt und speciell seinen Typus eines M. adductor arcuum branchialium der Kiemenbogen bewahrt hat. Gliedmaassenmerkmalen ähnliche, eine Metamorphose vorbereitende Einrichtungen bei Visceralbogen. Früher, als die Kiemenmuskeln nicht hinreichend genau bekannt waren, konnte es vielleicht Bedenken erregen, dass eine so völlig dem Gros der Gliedmaassenmuskeln fremde, dem Kopf entstammende Muskel- gruppe, wie die vom Vagus innervirten und entwickelungsgeschichtlich aus Seitenplatten. entstehenden Muskeln der Kiemenbogen und ihrer Radien, keine Schwierigkeit bei der Vergleichung bilden solle. Auch hier haben die neueren Untersuchungen FÜRBRINGER’S (1895, 1897) unser Verständniss gefördert, da sich zeigte, dass die Kiemenbogenmuskeln durchaus nicht ausschliesslich visceraler (paläobranchialer) Natur sind, sondern dass stattliche spinale (neobranchiale) Muskeln oberhalb und unterhalb des Kiemenkorbes (epi- und hypobranchial) liegen. Dieselben sind zum Theil nur mit ihren Insertionen an den Kiemenbogen befestigt, zum Theil gehören sie mit Ursprung und Insertion denselben an. Es bereitet sich also bei unzweifelhaften, weil noch in voller Function befindlichen Skeletelementen des Kiemenkorbes eine Verdrängung der visceralen Musculatur vor, und bei einigen von ihnen, welche sich bei Amnioten successive in das Zungenbein und Larynxskelet dieser höheren Formen umwandeln, lässt sich die immer stärkere Ausbreitung der neuen spinalen Musculatur, die Loslösung der alten visceralen Skelettheile aus ihrem ursprünglichen Verband und ihre Entführung in vordere Partien der Rumpfwand (Halsregion) Schritt für Schritt verfolgen. Auch hier ist also die Fähigkeit der Visceralbogen, ihren Muskelbesatz zu wechseln, nachgewiesen, und man wird wie bei den Wanderungen der Extremitäten (s. 0. p. 267) zugeben müssen, dass der Vorgang, welcher sich nachweislich einmal abgespielt hat, zu anderer Zeit und an anderem Ort bei homodynamen Organtheilen ebenso gut vor sich gegangen sein kann. Man wird logischer Weise nicht mehr von der Unmöglichkeit eines Vergleiches zwischen Gliedmaassen- und Kiemenskelet wegen der Differenz der Musculatur beider reden können (DoHRrNn, 1884). Wie hier die Musculatur die Entstehung des Extremitäten- aus dem Kiemenbogenskelet vorbereitete, so hat auch die, von GEGENBAUR stets betonte Thatsache, dass die Visceralbogen am caudalen Kiemen- korbrande sich allmählich der Beihülfe bei der respiratorischen Function des Organes entziehen, jene Metamorphose angebahnt. Der letzte Kiemenbogen dient nur mehr als Stütze der vor ihm liegenden Kiementasche, besitzt eine reducirte Gestalt und oft eine besonders stark zurückgebildete viscerale, aber dafür viel stärkere spinale Musculatur als die übrigen Bogen. Auch ist der Verlust an Kiemenbogen, welcher die recenten Selachier beim Uebergang heptancher Formen in hexanche und pentanche trifft, durch völliges Verschwinden solcher schon vorher geschwächter und ihrer ursprünglichen Aufgabe entfremdeter hinterster 272 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 160 Bogen bedingt. Was sich hier beim jeweilig letzten Kiemenbogen jetzt lebender Paläichthyer noch nach- weisen lässt, wird früher ebenso der Fall gewesen sein. Denn dass der Kiemenkorb einst mehr als die Maximalzahl der 7 jetzt noch bei Selachiern erhaltenen Bogen besass, geht aus dem Vorkommen einer viel stattlicheren Zahl solcher Elemente bei den niedersten Vertebraten (Acraniern und vielen Myxinoiden) hervor. Wie viele Visceralbogen allerdings verschwanden, ehe einer in eine Extremitätenanlage eintrat und dadurch dem völligen Untergang entzogen wurde, um neue, zukunftsreiche Verwandlungen einzugehen, nach welcher Zeit sich dieser Process wiederholte, und wie viele Bogen zwischen den letztverwandelten und den heute bei Heptanchus noch erhaltenen ausgefallen sind, das entzieht sich alles zur Zeit noch jeder specielleren Vermuthung. Denn bei Amphioxus sind wohl sicher, bei Bdellostoma vielleicht secundäre Ver- mehrungen der Zahl der Kiemenbogen eingetreten, so dass wir über ihre ursprüngliche Gesamtzahl nichts Sicheres wissen!). Aber das Wichtigere, dass nämlich am hinteren Kiemenkorbrande Knorpel in abortivem, also gleichsam labilem Zustande sich befanden, ehe Extremitäten sich gebildet hatten, ist höchst wahrscheinlich. Wir wissen, dass ihr Bau im Wesentlichen demjenigen der Urform des inneren Gliedmaassenskelets ähnlich war, dass sie von einer Musculatur bedeckt waren, bei welcher das neu eingedrungene spinale Element mit dem alten, bereits sich zurückbildenden noch um den Vorrang kämpfte, während bei den Gliedmaassen dieser Kampf zu Gunsten der neuen Muskeln ganz oder fast ganz entschieden, überall aber noch der neue Besitzer, die Rumpfmusculatur nämlich, mit der Einrichtung in dem eroberten Gebiet beschäftigt ist und erst allmählich sich völlig den gegebenen Verhältnissen des Skelets unter Um- und Weiterbildung desselben anbequemt. Wanderungen und Verschiebungen, nöthig und unumgänglich, wenn Kopf- und Rumpftheile zusammentreten sollten, um neue Organe weit caudalwärts bis gegen den After hin zu entsenden, kennen wir und verfolgen wir bis zu den Stellen, wo einstens der hintere Kiemenkorbrand gelegen war, stehen ihnen aber in vielen Fällen rathlos gegenüber, wenn wir eine andere Erklärung für dieselben geben sollen. Versuch einer Darstellung der bei der Bildung der Gliedmaassen successive erfolgten Metamorphosen. Gewinnt durch alle diese Momente die Kiemenbogenhypothese schon eine grosse Wahrscheinlichkeit, so bleibt doch noch eine Reihe von Einrichtungen auch bei den einfach gebauten Extremitäten übrig, welche der Vorstellung einer Umwandlung von Kiemen in Gliedmaassen Schwierigkeiten bereitet. Ich will deshalb den Versuch machen, die Processe mehr im Detail zu schildern, welche sich bei dieser Metamorphose wahr- scheinlich vollzogen haben, und habe dabei in erster Linie die vordere Extremität im Auge, da diese als die zuletzt entstandene oder wenigstens Relicten der Kiemenbogen in vielen Fällen am besten bewahrende Gliedmaasse am ehesten den Entwickelungsgang zurückverfolgen lässt. Die Hintergliedmaasse wird erst in zweiter Linie berücksichtigt werden. Ich brauche wohl kaum zu bemerken, dass bei dem völligen Mangel von direct beobachteten Uebergangsstadien, über welche bisher weder die Ontogenie noch die Paläontologie verfügt, ein solcher Versuch nur insofern auf zukünftige Bestätigung, soweit wir überhaupt über Hypothesen hinauskommen werden, hoffen kann, als er die zur Zeit bekannten Thatsachen voll berücksichtigt, kritisch abschätzt und ständig Fühlung mit ihnen behält, dass andererseits zur Verknüpfung blosse Vermuthungen benutzt werden müssen, deren Prüfung weiteren Untersuchungen und Entdeckungen vorbehalten bleiben muss. Ich werde im Folgenden meistens bezüglich der benutzten Thatsachen nur kurz auf diejenigen Theile meiner Arbeit verweisen, in welchen dieselben mitgetheilt oder besprochen sind. 1) Die von DEAN (1898, 1900) als Extremitäten mit Wahrscheinlichkeit gedeuteten Gebilde bei dem systematisch nicht völlig gesicherten Palaeospondylus sind sehr dubiöser Natur. 161 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 273 Die erste Anlage der Extremitäten tritt bei allen Vertebraten als horizontal aus der Rumpfwand hervorsprossende Leiste auf. Es ist das nicht nur bei solchen Extremitäten der Fall, welche im fertigen Zustande eine horizontale Lage einnehmen (Selachier, Knorpelganoiden), sondern auch bei solchen, welche beim ausgebildeten Thiere mit ihrer Fläche senkrecht stehen (Dipnoer, Wasseramphibien), oder irgend welche andere Stellung gegenüber dieser ihrer frühesten Position einnehmen (Landamphibien, Amnioten). Auch vergleichend-morphologische Gründe wurden im Verlauf dieser Arbeit dafür beigebracht, dass überall die Horizontalstellung der Extremität als solche die ursprüngliche ist, aus welcher die übrigen Stellungen abgeleitet werden können (p. 198, 233). Die Entstehung der Musculatur führt zu demselben Resultat. Sie zerfällt stets in zwei Hauptmuskeln, welche entwickelungsgeschichtlich getrennt angelegt werden und an sich oder mittelst der Innervation auch bei ausgebildeten Paläichthyern scharf auseinanderzuhalten sind. Beide setzen sich meistens aus derselben oder (in seltenen Fällen) aus annähernd derselben Zahl metamerer Bestandtheile zusammen (p. 159, 187, 232). Die Nerven bezeugen dies auch in solchen Fällen, wo die entwickelungsgeschichtliche Urkunde gleich- mässiger Knospenabgabe an beide Muskeln seitens der Rumpfmyotome versagt, weil die Muskelbildungs- zellen isolirt aus der Matrix im Rumpfe auswandern. Denn die Extremitätennerven theilen sich ganz allgemein in zwei Gruppen von Aesten oder zwei Hauptäste. Versorgung eines Hauptmuskels oder der Abkömmlinge desselben durch den einen Ast oder durch einen Unterast der einen Gruppe schliesst den anderen oder die andere Gruppe mit Gewissheit aus. Die serialen Bestandtheile folgen in ursprünglichen Zuständen [in der Ontogenie und bei wenig veränderten ausgebildeten Flossen (Textfigur IA, p. I90)] längs der Extremitätenaxe so auf einander, dass nach der Basis zu die cranialeren, nach der Spitze zu die caudaleren Elemente liegen und dass die seriale Folge nicht unterbrochen ist. Für die Musculatur und ihre Nerven ist deshalb eine dorso-ventrale Lage der Bestandtheile bei der Einwanderung in die Urflosse zu postuliren. Denn die Rumpfsegmente folgen in cranio-caudaler Richtung auf einander. Abspaltungen von ihnen werden nur dann in zwei von einander streng getrennten Schichten die gleiche Vertheilung und Folge wie die Matrix besitzen können, wenn sie in dieser Richtung ihre Lage bewahren oder, mit anderen Worten, wenn ihre Trennung in je zwei gleiche Theile durch eine longi- tudinale Spaltung erfolgt. Eine solche ergiebt dorsale und ventrale Hälften. Die Urflosse, in welche dieselben einwandern, muss dann horizontal stehen. Hätte dagegen ein Myotom, z. B. das vorderste, craniale und caudale Muskeln an die Urflossen vertheilt, wie es bei einer senkrecht zur Horizontalebene angehefteten Flosse erfolgen würde, und würden die folgenden, das 2., 3., 4. u. s. w., successive das Gleiche gethan haben, so wäre nicht einzusehen, warum in der Extremität I, 2, 3, 4 u.s.w. regelmässig, und zwar auf beiden Seiten in baso-terminaler Richtung auf einander folgen. Es hätten sich doch sicherlich die serialen Bestandtheile geschichtet, in umgekehrter Reihenfolge angeordnet oder in der Weise vertheilt, dass die einen mehr dorsal, die anderen mehr ventral in die Flosse gelangt und dadurch alle bunt durch einander gemengt worden wären. Alles dies ist nicht der Fall oder nachweislich viel später, nämlich durch Adaptirung an das Skelet, erworben. Gilt die Horizontalstellung aber auch für die früheste Anordnung des Knorpelskelets? Wir dürfen nicht vergessen, dass die Musculatur der niederen Extremitäten von diesem relativ unabhängig ist. Ursprünge sind zwar am Skelet der freien Gliedmaasse der Pterygiophoren in reichlicher Menge befestigt, aber doch erst secundär von solchen entstanden, welche am Gliedmaassengürtel und am Rumpfe entsprangen (p. 178). Insertionen am Knorpelskelet fehlen aber fast völlig und sind da, wo sie vorkommen, durch Reductionen anderer, früher zur Anheftung dienender Theile (Elemente des äusseren Skelets, p. 200), oder als späte Aberrationen von solchen (Zwischensehnen, p. 172) entstanden. Das Knorpelskelet steht also in frühen Jenaische Denkschriften. IV. 21 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 36 274 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 162 Zuständen in ganz geringem directen Verbande mit der Musculatur. Als Angriffspunkt dienen dieser Befestigungen an der Haut, welche wir bei allen uns bekannten recenten und zahlreichen fossilen Formen der Fische durch besondere Differenzirungen (Hornfäden, Knochenstrahlen) versteift finden. Möglicher Weise ist die Haut schon in früher Zeit bei der Urflosse dort in ähnlicher Weise hart geworden, wo die Muskeln inserirten. Man könnte versucht sein, eine derartige versteifte Horizontalfalte, deren Musculatur für einfache Bewegungen ausreichen dürfte, als Ausgangspunkt der Extremitätenbildung anzusehen‘). Hautfalten und -auswüchse kommen verschiedentlich am Kopfe oder im vorderen Rumpfbereich niederer Vertebraten vor. Beim Amphioxus und bei Centrina (Squalide)?) giebt es ausgedehnte Längsfalten, die weithin am Rumpfe sich hinziehen. Fadenförmige, aber manchmal zu beträchtlichen Basalstämmen verbundene (Lepidosiren) Haut- fortsätze finden sich als äussere Kiemen bei einigen Dipnoer- und bei Amphibienlarven. Mit jedem von diesen ist von verschiedenen Autoren (ich nenne besonders THACHER, 1877A; DOoHRN, 1884; KERR, 1900A, B) die Genese der Gliedmaasse zu verknüpfen versucht worden. Jedenfalls beweisen diese Bildungen die Fähigkeit der Haut, auf bestimmte Anforderungen hin, die wir aber nur zum Theil analysiren können, durch Fortsatzbildungen nach aussen zu reagiren. Man könnte sich, um von speciellen Beispielen abzusehen, denken, dass durch Aufliegen des Körpers grundliebender Thiere:) auf dem Boden der Gewässer horizontale Falten entstanden wären und dass diese, bei veränderter Lebensweise, zu Schwimmwerkzeugen weiter entwickelt wurden. Allen diesen wirklich vorhandenen oder gedachten Hautgebilden fehlt aber ein Element, welches zur Entwickelung der Extremität nothwendig war, ohne welches der Bau der Gliedmaassen, wie sie in Wirklichkeit sind, unverstanden bleiben müsste: der viscerale Knorpel. Nur da, wo ein rudimentärer oder umgewandelter Kiemenbogen mit abortivem oder verändertem Radienbesatz der point d’appui für eine günstig. liegende Hautfalte wurde, da konnte sich die Musculatur in genügendem Maasse entfalten, und die Urflosse hinreichende Biegungsfestigkeit erlangen, um höhere Entwickelungsbahnen einzuschlagen. In allen anderen Fällen sind die Hautlappen, mögen sie auch Musculatur‘) und äusseres Skelet sich erworben haben (was wir zusammen nirgends realisirt sehen), zu Grunde gegangen. Dasselbe ereignet sich bei den unpaaren Extremitäten, die aus mechanischen Gründen über die ganze dorsale Körperlänge und die gesammte Schwanz- peripherie hin angelegt werden und sich darin völlig von den, anderen Gesetzen folgenden paarigen Gliedmaassen unterscheiden. Aber auch bei ihnen findet nur da, wo die Hautfalte mit der Entwickelung innerer Skeletstützen combinirt ist, Weiterentwickelung statt. Denkbar wäre es auch, dass ein besonders kräftig auswachsender Radius des letzten Kiemenbogens, wie sie sonst bei den Randradien oder den Fortsätzen des Hyoidbogens vorkommen, selbst erst den Anlass zur Bildung einer Hautfalte hinter dem Kiemenkorb gegeben hat. Dann war von vornherein die nothwendige Combination aller Hauptelemente gegeben. 1) Ausdrücklich betonen möchte ich, um Missverständnissen, obwohl diese nach meinen Ausführungen im Text aus- geschlossen sein sollten, besonders vorzubeugen, dass diese Vorstellung mit dem wesentlichen Inhalt der Lateralfalten- hypothese nichts gemein hat. Ihrer Entstehung und Entwickelung nach besitzt diese Hypothese zwei integrirende Bestandtheile: 1) einheitliche Anlage beider Extremitäten in Form einer über den ganzen Bauch verlaufenden Falte, und 2) complete Entstehung der freien Gliedmaassen im Rumpf. Die Bildung des Skelets durch Concrescenz aus freien Radien ist (von EMERY, 1894, p- 16) bereits aufgegeben worden. Soweit auch die Ansichten der zahlreichen Vertreter der Lateraltaltenhypothese im Einzelnen auseinandergehen, in jenen Punkten sind sie einig. Gerade sie aber leugne ich. Sollte trotzdem der eine oder andere glauben, dass meine Anschauungen mit den seinigen, auf Grund der Lateralfaltenhypothese erworbenen sich vereinigen liessen, so würde ich das als Verzicht auf den wesentlichen Kern dieser Hypothese freudig begrüssen. 2) Bei Centrina findet die Falte eine andere Erklärung, als THACHER und DOHRN annahmen (BRAUS, 1898, p. 335). 3) JÄKEL (1899 C) hat für die Urselachier eine derartige Lebensweise auf Grund fossiler Gebisse angenommen. 4) In den äusseren Kiemen von Lepidosiren kommen nach KERR Elevatoren, Depressoren und Adductoren vor. 163 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse., 275 a) Primäres Asticho- und Distichopterygium. Ist einmal ein Radius eines Kiemenbogens in eine muscularisirte Hautfalte aufgenommen (Text- figur 23a), so wird bald mit zunehmender Function vermehrtes Wachsthum erfolgen und ein Gliedmaassen- skelet sich entwickeln (Fig. b), welchesich Astichopterygium!) zu nennen vorschlagen möchte. Denken a b Cı (& > I) (LITENTETI | METER | I En, DERE® re —E Fig. 23. Schema der Entwickelung des Ichthyopterygium und seiner Musculatur. Ansichten von der Fläche. Das Skelet ist mit fetten Linien, die Musculatur (Inscriptiones tendineae und Muskelfasern) mit feinen Strichen wieder- gegeben. Die Hautfalte und die in ihr entstehenden Skelettheile sind horizontal schraffirt. Durch die Bezeichnung der Kiemen- spalten (Fig. a—c %, y, x) ist angegeben, dass eine successive Reduction dieser im Flusse ist. a Hautfalte mit eingewanderter Musculatur und anliegendem Kiemenbogen. Letzterer trägt mehrere Radien. Einer von diesen berührt die Basis der Falte. b Primäres Astichopterygium. Auswachsen des der Falte nächst benachbarten Radius in dieselbe. Beginnende Reduction der übrigen Radien. c, und c, Zwei Stadien des primären Distichopterygium. c, Seitliches Auswachsen des Skeletstabes zwischen der dorsalen (allein gezeichneten) und der ventralen (nicht sichtbaren) Muskelplatte. c, Abgliederung der Seitenradien vom Stamm- strahl. Zunehmende Umordnung der Muskelfasern radiär zum Flossenrand. d Secundäres Distichopterygium mit lateralem Wachsthum. Xenacanthus-Brustflosse, schematisirt. Be- ginnende Differenzirung des Skelets in der durch Pfeil 2 in Fig. c, angedeuteten Richtung. e Monostichopterygium. Brustflosse eines Squaliden. Die mediale Seite des Skelets ist nicht zu sehen (vergl. Textfigur 24b). Fortführung der in d angebahnten Entwickelungsrichtung. f Secundäres Distichopterygium mit terminalem Wachsthum. (eratodus-Flosse. Drehung der Flossenplatte um 90°, parallel zur Rumpfwand. 1) EMERY (1897, p. 146) hat vorgeschlagen, das biseriale Archipterygium Distichopterygium zu nennen. Ich acceptire den kurzen Ausdruck, ohne allerdings seine Gründe für den Austausch dieser Wörter zu billigen, und bilde danach für die radienlose Axe das Wort Astichopterygium, für den einfachen uniserialen Besatz Monostichopterygium. Flossenskelete ohne Gürtel- und Axenstück (Basipterygium BALFOUR) mögen Abasipterygia heissen. 21% 36* ® 276 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 164 wir an die Fähigkeit der Kiemenbogenradien, Fortsätze zu treiben, so wird es verständlich, dass von dem Knorpel bei erhöhter Inanspruchnahme der stützenden Function desselben gegen Durchbiegungen und Knickungen der wachsenden Extremität Sprossen getrieben wurden. Dieselben entwickelten sich so dicht wie möglich und würden sich, da die Fähigkeit Sprosse zu bilden überall am Knorpelstrahl gleich gross zu denken ist, nach allen Richtungen erstreckt haben (Fig. c,). Platz für solche ist aber nur zwischen den beiden Muskelplatten, da diese den Weg dorsal- und ventralwärts versperren‘). Es entwickelte sich also aus dem Astichopterygium das primäre Distichopterygium oder biseriale Archipterygium. Der vordere, craniale Rand des Skelets, als der bei jeder Vorwärtsbewegung des Thieres stärker in Anspruch genommene, wurde dabei durch dickere, solidere Seitenradien gestützt als der hintere, caudale. Bei letzterem genügen zartere, dünnere Knorpelstäbe, die dafür in grösserer Zahl entstehen (Textfigur 23c,). Alle Knorpelfortsätze wucherten so dicht neben einander, dass das Distichopterygium mechanisch nur durch seine flächenhafte Ausdehnung vom Astichopterygium unterschieden ist. Eine gesonderte Bewegung einzelner Radien kam noch nicht zur Differenzirung. Das ganze Knorpelskelet der freien Flosse bewegte sich stets in toto. Denn so finden wir es jetzt noch bei den verschiedensten Flossen (p. 152, 199). In Folge dessen vollzogen sich alle diese Veränderungen ohne directen züchtenden Einfluss der Musculatur auf die Ausbildung des Skelets. Erstere inserirte nach wie vor nur an der Haut, dehnte jedoch ihre Ursprünge an dem knorpeligen Gürtel, die schon im Kiemenkorb bestanden, weiter aus. Indirect ist der Einfluss der Musculatur natürlich ein sehr grosser. Denn ihre Entfaltung und Wirksamkeit macht überhaupt die Wucherung und Ausdehnung des Knorpels erst nöthig. Mit ihren Axen ganz oder fast senkrecht vom Körper abstehende, horizontale Platten, wie sie die Urflossen in Folge der Richtung und Lage der bei ihrem Aufbau zunächst betheiligten Componenten meiner Ansicht nach vorstellen, werden nur eine geringe Grösse erreichen können. Als Balancirstangen würden sie vielleicht von Bedeutung sein, immer aber Gefahr laufen, abgeknickt oder verletzt zu werden. Hier ist der Punkt erreicht, wo eine Umgestaltung der Urflosse in divergenter Richtung eingeschlagen wurde. Indem das wachsende Organ verschiedene Möglichkeiten benutzte, seine Function zu verstärken, gabelte sich die Entwickelungsrichtung der Extremitäten. Ich unterscheide zwei Hauptrichtungen, von welchen die eine unter Innehaltung der Horizontalstellung zur theilweisen Reduction des Distichopterygium und schliesslich völligen Ueberführung in das Monostichopterygium (uniseriales Archipterygium) hinleitete, während die andere unter Erhaltung und Fortbildung des Typus des primären Distichopterygium in das secundäre einen Stellung- oder gar völligen Functionswechsel der Extremität involvirte). Ehe wir diese Richtungen im Einzelnen verfolgen, müssen wir uns über den Bau der Musculatur und des Nervensystems in der Flosse mit primärem Distichopterygium klar zu werden versuchen, weil hier der Ausgangspunkt für alle weitere Entwickelung liegt. Das Gemeinsame aller bekannten primitiven Glied- maassen (p. Ig4 u.f., p. 254 u. f.) muss von dieser Form überkommen sein. Die Musculatur (Textfigur 23c) setzte sich dorsal und ventral in continuo mit der Rumpfmusculatur, und gleich dieser regelmässig segmentirt, in die Urflosse fort und bildete hier die primitiven Hauptmuskeln. Die Inscriptiones tendineae stimmen in einem solchen Stadium zwar in der Richtung mit denjenigen der Seitenradien ungefähr überein, während sie über die Hauptaxe quer oder schräg hinwegziehen. Doch ist ihre Zahl und specielle Anordnung unabhängig von den Seitenradien, da ja kein directer Zusammenhang besteht und deshalb kein Anlass zur Adaptirung vorliegt. Eine Auflösung des primitiven Muskelverbandes ı) Da die Sprossen bei den Kiemenbogenstrahlen in dorso-ventraler Richtung stehen, ist also eine immanente Drehung des Knorpelmateriales unter der Wirkung der Musculatur erfolgt. 2) Wir werden sehen, dass wahrscheinlich späterhin die beiden Richtungen nicht scharf getrennt blieben, indem Formen der letzteren nachträglich in die erstere Reihe einlenkten (Amiaden und Teleostier). 165 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 277 muss sich aber an den freien Rändern der Urflosse gegen die Insertionen der Muskelfasern einleiten. Denn die Richtung der letzteren ist, solange sie zwischen ihren Myocommata liegen, für die Wirkung auf den Flossenrand stellenweise sehr ungünstig. Nichts ändert sich leichter und vollkommener durch Reaction auf bestimmte functionelle Aufgaben als die Richtung von Muskelfasern, selbst noch bei den höchsten Diffe- renzirungen der Musculatur in der Vertebratenreihe. Es legten sich die Muskelfasern also auch hier in die für sie günstigste Lage, nämlich in die Richtung von radiären Linien, die man zur Peripherie der Flosse ziehen kann (Textfigur 23a, b, c). Dadurch tritt aber an vielen Stellen eine Parallelität zwischen der Richtung der Muskelfasern und der Inscriptiones oder doch ein so spitzer Winkel zwischen dem Verlauf beider ein, dass die Zwischensehnen an der Peripherie verschwinden und eine Vermischung des bis dahin rein metameren Materiales die Folge ist. Die letztere ist besonders ausgeprägt gegen die Spitze der Flosse hin, wo die radiär gestellten Muskelfasern sich aus verschiedenen serialen Componenten aufbauen (Textfigur c). Das Nervensystem musste diesen Veränderungen folgen. Es bewahrt bis heute die Spuren derselben, und auf Grund dieser ist es möglich, die hier geschilderten Vorgänge zu reconstruiren. Die serialen Flossen- nerven stammen von Rr. ventrales ab und verlaufen so, wie diese innen von der Bauchmusculatur liegen, entsprechend innen von den Hauptmuskeln, zwischen diesen und dem Knorpel, ehe sie sich an die Muskel- fasern verzweigen (Textfigur 24a, p. 281). Die Endzweige derselben haben sich da, wo die Muskelmetameren verschmolzen, gleichfalls verbunden. Es beginnt der distale Plexus an der Peripherie der Extremität inner- halb der Musculatur (p. 162, 189). Da, wo mehrere Metameren Fasern zu einheitlichen Radiärmuskeln stellen und eine stärkere Vermischung stattfindet, nämlich gegen die Spitze der Flosse hin, entstehen auch innigere Geflechte, welche sich weiter proximalwärts in der Flosse auf die zwischen Musculatur und Knorpel liegenden Nervenstämme des distalen Plexus erstrecken. Dieselben suchen die Ruhepunkte des Skelets während der Bewegung auf und legen sich deshalb zu beiden Seiten der Axe zwischen deren Rand und die Basis der Seitenradien. Es entsteht auf diese Weise, von der Spitze der Flosse ausgehend, der Beginn des Plexus prae- und postaxialis (p. 162, 164, 196). Doch sind diese Geflechte noch locker und nicht zu Längsstämmen verdichtet. Zwischen den Nerven endlich, welche innerhalb der Bauchwand und innen von dieser liegen, bilden sich die Plexus proximales der Extremitätennerven (Collectoren) aus, da Verschiebungen !) der Urflosse in toto erfolgen, um eine bessere Lage in der Rumpfwand zu zweckmässigerem Steuern des Körpers und eine grössere Menge serialen Muskelmateriales successive zu erwerben, und da .gleichzeitig die Flosse durch die Entwickelung der Seitenstrahlen sich breit nach beiden Seiten hin ausladet (Text- figur 23c,). Namentlich die cranialeren Nerven wurden in Folge dessen in der Basis der Flosse durch Zug und Gegenzug zusammengedrängt und zum Plexus pterygialis anterior verschmolzen. Denn sie konnten nur in geringem Grade ausweichen, da der Gliedmaassengürtel ihnen den Weg nach dem Kopfe zu versperrt. Später werden wir sehen, dass sie sogar in den Knorpel hineindringen. Beim primären Distichopterygium ist das aber noch nicht der Fall gewesen, da nicht alle Extremitäten Nervenkanäle besitzen. So oder ganz ähnlich wird die Urflosse "mit primärem Distichopterygium gebaut gewesen sein. Denn bei den divergenten Extremitätenformen aller Vertebraten finden wir dicht verflochtene Plexus distales in der Musculatur, welche bis zum Menschen hinauf erhalten bleiben; allen sind die Plexusbildungen zwischen Musculatur und Skelet gemeinsam, welche bei den Paläichthyern noch prä- und postaxial liegen, später aber auf die mannigfachste Weise zu einheitlichen, longitudinal mit der Axe verlaufenden Com- plexen, den Längsstämmen verschmolzen und als solche in den Extremitätennerven aller Vertebraten 1) Vergl. die friheren Ausführungen über die Richtung dieser primitiven Verschiebungen (BRAUS, 1898 A, p. 400 u. f.). 278 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 166 wiederzufinden sind (Nn. brachiales et thoracici superiores und inferiores und deren Theile: beim Menschen N. medianus, ulnaris, radialis etc.); alle schliesslich besitzen proximale Extremitätenplexus. ß) Secundäre Ausgestaltung durch laterales Wachsthum schräg oder senkrecht zur Extremitätenaxe. Die Divergenz der Entfaltung des primären Distichopterygium äusserte sich in derjenigen Richtung, welche zum uniserialen Archipterygium hinführt, vermuthlich darin, dass sich die präaxialen Radien als die functionell wichtigeren stärker und stärker entwickelten. Um eine festere Stütze am Rumpfe zu gewinnen, legte sich die Axe selbst mit ihrer postaxialen Kante der Wand desselben an. Damit wird aber, nach einer Idee, welche bereits GEGENBAUR (1879) und v. DAVIDOFF (1879) im Wesentlichen durchführten, der postaxiale Radienbesatz in baso-terminaler Richtung immer mehr überflüssig, ja schädlich für eine feste Verbindung, und in Folge dessen abortiv. Ein Zwischenstadium ist uns in den fossilen Selachiern (Pleuracanthiden) erhalten, das Endstadium des Processes bei den recenten Haien (Textfigur 23d und e). Bei letzteren ist der postaxiale Radienbesatz, soweit noch Reste existiren, ventralwärts umgeklappt (Textfigur 24b, p. 281, punktirte Radien), um eine möglichst breite Anlagerung der Axe selbst, des Metapterygium, an die Rumpf- wand zu ermöglichen. Die horizontale Lage der Flosse ist bei dieser Entwickelungsrichtung beibehalten worden (p. 198), die Wachsthumsrichtung des Knorpelskelets in dieser Ebene aber völlig geändert. Sie wird aus einer terminalen allmählich zu einer lateralen und zwar speciell präaxialen. Der Pfeil 2 deutet in der Abbildung des primären Distichopterygium (Textfigur 23c;) an, wie anders die Entwickelung gegen- über der primären durch Pfeil 7 angezeigten verläuft. Natürlich wächst die Axe beim Monostichopterygium noch relativ in dem Maasse, als die ganze Flosse sich ausdehnt, terminalwärts weiter und giebt mehr Radien als ursprünglich Platz. Doch ist auch dieses Wachsthum immerhin beschränkt. Denn die Radien schieben sich hauptsächlich, wie GEGENBAUR’s grundlegende Untersuchungen lehrten, weiter basalwärts auf den Gliedmaassengürtel vor, gehen Concrescenzen unter einander ein und bilden neue, secundäre Basalia (Basale pro- und mesopterygii, p. 265). Die Axe tritt äusserlich auch dadurch zurück, dass die Spitze der Extremität oft nicht mehr mit ihr, sondern mit besonders stark sich verlängernden Seitenstrahlen coincidirt (besonders bei Rochen). Musculatur und Nervensystem haben entsprechende Umwälzungen bei der Metamorphose des Distichopterygium in das einfache Monostichopterygium erfahren. Die Muskeln inserirten zunächst noch allenthalben an der Haut. In dieser sind starke Hornfäden (auch bei fossilen Selachiern) entwickelt, welche eine kräftige Action gewährleisten. Immer mehr Muskelfasern richten sich in ihrem Verlauf nach diesen, und da die Wachsthumsrichtung der präaxialen Knorpelradien dieselbe radiäre ist (Textfigur 23d und e), ceoincidiren Muskeln, innere und äussere Skelettheile in ihrer Längsrichtung im All- gemeinen mit einander (p. 198 Anm.). Diese Concordanz ist keine alte und daher zunächst nirgends genau durchgeführt. Aber sie beginnt für die Weiterentwickelung von grosser Wichtigkeit zu werden. Zunächst gingen die Inscriptiones tendineae völlig verloren, da sie functionslos geworden waren. Ferner aber hefteten sich die Ursprünge der Muskeln, um ein ausgedehnteres Punctum fixum zu gewinnen, nicht nur an den Gliedmaassengürtel, sondern auch an das freie Gliedmaassenskelet an. Da sie hier in enge Beziehung zu den Radien treten, spaltet sich die bis dahin einheitliche Schicht der Hauptmuskeln ungefähr diesen ent- sprechend in einzelne Muskelindividuen, die Mm. radiales. Dieselben verlieren allmählich ihre anfänglich mehr oder minder von der Richtung der Knorpelradien abweichende Lage. In Fällen, wo das Meta- pterygium schmal ist und keine grösseren secundären Basalia vorhanden sind (Beckenflosse der Haie), oder 167 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 279 wenn die Basalia rudimentär werden und allein die Knorpelradien übrig bleiben (Ganoiden-Bauchflosse), tritt fast völlige oder absolute Concordanz ein (p. 186, 248). Auch wandern am jüngsten Theile der Flosse, dem Basale propterygii, Insertionen von Muskeln nach Verlust ihrer Hornfäden manchmal auf den cranialen Rand des Knorpels über und erzeugen hier neue Muskeln (Adductor), welche das innere Skelet direct bewegen. Sie fehlen noch den Notidaniden fast völlig. Im Gegensatz zu dieser Entfaltung präaxialer Muskeln steht die Rückbildung der postaxialen. Sie verloren mit der Einschmelzung postaxialer Hornfäden ihre Insertionen und setzten sich am medialen Knorpelrande des Metapterygium an, büssten aber auch hier immer mehr an Umfang und functionellem Werth ein. Am längsten erhalten sie sich an der ventralen Seite der Brustflosse recenter Squaliden, weil hier der Rest der postaxialen Flossenpartie ventralwärts umklappt, und daher nach aussen zu (lateral) eine relativ geschützte Stelle für die Musculatur übrig bleibt (p. 198, Textfigur 24b bei **, p. 281). Die Nerven haben innerhalb der Gliedmaassenmusculatur allenthalben einen dichten Nervenfilz erzeugt. Denn nach Verlust der serialen Gliederung durch die Inscriptiones mischen sich die Muskelfasern benachbarter Metameren. Tritt die Neugliederung in Mm. radiales mit ihren allmählich fortschreitenden Anpassungen an die Knorpelstrahlen in Action, so vermehren sich die Plexus zwischen Musculatur und innerem Skelet. Bei der postaxialen Musculatur, welche die grössten Veränderungen in serialer Beziehung erleidet, da hier die neuen Verbände senkrecht zu den alten stehen (Textfigur 23d), werden auch die Geflechte am dichtesten, nehmen allerdings häufig an Componenten ab, da sie an der Rückbildung des Skelets und der Musculatur theilnehmen. Der Plexus postaxialis der recenten Selachierflossen ist in Folge dessen ein deutlicher Längsstamm, aber von geringem Caliber (Textfigur 15, p. 196). Bei den präaxialen Nerven sind die Geflechte zwischen Musculatur und Skelet zunächst lockerer und weniger zahlreich: Plexus praeaxialis (Brustflosse recenter Selachier). Denn die Myomeren haben hier von Anfang an fast radiäre Lage wie die Hornfäden. Ist aber die Adaptation an die präaxialen Radialknorpel vollzogen, so sind auch deutliche und starke Längsstämme entwickelt, welche neben dem präaxialen Rande des Metapterygium längs dessen voller Länge einherlaufen und auch dann diese Lage bewahren, wenn die Axe selbst verloren geht (grösster Theil der Beckenflosse der Selachier und Ganoiden- Bauchflosse, Taf. XXIX). Nur auf dem primitivsten Theile des inneren Skelets, dem Metapterygium, erhält sich die ursprüng- liche Anordnung der serialen Nerven und Aeste noch einigermaassen rein. Denn an der Oberfläche der Musculatur, welche nicht durch Ursprungsaberrationen der Fasern an den Knorpel, wie an die Unterseite, verändert wird, ist die regelmässige Folge der Metameren in baso-terminaler Richtung noch an den Nerven zu erkennen (Textfigur 14, p. 190). Auch liegen dieselben hier noch zum Theil senkrecht zur Axe, wie dies beim Asticho- und Distichopterygium überall der Fall war (vergl. z. B. Metamer 13 und I4, Textfigur 14, mit Textfigur 23b—d). Die proximalen Nervenplexus haben durch die mannigfaltigen Lageveränderungen, namentlich der hinteren Extremität, bei höheren Haien (Batoiden) aber auch der vorderen Gliedmaasse, und durch die Ueberwanderung von präaxialen Radien auf die Gliedmaassengürtel eine grosse Ausdehnung gewonnen. Da craniale und caudale Wanderungen, Vergrösserungen und Verkleinerungen der Extremitäten erfolgt sind'), entstanden vordere und hintere proximale Plexus; sind doch die Ränder und ihre Inner- vationen immer diejenigen, welche die grössten Veränderungen erleiden, während die Mitte der Flosse mit ihren Nerven mehr in Ruhe bleibt oder doch am ehesten wieder in geregelte Verhältnisse eintritt. Die cranialen Randnerven (Plexus pterygialis proximalis anterior) werden durch Zug und Gegenzug so gegen I) Siehe Anm. I, p. 277. 