HARVARD UNIVERSITY. LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. AR. Eu rin a8 Kuzuak 3,\acıl- } DEE j N an Th 1 m > ü ie . Eee) — a Are Ka) I aon f Jo: 2 ET FRE BE Ana Daran da. Fa NE en DENKSCHRIETREN DER MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA. SECHSTER BAND. 1. TEIL. RICHARD SEMON, ZOOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. DRITTER BAND: MONOTREMEN UND MARSUPIALIER. IL 1. TEIL. MIT 32 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 236 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1897—1901. ZVVLÖGISCHE FORSCHUNGSKEISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN DR. PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891—1893 VON PROF. DR. RICHARD SEMON. DRITTER BAND: MONOTREMEN UND MARSUPIALIER. I. 1. TEIL, NIT 32 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 236 ABBILDUNGEN IM TEXT. TEXT. "JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1897-1901. Inhaltsverzeichniss. Ziehen, Th., Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. I. Theil. Makro- skopische Anatomie. Erschienen 1897 Römer, Fritz, Studien über das Integument der Säugethiere. II. Das Integument der Mono- tremen. Erschienen 1898 Bo OR ae Ekel OD. 0 16 Dependorf, Theodor, Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. Er- schienen 1898 . a: Maurer, A., Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna und ihre Beziehungen zu den gleichen Organen bei anderen Wirbelthieren. Erschienen 1899. Seydel, Otto, Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna nebst Beiträgen zur Morphologie des peripheren Geruchsorganes und des Gaumens der Wirbelthiere. Erschienen 1899 EUR Göppert, Ernst, Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Kehlkopfes und seiner Umgebung mit besonderer Berücksichtigung der Monotremen. Erschienen 1901 Denker, Alfred, Zur Anatomie des Geliörorganes der Monotremata. Erschienen 1901 Emery, C., Hand- und Fussskelet von Echidna hystrix. Erschienen 1901 a RER E Ziehen, Th., Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. II. Theil. Mikro- skopische Anatomie. I. Abschnitt. Der Faserverlauf im Hirnstamm von Pseudochirus peregrinus. Erschienen 1901 van Bemmelen, J. F., Der Schädelbau der Monotremen. Erschienen 1901 Seite 1—187 189—241 243—402 403 —444 445—532 533 —634 635—662 663—676 677— 128 129 —198 Des ganzen Werkes Lieferung Il. ale ZÖÖLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. 7% MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN DR, PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891-1893 VON RICHARD SEMON. DRITTER BAND: MONOTREMEN UND MARSUPIALIER. II. I. LIEFERUNG. Prof. Dr. Th. Ziehen, Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. I. Theil: Makro- skopische Anatomie. MIT 96 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1897. Verlag von Gustav Fischer n Jena. Semon Dr. Richard, Professor, Zoologische Forschungsreisen in Australien und dem Malayischen ’ Archipel. Mit Unterstützung des Herrn Dr. Paul von Ritter ausgeführt in den Jahren 1891—93 von Prof. Dr. Richard Semon. (Denkschriften der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena.) Erster Band: Ceratodus. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 1.) Mit 8 lithogr. Tafeln und 2 Abbildungen im Text. 1894. Preis: 20 Mark. Inhalt: Ernst Haeckel, Systematische Einleitung: Zur Phylogenie der Australischen Fauna. Richard Semon, Reisebericht und Plan des Werkes. — Richard Semon, Verbreitung, Lebensverhältnisse des Ceratodus Forster. — Richard Semon, Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 3.) Mit 11 lithogr. Tafeln und 20 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 20 Mark. Inhalt: Richard Semon, Beobachtungen über die Lebensweise und Fortpflanzung der Monotremen nebst Notizen über ihre Körpertemperatur. — Riehard Semon, Die Embryonalhüllen der Monotremen und Marsupialier. — Richard Semon, Zur Entwickelungsgeschiehte der Monotremen. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 5.) Mit 4 lithographischen Tafeln und 40 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 16 Mark. Inhalt: GeorgRuge, Die Hautmuskulatur der Monotremen und ihre Beziehungen zu dem Marsupial- und Mammarapparate. — Hermann Klaatsch, Studien zur Geschichte der Mammarorgane. I. Theil: Die Taschen- und Beutelbildungsen am Drüsenfeld der Monotremen. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Dritte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 6.) Mit 11 lithogr. Tafeln und 6 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 25 Mark. Inhalt: F Hochstetter, Beiträge zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte des Blutgefässsystems der Monotremen. — Albert Narath, Die Entwickelung der Lunge von Echidna aculeata. — Albert Oppel, Ueber den Magen der Monotremen, einiger Marsupialier und von Manis javanica. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Vierte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 7.) Mit 6 lithogr. Tafeln und 11 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 16 Mark. Inhalt: Hermann Braus, Untersuchungen zur vergleichenden Histologie der Leber der Wirbelthiere. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Fünfte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 9.) Mit 7 lithographischen Tafeln und 13 Abbildungen im Text. 1897. Preis: 20 Mark. Inhalt: ©. Emery, Beiträge zur Entwickelungsgeschiehte und Morphologie des Hand- und Fussskeletts der Marsupialier. — Albert Oppel, Ueber den Darm der Monotremen, einiger Marsupialier und von Manis javanıca. Vierter Banl: Morphologie verschiedener Wirbelthiere. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 10.) Mit 5 lithogr. Tafeln und 47 Abbildungen im Text. 1897. Preis: 16 Mark. Inhalt: W. Kükenthal, Vergleichend-anatomische und entwickelungsgeschichtliche Untersuchungen an Sirenen. Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 2.) Mit 5 lithogr. Tafeln und 6 Abbildungen im Text. 1894. Preis: 20 Mark. Inhalt: A. Ortmann, Crustaceen. — E. y. Martens, Mollusken. — W. Michaelsen, Lumbri- eiden. — C. Ph. Sluiter, Holothurien. — ©. Boettger, Lurche (Batrachia). — ©. Boettger, Schlangen. — J. Th. OQudemans, Eidechsen und Schildkröten. — A. Reichenow, Liste der Vögel. — F. Römer, Monotremata und Marsupialia. Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 4.) Mit 8 lithographischen Tafeln und 5 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 20 Mark. Inhalt: ©. Ph. Sluiter, Tunieaten. — B. Haller, Beiträge zur Kenntnis der Morphologie von Nautilus pompilius. — Arnold Pagenstecher, Lepidoptera Heteroceraa — Max Fürbringer, Lepi- doptera Rhopalocera. — Max Weber, Fische von Ambon, Java, Thursday Island, dem Burnett-Fluss und von der Süd-Küste von Neu-Guinea. Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Dritte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 8) Mit 10 lithogr. Tafeln und 4 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 20 Mark. Inhalt: L. Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina und Thursday Island gesammelten Ophiuroidea. — L. Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina m Bisher erschienen. und Thursday Island gesammelten Asteroidea. — €. Ph. Sluiter, Nachtrag zu den Tunicaten. — Marianne Plehn, Polycladen von Ambon. — W. Fischer, Gephyreen. — E. Simon, Liste der Arachniden der Semon’schen Sammlung in Australien und dem Malayischen Archipel. — J. C. H. de Meijere, Die Dipteren der Semon’schen Sammlung. John, D. Sc., University Lecturer in Comparative Embryology and in Vertebrate Morphology, Edin- Beard, burgh, On certain problems of Vertebrate Embryology. 1896. Preis: 2 Mark. The Span of Gestation and the Cause of Birth. A study of the critical Period and its effects in Mammalia. 1897. Preis: 3 Mark. Groos, Dr. Karl, Professor an der Universität in Giessen, Die Spiele der Thiere. ı896. Preis: 6 Mark. Heymons Dr. Richard, Privatdocent und Assistent am Zoologischen Institut der Königl. Universität ° in Berlin, Die Embryonalentwickelung von Dermapteren und Orthopteren unter besonderer Berücksichtigung der Keimblätterbildung monographisch bearbeitet. Mit ı2 lithographischen Tafeln und 33 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 30 Mark. Keibel Prof. Dr. F., Normentafeln zur Entwicklungsgeschiehte der Wirbelthiere. In Verbindung mit ” Dr. Kaestner-Leipzig, Dr. Kopsch-Berlin, Dr. Mehnert-Strassburg i. Els.. Prof. Dr. C. S. Minot-Boston, U. S. A., Prof. Dr. Nicolas-Nancy, Prof. Dr. Reichard-Ann Arbor, Dr. Schaper- Boston, U. S. A., Prof. Dr. Semon, Dr. Sobotta-Würzburg, Prof. Whitman-Chicago herausgegeben von Prof. Dr. F. Keibel, Freiburg i. Br. I. Normentafeln zur Entwicklungsgesehichte des Schweines (Sus serofa domestieus). Preis: 2o Mark. DENKSCHRIETEN DER MEDICINISCH-NATURWISSENSCHÄFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA. SECHSTER BAND. RICHARD SEMON, ZOOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. DRITTER BAND: MONOTREMEN UND MARSUPIALIER. II. I. LIEFERUNG. MIT 96 ABBILDUNGEN IM TEXT. \ JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1897. ZÖÖLOÖGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN DR. PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891-1893 VON RICHARD SEMON. DRITTER BAND: MONOTREMEN UND MARSUPIALIER. Il. I. LIEFERUNG. Prof. Dr. Th. Ziehen, Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. I. Theil: Makro- skopische Anatomie. MIT 96 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1897. Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. Ein Beitrag zur vergleichenden makroskopischen und mikroskopischen Anatomie und zur vergleichenden Entwickelungsgeschichte des Wirbelthiergehirns. Von Prof. Dr. Th. Ziehen in Jena. I. Theil. Makroskopische Anatomie. Mit 96 Abbildungen im Text. Jenaische Denkschriften VL 1 Semon, Zooleg. Forschungsreisen. III I. Monotremen. Einleitung. Das mir von Herrn Prof. SEmon übergebene Material bestand aus: 1) Echidna hystrie GEOFF. (= E. aculeata var. typica THos), 21 Gehirne erwachsener Thiere, 5 Gehirne junger Thiere; 2) Ornithorhynchus paradoxus BLUMENB. (= 0. anatinus GRAY), IO Gehirne. Die meisten Gehirne waren in MÜLLERr’scher Flüssigkeit gehärtet und in Alkohol nachgehärtet, nur 4 Echidna- und 2 Ornithorhynchus-Gehirne waren ausschliesslich in Alkohol gehärtet worden, 4 weitere Echidna-Gehirne in I-proc. Chromsäurelösung, I Echidna-Gehirn in I-proc. Sublimatpikrinessigsäure. Ein vollständiges Rückenmark stand mir leider nicht zur Verfügung, wohl aber beträchtliche, mit dem Gehirn in Verbindung gelassene Theile des Halsmarks bezw. oberen Dorsalmarks. Die Literatur über das Centralnervensystem der Monotremen ist noch sehr dürftig. Die Ausgangs- arbeit ist die bekannte Monographie MEckeEr’s!). Derselbe bildet das Gehirn nur umkleidet von seinen Häuten ab. Evpoux und LAURENT?) untersuchten zuerst das Gehirn von Echidna und stellten das Fehlen des Balkens fest, welches OwEn bereits 1837 für die Marsupialier behauptet hatte. Ebenso äusserte sich GARNER®). In einer ausführlichen Arbeit‘) schloss sich Owen den französischen Forschern auch für die Monotremen an. In seiner Wirbelthieranatomie hat er sich später noch über manche Einzelheiten des Hirnbaues etwas ausführlicher geäussert. Nach Owen’s Artikel in der Cyclopaedia erscheint zuerst FLOWER mit einer kurzen Notiz über die Vierhügel von Echidna hystrix 5), worin er eine irrthümliche Angabe und Deutung Owen’s corrigirt. Im nächsten Jahre suchte FLOWER®) in einer umfangreichen Arbeit nachzuweisen, dass Zchidna ebenso wie die Marsupialier einen Balken besitze. Hieran schloss sich eine lebhafte Discussion zwischen FLOWER 1) Omithorhynchi paradoxi descriptio anatomica, Leipzig 1826, Taf. 7. 2) Sur Penc&phale de l’Echidna compar& A celui de l’Ornithorhynque et considerations generales sur l’enc&phale des Mammiferes et des oiseaux. Mag. de Zool., 1838. 3) Brit. Assoc. Reports, 1858, p. 123. 4) Topp’s Cyclopaedia of Anat. and Physiol., Artikel Monotremata, 1841; Proc. Linn. Soc., 1858, und Anatomy of Vertebrate, Vol III, 1868. 2 Figuren OwEn’s sind MECKEL entlehnt. Vergl. auch Philos. Transact. Roy. Soc., 1837: On the structure of the brain in Marsupial animals. 5) On the optic lobes of the brain of the Echidna. Proceed. of the Zool. Soc. of London, 1864, p. 18—20. 6) On the commissures of the cerebral hemispheres of the Marsupialia and Monotremata as compared with those of the placental Mammals. Philos. Transact. Roy. Soc., 1865, p,633. Vergl. auch die Discussion zwischen FLOWER und OWEN, Proc. Roy» Soc., 1865, p. I29 u. 134. 1% 4 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 4 und Owen in den Proceedings of the R. Soc. of London. Einige kurze Angaben finde ich weiterhin bei ZUCKERKANDL!). Die nächsten Darstellungen finden sich in der Arbeit Turner’s: The convolutions of the brain. TURNER bildet hier eine Ober-, eine Seiten- und eine Medialansicht des Gehirns von Echidna hystrix ab?) und nimmt auch im Text auf letzteres öfters Bezug. Im Jahr 1892 hat er eine kurze Beschreibung des Gross- hirns von Ornithorhynchus paradowus hinzugefügt und auch von diesem 3 analoge Abbildungen gegeben ?°). In demselben Jahre veröffentlichte ALex HırL*) eine ausführlichere Arbeit über das Gehirn von Ornitho- rhynchus paradoxus. Es finden sich darin ausser einer Abbildung der Medialfläche 16 Abbildungen verschiedener Schnitte durch das Gehirn. Auch diesem Autor stand nur ein Gehirn zur Verfügung. Etwa gleichzeitig erschien eine Arbeit Symington’s°) über die Hirncommissuren der Marsupialier und Monotremen, in welcher auch auf das Gehirn von Ornithorhynchus und zum Theil auch Echidna eingehend Bezug genommen wird. Wie Owen und Hırr und im Gegensatz zu FLOWER und TURNER kommt SyYMINGTON zu dem Ergebniss, dass dem Ornithorhynchus-Gehirn ein wahrer Balken fehlt. Die jüngste Arbeit über das Monotremengehirn hat ErriorT SmitH °) geliefert. Demselben stand ein sehr ausgedehntes Material zur Verfügung. Leider beschränkt sich auch seine Arbeit, ebenso wie die früheren, auf einzelne specielle Punkte der Gehirnanatomie der Monotremen. Eine gleichmässige Bearbeitung der ganzen Gehirnanatomie steht noch völlig aus, es müsste denn sein, dass ELLIOT SMITH in seiner Thesis, welche er in der Anm. p. 157 der soeben erwähnten Arbeit nennt und die ich mir nicht zu verschaffen vermochte, eine vollständigere Darstellung gegeben hat. Zerstreute Erwähnungen einzelner Thatsachen in anderen Arbeiten werde ich im Lauf der Einzeldarstellung berücksichtigen. Ich werde im Folgenden zuerst das Centralnervensystem von Echidna hystrix und alsdann dasjenige von Ornithorhynchus paradoxus makroskopisch ?) beschreiben. Die Vergleichung des Gehirns und Rücken- marks beider Monotremen unter einander und mit demjenigen der Beutelthiere und demjenigen der placentalen Säugethiere wird sich erst an die Beschreibung des Centralnervensystems der Beutelthiere anschliessen. I. Eehidna hystrix. A. Gehirn. a) Allgemeine Form- und Maassverhältnisse. Das Gehirn von Echidna hat im Ganzen die Form eines Ellipsoids. Die längste Axe des Ellipsoids entspricht der sagittalen Medialaxe. In der Ansicht von oben (s. Fig. 1) ist die ellipsoidische Form am reinsten zu erkennen. Das Kleinhirn wird von den Grosshirnhemisphären nur in seinem vordersten Viertel I) Ueber das Riechcentrum, Stuttgart, 1887, p. 15, 16, 42, 67. 2) Journ. of Anat. and Physiol., Oct. 1890, Fig. 8 u. 9. 3) The cerebral hemispheres of Ornithorhynehus paradoxus. Journ. of Anat. and Physiol., 1892, p. 357—361. Vergl. auch Journ. of Anat. and Physiol., 1896, p. 230—282. 4) The cerebrum of Ornithorhynehus paradoxus. Philosoph. Transact. of the R. Soc. ot London, Vol CLXXXIV, p- 367-387 (received and read June 1892). 5) The cerebral commissures in the Marsupialia and Monotremata. Journ. of Anat. and Physiol., 1893, p. 69. 6) The morphology of the true „limbic lobe“, Corpus callosum, Septum pellucidum and Fornix. Journ. of Anat. and Physiol., 1895, p. 157—167, und 1896, p. 185—205. Einige inzwischen erschienene weitere Arbeiten desselben Autors sind mir erst später zu- gegangen. Ich werde in späteren Abschnitten auf sie zurückkommen. : 7) Die mikroskopische und entwickelungsgeschichtliche Darstellung ist zum Theil gleichfalls bereits abgeschlossen und wird als 2. und 3. Theil sich anschliessen. 5 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 5 überlagert. Vorn überragen die Bulbi olfactorii beiderseits die Grosshirnhemisphären erheblich. Die Oeffnung des Centralkanals in den 4. Ventrikel ist hinter dem hinteren Rand des Kleinhirns eben sichtbar. In der Basalansicht (s. Fig. 2) fällt zunächst, wenn man von dem Vergleich mit den gewohnten Hirnbildern der Placentalier ausgeht, die Abflachung des Stirntheils und die starke Vorwölbung und Breitenentwickelung beider Schläfentheile auf. Aus beiden Thatsachen ergiebt sich, dass die vordere basale Partie des Gehirns den Eindruck einer Nische gewährt, welche die allgemeine ellipsoidische Form stört. Nach hinten setzt sich die Nische in einen zwischen beiden Schläfenlappen gelegenen schmalen Isthmus fort. Im hintersten Theil des Gehirns stellt die ziemlich stark vorgewölbte Brücke und Oblongata die Ellipsoidform wieder einiger- maassen her. Fig. I. Gehirn von Echidna hystriv. Ansicht von oben. Natürliche Grösse. Fasa Fissura antesylvia ant., Fasp F. antesylvia post. (rechts in 2 Theilstücke zerfallen), Ffi F. frontomarginalis inf., Ffs F. frontomarginalis sup., Fpsa F. postsylvia anterior, Fpspt F. postsylvia posterior ocecipitalis. Fig. 2. Basalfläche des Gehirns von Echidna hystrix. Anderthalbfache Vergrösserung. Ce Corpus candicans, Cho Chiasma opticum, eI, eII vordere Wurzel des I. und 2. Cervicalnerven, Fasp F. antesylvia posterior, Flol F. lobi olfactorii lateralis, Fpsa F. postsylvia anterior, Fpspt Temporalast der F. postsylvia posterior, Fpspo Occipitalast der F. postsylvia post., Fpt F. prae- temporalis, Fr F. radialis, Frha F. rhinalis (lateralis) ant., Frhp F. rhinalis (lateralis) posterior, Frhm F. rhinalis medialis, FS F. Sylvii, Zo Lobus olfactorius, P Pons, ‚Sb Sulcus basilaris, Sma Sulcus medianus anterior, Spa Substantia perforata anterior, 7e Tuber cinereum, To Tuberculum olfactorium, Trh Tuber rhinencephali. Die Hirnnerven sind mit lateinischen Ziffern bezeichnet. Die Linienmaasse weichen unter einander je nach der Methode der Härtung nicht unerheblich ab. Die folgende Tabelle giebt eine Uebersicht der Hauptmaasse. Subl.-Pikr.-Essigs. I-proc. Chroms. Alkohol Mürr. Fl. 1) Grösste Breite 3,8 cm 3,9 bezw. 4,0 395 3,95 40; 405 395 AI; 4,25 4,2; 4,2; 4,45 4,6; 2) Grösste Länge (vom vorderen Rand der Grosshirnhemi- sphären bis zum hinteren des Kleinhirns) 4,0 cm 4,0 bezw. 4,1 4,8; 405 4,45 41; 40; 4,75 42; 445 455 48; 445 3) Grösste Höhe - 2,3 cm 2,6 bezw. 2,4 253562,9582,25 2,4; 3,1; 2,5; 2,5; 2,7; 2,75 2,8; Sowohl die grösste Höhe wie die grösste Breite findet sich ca. 3—4 mm hinter der Spitze des Temporallappens. Die Bulbi olfactorii sind bei den Längenmaassen nicht eingeschlossen worden, weil sie 6 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 6 grösstentheils etwas verstümmelt und verbogen waren. Ueberhaupt habe ich nur solche Gehirne gemessen, deren äussere Form gut erhalten war. Die Differenzen, welche sich auch unter den nach gleicher Methode gehärteten Gehirnen ergeben, sind theils auf das Alter, theils auf leichte, kaum ganz zu vermeidende Deforma- tionen zu beziehen. Jedenfalls erhellt, dass das Gehirn von Echidna nur wenig länger als breit ist. Legt man die durchschnittlichen Maasse der in MÜLLER’scher Flüssigkeit vor- und in Alkohol nachgehärteten Gehirne zu Grunde, so ergiebt sich für Breite, Länge und Höhe das Verhältniss 4,2 :4,4::2,7. Ein Rück- schluss aus diesen Zahlen auf die absoluten Maasse des frischen Gehirns ist nicht statthaft. Die Gewichte der einzelnen Gehirne anzugeben, halte ich für überflüssig, beschränke mich vielmehr auf die Angabe, dass das Durchschnittsgewicht der 4 nur in Alkohol gehärteten Echidna-Gehirne (incl. der weichen Hirnhäute) 16 g, dasjenige von 9 in MÜrrer’scher Flüssigkeit vor- und in Alkohol nachgehärteten Gehirnen (ebenfalls incl. der weichen Hirnhäute) I9 g beträgt. Nach meinen Erfahrungen, über welche ich an anderen Orten ausführlich berichtet habe, ist der Gewichtsverlust des Gehirns bei I-jähriger Alkoholhärtung im Allgemeinen bis auf 5o Proc. (des frischen Gehirns) zu schätzen, schwankt jedoch innerhalb ziemlich weiter Grenzen. Demnach könnte man nur ganz ungefähr das absolute Gewicht des frischen Echidna-Gehirns auf ca. 32 g anschlagen. Es entspricht dies etwa dem Hirngewicht kleiner Affen, z. B. Pithecia (36,2 g) (FLOwEr)!), und übertrifft das Hirngewicht des Kaninchens (9 g) um das Drei- bis Vierfache. Ueber das relative Hirngewicht kann ich leider keine bestimmten Angaben machen, da das Körpergewicht der Thiere, deren Gehirne ich gewogen habe, nicht bestimmt worden ist. Eine lebende Echidna, welche hierselbst beobachtet wurde, wog 2700 g. Danach wäre das relative Hirngewicht der Echidna auf ca. !/,, bis !/s, zu schätzen, entspräche also etwa demjenigen von Macacus cynomolgus (t/;; KEITH). b) Secundäres Vorderhirn oder Grosshirn. Ich werde in diesem Abschnitt, von der entwickelungsgeschichtlichen Gliederung abweichend, nur den Hirnmantel (Pallium), einschliesslich der Insel und des Lobus olfactorius, die obere und vordere Commissur und den Fornix besprechen, hingegen die Besprechung des Nucleus caudatus und lentiformis, sowie des Seitenventrikels trotz ihrer Zugehörigkeit zum secundären Vorderhirn mit der Darstellung des primären Vorderhirns oder Zwischenhirns verbinden. « «e) Hirnmantel. Furchen und Windungen. Auf den Figg. 3a—d ist die laterale Convexität des Grosshirns von Echidna dargestellt, auf Fig. 4 die Medialfläche. Auch Fig. ı und Fig. 2 (Dorsal- und Basalansicht) sind zu vergleichen. Seit BRocA und noch mehr seit TuRNER’s Arbeiten ist es üblich, den Hirnmantel in das Rhinencephalon und das Pallium im engeren Sinne zu zerlegen. Ich halte diese Zerlegung für sehr unzweckmässig. Rechnet man mit TURNER den Lobus pyriformis s. hippocampi (auch Protuberantia natiformis genannt, bei den Primaten mit dem Uncus identisch) und die Substantia perforata antica (= espace quadrilatere) zu dem Rhinencephalon ?), I) Proc. Zool. Soc., 1862. 2) Schon GERDY beschrieb 1838 eine circonvolution annulaire, FOVILLE (Trait&€ compl. de l’anat. etc. du syst. nerveux, pP. 193) in etwas erweitertem Sinn eine circonvolution de P’ourlet; BRocA (Bull. Soc. d’Anthr., 1877, Rev. d’Anthr., 1878 u. 1879) fasste Owen’s Rhinencephalon (d. h. den Tractus und Bulbus olfactorius mitsammt den Wurzeln des ersteren (vergl. z. B. Anat. of Vertebr., III., p. 80) und FOVILLE’s circonvolution de l’ourlet, sowie den Locus perforatus anticus als „grand lobe limbique“ zu- sammen. SCHWALBE fügte die Fascia dentata, das Septum pellucidum, sowie Fornix und Fimbria hinzu (Neurologie, 1881, p. 536 u. 567), liess aber den Locus perforatus anticus und den Tractus und Bulbus olfactorius weg; er nannte den so zusammengesetzten Lappen Lobus faleiformis oder Sichellappen. Innerhalb desselben fasste er Septum pellucidum, Fornix und Fascia dentata als Gyrus marginalis zusammen. ZUCKERKANDL (Ueber das Riechcentrum, Stuttgart 1887, p. 13 ff.) fügte die Balkenwindung, den Gyrus supracallosus, den Gyrus geniculi und den Gyrus subcallosus hinzu. Er theilt daher !den Lobus limbicus (l. c. p. 33) in 3 Lappen: I) Lobus corporis callosi (dorsaler Theil des Gyrus fornicatus), 2) Lobus hippocampi (ventraler Theil des Gyrus forni- catus) und 3) Lobus olfactorius (vorderer Theil des Lobus limbicus). Als Gyrus marginalis (äusserer Randbogen) fasst er Fascia (dentata, Gyrus supracallosus und Gyrus geniculi zusammen (p. 41), als inneren Randbogen Fimbria, Fornix und Septum pellucidum (p- 46, 57 ff). Zum inneren Randbogen rechnet er auch den Gyrus subcallosus (= Pedunculus corporis callosi). TURNER hat die Scheidung zwischen Rhinencephalon und Pallium besonders scharf durchgeführt. Als Grenze zwischen beiden gilt die „Fissura rhinalis s. ectorhinalis“, 7 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 7 so kommt man zu dem merkwürdigen, von TURNER !) selbst halb und halb beanstandeten Satz, dass auch anosmatische Mammalier ein Rhinencepalon besitzen (z. B. manche Cetaceen). Dazu kommt, dass die Hirn- physiologie einerseits lehrt, dass der Lobus pyriformis wahrscheinlich Riech- und Schmeck-Centrum ist, und andererseits eine Beziehung der grauen Substanz des Locus perforatus ant. zum Geruchssinn bisher nicht nachzuweisen vermocht hat. Danach ist offenbar eine physiologische Charakterisirung des Rhinencephalon aussichtslos. Aber auch eine scharfe anatomische Definition ist nicht möglich. Die Behauptung von SMITH, dass der histologische Bau allenthalben übereinstimme, ist unrichtig. Die Substantia perforata ant. zeigt einen wesentlich anderen Bau als der Lobus pyriformis. Die makroskopische Continuität des Locus perforatus Fig. 3b. Ffs Fasa Fasp Fig. 3c. IN 7 Fasa' Fasp' Fpsa INA in A 7 1 ri EN ! Fig. 3a. Ffi Ffs Fasa' Fasa Fasp Fpsa \ x \ \ \ \ \ ee ef) el Wo Fpspt BA An. N Va Da z \ x / ı + 1 ı \ / Fo 4 f / £ 7 ! b ! Fa! \ /L AR ı \ Frha Frhp FS Fpspt Frhp Frha FS Frhp Frhp Frha FrhpFS Fasp Frhp Fig. 3a. Gehirn von Echidna hystrix. Seitenfläche. Natürl. Grösse. Fasa Fissura antesylvia anterior, oberer Abschnitt, Fasa‘ F. antesylvia anterior, unterer Abschnitt, Fasp F. antesylvia posterior, Fpsa F. postsylvia anterior, Fpspo F. postsylvia post., occip. Abschnitt, Fpspt temporaler Abschnitt, Ffi, Ffs F. frontomarginalis inf. bezw. sup., Frha, Frhp F. rhinalis ant. bezw. post., FS F. Sylvii. Fig. 3d. ‚Fig. 3b. Seitenfläche des Gehirns von Echidna hystrix. Natürl. Grösse. Bezeichnungen wie auf Fig. 3a. Die Fissura postsylvia posterior ist im tempo- ralen Abschnitt sehr wenig entwickelt (Fpspt). Bemerkenswerth ist auch die starke Entwickelung der F. frontomarginalis sup. (Ffs), welche fast bis zum Ffs-=_ Stirnpol reicht. Auf der rechten Hemisphäre desselben Gehirns fehlt sie selt- samer Weise ganz. Fig. 3c. Gehirn von Echidna hystrix. Seitenfläche. Natürl. Grösse. Be- zeichnungen wie auf Fig. 3a. Der Furchenverlauf zeigt mehrfache auffällige Ab- weichungen von der Norm. Die F. frontomarginalis sup. fehlt. Fasp unteres Theilstück der F. antesylvia post., das obere Theilstück Fasp‘ ist mit dem unteren Theilstück der F. antesylvia ant. Fasa zu einer Furche verbunden. Das obere G Theilstück der F. antesylvia ant. Fasa' besteht aus 2 kleinen Furchen. In der Nähe Frha”“ a \ derselben reicht eine Radiärfurche der Medialfläche ausnahmsweise über die Mantel- kante hinüber. Auch zu dem oberen Theilstück der F. antesylvia post. gehört eine Nebenfurche. Endlich findet sich eine Zwischenfurche zwischen der F. post- sylvia ant. und der F. postsylvia posterior. F'pst F. postsylvia postrema. Fig. 3d. Gehirn von Echidna hystrix. Seitenfläche. Natürl. Grösse. Be- zeichnungen wie auf Fig. 3a. Die Fissura antesylvia anterior zerfällt in 2 Theil- stücke; das untere hängt oberflächlich mit der F. frontomarginalis sup. zusammen. Fasa Fasp Fpsa N “ / /h 1 , a n ant. und des Lobus pyriformis, welche uns z. B. bei den Carnivoren und Ungulaten auffällt, beruht offenbar vor allem auf der Thatsache, dass die Riechwurzeln über die Substantia perforata hinwegziehen und in den Lobus pyriformis einstrahlen. Sie ist also nur scheinbar bezw. äusserlich. Mit allen diesen Umständen hängt es denn auch zusammen, dass OwEn, TURNER, WILDER, SCHÄFER unter Rhinencephalon ganz verschiedene Dinge verstanden haben und dass erst neuerdings wieder Hırr und SMITH zu völlig divergirenden Definitionen und Auffassungen gelangt sind. Ich werde daher auf die durchgängige Unter- scheidung eines Pallium und Rhinencephalon verzichten und unabhängig von solchen in das Physiologische ı) Convolutions of the brain, Sep.-Abdr. p. 12. 8 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 8 schillernden Begriffen rein descriptiv und vergleichend-anatomisch vorgehen. Nur zur oberflächlichen topo- graphischen Orientirung werde ich die Bezeichnung Rhinencephalon für die basalwärts von der Fissura rhinalis lateralis gelegene Rindenregion benutzen. Auch die Bezeichnungen Stirn-, Schläfen-, Hinter- hauptslappen werde ich nur in diesem rein topographischen Sinn öfters verwenden. Als Ausgangspunkt wähle ich die Fissura Sylvii (FS.). Sie ist gewöhnlich ca. 5 mm lang und verläuft fast genau horizontal nach hinten. Die Tiefe beträgt ca. 3 mm. Für die oberflächliche Betrachtung geht sie an ihrem vorderen Ende in 2 Gabeläste über, in welchen man sofort die Fissura rhinalis anterior (Frha) und die Fissura rhinalis posterior (Frhp.) des Gehirns der pla- centalen Säuger wiedererkennt. Auf die Beschaffenheit des Grundes der Fissura Sylvii und den tieferen Zu- sammenhang mit den Rhinalfissuren werde ich später eingehen. Die Fissura rhinalis anterior + posterior entspricht der Fissura ectorhinalis TuRnEr’s. Ich fasse beide als Fissura rhinalis lateralis zusammen. Die Fissura rhinalis anterior zieht fast genau horizontal nach vorn, nur in ihrem hintersten Abschnitt be- schreibt sie einen flachen Bogen, dessen Concavität basalwärts gekehrt ist. Sie reicht bis zur Medialfläche. Ihre grösste Tiefe beträgt —S mm. Ihr Einschnitt in die mediale Mantelkante (s. Fig. 4) grenzt den Bulbus Fig. 4 — 2 IS BSR SS m SEEN ’ SENESOSORN Fig. 5. Fa ne 2 n Te Bunaa ER IE a Trh Erhp Frhm = INN 7 - Fv En 7 J / | JH Fig. 4. Medialfläche des Gehirns von Eehidna hystrix. Anderthalbfache Vergrösserung. II N. opticus, Ca Commissura anterior, Oma Corp. mammillare, Cme Commiss. media, Cs Comm. superior, Apc Area praecommissuralis, Fasa F. antesylvia ant., Faa Fasciculus annularis ant., Fap Fasc. ann. post., Fasp' F. antesylvia post., mediales abgesprengtes Theilstück, Fd Fascia dentata, Fbrh F. basirhinalis, FM Foramen Monroi, FH Fiss. hippocampi, Fpsa Fiss. postsylvia ant., Fpspo Fiss. postsylvia posterior, occipitaler Ast, Pr Fiss. radialis, Fpt F. praetemporalis, Frkm F. rhinalis medialis, Frha F. rhinalis (lateralis) ant., Prhp F. rhinalis (lateralis) post., Fo Fornix, Ft Fiss. tentorialis, Atrr F. transversa rhinencephali, #v F. vallaris, @R Ganglion habenulae, H Habenula, Lo Lobus olfactorius, Spa Subst. perforata ant., Te Tuber cinereum, 70 Tuberculum olfactorium, 7’ Tuber rhinencephali, 773 Ventri- culus tertius, * hinterste Radiärfurche der Medialfläche. Fig. 5. Basalfläche des Gehirns von Echidna hystrix. Linke Hemisphäre. Das Gehim ist ca. 30° um die Sagittalaxe medialwärts und um die Frontalaxe frontalwärts gedreht. Natürl. Grösse. Fasa, Fasp Fiss. antesylvia ant. und post., Fpsa F. post- sylvia ant., Zpspo F. postsylvia post., occipitaler Ast, Fpspt F. postsylvia posterior, temporaler Ast, Fpst F. postsylvia postrema, Frha F. rhinalis ant., Frhp F. rhinalis post., Frkm F. rhinalis medialis, Flol F. lateralis lobi olfactorii, Ft F. tentorialis (erscheint stark perspectivisch verkürzt), Pr F. radialis, #S F. Sylvii, Lo Lobus olfactorius, 7A Tuber rhinencephali. s. Lobus olfactorius ab. Der Einschnitt selbst ist fast 9 mm tief. Die Fissura rhinalis posterior wendet sich zuerst basalwärts, dann horizontal nach hinten und beschreibt schliesslich einen flachen, basalwärts concaven Bogen. Während ihres letzten Verlaufsstücks, welches in seltenen Fällen vom Hauptstück durch eine Brücke getrennt ist, zieht sie am hinteren Contour der Grosshirnhemisphäre hin (vergl. hierzu Fig. 5). Ihre Tiefe beträgt im vorderen Abschnitt meist ca. 7 mm, nimmt aber occipitalwärts rasch erheblich ab. Ueberblickt man den Verlauf der Furchen im Ganzen auf der lateralen Convexität oberhalb der Rhinalfissuren, so wird man keinesfalls an das LEURET’sche Schema der Bogenfurchen erinnert. Vielmehr fallen 2 Furchen im hinteren Theil der Hemisphäre auf, welche fast parallel in transversaler Richtung die 9 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 9 Oberfläche durchziehen, während im vorderen Theil auch sagittal verlaufende Furchen hervortreten. Die vordere der beiden hinteren Furchen ist die charakteristischste und constanteste der Furchen der lateralen Convexität. Auf der Abbildung TUuRnER’s ist sie mit 2 bezeichnet. Ich werde sie, um nichts zu präjudi- ciren, als Fissura postsylvia anterior (Fpsa.) bezeichnen. Mit ihrem unteren Endstück umgreift sie in sehr charakteristischer Weise die Syvr’sche Furche. Ihr weiterer Verlauf ist bald mehr geradlinig, bald mehr wellenförmig, stets aber findet sich eine winklige Knickung im mittleren Drittel. Aus dem Winkel entspringt oft ein nach hinten gerichteter Seitenast. Auf meinen Gehirnen schneidet sie stets in die mediale Mantelkante ein. Auf Turner’s Abbildung scheint sie auf der linken Hemisphäre die Mantelkante nicht zu erreichen. Jedenfalls ist dies eine Ausnahme. Ihr Einschnitt in die Mantelkante liegt vom Stirnpol 2!/, cm entfernt. Die Tiefe schwankt meist zwischen 2!/, und 4!/, mm. Der Fissura postsylvia anterior parallel verläuft eine zweite Furche, die Fissura postsylvia posterior (Fpsp.). Sie liegt 0,6 cm hinter der ersteren. In die Mantelkante schneidet sie oft bereits hinter dem Occipitalpol ein, d. h. hinter dem Punkt, wo diese sich lateralwarts wendet. Im Zusammenhang lässt sie sich nur etwa bis zu der Ebene verfolgen, in welcher die Postsylvia anterior den oben erwähnten Winkel bildet. Nach einer Brücke von 5—8 mm findet sich jedoch eine weitere Furche, welche die Verlaufsrichtung der Hauptfurche wieder aufnimmt, also dem unteren Stück der Postsylvia anterior parallel läuft. Ich nenne diese Furche Fissura postsylvia posterior temporalis (F'pspt.) und die Hauptfurche, welche in die Mantel- kante einschneidet, F. postsylvia posterior occipitalis (F'pspo.). Meist biegt die erstere an ihrem oberen Ende merklich nach hinten aus. Selten erscheint diese hintere Ausschweifung von der Postsylvia posterior temporalis losgelöst. Die Tiefe des occipitalen Astes beträgt meist 21/, mm, diejenige des temporalen meist ca. I!/, mm. Gewöhnlich wölbt sich die Brücke stark vor und überragt den unteren Theil erheblich. Ich vermuthe, dass die tiefe Kerbe, welche hierdurch entsteht, im Wesentlichen auf die Configuration der Schädelknochen an dieser Stelle zurückzuführen ist. Einige Male habe ich zwischen der F. postsylvia an- terior und posterior noch eine kleine Zwischenfurche gefunden. Ausnahmsweise tritt hinter der F. post- sylvia posterior noch eine weitere Parallelfurche (F. postsylvia postrema) auf. Viel unregelmässiger stellt sich die Furchung des vorderen Theils der Grosshirnhemisphären dar. Relativ constant ist zunächst eine transversal verlaufende Furche, welche der F. postsylvia anterior ungefähr parallel läuft. Ich bezeichne sie als F. antesylvia posterior (Fasp.)!). Bald erreicht sie den Mantelrand, bald nicht. Nicht selten zerfällt sie in 2 Theile. Ihr Abstand von der F. postsylvia schwankt zwischen 0,2 und 0,6 cm, und zwar nicht nur in den verschiedenen Punkten ihres Verlaufs, sondern auch in den- selben Punkten bei verschiedenen Thieren. Wo sie einigermaassen gut ausgebildet ist, endet sie über der SyrvI’schen Furche. Meist ist sie hier etwas in die sagittale Richtung abgelenkt, so dass sie in den Be- reich des stumpfen Winkels der F. rhinalis anterior und F. Sylvii zu liegen kommt. Mitunter theilt sie sich auch gablig an ihrem unteren Ende. Die Tiefe steigt bis auf über 3 mm. Zwischen ihr und der F. post- sylvia anterior findet sich zuweilen eine Furche (vgl. Fig. 3b). Vor der F. antesylvia posterior liegt eine Parallelfurche, welche ich als F. antesylvia an- terior (Fasa.) bezeichne. Zuweilen ist sie ebenso stark ausgeprägt wie die vorige und zieht von dem Mantelrand, in welchen sie tief einschneidet, bis in das Gebiet oberhalb der F. rhinalis anterior. Häufiger ist sie schwach entwickelt und unregelmässig gestaltet. Dann erreicht sie oft die Mantelkante nicht. Nicht selten zerfällt sie in 2 Stücke. Bald hier, bald dort kann sie von dem rein transversalen Verlauf abweichen. 1) Die Bezeichnung „F. praesylvia“, welche die Hirnanatomie sonst vorzieht, habe ich geflissentlich vermieden, um den etwaigen Homologien (mit der F. praesylvia der Carnivoren) in keiner Weise vorzugreifen. Jenaische Denkschriften. VI. 2 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. Io Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. Io Am unteren Ende ist sie ab und zu — ähnlich wie die vorige — gablig gespalten. Die Tiefe beträgt gleichfalls bis zu 3 mm. Vor der F. antesylvia anterior findet man noch 2 Furchenelemente, deren Lage zu einander und zur F. antesylvia anterior sehr variirt. Die eine läuft der F. rhinalis anterior, die andere der medialen Mantelkante parallel. Erstere bezeichne ich als F. frontomarginalis inferior (Ffi.), letztere als F. frontomarginalis superior (Ffs). In der Regel ist nur eine von beiden sehr stark entwickelt, die stärkere pflegt dann bis nahe zur frontalen Hirnspitze vorzudringen. Die F. frontomarginalis inferior ist meist etwas geschweift. In seltenen Fällen communicirt sie an ihrem hinteren Ende scheinbar mit der F. antesylvia anterior. Ihr Abstand von der vorderen Rhinalfissur schwankt sehr. Selten ist ein Zerfall in 2 Stücke angedeutet. Die Tiefe beträgt oft nur I mm. Die F. frontomarginalis superior zerfällt öfter in 2 Stücke. Nur ausnahmsweise stösst sie hinten mit der F. antesylvia anterior zusammen. Sie ist meist schwächer und kürzer als die F. frontomarginalis inferior, doch beobachtet man, wie bereits hervorgehoben, gelegentlich auch das umgekehrte Verhältniss. In einem der letzteren Fälle fand ich, dass ausnahmsweise die F. frontomarginalis superior tief unmittelbar hinter der Hirnspitze in die Mantelkante einschnitt und auf die Medialfläche überging. Auf der Medialfläche bietet die Orientierung erhebliche Schwierigkeit. Der Balken — wenigstens in dem Sinne, wie wir ihn bei den Placentaliern kennen — fehlt und damit auch der Sulcus corporis callosi. Zur Ausgangsfurche eignet sich am besten die Fiss. chorioidea und die Fiss. hippocampi. Ich werfe also zunächst die Frage auf, wo diese beiden Furchefi bei Echidna zu suchen sind. Die Fiss. chorioidea ist bekanntlich als diejenige Furche zu definiren, welche am inneren Contour des Fornix bezw. der Fimbria entlang läuft und im Bereich deren eine tiefe Ausstülpung der medialen Grosshirnhemisphärenwand in den Seitenventrikel zu Stande kommt. Viel schwieriger ist eine allgemeine Definition der F. hippocampi. Soll sie allgemein zutreffend sein, so wird man das Hineinziehen des Unterhorns in die Definition vollständig, vermeiden müssen. Ich definire sie als diejenige Furche, welche die Medialwand der Grosshirnhemisphäre in den Seitenventrikel vorwölbt. Die Besprechung der Fiss. chorioidea verschiebe ich bis zu der Darstellung des Fornix, die Besprechung der Fiss. hippocampi ist schon jetzt unerlässlich. Man findet die Fiss. hippocampi Fh (vergl. Fig. 4 u. 6) am bequemsten, indem man vorsichtig auf einer Hirnhälfte mit dem Scalpell den Hirnstamm abträgt. Man sieht alsdann, dass der Schläfenlappen eine ausgedehnte obere Fläche besitzt, welcher der Hirtistamm aufliegt. Es hängt dies mit der schon hervor- gehobenen, namentlich bei Betrachtung der Basalänsicht hervortretenden Thatsache zusammen, dass der Schläfenlappen mit seinem basalen Theil sich ausserordentlich weit medialwärts vorwölbt. Zwischen der oberen Fläche und dem Hirnstamm liegt die Fissura chorioidea, auf welche ich jetzt nicht eingehe. Am vorderen Ende der Fissura chorioidea ist der Schläfenlappen mit dem Hirnstamm verwachsen. Der Fiss. chorioidea parallel läuft die Fiss. hippocampi (Fh). Sie reicht jedoch nicht ganz so weit nach vorn wie erstere. Der Streifen zwischen beiden besteht vorwiegend aus weisser Substanz und entspricht daher offenbar in erster Linie der Fimbria. Eine Fascia dentata — zwischen Fimbria und Fiss. hippocampi bezw. in der Tiefe der letzteren — ist makroskopisch am Spiritusgehirn nur schwer zu erkennen. Zunächst ist die F. hippocampi ausserordentlich seicht. Auf Fig. 6 ist durch Frontal- und Occipitalpol eine horizontale Schnittebene gelegt. Sr repräsentirt die Einbuchtung des Seitenventrikels. Dieselbe ist nach vorn und zugleich lateralwärts convex. Die Convexität hängt damit zusammen, dass die F. hippocampi hier bereits ziemlich tief (3 mm) und nicht senkrecht zur Oberfläche, sondern bogenförmig einschneidet. Sie treibt dadurch die Ventrikelwand nach vorn und namentlich lateralwärts vor. Diese Vortreibung entspricht sonach ganz dem Cornu Ammonis s. Hippocampus des Unterhorns der placentalen Säuger. Von dem Grund der II Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. II Fiss. rhinalis posterior ist der Grund der Fiss. hippocampi auf diesem Schnitt 4 mm entfernt. In der ab- gebildeten Ebene hat die F. hippocampi zugleich ihren occipitalsten Punkt erreicht. Sie wendet sich nun aufsteigend erst langsam, dann immer rascher nach vorn. Ihr Endpunkt liegt senkrecht über dem Tuber- Fig.,7. Fig. 6. Epza Zipsno Fig. 8 1 f Ffs Kr n 27 f , Fv--- Frha--“ Tan: = Frha aeı i Lo Flol Rh Cga Fh Ft Frhp Fig. 9. Fig. 10. Fig. I. Fh Ffs Fasa* sh mMS Epsa Sh Fo I N H 7 . h 1 7 u EN 2 EN: Ä N \ ae 0 an She Rh Erhp Fpspt P Ft Fh Uh Frhp Fig. 6. Gehirn von Eehidna hystrix, rechte Hemisphäre, durch den Occipital- und Frontalpol ist ein Horizontalschnitt ge- legt worden. Nur der hintere Theil der unteren Schnitthälfte ist dargestellt, ausserdem ist letztere lateralwärts und occipitalwärts gedreht. 1!),fache Vergrösserung. A Alveus, Fh Fiss. hippocampi, Fi Fimbria + Fascia dentata, Fpsa Fiss. postsylvia ant., Fpspo Occipitalast der F. postsylvia post., Frhp F. rhinalis post., Ft F. tentorialis, Sr Seitenhorn. Fig. 7. Horizontalschnitt durch das Gehirn von Eehidna hystrix. Untere Schnittfläche. Die Commissura ant. und sup. liegen unterhalb der Schnittfläche und zwar der obere Rand der letzteren um I", mm. Die Lage der beiden Commissuren ist links so, wie sie sich bei Projection auf die Schnittfläche ergeben würde, eingezeichnet. I’/‚fache Vergrösserung. Ca, Cs, Commissura ant., sup., Op Zirbelpolster und Comm. post., Oga Corp. quadrigem. ant. dextr., Fasa Fiss. antesylvia ant., Fasp F. antesylvia post., Ffs, Ffe F. frontomarginalis sup., inf., Fk F. hippocampi, Fo Fornix, Fpsa F. postsylvia ant., Fpspo occipitaler Ast der F. postsylvia post., Prhp F. rhinalis post., Ft F. tentorialis, #» F. vallaris, Lo Lobus olfactorius, Sh Seitenhorn, Sqm Sulcus quadrigem. median., 70 Thalamus opticus, 7A Trigonum habenulae, 7sp Trigonum subpineale, 73 Ventriculus tertius, Ap Area praecommissuralis. Fig. 8. Frontalschnitt durch das Gehirn von Echidna hystrix, ‘/, cm hinter dem Frontalpol, 1'/, mm vor dem vorderen Rand des Tuberculum olfactorium. Lo Lobus olfactorius, Rh Rhinencephalon, Ffs, Ffi Fiss. frontomarginalis sup., inf, Fv F. val- laris, Frha F. rhinalis ant., Flol F. lobi olfactorii lateralis. Fig. 9. Frontalschnitt durch das Gehirn von Echidna hystrix, ‘/, cm hinter dem Schnitt der Fig. 8, Iı mm vor dem hinteren Rand des Tuberculum olfactorium, unmittelbar vor dem vorderen Rand der vorderen Commissur. I'/,fache Vergrösserung. Bezeichnungen wie auf Fig. 8. Vh Vorderhorn, Sh Seitenhorn, Ap Area praecommissuralis, 70 Tuberculum olfactorium, Faa Fasci- culus annularis ant., Fk Fiss. hippocampi, Fasa* sagittal verlaufender Seitenast der F. antesylvia ant., Fasa F. antesylvia ant., Frhm F. rhinalis medialis, Frhp F. rhin. post., FS Fissura Sylvii. Fig. 10. Frontalschnitt durch das Gehirn von Echidna hystrix, ventral 8 mm, dorsal 7 mm hinter dem Schnitt der Fig. 9. Ventral trifft er das Corpus candicans. 1Y/,fache Vergrösserung. Ce Corpus candicans, H Habenula, Fasp Fiss. antesylvia post., /psa F. postsylvia ant., Fpspt F. postsylvia post., temporaler Ast, Frhp F. rhinalis post., Fk F. hippocampi, She Sulcus hemi- sphaericus, Ne Nucleus caudatus, To Thalamus opticus, ‚S% Seitenhorn des Seitenventrikels, Om Commissura media, Rh Rhinen- cephalon (die seichte Einsenkung entspricht der Fiss. basirhinalis). 8 Fig. I1. Frontalschnitt durch das Gehirn von Eehidna hystrix, ventral 6, dorsal 8 mm hinter dem Schnitt der Fig. Io. Im Mittelhirn durchschneidet der Schnitt die vorderen Vierhügel 3 mm hinter ihrer vorderen Grenze. 1'J, fache Vergrösserung. A Alveus, AS Aquaeductus Sylvii, Cga Corpp. quadrigemina antt., Fh Fiss. hippocampi, Fpsa F. postsylvia ant. (@mal getroffen), Fpspt temporaler Ast der F. postsylvia post., frhp F. rhinalis post., Ft F. tentorialis, x 4. Radiärfurche der Medialfläche, xx 5. Radiär- furche der Medialfläche (ausnahmsweise vorhanden), Fo Fornix, mMS mediale Mantelspalte, P Pons, $% Seitenhorn, UR Unterhorn des Seitenventrikels. 