280 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 168 den Gliedmaassengürtel angedrängt, dass sie in den Knorpel hineingelangen und ihn mittelst besonderer Kanäle als diazonale Nerven durchqueren (Brust- und Beckengürtel) oder sogar bis an seinen cranialen Rand gelangen und hier als prozonale Nerven wieder frei werden (Bauchflosse). Die hier skizzirte Entwickelungsrichtung erzeugt typische Flossen, die aufs innigste an das Wasserleben und den Schwimmact angepasst sind. Wir finden sie unter den besten Schwimmern der See, bei den Haien, am vollkommensten entwickelt. Die Rochen speciell schlagen unten diesen einseitige Bahnen ein, indem sie mehr dem Liegen auf dem Grunde sich anpassen und unsere Flossenform zu höchster Ausbildung horizontaler Ausbreitung entwickeln. Sehr ähnlich den Squaliden haben sich die vorderen Extremitäten der Knorpelganoiden (Acipen- seriden) entwickelt (vergl. das Entwickelungsschema am Ende dieses Capitels). Rückbildungen auf der einen Seite haben jedoch zu fast völligem Verlust aller Spuren der postaxialen Seite und auch zu Ein- schmelzungen der präaxialen Hauptmuskeln geführt, einseitige Ausbildungen auf der anderen Seite als Ersatz für die alten Muskeln neue aus diesen gezüchtet, welche im Verein mit einem starken lateralen Knochenstrahl des Hautskelets die Gliedmaasse stützen und als Steuerorgan bewegen, soweit die potamo- philen Störe gegenüber ihren schwimmfähigeren Vettern aus der See der Flossen noch bedürfen (Adductor und Abductor ossis marginalis, p. 222 u. f.). Die Bauchflossen sind in völliger Rückbildung (p. 252), als Folge, wie GEGENBAUR mit gutem Grunde glaubt, des Verlustes der Copulationsorgane, welche sich bei fossilen und recenten Selachiern an diesen stets finden. Ausser zum Schwimmen werden die nach dem hier entwickelten Typus des uniserialen Archi- pterygium gebauten Flossen nur von hoch differenzirten Rochen zu einer Art Stütze gebraucht, wenn die Angabe von JAEKEL (1894) sich bestätigt, dass diese Thiere den jüngsten Theil ihres Bauchflossenskelets, das Propterygium, als „Lauffinger“ benutzen, um beim Schweben dicht über dem Boden des Wassers sich von diesem abzustossen. Offenbar ist hier keine Anknüpfung für die Kriechfunetion der terrestren Gliedmaasse zu suchen. Die Ausgestaltung der Musculatur der Extremitäten dieser ganzen Entwickelungsrichtung hat das Gemeinsame, dass sie sich relativ wenig über den ursprünglichen Zustand insofern emporhebt, als die Insertionen fast ausschliesslich an der Haut und deren Versteifungen befestigt bleiben. Gerade dieser Typus wird bei ihnen zur vollen Entfaltung gebracht und für die Locomotion functionell aufs Intensivste ausgenutzt. Die Entwickelung der terrestren Extremität geht aber ganz andere Wege. Für sie ist die Insertion der Muskeln am Knorpel und die dadurch bedingte winkelige Knickung und Beweglichkeit der Theile des inneren Skelets gegen einander Voraussetzung. y) Secundäre Ausgestaltung durch terminales Wachsthum in der Richtung oder parallel der Extremitätenaxe. Die zweite Entwickelungsreihe, welche von der Urflosse mit primärem Distichopterygium ausgeht, zeichnet sich dadurch aus, dass das terminale Wachsthum der Axe und die biseriale Neubildung von Seitenradien in der alten Weise weiterschreite. Da jedoch damit eine zur Rumpfwand senkrechte Lage des Axenstrahles unvereinbar, weil mechanisch beim Schwimmen undenkbar ist, klappt die Extremität um und legt sich der Rumpfwand an, indem sie ihre Platte aus der horizontalen Ebene in eine senkrechte, der seitlichen Rumpfwand parallele Lage bringt (Textfigur 23f und 24c, d). Diese Bewegung kann offenbar in zweierlei Art ausgeführt werden, einmal indem der präaxiale Rand dorsalwärts gewendet wird, so dass also die stärkeren und weniger zahlreichen Seitenradien des u EP ern DE 169 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse, 28I Knorpelskelets nach oben, die schwächeren und zahlreicheren nach unten, die dorsalen Muskeln nach innen (medialwärts) und die ventralen nach aussen (lateralwärts) zu liegen kommen (Textfigur 24c). Die andere Möglichkeit ist die, dass gerade umgekehrt der präaxiale Rand sich ventralwärts wendet, die starken Seitenradien nach unten und die dorsalen Muskeln nach aussen schauen (Textfigur 24d). Beide Arten der Bewegungen sind in der That ausgeführt worden, und die Endstadien sind noch bei den heute lebenden Vertebraten erhalten. Theils ist die Drehung noch entwickelungsgeschichtlich zu verfolgen (Ceratodus, Amphibien, Amnioten), immer aber an dem verschiedenen Verhalten der Nerven und der verschiedenen Lage ihrer Theilungsstellen in ehemals dorsale und ventrale Flossenäste zu erkennen (vergl. Textfigur 24c und d mit a, p. 166). Die präaxiale Kante der Extremität wird von solchen Flossen dorsalwärts emporgeschlagen, welche nach wie vor zum Schwimmen gebraucht werden. Es sind freilich eigenartige Schwimmer, welche hierhin gehören (Vorderflosse der Dipnoer, der Crossopterygier, vielleicht auch der Amiaden und a b c d e Fig. 24. Schema der Lage des Pterygium und Chiridium, sowie der Musculatur und Nerven bei diesen. Querschnittsbilder. Inneres Skelet getüpfelt, äusseres Skelet von links-oben nach rechts-unten schraffirt; Musculatur in umgekehrter Richtung schräg schraffirt; Nerven fett schwarz. a Hypothetische Urform mit primärem Astichopterygium. Musculatur im Zusammenhang mit Rumpfmuskeln. b Monostichopterygium in Horizontalstellung. Selachierflosse. ce Secundäres Distichopterygium in Verticalstellung. Ceratodus-Brustflosse in Ruhelage. Der Pfeil giebt die Bewegungs- richtung, bei Einnahme der Stützstellung an. d Dasselbe. Ceratodus-Beckenflosse in Ruhelage. Die kräftigen Seitenradien (7, I/ etc.) sehen ventralwärts. e Monostichopterygium in Verticalstellung, pentadactyle Extremität eines Amphibs. Stellung wie bei d. Die Figuren c, d, e sind so gedacht, dass der Stammstrahl in einem Querschnitt, die Seitenradien (punktirt) weiter terminal- wärts in einem anderen getroffen und in die Ebene der Zeichnung projieirt sind. Die Muskeln und Nerven durchlaufen in Wirk- lichkeit von den kräftiger contourirten Partien zu den schwächer umrandeten hin eine beträchtliche Strecke in baso-terminaler Richtung. Durch die Projection in die Ebene dieses Papieres wurde eine plastische Wiedergabe derselben sehr erschwert. Sie ist wie beim Skelet nur angedeutet. Teleostier), nämlich meist träge, potamophile Fische oder doch solche See- und Flussfische, deren Schnellig- keit und Schwimmkunst nicht den wenig entwickelten paarigen Flossen, sondern der Rumpf- und Schwanz- musculatur ausschliesslich zugeschrieben werden muss. Es liegt ja auch klar zu Tage, dass die vertical gestellte Flossenplatte beim Schwimmen eine viel geringere Wirkung auf das Wasser hat als die horizontal stehende. Erstere wird ihren Mangel, den sie dem terminalen Längenwachsthum zu Liebe auf sich genommen hat, wenigstens bei ihren Bewegungen durch periodisches Zurückkehren in die Horizontallage zu compensiren versucht haben (siehe Pfeil in Textfigur 24c). So erkläre ich es mir, dass die starken präaxialen Seitenradien hier dorsalwärts gedreht worden sind. Denn der dorsale Rand der vertical gestellten Schwimmflosse wird bei Drehbewegungen in der Richtung des Pfeiles (Textfigur 24c) grösseren Widerstand als der ventrale, bloss der Rumpfwand sich nähernde zu überwinden haben. Die Brustflosse der Crossopterygier steht dem hier beschriebenen Urzustande noch ziemlich nahe. Aus dem primären Distichopterygium ist jedoch, wahrscheinlich durch eine Reihe basaler Verwachsungen der Seitenradien mit dem Hauptstrahl, ein secundäres geworden, bei welchem eine breite centrale Jenaische Denkschriften. IV. 22 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 37 282 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 170 Knorpelplatte rundum an ihrer Peripherie kurze Radien trägt (Undinastadium, GEGENBAUR, Textfigur 20c, p. 231). Von letzteren entwickeln sich die äussersten zu besonders starken, am Schultergürtel articulirenden, verknöcherten Stäben (Marginalia), welche die Knorpelplatte und die übrigen Radien durch ihre functionelle Prävalenz allmählich schwächen. Erstere verliert die gelenkige Verbindung mit dem Brustgürtel, von letzteren büssen manche den Zusammenhang. mit der Knorpelplatte ein und gehen theilweise zu Grunde oder fallen ganz aus (Polypterus, Calamoichthys, p. 232). Musculatur und Nervensystem gingen dabei ihre eigenen Wege. Der Knorpel bleibt von Muskel- insertionen frei. Diese heften sich ausschliesslich an die jüngsten Erwerbungen der Flosse, die knöchernen Marginalia, an und bilden sich hier zu ziemlich selbständigen Muskelindividuen aus, welche gewiss der Flosse eine sehr vielfältige Beweglichkeit zu geben im Stande sind. Die alte, an dem Haut- skelet befestigte Musculatur dehnt dagegen ihre Ursprünge auf den Knorpel und selbst auf die distalen Radien des inneren Skelets aus. Sie ersetzt die Einengung ihrer Ursprungsfläche am Brustgürtel durch eine longitudinale Zwischensehne, welche in der Richtung der ursprünglichen Axe verläuft (p. 235). Es ist dagegen bei den Verschmelzungen und Veränderungen innerhalb des Knorpelskelets (Textfigur 20a—-e, p. 231) eine engere Beziehung der Inscriptiones tendineae mit dem inneren Skelet, wie sie bei anderen Extremitäten der hier behandelten Entwickelungsrichtung zu Stande kommt (s. u.), nicht eingetreten. Die Muskelfasern haben sich vielmehr, soweit sie ihre alten Insertionen behielten, nach den Knochenstrahlen des äusseren Skelets orientirt und sind dadurch, wie es scheint, in die Richtung der Inscriptiones gerathen, so dass letztere verschwanden. Nervenlängsstämme, wie sie prä- und postaxial beim primären Disticho- pterygium durch Umwandlungen der zugehörigen Musculatur entstehen, sind vorhanden und haben sich auf dem Knorpel so ausgebreitet und verbunden, dass die genaue Lage der ursprünglichen Axe nur mit Wahr- scheinlichkeit durch sie bestimmt werden kann (Textfigur 19, p. 229). Doch zeugt die Richtung der distalen Knorpelradien, der Contour der Flosse (KLAATSCH, 1896) und, kann ich hinzufügen, die Richtung beider Längsinscriptionen und der Gefässlöcher im Knorpel für ungefähr dieselbe Stelle (p. 230). Wahrscheinlich, aber nicht sicher sind an das Undinastadium (s. 0.) die inneren Skelete der Brust- flossen bei den Amiaden und an diese die Einrichtungen bei Teleostiern anzuknüpfen. Bei ersteren ist eine auffällig breite Knorpelplatte mit peripherem, aber nur einseitig gut entwickeltem Besatz von Seiten- radien erhalten. Doch sitzt am anderen Rande ein kleines Knorpelstück, welches vielleicht als Rest eines postaxialen Radius zu deuten ist (Textfigur 20f, p. 231 und 234). Es ist, trifft diese Deutung zu, eine der ersten Entwickelungsreihe (p. 278) insofern ähnliche Richtung der Ausbildung eingeschlagen worden, als wesentlich die präaxiale Seite der Flosse wuchs und deren inneres Skelet zur Stütze verwandt wurde, während bei recenten Crossopterygiern auch die post- axiale Seite betheiligt ist und durch Massenausdehnung der vorhandenen Radien das Minus ihrer Zahl gegenüber denen der anderen Seite wett macht. Musculatur und Nerven erinnern bei Amia im Detail an die parallelen Verhältnisse bei Selachiern, verrathen aber auch mannigfache Rückbildungen. Bei Knochen- fischen werden letztere immer manifester, indem oft das ganze innere Skelet der freien Flosse mit dem Brustgürtel verschmilzt. Damit beschränkt sich die Wirkung der Muskeln in der Flosse natürlich völlig auf das äussere Skelet (Abasipterygium). Rückbildungen noch stärkerer Art finden wir in den Beckentlossen der Amiaden und Teleostier (p. 227, 252). Am wenigsten verändert erhielt sich der Typus des primären Distichopterygium bei den Dipnoern und zwar speciell bei Ceratodus. Er weicht hier von der ursprünglichen Form nur dadurch ab, dass die vordersten Seitenradien (Textfigur 23f, p. 275) nur noch entwickelungsgeschichtlich in der ursprünglichen Lage und Form auftreten (SEMoN, 1898), beim ausgebildeten Thier aber entweder ganz verschwinden (1. prä- 171 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 283 axialer Strahl der Brustflosse) oder doch meistens an ihrer Basis mit dem Axenstrahl verschmelzen und die Verbindung mit ihrer ursprünglichen Anheftungsstelle an der Axe verlieren (alle übrigen bei beiden Flossen, Textfigur 21, p. 256). Die Folge ist eine Einengung der Extremitätenbasis gegenüber früheren Zuständen (Textfigur 25b, p. 284), welche, wie bereits GEGENBAUR (1879) und v. DavıDorr (1879) anführten, der freieren Beweglichkeit der Gliedmaassen an ihrer Basis zu Gute kommt. Im Längenwachsthum und in der sich daran anschliessenden Abgliederung von Radien ist dagegen das innere Knorpelskelet bei den Ceratodus-Gliedmaassen gegenüber dem primären Distichopterygium in fortschreitender Zunahme begriffen, indem dasselbe sowohl terminal wie biserial weiter sprosst und sich gliedert. Es zeigt sich diese Wachsthumsfähigkeit an der Spitze der normalen Flosse (SEMON, 1898, p. 75, und bei gelegentlichen Verletzungen in der prompten Ergänzung fehlender Theile durch neue Sprossen (Textfigur 21d und p. 259). Aus diesem fortschreitenden Wachsthum, welches natürlich durch die kräftige Entwickelung und ‚Wirkung der Extremitätenmuseulatur erzeugt wird, resultirte eine langsame, aber durchgreifende Umgestaltung der Weichtheile der Gliedmaassen. Dieselbe ist bei beiden Extremitäten in den Hauptzügen die gleiche und unabhängig von der verschiedenen Stellung, auf welche gleich noch zurückzukommen sein wird. Die baso-terminale Richtung nämlich, in welcher das Wachsthum erfolgte, steht direct rechtwinklig zur Richtung der Inscriptiones tendineae und der haploneuren Muskelbänder bei den primitiven Extremitäten- muskeln. In Folge dessen ist anzunehmen, dass die Muskelfasern eines jeden Myotoms in der Längsrichtung der Flosse auszuwachsen suchten und sich dabei gerade auf der Axe der Gliedmaassen sehr stark mit den Fasern der Nachbarsegmente vermischten. So formten sich lange polyneure Muskeln, welche longitudinal über die Flosse hinziehen und nur nach den Rändern divergiren, um sich an den Hornstrahlen des äusseren Skelets anzuheften. Die Nerven verrathen die vollzogenen Veränderungen, indem sie dichte prä- und postaxiale Plexus mit Längsstämmen (Beckenflosse) oder deutlichen Netzsträngen (Brustflosse) in der Extremität entstehen liessen (p. 164, Textfigur 15, p. 196). Man sollte erwarten, dass bei diesen Metamorphosen die Inscriptiones tendineae verloren gingen, da sie bei dem Hin und Her der Muskelverschiebungen beständig durchbrochen werden mussten. Aber diese Zwischensehnen haben manchmal, wie Studien an der Rumpfmusculatur lehren (FÜRBRINGER, 1807, diese Abhandl., p. 169 u. f.), die Fähigkeit, stets sich wieder zu regeneriren und dadurch die alte Stellung und Form zu behalten. Das zeigt sich auch bei den Gliedmaassen des Ceratodus. Denn die Inscriptiones sind gerade an dem Axentheil der Flossen geblieben, schliessen aber nicht mehr segmentale Muskeln, sondern Pseudomyomeren ein (p. 168). Der Grund für die Erhaltung der Zwischensehnen liegt vornehmlich in der Verbindung derselben mit dem inneren Flossenskelet. Das letztere gliedert sich zwischen den Inscriptiones durch quere Trennungen in einzelne Glieder (Mesomeren). Es wird durch diese Einrichtung eine viel zweck- mässigere Befestigung der langen Muskeln erreicht, als wenn dieselben ohne Beziehungen zum Knorpel an den Hornfäden zögen (Textfigur I, p. 150, I51). Von grosser Wichtigkeit wird für die höheren Thiere ein Gelenk, welches sich zwischen dem I. und 2. Mesomer ausbildete, weil hier zum ersten Mal ein Ellenbogen- resp. Kniegelenk auftritt (SEMON, 1808). Die Inscriptiones tendineae und ihre Anheftungen am Gliedmaassenknorpel wurden der Ausgangs- punkt neuer, wichtiger Einrichtungen. Denn hier gelangen Muskelfasern in grösserer Zahl an den Knorpel und inseriren an seiner Fläche. Es vollzieht sich das hauptsächlich an den beiden vordersten Mesomeren und an den Seitenstrahlen (Parameren). 22% 37% 284 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 172 Das neue Gelenk der Ceratodus-Flosse (Ellenbogen- resp. Kniegelenk) und die neuen Insertionen der Extremitätenmuskeln am Flossenknorpel haben ihrerseits Beziehungen zu der charakteristischen Stellung und Function, welche die Hinterflosse ständig, die Vorderflosse nur nach Aufgabe ihrer oben bereits erwähnten Ruhelage einnimmt (SEMmon, THouson, Textfigur 4, p. 154). Es ist das die zweite Art der Drehung, von welcher die Rede war (p. 280), die sich hier vollzog. Die kräftigen präaxialen Radien gerathen in ventrale Lage, die dorsalen Muskeln werden zu lateralen, die ventralen zu medialen (Textfigur 24d). Bedingt wurde diese Art der Drehung der Extremität bei der Hinterflosse und wird sie gegebenen Falles bei der Vorderflosse durch eine neue Function: das Aufstützen der Flossen auf den Boden der Gewässer. Die Stützstellung wurde ermöglicht durch die kräftige Ausbildung der präaxialen Radien, da diese zuerst auf den Boden treffen, durch die Insertionen der Muskeln am Knorpel und die dadurch bedingte directe und grössere Wirkung der Musculatur auf die Strahlen, welche als Stütze zu dienen haben (p. 152), schliesslich durch die freiere Beweglichkeit der Flosse in zwei Gelenken gegenüber der früher nur in Einzahl vorhandenen Diarthrose am Gliedmaassengürtel. Die pentadactylen Gliedmaassen gehören den Merkmalen ihrer primitiveren Formen (Urodelen) nach in diese zweite der beiden Hauptentwickelungsrichtungen, welche zu unterscheiden sind. In dieser haben sie die nächste Verwandtschaft mit der letztbesprochenen Gruppe‘). Denn auch das Chiridium ist so gedreht, dass die präaxialen Seitenradien ventralwärts schauen (Textfigur 24e). Diese Bewegung wird entwickelungsgeschichtlich von den Extremitätenanlagen selbst bei höheren Pentadactyliern (Amnioten, KÖLLIKER, 1879) noch vollzogen; die endgültige Lage ist als eine gerade entgegengesetzte zu der beispielsweise von der Vordergliedmaasse mancher Ganoiden oder des Ceratodus in ihrer Ruhelage eingenommenen Stellung seit langem erkannt (p. 262). Die Proamphibien drehten aber beide Extremitäten in die Stützstellung, welche bei Ceratodus nur die hintere ständig einnimmt, die vordere dagegen, falls es functionell nöthig ist, nach Belieben annehmen kann. Es wurden also von vornherein von den Tetrapoden dauernde Beziehungen zur Stütz- function gewonnen, indem ein präaxialer Seitenstrahl des primären Distichopterygium nach dem anderen (Textfigur 23d, I-IV) nebst dem Ende des Hauptstrahles zum Aufstemmen und bald wahrscheinlich zum Fortschieben auf dem Boden seichter Gewässer, schliesslich zum Kriechen auf dem Festland benutzt wurde, Dadurch, dass die Stützfunction früher sich anbahnte und schneller vervollkommnet wurde als bei den Dipnoern, erklärt es sich, dass keine Verschmelzungen präaxialer Parameren mit Axengliedern oder gar ein Verlust von solchen zu Stande kam, wie bei jenen. F Gerade die präaxialen Seitenradien werden besonders aus- und fortgebildet. Der erste erzeugte den Radius bei der vorderen, die Tibia bei der hinteren Extremität und die jenen Knochen folgenden Terminalglieder in Hand und Fuss. Aus dem zweiten entstand das Intermedium mit seinen terminalen Fortsetzungen bei beiden Gliedmaassen (p. 259, 263). Wie die Skeletentwickelung genau weiter ging, ist schwer zu sagen. Denn entweder ist der Process so verlaufen, dass auf den zweiten präaxialen Strahl noch ein dritter und vierter und schliesslich der Axenstrahl benutzt wurde, ein Vorgang, dem GEGENBAUR (1898) die grösste Wahrscheinlichkeit vindieirt, oder so, dass nur noch ein drittes oder vielleicht gar kein präaxiales Paramer mehr benutzt und statt dessen der Axenstrahl und postaxiale Radien in die pentadactyle Extremität aufgenommen wurden. 1) Neuerdings werden sie vielfach (EMERY, 1887; POLLARD, 1892; KLAATSCH, 1896; GILL, 1897) in Beziehung zu der Brust- flosse der Crossopterygier gebracht. Die Stellung derselben bei Polypterus ist aber um 180° verschieden, die Musculatur einseitig hoch differenzirt, aber ohne alle Anknüpfung an die Tetrapoden (p. 261). Um das Skelet der letzteren auf die Polypierus-Flosse zurückzuführen, sind gewaltige Veränderungen zu postuliren, für welche nur dürftige und auch anders zu deutende Anhaltspunkte vorliegen. Endlich bietet die hintere Polypterus-Flosse als rudimentäres Organ mit der pentadactylen Extremität nicht die geringste Verwandtschaft (vergl. p. 234 Anm.). Ich halte deshalb diese Hypothese für wenig glücklich. 173 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 285 Der erstere Process erscheint auch mir nach Lage, Bau und Function des primären Distichopterygium bei den Proamphibien wahrscheinlicher als die beiden anderen. Denn die ständige Benutzung der Glied- maassen zum Aufstützen und Fortschieben muss bald die Schwimmfähigkeit beeinträchtigt haben. Wenigstens eine breite Schaufelflosse, wie sie Ceratodus noch hat und sogar progressiv aus dem primären Disticho- pterygium weiter entwickelte, erschien überflüssig. So kommen alle beim Kriechact entbehrlichen Seiten- radien, deren Entwickelung ja erst die Breitenausdehnung der freien Urflosse bedingte, in Fortfall. Es bildet sich die oligactinote Extremität aus der polyactinoten Flosse. Auch nach diesen Verlusten war die Extremität noch für mässige Schwimmbewegungen im Wasser brauchbar, wie Molche und Frösche lehren. Bei der functionellen Mehrbeanspruchung der präaxialen und relativen Unthätigkeit der postaxialen Seite der Glied- maassen bei den Protetrapoden musste der Verlust naturgemäss in erster Linie die letztere treffen. Ich glaube deshalb, dass von postaxialen Radien wahrscheinlich nur Reste erhalten sind, wie sie vielleicht im Pisiforme und anderen Rudimenten erhalten sind (Textfigur 25c, punktirte Radien). Fig. 25. Schema der terminalen Entwickelung beim Dipno- und Cheiropterygium. a Primäres Disticho- pterygium (vergl. Textfigur 23c,). b Ceratodus-Bauchflosse. c Pentadactyle Extremität. Die beim Chiridium rudimentäre oder ganz in Fortfall kommende Radiengruppe ist in den beiden anderen Skeleten wie bei diesem schräg schraffirt. Etwas anderes spricht auch noch für die Bevorzugung der präaxialen Seite. Beim Ceratodus wird das 1. Mesomer und damit die ganze freie Flosse dadurch beweglicher, dass seine Parameren sich dem 2. Mesomer anzuschliessen suchten. Die Biserialität blieb aber streng erhalten. Die Parameren, welche dem 1. Mesomer entzogen wurden, mussten also beim 2., falls sie nicht oder nicht alle zu Grunde gingen, zur Verbreiterung beitragen (Textfigur 25b). Es staute sich gleichsam das in Bewegung gerathene Knorpelmaterial bald, weil die Seitenradien der folgenden Mesomeren nicht ausweichen konnten. Beim Cheiropterygium jedoch trat keine Stauung ein, weil die im Wege stehenden Radien rudimentär wurden und verloren gingen. Nur 5 (oder möglicher Weise in den ersten Anfängen eine nur wenig grössere Zahl) waren die Auserwählten, welche sich auf Kosten der anderen entwickelten und ausdehnten. Früh müssen Radius und Tibia schon dem 2. Mesomer (Ulna und Fibula) parallel geworden sein; denn sie haben das grösste terminale Wachsthum von allen Seitenstrahlen zu Wege gebracht (Textfigur 25a /) und konnten das nur in dieser Stellung. Das involvirte eine Lageänderung der folgenden präaxialen Seitenstrahlen, die alle dahin tendiren mussten, in die Richtung der Axe zu gelangen. Woher sollte der Raum für diese 286 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 174 Veränderungen genommen werden, wenn nicht die postaxialen Radien früh aus dem Wege geschafft wurden ? Das Monostichopterygium (uniseriale Archipterygium) der tetrapoden Gliedmaassen ist also, falls nicht doch spätere, sichere Erfahrungen über den Bau von Carpus und Tarsus eine Conservirung postaxialer Strahlen in ihm und dadurch eine beschränkte Biserialität nachweisen werden, jedenfalls von dem aus denselben (uniserialen) Bestandtheilen zusammengesetzten Knorpelskelet der Selachier- und Ganoiden- flossen seiner ganzen Genese nach völlig verschieden. Die uniserialen Archipterygia haben sich dort durch laterales, hier durch terminales Wachsthum, dort durch Ausdehnung der Gliedmaasse in die Breite, hier durch solche in die Länge entwickelt. Wie die Dipnoer in der Ausbildung des Flossenskelets aus dem primären Distichopterygium (am reinsten bei der Hintergliedmaasse), in der fast gleichmässigen Entwickelung beider Extremitäten und in der Art ihrer obligatorischen oder facultativen Stellung am meisten den Proamphibien sich nähern, von recenten Pentadactyliern aber durch die progressive Entfaltung des biserialen Typus (mit „Stauung“, s. 0.) verschieden sind, so bieten auch Musculatur und Nervensystem, die treibenden Factoren für die Skeletogenese, in den Grundeinrichtungen allenthalben directe Anknüpfungen, in der speciellen Gestaltung dagegen mannigfache Divergenzen. Die Insertion von Muskeln am inneren Skelet der Extremität ist auch bei Pentadactyliern entwickelt. Hier ist aber dieser, bei Ceratodus nur in statu nascendi gleichsam stehen gebliebene Modus zur beherrschenden Einrichtung der ganzen Gliedmaassenmusculatur geworden. Während bei Dipnoern nur die beiden ersten Mesomeren und einige Parameren zahlreicheren Muskelinsertionen Anheftung boten und von distalen Gelenken nur ein neues (Ellenbogen- resp. Kniegelenk) entstand, setzten sich bei den Pro- amphibien an alle sich progressiv entwickelnden Strahlen Muskeln in grosser Menge an. Es entwickelte sich ein complicirtes Hebelsystem zahlreicher sich gegen einander bewegender Glieder, und successive bildeten sich in der freien Gliedmaasse Diarthrosen an Stelle der bei Fischen beobachteten niederen Gelenkformen (SEMON, 1899B) zwischen den Skelettheilen‘). Die Inscriptiones tendineae, welche bei der Ceratodus-Flosse im axialen Theile noch jetzt erhalten sind, verschwanden in dem Maasse, als die einheitlichen Hauptmuskeln sich in einzelne Muskelindividuen auflösten und diese sich von einander trennten. Ob Reste von ihnen überhaupt noch vorkommen (Zwischensehne des Rectus femoris) erscheint mir mit RUGE (1895) noch ungewiss. Die distalen Extremitätennerven bilden innerhalb der Muskeln dichte Geflechte und zwischen Skelet und Musculatur feste Längsstämme, wie sie in der Ceratodus-Bauchflosse sich an- bahnen. Die proximalen Geflechte innerhalb der Rumpfwand und innen von ihr lassen nicht mehr separat verlaufende Nerven auf längere Strecken erkennen. Auch der Rest ehemaliger Trennung des proximalen Plexus in einen vorderen und hinteren, welcher bei Ceratodus noch vorhanden ist (Textfigur 5, p. 163), ist verschwunden. Die proximalen Geflechte bilden eine geschlossene Einheit oder bieten neue Einrichtungen (incomplete Trennungen in Gruppen ventraler und dorsaler Componenten beim Plexus lumbo-sacralis u. dgl. m.). Eine Frage mehr untergeordneter Art ist die, ob bei den Protetrapoden auch schon Versteifungen der Extremitätenhaut nach Art der Hornfäden vorhanden waren, oder ob die primäre Musculatur ohne solche an der Cutis inserirte? Solange uns weder die Ontogenie noch Paläontologie Uebergangsstadien vor Augen führen, muss diese Frage offen bleiben. Ich habe angenommen, dass in der für alle Extremitäten gemeinsamen hypothetischen Urform mit primärem Distichopterygium (Stadium c, Textfigur 23) die Haut an den Extremitätenrändern und Insertionsstellen der Muskeln eine mehr indifferente Structur besass. ı) Dieselben sind bei Urodelen aber im distalen Theile (Hand und Fuss) noch nicht vorhanden (GEGENBAUR 1876, SEMON 1899 B). ZIELEN ER ER ZEN 175 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 237 Die Anschauungen, welche in diesem, an andere vollkommenere Beispiele anlehnenden Versuch einer Ableitung des Ichthyo- und Cheiropterygium auf Grund der GEGENBaur’schen Archipterygiumtheorie entwickelt sind, fasse ich zum Schluss in dem folgenden Schema zusammen, welches die Stellung der primi- tiven Gliedmaassen in genealogischer Beziehung versinnbildlichen soll. Mögen weitere Untersuchungen und namentlich glückliche paläontologische Funde, die schon so manche dunkle Frage in der Gliedmaassen- morphologie geklärt haben, auch hier dazu helfen, an Stelle der Hypothesen allmählich Realitäten zu setzen. Den Anstoss zur endgültigen Differenzirung gab: I. laterales Wachsthum, _ II. terminales Wachsthum, schräg oder senkrecht zur Extremitätenaxe. in der Richtung oder parallel der E.-Axe. ee I ee en Teleostei P Teleostei © Acipenseriden P Amiaden P recente Crossopterygier P Abasipterygium N i (Polypterinen) ae ni recente Selachier P SS By = Acipenseriden OÖ ; \ \ \ Amiaden © Mono- stichopterygium (nur bei primitiveren Formen Spuren von Bi- =—— Tetrapod N ! @ OD en serialität) recente Selachier O N i fossile Selachier O P \ N i t N Pleuracanthiden 5 N en Bi | EN | Eee > ? ier? secundäres ossile Crossopterygier ? Distichopt (Undme) OB | | istichopterygium Gyro- u. Holoptychius\ , „ S Ceratodus ee (2 ji \O Ss 8 J Proselachier O P Proganoiden en P en OP primäres Be nn ni A Die ones eier Da ee primäres none ee ©: Omopterygium (Vordergliedmaasse) ? P: Pelycopterygium (Hintergliedmaasse). Würzburg, Sommer 1900. 288 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 176 Alphabetisches Verzeichniss der citirten Literatur‘). Ausgreont, P., Ueber eine in zwei Zipfel auslaufende, rechtsseitige Vorderflosse bei einem Exemplare von Protopterus annectens. Sitzungsber. d. K. Preuss. Akad. d. Wiss., Bd. XNXXII, p. 545—546, 1 Taf, Berlin 1886. Anuıs, E. Pı., The eranial muscles and cranial and first spinal nerves in Amia calva. Journ. of Morph., Vol. XII, p- 489—808, 18 Taf, Boston 1897. Barrour, F. M., A preliminary Account of the development of the Elasmobranch fishes. (Quart. Journ. of Micr. Sc., 1874.) Reprinted Memorial-Edition, Vol. I, p. 60—112, 3 Taf., London 1885. — A monograph on the development of Blasmobranch fishes. (Journ. of Anat. and Phys., 1876— 78.) 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A., Handbuch der Paläontologie: Paläozoologie, Bd. III, München und Leipzig 1887 —1890. Inhaltsverzeichniss und -Uebersicht. Binleltung © oo oooooovornao0 Hinweis auf die Gründe für die Schwierigkeit des Extremitätenproblems und auf die nothwendige Abschätzung der zur Lösung verfügbaren Hülfsmittel. Beschränkung der vorliegenden Untersuchung wesentlich auf Musculatur und Nervensystem ausgebildeter Thiere und auf ausganggebende Formen der Paläichthyer. Herkunft des Untersuchungsmaterials. I. Die Ceratodusflosse a) Myologie Literatur. Bezeichnungen für die Muskeln und die Kategorien von Muskelfasern. 1) Die Musculatur der Brustflosse . . ..... Allgemeine Lage und Bezeichnung der beiden Hauptmuskeln. «) Specielle Anordnung der Muskeln ee er Stiel- und plattenförmiger Theil des Hauptmuskels. Contour des letzteren. Inscriptiones tendineae : Form derselben, Lage zum Knorpelskelet und Verhalten zu den Muskelfasern. Muskelfaserkategorien B NE N a ee Mm. zono-keratoidei, zono-pterygiales, pterygo-keratoidei und pterygiales proprii. Anordnung derselben zu einander, zu den Inscriptionen und zum inneren und äusseren Skelet der Flosse. ß) Wirkung der Muskeln . Wirkung auf die Hornfäden . re ae ee ee Die Musculatur ruft Biegungen der Flossenplatte hervor und wirkt indirect auf den Knorpel. Wiking auf den Imomsel: © 0 o oo vo oo an oo oo ao oo. Synergistische Bewegung der Flossenfläche mit der durch Zug an den Hornfäden erzeugten Action. Relativ selbständige Bewegung einzelner Knorpel: 1. dorsaler Seitenradius, 1. und 2. Axenglied. Beobachtungen am lebenden Fisch . ° . ... Angaben von RAausAy, SEMON und THoMson. Uebereinstimmung mit den hauptsächlichen, aus der Morphologie der Muskeln erschlossenen Wirkungen. 2) Die Musculatur der Beckenflosse. ß BB rG Uebereinstimmung, der äusseren Form und inneren Structur zwischen Vorder- und Hinterflosse, aber um 180° von einander verschiedene Stellung. Befestigungen der Muskeln; Zwischensehnen . ER a: Unterscheidung der Hauptmuskeln als ventro-medialer und dorso-lateraler. Unterschied zur Brust- flosse. Inscriptiones wie bei letzterer mit dem Knorpel in Zusammenhang. Kategorien von Muskelfasern. Es sind dieselben wie bei der Brustflosse vorhanden. Die Anordnung ist im Wesentlichen die gleiche wie dort. Besprechung der Befunde von V. DAVIDOFF. Seite 139— 142 142-174 142157 143—155 143—149 I44—145 145149 149155 149— 150 150— 154 154155 155 156 156—157 294 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. b) Neurologie . 1) Die Nerven der Brustflosse Zahl und seriale Herkunft der Nerven Literatur. Rechtfertigung meiner Angaben von 1898 A. Vertheilung der Flossennerven an die Hauptmuskeln der Flosse Spaltung der Flossennerven in Aeste für die Hauptmuskeln. Anmerkung mit Berichtigung de Bezeichnung bei Tafelfiguren. Herstellung der Präparate. Motorische und sensible Aeste. Plexus omopterygialis distalis Nervenäste keine blossen Anastomosen. Besondere Netzstränge und Lage derselben. Vertheilung der Nerven an die Muskelfasern und Ränder der Flosse (prä- und postaxial). Endnetze. 2) Die Nerven der Beckenflosse. . . .... Zahl der Nerven. Plexus anterior und posterior und Verbindung beider. Lage der Nerven zum Skelet der Flosse. Prä- und postaxiale Seite. Längsstämme und Netzstränge. Rückläufige Aeste über dem Gelenkfortsatz des Beckens. c) Zusammenfassung und Schlüsse: Die Dipnoerflosse Uebereinstimmende Aehnlichkeit der beiden paarigen Extremitäten in Skelet, Musculatur A Nervensystem. Bei der Hinterflosse sind Musculatur und Nerven höher specialisirt. Stellung der Vorder- und Hintergliedmaasse . . . . . 2. 2 200 0 - Diese dagegen entgegengesetzt. Mit SCHNEIDER (gegen HowEs) wird Stellung als secundärer Erwerb angesehen. Stellung der ursprünglichen Anheftungslinie horizontal, diejenige der Flosse selbst hier noch nicht zu erschliessen. Bedeutung der Muskeleinwanderung. Pseudometamerie der ventralen Rumpfwand bei Selachiern und Dipnoern, eine Parallele zu ähnlichen Einrichtungen der Crratodus-Flosse . Nervengeflechte der Bauchwand bei Hexanchus, Acanthias und Ceratodus. Pseudometamerie statt ursprünglicher Eumetamerie. Polyneure Zwischensehnen. Bei der Flosse noch relativ ursprüngliche Verhältnisse der Inscriptiones. Anheftung der Muskeln am Skelet. Divergente Ausdehnung der Muskeln am Schulter- und Beckengürtel. Verlust der Inscriptionen in den Randbezirken als Folge der Richtung der Muskelfasern. Besondere Beweglichkeit des I. und 2. Mesomers und I. präaxialen Paramers im Dienste der Stützfunction. Parallelerscheinungen bei . Teleostiern. IT. Die Selachierflosse 0. 0020 one Er Beschränkung auf eigentliche Flossenmusculatur mit Ausschluss der a Abspaltungen der Rumpfwand. a) Myologie 1) Die Musculatur der Brustflosse. Literarische Quellen. Die Hauptmuskeln, ihre Lage und Ausdehnung . . . . Put Io Grössenverhältniss zum Knorpel. Dorsale und ventrale Lage, sowie ee von dieser. Mangel einer Continuität zwischen Flossen- und Rumpfmusculatur. Secundäre Aberrationen von letzterer an erstere bei Rochen. Hauptmuskeln völlig selbständig. Faserkategorien des ventralen Hauptmuskels . u M. zono-, pterygo-keratoidei, ihr Vorkommen und genetisches Verhältniss zu einander. Geringe Zahl der Mm. zono-pterygiales. Herkunft derselben. Faserkategorien des dorsalen Hauptmuskels Gleichmässig hohe Differenzirung derselben im ganzen Hauptmuskel, auch an den Seitenkanten. M. pterygiales proprii fehlen beiden Hauptmuskeln. Schichtung der Muskelfascikel am medialen Rande durch proximale Lostrennung der Mm. zono- und pterygo-keratoidei von einander. Muskelindiyiduens VmmadıaleSge Discrepanzen in ihrer Lage zu der Axe des Basale und Radialia des Metapterygium. Fast völlige Concordanz beim Meso- (und Pro-)pterygium. Verschiedenartige Structur, relative Selbständigkeit und functionelle Bedeutung der Mm. radiales. Mangelnde phylogenetische Beziehung zur Skeletogenese. 182 Seite 158— 165 158— 163 158—159 159—I6I 161—163 163— 165 165—174 165—168 168— 172 172—174 174—201 174— 186 174—184 ae 7 177—179 180— ISI I8I—IS4 ge Rt 183 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 295 Seite 2) Die Musculatur der Beckenflosse. ...... ann ee le FE LSA- 186 Ursprünge der Muskeln auf Rumpfwand verlagert in Folge Reiten Schwundes des Gürtels und breiter Befestigung der Flosse am Bauche. Mm. trunco-, pterygo-keratoidei und zono- pterygiales bei beiden Hauptmuskeln. Mm. radiales mehr in Cormeidenz mit Skeletradien und selbständiger als bei der Brustflosse. D) Nemzelegfb. oo 2.0.0 on. oo BOB oa ao 0 > oo FR Literatur. I) Die Nerven der Brustflosse .... SE Sr a Er 180102 Sensible und motorische Aeste und deren en. ER LO 187, Plexus der sensiblen Bauchnerven und Aeste von diesem zur ventralen und dorsalen Flossenfläche. Theilung der eigentlichen Extremitätennerven in mehrere dorsale und ventrale Aeste oder nur in je einen von solchen. Der Plexus omopterygialis distalis beim ventralen Hauptmuskel . . . . . . . 187-189 Postaxiales Geflecht mit stärkerem Längsstamm und feinem Plexus nebst Längsstammbildungen. Präaxialer Plexus. Lage der Nerven im Hauptmuskel selbst. Endbezirke der serialen Nerven im ventralen Hauptmuskel . . . . . ...... 189-1gI Die Auflösung der Geflechte der serialen Flossennerven ist möglich. Die haploneuren Muskel- bezirke nehmen verschiedene Stellungen zu der Axe des Metapterygium ein. Nerven des dorsalen Hauptmuskels; Mangel directer Beziehungen zu den ventralen Elossennerven 2 me: 0 0 oo ano oa no 5 0 0 = Aehnlichkeit der Nervenvertheilung im Allgemeinen mit derjenigen beim ventralen Hauptmuskel. Lage der gleichen serialen Nervenäste zum oma ventral und dorsal von diesem verschieden. Ventrale und dorsale Flossennerven streng auf die entsprechende Musculatur beschränkt. 2) Die Nerven der Beekemnlosse, 5 © a eo oo o oo so oo 9 8 5 5 0. MP—ick Verlauf derselben. Spaltung in Aeste. Prä- und postaxialer distaler Plexus. Wahrscheinliche Vertheilung der serialen Nerven in den Endbezirken. c) Zusammenfassung und Schlüsse: Die Selachier- und Dipnoerflosse . . . 2. 2.2.2.2... 194—201 Hinweis auf die Abbildungen von Acanthias, welche die Gesammtinnervation der Brustflosse illustriren. Ursprüngliche Uebereinstimmung der Flossenmusculatur beim Hai- und Lungenfisch 194—195 Die Grenzlinien zwischen den serialen Bezirken haben bei Acanthias im terminalen Flossenabschnitt die gleiche Form wie die von primitiven Myocommata ableitbaren Zwischensehnen der Ceratodus- Flosse. Diejenigen im basalen Abschnitt des Metapterygium erhalten durch Reconstruction dieselbe Form. Phylogenetische Perspective in Betreff der ursprünglichen und späteren Entwickelung der Extremitätenmusculatur. Homologien und Divergenzen in Lage und Verbindungsweise bei den Flossennerven 195—1g9 Vorkommen der Plexus prae- und postaxialis, ein Beweis für ursprüngliche Biserialität des Dipno- und Selachopterygium. Unterschiede in Structur der Plexus, bedingt durch verschiedengradiges Wachsthum der Flossentheile (Brust- und Bauchflosse der Haie). Nervenbefund befürwortet ursprüng- liche Befestigung des postaxialen Randes beider Extremitätenformen am Rumpfe. Anmerkung über Cladodus. Ursprüngliche Horizontalstellung der Flossen und partielle (recente Squaliden) oder totale (Oeratodus) Umwandlung in senkrechte Lage. Progressive Entfaltung der Haiflosse in der Horizontal- ebene. Anmerkung über die dadurch bedingte relative Coincidenz von Musculatur und Skelet. Divergente Entwickelung und Wirkungsweise der Musculatur . . . > 2... 199-201 Von ursprünglicher Befestigung der Muskeln am Hautskelet entstehen secundär bei Selachiern (und ebenso wahrscheinlich bei Oeratodus) Ueberwanderungen auf Knorpel. Divergente Ausbildung der Ursprünge und Insertionen am Knorpel bei beiden Extremitätenformen. Auf letztere (Ceratodus) reagirt das Knorpelsketet und seine Musculatur durch höhere Specialisirung. IIPeDierGanoıdentlossem pe een en ea 7 201253 Anordnung des Stoffes nach den Familien wegen Divergenz der Organisation derselben. A. Brustflosse. 201—236 1) Acipenseriden 201—209 201— 205 «) Myologie . Hauptmuskeln. Lage derselben, Ursprung und Insertion. 296 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. Die Faserkategorien der Hauptmuskeln . a: a on ale Mm. zono-keratoidei, -pterygiales und pterygo-keratoidei, ihre Stärke und Verbreitung. Mm. radiales in der Richtung mit Knorpelradien, an Zahl mit Knochenstrahlen der Haut in Uebereinstimmung, gefiedert. Die Musculatur des knöchernen Randstrahles M. adductor oss. marg., entstanden aus Mm. zono-pterygiales des dorsalen Hauptmuskels. Function desselben. Sein Antagonist ist der M. abductor oss. marg. auf der ventralen Flossenfläche. Fast völlig selbständiger Muskel. 8) Neurologie Literatur. Anmerkung über Zählung der spino-occipitalen Nerven bei Ganoiden. Verschiedene seriale Versorgung, Verschiebung der Extremität. Verschiebung der Brustflosse cranialwärts, bewiesen durch embryologisches und durch Vergleich ausgewachsener Formen festgestelltes Wandern der Nerven durch den Schultergürtel, durch Plexus posterior und Innervation der ventralen Rumpfmusculatur. Plexus omopterygiales distales Plexus prae- und postaxialis. Zusammenhang der Nerven der Randstrahlmusculatur mit den Hauptmuskeln. 2) Crossopterygier «) Myologie . Literatur. Stellung der Flosse zum Rumpf. Muskelfaserkategorien Te Mm. zono- und pterygo-keratoidei, allgemeine Verbreitung, Lage zu einander und zum Skelet. Mm. zono-pterygiales nur an Randstrahlen, aber hier stellenweise sehr stark und zu besonderen Muskelindividuen entwickelt. Allgemeines über Muskelindividuen und die Hauptmuskeln MER As; Mm. radiales undeutlich gesondert, entsprechen Strahlen des Hautskelets. Hauptmuskeln mit kurzer Ursprungslinie, welche durch längs zur Flossenaxe orientirte Zwischensehnen vergrössert wird. Quere Lage der letzteren, wenn vorhanden, oberflächlich und unwesentlich (contra KLAATSCH). Der dorso-mediale Hauptmuskel und seine Muskelindividuen Ausdehnung desselben dorsalwärts. M. retractor und levator, Grad der Selbständigkeit Zu- sammensetzung und Wirkung. Der ventro-laterale Hauptmuskel und seine Muskelindividuen . .... Die Faserkategorien desselben und die aus solchen hervorgegangenen Mm. depressor und protractor. BIN Eurole 2. ee ar Er Er Sr Be Literatur. Verhalten der Nerven vor Eintritt in die freie Flosse : Seriale Versorgung der Flosse. Sie widerlegt MOLLIER’s Annahme hier eehender Vebest- stimmung mit pentadactyler Extremität. Cranialwärts gerichtete Verschiebung der Flosse. Ver- wandlung diazonaler Aeste des Plexus omopt. ant. in metazonale, prä- und postaxiale metazonale Nerven. Jeder Gliedmaassennerv giebt Aeste an beide Hauptmuskeln. Verhalten der Nerven innerhalb der freien Flosse 5 oe or Re Nach Vertheilung der serialen Nerven wird prä- und postaxialer Rand, dorso-mediale und ventro- laterale Fläche der Flosse unterschieden. Nervenästchen auf der Aussenfläche der Musculatur. Plexus der Aeste zwischen Knorpelskelet und Hauptmuskel und ausserhalb der letzteren. Gefäss- löcher in Cartilago centralis. 3) Amiaden e) Myologie Dorso-medialer und ventro-lateraler nee Bei ersterem Mm. zono-keratoidei in 3 Gruppen getheilt (partiell gesonderte Muskelindividuen). Structur und Lage derselben. Mm. pterygo- keratoidei und zono-pterygiales. Der andere Hauptmuskel. Mm. radiales. ß) Neurologie Zahl und seriale Se der Flossennerven. Literatur. Verschiebung der Flosse caudalwärts, erschlossen aus individuellen Variationen, Verhalten des Plexus omopt. anterior und cervicalis. Teleostier. Allgemeine Mannigfaltigkeit der Wanderungen. Nervenäste zu den einzelnen Haupt- muskeln. Plexus post- und praeaxialis. Lage der Aeste des letzteren zum Skelet. Sensible und motorische Nerven. 184 Seite 202— 204 204— 205 205 — 209 205— 208 208—209 209— 217 209— 214 209— 210 210— 212 212— 213 213— 214 214— 217 214— 215 215— 217 217—221 217-219 219— 221 .. Bo a Eee er 185 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 297 1 l Seite 4) Zusammenfassung: Die Ganoiden-Brustflosse und ihre Verwandt- schaft mit der Vordergliedmaasse der Selachier und D/Ipmlolen rn ER2T 236 Programm des Capitels. Die Phylogenie der Brustflosse der Ganoiden hat (neben derjenigen der Beckenflosse) Bedeutung für die Frage nach der frühesten Entstehung der Extremitäten. a) Die Stellung der Acipenseriden-Brustflossse zu derjenigen der übrigen Paläichthyer 222—226 Stellung der Flosse, postaxiale Reste bei derselben, Vermischung der Muskelfasern und An- passung derselben an das Skelet erinnern an Squaliden, aber mit einseitiger Bevorzugung des prä- axialen Flossenabschnittes. Eigenartige Entwickelung desselben durch weitere Aus- und Rück- bildung verschiedener Faserkategorien. Wirkung der Muskeln. Einschränkung der Bewegung der eigentlichen Flossenplatte und vicariirende Entwickelung des Randstrahles. Anknüpfung der Flossen- verschiebung an niedere Haie. Fortsetzung bei ß und y. is #) Die Stellung der Amiaden-Brustflosse zu derjenigen der übrigen Paläichthyer . . 226-228 Seriale Stellung, Art der Muskelindividuen, Mangel der Reduction der Hauptmuskeln, Vorkommen eines postaxialen Knorpelchens, Verschiebung der Musculatur auf den Schultergürtel rostralwärts im Zusammenhang mit Veränderungen der Function des inneren und äusseren Skelets, welche bei Teleostiern weiter fortgeführt sind (nachträgliche Anm. zu p. 174) und Veränderungen am Plexus postaxialis zeigen, dass das Amiopterygium sich selbständig, aber parallel zu Stören, und höher als diese, in diesen Merkmalen differenzirt hat. Fortsetzung bei y. 7) Die Stellung der Crossopterygier-Brustflosse zu derjenigen der übrigen Paläichthyer 229—235 Plexus prae- und postaxialis, ähnlich wie bei Ceratodus, weisen auf Lage der Axe in Cartilago centr. hin. Dieselbe ist asymmetrisch in dieser orientirt, nach Vorkommen und Lage von Gefäss- kanälen, Form der ganzen Flosse und des inneren Skelets, Anordnung der Muskeln und Nerven. Gefässkanäle speciell deuten auf Entstehung der Cart. centr. aus Verbindung der Basalia von Radien mit Axe hin. Die Entstehung der Marginalia und ihrer Muskeln, die Verkleinerung der Cart. centr. und senkrechte Ruhelage der Flosse (nach myo- und neurologischem Befund secundär durch pro- gressive biseriale Entfaltung der Flosse entstanden) sind Momente, welche das Crossopterygium vom ursprünglichen Zustand entfernen: totale Differenz gegenüber Stören, aber vielleicht Aehnlichkeit mit Amiaden. Musculatur des Crossopterygium nicht zu neuen, beim Chiridium realisirten An- heftungen am Skelet und entsprechenden Wirkungen differenzirt. O)ESCHIUSSwontegzug diesen @apite | 37236 Principielle Uebereinstimmung der grundlegenden Einrichtungen der Ganoiden- mit der Selachier- flosse. Aber bei ersterer in den verschiedenen Familien divergirende Weiterentwickelungen oder Rückbildungen gegenüber der letzteren. BieBeckentlosserder, Ganoidene 2 0 vi m ee rn me 230-253 N) Aeipenseriden 2 0 on re nV 70) O1O Ce ee Semi Die Aigen ae Pe Lak Den 230-230 Anheftungen der Bauchmuskeln am Flossenskelet. Differenzen mit Selachiern und Dipnoern. Hauptmuskeln und Faserkategorien (lediglich Mm. trunco- und pterygyo-keratoidei). Variabilität der Ursprünge. Mm. radiales. Coincidenz ihrer Grenzen mit Interradialspalten und Nervenlöchern. BEN EUTOlG Se 2509,24 Seriale Innervation der Flossen. Wanderungen cranialwärts (Vergleichung mit Selachiern und Dipnoern, Plexus posterior, präpelvicale Bauchnerven). Verlagerung des distalen Plexus medialwärts bis zur Verschmelzung mit dem proximalen. Nervenkanäle Se ae ELBA 241— 242 Zahl, Anordnung und Einschlüsse derselben. Maximum bei Polyodon, vermehrt noch durch inter- radiale Kanälchen. Bei diesem diazonale Nerven unregelmässig auf Flossennerven überhaupt ver- theilt. Lage der Kanäle zu Skeletradien und Radialmuskeln. Hinweis auf die Bedeutung der neurologischen Einrichtungen für die Auffassung des Inmeren Skeles der Mose © = an su ns a a so on a 8 oa se or 0 0 0 Aa—au Die Nervenlöcher bei Polyodon liefern Bestätigung für Concrescenzhypothese. Literatur. Lage der Nervengabeln im Einklang mit der Genese der Basalia. Entwickelungsgang der Verlagerung und Umschliessung der Nerven durch das Skelet bei Polyodon. Erklärung kleiner Deviationen der Löcher von der ursprünglichen Lage. Motorische und sensible Aeste. 2) Crossopterygier. ; N 244— 247 Literatur über Knochenganoiden. Beschränkung auf Polypterus. Jenaische Denkschriften. IV. 24 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 39 298 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 186 x Seite &)) Myologier.. 2 2 ey er Re re er Bere u 527172115 Hauptmuskeln und Faserkategorien in principieller Uebereinstimmung mit Knorpelganoiden, aber in regressiver Metamorphose gegenüber diesen. B)ENEurolOsie Wr Er: BE Br Bor Br Sr Bee SE er Br 7155297 Seriale Flossenäste bei Knochenganoiden beweisen cranialwärts gerichtete Verschiebung der Flosse und Anknüpfung, an den gleichen Process bei Knorpelstören. Lage der Nervengabeln und -äste zum Skelet (Nervenkanal). Endäste der Nerven. Vergleich mit Polyodon. Uebereinstimmung der Genese des Flossenskelets mit diesem. Literatur. 3) Zusammenfassung: Die Ganoiden-Bauchflosse und ihre Verwandt- schaft mit den Extremitäten der übrigen Fische. . . ..... 0... 247253 Basalia sind nach myo- und neurologischem Befund einander homodynam. c), Entstehung, der Basalia des Knorpelskelets . DAT DA8 Bedeutung der Nervenkanäle für dieses Problem. Literatur. Viereleichend-anatomischer Beitunder EEE EEE Ze 18 Ag Nervenkanäle bei Ganoiden- und Selachier-Bauchflossen genetisch durchaus verschieden, da bei letzteren caudo-craniale, bei ersteren medio-laterale Einwanderung in den Knorpel in Folge Ver- schiebung des distalen Skelets in die Rumpfwand hinein erfolgt. Plexus postaxialis medialwärts verlagert und vielleicht im intraabdominalen Plexus in Resten erhalten. Inlbryologische Betıinde © a oe ano > a ac aD mo. Be Aa Literatur. Das von MOLLIER nachgewiesene einheitliche Basale und seine Deutung. ° Folgerungen für die verschiedenen Formen und Bestandtheile der Ganoiden- (und Teleocher)Banehilasse > oo oc oo oo os oe a on u ss en ae a 0 0 o A Die Radien, welche durch Concrescenz die Basalia bildeten, bei verschiedenen Ganoiden wahr- scheinlich verschiedener Abkunft (meta-, meso- oder propterygiale Radien). Deutung des unpaaren Knorpels in der Bauchmittellinie von Polypterus. 8) Veränderungen der Flossenmusculatur gegenüber anderen Extremitäten 2 2722952255 Ueberwanderungen auf Bauchwand zum Ersatz der verlorenen Befestigungen am Becken und Basale. Reductionen. C. Rückblick: Brust- und Bauchflosse der Ganoiden E 253 Einseitige Aus- oder gar Rückbildungen beherrschen die Differenzirung der Ganoidenextremitäten aus der Urflosse. IV DasyBterysiumsundlChiridiumes sr Be EB Bee ee SE ee Er Be Sr Be 254—264 Beschränkung des Vergleiches auf urodele Amphibien. Untersuchungsmaterial. a) Beziehungen zwischen dem Skelet beider Extremitätenhauptformen . . . . . . . 254259 Stylopodium . . .. . 254 1. Mesomer von Ceratodus durch Gelenkbildung (SEMON) dem Stylopodium am nächsten verwandt. Anmerkung über abweichende Anschauungen in der Literatur. Zeusopodiume ES Br Bar Be SE Ge SE ee Bee Br er 2 Das 2. Mesomer von Ceratodus ist nicht immer einheitlich. Literatur. Eigene Untersuchungen. Aus der ursprünglichen Zahl und Anordnung seiner Seitenradien, sowie der Structur des 2. Mesomers selbst (Spalten, Furchen, Gefässlöcher) ergiebt sich, dass dasselbe durch Verschmelzung eines primi- tiven 2. Axengliedes mit Parameren des I. Mesomers entstanden ist. Daraus folgt jedoch nicht all- gemeine Concrescenz bei der Genese des Skelets (contra HASWELL u. A.). Vergleichung des Mittel- und präaxialen Seitenstückes des 2. Mesomers mit Zeugopodium. Homologon des Radius beim ausgebildeten Ceratodus verschwunden. 8) Beziehungen zwischen der Musculatur des Pterygium und Chiridium . . . 2. - 260— 261 Insertionen der Muskeln und ihre Wirkungen auf das innere Skelet bei Ceratodus erzeugen wie beim Chiridium winklige Knickungen in diesem. Bei Selachiern und Ganoiden stehen Insertionen gegen Ursprünge an Zahl und Localisation weit zurück und sind in ihrer Function in ganz anderer Richtung differenzirt. 187 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse, 299 ! : B 2 Seite 7) Beziehungen zwischen dem Nervensystem des Pterygium und Chiridium und der Stellunesbeidenzukeinander „2 nn: ol 0 a Fre 2. 261—264 Stellung der Urodelengliedmaassen nach Vertheilung der serialen Nerven nur in Beckenflossen des Ceratodus dauernd und in Brustflossen vorübergehend realisirt. Dies gilt für Vorder- und Hinter- extremitäten der potamophilen Urodelen. Anheftung des Intermedium zeigt, dass Axe in Ulna- Fibula liegt. Literatur. Weiter terminalwärts Axe zur Zeit nicht sicher bestimmbar. Hinweis auf Cap. V. V. Die Archipterygiumtheorie . . . 2... 2 2. 2202047287, Scharfe Trennung derselben in zwei Theile (Problem der Entstehung der Fischflosse aus Visceral- organen und Problem der Entstehung des Chiridium aus Fischflosse) nicht durchführbar. Wegen Lateralfaltenhypothese wird auf frühere Arbeiten verwiesen. E Ürsprünglicheghormedessr-xtremitätenskeletsnn 20. 2 65768 Bogen und Axenstrahl (Metapterygium) das Ursprüngliche. Pro- und Mesopterygium secundäre Differenzirungen aus isolirten (Seiten-)Radien. Anatomische, paläontologische, ontogenetische Docu- mente. Widerlegung der cänogenetischen Auffassung letzterer. Aehnliche Skeletverhältnisse bei niederen Vertebraten nur in Visceralbogen realisirt. Wanderungen der Gliedmaassen 6 0 0 0 oo uo0 oo». 0% no 0 ao a 0 Einwand, dass die weit entfernte Lage der Extremitäten vom Kopf gegen die viscerale Natur des Skelets zeuge, ist unzutreffend, weil Verschiebungen (zum Theil ontogenetisch) von der erforder- lichen Ausdehnung möglich und als Entstehungsstätte für beide Extremitäten eine Stelle am hinteren Rande des Kiemenkorbes nachweisbar ist. Vergleichung des Skelets von Gliedmaassen und Kiemen . . . . 2.2 2.2.2... 268—270 Embryonale Continuität und secundäre Quergliederung (Anmerkung bezüglich primärer Natur der letzteren). Aehnlichkeit der Radien. Innervation der Knorpelhaut durch Kopfnerven bei Kiemen- und Gliedmaassenskelet identisch. Widerlegung der scheinbaren oder wirklichen Unterschiede. Kiemenbogenmerkmale an den Weichtheilen der Extremitäten. . . . 2 2.2.2... 270—271 Ursprüngliche Discrepanzen zwischen Skelet- und Weichtheilen der Extremität finden durch hetero- genetische Entstehung beider eine Erklärung. Reste visceraler Musculatur bei der naturgemäss darin begünstigten vorderen Extremität. Gliedmaassenmerkmalen ähnliche, eine Metamorphose vorbereitende Einrichtungen bei NViiseeralbo sen le N I ae 27 272 Eindringen spinaler Musculatur mit Insertionen und auch mit Ursprüngen in das jetzige Visceral- gebiet. Aufgabe der respiratorischen Hülfsfunction beim letzten Kiemenbogen. Beides muss auch bei früherem, numerisch reicherem Visceralskelet bei den letzten Bogen bestanden haben. Versuch einer Darstellung der bei der Bildung der Gliedmaassen successive erfolgten Me tan op os er 272287] Ursprüngliche Horizontalstellung der Weichtheile nach ontogenetischen, myo- und neurologischen Befunden. Die viscerale Natur und Verwandtschaft der Extremitäten verlangt, dass von vornherein mit einem horizontalen Rumpfauswuchs Kiemenbogenbestandtheile als Stütze in Connex treten. Vielleicht bedingten sogar letztere durch Auswachsen den ersteren. OBumäresg AstichoSundWDistichoptenyeiumw 272 Biseriale Entwickelung von Seitenstrahlen analog ähnlichen Gebilden bei Kiemenradien, aber in Folge der Muskelanordnung in senkrechter Richtung zu diesen. Anpassungen der Musculatur er- schlossen aus Veränderungen des Nervensystems. Durch die weitere Entwickelung des Skelets ent- steht aus accidentellen mechanischen Ursachen eine Aenderung in der ferneren Gestaltung. 8) Secundäre Ausgestaltung durch laterales Wachsthum schräg oder senkrecht zur Bstrennitätenaxe Bei fossilen und recenten Haien erhalten die von Anfang an stärker entwickelten präaxialen Seitenstrahlen immer mehr das Uebergewicht und erlangen breitere Basis. Horizontalstellung er- halten, aber Reduction des postaxialen Radienbesatzes: Monostichopterygium. Progressive Ent- faltung der präaxialen Musculatur in Anpassung an coincidirende Lage zu Skeletradien, Reduction der postaxialen Musculatur. Entstehung der Plexus prae- und postaxiales beim Nervensystem der freien Flosse, der Plexus anteriores und posteriores innerhalb der Bauchwand, sowie der Nervenkanäle. Knorpelganoiden führen diese Entwickelungsrichtung in einseitiger Richtung weiter (zugleich .Rück- bildungen bei diesen). Wirkung des Monostichopterygium besteht beim Schwimmen oder specia- listischem Aufstützen und besitzt keine Verwandtschaft mit Function des Chiridium. 