2* 12 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 12 culum olfactorium. Auf dem Horizontalschnitt, welcher in Fig. 7 dargestellt ist und ca. I!/, mm höher liegt als der Schnitt der Fig. 6, ist die F. hippocampi noch gerade in ihrem vordersten Abschnitt ge- troffen. Mit Ausnahme dieses allerletzten Stücks gehört sie insofern der Medianfläche, rein äusserlich betrachtet, nicht an, als sie auf dieser nicht sichtbar ist. Sie liegt vielmehr in der inneren Fläche, welche die Con- vexität des Hirnmantels dem Hirnstamm zukehrt, und zwar schneidet sie in diese Fläche in der Richtung nach oben und lateralwärts ein. Dem entsprechend wölbt sie den Seitenventrikel allenthalben stark auf- und lateralwärts vor, wie dies namentlich auf Frontalschnitten sehr deutlich hervortritt (s. Fig. $S—-II) und später eingehender besprochen werden wird. Das auf der Medialfläche (Fig. 4) sichtbare Endstück der Fiss. hippocampi ist ca. 3 mm lang und ver- läuft auf- und vorwärts. Von der Commissura transversa sup. ist es durch eine kaum 2 mm breite Windung; getrennt. Diese Windung lässt sich längs der F. hippocampi auch während ihres versteckten Verlaufs verfolgen. Sie ist zwischen dem Fornix und der F. hippocampi eingekeilt. Sie entspricht der Fascia dentata s. Gyrus dentatus der placentalen Säugethiere. Die Oberfläche ist kaum gekerbt. An der Stelle, wo die Fiss. hippocampi zum Schläfenlappen umbiegt, hört sie auf makroskopisch sich deutlich abzuheben (wenigstens an dem in Alcohol gehärteten Gehirn). Mit der Lupe lässt sie sich bis zum Schläfenlappen ver- folgen. Auf Fig. 6 und 7 habe ich sie zunächst nicht eingetragen. Die Tiefe der F. hippocampi beträgt allenthalben ca. 3 mm. Da, wo die Fiss. hippocampi vorn frei auf die Oberfläche tritt, mündet auch die Fascia dentata in die offene Hirnrindenoberfläche und zwar in das Gebiet, welches vor der Commissura an- terior gelegen ist, und welches von ELLIOT SMITH neuerdings als precommissural area bezeichnet worden ist. Ausser der F. hippocampi findet man auf der Medialfläche (Fig. 4) regelmässig im vorderen Abschnitt eine der Mantelkante parallel verlaufende Furche und im mittleren und hinteren Abschnitt mehrere radıär verlaufende. Die erstgenannte Furche bezeichne ich als F. vallaris, weil in der Regel die unter ihr gelegene Windung auf der einen, die über ihr gelegene auf der anderen Hemisphäre wallartig über das Niveau der Medialfläche vorspringt. Man gewinnt unmittelbar den Eindruck, dass die Hemisphären mit ihren Medialflächen gewissermaassen sich an einander abgedrückt haben. Dass es sich hierbei nicht um ein nach dem Tode, z. B. bei der Härtung entstandenes Kunstproduct handelt, geht aus analogen Beobachtungen bei Pinnipediern etc. hervor. Die Länge der Furche beträgt bis zu ı cm. Ihr hinteres Ende liegt ziemlich genau senkrecht über dem vorderen Rand der Commissura anterior. Der Abstand von der Mantelkante beträgt 3-5 mm; vorn ist er gewöhnlich etwas grösser als hinten. Das vordere Ende ist vom Frontalpol 5—6 mm entfernt. Die Zahl der Radiärfurchen schwankt zwischen 3 und 4. Die vorderste ist die Fort- setzung der F. antesylvia anterior (s. oben) auf die Medialfläche. Die zweite ist bald selbständig und erreicht dann die Mantelkante nicht, bald setzt sie sich in die F. antesylvia posterior fort. Die dritte ist gewöhnlich sehr scharf ausgeprägt und ist stets die Fortsetzung der F. postsylvia anterior. Die vierte und hinterste ist oft nur sehr schwach. Zu der F. postsylvia posterior steht sie gewöhnlich in keiner Beziehung. Sie hat vielmehr eine intermediäre Lage zwischen F. postsylvia anterior und einer gedachten Fortsetzung der F. postsylvia posterior auf die Medialfläche. Mitunter fehlt sie ganz. Auf Fig. 4 und II ist sie mit * bezeichnet. Ausnahmsweise findet sich noch eine fünfte Radiärfurche (Fig. ıı **). Von den 4 Radiärfurchen communicirt nur die dritte, also die F. postsylvia anterior, mit der F. hippocampi, indes ist auch diese Communication scheinbar, insofern die F. postsylvia ant. nur in die obere Lippe der F. hippocampi seicht einschneidet. Hinten grenzt die soeben besprochene Medialfläche mit einer ziemlich scharfen Kante an eine medial- wärts und zugleich occipitalwärts gekehrte Fläche. Auf Figur 5 erscheint sie perspectivisch verkürzt. Die Kante trifft den medialen Mantelrand an seinem hinteren Ende, dem Occipitalpol. Die in Rede 13 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 13 stehende Fläche ruht dem Tentorium bezw. der abgedachten vorderen und zum Theil oberen Fläche des Kleinhirns auf. Die Furchung ist hier sehr einfach. Zunächst erscheint am Mantelrand der Einschnitt der F. postsylvia posterior, doch wurde bereits erwähnt, dass dieser Einschnitt zuweilen auch vor dem Occi- pitalpol liegt; in letzterem Fall gehört er natürlich der oben besprochenen eigentlichen Medialfläche an. Die F. postsylvia postrema, welche überhaupt selten vorkommt, schneidet in den Mantelrand nicht ein. Von unten erscheint auf der Tentorialfläche die F. rhinalıs posterior. Diese erstreckt sich bald nur eben bis an den unteren Rand der Tentorialfläche, bald folgt sie auf der Tentorialläche dem Mantelrand bis halbwegs zum Occipitalpol. Dabei nähert sie sich dem Mantelrand langsam ein wenig, so dass der Abstand schliesslich oft kaum 2 mm beträgt. In einem Abstand von 4-5 mm von dem Mantelrand, also einwärts von der F. rhinalis posterior, wo diese sich weiter auf die Tentorialfläche erstreckt, liegt die einzige Eigen- furche der Tentorialfläche, welche ich als F. tentorialis bezeichne (vergl. Fig. 5). Sie fehlt niemals. Ihre grösste Tiefe beträgt meist ca. 2 mm. Der zwischen der Furche und dem oberen Mantelrand gelegene Theil der Tentorialfläche ist meist flach, oft fällt er sogar allmählich zur Furche etwas ab. Umgekehrt ist der zwischen der Furche und dem inneren Mantelrand gelegene Abschnitt meist etwas vorgewölbt. An ihrem vorderen Ende biegt die F. tentorialis oft etwas zum oberen Mantelrand ab und zwar so, dass sie ihn — verlängert — hinter dem Einschnitt der F. postsylvia post. schneiden würde. Am hinteren unteren Ende liegt die F. tentorialis 11/,—2!/, mm von der F. rhinalis post. entfernt. Oft endet sie genau am unteren Rand der Tentorialfläche, öfters biegt sie rechtwinklig oder im Bogen nach vorn und unten auf das basale Rhinencephalon um, wo wir ihr alsbald wieder begegnen werden. Die Basalfläche des Gehirns (vergl. Fig. 2 und 5) grenzt in einer stumpfen, meist verwaschenen Kante an die Tentorialfläche. Die laterale Grenze wird von der Fiss. rhinalis post. gebildet. Sie ist mit dem Rhinencephalon der Autoren im Wesentlichen identisch. Dabei ist jedoch zu bemerken, dass letzteres keineswegs scharf definirt ist. Occipitalwärts lässt sich seine Grenze nur bis zum Ende der F. rhinalis post. angeben. Es ist ganz der Willkür überlassen, ob man das Rhinencephalon mit der F. rhinalis post. enden lässt oder weiter auf die Tentorialläche ausdehnt und hier etwa die F. tentorialis als laterale Grenze angiebt. Im basalen Rhinencephalon finden sich meist einzelne Kerben, welche im Ganzen longitudinal verlaufen und etwa in seiner Mittellinie liegen. Verbunden würden sie eine Längsfurche darstellen, welche das Rhinencephalon in 2 parallele Längsstreifen zerlegt. Occipitalwärts kommt eine solche Verbindung in der That zuweilen zu Stande, und es kann diese Längsfurche, welche ich als F. basirhinalis bezeichne, direct in die F. tentorialis übergehen. Sie ist stets sehr seicht. Verfolgt man das Rhinencephalon frontal- wärts weiter, so ergiebt sich, dass es sich entsprechend der Biegung der Fiss. rhinalis post. lateralwärts wendet, um dann, am Ursprung der Fiss. Sylvii rechtwinklig wieder nach vorn sich zu wenden. Es wird jetzt lateralwärts von der F. rhinalis ant. begrenzt. Die grösste Breite des Rhinencephalon posterius d. h. des von der F. rhinalis post. begrenzten hinteren Abschnitts des Rhinencephalon beträgt ca. 0,9 mm. Der lateralwärts verlaufende Schenkel ist nur etwa 3—4 mm breit. Der sagittal verlaufende Schenkel schwillt zu dem Tuber rhinencephali an. Das Rhinencephalon anterius, soweit es in der Flucht des Rhinencephalon post. liegt, ist gleichfalls nur ca. 4 mm breit. Bei diesen Zahlenangaben habe ich den medialen Abhang des Rhinencephalon nicht berücksichtigt. Das Rhinencephalon posterius fällt nämlich medialwärts ziemlich steil ab und verwächst etwas vor der Stelle seiner grössten Breite mit der Basalfläche des Hirnstammes. Ebenso steil fällt der laterale Schenkel des Rhin. post. nach vorn ab. In der Gegend der Umbiegung findet man meist noch eine seichtere Furche, welche im Niveau der hinteren lateralen Ecke des Tuberculum olfactorium auftritt und ca. I cm weit lateral- und frontalwärts zieht. Ich bezeichne sie als F. transversa rhinen- IA Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. IA cephali. Hingegen zeigt das Rhinencephalon anterius zwei Flächen: die eine oben bereits erwähnte, ca. 4 mm breite, in der Niveauflucht des Rhin. post. gelegene Fläche ist halb lateralwärts gewendet, die andere breitere rein basalwärts. Vom Lobus olfactorius ist das Rhinencephalon ant. nur durch eine seichte Furche geschieden, welche ich als Fiss. lobi olfactorii lateralis bezeichne. Sie schneidet seicht in die untere Lippe der Fiss. rhinalis ant. ein. Gegen den steilen Abhang des lateral verlaufenden Schenkels des Rhinencephalon posterius wird die Basalfläche des vorderen Rhinencephalon durch eine 1-2 mm tiefe Furche, Fiss. praetemporalis, abgegrenzt. Endlich findet sich zwischen F. praetemporalis und F. bulbi olfactorii lat. noch eine intermediäre Furche, welche ich als Fiss. radialis bezeichne. Zwischen den Lobus olfactorius, die Basalfläche des Rhinencephalon anterius und des Rhinencephalon posterius eingekeilt erscheint das Tuberculum olfactorium (KoELLIKER)!). Es hat jederseits die Gestalt eines Trapezes. Die vordere Seite verläuft genau transversal, die mediale genau sagittal; erstere misst ca. 4'/,, letztere ca. 51/,—6 mm. Die vordere mediale Ecke bildet einen scharfen rechten Winkel, die übrigen Ecken sind etwas abgerundet. Die hintere Seite misst nur etwa 2 mm und ist etwas nach hinten ausgebogen. Die laterale Seite misst ca. 7’/, mm und ist lateralwärts ausgebogen. Die Abgrenzung gegen die benach- barten Theile gestaltet sich folgendermaassen. An ihrer medialen Seite stossen die beiden vierseitigen Räume fast zusammen. Es bleibt zwischen ihnen nur ein Spaltraum, dessen Breite am gehärteten Gehirn kaum !/, mm beträgt. Betrachtet man die Wand des Spaltraumes auf einem Medialschnitt, so ergiebt sich, dass das Tuberculum olfactorium knapp 2 mm in die Tiefe des Spaltes reicht. Dann folgt eine sehr seichte Furche, welche sich auf der Wand des Spaltes bis zur F. rhinalis anterior verfolgen lässt. Ich muss hier daran erinnern, dass die F. rhinalis anterior keineswegs auf die laterale Convexität beschränkt ist, sondern bis auf die Medialfläche durchschneidet. Sie ist daher auf letzterer in einer Ausdehnung von 9 mm sichtbar und geht in ihrem hinteren Ende einerseits in die Fissura hippocampi und andererseits in die erwähnte seichte Wandfurche über. Oberhalb der Wandfurche findet sich ein I—-2 mm breiter, weisser Streif, welcher die Commissura ant. ringförmig umschlingt und occipitalwärts in den Fornix übergeht. Im Boden des Spaltes liegt die Commiss. ant. Verfolgt man den Spalt occipitalwärts, so stösst man unterhalb des hinteren Randes der Commiss. anterior auf die Lamina terminalis. Die vordere Seite des Tuberculum olfactorium stösst an den Lobus olfactorius. Zwischen ersterem und letzterem findet sich eine ca. I mm tiefe Furche, welche sich medialwärts fast bis zur F. rhinalis ant. der Medialfläche verfolgen lässt und lateralwärts direct in die F. rhinalis medialis (s. u.) übergeht. Ich rechne sie mit zu der letzteren. Es geht hieraus hervor, das der Lobus olfactorius vorn und medial von der Grosshirnhemisphäre durch die tiefe F. rhinalis anterior vollständig getrennt ist, hingegen lateralwärts und occipitalwärts sich durch die F. lobi olf. lat. nur wenig abhebt. In der That lässt sich die F. lobi olf. lat. auf der in der F. rhinalis ant. versteckten oberen Fläche des Rhinencephalon anterius nicht mehr sicher verfolgen. Die laterale Seite und der lateralste Abschnitt der vorderen Seite des Tuberculum olfactorium grenzt an die Basalfläche des Rhinencephalon ant. Die Trennungsfurche ist fast 2 mm tief. Ich bezeichne sie als F. rhinalis medialis. Mit der F. radialis steht sie in seichter Verbindung. Sie liegt entwickelungs- geschichtlich in der basalen Fortsetzung der grossen Hemisphärenfurche. Von der F. praetemporalis ist sie durch eine meist scharf vorspringende, schmale Windung. getrennt. Ihr Ende entspricht sehr genau der hinteren lateralen Ecke des Tuberculum olfactorium. An dieser Stelle mündet eine dem Kamm des frontalen Schenkels des Rhinencephalon parallel verlaufende, hinter der F. praetemporalis gelegene kleine Furche in die F. rhinalis medialis. Ich bezeichne sie als F., emergens. ı) Die Substantia perfor. ant. schliesst sich hinten an das Tuberculum olfactorium an. Ich kann ELLIOT SMITH nicht beistimmen, wenn letzteres mit dem Locus perforatus anticus VIcQ D’Azyr’s identificirt (Journ. of Anat. and Physiol, Vol. XXX, p- 186). HERRICK bezeichnet es bei Didelphys als postrhinal lobe. BRocA’s espace quadrilatere deckt sich nicht ganz damit. 15 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 15 Die hintere Seite des Tuberculum olfactorium ist durch keine scharfe Furche abgegrenzt. Die Abgrenzung nach hinten ergiebt sich vielmehr daraus, dass das Tuberculum olfactorium über das Niveau der occipital- wärts angrenzenden Fläche sich wallartig erhebt. Die occipitalwärts angrenzende Fläche ist die Substantia perforata anterior. Diese stellt einen transversal gestellten Streif dar, welcher in der Mittellinie ca. 2 mm breit ist und sich lateralwärts allmählich bis auf 2!/, mm verbreitert. Gefässperforationen sind undeutlich zu erkennen. Die hintere Grenze bildet der Tractus opticus. Lateralwärts verwächst die Substantia perf. ant. mit der medialen Vorbuchtung des Rhinencephalon posterius. Sie liegt dabei selbstverständlich dem Hirn- schenkel basalwärts auf und verwächst lateralwärts auch mit diesem. Eine makroskopische Beziehung zur Fimbria ist nicht wahrzunehmen. Im Bereich der Verwachsung der Substantia perf. ant. und des Rhin- encephalon post. finden fich auf letzterem meist einige radiär verlaufende Kerben. Ich schliesse damit die Besprechung der Rindenfurchung der Basis ab und wende mich zur Er- örterung der Homologien der Grosshirnfurchen von Echidna, soweit sich solche ohne Betrachtung des Mar- supialiergehirns feststellen lassen. In der monographischen Behandlung des Marsupialiergehirns werde ich auch auf die Homologien der Gehirnfurchen von Echidna zurückkommen. Um einen festen Ausgangspunkt zu gewinnen, werfe ich zunächst die Frage auf, ob eine der Insel der Placentalier vergleichbare versteckte Rindenfläche im Grund der Fossa Sylvii zu finden ist. Ich habe mich mehrfach überzeugt, dass eine solche nur andeutungsweise existirt. Die Fissura Sylvii dringt senkrecht zur Oberfläche fast horizontal in das Gehirn ein und zeigt im Grunde nur eine geringe Verbreiterung oder Ausbuchtung. Ihr Grund liegt direct in der Flucht des Grundes der F. rhinalis ant. Bei einem Embryo dessen Grosshirnhemisphären 1,4 cm lang sind, finde ich die F. rhinalis ant. + post. als einheitliche Furche'!), hingegen noch keine Spur von der Fiss. Sylvii. Es muss unter diesen Umständen selbstverständlich die Frage aufgeworfen werden, ob die Bezeichnung unserer Furche als Fiss. Sylvii überhaupt gerechtfertigt ist. TURNER ?) drückt sich sehr vorsichtig aus: „may perhaps represent the Sylvian fissure“. Ich habe die Be- zeichnung Fiss. Sylvii nur provisorisch gewählt, ohne ausdrücken zu wollen, dass mir eine Homologie unserer Furche mit der Fiss. Sylvii sicher zu bestehen scheint. Unter den placentalen Säugern eignen sich aus Gründen, welche im Einzelnen sich im weiteren Verfolg unserer Darstellung ergeben werden, die Insecti- voren und Ungulaten ganz besonders zu einem Vergleich mit den Monotremen. Bei den Ungulaten fällt speciell die Uebereinstimmung im Bau des Rhinencephalon ins Auge. Die Fissura rhinalis ant. und post. hat bei den Ungulaten eine ähnliche Lage wie bei Echidna. Nun findet sich bei Bos wie bei Sus stets eine aus der oberen Lippe der Fiss. rhin. ant. et post. entspringende, senkrecht aufsteigende Furche°). Sie wurde bei Sus zuweilen fälschlich für die SyLvrY’sche Furche gehalten, KRuEG deutete sie richtig als pseudo- sylvischen Fortsatz der. F. rhinalis. Mit diesem ist die Fiss. Sylvii des Echidna-Gehirns identisch. Sie ist also richtiger als Fiss. pseudosylvia zu bezeichnen, doch wird sich im Schlussabschnitt ergeben, dass von einem anderen Gesichtspunkte aus auch die Bezeichnung Fiss. Sylvii sich vertheidigen lässt. Ich habe sie daher zunächst beibehalten. Der horizontale Verlauf der letzteren (im Gegensatz zıı dem aufsteigenden des bezügl. Fortsatzes des Ungulatengehirns) erklärt sich daraus, dass die Fiss. rhinalis post. bei Echidna im Lauf der embryonalen Entwickelung mehr und mehr nach unten ausgebogen wird. Bei den Insectivoren ist die Fiss. rhinalis so wenig ausgeprägt, dass ich auf sie hier zunächst keinen Bezug nehmen will. Nachdem so eine Beziehung der Zchidna-Grosshirnfurchung zu der Grosshirnfurchung der Ungulaten hergestellt ist, würde zu fragen sein, ob für andere Furchen ausser der F. rhinalis und pseudosylvia Homo- 1) Im Sinne der Fissura basilaris lateralis BENEDIKT’S (Anat. Studien an Verbrechergehirnen, Wien 1879). Die Deutungen BENEDIKT’S sind allerdings ganz unhaltbar. 2) l. c. Sep.-Abdr., p. 17. 3) Vergl. KÜKENTHAL u. ZIEHEN, Jenaische Denkschriften, Bd. III, Heft ı, p. 135 ff. 16 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 16 logien aufzufinden sind zwischen Echidna und den Ungulaten. Schon ein oberflächlicher Blick lehrt, dass ein solcher Versuch aussichtslos ist. Die Grosshirnfurchen der Ungulaten haben eine auffällige Tendenz zu longitudinalem Verlauf, während bei Echidna der transversale Verlauf vorherrscht. Höchstens könnte man etwa für die F. coronalis und F. praesylvia der Ungulaten als Homologfurchen bei Echidna die F. fron- tomarginalis sup. und inf. ins Auge fassen, indessen schwebt diese Homologie ganz in der Luft, da sie sich nur auf eine sehr unbestimmte Aehnlichkeit der Lage stützt. Etwas grössere Aehnlichkeiten als die Furchung der lateralen Convexität des Ungulatengehirns scheint auf den ersten Blick diejenige der lateralen Convexität des Elephantidengehirns aufzuweisen. Namentlich erinnert diejenige Furche von Elephas africanus und indicus, welche KruzG als F. suprasylvia post. bezeichnet hat, in der That in hohem Maasse an die F. postsylvia ant. des Echidna-Gehirns. Noch interessanter ist ein Vergleich mit dem Gehirn der Hippo- potamiden. Ich hatte vor einigen Jahren Gelegenheit, im College of Surgeons ein Gehirn von Hippopotamus Da die Arbeiten von GRATIOLET!) Crısp ?) und PETERS) nur ungenaue oder gar keine Abbildungen dieses interessanten Gehirns Es geht daraus hervor, dass bei Hippopotamus 4 Transversal- amphibius genau zu untersuchen. Zr geben, habe ich zum Vergleich eine solche beigefügt. furchen vorkommen, welche zur F. pseudosylvia ganz ähn- lich orientirt sind wie die F. antesylvia ant. und post. und die F. postsylvia ant. und post. des Echidna-Gehirns. Eine wesentliche Differenz besteht jedoch insofern, als bei Hippo- potamus zu diesen Transversalfurchen eine tiefe und lange Longitudinalfurche, welche grösstentheils dem Mantelrand parallel läuft, hinzukommt. Auf der Figur ist sie mit I bezeichnet, da sie wahrscheinlich zum Theil der Fissura lateralis der Ungulaten und Carnivoren homolog ist. Im Hinblick auf diese und einige andere Differenzen möchte ich die Homologie der Transversalfurchen durchaus nicht urgiren. Immerhin scheint sie mir einige Beachtung zu verdienen t). Der Furchungstypus der Carnivoren, Pinni- pedier, Primaten etc. ist so durchaus verschieden, dass die Aufstellung directer Homologien gar nicht in Frage Fig. 12. Gehirn von Hippopotamus amphibius. An- sicht von oben. Rechte Hemisphäre. S' sogenannte Fis- sura Sylvii, / F. lateralis. Die 4 im Text angeführten Transversalfurchen sind mit arabischen Ziffern bezeichnet: l ist die vorderste, 4 die hinterste. Bei & findet sich auf der anderen Hemisphäre desselben Gehirns eine seichte Communication der ersten und zweiten, bezw. dritten und vierten Transversalfurche. wiederzukehren. kommt; offenbar hat die Entwickelung einer echten SyYLVvI- schen Furche hier die Furchenbildung in ganz neue Bahnen gelenkt. Auch bei den Edentaten habe ich keine Anhalts- punkte für Homologie gefunden; nur scheint mir die Fiss. frontomarginalis inf. bei Manis javonica, welche ich in 4 Exemplaren untersucht habe, in sehr ähnlicher Weise Da ich Manis javonica an anderer Stelle ausführlich zu besprechen gedenke, verzichte ich hier auf ein näheres Eingehen. Die hochinteressante Vergleichung der Echidna-Furchen mit den Marsu- 1) Recherches sur l’enc&phale de l’Hippopotame, Compt. rend., 1860, u. Recherches sur Panatomie de l’Hippopotame, Paris, 1867. 2) On the form, size and structure of the viscera of Hippopotamus Proc. Zool. Soc. London, 1877. 3) Ueber das Gehirn des Hippopotamus. Monatsber. Berl. Akad., 1854. 4) Die Hirnfurchung des nahe verwandten Ohoeropus lüberiensis (MACALISTER, Proc. R. IRICH, Acad., 1873—74, KRUEG, Ztschr. f. wiss. Zoologie, Bd. 31, Taf. 28) weicht bereits sehr erheblich ab. 17 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 17 pialierfurchen behalte ich der monographischen Bearbeitung des Marsupialiergehirns vor. Die Insec- tivoren, deren Verwandtschaft mit den Monotremen auch in anderen Punkten sich erweisen wird, sind sämmtlich lissencephal (wobei selbstverständlich von der F. rhinalis abgesehen wird); somit fehlt auch hier die Möglichkeit eines Vergleiches. Ich kann daher aus diesen Erörterungen zunächst nur den Schluss ziehen, dass die Grosshirnfurchung der Echidna von derjenigen der Placentalier weit ab- weicht und nur einige Anklänge an das Gehirn der Ungulaten und speciell auch der Elephantiden und Hippopotamiden darbietet. Jedenfalls wird man auch die Möglichkeit in Betracht ziehen müssen, dass} die Transversalfurchen der erwachsenen Echidna den radiären transitorischen Furchen der Embryonen der Placentalier homolog sein könnten. Ob auch bei Echidna transitorische Furchen während des Embryonallebens auftreten, kann ich nicht angeben. #) Commissuren des secundären Vorderhirns: Commissura anterior und Corpus callosum. Die Commissura anterior (vergl. Fig. 4) ist, wie schon OwEn wusste, ausserordentlich mächtig. Um wenigstens eine annähernde Maassbestimmung zu erlangen, habe ich Medianschnitte des Gehirns auf Milli- meterpapier übertragen und so den Querschnitt der vorderen Commissur in gmm bestimmt. Derselbe ergab sich bei einem in Alkohol gehärteten Gehirn — fast 16 qmm, » » kleineren in Mürrer’scher Flüssigkeit und Alkohol gehärteten Gehirn = 14!/, qmm. Der längste Durchmesser beträgt bei ersterem 5'/,, der kürzeste 4 mm. In analoger Weise habe ich auch bei den verschiedensten placentalen Säugethieren den absoluten Querschnitt der vorderen Commissur bestimmt. Da sich jedoch ergeben hat, dass ein ausreichend genaues Resultat sich auch nach der Formel F = dad: ergiebt, wo d‘ den kleinsten, d‘‘ den grössten Durchmesser bezeichnet, so habe ich später diese einfachere Berechnung vorgezogen. Ich führe folgende Zahlen an: Homo (Härtung in Alkohol) = .5.3'!)= I2 qmm. Oynocephalus (Alk.) a .2.3 = 4,6 qmm. Hylobates (Alk.) m 1.15 = I,2 qmm. rn Macacus cynomolgus (Alk.) a 1,6 qmm. Cebus (Alk.) 28 — 4,6 qmm. Lemur macaco (Alk.) STE Yo 1158 sısqmm: Erinaceus europaeus (Mürr. Alk.) Zu .2,5. 1,8 = 3,5 qmm. Manis javonica (MÜLL. AN) .2,5.1,9 = 3,7 qmm. Pteropus medius (MürLL. Alk.) 7 1,8.2= 2,3 qmm. Canis familiaris (Alk.) =T .2.15 = 2,4 qmm. Lutra vulgaris (Alk.) T .I.2=1,6 qmm. Felis domestica (Alk.) 7 2.14 = 22 qmm. Sus scrofa (Alk.) TE .3,2.2,4 =6 qmm. Tarandus rangifer (MÜLL. Alk) 27 SPAT SE-—AFgmm: Bos taurus (Alk) —.4.5 = I6 qmm. 4 Ovis aries (Alk.) a: 1,6. 1,2 — 1,5 qınm. 1) SCHWALBE, Lehrb. d. Neurologie, p. 487 giebt den kleineren Durchmesser zu 3'/,;—4 mm für das frische Gehirn an. Jenaische Denkschriften. VI. 3 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. II 18 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 18 Trichechus rosmarus (MÜLL. Alk.) . 1,7.2,3 = 3,1 qmm. Lepus cuniculus (Formol) va 1,5.1,2 = I,4 qmm. Diese absoluten Zahlen eignen sich offenbar nicht zu einem exacten Vergleich, da abgesehen von der Ungleichheit der Härtung die Grosshirnoberfläche so ausserordentlich verschieden ist. Ich habe daher den Quotienten vordere Commissur durch Grosshirnoberfläche zu bestimmen gesucht. Die Methoden zur Bestimmung der letzteren sind nun aber so complicirt und dabei so unsicher, dass ich vorgezogen habe, ein Maass für die Grosshirnoberfläche nach der Formel 2ab +2ac + 2bc zu berechnen, wo a die grösste Länge, b die grösste Breite, c die grösste Höhe bezeichnet. Ich bin mir natürlich vollständig bewusst, dass dieser Ausdruck nur ein sehr unsicheres Maass darstellt. Namentlich fällt die relative Grösse der vorderen Commissur bei den Gyrencephalen offenbar zu gross aus, da die Oberfläche in Folge der Vernachlässigung ihres in den Furchen versteckten Theils zu klein angenommen wird. Die folgenden Maasszahlen für die relative Querschnittsgrösse der vorderen Commissur sind daher nur als vorläufige, ungenaue Annäherungs- werthe zu betrachten, jedenfalls geben sie ein exacteres Bild als die absoluten Zahlen: Homo 12:200 (16.14 + 16.12,5 + 14. 12,5) = 1/ıo000- Cynocephalus 4,6:200 (7,5.6,3 + 7,5.44 + 6,3.4,4) = !laroo- Hylobates Mülleri 1,2.:200 (5,5.3,7 + 5,5.2,5 + 3,7.2,5) = !na00: Macacus eynomolgus 1,6:200 (5,7.5,4 + 5,7.3,8 + 5.4.38) = Yaıno: Lemur macaco 1,1:200 (4,2. 3,2 + 4,2.2,4 + 3,2 .2,4) = nos Erinaceus europaeus 3,5:200 (2,2.2,8 + 2,2.1,4 + 28.14) = !/r50- Manis javonica 3,7 :200 (2,1. 3,0 + 3,0.1,8 + 2,1. 1,8) = /gyo- Pteropus medius 2,8: 200 (2,7.2,6 + 2,7 ..1,9 + 2,6. 1,9) = !/ıs00:- Canis familiaris 2,4 :200 (5,5.5,0+ 5,5. 3,2 + 3,2.5,0) = 1/s100- Felis domestica 2,2::200 (4,0.5,0 + 4,0.2,6 + 5,0. 2,6) = !/jo00- Lutra vulgaris 1,6:200 (5,0.5,1 + 5,0.2,4 + 5,1.2,4) = !/ga00- Sus scrofa 6,0:200 (6,4.4,4 + 64.37-44.37) = !azoo- Tarandus rangifer 4,0:200 (7,7.7,2+7,7:.44 + 72:44) = !/sıoo- Bos taurus 16: 200 (10,0.10,2 + 10,0. 6,2 + 10,2.6,2) = !/,go00- Ovis aries 1,5 :200 (6,3.5,6 + 6,3. 3,7 + 5,6 . 3,7) = !/ 0600: Trichechus rosmarus 3,1:200 (11,8.15,6 + I1,8.7,9+ 15,6.7,9) = !/aso00- Lepus cuniculus 1,4:200 (3,0.2,8 + 3,0.1,9 + 2,8. 1,9) = ’/ygoo- Echidna hystrix!) 16:200 (4,4 .3,9 + 4,4:.2,5 + 3,9. 2,5) = "uno: Es erhellt daraus, dass Echidna weitaus den grössten relativen Querschnitt der vorderen Commissur aufweist. Aus Gründen, welche sich aus der systematischen Stellung der Monotremen ergeben, habe ich auch einen Vergleich mit der vorderen Commissur der Vögel, Amphibien, Reptilien und Fische versucht. Die vordere Commissur des Vogelgehirns ist schon von MECkEL ?) sehr gut beschrieben worden. In den Arbeiten von STIEDA ®), C. H. TURNER '), Bumm5) u. A. finden sich weitere Angaben. Ich selbst habe den relativen Querschnitt der vorderen Commissur bei einigen Vögeln bestimmt; dabei ergaben sich durchweg 1) Im Hinblick auf die Unsicherheit der Berechnung habe ich mir Abrundungen erlaubt. 2) MECKEL’s Arch. f. Phys., Bd. 2, 1816. 3) Ztschr. f. wiss. Zool., Bd. 19. 4) Journ. of compar. Neurol., Sep.-Abdr., S. 75. 5) Ztschr. f. wiss. Zool., Bd. 38. 19 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 19 kleinere Werthe als für Echidna. Desgleichen habe ich für mehrere Reptilien durchweg geringere Zahlen gefunden. Auf eine genauere Vergleichung mit der Commissur der Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische werde ich erst bei der mikroskopischen Betrachtung eingehen, da bekanntlich die Homologien der einzelnen Theile der vorderen Commissur bei diesen Klassen nicht ganz feststehen und erst auf Grund einer ver- gleichend-anatomischen mikroskopischen Untersuchung festgestellt werden können. Das Corpus callosum ist, wie bereits in der Einleitung hervorgehoben wurde, von manchen Autoren mehr oder weniger bestimmt den Monotremen abgesprochen worden. Wie weit dies berechtigt ist, lässt sich jedenfalls durch die makroskopische Betrachtung nicht entscheiden, diese ergiebt vielmehr nur Folgendes. Oberhalb der Commissura anterior (s. Fig. 12a) liegt eine 2. Commissur, deren Querschnitt Fig. 12a. Medialfläche des Gehirns von Echidna hystrix. 1/,- fache Vergrösserung. I! N. opticus, Ca Commissura anterior, Cma Corp. mammillare, Ome Commiss. mediı, Cs Comm. superior, Ape Area praecommissuralis, Fasa F. antesylvia ant., Faa Fasciculus annularis ant., Fap Fasc. ann. post., Fasp‘ F. antesylvia post., me- diales abgesprengtes Theilstück, #d Fascia dentata, Fbrh F. basi- rhinalis, #M Foramen Monroi, FH Fiss. hippocampi, Fpsa Fiss. post- sylvia ant., Fpspo F. postsylvia posterior, occipitaler Ast, Fr F. radialis, 7pt F. praetemporalis, Frkm F. rhinalis medialis, Frha F. rhinalis (lateralis) ant., Frhp F. rhinalis (lateralis) post., Fo Fornix, Ft F. tentorialis, Ftrr F. transversa rhinencephali, F» F. vallaris, @h Ganglion habenulae, H Habenula, Lo Lobus olfactorius, Spa Subst. perforata ant., 7e Tuber cinereum, 70 Tuberculum olfacto- rium, 7rh Tuber rhinencephali, 73 Ventriculus tertius, * hinterste Radiärfurche der Medialfläche. auf dem medianen Sagittalschnitt elliptisch ist. Der längste Durchmesser des Ouerschnitts verläuft horizontal und misst fast 3 mm, der kürzeste steht vertical und misst 2 mm. Um nichts zu präjudiciren, bezeichne ich sie als Commissura superior. Gegen die Nachbarschaft ist sie vorn und oben durch eine seichte Furche abgesetzt. Occipitalwärts grenzt sie unmittelbar an den Eingang in den Seitenventrikel, also an die Fiss. chorioidea. Weniger scharf ist die Abgrenzung basalwärts. Makroskopisch lässt sich nur erkennen, dass vor und hinter der Commissura ant. je ein weisses Bündel oberflächlich aufsteigt. Beide Bündel vereinigen sich oberhalb der vorderen Commissur in dem schmalen, weniger als I mm breiten Zwischenraum zwischen ihr und der oberen Commissur und scheinen ganz oder wenigstens zum Theil in die obere Commissur über- zugehen. Auch bezüglich dieser Bündel möchte ich zunächst jedes Präjudiz vermeiden und bezeichne sie daher als Fasciculus annularis anterior und posterior. Behufs vorläufiger Orientirung füge ich — vor- behaltlich der Bestätigung durch mikroskopische Untersuchungen — hinzu, dass das vordere Ringbündel z. Th. dem Pedunculus corporis callosi s. septi pellucidi (Gyrus subcallosus ZuCKERKANDL’s), das hintere der Co- lumna fornicis der Hirnanatomie der Placentalier entspricht. Dass sie in irgend welcher Homologie- beziehung zum Fornix stehen, liegt auf der Hand. Der Name ist mit gutem Grund gewählt, da die vordere Commissur von den Bündeln in der That fast ringförmig umgeben wird. Namentlich an Spiritusgehirnen wird dieser Sachverhalt sehr überzeugend, da sich an solchen stets ein ringförmiger Spalt zwischen den Anularbündeln und der vorderen Commissur findet und letztere daher wie in einem Gehäuse zu liegen scheint. Die Breite des hinteren Ringbündels beträgt ca. ®/, mm. Es bildet in der Mittelebene die vordere Begrenzung des 3. Ventrikels. Basalwärts verschwindet es unter den grauen Boden des letzteren. Das vordere Ringbündel ist etwas breiter (bis zu I!/, mm) und gegen die Rinde der Area praecommissuralis durch eine seichte Furche abgesetzt. Theile der beiden Bündel scheinen sich unter der vorderen Commissur 20 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 20 zu vereinigen und den Ring auch hier zu schliessen, doch hat die Substanz unterhalb der vorderen Com- missur nicht rein weisse Farbe. Sie stösst direct an die Subst. perforata ant. und an das Tuberculum olfactorium und geht frontalwärts auch in die Area praecommissuralis ohne scharfe Grenze über. Verfolgt man die Commissura superior in das Innere der Hemisphäre hinein, indem man z. B. von der F. chorioidea aus eindringt, so ergiebt sich, dass sie sich alsbald der oben beschriebenen (S. 12) Fascia dentata anlegt. Sie kommt dabei natürlich an die basale Fläche der letzteren zu liegen und ist durch dieselbe Fascia dentata von der Fissura hippocampi getrennt. Da sie, soweit sie diesen Verlauf nimmt, jetzt ganz dem Fornix oder vielmehr dessen Fortsetzung, der Fimbria der placentalen Säuger entspricht, werde ich - den Strang jetzt auch, wie schon oben bei Besprechung der Grosshirnfurchen, als Fimbria bezeichnen. Zwischen Fimbria und Fascia dentata bleibt eine deutliche Furche, die ich als Sulcus fimbrio-dentatus Ffs Fa sa* ‚Fasa , / j \ı 4‘ ' vo. Spa Prhm Rh Frhp Fig. 13. Frontalschnitt durch das Gehirn von Eehidna hystrix, ca. I mm hinter dem Schnitt in Fig. 9, also im Bereich der Commissura ant. 1'), fache Vergrösserung. (a Commissura ant., 08 Comm. superior, Faa, Fap vorderes und hinteres Ringbündel, Fd Fascia dentata, Fasa F. antesylvia ant., unterer Ast, Fasa* sagittal verlaufender Seitenast des oberen Hauptastes der F. antesylvia ant., Fh Fiss. hippocampi, Ffs F. frontomar- ginalis sup., frhm F. rhinalis medialis» Prhp F. rhinalis (lateralis) post., F'S F. Sylvii, J rudimentäre Insel, Rk Rhinen- cephalon, Spa Subst. perforat aant., Fo Fimbria, eben aus der Commissura sup’ hervorgehend, bezw. Fornixkörper. bezeichne. Da sich die Fimbria im Bogen nach hinten wendet, bildet sie jetzt die obere Lippe der Fissura chorioidea. Sehr deutlich lässt sich auch erkennen, dass die beiden ringförmigen Bündel sich von unten her der Commissura superier dicht anlegen und den basalsten Theil der Fimbria bilden. Vergl. den Frontalschnitt Fig. 13. Die basale Fläche der Fimbria bildet zugleich das Dach des Seitenventrikels. Ob letzteres, welches mit dem Alveus und Hippocampus identisch ist (s. u.) aus- schliesslich aus Fasern der Commissura superior hervorgeht, ist durch die mikroskopische Untersuchung festzustellen. Wie weit ferner Fasern aus der Commissura superior und aus dem ringförmigen Bündel etwa nicht in die Fimbria eintreten, sondern sich hier- oder dorthin abzweigen, lässt sich makroskopisch gar nicht entscheiden. Ein Abzweigen einzelner Fasern in die schmale Markschicht, welche das Vorderhorn des Seiten- ventrikels medial begrenzt, wird durch den makroskopischen Augen- schein wahrscheinlich. Der weitere Verlauf der Fimbria bis in den Temporallappen ist bereits oben beschrieben worden. Es muss nur noch ausdrücklich hervor- gehoben werden, dass nirgends die Fimbria sich mit einem scharfen Rand abhebt. Grenzfurche gegen die Fascia dentata und späterhin von der Fiss. hippo- Allenthalben erscheint sie vielmehr, wenn ich von der campi absehe, mit der Umgebung völlig verschmolzen. Sehr schwer ist die exacte Bestimmung der Lage der Lamina terminalis an dem gehärteten Gehirn. Nach vielem Vergleichen glaube ich bestimmt sagen zu können, dass sie fast genau unter der Mitte der vorderen Commissur liegt. Es stülpt sich also der 3. Ventrikel unter der vorderen Commissur und dem vorderen Ringbündel noch etwas vor. Die Lamina terminalis entspricht sonach auch ziemlich genau der hinteren Grenze der Subst. perforata antica. Ob die Angabe von ELLIOT SMITH richtig ist, dass Commissura anterior und superior Derivate der Lamina terminalis sind, werde ich im entwickelungs- geschichtlichen Abschnitt untersuchen. Ausdrücklich bemerke ich, dass eine Einkerbung am vorderen Rand der Commissura superior kaum angedeutet ist. c) Primäres Vorderhirn oder Zwischenhirn und Schweifkern. a) Dritter Ventrikel und Bodengebilde. Der dritte Ventrikel lässt die gewöhnliche Ringform ausgezeichnet erkennen, da die Commissura media stets sehr stark entwickelt ist. Auf meinen Gehirnen erscheint sie fast kreisrund und misst ca. 5 mm 21 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 21 im Durchmesser, doch gebe ich zu, dass bei ihrer Zerreisslichkeit die Maassbestimmung etwas unsicher ist. Die sagittale Länge des dritten Ventrikels vom hinteren Rand der vorderen Commissur bis zum Eingang in den Aquäduct beträgt etwas über 7 mm. Sehr eigenartig gestaltet sich das Infundibulum in Folge der oben erwähnten Vorstülpung des 3. Ventrikels unter die vordere Commissur. Eine trichterförmige Zuspitzung ist nur angedeutet. Die Höhe des dritten Ventrikels beträgt ca. IOo mm. Für seine Breite wage ich keine Zahl anzugeben, da gerade diese Messung erfahrungsgemäss grossen Irrthümern ausgesetzt ist. Dem Boden des Zwischenhirns liegt das Chiasma nervorum opticorum an. Der Scheitelpunkt des vorderen Winkels des letzteren liegt fast senkrecht unter dem vorderen Rand der vorderen Commissur. Der vordere Winkel selbst misst ca. 70°, an einigen Exemplaren sogar noch erheblich weniger (50°). Der Sehnerv erscheint im Querschnitt fast kreisrund, sein Durchmesser beträgt bei dem in Alkohol gehärteten Gehirn ca. ?/;, mm. Die beiden Tractus optici weichen in stumpfem Winkel auseinander. Der laterale Chiasmawinkel beträgt nämlich 90—110°; es bleiben daher für den Spa hinteren Chiasmawinkel noch ca. 100°. Bricht man den Schläfenlappen a weg, so kann man sehr klar verfolgen, wie der Tractus opticus sich abplattet (bis zu über ı mm Breite) und über die basale unter dem Schläfenlappen versteckte Fläche des Hirnschenkels hinzieht, um sich dann an seinem Seitenrand aufwärts zu schlagen. Zu einer Verwachsung der ventralen Hirnschenkelfläche und der oberen Tractusfläche kommt es nicht. Am lateralen Rand des Hirnschenkels schneidet sich der Tractus mit der Art. cerebri profunda s. post. Die weitere Verfolgung des Tractus opticus verschiebe ich bis zur Betrachtung des Sehhügels. Fig. 14. Gehirn von Echidna hystrix, Der Boden des dritten Ventrikels im hinteren Winkel des Chiasma Basalfläche. Der basale Theil des Schläfen- lappens ist weggeschnitten (vom wegge- brochen), um den Tractus opticus freizu- vorwölbende Tasche dar. Schlitzt man die Tasche von der Basis auf, legen. V N. trigeminus, Ab Arteria basi- Ban AD 5 laris, Acp A. cerebri posterior, Acs A. cere- so verengt sich ihr Lumen alsbald durch zwei seitliche Polster zu einem poelli superior, Acop A. communicans post., longitudinalen Spalt, dem dritten Ventrikel. Der Sack entspricht dem (e Corpus candicans, Fpsa F. postsylvia ant., Fpspt Temporalast der F. postsylvia Tuber cinereum und Infundibulum. Seine sagittale Ausdehnung beträgt post., Frhp F. rhinalis post., Ft F. tento- rialis, J Infundibulum, No N. opticus, 70 Tractus opticus, Te Tuber cinereum, P Pons, dem Tuber cinereum liegt das unpaarige Corpus candicans. Sein Durch- 76 Tuberculum olfactorium, Spa, ‚Spp Subst. perforata antica, postica. stellt eine fast durchscheinende, fast I mm über das Niveau sich her- 3 mm. Lateralwärts grenzt er an die Hirnschenkel. Unmittelbar hinter messer beträgt 2 mm. Gegen das Tuber cinereum ist es durch eine seichte Furche abgegrenzt. Occipitalwärts fällt es tief und steil zu der sehr schmalen Substantia perforata postica ab. Der mediale Rand des basalen Schläfenlappens überwölbt das Corpus candicans von der Seite ein wenig und berührt seine Oberfläche, ohne mit ihr zu verwachsen. Lateralwärts grenzt im Uebrigen das Corpus candicans jederseits unmittelbar an den Hirnschenkel. Zwischen Corpus candicans und Hirnschenkel und ebenso zwischen Tuber cinereum und Hirnschenkel liegt eine deutliche Rinne, welche dadurch zu Stande kommt, dass einerseits die Hirnschenkel medialwärts etwas abfallen und andererseits Tuber cinereum und Corpus candicans lateralwärts abschüssig sind. Die Art. communicans post. kreuzt diese Rinne gewöhnlich unter sehr spitzem Winkel. ß) Thalamus opticus. Auf dem Medianschnitt stellt sich der Sehhügel, d. h. die mediale Wand desselben etwa eiförmig dar: die Spitze des Eies ist auf- und frontalwärts gerichtet. Die lange Axe des Eies misst etwas über 7 mm, die kurze 5!/, mm. Ein grosser Theil der Medialfläche wird durch die Commissura mollis verdeckt. 22 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 22 An der obern Kante der Medialfläche verläuft die Stria medullaris thalami (Habenula). Auf meinen Präparaten fand ich die Kante nirgends zu einer Taenia ausgezogen. Oeccipitalwärts geht die Habenula in das sehr mächtig entwickelte Ganglion habenulae über. Letzteres misst im sagittalen Durch- messer ca. 2 mm, im vertikalen I!/, mm, im frontalen ca. I mm. Frontalwärts lässt sich der Verlauf der Habenula makroskopisch an der vorderen Kante der Medialfläche des Sehhügels bis zu der Stelle verfolgen, wo das vordere Ringbündel zwischen vorderer Commissur und Sehhügel basalwärts zieht. Da die Habenula hier zugleich ein wenig lateralwärts abweicht, so ist ein schmaler Streif der vorderen Sehhügelfläche medial- wärts von der Habenula sichtbar. Die Breite der Habenula beträgt durchschnittlich etwa !/, mm. Die obere Fläche des Thalamus opticus (Fig. 7) ist sehr stark gewölbt. An der lateralen Kante zieht die Stria cornea entlang, welche sich frontalwärts bis zum vorderen Ringbündel verfolgen lässt. Ein Tuberculum anterius ist nur unsicher abzugrenzen. Das Pulvinar ist sehr mächtig entwickelt. An manchen Gehirnen springt es als scharfer Grat stark vor. Gegen die vorderen zwei Drittel des Sehhügels ist es ge- wöhnlich durch eine seichte Depression, in welcher ein Blutgefäss verläuft, abgegrenzt. Der grösste Durch- messer des Sehhügels läuft von seiner medialen vorderen Ecke zur lateralen hinteren des Pulvinars und misst II mm. Die grösste frontale Ausdehnung entspricht ungefähr der erwähnten Depression und beträgt einschliesslich der Habenula, 9 mm. Die Lage des Ganglion habenulae entspricht etwa der Grenze des mittleren und hinteren Drittels des Sehhügels. Erst im hinteren Drittel weichen die medialen Kanten merklich auseinander und zwar in einem Winkel von ca. 80°. Zieht man eine Frontallinie längs des hinteren Randes des Sehhügels bezw. des Pulvinars, so läuft dieselbe etwa durch die Mitte der vorderen Vierhügel. Die höchste Erhebung der Oberfläche entspricht dem Tuberculum anterius. Legt man eine Frontalebene durch den vorderen Rand des Sehhügels, so schneidet diese noch das hinterste Viertel der Commissura ant. ab. Die Tiefenausdehnung des Thalamus opticus wird erst unten besprochen werden können. y) Nucleus caudatus und Seitenventrikel. Tfs Ne, Fasa Fasp Die Oberfläche des Streifenhügels ist auffällig fach. Sie stellt eine Ebene dar, welche von der Stria cornea in einem Winkel von ca. 30° frontal- und lateralwärts aufsteigt. Kopf und Schweif sind deutlich unterschieden. Der vordere Rand des Kopfes ist medialwärts nicht abgerundet, sondern spitzwinklig abgebogen. Die grösste Länge beträgt 17!/, mm, die grösste Breite 7 mm. Die höchste Erhebung findet sich im Bereich eines ziemlich scharfen Grats, welcher vom Kopf bis etwa zur Mitte des Ganglions zu verfolgen ist; er ist von dem lateralen Rand ca. 2 mm entfernt. Fig. 15. Behidna hystrix. Nucleus caudatus und Vorderhorn. 1'/, fache Vergrösserung. Ansicht von oben. Die beschreibt einen flachen Bogen. Der hintere und zugleich medialwärts ge- beiden Ringbündel und die Commis- sura sup. sind abgelöst worden. Ape Area praecommissuralis, Cu Commis- Rand des Kopfes misst fast 9 mm. Er bleibt von der Medianfläche fast 3 mm sura ant., 4#fs Fiss. frontomarginalis i > = 5 2 sup., Fasa F. antesylvia ant., Fasp F. entfernt. Den Raum zwischen dem Streifenhügel und der Medianfläche antesylvia post., #M Foramen Monroi, H Habenula, Ne, mediale Fläche des Kopfes des Nucleus caudatus, Ne, Ringbündeln namentlich aus dem hinteren von unten zur Commissura vordere Fläche des Kopfes, Ne, obere . end über der C Se ea ll Bündel ai Fläche desN. caudatus, Ne, Grat der superior aulsteigenden, uber der Commiıssura anterıor gelegenen Bunde nD. Der laterale Rand grenzt unmittelbar an das Centrum semiovale und kehrte Rand grenzt an den Sehhügel bezw. die Stria cornea. Der mediale nehmen vor dem Thalmus opticus die vordere Commissur und die aus beiden oberen Fläche (s. Text), She Stia Die Commissura superior legt sich in den spitzen Winkel, welchen der vor- cornea, sie verschwindet zwischen Commissura ant. u. Thal. opt., dabei dere Hang des Thalamus opticus bezw. die Habenula und das hintere giebtsie aufdie Oberfläche der ersteren ein breites flaches Bündel (*) ab, 7ho Thalamus opticus, 7% Vorderhorn. dreieckige Oeffnung freibleibt, durch welche der dritte Ventrikel mit dem Ringbündel bilden, dergestalt hinein, dass im Scheitel des Winkels eine kleine 2 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 23 (0%) Seitenventrikel communicirt. Ich bezeichne sie per analogiam als Foramen Monroi. Dringt man durch das Foramen Monroi in den Seitenventrikel ein, so überschreitet man zunächst das fast 2 mm breite hintere Ringbündel unter und hinter der Commissura superior und befindet sich dann auf dem Seitentheil der Commissura anterior. Das Ependym des Schweifkerns setzt sich hier unmittelbar auf die Oberfläche der Commissura anterior fort. Erst in einer Entfernung von etwa 3 mm von der Medianebene erreicht die vordere Commissur den Medialrand des Streifenhügels und tritt in seine Masse ein. Wendet man sich un- mittelbar, nachdem man das Foramen Monroi passirt hat, frontalwärts, so gelangt man über die Commissura anterior wie über eine Schwelle hinab in das Vorderhorn. Die laterale Wand des letzteren bildet der mediale steil abfallende, abgeplattete Hang des Schweifkerns. Derselbe hat die Form einer halben Sichel. Die mediale Wand wird von dem Marklager und der Rinde der Area praecommissuralis gebildet und ist etwas über 2!