24* 39* 300 Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 7) Secundäre Ausgestaltung durch terminales Wachsthum in der oder parallel der Extremitätenaxe . . . Zr ME er: Fortsetzung der biserialen Entfaltung durch terminale Neubildungen des Skelets. In Folge dessen Veränderung der Flossenstellung entweder durch Drehung des präaxialen Randes dorsal- oder ventralwärts. Erstere Drehung zweckmässig für Schwimmfunction. Crosso- und vielleicht Amiopterygium (incl. Teleostier) entwickelten sich so in paralleler Richtung zu dem unter ß ge- schilderten Endstadium durch Reduction der postaxialen Seite. Dipnopterygium bei Ceratodus mit rein biserialer Weiterentwickelung. Umgestaltung von Musculatur und Nervensystem. Bei ihm beide Arten von Drehung des secundären Distichopterygium. Ventralwärts gerichtete Rotation zweckmässig für Stützfunction.. Besondere Ausgestaltung derselben bei beiden Extremitäten der Pentadactylier. Oligaktinote, uniseriale Differenzirung in Divergenz zu Dipnoern. Das äussert sich an Skelet, Musculatur und Nerven. Genealogische Tabelle. Verzeichniss der in dieser Abhandlung eitirten Literatur . . . u 188 Seite E 280—287 288—292 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei (Ceratodus forsteri. Richard Semon, Prinz-Ludwigshöhe bei München. Mit den Tafeln XXX—XXXIV und 2 Figuren im Text. DEE RD) | r us f ö wi R Mi j Bl EEE i y r f 2 i 7 . f 7 X d { } ® y\ . « In ’ { % ET a x I - 2 a Ep HET HU ER ER Er ee ' h er ‘ # "N Einleitung. Nachdem ich vor 7 Jahren in meiner Arbeit über die äussere Entwickelung des Ceratodus forsteri (1893) die Vorgänge bei der Furchung und Gastrulation, soweit dieselben bei äusserer Betrachtung wahr- nehmbar sind, ziemlich eingehend beschrieben und bildlich dargestellt habe, komme ich erst nach langer Unterbrechung dazu, meine damalige Darstellung durch die innere Untersuchung zu ergänzen. Ausser verschiedenen anderen Gründen war zum guten Theil mein überwiegendes Interesse an gewissen organo- genetischen Fragen (Entwickelung der paarigen Flossen, des Zahnsystems) Schuld daran, dass ich der Untersuchung der Furchung und Keimblätterbildung, bei denen sich auf Grund der Oberflächenbetrachtung eine weitgehende Uebereinstimmung mit Amphibien, Ganoiden und Petromyzonten vermuthen liess, erst spät wieder meine Aufmerksamkeit zuwandte. Was mir ferner diese Untersuchung weniger verlockend erscheinen liess, war auch die Erwägung, dass im Laufe des letzten Jahrzehnts gerade auf diesen Gebieten Fragen aufgetaucht sind, die sich ohne fortlaufende Untersuchung des lebenden Objects, theils ohne, theils mit experimentellem Eingriff, kaum entscheiden lassen. Ich denke dabei vorwiegend an das Studium der Wachsthumsverschiebungen der Theile gegen einander. Auch hatte ich bei diesen Untersuchungen eine Reihe von technischen Schwierigkeiten zu überwinden. Dieselben ergaben sich aus der Grösse der Eier und der Brüchigkeit des ungefurchten oder nur wenig gefurchten Dotters. Zwar gelang die Anfertigung von Schnittserien, wenn die Eier in nicht zu hartes Paraffin mit der nöthigen Vorsicht (möglichst kurzes Verweilen in absolutem Alkohol, Toluol und heissem Paraffin) eingebettet wurden, zur Zufriedenheit. Aber ich habe keine zuverlässige Methode gefunden, um gewöhn- liche Paraffinschnitte der Furchungsstadien nachträglich zu färben. Welche Aufklebemittel ich auch anwenden mochte, fast regelmässig löste sich im Alkohol und noch mehr in den wässerigen Lösungen ein Theil des Dotters vom Objectträger ab. So blieb da, wo für die jüngeren Stadien complicirtere Färbungen angewendet werden sollten, nichts anderes übrig, als Celloidineinbettung anzuwenden. Mit recht gutem Erfolge habe ich mich auch der combinirten Celloidin-Paraffineinbettung bedient. Zum Aufkleben bediente ich mich meist der japanischen Methode, durch die eine vollkommene Entfaltung und glatte Ausbreitung der verhältnissmässig grossen Schnitte erzielt wurde. Nach dem Trocknen und vor dem Einlegen in Toluol wurden Schnitte durch jüngere Stadien, bei denen, da sich die Dotterpartikel so leicht vom Glase ablösten, meist auf eine nachträgliche Färbung verzichtet wurde, noch mit einer dünneren Schicht von Collodium- Ricinusöl überzogen. Hierdurch gelang es während der Toluolbehandlung, jede Ablösung der spröden, schlecht haftenden Dotterpartikel vom Objectträger zu verhindern. Vom Beginn der Gastrulation an gelang die nachträgliche Färbung der mit Eiweiss aufgeklebten Schnitte meist ohne Schwierigkeit. Mit Vortheil wurde das EurrıcH-Bionpr’sche Gemisch angewendet. Auch die Van GiEeson’sche Färbung in der Modification von Hansen (Anat. Anz., 1898) kann ich zur Untersuchung 304 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 192 der Keimblätterbildung bei dotterreichen Eiern sehr empfehlen, weil man durch sie, ohne den Dotter zu überfärben, eine gute Hervorhebung der Zellgrenzen und damit eine Verschärfung des mikroskopischen Gesammtbildes erzielt. Die Structur des Eies und seiner Hüllen. Das Ovarialei. Es liegt nicht im Plane der vorliegenden Untersuchung, auf die Histologie der Ovarien und auf die Ovogenese näher einzugehen‘). Doch gebe ich zur Ergänzung der guten topographischen Abbildung des weiblichen Genitalsystems, die wir GÜNTHER (187!) verdanken, einen Schnitt durch eine blattförmige Falte eines unreifen Ovariums bei schwacher Vergrösserung (Taf. XXX, Fig. ı). Erst verhältnissmässig wenige Eier haben in demselben eine etwas beträchtlichere Grösse erreicht, und auch ihr Durchmesser muss sich noch etwa um das I2-fache vermehren, bis das Ei als ausgewachsen zu betrachten ist. Ein unaus- gewachsenes Ei in seiner einschichtigen Follikelepithelhülle ist in Fig. 2 bei 220-facher Vergrösserung dar- gestellt. Der Dotter ist auf diesem Stadium noch ausserordentlich feinkörnig. Im Keimbläschen ist das Kerngerüst nur noch undeutlich wahrnehmbar. Die zahlreichen runden Keimflecke liegen grösstentheils perlschnurartig der Kernmembran an; nur vereinzelte und meistens kleinere liegen im Inneren des Keim- bläschens. Die äusserst dünne Kernmembran färbt sich weder mit Karmin noch mit Hämatoxylin. Bei dem weiteren Wachsthum sind besonders die Veränderungen in der Structur des rasch anwachsenden Dotters bemerkenswerth. Aus den feinsten Körnchen werden kleine Kügelchen, die allmäh- lich messbare Dimensionen erreichen, und auch, nachdem das Ei schon ausgewachsen ist, während der eigentlichen „Reifung“ noch dauernd an Grösse zunehmen. In den ausgewachsenen, aber noch unreifen Ovarialeiern beobachtet man eine ziemlich regelmässige Zunahme der Grösse der kugelförmigen Dotter- elemente von der Peripherie nach dem Centrum des Eies. Auf gewisse Veränderungen in dieser Anordnung bei der Reifung der Eier komme ich unten zurück. Die regressive Metamorphose des Keimbläschens hat sich in den ältesten Stadien der Ovarialeier, die mir zur Verfügung standen, die schon ganz oder nahezu die Grösse der abgelegten Eier besitzen, bereits eingeleitet. Die Kernmembran und das Kernnetz sind verschwunden, die Reduction der Keimflecke hat in ausgiebigem Maasse begonnen, das ganze Gebilde hat gewöhnlich schon seine Wanderung vom Centrum zum animalen Pole begonnen, liegt in einzelnen Fällen bereits in der Nähe des letzteren. Die Ausstossung der Richtungskörper habe ich nicht beobachtet, wohl aber sah ich einmal an einem in Furchung begriffenen Ei ein ausgestossenes Richtungskörperchen dem Ei an seinem animalen Pole anliegen (vergl. meine Arbeit von 1893, Taf. I, Fig. 30). 1) An dieser Stelle möchte ich mittheilen, dass bei Ceratodus die functionirende Niere (Urniere) vom Hodensecret durch- strömt wird, mithin als „Nebenhoden“ functionirt. Das Sperma nimmt dabei durch die MArpıGHrschen Körperchen seinen Weg, ganz Ähnlich wie ich dies früher bei Acipenser geschildert und abgebildet habe (Morph. Jahrb., Bd. XVII, 1891). Zur Zeit der Geschlechtsreife findet man bei den männlichen Thieren einen Theil der MarpıGHr’schen Körperchen und der abführenden Nieren- kanäle dicht mit Sperma erfüllt. — Ich mache hier diese summarisshe Angabe, weil über die Abführwege des Hodensecrets bei den Dipnoern bisher nichts bekannt war, und ich nicht weiss, ob ich demnächst Gelegenheit haben werde, ausführlicher auf den Gegenstand zurückzukommen. 193 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri 305 Was die Hüllen der ausgewachsenen, aber noch nicht völlig reifen Ovarialeier anlangt, so gesellt sich bei älteren Follikeln zu dem einschichtigen Follikelepithel (fe) eine bindegewebige Theca folliculi (Taf. XXX, Fig. 3 ihf). Die Eizelle selbst besitzt im Ovarium auch in den spätesten Stadien, die mir zur Untersuchung vorlagen, also zur Zeit des Aufsteigens des Keimbläschens zum animalen Pole und der Auflösung seiner Kernmembran nur eine einzige Hülle, die Dotterhaut (Fig. 3 dh), eine structurlose, kaum I ıı dicke Membran, die als Membran der Eizelle, also nicht als eine selbständige, vom Dotter ablösbare Hülle aufzufassen ist. Wenn sie sich einmal vom Dotter abhebt, so haften ihr regelmässig zahlreiche Dotterkugeln und Pigment- körnchen an. Dieser Dotterhaut liegt das Follikelepithel auf das engste an. Eine Hülle, dıe sich dem sogenannten „Chorion“ anderer Wirbelthiereier vergleichen liesse, findet sich nicht. Das Ei nach seiner Ablage. Leider kann ich über die Vorgänge von der Bildung und Ausstossung der Richtungskörperchen an bis zum Beginn der Furchung keine Angaben machen, da ich für diese Perioden kein Material besitze. Was die Structur des Dotters der abgelegten Eier anlangt, so ist eine weitere Volumensvermehrung der einzelnen Dotterkugeln bemerkenswerth. In der äussersten Peripherie beträgt ihr Durchmesser durch- schnittlich 4 u, um centralwärts auf das 5- bis 6-fache zu steigen. Die grössten Dotterelemente finden sich aber meist nicht genau im Centrum, sondern, wie besonders auf den Figuren 8, 10, 12 auf Taf. XXXI angedeutet ist, etwas excentrisch gegen den vegetativen Pol zu verschoben. In diesem Bezirk sind die Dotterelemente am lockersten gelagert, oft von excessiver Grösse und dann nicht mehr kugelförmig, sondern von unregel- mässiger Gestalt. Ich halte es indessen für sehr wohl möglich, dass in frischem Zustande auch diese Dotter- theile Kugelform besitzen, und es nur nicht gelingt, bei der Conservirung die Gestalten dieser mächtigen Massen correct zu fixiren. Uebrigens herrschen, wie auch ein Vergleich der Figuren S—ı3 auf Taf. XXXI lehren wird, in der Lage und Vertheilung der groben Dotterelemente bei den verschiedenen Eiern grosse individuelle Schwankungen, die von vornherein gegeben, nicht etwa erst durch den fortschreitenden Furchungsprocess bedingt sind. Wenn ich mich nun zu den Hüllen des abgelegten Eies wende, so muss ich vorausschicken, dass, da meine Zeit während des Sammelns der Eier durch wichtigere Aufgaben ganz ausgefüllt war, ich es unterlassen habe, die Eihüllen in frischem Zustande zu studiren. Meine Beschreibung hat sich in Folge dessen an das conservirte Material zu halten. Obwohl sich nun an solchem über die Zahl und allgemeine Beschaffenheit der Eihüllen sichere Resultate wohl erreichen lassen, ist ein Gleiches bezüglich ihrer Dicken- verhältnisse nicht der Fall, da die Gallerte der äusseren Hüllen unter der Einwirkung der Reagentien starken Schrumpfungen unterworfen ist. Auch wird vielleicht (?) durch die Conservirung eine festere Aneinanderlagerung der Hüllen bedingt, und mögen mit wässeriger Flüssigkeit erfüllte Räume zwischen gewissen Schichten durch die Behandlung: beseitigt worden sein. Ich komme darauf noch unten zurück. Was ich also gebe, ist die Beschreibung der Eihüllen, wie sie sich an conservirten Präparaten darstellen. Die Untersuchung erfolgte an Celloidinschnitten durch die ganzen, von ihren Hüllen umgebenen Eier. Die Schnitte wurden theils gefärbt, theils ungefärbt in Wasser, Glycerin und Balsam studirt. Das (Ceratodus-Ei ist nach seiner Ablage ins Wasser von 3 Hüllen umgeben, die ich als Dotterhaut, innere und äussere Gallerthülle bezeichne (Taf. XXX, Fig. 4). Die Dotterhaut (dh) ist, wie schon oben erwähnt, nichts anderes als die Membran der Eizelle und könnte deshalb vielleicht passender nach REmAK als „Eizellenmembran“ bezeichnet werden. Doch Jenaische Denkschriften. IV. 25 Semon Zoolog. Forschungsreisen. I. 40 306 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 194 behalte ich ersteren Namen als den zur Zeit zur Bezeichnung der entsprechenden Hülle bei anderen Verte- braten üblicheren bei. Als integrirender Bestandtheil des Eies entspricht ihre Oberfläche in jedem Furchungsstadium dem jeweiligen Oberflächenrelief des Eies, im Gegensatz zu den übrigen nach aussen auf sie folgenden Eihüllen, deren Gestalten den Veränderungen der Oberfläche des Eies nicht folgen. Dieses Verhältniss wird durch Fig. 4, Taf. XXX, illustrirt. Dabei ist aber hervorzuheben, dass dort insofern schematisirt worden ist, als die Dotterhaut überhaupt bei dieser (20-fachen) Vergrösserung eingetragen wurde. Da ihre Dicke kaum I u beträgt, so hat man Mühe, sie bei 200-facher Vergrösserung wahrzunehmen, und man dürfte sie correcterweise selbst bei dieser nur durch eine ganz dünne Linie markiren. Auf die Dotterhaut folgen die eigentlichen selbständigen Eihüllen, die man ihrer Beschaffenheit nach als Gallerthüllen bezeichnen kann. Ich unterscheide deren zwei, eine innere und eine äussere. Die innere Gallerthülle (ig, auf Fig. 4, Taf. XXX, durch rothe Farbe gekennzeichnet), besitzt an den conservirten Objecten eine Dicke von 0,02 mm. Eine eigenthümlich blasige Structur, die auf allen meinen Schnitten durch verschiedenartig conservirte Eier wiederkehrt und diese Schicht von der äusseren Gallerthülle unterscheidet, ist möglicherweise ein Product der Reagentien, lässt aber bei der Constanz ihres Auftretens auf eine eigenartige, von der äusseren Gallerthülle abweichende chemische Constitution schliessen. Hierfür spricht auch ihr besonderes Verhalten Farbstoffen gegenüber, deren jeder, den ich angewendet habe, ihr Farbentöne gaben, die sie sehr merklich von denen der äusseren Gallerthülle unterschieden. Nach innen gegen die Dotterhaut wie nach aussen gegen die äussere Gallerthülle ist sie deutlich abgesetzt; aber während die innere Contour eine scharfe ist, bildet die äussere auf meinen Schnitten eine unregelmässig; gezackte Linie, der sich die äussere Gallerthülle überall fest anschmiegt. Ich glaube, dass diese innige Anlagerung der äusseren an die innere Gallerthülle auch im frischen Zustande statthat und nicht durch die Conservirung veranlasst ist. Andererseits vermuthe ich die Anwesenheit einer Flüssigkeitsschicht zwischen Dotterhaut und innerer Gallerthülle, die dem Ei gestatten, sich innerhalb der inneren Gallerthülle zu drehen. Eine sichere Entscheidung kann aber nur die Untersuchung frischen Materials bringen. Die äussere Gallerthülle (ag) liest, wie erwähnt, bei meinen conservirten Eiern der inneren Gallerthülle allseitig stets fest an. Im conservirten Zustande besitzt diese Schicht eine Dicke von 0,6 mm. Gerade sie dürfte aber durch Schrumpfung besonders stark, vielleicht um die Hälfte ihrer Dicke verkleinert sein. Im conservirten Zustande lassen sich an ihr constant 3 Zonen unterscheiden, eine innerste schmale, eine mittlere sehr breite, eine äussere wiederum schmale, die sich in Structur und Verhalten gegen Farb- stoffe unter einander unterscheiden, aber nicht durch schärfere Grenzlinien von einander abgesetzt sind. Aus letzterem Grunde sind die 3 Zonen nur als verschiedenartige Differenzirungen ein und derselben Schicht aufzufassen. Ich unterlasse eine nähere Schilderung der Structuren der beiden Gallerthüllen, weil höchst wahr- scheinlich im frischen Zustande beide Hüllen ganz oder doch nahezu structurlos sind. Bezüglich der Provenienz der Hüllen steht fest, dass die Dotterhaut, die sich schon an ausge- bildeten Ovarialeiern findet, ein Product der Eizelle selbst ist, das sich überhaupt nicht ohne Verletzung des Dotters von letzterem abziehen lässt. Obwohl ich nicht die verschiedenen Phasen der Bildung der Gallerthüllen vom Platzen des Follikels an bis zum Austritt des Eies aus dem ÖOviduct verfolgen konnte, unterliegt es für mich keinem Zweifel, dass innere wie äussere Gallerthülle Ausscheidungsproducte der Schleimhaut des Oviducts sind. Die Differenz ihrer Constitution ist höchst wahrscheinlich darauf zurück- zuführen, dass ihre Ausscheidung zu verschiedener Zeit und an einem verschiedenen Ort des Oviducts erfolgt ist. Weitere Untersuchungen haben hierüber Aufschluss zu geben. ah 195 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 307 Wie ich schon in meiner ersten Publication (1893) erwähnt habe, werden die Oeratodus-Eier einzeln zwischen die Blätter und Stengel der Wasserpflanzen abgelegt und nicht an dieselben oder an einander angeklebt. So fehlt ihnen auch eine couche agglutinante ou adhesive (Van BauBEkKE, 188ob), die bei vielen Amphibieneiern als äusserste Eihülle eine so wichtige Rolle spielt. Furehung. In meiner Arbeit über die äussere Entwickelung des Ceratodus forsteri (1893) habe ich auf Taf. I die Furchung vom Zweizellenstadium (Stadium 2) an bis zur vollen Ausbildung der Blastula (Stadium 11) in Oberflächenbildern dargestellt. Was ich jetzt nach Untersuchung von Schnittserien zu bringen habe, diene als Ergänzung meiner damaligen bildlichen Darstellung und Beschreibung. Da ich die Oberllächenbilder in der vorliegenden Arbeit nicht von neuem abdrucken kann, bitte ich den Leser, bei der Lectüre die ältere Untersuchung mit zur Hand zu nehmen. Ich werde mich im Folgenden darauf beschränken, die Furchung des Ceratodus-Eies in ihren Grund- zügen darzustellen. Auf die grosse Variabilität im Auftreten der Furchen sei hier nochmals hingewiesen. Alle Varianten aber zu erwähnen oder gar abzubilden, hätte nur dann einen Sinn, wenn eine solche Dar- stellung vom Gesichtspunkt einer bestimmten Fragestellung aus geschähe. Als rein descriptive Aufzählung scheint mir ihr Werth mit der aufgewendeten Mühe für Leser und Autor in keinem Verhältniss zu stehen. _ Um eine Uebersicht des inneren Verlaufes der Furchung zu geben, musste bei der verhältnissmässig bedeutenden Grösse der Eier eine schwache Vergrösserung genommen werden, wenn die ganzen Schnitte durch die Eier dargestellt werden sollten. Ich habe deshalb eine 26-fache Vergrösserung gewählt (Taf. XXXI, Fig. 8—15) und glaube, dass die Durchmusterung dieser Tafel zusammen mit der von Taf. I meiner Arbeit von 1893 ein gutes Bild des Ablaufes der Furchung gewähren wird. Freilich musste bei dieser Vergrösserung auf die Wiedergabe der Kernverhältnisse verzichtet werden. Die langen Axen der Kernspindeln und der ruhenden Kerne der sich furchenden Ceratodus-Eier sind durchschnittlich nur !/,, mm lang. Bei der gewählten Vergrösserung würden die Spindeln also kaum grösser als I mm zu zeichnen gewesen sein, eine zu grosse Zumutlung an das Auge des Zeichners wie des Lesers. Auch sieht man bei so schwacher Ver- grösserung am Präparat selbst in der Gegend der Kerne nur einen lichten Fleck im Dotter, keine weiteren Structuren. Dieser lichte Fleck entspricht jedesmal einer Stelle im Ei, welche frei ist von Dotter oder wenigstens von grösseren Dotterkugeln. Erst bei Anwendung von stärkeren Vergrösserungen sieht man den ruhenden (Taf. XXX, Fig. 5) oder sich theilenden (Fig. 6, 7) Kern, umgeben von einem Hofe dotterfreien Protoplasmas. Dies möchte ich zur Erklärung der lichten Flecken in den Figuren 8—I5, vorausschicken. Auf die Vertheilung des Dotters im sich furchenden Ei ist schon im vorigen Abschnitt hingewiesen. Die erste Furche ist eine meridionale (verticale). Sie theilt das Ei genau in zwei Hälften und schreitet meist sehr bald bis zum vegetativen Pole vor (vergl. meine Arbeit von 1893, Taf. I, Fig. 2 u). Zuweilen aber verzögert sich dieses Umgreifen bis zum Auftreten der zweiten Meridionalfurche (1893, Fig. 3 u und 4 u). Nach innen pflegt diese Furche bald bis auf die etwas excentrisch gegen den vegetativen Pol gerückte Partie des groben Dotters durchzuschneiden (vergl. vorliegende Arbeit, Taf. XXXI, Fig. 8). Dieser grobkörnige Dotter scheint überhaupt dem Durchschneiden der Furchen zunächst grosse Schwierigkeiten entgegenzusetzen, die im Laufe der Furchung dadurch überwunden werden, dass die kolossalen Dotter- elemente allmählich zerspalten, in kleinere Kugeln aufgelöst werden. Dieser Process nimmt aber immer 25* 40* 308 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 196 einige Zeit in Anspruch, und bis in die vierte (Taf. XXXI, Fig. IT), meistens sogar bis in die siebente Theilungsphase hinein (Fig. 13) besitzt das sich furchende Ei einen excentrisch gegen den vegetativen Pol verschobenen, ungefurchten Kern groben Dotters. Ganz streng genommen, ist die Furchung bis zu dieser Phase keine totale. Das Ei mit seiner excentrisch gegen den vegetativen Pol verschobenen Masse gröbsten Dotters nimmt eine gewisse Zwischenstellung zwischen telolecithalem und centrolecithalem Typus ein, wodurch bei seiner Furchung Anklänge an die superficielle Furchung hervortreten (Taf. XXXI, Fig. 13). Ich komme darauf unten noch einmal zurück. Nachdem sich die beiden Kerne des Zweizellenstadiums von neuem getheilt haben und auseinander- . gerückt sind, erfolgt das Auftreten der zweiten Furche, wieder einer meridionalen, die genau senkrecht auf der ersten, zuerst am animalen Pole sichtbar wird und meistens im Laufe der nächsten oder übernächsten Theilungsphase bis zum vegetativen Pole fortgeschritten ist (Aeussere Entwickelung, 1893, Taf. I, Fig. 5 u). Gewöhnlich wulstet diese zweite Meridionalfurche die Oberfläche des Eies nicht ganz so tief ein wie die erste. Auch sie ist zunächst nicht im Stande, den Kern groben Dotters im Inneren des Eies zu theilen. In der animalen Hemisphäre des Eies vollzieht sich dagegen ihr Einschneiden in die Tiefe meist verhältniss- mässig rasch (vorliegende Arbeit, Taf. XXXI, Fig. 9). Das nächste (dritte) Furchungsstadium ist bei regelmässig sich furchenden Eiern durch das Auftreten zweier weiterer Meridionalfurchen!) gekennzeichnet, die je 2 der bisher gebildeten Quadranten halbiren (1893, Taf. I, Fig. 60, vorliegende Arbeit Taf. XXXI, Fig. 10). Das Resultat ist die Zerlegung des Eies in 8 gleich grosse Blastomeren, die im Inneren noch durch den Kern groben Dotters unter einander zusammenhängen. Die Furchung ist bis hierher als eine annähernd äquale zu bezeichnen. Doch kann es vorkommen, dass die eine der beiden letztgenannten, eigentlich coordinirten Meridionalfurchen um ein Geringes früher auftritt als die andere (1893, Taf. I. Fig. 50). Auch wird zuweilen schon auf diesem Stadium die Furchung ganz unregelmässig, indem in grösserer Ausdehnung oder auch nur in begrenzteren Bezirken senkrecht oder schief auf die Meridionalfurchen gerichtete Furchen auftreten. Ueberhaupt sei nochmals darauf hingewiesen, dass die Darstellung der Furchung auf Taf. I meiner Arbeit von 1893 zwar in jedem einzelnen Falle genau nach der Natur gezeichnet, doch factisch insofern etwas schematisch geworden ist, als aus einem grösseren Material solche Objecte ausgewählt wurden, bei denen sich die grösste Regel- mässigkeit im Auftreten und der räumlichen Orientirung der Furchen offenbarte. Kaum 30 Procent des Materials fügt sich aber genau diesen Regeln. Dennoch betrachte ich die gegebene Darstellung mit ihrer Auslese des Regelmässigen als die einzig rationelle (wie sie denn auch in der überwältigenden Mehrzahl der Fälle von den Embryologen bei Darstellung der Furchung eines Eies angewendet wird), weil sich zweifellos in jenem Bruchtheil der sich regelmässig furchenden Eier der eigentliche Typus der Ceratodus- Furchung ausprägt, und ein Eingehen auf die zahlreichen Abweichungen nur dann einen Sinn hätte, wenn man den Ablauf der Furchung weniger regelmässig sich theilender Eier an einem und demselben Ei im 1) Ich drücke mich hier und im Folgenden der Bequemlichkeit halber so aus, möchte aber nicht verabsäumen, den Schematismus dieser Ausdrucksweise durch folgende, allgemein zutreffende Darlegung H. VIRCHOW’s (I896) hervorzuheben: „Das, was man gemeinhin eine „Furche“ (besser „Spalte“) nennt, ist schon bei dem zweiten Theilungsvorgange keine Einheit mehr, da bei diesem Vorgange zwei Stücke zu zerlegen sind, also 2 Spalten auftreten. Diese zwei Spalten (Furchen) erscheinen nur dadurch als Einheit, dass sie (zeitlich) zugleich auftreten und (räumlich) so liegen, dass ihre Ebenen zusammenfallen. Beim dritten Segmentationsvorgange, gleichviel ob sich derselbe durch eine ringförmige oder durch 2 neue meridionale Spalten äusserst, treten 4 Einzelspalten auf, welche in dem einen Falle (Ringspalte) in einer Ebene, in dem anderen Falle (2 meridionale Spalten) in zwei Ebenen liegen. In letzterem Falle erscheint der Vorgang schon nicht mehr räumlich, wenn auch zeitlich als Einheit. Bei dieser Art der Betrachtung tritt an die Stelle der üblichen abstracten, sozusagen transcendenten Auffassung der Furchen bezw. des Segmentationsvorganges die concrete reale Fassung, welche wohl der Anschauung aller Autoren entspricht, die den Segmentationsvorgang beobachtet haben.“ f EEE 197 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 309 lebenden Zustande verfolgen würde, wie dies beispielsweise EBNER (1893) an den Eiern von Triton eristatus gethan hat!). Bei regelmässigem Ablauf der Furchung pflegt erst in der vierten Theilungsphase die erste Lati- tudinalfurche (Horizontalfurche) aufzutreten). Sie theilt das Ei in 8 Mikromeren, die den animalen Pol umlagern, und 8 Makromeren, die den darunter gelegenen Theil des Eies ausmachen (1893, Taf. I, Fig. 7) Die Makromeren sind zur Zeit des Auftretens der ersten Latitudinalfurche zuweilen am vegetativen Pole noch nicht alle deutlich von einander geschieden. Auch hängen sie centralwärts meist noch durch den ungetheilten Kern groben Dotters unter einander zusammen. Doch kann zuweilen schon auf diesem Stadium der Widerstand, den jener grobe Dotter der Furchung entgegensetzt, nahezu überwunden sein (vorliegende Arbeit Taf. XXXI, Fig. ı1). Bemerkenswerth für dieses Stadium ist auch das Auftreten der Furchungshöhle zwischen den Mikromeren (Taf. XXXI, Fig. ıı fh). Dieselbe gewinnt im Laufe der weiteren Furchung rasch an Ausdehnung (Fig. 12—15). Die nächsten beiden Theilungsphasen sind durch das Auftreten einer zweiten und dritten Latitudinal- furche charakterisirt. Durch jede werden weitere 8 Theilstücke von den Makromeren abgetrennt (1893, Taf. I, Fig. 8 und 9). Doch treten von der fünften Theilungsphase an sehr häufig Unregelmässigkeiten auf, was besonders darauf beruht, dass die 8 Einzelfurchen, die eine solche, ja nur ideale, Latitudinalfurche zusammensetzen, nicht in eine Ebene fallen. Eine Unterscheidung solcher idealer Furchungsebenen ist von der siebenten Theilungsphase an über- haupt nicht mehr möglich (1893, Fig. 10, Schnittbild desselben Stadiums in der vorliegenden Arbeit Taf. XXXI, Fig. 13). Bis zu diesem Stadium findet man die Kerne der Makromeren nur in deren oberen Abschnitten, d.h. in der Nähe der Furchungshöhle. Durch fortgesetzte weitere Theilung entsteht nun eine gross- zellige (Fig. 14), aus dieser eine kleinzellige Blastula (Fig. 15) mit grosser Furchungshöhle und sehr deut- lich ausgeprägtem Unterschied der Zellengrösse am animalen und vegetativen Eipol. Zusammenfassende Betrachtung über die Furchung des Ceratodus-Eies und Vergleichung mit der Eifurchung der anderen Anamnier. Die Furchung des Ceratodus-Eies ist, wie sich aus dem eben Mitgetheiltem ergiebt, eine totale, inäquale. Sie gleicht in ihren Grundzügen der Furchung aller nicht meroblastischer Wirbelthiereier, also der Petromyzonten, Ganoiden, Urodelen und Anuren. Die Eier der höheren Säugethiere (Marsu- pialier und Placentalier) bleiben bei diesen Betrachtungen als zweifellos secundär holoblastische unberück- sichtigt. Unter den Wirbelthiereiern mit totaler inäqualer Furchung repräsentiren die Ceratodus-Eier einen Typus, der sich zwar eng an den der Urodelen anschliesst, aber doch auch sein Eigenthümliches besitzt. Diese Eigenthümlichkeit besteht vor allem in dem Umstande, dass bei den Urodelen (ebenso wie bei den Anuren und Petromyzonten) die Ebene der dritten Theilungsphase in der Regel eine latitudinale, ı) Vergl. über diesen Punkt auch die vortrefflichen Ausführungen von ROUx, Archiv für Entwickelungsmechanik, Bd. VI, p. 295, Anm. ! 2) In Wirklichkeit sind es natürlich 8 Einzelfurchen. Vergl. die Anmerkung auf p. 308. 310 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 198 bei Ceratodus dagegen in der Mehrzahl der Fälle eine meridionale ist. Diese Differenz erscheint indessen nur von geringer Bedeutung, wenn man berücksichtigt, dass auch bei Ceratodus gar nicht selten schon in der dritten Theilungsphase in kleineren Bezirken oder auch in weiterer Ausdehnung latitudinale Furchung auftritt, und andererseits nach GRÖNROoS bei Urodelen die latitudinale Furchung der dritten Phase häufig in meridionale übergeht. Bezüglich der Tritonen sagt dieser Autor (1890): „Die dritte Furche, welche zwar in der Mehrzahl der Fälle horizontal liegt, bietet von diesem Verhalten bis zum meri- dionalen Verlaufe, die entsprechende Theilungsebene von der horizontalen bis zur verticalen Lage, alle Abstufungen.“ Und bezüglich der Furchung des Eies von Salamandra maculosa (1895): „Die dritte Furche ist in ihrem Verlaufe nicht constant, indem sie bald in latitudinaler, bald in meridionaler oder schräger Richtung verläuft.‘ Wir sehen also, dass ein gewisser Gegensatz in der Furchung des Ceratodus-Eies einerseits, der Eier der Tritonen und Salamander andererseits in dieser Beziehung wohl vorhanden ist, dass er aber durch die an sich berechtigte Methode, für jede Art aus einem grösseren Material statistisch einen festen Typus der Furchung zu construiren, eine ungebührliche Verschärfung erfährt. Im Uebrigen ist die Uebereinstimmung bei der Furchung der Dipnoereier und der Urodeleneier eine sehr grosse, eine Uebereinstimmung, die sowohl bei der Oberflächenbetrachtung als auch bei der inneren Untersuchung hervortritt. Ich erinnere daran, dass wie bei Ceratodus im Inneren des Eies, etwas excentrisch gegen den vegetativen Pol verschoben, noch häufig bis in die siebente Theilungsphase hinein ein Kern groben Dotters zurückbleibt, so auch bei den Urodelen nach GRÖNROoos (1890) „die inneren Partien der unteren Halbkugel verhältnissmässig lange ungetheilt bleiben“. In beiden Fällen klingt hier- durch die inäquale Furchung an die superficielle an, oder anders ausgedrückt, die Eier mancher Wirbel- thiere mit inäqualer Furchung sind gar nicht so ausgesprochen telolecithal, wie man gewöhnlich annimmt, sondern besitzen im Inneren (excentrisch gegen den vegetativen Pol verschoben) einen Kern gröbsten Dotters. Hiermit stehen die Beobachtungen von P. und F. SarRasın (1887) am nahezu meroblastischen Cöcilienei, dessen Furchung in mancher Beziehung sich dem superficiellen Typus nähert, in vollem Ein- klang. Auch das meroblastische Selachierei besitzt nach RÜCKERT (1899) einen centralen Kern gröbsten Dotters. Vielleicht ist überhaupt diese Erscheinung bei Wirbelthiereiern verbreiteter, als man bisher an- genommen hat, was durch erneute vergleichende Untersuchung festzustellen wäre. Während die Eier der Petromyzonten und der Anuren entschieden ausgeprägter holoblastisch sind als die der Urodelen und des Ceratodus, was sich durch ein rascheres Umgreifen und Durchschneiden der Furchen kundgiebt, ist von den Eiern der Ganoiden, soweit dieselben bisher untersucht worden sind, das Gegentheil hervorzuheben. Wenngleich die Angaben der Autoren gerade über die Ausdehnung der Furchen nach dem vegetativen Pole noch stark schwanken (vergl. die Literatur bei H. E. ZIEGLER, I900), kann darüber doch kein Zweifel obwalten, dass sich die Furchung bei Acipenser, Lepidosteus und Amia viel mehr dem meroblastischen Typus nähert als bei den Eiern der eben genannten Wirbelthiere. Es kann ja keinem Zweifel unterliegen, dass es in vielen Fällen wesentlich die Zunahme des Nahrungs- dotters ist, die den Theilungsprocess der Eizelle schrittweise zu einem inäqualen, zuletzt meroblastischen macht. Um nur die Wirbelthiere zu berücksichtigen, wird uns dies durch die grossen meroblastischen Eier der Myxinoiden, Selachier, Cöcilien, Sauropsiden und Monotremen ad oculos demonstrirt. Doch darf man nun deshalb noch nicht glauben, dass die Grösse der Eier und damit die Menge des Nahrungsdotters nun in allen Fällen zum Charakter der Furchung in einem einfachen Verhältniss stehe. Folgende kleine Tabelle für einige Wirbelthiereier mit inäqualer Furchung zeigt, dass dies durchaus nicht der Fall ist: er 199 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 311 ungefähre Grösse der enthülsten Eier Frag typisch Anitrel | Fetromyzon fwiatiis . . . I mm | Rana VemDORDIOE Er 2 en Furchung stärker inäqual, Anklänge [| Zriton alpestrs . .... KO an superficielle Furchung | Ceratodus NS 0 000 BEAT = Furchung noch stärker inäqual, dem ( Acipenser sturio . 