/, mm dick. Die Breite des Vorderhorns beträgt etwa !/, mm. Die Tiefe ist sehr beträchtlich: sein Grund liegt dem Tuberculum olfactorium unmittelbar auf. Frontalwärts schlägt sich das Vorderhorn, all- mählich an Tiefe etwas abnehmend, um den Kopf des Schweifkerns herum und geht in die laterale Rand- bucht des Seitenventrikels über. Der vorderste Abschnitt des Vorderhorns ist vom Frontalpol noch 7-5 mm entfernt. Die Cella media des Seitenventrikels hat eine ähnliche Form wie bei den meisten placentalen Säugern. Ihr lateraler Rand ist bis zu I2 mm von der Medianebene entfernt. Von dem lateralen Rand schlägt sich ein Fortsatz, das Ammonshorn oder Seitenhorn des Seitenventrikels, auf- und medialwärts. Eine vorläufige Orientirung gewähren Frontalschnitte (s. z. B. Fig. 8$-ı1). Dabei ergiebt sich, dass der Spalt- raum des Ammonshorns der Oberfläche der Convexität fast parallel verläuft. Nur das mediale Endstück verläuft basal- und medialwärts und nähert sich dabei der Rinde der Medialfläche bis auf 3!/, mm. Verfolgt man den Spaltraum des Ammonshorns frontalwärts, so zeigt sich, dass er genau so weit reicht wie die Fissura hippocampi. Oceipitalwärts lässt sich der Spaltraum bis auf eine Entfernung von 6 mm vom Occi- pitalpol verfolgen. Alsdann steigt er im Bogen in das Schläfenhirn herab. Seines Verlaufes daselbst ist bereits früher gedacht worden. Die Cella media selbst ist nur bis zu der Stelle, wo der Schweif des Schweif- kerns sich im Bogen basalwärts zum Schläfenhirn wendet, vom Ammonshorn zu unterscheiden. Jenseits dieser Stelle stellt sie nur den Eingang zum Ammonshorn dar, bezw. geht sie in letzterem auf. Der Schweif des Schweifkerns lässt sich makroskopisch an dem gehärteten Gehirn kaum weiter als die Fimbria ver- folgen. Er ist von letzterer allenthalben durch die Fissura chorioidea getrennt. Die Tiefenausdehnung des Schweifkerns lässt sich makroskopisch nicht sicher feststellen. Jedenfalls erstreckt er sich im Bereich des Kopfes noch basalwärts über die vordere Commissur hinaus und verschmilzt zum Theil mit der grauen Substanz des Tuberculum olfactorium. Ich verweise im Uebrigen auf die späteren mikroskopischen Untersuchungen. Im Verlauf der letzteren wird auch die Frage zu erörtern sein, ob ein Theil des tiefliegenden Graues des Streifenhügels als Linsenkern aufgefasst werden kann. d) Mittelhirn !). ce) Vierhügel. Schon bei der Ansicht von oben (Fig. 16) fällt die Mächtigkeit der vorderen und die Verkümmerung der hinteren Vierhügel auf. Der vordere Vierhügel hat jederseits die Form eines sphärischen Dreiecks. Sowohl die grösste sagittale wie die grösste frontale Ausdehnung beträgt 4 mm. Vom Sehhügel ist er frontalwärts durch eine seichtere, lateralwärts durch eine tiefe Furche getrennt. 1) Aus Zweckmässigkeitsgründen werde ich Kniehöcker und Tractus opticus zusammen mit dem Mittelhirn besprechen, desgl. auch Zirbeldrüse und hintere Commissur. 24 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 24 Der hintere Vierhügel misst im grössten sagittalen Durchmesser in der Ansicht von oben nur 2 mm, im frontalen über 4 mm. Der Sulcus corpp. quadrigem. transversus ist sehr seicht, namentlich gegen die Medianlinie zu ist er kaum erkennbar. Er läuft hier in ein breiteres, sehr seichtes Thal aus und weicht zugleich, je mehr er sich der Mittellinie nähert, um so weiter occipitalwärts ab. So kommt es, dass die hinteren Vierhügel im sagittalen Durchmesser nach der Mittellinie zu sich erheblich ver- schmälern. Verfolgt man den Sulcus transversus auf die Seitenwand des Mittelhirns, so findet man, dass er wie bei fast allen von mir untersuchten Mammaliern sich entschieden nach vorn wendet und schliesslich in die Furche zwischen Vierhügel und Sehhügel mündet. Die Seitenfläche des Mittelhirns oberhalb der queren Vierhügelfurche stellt daher einen Kreissector dar, dessen Scheitel der Schnittpunkt P der Seh-Vierhügelfurche und der Quervierhügelfurche ist. Dieser Sector ist der vordere Vierhügelarm. Die Seitenfläche der Haube unterhalb des hinteren Vierhügels erfährt natürlich durch diesen Fig. 16. Echidna hystrix. Vierhügel und Rautengrube. Zweifache Vergrösserung. Das : vordere Marksegelist gespalten worden. Sämmt- etwa ein rechtwinkliges Trapez dar. Dasselbe zerfällt durch eine liche Kleinhirnschenkel sind durchschnitten, Oga, Oqp vorderer und hinterer Vierhügel, Bgp hinterer Vierhügelarm, Be Bindearm, Bp oblonges Feld, welches dem hinteren Vierhügelarm entspricht, und Brückenarm, Pei Strickkörper, Prh Rauten- R 5 e 5 grube, Smfr Sulcus medianus fossae rhombo- Ein hinteres, bis zum vorderen Brückenrand reichendes, schmales ideae, O Obex, Sg! S. quadrigeminus longitu- dinalis, Sqt S. quadrigeminus transversus, To Thalamus opticus, 7sp Trigonum subpineale, Basalwärts vom Punkt P wird die Seh-Vierhügelfurche Ta Tuberculum acusticum. Verlauf der Querfurche eine entsprechende Vergrösserung. Sie stellt seichte, dem Sulcus transversus parallele Furche in ein vorderes Feld, welches im Wesentlichen der Schleife entspricht. zur Hirnschenkelsehhügelfurche und verschwindet dann ganz, indem der Tractus opticus, nachdem er sich um den Hirnschenkel geschlungen hat, sich in sie hineinlegt. Vor dem Tractus opticus, zum Theil noch in ihn hineingebettet, liegt am hinteren Abhang des Pulvinar ein gut ausgeprägter, etwa spindelförmiger Höcker, das Corpus geniculatum laterale s. externum. Seine Dimen- sionen lassen sich natürlich, da eine scharfe Abgrenzung nicht gegeben ist, nur mit einiger Annäherung angeben, sie betragen ungefähr 2 und 3 mm. Lateralwärts vom Corpus geniculatum lat. und vom Tractus opticus liegt die Stria cornea und der Schweif des Schweitkerns. Der Tractus selbst lässt die laterale, zum lateralen Kniehöcker ziehende Wurzel sehr deutlich, die mediale, zum medialen Kniehöcker ziehende makroskopisch nur undeutlich erkennen. Auf der lateralen Fläche des hinteren Vierhügels ist unmittelbar hinter dem Punkte P eine sehr niedrige Schwellung angedeutet, welche ihrer Lage nach offenbar dem Corpus geniculatum mediale s. in- ternum entspricht. Die Bestätigung bleibt der mikroskopischen Untersuchung vorbehalten. Gegen den Fuss des Hirnschenkels ist die laterale Fläche des hinteren Vierhügels bezw. der Haube durch eine sehr seichte Furche, die Haubenfussfurche (Sulcus lateralis mesencephali) abgesetzt. Diese lässt sich nicht ganz bis zum Punkt P verfolgen, weil sich die soeben erwähnte Anschwellung des Corpus geniculatum mediale dazwischen schiebt. Die laterale Fläche der Haube unterhalb der Vierhügel und zum Theil der Vierhügel selbst entspricht bekanntlich in ihrem vorderen Abschnitt den sog. Vierhügelarmen und zeigt daher die bekannte weissliche Farbe. Den basalsten Theil des Sulcus transversus, d. h. also das Endstück bis zum Punkt ? bezeichne ich mit OBERSTEINER auch als Sulcus interbrachialis. Der vordere Vierhügelarm verschwindet in der Vierhügelsehhügelfurche scheinbar unter dem Pulvinar. Der hintere Vierhügelarm scheint, soweit sich auf Grund der makroskopischen Betrachtung urtheilen lässt, seine Fasern grösstentheils zum Corpus genicula- tum mediale abzugeben. — Einen Tractus peduncularis transversus habe ich nirgends gefunden. 25 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 25 Die mediane Vierhügelfurche ist ziemlich seicht, zwischen den hinteren Vierhügeln breiter als zwischen den vorderen. An ihrem vorderen Ende erweitert sie sich zu einem deutlichen Trigonum subpineale. Einen Colliculus subpinealis vermochte ich nicht aufzufinden. Das Trigonum habenulae misst im sagittalen Durch- messer fast 3, im frontalen etwas über 2 mm. Seine hintere Kante dacht sich sanft lateralwärts zur Vier- hügel-Sehhügelfurche bezw. zum Sulcus subpinealis ab, welcher in der Fortsetzung der Vier-Sehhügel- furche vor den Vierhügeln und dem Trigonum subpineale quer von rechts nach links zieht. Die Zirbel- stiele sind sehr mächtig entwickelt: sie sind über 1!/, mm breit und springen stark vor. Lateralwärts scheint jeder Zirbelstiel sich zu spalten: ein Arm wendet sich mehr frontalwärts zum Ganglion habenulae, der andere mehr occipitalwärts zur Vierhügel-Sehhügelfurche. Die Zirbeldrüse selbst ist durchschnittlich etwa 3 mm lang und zapfenförmig. Vor dem Sulcus subpinealis sieht man unter den sich vereinigenden Zirbelstielen einen ca. °/, mm breiten weissen Streifen: es ist dies das sog. untere Blatt der Commissura posterior. Das sog. obere Blatt stellt einen weissen, etwa ebenso breiten Strang dar, welcher über dem frontalen Eingang des Aquäducts sich ausspannt. Ein Recessus subpinealis ist vorhanden, doch wage ich keine Maassangaben, da die Härtung die Grössenverhältnisse desselben zu sehr beeinflusst. In topographischer Beziehung bemerke ich noch, dass der Zirbelstiel jederseits ziemlich genau in die Fissura postsylvia anterior der Medialfläche des Grosshirns sich einfügt. Für die Orientirung auf Schnittreihen ist dies Lagerungsverhältniss nicht unwichtig. ß) Hirnschenkel. In der Basalansicht des Gehirns ist von den Hirnschenkeln nur sehr wenig sichtbar. Um sie in voller Breite zu Gesicht zu bekommen, muss man zuerst den basalen Theil des Schläfenlappens wegbrechen. Fig. 14 stellt ein in solcher Weise präparirtes Gehirn dar. Jeder Hirnschenkel ist fast 7 mm breit. Der Winkel, in welchem beide Hirnschenkel divergiren, beträgt fast 60°. Da die Brücke in der Mitte ziemlich breit, lateralwärts hingegen sehr schmal ist, liegt lateralwärts der Hirnschenkel in viel grösserem Umfang frei. 5!/, mm vom vorderen Ponsrand entfernt, zieht, wie bereits früher erwähnt, der Tractus opticus über den Hirnschenkel hinweg. Die Substantia pertorata postica stellt einen sehr schmalen Raum dar, welcher etwas über 2 mm lang, aber auch vorn kaum ı mm breit ist. Auf einem Querschnitt am vorderen Ponsrand ist der Hirnschenkel 6!/, mm hoch: hiervon kommen 3!/;, mm auf die Haube, 3 mm auf den Fuss. Lateral- wärts nimmt die Höhe der Haube auf Kosten derjenigen des Fusses zu. Die Substantia nigra ist deutlich zu erkennen. Der rothe Kern erscheint nicht scharf begrenzt. Die grösste Breite des Hirnschenkels fällt in die Haubenregion. Eine tiefere Einkerbung zwischen Fuss und Haube findet sich nicht. y) Aquaeductus Sylvii. Bemerkenswerth ist namentlich seine geneigte Lage. Er bildet mit dem Rautenboden einen stumpfen Winkel von ca. 140°. Dazu ist jedoch zu bemerken, dass der Scheitel des Winkels, streng genommen, etwas hinter dem hinteren Ende des Aquäducts liest, da bereits der vorderste unter dem Velum medullare anticum gelegene Abschnitt des 4. Ventrikels zu dem hinteren Hauptabschnitt des letzteren in demselben Winkel geneigt ist. Für Frontalschnitte durch das Zchidna-Gehirn ergiebt sich hieraus Folgendes. Legt man einen Frontalschnitt durch den vorderen Ponsrand, welcher zur Längsaxe der Grosshirnhemisphären senkrecht steht, so schneidet derselbe die vorderen Vierhügel etwa auf der Grenze ihres vorderen und mittleren Drittels. Führt man hingegen einen Querschnitt am vorderen Ponsrand senkrecht zum Aquäduct aus, so schneidet er die Decke des Ventrikelsystems ziemlich genau in der Grenze der hinteren Vierhügel und des Velum medullare anticum. Ueber Form und Grösse des Lumen des Aquäducts wage ich, da ich ein frisches Gehirn zu untersuchen nicht Gelegenheit hatte, keine Angabe. Jedenfalls überwiegt für das Lumen die Form des Kartencarreau. Die Länge entspricht derjenigen der Vierhügelplatte. Jenaische Denkschriften. VI. 4 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 26 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 26 e) Hinterhirn. «e) Kleinhirn. In der Ansicht von oben könnte man das Kleinhirn der Echidna sehr wohl mit einer Hummel oder noch besser mit einer Sesia vergleichen. Der Leib entspricht dem Wurm, die Flügel den Hemisphären. Die grösste Breite des ganzen Kleinhirns beträgt am Spiritusgehirn 2!/, cm. Die Incisurae semilunaris und marsupialis fehlen. Der Wurm ist relativ lang und breit. Die Länge beträgt I,5 cm, die grösste Breite 0,8 cm. Vorn spitzt er sich stark zu, hinten endet er mit einem sehr flachen Bogen. Die Abgrenzung gegen die Hemi- sphären des Kleinhirns ist durch eine seichte Kerbe (Fossa paramediana) gegeben, welche nur im vordersten zugespitzten Theil verwischt ist. Der vorderste Theil des Oberwurms schiebt sich tief in den Winkel hinein, welchen die divergirenden Mantelränder der Hinterhauptslappen der Grosshirnhemisphären bilden (vergl. Fig. 1). An dieser Stelle fällt der Wurm fast senkrecht zur Vierhügellamelle basalwärts ab. Dieser abschüssige Hang reicht bis zu einem Punkt, welcher knapp 2 mm über dem Schnittpunkt des Sulcus medianus und transversus der Vierhügel gelegen ist. Alsdann geht er in abgestumpftem rechten Winkel in den Unterwurm über. Hinten erfolgt der Uebergang des Oberwurms unter spitzem Winkel. Vergl. hierzu den Medianschnitt Fig. 18. Wie hieraus ersichtlich, unterscheide ich ausschliesslich einen Ober- und Unter- wurm. Die in der menschlichen Anatomie übliche Abgrenzung eines besonderen Hinterwurms vom Ober- wurm scheint mir für die vergleichend-anatomische Betrachtung: unzeckmässig. Fig. 17. Eehidna hystrix. Kleinhirn. Obere Fläche. Zweifache Vergrösserung. Fl Floccu- Fig. 18. lus, 5p Brückenarm, Ap Angulus pontis, Sfl Sulcus flocculi, Shm Sulcus horizontalis magnus Sesa Sulcus cerebelli superior ant., x Scheincom- munication desS. horizontalis magnus mit einer Furche desUnterwurms. Die kleinen römischen Buchstaben sollen im Uebrigen nur den Ver- gleich von Fig. 17 mit Fig. 18 erleichtern, a’ ist eine Eigenfurche der Hemisphäre; s. Text. Fig. 18. Echidna hystrix. Medianschnitt durch das Kleinhirn. Zweifache Vergrösserung. Bezeichnungen wie Fig. 17. Vrna Velum me- dullare anticum. Die 4 Hauptstrahlen des Arbor Eee vitae sind mit römischen Ziftern bezeichnet: en Ihinterer Hauptstrahl, /7 hinterer oberer Haupt- strahl, 7/7 vorderer oberer Hauptstrahl, IV vor- derer Hauptstrahl. a Unter den Furchen des Oberwurms, deren in der Ansicht von oben 10—12 sichtbar zu sein pflegen, fällt eine (Shm) durch ihre Tiefe und ihre continuirliche Fortsetzung in tiefe Furchen der Hemisphären besonders auf. Sie entspricht ziemlich genau der Grenze des 4. und 5. Fünftels des in der Oberansicht sichtbaren Theils des Oberwurms. Lateralwärts lässt sie sich bis zu der Stelle verfolgen, wo der Brückenarm in die Kleinhirnhemisphäre eintritt. Man könnte denken, dass diese Furche dem Sulcus cerebelli superior anterior (zwischen Culmen und Declive) oder dem Sulcus cerebelli superior posterior (zwischen Declive und Folium cacuminis) entspricht. Bekanntlich ist bei dem Menschen ersterer dadurch charakterisirt, dass er am Brücken- arm entspringt, während der letztere vom Sulcus horizontalis magnus ausgeht. Die in Rede stehende Furche des Echidna-Gehirns entspringt unmittelbar am Brückenarm. Eine Homologisirung mit dem Sulcus cerebelli superior posterior ist daher ausgeschlossen. Andererseits scheint mir auch die Homologie mit dem Sulcus cerebelli sup. ant. nicht haltbar. Gegen diese spricht namentlich die enorme Tiefe und der rein lateralwärts gerichtete Verlauf. Gerade wegen des letzteren möchte ich vermuthen, dass unsere Furche dem Sulcus horizontalis magnus entspricht. Die rein dorsale Lage würde sich ungezwungen daraus erklären, dass der 27 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 27 Eintritt des Brückenarms in das Kleinhirn bei Echidna unverhältnissmässig weit lateralwärts und gegen die Dorsalfläche hin verschoben ist. Den Hauptbeweis für die Richtigkeit der aufgestellten Homologie sehe ich darin, dass die Deutung der übrigen Furchen und Lappen des Kleinhirns auf Grund derselben in befrie- digender Weise gelingt. Vor dem Sulc. horicontalis magnus liegen auf der oberen Fläche noch zwei tiefere Furchen. Ihre Lage entspricht ziemlich genau der Grenze des I. und 2. und des 2. und 3. Fünftels der oberen Fläche des Wurms. Ich bezeichne sie einfach als Sulcus cerebelli superior anterior und posterior. Ob sie dem Sulcus cerebelli sup. ant. und post. vieler Placentalier entsprechen, will ich damit noch nicht sicher entscheiden. Auf den Figuren ist der Sulcus cerebelli sup. post. mit g bezeichnet. Durch die drei eben beschriebenen Furchen zerfällt der Oberwurm in 4 Lappen. Den hintersten wird man ohne Bedenken als Tuber valvulae bezeichnen können. Für den mittleren und die 2 vorderen trage ich Bedenken Beziehungen der menschlichen Anatomie anzuwenden. Verfolgt man das Tuber valvulae ab- wärtszur Unterfläche des Wurms, so findet man eine constantere, tiefere Furche (a) von sehr charakteristischem Verlauf unmittelbar über dem Gyrus, welcher den Eingang in das Foramen Magendii deckt. 2 Gyri weiter cerebralwärts folgt wiederum eine tiefere Furche. Da sie in den Kleinhirnhemisphären die hintere Grenze der Flocke bildet, bezeichne ich sie als Sulcus flocculi. Sie entspricht dem Sulcus flocculi der placentalen Säuger. Eine Abweichung besteht nur insofern, als der rechte und der linke Sulcus flocculi continuirlich und gerad- linig zusammenhängen. Die Gyri hinter dem Sulcus flocculi sind der Pyramis und der Uvula homolog, die Gyri vor ihm dem Nodulus (vergl. unten Fig. 20). Auf dem vorderen Hang des Oberwurms findet man meist noch eine etwas tiefere Furche, welche möglicher Weise der Furche zwischen Lobulus centralis und Culmen entspricht. Auf den Figuren ist sie mit n bezeichnet. Die Lingula ist deutlich zu erkennen. Eine Controle dieser Feststellungen wird ermöglicht durch die Betrachtung der medianen Schnitt- fläche, des Arbor vitae. Bekanntlich ist eine unbefangene Feststellung der Hauptäste nicht leicht. Bei Echidna wird, glaube ich, der Unbefangene 4 Hauptstrahlen und 2 Gruppen Nebenstrahlen unterscheiden. Am schärfsten hebt sich der hintere Hauptstrahl ab. Seine Gyri werden einerseits vom Sulcus horizontalis magnus, andererseits vom Sulcus flocculi begrenzt. Die beiden Gruppen gehören dem Unterwurm an. Die hintere Gruppe umfasst die Windungen des Nodulus. Die vordere lässt sich vom vorderen Hauptstrahl nicht scharf trennen. Dieser reicht bis zum Sulcus cerebelli superior ant., der vordere obere Hauptstrahl vom letzteren bis zum Sulcus sup. post. (9) und spaltet sich meist sofort in 2 Aeste (s. Fig.). Der hintere obere Hauptstrahl umfasst das Gebiet zwischen dem Sulcus sup. post. (9) und dem Sulcus horizontalis magnus. Jede Hemisphäre des Kleinhirns lässt sich am besten mit einem Halbkegel vergleichen, dessen Basis dem Wurm, dessen Halbirungsfläche dem 4. Ventrikel zugekehrt ist, während hinten und seitlich ein eigen- thümlicher Fortsatz (Processus s. Lobulus helicinus) sich anschliesst, dessen Gestalt und Furchung stark an das Gehäuse mancher Helicinen erinnert. Alle Wurmfurchen, 4 oder 5 ganz seichte ausgenommen, setzen sich nach rechts und links auf die Hemisphären fort. Dazu kommen jedoch einige bemerkenswerthe Eigen- furchen der Hemisphären. Ich beginne mit den gemeinschaftlichen Furchen. Die Furche n wendet sich anfangs ziemlich stark nach hinten und biegt dann in stumpfem Winkel in eine fast rein laterale Richtung ein. Sie erreicht den freien lateralen Rand des Kleinhirns, welcher in einer rechtwinkligen Einbuchtung (Angulus pontis, Ap) den Brückenarm aufnimmt, nicht. Der Sulcus cerebelli sup. ant. zieht genau lateral- wärts und schneidet in den lateralen Rand eben ein: er entspringt also wie bei den meisten placentalen Säugern am Brückenarm. Der Sulcus cerebelli sup. post. (g) erstreckt sich nur wenig über die Fossa paramediana hinaus. Der Sulcus horizontalis magnus verläuft unter 2 seichten, wellenförmigen Bie- 4* 28 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 28 gungen auf den Scheitel des Angulus pontis zu. Da er zugleich von der rein lateralen Richtung im Ganzen etwas frontalwärts abweicht, so bildet er mit dem Sulcus cerebelli sup. ant. einen abgestumpften spitzen Winkel. Die Zwischenfurchen zwischen dem Sulcus cerebellisup. ant. und Sulcus horizontalis magnus convergiren auf den Scheitel dieses spitzen Winkels zu. Das laterale Stück des Sulcus horizontalis magnus bildet zugleich die vordere Grenze des Lobulus helicinus. Die Furche a wendet sich in einem starken Bogen frontal- und lateralwärts und grenzt in ihrem mittleren Stück den Lobulus helicinus medialwärts ab. In ihrem lateralen Stück verläuft sie auf seiner Oberfläche selbst. Sie mündet unmittelbar neben dem Sulcus flocculi in den Angulus pontis. Dieser letztere hat einen sehr merkwürdigen Verlauf. Es verläuft zunächst der Furche a parallel, biegt dann aber rechtwinklig auf die hintere Fläche des Lobulus helicinus ab — auf der Seiten- ansicht (Fig. 19) verschwindet er nun für eine längere Strecke —, umkreist den Lobulus helicinus quer zu seiner Längsaxe und mündet schliesslich in den Angulus pontis in unmittelbarer Nähe der Furche @ und des Sulcus horizontalis magnus ein. Die auf den Sulcus flocculi cerebralwärts folgende Furche des Wurms 2 verläuft genau in derselben Weise, jedoch ohne so scharfe winklige Knickung. Auf der Seitenfläche des Lobulus helicinus schneidet sie meist zusammen mit dem S. flocculi einen schmalen, bandförmigen Quer- streifen aus. Sehr charakteristisch und für die Orientirung wichtig ist diese zwischen dem Sulcus floceuli und der Furche z gelegene Windung. Sie stellt nämlich stets im Bereich des Wurms ein dünnes, versenktes Blatt dar, verbreitert sich auf der Hemisphäre zunächst erheblich, um schliesslich in dem beschriebenen Band den Lobulus helicinus zu umkreisen. (Vergl. Fig. 20.) Die unmittelbar hinter dem Fastigium gelegene nächste Wurmfurche & wird bald sehr seicht; oft scheint sie in die vorhergehende auf der hinteren unteren Fläche des Lob. helieinus zu münden. Biene: Fig. 19. Echidna hystrix. Kleinhim. Seiten- hinten ansicht. Bezeichnungen wie Fig. 17 und 18. Be Bindearm, (ga, Cgp Vierhügel, Sim Sulcus lateralis mesencephali, Cep Crus cerebelli ad ...Shm \ pontem, 7 Tegmentum, Z Laqueus, Pp Pes pe- ; = dunculi. Sf Fig. 20. Untere Fläche des Kleinhirns von Fl Echidna hystrix (rechte Hemisphäre). Zweifache Vergrösserung. Bezeichnungen wie Fig. 17- ‚Be Bindearm, Bp Brückenarm, Or Strickkörper, \ F Fastigium, Fl Flocke. Die Trennung von der linken Hemisphäre ist etwas links von der Mittellinie vorgenommen worden. Das Vel. med. ant. ist vollständig entfernt. & reicht 2 N nicht bis zum Seitenrand und wird hier durch N a4 \ \ Cep Ap VILVIIIXIISflx a vertreten. \ \ \ \ \ \ \ \ Als Eigenfurchen der Hemisphären vermag ich anzuführen: 1) 2—3 Längsfurchen des Lobulus helicinus zwischen den Furchen a und z (s. Fig. 17). 2) zwei bald mehr quer, bald mehr längs verlaufende Furchen an der Spitze des Lobulus helicinus, welche zum Theil fast bis zum Angulus pontis reichen; 3) eine inconstante Furche zwischen dem Sulcus cerebelli sup. ant. und der Furche e (s. Fig. 17). Durch die aufgezählten Furchen zerfällt natürlich auch jede Kleinhirnhemisphäre in eine bestimmte Zahl einzelner Lappen, und es liegt nahe, die Homologien derselben mit den bekannten Kleinhirnlappen der placentalen Säuger aufzusuchen. Leider sind die Vorbedingungen für solche Homologisirungsversuche, wie sich vorhin bei Besprechung der Furchen ergeben hat, sehr ungünstig, Der Lobulus helicinus erinnert natürlich sofort an die Flocke, indes selbst diese Homologie stösst bei der Einzelprüfung auf Schwierigkeiten. Es ist nämlich sehr schwer anzugeben, wie viel von dem Lobulus helicinus als Flocke aufzufassen ist. Wie aus meiner Darstellung hervorgeht, betrachte ich nur die laterale Spitze des L. helicinus als Flocke; was hingegen medialwärts von der als Sulcus flocculi bezeichneten Furche liegt, betrachte ich als Lobus .cerebelli 29 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 29 inf., homologisire dies Gebiet also mit der Tonsille, dem Lobulus cuneiformis und gracilis und semilunaris inf. der Primaten, Carnivoren etc. Dabei ist nur auffällig, dass der Nodulus nach dieser Auffassung der Homologien unverhältnissmässig gross ausfällt. Ich habe deshalb längere Zeit mich gefragt, ob nicht viel- leicht die Parallelfurche y unterhalb des angeblichen S. flocculi richtiger als S. flocculi aufzufassen sei, indes werden die einzelnen Lagebeziehungen, namentlich zum Sulcus horizontalis magnus, dann erst recht unverständlich. Bei Besprechung der Anatomie des Kleinhirns des Ornithorhynchus und der Marsupialier werde ich auf diese Schwierigkeiten zurückkommen. Ich mache nur einstweilen darauf aufmerksam, dass die schematische Darstellung, wie sie z. B. auch SCHWALBE noch giebt, wonach dem Nodulus die Flocke, der Uvula die Tonsille entspricht, vergleichend-anatomisch kaum haltbar ist. Das Fastigium des Kleinhirns bezw. des vierten Ventrikels ist auffällig wenig entwickelt. Auf Horizontalschnitten ist der Nucleus dentatus an meinen Gehirnen in Anbetracht der Alkohol- härtung kaum zu erkennen. Ueber die Asymmetrie der Kleinhirnfurchung geben die Figuren Aufschluss. Die Variabilität von Gehirn zu Gehirn ist gering, jedenfalls viel geringer als z. B. diejenige der Grosshirnfurchen im Stirntheil. 8) Pons Varoli. Nervi cerebrales V—VIIl. Die Brücke von Echidna fällt namentlich durch ihre relativ grosse Breite im medianen Gebiet und ihre erhebliche Verschmälerung nach beiden Seiten auf. In der Medianebene ist die Brücke nämlich 6—7 mm breit. Der vordere Brückenrand läuft jederseits zunächst 2!, mm rein lateralwärts, um sich dann in einem leicht abgestumpften Winkel von IIO—120° nach hinten zu wenden. Der hintere Brückenrand zieht von der Medianlinie jederseits in einer fast geraden Linie lateralwärts und weicht zugleich ein wenig nach hinten ab. Hieraus ergiebt sich, dass die grösste Breitenausdehnung in sagittaler Richtung jederseits etwas seitwärts von der Mittellinie gelegen ist: sie beträgt etwas über 7 mm. Der Brückenarm hat nur eine Breite von 3 mm und da, wo er iin den Angulus pontis des Kleinhirns eintritt, sogar nur eine solche von 2—2!/, mm. Der Abstand des Angulus pontis von der Medianlinie beträgt in gerader Linie ıo!/), mm. Der hintere Ponsabschnitt erhebt sich nur wenig über das Niveau der Oblongata, der vordere erhebt sich fast 3 mm über das Niveau der Hirnschenkel. Man erkennt schon mit blossem Auge sehr gut, dass die Querfasern welche den steil abfallenden vorderen Ponsrand bekleiden, lateralwärts unter die mittleren Querfasern ge- langen und daher die obere Schicht der Brückenarme bilden. Sehr eigenartig gestaltet sich der Austritt des Trigeminus aus dem Pons. Der Trigeminus ent- springt nämlich nicht aus seiner Masse, sondern an seinem vorderen Rand. Makroskopisch lassen sich wenigstens keine Querbündel vor dem Trigeminusaustritt erkennen. Die Ursprungslinie des Trigeminus- stammes misst 4 mm und ist ein wenig geschweift. Daher machen die lateralsten Faserbündel eine leichte spiralige Drehung durch, um sich mit der Hauptmasse der Fasern zu vereinigen. Der Abstand des medialen Endpunkts der Ursprungslinie des Trigeminusstamms von der Medianlinie beträgt 4 mm. Eine Portio major und minor ist an vielen Gehirnen gar nicht zu unterscheiden, an einzelnen hebt sich ein mediales und zugleich weiter vorn gelegenes, kaum I mm breites Bündel von dem Hauptstamm als Portio minor ab. Endlich verdient noch hervorgehoben zu werden, dass von dem Lobus helicinus sich ein auf- fällig starkes Arachnoidealblatt auf die hintere Fläche des Trigeminus hinüberspannt. Ueber den weiteren Verlauf des Trigeminus bemerke ich noch, dass derselbe zunächst leicht nach hinten gerichtet ist: daher scheint an dem aus der Schädelhöhle entfernten Gehirn der Trigeminus geradezu occipitalwärts der Basal- fläche des Pons aufzuliegen. Die mediane Erhebung der Brücke ist sehr gering. In der Medianlinie ist der Suleus basilaris als seichte Rille zu erkennen. In ihm verläuft die gleichnamige Arterie. Die Vereinigung der beiden Aa. ver- 30 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 30 tebrales zur A. basilaris erfolgt ca. 2 cm hinter dem hinteren Ponsrand. Ein Fasciculus obliquus pontis (SCHWALBE) fehlt. Am hinteren Ponsrand entspringen die Nn. abducens, facialis und acusticus. Ich werde dieselben aus praktischen Gründen sämmtlich schon hier besprechen, obwohl der N. acusticus zum Theil schon dem Nachhirn angehört. Der N. abducens entspringt am hinteren Ponsrand 2 mm von der Mittellinie entfernt mit ı—3 Fäden. Die Nn. facialis und acusticus entspringen unmittelbar neben einander am hinteren Rand des Brückenarms in der Nische zwischen letzterem und dem Lobulus helicinus. Der N. facialis ist der medialere von beiden. Der Durchmesser des N. facialis beträgt ca. I mm, derjenige des N. acusticus 2 mm. y) Fossa rhomboidea. Ventriculus quartus. Die Länge der Rautengrube (s. Fig. 20a) vom Eingang in den Aquaeductus Sylvii (unterhalb der hinteren Vierhügel) bis zur Apertura canalis centralis beträgt im Mittel 13!/, mm. Die Striae medullares bilden zuweilen ein erkennbares I mm breites Band. An vielen Gehirnen sind sie makroskopisch überhaupt nicht sicher zu erkennen. Der poststriäre Abschnitt der Rautengrube ist fast 7 mm, der prästriäre 5 mm lang. Die Striae lassen sich lateralwärts nicht über das Corpus restiforme oberflächlich in den N. acusticus verfolgen, da das Kleinhirn hier bereits mit dem Corpus restiforme verwachsen ist. Der Calamus scriptorius bildet einen Winkel von fast 60°. Der Obex ist als dreiseitiges Plättchen sehr gut entwickelt. Der Sulcus medianus fossae rhomboideae ist im Mittel !/, mm tief, vorn "12 erheblich tiefer als hinten. Die hinteren Grenzlinien der Rauten- grube, also die medialen Grenzlinien der Corpora restiformia sind Fig.20a. Eehidna hystrix. Vierhügel und Rautengrube. Zweifache Vergrösserung. Das vordere Marksegelist gespaltenworden. Sämmt- I!/; mm distalwärts von den Striae medullares verflachen sich liche Kleinhirnschenkel sind durchschnitten. Cga, Cqp vorderer und hinterer Vierhügel, Bgp hinterer Vierhügelarm, Be Bindearm, Bp Erhabenheit am lateralen Rand der Rautengrube auf, welche im Brückenarm, Pei Strickkörper, Frk Rauten- a 5 R SG grube, Smfr Sulcus medianus fossae rhombo- Ganzen 3 mm breit und 4 mm lang ist und somit bis in den pro- ideae, O Obex, Sql S. quadrigeminus longitu- dinalis, 8gt S. quadrigeminus transversus, Tho Thalamus opticus, 7s» Trigonum subpineale, dem Tuberculum acusticum. Ein schmaler Wulst lässt sich vom Ta Tuberculum acusticum. 7 mm lang. Die grösste Breite der Rautengrube beträgt fast 8 mm. die unteren Kleinhirnstiele erheblich, und gleichzeitig tritt eine starke ximalen Abschnitt der Rautengrube hineinreicht. Dieselbe entspricht Medialrand des Strickkörpers bis nahe zum lateralen hinteren Pol des Tuberculum acusticum verfolgen. Die Striae medullares halbiren das Tuberculum ziemlich! genau, lassen sich aber auf seiner Oberfläche nicht sicher verfolgen. Zwischen dem Tuberculum acusticum und der Oberfläche des Strickkörpers bleibt eine seichte Furche. Im Uebrigen sitzt das Tuberculum dem medialen Abschnitt des Strickkörpers geradezu auf. Medialwärts vom Tuberculum acusticum liegt die Ala cinerea. Sie ist nicht immer deutlich erkennbar sehr schmal, etwas vertieft und stellt ein stumpfwinkliges Dreieck dar, dessen stumpfe Ecke dem Schnitt, punkt M das Tuberculum acusticum mit dem medialen Rand des Strickkörpers naheliest, während die eine spitze Ecke !/),—I mm hinter den Striae acusticae, die andere am medialen Strickkörperrand nahe der Apertura can. centr. liegt. Das Gebiet medialwärts von der Ala cinerea stellt ein rechtwinkliges Parallel- trapez dar und entspricht im Wesentlichen der Ala alba medialis bezw. dem poststriären Abschnitt des 31 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 31 Funiculus teres des Gehirns der placentalen Säuger. Es zeigt zwei Anschwellungen, eine seichte hintere und eine stärkere vordere. Der Mittelpunkt der letzteren liegt mit dem vorerwähnten Punkt M in einer Frontalebene. Ich bezeichne die Anschwellung als Eminentia hypoglossi. An einigen Gehirnen hat man den Eindruck, als ziehe ein die Ala cinerea überbrückender Faserbalken von der Eminentia hypoglossi lateral- und proximalwärts zum Tuberculum acusticum. Der proximale (prästriäre) Abschnitt der Rautengrube hat die Form eines Antiparallelogramms, welches der hier besonders tiefe Sulcus medianus in 2 congruente Hälften theilt. Die beiden spitzen Winkel des Antiparallelogramms (also die lateralen hinteren) werden von den vorderen Hälften der Tubercula acustica ausgefüllt. Die laterale Kante wird jederseits vom medialen Rand des Bindearms gebildet. Die Eminentia teres (prästriärer Abschnitt des Funiculus teres) ist jederseits sehr scharf ausgeprägt. Der mediale Hang der Eminentia teres fällt sehr steil direet in den Sulcus medianus ab. Da die Eminentia teres jeder- seits leicht medialwärts concav ist, entsteht zwischen der rechten und der linken eine sehr charakteristische Vertiefung, welche ich als Fovea mediana bezeichne. Zwischen dem distalen Ende der Eminentia teres und den Striae medullares findet sich nur eine sehr seichte und schmale Rille. Vorn steigt die Eminentia teres direct zum hinteren Vierhügel auf. Zwischen Tuberculum acusticum und Eminentia teres ist die Fovea anterior nur eben angedeutet. Eine tiefere Grube findet sich zwischen Bindearm und Eminentia teres; ich bezeichne sie als Fovea lateralis. Eine an den Locus coeruleus erinnernde Pigmentirung habe ich im Bereich derselben nicht finden können. Der proximalste Abschnitt der Rautengrube (etwa die vordere Hälfte des prästriären Abschnitts) wird vom Velum medullare anticum bedeckt. Die Länge des letzteren beträgt fast 3 mm. Es wird von den beiden Bindearmen in bekannter Weise eingerahmt. Fast seine ganze Oberfläche wird von einem wahr- scheinlich der Lingula entsprechenden Lappen des Kleinhirns bedeckt. Die durchschnittliche Höhe des 4. Ventrikels unter dem Vel. med. ant. beträgt 1'/, mm, die höchste Höhe unter dem Fastigium des Kleinhirns knapp 3 mm. Die Breiten- und Längendimensionen ergeben sich aus den vorausgegangenen Maassangaben über die Rautengrube. Zum Behuf der topographischen Orientirung bemerke ich noch, dass ein durch den hinteren Pons- rand gelegter frontaler Schnitt die Rautengrube in ihrem prästriären Abschnitt, 1!/, mm vor den Striae medullares schneidet. Die Vereinigung des unteren und oberen Kleinhirnstiels (Strickkörpers und Bindearms) in der Seitenwand des 4. Ventrikels liegt etwa in derselben Frontalebene, also ebenfalls prästriär. Der Eintritt des Brückenarms — zwischen Trigeminus und Acusticofacialis — liegt lateralwärts vor der Verschmelzung der beiden vorderen Kleinhirnstiele. Figg. 16 und 19 stellen diese Lagerungsverhältnisse naturgetreu dar. f) Nachhirn. Die obere Grenze des Nachhirns ist ohne weiteres durch den hinteren Ponsrand gegeben. Zur Bestimmung der unteren Grenze habe ich bei dem in Spiritus gehärteten Kopf einer erwachsenen Echidna vorsichtig die Membrana obturatoria zwischen Os occipitis und Atlas freigelegt, selbige alsdann gespalten und mit einem feinen, scharfen Messer in senkrechter Richtung das Gehirn vom Foramen magnum abgetrennt. Nachdem ich alsdann das Gehirn aus der Schädelkapsel nach Wegmeisselung der Schädeldecke heraus- genommen hatte, stellte ich fest, dass die Schnittebene vom hinteren Ponsrand I3 mm entfernt ist. Dies ist also die Länge der Medulla oblongata. Die Breite beträgt in der distalen Grenzebene (d. h. also in der Ebene des oben angegebenen Schnittes) etwas über 7 mm, in der proximalen Grenzebene (d. h. also in der Ebene des hinteren Ponsrandes) fast 13 mm. Letztere Breite erhältsich im Bereich der proximalen 2 Fünftel der Oblongata fast unverändert, erst im Bereich der distalen 3 Fünftel tritt eine langsame Verschmälerung ein. 32 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 32 Die Configuration der Basalfläche der Oblongata ist sehr eigenartig (vergl. Fig.2). Man kann sich hier- über nur an Gehirnen orientiren, welche eben erst dem Schädel entnommen worden sind. Gehirne, welche längere Zeit ausserhalb der Schädelkapsel conservirt worden sind, büssen die eigenthümlichen Niveaudifferenzen der Basalfläche meistens ein. Die Basalfläche der Oblongata zeigt nämlich ziemlich genau in ihrer Mitte eine stumpfe Knickung oder Vorbauchung. Der vor der Knickung gelegene proximale Theil der Basal- fläche ist leicht concav eingebuchtet, der hinter der Knickung gelegene distale Theil fast eben. Der Sulcus medianus anterior ist sehr scharf ausgeprägt. Im distalen Abschnitt ist er ca. I mm tief, im proximalen er- heblich seichter. Ein Foramen coecum fehlt. 3'!/,—4 mm oberhalb der distalen Grenzebene wird die vor- dere Mittelfurche in der Tiefe durch Faserbündel unterbrochen, welche sich fast rechtwinklig kreuzen. Diese „Decussation“ erstreckt sich über 4 mm weit!). Dannfolgt der seichtere obere Abschnitt des Sulc. med. ant. Rechts und links vom Sulc. med. ant. verläuft in einer Entfernung von fast 3 mm der Sulcus lateralis anterior. Die zwischen Sulcus med. ant. und Sule. lat. ant. gelegenen Pyramiden fallen durch ihre Flachheit und Breite auf. Im mittleren Theil der Oblongata, etwa der Decussation entsprechend, ist der Sulcus lateralis ant. seichter und weicht in sehr flachem Bogen etwas weiter von der Mittellinie ab (bis zu 3'/, mm). Im distalen Abschnitt nähert er sich ihr wieder bis auf die ursprüngliche Entfernung. Im mittleren seichten Abschnit des Sulcus lat. ant. entspringt der N. hypoglossus in einer fast 5 mm langen Ursprungslinie. Die Zahl der Wurzelfäden beträgt ca. 5. Meist sind sie zu 2 getrennten Bündeln zusammengeordnet. Lateralwärts vom Sulcus lateralis ventralis erhebt sich die Basalfläche zur Eminentia olivaris. Seit- lich wird diese von einer weiteren Furche begrenzt, welche dem Sulcus postolivaris des Placentaliergehirns entspricht. Die grösste Breite der Eminentia olivaris beträgt 4'/, mm. Spinalwärts nähert sich der Sulcus postolivaris dem Sulcus lateralis posterior; dabei wird er jedoch so seicht, dass von einer Einmündung in den letzteren nicht die Rede sein kann. Im Sulcus postolivaris entspringt der N. glossopharyngeus unmittelbar spinalwärts vom N. acu- sticus und zugleich ein wenig weiter ventralwärts. Ich zähle bald 1, bald 2 Wurzelfäden. Spinalwärts folgen die Wurzelfäden des N. vagus und accessorius in einer Linie, welche im Ganzen der Fortsetzung des Sulcus postolivaris entspricht. Die Wurzelfäden des Vagus lassen sich von denjenigen des Glossopharyngeus nur durch Präparation von der Peripherie her trennen. Meist scheint der Vagus sich aus 5 Wurzelfäden zusammenzusetzen. Die Zahl der Wurzelfäden des Accessorius wage ich nicht anzugeben, da die spinalen an meinen Exemplaren nicht sicher zu identificiren waren. Der dorsale (hintere) Theil des Nachhirns ist, soweit die Rautengrube, deren distaler Abschnitt zum Nachhirn gehört, in Frage kommt, schon beschrieben worden. Die Apertura canalis centralis liegt im Spiritusgehirn 2 mm oberhalb der unteren Grenzebene der Oblongata. Das Corpus restiforme ist etwas über 3 mm breit. Tuberculum cinereum Rolandi, Tuberculum cuneatum und Clava sind sehr schwach ent- wickelt, hingegen zeigt der Strickkörper weiter cerebralwärts, unmittelbar hinter dem Punkt M, eine sehr starke und constante Anschwellung, deren Bedeutung die mikroskopische Untersuchung aufklären wird. Der scheinbare Uebergang des Strickkörpers in den gleichseitigen Hinterstrang des Rückenmarks kehrt bei Echidna ebenso wie bei den Placentaliern wieder. Die Breite des Hinterstrangs in dem kurzen, der Oblongata angehörigen Stück beträgt fast 2 mm. B. Rückenmark. Leider bin ich nicht in der Lage, eine vollständige makroskopische Beschreibung des Rückenmarks der erwachsenen Echidna zu geben, da mir durchweg nur Stücke des Cervical- und Dorsalmarks zur Ver- fügung standen. Von Embryonen habe ich das ganze Rückenmark in den verschiedensten Stadien unter- I) Vergl. meine Mittheilung, Anat. Anz. 1897, No. 6, S. 172. 33 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 33 sucht. Auf diese Beobachtungen werde ich in einem besonderen entwickelungsgeschichtlichen Abschnitt eingehen. Die folgenden Angaben über das Rückenmark der erwachsenen Echidna beziehen sich ausschliesslich auf das Cervical- und obere Dorsalmark. Der Frontaldurchmesser des oberen Cervicalmarks beträgt 7, der Sagittaldurchmesser 5 mm. Ein Sulcus medianus post. ist nur im obersten Halsmark erkennbar, ebenda findet man auch einen Sulcus para- medianus post., welcher den Hinterstrang jederseits in eine mediale und eine laterale Abtheilung zerlegt. Der Sulcus medianus anterior stellt eine tiefe Furche dar. Der Sulcus lateralis post. ist eben erkennbar, desgleichen ein Sulcus lateralis anterior. Die hinteren Wurzeln entspringen, wie bei den Placentaliern, einzeilig und stehen dicht gedrängt. Die vorderen Wurzeln entspringen mehrzeilig, bezw. im Bereich einer ca. Iı mm breiten Fläche. Zwischen dem proximalsten Faden der einen und dem distalsten der nächsten Wurzel bleibt oft ein Abstand von I—2 mm. Die hinteren Wurzeln sind im Allgemeinen stärker als die vorderen, nur die I. hintere Cervicalwurzel ist auffällig schmächtig; ich habe sie jedoch niemals Smp Spmp f Tl 1 h H 1 vollständig vermisst. Der Abstand der vorderen und der hin- teren Wurzellinie von der Medianlinie beträgt nahezu gleichmässig 1!/, mm. Die Ursprungslinie des Accessorius reicht jedenfalls bis zum Ursprung des 5. Halsnerven, doch kann ich ein weiteres Hinab- reichen nicht sicher ausschliessen. Der Aufbau aus grauer und weisser Substanz stellt sich auf. einem Querschnitt im Cervicalmark makroskopisch folgendermaassen Sma dar. Das Vorderhorn hat die Gestalt eines vorn abgerundeten e 2 £ : 5 2 Fig. 21. Echidna hystrix. Querschnitt Rechtecks. Seine Axe ist ziemlich stark lateralwärts gerichtet. Daher durch das obere Halsmark. Acp Angulus divergiren das rechte und das linke Vorderhorn in einem Winkel Cormu posterioris, aus welchem sich cerebral- wärts der Kern des Keilstrangs entwickelt. von ca. 50—60°. Der Hals des Hinterhorns ist ziemlich schmächtig. Pr Processus reticularis, Sma Sulcus medianus ant., Smp Sulcus medianus posterior, Spmp Sulcus paramedianus posterior, SR Substantia Kopf. Zwischen dem Rand und dem Kopf bleibt — schon mit der Rolandi. Gegen die Peripherie zu verbreitert es sich zu einem keulenförmigen Lupe erkennbar — ein Streifen weisser Substanz, die „Markbrücke“. Die vorderen Wurzeln treten mehrreihig in das Rückenmark ein und strahlen convergirend in das Vorder- horn. Die hinteren Wurzeln treten, in ein Büschel vereinigt, in der lateralen Ecke des Hinterstranges, zum Theil auch in der Markbrücke ein. Ihr weiterer Verlauf ist nur mikroskopisch wahrnehmbar. Im hinteren Theil der Vorderstränge ziehen Balken grauer Substanz hinüber und herüber. Die vordere (weisse) Commissur ist mittelstark entwickelt. Eine weisse hintere Commissur ist mitunter, d. h. an gut gehärteten Gehirnen (Chromsäure), schon mit blossem Auge undeutlich zu erkennen. Der laterale Rand des Vorderhorns und der laterale Rand des Hinterhorns stossen in einem Winkel von ca. 140° zusammen. In diesem Winkel entwickelt sich ein deutlicher Processus reticularis, welcher caudalwärts — d. h. im Dorsalmark — sich zu einem Seitenhorn verdichtet. Das Lumen des Centralkanals liegt auf der Grenze des 2. und 3. Fünftels, wenn das ventralste Fünftel als erstes gezählt wird. Dem entspricht auch die Thatsache, dass die Hinterhörner erheblich länger sind als die Vorderhörner. Das Lumen scheint — wenigstens im oberen Theil des Rückenmarks — stets offen zu sein. Jenaische Denkschriften. VI. 5 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 34 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 34 ll. Ornithorhynehus paradoxus Bıunene.'). A. Gehirn. a) Allgemeine Form- und Maassverhältnisse. Das Gehirn von Ornithorhynchus hat im Ganzen den Umriss eines Deltoids, dessen Symmetrieaxe der Medianlinie entspricht. Das Kleinhirn wird von den Grosshirnhemisphären noch weniger als bei Echidna überlagert. Die Lobi olfactorii springen über den Stirntheil der Grosshirnhemisphären nicht vor. Die Oeffnung des Centralkanals liegt ziemlich genau unter dem hinteren Rand des Kleinhirnwurms. In der Fig. 23. Cho__ SR ___ es IE RO, MET _S Ort des Zusammenschlusses der Aa. vertebrales. = VII De — XL { Wurzellinie des seitl. ge- mischten Systems. Fig. 22. Gehim v. Ornzthorhynchus paradoxus. Ansicht von oben. Fig. 23. Basalansichtdes Gehirns von Ornithorhynchus paradoxus. 