2» 2. . DS meroblastischen Typus der Furchung ‘ Lepidosteus osseus. . . . . er, sich nähernd Knie 2 Noch deutlicher aber tritt die Thatsache, dass die Menge des Dotters zum Charakter der Furchung nicht in einem einfachen Verhältniss steht, bei Berücksichtigung der Eier der Teleostier hervor, die sich bei meist geringer, zuweilen winziger (der Durchmesser mancher pelagischer Teleostiereier erreicht noch nicht I mm) Grösse doch stets meroblastisch furchen. Offenbar wirkt auf den Charakter der Furchung nicht nur die absolute Menge des Nahrungsdotters ein, sondern auch das Verhältniss der Menge des Nahrungsdotters zum Bildungsdotter, sowie die Art der Vertheilung und Durchmischung beider Elemente, Details, die meines Wissens bei grösseren Wirbel- thiereiern überhaupt noch nicht genauer studirt und verglichen worden sind, da man sich bisher immer nur auf die Untersuchung der gröberen Verhältnisse des Dotters und höchstens auf die speciellere Be- schreibung der Keimscheibe meroblastischer Eier beschränkt hat. Meiner Ansicht nach wird der Charakter der Furchung durch eine ganze Reihe verschiedenartiger Factoren bestimmt: erstens durch das Verhältniss der Menge des Nahrungsdotters zu der des Bildungsdotters; zweitens durch die Art ihrer Durchmischung und Vertheilung,; drittens durch die qualitative Beschaffenheit des Nahrungsdotters, d. h. die chemische Constitution und morpho-, logische Structur (Grösse und Form der Bestandtheile) des Nahrungsdotters, viertens endlich durch die im Bildungsdotter wirkenden lebendigen Kräfte, die grosse Unbekannte, die sich ja bisher noch jeder mensch- lichen Analyse entzieht. Diese Unbekannte, die Resultante der chemischen und morphologischen Structur der lebendigen Substanz, ist natürlich für jede Art verschieden. Sie wirkt neben den anderen, oben genannten Factoren mitbestimmend auf den Charakter der Furchung, wie sie ja die ganze Entwickelung des Eies zum ausgebildeten Organismus beherrscht. Aber gerade bei der Furchung dotterreicher Eier sind auch die anderen oben genannten Factoren, Menge, Constitution und Vertheilung des Nahrungsmaterials, von schwerwiegender Bedeutung. Je näher die Formen, deren Eier wir vergleichen, mit einander verwandt sind, um so ähnlicher wird auch die sröbere, feinere und feinste Eistructur sein, um so ähnlicher also die Factoren, die den Charakter der Furchung bestimmen, um so ähnlicher mithin dieser selbst. So dürfen wir uns denn auch nicht wundern, dass bei der Veränderung nur eines dieser Factoren, beispielsweise der Veränderung der absoluten Menge des Nahrungsdotters, der Charakter der Furchung nur verhältnissmässig langsam, sozusagen wider- strebend verändert wird. Die Menge des Nahrungsdotters ist bei manchen Urodeleneiern stark vermehrt (Salamandra maculosa, Eigrösse 4-5 mm), der Furchungscharakter trotzdem nur schwach nach der mero- blastischen Seite hin verschoben. Umgekehrt macht eine sehr beträchtliche Verminderung der Menge des Nahrungsdotters, die wir bei vielen Teleostiern beobachten, ihre Eier noch nicht gleich zu holoblastischen. Jede grössere Wirbelthier- abtheilung besitzt einen gewissen Gruppentypus der Furchung, der zwar im Grunde von der Menge des Nahrungsdotters mitbedingt wird, der aber doch bei mässigen Schwankungen dieser Menge ziemlich zäh 312 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 200 festgehalten wird. Bei excessiver Veränderung dieses einen Factors wird natürlich schliesslich auch der ganze Charakter der Furchung verändert (meroblastische Eier der Myxinoiden unter den Cyclostomen, der Cöcilien unter den Amphibien, typisch holoblastische Eier der Placentalier unter den Säugethieren). Lehrt uns somit die vergleichende Betrachtung der Eifurchung der Wirbelthiere, dass jede grössere Gruppe ihren eigenen Furchungstypus besitzt, der trotz Schwankungen in der Grösse der Eier ziemlich zäh festgehalten wird, so liegt es umgekehrt nahe, aus dem Charakter der Eifurchung verschiedener, nicht allzu entfernt stehender Thiere Rückschlüsse auf ihre nähere oder entferntere Verwandtschaft zu machen. Der- artige Schlüsse sind, wenn mit der nöthigen Vorsicht und Umsicht gezogen, nicht ohne Berechtigung, aber sie sind ohne jeden productiven Werth, da sie nur schattenhaft die äussersten Umrisse der Verwandtschaft andeuten, und man durch Vergleichung der ausgebildeten Geschöpfe unvergleichlich weiter kommt. Der Charakter der Eifurchung des Ceratodus, dem sich nach der kürzlich erschienenen Unter- suchung von KERR (1900) der von Lepidosiren eng anschliesst, wenn er sich auch etwas mehr dem mero- blastischen Typus nähert, steht dem Gruppentypus der Eifurchung der Urodelen recht nahe, wie schon oben ausführlicher begründet worden ist. Der Hauptunterschied liest darin, dass bei Ceratodus die Furchung in der dritten Phase meist (nicht immer) in meridionaler, bei Urodelen meist (nicht immer) in latitudinaler Ebene erfolgt. Die Furchung des Ceratodus-Eies unterscheidet sich auf der anderen Seite von der Furchung der uns bekannten Ganoideneier dadurch, dass sie sich sehr viel weniger dem meroblastischen Typus nähert als jene. Dafür stimmt sie mit der Ganoidenfurchung darin überein, dass die erste Latitudinalfurche meist erst in der vierten Theilungsphase auftritt. Brauchbare phylogenetische Schlüsse lassen sich meiner Ansicht nach in beiden Fällen weder aus der Uebereinstimmung noch aus der Differenz ziehen. Ueber die von RaBL (1889)!) aufgeworfene Frage, ob die verhältnissmässige Armuth an Nahrungs- dotter der Amphibieneier als eine secundäre zu betrachten sei, die auf dem Wege von den Selachiern über die Ganoiden zu den Amphibien eingetreten sei, habe ich mich schon in meiner Arbeit von 1893 aus- gesprochen. Dem habe ich heute kaum etwas hinzuzufügen. Wir haben keinerlei Grund, die Amphibien, sei es durch Vermittelung der Ganoiden, sei es ohne dieselbe in so directe Beziehung zu den Selachiern zu setzen, dass wir sie als ihre directen Abkommen betrachten und sogar ihre Fortpflanzungsverhältnisse von denjenigen der recenten Selachierformen ableiten müssten. Dass die Amphibien von Stammformen abzuleiten sind, deren einigermaassen getreues Abbild die jetzt lebenden Selachier darstellen, erscheint mir aus Gründen der vergleichenden Anatomie fast aller Organsysteme sogar ausgeschlossen. Natürlich liegt es mir fern, eine engere Stammesverwandtschaft sämmtlicher Ichthyopsiden-zu leugnen, aber wer will — selbst unter Berücksichtigung des reichen paläontologischen Materials — ein annähernd getreues Abbild der ausgestorbenen Ichthyopsiden-Stammgruppe zeichnen, oder gar, worauf es in unserem Falle vor allem ankommt, über die Beschaffenheit und Furchung ihrer Eier zuverlässige Angaben machen? Wenn somit kein phylogenetischer Grund vorliegt, die Ganoiden, Dipnoer oder Amphibien einiger- maassen direct von Formen, die den recenten Selachiern im Wesentlichen glichen und auch ihre mero- blastische Eifurchung theilten, abzuleiten, könnte der behauptete secundäre Schwund des Dotters am Ganoiden- oder Amphibienei nur durch eigenartige Erscheinungen bewiesen werden, die in der Ontogenie der betreffenden Formen hervortreten. Ich wüsste aber keine einzige Eigenthümlichkeit der Amphibien- oder Ganoidenentwickelung zu nennen, deren Bedeutung unserem Verständniss durch die Ableitung von Formen mit dotterreicheren Eiern näher gerückt würde. GRÖNROOS war (1890), anscheinend unabhängig 1) RABL hat später (1892) das von ihm zuerst zu Grunde gelegte Schema des Wirbelthier-Stammbaumes bedeutend modificirt. Dass er aber an seinen 1889 ausgesprochenen Grundanschauungen über die Schwankungen des Dottergehalts der Eier in den von ihm supponirten Bahnen festhält, beweisen seine neueren Bemerkungen (1896, p. V, VI. ER 5 TE ee Le 201 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 313 von RaBL zu der Anschauung gelangt, „dass die gegenwärtig holoblastischen Amphibieneier sich aus meroblastischen Formen entwickelt haben“, und dass „die meroblastischen Eier der Gymnophionen und vielleicht einiger anderer Amphibien als Ueberbleibsel aus jenem früheren Zustande aufzufassen sind“, In einer eingehenden Untersuchung, die derselbe Forscher (1896) dem Salamanderei gewidmet hat, einem Urodelenei, das sich noch mehr dem meroblastischen Typus nähert als die früher von ihm unter- suchten Eier der Tritonen, macht er jedoch das Zugeständniss, dass sich „aus den Furchungserscheinungen allein nicht mit Sicherheit entscheiden lässt“, ob die „meroblastiformen Momente im phylogenetischen Sinne auf eine bereits durchgemachte oder auf eine erst sich vorbereitete Meroblasticität zu beziehen sind“. GRÖöN- ROOS verspricht, auf diese Frage bei der Besprechung der Gastrulationserscheinunsen zurückzukommen. Vorläufig. darf jedenfalls die Behauptung, in der phylogenetischen Reihe von den Petromyzonten zu den Amphibien habe zuerst eine gewaltige Zunahme des Dotters, dann eine fast ebenso grosse Abnahme statt- gefunden, als unbewiesen gelten. Aehnlich könnte man ja auch behaupten, schon die Petromyzonten besässen secundär dotterarme Eier, weil die entschieden sehr viel tiefer stehenden Myxinoiden grosse, dotterreiche Eier mit mesoblastischer Furchung besitzen. So direct deckt sich systematische Stellung mit der Beurtheilung von speciellen Verhältnissen der Organisation, die wie die Organe der Fortpflanzung ganz besonders grossen Schwankungen unterworfen sind, durchaus nicht. Wie schwankend ist doch die Grösse der Eier oft innerhalb derselben Gattung !)! Da, wo die phylogenetische Reihe einigermaassen feststeht und nicht allzu grosse Lücken aufweist, gewährt ihre Berücksichtigung in der That manchen wichtigen Gesichtspunkt in der Beurtheilung der Furchung. Ein solcher Fall liegt bei den Teleostiern vor, die wir, was wohl allseitig zugegeben wird, durch Amia mit den Ganoiden verknüpfen können. GEGENBAUR, der nur sehr 'selten und mit grösster Vor- sicht über Verwandtschaftslinien positive Aussprüche thut, weil ihm bei seiner genauen Kenntniss aller Organsysteme die ungeheure Schwierigkeit, eine Verwandtschaft entfernterer Gruppen mit wenigen Worten zu charakterisiren, jeden Augenblick vorschwebt, äussert sich doch über diese Frage sehr bestimmt folgendermaassen (1898): „An die Ganoiden schliessen sich als jüngere Zustände die Teleostier oder Knochen- fische an, besonders an die Lepidosteinen, mehr noch an Amiaden. Man kann Amia sogar als einen Teleostier betrachten, dessen Organisation einige Ganoidencharaktere bewahrt hat.“ Angesichts dieser, wohl von Niemand angefochtenen phylogenetischen Reihe stellen sich der folgenden Betrachtung BarLrour’s (1881) grosse Schwierigkeiten in den Weg: „Die Eigenthümlichkeiten in der Entwickelung des Teleostiereies sind am leichtesten verständlich, wenn wir dasselbe als ein Elasmo- branchierei betrachten, das ausserordentlich verkleinert ist. Es ist in der That schr wahrscheinlich, dass die Teleostier wirklich von einem Fischtypus mit viel grösseren Eiern abstammen. Das Vorkommen einer meroblastischen Furchung, trotzdem das Ei gewöhnlich kleiner ist ‘als dasjenige der Amphibien, von Acipenser u. s. w., bei welchen die Furchung vollständig ist, und ebenso die solide Entstehung zahlreicher Organe findet ihre ganz ungezwungene Erklärung, wenn wir diese Hypothese annehmen.“ Wie ist aber hiermit in Einklang zu bringen, dass auch diejenigen Glieder, die den Anschluss der Teleostier an die Urfische (ich sage mit Absicht nicht Selachier, da es sich bei der Verknüpfung der Teleostier und Ganoiden nach unten nicht direct um Selachier, sondern um eine unbekannte Stammgruppe handelt) vermitteln, also vor allen Dingen Amia, Eier von viel mehr holoblastischem Typus der Eifurchung besitzen als sowohl Selachier als auch Teleostier? Ragı (1889) sucht diese Schwierigkeit zu beseitigen, rdem er ausführt: „Von den Selachiern zu den Ganoiden schrumpft wieder die Menge des Nahrungs- 1) Die von mir gesammelten Eier des Arius australis besitzen einen Durchmesser von nur wenig über 3 mm, die des Arius boakii einen solchen von über IO mm. Jenaische Denkschriften. IV. 26 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. 1. Al 314 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 202 dotters zusammen, und die Furchung wird wieder zu einer totalen, freilich mit sehr ungleich grossen Furchungskugeln. — — In der Richtung zu den Knochenfischen nimmt nun abermals die Menge des Nahrungsdotters zu, und die Furchung wird wieder zu einer partiellen.“ Gegen den ersten Theil dieser Aufstellung, die die Ganoiden von Selachiervorfahren mit grossen meroblastischen Eiern ableitet und den Ganoiden secundär holoblastische Eier zuschreibt, habe ich mich schon oben gewendet. Aber noch anfecht- barer ist die zweite Ragr’sche Behauptung: ‚in der Richtung zu den Knochenfischen nimmt nun abermals die Menge des Nahrungsdotters zu.“ Bei der überwiegenden Mehrzahl der Teleostier ist doch eher das Gegentheil der Fall; sie besitzen meistens nicht grössere, häufig sehr viel kleinere Eier als die Ganoiden. Alle diese Schwierigkeiten sind nicht vorhanden, wenn man erstens die ganz unbegründete Ableitung der Ganoiden von Selachiern mit grossen, meroblastischen Eiern aufgiebt und damit das Vorurtheil fallen lässt, die Ganoideneier für secundär holoblastisch zu halten. Zweitens aber ist die These als unerwiesen aufzugeben, von den Ganoiden zu den Teleostiern habe eine Zunahme des Nahrungsdotters stattgefunden. Denn der Schluss, wenn die Furchung meroblastisch wird, hat die Menge des Nahrungsldotters zugenommen, ist unbegründet. Schon oben habe ich darauf hingewiesen, dass unter den Factoren, die den Charakter der Furchung bedingen, nicht nur das gegenseitige Mengenverhältniss beider Dotterarten, sondern auch dieArtihrer gegenseitigen Vertheilung sowieihre qualitative Beschaffenheit eine wichtige Rolle spielt. Gerade in einer Veränderung der beiden letzteren Factoren, nicht wie sonst gewöhnlich des ersteren, scheint bei den Teleostiern die Ursache des Uebergangs der inäqualen Ganoidenfurchung zur rein meroblastischen zu liegen. Die grossen Differenzen in der chemischen Constitution des Teleostierdotters im Vergleich mit dem Dotter anderer Wirbelthiere sind bekannt. Bedingen dieselben doch ja auch für den Embryologen bedeutende Schwierigkeiten bei seinen Untersuchungen. Auch morphologisch besitzt der Teleostierdotter viel Eigenartiges, was sich ganz besonders stark in den Fällen ausspricht, in welchen die Dottermasse aus einer einzigen sehr grossen Dotterkugel besteht. Es ist in hohem Grade wahrscheinlich, dass qualitative Aenderungen des Dotters, nicht in erster Linie die quantitative Zunahme des Nahrungsdotters, bei den Ganoiden beginnend und sich über Amia zu den Teleostiern fortsetzend, den Furchungsprocess erschweren und ihn successive aus einem totalen inäqualen in einen meroblastischen verwandeln. Aus qualitativen Veränderungen der Dotterstructur erklären sich dann wohl auch noch sonstige Eigenthümlichkeiten der Teleostierentwickelung. Vorgänge bei der Gastrulation. Die Bildung des Urdarms. Die äusserlich sichtbaren Vorgänge bei der Gastrulation habe ich schon in meiner früheren Arbeit (1893, Taf. II, Fig. 12—21) abgebildet. Wie ich damals angab, zeigt sich der Gastrulamund als ein kleiner, nahezu geradliniger Querspalt an der Unterfläche des linsenförmigen Eies (Stadium 12). Der Spalt tritt aber meist nicht genau in der Mitte der Unterfläche auf, sondern gewöhnlich in einem mittleren Bezirk zwischen Centrum und Aequator. Doch ist seine Lagerung durchaus keine ganz constante, wie sowohl die Oberflächenbilder meiner früheren Arbeit (1893, Fig. I12—16) als auch die medianen Sagittalschnitte der vor- liegenden Arbeit (Taf. XXXII, Fig. 16—20) lehren, wobei zu bemerken ist, dass er sich in Fig. 16 ungewöhn- lich stark ventralwärts verlagert zeigt. Aus dem queren Spalte wird allmählich ein Halbkreis oder auch oft eine mehr hufeisenförmige Bildung, deren Concavität nach unten, also gegen den vegetativen ee ER" 7 Ve 203 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 315 Pol, deren Convexität nach oben, also gegen den Aequator gerichtet ist. Indem die Schenkel des Halb- kreises oder Hufeisens nach abwärts wachsen und sich vereinigen, kommt ein geschlossener, zuweilen kreis- förmiger, meist aber unregelmässig elliptischer Urmund zu Stande, der in seinem Umkreis den Dotterpfropf umfasst (1893, Taf. II, Stadium 14 und 15). Die Zellen des Dotterpfropfes zeichnen sich vor allen benach- barten Zellen durch bedeutende Grösse aus, auch vor denen, die den Urmund ventralwärts begrenzen. Bald verengert sich nun der weite Urmund zu einem kleinen Längsspalt, welcher die Zellen des Dotter- pfropfes nicht mehr äusserlich hervortreten lässt (1893, Taf. II, Stadium 16). Wenden wir uns nun zur näheren Untersuchung der bisher erwähnten Stadien, so geben uns die auf Taf. XXXII dargestellten medianen Sagittalschnitte ein Bild der verschiedenen Phasen der Gastrulation. Fig. 16 stellt einen medianen Sagittalschnitt durch Stadium 12 dar. Die Bildung der Urdarmhöhle hat hier soeben begonnen, ob auf diesem Stadium durch einen Spaltungsprocess inmitten der Dotterzellen oder aber durch einen wirklichen Invaginationsprocess, vermag ich nicht zu entscheiden. Sicher aber verläuft der weitere Fortgang der Gastrulation unter Mitwirkung lebhafter Wucherungsprocesse, die von der dorsalen Urmundlippe ausgehen, wie gleich gezeigt werden soll. Ueber das Fortschreiten der Gastrulation geben uns die Figuren 17—19 Aufschluss. Das überall mit deutlichem Lumen versehene Urdarmsäckchen zeigt aber in Bezue auf seine Wandung ein verschiedenartiges Verhalten. Die Zellen seiner dorsalen, unter dem Ektoderm liegenden Wandung sind kleiner, (den Ektodermzellen ähnlicher und gehen in letztere an der zuerst geradlinigen, dann hufeisenförmigen dorsalen Urmundlippe (umdl) ganz allmählich über. Man findet in ihnen und an der dorsalen Urmundlippe zahlreiche Mitosen; manchmal (nicht immer) ist die dorsale Urdarmwand schon bei Beginn der Gastrulation ein kleines Stück nach innen von der Umschlagstelle sogar eingerollt (vergl. besonders Fig. 17), alles unzweideutige Zeichen, dass hier:ein lebhafter Wucherungs- process der Zellen stattfindet. Dieser Process ist wohl sicher eine der Ursachen, die die craniale Aus- dehnung des Urdarms bewirkt. Daneben mögen besonders in den ersten Phasen der Gastrulation Spaltungs- processe im Zusammenhange der Dotterzellen eine Rolle spielen. Die ventrale Wandung des Säckchens wird von Dotterzellen gebildet, die cranialwärts und seitlich ohne scharfe Grenze in die von der dorsalen Urmundlippe aus einwuchernde dorsale Urdarmwand (,„dorsale Platte“ Lworr’s, 1894) übergehen. In gleichem Schritte mit dem cranialen Vorwärtswachsen der dorsalen Urdarmwand geht die Ausdehnung der Höhlung des Urdarmsäckchens vor sich. Ich bezeichne sie als Gastrulahöhle (gstrh Fig. 16-19). In dem Maasse, wie sich die Gastrulahöhle ausdehnt, verdrängt sie all- mählich die Furchungshöhle (Fig. 16-19). In den Entwickelungsstadien, in denen sich beide Höhlen ihrer Ausdehnung nach etwa die Wage halten, sind sie zuweilen stellenweise nur durch eine einzige Schicht Dotterzellen von einander getrennt. Ein Einreissen dieser Schicht und dadurch eine Vereinigung beider Höhlen habe ich aber niemals beobachten können, obwohl ich auf diesen Punkt besonders geachtet habe. Eine solche secundäre Vereinigung der Furchungs- und Gastrulahöhle wird bekanntlich von ©. SCHULTZE (1888) und KEIBEL (1893) bei Anuren, von LworF (1894) und GRÖNROOS (1898) bei Urodelen, von BRAUER (1897) bei Gymnophionen als ein bei gewissen Formen (Salamandra, Hypogeophis) constantes, bei anderen gelegent- liches Vorkommniss geschildert. Sind die Beobachtungen richtig, so handelt es sich wohl um eine, wahr- scheinlich zuerst bei Amphibien auftretende Cänogenese. Bei Ceratodus fand ich, wie gesagt, beide Höhlen stets auf allen Stadien deutlich gesondert. Bei dieser Gelegenheit ist es angebracht, etwas näher auf die Schicksale der Furchungshöhle des Ceratodus einzugehen und dabei auf das Stadium der kleinzelligen Blastula zurückzugreifen. Im Blastula- stadium 10!/, nimmt die Furchungshöhle ungefähr die ganze obere Hälfte des linsenförmigen Eies ein (Fig. 14). Die sie deckende einschichtige Zellenlage können wir schon jetzt als Ektoderm bezeichnen. Die 26 * 41* 316 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 204 Zellenmasse der unteren Eihälfte bildet dagegen ein noch undifferenzirtes Blastoderm, so dass nicht nur am vegetativen Pole, sondern überhaupt bis zum Aequator hin eine Unterscheidung von Schichten unmög- lich ist. Im Fortschreiten der Entwickelung, im Stadium II, das aber immer noch ein Blastulastadium ist, greift nun die Furchungshöhle über den Aequator hinab spaltförmig nach unten (Fig. 15), sie spaltet dadurch eine äussere Zellenschicht, die wir dann entsprechend als Ektoderm bezeichnen können, von der einheit- lichen Dotterzellenmasse ab. Oder man kann auch sagen: in dem Maasse, als sich die äusserste Zellenlage an der Oberfläche des Blastoderms der unteren Eihälfte in situ zu einem Epithel ordnet, grenzt sich diese dann als Ektoderm zu bezeichnende Schicht durch einen Spalt von der darunter liegenden Zellenmasse, die dann als Entoderm zu bezeichnen ist, ab, und dieser Spalt ist nichts anderes als die Fortsetzung der Furchungshöhle. Wenn dann auf Stadium 12 (Fig. 16) die Gastrulation beginnt, hat sich bis auf einen relativ kleinen Abschnitt ventralwärts von der dorsalen Urmundlippe die Sonderung des Ektoderms von dem Entoderm schon vollzogen. Ueberall, wo beide Schichten gesondert sind, erstreckt sich also zwischen sie ein zuweilen nur äusserst feiner, immer aber deutlicher Spaltraum, der als ein Derivat der im Uebrigen allmählich verschwindenden Furchungshöhle aufzufassen ist (Fig. 16—20). Dieser Spaltraum erhält sich auch lange zwischen dem Ektoderm und der dorsalen Wand der Gastrulahöhle, was, wie nachher gezeigt werden soll, von besonderer Bedeutung ist. i Die Sonderung von Ektoderm und Entoderm erfolgt also meiner Ansicht nach bei Ceratodus in der unteren Eihälfte wesentlich durch einen Deliminationsprocess. Ich habe nach meinen Präparaten keinen Grund, den Vorgang als eine Epibolie aufzufassen, eine Auffassung, zu der man bei diesem Object nur durch künstliche und gezwungene Deutungen gelangen könnte. Alle meine zahlreichen Schnitte durch ältere Blastulastadien sprechen für eine Differenzirung des Ektoderms der unteren Eihälfte in situ, keine für eine Epibolie. Bekanntlich besteht zwischen den Autoren ein lebhafter Streit, ob bei den Amphibien die ent- sprechenden Processe im Sinne einer Delimination oder einer Epibolie zu deuten seien. Da ich für die Amphibien keine eigenen Erfahrungen besitze, halte ich, was diese betrifft, bei diesem Streite mit meinem Urtheil zurück. Im Grossen und Ganzen ist ja die Uebereinstimmung der Bilder bei der Furchung und Gastrulation des Ceratodus einerseits und besonders der Urodelen unter den Amphibien andererseits eine auffallend grosse. Doch gelten meine Angaben, wo ich nicht ausdrücklich, gestützt auf die Literatur, generalisire, immer nur für mein Object, das sich durch grosse Deutlichkeit und Unzweideutigkeit sowohl der Oberflächen- als auch der Schnittbilder auszeichnet. In Stadium 14 (Medianschnitt Taf. XXXII, Fig. 19, Querschnitt Taf. XXXII, Fig. 22) hat sich die Gastrulahöhle unter Verdrängung der Furchungshöhle weit nach vorn ausgedehnt. Ihr Dach besteht im grössten Theil ihrer Ausdehnung aus einer einschichtigen Zellenplatte, die sich an der dorsalen Urmund- lippe (umdl) in das Ektoderm umschlägt. Nicht selten finden sich auf diesem Stadium Spuren einer Ein- rollung der eingestülpten Zellenschicht etwas innen von der eigentlichen Umschlagsstelle. Cranialwärts (Fig. 19) und seitlich (Fig. 22) geht die einschichtige, das Dach der Gastrulahöhle bildende Platte continuir- lich in das Entoderm über, das von den grossen, dotterreichen Zellen gebildet wird. Ein Spaltraum der Gastrulahöhle erstreckt sich im cranialen Abschnitt der Gastrula wie im Stadium ı21/, (Fig. 17) und ı3 (Fig. 18), so auch im Stadium 14 in diese entodermale Zellenmasse hinein. In diesem am meisten cranial gelegenen Abschnitt ist das Dach der Gastrulahöhle demnach auf dem vorliegenden wie auch auf den jüngeren Stadien mehrschichtig. Eine Sonderung der Schichten ist aber nicht eingetreten und deshalb eine weitere Unterscheidung derselben auf diesem Stadium noch unmöglich. Die Dotterzellen haben sich überall da, wo sie an der Auskleidung der Gastrulahöhle theilnehmen, epithelial geordnet. Ich möchte bei dieser Gelegenheit nachtragend erwähnen, dass eine ähnliche epitheliale Anordnung der Dotterzellen auch De 205 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 317 da wahrzunehmen ist, wo sie in Gastrulastadien die Auskleidung der Furchungshöhle und ihrer Derivate bilden. Die Furchungshöhle ist in Stadium 14 (Fig. I9) als solche bis auf einen minimalen Rest an der Kuppe der Gastrulalarve verschwunden. Ein Derivat von ihr hat sich aber, wie oben erwähnt, als feiner Spalt zwischen dem einschichtigen Ectoderm und den Zellschichten, die die eigentliche Auskleidung des Urdarms bilden, ausgedehnt. Nur in der ventralen Partie des Urmundes ist die Ausdehnung jenes trennen- den Spaltes an der Umschlagsstelle des Ektoderms in das dotterreiche Entoderm unterblieben. Die Nahtlinie inmitten der Rückenfläche der älteren Gastrulalarven (ektodermale Mediannaht). Ehe wir anf die Untersuchung der Schnitte durch ältere Stadien eingehen, haben wir zunächst auf die bei äusserer Betrachtung wahrnehmbaren Veränderungen einzugehen, und lasse ich hier wörtlich meine im Jahre 1893 gegebene Beschreibung folgen: „In Stadium I6 hatte sich der Urmund zu einem kleinen Längsspalt verengert, der auf der ventralen Hälfte der Gastrula ein wenig unter dem Aequator liegt (155). Jener Längsspalt bleibt aber nicht stationär, sondern er zeigt in den folgenden Stadien ein eigenthümliches Längenwachsthum gegen die Dorsalseite hin. In 17h ist er schon länger geworden, hat aber den Aequator noch nicht überschritten (170). In Stadium 18 hat er den Aequator um etwas überschritten und reicht auf die dorsale Fläche der Gastrula ein kleines Stück herüber. Dieser vorderste Abschnitt ist indessen kein offener Spalt mehr, die Wände des Spaltes haben sich vielmehr zu einer linearen Naht, der Urmundnaht (umn Fig. 18), vereinigt. Im nächsten Stadium ist der zur Naht geschlossene Urmundspalt über die ganze Dorsalfläche der Gastrula herübergewachsen (I9%h, 190). Auf diesem Stadium beginnen sich die Medullarwülste zu erheben; man sieht, dass die Urmundnaht genau bis zum queren Verbindungswulst der beiden Medullarwülste (queren Gehirnwulst) reicht (Fig. 190, 200). Die Nahtlinie durchläuft nun die von ihr durchmessene Oberfläche nicht genau im Niveau, sondern sie liegt im Grunde einer flachen Rinne, die der von O. HErrwic und Anderen bei Amphibien beschriebenen »Rückenrinne« entspricht. Dass die Naht durch Verwachsen der Ränder des Urmundes gebildet wird, geht unmittelbar aus der Vergleichung der Stadien 17h, ISh, 19% hervor. Besonders charakteristisch ist Stadium 19%. Dabei handelt es sich um eine ganz typische, gezackte Nahtlinie, die stark an die Nähte des Schädels erinnert und durch nichts anderes entstanden sein kann als durch das Zusammenlegen zweier Spaltränder mit vor- springenden, in einander greifenden Ecken (vergl. besonders Stadium 19 und 20). Es ist klar, dass die Urmundränder nicht allein im vorderen Urmundbezirk verwachsen sind, sondern dass die Längenausdehnung des gesammten Urmundes, das heisst des offenen Theiles, plus dem durch die Naht verschlossenen ausserordentlich an Länge zugenommen hat. Um sich davon eine deutliche Vorstellung zu machen, vergleiche man Stadium 16 mit Stadium 19, 20 und 2I. Im ersteren nimmt der Urmund eine kleine Strecke auf der Ventralseite etwas unterhalb des Aequators ein. In den älteren Stadien ist er etwas höher hinauf gerückt und seine offene Strecke liegt etwa-im Aequator (20s); von dieser aus erstreckt sich aber ein nahtförmig. geschlossener Abschnitt über die ganze Dorsalseite der Larve hinüber bis zum queren Verbindungswulst der Medullarwülste. Die Naht sahen wir entstanden durch Aneinanderlegen der Ränder einer Spalte. Eine offene Spalte findet sich aber fortdauernd während aller Stadien (16-21) unter oder auf dem Aequator. Wie kann diese 318 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 206 Spalte eine Naht liefern, die schliesslich die ganze Dorsalseite durchquert? Offenbar dadurch, dass immer, wenn sich vordere Abschnitte der Spalte schlossen und dorsalwärts verschoben wurden, von hinten her ein Nachschub stattfand, der neue Theile an die Stelle der alten Spaltränder setzte. Dabei bleibt aber an dieser Stelle fortdauernd die Configuration eines offenen Spaltes erhalten.“ Bei der weiteren Erörterung des Gegenstandes äusserte ich dann die Vermuthung, dass eine ähnliche Naht, die natürlich nicht mit der bekannten Herrwıg’schen Rückenrinne (sillon median Van BAuBERE) zu verwechseln ist, sich auch bei den Amphibien finden werde, wo sie bis dahin ebensowenig wie bei einem anderen Wirbelthier beschrieben worden war. Gewisse Andeutungen in der Literatur (vergl. Van Bam- BEKE (1893) liessen mich zu dieser Ansicht gelangen. Meine Vermuthung wurde durch eine von BrAus (1895) unternommene Prüfung dieser Verhältnisse bei Triton vollkommen bestätigt, und diese Feststellung hat besonderen Wert noch dadurch, dass die Unter- suchung hier am lebenden Objecte vorgenommen wurde, die Möglichkeit, dass es sich um ein durch die Conservirung erzeugtes Kunstproduct handle, also ausgeschlossen ist. Trotzdem durch die Entdeckung einer Naht, die sich von späteren Gastrulastadien an bis zum Schlusse des Medullarrohrs über die ganze Rückenfläche vom Urmund bis zum queren Gehirnwulst erstreckt, für die Ontogenie der Wirbelthiere ein Novum geschaffen war, hat diese neue Thatsache doch merkwürdig wenig Beachtung gefunden. Vielleicht, weil sich damit ohne Feststellung des Verhaltens dieser Naht auf Schnitten nicht allzuviel anfangen liess. Schon lange habe ich deshalb eine ergänzende Untersuchung meines Befundes als ein unumgängliches Erforderniss betrachtet und wende mich nunmehr im Folgenden dieser Aufgabe zu. Auf beistehender Textfigur A gebe ich zunächst noch eine Ergänzung meiner 1893 veröffentlichten Oberflächenbilder. Der noch weite Urmund, in dessen Tiefe man den ansehnlichen, aus grossen Zellen bestehenden Dotter- pfropf erblickt, steht gerade im Anfange seiner Verengerung zu einem Fig. A. er von kleinen Längsspalt. Das Stadium ordnet sich also zwischen das von mir StadiumSrs7/»SvonSunten: 1893 abgebildete Stadium 15 und Stadium 16. Besonders bemerkenswerth ist es nun, dass in diesem Falle schon jetzt an der dorsalen Urmundlippe das erste Auftreten der Naht auf das deutlichste wahrzunehmen war. In der Mehrzahl der Fälle lässt sich sonst erst in Stadium 17—18, also nach der Zusammenziehung des Urmundes zu einem Längsspalt, die erste Andeutung der Naht erkennen. Auf Fig. 23, Taf. XXXIII, gebe ich einen Schnitt, der den Urmund des in der Textfigur dargestellten Objectes quer getroffen hat. Zum Studium der an der dorsalen Urmundlippe beginnenden und von dort allmählich über die Mitte der Dorsalfläche bis in die Gegend des queren Gehirnwulstes fortwachsenden Naht habe ich die Stadien IS—21 am geeignetsten gefunden, in denen sich auch die Naht bei Oberflächenbetrachtung in den verschiedenen Phasen ihrer Ausdehnung am besten erkennen lässt. Die Figg. 24—27 auf Tafel XXXIII sind sämmtlich einer Querschnittserie von 20 « Dicke durch das Stadium IQ entnommen. Fig. 24 stellt den 7. Schnitt vom caudalen Ende des Eies an dar, Fig. 25 den 16., Fig. 26 den 21., Fig. 27 den 48. Schnitt. Von Stadium 17-19 an befindet sich der Urmund in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht mehr 50—70° unterhalb des Aequators des linsenförmigen Eies, wie dies in jüngeren Stadien die Regel bildet, sondern er liegt im Aequator oder doch nur wenige Grade unter demselben. So kommt es, dass in der Schnittserie von Fig. 24—-27 durch Stadium 19 schon der erste Schnitt den Urmund getroffen hat und der 7., in Fig. 24 dargestellte, ihn eben noch offen zur 207 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 319 Anschauung bringt. 9 Schnitte weiter, Fig. 25, ist er bereits geschlossen. Dieser Schnitt trifft die‘dorsale Urmundlippe, in der sich das Ektoderm nach innen in die dorsale Wand der Gastrulahöhle umschlägt (vergl. auch den medianen Sagittalschnitt Taf. XXXII, Fig. 20). Die Schichten (Ektoderm sowohl als auch eingestülpte Schicht) sind in der Gegend der Umschlagsstelle auf diesen Stadien in Folge der lebhaften, raschen Vermehrung ihrer zelligen Elemente mehrschichtig geworden. Von einer Längsfaltung der dorsalen Urdarmwand in Folge ihres raschen Wachsthums wurde schon oben gesprochen (vergl. besonders Fig. 17). In älteren Gastrulastadien findet man in der Gegend der Umschlagsstelle auf Querschnitten ganz constant auch eine Querfaltung der dorsalen Urdarmwand, wie sie in Fig. 25 und 26 so deutlich zu erkennen ist. Nach innen von der Umschlagsstelle sind das Ektoderm und die dorsale Urdarmwand regel- mässig durch einen ansehnlichen Zwischenraum getrennt, den man auf sämmtlichen sagittalen Median- schnitten (Taf. XXXII, Fig. 16—21) und besonders schön auf dem Querschnitt durch diese Stelle (Taf. XXXTIII, Fig. 26) sieht. Noch weiter cranialwärts legt sich dann die dorsale Urdarmwand oft in der Medianlinie dicht an das Ektoderm an. Genauere Untersuchung lehrt aber stets, dass hier nicht etwa eine Ver- bindung oder gar ein Uebergang beider Schichten statthat (Fig. 27, 29, 30, 31), der ja auch durch die völlige Lösung der Schichten cranialwärts von der Umschlagsstelle (Fig. 26) als primärer Zustand aus- geschlossen erscheint und nur durch nachträgliche, secundäre Verwachsung zu erklären sein würde. Da aber eine genauere Untersuchung die Schichten stets deutlich getrennt erscheinen lässt, ist auch die Idee einer secundären Verbindung gegenstandslos, und handelt es sich, wie gesagt, nur um eine innige Anlagerung im medianen Abschnitt. Untersuchen wir nun die eben geschilderten Schnitte mit Rücksicht auf die bei äusserer Betrachtung der Eier so deutliche Naht, so haben wir in Fig. 24 noch den offenen Urmund vor uns, in Fig. 25 die Umschlagsstelle der dorsalen Urmundlippe, in deren Gewebe sich eine mediane Trennung, zuweilen durch einen Spalt, häufiger auch bloss durch eine scharfe Grenzlinie deutlich erkennen lässt. Bei weiterer Durch- musterung der Serie sehen wir dann das Ektoderm sich von der dorsalen Urdarmwand lösen, und beide Schichten auf eine Strecke durch einen ansehnlichen Zwischenraum von einander getrennt (Fig. 26). Die Trennungslinie ist im Ektoderm noch durchaus deutlich, aus der dorsalen Urdarmwand, die hier noch immer eine Querfaltung zeigt, ist sie aber verschwunden, und so verhält sich die Sache weiter in allen mehr cranialen Schnitten, soweit eben die bei Oberflächenbetrachtung sichtbare Naht gereicht hat. Mit einem Worte: Ein medianer Spalt, stellenweise auch nur eine Trennungslinie durchsetzt im jeweiligen Bereich der oberflächlich sichtbaren Nahtlinie, von der Zusammenlegung der seitlichen Urmundlippen zur dorsalen Urmundlippe beginnend, das Ektoderm. In der dorsalen Urdarmwand ist cranialwärts vom Um- schlagsrande nichts jenem Ektodermspalt Entsprechendes zu entdecken. Schnitte, die in jüngeren Stadien (16-18), bevor die Naht die Gegend des queren Gehirnwulstes erreicht hat, das Ei vor dem cranialen Ende der Naht treffen, zeigen auch das Ektoderm ungespalten, also in dem Zustande, in dem wir es in Fig. 22 sehen. Die Spaltung des Ektoderms in der Medianlinie und das Verhalten der dorsalen Urdarmwand ist bei stärkerer Vergrösserung für Stadium ı8!/, in Fig. 29, für Stadium 2I in den. Figg. 30 und 31 dar- gestellt. Fig. 29 giebt einen Querschnitt wieder, der das Ei am Anfange seines hinteren Drittels getroffen hat. Sehr deutlich tritt in dieser Schnittserie im Bereiche der Naht die vollkommene paarige Theilung des Ektoderms durch einen medianen Spalt hervor. Im vorderen Drittel war bei diesem Präparat noch keine Naht wahrzunehmen; in der Schnittserie hört ganz entsprechend mit dem Aufhören der Naht im Ober- flächenbilde auch die Spaltung des Ektoderms auf. 320 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 208 In dem älteren Stadium 21 durchsetzt dagegen die Naht die ganze Dorsalfläche bis zum queren Gehirnwulst. Der Schnitt Fig. 30 hat die Gegend zwischen hinterem und mittlerem Drittel des Eies, der Fig. 31 die zwischen mittlerem und vorderem Drittel getroffen. Die dorsale Urdarmwand (dorsale Platte) liegt gerade in der Medianlinie, also im Bereiche der Naht dem Ektoderm dicht an; zuweilen legt sie sich hier firstförmig in die durch die mediane Theilung des Ektoderms entstandene Spalte. Nie aber lässt sich an ihr selbst hier eine mediane Spaltung erkennen, ebensowenig ein Umschlag oder eine sonstige Ver- bindung mit dem Ektoderm (Fig. 29, 30, 31T). Ergänzend habe ich noch zu bemerken: Die Spaltung des Ektoderms lässt sich in der über- wiegenden Mehrzahl meiner Serien durch Stadium 17—2I an den meisten Schnitten, die die Naht getroffen haben, nachweisen. Ihre Deutlichkeit ist in den Figg. 27, 29, 30, 31 bei Wiedergabe der den Zeichnungen zu Grunde liegenden Schnitte durchaus nicht übertrieben. Doch begegnet man auch Stellen innerhalb der Serien, an welchen die Spaltung weniger deutlich ist, während sie cranialwärts und caudal- wärts davon unverkennbar hervortritt. An solchen Stellen hat wahrscheinlich eine durch Wachsthums- vorgänge bedingte festere Aneinanderpressung der Spaltränder stattgefunden. So erkläre ich es mir auch, dass die Spaltung gerade im Bereiche der Umschlagstelle in der dorsalen Urmundlippe oft weniger deutlich ist als cranialwärts davon, obwohl sie sich auch hier bei genauerer Betrachtung nachweisen lässt (Fig. 25). An dieser Stelle herrschen wohl besondere Druck- und Spannungsverhältnisse. Nachdem ich in Obigem eine Anzahl Ergänzungen des Thatsachenmaterials betreffs der von mir im Jahre 1893 beschriebenen Naht gegeben habe, erscheint es mir angebracht, die Entstehungsweise der Naht, soweit sich zur Zeit darüber Ansichten äussern lassen, zu erörtern. Auf drei Wegen kann man sich, soweit ich den Gegenstand übersehe, die Naht als entstanden vor- stellen. Entweder die Naht entsteht durch einen wohl vom Urmunde aus beginnenden Spaltungs- process in situ des ursprünglich ungespaltenen dorsalen Ektoderms. — Oder die Naht ist auf den Schluss des Urmundes zurückzuführen. — Oder endlich die Naht entsteht durch Wachsthums- verschiebungen, die vom Ektoderm der seitlichen Urmundlippen ausgehen, und bleibt auf das Ektoderm beschränkt. Von diesen drei Auffassungen hat die Annahme, die Spaltung sei in situ vom Urmund aus in dem ursprünglich einheitlichen Ektoderm der Dorsalfläche erfolgt, meiner Ansicht nach nur geringe Wahrschein- lichkeit für sich. Es ist kaum einzusehen, was der ganze Process, die Bildung eines solchen Spaltraums, aus dem nichts weiter wird, und der ebenso bald wieder‘ verschwindet, wie er gekommen ist, für eine Bedeutung haben könnte, ganz gleich, ob wir diese Bedeutung auf phylogenetischem oder auf entwickelungs- physiologischem Gebiete suchen wollten. Auch eine passive Zersprengung des einheitlichen Ektoderms, etwa durch den Druck der darunter liegenden, in energischem Wachsthum und offenbar in starker Spannung befindlichen dorsalen Urdarmwand, vermag ich mir nur schwer vorzustellen. Damit ist natürlich noch keine Widerlegung dieser Auffassung gegeben. Bei dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse über jene Naht kann es sich bei ihrer Erklärung noch nicht um einen sicheren Beweis, sondern nur um einen grösseren oder geringeren Grad von Wahrscheinlichkeit handeln. Die zweite Auffassung der Naht als einer nahtförmig geschlossenen Fortsetzung des offenen Urmundes bis zum queren Gehirnwulst habe ich in meiner ersten Publication über den Gegenstand (1893, pP: 37-39) vertreten. Diese Auffassung lässt sich in dieser Form nach den oben mitgetheilten Feststellungen nicht mehr festhalten, und zwar aus folgenden Gründen: 1) Vor dem Auftreten der Naht (Stadium 16—17) ist der Gastrulationsprocess der Hauptsache nach bereits beendigt (Stadium 12—14, Fig. I6—-19); und keinerlei Beobachtungen sprechen dafür, dass sich 209 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 321 zwischen Stadium I5 und 19!) so starke Wachsthumsverschiebungen im Ei vollzögen, dass daraus eine Rotation sämmtlicher Theile um etwa 180° resultiren würde. Da das Oeratodus-Ei linsenförmig, nicht wie das der meisten Amphibien kugelig ist, man somit gute topographische Anhaltspunkte hat, ist es wenig wahrscheinlich, dass solche grossartigen Verschiebungen sich nicht in der einen oder anderen Weise auf den Schnittbildern durch die successiven Stadien documentiren sollten. 2) Aber selbst zugegeben, dass sich die supponirten grossen Wachsthumsverschiebungen zwischen Stadium 15 und 19 der Feststellung mittelst der von mir angewandten morphologischen Methode entziehen sollten: am stärksten spricht gegen die Auffassung jener Naht als directes Product des Urmundschlusses der Umstand, dass die ganze Erscheinung sich auf das Ektoderm beschränkt und die darunterliegende dorsale Urdarmwand (dorsales Entoderm GÖTTE, dorsale Platte Lworr) durchaus ungespalten und einheitlieh bleibt, auch mit dem Ektoderm in der ganzen Länge der Naht cranialwärts von der Umschlagsstelle bis zum queren Gehirnwulst nicht zusammenhängt, wenn sie sich auch gewöhnlich in der Mittellinie an das Ektoderm anlegt. Dass es sich aber dabei um ein blosses Anlegen handelt, lässt sich sowohl an den einzelnen Schnitten durch genauere Untersuchung, noch überzeugender aber durch den Umstand beweisen, dass nahezu constant ein wenig cranialwärts von der Umschlagsstelle ein ansehnlicher Zwischenraum zwischen Ektoderm und dorsaler Urdarmwand zu finden ist (Sagittalschnitte Fig. 16—23 und besonders Querschnitt Fig. 26). Erst cranialwärts von dieser Stelle findet eine Berührung der dorsalen Urdarmwand mit dem Ektoderm in der Medianlinie statt. Hierdurch scheint mir unmittelbar bewiesen zu werden, dass es sich bei jener Anlagerung um ein durchaus secundäres Phänomen handelt. Jedenfalls dürfen wir sagen, dass die dorsale Urdarmwand an jener Naht- bezw. Spaltbildung unbetheiligt ist, dass es sich dabei vielmehr cranial- wärts von der dorsalen Urmundlippe um eine ganz auf das Ektoderm beschränkte Erscheinung handelt. Es bleibt noch die letzte der drei von mir aufgestellten Möglichkeiten, nämlich die Auffassung der Naht als Ausdruck von Wachsthumsverschiebungen, die sich auf das Ektoderm beschränken. Man könnte sich das Zustandekommen der Naht oder des Ektodermspaltes so erklären, dass von Stadium 16 an im Ektoderm ein lebhaftes Wachsthum, das von den seitlichen Urmundlippen medianwärts und cranialwärts gerichtet ist, stattfindet. Die paarigen Wachsthumsströme treffen im Ektoderm der dorsalen Urmundlippe zusammen, bleiben aber vorläufig durch einen Spalt oder wenigstens eine Trennungslinie geschieden. Sie schieben, in der Medianlinie fortwachsend, das dort autochthone ungespaltene Ektoderm vor sich her oder auch seitlich fort, wo es vielleicht als Material der beiden paarigen Medullarwülste und des queren Gehirn- wulstes mit zur Verwendung kommt. Diese ganze Wachsthumsverschiebung findet über der dorsalen Urdarmwand hin statt. Diese letztere ist selbst in einem lebhaften, cranialwärts gerichteten Wachsthum begriffen, wie besonders ihre Wulstungen (Fig. 17,26) beweisen. Aber eine mediane Naht tritt in ihr cranialwärts vom Urmund nicht in Erscheinung, und ihre directe oder indirecte Betheiligung bei dem Zustandekommen der medianen Spaltung des Ekto- derms erscheint mir mindestens recht zweifelhaft. Auch diese dritte Auffassung der Naht bleibt, soweit sie Wachsthumsvorgänge voraussetzt, hypo- thetisch. Denn jene Wachsthumsverschiebungen sind vorläufig nur theilweise sicher beobachtet (Vorwachsen der ektodermalen Naht vom Urmund bis an die Gegend des queren Gehirnwulstes), zum anderen Teil, da sich eine Entstehung des Spaltes in situ nicht anschliessen liess, nur erschlossen. Unterstützt wird jener Schluss allerdings noch durch die Beobachtung, dass der Umschlagsrand der seitlichen und der dorsalen ı) Damit soll nicht geleugnet werden, dass vom Ende der Furchung bis zum Abschluss der Gastrulation noch sehr bedeutende Umlagerungen der Theile gegen einander eintreten. Jenaische Denkschriften. IV. 27 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. I. 42 322 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 21o Urmundlippe Schauplatz einer äusserst lebhaften Zellvermehrung ist, deren Producte höchst wahrscheinlich nicht nur der dorsalen Urdarmwand, sondern auch dem Ektoderm zu gute kommen. Endlich könnte ich noch für die zuletzt besprochene Auffassung der Naht die bekannten Versuche Rovx’s (1888) anführen, der durch Zerstörung der ersten Anlage der dorsalen Urmundlippe bei Rana einen Bildungsdefect im queren Gehirnwulst erhielt; verletzte er die Blastula oder die schon beginnende Gastrula seitlich am Aequator, so zeigte sich später ein Defect annähernd in der Mitte eines Medullarwulstes. Nun sind allerdings diese Versuche bei Rana und nicht bei Ceratodus angestellt. Aber meine 1893 geäusserte Vermuthung, dass die in Frage stehende Naht sich auch bei den Amphibien finden würde, ist für die Urodelen 2 Jahre später durch BRaus (1895) bestätigt worden, und vieles spricht dafür, dass die Verhältnisse bei den Anuren ähnlich liegen. Ferner ist gegen die Heranziehung der Roux’schen Experimente einzuwenden, dass sowohl die Methoden Rovux’s, als auch die von ihm aus seinen Experimenten gezogenen Schlüsse von verschiedenen Seiten einer scharfen Kritik unterzogen worden sind (vergl. die diesbezügliche Literatur bei LworrF, 1894, und KorschH, 1900). Indessen scheint mir gerade gegen die beiden oben erwähnten Experimente, die uns hier besonders interessiren, etwas Stichhaltiges bisher nicht eingewendet worden zu sein. Ich glaube somit, dass die Roux’schen Experimente uns vielleicht auf den Weg hinweisen, durch dessen weitere Verfolgung sich uns später einmal ein volles Verständniss der ektodermalen Mediannaht eröffnen wird. Dabei möchte ich noch besonders betonen, dass die Wachsthumsprocesse, die bei Ceratodus zur Bildung der Naht führen, nicht mit der Gastrulation zusammenfallen, sondern erst beginnen, wenn dieselbe der Hauptsache nach bereits abgeschlossen ist. Dies darf bei Heranziehung der Roux’schen Experimente nicht ausser Acht gelassen werden. Ueberhaupt liegt es mir fern, mich für die Richtigkeit jener dritten, vielleicht plausibelsten Auf- fassung schon jetzt zu engagiren. Die Entscheidung der Frage und die völlige Aufklärung des Sachver- halts kann eben weder durch Untersuchung von conservirtem Material, noch durch daran angeknüpfte Reflexionen allein gegeben werden. Diese Aufgabe wird vielmehr neuen Beobachtungen des lebenden Objectes mittelst der neuen verbesserten Methoden und weiteren Experimenten zufallen. Glücklicherweise brauchen diese Untersuchungen nicht in einem improvisirten Laboratorium im australischen Busch, sie können in einem wohlausgestatteten Institut Europas oder Amerikas vorgenommen werden, da die Naht bei den Urodelen in ganz ähnlicher Weise auftritt und sich ebenso schön ausprägt wie bei Ceratodus. Vorläufig beschränke ich mich darauf, ihr Vorhandensein nachgewiesen und ihr topographisches histologisches Verhalten festgestellt zu haben. Erst wenn ihre Provenienz mit entwickelungsphysiologischen Methoden gründlich studirt sein wird, wird es an der Zeit sein, die Frage aufzuwerfen, ob ihr irgend welche phylo- genetische Bedeutung beizumessen ist. Als ich jener Naht im Jahre 1893 den Namen „Urmundnaht“ beileste, hielt ich sie für die Naht- linie, in der sich der Urmund geschlossen hätte. Die oben mitgetheilten Beobachtungen haben uns gelehrt, dass diese Deutung eine zu weitgehende ist, obwohl das Gebilde allerdings in enger Beziehung zu dem Urmund entsteht und auch structurell von ihm beeinflusst ist. Dies berechtigt aber noch nicht, es Urmundnaht zu benennen. Ich möchte daher diesen Namen, der leicht falsche Vorstellungen erwecken könnte, annulliren und schlage vor, ihn durch den ganz indifferenten „ektodermale Mediannaht“ zu ersetzen. Es muss späterer Forschung überlassen bleiben, festzustellen, ob eine ektodermale Mediannaht etwa nur bei Dipnoern (Ceratodus) und Amphibien (Triton) vorkommt, oder ob sie, beziehungsweise eine verwandte Bildung eine weitere Verbreitung bei der Entwickelung der Wirbelthiere hat, ohne bisher den Beobachtern aufgefallen zu sein. Die Erfahrungen, die ich selbst mit der ektodermalen Mediannaht des Ceratodus sowohl 211 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 323 an Oberflächenbildern, als an Schnitten gemacht habe, lassen letzteres als sehr möglich erscheinen. Besonders fällt dabei ins Gewicht, dass das Gebilde in der Entwickelung nur eine verhältnissmässig kurze Zeit (meist nur zwischen Stadium IS und 23) einigermaassen deutlich zu erkennen ist. Die Differenzirung des axialen Mesoderms und der Chorda. Wir greifen, um auf die Differenzirung des axialen Mesoderms und der Chorda einzugehen, auf das Gastrulastadium I4 zurück (Fig. I9 medianer Sagittalschnitt, Fig. 22 Querschnitt), in welchem die cranial- wärts vorwärts wachsende Gastrulahöhle die Furchungshöhle nahezu vollständig verdrängt hatte. Das Dach der Gastrulahöhle wird in diesen Stadien von der sog. „dorsalen Platte“ gebildet, die nahe der Umschlags- stelle häufig gefaltet, eingerollt und auch mehrschichtig ist (vergl. auch Fig. 17), dann aber, cranialwärts sich glatt ausbreitend, einschichtig ist und endlich noch weiter cranialwärts allmählich in das Entoderm über- geht (Fig. 19). Auf Ouerschnitten etwa durch die Mitte der Gastrula bildet diese Schicht, deren Zellen der Grösse nach zwischen Ektodermzellen und entodermalen Dotterzellen in der Mitte stehen, die Wölbung des etwa halbkreisförmigen Urdarmquerschnittes, während die Dotterzellen die Basis bilden. Oben und über- haupt im weitaus grössten Theil der Wölbung ist die dorsale Urdarmwand hier einschichtig. Erst an oder nahe der Basis, wo der Uebergang in die Dotterzellen stattfindet, geht auch die Einschichtigkeit verloren (Fig. 22). Was ferner an dieser Schicht bemerkenswerth ist, ist ihre vollkommene Einheitlichkeit. Weder in der Medianlinie noch sonst an irgend welchen anderen Stellen lässt sich eine Andeutung von Theilungen irgend welcher Art wahrnehmen. Hier möchte ich noch näher auf einen Punkt eingehen: den „Uebergang‘ der dorsalen Platte am cranialen Ende und an den Seitentheilen der Basis der Urdarmhöhle, von dem ich schon verschiedentlich gesprochen habe, und der als solcher in den Figsg. 16—19, Fig. 22 und am Urmund in Fig. 23 abgebildet worden ist. BRAUER hat in einer ausführlichen Arbeit (1897) die Gastrulation und Keimblätterbildung der Gymnophionen geschildert, und fast alle seine Resultate stehen in vollem Einklange mit dem, was ich über die Bildung des Mesoderms, der Chorda, der Darmwandung bei Ceratodus mitzutheilen haben werde. In einem Punkte aber zeichnen sich seine Befunde vor den meinigen, ebenso vor denen anderer Autoren, mit denen er sich sonst in Uebereinstimmung befindet, aus: er vermag, wenigstens in der überwiegenden Mehrzahl seiner Abbildungen, eine scharfe Grenze zwischen den Zellen der dorsalen Urdarmwand (dorsalen Platte) und den ie berührenden Zellen der Seitenwände des Urdarms, die mit gröberen Dotterkörnern erfüllt sind, zu ziehen. Nur in wenigen Fällen scheint auch an seinem Object eine scharfe Grenzbestimmung unmöglich gewesen zu sein. Am Ei des Ceratodus, einem sonst für Untersuchung der Gastrulation und Keimblätterbildung sehr günstigen Object, liegen in diesem Punkte die Verhältnisse entschieden weniger günstig als bei Hypogeophis. Weder der Pigmentgehalt noch die Grösse der Dotterelemente noch endlich die Form der Zellen geben an den Stellen, wo sich die Zellen der dorsalen Urdarmwand und der seitlichen Urdarmwände berühren, ein sicheres Kriterium der Unterscheidung. Ich muss daher betonen, dass ich dem Beispiel einer so scharfen Grenzbestimmung in diesem Punkte bei meinem Object nicht zu folgen vermag und an den kritischen Stellen von einem Uebergang der Zellen der dorsalen Urdarmwand in das Entoderm, nicht von einer blossen Berührung sprechen muss. Aber selbst die vollkommene Correctheit einer so scharfen Grenz- bestimmung, wie BRAUER sie bei seinem Object giebt, vorausgesetzt, die Continuität der dorsalen Urdarm- 27* 42F 24 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 212 (0) wand mit dem anstossenden Entoderm ist auch bei dem BRAUER’schen Object im Beginn des Gastrulations- processes gewahrt, wie z. B. seine Textfiguren C, Ja, Ka und Tafelfiguren 45, 46, 47 beweisen. Ohne also, wie gesagt, im Stande zu sein, das Gebiet der von der dorsalen Urmundlippe aus wohl vornehmlich durch Einwucherung erzeugten dorsalen Urdarmwand so scharf zu bestimmen, wie BRAUER dies bei Hypogeophis thun zu können glaubt, ist doch seine ungefähre Ausdehnung auch auf meinen Präparaten hinreichend deutlich, wie aus einer Vergleichung meiner Figg. I16—19, 22 und 23 ersichtlich ist. Ich habe jene dorsale Platte mit ihren mässig dotterreichen Zellen auf den Tafeln XXXII-XXXIV überall durch einen mittleren Farbenton von dem dotterarmen Ektoderm das heller, und dem dotterreichen Entoderm, das dunkler getönt wurde, unterschieden. Aus jener zunächst völlig einheitlichen Schicht differenzirt sich im Laufe der weiteren Entwickelung die Chorda und das Mesoderm. Vergleichen wir den Querschnitt Fig. 22 durch Stadium 13—I4 mit dem Querschnitt Fig. 27 durch Stadium 19, so fallen uns folgende Veränderungen auf. Im Ektoderm nehmen wir in der dorsalen Median- linie in dem älteren Stadium die Spaltung wahr, in der im Schnitte die inzwischen aufgetretene, oben ausführlich erörterte Mediannaht zum Ausdruck kommt. Der Ouerschnitt der darunter befindlichen dorsalen Urdarmwand (dorsalen Platte) zeigt dieselbe geweblich zwar immer noch einheitlich, gewisse Biegungen und Verdickungen deuten aber schon auf eine bevorstehende Sonderung in einen mittleren und zwei seit- liche Abschnitte. Lateral ist die Schicht jetzt beiderseits bis in die äusserste Spitze ganz scharf vom Entoderm gesondert, was, wie erwähnt, in jüngeren Stadien (Fig. 22) bei meinem Objecte nicht der Fall war, wogegen nach BRAUER bei Hypogeophis diese Sonderung eigentlich schon vom Anfang des Gastru- lationsprocesses an wahrnehmbar sein soll. Während die Dorsalfläche der Larve auf Fig. 22 noch zweiblättrig erschien, ist sie im Stadium Ig (Fig. 27) bis auf einen kleinen medianen Bezirk dreiblättrig geworden. Diese Veränderung ist dadurch erfolgt, dass von den Seiten her die Entodermzellen der Basis der Urdarmhöhle die dorsale Platte unter- wachsen haben, ein Process, der in seinem weiteren Fortschreiten auch durch einen Vergleich der stärker vergrösserten Figg. 29—32 ersichtlich ist. Durch diese Unterwachsung hat sich das Lumen des Urdarms von Stadium 13—14 (Fig. 22) bis Stadium Ig (Fig. 27) sehr erheblich verkleinert, und diese Verkleinerung schreitet noch fort, bis endlich auch der mediane Streifen völlig unterwachsen ist (Fig. 33). Durch Aus- schaltung der Zellschicht, die bisher die dorsale Decke des Hohlraums gebildet hat, aus seiner Begrenzung ist somit aus dem Urdarm der bleibende Darm geworden. Wie man sieht, erinnern die eben geschilderten Vorgänge, die Unterwachsung der dorsalen Urdarm- wand durch Entodermzellen bei der Bildung der Epitheldecke des definitiven Darmes in hohem Grade an die Schilderungen, die GOETTE (1890), LWOFF (1894) und BRAUER (1897) von den entsprechenden Processen bei Petromyzonten und Amphibien gegeben haben. Bei Gymnophionen, wo dieser Process am genauesten studirt worden ist, scheint freilich die Unterwachsung der dorsalen Platte durch Entodermzellen mehr von vorn nach hinten, weniger, wie es bei Ceratodus vorwiegend geschieht, von den Seiten her dorsalwärts und medianwärts zu erfolgen. Dieser Unterschied ist aber von keiner tieferen Bedeutung, da nach BRAUER bei Hypogeophis mit der Unterwachsung von vorn nach hinten eine solche von den Seiten dorsalwärts gegen die Mitte Hand in Hand geht. Auch ist nicht zu vergessen, dass bei jenen Amphibien die Verhältnisse deshalb etwas complicirter liegen als bei Ceratodus, weil bei ihnen im cranialen Abschnitt der Larve die Gastrulahöhle sich mit der Furchungshöhle verbindet, ein cänogenetischer Vorgang, zu dessen Ausgleich eine Anzahl complicirterer Wachsthumsprocesse nothwendig sind. 213 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 325 Im Princip gleichen sich aber die Vorgänge der Unterwachsung der dorsalen Platte durch Entoderm- zellen bei Ceratodus, Petromyzonten und Amphibien durchaus. In den Stadien 16-21 ist bei (eratodus die Thatsache der Unterwachsung eigentlich auf jedem Schnitte dadurch deutlich zu erkennen, dass die von den Seiten nach oben wachsenden Zellen mit dem Massiv der Dotterzellen ganz unverkennbar in Continuität stehen, von den Zellen der dorsalen Platte aber ebenso deutlich gesondert, stellenweise sogar durch Lücken- und Spalträume getrennt sind (Fig. 27, 28, 29, 30, 31 und besonders 32). Von Stadium 18 an ist auch bei Ceratodus an den Seitenrändern der dorsalen Platte eine Abgrenzung gegen das Entoderm nachzuweisen (Fig. 27, 28), die in jüngeren Stadien (Fig. 22) bei diesem Object und an meinen Präparaten wenigstens nicht erkennbar war. Die ursprünglich einschichtige dorsale Platte — nur in der Nähe des Umschlagsrandes in der Haupt- wachsthumszone war sie schon früher stellenweise mehrschichtig — zeigt nun auf Querschnitten zunächst zwei symmetrische Verdickungen, in deren Bereich sie mehrschichtig geworden ist. Hierdurch wird auf dem Querschnitt eine gewisse Sonderung des medianen, vorläufig noch einschichtigen Abschnittes von den in seiner Nachbarschaft verdickten, an den seitlichen Rändern spitz auslaufenden Seitentheilen bedingt. Diese Sonderung ist die erste Andeutung der Auftheilung der bisher ganz einheitlichen Schicht in Chorda und axiales Mesoderm. Sehr schön sieht man jene beginnende Sonderung bei doch noch erhaltener Einheitlichkeit in den Figg. 30 und 31. In Fig. 32 hat sich ein mittlerer Streifen, den wir nun als Chordaanlage bezeichnen können, durch Auftreten zweier scharfer Trennungslinien von den beiden Seitentheilen, den Anlagen des axialen Mesoderms, geschieden. Doch ist auch jetzt noch durch die Configuration des Ganzen einerseits die Zusammengehörigkeit von Chorda und Mesoderm, andererseits die heterogene Beschaffenheit der durch Unterwachsung jetzt die Chordaanlage berührenden Entodermzellen vollkommen deutlich. Im Stadium 21 zeigt sich dann auch die erste Andeutung einer Segmentirung des Mesoderms. Gewöhnlich lassen sich im folgenden Stadium (22) schon 3—4 deutlicher abgegrenzte Urwirbel unter- scheiden; cranialwärts und caudalwärts davon sind andere kenntlich, deren Sonderung noch nicht zum Abschluss gelangt ist. Die Segmentirung schreitet während der folgenden Stadien rasch vorwärts. Stadium 24 besitzt gewöhnlich schon 7—8 deutlich gesonderte Urwirbel. Auf Stadium 23—24 (Fig. 33) sehen wir die Auftheilung der dorsalen Platte in Chorda und Meso- derm vollendet. Auch der Unterwachsungsprocess hat durch Zusammentreffen der seitlich emporwachsenden Entodermzellen in der Mittellinie unter der Chorda seinen Abschluss gefunden; die definitive Epitheldecke des Darmes ist gebildet. Die Medullarwülste haben sich gegen die Mittellinie zu stark genähert und einge- bogen; der dorsale Abschluss des Medullarrohrs steht unmittelbar bevor. Von der ektodermalen Mediannaht vermag ich in diesem Stadium auf Schnitten nichts mehr wahrzunehmen, manchmal sogar schon in jüngeren Stadien nicht (Fig. 32), während bei äusserer Betrachtung die Naht gewöhnlich noch im Stadium 23 sichtbar ist (vergl. meine Arbeit von 1893, Taf. III). Diese gelegentliche Schwierigkeit, die Naht in älteren Stadien auf Schnitten noch nachzuweisen, verdient besonders hervorgehoben zu werden, damit ein negatives Resultat spätere Untersucher, die sich für das Vorkommen der Naht bei anderen Wirbelthiergruppen interessiren, nicht verleitet, vorschnell nach Durchsicht weniger Schnittserien ein bestimmtes Urtheil abzugeben. Es ist zu erwarten, dass, wenn die Naht oder etwas ihr Verwandtes überhaupt bei anderen Wirbelthieren ausser den Dipnoern und Amphibien vorkommt, was ich für sehr wahrscheinlich halte, sie nur während einer kurzen Periode und während derselben nur bei besonderer Aufmerksamkeit des Beobachters wahrnehmbar sein wird. 326 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 2I4 Das Schicksal des Blastoporus und die Bildung des Afters. In meiner Arbeit über die äussere Entwickelung des Ceratodus (1893) habe ich ausführlich die Umbildungen des zunächst einen Querspalt, dann ein Hufeisen, dann einen Kreis bildenden Blastoporus bis zu seiner Verengerung in einen schmalen Längsspalt, aus welchem dann die ventrale Medullarnaht hervor- zuwachsen scheint, geschildert und auf Taf. II und III bei Oberflächenbetrachtung abgebildet. Was die weiteren Schicksale dieses zum Längsspalt umgebildeten Blastoporus betrifft, so äusserte ich mich darüber damals folgendermaassen: „Bei blosser Betrachtung der Oberflächenverhältnisse hat es den Anschein, als ob aus dieser Urmundöffnung direct der After hervorginge. Es ist aber sehr möglich, dass der Vorgang ein etwas complieirterer ist, und verschiebe ich die gründliche Erledigung der Frage nach der Bildung des Afters, des Canalis neurentericus und der Schwanzknospe auf die nächste Abhandlung, die unter Zuhülfe- nahme der Schnittmethode dem genaueren Studium der ersten Entwickelungsstadien gewidmet sein soll.“ In meinem Arbeitsplan ist nun insofern eine mm Aenderung eingetreten, als ich zunächst die Unter- enn suchung der Entwickelung der paarigen Flossen des en am mw Ceratodus, dann seiner Zahnentwickelung vorgenommen habe. Jetzt bei Untersuchung der Keimblätterent- wickelung komme ich auf die damals gestellte Auf- gabe zurück. Erst nachdem sich zwischen Stadium I5 und I6 der weite, entweder elliptische oder kreisförmige Ur- mund zum Längsspalt verengert hat und der Dotter- Fig. B. Oberflächenansicht von Stadium 23'/,, halb von hinten, halb von der Seite. mw Medullarwulst, emn ekto- pfropf in seiner Tiefe verschwunden ist, kommt es dermale Mediannaht, en Canalis neurentericus, ir» Trennungs- zur schärferen Ausbildung einer ventralen Urmund- wulst, an After. lippe (umvl), wie sie uns in voller Ausprägung auf dem sagittalen Medianschnitt Fig. 20, Taf. XXXII entgegentritt. Bis in das dort dargestellte Stadium 2I hinein sind aber sonst an der Ausmündung des Blastoporus keine tiefer greifenden Aenderungen eingetreten, abgesehen davon, dass die Mündung, wie ich schon 1893 beschrieben habe, in die Tiefe des rautenförmigen Schlitzes (Sinus rhomboidalis, ScoTT und OSBORN, 188o), den die caudalen Ausläufer der Medullarwülste zwischen sich offen lassen, zu liegen gekommen ist. In den Stadien 22—24 lässt sich nun bei günstigen Objecten auch bei Oberflächenbetrachtung erkennen, dass inmitten des kleinen Längsspaltes, der den ehemals ein- heitlichen Blastoporus repräsentirt, jetzt ein kleiner Höcker emporragt. Die Abbildung eines derartigen günstigen Objectes, das dem Stadium 23—24 angehört, ist in beistehender Textfigur B gegeben. Wir sehen durch den Höcker (trw) den vorher einheitlichen Längsspalt in zwei hinter einander liegende Oeffnungen getheilt: eine vordere (cn) und eine hintere (an). Bei vielen Objecten liegt der Höcker zu sehr in der Tiefe des engen Spaltes, um ihn bei Oberflächenbetrachtung wahrzunehmen. Viel deutlicher aber und durchaus constant tritt jene Theilung an medianen Sagittalschnitten, am besten durch das Stadium 23 hervor (Fig. 21a). Zwischen dorsale und ventrale Urmundlippe schiebt sich hier ein auf dem medianen Sagittalschnitt etwa kugeliger Wulst (rw) ein, durch dessen Kuppe eben jener Höcker der Oberflächenansicht gebildet wird. Von > + 215 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 327 der ventralen Lippe des ehemaligen Urmundes ist jener Wulst durch eine feine Passage getrennt, die von aussen her in den Darm führt. Jene Oeffnung ist, wie die Untersuchung älterer Stadien lehrt, die bleibende Afteröffnung. Von der dorsalen Urmundlippe ist der Wulst in der Medianlinie durch einen ausserordentlich feinen Spalt (en in Fig. 21a) geschieden, der hier am caudalen Ende der ventralen Medullarnaht eine Com- munication des Darmes mit der Aussenwelt vermittelt. Dieser Spalt — von einem eigentlichen Lumen ist nur sehr selten etwas wahrzunehmen — ist der Canalis neurentericus. Eines weiteren Bones bedarf das nach der Topographie des Ganzen nicht. Die Bedeutung des die beiden Spalte trennenden Wulstes wird durch Untersuchung der auf den Medianschnitt folgenden Sagittalschnitte klar. In Fig. 21b ist der fünfte Sagittalschnitt nach dem Median- schnitt Fig. 21a dargestellt. Dorsale und ventrale Urmundlippe sowie der Trennungswulst sind noch gerade im Anschnitt (umdl', umvl', trw'‘) getroffen. Die beiden Spalte sind verschwunden. Urmundlippen und Trennungswulst gehen continuirlich in einander über, Der Wulst wird also dadurch gebildet, dass in der Medianlinie die seitlichen Urmundlippen sich in der Tiefe des Sinus rhomboidalis in mittleren Abschnitten vereinigt haben, dadurch den Blastoporus in zwei Spalten theilend, einen mehr dorsal gelegenen Canalis neurentericus und einen mehr ventral gelegenen After. In etwas älteren Stadien ist nicht nur der Spalt zwischen der dorsalen Lippe und dem Trennungs- wulst, sondern sogar jede Scheidung zwischen beiden Gebilden auch in der Medianlinie verschwunden, der Canalis neurentericus also rückgebildet, während sich das Lumen des Afters erweitert hat. Aus der Region, die durch Verschmelzung der dorsalen Urmundlippe mit den beiden seitlichen und dem ihnen zugehörigen Trennungswulst entstanden ist, beginnt die Schwanzknospe hervorzusprossen. Die oben gegebene Darstellung von der Theilung des Blastoporus in Canalis neurentericus und After durch Aneinanderlegung der seitlichen Urmundlippen bei Ceratodus entspricht vollkommen den grund- legenden Beobachtungen, die SCHAnz (1887) bezüglich des Schicksals des Blastoporus bei Triton angestellt hat. Auch die Sagittalschnitte der betreffenden Stadien scheinen in beiden Fällen sehr ähnliche Bilder zu liefern. Im Oberflächenbilde scheint allerdings der trennende Wulst bei Triton nicht sichtbar zu sein oder sich wenigstens nicht scharf genug abzusetzen, um ihn zu identificiren. Auch bei Amblystoma geht nach MORGAN (1890) aus dem Blastoporus durch einen analogen Theilungsprocess wie bei Triton und Ceratodus sowohl der neurenterische Kanal als auch der After hervor. Die weniger einfachen Processe bei der Bildung des Afters der Anuren betrachte ich mit ScHANZ und MorGan als etwas von den Verhältnissen der Urodelen Ableitbares. An letztere schliessen sich auch der Schilderung BRAUER’s nach die Gymnophionen an. Wenn KERR (I900) für Lepidosiren erklärt: „the blastopore becomes the cloacal opening. Of this there can be in Lepidosiren happily no question“ und: „there is no neurenterie canal‘“‘, so möchte ich hinter diese Angaben so lange ein Fragezeichen setzen, bis nähere Auskunft darüber vorliegt, ob sie auf blosse äussere Inspection hin gemacht, oder durch Studium von Schnittserien der betreffenden Stadien gewonnen sind. Schlussbetraehtungen über die Keimblätterbildung bei Ceratodus. Meine Untersuchungen über die Gastrulation und Keimblätterbildung haben ergeben, dass diese Processe bei Ceratodus in überraschend ähnlicher Weise verlaufen wie bei den Amphibien, ganz besonders bei den Urodelen. Nur eine wesentlichere Differenz scheint vorzuliegen. Bei Ceratodus fliessen Furchungs- und 328 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 216 Gastrulahöhle, wie es scheint, nie zusammen, während eine derartige Vereinigung ein bei einigen Amphibien- formen constantes, bei anderen gelegentlich auftretendes Phänomen zu sein scheint. Obwohl ich davon überzeugt bin, dass eine gewisse nähere Verwandtschaft zwischen Amphibien und Dipnoern besteht, möchte ich in der bedeutenden "Vebereinstimmung in ihrer Gastrulation und Keimblätter- bildung keinen neuen Beweis für diese Auffassung erblicken; derartige Beweise scheinen mir sehr viel unzweideutiger im Gebiete der Organogenie und der vergleichenden Anatomie zu liegen. Eine genauere Kenntniss der Ganoidenentwickelung, als sie zur Zeit vorhanden ist, wird höchst wahrscheinlich jene Ueber- einstimmung; im wesentlichen, vielleicht hie und da etwas gemindert, auch bei jener Fischklasse hervortreten lassen. Finden wir das Prototyp dieser ganzen Entwickelungsform doch in kaum veränderter Form bei den Petromyzonten wieder. Aus einer vergleichenden Betrachtung der Gastrulation und Keimblätterbildung der Cranioten scheint mir nur hervorzugehen, dass der ursprüngliche Charakter der Wirbelthierentwickelung bei gewissen Formen durch starke Vermehrung des Dotters (recente Selachier und Amnioten) oder durch qualitative Veränderung und eigenthümliche Vertheilung desselben (Teleostier) stark verändert worden ist. Wo er sich erhalten hat (Petromyzonten, Ganoiden, Dipnoer, Amphibien), lässt sich aus dieser einen Ueber- einstimmung noch durchaus nicht eine besonders nahe Verwandtschaft der betreffenden Formen folgern. Was nun die Auffassung der Vorgänge selbst bei der Gastrulation und Keimblätterbildung anlangt, so haben mich meine Untersuchungen bei Ceratodus zu folgenden Resultaten geführt. 