1'/,-fache Vergrössernng. Bo Bulbus s. Lobus olfactorius, Cho Chiasma opticum, Frhla, Frhlp Fissura rhinalis lateralis ant. und post., Frhm Fissura rhinalis medialis, Po Pons, Rh Rhin- encephalon, 7e Tuber cinereum, 70 Tuberculum olfactorium, Spa Substantia perforata antica. Die römischen Ziffern geben die Hirnnerven an. Dieselben sind unvollständig erhalten. Auch vom linken Trigeminus ist nur ein kleiner Rest vorhanden. Basalansicht fällt im Gegensatz zu Echidna auf, dass die Niveaudifferenz zwischen Stirn- und Schläfentheil fehlt. Der Isthmus zwischen den medialen Rändern beider Schläfenlappen ist absolut und erst recht relativ breiter. Die lateralen Ränder der Grosshirnhemisphären stossen vorn in einem abgerundeten Winkel zu- sammen. Sie entsprechen den beiden grösseren Seiten des Deltoids. Seine beiden kleineren Seiten werden namentlich vom hinteren lateralen Rand des Kleinhirns gebildet. Die grösste Breite ist sonach fast im hintersten Theil der Grosshirnhemisphären zu finden. Die Linienmaasse sind folgende): Härtung in MÜLLER’scher Härtung in Alkohol Flüssigkeit, später in Alkohol ı) Grösste Breite 3,2 2,9 3,5 39 34 2) Grösste Länge 333 2,8 (in dem gleichen Sinne wie 3,2 bei Echidna) 3,5 3,6 I) = Ornithorhynchus anatinus GRAY (1843). } 2) Ich habe nicht alle Gehirne messen können, da einige defect bezw. deformirt waren und einige vor der Messung in Schnittserien zerlegt wurden. Die beiden erstgenannten Maasse entsprechen den beiden Diagonalen des Deltoids. 35 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 35 Härtung in MÜLLER’Scher Härtung in Alkohol Flüssigkeit, später in Alkohol 3) Grösste Höhe 1,4 162 1,6 1,9 1,5 Jedenfalls also ist die Breite von der Länge nicht wesentlich verschieden. Die grössten und best- erhaltenen Gehirne sind etwas breiter als lang. Das durchschnittliche Verhältniss von Länge, Breite und Höhe beträgt 3,4: 3,3:1,5. Jedenfalls bleibt das Gehirn sonach im Ganzen hinter demjenigen 'der Echidna in den linearen Dimensionen erheblich zurück. Das Durchschnittsgewicht der in MÜLLEr’scher Flüssigkeit vor- und in Alkohol nachgehärteten Ge- hirne beträgt (einschliesslich der weichen Hirnhäute) ıı g, das Durchschnittsgewicht der nur in Alkohol gehärteten 8 g. Das absolute Gewicht des frischen Gehirns dürfte sonach etwa 16 g betragen !) und sonach also etwa demjenigen einer 4 Wochen alten Katze gleich sein. Verglichen mit Vogelgehirnen, erweist es sich etwa doppelt so schwer als dasjenige der Krähe, dagegen nicht viel mehr als halb so schwer als dasjenige des Strausses (29 g VALLISNERI). Zur Feststellung des relativen Hirngewichtes stehen mir zuverlässige Zahlen nicht zur Verfügung. OwEn (Anatomy of Vertebrates, Vol. III, p. 102) giebt es auf !/,,, an. Für das Kleinhirn habe ich das absolute Gewicht in einem Falle zu 0,9 g bestimmt (Härtung in MÜLLER’scher Flüssigkeit, Nachhärtung in Alkohol). b) Secundäres Vorderhirn oder Grosshirn. Auch bei Ornithorhynchus verschiebe ich die Beschreibung des Nucleus cau- datus und lentiformis auf den vom Zwischenhirn handelnden Abschnitt und be- schränke mich in diesem Abschnitt auf die Besprechung des Hirnmantels einschliess- Bien Sertenansichrdes lich der Insel und des Lobus olfactorius, des Balkens, der vorderen Commissur Gehirns von Ornithorhynchus paradozus. Natürl. Grösse. und des Gewölbes. FS Fossa Sylvii, Bo Bulbus olfactorius, 70 Tuberculum ae) Hirnmantel. Furchen und Windungen. olfactorium, Frhl F. rhinalis n 2 on Q e lateralis, Frhm F. rhinalis Das Gehirn von Ornithorhynchus ist im Gegensatz zu dem Gehirn von Echidna medialis. e I im Wesentlichen glatt. Selbst die sog. Fissura Sylvii ist nur als sehr seichte Depression eben zu erkennen. Sie beginnt fast 3 mm vor dem Chiasma opticum und lässt sich sehr unbestimmt ca. I cm weit auf der lateralen Convexität aufwärts und zugleich etwas occipitalwärts verfolgen. Sehr gut ausgeprägt ist die Fissura rhinalis lateralis. Sie grenzt das sog. Rhinencephalon ab. Da wo die Syrvısche Depression beginnt, macht sie einen stumpfen Winkel. Der vordere Schenkel (F. rhinalis anterior) ist in der Seitenansicht vollständig sichtbar. Er verläuft sanft ansteigend zum Stirnpol und grenzt hier den Bulbus olfactorius ab. Alsdann lässt er sich auf die Medialfläche verfolgen, wo er noch ca. 2 mm weit parieto-occipitalwärts aufsteigt. Er endigt hier unmittelbar hinter dem unteren vorderen Ende der Fissura hippocampi. Die beistehende Figur giebt diese Verhältnisse naturgetreu wieder. Die Abbildung von SMITH (Journ. of Anat. and. Phys., Vol. XXX, Fig. I) ist nicht ganz correct. Wenn man die F. entorhinalis überhaupt noch als besondere Furche retten will, so könnte man das Stück der F. rhinalis auf der medialen Convexität am richtigsten als F. entorhinalis bezeichnen. Man muss sich nur, um die Furchung dieser 1) HUSCHKE, Schädel, Hirn und Seele, Jena 1854, p. I2I giebt 0,4 g. als Gewicht an. Es kann sich dabei nur um ein junges Thier gehandelt haben. 5* 36 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 36 Theile sich richtig vorzustellen, den Bulbus olfactorius für einen Augenblick auf das Niveau der übrigen Hirnoberfläche reducirt denken. Die Fissura rhinalis stellt sich dann als Bogenfurche dar, welche den Bulbus bezw. Lobus olfactorius lateralwärts und frontalwärts abgrenzt. Eine besondere Fissura bulbi olfactoria lateralis (vergl. S. 14) ist scheinbar nicht vorhanden, thatsächlich fällt sie mit der F. rhinalis lateralis zu- sammen und bezeichnet weiterhin die versteckte vordere Grenzfurche des Bulbus olfactorius gegen das Rhinencephalon. Der hintere Schenkel der Fissura rhinalis lateralis (F. rhinalis posterior) wendet sich nach unten und hinten und verschwindet bald von der lateralen Convexität. Auf der Basalfläche lässt er sich, langsam der Mittellinie sich nähernd, bis zur Medialfläche verfolgen. Er verläuft dem inneren Mantelrand ziemlich genau parallel. Sein Ende ist vom inneren Mantelrand ca. 3 mm entfernt!) und liegt etwas über der Verbindungslinie des Stirn- und Hinterhauptpols. Der Bulbus.olfactorius lässt sich vom Rhinencephalon im Gegensatz zu Echidna weit abheben. Es hängt dies offenbar damit zusammen, dass Ornithorhynchus, verglichen mit Echidna, wie die geringere Ent- wickelung des Bulbus olfactorius beweist, als relativ mikrosmatisch im Sinne TURNER’S zu bezeichnen ist. Fig. 25. Fig. 26. a ‚Bo 2 og en ‚rhım Be. hla ? 1; Grhl a) we 2 Spa rhlp v4 K 0s £ 2 4 a v 2 F 7 „ ! Ca / S £ / In D / S Te Th Fig. 25. Basalfläche der linken Hemisphäre von Ornithorhynchus. Durch eine leichte Drehung um die Sagittalaxe ist auch die Medialfläche zum Theil sichtbar gemacht. Ap Area praecommissuralis, Bo Schnittfläche des zum Theil abgetragenen Bulbus olfactorius, Ca Commissura anterior, Cs Commissura superior, @rhl Knie der Fissura rhinal. lat., rım F. rhinalis medialis, rhla F. rhin. lat. ant., rhlp F. rhin. lat. post, Fh F. hippocampi, Spa Subst. perforata ant., 76 Tuberculum olfactorium, 7% Tuber hippo- campi. Der zwischen Fr und Cs gelegene Streif, in welchen sich die Area praecommissuralis fortsetzt, ist die Fascia dentata. Fig. 26. Medialansicht des Gehirns von Ornithorhynchus paradoxus. Das Zwischenhirn ist zum Theil entfernt worden. Fr Frontal-, O Occipitalpol, Ca Commissura anterior, Cs Comm. superior, Bo hinterer Theil des Bulbus olfactorius, Ap Area prae- commissuralis, Fd Fascia dentata, Fo Fornix, T%o Bruchfläche des Thalamus opticus, H Habenula mit Ganglion habenulae, 7% Tuber hippocampi, Frrkim Fiss. rhinalis medialis, Frhla F. rhinalis lateralis ant., Prhlp Fiss. rhinalis lateralis posterior, Spa Subst. perforata antica. Gegen den Hirnstamm grenzt sich das Rhinencephalon auf der Basis durch die F. rhinalis medialis ab. Ihr Verlauf entspricht ganz demjenigen bei Echidna. Vorn schliesst sie sich im Bogen um das Tuberculum olfactorium und trifft fast mit dem vorderen Ende der Fiss. rhinalis lateralis zusammen. Hinten geht sie in die sog. Hemisphärenfurche, welche Hemisphären- und Zwischenhirn trennt, über. Der Bulbus olfactorius ist 3 mm, das Rhinencephalon anterius 2 mm, das Rhinencephalon posterius an seiner breitesten Stelle — ca. !/, cm hinter der winkligen Knickung der F. rhinalis lateralis — 4 mm breit. Das Rhinencephalon ant. kehrt seine Oberfläche basalwärts, das Rhinencephalon post. die seinige im vorderen Abschnitt mediobasalwärts, im hinteren medialwärts. Das Rhinencephalon post. hat in seinem hinteren Abschnitt ausserdem noch eine versteckte Oberfläche, welche im Hilus der Grosshirn- hemisphäre gelegen ist. Sie entspricht, wie bei allen Mammaliern, dem Umschlagssaum der Hemisphären- blase, ist also mit der äusseren Wand der Hemisphärenfurche identisch. Da, wo das Rhinencephalon post. ı) Diese und alle folgenden Maassangaben beziehen sich auf ein und dasselbe in MÜLLER’scher Flüssiskeit vorgehärtete, in Alkohol nachgehärtete Gehirn. 7 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 37 & von der Basalfläche auf die Medialfläche übergeht, erhebt es sich mediobasalwärts zu einem ca. I mm hohen Höcker, dem Tuber rhinencephali. — Das Tuberculum olfactorium ist schildförmig. Der längere, sagittale Durchmesser beträgt 5!/,, der kürzere frontale 3 mm. Occipitalwärts dacht es sich zur Subst. perforata ant. ab. Die Fissura hippocampi verläuft ähnlich wie bei Echidna. Im Stirntheil der Medialfläche beginnt sie nahe der Fiss. rhin. ant. (s. oben), fasst 4 mm vor der Commissura anterior. Sie beschreibt zunächst auf der Medialfläche einen flachen Bogen occipito-parietalwärts und geht dann auf die ver- steckte, dem Grosshirnhilus zugekehrte Innenfläche der Grosshirnhemisphäre über. Von der stumpfen Kante, in welcher Medialfläche und Innenfläche zusammenstossen, entfernt sie sich allmählich etwas mehr. In einer Frontalebene, welche durch das Tuber rhinencephali gelegt wird, beträgt ihr Abstand von der besagten Kante 3 mm. Sie beschreibt alsdann mit der Innenfläche des Palliums einen Bogen um den Hilus und gelangt auf die versteckte obere Fläche des Rhinencephalon post. (s. oben). Sie endet hier 3—4 mm lateral- wärts vom Tuber rhinencephali. — Die Fiss. chorioidea werde ich erst bei Besprechung des Seitenventrikels erwähnen. Andere echte Furchen ausser den bis jetzt erwähnten hat das Ornithorhynchus-Gehirn nicht. Was man sonst noch von feinen Furchen findet, ist ausnahmslos den Gefässfurchen zuzurechnen. Theils handelt es sich um den Abdruck von Arterien der Dura mater, theils um Rinnen, in welchen grössere Arterien und Venen der Pia verlaufen. Besonders constant ist eine Gefässrinne, welche lateralwärts vom Frontalpol beginnt und annähernd sagittal über die laterale Convexität zieht; sie weicht dabei allmählich lateralwärts von der Mittellinie ab. Sehr constant sind auch einige (2—3) Gefässrinnen, welche vom Hilus der Hemisphäre zum vorderen Abschnitt des medialen Mantelrandes aufsteigen und auf die laterale Convexität übergehen. Die zugehörigen Gefässe stammen aus einem stärkeren Gefäss, welches streckenweise im vorderen Abschnitt der F. hippocampi verläuft. Fig. 27. Ornithorhynchus paradoxus. Commissura anterior anterior und superior. in der Ventralansicht; das Tu- x i Re R berculum olfactorium und das DieCommissura anterior zeigt im Medianschnitt eine ovale Fläche. benachbarte Rhinencephalonist weggebrochen. Ca Commissura anterior, Cra vorderer, Orp pols fast genau senkrecht und misst 3'/,, der kürzere 3 mm. Der Querschnitt hinterer Schenkel, Bo Bulbus olfactorius. ß) Commissuren des secundären Vorderhirns: Commissura Der längere Durchmesser steht zur Verbindungslinie des Occipitalpols und Frontal- beträgt sonach ca. 8 qmm. Der relative Querschnitt beläuft sich daher, nach der oben angegebenen Methode, auf !/,,., bleibt also hinter dem von Echidna noch etwas zurück. Basalwärts grenzt sie an das Tuberculum olfactorium. Bricht man dieses weg, so stellt man ohne Schwierigkeit fest, dass die vordere Commissur zunächst oberhalb des Tuberculum olfactorium 2 mm weit als compacter Strang genau frontal-lateralwärts zieht, um sich dann fächerförmig auszubreiten. Besonders mächtig ist der vordere Rand und noch mächtiger der hintere Rand des Fächers. Man kann daher mit gutem Recht zwei Haupt- schenkel unterscheiden, einen vorderen, welcher der sog. Pars olfactoria, und einen hinteren, welcher der Pars temporalis entspricht. Um nichts zu präjudiciren, bezeichne ich sie als Crus anterius und Crus posterius. Bezüglich eines etwaigen Corpus callosum ergiebt die makroskopische Betrachtung Folgendes. Oberhalb der Commissura anterior liegt eine zweite Commissur, deren medianer Querschnitt wie bei Echidna elliptisch ist. Ihr grösster Durchmesser misst knapp 2, der kleinste 1!/;, mm. Ich bezeichne sie wiederum als Commissura superior. Ihr oberer Rand ist von der Fissura hippocampi I!/, mm entfernt. Gegen die Hemisphärenrinde ist sie wie bei Echidna oben und vorn durch eine seichte Furche abgesetzt. Auch die 38 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 38 beiden Ringbündel finden sich wieder, doch ist das vordere viel schwächer entwickelt. Die Lagebeziehungen sind dieselben. Sie umgeben den Querschnitt der vorderen Commissur in Form eines Ringes. Das vordere entspringt im Bereich des Tuberculum olfactorium und der Subst. perforata antica, das hintere — wenigstens für die makroskopische Betrachtung — im Bereich des Chiasmawinkels unmittelbar vor der Habenula. Ueber der vorderen Commissur vereinigen sich beide. Ihre Fasern scheinen theils in die Area praecommissuralis, grösstentheils jedoch in die Commissura superior überzugehen. Ein bestimmtes Urtheil ist auf Grund einer rein makroskopischen Betrachtung nicht zu fällen. Die Fimbria stellt, ich behalte die bei Echidna durchgeführte Nomenclatur bei, ein Band dar, dessen Fasern aus den Ringbündeln und der Commissura superior stammen. Der weitere Verlauf ist derselbe wie bei Echidna. Aus der Area praecommissuralis entwickelt sich ein schmaler Rinden- streifen, welcher sich der F. hippocampi ventrolateralwärts anlegt, um mit ihr, weiterhin immer schmächtiger werdend und sich endlich ganz verlierend, den Hilus der Hemisphären zu umkreisen. Es ist dies die Fascia dentata. Ventrolateralwärts an diese heftet sich die Fimbria an. Sie bildet zugleich die Decke der Cella media des Seitenventrikels und weiterhin den Alveus (s. unten) des Ammons- oder Seiten- horns. Wie weit letzterer aus Fimbriafasern besteht, lässt sich auf Grund der makroskopischen Betrachtung ebensowenig wie bei Zchidna mit voller Sicherheit angeben. Daher sind auch Breitenangaben über die Fimbria ganz müssig. Ich möchte nur betonen, dass gewöhnlich von der Alveusausbreitung selbst (s. unten) ein mediales Bündel (Fi) sich von der Hauptmasse abhebt, welches ich als Fimbriaantheil (im engeren Sinne) bezeichne. Dass in dieses speciell Fasern aus dem vorderen Ring- bündel eintreten, wird bereits bei aufmerksamer makroskopischer Betrachtung wahrscheinlich, Die Bestätigung bleibt der später fol- genden mikroskopischen Untersuchung vorbehalten. An der Streifung der Oberfläche des Dachs des Seitenventrikels erkennt man schon ma- kroskopisch, dass aus allen Theilen des Dachs Fasern zur Commissura N superior ziehen. Die Fissura chorioidea hat ihre typische Lage. Das Fo‘ Fi Fa Dach des Seitenventrikels schlägt sich wie bei Echidna um die F. Fig. 28. Frontalschnitt durch den linken Seitenventrikel. Vordere Schnitt- B g B r 5 fläche. Dieselbe ist etwas um die hori- Halbellipse beschreibt. Die lateralwärts gekehrte Convexität entspricht zontale Axe gedreht, so dass das Dach der Cella media des Seitenventrikels sichtbar wird. mH mediale, IH laterale, werde künftig diese Bezeichnung auf die convexe Fläche des Dachs des oH obere Hemisphärenfläche, 5% Seiten- a 5 R a F horn des Seitenventrikels, A Alveus, Deitenventrikels ausdehnen. Die entsprechende Biegung des Seiten- Fi Fimbria, Fo‘ s. Text, Fd Fascia den- tata, Fh Fissura hippocampi. hippocampi um, so dass es im Frontalschnitt eine medialwärts offene dem Alveus des Unterhorns der Primaten und anderer Säuger. Ich ventrikels bezeichne ich, wie erwähnt, als Ammonshorn oder Seitenhorn, den über den grossen Ganglien gelegenen Haupttheil als Cella media. Im Gehirn der Placentalier entspricht das Seitenhorn innerhalb des Unterhorns der unteren Ausbuchtung (d auf SCHWALBE’s Fig. 323, Neurologie, S. 510). Der Alveus (A) lässt sich gegen die Fimbriafaserung s. str. (7%) nicht scharf abgrenzen. Die Faserung, welche beide verbindet, ist auf der Figur mit Fo‘ bezeichnet. Verfolst man letztere bezw. das Dach des Seitenventrikels und speciell den Alveus über den hinteren Bogen des Hilus der Hemisphäre hinaus in den Schläfenlappen, so stellt man eine allmähliche Zuschärfung oder Ver- schmälerung fest. Das Bündel Fi lässt sich bis zu dem Ende des Unterhorns makroskopisch ver- folgen. Die beistehende Figur giebt einen Frontalschnitt durch den Seitenventrikel, welcher vom Frontalpol 1,8 cm entfernt ist, wieder. Die basale Hirnmasse ist vollständig entfernt. Am hellsten weiss erscheint der Streifen Fi. Zwischen Fi und Fd (Fascia dentata) ist eine Furche (Sulcus fimbriodentatus) kaum bemerklich. Nur die Färbung erlaubt eine Abgrenzung. Auf der versteckten oberen Fläche des Schläfen- lappens liegen Fascia dentata und Fimbria neben einander, wie stets die F. dentata medialwärts von der 39 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 39 Fimbria. Die Fascia dentata ist hier auf einen grauen Belag reducirt. Daher erscheint auch die F. hippo- campi zu einem Graben erweitert. Lateralwärts von der Fimbria würde die Fiss. chorioidea folgen. Indessen hat Ornithorhynchus kein gut entwickeltes Unterhorn, die Lichtung des Seitenhorns des Seitenventrikels lässt sich nur wenig über den hintersten Punkt des Hilus temporalwärts verfolgen. Die Alveusausbreitung verschmälert sich hier sehr rasch. Das Seitenhorn verschwindet. Von dem Seitenventrikel bleibt nur eine Rinne übrig, welche 6 mm hinter der vorderen Grenze des Schläfenlappens (wie sie sich auf der Medialfläche ergiebt) ziemlich plötzlich verschwindet. Diese Rinne stellt das Rudiment des Unterhorns dar. Lateralwärts schliesst sich an diese Rinne der Schweif des Schweifkerns an. Es folgen also in mediolateraler Richtung auf einander: 1) Obere innere Fläche des Rhinencephalon (zum Theil Tuber hippocampi); 2) Fissura hippocampi ; 3) Fascia dentata; 4) Fimbria; 5) Fiss. chorioidea ; 6) Cauda nuclei caudati. Um diese Anordnung verständlicher zu machen, habe ich 2 schematische Figguren beigefügt, welche die Verhältnisse bei Placentaliern und Ornithorhynchus vergleichend darstellen. Fig. 29a stellt einen Frontal- schnitt durch den parietalen, Fig. 29b einen solchen durch den temporalen Abschnitt des Seitenventrikels dar. Fig. 29a. 1 I 'Ste Ne Fig. 29a. Schematischer Frontalschnitt durch den parietalen Theil des Seitenventrikels der Mammalier (ohne Balken), A Alveus, Feh Fissura chorioidea, Fd Fascia dentata, Fo Fornix bezw. Fimbria, Fo‘ s. Text, Fh Fissura hippocampi. Ne Schweif- kern, mHp parietaler Theil der medialen Hemisphärenwand, Sh Seitenhorn, Sv (Cm) Cella media des Seitenventrikels, Ste Stria cornea, Tho Oberfläche des Sehhügels. e Fig. 29b. Schematischer Frontalschnitt durch den temporalen Theil des Seitenventrikels der Mammalier. 4A Alveus, Feh Fissura chorioidea, Fd Fascia dentata, Fo‘ s, Text, Fi Fimbria, Fh Fissura hippocampi, Ne Schweif des Schweifkerns, Rh Rhinen- cephalon, Rsth basaler Theil des Zwischenhirns, S% Seitenhorn, Sv (Uh) Unterhorn des Seitenventrikels, Sic Stria cornea (s. Text). Fig. 2gb ist bis auf eine Drehung um 180° mit Fig. 29a identisch. Auf ersterer ist daher die Cella media des Seitenventrikels Svu(Cm), auf letzterer das Unterhorn Sv(UR) getroffen. Das Seitenhorn Sh ist gestrichelt an- gegeben. Bei den Primaten würde es im parietalen Theil fehlen, bei Ornithorhynchus fehlt es im temporalen. Zugleich ist bei Ornithorhynchus im temporalen Seitenventrikel sehr viel kleiner. Fascia dentata (Fa), Fornix (Fo bezw. Fi), Fissura chorioidea (Feh) erscheinen auf Fig. 29b in der bekannten Umlagerung. Der Alveus kehrt auf beiden Figuren wieder. Die Faserausbreitung von der Fimbria s. sir zum Alveus (A) habe ich auf beiden Figuren mit Fo‘ bezeichnet. Bei den Primaten würde sie im parietalen Theil fehlen. Der parietale Theil der medialen Hemisphärenwand (mHp) geht im temporalen Abschnitt in das Rhinencephalon (Rk) über (vergl. auch Fig. 26). Die dünne Hemisphärenwand einwärts vom Fornix heftet sich auf beiden Figuren an das Zwischenhirn an, auf Fig. 29b an seine Basis (Rsth Regio 40 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 40 subthalamica), auf Fig. 29a an seine obere Fläche (7ho obere Sehhügelfläche) im Bereich der Linea chorioidea. Stria cornea (Sic) und Nucleus caudatus liegen im Seitenventrikel, lateralwärts von der Linea chorioidea. Ob speciell bei Ornithorkynchus die Stria cornea wirklich bis zum Temporallappen zu verfolgen ist, bleibt späterer mikroskopischen Untersuchung vorbehalten. Im Interesse der Verständlichkeit der letzteren war es mir nur darum zu thun, den Platz, wo sie zu erwarten ist, zu fixiren. Makroskopisch gewinnt man nur sehr unbestimmt den Eindruck, dass sie neben der Cauda noch eben zu erkennen ist. Fig. 29a trifft auf Ornithorhynchus gut zu. Man vergleiche sie nur mit Fig. 28 auf S. 38. Erwägt man, dass letztere die linke Hemisphäre darstellt und Fig. 29a die rechte, sowie ferner, dass in der Fig. 28 geflissentlich die basal- wärts gelegenen Theile — die verdünnte Hemisphärenwand, in welche die Fiss. chorioidea eintritt, sowie der Boden des Seitenventrikels — weggelassen worden sind, so decken sich beide vollständig. Fig. 29b trifft auf Ornithorhynchus nicht zu. Um die Verhältnisse, wie sie bei O. vorliegen, zu erhalten, muss man folgende Abweichungen erwägen: ı) Die Fissura hippocampi wird seichter. 2) Der Alveus verschmälert sich erheblich. 3) Das Seitenhorn verschwindet. 4) Das Unterhorn selbst verkümmert. Es bleibt alsdann statt der mächtigen Einbuchtung Sv+ Sh nur eine kleine Rinne übrig, und der Schwanz des Schweifkerns kommt fast unmittelbar lateral neben die Fimbria zu liegen. Die Lagebestimmung der Lamina terminalis bietet bei Ornithorhynchus noch grössere Schwierigkeit als bei Echidna. rhynchus behaupten zu können. Doch glaube ich eine ähnliche Lage, wie ich sie für Echidna angegeben, auch für Ornitho- c) Primäres Vorderhirn oder Zwischenhirn und Schweifkerne. «) Dritter Ventrikel und Bodengebilde. Vom 3. Ventrikel bleibt in Folge der enormen Grösse der Commissura media nur ein sehr schmaler Ring und eine basale muldenförmige Einsenkung übrig. Am auffälligsten tritt dies Verhältniss zu Tage, wenn man in der üblichen Weise durch Entfernung der Telae chorioideae an einem sehr gut gehärteten Gehirn den 3. Ventrikel freizulegen sucht. Man sieht dann zwischen den breiten Habenulae einen grauen, gegen die Mittellinie etwas vertieften Streifen, welcher hinten I!/, m, vorn etwas über I mm breit ist. Man könnte zunächst glauben, ein 3. Ventrikel fehle vollständig. Genauere Unter- suchung lehrt allerdings sofort, dass vor den Zirbelstielen und der hinteren Com- missur eine Höhlung abwärts führt. Eine analoge Höhlung senkt sich am vor- deren Ende des Streifens hinter der Commissura superior abwärts. Daraus gelıt In, 30L Aumstei dies Wenn hervor, dass der Streifen der oberen Fläche der Commissura media entspricht. trikels von oben, Ornitho- rhynchus paradoxus. Die Zirbel ist abgeschnitten, die Tela cho- rioidea entfernt. Cp Commis- sura posterior, Om Commissura Sie zeigt in ihrem vorderen Abschnitt eine seichte mediane Furche. Die Rinne zwischen den Habenulae, deren Grund der erwähnte Streifen bildet, ist der obere Ringabschnitt des 3. Ventrikels. Die Entfernung der oben erwähnten vorderen media, Os Comm. superior, Oga Corpus quadrigeminum ant,, Fa Fascia dentata, @% Ganglion habenulae, H Habenula, Pe Pe- dunculus conari, Smg Sulcus medianus corpp. quadr., 7sp Trigonum subpineale. und hinteren Höhlung, also der Durchmesser des Ringes oder, was dasselbe ist, Für die Höhe des basalen Ringabschnittes gebe ich keine speciellen Zahlen, weil diese der sagittale Durchmesser der Commissura media beträgt 5—6 mm. Messungsergebnisse durch die Härtung in unkontrolirbarer Weise beeinflusst werden. Die grösste Höhe des 3. Ventrikels dürfte 6-7 mm (unter Einrechnung der Commissura media) betragen. 41 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. Al Die Sehnervenkreuzung liegt mit ihrem hinteren Rand fast genau senkrecht unter dem hinteren Rand der vorderen Commissur. Mit ihrem vorderen Rand ist sie reichlich I!/;, mm vom hinteren Rand des Tuberculum olfactorium entfernt. Die Nervi optici divergiren unter sehr spitzem Winkel (ca. 30°), die Tractus optici unter sehr stumpfem (ca. 120°). Die Sehnerven sind ausserordentlich schwach entwickelt. Ihr Durchmesser beträgt kaum !/, mm. Der Tractus ist allerdings bis zu °/, mm breit, aber sehr glatt. Er lässt sich in fast frontaler Richtung über die Basis des Hirnschenkels verfolgen. Seine Entfernung von der Theilungsstelle der Hirnschenkel beträgt — am medialen Hirnschenkelrand gemessen — 4 mm. Das Tuber cinereum liegt fast I mm tiefer als das Tuberculum olfactorium, aber fast 4 mm über dem Niveau der Substantia perforata post. Ist die Hypophyse — wie bei fast allen meinen Gehirnen — abgerissen, so erinnert das Tuber cinereum in seiner Form an die Schale mancher Fissurellen. Die vordere Wand fällt sehr sacht, die hintere sehr steil ab. Die Seitenwände fallen ebenfalls sehr steil ab. Sie grenzen unmittelbar an den Hirnschenkel und werden grösstentheils vom Rhinencephalon posterius verdeckt. Die grösste Gesammtlänge beträgt €, die grösste Breite 4 mm. Wenn die Hypophyse abgerissen ist, stellt sich die (künstliche) Oeffnung des Infundibulum als ein sagittaler Schlitz von °/, mm Länge dar. Auf der hinteren Wand des Tuber cinereum erhebt sich das Corpus candicans als ein quergestelltes Halbellipsoid Eine mediane Furche, also eine oberfläch- liche Zweitheilung habe ich auf der Oberfläche des letzteren nicht wahr- r nehmen können. Die Trennungsfurche zwischen Tuber cinereum s. str. hin = und Corpus candicans, der Sulcus praemammillaris ist knapp I!/, mm spa lang und läuft seicht auf der lateral- und parietalwärts abfallenden Seiten- rhp fläche des Tuber cinereum aus Der sagittale Durchmesser des Corpus Som candicans beträgt I!/, mm, der frontale, welcher mangels einer scharfen Th seitlichen Grenzfurche nur sehr annäherungsweise angegeben werden kann, ca. 2 mm. Die Substantia perforata postica wird, als zum Mittelhirn ge- hörig, erst weiter unten besprochen werden. Die beistehende Figur Fig. 31. Basalfläche des Zwischen- hirns von Ornithorhynchus. Links ist das Rhinencephalon weggenommen wor- den. Ce Corpus candicans, Cko Chiasma opticum, No Nervus opticus, 7ro Tractus Die Medialfläche des Sehhügels ist, wie erwähnt, fast ganz durch °PÜCus P Pons, Pe Pedunculus cerebri, rha F. rhinalis lateralis ant., rAm F. rhi- die Commissura media verdeckt. An ihrer oberen Kante verläuft die nalis medialis, r}p Fr. rhinalis lateralis post., Spa Subst. perforata ant., ‚Spm Sulcus praemammillaris, Zie Trigonum beträgt 0,6--0,7 mm. Occipitalwärts schwillt sie zu dem flachen, aber intercrurale, 7% Tuber hippocampi, Te t E Tuber cinereum, 76 Tuberculum olfac- breiten Ganglion habenulae an. Frontalwärts lässt sie sich in einem torium. erläutert diese Verhältnisse. ß) Thalamus opticus. Habenula. Diese ist sehr stark entwickelt (vergl. Fig. 30). Ihre Breite Bogen bis fast zur Hirnbasis verfolgen. Sie liegt unterhalb des Foramen Monroi dem vorderen Ringbündel lateral an und verschwindet schliesslich in die Substantia perforata antica hinter der Vallecula Sylvii. Die obere Fläche des Sehhügels ist in sagittaler Richtung stark gewölbt. Sieht man von der Wöl- bung ab, so lässt ihre Form sich am besten mit einer sehr langgestreckten Ellipse vergleichen, deren Axe von frontolateral nach occipitomedial verläuft. Der längste Durchmesser beträgt S mm, die grösste Breite (senkrecht zu diesem Durchmesser gemessen) 3'/, mm. Der lateralste Punkt ist von der Mittelebene knapp 4 mm entfernt. Ueber die vordere Grenze der Vierhügelplatte ragt der Sehhügel seitlich 3!/, mm hinaus. Im Ganzen steigt die obere Sehhügelfläche gegen ihren hinteren lateralen Pol etwas an. Ein Pulvinar ist nicht deutlich zu erkennen. Ein Tuberculum anterius ist angedeutet. Die Lage der Incisura habenulae entspricht ziemlich genau der Grenze der vorderen und hinteren Sehhügelhälfte. Jenaische Denkschriften VL 6 Semon, Zooleg. Forschungsreisen. III. 42 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 42 Die hintere Sehhügelfläche ist sehr schmal. Der Tractus opticus läuft frei über den Hirnschenkel hinweg und verwächst mit dem hinteren Sehhügelpol. Ein Corpus geniculatum laterale lässt sich bei der makroskopischen Untersuchung nicht mit Sicherheit erkennen. y) Nucleus caudatus und Seitenventrikel. Auch bei Ornithorhynchus ist die Oberfläche des Schweifkerns auffällig fach. Sie steigt vom Vorder- horn in einem Winkel von ca. 30° lateralwärts und occipitalwärts auf. Kopf und Schweif sind deutlich Die Oberfläche Die sagittale Länge beträgt in unterschieden. Der laterale Rand ist, wie bei fast allen Mammaliern, leicht umgeschlagen. der Cauda verläuft mehr vertical (also medialwärts gekehrt) als horizontal. der Luftlinie I6 mm, die grösste Breite 6 mm. Der laterale Rand beschreibt einen sehr flachen Bogen. Der mediale Rand des Kopfes, worunter ich den vor dem Sehhügel gelegenen Abschnitt verstehe, misst ca. 7 mm. Die Stria cornea ist vorn sehr schmal, verbreitert sich jedoch oceipitalwärts erheblich. Vergl. beisteheude Figur. Der mediale Rand des Kopfes des Schweifkerns stösst hinten in einer Länge von fast 3 mm unmittelbar an die Commissura anterior. Das Ependym geht hier direct von der oberen Fläche des Schweifkerns auf die obere Fläche der Commissura anterior über und bildet hier den Boden des Foramen Monroi. Die Entfernung des medialen Randes von der Medianebene beträgt reichlich I!/, mm. In solchem Umfange liegt also die Dorsalfläche der vor- deren Commissur frei. Dann verschwindet sie unter dem Streifenhügel. Die Niveaudifferenz des medialen Randes des letzteren und der Dorsalfläche Fig. 32. hügel in der Ansicht von oben. Orni- thorhynchus paradoxus. Vergrösserung, Sehhügel und Streifen- der vorderen Commissur beträgt kaum !/, mm. Vor der Commissura an- 2fach. Ap Area praecommissuralis, terior fällt der mediale Rand des Kopfes ziemlich steil zum Boden des Bgp hinterer Vierhügelarm, Bga vor- derer Vierhügelarm, Ca Vorderhorn, Cd Schwanz, Cp Kopf des Schweif- kerns, Ooa Commissura anterior, (op Commissura posterior, Cga vorderer Vierhügel, 0gp hinterer Vierhügel, Ce Vorderhorns ab. Die Länge dieses freien medialen Randes beträgt fast 4 mm. Das Vorderhorn selbst stellt sich ähnlich wie bei Echidna dar. Wurm des Kleinhirns, Fa vorderes Ringbündel, welches sich über der vorderen Commissur mit dem hin- teren vereinigt und vorn in die Area praecommissuralis übergeht. Com- missura superior und Fornix sind weggeschnitten. @% Ganglion habe- nulae, H Habenula, Sqm Sulcus qua- drigeminus medianus, Sire Stria cor- nea, 7sp Trigonum subpineale. Auch bei Ornithorhynchus gelangt man vom Foramen Monroi über die Com- missura ant. wie über eine Schwelle in den Haupttheil des Vorderhorns. Seine Gesammtlänge — einschliesslich des der Commissura ant. aufliegenden Abschnitts beträgt 6 mm. Sein vorderer Rand ist vom Frontalpol nur 31/, mm entfernt. Die Breite beträgt ı mm. Die laterale Wand wird von Der Boden entspricht dem Tuberculum olfactorium der Basalfläche. Die nischen- der sehr dünnen (knapp !/, mm) Area praecommissuralis gebildet. förmige Einsenkung des Bodens vor der vorderen Commissur werde ich als Fovea praecommissuralis bezeichnen. Die Cella media des Seitenventrikels bietet abgesehen von den Abweichungen, welche sich aus der schon beschriebenen Oberflächenconfiguration des Schweifkerns ergeben, keine Besonderheiten. seitliche Rand ist von der Medianebene 8 mm weit entfernt. lateralen Rande wurde oben bereits als Seitenhorn beschrieben. 6 mm-ven der medialen Hemisphärenwand entfernt. Der Die Ausbiegung der Cella media an ihrem Der Alveus ist mit seinem lateralen Rand Der oberste Theil des Seitenhorns nähert sich der letzteren bis auf weniger als 4 mm. Das Verhalten des Unterhorns ist oben (siehe S. 38ff.) bereits ausführlich beschrieben worden. Die Umbiegungsstelle der Cella media in das rudimentäre Unterhorn ist vom Occipitalpol ca. I cm entfernt. Auch des weiteren Verhaltens des Seitenhorns ist bereits gedacht worden. 43 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 43 Die Tiefenentwickelung des Schweifkerns wird bei der mikroskopischen Untersuchung besprochen werden. d. Mittelhirn. «) Vierhügel. Auch bei Ornithorhynchus sind die vorderen Vierhügel erheblich mächtiger als die hinteren. Die ersteren messen im Sagittaldurchmesser 5, im Frontaldurchmesser 5!/, mm, die letzteren nur I?/, mm im Sagittal-, und knapp 2!/, mm im Frontaldurchmesser. Der Sulcus quadrigeminus transversus ist sehr seicht. Gegen die Medianlinie verhält er sich ähnlich wie bei Echidna. Der Sulcus quadrigeminus medianus ist nur im Bereich der beiden hinteren Drittel der vorderen Vierhügel scharf ausgebildet. Zwischen den beiden hinteren Vierhügeln wird er breit und seicht. Frontalwärts verbreitert er sich zu dem Trigonum subpineale. Ein Colliculus subpinealis ist nicht erkennbar. Am hinteren Rand der hinteren Commissur zeigt das Tri- gonum eine kleine mediane Grube. Die Oberfläche aller Vierhügel ist grau: Ein sehr dünnes, aber breites Frenulum veli medullaris antici ist am hinteren Vierhügelrand eben noch zu erkennen. Der vordere Vierhügelarm besitzt eine ansehnliche Breite (ca. 5 mm), der hintere ist sehr schmal (wenig über I mm). Ein Corpus geniculatum mediale ist makroskopisch nicht zu erkennen. Auch ein Corpus geniculatum laterale hebt sich nur ganz unbestimmt ab. Ich verweise daher auf die spätere mikro- skopische Untersuchung. Das Verhalten des Tractus opticus wurde bereits erwähnt. 8) Hirnschenkel. Bei Betrachtung der Hirnbasis sieht man von den Hirnschenkeln fast nichts. Erst wenn man das Rhinencephalon theilweise weggebrochen hat, überblickt man ihren Verlauf. Dabei ergiebt sich zugleich alsbald die Thatsache, dass eine treiliegende Brücke im gewöhnlichen Sinne fehlt. Der vordere Ponsrand ist durch später zu beschreibende Gebilde des verlängerten Markes ganz in die Tiefe gedrängt. Er bildet keinen geschweiften Bogen wie bei den übrigen Mammaliern, sondern er springt in der Median- linie spitzwinklig vor und läuft seitlich beiderseits in einen nach hinten gerichteten Bogen aus, dessen Concavität vor- und lateralwärts gerichtet ist. Der vorspringende mediane Zapfen nähert sich dem Corpus candicans bis auf 2 mm. Die Hirnschenkel entspringen aus den Seitenwänden des Zapfens. Ihre medialen Ränder stehen I!/, mm von einander ab. Die Divergenz der medialen Ränder beträgt nur ca. 25°. Die lateralen Ränder divergiren erheblich stärker. Die Breite eines jeden Hirnschenkels im Niveau seines Ursprungs aus dem Pons beträgt knapp 5 mm. Mit dem soeben beschriebenen Verlauf der Hirnschenkel steht die Thatsache in Zusammenhang, dass das sog. Trigonum interpedunculare fast die Gestalt eines Rechtecks hat. Es zeigt eine durchaus graue Oberfläche. Der vorderste Theil ist unter dem überhängenden Corpus candicans versteckt. Der weitere Verlauf der Hirnschenkel bietet makroskopisch keine weiteren Besonderheiten. Einen Tractus peduncularis transversus habe ich an einigen Gehirnen sehr deutlich gesehen. Er liess sich einer- seits über dem hinteren Vierhügelarm bis zum vorderen, andererseits bis zum lateralen Rand des vorsprin- genden Brückenzapfens ohne Schwierigkeit verfolgen. Der Sulcus lateralis mesencephali ist nicht deutlich zu erkennen. Die Gesammthöhe des Hirnschenkels beträgt am hinteren Vierhügelrand 5'/, mm. ) Aquaeductus Sylvii. In Anbetracht der Kostbarkeit des Materials habe ich auf eine makroskopische Untersuchung des Aquaeducts verzichtet. Bei Gelegenheit der mikroskopischen Untersuchung wird er ausgiebig berück- sichtigt werden. 6* 44 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 44 e. Hinterhirn. «) Kleinhirn. Am auffälliesten ist die Verkümmerung der Hemisphären. Die grösste Gesammtbreite beträgt meist 17—18 mm. Hiervon kommen auf den Wurm mindestens 7 mm. Hinten ist er breiter als vorn. In der Ansicht von oben gleicht das Kleinhirn einem Rhombus mit abgestumpften Ecken. Die kurze Diagonale verläuft sagittal, entspricht also dem Wurm und misst fast 14 mm. Die Einsenkung zwischen Wurm und Hemisphären ist sehr seicht. Der Wurm springt vorn stark, hinten wenig über die Hemisphären vor. Von einer Incisura semilunaris und marsupialis ist also nicht die Rede. Der Oberwurm erhebt sich allenthalben etwas über das Niveau der Hemisphären. Der Unterwurm liegt etwas vertieft (bei Betrachtung von unten). Die Windungen des Wurms verlaufen parallel und frontal. Sie setzen sich sämmtlich auf die Oberfläche der Hemisphären fort. Entsprechend der sagittalen Verkürzung der Hemisphären convergiren die Windungs- blätter hemisphären-, also lateralwärts. Die meisten verschmälern sich zugleich. Mehrfach spaltet sich ein Windungsblatt der Hemisphären bei dem Uebergang auf den Wurm in 2 Blätter. Die Untersuchung der Basalfläche (s. Fig. 33) ergiebt, dass das Velum medullare anticum auf der Grenze des vorderen und mittleren Wurmdrittels in einer Breite von fast 3 mm zwischen den beiden Binde- armen entspringt. Ein Fastigium ist nur als schmaler Spalt hinter dem Velum VYma r medullare anticum angedeutet. Die sagittale Länge des Velum medullare ant. beträgt etwas über 2 mm. Frontalwärts nimmt es an Breite entsprechend der Convergenz der Bindearme rasch ab. Die Lagerung der Kleinhirnschenkel bei ihrem Ursprung aus der Kleinhirnbasis entspricht der typischen der Placentalier. Bemerkenswerth ist nur die relative Verkümmerung des Brückenarms. Er erscheint als ein laterales Anhängsel des Bindearms. Auf der Basalfläche des Wurms unterscheidet man ohne Schwierigkeit Fig. 33. Untere Fläche des 4Lappen. Der vorderste erste Lappen charakterisirt sich als Nodulus, Wurms von Ornithorhynchus para- doxus. Veıgrösserung 2-fach. Die Lappen sind nach der Zählung des FJocken fand ich bei meinen Gehirnen sehr schwach entwickelt, doch kann Textes mit Nummern versehen; I entspricht also dem Noduluıs ich die Möglichkeit nicht ausschliessen, dass ein grösserer Theil bei der Ent- u.s.f. Ore Schnittfläche der Klein- hirnschenkel. Auf der rechten Seite ist die Richtung ihres Ein- stiel kann man jedenfalls bis unter und hinter das Corpus restiforme ver- tritts durch Pfeile angedeutet, Yma Velum medullare anticum. Der insofern er lateralwärts in das Velum medullare posticum übergeht. Die fernung des Gehirns aus der Schädelhöhle verloren gegangen ist. Einen Flocken- folgen. Der Nodulus ist ı!/; mm lang und 3—3!/, mm breit. Spalt zwischen dem Velum med. Der zweite Lappen ist der breiteste und längste des Unterwurms. Der ant.unddem Nodulus(T) entspricht & A N dem Fastigium. sagittale Durchmesser beträgt fast 4, der frontale 6-7 mm. Meist sind 2 Unter- furchen erkennbar, welche ihn in 3 Unterläppchen theilen. Ich will ihn der Analogie halber als Uvula bezeichnen. Eine Homologie soll damit noch nicht ausgesprochen werden. Beim Uebergang auf die Hemisphären verschmälert er sich auf ®/, mm (im sagittalen Durchmesser), um weiter lateralwärts an Breite wieder zuzunehmen. Der 3. Lappen misst im Sagittaldurchmesser 2, im Frontaldurchmesser 6 mm. Auch er verschmälert sich bei dem Uebergang auf die Hemisphäre zunächst vorübergehend. Der 4. Lappen stimmt in seinen Dimensionen sehr genau mit dem 3. überein. Hinter ihm ist noch die untere Fläche eines Lappens zu sehen, welcher mit seiner oberen Fläche bereits dem Oberwurm zugehört. Bei der Beschreibung des Oberwurms gehe ich vom Velum medullare anticum aus. Eine Lingula konnte ich mit blossem Auge nicht sicher erkennen. Dem Velum liegt ein breiter Lappen auf, welcher 45 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 45 sich ohne Schwierigkeit über dem Eintritt des Bindearms auf die Hemisphären verfolgen lässt. Auf der oberen Fläche des Kleinhirns ist er nicht sichtbar. Die sagittale Länge beträgt fast 2!/, mm, die frontale Breite fast 5 mm. Auch der folgende Lappen erscheint noch nicht auf der oberen Kleinhirnfläche. Es hängt dies mit dem Ueberhängen des vorderen Abschnitts des Oberwurms zusammen. Es folgen nun zahl- reiche parallele Windungsstreifen, deren Sagittaldurchmesser zwischen I und 2 mm schwankt. Der Frontal- durchmesser steigt occipitalwärts allmählich von 5 auf 7 mm. Die vorderen Windungen sind gewölbter, die hinteren flacher. Die vorderen Windungen weichen bei dem Uebergang auf die Hemisphären winklig nach hinten, die hinteren winklig nach vorn ab. Beide verschmälern sich dabei nur unerheblich. Die mittleren Windungen (2-4) des Oberwurms verschmälern sich hingegen erheblich und fliessen bei dem Uebergang auf die Hemisphären in einen einzigen Windungslappen zusammen. Dadurch hebt sich dieser Windungszug bei der Betrachtung von oben in sehr charakteristischer Weise ab. Freilich begegnet man hier mancher individuellen Varietät. Verfolgt man die Furchen und Windungen des Oberwurms auf den Hemisphären weiter, so ergiebt sich eine weitere bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit, welche übrigens nicht ohne Analogie bei den Placen- taliern ist. Die meisten Furchen und Windungen biegen nämlich in ihrem lateralwärts gerichteten Verlauf mehr und mehr frontalwärts ab, bis sie auf die nach vorn abfallende, vom Occipitaltheil des Grosshirns bedeckte Fläche des Kleinhirns gelangen. Dabei erfahren die hintersten Windungen eine vorübergehende Verbreiterung und bilden einen ähnlichen Processus helicinus, wie ich ihn bei Echidna beschrieben habe. Die Oberfläche des letzteren war bei meinen meisten Exemplaren lädirt. Ich muss daher auf eine genauere Beschreibung verzichten und hebe nur hervor, dass er viel flacher ist als bei Echidna, aber wie bei dieser sich dem Eintritt des Brückenarms unmittelbar anlegt. Damit steht es nun in Zusammenhang, dass bei O das Kleinhirn den Brückenarms seitlich kaum überragt. Das -Gewicht des Kleinhirns beträgt 0,7—0,8 g (Härtung in MÜLLER’scher Lösung, Nachhärtung in Alkohol. Bestimmtere Homologien für einzelne Furchen (Sulcus horizontalis magnus etc.) aufzustellen, reicht mein Material nicht aus. Auf Fig. 34 ist ein Medianschnitt abgebildet. Die Lappen des Unter- wurms sind wieder mit Zahlen bezeichnet. 7 entspricht also wiederum dem - e Fig. 34. Medianschnitt durch Nodulus. Der Arbor vitae lässt 7 Hauptstrahlen erkennen. Der 1. und 3. Lappen 4,. Kleinhirn von Ormitho- des Unterwurms erhalten keinen makroskopisch sicher erkennbaren Strahl. Der rhynchus. 2fache Vergrösserung. 5 5 & A d Yma Velum medullare anticum, hintere Strahl ist relativ dünn und lang. Am stärksten ist der hintere obere 7 Fastigium. und mittlere obere. Letzterer steht auf dem hinteren fast senkrecht. Die vier vorderen Strahlen, namentlich der unterste vordere, sind erheblich schwächer. Die secundäre Gabelung ist wenig ausgiebig. Damit hängt auch zusammen, dass in der Tiefe der Furchen nur relativ wenig Secundär- furchen sich finden. Der Dachkern ist makroskopisch nicht erkennbar. Auch ein Nucleus dentatus ist mit unbewaffnetem Auge nicht sicher aufzufinden. Ich verweise daher bez. der centralen grauen Massen des Kleinhirns auf den mikroskopischen Abschnitt. 8) Pons Varoli. Die Feststellung der Grenzen der Brücke bietet sehr grosse Schwierigkeit. Nicht einmal die einzelnen Hirnnerven lassen sich sofort ohne Zweifel identifiziren. Es hängt dies mit der seltsamen Configuration der Basalfläche des Hinter- und Nachhirns zusammen, für welche unter den Mammaliern jede Analogie zunächst zu fehlen scheint. Geht man von der Ebene des Foramen magnum aus, so gewahrt man zunächst nur den 46 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 46 Sulcus medianus anterior. Nirgends erscheint derselbe durch eine Faserkreuzung (Decussatio pyramidum) verwischt. Auf der Figur 23 p. 34 ist die Stelle bezeichnet, wo sich im Sulcus medianur anterior die beiden Vertebralarterien zur A. basilaris vereinigen. Auf einigen Gehirnen liegt der Vereinigungspunkt ein wenig weiter frontalwärts. Unmittelbar vor dieser Vereinigung vertieft sich der Sulcus medianus ant. zu einem sehr deutlichen Foramen coecum. Kaum I mm seitlich vom Foramen coecum entspringt der N. abducens. Lateral von diesem erhebt sich eine mächtige Anschwellung, welche ich als Tuberculum cinereum bezeichne. Ihre Erhebung über das übrige Niveau der Basalfläche beträgt hier über 2!/, mm. Sie enthält, wie später die mikroskopische Untersuchung lehren wird, die spinale Trigeminuswurzel, welche sonach ganz auf die Basalfläche des Nachhirns verschoben ist. Der Abducens entspringt aus ihrem medialen Rand. Vor dem Foramen coecum erhebt sich, eingekeilt zwischen den Tubercula cinerea und zum Theil von ihnen über- wallt eine Leiste, welche continuirlich in den oben erwähnten Zapfen übergeht, der zwischen den Hirn- schenkeln noch etwas frontalwärts vorspringt. Sie trägt in ganzer Länge eine seichte mediane Furche, in welcher die A. basilaris verläuft. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Leiste mitsammt dem Zapfen als der mediale Theil des Pons aufzufassen ist. Die mikroskopische Untersuchung bestätigt diese Deutung. Da die soeben als Tubercula cinerea bezeichneten seitlichen Anschwellungen jenseits des Foramen coecum frontalwärts etwas divergiren, so nimmt dieser vertiefte mediane Ponstheil frontalwärts zunächst etwas an Breite zu, um sich später rasch wieder zu verschmälern und den früher beschriebenen spitzwinklig vor- springenden Zapfen zu bilden. Seitlich von dem soeben besprochenen Mitteltheil des Pons setzt sich die Anschwellung des Tuber- culum cinereum auf das Hinterhirn fort. Auf ihrer Oberfläche ist eine sehr niedrige, aber doch deutliche Schwelle etwa in gleicher Ebene mit dem Foramen coecum zu erkennen. Diese Schwelle entspricht offenbar dem hinteren Ponsrand. In der That kann man sich auch durch Anritzen mit der Pincette und Betrachtung mit der Lupe ohne Schwierigkeit davon überzeugen, dass hier wirklich eine dünne transversale Faserschicht über die seitliche Anschwellung hinüberläuft. Die definitive Entscheidung über die Frage, ob diese Faser- schicht thatsächlich der Ponsformation homolog ist, bleibt natürlich der mikroskopischen Untersuchung vorbehalten. Etwa 3 mm vor der eben bezeichneten Schwelle findet sich nämlich nochmals ein leichter Absatz, welcher auf den einzelnen Gehirnen sehr verschieden scharf markirt ist. Bald erscheint er als seichte Delle, bald als feinere Rille. Jenseits dieses Absatzes springt die seitliche Anschwellung nochmals kammartig in der Breite von ca. 2 mm vor, um dann mit einem zugeschärften Rand plötzlich steil zum Niveau der Hirnschenkel abzufallen. Auf dem Kamm lassen sich mit unbewaffnetem Auge und auch mit der Lupe querverlaufende Nervenfasern nicht sicher nachweisen. Die abfallende Fläche ist mit Querfasern bedeckt. Der vordere Rand dieser Querfaserschicht läuft über den Hirnschenkel hinweg und geht in den vorderen Rand des oft genannten Zapfens, also des Mitteltheils der Ponsformation über. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass damit der verderer Rand des Pons vollständig gegeben ist. Dieser vordere Rand liegt also auf der Basalfläche nicht frei, sondern ist wenigstens seitlich ganz in der tiefen Spalte zwischen Oceipitalhirn und Tuberculum cinereum versteckt. Man kann sich das Zustandekommen der eigenthümlichen Configuration der Brückenwand bei Ornithorhynchus vielleicht am besten dadurch vergegenwärtigen, dass man sich verstellt, in der Brücke von Echidna habe sich beiderseits nahe der Mittellinie eine Geschwulst entwickelt, welche die Ponsfasern theils nach hinten, theils nach vorn in den Spalt zwischen Grosshirn und Hinterhirn gedrängt und die Seiten- theile der Brücke stark vorgetrieben hat, so dass der Mitteltheil in einer Nische versenkt scheint. 47 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 47 Der Austritt des Trigeminus erfolgt am vorderen First des Tuberculum cinereum fast in seiner ganzen Breite. Die Entfernung von der Medianlinie beträgt ca. 2 mm!). Der Austritt des Acusticus liegt am hinteren Ponsrand an der auf der Figur bezeichneten Stelle. Den Austritt des Facialis vermochte ich makroskopisch nicht ganz sicher zu bestimmen, da die basalen Theile mehr oder weniger beschädigt waren. Man würde ihn nach Analogie der bei Echidna fest- gestellten Verhältnisse wie bei den Placentaliern unmittelbar medial neben dem Acusticus suchen müssen. Andererseits wäre wohl denkbar, dass der Facialisaustritt entsprechend der starken Entwicklung der spinalen Trigeminuswurzel erheblich weiter medialwärts verschoben wäre, da bekanntlich der Austritt des Facialis gewöhnlich medialwärts von dieser Wurzel liegt. Der Austritt des Abducens ist oben bereits erwähnt worden. Auf Zahlenangaben über Wurzelfäden etc. gehe ich nicht ein, da die für solche Zählungen zur Ver- fügung stehenden Exemplare nicht gut genug erhalten waren. 7. Fossa rhomboidea. Ventriculus quartus. Die Länge der Rautengrube vom hinteren Vierhügelrand bis zur Apertura canalis centralis beträgt 15 mm, die grösste Breite bis über 9 mm. Striae acusticae sind nicht deutlich zu erkennen. Der Calamus scriptorius bildet an seinem Scheitel einen Winkel von ca. 60°, doch nimmt die Divergenz seiner Ränder sehr rasch zu (bis auf fast 90°). Smr Die grösste Breite der Rautengrube entspricht ziemlich genau der Grenze Spmr der vorderen und hinteren Hälfte. Ein Obex ist nur angedeutet. Ta Der Sulcus medianus fossae rhomboideae ist in ganzer Länge zu Strb verfolgen, nur unmittelbar vor der Apertura can. centr. ist er auf eine Er Länge von fast 3 mm verwaschen. Hier ziehen nämlich Querfasern & in einer leicht abhebbaren Schicht über den Rautenboden weg. =< Letzterer erscheint daher hier etwas erhöht. Mitunter springen einige Fig. 35. Rautenboden von Ornitho- re . 4 . rhynchus paradoxus. 2fach vergrössert. Bündel (bis zu 6 und 7) etwas stärker vor. Sie verlaufen sehr genau |. Anz emelis games, 0 Ne parallel. Die medialen Grenzlinien der Strickkörper sind 7 mm lang. lateralis, Be Brachium conjunctivum, Ol A R 2 R Clava, Cr Corpus restiforme, Ece Emi- Im lateralen Winkel der Rautengrube liegt eine mächtige Anschwellung, nentia cinerea, Et Eminentia teres, Smr Sulcus medianus fossae rhomb., Spmr Sulcus paramedianus fossae rhomb,., Strb im frontalen 2'/);, mm. Die Entfernung seines medialen Randes vom Stratumtransversum basale, Strd Stratum transversum dorsale, VYma Velum medul- lare anticum. das Tuberculum acusticum. Es misst im sagittalen Durchmesser fast 4, Sulcus medianus beträgt 2!/,—3!/, mm. Die Höhe des Tuberculum acusticum steigt, wie Messungen von Schnitten ergeben, bis auf I mm. Wie bei Echidna sitzt das Tuberculum acusticum zum Theil dem Strickkörper in seinem medialen Ab- schnitt auf. Ala alba medialis und lateralis und Ala cinerea sind nicht zu erkennen. Vielmehr zieht eine deutliche Furche parallel zum Sulcus medianus jederseits über den Rautenboden in ganzer Ausdehnung hin. Ich bezeichne sie als Sulcus paramedianus fossae rhomboideae. Ihr Abstand vom Sulcus medianus beträgt durchschnittlich ca. I mm. Die schmale Fläche zwischen Sulcus medianus und Sulcus paramedianus be- zeichne ich als Eminentia teres. Sie ist ziemlich rein weiss. Lateralwärts vom Sulcus paramedianus ver- läuft in einem Abstand von ca. I!/, mm eine zweite Furche, welche ich als Sulcus lateralis fossae rhom- ı) Owen, Anat. of Vertebr. Vol. III hat den Trigeminusaustritt bereits recht gut abgebildet (Fig. 51). Den hintersten Theil des Tuberculum cinereum hat er fälschlich als Eminentia olivaris gedeutet. Die distale Querfaserung deutet er als Trapez- körper, die proximale wie ich als Brücke. Die im Spalt verlaufenden Brückenfasern hat er übersehen. Den grauen Kamm be- zeichnet er S. 150 als das „Ganglion“ des Trigeminus. 48 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 45 boideae bezeichne. Die Oberfläche ist in dem Gebiet zwischen Sulcus paramedianus und Sulcus lateralis ziemlich stark vorgewölbt und mehr grau. Ich will dies Gebiet als Eminentia cinerea bezeichnen. Der Sulcus lateralis läuft hart am medialen Rand des Tuberculum acusticum vorbei. Zwischen dem Sulcus lateralis, dem hinteren Rand des Tuberculum acusticum und dem medialen Rand des Strickkörpers bleibt noch ein dreieckiges Stück der Oberfläche über. Es ist dunkelgrau und erscheint etwas vertieft. Ich be- zeichne es als die Ala lateralis. Ueber die Ala lateralis verlaufen meist einige Bündel der obenerwähnten oberflächlichen Querfaserschicht im distalsten Theil des Rautenbodens hinweg, und zwar kann man meist schon mit der Lupe verfolgen, wie gerade die vordersten Bündel aus der frontalen Richtung cerebralwärts abweichen und über die Ala lateralis zum Tuberculum acusticum ziehen. Oralwärts vom Tuberculum acusticum verschwindet der Sulcus lateralis, während sich der Sulcus paramedianus — allerdings seichter werdend — fast bis zum Aquaeduct verfolgen lässt. Eine sehr charakteristische Krümmung der Oberfläche zeigt die Rautengrube auch auf Sagittal- schnitten durch die Eminentia teres oder cinerea. Es ergeben sich dabei 3 in sagittaler Richtung auf ein- ander folgende Erhebungen. Die erste liegt unmittelbar hinter der Oefinung des Aquaeducts unter dem Velum medullare anticum, die zweite etwas vor dem Niveau des Tuberculum acusticum, die dritte im Niveau der Ala lateralis. Der vordere Seitenrand der Rautengrube wird vom Bindearm gebildet und misst 5 mm. Ein Locus coeruleus ist makroskopisch nicht zu entdecken. Im oralsten Abschnitt nimmt der Sulcus medianus an Tiefe erheblich zu. Die Configuration des vierten Ventrikels ergiebt sich aus den vorstehenden Angaben über Kleinhirn und Rautenboden. Ich hebe nur nochmals die durch das Fehlen des Fastigiums bedingte Niedrigkeit des 4. Ventrikels hervor. Seine grösste Höhe beträgt knapp LI!/, mm, ich will jedoch nicht bestreiten, dass das frische Gehirn vielleicht etwas grössere Dimensionen speziell für den 4. Ventrikel ergeben könnte. f. Nachhirn. Die obere Grenze des Nachhirns ist ohne Weiteres durch den hinteren Ponsrand bezw. das Foramen coecum (s. oben) gegeben. Die untere Grenze würde durch die Schnittebene des Foramen magnum gegeben sein. Wohin diese fällt, bin ich leider nicht im Stande anzugeben. Ich muss also auf die distale Abgrenzung verzichten. Die Basalfläche des Nachhirns zeigt folgende Configuration. Der Sulcus medianus anterior ist im oralsten Theil in einer Länge von 2-2!/, mm ziemlich tief. Dann erscheint er mehr und mehr verwaschen, weil zahlreiche Ouerfaserbündel parallel und frontal über ihn hinziehen. Der Sagittaldurchmesser dieser Querfaserschicht beträgt ca. 5 mm. Mikroskopisch, oft auch schon mit der Lupe lässt sich feststellen, dass sie an Dicke abnehmend bis zum Foramen coecum reicht. Der charakteristischste Factor in der Formbildung der seitlichen Theile der basalen Nachhirnfläche ist das bereits erwähnte Tuberculum cinereum. Wo dasselbe am hinteren Ponsrand frei zu Tage tritt, ist es — längs des hinteren Ponsrandes gemessen — fast 8 mm breit. Es reicht bis zum Seitenrand der Basal- fläche des Nachhirns. Es fällt hier sanfter ab. Medialwärts fällt es sehr steil ab. Der mediale Hang ist vom Sulcus medianus ant. am hinteren Ponsrand knapp I mm entfernt. Caudalwärts entfernt sich der mediale Rand des Tuberculum cinereum mehr und mehr von der Mittellinie. Dementsprechend nimmt der zwischen den Tubercula cinerea gelegene Mitteltheil, die Fossa basalis metencephali, caudalwärts an Breite stark zu. Zurlllustration der topographischen Verhältnisse stelle ich in einer kleinen Tabelle die frontalen Breiten- maasse des Tuberculum cinereum und der Fossa basalis metencephali für die successiven Abstände vom 49 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 49 hinteren Ponsrand (For. coecum) zusammen. Die 4. Spalte giebt die Gesammtbreite des verlängerten Marks in derselben Ebene an; da das Tuberculum cinereum bis zum seitlichen Contour der Oblongata reicht, so ist diese Zahl annähernd auch ohne Weiteres durch Rechnung gegeben. Abstand vom hinteren Breite des Tuberculum Breite der Fossa basalis Gesammtbreite der Ponsrand cinereum metencephali Oblongata 2 mm 6'!/;, mm 2!/, mm I5S mm A 5 » 4 » 13'/, „ Owe; 3 » 5 ” Te, Sas knapp 2 5 6 5; oa, TO I in Ol: 8 » Die Fossa basalis metencephali zeigt in sagittaler Richtung eine merkliche An- und Abschwellung. Die Anschwellung fällt ziemlich genau mit dem oralen Theil der oben erwähnten Querfaserschicht, welche ich auch kurz als Stratum transversum metencephali bezeichnen will, zusammen. Am hinteren Rand der- selben Querfaserschicht hat die Anschwellung einer seichten Einsenkung Platz gemacht. Etwa in derselben Ebene erscheint die Basalfläche leicht winklig geknickt. Sie entspricht daher vielleicht der oben vergebens gesuchten unteren Grenzebene des Nachhirns. Neben dem Sulcus medianus verläuft annähernd parallel der Sulcus lateralis anterior. 3!/, mm hinter der Ebene des Foramen coecum kommt er am Medialrand des Tuberculum cinereum zum Vorschein. Er ist hier fast 2 mm von dem Sulcus medianus entfernt. Caudalwärts nähert er sich ihm allmählich etwas. Schliesslich beträgt der Abstand nur knapp I!/, mm. Schliesslich geht die Furche direct in die vordere Wurzelfurche des Cervikalmarks über. Der schmale Markstreifen zwischen Sulcus medianus und Sulcus lateralis anterior ist von Owen) als prepyramid d. h. als Pyramide ?) bezeichnet worden. Aus Gründen, welche die mikroskopische Untersuchung ergeben wird, kann ich diese Homologie nicht schlechthin acceptiren und bezeichne den in Rede stehenden Streifen einfach als Vorderstrang des verlängerten Marks, Funiculus anterior metencephali. Eine Decussation von Fasern im Sinn einer Pyramidenkreuzung findet sich nirgends im Bereich des Sulcus medianus. Nur das mehrfach erwähnte Stratum transversum zieht quer über Sulcus medianus und Funiculi antt. hinweg. Im Sulcus lateralis ant. entspringt auch der N. hypoglossus mit sehr zahlreichen Wurzelbündeln. Seine Ursprungslinie misst über I mm. Einzelne Fäden entspringen auch in dem schmalen Isthmus zwischen den beiden Tubercula cinerea im oralsten Theil der basalen Nachhirnfläche, wo der Sulcus lateralis ant. fehlt, bezw. mit der medialen Grenzfurche des Tuberculum cinereum verschmolzen ist. Daher liegen auch seine oralsten Wurzelfäden der Mittellinie näher als die caudalsten. Zwischen dem Sulcus lateralis anterior und dem medialen Rand des Tuberculum cinereum erscheint caudalwärts noch eine weitere Furche. Sie erscheint zwischen dem medialen Rand des Tuberculum cinereum und dem Sulcus medianus erst 8 mm vom hinteren Ponsrand entfernt. Sie verläuft fast genau sagittal. Vom Sulcus medianus ist sie etwas über 2 mm entfernt. Der Abstand vom Sulcus lateralis ant. beträgt sonach etwas über ı/, mm. Der Abstand vom Medialrand des Tuberculum cinereum beträgt, zunächst ı/, mm, nimmt aber caudalwärts etwas zu (siehe unter Rückenmark). In dieser Furche bezw in deren caudaler und ovaler Verlängerung entspringen die Nerven des seitlichen gemischten Systems, namentlich der Accessorius. Ich bezeichne sie daher als Sulcus accessorius. Die Vagus- und Glossopharyngeusfäden I) Anat. of Vertebr., Bd. III, p. 83. i 2) Die Vorsilbe pre fügt OWEN nur zum Unterschiede von den postpyramids der Dorsalfläche hinzu. Jenaische Denkschriften. VI. 7 Semon, Zoolog, Forschungsreisen. IL 50 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 50 entspringen bereits aus dem Tuberculum cinereum selbst, die oralen immer lateraler als die caudalen. Ueber ihre Abgrenzung und Zahl vermag ich Genaueres nicht anzugeben. Den schmalen Streifen zwischen S. lateralis anterior und S. accessorius mit besonderem Namen zu belegen scheint mir überflüssig. Ebenso mag auch das Feld zwischen dem medialen Rand des Tuberculum cinereum und dem Sulcus accessorius ohne Namen bleiben. Nur möchte ich hervorheben, dass oralwärts in einer Gegend, wo der Sulcus accessorius fast verschwunden ist, die Basalfläche sich lateral von dem S. lateralis anterior etwas erhebt. Diese Erhebung entspricht der Einlagerung der vorderen Nebenolive. Eine Eminentia olivaris fehlt ganz. Die Configuration des Tuberculum cinereum selbst ist bereits ausreichend beschrieben worden. Es lacht sich spinalwärts allmählich ab, springt aber in den distalen Ebenen der Oblongata noch immer deutlich auf der Basalfläche vor. Die Fasern des Stratum transversum ziehen, ohne makroskopisch an Menge zu verlieren, über das Tuberculum cinereum hinweg. Bei manchen Gehirnen hatte ich den Eindruck, dass sie bei dem Uebergang auf die Oberfläche des Tuberculum cinereum sich dichter zusammendrängen. Im Uebrigen ist die Oberfläche des Tuberculum cinereum, soweit es der Oblongata angehört, glatt. Die Dorsalfläche des Nachhirns ist, soweit sie dem Rautenhirn angehört, also bis zur Ebene der Apertura canalis centralis, oben bereits beschrieben worden. Ergänzend füge ich hinzu, dass das Stratum transversum sich über den Strickkörper schlägt und sich dabei zugleich Fig. 36. Ornithorhynchus paradozus. Cervicaler Querschnitt. Acp Angulus des Hinterhorns, Ca, Cp Vorderhorn, Hinterhorn, Tuberculum acusticum convergirend zulaufen. Sie verschwinden Oma vordere Commissur, HS Hinterst a % R Q > a Se Sn er 2) ren jedoch für die makroskopische Betrachtung bereits an seinem late- etwas oralwärts wendet. So kommt es, dass seine Fasern auf das ralen Rand. Caudalwärts von der Apertur des Centralkanals ver- einigen sich die Strickkörper scheinbar wie bei den Placentaliern. Eine flache Clava ist zu erkennen. Ein Tuberculum cuneatum fehlt vollständig. In der Mittellinie der Dorsalfläche verläuft eine erkennbare Furche. Die Breite des Strickkörpers beträgt 2!/), mm. Gegen das Tuberculum cinereum ist er scharf abgesetzt. Die Breite des Hinterstranges beträgt jederseits knapp I mm. B. Rückenmark. Leider stand mir nur der Cervicaltheil eines einzigen Rückenmarks zur Verfügung, noch dazu un- genügend conservirt. Ich muss mich daher auf wenige Angaben beschränken. Der Frontaldurchmesser beträgt 4!/, mm (Härtung in Chromsalzen, Nachhärtung in Alkohol), der Sagittaldurchmesser 3!/, mm. Der S. medianus anterior ist I!/, mm tief. Ein S. medianus posterior fehlt, Beide Hinterstränge sind zusammen nur I!/), mm breit. Die vordere Wurzellinie ist vom S. medianus anterior jederseits I!/, mm entfernt. Auf Querschnitten fällt die starke Entwickelung der vorderen Commissur auf. Andere Einzelheiten waren makroskopisch nicht zu erkennen. Ich verweise daher auf die mikroskopische Untersuchung und Beschreibung. 51 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 5 Il. Marsupialier. Einleitung. Zur Verfügung standen mir folgende von Herrn Prof. SEmon gesammelten Gehirne: I) Macropus rufus BEnn., 4 Gehirne, in Alkohol gehärtet. 2) Macropus walabatus LEss., 2 Gehirne, in MürLer’scher Flüssigkeit vorgehärtet. 3) Aepyprymnus rufescens GARR., 7 Gehirne, grösstentheils (6) in Chromsalzen vorgehärtet. 4) Petaurus sciureus Desı., 1 Gehirn, in MÜLLER’scher Flüssigkeit vorgehärtet. 5) Pseudochirus peregrinus THos., 9 Gehirne, in MÜrLrer’scher Flüssigkeit vorgehärtet. 6) Phascolarctus cinereus GOLDF., 5 Gehirne, in MÜLLEr’scher Flüssigkeit vorgehärtet. 7) Perameles obesula GEOFF., 5 Gehirne, in MÜLLER’scher Flüssigkeit vorgehärtet. 8) Dasyurus geoffroyi GouLnD., I Gehirn, in Alkohol gehärtet. Bei Abschluss des ersten Theils erhielt ich noch zwei frische Gehirne und Rückenmarke von Didelphys virginiana. Ferner hatte ich Gelegenheit, vor 4 Jahren im Royal College of Surgeons in London mit freundlicher Genehmigung des Herrn Prof. STEWART je ein Gehirn von Macropus major, Macropus benetti, Macropus parryi und Macropus derbianus abzuzeichnen. Schliesslich fand ich in der Sammlung des hiesigen anatomischen Instituts ein Gehirn von Macropus spec.? Von einigen Arten lagen mir auch grössere Theile des Rücken- marks vor. Hinsichtlich der Systematik werde ich mich ganz dem Catalogue of the Marsupialia and Monotremata in the collection of the British Museum von OLDFIELD THomas (London 1888) anschliessen und verweise ausserdem auf die kurze Darstellung ROEMER’S in diesen Denkschriften (Bd. VIII; Semon, Zoolog. For- schungsreisen V). Die Litteratur über das Centralnervensystem der Marsupialier ist kaum reicher als diejenige über das Centralnervensystem der Monotremen. Zum Theil habe ich dieselbe bereits in der Einleitung zu dem die Monotremen behandelnden Abschnitt angeführt. Die älteste, etwas ausführlichere Darstellung finde ich in der MEcKEL’schen Uebersetzung der Vorlesungen CuviEr’s v. ]J. 1809. Hier ist (Theil Il, p. 197) eine kurze Abhandlung FRORIEP’s, „Ueber das Gehirn des Känguruh‘“ eingeschaltet. FRORIEP beschreibt die eigenthümliche Configuration des Ventrikelsystems schon ziemlich richtig. Ueber den Balken sagt er: „Das Corpus callosum ist ausserordentlich klein, so dass der 3. Ventrikel ganz unbedeckt liegt. Die Länge des Corpus callosum ist nicht grösser als die Länge des Corpus quadrigeminum anterius. Das Corpus callosum geht so nach hinten zu nur bis an die Grenze zwischen dem Thalamus und dem Corpus striatum“. Am Sehhügel beschreibt er „hinten und aussen“ noch einen Höcker. Bei TIEDEMANnN (Icones cerebri, 1321, Taf. 5, Fig. 6) findet sich eine Abbildung des Gehirns von Didelphys minima. Im Jahre 1837 veröffentlichte Owen seine Untersuchungen: On the structure of the brain in Mar- supial animals!). Er behauptete das Fehlen des Balkens. Ueber die hieran sich anschliessende Contro- verse ist bereits berichtet worden. Auch gab er (Taf. 5—7) Abbildungen des Gehirns von Phascolomys wom- 1) Philosoph. Transact, R. Soc., 1837, p. 87. Vergl. auch Philos. Transact., 1834, p. 358. 7x 52 Das Gentralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 52 batus, Macropus major, Dasyurus ursinus und Didelphys virginiana. In dem Artikel Marsupialia in Topp’s Cyclopaedia und endlich in seiner Anatomy of Vertebrates (Vol. III, London 1868, p- 73ff.) hat OwEn auch die übrigen Hirntheile gelegentlich berücksichtigt. Abbildungen finde ich von Didelphys virginiana, Macropus major, Dasyurus ursinus und Phascolomys fusca. In dem grossen Werk LEURET’s!) finden sich nur vereinzelte Angaben. Den Phascolomys Wombat, welchen er zu den Edentaten rechnet (p. 384), führt er als Beispiel des 7., das Känguruh als Beispiel des 8. Windungstypus auf. Auf der ıo. Tafel findet sich eine gute Abbildung eines Känguruhgehirns, leider ohne Angabe der Species, ferner auf Tafel 28 (Fig. 17 u. 18) zwei Abbildungen des Kleinhirns von Hypsiprymnus murinus. Bei F. J. €. Mayer?) wird 1842 das Gehirn von Didelphys kurz erwähnt. PAPPENHEIM®) gab 1847 eine kurze Beschreibung des Balkens von Didelphys virginiana. ROBERT GARNER!) behauptete sein Fehlen bei verschiedenen Marsupialiern. Dieser Ansicht Owen’s schlossen sich auch F. CuvIEr und Lauv- RILLARD in der 3. Auflage der Anatomie compar&e 1844 an. FLoweEr°) gab anlässlich des Balkenstreits Abbildungen der Medialfläche und eines Frontalschnitts der Gehirne von Macropus Bennettü, Macropus major, Thylacinus cynocephalus und Phascolomys wombatus. GERVAIS®) bildete 1869 das Gehirn von Macropus giganteus und Schädelausgüsse zahlreicher anderer Marsupialier ab, SANDER’) veröffentlichte 1868 eine kurze Notiz über das Quercommissurensystem von Macropus giganteus und Didelphys Azarae. Eine kurze Bemerkung über das Rückenmark und die Brücke des Känguruhs und der Känguruhratte findet sich auch bei MEYNERT°). ForBEs°’) hat 1881 dem Gehirn von Phascolarctus cinereus einige Worte gewidmet. TURNER!) gab Abbildungen der Gehirne von Phalangista vulpina, Macropus major und Macropus spec.? Angaben über die Entwickelungsgeschichte des Gehirns des Opossum finden sich in der Monographie von SELENKA !!). OsBorn !?) hat ausser dem Balken auch den Hippocampus von Maeropus berücksichtigt. Bei BEEvoRr finden sich nur kurze Hinweise !?°). BEDDARD!t) beschrieb 1891 das Gehirn von Thylacinus, 1895 das Gehirn von Dendrolagus bennetti. SymInGton!5) bildet 1892 in der bereits erwähnten Arbeit die Medialfläche des Gehirns von Halmaturus derbianus und 2 Schnitte durch dasselbe ab. Eine nicht ganz klare, aber etwas eingehendere Beschreibung des Gehirns von Didelphys virginica hat C. L. HerrIck !6) gegeben. Da ich selbst erst kurz vor Abschluss der Arbeit Gelegenheit hatte, ein Opposum-Gehirn genauer zu untersuchen und auch von anderer Seite eine specielle Untersuchung nicht vor- genommen worden ist, werde ich allenthalben Herrıck’s Arbeiten zum Vergleich heranziehen. I) Anatomie compar&e du systeme nerveux, Paris 1839, Bd. I, p. 370 ff. 2) Neue Untersuchungen aus dem Gebiet der Anat. u. Phys., Bonn 1842. 3) Comptes rend. etc. des sc., 1847, p. 186. 4) Anatomy of the brain of some small quadrupeds. Brit. Assoc. Reports, 1858. 5) Philosoph. Transact., 1865, Taf. 36, Fig. 4; Taf. 38, Fig. 1—6. 6) Nouvelles Archives du Museum, 1869. Me&moire sur les formes cer&brales propres aux marsupiaux. 7) Ueber das Quercommissurensystem des Grosshirns bei den Beutelthieren. Arch. f. Anat., Phys. u. wiss. Med., 1868, p. 711. 8) Skizze des menschl. Grosshirnstamms. Arch. f. Psychiatrie, 1874, Bd. IV, p. 409. 9) On some points in the anatomy of the Koala. Proc. Zool. Soc. London, I88I, p. 190. 10) Convolutions of the brain, 1890, Fig. 10—12. 11) Das Opossum, Wiesbaden 1887. 12) Morphol. Jahrb., Bd. XII. 13) Brain, April 1886, p. 69. 14) On the pouch and brain of the male Thylacine. Proc. Zool. Soc. London, 1891. On the visceral anatomy and brain of Dendrolagus Bennetti. Ibid. 1895. 15) The cerebral commissures in the Marsupiala and Monotremata. Journ. of Anat. and Phys., Bd. XXVII, p. 69-84, Fig. 2—4. 16) The cerebrum and olfactories of the Opossum, Didelphys virginica. Journ. of compar. Neurol., Febr. 1892 und The callosum and hippocampal region in marsupial and lower brains. Journ. of compar. Neurol., 1893, p. 176. 53 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 53 G. Errior SmitH ') verdanken wir namentlich eine Abhandlung über das Gehirn von Notoryctes iyphlops, welches zuvor nur durch eine Mittheilung von STIRLING ?) oberflächlich bekannt war. Oefters nimmt er auch in dieser und in anderen Arbeiten Bezug auf die Gehirne von Perameles nasuta, Dasyurus viverrinus, Phascolarctus cinereus, Petaurus breviceps, Phalangista vulpina, Macropus und Potoroo. Namentlich hebe ich auch die schematische Abbildung eines Sagittalschnitts des Gehirns von Perameles nasuta hervor a): Auf die einzelnen Angaben aller dieser Autoren werde ich allenthalben am Schluss der Besprechung der einzelnen Gattungen ausführlich zurückkommen. In der Beschreibung meiner eigenen Gehirne werde ich systematisch verfahren, d. h. Familie für Familie und Gattung für Gattung den Hirnbau beschreiben. Um das Bild zu vervollständigen, werde ich für solche Familien bezw. Gattungen, für. welche mir selbst Material nicht zur Verfügung stand, auf Grund der Untersuchungen anderer Autoren die Lücken, soweit möglich, ausfüllen. An diese systematische Darstellung werde ich eine zusammenfassende allgemeine Dar- stellung des Hirnbaus der Marsupialier anknüpfen. Systematische Darstellung des Hirnbaus der einzelnen Marsupialier. Familie I. Macropodidae. Subfamilie 1. Maeropodinae. Hierher gehören die Gattungen Macropus, Petrogale, Onychogale, Lagorchestes, Dorcopsis, Dendrolagus und Lagostrophus. I. Macropus. 1. Macropus rufus. A. Gehirn. a) Allgemeine Form und Maassverhältnisse. Die Gesammtform des Gehirns entspricht in der Ansicht von oben einer Ellipse, welche am fron- talen Pol schnabelförmig verlängert ist. Das Kleinhirn liegt vollständig frei. Die Bulbi s. Lobi olfactorii scheinen den Stirntheil nur wenig zu überragen. Die Oeffnung des Centralkanals liegt unmittelbar hinter dem hinteren Rand des Wurms. In der Basalansicht fällt namentlich die Niveaudifferenz zwischen Schläfen- und Stirntheil auf. Sie beträgt ca. 1 cm. Der Isthmus zwischen den medialen Rändern der Schläfenlappen ist an seiner engsten Stelle 6!/), mm breit. Die nischenförmige Configuration der Hirnbasis im Stirntheil, welche für Echidna so charakteristisch war, fehlt ganz. Der Vergleich mit einem Schnabel drängt sich auch hier auf. Die grösste Breite findet sich im hintersten Abschnitt der Grosshirnhemisphären. Sie beträgt 4,3 bis 4,5 cm. Die grösste Länge (vom Frontalpol bis zum hinteren Kleinhirnrand) misst 5,7—6,2 cm. Die grösste Höhe beträgt bei dem nicht deformirten Gehirn bis zu 3,6 cm. Die Grosshirnhemisphären bilden zusammen in der Ansicht von oben ein leicht abgestumpftes gleichschenkliges Dreieck. Die hinteren Ränder divergiren in einen fast gestreckten Winkel. Der mediale Mantelrand, in welchem beide Hemisphären zusammenstossen, misst in der Luftlinie 3,9—4,3 cm. 1) The comparative anatomy of the cerebrum of Notoryctes typhlops. Transact. R. Soc. South Austr. 1895. 2) Description of a new genus and species of Marsupialia — Notoryctes typhlops. Transact. R. Soc. De Austr., Bd. 14. 3) Proc. Linn. Soc. New South Wales, Bd. NXXI, 1894, Fig. I und Journ. of Anat. and Phys., Vol. 31, Fig. 3 u. 4. 54 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 54 Das absolute Gewicht beträgt im Mittel 33 g. Es würde dies einem Gewicht von ca. 66 g im frischen Zustand ungefähr entsprechen. Es kommt sonach ungefähr dem Gewicht des Gehirns eines Semnophithecus (KeıtH) gleich. Ueber das relative Hirngewicht wage ich keine bestimmten Angaben. Owen (Anatomy, p. 104) giebt es für Macropus major auf !/so. an. Das Vorderhirn incl. Zwischenhirn allein wiegt nur 2A & (— 73 Broe)). b) Secundäres Vorderhirn oder Grosshirn !). «. Hirnmantel, Furchen und Windungen. Für die Furchung der Grosshirnoberfläche ergiebt sich als natürliche Ausgangsfurche wiederum die Fissura rhinalis lateralis und die aus dieser entspringenden Fissura Sylvii. Vergl. Fig. 37 und 38. Die Fissura rhinalis lateralis anterior entspringt seicht auf der Medialfläche des Stirnlappens unmittelbar oberhalb des Lobus olfactorius und wendet sich dann wie bei den Mono- Fig. 37. Gehirn von Macropus rufus. Basalansicht. Natürl. Grösse. Fig. 38 Ueber die Bedeutung der griech. et Buchstaben vergl. den Text. Ce Corpp. candicantia, Frhla, Frhlp Fiss. rhi- nalis lateralis ant. u. post., F'rrhm Fiss. rhinalis medialis, PS Fiss. Sylvii, Zo Lobus olfactorius, 7e Tuber cinereum, s P Pons, 70 Tuberculum olfactorium. Fig. 38. Maeropus rufus. Seiten- ansicht des Grosshirns. Natürliche Grösse. Ueber die Bedeutung der griechischen Buchstaben vergl. den Prhla Erhlp Text. Frhla, Frhlp Fissura thinalis lateralis ant. bezw. post., #S Fissura Sylvi, Zo Lobus olfactorius, 4 Tie- fenwindung, s. Text. Lo--- tremen auf die Lateralfläche und zieht auf dieser fast geradlinig lateral- und occipitalwärts. Nach einem Verlauf von wenig mehr als 2 cm biegt sie in einem Winkel von ca. IIo® in die occipitomediale Richtung ein und wird damit zur F. rhinalis lateralis posterior. Im Scheitel des Winkels entspringt die Fissura Sylvii. Die F. rhinalis lateralis posterior verläuft über den vorspringenden Theil des Schläfenlappens. Jenseits des Schläfenlappens steigt sie auf der medialen Fläche des Occipitallappens auf. Nachdem sie hier (vergl. Fig. 40) etwa wieder in gleiche Höhe mit der Basis des Hirnstamms gekommen ist, wendet sie sich in stumpfem Winkel senkrecht nach oben und nähert sich dabei dem hinteren Rand des Hemisphärenhilus bis auf 4-5 mm. Etwa im Niveau des Sulcus lateralis mesencephali findet sie bereits ihr Ende. Sehr bemerkenswerth ist, dass da, wo sie vertikal nach oben biegt, eine seichte Depression die ursprüngliche Verlaufsrichtung fortsetzt und den Hilus in weitem Bogen umkreist. Auf Fig. 40 ist diese Depression mit Frhlp‘ bezeichnet. Sie enthält keineswegs stets ein grösseres Gefäss, ist also nicht etwa ein- fach als Gefässfurche zu deuten. Die Fissura Sylvii — die Bezeichnung ist in demselben Sinne wie bei den Monotremen zu ver- stehen — verläuft bald rein vertikal, bald weicht sie von der Vertikalen ein wenig nach vorn oder nach hinten ab. Die Länge beträgt meist ca. 13 mm. ı) In der Anordnung werde ich hier und im Folgenden stets ähnliche Abweichungen wie bei den Monotremen (vergl. p- 6) mir gestatten. 55 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 55 Vor und hinter der F. Sylvii scheint je eine weitere Furche aus der F. rhinalis lateralis zu ent- springen. Es ist dies nur scheinbar. Beide Furchen entspringen fast stets in einem gewissen Abstand von der F. rhinalis lateralis. Da aber ein starkes Gefäss aus der Fissura rhinalis lateralis direct in jene Furchen zieht, wird ein directer Zusammenhang vorgetäuscht. Ich werde diese und alle anderen Furchen, deren Deutung nicht unmittelbar gegeben ist (wie diejenige der F. Sylvii, Ff. rhinales, F. hippocampi), zunächst mit griechischen Buchstaben bezeichnen und behalte die Feststellung der Homologien mit Furchen der Monotremen und Placentalier dem allgemeinen Abschnitt vor. Ich bezeichne daher die vor der F. Sylvii gelegene Furche als «, die hinter ihr gelegene als ?£. Die Furche « zieht mit leichter Abweichung nach vorn medialwärts und endet meist ca. 5 mm vom medialen Mantelrand entfernt. Die Furche & wendet sich auf- und occipitalwärts und spaltet sich schliesslich gewöhnlich in 2 Aeste; der vordere setzt die Richtung des Hauptstammes mit leichter Abbiegung nach vorn fort, der hintere wendet sich rein occipitalwärts. Da der hintere Ast zuweilen (2 Hemisphären) auch von £ ganz losgelöst auftritt, so bezeichne ich ihn mit einem besonderen Buchstaben: y. Diese Furche y reicht mit ihrem occipitalen Endpunkt fast bis zu einer weiteren, der Furche 3 annähernd parallel verlaufenden Furche, welche ich als d bezeichne. ö entspringt stets auf der Seitenfläche des Schläfenlappens und läuft dem hinteren Mantelrand in einem Abstand von ungefähr 7 mm ziemlich genau parallel. Nicht selten findet sich eine scheinbare, durch Gefässe vermittelte Communication zwischen y und 6. Der vordere Ast von ? (siehe Fig. 39) setzt sich scheinbar und oft auch thatsächlich in eine Bogen- furche fort, welche — dem hinteren Mantelrand etwa parallel — in einem frontalwärts offenen Bogen bis in die Nähe der medialen Mantelkante zieht. Der Abstand von der letzteren beträgt meist ca. 5 mm. Genauere Betrachtung lehrt nun allerdings, dass es sich oft nicht um eine ununterbrochene Furche handelt. Vielmehr findet sich eine schmale Brücke unmittelbar nach dem Abgang von y. Ich gebe daher der oberen Furche (jenseits dieser Brücke) die besondere Bezeichnung e. Auf zwei Hemisphären finde ich e und 2 im Zusammenhang, aber an der Stelle, wo sich sonst die Brücke findet, wird die Furche merklich seichter. Auf Fig. 38 ist diese Stelle durch den Buchstaben % hervorgehoben. In seinem Schlussstück zieht e fast senkrecht auf die mediale Mantelkante zu. In der Nähe dieses Schlussstücks entspringt eine frontalwärts verlaufende Furche. Ich will sie © nennen. Sie ver- läuft fast genau sagittal in einem Abstand von ca. 9 mm von der Mantelkante. Nur vorn zieht sie sich etwas näher an letztere heran. Sie ist meist I cm lang. Scheinbare Communication mit e oder « Fig. 39. Macropus rufus, Ansicht. des ist häufig. Auf einer Hemisphäre schneidet sie wirklich in die Gehirns von oben. Natürliche Grösse. Ueber die Bedeutung dergriechischen und lateinischen einzelnen Buchstaben siehe den Text. ES Als letzte Furche der lateralen Convexität von constanter Fissura Sylvii, Fpm Fovea paramediana des . . B Kleinhirns, Fl Fossa lateralis. Lage führe ich eine Furche des Stirnlappens 7 an, welche der F. rhinalis anterior parallel verläuft. Sie bleibt meist ca. 5 mm von ihr entfernt. Dem Frontalpol nähert vordere Lippe von e ein. sie sich bis auf 4—5 mm. Zu den inconstanten Furchen rechne ich zunächst eine oberhalb r gelegene Parallelfurche 9, welche auf fünf Hemisphären fehlt oder nur angedeutet ist. Inconstant sind ferner 2 Furchen ı und z. ı liegt 56 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 56 oberhalb y und verläuft bald mehr sagittal, bald mehr frontal. x liegt in der Verlängerung von ö. Beide werden auf zwei Hemisphären ganz vermisst. Zwischen x und 6 besteht öfters eine Gefässverbindung. Auf der ausgedehnten glatten Fläche hinter e findet man noch zwei inconstante Furchen: eine vordere, sagittal- verlaufende A und eine hintere, dem hinteren Mantelrand annähernd parallel verlaufende u. Auf vier Hemisphären finde ich A überhaupt nicht oder nur angedeutet. u ist nur auf zwei Hemisphären gut ent- wickelt (es sind die in Fig. 39 abgebildeten), auf einer communieirt es direct mit A (Fig. 39 rechts). Einige Aufmerksamkeit verdient auch eine Furche eg, welche auf drei Hemisphären (z. B. Fig. 39 rechts) schief in den hinteren Mantelrand einschneidet. Sie enthält stets ein grösseres Gefäss. Wo sie deutlich entwickelt ist, fehlt x. Jenseits des Mantelrands wird sie sofort sehr seicht. Aus diesem Verhalten schliesse ich, dass o, soweit es nicht für » vicariirend auftritt, als Gefässfurche aufzufassen ist. Eine Gefäss- furche findet sich an dieser Stelle fast stets (vergl. Fig. 38). Auf der Medialfläche (Fig. 40) finden sich zunächst die Endigungen der Fiss. rhinalis anterior und der Fiss. rhinalis medialis (s. unten). Erstere bezeichnet zugleich die Linie, in welcher sich der = Lobus olfactorius von der Basalfläche des Stirnlappens, welche N en ich als Facies olfactoria bezeichnen will, abschnürt. Diese Linie [} al [ n ! „5 liest I2 mm hinter dem Frontalpol. Die tiefe Kluft zwischen Fi, Me % ® e R R 5 : EN ! 4 Erhan Faces olfactoria und Lobus olfactorius bezeichne ich auch als 4 £ Fossa rhinalis. Die Fiss. rhinalis medialis begrenzt das IN f 3 P R B rn Tuberculum olfactorium von vorn. Die Fissura hippo- campi ist zunächst nur in ihrem seichten vordersten Stück Fad_-—” a, 5 0 9 0 £ = N >-Zo sichtbar. Sie begrenzt die Area praecommissuralis oben und Erhlp NEE : i i 5 u INN vorn. Letztere misst nur 2!/, -31/, mm im sagittalen Durch- DEREN SON ee: Be : a8 BER RB N messer. Occipitalwärts verschwindet die Fiss. hippocampi sehr SS SOR S bald und geht auf die versteckte Oberfläche der Hemisphäre über, Fig. 40. Grosshirn von Maeropus rufus. Medialfläche. Das Zwischenhirn ist durch einen i R ; Frontalschnitt grösstentheils entfernt worden. hin den grossen Bogen des Hilus mit. An dem in Fig. 40 dar- ürli ÜSSE. die Bedeut! d ß 5 8 . . . ee En en Re gestellten Gehirn ist der hintere Theil des Zwischenhirns weg- Area praecommissuralis, Ca Commissura anterior, gebrochen; man kann daher die F. hippocampi bis zu ihrem Ende Cs Commissura superior, Oho Chiasma opticum, Faa, Fap vorderes und hinteres Ringbündel, rd auf der oberen (verdeckten) Hilusfläche des Schläfenlappens ver- Fascia dentata, Fi Fimbria, Frrhm Fiss. rhinalis medialis, F'rhla Fiss. rhinalis lateralis ant., Frhlp p F Fiss. rhinalis lateralis post., Frhlp‘ seichte De- über, deren Breite ı!/,—2 mm beträgt. Das Ende der F. hippo- pression in der Fortsetzung der letzteren (vergl. ] 9 . 9 2 Ne), 9 Lehm olfastorıs, Ah Nowes ame, aD: iegt ca. 7 mm hinter dem hinteren Chiasmarand. Unter Ih Fissura hippocampi, Tho Medialfläche des halb bezw. lateral von der Fascia dentata liegt die Fimbria. Die Thalamus opticus, 7’%ko' hintere Schnittfläche des : n 8 D Thalamus opticus, 7 Tuberculum olfactorium, Wandschicht der Area praecommissuralis und auch des unmittel- VH siehe Text. welche die Decke des Hemisphärenhilus bildet. Sie macht weiter- folgen. Die Area praecommissuralis geht in die Fascia dentata bar vor der F. hippocampi gelegenen Gebietes ist sehr dünn. Das Vorderhorn des Ventrikels liegt unmittelbar unter der Oberfläche. Die Frontalebene, bis zu welcher das Vorderhorn frontalwärts reicht, ist durch eine gestrichelte, mit VH bezeichnete Linie auf der Figur an- gegeben. Die Medialfläche hat ausserdem noch 3 Eigenfurchen, welche ich mit o, z und v bezeichne. Die Furche o entspringt etwa in gleicher Höhe mit der F. hippocampi und zieht, einen zweifachen flachen Bogen beschreibend, auf- und occipitalwärts bis fast zur medialen Mantelkante. Sie würde, entsprechend verlängert, diese unmittelbar vor der Furche &e schneiden. Unmittelbar vor der Furche o entspringt die Furche z. Sie 57 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 57 ist stets sehr kurz und zieht auf- und frontalwärts. Die Furche v endlich entspringt auf der Hilusfläche des Occeipitalhirns, etwa in der Verlängerung der F. rhinalis lat. post. und zieht — zuweilen im Bogen — auf- und frontalwärts. Zuweilen ist sie mit der F. rhin. lat. post. durch eine seichte Depression verbunden, Sie erreicht die Mantelkante nicht, sondern biegt mit ihrem oberen Endstück in die sagittale, der Mantelkante parallele Richtung um. Auf der Basalfläche findet man nur eine Furche, die F. rhinalis medialis. Sie begrenzt das Tuberculum olfactorium erst lateral und dann frontal, um hierauf noch auf der Medialfläche zu er- scheinen (s. u.). Occipitalwärts geht sie in den Sulcus hemisphaericus d. h. in die Trennungsfurche von Zwischenhirn und Hemisphärenhirn über. Das Tuberculum olfactorium misst im sagittalen Durchmesser 7, im grössten frontalen 6'/, mm. Das Rhinencephalon zeigt über der Spitze des Schläfenlappens meist einige Kerben, ferner meistens eine sagittale Depression längs des medialen Randes. Ein Tuber rhinencephali ist stets sehr deutlich ausgeprägt. Ueber den Lobus s. Bulbus olfactorius wage ich keine bestimmten Angaben, da er an allen meinen Gehirnen mehr oder weniger beschädigt war. Jedenfalls ist er relativ schwächer entwickelt als bei Echidna. Sehr deutlich lässt sich aus dem Bulbus vermöge bräunlicher Färbung eine laterale Tractus- wurzel längs des lateralen Randes des Tuberculum olfactorium bis zu der tiefen Kerbe zwischen Rhin- encephalon posterius und Tuberculum olfactorium verfolgen. Sie verschmälert sich occipitalwärts bis auf 1°/, mm. Im mikroskopischen Abschnitt wird ihre Bedeutung speciell erörtert werden. Die Breite des ganzen Rhinencephalon beträgt: am vorderen Rand des Tuberculum olfactorium 8 mm, am hinteren Rand desselben 6 r an der Spitze des Schläfenlappens Io r im Bereich des hinteren Verlaufs der Fiss. rhin. post. 5!/, „ Ueber die Tiefe der wichtigsten Furchen giebt die folgende Tabelle Auskunft: Fissura rhinalis lateralis anterior ... . 4!/, mm Eiunc he Wo > ern > 5 33 posterior 7 Eee REIN r an der Spitze des Schläfenlappens 5 “ a Er en Re 2 er imShinteren Absehnitt.. . . 2.2. 30 3 un 2 En ES VE an, wi ern’ S; RI Wan Eee, Er. ERSEE eZ 3 Buche We ler ee een a Eee © De ee ae en Da RR En De TREE EHRE ET 5 VE m em see NE Er 55 v alla Selbstverständlich beanspruchen diese Zahlenangaben nur einen sehr approximativen Werth. Ich ‘habe diesen Messungen speciell nur eine Hemisphäre opfern können. Individuelle Schwankungen kommen unzweifelhaft vor. Auch bemerke ich, dass ich stets die Messung mit dem Zirkel vorgenommen habe. Furchen, welche — wie z. B. ? — im Bogen einschneiden, erscheinen daher mit zu kleinen Zahlen. Dazu kommt, dass die Tiefe der einzelnen Furche in ihrem Verlauf schwankt. Im Allgemeinen habe ich die Messung ungefähr in der Mitte einer jeden Furche vorgenommen. Eine Insel findet sich in der Tiefe der Fiss. Sylvii auch nicht andeutungsweise (vergl. Fig. 45). 8) Commissuren des secundären Vorderhirns. / Der Querschnitt der Commissura ant. ist eiförmig. Der spitzere Pol des Eies ist nach oben und ugleich ein wenig nach hinten gerichtet. Auch ist die hintere Fläche etwas flacher, die vordere etwas Jenaische Denkschriften VI. 8 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. IIL 58 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 58 gewölbter. Der längere, annähernd senkrechte Durchmesser beträgt 6!/, mm, der kürzere, annähernd horizontale fast 5s mm. Der Flächeninhalt des Querschnitts beträgt 25—26 qmm und ist wohl der grösste, welcher überhaupt in der Säugethierreihe gefunden wird (vergl. S. 17). Die relative Querschnittgrösse berechnet sich nach der summarischen Methode, welche ich S. 18 angegeben habe, auf '/,,., übertrifft also diejenige von Echidna hystrix (!