1) Die Urdarmhöhle, die später durch gewisse Wachsthumsprocesse zur Darmhöhle umgebildet wird, entsteht durch einen Process, bei welchem sowohl Invagination von Ektodermzellen an der dorsalen Urmund- lippe als auch Spaltungen im Verbande der Dotterzellen zusammen eine Rolle zu spielen scheinen. 2) Aus der dorsalen Decke des Urdarms (dorsales Entoderm GoETTE’s, dorsale Platte Lworr’s) bildet sich die Chorda und das axiale Mesoderm. 3) Chorda und axiales Mesoderm entwickeln sich also aus einer ursprünglich völlig einheitlichen Anlage. Die Auftheilung derselben ist ontogenetisch ein secundärer Vorgang. Es scheint mir kein einziger Grund vorzuliegen, von einer paarigen Anlage des Mesoderms zu reden. 4) Das Epithel der dorsalen Wölbung des bleibenden Darmes wird dadurch gebildet, dass die dorsale Decke des Urdarms, aus der Chorda und axiales Mesoderm werden, durch Entodermzellen unter- wachsen wird. 5) Der Blastoporus wird bei Ceratodus dadurch, dass seine seitlichen Lippen sich an einer mittleren Strecke aneinanderlegen und verschmelzen, in 2 Kanäle getheilt: den Canalis neurentericus und ventral von diesem den After. In dieser Beziehung besteht eine grosse Uebereinstimmung zwischen Cerafodus und den Urodelen, sowie auch den Gymnophionen. 6) Die „ektodermale Mediannaht“ ist ein Ektodermspalt, der sich von der dorsalen Lippe des Urmundes aus in gewissen Stadien durch die ganze Länge der Medullarplatte bis in die Gegend des queren Gehirnwulstes erstreckt. Die darunter befindliche dorsale Urdarmwand wird von dieser Spaltbildung nicht betroffen. Obwohl die Bildung also in den Urmund ausläuft und auch ihrer Entstehung nach in einem gewissen ursächlichen Zusammenhang mit ihm steht, darf sie doch nicht als nahtförmig geschlossener Urmund bezeichnet und „Urmundnaht‘“ benannt werden, wie ich es früher gethan habe. Ihre Entstehung scheint die Naht Wachsthumsprocessen zu verdanken, die vom Ektoderm der seitlichen Urmundlippen und ihrer Umgebung ausgehen. Bis nicht weitere Beobachtungen über die Entwickelung der Naht am lebenden Object und ergänzende Experimente vorliegen, bleibt ihre Entstehungsweise jedoch hypothetisch. Durch die Aufstellung der zweiten, dritten und vierten These schliesse ich mich auf das engste der GoETTE’schen Darstellung dieser Vorgänge bei Amphibien und Petromyzonten (1875, 1890) an, denen im 217 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 329 Wesentlichen besonders!) OÖ. SCHULTZE (1888a und b), Lworr (1894) und BRAUER (1897) gefolgt sind ?). Für die abweichenden Auffassungen von CALBERLA (1877), ©. HERTwIG (1883, 1892), SCHWINK (1889), ERLANGER (1890, 1891) und Anderen ergab sich aus der Untersuchung meines Objects keine Bestätigung. Durch die erste der von mir aufgestellten Thesen möchte ich erstens meiner Anschauung Ausdruck geben, dass bei der Gastrulation von Ceratodus (und wohl noch manchen anderen Anamniern) sowohl Invaginations- als auch Delaminationsprocesse eine Rolle spielen; zweitens aber möchte ich gegen LWOFF (1894) die Auffassung vertreten, dass durch jene Processe ein wirklicher „Urdarm“ gebildet wird, d.h. ein Rohr, aus dessen später wieder etwas verengerter Lichtung das Lumen des bleibenden Darmes hervor- geht. Bei Ceratodus lässt sich das ganz deutlich verfolgen. Aus dem Umstande, dass die dorsale Decke des Rohres (dorsale Platte) nicht in die Wandung des bleibenden Darmes mit aufgenommen, vielmehr durch unterwachsende Entodermzellen aus demselben ausgeschaltet wird, lässt sich meiner Ansicht nach in keiner Weise der Schluss ziehen, dass Urdarm und bleibender Darm genetisch nicht auf einander zu beziehen seien. Das Gegentheil scheint mir besonders bei Ceratodus klar zu Tage zu liegen. Das letzte der von mir aufgeführten Resultate, die nähere Kenntniss der von mir 1893 aufgefundenen ektodermalen Mediannaht, kann in seiner Bedeutung erst präcisirt werden, wenn neue vergleichend-morpho- logische und entwickelungsphysiologische Untersuchungen uns über die Verbreitung der Bildung in den verschiedenen Wirbelthierklassen belehrt und über die Mechanik ihrer Entstehung sicheren Aufschluss gegeben haben werden. Verzeichniss der citirten Literatur. BALFouR, F. M., Handbuch der vergleichenden Embryologie, Bd. II (deutsche Ausgabe 1881). 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VII, 1900. Inhaltsverzeichniss. Einleitung Die Structur des Eies und seiner Hüllen. Das Ovarialei Anmerkung betreffs der Abführwege des Hodensecrets. Dotter. Keimbläschen. Ausstossung der Richtungs- körper. Eihüllen. Das Ei nach der Ablage. Structur des Dotters. Eihüllen: Dotterhaut. Innere Gallerthülle. Aeussere Gallerthülle. Provenienz der Hüllen. Furchung Erste (Meridional-)Furche. Excentrisch gegen den vegetativen Pol verschobener Kern groben Dotters; dadurch Anklänge an superficielle Furchung. Zweite (Meridional-)Furche. Dritte (Meridional-)Furche. Vierte Furche: erste Latitudinalfurche. Auftreten der Furchungshöhle. Sodann Auftreten einer zweiten und dritten Latitudinal- furche. Grosszellige Blastula, kleinzellige Blastula. Zusammenfassende Betrachtungen über die Furchung des Ceratoduseies und Ver- gleichung mit der Furchung anderer Anamnier Vergleichung der Furchung des Ceratodus-Eies mit der der Urodeleneier (Triton, Salamandra). Auch bei diesen Anklänge an superficielle Furchung. Vergleichung mit der Furchung der Ganoideneier (Acipenser, Lepidosteus, Amia). Factoren, die den Charakter der Furchung bestimmen. Sind die Eier der Amphibien secundär holoblastisch? Aenderung des Furchungscharakters bei den Teleostiern wohl weniger auf quan- titative Vermehrung des Nahrungsdotters als auf qualitative Veränderung des letzteren und Besonderheiten in der Vertheilung von Nahrungsdotter und Bildungsdotter zurückzuführen. Vorgänge bei der Gastrulation. Die Bildung des Urdarms. Auftreten des Urmundes. Fraglich, ob das erste Auftreten einer Urdarmhöhle auf einen Spaltungsprocess in- mitten der Dotterzellen oder auf einen wirklichen Invaginationsprocess zurückzuführen ist. Im weiteren Ver- lauf sicher lebhafte Einwirkung von der dorsalen Urmundlippe aus. Faltungen der dorsalen Urdarmwand (dorsalen Platte). Verdrängung der Furchungshöhle durch die Urdarmhöhle. Kein Durchbruch der einen Höhle in die andere bei Ceratodus. Weitere Schicksale der Furchungshöhle. Sonderung des Ektoderms vom Entoderm in der unteren Eihälfte durch Delamination. Die Nahtlinie inmitten der Rückenfläche der älteren Gastrularven (ekto- dermale Mediannaht) Die Naht bei äusserer Betrachtung. Verhältniss zur Rückenrinne. Spalt bezw. Naht geht vom Urmund aus, durchsetzt aber cranialwärts von der dorsalen Urmundlippe nur das Ektoderm, nicht die dorsale Urdarmwand. Drei Möglichkeiten, die Entstehung der Naht zu erklären. Entscheidung der Frage bleibt weiteren, ent- wickelungsphysiologischen Untersuchungen vorbehalten. Vorkommen der Naht bei anderen Wirbethieren. 28* 43* Seite 3037304 304 — 305 3057307 3077309 309314 314—317 317 —323 Vz.) Str 1 Adels 4% L a | 332 Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. 220 Seite Die Differenzirung des axialen Mesoderms und der Chorda. . . . 2... 2.2.2... 323—325 Zunächst vollkommene Einheitlichkeit der dorsalen Urdarmwand (dorsalen Platte). Ihr Uebergang in die Seiten- wände des Urdarms. Seitliche Unterwachsung der „dorsalen Platte“ durch Entodermzellen von der Basis des Urdarms aus. Dadurch Ausschaltung der „dorsalen Platte“ aus der Begrenzung des Hohlraums, der nun nicht mehr den Namen Urdarm zu führen hat, sondern als bleibender Darm zu bezeichnen ist. Sonderung der „dorsalen Platte“ in Chorda und axiales Mesoderm. Beginn der Segmentation des Mesoderms. Das Schicksal des Blastoporus und die Bildung des Afters . . . . 2. 2 2 2.2.2.2... 326—327 Der Blastoporus wird in späteren Stadien (23—24) dadurch, dass sich seine seitlichen Lippen an einer mittleren Strecke aneinanderlegen und verschmelzen, in zwei Kanäle getheilt, den Canalis neurentericus und ventral von diesem den After. Der gewöhnlich nur spaltförmige Canalis neurentericus verfällt sehr bald der Rückbildung. Aus dem von den seitlichen Urmundlippen gebildeten Trennungswulst beginnt bald. darauf die Schwanzknospe hervorzusprossen. Schlussbetrachtungen über die Keimblätterbildung bei Ceratodus . . . . . ...... 327-329 Verzeichniss der eitirten Literatur . . . .: .:. u nn nn nn nn. 329—330 Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 2033 na a 2 A En ed ei en nt nz E* en Verlag von Gustav F ischer in Jena. [ Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Vierte Lieferung. i (Des ganzen Werkes Lieferung 12.) Mit 18 lithographischen Tafeln und 4 Abbildungen im Text. 1898, Preis: 36 Mark. Inhalt: F. Zschokke, Die Cestoden der Marsupialia und Monotremata. — L. L. Breitfuss Amphoriscus semoni, ein neuer heterocöler Kalkschwamm. Casimir R. Kwietniewski, Actiniaria von Ambon und Thursday Island. — Eugen Burcha rdt, Aleyonaceen von Thursday Island (Torres-Strasse) und von Amboina. — L. S. Schultze, Rhizostomen von Ambon. — v. Linstow, Nemathelminthen. Von Herrn Richard Semon: in Australien gesammelt. — L, Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina und Thursday Island gesammelten Crinoidea. — L. Döderlein, Ueber einige epizoisch lebende Ophiuroidea. — L. Döderlein, Ueber „Krystallkörper“ bei Seesternen und über die Wachsthumserscheinungen und Verwandtschaftsbeziehungen von Goniodiseus sebae. — Carl Graf Attems, Myriopoden. Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Fünfte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 17.) Mit ı0 lithographischen Tafeln. 1900. Preis: 22 Mark 40 Pf. W. Weltner, Süsswasser-Schwämme. — Ernst Sch ulz, die Hornschwämme von Thursday Island und Amboina. Oswald Kieschnick, Kieselschwämme von Amboina. — W. Weltner, Hydroiden von Amboina und Thursday Island. — Johann Staub, Neue Nemertinen aus Amboina.. — K. M. Heller, Systematische Aufzählung der Coleopteren. — G. Horv ath, Hemiptera. Doflein Dr. F., Privatdozent an der Universität München, Zell- und Protoplasmastudien. Erstes Heft. ?° Zur Morphologie und Physiologie der Kern- und Zelltheilung. Nach Unter- suchungen an Noctiluca und anderen Organismen, Mit 4 Tafeln und 23 Abbildungen im Text. Abdruck aus den Zoologischen Jahrbüchern, Abtheilung: für Anatomie und Ontogenie der Thiere. Herausgegeben von Dr. J. W. SPENGEL in Giessen. XIV. Band. 1900. Preis: 7 Mark. N Eine Zusammenstellung der arktischen Tierformen, mit besonderer Berück- Pauna Arctica. sichtigung des Spitzbergen-Gebietes auf Grund der Ergebnisse der Deutschen Expedition in das Nördliche Eismeer im Jahre 1898. Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgenossen heraus- gegeben von Dr. Fritz Römer in Breslau und Dr. Fritz Schaudinn in Berlin. Erster Band. Erste Lieferung. Mit 7 Tafeln, 2 geograph. Karten und ı2 Abbildungen im Text. ıgo0o. Preis: 25 Mark. Inhalt: Fritz Römer und Fritz Schaudinn, Einleitung, Plan des Werkes und Reisebericht. — Franz Bilhard Schulze, Die Hexactinelliden. — Johannes Thiele, Proneomenia thulensis nov. spec. — Otto von Linstow, Die Nematoden. — Hubert Ludwig, Arktische und subarktische Holothurien. Erster Band. Zweite Lieferung. Mit ı Tafel, ı Kartenskizze und ı8 Abbildungen im Text. 1900. Preis: ı5 Mark. Inhalt: W. Kükenthal, Die Wale der Arktis. Caesar Schaeffer, Die arktischen und sub- arktischen Collembola. James A.Grieg, Die Ophiuriden der Arktis. W. Weltner, Die Cirripedien der Arktis. F. Doflein, Die dekapoden Krebse der arktischen Meere. 1 zum siebenzigsten Geburtstag von Carl von Kupffer. Gewidmet von seinen Schülern, Bestschrif Mit einem Atlas von 64 Tafeln und 188 Abbildungen im Text. 1899. Preis: kartoniert 150 Mark. 17 7 Max, Beitrag zur Systematik und Genealogie der Reptilien. Abdruck aus der Pürbringer, Jenaischen Zeüschrift für Naturwissenschaft. XXXIV. Bd. N.F.XXVII. 1900. Preis: 2 Mark 50 Pf. Hertwig O., Direktor des anat.-biolog. Instituts der Berliner Universität, Die Zelle und die Gewebe. ” Grundzüge der allgemeinen Anatomie und Physiologie. — Zweites Buch. Allgemeine Anatomie und Physiologie der Gewebe. Mit 89 Textabbildungen. 1898. Preis: 7 Mark. Die Entwicklung der Biologie im 19. Jahrhundert. Vortrag gehalten auf der Versammlung deutscher Naturforscher zu Aachen am 17. September ı900. Preis: ı Mark. ——-— Die Lehre vom Organismus und ihre Beziehung zur Sozialwissenschaft. Universitäts-Festrede mit erklärenden Zusätzen und Litteraturnachweisen. 1399. Preis: ı Mark. Keibel Prof. Dr. F., Normentafeln zur Entwicklungsgeschichte der Wirbelthiere. In Verbindung mit " Die Kaestner-Leipzig, Dr. Kopsch-Berlin, Prof. Dr. Mehnert-Halle a. S., Prof. Dr. C. S. Minot-Boston, U. S. A., Prof. Dr. Nicolas-Nancy, Prof. Dr. Reichard-Ann Arbor, Prof. Dr. Schaper-Boston, U. S. A, Prof. Dr. Semon-München, Dr. Sobotta-Würzburg, Prof. Whitman- Chicago, herausgegeben von Prof. Dr. F. Keibel, Freiburg i. Br. I. Normentafel zur Entwicklungs- geschichte des Schweines (Sus serofa domestieus). 1397. Preis: 20 Mark. II. Teil: Normentafel zur Entwieklungsgeschiehte des Huhnes (Gallus domestieus). Mit 3 lithogr. Tafeln. 1900. Preis: 20 Mark, Lan Arnold, o. Professor der Zoologie und vergleichenden Anatomie an der Universität und am eid- g, genössischen Polytechnikum in Zürich, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Thiere. Zweite umgearbeitete Auflage. Erste Lieferung: Mollusca. Bearbeitet von Dr. Karl Hescheler, Assistent und Privatdozent an der Universität Zürich. Mit 410 Abbildungen im Text, Preis: ı2 Mark. In Kürze erscheint: ——— Zweite Lieferung enthaltend: Protozoa. Preis: etwa 8 Mark. (@) 1 Dr. Aibert, Professor a. d. Universität München, Lehrbuch ‚der vergleichenden mikros- ppel, kopischen Anatomie. Erster Band. Der Magen, Mit 275 Abbildungen im Text und 5 litho- graphischen Tafeln. 1996. Preis: 14 Mark. Zweiter Band. Schlund und Darm. Mit 343 Abbildungen im Text und 4 lithographischen Tafeln. 1897. Preis: 20 Mark. Dritter Band. Mundhöhle, Bauchspeicheldrüse und Leber. Mit 679 Textabbildungen und 10 litho- graphischen Tafeln. 1900. Preis: 36 Mark. TB Vergleichung des Entwickelungsgrades der Organe zu verschiedenen Entwickelungszeiten bei Wirbel- tieren. Preis: 7 Mark, Bisher erschienen. mr nern — nn d h | | DENKSCHISE IE DER MEDIGINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT JENA. VIERTER BAND. RICHARD SEMON, ZOOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. ERSTER BAND: CERATODUS. III. LIEFERUNG. MIT 17 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 39 FIGUREN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1901. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) In Jena. — 2033 FEB 19 1901 Des ganzen Werkes Lieferung 18. Aulbal, ZOOLOGISCHE RSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN DR. PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891—1893 VON RICHARD SEMON. ERSTER BAND: CERATODUS. III. LIEFERUNG. \ ’emon, Die Zahnentwickelung des Ceratodus forsteri. — Hermann Braus, Die Muskeln und Ceratodusflosse. — Richard Semon, Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. MIT 17 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 39 FIGUREN IM TEXT. ATLAS. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1901. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Semon, Pr. Richard, Professor, Zoologisehe Forschungsreisen in Australien und dem Malayischen Bisher erschienen. mm 1 sy rss zz, tz.—. , ee u Archipel. Mit Unterstützung des Herrn Dr. Paul von Ritter ausgeführt in den Jahren 1891—03 BR a Dr. Richard Semon. (Denkschriften der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena. Erster Band: Ceratodus. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 1.) Mit 8 lithogr. Tafeln und 2 Abbildungen im Text. 1894. Preis: 20 Mark. Inhalt: Ernst Haeckel, Systematische Einleitung: Zur Phylogenie der Australischen Fauna. Richard Semon, Reisebericht und Plan des Werkes. — Richard Semon, Verbreitung, Lebensverhältnisse des Ceratodus Forster. — Richard Semon, Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. Erster Band: Ceratodus. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 14.) Mit 9 lithogr. Tafeln und 7 Abbildungen im Text. 1898. Preis: 18 Mark. Inhalt: Baldwin Spencer, Der Bau der Lungen von Ceratodus und Protopterus, — Richard Semon, Die Entwickelung der paarigen Flossen von Ceratodus forsteri. Zweiter! Band: Monotremen und Marsupialier. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 3.) (Mit) 11 lithogr. (Tafeln, und 20 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 20 Mark. Inhalt: Richard Semon, Beobachtungen über die Lebensweise und Fortpflanzung der Monotremen nebst Notizen! ‘über /ihre Körpertemperatur. — Richard Semon, Die Embryonalhüllen der Monotremen und Marsupialier. — Richard Semon, Zur Entwickelungsgeschichte der Monotremen. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 5.) Mit 4 lithographischen: Tafeln und 40 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 16 Mark. Inhalt: GeorgRuge, Die Hautmuskulatur der Monotremen und ihre Beziehungen zu dem Marsupial- und Mammarapparate. — Hermann Klaatsch, Studien zur Geschichte der Mammarorgane. I. Theil: Die Taschen- und Beutelbildungen am Drüsenfeld der Monotremen. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Dritte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 6.) Mit 11 Jithogr. Tafeln und 6 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 25 Mark. Inhalt: F Hochstetter, Beiträge zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte des Blutgefässsystems der Monotremen. — Albert Narath, Die Entwickelung der Lunge von Echidna aculeata. — Albert Oppel, Ueber den Magen der Monotremen, einiger Marsupialier und von Maänis javanica. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Vierte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 7.) Mit 6 lithogr. Tafeln und 11 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 16 Mark. Inhalt: Hermann Braus, Untersuchungen zur vergleichenden Histologie der Leber der Wirbelthiere. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Fünfte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 9.) Mit 7 lithograpbischen Tafeln und 13 Abbildungen im Text. 1897. Preis: 20 Mark. Inhalt: ©. Emery, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte und Morphologie des Hand- und Fussskeletts der Marsupialier. — Albert Oppel, Ueber den Darm der Monotremen, einiger Marsupialier und von Manis javaniea. Dritter Band: Monotremen und Marsupialier I. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 11.) Mit 96 Abbildungen im Text. 1897. Preis: 16 Mark. Inhalt: Th. Ziehen, Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. I. Theil: Makro- skopische Anatomie. Dritter Band: Monotremen und Marsupialier II. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 13.) Mit 11 lithographischen Tafeln und 17 Abbildungen im Text. 1898. Preis: 27 Mark. Inhalt: Fritz Römer, Studien über das Integument der Säugethiere. II. Das Integument der Monotremen. — Theodor Dependorf, Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. Dritter Band: Monotremen und Marsupialier II. Dritte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 16.) Mit 5 lithographischen Tafeln und 35 Textabbildungen. 1899. Preis: 18 Mark. Inhalt: F. Maurer, Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna und ihre Beziehungen zu den gleichen Organen bei anderen Wirbelthieren. Otto Seydel, Ueber Entwickelunssvor- gänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna nebst Beiträgen zur Morphologie des peri- pheren Geruchsorgans und des Gaumens der Wirbelthiere. Vierter Band: Morphologie verschiedener Wirbelthiere. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 10.) Mit 5 lithogr. Tafeln und 47 Abbildungen im Text. 1897. Preis: 16 Mark. Inhalt: W. Kükenthal, Vergleichend-anatomische und entwickelungsgeschichtliche Untersuchungen an Sirenen. Vierter Band: Morphologie verschiedener Wirbelthiere. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 15.) Mit 6 lithographischen Tafeln. 1899. Preis: 16 Mark. Inhalt: H. Eggeling, Ueber die Stellung der Milehdrüsen zu den übrigen Hautdrüsen. I. Mit- theilung: Die ausgebildeten Mammardrüsen der Monotremen und die Milchdrüsen der Edentaten nebst Be- obachtungen über die Speicheldrüsen der letzteren. — Albert Oppel, Ueber die Zunge der Monotremen einiger Marsupialier und von Manis javanica. Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 2.) Mit 5 lithogr. Tafeln und 6 Abbildungen im Text. 1894. Preis: 20 Mark. Inhalt: A. Ortmann, Crustaceen. — E. v. Martens, Mollusken. — W. Michaelsen, Lumbri- eiden. — C. Ph. Sluiter, Holothurien. — ©. Boettger, Lurche (Batrachia). — O. Boettger, Schlangen. — J. Th. Oudemans, Eidechsen und Schildkröten. — A. Reichenow, Liste der Vögel. — F. Römer, Monotremata und Marsupialia. Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 4.) Mit 8 lithographischen Tafeln und 5 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 20 Mark. Inhalt: C. Ph. Sluiter, Tunicaten. — B. Haller, Beiträge zur Kenntnis der Morphologie von Nautilus pompilius. — Arnold Pagenstecher, Lepidoptera Heterocer. — Max Fürbringer, Lepi- doptera Rhopalocera. — Max Weber, Fische von Ambon, Java, Thursday Island, dem Burnett-Fluss und von der Süd-Küste von Neu-Guinea. Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Dritte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 8.) Mit 10 lithogr. Tafeln und 4 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 20 Mark. Inhalt: L. Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina und Thursday Island gesammelten Ophiuroidea. — L. Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina und Thursday Island gesammelten Asteroidea. — C. Ph. Sluiter, Nachtrag zu den Tunieaten. — Marianne Plehn, Polycladen von Ambon. — W. Fischer, Gephyreen. — E, Simon, Liste der Arachniden der Semon’schen Sammlung in Australien und dem Malayischen Archipel. — J. C. H. de Meijere, Die Dipteren der Semon’schen Sammlung. Be a En a un ZU Tafel XVII. Big Blutgefäss. Eps „Epithelscheide“ der Zahnanlagen. Os Knochengewebe der Zahnbasis (gelber Ton) Knpl Knorpel. D Dentin (orange Ton). Msch Mesenchym. Ep Epithel der Mundhöhle (blauer Ton). Ppl Zahnpapille. Was die Bezeichnung der Zahnindividuen mit den Buchstaben a,—a,, b,—b;, C,, C9, %ı— Vz, 0,—05, 2, und Ps etc. anlangt, so vergleiche man zum näheren Verständniss die Textfiguren A und C (Oberkiefer) und B und D (Unterkiefer), sowie den Text selbst. Fig. I. Querschnitt durch den Oberkiefer eines jungen Ceratodus, Stadium 44, im Bereich des später zahn- tragenden Abschnitts. Vergr. 270. Querschnitt durch den Oberkiefer eines jungen Ceralodus, Stadium 44!/,. Erstes Auftreten der Zahn- papillen. Vergr. 270. Längsschnitt durch die rechte Oberkieferhälfte eines jungen Ceratodus, Stadium 45, im Bereich der Zahnanlagen b, und a,. Die Zahnanlagen genau im Längsschnitt getroffen. Vergr. 270. Querschnitt durch den Oberkiefer eines jungen Ceratodus, Stadium 45!/,, im Bereich der Zahnanlagen a, und ec, (vergl. auch Textfigur C). Aus topographischen Gründen ist auf diesem Schnitte die Schleimhaut nicht genau quer, die Zahnanlagen nicht genau längs getroffen, worüber im Text S. 118 Näheres nachzulesen. Vergr. 270. Querschnitt durch den Unterkiefer desselben Exemplars im Bereich der Zahnanlagen o,, »,, P, (vergl. auch Textfigur D). Vergr. 270. Horizontalschnitt durch den Oberkiefer eines jungen Ceratodus, Stadium 48. Die Zahnanlagen etwas schief getroffen, so dass rostralwärts Querschnitte der Spitzen, caudalwärts Querschnitte der Dentin- basen, noch weiter caudalwärts Flächenschnitte der aus spongiösem Knochengewebe bestehenden Platten vorliegen, die die auf diesem Stadium in ihrem Dentintheil noch meistentheils unver- schmolzenen Einzelzähne vereinigen. Vergr. 102. Sagittalschnitt durch den Oberkiefer eines jungen Ceratodus, Stadium 48, auf der Höhe der Zähne b,, e, rechterseits (vergl. Textfigur A). Beide Zähne sind genau im Längsschnitt getroffen, aber nur Zahn b, durch die Spitze, Zahn c, etwas seitlich von der Spitze, die auch bei diesem Zahn schon frei aus der Schleimhaut herausragt. Man sieht die Odontoblasten besonders an der Spitze der Papillen Fortsätze entsenden, die in die Dentinröhrchen ausstrahlen. Vergr. 480. Zn „Semon, Zahnentw.d.Ceratodus. ri JEN.DENKSCHRIFTEN Ba.IV. Semon, Forschungsreisen Bd. I. Taf.XVIl. e En | Se S Ö&\ ZI € \ 2 {1 N er g RR S TOIEH) | 058 x SS N ee a h DE, 13) S DU = « IR ’ 5 )\ Ei > 6) St iv [eI®) D S © a Ss | : een << | een. 288 29,8 Be SS Go ER S = >S ri SITE a jö a ee 8 I Tage apf gez. Verl v. Gustav Fischer, Jens. == TitvAnstswAGitsch Jena Tafel XIX. Entwickelung der Bezahnung des Oberkiefers nach Präparaten, bei denen durch Behandlung mit verdünnter Kalilauge die Weichtheile zerstört resp. bis zum Verschwinden aufgehellt und nur Dentin und Knochengewebe sichtbar geblieben ist. Dentin durch orange, Knochengewebe durch gelben Ton bezeichnet. Ueberall 102-fache Vergrösserung. Fig. 8. Oberkieferzähne Stadium 45!/3. „ 9. Oberkieferzähne Stadium 46. „ Io. Oberkieferzähne Stadium 47. „ II. Oberkieferzähne Stadium 48. ‚‚emon, ZahnenwrdCeraodus. ___________JEN.DENKSCHRIFTEN Ba.lV, Semon, Forschungsreisen Bd;1. Taf.XIX, L y A | | eg em 2 = > CKrapilfer. i Verl.v. Gustav. Fischer, Jena LithAnstv.AGilisch.Jena. Tafel XX. Fig. 12-14. Entwickelung der Bezahnung des Unterkiefers. Die Präparate entsprechen den Oberkiefer- präparaten der Tafel XIX. Fig. ı2 Stadium 46, Fig. ı3 Stadium 47, Fig. 14 Stadium 48. Ueberall 102-fache Vergrösserung. „ 15. Optischer Längsschnitt eines einzelnen Unterkieferzahnes des Stadiums 48 (p, der linken Unter- kieferzahnplatte, Fig. 14) bei 624-facher Vergrösserung. D gewöhnliches Dentin („Röhrenzahnbein“), Vd Vitrodentin, Pld Pulpadentin, Os Knochen. reisen Bd.l. Taf.XX. Semon,Forse Ceratodus. 1 Ri G Anentw. Ss ae Semon, _ JEN.DENKSCHRIFTEN Ba. IV. N RS Lith Anstv AGılisch Jena, Verl.v. Gustav Fischer, Jena. = N u - . - er u x < . Im: E ” 2 I: 7 x . Zu u x S 2 j t :# ö 1 { z E N “ N . N 5 Re 5 ae * IO. Tafel XXI. Museulatur der Ceratodus-Brustflosse (Fig. 2—ı1) und -Bauchflosse (Fig. 1). Natürliche Grösse. I, II, III etc. Querglieder des Axenstrahles (Mesomeren) in proximo-distaler Reihenfolge (vergl. Taf. XXIII, Fig. 1). 1, 2, 3 etc. Inscriptiones tendineae der Hauptmuskeln in proximo-distaler Reihenfolge. d dorsaler Flossenrand. v ventraler Flossenrand. Getüpfelte Flächen bezeichnen Knorpel. Alle Figuren sind nach linken Flossen gezeichnet, aber zur Erleichterung des Vergleiches mit anderen Figuren dieser Abhandlung spiegelbildlich reproducirt. Mediale Oberfläche einer rechten Bauchflosse. Nervenplexus nach Eintritt in die Musculatur durch Strichelung auf eine kurze Strecke hin eingezeichnet. (Wegen der Details vergl. Taf. XXVI, Fig. 2.) Laterale Oberfläche einer rechten Brustflosse. Ansicht der Flossenbasis (lateraler Theil) von unten. Die 1. Inscriptio schliesst an diejenige in Fig. 2, rechte Seite, an. Längsschnitt durch die laterale Musculatur, ein wenig rechts von der Mitte der Flosse (verg]. Fig. 2). Zwischensehnen bis zur Anheftung am Seitenrande des Axenstrahles freipräparirt. Nach unten zu biegt der Schnitt vom Axenstrahl ab und folgt einem postaxialen Seitenstrahl ($. Str.). Bei Proc. trägt das I. Mesomer einen starken Vorsprung. Schrägschnitt durch die postaxiale Partie der lateralen Musculatur. Die Beziehungen der Zwischen- sehnen und Muskelfasern zum 6. Paramer sind freipräparirt. Proc. bezeichnet einen Vorsprung des II. Mesomers. Aehnlicher Schnitt wie bei Fig. 5, nur weiter proximal zur Freilegung des 3. und 4. Paramers (5. Str.) angebracht. Um die Insertionen am inneren und äusseren Skelet deutlicher zu machen, ist die Musculatur an der I. Inscriptio durchgeschnitten (x). Die distalen Bündel sind auseinandergeklappt. Das nach rechts verlagerte ist mit a bezeichnet. Proc. wie bei Fig. 5. Ventrale Partie der lateralen Musculatur am Beginn des Hornfädensaumes. Das 1. postaxiale Paramer (vergl. Taf. XXIII, Fig. I) ist partiell sichtbar. Ansatz der 3. Zwischensehne mit kleiner Verbreiterung am III. Mesomer. Befestigungen der Inscriptionen und Muskelfasern am Axenstrahl. Im unteren Theile der Figur geht die Musculatur auf die Basis eines distalen präaxialen Seitenstrahles über. Dieser ist selbst nicht mehr gezeichnet. Schnitt durch die laterale Musculatur in der postaxialen Partie zur Freilegung der beiden vordersten Mesomeren und des I. und 2. Paramers ($. Str). Wie in Fig. 6 ist die distale Musculatur nach Ablösen an der 1. Inscriptio (hier nur partiell) zur Seite geklappt: Bündel a und b. Die tiefen Muskel fasern ec liegen in ihrer natürlichen Stellung. Proc. wie in Fig. 4. Dorsaler Rand der Flosse proximal vom Hornfädenbesatz (am Flossenstiel). Befestigung der Fasern des lateralen Muskels am I. und II. Mesomer und dem Basalglied des I. Paramers ($. Str.). M. dors. der dorso-mediale Hauptmuskel. ch, Jena. :S “ EihAnswrAck Semon Forschunsreisen Bd] Taf. XX]. JEN. DENKSCHRIFTEN Bd.W. Verl. Gustav Fischer, Jena us, Ceratodusflosse, Musk. u Nerven. Tafel XXI. Nerven und mediale, der Rumpfwand anliegende Fläche der Museulatur der rechten Brustflosse Fig. 71. ” bei Ceratodus (Fig. ı) und Selachiern (Fig. 2—4). 1, 2 etc. in Fig. I wie in Taf. XXI. 1, 2, 3, 4 etc. bei Nerven bezeichnen in allen Figuren die serialen Spinalnerven und alle Aeste eines jeden. a, b etc. occipito-spinale Nerven (FÜRBRINGER, 1897). 2, y.... occipitale Nerven (FÜRBRINGER, 1897). R.c. sensible Hautäste. Ceratodus forsteri Kr. 2!/, mal vergr. Ol Clavicula, Cl’ Cleithrum, G Gelenkfortsatz des pr a Schultergürtels, I erstes, II zweites Mesomer. Rechts oben ein Stück der Rumpfwand. Die Bauch- musculatur von dem durch rothe Tüpfelung wiedergegebenen Schnitte ab nach links entfernt. In der Schnittfläche ist der Plexus omopterygialis posterior freigelegt. Das Bild entspricht in seiner Stellung Fig. 3, Taf. XXI. Doch ist auch der dorso-mediale Hauptmuskel, welcher dort nur theil- weise angedeutet ist, gezeichnet. Die Nerven schliessen mit ihren Anfängen an das Ende der Rr. pterygiales der Taf. IX, Fig. ı (Braus, 1898 A) an. Hexanchus griseus Cuv. ?/, nat. Gr. R.v. Endast des Ramus ventralis (für den ventralsten Theil der Bauchmusculatur), Metapt. Metapterygium. An demselben sieht man ein kurzes proximales Quer- glied (GEGENBAUR, 1865), welches mit dem Schultergürtel in Gelenkverbindung steht. » postaxialer Radius. Laemargus borealis MürL. HENLE. ?/, nat. Gr. (Linke Brustflosse, spiegelbildlich reproducirt.) Die Ansatzstellen der Bauchmusculatur am Schultergürtel sind durch rothe Strichelung markirt. Die Bauchhaut ist mit ihren sensiblen Nerven freigelegt (grau getönt). Am Rande der Flossen- musculatur bildet sie einen Umschlagsrand (Zusammenhang mit der Flossenhaut). Muskelkategorien des dorsalen Hauptmuskels ihrer Zusammengehörigkeit nach mit den gleichen lateinischen Ziffern versehen (vergl. Text p. ISI). Acanthias vulgaris Rısso. 2mal vergr. Arteria zonalis (subclavia) und brachialis roth, Vena brachialis violett. Mm.z2.k. Musculi zono-keratoidei, Mm.z.pt. Musculi zono-pterygiales, MUm.pt.k. Musculi pterygo-keratoidei. Bauchhaut mit Nerven wie in Fig. 3 (nur ohne Ton). Die gezackten Linien geben die Lage der Bauchmuskelinscriptionen an (vergl. Textfigur 6, p. 170; an diese schliessen Rr. pterygiales mit ihren Anfängen in Fig. 4 dort an, wo sie in Textfigur 6 in die Bauchmusculatur eindringen). Bauchmusculatur abgetragen. Schnittrand rechts, dunkel getönt. Braus, Ceratodusflosse, Musk. u. Nerven. 2. HEXANCHUS. Metapt.- -- - -- Braus gez. JEN. DENKSCHRIFTEN. Bd. IV. 3. LAEMARGUS. 1. CERATODUS. Mventxo.lar =" Verl.v. Gustav Fischer, Jena. M.dorso. med. m, Y U NONE Sa SERIE Semon, Forschunssreisen,Bal.Taf. XXI. 4: ACANTHIAS. Lith. Anst.v.A.Giltsch Jena. N Fig. 1. Tafel XXI. Bezeichnung der Nerven wie auf Taf. XXI. Ceratodus forsteri Kr. Brustflosse. Knorpelskelet in blauen Contouren angedeutet. Durch dasselbe hindurch sieht man die Innenfläche des ventro-lateralen Hauptmuskels mit seinen Inscriptionen (4, 2, 3 ete.), den Befestigungen am Knorpel (rothe Tüpfel) und dem Verlauf der Muskelfasern (rothe Linien); ferner die Nerven, welche zwischen Knorpel und Unterfläche des Hauptmuskels liegen (vergl. Technik, Text p. 160). 2°/;mal vergr. (Nach Zeichnung in 4facher Grösse verkleinert.) Die Parameren sind, in proximo-distaler Richtung, prä- und postaxial mit 7, 2, 3, 4 etc. beziffert. Die Nervenbezeichnungen am linken Rande der Figur (2, a und a, b) mit unrichtigen Verweisungs- strichen (vergl. Text p. 159 Anm.). Die basalen Theile der Hornfäden sind mit dunkelgrauen Linien angegeben. Die Nerven, welche zwischen sie hinein verlaufen, sind Hautäste. Die Nerven der Figur schliessen mit ihren Anfängen an die ventralen Aeste in Fig. I, Taf. XXII, an. Acanthias vulgaris Rısso. Brustflosse. Knorpelskelet, ventraler Hauptmuskel und Nerven in der- selben Darstellung wie in Fig. I. Vergr. wie bei Fig. ı. Die präaxialen Musculi radiales sind mit griechischen, die postaxialen mit lateinischen Buchstaben, von der Axe (A) beginnend, bezeichnet. Die Radien des Skelets tragen deutsche Bezifferung, und zwar sind prä- und postaxiale Radien für sich als je eine Reihe numerirt. Axenstrahl = 1. Die Nerven, welche über die Grenze der Musculatur nach rechts hinauslaufen, gehen zur Haut. Die Anfänge der Nerven schliessen an die Enden der ventralen Theiläste in Fig. 4, Taf. XXII, an (dieselben sind dort hinter der Vene durch Punktirung angegeben). Acanthias vulgaris Rısso. A. Nerven von der Innenseite der Bauchwand (vergl. Textfigur 6, p. 170), !/, mal vergr. Insc.tend. Inscriptiones tendineae, R.pt. Ramus pterygialis communis. B. Flossenbasis von der lateralen Seite, nat. Gr. Ursprung des dorsalen (M.pt.dors.) und ventralen (M. pt. ventr.) Hauptmuskels. M.abd. Musculus abductor. » 4. Hexanchus griseus Cuv. Dasselbe wie Fig. 3B. °/, nat. Gr. P Propterygium. Bezüglich Fig. 3B und 4 vergl. Text p. 175 Anm. ı. JEN. DENKSCHRIFTEN Bd. 44 | Semon, Forschungsreisen.Bd ITaf.XX11l. Braus, Ceratodusflosse Musk u. Nerven. I - 3. ACANTHIAS, -» | | “ 1. CERATODUS, Ser Insc. tend. 4, HEXANCHUS. M.pt,ventr. RR 2. ACANTHIAS. Mpt „dors. BEaDE M-pt.dors. —i ; Lith-Anst.v. A Giltsch, Jena, Braus gez.. VerlLv Gustav, Rischer Jena. ‘ Deal 10.007. Tafel XXIV. Hexanchus griseus CUV.,. Nerven der inneren Bauchwandfläche. (°/, nat. Gr., Originalzeichnung in nat. Grösse.) Bezeichnung der Nerven siehe Taf. XXII. ], 11, III etc. Pseudomyomeren der Rumpfwand, beginnend beim Schultergürtel (Corae.). R.pt. Ramus pterygialis communis. Die Fortsetzung desselben vergl. Taf. XXII, Fig. 2. Die Stelle » ist links oben in ofacher Vergr. (auspräparirt) gezeichnet. Braus, Beratodustlosse, Musk. u. Nerven. JEN. DENKSCHRIFTEN, Bad. IV. Semon, Forschungsreisen Bd. 1.Taf. X. HEXANCHUS. Vena pariet, = = S S Braus gez, Verl. v Gustav Fischer, Jena. Lith.Anst.v: A.Giltsch Jena. % a e. Fig. 1. ” 2. Tafel XXV. Brustflosse von Acipenser ruthenus L. Bezeichnung der Nerven vergl. Taf. XXI. Mediale, der Rumpfwand anliegende Fläche der Flosse. 3mal vergr. Flossenskelet und Nervenplexus auf diesem durch Entfernung des dorsalen Hauptmuskels freigelegt (die Contouren des letzteren durch roth gestrichelte Linie angegeben). 5mal vergr. Die punktirt gezeichneten Nerven liegen nicht fest auf dem Knorpel, sondern innerhalb des Hauptmuskels. Die Anfänge der Nerven dieser Figur schliessen an die Enden der dorsalen Aeste (Rr. pteryg.dors.) von Fig. ı an. Einige Knochenstrahlen des Hautskelets am linken unteren Rande der Figur angedeutet. Chondrale Fläche des ventralen Hauptmuskels nach partieller Abtragung des Knorpelskelets, der Clavicula und des knöchernen Randstrahles. 2mal vergr. Es sind nur einige Nerven eingezeichnet. Dieselben schliessen mit ihren Anfängen an die Rr. pterygiales ventrales der Fig. ı an. Bezüglich der übrigen Nerven des Plexus vergl. Textfigur 18, p- 223. Braus, Ceratodusflosse, Musk. u IIerven. JEN. DENKSCHRIF TEN, Bd.IV. Semon Forschimssreisen, Bd.I. Taf-XXV. ACIPENSER, Braus gez. Verl v. Gustav Fischer, Jena Lith Anst.v. AGiltsch, Jena Fig. 1. Tafel XXVI. Brustflossen von Knorpel- und Knochenganoiden. (Fig. 1A, 2, 3 rechte Flossen; Fig. IB-E, 4A und B linke Flossen.) Nervenbezeichnung wie auf vorhergehenden Tafeln (vergl. auch Text p. 200 Anm. 1). Muse. depr. Musculus depressor. Musc.levat. Musculus levator. Muse. abduct. Musculus protractor (vergl. Text p. 211 Anm.). Muse. adduct. Musculus retractor (vergl. Text p. 21I Anm.). Polypterus bichir GEOFFR. Fig. 1A. Mediale Fläche des Flossenskelets mit den aufliegenden Nerven, durch Abtragung des auf ihm befindlichen dorso-medialen Hauptmuskels sichtbar gemacht. 5mal vergr. Die Nervenäste für den ventro-lateralen Hauptmuskel quer schraffirt. Die Nervenäste des Plexus dorsalis, welche nicht dem inneren Skelet anliegen, sondern sich zwischen den Muskelfasern befinden, mit gestricheltem Contour. Die Grenzen des abgetragenen Muskeltheiles durch roth gestrichelte Linien markirt. Im Nervenloch des primären Schultergürtels ein Gefäss (s. Fig. 2). Der Knorpel des Schultergürtels war mit einer sehr dünnen Knochenschale bedeckt, welche nicht reproducirt ist. M. levator von seinem Ursprung am Cleithrum abgelöst. | Fig. ıB. Längsschnitt durch den dorso-medialen Hauptmuskel über der Cartilago centralis. Letztere und ein ihr ansitzender Endradius ist durch Wegnahme der links von dem Schnitte befindlichen Musculatur freigelegt. 5mal vergr. Zw. S. Zwischensehne, Mm.z.k. Musculi zono- keratoidei, Mm.pt.k. Musculi pterygo-keratoidei. Der Nerv ist derselbe wie der in Fig. IA an derselben Stelle des Marginale praeaxiale (spiegelbildlich) liegende Ast. Fig. 1C. Längsschnitt wie in Fig. ıB, aber durch die Musculatur über dem Marginale post- axiale. Der freipräparirte Muskellängsschnitt ist in Fig. IB und C ein wenig nach rechts zur Seite geschoben, um ihn besser von der Fläche sichtbar zu machen. Fig. ıD. Oberflächenansicht des ventro-lateralen Hauptmuskels. 4mal vergr. Der Schulter- gürtel und M. protractor (M.abduct.) sind theilweise mit einer derben Bindegewebsmasse (weiss) bedeckt. Am distalen Ende des M. depressor tritt das knorpelige Actinale des Marginale postaxiale partiell an die Oberfläche Fig. ıE. Dasselbe wie in Fig. ıD, jedoch auf die basale Partie der Flosse beschränkt und nach Entfernung des M. protractor (M.abduct. Fig. ıD). 5mal vergr. Auch die Bindegewebsmasse ist vom Schultergürtel entfernt. Primärer Schultergürtel blau (vergl. Fig. IA). Die roth punktirte Linie giebt die proximale Grenze des Ursprunges vom M. protractor an. Polypterus-Flosse wie in Fig. IA, aber mit Erhaltung der dorso-medialen Musculatur. 4mal vergr. Auch der M. levator liegt in situ. Die Nerven sind von ihrem Austreten aus der Wirbelsäule und dem Schädel ab gezeichnet. Auch die Anfänge der ventralen Fortsetzungen zur Rumpfwand sind angegeben, und zwar sind mit Pl.cerv. die cranial vom Schultergürtel, N. metaz. I, II etc. die caudal vom Schültergürtel verlaufenden bezeichnet. X. N. vagus. Beim Austritt aus der Wirbelsäule sind die Foramina der letzteren durch einen Querstrich an den vordersten Nerven angedeutet und die ventralen Nervenwurzeln mit v, die dorsalen mit d angegeben. Zw.S Zwischensehne, L. Ligamentum cleithro-vertebrale (KLaaTscH). Vom Hautskelet sind nur einige Knochenstäbe eingezeichnet. Acipenser ruthenus L. Ansicht der dorsalen Brustflossenoberfläche. 2?/,mal vergr. Der Schulter- gürtel ist in seiner oberen Partie quer durchschnitten. Der erhaltene Theil ist in starker Verkürzung gezeichnet. Nerven wie in Fig. 2. Die Schädelwand ist jedoch schematisch durch einen dunkel schattirten Streifen (wie im Längsschnitt) eingetragen. Man beachte die theilweise verschmolzenen Kanäle für die ventralen und dorsalen Nervenwurzeln und Lage mancher Spinalganglien in der Schädelwand oder selbst Schädelhöhle (vergl. dazu Stannıus, 1854, p. 140). R.v. die hinteren Rr. ventrales der Spinalnerven (weiter vorn sind dieselben mit R.m.z. I, IT = Rami metazonales, wie in Fig. 2, bezeichnet), ©. I, II, III etc. Rippen. Dieselben sind dort, wo sie seitlich zur ventralen Rumpfwand abbiegen, durchschnitten. Auch die Verbindung mit Schädel und Wirbelsäule ist nicht gezeichnet. @.K. Kapsel des Gelenkes zwischen Randstrahl und Schultergürteiknochen. Amia calva L. 2mal vergr. Fig. 4A. Ansicht der Brustflosse und ihrer medialen Fläche von oben. Der Schultergürtel ist in seinem dorsalen Theile durchsägt und nach links zur Seite geklappt, um die Museulatur von der Fläche sichtbar zu machen. Nerven wie in Fig. 2. Die Rippen (schräg schraffirt) sind an ihrem lateralen Ende complet wiedergegeben. Lig. Ligamentum cleithro-vertebrale und seine Lage zu den Spindelnerven (vergl. van WIJHE, 1882, p. 89, 90). An den Nerven ist die Stelle, an welcher die Rr. pterygiales in die Rumpfwand von innen sich einsenken, durch eine Linie schematisch De Die Rr. ventrales (R.v.) hören an derselben auf, weil sie hier zur ventralen Bauchwand umbiegen. Fig. AB. Dasselbe wie in Fig. 4A, aber nach Entfernung der Musculatur. Die Nerven schliessen an die Rr. pterygiales dorsales von Fig. 4A an und tragen die entsprechende seriale Bezeichnung. Die Grenzen der Musculatur sind mit einer roth gestrichelten Linie angegeben. x ein isolirtes Knorpelchen neben dem Metapterygium. Die punktirt gezeichneten Nerven liegen zwischen den Muskeln, die glatt contourirten auf dem inneren Skelet. JEN. DENKSCHRIFTEN, Bd. W. Semon, Forschungsreisen Bd.I. Taf.XXVL Braus, Ceratodustlosse, Musk. u Nerven. 3, AÜORENESIEIT, », 20 DAR RUS: x. 41. POLYPTERUS A Pl.cerv-- AmzlI = -Marg.praeax. Marg.postax.- 3 »Cleith.ventr. N.metaz.l. Merg praeax. "7 Mm. 2, pt-- Cart.cenir. -< Beil dors. Lith.Anstv.A.Gltsch, Jena. ralb-ge2: | j ; Verl.v. Gustav Fischer, Jena - ü 3 E - r Bea Seh Ta Tafel XXVI. Nervenbezeichnung wie auf vorhergehenden Tafeln. Die Rr. pterygiales laterales (dorsales) sind nur an ihrem Beginn zu sehen (grau getönt). Fig. 1. Necturus lateralis. Ansicht der rechten vorderen Extremität von der medialen Seite. 4mal vergr. (Originalzeichnung 5 mal vergr.) Muskelbezeichnungen. (Nach FÜRBRINGER, 1873, 1874; EISLER, 1805; GEGENBAUR, 1898.) M.a.c. Musc. anconaeus coracoideus (FBR). M.a.h.l. Musc. anconaeus humeralis lateralis (FBR.). M.a.h.m. Musc. anconaeus humeralis medialis (FBR.). M.a.s. Musc. anconaeus scapularis (FBR.). M.c.br. Musc. subscapularis (FBR.) M.c.br.br. Musc. coraco-brachialis brevis (FBR.). M.c.br.l. Musc. coraco-brachialis longus (FBR.). M.c.br.pr. Musc. coraco-brachialis proprius (FBR.). M.d.h. Musc. dorso-humeralis (FBR.). M.f.m. IV p.l. Musc. flexor metacarpi IV profundus longus (Eısr.). M.h.a.m. Musc. humero-antibrachialis inferior (GGB.). M.h.m.v.m. Musc. humero-metacarpalis volaris medius (GGB.). M.h.m.v.r. Musc. humero-metacarpalis volaris radialis (GGe.). Nur mit gestricheltem Contour eingezeichnet. (Der Muskel wurde im Präparat entfernt.) M.h.m.v.u. Musc. humero-metacarpalis volaris ulnaris (GG2.). M.p. Musc. pectoralis (FBR.). Mm.d.br.s. Musculi digitorum breves superficiales (Eısr.). Mm.p.pr. Musculi palmares profundi (Eıst.). M.pr.h. Musc. procoraco-humeralis (FBR.). pr.m. prozonale Rumpf-(Hals-)Musculatur. M.s.c. Musc. supra-coracoideus (FBR.). x Durchschnittsstelle des Musc. anconaeus coracoideus am Ursprung und inmitten seines Bauches. Im Winkel zwischen M. subscapularis und M. dorso-hum. liegt der M. dorsalis scapulae. Nervenbezeichnungen. R.c. Ramus cutaneus. Rr.pr. Rami prozonales. Skeletbezeichnungen. C Centrale. Scap Scapula. Cor Coracoid. U Ulna. H Humerus. u Ulnare. > D an 2, 3, 4, 5 Carpalia (distale Reihe). rocor Procoracoid. Metacarpalia in Fig. IB. R Radius. UPEREPENTZET | Finger = Fig. I IN r Radiale. Fig. 1A. Die Nervenäste tragen bei ihrer distalen Verbreitung eine Bezeichnung durch Ziffern, welche die seriale Zusammensetzung des betreffenden Astes angeben. Bezüglich der Ziffern 4 und 5 vergl. Text p. 261. Die Contouren der von aussen den Schultergürtel bedeckenden Muskeln sind mit rothen punktirten Linien angegeben (die Nervenäste derselben, soweit sie Rr. ventrales sind, ebenfalls punktirt eingetragen). Da, wo Musc. procoraco-humeralis und Musc. supra- coracoideus zusammenstossen, liegt hinter dem an dieser Stelle schräg mit grauen Schattenlinien schraffirtem Schultergürtel der Proc. lateralis humeri, an welchem diese Muskeln inseriren. Fig. ıB. Mittelhand und angrenzende Theile nach Entfernung der Musculatur. Die dem Skelet anliegenden Nerven mit ausgezogenen, die in der Musculatur befindlichen mit punktirten Contouren versehen. Die Nerven liegen sämmtlich über dem Skelet, auf den Beschauer zu. In ‘+ u befindet sich ein Gefässloch. Fig. 2. (eratodus forsteri Kr. Ansicht der linken hinteren Extremität von der medialen Seite. 2mal vergr. Der ventro-mediale Hauptmuskel ist entfernt (sein Contour mit rother, seine Inscriptionen mit schwarzer Strichelung markirt). Das Becken ist in der Mittellinie der Bauchwand durchtrennt. @ Gelenkfortsatz desselben, I, II, III etc. Mesomeren des Axenstrahles. Braus Ceratodusilosse Musk.u. Nerven. JEN. DENKSCHRIFTEN, Ba.IV. Semon Forschunssreisen,Bd 1.Taf. XXVT. Ilm mt 2. CERATODUS. 1. NECTURUS. LINKS! RECHTS! ventral. Verl.v. Gustav Fischer, Jena Lith.Anst.v A Giltsch, Jena. Tafel XXVII. Reehte Bauchflossen von Knorpel- und Knochenganoiden. Nervenbezeichnung wie auf den vorhergehenden Tafeln. Die Grenzen zwischen den Basalia des Knorpelskelets in Fig. 1, 2A, 2B und 3 werden verständlich durch Berücksichtigung der Flächenansichten in Taf. XXIX, Fig. 4, 2 und 3. Polyodon folium Lac£p. Ansicht von der medialen Seite aus. _4mal vergr. I, II, 1II etc. Basalia (Basalplatten und -segmente) des Knorpelskelets, Plex Geflecht der ventralen Rumpfnerven, e am Ende abgeschnittener Nervenäste, giebt an, dass der betreffende Nerv die Bauchmusculatur versorgt (R.:. c.). Die Fascie, von welcher die dorsale Musculatur im Präparat entspringt, ist entfernt worden. Die Muskelursprünge sind entsprechend den Dorsalfortsätzen des inneren Skelets in Schichten zertheilt. Doch treten diese erst bei der Präparation deutlich hervor. In den Figuren sind sie eher verstärkt wiedergegeben. Acipenser stellatus PALL. Fig. 2A. Ansicht der dorsalen Fläche. 3mal vergr. Die Fascie, welche die Ursprünge der dorsalen Musculatur bedeckt, ist wegpräparirt. Die Muskelursprünge roth getüpfelt. Die Basalplatte des inneren Skelets setzt sich in einen dorsalen Fortsatz fort, dessen Spangenstück (Sp) rechtwinklig umbiegt und horizontal liegt. Die Befestigungsstellen der Bauchmusculatur am Knorpel sind mit roth gestrichelten Contouren angegeben (der vordere grenzt vom cranialen Rande der Basalplatte einen schmalen Streifen und vom Spangenstück einen Zipfel ab, der hintere vom caudalen Rande einen viel kürzeren schmalen Streifen). Fig. 2B. Ansicht wie in Fig. I. 4mal vergr. Doch ist der cranial und dorsal von der Basal- platte befindliche Theil der Bauchmuseculatur erhalten (grau). Die Schnittfläche der Bauchmittellinie caudal und ventral vom Knorpel durch Contour (gestrichelt) markirt. R.d. Ramus pelyco-pterygialis dorsalis, R.v. Ramus pelyco-pterygialis ventralis. Scaphirhynchus kaufmanni. Ansicht wie bei Fig. I. 5mal vergr. Die Contouren der Ansatzstellen der Bauchmuskeln wie in Fig. 2A angegeben (siehe Erklärung zu dieser), aber mit schwarz gestrichelten Linien. Der Contour der caudal vom Becken liegenden Bauchmusculatur findet sich hier auch am Dorsalfortsatz, wo er dem hinteren Contour desselben folgt, und am dorsalen Rande der medialen Enden der Basalia. Der vordere Contour nimmt das ganze Spangenstück (Sp) ein. Der erste dorsale Nervenast läuft vor dem Eintritt in den Dorsalmuskel eine Strecke weit unter dem Perichondrium des Dorsalfortsatzes der Basalplatte hin (kein eigentlicher Knorpelkanal). Polypterus bichir GEOFFR. Fig. 4A. Ansicht der ventralen Oberfläche der rechten und des Basaltheiles der linken Flosse. 2mal vergr. Fig. 4B. Ansicht der dorsalen Oberfläche der rechten Brustflosse. 31/,mal vergr. Braus, Ceratodusflosse, Musk. u. Nerven. JEN. DENKSCHRIFTEN, Bd .lV. Semon Forschunssreisen, BdI.Taf. ZAVIL 1. POLYODON. 2. ALIEN SIEIR . u BO)LDORINE US. A Mpt.eomyentnsinist. f ü Musk.pt com ventr. H \ ı Sıypmost yr Syn chandr. F 3. SCAPHIRHYNCHUS, - Musc.pteryg. comm.venindext, N Lith Anst.v. AGlltsch Jena Verl.v Gustav Fischer, Jena. Tafel XXIX. Ventrale Muskeln und Nerven der Bauchflossen von Squaliden (Fig. ı) und Ganoiden (Fig. 2—5). 5 1lo Fig. 1, 3 und 4 (rechte Flossen) nach Art der Fig. ı und 2, Taf. XXIII (siehe Erklärung zu diesen). Fig. 2 und 5 (linke Flossen) nach Art der Fig. 2, Taf. XXV (siehe Erklärung zu dieser). Nervenbezeichnungen wie in den vorhergehenden Tafeln. Ursprünge der Muskeln am Skelet roth getüpfelt. Grenzen der Mm. radiales in Fig. I schwarz, in Fig. 2-—4 roth. Acanthias vulgaris Rısso. 4mal vergr. Mm.z.pt. Musc. zono-pterygiales, Mm.pt.k. Musc. pterygo- keratoidei. Hornfädenbesatz an einer kleinen Stelle rechts unten angedeutet. 2A. Acipenser stellatus PaLL. 5mal vergr. x Stelle, an welcher auf der anderen (dorsalen) Seite des Skelets der Dorsalfortsatz der Basalplatte (Taf. XXVIII, Fig.*2A) beginnt. Am oberen rechten Rande der Figur sind in Contouren die vordersten Knochenstrahlen des Hautskelets gezeichnet. Der Anfang der Nerven schliesst an die Rr. pterygiales ventrales von Fig. 2B, Taf. XXVIII, an. 2B. Basales Stück eines Knochenstrahles und Insertion der Muskelfasern an demselben. Hm. pt. ker. Musculi pterygo-keratoidei, Mm. tr. ker. Musculi trunco-keratoidei. Scaphirhynchus kaufmanni. 5mal vergr. R.c. Ramus cutaneus. Die Nerven schliessen, wie bei Fig. 2A, an diejenigen von Fig. 3, Taf. XXVIII, an. Polyodon folium Lac£Epr. 3mal vergr. Die punktirte blaue Linie (in ZIT) bedeutet eine Furche im Knorpel, die ausgezogenen dagegen Spalten in demselben. Blaue Ringe geben Nervenkanäle an. I, II, IIl etc. wie in Fig. 1, Taf. XXVIIl. An diese schliessen die Nerven der Fig. 4 an. Polypterus bichir GEOFFR. 4mal vergr. Die punktirt gezeichneten Nerven liegen innerhalb der Musculatur. Nerven an Fig. 4B, Taf. XXVIII, anschliessend. _ Braus, Oeratodusflosse, Musk.u. Nerven. JEN. DENKSCHRIFTEN ‚Bd IV. Semon, Forschunssreisen, Bd.l.Taf. MX. | A 2. ACIPENSER. A 1. ACANTHIAS. 3. SCAPHIRHYNCHUS. 5.POLYPTERUS. " Braus gez. Verl.v. Gustav Fischer, Jena. Lith.Anst,v. A Giltsch Jena. “ Tafel XXX, Tafel XXX. ag äussere Gallerthülle. ig innere Gallerthülle. dh Dotterhaut. thf Theca folliculi. fe Follikelepithel. Schnitt durch eines der blattförmigen Falten eines unreifen Ovariums von Ceratodus (ausgewachsenes Individuum). Vergr. 18. Schnitt durch ein unreifes, unausgewachsenes Ovarialei. Vergr. 220. Schnitt durch die Peripherie eines ausgewachsenen aber noch unreifen Ovarialeies, dessen Dotter- haut sich schon deutlich differenzirt hat. Aussen von derselben das Follikelepithel und die Theca folliculi. Vergr. 1250. Schnitt durch ein abgelegtes Ei bei Beginn der Furchung (Zweizellenstadium), um die Hüllen desselben: Dotterhaut, innere Gallerthülle (rothe Farbe) und äussere Gallerthülle zu zeigen. Die Dickenverhältnisse der Hüllen sind nach conservirtem, nicht nach frischem Material eingetragen. Wahrscheinlich ist besonders der Durchmesser der äusseren Gallerthülle in Folge von Schrumpfung bei der Conservirung verringert worden. Vergr. 16. Schnitt durch ruhende Zelle aus der dorsalen Schicht einer Blastula, Stadium 10, Vergr. oo. Schnitt durch in Theilung begriffene Zellen desselben Stadiums. Vergr. 1oo. Schnitt durch eine einzelne Zelle desselben Stadiums. Vergr. 1250. Semon, Furchung u.Entw. d. Keimbl.b Geratodus JEN. DENKSCHRIFTEN. Ba.N. Semon, Forschungsreisen, Bd.l. Taf.XAX. | E z Maria Semon gez. Verl.v. Gustav Fischer, Jena Lim. Anstv Aßltsch,Jena Tafel XXX1. Fig. 8. Tafel XXXI. Alle Figuren bei 26-facher Vergrösserung. (Die hellen Partien innerhalb der Zellen stellen nicht etwa die Kerne, sondern die ganze freie Region im Bereich der Kerne da.) ö 2. frh Furchungshöhle. Meridionalschnitt durch Stadium 2. Latitudinalschnitt durch das obere Viertel von Stadium 4. Meridionalschnitt durch Stadium 6. » » » % 8 Io. TO—II. JUle Semon, Forschungsreisen, Bd. 1. Taf: XXXL. Semon, Furchungu.Entw. d.Keimbl.b. Ceratodus. JEN. DENKSCHRIFTEN, Bd. IV. Lith.Anstv.A.Gilisch Jena. Verl.v. Gustav Fischer, Jena. Tafel XXXT. Tafel XXX. Alle Figuren bei 35-facher Vergrösserung. Ektoderm hellster Ton. Anlage des axialen Mesoderms und der Chorda mittlerer Ton. Entoderm dunkelster Ton. an After. und After (Product der seitlichen Urmund- ch Anlage der Chorda. lippen). cn Canalis neurentericus. irw' seitlicher Anschnitt dieses Trennungswulstes. ddep Epithel der dorsalen Darmwandung. umdl dorsale Urmundlippe. frk Furchungshöhle. umdl' seitlicher Anschnitt derselben. gstrh Gastrulahöhle. umvl ventrale Urmundlippe. irw Trennungswulst zwischen Canalis neurentericus umol' seitlicher Anschnitt derselben. 33 108 17. 18. 10. 20. 21a. 2Ib. Medianer Sagittalschnitt durch Stadium 12. 2, 5 ” 9 12" logo » » » » 13. » » » » 14. en 5 55 21. (Schnittrichtung in letzterer Serie nicht ganz genau sagittal.) Medianer Sagittalschnitt durch Stadium 23. (An der Chordaanlage bemerkt man im cranialen Abschnitte leichte Schrumpfungserscheinungen.) Der 5. Schnitt seitlich vom Medianschnitt derselben Serie wie Fig. 21a. Dorsale Urmundlippe, Trennungswulst und ventrale Urmundlippe sind in die seitlichen Urmundlippen übergegangen, doch sind ihre Contouren noch eben angedeutet (umdl', trw', umdv‘). Semon, Furchung u. Entw.d.Keimbl.b.Geratodus. JEN. DENKSCHRIFTEN, Ba.V. Semon,Forschungsreisen,Bd.l. Taf. XXXI, | Lith.Anst.v. A.Giltsch.Jena. | | Verl.v. Gustav Fischer, Jena. Maria Semon gez. Tafel XXX. Tafel XXXIU. Alle Figuren bei 35-facher Vergrösserung. Ektoderm hellster Ton. Anlage des axialen Mesoderms und der Chorda mittlerer Ton. Entoderm dunkelster Ton. enın ektodermale Mediannaht. Querschnitt durch den mittleren Körperabschnitt von Stadium 13—14. Querschnitt mitten durch den Urmund von Stadium 15—16 (vergl. Textfigur pP. 318). Querschnitt durch den Urmund von Stadium 19. Der 9. cranialwärts auf den in Fig. 24 dargestellten folgende Schnitt derselben Serie (Schnitt- dicke 20 u). Der 5. auf den letzteren folgende Schnitt derselben Serie. Der 27. auf den letzteren folgende Schnitt derselben Serie. Querschnitt durch das hintere Körperdrittel von Stadium 21. Die ektodermale Mediannaht war in dieser Serie nicht deutlich wahrnehmbar. ® Semon. Furchung u, Entw. d: Keimbl. b. Geratodus JJEN. DENKSCHRIFTEN, Ba.V. Semon, Forschungsreisen, Bd.l. Taf.XXXII. Maria Semon gez. Verl.v. Gustav Fischer, Jena. Lith Anscv. AGiltsch Jena. Tafel XXXIV. 33- Tafel XXXIV. Alle Figuren bei 1oo-facher Vergrösserung. Ektoderm hellster Ton. Anlage des axialen Mesoderms und der Chorda mittlerer Ton. Entoderm dunkelster Ton. emn ektodermale Mediannaht. Querschnitt durch den Anfang des hinteren Körperdrittels von Stadium 18—19. Querschnitt durch die Gegend zwischen hinterem und mittlerem Körperdrittel von Stadium 21. Querschnitt durch die Gegend zwischen mittlerem und vorderem Körperdrittel desselben Objectes wie Fig. 30. Querschnitt durch den Anfang des hinteren Körperdrittels eines Objectes, Stadium 2I, das in Bezug auf die Ausbildung und Sonderung der Chorda und des axialen Mesoderms etwas weiter fortgeschritten war als das den Figg. 30 und 31 zu Grunde liegende Object, in Bezug auf die Entwickelung der Medullarwülste aber hinter jenem zurückstand. Die ventrale Medullarnaht war in dieser Serie nicht deutlich wahrnehmbar (Fig. 28, Taf. XXXIII, giebt einen mehr caudal gelegenen Schnitt derselben Serie wieder). Querschnitt etwas caudalwärts von der Körpermitte durch Stadium 23—24. Semon, Furchungu.Entw. d.Keimbl. b, Qeratodus, i JEN. DENKSCHRIFTEN, Ba.IV. Semon,Forschungsreisen, Bd.1.Taf.XXNV. Br Maria Semon gez. - Verl.v. Gustav Fischer, Jena. Lith.Anstv. AGiltsch, Jena. Lo 194 S R 7 “ r EN ® i hV ’ a 5 h ! i | LBS \ x ERS ln % 6 N ö ö { TE ER Varlae yonieastar Fischer in er RER N FE BER, —— — Fünfter Band: Systematik, Thtergeosraphie, Anatomie wi Ber Thiere. Vier a a a, kes Lieferung 12) "Mit thographischen Tafeln an 4 Abbildungen im Na ie ka r 0 Inhaltı) P. Zschokke, Die Cestoden der Marsupialia N ie u Brsisrun me semoni, ein neuer heterocöler Kalkschwamm. — ae R. Kwietn Ale i, Actiniaria von \ Thursday Island. — Eu ‚en Burchardt, , Aleyonaceen“ von Thurse En Be r se Amboina. — L. 8. Schultze, Rhizostomen von nbon, — ,v. Linsto olminth | [errn | Richard Semon, in Australien el — L. Döderlein, Bericht über ‚die von ı Herrn Professor Semon bei Amboina und Thursday en Grinoidea. — L. Döderlein, oben einige epizoisch lebende | Ophiuroidea. — L. De Krystallkörper“ bei Seesternen und über die Wachsthumserscheinungen und Verwandtschaftsbeziehungen von Goniodiseus nr Carl Graf Attems, Myriopoden. EL De a phle, Anatomie wirbelloser Ihiere Fünfte Lieferun anzen Werkes Lieferung 17.) N Preis: 22 Mark 40 = W. Weltner, en wänme. rnst Schulz, die a von Ty Island und Amboina. Oswald Kieschnick, Kieselschwämme von Amboina. — W. Weltner, a von Amboina und Thursday Island. — Johann Staub, Neue Nemertinen aus Amboina. — RM Heller, ‚Systematische wi der Coleopteren. — G. Horväth, Hemiptera. F., Privatdozent an der Universität München, Zell- und Protoplasmastudien. Erstes Heft. Doflein, ?}: Zur en und ee der Kern- und Zelltheilung. Nach Unter- se an Noecti ji . Ai ae und 23 en im I ar aus Zoologischen ], She btheilun na und Ontoge Herausgege re XIV. Band. Preis: 7 Mark. Eine Zusammenstellung der arktischen Tierformen, mit besonderer Berück- Fauna Arctica. ng. des Spitzbergen-Gebietes auf Grund der Ergebnisse isse, der ee gan ya £ in a ismeer im Jahre 1898. Unter Mitwirkung zahlreicher Fach, en Dr. Fritz Römer in en a . Fritz en in Berlin. Ds elbie . Mit 7 Tafeln, 2 De n und 12 Abbildungen im Text. 1900. : 25 Mark. Fritz Römer und Fritz Schaudinn, Einleitung, Plan des Werkes an ehe Franz Eilhard Schulze, Die Hexactinelliden. — Johannes Thiele, Proneomenia thulensis noyv. spec. — Otto von Linstow, Die Nematoden. — Hubert Ludwig, Arktische und subarktische Holothurien. Bee Band. Zweite Lieferung. Mit ı Tafel, ı Kartenskizze und ı8 Abbildungen im Text. 1900. s: x Mark. Inhalt: W. Kükenthal, Die Wale der Arktis. Caesar Schaeffer, Die arktischen und sub- arktischen Collembola. James ne Die Ophiuriden der Arktis. W. Weltner, Die Cirripedien der Arktis. F. Doflein, Die dekapoden Krebse der arktischen Meere. von Carl von Kupffer. Gewidmet won seinen Schülern. een: ein en een re a A ae 150 Max, Bei e der Reptilien. Abdruck aus der ehninger, Denen ee a un XXVIL Tooo. Preis: 2 Direktor des anat.-bi Instituts der Berliner Universität, Die Zelle und die Gewebe. Hertwig, % Grundzüge der Anatomie und Ph; e. — Zweites Buch. Allgemeine Anatomie und Physiologie der Gewebe. Mit 89 Tele ldungen. 1898. Preis: 7 Mark. Die Entwicklung der Biologie im 19. Jahrhundert. Yan le auf der Versammlung deutscher Naturforscher zu Aachen am ı7. September ıgoo. Preis: ı Die Lehre vom Organismus und ihre Beziehung zur Er nn Universitäts-Festrede mit erklärenden Zusätzen und Litteraturnachweisen. SB Preis: ı Prof. Dr. F., Normentafeln wa Entwicklungsgeschichte er Wirbelthiere, In rs mit Keibel, Dr. ee opsch-Berlin, Prof. Dr. Mehnert-Halle a. S., Dec. S. Minot-Boston, U, en De N colas-N Prof. Dr. Re A. Ci Kernen vn Ss A a Dr. ee ns hin IC 1 5 JBsr, h geschichte. des ne ren domestiens). 1897. Preis: 2 Sn Teil: Normentafel zur Bulls des Huhnes le domestieus). Mit 3 lithogr. Tafeln. 1900. Preis: zo Mark. nn £ Arnold, o. Professor der Zoologie und uden Anatomie an der Universität und am eid- Lang, en ann Zürich, en ee der vei eichenden Anatomie der aan Assistent und 1 : ı2 Mark. AN In Kürze erscheint: Zweite Be Br Protozoa Preis: ‚etwa 8 Mark. ae = Thiere. Zweite umgearbeitete a Erste Lieferung: Mollusca. Bearbeitet von Dr. Karl t an der Uni tät Zürich. Mit 410 Abbildungen im Text. 1897. Preis: 20 Ma Dritter Band. tan onle, Su und Leber. Mit 679 Textabbildungen und 10 litho- graphischen Tafeln. a eis U Bm der Organe zu verschiedenen ee bei N ::7 M mikros- Mit 275 ee m Text und 5 litho- graphi 1896. S ———— Zweiter Band. Bela und De Mit 343 Abbildungen im Text und 4 lithographischen Tan DENKSCHRIFTEN DER MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA. VIERTER BAND. RICHARD SEMON, ZOOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. ERSTER BAND: CERATODUS. II. LIEFERUNG. MIT 1% LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 39 FIGUREN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1901. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 2033 LU I ITRIAN INNIN III FUNKE