/,7., vergl. S. 18) noch etwas. Die Commissura anterior wird von den beiden Ringbündeln eingeschlossen. Das hintere Ringbündel verhält sich makroskopisch ganz ebenso wie bei den Monotremen. Die Breite beträgt etwas über I mm. Das vordere Ringbündel ist nicht so scharf abgesetzt. Namentlich lässt sich an meinen Spiritusgehirnen die Grenze gegen die Area praecommissuralis nicht scharf angeben. Gegen die Medialfläche des Tuber- culum olfactorium bildet eine Gefässfurche eine etwas schärfere Grenze. Basalwärts vereinigt sich das hintere Ringbündel mit der Habenula. Oberhalb der Commissura anterior vereinigen sich beide Ringbündel und betheiligen sich an der Bildung der Commissura superior in ihrem basalen Abschnitt. Die Commissura superior lässt nämlich, wie zuerst FLOWER angegeben, auf dem Medianschnitt einen oberen und unteren Abschnitt erkennen. Beide vereinigen sich hinten unter sehr spitzem Winkel. In den unteren Schenkel des Winkels, also in den basalen Abschnitt, und in den Scheitel des Winkels treten die Ringbündel ein. Aus dem vorderen Ring- bündel scheinen auch Fasern in den oberen Abschnitt einzutreten. Die definitive Feststellung hierüber bleibt dem mikroskopischen Abschnitt vorbehalten. Der sagittale Durchmesser des oberen Abschnitts beträgt 7 mm, derjenige des basalen 5 mm. Der verticale Durchmesser eines jeden Schenkels beträgt 2 mm. FLOWER hat zuerst den oberen Abschnitt als ein Homologon des Balkens, den unteren als ein Homologon der Commissura fornicis bezeichnet. Die Berechtigung dieser Auffassung wird erst die mikroskopische Untersuchung darthun. Ich fasse daher einstweilen beide Abschnitte unter der Bezeichnung Commissura superior, welche nichts präjudicirt, zusammen. Der weitere Verlauf der Fasermasse der Commissura superior ergiebt sich aus den in Fig. 41—44 dargestellten Frontalschnitten. Der Frontalschnitt der Fig. 41 ist durch die Mitte des Tuberculum olfacterium gelegt. Er durch- schneidet das vordere Ringbündel und die Fascia dentata ca. 1!/, mm vor dem vorderen Rand der Com- missura ant. und sup. Die mediale Wand des Seitenhorns des Seitenventrikels wird hier bereits von Fasern gebildet — so lehrt wenigstens der makroskopische Augenschein — welche aus der Commissura superior frontalwärts ziehen. Die Fascia dentata hängt continuirlich mit der Rinde der Fissura hippocampi zusammen. Der Frontalschnitt der Fig. 42 ist durch die Commissura ant. und sup. geführt. Basalwärts liegt er unmittelbar vor dem vorderen Rand des Chiasma opticum. Zwischen den Sehnerven und der Hirnbasis ist die Lamina terminalis eben getroffen. Der basale- Theil der Commissura sup. erscheint mehr grau, der obere mehr weiss. Aus dem oberen Theil entwickelt sich die Fasermasse, welche den Alveus des Seiten- horns des Seitenventrikels bildet. Fig. 43 stellt einen Schnitt dar, welcher am hinteren Rand des Chiasma opticum geführt ist. Er liegt zugleich hart hinter dem hinteren Rand der Commissura sup. und ca. 2 mm hinter dem hinteren Rand der Commissura anterior. Die Fasermasse der Commissura superior stellt sich im Schnitt etwa stiefelförmig dar. Die Trennung in einen rechten und linken Schenkel ist gerade verfolgt. Die Fasern bilden auch hier die mediale Bekleidung der Wand des Seitenhorns des Seitenventrikels. Letzteres ist partiell obliterirt. Der parietalste Theil (SV‘) ist daher abgeschnürt, und die Commissura sup. scheint frei mit der Corona radiata zusammenzuhängen. 59 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 59 Mehr Schwierigkeit bietet das Verständniss des in Fig. 44 dargestellten Frontalschnitts. Dorsal ver- läuft er durch die Zirbeldrüse (C), basal durchschneidet er die Hirnschenkel unmittelbar hinter den Corpora candicantia. Die Fascia dentata und die Fasermasse der Commissura superior sind gerade auf ihrem Ver- lauf zum Schläfenlappen getroffen. Letztere ist daher jetzt als Fimbria zu bezeichnen. Ein Vergleich mit Fig. 40 ist besonders lehrreich. Der Seitenventrikel ist auch hier partiell obliterirt (zwischen SV, und SV,) Die Nahtlinie ist zum Theil noch sehr deutlich zu erkennen. Andererseits ist bereits das Unterhorn SI Ze in den Schnitt gefallen. Die Fissura hippocampi erscheint natürlich zweimal auf dem Schnitt. G mn er erg n- Sy Ik --- Faa Ne----A== — N ! x > Frhla To Erhm N Ne Frhlp Tho 1ro NIF rhlp Fig. 44 Fig. 46. / n m a 1 N Eh N fho Pe Erhlp SV, Fh Fa Cs Fi v Iho' Fa 7 3 Erhlp Fh Fig. 41. Gehirn von Macropus rufus. Frontalschnitt durch die Mitte des Tuberculum olfactorium, 1'!/, mm von der Comm. ant. und sup. Natürl. Grösse. Ueber die Bezeichnung der griechischen Buchstaben vergl. den Text. Frhm Fissura rhinalis me- dialis, Frhla Fiss. rhinalis lat. anterior, 70 Tuberculum olfactorium, Ph Fiss. hippocampi, Fd Fascia dentata, Faa vorderes Ringbündel, SV' Oberhorn des Seitenventrikels, VA Vorderhorn, Ne Nucleus caudatus. Fig. 42. Gehirn von Macropus rufus. Frontalschnitt vor dem vorderen Chiasmarand mitten durch die vordere Commissur. Natürl. Grösse. Ueber die Bedeutung der griechischen Buchstaben vergl. den Text. Ca Commissura anterior, Cs, oberer, Os, unterer Schenkel der Commissura superior, fh Fissura hippocampi, Frhlp F. rhinalis lateralis post., #S F. Sylvii, SV Seitenventrikel, SV’ Seitenhorn des Seitenventrikels, Ne Nucleus caudatus, N! Nucleus lentiformis, No Nervus opticus. Fig. 43. Gehirn von Maeropus rufus. Frontalschnitt am hinteren Rand des Chiasma opticum und der Commissura superior. Natürl. Grösse. Ueber die Bedeutung der griechischen Buchstaben vergl. den Text. Cs Commissura superior, Fh Fissura hippocampi, Frhlp F. rhinalis lat. post., Ne Nucleus caudatus, N! Nucleus lentiformis, Tho Thalamus opticus, SV Seitenventrikel, SV’ Seiten- horn des Seitenventrikels (abgeschnürt), 70 Tractus opticus. Fig. 44. Gehirm von Maeropus rufus. Frontalschnitt unmittelbar hinter den Corpora candicantia. Natürl. Grösse. Ueber die Bedeutung der griechischen Buchstaben vergl. den Text. C Conarium (Polster), Cp Commissura posterior, Y, 3. Ventrikel, SV, Seitenhorn des Seitenventrikels, SV, Uebergangstheil zum Unterhorn, SV, Unterhorn, Fh Fissura hippocampi, Frhlp F. rhinalis lat. post., Pe Pedunculus cerebri, 7o Thalamus opticus, F% Fimbria. Fig. 45. Gehirn von Macropus rufus. Horizontalschnitt durch die Commissura sup. Natürl. Grösse. Cs oberer Ab- schnitt der Commissura superior, Fd Fascia dentata, Fh Fissura hippocampi, Fi Fimbria, Frhlp Fiss. rhinalis lateralis post., Ne Nucleus caudatus, N?! Nucleus lentiformis, To‘ Bruchfläche des oberen Sehhügelstiels, #S Fiss. Sylvii, Vh Vorderhorn, SV hin- terer Theil des Seitenventrikels. Ueber die Bedeutung der griechischen Buchstaben ist der Text zu vergleichen. Fig. 46. Gehirn von Macropus rufus. Horizontalschnitt im Niveau der Commissura superior. Untere Schnittfläche. Na- türl. Grösse. Bezeichnungen wie Fig. 45. H Habenula, Gh Ganglion habenulae, Cga, Cgp Corpus quadrigeminum anterius und posterius, Cgm Corpus geniculatum mediale, 77o Thalamus opticus, 740‘ Bruchfläche des oberen Sehhügelstiels. Eine Ergänzung liefert der Horizontalschnitt der Fig. 45. Die obere Schnittfläche ist dargestellt. Die Medialfläche ist durch die Schattirung hervorgehoben. Das Zwischenhirn ist aus dem Hilus der Hemisphäre im Bereich des oberen Sehhügelstiels (7Tho‘) losgelöst. Die Fascia dentata erscheint zunächst g*# 60 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 60 im Bereich der Area commissuralis, verschwindet jedoch dann in dem Spalt zwischen der Commissura superior und der medialen Rindenfläche. bis zum Occipitalhirn zu verfolgen. setzt sich weiterhin bis in das Unterhorn fort. der oberen Sehhügeloberfläche und der Fascia dentata aus. Erst im Hilus taucht sie wieder auf und ist im Dach desselben Sie Ihre Faserausstrahlung füllt den ganzen Raum zwischen Die Commissura superior ist in ihrem oberen Schenkel getroffen. Die Bezeichnung Fimbria verwende ich wie früher (vergl. auch die Bemerkungen über Echidna S. 20 und Ornithorhynchus S. 38). Die untere Schnittfläche desselben Gehirns (Fig. 46) gestattet, da die graue Substanz durch schwache Schattirung markirt ist, besonders gut, die Bündel aus der Commissura superior, welche die Fascia dentata lateralwärts umkreisen und die mediale Wand des Vorderhorns bilden, zu überblicken. c) Primäres Vorderhirn oder Zwischenhirn und Schweifkern. Dritter Ventrikel und Seitenventrikel. «) Dritter Ventrikel und Bodengebilde. Auf denjenigen Gehirnen, welche ich zur Untersuchung des der Commissura media nicht mit absoluter Genauigkeit festzustellen. 3. Ventrikels opferte, war der Umfang Jedenfalls nimmt sie auch bei Macropus den grössten Theil der Medialfläche des Thalamus opticus ein. Fig. 47. Seitenansicht des Zwi- schen- und Mittelhirns von Macropus rufus. Natürl. Grösse. Ce Corpus candicans, Cym Corpus geniculatum mediale, Cga, Cgp Corpus quadri- geminum ant. und post., To Tractus opticus, 7%o Thalamus opticus (stark perspectivisch verkürzt), Te Tuber cinereum, P Pes pedunculi, T Teg- mentum, Po Pons, Rh‘ Punkt, wo der Tractus opticus mit dem Rhinen- cephalon verwächst, S/m Sulcus late- ralis mesencephali, Smm Sulcus meso- metencephalicus. Durchmesser reichlich 2 mm und liest dem vorderen Rand etwas näher als dem hinteren. Die Sehnervenkreuzung liegt auch bei Macropus mit ihrem hinteren Rand fast genau senkrecht unter dem hinteren Rand der vorderen Commis- sur, ihr vorderer Rand liegt etwas vor dem vorderen Rand der vorderen Commissur. Am oberen Theil des vorderen Randes heftet sich die Lamina terminalis an. Vom Tuberculum olfactorium ist der vordere Rand des Chiasmas ı!/), mm entfernt. Im Medianschnitt ist das Chiasma etwas über 5 mm lang und 3 mm hoch. Die Nervi optici, deren jeder ca. 2!/, mm im Durchmesser misst, divergiren sehr wenig (ca. 15°). Auch die Divergenz der Tractus optici beträgt nur 70—80°. Jeder Tractus opticus ist zunächst nur 2!/, mm breit. Er liegt dem Hirnschenkel zuerst etwas lose auf (immerhin jedoch viel fester als z. B. bei Echidna). I cm vom Scheitel des hinteren Chiasmawinkels entfernt wird die Verwachsung inniger. Der vordere Rand verwächst 6 mm vom Scheitel des hinteren Chiasmawinkels entfernt mit dem Rhinencephalon (Rh' Fig. 47). Das Tuber cinereum liegt nicht so vertieft (verglichen mit dem Tuberculum olfactorium) wie bei Echidna. Seine Breite beträgt 5, die Länge 6—6!/, mm. Der Schlitz des Infundibulum misst im sagittalen Das Corpus candicans ist durch eine seichte, aber sehr deutliche Medianfurche (vergl. Fig. 37) in zwei Halbkugeln geschieden. Man kann daher sehr wohl von Corpora candicantia sprechen. beider Körper zusammen 4!/, mm. ist das Corpus candicans nicht mit einbegriffen. Die Länge beträgt 3, die Breite In den obigen Angaben über die Längenausdehnung des Tuber cinereum Die Niveaudifferenz zwischen Corpus candicans und Sub- stantia perforata post. beträgt etwas über 3 mm. Die Medialfläche bietet keine Besonderheiten. sammtform (vergl. Fig. 46). Erhebung liegt auf der Grenze des 3. und 4. Fünftels (von vorn nach hinten gezählt). Man kann sie am zutreffendsten als keulenähnlich bezeichnen. 8) Thalamus opticus. Die obere Fläche giebt das beste Bild von der Ge- Die höchste Der Niveauabfall 61 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 6I ist occipitalwärts ziemlich steil, jedoch kommt es nicht zu einem Ueberhängen, wie bei manchen Mammaliern. Medial- und lateralwärts ist die Abdachung sanfter. Die Niveaudifferenz zwischen der vorderen Spitze und dem hinteren First beträgt 4 mm. Die vordere Grenze des Mittelhirns überragen die Seitentheile des Seh- hügels beiderseits occipitalwärts um 2 mm. Der Tractus opticus verwächst mit dem lateralen hinteren Pol des Sehhügels in einer Breite von 6 mm. Seine Fasermasse lässt sich (ähnlich wie z. B. bei Rodentien), allmählich breiter und flacher werdend, als schräges Band über einen grossen Theil der hinteren Oberfläche mit blossem Auge verfolgen. Ueber die Tiefe, Kerne etc. des Sehhügels werde ich im mikroskopischen Theil ausführlich berichten. Ein Corpus geniculatum laterale ist makroskopisch nicht zu erkennen. Die Habenula ist fast 2 mm breit. Ihre grösste Breite fällt etwa in die Mitte der medialen oberen Sehhügel- kante. Die Zirbelschenkel springen als starke Wülste vor. Das Ganglion habenulae ist deutlich zu erkennen. Die Zirbeldrüse erhebt sich auf einem mächtigen Zirbelpolster. Letzteres hat die Form eines frontalwärts offenen Halbmonds. Die Hörner des Halbmonds gehen jederseits in das Trigonum habenulae über, ent- sprechen also den Pedunculi conarii (SCHWALBE). Vergl. Fig. 46. y) Nucleus caudatus und lentiformis. Seitenventrikel. Schweifkern und Sehhügel sind durch eine steile Schlucht geschieden. Speciell fällt die hintere mediale Wand des ersteren buchstäblich senkrecht ca. 3'!/, mm ab. Die sog. obere Fläche des Schweifkerns steigt lateralwärts in einem Winkel von ca. 30—40° an. Die grösste Breite entspricht etwa einer I mm vor dem vorderen Sehhügelrand gelegten Ebene. Sie beträgt jedoch auch hier nur ca. 5 mm. Frontalwärts verschmälert sich der Kopf bis auf ca. 3'/, mm. Occipitalwärts erfolgt die Verschmälerung zum Schwanze sehr rasch. Im Bereich einer durch die Mitte des Sehhügels gelegten Ebene beträgt die Breite des Schwanzes nur knapp I mm. Die Lagebeziehungen des Schweifkerns zum Seitenventrikel, speciell zum Vorderhorn sind die ge- wöhnlichen. Im Ganzen überragt der Schweifkern den Sehhügel frontalwärts reichlich 9 mm. Die vordere Commissur tritt in voller Breite in den Schweifkern ein. Die Niveaudifferenz zwischen beiden ist relativ gering. Frontalwärts überragt der Schweifkern den vorderen Rand der vorderen Commissur noch um ca. 3—31/, mm. Umgekehrt kommt hinter der medialen hinteren (abgerundeten) Ecke des Schweifkernkopfes noch ein kleiner Theil der oberen Fläche der vorderen Commissur zum Vorschein. Die Tiefenausdehnung des Schweifkerngraues erhellt aus den Figuren 41—44. Sie ist im vordersten Theil des Kopfes weitaus am erheblichsten. Zwischen Schweifkern und Sehhügel liegt die Stria cornea in einer Breite von fast I mm. Der Linsenkern, welcher auf meinen Monotremengehirnen makroskopisch kaum sicher zu identi- ficiren war, hebt sich bei Macropus rufus auf Schnitten sehr scharf ab. In frontal gelegenen Ebenen (vergl. Fig. 41) erscheint er lediglich als eine Verdickung des Rindengraues im Bereich der Fiss. rhinalis lateralis ant. Graue Bälkchen verbinden ihn hier mit dem Schweifkern. In der Frontalebene der vorderen Commissur erscheint er bereits völlig isolirt. Die Fasern der ersteren scheinen theils in ihn selbst einzutreten, theils ziehen sie über und unter ihm weg. Er hat hier die Gestalt eines kurzen, breiten Keils. Einzelne Glieder lassen sich makroskopisch nicht sicher unterscheiden. Weiter occipitalwärts verschmilzt er basal- wärts mit dem Rhinencephalon (Fig. 43). — Auf Horizontalschnitten (Fig. 45 u. 46) fällt seine langgestreckte Form auf. Ein Vergleich mit einem Keil wäre für die Horizontalschnitte nicht zulässig. Eine Capsula interna und externa lässt sich wie bei den Placentaliern unterscheiden. Ein Claustrum ist makroskopisch auf meinen Gehirnen nicht zu erkennen. Die Capsula externa ist relativ breit. Die beiden Schenkel der Capsula interna bilden fast einen gestreckten Winkel. 62 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 62 Die Configuration des Seitenventrikels und seiner Hörner ergiebt sich aus den vorausgegangenen Bemerkungen und Figuren bereits in ausreichender Weise (vergl. namentlich Fig. 41—46). Die Orientirung wird durch partielle Obliterationen sehr erschwert. Bei Monotremen habe ich solche niemals gefunden. Bei Macropus rufus kommen sie allen Hemisphären zu. Oft sind sie rechts und links asymmetrisch. Die Spitze des Vorderhorns ist vom Frontalpol 9—Io mm entfernt, die occipitale Ausbuchtung des Seitenven- trikels vom Occipitalpol 4-5 mm, die Convexität des Seitenhorns von der Scheitelrinde an einigen Stellen (vergl. z. B. Fig. 42) nur 5 mm, das Lumen des Unterhorns von der Schläfenrinde zum Theil nur 2!/, mm. Die dreieckige Form des Lumens im Occeipitalhirn auf Horizontalschnitten hängt sichtlich damit zusammen, dass von der medialen Seite die Fissura hippocampi, von der lateralen die Furche d die Wandung leicht eintreiben. Bemerkenswerther Weise findet sich auch gerade an dieser Stelle besonders häufig eine partielle Obliteration, durch welche der occipitalste Theil des Seitenventrikels abgeschnürt wird. Auch die Fissura rhinalis lateralis posterior buchtet die Ventrikelwand gewöhnlich etwas vor (Fig. 45); dasselbe ist mir auch für die Furche o (Fig. 45) wahrscheinlich. Das Verhältniss des Seitenventrikels zur Fissura hippocampi ist im Uebrigen dasselbe wie bei den Monotremen. Nur kommt es stets zur Bildung eines wohlentwickelten Unterhorns (vergl. z. B. S. 38). d) Mittelhirn. ce) Vierhügel. Auch bei Macropus sind die vorderen Vierhügel mächtiger als die hinteren. Ueber die Farbe der Oberfläche kann ich auf Grund meiner Spiritusgehirne kein bestimmtes Uırtheil abgeben. Die Oberfläche des vorderen Vierhügels stellt ein sphärisches Dreieck dar. Die mediale Kante — ausschliesslich des Trigonum subpineale — misst etwas über 7 mm. Die grösste Länge beträgt fast 9 mm. Der grösste Breitendurchmesser beläuft sich auf etwas über 6 mm. Die dem Sehhügel zugekehrte Kante misst 7 mm. Vom vorderen Vierhügelarm ist fast nichts zu sehen. Der hintere Vierhügel misst im sagittalen Durchmesser nur 4 mm, gegen die Medianlinie nimmt der sagittale Durchmesser noch mehr ab. Lateralwärts geht der hintere Vierhügel ohne scharfe Grenze in den hinteren Vierhügelarm über. Letzterer ist basalswärts gegen die Haube nur undeutlich abgesetzt. Vergl. auch die Frontalschnitte Fig. 49a—c und 50a, b. Der Sulcus medianus quadrigeminus ist im vorderen Vierhügelgebiet schärfer und tiefer, im hinteren breiter und seichter. Der Sulcus quadrigeminus transversus ist tief und wird erst lateralwärts seichter. Der Sulcus lateralis mesencephali — zwischen Fuss und Haube — lässt sich auffällig deutlich über die Oberfläche des hinteren Vierhügelarms hinweg bis zur Vierhügel-Sehhügel-Furche (S. mesometen- cephalicus) verfolgen. In dem spitzen Winkel zwischen dem Sulcus lateralis mesencephali und dem Sulcus lateralis metencephali erhebt sich das Corpus geniculatum mediale. Basalwärts wird es durch eine seichte Furche begrenzt, welche in der Fortsetzung der unteren (zugleich hinteren) Begrenzungsfurche des hinteren Vierhügelarms liegt. Eine sehr schmale hintere Tractuswurzel verläuft in Sulcus mesometencephalicus zum Corpus geniculatum mediale. Das Trigonum subpineale ist sehr stark vertieft und in Folge der starken Entwickelung des Zirbel- polsters sehr klein. ß) Hirnschenkel. Die Hirnschenkel liegen in der Basalansicht (Fig. 37) in grosser Ausdehnung frei. Es beträgt nämlich die Entfernung vom vorderen Ponsrand bis zu den Corpora candicantia 5-6 mm. Die medialen Schläfen- 63 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 63 lappenränder sind im Bereich der Corpora candicantia 6—7!/, mm, in der Ebene des vorderen Ponsrandes fast 1!/, cm von einander entfernt. Es bleibt sonach ein grosser Theil der Hirnschenkel unbedeckt. Die Breite beider Hirnschenkel beträgt bei ihrem Austritt unter dem Pons auf der Basis durchschnittlich ca. II mm. Die Divergenz der beiden Hirnschenkel beträgt — an den lateralen Kanten gemessen — an einem in seiner Form sehr gut erhaltenen Gehirn ca. 60°. Die medialen Ränder divergiren erheblich weniger. Das sog. Trigonum interpedunculare ist durchschnittlich 2!/, mm breit. Die Form ist mehr recht- eckig. Der Sulcus medianus subst. perfor. post. ist sehr scharf ausgeprägt. Ueber den Oculomotorius- ursprung ist nichts Besonderes zu bemerken. Die Theilung der A. basilaris in die beiden Aa. cerebri poste- riores liegt 2 mm vor dem vorderen Ponsrand. Frontalwärts verbreitern sich die Hirnschenkel erheblich. Der Abstand der beiden lateralen Ränder von einander, wie er sich in der Basalansicht darstellt, beläuft sich in der Ebene des hinteren Randes der Corpora candicantia bereits auf I4 mm. Der Configuration der Hirnschenkel in der Seitenansicht wurde oben bereits gedacht. Bemerkenswerth ist namentlich der frontalwärts ansteigende Verlauf des Sulcus lateralis mesencephali. Das Verständniss für dies Verhalten liefert erst die mikroskopische Untersuchung. Der Flächeninhalt des Fusses zur Haube verhält sich 2 mm vor dem vorderen Brückenrand auf dem Frontalschnitt wie ı :6—7. Vergl. auch Fig. zob. y) Aquaeductus Sylvii. Der Aquaeduct ist bei Macropus zum Theil durch einen wohlausgebildeten Vierhügelventrikel ersetzt. Einen guten Ueberblick über seine Gestalt giebt der sagittale Medianschnitt der Fig. 48. Im proximalsten Gebiet der vorderen Vierhügel hat der Aquaeduct zunächst für eine Strecke von ca. 2!/, mm sein ge- wöhnliches enges Lumen, alsdann erfolgt etwa der mittleren Region des vorderen Vierhügels entsprechend eine zeltdachähnliche Erhebung (Fastigium quadrigeminum anterius). Entsprechend dem Sulcus quadri- geminus transversus senkt sich die Decke wieder, um im Bereich der hinteren Vierhügel abermals eine zell- förmige Erhebung zu bilden (Fastigium quadrigeminum posterius). In dem oberen Theil der Seitenwand des Fastigium anterius findet sich beiderseits eine ziemlich tiefe seitliche Ausbuchtung (s. unten Fig. 49b bei !) neben der medianen Spitze (m) des Zeltdachs. Fig. 49. De N l IGU b a c Fig. 48. Maeropus rufus. Medianschnitt. Natürl. Grösse. 495 Aquaeductus Sylvii, Fa Fastigium des 4. Ventrikels. Die durch einen Strich wiedergegebene Lamelle des Velum medullare anticum liegt vor dem Fastigium. Proximalwärts verschmilzt sie scheinbar mit dem Rautenboden, löst sich dann wieder von ihm ab und steigt zum hinteren Vierhügel auf. Fl Wurmast der Fossa lateralis. Fig. 49. Frontalschnitte durch die vorderen Vierhügel von Macropus rufus : a auf der Grenze des vordersten und zweiten, b auf der Grenze des zweiten und dritten, ce auf der Grenze des dritten und vierten Viertel. m Spitze des Fastigium quadri- geminum anterius, / seitliche Ausbuchtungen desselben. Vervollständigt wird die Erkenntniss der Configuration des ganzen Hohlraums durch eine Reihe von groben Frontalschnitten, welche ich in einem Abstand von ca. 2 mm durch das Mittelhirn angelegt habe. Der erste Schnitt (Fig. 49a) entspricht etwa der Grenze des ersten und zweiten Viertels des vorderen Vierhügels. Das Lumen stellt ein sehr spitzes gleichschenkliges Dreieck dar. Seine Basis liegt dorsal und misst ziemlich genau !/, mm. Die Höhe beträgt I—I!/, mm. Der zweite, etwa durch die Mitte des vor- deren Vierhügels geführte Schnitt (Fig. 49b) entspricht dem Fastigium anterius. Die Breite des Lumens beträgt ca. 3 mm, die Höhe etwa ebensoviel. Die Form des Lumens kann am besten mit einem Deltoid ver- 64 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 64 glichen werden, dessen Seiten concav eingebogen sind. Auf dem dritten, der Grenze des 3. und 4. Viertels des vorderen Vierhügels entsprechenden Schnitt (Fig. 49c) hat sich die Ausbuchtung m bereits fast aus- geglichen. Das Lumen stellt ein sehr breites gleichschenkliges Dreieck dar. Die Basis liegt dorsal, ist leicht convex geschweift und misst 2, die Höhe etwas über 2 mm. Ein Schnitt auf der Grenze des vor- deren und hinteren Vierhügels gewährt fast dasselbe Bild. Ein Frontalschnitt durch die Mitte des hinteren Vierhügels fällt, wenn man ihn den vorhergehenden Schritten parallel — also ohne Berücksichtigung der Krümmung des Hirnrohrs — anlegt, be- reits im Wesentlichen ausserhalb des Aquaeductventrikels. Meist erhält man ein Bild, wie es Fig. 50a dargestellt ist. Es drängen nämlich die dem Velum medullare anticum aufliegenden vorderen Pe Wurmtheile dieses und sich selbst in den hintersten Theil des Aquae- Fig. so. Frontalschnitt durch die hinteren ducts geradezu hinein. Hieraus ergiebt sich das seltsame Bild der Vierhügel von Macropus rufus. Ueber die Figur. Um das Fastigium posterius zu überblicken, habe ich daher Schnittrichtung s. den Text. Po Pons, Bp r 2 = 5 Ä Schrägschnitt des Brückenarms, Va unterste einen schrägen Frontalschnitt ausgeführt, welcher die Mitte des hin- Windungen des Vorderwurms, Va’ obere Win- dungen desselben, V, 4. Ventrikel, das dünne ihn bedeckende Blatt ist das Velum medul- So ergiebt sich das Bild der Fig. 50b. Das Lumen erscheint in Form lare anticum, welches grösstentheils mit dem R R BR, a ist. PeFuss, TaHaube Eines Schlitzes, welcher fast 3 mm hoch und etwas über I mm breit ist. h ; des Hirnschenkels. Der Schnitt a erscheint Ich bemerke endlich noch ausdrücklich, dass das Fastigium an der Basis 2 mm vor dem hinteren, der Schnitt b 2 mm vordemvorderen Brückenrand. posterius erheblich spitzer ist als das Fastigium anterius. teren Vierhügels durchschneidet, basalwärts aber stark frontal abweicht. e) Hinterhirn. a) Kleinhirn. Die grösste Breite beträgt — unter Einrechnung der Flocke — im Mittel ca. 48 mm, die grösste Länge (in sagittaler Richtung) ca. 20 mm, die grösste Höhe ca. I9 mm. Eine Incisura marsupialis und semilunaris ist nicht vorhanden. Der Wurm überragt die Hemisphären allenthalben. Vergl. Fig. 39. Die Breite des Wurms, soweit er in der Oberansicht freiliegt, beträgt durchschnittlich 8!/, mm. Gegen die Hemisphären ist der Oberwurm jederseits durch die Fossa paramediana abgesetzt. Diese ist in ihrem mittleren und hinteren Verlauf sehr tief, im vorderen sehr seicht. Der Uebergang aus dem tiefen in den seichten Abschnitt vollzieht sich ganz plötzlich. Die Fossa paramediana verbreitert sich ausserdem am vorderen Ende des hinteren tiefen Abschnitts etwas. Dadurch kommt eine sehr charakteristische Bucht zu Stande, welche ich als Fovea paramediana bezeichne. Die Windungen des Oberwurms sind, abgesehen von den vordersten, fast gleichmässig I—I!/, mm breit. Ich zähle ‚gewöhnlich 15 solcher Windungen hinter der seichten Furche a!), welche von der vorderen medialen Ecke der Fovea paramediana ausgeht. Aller- dings sind die Trennungsfurchen dieser 15 Windungen grösstentheils nicht durchgehende, d. h. grösstentheils reichen sie seitlich nicht bis auf die Hemisphären hinüber (s. unten). Vor der Furche a liegen meist zwei etwas breitere Windungen (ca. 4 mm), welche durch eine Secundärfurche in je zwei Unterwindungen zer- fallen. Der Scheitel des Kleinhirns, d. h. der höchste Punkt über der Basalfläche des Hirns, fällt mit der hinteren dieser beiden Windungen zusammen. Zwischen den beiden Windungen liegt zuweilen noch eine schmale versenkte Tiefenwindung und stets die tiefste Furche des Macropus-Kleinhirns, welche ich zunächst als b bezeichne. 1) Diese Buchstabenbezeichnungen haben mit den für Zehidna verwendeten zunächst nichts zu thun. 65 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 65 Verfolgt man nach Wegbrechen der Vierhügel die Vorderfläche des Wurms basalwärts (vergl. auch Fig. 48), so erweist sich diese muldenartig vertieft. In die Mulde ist der hintere Vierhügel eingelagert. Im Grunde der Mulde verläuft eine besonders tiefe Furche c. Oberhalb derselben liegen meist 2, unterhalb 5-6 Wurmwindungen. In der Basalansicht ist zunächst bemerkenswerth, dass das Fastigium des 4. Ventrikels nur einen sehr schmalen, senkrecht zum Rautenboden aufsteigenden Spalt darstellt. Seine Erhebung beträgt im Mittel ca.5 mm. Er liegt dem vorderen Kleinhirnpol etwas ferner als dem hinteren. Das Velum medullare anticum stellt daher ein lang ausgezogenes, zum Theil mit der Oberfläche des Rautenbodens verwachsenes Blatt dar. Vergl. Fig. 48. Die Unterfläche, soweit sie vor’ dem Fastigium liegt, ist von der Vorderfläche durch eine tiefere Furche d getrennt und zerfällt durch eine tiefere Furche e in 2 Lappen. Jeder dieser Lappen zerfällt durch Secundärfurchen in 3—4 Windungen. Der hinter dem Fastigium gelegene Abschnitt der Unterfläche weist meist keine tiefere. Eurche auf ausser einer unmittelbar hinter dem Fastigium gelegenen, welche ich mit f bezeichne. Zwischen der Furche f und dem Fastigium liegt eine weniger tiefe Furche, welche ein zungen- förmiges Läppchen mit dem Fastigium begrenzt. Auf der Grenze der unteren und oberen Fläche, oder anders ausgedrückt, in der Mitte der hinteren Wurmfläche verläuft eine etwas tiefere Furche, welche mit g bezeichnet ist. In der Ansicht von oben ist sie eben nicht mehr sichtbar. Die Betrachtung des Medianschnitts des Arbor vitae ergänzt diese Angaben; s. Fig. 48. Am ungezwungensten unterscheidet man, indem ich zunächst von vergleichend-anatomischen Erwägungen geflissentlich absehe, 4 Hauptstrahlen, einen oberen vorderen, oberen hinteren, unteren hinteren und unteren vorderen. Der obere vordere strahlt in das Windungsgebiet zwischen den Furchen ec und b ein, der obere hintere, welchen ich wegen seines Ueberhängens auch als Ramus impendens bezeichne, in das Gebiet zwischen b und g, der untere hintere in das Gebiet zwischen g und dem Fastigum, der untere vordere in das Gebiet zwischen dem Velum medullare anticum und der Furche c. Der untere vordere Strahl zerfällt stets in 3 charakteristische Unterstrahlen, deren zugehörige Windungsgebiete durch die Furchen d und e abgetheilt werden. Der centrale Marktheil erstreckt sich vornehmlich in sagittaler Richtung lang aus. Bemerkenswerth ist der gekrümmte Verlauf der Furche b. Die Tiefe der Furchen auf dem Medianschnitt, gemessen in gerader Linie vom Grund bis zur Oberfläche, erhellt aus folgender Zusammenstellung: a2 mm, b II mm, c6 mm, d4 mm, e 3—4 mm, f 5 mm, 9 6 mm. Die Hemisphären zeigen auf ihrer oberen Fläche (s. Fig. 39) eine sehr charakteristische, sagittal verlaufende Einschnürung, welche ich als Fossa lateralis bezeichne. Hierdurch wird auf jeder Hemisphäre ein breiterer medialer Theil zwischen Fossa paramediana und Fossa lateralis und ein schmälerer lateraler lateralwärts von der Fossa lateralis abgegrenzt. Die Fossa lateralis nimmt einen eigenartigen Verlauf. Proximalwärts nämlich entfernt sie sich mehr und mehr von der Mittellinie und endet schliesslich in un- mittelbarer Nähe des Angulus pontis. Distalwärts hingegen nähert sie sich der Fossa paramediana zunächst bis auf ca. 7 mm. Dann beschreibt sie eine frontalwärts offene Schleife und gelangt dadurch in die Fossa paramediana. Aus dieser zieht sie, in einem Winkel von IIO— 120° abbiegend, quer über den Wurm, um auf der anderen Hemisphäre denselben Verlauf in umgekehrter Reihenfolge zu wiederholen. In ihrem medialen Theil, namentlich also im Bereich des Oberwurms ist ihr Wurmast am seichtesten, während sie lateralwärts 4 und mehr mm tief wird. Auf dem Medianschnitt des Arbor vitae fällt sie daher auch in keiner Weise auf. Sie ist in der Regel die 6.—8. Furche hinter der Furche a. Auf Fig. 48 ist ihr Wurmast mit Fl bezeichnet. Hinter ihr liegt stets eine versteckte Tiefenwindung. Vor ihr liegt eine durch eine Secundärfurche getheilte Doppelwindung, aus deren lateralwärts gerichtetem Stiel die 3 hintersten Windungen des medialen Hemisphären- Jenaische Denkschriften. VI. 9 Semon, Zooleg. Forschungsreisen. III 66 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 66 abschnitts — etwa der blattartigen Auffächerung eines Käferfühlers vergleichbar — hervorgehen. Die vor diesen Windungen gelegenen Furchen und Windungen des medialen Hemisphärenabschnitts lassen sich einzelnen Wurmfurchen und Wurmwindungen nicht zuordnen, da die Furchen nicht durchgehen, sondern sämmtlich in der Fossa paramediana unterbrochen sind. Erst die vor a gelegenen Wurmfurchen gehen — entsprechend der vorderen Verflachung der Fossa paramediana — grösstentheils auf die Hemisphären durch. Diese vorderen Hemisphärenfurchen convergiren sämmtlich gegen den Angulus pontis. Die letzte, welche einen gut entwickelten Hemisphärentheil abgrenzt, ist die Furche ec. Vor bezw. unterhalb der Furche c kann von einem besonderen Hemisphärentheil kaum mehr gesprochen werden: der Wurm erscheint nur etwas verbreitert. Jenseits der Furche d fehlt auch diese Verbreiterung. Aus der hinter Fl gelegenen Wurmfurche geht eine weitere wichtige Hemisphärenfurche hervor, welche ich als Fossa paralateralis bezeichne. Sie beschreibt eine ähnliche Schleife wie die Fossa lateralis und endet auf der oberen Fläche der Hemisphären zwischen Fossa lateralis und Flocke. Diese selbst ist nicht leicht abzugrenzen. Ich will vorerst den gestielten Anhang als Flocculus, den Lappen aber, aus welchem dieser entspringt, als Lobus flocculi bezeichnen. Dieser letztere umfasst demnach das ganze lateralwärts von der Fossa lateralis gelegene Windunges- gebiet und ist sonach mit dem identisch, was oben als lateraler Hemisphärenabschnitt bezeichnet wurde. Durchgehende Furchen, welche dem lateralen und medialen Hemisphärenabschnitt gemeinsam wären, fehlen gänzlich; alle Furchen des medialen Abschnitts enden seicht in der medialen Wand der Fissura lateralis. Die Furchen des Lobus flocculi sind sonach mit Ausnahme der Fossa para- lateralis sämmtlich Eigenfurchen. Der Zusammenhang des lateral- Fig. 51. Schematische Darstellung des wärts von der Fossa paralateralis gelegenen Abschnitts des Lobus Verlaufs der Fossa lateralis und Fossa para- e A 2 £ lateralis bei Mucropus rufus. Klo Flocculus flocculi mit dem Wurm wird durch einen schmalen (knapp I mm) (s. str.), Zfl Lobus flocculi, F/ Fossa lateralis, Epl Fossa paralateralis, Go versteckte Windung ß \ { hinter der Fossa lateralis. forme bis zum Wurm verfolgen lässt und hier mit dem ganzen Markstreifen hergestellt, welcher sich oberhalb des Corpus resti- hinteren Unterwurm in Verbindung steht. Die beistehende schematische Zeichnung erläutert diese Ver- hältnisse. S. Fig. 51. Die Nebenkerne des Kleinhirns (Dachkern, Pfropfkern, Kugelkern) sind makroskopisch nicht er- kennbar. Der gezähnte Kern ist klein und ziemlich compact. Seine genauere Beschreibung erfolgt im mikroskopischen Theil. ß) Pons Varoli. Wie bei den meisten Mammaliern verläuft der hintere Brückenrand abgesehen von zwei seitlichen welligen Ausbiegungen fast geradlinig frontal (vergl. Fig. 37), während der vordere Rand lateral stark occipitalwärts abbiegt. Ein Sulcus basilaris ist deutlich vorhanden. Seinem vorderen Ende entsprechend ist der vordere Brückenrand leicht eingekerbt. Die (sagittale, Breite der Brücke beträgt in der Mittellinie 9 mm. Der Abstand des Angulus pontis von der Mittellinie beläuft sich — in der Luftlinie gemessen — auf ı3 mm. Die Breite des Brückenarms beträgt unmittelbar medial vom Angulus pontis nur 3 mm. Der Nervus abducens entspringt meist mit 3 sofort verschmelzenden Fäden an der typischen Stelle. Der Ursprung des N. trigeminus liegt dem hinteren Rand erheblich näher als dem vorderen. Seinem Ursprung, entspricht eine distalwärts convexe Ausbiegung des hinteren Ponsrandes. Auch ist in seinem Bereich eine leichte Niveauerhebung unverkennbar. 67 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 67 y) Fossa rhomboidea. Ventriculus quartus. Die mediane Länge der Rautengrube (vergl. Fig. 52) beträgt I6 mm, die grösste Breite 8$—-9 mm. Striae acusticae kann ich makroskopisch nicht erkennen. Die medialen Ränder des Strickkörpers divergiren in einem Winkel von etwas über 90°. Ein Obex ist nicht deutlich zu erkennen. Die Rautenform der ganzen Fläche ist nur künstlich herzustellen. Näher liegt der Vergleich mit einem langgestreckten Sechseck. Der vordere Theil ist breiter als der hintere. Der hintere ist fast eben, der vordere stellt eine unpaarige Mulde dar. Diese Mulde entspricht der starken Vorwölbung der Unterfläche des Wurms vor dem Fastigium. Im Bereich dieser Mulde findet sich auch die partielle Verwachsung des Velum medullare anticum mit dem Rautenboden (s. oben). Fig. 52. Macropus rufus. Dorsale Fläche des Nachhirns. Doppelte Ver- grösserung. Acc Apertura canalis cen- tralis, B DBURDACH’scher Strang, Be medialer Rand des Bindearms, (7 Clava, Cr’ Schnittfläche des Corpus restiforme, El Eminentia lentiformis, @G GoLL’scher Strang, Li Ligula, Smfr Sulcus medianus fossae rhomboideae, Ta Trigonum acusticum, 7es Tuber- culum cinereum, 7eu Tuberculum cu- neatum, «7f Fasern des unteren Tra- pezfeldes, welche um den Strick- körper herumziehen. Fig. 53. Maeropus rufus. Basal- fläche des Nachhirns. Doppelte Ver- grösserung. Dp Decussatio pyramidum, Py Pyramidenstrang, Sma Sulcus me- dianus anterior, o7f oberes Trapezfeld (Corpus trapezoides), #7f unteres Tra- pezfeld, WsmS Wurzellinie des seit- lichen gemischten Systems (zugleich vordere Begrenzungslinie des Tuber- culum cinereum), VZII N. acusticus 44-18 -- Smfr Der Eintritt der drei Kleinhirnarme in das Kleinhirn erfolgt in der typischen topographischen An- ordnung. Dem Strickkörper liegt zunächst eine flache Erhabenheit an, welche ich als Trigonum acusticum bezeichne, da ihre Homologie mit dem Tuberculum acusticum zweifelhaft ist. Sie misst im ‚Frontaldurch- messer 3 mm. Proximalwärts dacht sie sich langsam, schmäler werdend, ab. Die Lage bietet sonst keine Besonderheit. Der Strickkörper lässt jederseits 3 Streifen neben einander erkennen, einen medialen, leicht gefransten, welchen ich als Ligula auffasse und bis auf den Nacken des Strickkörpers verfolgen kann, dann einen 2 mm breiten, welcher spinalwärts sich stark zuspitzt und in den GoLr’schen Strang übergeht (s. unten), und einen lateralen, welcher an der breitesten Stelle fast 4 mm breit ist und etwa in gleicher Höhe mit der Apertura canalis centralis eine deutliche Anschwellung (Tuberculum cuneatum) erkennen lässt; er geht in den BurpachH’schen Strang über. Lateralwärts vom Burnach'’schen Strang folgt das Tuberculum cinereum (s. unten). Auf der Oberfläche des Tuberculum cuneatum findet man oft noch eine intermediäre Furche (Sulcus intermedius tuberculi cuneati). Irgendwelche Reliefzeichnung war auf dem Rautenboden an meinen Spiritusgehirnen nicht zu er- kennen. Nur findet man stets vor dem Trigonum acusticum eine linsenförmige Erhebung, deren Bedeutung erst die mikroskopische Untersuchung ergiebt. Ich bezeichne sie als Eminentia lentiformis. Sie erscheint als ein etwas cerebralwärts vorgeschobenes Tuberculum acusticum. Die Configuration des 4. Ventrikels ergiebt sich aus Fig. 48. Die speciellen Besonderheiten sind im Text bereits namhaft gemacht worden. 9* 68 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 68 f) Nachhirn. Die untere Grenze des letzteren vermag ich, da ich ein Gehirn in situ zu untersuchen nicht Gelegenheit hatte, nicht anzugeben. Die Basalfläche (vergl. Fig. 53) zeigt zunächst 2 wohl ausgebildete Pyramiden, deren jede ca. 3 mm breit ist. Zwischen den beiden Pyramiden verläuft der Sulcus medianus anterior, welcher sich bis zum hinteren Brückenrand allmählich bis auf fast I mm verbreitert. Die seitliche Grenzfurche des Pyramiden- strangs ist zuerst ziemlich tief, wird aber distalwärts sehr seicht. Die Decussatio pyramidum scheint nicht bündelweise, sondern en masse zu erfolgen. Vom hinteren Brückenrand ist ihr unteres Ende 17—18 mm entfernt. Ein ganz scharf abgegrenztes Corpus trapezoides fehlt. Dagegen sieht man allenthalben quere Bündel von Fibrae arcuatae die basale Oberfläche lateralwärts von den Pyramiden überziehen. Unmittelbar hinter dem Ponsrand, etwa in einer Breite von 4—6 mm, bilden diese Bündel eine etwas dickere und zu- sammenhängendere Schicht. Dass diese Schicht, welche ich als oberes Trapezfeld bezeichnen will, wirklich dem Corpus trapezoides entspricht, wird die mikroskopische Untersuchung ergeben. An sich könnte man auch daran denken, dass die Bogenfasern durch eine eingelagerte Olive stärker vorgetrieben würden. Die mikro- skopische Untersuchung widerlegt jedoch diese Annahme. Das Trapezfeld hebt sich übrigens auf meinen Gehirnen nicht überall gleich deutlich ab. Auf einem Gehirne ist die Erhebung so erheblich, dass man sie ohne weiteres als Corpus trapezoides anspricht. Am Seitenrand dieses Feldes entspringen die Nn. acusticus und facialis. Ersterer ist 3, letzterer 1!/, mm breit. Der Nervus hypoglossus entspringt in der Flucht des N. abducens. Seine Wurzelursprungslinie misst 8 mm und mehr. Die Vereinigungsstelle der beiden Aa. vertebrales zur A. basilaris liegt 12 mm hinter dem hinteren Brückenrand. Spinalwärts vom Trapezfeld erkennt man auf der Basalfläche der Oblongata eine zweite Längsfurche, welche von der seitlichen Grenzfurche der Pyramiden ca. 3 mm entfernt ist. Ihre Bedeutung wird sich bei der mikroskopischen Untersuchung ergeben. Sie ist übrigens gewöhnlich nicht sehr deutlich. Ich bezeichne sie als Sulcus paralateralis ant. Stets findet man spinalwärts nochmals eine Region, in welcher sich die Fibrae arcuatae externae wieder zu einer dickeren dichteren Querschicht ansammeln. Das zweite Querband, welches ich als unteres Trapezfeld bezeichnen will, ist $-9 mm vom hinteren Ponsrand entfernt und reicht, allmählich abnehmend, fast bis zur Decussatio pyramidum. Lateralwärts wenden sich seine Bündel zugleich stark cerebralwärts. Weiterhin überziehen sie in schräger Richtung das Corpus restiforme und verschwinden für die makro- skopische Betrachtung erst in der Umgebung des Tuberculum acusticum. Zwischen den beiden Trapez- feldern bleibt ein etwas vertiefter Raum von der Form eines rechtwinkligen Dreiecks (Trigonum inter- trapezicum). Oft erkennt man auch mit blossem Auge, stets mit der Lupe einige oberflächlich verlaufende, noch über den Querfasern gelegene Längsbündel. Einzelne lassen sich mit der Lupe continuirlich vom unteren bis auf das obere Trapezfeld und auf diesem bis zum hinteren Brückenrand verfolgen. Die Wurzellinie des seitlichen gemischten Systems beginnt unterhalb des N. acusticus. Im Bereich des unteren Trapezfeldes ist sie ca. IO°-II mm von der vorderen Medianfurche entfernt. Sie setzt sich caudalwärts in eine seichte Furche fort, welche das Tuberculum cinereum lateral begrenzt. Das Tuberculum cinereum selbst ist sehr stark ausgeprägt. Seine grösste Breite entspricht etwa der Gegend der Pyramidenkreuzung und beträgt 4 mm. Gegen das Tuberculum cuneatum ist es durch eine ziemlich scharfe Furche abgesetzt, welche spinalwärts bald sehr seicht wird. Die Abgrenzung. gegen den Seitenstrang wurde soeben bereits erwähnt. Cerebralwärts verschmälert sich das Tuberculum 69 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 69 cinereum etwas, und durch die Fasern des unteren Trapezfeldes wird seine Abgrenzung gegen das Tuber- culum cuneatum und den Seitenstrang bald ganz verwischt. Spinalwärts verschmälert sich das Tuberculum cinereum sehr langsam und läuft in einem spitzen Winkel in die hintere Wurzellinie aus. An Spiritus- präparaten lässt es sich bis zur 4. Cervicalwurzel dank einer leichten Farbennüance verfolgen. In topographischer Beziehung sei noch bemerkt, dass die Frontalebene des Apertura canalis centralis 13 mm hinter dem hinteren Ponsrand liegt. B. Rückenmark. Leider stand mir nur Cervicalmark zur Verfügung. Dies bietet in seinen höheren Ebenen (3. u. 4. Cervicalwurzel) folgendes Bild. Der Sagittaldurchmesser beträgt durchschnittlich 61/,, der Frontaldurch- messer fast 9 mm. Die vordere mediane Längsfurche ist fast 3 mm tief. Der Sagittaldurchmesser der Com- missura grisea + alba beträgt fast I mm. Eine hintere mediane Längsfurche fehlt ganz und gar. Dagegen findet sich ein sehr ausgeprägter Sulcus paramedianus posterior. Daher erscheint zwischen dem rechten und linken Sulcus paramedianus posterior ein unpaarer Strang, welcher durch die Verschmelzung der beiden Gorr’schen Stränge entstanden ist. Dieser unpaare GoLL’sche Strang ist nur °/, mm breit. Der Abstand ‚der hinteren Wurzellinie von der Mittellinie beträgt ca. 3 mm, derjenige der vorderen 2!/,—-3 mm (in der Luftlinie). Der Abstand der I. vorderen Cervicalwurzel vom hinteren Ponsrand beträgt ca. IS mm. Die hintere I. Cervicalwurzel ist sehr dünn. Wie weit der Accessorius spinalis caudalwärts reicht, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Jedenfalls reicht er über die 4. Cervicalwurzel hinaus und ist sehr mächtig. Der Aufbau aus grauer und weisser Substanz wird im mikroskopischen Theil beschrieben werden. Die Veränderungen der Form in den caudaleren Theilen des Cervicalmarks sind auffällig gering- fügig. Doch ist eine leichte Zunahme der Durchmesser nicht zu verkennen. 2. Macropus ualabatus. Dazu bemerke ich, dass die Artbestimmung nicht ganz sicher ist. Ich werde im Folgenden nur die erheblicheren Abweichungen vom Bau des Gehirns von Macropus rufus kurz angeben. A. Gehirn. In der allgemeinen Form bemerke ich keine Abweichungen. Die Maasse sind wesentlich geringer; es beträgt nämlich die grösste Breite nur 3,7, die grösste Länge 5,5, die grösste Höhe 2,9 cm. Der mediale Mantelrand misst etwas über 4 cm (in der Luftlinie). Das Gewicht der beiden Gehirne beträgt 25 bezw. 26 g. Die Furchung ist im Wesentlichen dieselbe. Die Furche « ist sehr tief. Namentlich springt die Rindengegend, welche hinter ihrem obersten Verlaufsstück liegt, sehr stark vor. Die Fissura Sylvii ist ziemlich seicht und verläuft fast senkrecht, nur wenig occipitalwärts abweichend nach oben. Hinter F'S steigt eine weitere sehr seichte Furche fast senkrecht auf. Ihrer Lage nach könnte sie bei oberflächlicher Betrachtung scheinbar gleichfalls der Furche FS von Macropus rufus entsprechen. Sie unterscheidet sich jedoch von dieser dadurch, dass sie die obere Lippe der Fiss. rhinalis lateralis nicht erreicht. Zwischen £ und « finden sich ausserdem stets I—2 Gefässfurchen, welche ich auf der Figur mit y% bezeichnet habe. Das Hauptgefäss, die A. cerebri media, durchquert zunächst das Rhinencephalon und legt sich dann mit seinen Hauptästen in die Furche FS und die erwähnte Parallelfurche, ferner in «, ß und d. Variationen scheinen häufig. Eine eigenartige Variation habe ich auf Fig. 54 wiedergegeben: hier scheint die Furche FS nur sehr kurz, und erst nach einer oberflächlichen Unterbrechung nimmt eine andere mit w bezeichnete 79 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 70 Furche die Richtung von F'S wieder auf. Die Furche £ ist auf allen Hemisphären sehr stark ausgeprägt und schneidet in die obere Lippe der F. rhinalis posterior ein. y ist sehr seicht, ö ziemlich tief und ausser Verbindung mit y. e hängt unmittelbar mit $# zusammen. Eine Furche £ finde ich auf meinen Hemisphären h nicht (s. unten). Auf zwei Hemisphären fehlt auch A, auf den zwei anderen finde ich eine tiefe, sagittal verlaufende Curve, welche A entspricht. Auf der einen Hemisphäre geht sie unmittelbar in e über. Auf der anderen mündet e in ihre laterale Lippe, und A wendet sich an e vorbei frontal- wärts dem medialen Mantelrand zu, wo sie o gegenüber endet. Vergl. Fig. 54. Die Furchen «, # und ı sind nur andeutungsweise vorhanden. Im Frontalgebiet (vor «) findet sich nur eine einzige Furche, welche nach Frhtp en Bi > Lo ihrer Lage wohl n entspricht. Zwischen «@ und & findet sich noch eine Fig. 54. Macropus ualabatus. Late- Seichtere intermediäre Furche. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie { ent- en FE spricht. Ich habe sie auf der Figur mit p bezeichnet. Auf der Medial- staben ist der Text zu vergleichen. fläche finden sich die Furchen o, z und v wie bei Macropus rufus. Die a na in Fissura rhinalis posterior wendet sich im Occipitaltheil wie bei M. rufus Lobus olfactorius, Drw laterale Tractus- schliesslich im Bogen dem Hilus zu. Die Depression Prhlp‘ ist kaum zu wurzel. Die mit y bezeichneten Furchen sind Gefässfurchen. erkennen. Die F. rhinalis medialis ist durch die starke Entwickelung der lateralen Wurzel des Tractus olfac- torius fast ganz ausgefüllt. Die Fissura hippocampi setzt sich vor der Area praecommissuralis noch in einer Gefässfurche fort, welche bis nahe an die vordere mediale Ecke des Tuberculum olfactorium zu verfolgen ist. Eine grosse Arterie tritt auf diesem Wege in die Fissura hippocampi ein. Die vordere Commissur misst 5'/, mm im grossen (senkrechten), fast 4 mm im kleinen (hori- zontalen) Durchmesser. Die Commissura superior hat eine Höhe von 3 mm. Das Zwischenhirn bietet keinerlei Besonderheiten gegenüber Macropus rufus. Im Mittelhirn zeigt der Aquaeduct eine geringere Entwickelung als bei M. rufus. Das Hinterhirn bietet gleichfalls nur untergeordnete, vielleicht nicht einmal constante Abweichungen. Noch auffälliger als bei Macropus rufus ist die Abflachung der hinteren oberen Kleinhirnfläche. Der vordere obere Ast des Arbor vitae ist etwas breiter. Der Lappen des hinteren oberen Astes hat dieselbe so sehr charakteristische zungenähnliche Form und überhängende Lage wie bei M. rufus. Die Brücke ist 7 mm breit. Im Nachhirn ist die untere Spitze der Decussatio pyramidum I4 mm vom hinteren Ponsrand entfernt. Jede Pyramide ist bei ihrem Austritt am hinteren Ponsrand 3 mm breit. Das obere und das untere Trapezfeld sind nicht so scharf von einander geschieden. Oberflächliche laterale Längsbündel sind auch bei dieser Species sehr deutlich. Das Halsmark misst 6 mm im dorsoventralen, 7!/, mm im transversalen Durchmesser. 3. Macropus major. Ich konnte leider nur die Furchung der Grosshirnoberfläche studiren. Sie deckt sich fast voll- ständig mit derjenigen von Macropus rufus. Die Furche e hängt — wenigstens scheinbar — mit der wohl- ausgeprägten Furche £ zusammen. 4 fehlt, y ist nur angedeutet. Eine Furche im Occipitaltheil könnte sowohl u wie » entsprechen. Statt der Fissura Sylvii findet sich eine Furche, welche ihrer Lage nach ganz der SyLvischen Furche von Macropus rufus entspricht, jedoch von der Fiss. rhinalis lateralis getrennt ist und insofern der Furche ı) von Macropus ualabatus entspricht. 71 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 71 4. Macropus parryi. Auch hier konnte ich nur die Oberfläche eines Gehirns untersuchen. ß ist von & durch eine ober- flächliche Brücke getrennt. y fehlt. x und u sind vorhanden. A ist sehr stark entwickelt; auf der rechten Hemisphäre schneidet es noch in den occipitalen Mantelrand ein. Die Fissura Sylvii verhält sich wie bei M. rufus. 5. Macropus derbianus. Die Furchung bietet nur geringe Abweichungen von derjenigen des Macropus rufus. Auf den von mir untersuchten Gehirnen schneidet A occipitalwärts in die mediale Mantelkante ein. & geht in £ über. Die Fissura Sylvii scheint sich wie bei Macropus rufus zu verhalten. 6. Macropus bennettii. Das von mir untersuchte Gehirn zeigt keine aus der Fissura rhi- nalis lat. entspringende Fiss. Sylvii. Statt dessen findet sich eine wohl ausgeprägte, mit der Fiss. rhinalis lateralis nicht zusammenhängende Furche vW. Offenbar vertritt Y hier ganz die Fiss. Sylvii. In der oberen Lippe der Fiss. rhinalis lateralis findet sich höchstens eine leichte Kerbe. & geht unmittelbar in ( über. A ist kurz und ziemlich weit lateral gelegen. ® & S Fig. 55. Macropus bennettii. Sche- Auf der linken Hemisphäre hängt e auch mit A zusammen, auf der rechten matische Darstellung der Furchen der lateralen Convexität. Ueber die Be- deutung der griechischen Buchstaben eine Verschmelzung von d mit x. Vgl. Fig. 55. vergl. den Text. ist A frei. y fehlt, ö ist sehr lang; möglicher Weise handelt es sich um Auf einem Macropus-Gehirn (spec.?) der hiesigen Anatomie stellt die Furche [ einen scheinbaren Zusammenhang zwischen e und « her. Literatur über das Macropus-Gehirn. Allgemeine Maassverhältnisse: M. WEBER!) hat das Hirngewicht für Macropus ruficollis Desn. var. bennettii WATERH. 2 zu 28,7 & gefunden (Körpergewicht 4830 g, Körperlänge 62 cm). Das Hirn- gewicht eines Macropus rufus Desm. ? betrug 58 g (4 64 g) bei einer Körperlänge von Io6 bezw. I2I cm und einem Körpergewicht von 22750 bezw. 45500 g. Furchung. Owen hat das Gehirn von Macropus major in der Ober- und Seitenansicht abgebildet °). Die Abbildungen stimmen mit meiner Beobachtung gut überein. Auffällig ist nur, dass die Furche 4 nur in der Seitenansicht gezeichnet ist. Fig. 74 der Anatomy of Vertebrates (Vol. III, p. 105) ist offenbar eine Reproduction der Fig. 4, Taf. V der ersten Arbeit. Doch scheint Owen hier die Furche A (mit 10 bezeichnet) links stärker hervorgehoben zu haben. Im Text (p. 105) spricht er von ihr als einer Verlängerung von e. & fasst er als den longitudinalen Abschnitt von 8 auf. Die Furche « wird als „coronal fissure‘“ bezeichnet (p. 106). Die Irrthümlichkeit dieser Deutung werde ich später darthun. Die Syrvısche Furche findet er an derselben Stelle wie ich. Seine Windungsbezeichnungen (Sylvian convolution zwischen ß, &, C und «, post- sylvian fold hinter e und ß, medial convolution medialwärts von £, superfrontal und subfrontal fold ober- und unterhalb ») kann ich, da diese Windungsbezeichnungen mit der Deutung der Furchen stehen und fallen, übergehen. Noch sei bemerkt, dass die Wiedergabe der Furchen ß, &, FS, y auf der rechten Hemi- ı) Vorstudien über das Hirmgewicht der Säugethiere. Festschr. f. GEGENBAUR, Leipzig 1896, p. 108. 2) Philos. Transactions, 1837, 1. ı, Taf. V, Fig. 4, und Taf. VI, Fig. I. 72 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 72 sphäre nicht genau sein kann, da die Darstellung der drei in Betracht kommenden Figuren (Taf. V, 4, VI, ı und p. 105, 74) sich schlechterdings nicht vereinigen lässt. Ich vermuthe, dass eine Brücke zwischen e und ß vorlag. Auf FLower’s Abbildung der Medialfläche des Gehirns von Macropus bennettii!) ist das Fehlen von vr bemerkenswerth. LEurer’s Abbildung eines „Kanguroo“ ?) stellt wahrscheinlich ein Macropus-Gehirn dar. Ich möchte glauben, dass die Zeichnung durch Gefässfurchen beeinflusst und etwas schematisirt ist. Auch wäre an die Möglichkeit zu denken, dass LEURET die Fiss. Sylvii zu weit hinten gesucht hat. Die Furche, welche er als solche bezeichnet hat, könnte dann als ß gedeutet werden. Auffällig bliebe dann jedoch die breite Brücke zwischen £ und e. Wahrscheinlicher ist mir, dass die Fiss. Sylvii LEURET’s eine Gefässfurche ist, welche z. B. bei Macropus rufus ganz regelmässig in das von f, 7 und d begrenzte Terrain aus der Rhinalfurche eintritt. Die Furche z deutet LEurET als sillon crucial. Die Figurenerklärung und auch der Text (p. 384) geben keinen weiteren Aufschluss. Insbesondere fehlt auch eine Rechtfertigung der Vereinigung des Kän- guru mit Oryeteropus capensis und dem fliegenden Hund (dieser ist wohl mit roussette gemeint) zu einem Windungstypus. Die Abbildung von GErvaIıs stand mir leider nicht zur Verfügung. TURNER hat die Oberansicht des Gehirns von Macropus major und die Seitenansicht und Medial- ansicht einer unbekannten Macropus-Species abgebildet?). Auf dem Gehirn von Macropus major ist ß von & getrennt, &e mit C verschmolzen; € communieirt fast mit «. Die Unterbrechung im Verlauf von £ ist be- merkenswerth, wofern nicht etwa ein Zeichenfehler vorliegt. Die Furche Ö fehlt auf der Figur, wie Anm. I, p. Ig ergiebt, nur in Folge eines Versehens. Die SyrLvısche Furche („apparently a Sylvian fissure‘‘) würde nach TURRER’s Zeichnung unmittelbar aus der F. rhinalis lateralis hervorgehen. Es scheint danach, als ob gelegentlich bei Macropus major ein ähnliches Verhalten wie bei M. rufus vorkäme, also F'S tief mit der F.rhin. lat. zusammenhänge. «, [£, e und £ fasst er als „arcuate fissure‘“ zusammen und unterscheidet daher „the con- volution of the Sylvian fissure“ innerhalb der Bogenfurche von der „marginal convolution“ ausserhalb der- selben. Der Medialfläche schreibt TURNER eine „splenial fissure‘“‘ zu. Leider giebt er keine Abbildung. Die Abbildung des Gehirns von Macropus spec.? lässt eine wohl ausgeprägte A-Furche erkennen. « scheint sehr kurz und mit £ verschmolzen. Auf der Figur 12, endet A auch hinten frei, nach dem Text (p. I9) und nach Fig. 12, scheint eine Communication mit v zu bestehen o ist kurz und schneidet in die mediale Mantelkante ein. v ist zweistrahlig und wird als „genual fissure‘“ bezeichnet. Commissuren. Die Abbildungen OwEn’s und FLower’s geben den makroskopischen Thatbestand in seinen Hauptzügen wieder. Allerdings sind namentlich Fig. 6 (Taf. VI) und Fig. 4 (Taf VII) der ersten Owen'schen Arbeit sehr ungenau. FLower’s Fig. 4 (Taf. XXXVI Macropus bennettii) ist gleichfalls nicht natur- getreu, während Fig. 1 und 2 (Taf. XXXVIII Macropus major) die einschlägigen Verhältnisse ausgezeichnet darstellen ; die letztere entspricht etwa meiner Fig. 42. SANDER‘) hat leider das vordere Ringbündel als Lamina terminalis bezeichnet. Fig. ı ist überhaupt nur ungefähr richtig. Auf Fig. 2 fehlt die F. hippocampi, welche in dieser Frontalebene schon sehr tief ist. Auf Fig. 3 ist die Medialwand des Vorderhorns miss- lungen. BEEVoR °) spricht Macropus major auf Grund von WEIGERT-Schnitten ein Corpus callosum (im Sinne FLOwer’s) zu, welches nur die Gyri fornicati verbinde. 1) Philos. Transact., 1865, P. II, Taf. XXXVIII, Fig. 1. 2) Atlas, Planche X. 3) The convolutions of the brain, Fig. ıı u. ı2. 4) Arch. f. Anat., 1868, Taf. XVII, Fig. 13. 5) Brain, 1886, p. 69. 73 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 73 Ventrikelsystem. Die in der Literatur vorliegenden Zeichnungen geben kein einigermaassen ausreichendes Bild seiner Gestaltung. Der Ansicht Owen’s über das Fehlen des Balkens bei dem Känguruh hat übrigens bereits LEURET widersprochen (l. c. p. 412). Zwischenhirn, Hinterhirn, Nachhirn. Owen ist der Einzige, welcher einige bestimmtere Angaben macht. Er hebt den von mir als Flocke bezeichneten Fortsatz hervor. Auch kennt er die Fossa paramediana: „a small tract on each side the vermiform process“, wo „the medullary substance or nucleus appears superficially‘‘ (p. 90). Rückenmark. Owen hebt (p. 74) das Fehlen eines Sinus rhomboidalis und die relativ starke Entwickelung der Lendenanschwellung hervor. Das Gehirn der Gattung Petrogale ist noch nicht beschrieben worden. Das Gehirngewicht zweier männlicher Exemplare von Petrogale pennicillata Gray fand WEBER gleich 23,5 bezw. 24,9 g (Körpergewicht 6200 bezw. 4050 g, Körperlänge 58 bezw. 56 cm). BEDDARD!) verdanken wir eine Untersuchung des Gehirns des nahe verwandten Dendrolagus Bennetti, welche ich im Folgenden kurz wiedergebe. Leider sind die Abbildungen, da zwischen echten Furchen und Gefässfurchen nicht unterschieden ist, von geringerem Werth. Die Grösse soll mit derjenigen des Gehirns von Halmaturus Bennetti (= Macropus ruficollis, var. bennettii WATERH.) übereinstimmen, die Furchen sollen weniger deutlich sein. Die SyLvische Furche ist schwach angedeutet (,„faintly marked“). Die Furche £ ist deutlich vorhanden (a der Abbildung). BEDDARD homologisirt sie mit einer bei dem Känguruh und dem Wallaby die SyrLviısche Furche bogenförmig umziehenden Furche. Ich fürchte, dass die Anwesenheit einer solchen bei Halmaturus BEDDARD durch Gefässfurchen vorgetäuscht worden ist. Ich habe eine solche Bogen- furche niemals gefunden. Als einzige weitere Furche führt BEDDARD eine Furche an, welche meiner Furche « entspricht. B. schreibt ihr einen U-förmigen Verlauf zu. Seine Abbildungen (die Furche ist mit b bezeichnet) lassen einen solchen Verlauf kaum erkennen. Die Medialfläche und den inneren Aufbau des Gehirns scheint B. nicht untersucht zu haben. — Owen giebt das relative Hirngewicht von Dendrolagus inustus (MÜLL. u. SCHLAG.) auf !/,,, an (Anat. of Vert., III, p. 104). Subfamilie 2. Potoroinae. Hierher gehören die Gattungen Aepyprymnus, Bettongia, Caloprymmus und Potorous. II. Aepyprymnus s. Hypsiprymnus. 4depyprymmus rufescens GARR. = Hypsiprymnus rufescens WATERH. Ueber die Richtigkeit der Artbestimmung bestehen Zweifel. Wahrscheinlich handelt es sich um H. rufes- cens (Aepyprymnus rufescens GARROD). Auch ist mir nicht unwahrscheinlich, dass es sich um nicht ganz ausgewachsene Thiere handelt. A. Gehirn. a) Allgemeine Form- und Maassverhältnisse. Die allgemeine Form stimmt mit derjenigen von Macropus im Wesentlichen überein. Der Isthmus zwischen den beiden Schläfenlappen misst an der engsten Stelle 3'/);—4 mm. An einem Exemplar, dessen Riechlappen besser erhalten waren, überragen diese den Stirnpol um mehr als 5 mm. 1) Proc. Zool. Soc. London, 1895. Im THoMmas’schen Katalog ist D. bennettianus nur in einer Anm. (p. 96) erwähnt. Die erste Beschreibung findet sich bei DE VIs in dem Abstract of the Proceedings of the Linnean Soc. of New South Wales. Jenaische Denkschriften. VI. 10 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 74 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 74 Die grösste Breite beträgt 30 mm, die grösste Länge 43 mm, die grösste Höhe 22 mm, der mediale Mantelrand misst reichlich 29 mm!). Das durchschnittliche absolute Gewicht der fünf in MÜLLER’scher Flüssigkeit vor- und in Alkohol nachgehärteten Gehirne beläuft sich auf 13 g. Das würde einem Gewicht von ca. 26 g in frischem Zustand entsprechen. b) Secundäres Vorderhirn oder Grosshirn. «) Hirnmantel. Furchen und Windungen. Die Fissura rhinalis lateralis verläuft in typischer Weise. Die Abbiegung zum Grosshirnhilus im occipitalen Endstück fehlt meist. Die Furchen der lateralen Convexität stimmen grösstentheils mit dem Verlauf grösserer arterieller Gefässe überein. Meist zerfällt die Art. cerebri media durch wiederholte, im Einzelnen sehr variable Theilungen in 3—4 Hauptäste. Der hinterste tritt in die Furche #-+ e, der vorderste in die Furche a, einer der mittleren in die SyLv!’sche Furche bezw. in die Furche y. Alle diese Furchen sind in unmittel- barer Nähe der Fissura rhinalis reine Gefässfurchen, d. h. sie bedingen, wie ich mich auf Schnitten über- zeugt habe, wohl eine schmale, seichte Furchung der Oberfläche, aber keine Fältelung der Rinde. Erst in einiger Entfernung von der Rhinalfurche vertiefen sie sich und werden zu echten d. h. mit Rindenfältelung verbundenen Furchen. Die Entfernung, in welcher dies geschieht, schwankt von Furche zu Furche und von Thier zu Thier erheblich. Auch die beiden Hemisphären eines und desselben Gehirns weisen keines- wegs stets dasselbe Verhalten auf. Die beistehende Fig. 56 giebt daher auch nur einen Specialfall wieder. Fi Fig. 56. Aepyprymnus. Laterale Convexität. Na- 18: 57- türliche Grösse. Frha, FrhpFiss. rhinalis lateralis SarL og S anterior bezw. posterior, Rha, KRhp Rhinencephalor Sa ant. bezw. post.,7S Fiss. Sylvii,Lo Lobus olfactorius, I El ER IR To Tuberculum olfactorium, 7ro Tractus olfactorius. } I, ! Fig. 57. Aepyprymnus. Medialfläche. Natürliche Fh-__ ! Y a)! Grösse. Ueber die Bedeutung der griechisch. Buch- | staben vergl. den Text. Statt « ist szulesen. Ca Com- missura anterior, Ce Corpus candicans, Ch Chiasma opticum, Om Commissura media, Co Conarium, Oga, Cqp Corp. quadrigeminum ant. bezw. post., 1 Cs Commissura superior, Ad Fascia dentata, Prha SIE) SEES SR F. rhinalis lateralis ant., Frhm F. rhinalis medialis, RI SS = SSS Eh F. hippocampi, Obl Oblongata, PPons, H Ha- SS benula, 3. V 3. Ventrikel, 4. V 4. Ventrikel, AV Aquäductventrikel, 70 Tuberculum olfactorium. Die charakteristische winklige Biegung der Furche # + & wird niemals vermisst, doch können die beiden Schenkel durch eine oberflächliche Brücke getrennt sein. Der obere Schenkel, e, ist stets der tiefere. Der untere, f, ist oft nur als Gefässfurche vorhanden. Die Furche « setzt sich zuweilen, allerdings mit einer Unterbrechung, bis zum medialen Mantelrand fort, bald als echte Furche, bald als Gefässfurche. © habe ich niemals gefunden. Dagegen findet sich stets eine tiefe (bis über 2 mm) und 5-8 mm lange Furche 7. Entweder verläuft sie dem Mantelrand parallel oder nähert sich ihm frontalwärts ein wenig. Auch 4 fehlt niemals ganz. Selten ist A so tief wie auf Fig. 62 (s. unten). Dagegen sind die Furchen 7, 6, ı, #, u gar nicht vorhanden. Nur Gefässfurchen erinnern zuweilen an sie. Auf der Medialfläche ist die Furche v ohne weiteres zu identificiren. Sie verläuft ähnlich wie bei Macropus, nur liegt ihr unterer Ursprung und ihr unteres Verlaufsstück richt wie bei Macropus auf der Hilusfläche des Occipitalhirns, sondern auf der Tentorialfläche; ferner erfolgt der Einschnitt in den medialen 1) Diese Angaben beziehen sich auf das grösste meiner Gehirne. Es war in MÜLLEr’scher Flüssigkeit vor- und dann längere Zeit in Alkohol nachgehärtet worden. Die Zahlen der übrigen Gehirne weichen nur wenig ab. 75 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 75 Mantelrand häufig unterhalb der Kante, in welcher Medialfläche und Tentorialfläche zusammenstossen, während er bei Macropus vor bezw. oberhalb dieser Kante liegt. Die Furchen o und z zeigen nicht eine Aus- nahmsweise fehlt es ganz. z habe ich niemals vermisst. Der Punkt, wo z, genügend verlängert, die mediale so constante Lage wie bei Macropus. o ist meist kurz und seicht und verläuft fast genau vertical. Mantelkante schneiden würde, entspricht etwa der Mitte der Furche n. Sowohl z wie o enthalten arterielle Gefässe, welche aus der A. fissurae hippocampi zur medialen Mantelkante aufsteigen. Die Fissura hippocampi ist auch im Stirntheil relativ tief. Oft stellt eine vertical verlaufende Gefäss- furche eine Scheinverbindung zwischen ihr und ‚dem Schlussstück der Fissura. rhinalis medialis her. Ihr weiterer Verlauf entspricht dem für Marcropus angegebenen. Das vordere Ringbündel ist sehr breit (bis zu 2!/, mm). Gegen die Area praecommissuralis ist es oft durch eine seichte Furche abgesetzt. Das hintere Ringbündel ist umgekehrt etwas schmächtig. Auf der Basalfläche fällt die starke Entwickelung der Tubercula olfactoria auf. Nach Form und Grösse erinnern sie an einen Kirschkern. Auch eine leichte Riefung der Oberfläche legt diesen Vergleich nahe. Der frontale Durchmesser beträgt fast 61/,, der sagittale fast 6 mm. Das Rhinencephalon selbst zeigt nur einige Gefässfurchen. Der Lobus olfactorius selbst ist 15 mm lang, 8!/, mm breit und 7 mm hoch. Er enthält stets einen Ventrikel. Dieser stellt einen vertical gestellten, im Frontalschnitt linsenförmigen Spaltraum dar, welcher ca. 3 mm hoch und I mm breit ist. Mit dem Vorderhirn com- munieirt er nicht. An dem in Fig. 57 dargestellten Gehirne war der Lobus olfactorius in seinem vorderen Theil zerstört. Diese Figur giebt also von seiner Form kein richtiges Bild. ß) Commissuren des secundären Vorderhirns. Der vordere Rand der vorderen Commissur ist vom Frontalpol 1I—-I2 mm entfernt. Ihr horizontaler Durch- messer beläuft sich auf 3, der senkrechte auf 4!/, mm, der Flä- cheninhalt des medianen Querschnitts auf II qmm. Die relative Querschnittgrösse würde !/,,, betragen. Fig. 58. Doppelte Vergrösserung. Aepyprymnus. Horizontalschnitt. Die obere Commissur misst 2? i i : EEE misst 2°/, mm im verticalen, Bat Oreninng 193 @fe reichlich 4 mm im sagittalen Durchmesser. Ueber den weiteren Verlauf der oberen Commissur bezw. der in sie eingetretenen Ringbündel giebt erst die mikroskopische Untersuchung sichere und vollständige Auskunft. Indes gestattet die makroskopische Untersuchung an gelungenen Bruchprä- Medianfläche so, wie sie an die Schnittfläche an- stösst, wiedergegeben. Ca Commissura ant., Os Commissura sup., FM Foramen Monroi, Faa, Fap vorderes bezw. hinteres Längsbündel, Fh Fiss. hippocampi, Fd Fascia dentata, Na Nucleus alvei» Ne, N! Nucleus caudatus bezw. lentiformis, al, t siehe Text, 70 Thalamus opticus. paraten wenigstens Folgendes festzustellen. Die beiden Ringbündel vereinigen sich oberhalb der vorderen Commissur (vergl. Fig. Das vordere bekleidet den hinteren 58). dentata) mit einer dünnen Faserschicht. commissuralis erscheint daher bei der einfachen Betrachtung der Medialfläche (ohne Zuhülfenahme von Horizontalschnitten) kleiner, als sie thatsächlich ist. Ich will den freien Theil auch als Pars aperta, den bedeckten als Pars operta bezeichnen. Dabei will ich einstweilen noch offen lassen, ob die Pars operta zur Fascia dentata, wie sie z. B. bei den Primaten definirt wird, gehört. Ich beschränke mich zunächst ge- flissentlich auf das Theil der Area praecommissuralis (Fascia Die Area prae- topographisch Gegebene. Zwischen der Pars operta und der vom Alveus bedeckten grauen Substanz, dem Nucleus alvei, besteht zunächst keine makroskopische Grenze. Ein Theil der Ringbündelfasern drängt sich auch zwischen die Pars operta und aperta von der Oberfläche aus hinein. 10* 76 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 76 Endlich treten zahlreiche Fasern aus der oberen Commissur — ob Ringfasern, wird die mikroskopische Untersuchung entscheiden — auf die laterale Fläche der Fascia dentata und der Rinde der Ammonsfurche und bilden so die Auskleidung der medialen Wand des Vorderhorns (al). Diese kann bereits zweckmässig als Alveus bezeichnet werden. Verfolgt man die Fascia dentata weiter zum Parietalhirn, so beobachtet man, dass eine seichte Furche zwischen Nucleus alvei und Fascia dentata auftritt, der Sulcus fimbrio-dentatus. Ein Theil der Fasern der Commissura superior, welchen ich mit £ bezeichne, überzieht den dem S. fimbrio- dentatus zugekehrten Theil des Nucleus alvei. Ausser dem Alveus-Antheil (al) und diesem Antheil £ hebt sich mehr und mehr ein mit scharfer Kante frei vorspringender Antheil der oberen Commissur ab. Ich bezeichne letzteren als Fimbria-Antheil oder schlechtweg als Fimbria (fi). Die makroskopische Betrachtung deutet darauf, dass er grösstentheils aus dem hinteren Ringbündel (dem Fornixbündel s. str.) stammt. Der Alveus-Antheil bildet jetzt die Decke der Cella media des Seitenventrikels und die mediale Wand seines Seitenhorns. Vergl. Fig. 59. Verfolgt man schliesslich die in Rede stehenden Gebilde bis in das Unterhorn, so findet man Folgendes. Das Seitenhorn bekommt mehr und mehr die Lage eines Hinter- Fig. 59. Fig. 60. Fig. 61. Na Eh n ’ Ne. AS Frhp -—- fi \ , Frhm To Fig. 59. Aepgprymmus. Hilus des Occipital- und Temporallappens. Stark vergrössert. » Furche der occipitalen Medialfläche, #h Fissura hippocampi, Sfd@ Sulcus fimbriodentatus, 7» Temporalpol, SceA Subiculum cornu Ammonis (frontale Schnittfläche), Ad Fascia dentata, Na Nucleus alvei, Na’ an die Fascia dentata angrenzender Theil des Nucleus alvei, al Alveus-Antheil der Commissura sup., fi Fimbria-Antheil, fi‘ abgebogenes Endstück des Fimbria-Antheils, 2. der den Nucleus alvei medialwärts überziehende Antheil, ?’ dessen zugespitzt auslaufendes Endstück im Temporallappen. Fig. 60. Aepyprymnus. Frontalschnitt ı!/, mm vor der vorderen Commissur. Natürliche Grösse \ n Furche im Stirntheil, s. Text, Ne Nucleus caudatus, #5 Fiss. Sylvii, Prhp Fiss. rhinalis post., Prhm Frhp F. rhinalis medialis, 70 Tuberculum olfactorium. Fig. 61. Aepyprymmus. Frontalschnitt durch den hinteren Theil der vorderen Commissur. Natürliche Grösse. Bezeich- nungen wie Fig. 60. Ausserdem: Fh Fiss. hippocampi, Fd Fascia dentata, Na Nucleus alvei, Cs Commissura superior, Ca Commis- sura anterior, Fap hinteres Ringbündel, Tro Tractus opticus, Te Tuber cinereum, N/ Nucleus lentiformis. Fig. 62. Aepyprymnus. Frontalschnitt. Parietal liegt der Schnitt 6 mm hinter demjenigen der Fig. 61, basal kaum I mm weiter hinten. Natürliche Grösse. Bezeichnungen wie Fig. 61. Ausserdem: Ha Habenula, 76 Thalamus opticus, al Alveus-Antheil, f Fimbria-Antheil, £ der den Nucleus alvei medialwärts überziehende Antheil der Commissura superior. Fig. 63. Frontalschnitt durch die linke Hemisphäre von Aepyprymnus, 6 mm hinter dem Schnitt der Fig. 62. Hintere Schnittfläche. Natürliche Grösse. Bezeichnungen wie Fig. 60—62. ScA Subiculum des Ammonhorns, oHR occipitaler Rand des Hemisphärenhilus, Shp, Sho, Sht parietaler, occipitaler, temporaler Abschnitt des Seitenhorns. horns '), nimmt dabei aber an Ausdehnung. mehr und mehr ab. Demgemäss verkleinert sich auch der Alveus-Antheil (al) der Commissura superior zusehends. Der den Nucleus alvei medialwärts bedeckende Antheil (£), welcher an der breitesten Stelle fast 2 mm breit war, läuft in einem spitzen Winkel aus. Der Fimbria-Antheil der Commissura superior kommt jetzt dicht neben die Fascia dentata zu liegen. Beide sind je I cm breit. Der Fimbria-Antheil entspricht jetzt nach Lage und Form ganz der Fimbria der Primaten, Carnivoren etc. Das Endstück im Temporallappen hebt sich nämlich als scharf abgebogene Falte (f‘) von der Oberfläche ab. ı) Selbstverständlich handelt es sich hier nicht um die Homologie mit dem Hinterhorn des Menschen. 77 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 77 Die in Fig. 60—63 dargestellten Frontalschnitte geben eine weitere Uebersicht über die Vertheilungs- weise der Commissura superior und zugleich die Configuration des Ventrikelsystems. Auf Fig. 60 ist der Alveus-Antheil bereits deutlich zu erkennen. Die Furche 7 ist gerade an ihrem hinteren Ende getroffen. Das medialwärts abgebogene Stück des Seitenventrikels (im Schnitt der Fig. 60 also des Vorderhorns) be- zeichne ich wie bei den Monotremen als Seitenhorn. Der Schnitt der Fig. 61 liegt 3 mm hinter dem hinteren Rand des Tuberculum olfactorium. Die Commissura superior ist in fast voller Breite, die Commissura anterior in ihrem hinteren Abschnitt — jenseits des grössten verticalen Durchmessers — getroffen. Das quer- getroffene hintere Ringbündel hebt sich namentlich bei Lupenbetrachtung ziemlich scharf von der übrigen Fasermasse der Commissura superior ab. Es liegt an der basalen Fläche der Commissur. Lateralwärts liegen, wie die dunklere Farbe verräth, gleichfalls grösstentheils quergetroffene Fasern. Nur der dorsale Abschnitt der Commissura superior besteht überwiegend aus querverlaufenden, längsgetroffenen Fasern, welche sich in leicht spiraligem Verlauf ohne Schwierigkeit bis in die mediale Wand des Seitenhorns in den Alveus erfolgen lassen. Die graue Masse, welche sie hier bekleiden, bezeichne ich auch als Nucleus alvei. Gegen die Fascia dentata ist letztere nur durch eine leichte Rille abgesetzt. Es bleibt daher zunächst will- kürlich, wo man die Grenze zwischen Fascia dentata und Nucleus alvei ansetzen will. Jedenfalls überzieht die Ausstrahlung der Commissura sup. noch das ganze Gebiet der Rille, also auch die laterale Fläche der Fascia dentata. Der Schnitt der Fig. 62 lässt die 3 Antheile der Faserung der Commissura anterior noch schärfer erkennen: sie sind mit f (Fimbria-Antheil), al (Alveus-Antheil) und £ (Antheil, welcher den medialen Ab- schnitt des Nucleus alvei, Na‘ der Fig. 59, überzieht) bezeichnet. Auf Fig. 63 ist die hintere Schnitt- fläche der rechten Hemisphäre dargestellt. Der Schnitt liegt 6 mm hinter dem Schnitt der Fig. 62 und trifft gerade die Fascia dentata in ihrem Verlauf zum Temporallappen. Die Fimbria liegt vor dem Schnitt und ist daher nicht sichtbar. Die Alveusschicht des Ventrikels ist mit blossem Auge kaum zu erkennen. ce) Zwischenhirn und Schweifkern. Dritter Ventrikel und Seitenventrikel. «@) Dritter Ventrikel und Bodengebilde. Auch für Hypsiprymnus vermag ich zuverlässige Angaben über die Ausdehnung der Commissura media nicht zu machen. Ich begnüge mich daher bez. der Configuration des Ventrikels mit einem Hin- weis auf die Figuren 61 und 62. Die Sehnervenkreuzung weist keine Besonderheiten auf. Der N. opticus hat einen ovalen Querschnitt, dessen längerer Durchmesser I!/,, dessen kürzerer ®?/), mm misst. Der hintere Winkel des Chiasma springt etwas stärker vor. Ich bezeichne diese Anschwellung, welche auch bei Macropus nicht fehlt, als Tuberculum opticum. Der Tractus opticus kreuzt den Hirnschenkel 7 mm vom vorderen Brücken- rand entfernt. Er ist am medialen Hirnschenkelrand etwas über 2 mm, am lateralen 3 mm breit. Frontal- wärts grenzt an ihn unmittelbar die Stria terminalis. Seine Fasermasse überzieht den lateralen Sehhügelpol fast in seiner vollen Breite. Das Tuber cinereum springt stark vor. Der frontale Durchmesser beträgt 5, der sagittale 4 mm. Der Schlitz des Infundibulum liegt fast genau in seiner Mitte. Das Corpus candicans ist durch eine sehr deutliche Medianfurche in 2 Halbkugeln geschieden. Der sagittale Durchmesser beträgt 2!/, mm, der Frontaldurchmesser (beider Halbkugeln) zusammen reichlich 4 mm. Die Niveaudifferenz des Corpus can- dicans und der Substantia perforata postica beträgt reichlich 3 mm. ß) Thalamus opticus. Als auffälligste Thatsache fällt sofort auf, dass der Sehhügel das Mittelhirn fast gar nicht über- flügelt. Von einer Ausdehnung des Sehhügels nach hinten zur Seite des vorderen Vierhügels ist nichts 73 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 78 zu bemerken. Der Sehhügel hat sich nur lateralwärts, nicht auch occipitalwärts ausgedehnt. Die vordere Begrenzungslinie des vorderen Vierhügels wird nirgends erheblich vom Sehhügel überschritten. Damit hängt auch der fast rein frontale Verlauf des Tractus opticus und seine laterale Insertion am Sehhügel zusammen. Die obere Fläche ist auf Fig. 64 dargestellt. Sie liesse sich mit einem rechtwinkligen Dreieck vergleichen, dessen Katheten sagittal bezw. frontal verlaufen. Die vordere und die laterale hintere Ecke sind abgerundet. Die höchste Erhebung liegt im Bereich des lateralen hinteren Winkels. Der Niveau-Abfall zur Stria cornea beträgt fast 2 mm. Der der Stria. cornea zunächst gelegene Streifen der Oberfläche erscheint grabenförmig vertieft; in diesen Graben legt sich die Fasermasse der Commissura superior hinein. Eine Linea chorioidea ist nicht sicher zu erkennen, doch hebt sich der vordere Rand der Commissura sup. durch einen leichten Abdruck auf der Oberfläche ab. Er ist von der Stria cornea 3 mm entfernt. Auf dem Grau der oberen Sehhügel- fläche hebt sich der weisse Faserüberzug des Tractus opticus sehr scharf ab. Er streicht über die laterale hintere Kuppe des Sehhügels in fast rein frontaler Richtung hinweg und lässt sich bis in die Tiefe der Seh-Vierhügelfurche ohne Schwierigkeit oberflächlich mit blossem Auge verfolgen. Nahe dem vorderen Rand des Tractus Fig. 64, Aepyprymnaus. opticus — entsprechend dem Seitenpol des Sehhügels — gewahrt man eine leichte Mittel- und Zwischenhirn. Hervortreibung. Sie entspricht dem Corpus geniculatum laterale. Sie Doppelte Vergrösserung. Cqa, Cyp vorderer, bezw. ist nicht scharf abgrenzbar; ich verzichte daher auf genauere Maassangaben. Eine hinterer Vierhügel, Cs Ab- druck der Commissura sup. auf der oberen Sehhüge- makroskopisch feststellen können. fläche, Cym Corpus genicu- EN 1 ER SER, er Sehr mächtig ist das System der Habenula entwickelt. Am frontalen ; Vierhügelarm, Gh Ganglion oberen Sehhügelpol ist sie I?/, mm breit. Verfolgt man sie auf der oberen Seh- habenulae, 4 Habenula, Pe ör ö ? 3 Pedunculus conarii, Sgt Sul- hügelfläche oceipitalwärts, so stellt man fest, dass sie sich bis auf 2?/, mm ver- cus quadrigeminus trans- versus, 7sp Trigonum sub- pineale, 7 Tractus opticus- (Ganglion habenulae) sich in ihren lateralen Abschnitt einlagern. Die grösste Faserung auf dem Sehhügel. hintere Tractuswurzel (zum Corpus geniculatum mediale) habe ich nicht sicher breitert. Schon der makroskopische Augenschein lehrt, dass dabei graue Massen Breite entspricht etwa der Mitte der medialen oberen Sehhügelkante. Gegen das Conarium zu erfolgt wieder eine Verschmälerung bis auf 2 mm. Das Verhältniss zu den Zirbelstielen bietet keine Besonderheit. Bemerkenswerth ist das Verhalten auf dem vorderen Sehhügelabhang. Hier weicht die Habenula mehr und mehr lateralwärts von der medialen Sehhügelkante ab und gelangt so schliesslich in unmittelbare Nachbarschaft der Stria cornea. \ y) Nucleus caudatus und lentiformis. Seitenventrikel. Der Nucleus caudatus ist sehr schmal. Seine grösste Länge beträgt — in der Ansicht von oben — fast IA mm. Die obere Fläche fällt sehr steil zur Stria cornea ab und verdient daher auch die Bezeichnung der medialen Fläche. Längs des lateralen Randes erhebt sie sich zu einem scharfen Grat, welcher etwas höher liegt als der laterale Rand selbst. Gegen den Kopf zu flacht sich der Grat allmählich ab. Der mediale Rand des Kopfes ist von der medialen Rindenoberfläche knapp 2 mm, der vordere Rand des Kopfes vom Frontalpol 6 mm entfernt. Die Commissura ant. tritt 2?/;, mm von der Mittellinie entfernt in die Masse des Schweifkerns ein. Die Niveaudifferenz zwischen dem Rücken der vorderen Commissur und dem Grat des Nucleus caudatus beträgt 4 mm. Die Stria cornea ist vorn sehr schmal, verbreitert sich jedoch allmählich bis auf I mm. Sie lässt sich bequem neben dem Schweif des Nucleus caudatus bis zum Schläfenlappen verfolgen. Die Tiefenausdehnung des Schweifkerns ergiebt sich aus den Frontal- schnitten Fig. 60—63. 79 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 79 Der Nucleus lentiformis lässt sich makroskopisch nicht ganz scharf abgrenzen. Jedenfalls ist seine sagittale Ausdehnung sehr beträchtlich. Vergl. den Horizontalschnitt der Fig. 58, Die Configuration des Seitenventrikels bietet keine Besonderheit. Die Figg. 58 und 60—63 geben genügenden Aufschluss. Obliterationen fehlen fast vollständig. Bemerkenswerth ist die fast gabelige Endigung des Vorderhorns (auf Horizontalschnitten). Vom Frontalpol ist die Spitze des Vorderhorns knapp 6 mm entfernt. Dem Oceipitalpol nähert sich der Seitenventrikel bis auf 2!/, mm. Die enorme Höhen- ausdehnung ergiebt sich am besten aus Fig. 63. d) Mittelhirn. ce) Vierhügel. Die allgemeine Configuration bietet nichts Besonderes. Der vordere Vierhügel hat eine Länge von 5!/, und eine Breite von 5 mm, der hintere Vierhügel eine Länge von 2 und eine Breite von ca. 4'/, mm. Das Corpus geniculatum mediale ist sehr stark ent- wickelt und sehr scharf abgrenzbar. Seine Durchmesser betragen 2!/, und 4!/, mm. Der hintere Vierhügelarm bietet makro- skopisch nichts Besonderes. ß) Hirnschenkel. An denjenigen Gehirnen, deren Form sehr gut erhalten war, lagen die Hirnschenkel nur in sehr geringer Ausdehnung frei. Der Abstand des vorderen Ponsrandes vom hinteren Rand des Corpus candicans beträgt nur wenig über I mm. Der Ab- stand der medialen Schläfenlappenränder beträgt im Bereich Medianschnitt durch das Mittel- Fig. 65. und Hinterhirn von Aepyprymnus. Doppelte Vergrösse- rung. Ce Corpus candicans, Cm unterer Rand der Commissura media, Co Conarium, (ga vorderer des Corpus candicans 5!/,—6 mm. Das freiliegende Stück des Hirnschenkels misst vom vorderen Ponsrand bis zum Schläfenlappenrand I!/, mm (in der Mitte der Hirnschenkel- breite und in der Richtung seiner medialen Kante gemessen). In der Seitenansicht fällt die sehr geringe Entwickelung des Fusses gegenüber der Haube auf. Einen Tractus peduncularis Vierhügel, Cqp hinterer Vierhügel, Ca Commissura anterior, Fa Fastigium anterius, Fp Fastigium poste- rius des Aquaeductventrikels, #V IV Fastigium des 4. Ventrikels, ! laterale Ausbuchtung des Aquaeduct- ventrikels, Po Pons, Ri Ramus impendens des Arbor vitae, Spp Substantia perforata postica, 7%o Thala- transversus habe ich makroskopisch nicht auffinden können. mus opticus, VYma Velum medullare anticum. 7) Aquaeductus Sylvii. Die Länge des Aquaeducts vom hinteren Vierhügelrand bis zum vorderen Rand der Commissura post. beträgt 8 mm. Auch hier kommt es zur Entwickelung eines wohl ausgebildeten Aquaeductventrikels. Die beistehende Fig. 65 giebt die Hauptmaasse wieder. Der sagittale Durchmesser beträgt 3?/), mm. Die höchste Höhe beträgt 2!/);, mm. Die seitliche Ausbuchtung der Wand im hinteren oberen Abschnitt des unter dem vorderen Vierhügel gelegenen Theils findet sich in ganz ähnlicher Weise wie bei Macropus. Im Bereich dieser Ausbuchtung besitzt der Aquaeductventrikel seine grösste Breite (fast 2 mm). e) Hinterhirn. ae) Kleinhirn. Die Form des Kleinhirns ähnelt der für Macropus beschriebenen in hohem Maasse. Eine Incisura mar- supialis und semilunaris ist nicht vorhanden. Die grösste Breite beträgt einschliesslich der Flocke ca. 25 mm, die grösste Länge (in sagittaler Richtung) 16 mm, die grösste Höhe 13—14 mm. Die Breite des Wurms 8o Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. so schwankt zwischen 7 und 9 mm. Fossa und Fovea paramediana sind ebenso wie bei Macropus entwickelt. Auch die Furchung bietet nur geringfügige Unterschiede Im Arbor vitae kann man dieselben 4 Aeste ohne Schwierigkeit unterscheiden. Der obere hintere Ast hat auch hier den so sehr charakteristischen, nach vorn überhängendem Verlauf. Ich bezeichne ihn daher auch als Ramus impendens (Ri; vergl. Fig. 65). Die Fossa lateralis und paralateralis verhalten sich ebenso wie bei Macropus Der frontale Abstand der ersteren von der Fossa paramediana beträgt 5-6 mm, der Abstand der Fossa lateralis von der Fossa para- lateralis 2'/;, mm. Der gezähnte Kern stellt auch hier eine ziemlich compacte, relativ kleine Masse dar. Einzelheiten sind im mikroskopischen Theil nachzulesen. pP) Pons Varoli. Die Brücke hat in der Medianlinie eine Breite von 5 mm. Der Angulus pontis liegt — in der Luft- linie gemessen — IO mm von dem wohl ausgeprägten Sulcus basilaris entfernt. Sehr charakteristisch ge- staltet sich der Ursprung des N. trigeminus. Sein Stamm misst nämlich im frontalen Durchmesser 23/,, im sagittalen reichlich 1ı mm. Sein vorderer Rand ist vom vorderen Brückenrand fast 3 mm entfernt. Hinter ihm bleibt nur ein schmales, ca. ®/, mm breites Bündel, welches durch die hervortretende unverhältniss- mässig mächtige Fasermasse des Trigeminus spinalwärts verworfen erscheint. Dadurch erfährt der hintere Brückenrand lateralwärts eine starke, spinalwärts gerichtete Ausbiegung. Dieselbe entspricht, wie der Augen- schein sofort lehrt, der lateralen welligen Ausbiegung der hinteren Pons- randes bei Macropus, welche oben beschrieben worden ist. Die mediale ist speciell bei Hypsiprymnus nur sehr schwach ausgesprochen. Sie kommt übrigens allen mir bekannten Mammaliern zu und hängt mit der Verkürzung des sagittalen Brückendurchmessers in der Medianlinie zusammen. Mit dem Fasciculus obliquus pontis hat das die laterale Ausbiegung bedingende Bündel wohl schwerlich etwas zu thun. — Eine Taenia pontis fehlt auf meinen Gehirnen. Fig. 66. Aepyprymnus. Basal- fläche der Brücke und des verlän- gerten Marks. Doppelte Vergrösse- rung. Av» Impression der Arteria vertebralis, Ct Corpus trapezoides (oberes Trapezfeld), Fl Flocke, Pe lateraler Rand des Hirnschenkels, Po Pons, Py Pyramide, Sb Sulcus basi- laris, Sma Sulcus medianus anterior, y) Fossa rhromboidea. Ventriculus quartus. Die Länge der Rautengrube in der Medianlinie beträgt ca. 12—13 mm, die grösste Breite fast 12 mm. Der vordere Theil der Rautengrube steigt sehr steil an (vergl. Fig. 65). Die Niveaudifferenz zwischen den Kuppen der hinteren Vierhügel und der Rautengrube beträgt 13 () mm. Verwach- Spla Sulcus paralateralis anterior, Der obere uTf unteres Trapezfeld. sungen mit dem. Velum medullare anticum fehlen durchaus. Kleinhirnschenkel (Bindearm) ist sehr mächtig. Der Strickkörper stellt sich ebenso dar wie bei Macropus. Striae acusticae sind makroskopisch an meinen Gehirnen nicht wahrzunehmen. Das Trigonum acusticum ist ziemlich fach. Im Frontaldurchmesser misst es fast 3 mm. Die Eminentia lentiformis (vergl. S. 67) ist sehr stark entwickelt. Ihre Niveauerhebung beträgt reichlich I mm. Der vordere Rand wird von dem aufsteigenden Bindearm begrenzt und erscheint daher concav ausgeschweift. Der frontale Durchmesser beträgt 4, der sagittale 2!/, mm. In dem vorderen steil ansteigenden Abschnitt der Rautengrube liegt unmittelbar neben dem Sulcus medianus fossae rhomboideae jederseits eine weitere Erhebung, welche nicht scharf abgegrenzt ist und an die Eminentia teres erinnert. Die Berechtigung; dieser Homologie wird sich aus der mikroskopischen Untersuchung ergeben. f) Nachhirn. Die untere Grenze vermag ich nicht sicher anzugeben. Wahrscheinlich liegt sie 10'/;, mm unter- halb des hinteren Ponsrandes, da hier das Medullarrohr eine stumpfwinklige Knickung (ca. 130°) aufweist. Sı Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. Sı Jede Pyramide hat bei ihrem Erscheinen am hinteren Ponsrand eine Breite von 2 mm. Allmählich ver- breitert sie sich bis auf 2°/, mm. Eine Decussatio pyramidum ist makroskopisch nicht erkennbar. Der Zusammenfluss der Aa. vertebrales zur A. basilaris liegt 5!/,—7 mm unterhalb des hinteren Pons- rande. Meist findet sich ein seichter Abdruck der Aa. vertebrales auf der Basalfläche. Das Corpus tra- pezoides ist sehr stark entwickelt. Seine Breite beträgt bis zu 4 mm; seitlich verschmälert es sich etwas. Der N. facialis und acusticus entspringen wie bei Macropus an seinem Seitenrand. Das untere Trapez- feld (vergl. S. 68) ist wiederum sehr deutlich ausgeprägt. Es ist ca. 5 mm breit, jedoch nicht so scharf abgegrenzt wie bei Macropus. Der dreieckige vertiefte Raum zwischen den beiden Trapezfeldern (Trigonum intertrapezicum) ist deutlich erkennbar. Auch die laterale Längsfurche neben dem Sulcus lateralis anterior (vergl. S. 68) fehlt nicht; sie ist allerdings sehr seicht. Sie ist als Sulcus paralateralis ant. bezeichnet. Die Wurzellinie des Hypoglossus entfernt sich entsprechend dem Sulcus lateralis anterior spinalwärts mehr und mehr von der Medianlinie. Die Ursprungslinie der seitlichen gemischten Nerven bietet nichts Besonderes. Der Austritt der obersten Bündel des I. Cervicalnerven erfolgt 1I0!/, mm unterhalb des hinteren Ponsrandes. Die Frontalebene'!) der Apertura canalis centralis liegt knapp 8 mm unterhalb des hinteren Ponsrandes. Die Gesammtbreite der Oblongata beträgt an ihrer oberen Grenzebene 18, an ihrer unteren 9 mm. Die Verjüngung ist also sehr erheblich. B. Rückenmark. Der Querschnitt des oberen Halsmarkes (im Bereich des 4. und 5. Segments) misst 6 mm im fron- talen, 5!/,;, mm im sagittalen Durchmesser. Die Länge des einzelnen Segments, d. h. des Abschnittes vom obersten Bündel einer Wurzel bis zum obersten der nächstfolgenden, variirt zwischen 3'/, und 4 mm. Von der 2. Cervicalwurzel ab sind die hinteren Wurzeln erheblich stärker als die vorderen. Weiter als bis zur 6. Cervicalwurzel incl. reichte das mir zur Verfügung stehende Material nicht. Der Abstand der vorderen Wurzellinie von dem übrigens wohl ausgeprägten Sulcus medianus anterior beträgt im 2. Cervicalsegment noch fast 3 mm, im 6. nur noch 2 mm. Der Abstand der hinteren Wurzellinie vom Septum medianum posterius sinkt auf derselben Strecke von 2'!/, auf I?/, mm. Der Querschnitt bietet dasselbe Bild, speciell denselben Aufbau aus weisser und grauer Substanz, wie ich ihn für Macropus angegeben habe. Näheres wird im mikroskopischen Abschnitt mitgetheilt. Literatur über das Hypsiprymnus-Gehirn. Trotz eingehender Nachforschung habe ich weder eine Abbildung noch eine vollständige oder theil- weise Beschreibung eines Gehirns aus der Gattung Hypsiprymnus in der Literatur gefunden. Nur 2 Abbil- dungen des Kleinhirns von Hypsiprymnus murinus liegen bei LEURET vor. Auf denselben ist wenigstens die Fossa paramediana und Fossa lateralis richtig dargestellt. Subfamilie 3. Hypsiprymnodontinae. Hierher gehört nur die Gattung Hypsiprymnodon. Das Gehirn ist noch völlig unbekannt. Familie 2. Phalangeridae. Subfamilie 1. Tarsipedinae. Hierher gehört die Gattung Tarsipes GERv., deren Gehirn leider noch ganz unbekannt ist. Auch mir stand kein Exemplar zur Verfügung. Es ist dies um so mehr zu bedauern, als aus systematischen Gründen der Vergleich mit dem Edentaten-Gehirn sehr interessant gewesen wäre. I) Senkrecht zur Axe des Medullarrohrs. Jenaische Denkschriften. VI. 11 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 82 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 82 Subfamilie 2. Phalangerinae. Hierher gehören die Gattungen Acrobates, Distoechurus, Dromicia, Gymnobelideus, Petaurus, Dactylopsila, Petauroides, Pseudochirus, Trichosurus und Phalanger. Mir standen nur Gehirne der Gattungen Petaurus und Pseudochirus !) zur Verfügung. I. Petaurus. Mir steht nur ein einziges ziemlich schlecht erhaltenes Gehirn von Petaurus sciureus DESM., zur Verfügung. Ich habe daher auf manche Einzeluntersuchung verzichten müssen. A. Gehirn. a) Allgemeine Form- und Maassverhältnisse. Auffällig ist zunächst die grosse Breite (fast 20 mm) bei relativ geringer Länge (ca. 22 mm). Die medialen Mantelkanten divergiren occipitalwärts sehr erheblich, doch kann ich nicht ausschliessen, dass diese Divergenz ein Kunstproduct der Härtung ist. Jedenfalls liegen die vorderen Vierhügel in voller Ausdehnung Fig. 67. Fig. 68. Fig. 69. Os Tho Tho' _ Cgm _ Sqm Cga Cqp Fig. 67. Petaurus seiureus. Laterale Convexität. Doppelte Vergrösserung. F'rhl Fissura rhinalis lateralis, DS Depression entsprechend der Lage der Fiss. Sylvii. Die übrigen Furchen sind Gefässfurchen. R% Rhinencephalon. Fig. 68. Petaurus sciureus. Hinterer Abschnitt der Medialfläche. Doppelte Vergrösserung. Cs Faserung der Commissura sup., Ad Fascia dentata, Fh Fissura hippocampi, /cga Impression des vorderen Vierhügels. Fig. 69. Zwischen- und Mittelhirn von Petaurus seiureus. Ansicht von oben. Die linke Grosshirnhemisphäre ist entfernt. Doppelte Vergrösserung. Bgp Brachium quadrigeminum posterius, 09m Corpus geniculatum mediale, Cqa, Cqp Corpus quadri- geminum ant. bezw. post., Cs Commissura superior, DS Depression entsprechend der Fiss. Sylvii, Sqm Sulcus quadrigeminus medianus, Tho Thalamus opticus, 70‘ das von der Faserung des Tractus opticus überzogene Gebiet des Thalamus opticus, 7 Habenula mit Ganglion, V, Schlitz des 3. Ventrikels. frei, und auch der Schlitz des 3. Ventrikels ist fast in voller Ausdehnung sichtbar. Die grösste Höhe be- trägt I2 mm. Das absolute Gewicht beträgt knapp 1,7 g. Die Härtung war erst in MÜLLER’scher Flüssigkeit und dann in Alkohol vorgenommen worden. Ueber das relative Hirngewicht vermag ich keine Angabe zu machen. b) Secundäres Vorderhirn oder Grosshirn. «e) Hirnmantel, Furchen und Windungen. Die Fissura rhinalis lateralis ist in typischer Weise entwickelt. Ihre Biegung ist sehr flach. Im Hinterhauptslappen steigt sie, auf der lateralen Con- vexität bleibend, parallel dem occipitalen Mantelrand ca. 4 mm im Bogen empor. Die Syrvr'sche Furche ist nur als eine leichte Depression angedeutet. Im Uebrigen weist die laterale Convexität nur Gefässfurchen auf. Von diesen scheinen 3 aus der SyLvr’schen Depression strahlenförmig hervorzugehen. Eine vierte entspricht ungefähr der Lage der Furche «. Die Fig. 67 ist leider im Frontaltheil unvollkommen, da das Gehirn hier zu sehr deformirt war. Immerhin vermag sie ein Bild der Gesammtform und des Verlaufs der Fissura rhinalis lateralis zu geben. — Auf der Medialfläche fällt zunächst eine breite Depression im oberen ı) Letztere waren zuerst als Trichosurus vulpecula var. typieus bestimmt worden. 83 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 83 Occeipitaltheil auf. Diese Depression entspricht der Wölbung des vorderen Vierhügels. Sie ist der seitliche Abdruck des letzteren. Die Fissura hippocampi zeigt ihren typischen Verlauf, nur verschwindet sie nicht soweit im Hilus der Hemisphäre wie bei Macropus oder Hypsiprymnus. 8) Commissuren des secundären Vorderhirns. Die vordere Commissur ist fast Zulkesmdie obere Commissur I!/, mm hoch. Der weitere Verlauf ist im Ganzen derselbe wie bei Macropus und Hypsi- prynmus. Entsprechend dem soeben hervorgehobenen Verlauf der Fissura hippocampi liegt die Fascia dentata erheblich freier als bei den seither betrachteten Marsupialiern, Vergl. Fig. 68. c) Primäres Vorderhirn oder Zwischenhirn. Der Schlitz des 3. Ventrikels vom hinteren Rand der Commissura superior bis zum vorderen der Commissura posterior misst 3 mm (Fig. 69). Die Habenula mit ihrem Ganglion erscheint jederseits als ein 1!/, mm breites, wurstförmiges Gebilde. Die Zirbelstiele sind sehr stark entwickelt. Der Sehhügel selbst erscheint relativ verkümmert. Seine grösste Breite beträgt unter Einrechnung der Habenula 4°/, mm. Seine mediale obere Kante misst etwas über 3 mm. Die Insertion des Tractus opticus ist fast rein lateral. Eine mediale Tractuswurzel vermag ich auch mit der Lupe nicht zu finden. An seiner Insertion ist der Tractus fast ı!/, mm breit. Wie bei Hypsiprymnus überzieht er den hinteren lateralen Abschnitt des Sehhügels mit einer dünnen Faserschicht. Das Tuber cinereum ist sehr mächtig. Sein frontaler Durchmesser beträgt 3'/,, sein sagittaler 3 mm. Der Isthmus zwischen den Medialrändern der beiden Temporallappen erscheint relativ breit, doch kann ich in diesem Punkt eine Deformirung meines Gehirns nicht ganz ausschliessen. Aeusserst schwach entwickelt sind die Corpora candicantia. Eine Medianfurche ist deutlich vorhanden. Auf einem 6 mm vor dem Occipitalpol gelegenen Frontalschnitt habe ich mich überzeugt, dass der Seitenventrikel in seinem Bau im Wesentlichen mit demjenigen der seither besprochenen Marsupialier über- einstimmt. Der obere Rand des Seitenhorns ist von der Rindenoberfläche 2'/, mm entfernt. Auf demselben Schnitt ist die Fissura rhinalis lateralis, wie ich nachträglich bemerken will, über 1 mm tief. Etwa ebenso tief erscheint auf diesem Schnitt die Fissura hippocampi. d) Mittelhirn. Der Abstand des hinteren Randes des Tuber cinereum vom vorderen Ponsrand beträgt knapp '/, mm. Von den Hirnschenkeln ist daher in der Basalansicht fast nichts sichtbar. Der vordere Vier- hügel misst 4°/), mm im sagittalen, 31/; mm im frontalen Durchmesser, ist also sehr stark entwickelt. Der hintere Vierhügel misst etwa ebenso viel im frontalen, dagegen nur I!/, mm im sagittalen Durchmesser. Der Sulcus quadrigeminus medianus ist scharf und tief zwischen den vorderen, seicht und flach zwischen den hinteren Vierhügeln. Vergl. Fig. 69. Der hintere Vierhügelarm ist reichlich 1 mm breit. Das Corpus geniculatum mediale springt scharf vor. Seine Durchmesser betragen fast genau I und 2 mm. Die Niveauerhebung der Kuppen der hinteren Vierhügel über den Rautenboden beträgt fast 5 mm. Auffällig ist eine oberflächliche Querfaserschicht, welche vor dem Pons den Hirnschenkel zu be- decken scheint. Ihre Bedeutung wird sich im mikroskopischen Theil ergeben. e) Hinterhirn. «) Kleinhirn. Leider war das Kleinhirn nicht unverletzt. Ich muss mich daher auf folgende An- gaben beschränken. Der dem Ramus impendens (d. h. dem hinteren oberen, aber nach vorn stark über- hängenden Ast) des Arbor vitae entsprechende Kleinhirnlappen ist sofort wiederzuerkennen. Seine vordere zungenförmige Spitze legt sich auf die hinteren Vierhügel auf. Diese sind daher in der Ansicht von oben völlig verdeckt und werden erst sichtbar, wenn man, wie in Fig. 69, den Lobus impendens beseitigt hat. Der u 84 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 84 unter dem Lobus impendens gelegene Lappen legt sich in die Ausschweifung, welche zwischen den hinteren Rändern der beiden Vierhügel bleibt. Ueber die übrigen Lappen des Kleinhirns wage ich aus den ange- gebenen äusseren Gründen kein Urtheil. Die Fossa paramediana ist jedenfalls ungewöhnlich breit. $) Pons Varoli. Der vordere Ponsrand ist in der Mittellinie ungewöhnlich tief eingekerbt. Der hintere Rand lässt beiderseits sehr deutlich die doppelte wellenförmige Ausbiegung erkennen. Die grösste (sagittale) Breite der Brücke beträgt 2!/, mm. Der Trigeminusursprung verhält sich wie bei Hypsiprymnus. y) Fossa rhomboidea. Ventriculus quartus. Die grösste (frontale) Breite der Rauten- grube beträgt 6 mm. Die Eminentia lentiformis ist sehr stark entwickelt. Ihre Form ähnelt der bei HAypsi- prymmus beschriebenen mehr als der von Macropus. f) Nachhirn. Jede Pyramide hat bei ihrem Erscheinen am hinteren Ponsrand eine frontale Breite von fast I mm. Ob es zu einer makroskopisch sichtbaren Decussation kommt, gestattet mein Stück nicht zu entscheiden. Das Corpus trapezoides (oberes Trapezfeld) hat am lateralen Rand der Pyramide eine sagittale Breite von I'/, mm. Eine seichte Querfurche der Pyramide, welche in der Fortsetzung des unteren Randes des Corpus trapezoides verläuft, zeigt, dass die Trapezfasern unter der Pyramide sich fortsetzen. Ein wohl abgegrenztes unteres Trapezfeld fehlt. Dagegen sieht man allenthalben — namentlich mit der Lupe — Querfaserbündel oberflächlich in schräger Richtung cerebro-lateralwärts über die Basalfläche hinziehen. Einzelne nur mit der Lupe wahrnehmbare Bündel lassen sich sogar über die Pyramiden hinweg verfolgen. Der unmittelbar an die Pyramide anstossende Theil des Corpus trapezoides erscheint etwas stärker vorgewölbt und täuscht soleine Eminentia olivaris vor. Die Nervenursprünge bieten nichts Besonderes. B. Rückenmark. Das mir zur Verfügung stehende Bruchstück reicht zu einer zuverlässigen Beschreibung nicht aus. Die Literatur über das Gehirn und Rückenmark von Petaurus beschränkt sich auf wenige ver- einzelte Notizen, welche ich in den Literaturbericht über Pseudochirus einflechten werde. II. Pseudochirus. Mir standen 9 vollständig erhaltene Gehirne von Pseudochirus peregrinus THuos. (= Phalangista cooki OGILB.) zur Verfügung. A. Gehirn. a) Allgemeine Form- und Maassverhältnisse. Ich beziehe mich bei den folgenden Angaben, soweit sie zahlenmässig sind, speciell auf 4 meiner Gehirne, da die 5 anderen wahrscheinlich jüngeren Thieren angehören. Die Gesammtform kann in der Ansicht von oben, wenn man von der Flocke absieht, wohl am besten mit einem Sechseck verglichen werden, wie aus der Figur 70 wohl ohne weiteres erhellt. Die Lobi olfactorii überragen den Frontalpol um 6—61/, mm. Die Gesammtlänge des Gehirns vom hintern Kleinhirnrand bis zum Frontalpol beträgt 35 mm; die grösste Breite fällt in eine etwa 13 mm hinter dem Frontalpol gelegene Ebene und beträgt 26 mm. Die grösste Höhe schwankt bis zu 20 mm hinauf. Die medialen Mantelränder laufen zunächst auf eine Strecke von I8 mm parallel und divergiren alsdann, erst unter spitzem, dann unter stumpfem Winkel. Das Kleinhirn und ein grosser Theil des Vierhügelgebietes liegen daher vollkommen frei. Die Apertura canalis centralis ist am hintern Kleinhirnrand eben sichtbar. Der Isthmus zwischen den medialen Schläppenlappen- rändern misst an der engsten Stelle 4-5 mm. 85 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 85 Das Durchschnittsgewicht der 4 anscheinend ausgewachsenen Gehirne beträgt 9 g. Die Härtung war in MÜrrer’scher Flüssigkeit und Alkohol vorgenommen worden. b) Secundäres Vorderhirn oder Grosshirn. ea) Hirnmantel, Furchen und Windungen. Wenn schon bei Macropus eine Beziehung vieler Furchen zu bestimmten Arterien kaum zu verkennen ist, so ist bei Pseudochirus eine solche Beziehung fast durchgängig gegeben. Es spricht sich dies unter Anderem namentlich auch darin aus, dass ein und dieselbe charakteristisch gelegene Furche auf dem einen Gehirn echte Furche, auf einem anderen Gefässfurche ist. Die Fissura rhinalis lateralis (vergl. Fig. 71 u. 72) hat den typischen Verlauf, d. h. sie beschreibt einen dop- pelten Bogen, einen vorderen flachen, welcher basalwärts concav ist, und einen hinteren stark gekrümmten, welcher basalwärts convex ist. Der Scheitel des vorderen Bogens ist durch ein fast geradliniges Verlaufsstück er- setzt. Dadurch ergeben sich im Bereich des vorderen Bogens zwei Knickungspunkte, welche auf der Figur mit m Fig- 70. Fig. 7I- Fi tar U Do / {e2 g. Tro Frhm To Fig. 70. Pseudochirus peregrinus. Ansicht des Gehirns von oben. Anderthalbfache Vergrösserung. Ueber die Bedeutung der griechischen Buchstaben ist der Text zu vergleichen. Cga, Cgp Corpp. quadrigemina antt. bezw. postt, Fl Flocculus, Fpm Fossa paramediana cerebelli, FS Fissura Sylvii. Fig. 71. Pseudochirus peregrinus. Seitenansicht. Anderthalbfache Vergrösserung. Ueber die Bedeutung der griechischen Buchstaben siehe den Text. Frhl Fiss. rhinalis lateralis, Frkm Fiss. rhinalis medialis, Zo Lobus olfactorius, Rh Rhinencephalon, 10 Tuberculum olfactorium, Tro Tractus olfactorius, m und » Knickungspunkte im Verlauf der Fiss. rhinalis lateralis (siehe Text), ES Fissura Sylvii. Fig. 72. Pseudochirus peregrinus. Basalfläche. Anderthalbfache Vergrösserung. Ce Corpus candicans, Cho Chiasma opticum, Ctr Corpus trapezoides (oberes Trapezfeld), Cr, erste vordere Cervicalwurzel, Fl Flocke, Frhl Fiss. rhinalis lateralis, Frhm Fiss. rhinalis medialis, Pc Pedunculus cerebri, Po Pons, Py Pyramide, Sb Sulcus basilaris, SSpp Sulcus medianus subst. perfor. post., Spa Substantia perforata antica, Sma Sulcus medianus ant., Te Tuber cinereum, 76 Tuberculum olfactorium, Lo Lobus olfac- torius, Tf unteres Trapezfeld, Tro Tractus olfactorius, Vr Ort der Vereinigung der beiden Arteriae vertebrales. und n bezeichnet sind. Die Arteria fossae Sylvii s. cerebri media zieht aus der Nische am vorderen Rand des Schläfenlappens (also am hinteren des Tuberculum olfactorium) quer über das Rhinencephalon, nachdem sie einen sehr constanten Ast in die laterale Grenzfurche des Tuberculum olfactorium (d. h. in die Fiss. rhinalis medialis) abgegeben hat. Meist zerfällt sie bereits während ihres Verlaufes über das Rhinencephalon in 3 Aeste (vergl. Fig. 71). Der hinterste dieser Aeste giebt eine Arterie in den hinteren Abschnitt der Fissura rhinalis lateralis ab. Dass in diesem hinteren Abschnitt oft auch in umgekehrter Richtung eine Vene verläuft, mag hier unberücksichtigt bleiben. 86 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. s6 Aus der Fissura rhinalis lateralis oder unmittelbar über ihr entspringen 3 strahlenförmig aufsteigende Furchen. Die vorderste entspringt im Punkte m. Fast stets reicht sie bis zur Fissura rhinalis lateralis. Stets enthält sie eine Arterie. In ihrem basalsten Abschnitt weicht sie von der Senkrechten stets etwas frontalwärts ab. Ihre Tiefe schwankt sehr. In der Regel ist sie basal etwas tiefer, wird dann seichter, ver- tieft sich wieder und endet sehr seicht ca. 2!/,—3 mm vom Mantelrand entfernt. Zuweilen ist sie erheblich kürzer. Während des grössten Theiles ihres Verlaufes ist sie nur Gefässfurche in dem früher erörterten Sinne. Die Rindenoberfläche vor und hinter ihr buckelt sich oft stark vor. Ueber die Homologie mit der Furche « der schon besprochenen Marsupialier ist kein Zweifel. Vor « liegt zuweilen noch eine weitere Furche, welche n entsprechen dürfte. Die zweite Furche entspringt etwa in der Mitte zwischen den Punkten m und n. Individuelle Ab- weichungen haben einen ziemlich weiten Spielraum, wie z. B. anch die Vergleichung der ziemlich un- symmetrisch gelegenen Furchen der rechten und linken Hemisphäre der Fig. 70 ergiebt. Sie reicht zuweilen nicht bis zur Fissura rhinalis lateralis. Stets enthält sie eine Arterie. Bemerkenswerther Weise ist sie durchweg keine echte Furche, sondern nur Gefässfurche. Trotzdem ist ihre Homologie mit der sog. Fig. 73. CaFhCs H Co N \ Fig. 73. Pseudochirus peregrinus. Medialfläche. Doppelte Vergrösserung. Ce Corpus candicans, Ca Commissura anterior, Cho Chiasma opticum, (o Conarium, Cs Commissura superior, Cga, Cgp Corpus quadrigeminum ant. bezw. post., Faa vorderes Ringbündel, #h Fissura hippocampi, Fa Fastigium ant., Pp Fa- stigium post. des Aquaeductventrikels, Frl, Frm Fissura rhinalis lateralis bezw. medialis, Zo Lobus olfactorius, Po Pons, H Habe- nula, Ri Ramus impendens arboris vitae, Spa Substantia perforata antica, 70 Tuberculum olfactorium, 7e Tuber cinereum, V, vierter Ventrikel. I | | N S Fissura Sylvii bezw. der Furche ı des Macropus-Gehirns nicht zu verkennen. Die definitive Auseinander- setzung über diesen Punkt verschiebe ich bis zu dem vergleichenden Schlussabschnitt. Die dritte Furche entspringt im Punkte n. Bald ist sie nur Gefässfurche, bald — bei ganz genau derselben Lage — echte Furche. In letzterem Fall reicht sie niemals ganz als solche d. h. als echte Furche bis zur F. rhinalis lateralis. Ihre Homologie mit $ ist augenscheinlich. Eine vierte Furche verläuft hinter #. Sie ist stets als echte Furche ausgebildet. Sie ist meist weniger als 3!/, mm lang. Sie verläuft der Furche F'S gewöhnlich parallel, convergirt also mit 8. Sie empfängt meist von hinten und unten ein kleines Gefäss. Doch ist die Beziehung zwischen Gefäss und Furche nicht eng. Oefters liegt nämlich auch das Gefäss etwas neben der Furche, und andererseits durch- zieht das Gefäss die Furche selten in ihrer ganzen Länge. Die Homologie mit d des Macropus-Gehirns liegt auf der Hand. Im medialen Mantelrand finden sich 2 stärkere Kerben. Vergl. Fig. 70. Die vordere Kerbe ist die viel seichtere. Vom Frontalpol ist sie ca. 7 mm entfernt. Oft findet man statt einer 2 Kerben. Stets enthält sie ein vom Mantelrand kommendes Gefäss. Niemals ist sie mehr als Gefässfurche. Nur erscheint der Mantelrand zugleich im Ganzen etwas eingebogen, wie Fig. 71 sehr deutlich zeigt. Sie liegt stets ungefähr in der Fortsetzung der Furche «. Eine ähnliche Kerbe findet sich zuweilen auch bei Macropus. Bei Hypsiprymnus entspricht ihr die Furche «. Ich habe daher hier auch die Bezeichnung «‘ gewählt. Eine nähere Beziehung zu « ausser der rein topographischen soll dadurch nicht ausgedrückt werden. Die hintere Kerbe liegt in der Fortsetzung der Furche v der Medialfläche. Letztere Furche reicht als echte Furche 87 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 87 nur knapp bis zum Mantelrand, setzt sich aber dann in einer Gefässfurche fort, welche bis auf die laterale Convexität reicht. Zugleich ist hier der ganze Mantelrand tief eingebogen. Fig. 71 giebt einen leichten Fall dieser Einbiegung wieder. Auf einer der von mir untersuchten Hemisphären ist die Einbiegung über I mm tief. Stets enthält sie auch eine etwas stärkere Durafalte. Die Gefässfurche bezeichne ich mit v. Aus ihr entspringt oft eine frontalwärts dem Mantelrand parallel verlaufende Depression v“, in welche der Hauptstamm des Gefässes der Furche v‘ übergeht. Ich will die Möglichkeit, dass sie der Furche A des Macropus-Gehirns entsprechen könnte, nicht bestreiten. Sehr constant ist endlich auch eine Depression, welche vom occipitalen Mantelrand sich mitunter fast bis zur Kerbe ı verfolgen lässt. Sie enthält ein von der Tentorialläche kommendes Gefäss. Sie erinnert an die Furche « des Macropus-Gehirns. Ich habe sie als ı' bezeichnet. Die Fissura rhinalis lateralis endet noch vor dem occipitalen Mantelrand, setzt sich jedoch oft in einer Gefässfurche fort, welche an die o-Furche von Macropus erinnert. Auf der Medialfläche ist die Fissura hippocampi 3-4 mm weit frei sichtbar. Eine Abwärts- krümmung ist frontalwärts kaum bemerkbar. Die Furchen o und r fehlen häufig ganz. Mitunter findet sich eine Depression, welche man sowohl als o wie als z ansprechen könntet). 3 m A Sehr stark ist, wie bereits erwähnt, die Furche v entwickelt. Sie ent- a; ä springt reichlich 3!/, mm vor dem Occipitalpol und 2 mm hinter dem 1 occipitalen Hilusrand etwas unterhalb einer durch die Mitte der vor- deren Commissur und den basalen Rand des Stirnlappens gelegten Horizontalebene und zieht fast geradlinig parietofrontalwärts. Hinter ihr befindet sich stets eine tiefere Nische, in welche die laterale Con- vexität des vorderen Vierhügels hineingepasst ist. Die Fissura rhinalis lateralis erscheint wie bei den seither betrachteten Aplacentaliern im Stirntheil der Medialfläche oberhalb des WM Lobus olfactorius und lässt sich occipitalwärts noch 3 mm über diesen Fig. 74. Pseudochirus peregrinus. Vor- derer Theil der Medialfläche. Doppelte directe Verbindung zwischen der Fissura hippocampi und der Fissura Vergrösserung. Bezeichnungen wie Fig.73. Dazu Apc Area praecommissuralis, Fd Fascia dentata, Gf Gefässfurche, Rpo Recessus stehende Figur wiedergiebt. Die Fissura rhinalis medialis er- praeopticus, Lt Lamina terminalis, Spa Sub- stantia perforata antica, 7 Temporallappen. hinaus als Gefässfurche verfolgen. Diese stellt öfters eine scheinbare rhinalis lateralis dar. So entsteht das merkwürdige Bild, welches die bei- scheint, da sich die laterale Wurzel des Tractus olfactorius in ihre Bucht hineinschmiegt, z. Th. verwischt. Sie bildet erst die laterale und dann die mediale Grenzfurche des Tuberculum olfactorium, um schliesslich als seichte Kerbe auf der Medialfläche zu endigen. Das Tuberculum olfactorium hat einen sagittalen Durchmesser von durchschnittlich 5 mm. Der frontale ist etwa ebenso gross. Die Höhe beträgt auf der Medialfläche ca. 8!/, mm. Gegen die Substantia perforata anterior zeigt es eine Niveauerhebung von ca. I mm. Ueber den Lobus olfactorius stehen mir nur wenige sichere Messungen zur Verfügung, da seine vordere Spitze und die untere Fläche an den meisten Exemplaren etwas lädirt war. Im Ganzen hat er die Form eines Ellipsoids, dessen lange Axe annähernd sagittal — mit leichter Abweichung auf- und lateralwärts — verläuft. Der hintere Theil erscheint leicht seitlich zusammengedrückt. Die obere Fläche erscheint entsprechend der Convexität des Stirntheils der Hemisphäre etwas eingebuchtet. Die lange (sagittale) Axe misst an einem intacten Exemplar II mm, die verticale 6, die frontale 5!/),. Die Area praecommissuralis verbreitert sich basalwärts bis auf 5 mm (ausschliesslich des vorderen Ringbündels). Fast stets zieht eine Gefässfurche aus der Fissura rhinalis medialis mitten über die Area praecommissuralis occipitoparietalwärts hinweg. Die Grenze gegen 1) Die Bezeichnung = auf Fig. 74 ist daher ziemlich willkürlich. 88 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 88 das Tuberculum olfactorium ist selten so deutlich wie auf Fig. 74. Die grösste Höhe der Area prae- commissuralis beträgt fast 6 mm. 8) Commissuren. Die Commissura ant. ist auf dem Medianschnitt fast genau elliptisch; der grössere verticale Durchmesser beträgt etwas über 3, der kleinere horizontale 2!/, mm. Der absolute Flächeninhalt beträgt sonach ziemlich genau 6 qmm, der relative !/,,.. Das hintere Ringbündel ist sehr schwach entwickelt, das vordere ist fast I?/, mm breit. Der directe Abstand zwischen dem unteren Rand der vorderen Commissur und dem vorderen oberen Rand des Chiasma opticum beläuft sich auf 2?/, mm. Die Commissura sup. erscheint auf dem Medianschnitt ebenfalls im Ganzen elliptisch. Nur wird durch das Einstrahlen der beiden Ringbündel die Ellipsenform gestört. Die grosse Axe der Ellipse verläuft schräg parietooccipitalwärts und misst 2'/, mm, die kleine knapp 2 mm. Ueber die weitere Ausbreitung der Fasermasse der Commissura anterior kann man sich makroskopisch an einem Horizontalschnitt orientiren, welchen man etwa in halber Höhe der Commissura ant. führt. Vergl. Fig. 75. Sie theilt sich in 2 Hörner, welche der sog. Pars olfactoria und Pars temporalis des Gehirns der Placentalier im Wesentlichen entsprechen. Das hintere (temporale) Horn ist auffällig mächtig. Es theilt den Linsenkern in 2 Abschnitte. Auch gewinnt man den Eindruck, dass aus dem Fig.V75. Fig. 76. Fig. 75. Horizontalschnitt durch das Gehirn von Pseudochirus peregrinus. Doppelte Vergrösserung. A Alveus, Ag Aquaeduct, Ag» Aquaeductventrikel, Bqp hinterer Vierhügelarm, 0a Commissura ant., Ca, ihr vorderes Horn, Ca, hinteres Horn, Ce Capsula externa, C(ym Corpus geniculatum mediale, C4p Corp. quadrigem. post., Oscp Kopf des Streifenhügels, Ose Schweif des Streifenhügels, Faa, Fap vorderes bezw. hinteres Ringbündel, Fd Fascia dentata, Fh Fissura hippocampi, Fi Fimbria, Frhl, Frhm Fiss. rhinalis lateralis bezw. medialis, 4 + Ste Habenula und Stria cornea (s. Text), Lo Lobus olfactorius, Na Nucleus alvei, N, u. N!, vorderer und hinterer Ab- schnitt des Linsenkerns geschieden durch das hintere Horn der vorderen Commissur, Ste Stria cornea, Sh Seitenhorn, 7%o Thalamus opticus, 7ro Tractus opticus, den Sehhügel überziehend, 7rol Tractus ol- factorius, V, dritter Ventrikel, Yh Vorderhorn, im untersten Theil eben noch getroffen. Fig. 76. Pseudochirus peregrinus. Frontal- 4 ‚Sh,“ f N 1 : v Bap Cop schnitt knapp I mm hinter dem vorderen Rand des Tuberculum olfactorium. Doppelte Vergrösserung. Fh Fiss. hippocampi, Frhl Fiss. rhinalis lateralis, Ne Kopf des Streifenhügels, Ni Spitze des Linsenkerns, RR Rhinencephalon, 70 Tuberculum olfactorium, Tro Tractus olfactorius, Vh Vorderhorn. Fig. 77. Pseudochirus peregrinus. Frontalschnitt durch die Mitte des Tuberculum olfactorium. Doppelte Vergrösserung. Bezeichnungen wie Fig. 76. hinteren Horn sich ein Bündel occipitalwärts in die innere Kapsel abzweigt. Die mikroskopische Unter- suchung wird die definitive Entscheidung liefern. Die graue Masse, welche sich dem hinteren Rand der vorderen Commissur anlagert, ist ein Theil des Streifenhügels. Wegen Raummangels ist er auf der Figur unbezeichnet geblieben. Daran schliesst sich medialwärts die zum zweiten Mal getroffene Stria cornea und die Habenula. Makroskopisch sind beide auf dem Schnitt kaum zu unterscheiden. Die Habenula liegt natürlich medialwärts von der Stria cornea. Auf der Fig. 75 sind beide gemeinschaftlich mit 4 Site bezeichnet. Die weitere Ausbreitung der Commissura superior wird am besten an successiven Frontalschnitten studirt. Solche sind in den Fig. 76-80 dargestellt. Auf dem Schnitt der Fig. 76 besteht die Auskleidung, der medialen Wand des Vorderhorns bereits im Wesentlichen aus Fasern der Commissura superior und kann daher bereits als Alveus bezeichnet werden. Der folgende Schnitt (Fig. 77) zeigt bereits Fasern, welche unterhalb der Area praecommissuralis zur 89 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 89 medialen Vorderwand ziehen. — In Fig. 78 ist die Commissura superior im Bereich ihres vordersten Drittels getroffen. Die Area praecommissuralis ist zur Fascia dentata geworden und zieht sich mehr und mehr in den Hemisphärenhilus hinein. Eine scharfe Abgrenzung zwischen Fascia dentata und Nucleus alvei ist auch mit der Loupe nicht zu finden. Die Commissura superior erscheint leicht grau. Es muss dies nicht auf Einlagerung grauer Substanz bezogen werden, sondern beruht darauf, dass die Commissura sup. nicht nur aus transversal verlaufenden, also im Schnitt längs getroffenen, sondern auch aus schräg, bezw. mehr oder weniger sagittal verlaufenden, also schief bezw. mehr oder weniger quer getroffenen Fasern besteht, welch letztere bekanntermaassen in gechromten Hirnpräparaten dunkler, d. h. der grauen Substanz ähnlicher erscheinen. Das vordere Ringbündel erscheint im Wesentlichen (nicht ausschliesslich) über, das hintere unter der Commissura sup. Aus dem vorderen Ringbündel sieht man ein starkes Bündel unmittelbar zum Alveus ziehen. Die Commissura anterior liegt unterhalb des vorderen Ringbündels. Unterhalb der Commissura anterior lässt sich von den Ringbündeln kaum etwas erkennen. Entsprechend der Krümmung des Seiten- horns beschreibt der Alveus bereits einen hakenförmigen Bogen. Auf dem vorigen Schnitt war von einem solchen noch nichts zu sehen. — Fig. 79 stellt einen Schnitt dar, welcher bereits hinter dem Querstück der Commissura superior liegt. Er entspricht etwa dem in Fig. 62 dargestellten Schnitt des Aepyprymnus Fig. 78. Fig. 79. Fig. 80. Fig. 78. Pseudochirus peregrinus. Frontalschnitt I mm vor dem hinteren Rand des Tuberculum olfactorium, durch das vordere Drittel der beiden Commissuren. Doppelte Vergrösserung. Ca Commissura anterior, Cs Commissura superior, Haupttheil, Faa, Fap vorderes bezw. hinteres Ringbündel, Spa mediale vordere Ecke der Substantia perforata anterior, Tro Rest des Tractus olfactorius eingelagert in die Fissura rhinalis medialis, Fd Fascia dentata, FS’ Gefässfurche, welche aus der Fiss. Sylvii entspringt. Die übrigen Bezeichnungen wie in Fig. 76. Fig. 79. Pseudochirus peregrinus. Frontalschnitt unmittelbar hinter dem vorderen Rand des Chiasma opticum. Doppelte Vergrösserung. Bezeichnungen wie Fig. 78. Cm Commissura media, H Habenula, V, idritter Ventrikel, Sire Stria cornea, (ho Chiasma opticum. Fig. 80. Pseudochirus peregrinus. Frontalschnitt durch die Mitte des Tuber cinereum. Doppelte Vergrösserung. A Alveus (Alveus-Antheil der Faserung der Commissura sup.), Ad Fascia dentata, Fh Fissura hippocampi, Fi Fimbria (Fimbria-Antheil der Commissura sup.), F%‘ Anheftung der Fimbria im Temporallappen, Frhl Fiss. rhinalis lateralis, Na Nucleus alvei, Need Schweif des Schweifkerns, Sf Sulcus fimbriae, Sh Seitenhorn, SvCm Cella media des Seitenventrikels, t Antheil der Commissura sup., welcher den medialen Theil des Nucleus alvei überzieht, Ur Unterhorn. Gehirns. Die Habenula ist gerade während ihres an der vorderen Sehhügelfläche absteigenden Verlaufs getroffen. Die Fasern der Commissura superior bedecken die Fascia dentata fast ganz. Letztere ist gegen den Nucleus alvei undeutlich abgegrenzt. Die Krümmung des Alveus erscheint erheblich flacher. Der kielartige untere Rand des freien Theils der Faserung der Commissura superior, d. h. also der Fimbria liegt in einer Rinne am lateralen Sehhügelrand, unmittelbar über der Stria cornea. — Der Schnitt der Fig. 80 ist vom Occipitalpol, d. h. vom occipitalsten Punkt des Gehirns 7!/, mm entfernt. Die Fimbria ist gerade in ihrem absteigenden Verlauf getroffen und zwar in voller Länge bis zu ihrer Anheftungsstelle auf der Hilusfläche des Schläfenlappens. Der absteigende Theil der Fascia dentata liegt hinter dem Schnitt. Die Fascia dentata ist also gerade an ihrer Umbiegungsstelle getroffen. Ein Antheil (f), welcher die mediale Fläche des Nucleus alvei bedeckt, schliesst sich medialwärts an. Die Furche zwischen Jenaische Denkschriften. VI. 12 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. IIL 90 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 90 diesem Antheil t und der Fascia dentata ist der Sulcus fimbrio dentatus. Wie bei allen Marsupialiern um- fasst die Faserung der Commissura superior gabelartig die graue Substanz des Nucleus alvei bis zur Fascia dentata. Der Alveus bildet die eine, der Antheil # die andere Zinke der Gabel. Der Spalt des Unterhorns liegt zwischen dem sehr stark entwickelten Schweif des Nucleus caudatus und der Fimbria. Der ab- steigende Schenkel der letzteren liegt in einer Breite von etwas über I mm unbedeckt frei, verschmälert sich jedoch basalwärts stark. Auf der dem Hilus zugekehrten Oberfläche der temporalwärts absteigenden Faserung der Commissura superior ist eine seichte Furche sichtbar, welche bis zum Temporallappen verfolgt werden kann. Diese Furche grenzt einen I!/, mm breiten hinteren, direct an die Fascia dentata grenzenden Streifen ab, welcher in Folge der abweichenden Richtung des Fasernlaufes und wohl auch in Folge des Durchschimmerns der grauen Substanz dunkler erscheint. Er liegt grösstentheils hinter der Ebene des Frontalschnitts der Fig. 80. An zwei Stellen (in Folge seines gebogenen Verlaufs) ist die Furche eine kurze Strecke sichtbar und als Sulcus fimbriae (Sf) bezeichnet. Wie sich aus der Figur ergiebt, lässt sich der durch den Sulcus fimbriae abgetrennte hintere Streifen als directe Fortsetzung des Antheils # der Faserung der Commissura superior betrachten. Der auf Fig. 8ı dargestellte Horizontalschnitt bedarf nach dem Ge- sagten keiner weiteren Erläuterung. Bemerkenswerth ist, dass — wenigstens für den makroskopischen Augenschein — die Fasern des vorderen Ring- bündels zum Theil die Area praecommissuralis durchbrechen. Die gab- lige Theilung der Fasermasse der Commissura superior ist auch auf dem Horizontalschnitt sehr deutlich. Eine scharfe Grenze zwischen Fascia dentata Fig. 81. Pseudochirus peregrinus. Horizontalschnitt. Doppelte Vergrös- serung. A Alveus, Ap Area prae- superior ist der Schnitt genau I mm entfernt. Die Liniendimensionen sind commissuralis, Oscp, Osed Kopf bezw. N B : s Seit ds Streifenhügels, m Clau. von denen der Figg. 76—80 etwas verschieden, da ein anderes Gehirn für trum, Cs Commissura sup., 7% Fiss. die Zeichnung benutzt wurde. hippocampi, Fa Fasciculus annularis anterior, #d Fascia dentata, H Habe- nula, N?! Nucleus lentiformis, Na Nu- cleus alvei, Sk Seitenhorn (hinterster E : N Absahatk), le en One, a) Dritter Ventrikel und Bodengebilde. Tro Tractus opticus, den lateralen Sehhügelpol überziehend, Yh Vorder- horn. stimmten Angaben. und Nucleus alvei fehlt auch hier. Vom oberen Rand der Commissura c) Zwischenhirn und Schweifkern. Dritter Ventrikel und Seitenventrikel. Ueber die Commissura media wage ich wiederum keine be- Das Chiasma opticum ist nicht besonders mächtig. Der Querschnitt des N. opticus erscheint fast kreisrund. Ein Tuberculum opticum (vergl. S. 77) ist angedeutet. Der Tractus opticus ist am medialen Hirnschenkelrand I'/, mm breit. Eine hintere Wurzel — zum Corpus geniculatum mediale — vermag ich nicht sicher zu erkennen. Dagegen spricht der makroskopische Augenschein für die Anwesenheit eines Bündels, welches sich aus dem Tractus opticus abzweigt und unterhalb und medialwärts vom Corpus geniculatum mediale sich eine kurze Strecke weit auf der lateralen Basalfläche des Hirnschenkels occipital- wärts verfolgen lässt. Die Insertion am Thalamus opticus ist wiederum fast rein lateral. Des Tuber cinereum misst im sagittalen Durchmesser etwas über 4, im frontalen etwas über 5 mm. Der Trichter ist wie bei Aepyprymnus ausgebildet. Das Corpus candicans ist wiederum zwei- theilig. Der sagittale Durchmesser beträgt 2,' der frontale 3'/, mm. Von der Seitenfläche eines jeden Corpus candicans lässt sich ein weisser Faserzug bis auf die laterale Oberfläche des Tuber cinereum ver- folgen. Ich bezeichne ihn als Crus corporis candicantis. Es findet sich z. B. sehr wohl ausgeprägt auch bei den Ungulaten. gI Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. gI 3) Thalamus opticus. Der Sehhügel überflügelt das Mittelhirn um kaum I mm. Der weisse Ueberzug des Tractus opticus nimmt über die Hälfte der oberen Fläche ein. Der grösste Frontaldurchmesser beträgt 8 mm, der Sagittal- durchmesser reichlich 5 mm. Die Habenula zeigt dieselbe mächtige Entwickelung wie bei Hypsiprymnus. Ihre grösste Breite beträgt etwas über 2 mm. Ein Corpus geniculatum laterale lässt sich makroskopisch nicht bestimmt abgrenzen. Vergl. Fig. 82. 7) Nucleus caudatus und lentiformis. Seitenventrikel. Die Configuration beider Ganglien ergiebt sich aus den Horizontal- und Frontalschnitten der Figg. 75-81. Die schräg-sagittale Länge des Nucleus caudatus beträgt ca. 14 mm. Auch die sagittale Ausdehnung des Linsenkerns ist sehr beträchtlich. Da er frontal und occipitalwärts spitz ausläuft, ist eine sichere Längenmessung makroskopisch nicht ausführbar. Auf einem Gehirn (vergl. Fig. 81) war ein Claustrum deutlich zu erkennen. Auch bezüglich der Bildung des Seitenventrikels geben die erwähnten Figuren genügende Auskunft. Die Spitze des Vorderhorns ist vom Frontalpol 3 mm entfernt. Auf Fig. 8ı erscheint die Ent- fernung grösser, weil das Vorderhorn nicht in der Ebene seiner grössten sagittalen Ausdehnung getroffen ist. Weiter als bei Aypsiprymnus krümmt sich das Vorderhorn lateralwärts um den Schweifkern herum). Das Seitenhorn wird erst occipitalwärts von einer durch die Mitte des Tuberculum olfactorium gelegten Ebene erkennbar, es erscheint daher erst auf Fig. 78. Mehrfach fand ich es partiell obliterirt. Der parie- talen Rindenoberfläche nähert es sich bis auf 2 mm, der Medialfläche kommt es noch etwas näher. Die Umbiegung der Cella media in das Unterhorn erfolgt 3 mm vor dem Oceipitalpol. Fig. 82. Zwischen- Vergrösserung. Bga vorderer, Bgp»hin- terer Vierhügelarm, Cgm Corpus geni- culatum mediale, Cga vorderer, Cgp hin- terer Vierhügel, Cs Commissura superior, H Habenula, Sqm Sulcus quadrigeminus Pseudochirus peregrinus. d) Mittelhirn. und Mittelhirn. Doppelte ce) Vierhügel. Der vordere Vierhügel misst im frontalen Durchmesser fast 4, im sagittalen etwas über 4 mm. Die hinteren Vierhügel sind — verglichen medianus, Sgt Sulcus quadrigeminus transversus, Tho! vom Tractus opticus nicht überzogener Theil der Thalamus- oberfläche, Tho, vertiefter, an die Habe- mit anderen Marsupialiern — sehr mächtig. Ihre Kuppe liegt ca. !/, mm über der Kuppe der vorderen Vierhügel. Der sagittale Durchmesser be- trägt fast 4 mm, der frontale kommt demjenigen der vorderen Vierhügel mindestens gleich. Der hintere Vierhügelarm ist an seiner schmalsten Stelle noch über 2 mm breit. Von einem Frenulum veli medullaris antici vermochte ich auf der hinteren Vierhügelfläche ebensowenig wie bei den seither besprochenen Marsupialiern etwas zu entdecken. Der Sulcus nula anstossender Theil der Thalamus- oberfläche (gleichfalls vom Tractus op- ticus nicht überzogen) 7ko, vom Tractus opticus überzogener Theil der Thala- musoberfläche, 7sp Trigonum subpineale, Y, dritter Ventrikel, Zp Zirbelpolster. quadrigeminus medianus ist auch in seinem hinteren Abschnitt (also zwischen den hinteren Vierhügeln) ungewöhnlich schmal und tief. 2!/, mm. zwischen Sehhügel und vorderem Vierhügel verfolgen. Die Durchmesser des Corpus geniculatum mediale betragen 4!/, bezw. Der Thalamusüberzug des Tractus opticus lässt sich schon mit blossem Auge in die Furche Er bildet hier den vorderen Vierhügelarm. Das Trigonum subpineale hebt sich durch dunklere Farbe sehr deutlich von ihm ab. 2) Hirnschenkel. Die Hirnschenkel liegen in grösserer Ausdehnung frei als bei Hypsiprymnus. Der Abstand des vorderen Ponsrandes vom hinteren Rand der Corpp. candicantia beträgt 2 mm (bei Aypsiprymnus nur ca. TI). 1) Diese Ausbiegung hat natürlich mit dem „Seitenhorn“ nichts zu thun. 12* 92 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 92 Der mediale Rand des Fusses lässt sich 3!/;, mm weit verfolgen. Der N. oculomotorius misst ®/, mm im Durchmesser. Sein hinterster Wurzelfaden ist vom vorderen Ponsrand I mm entfernt, Wie bei allen Mammaliern entspringt er aus dem Sulcus oculomotorius, also an der Grenze von Fuss und Haube. Die letztere liegt zwischen Sulcus oculomotorius und Crus corporis candicantis noch in einer Breite von I!/, mm frei, und auf dieser Strecke bemerkt man eine unter dem Crus corporis candicantis gleichsam vorquellende, halblinsengrosse Erhebung, welche ich als Tuberculum tegmenti bezeichne. Der mikroskopische Abschnitt wird ihre Bedeutung aufklären. Auf Fig. 72 ist sie rechts (d. h. auf der linken Hemisphäre) deutlich zu erkennen. Lateralwärts reicht sie fast bis zum Sulcus oculomotorius. Der Sulcus trigoni ist scharf und tief, reicht jedoch nicht bis zum vorderen Ponsrand, sondern endet fast unvermittelt 1!/, mm vor ihm. In dem Zwischenraum zwischen ihm und dem vorderen Ponsrand liegt eine flache graue Erhebung, das Gangl. interpedunculare. Auf Fig. 72 ist sie sofort zu erkennen. Eine Be- zeichnung ist unterlassen worden, um das Bild durch weitere Striche nicht zu verwirren. Einen Tractus peduncularis transversus habe ich nicht aufgefunden. Die Seitenansicht der Hirn- schenkel bietet nichts Besonderes. Eine sehr seichte Längsfurche ist auf dem hinteren Vierhügelarm zu er- kennen. Die hintere Vierhügelschleife hebt sich als ein über I!/, mm breiter Wulst auf der Seitenfläche der Haube ab. /) Aquaeductus Sylvii. Die Länge des Aquäducts beträgt fast 8 mm. Der Aquäductventrikel ist ganz ähnlich wie bei Aepyprymnus geformt. Die grösste Breite fällt in das Gebiet des vorderen Vierhügels und beträgt 1'/, mm. Beide Fastigien haben eine Höhe von LI°/, mm. e) Hinterhirn. «e) Kleinhirn. Die Uebereinstimmung mit Aepyprymnus ist ausserordentlich gross. Ich beschränke mich daher auf eine kurze Angabe der geringfügigen Unterschiede. Die grösste Breite beträgt einschliesslich der Flocke durchschnittlich 24 mm, die grösste Länge 14 mm, die grösste Höhe ıı mm. Die Breite des Wurms schwankt um 6 mm. Die Fossa paramediana ist an ihrem vorderen Ende 2 mm breit. Die Verästelungen des Arbor vitae decken sich fast genau Ast für Ast mit denjenigen von Aepyprymnus. Der Ramus impendens hat den typischen Verlauf. Der centrale Markkern des Arbor vitae ist in sagittaler Richtung etwas länger gestreckt als bei Aepyprymnus. Die Endigungen der secundären und tertiären Aeste erscheinen in eigenthümlicher Weise durchweg auffällig stärker kolbig verdickt als sonst. Ich lasse dahingestellt, ob es sich hierbei nicht lediglich um ein zufälliges Ergebniss der Härtung handelt. Das Velum medullare anticum ist durchscheinend dünn; daher hebt sich der quere Streifen des Trochlearis-Chiasma äusserst scharf ab. ß) Pons Varoli. Die sagittale Breite der Brücke beträgt in der Medianlinie knapp 3!/;s mm. Die mediale Ausbiegung des hinteren Randes ist sehr stark ausgeprägt. Die Breite der Brücke steigt hier auf 4 mm. Der Abstand des Angulus pontis vom Sulcus basilaris beträgt in der Luftlinie durchschnittlich 8 mm. Der Trigeminus- ursprung ist ganz an den hinteren Ponsrand verschoben. An einigen Gehirnen sieht man noch ein schwaches Querfaserbündel aus der Ponsformation austreten (vergl. Fig. 72) und den Trigeminus caudalwärts umziehen, an anderen habe ich auch mit der Loupe kein oberflächliches Ponsbündel hinter dem Trigeminusaustritt wahrnehmen können. Die Gesammtbreite des Trigeminus beträgt fast 3 mm. Mehrfach zweigt sich schon bei dem Austritt ein kleinerer Ast medial vom Hauptstamm ab. Da ich keine Gelegenheit hatte, die Hirnnerven bis zu ihren Schädellöchern zu verfolgen, wage ich nicht zu entscheiden, ob dieser mediale Ast 93 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 93 als Portio minor aufzufassen ist. Keinesfalls liegt er vor dem Hauptstamm. An einigen Gehirnen habe ich nur einen ungetheilten Stamm gefunden. An anderen schien sich ein schwächerer lateraler Ast ab- trennen zu lassen. Im mikroskopischen Theil komme ich auf diese Frage zurück. Eine Taenia pontis habe ich nirgends gefunden. 7) Fossa rhomboidea. Ventriculus quartus. Die Rautengrube ist auf Fig. 83 dargestellt. Oben schneidet die Figur genau mit der caudalen Oeffnung des Aquäducts ab. Unten reicht sie bis zum obersten Bündel der 2. hinteren Cervicalwurzel. Um alle Details deutlich wiederzugeben, habe ich dreifache Ver- grösserung gewählt. Das Velum medullare anticum ist zwischen den Bindearmen weggenommen, das Kleinhirn an den Stielen möglichst nahe dem Niveau der Rautengrube abgetragen worden. Bemerkens- werth ist zunächst, dass die Rautengrube bis zu der mit mn be- zeichneten, gestrichelten Linie der Bodenfläche der Oblongata parallel und etwa horizontal verläuft, vor der Linie mn aber steil zu den Ich will den vorderen ansteigenden Theil, da er ziemlich genau dem vom Velum hinteren Vierhügeln ansteigt. Vergl. auch Fig. 73. medullare anticum bedeckten Abschnitt entspricht, auch als Velum- Antheil bezeichnen. Die Grenze zwischen beiden Theilen ist oft so scharf, dass man geradezu von einer wirklichen Knickung Fig. 83. Pseudochirus peregrinus. Rauten- grube und Dorsalfläche des verlängerten Markes. Dreifache Vergrösserung. B BURDACH’scher Strang, BeBindearm, BpBrückenarm, Aam Ala alba medialis, Ace Alacinerea, Cr Querschnitt des Strickkörpers, OrmR medialer Rand des Strick- sprechen möchte. In dem entwickelungsgeschichtlichen Abschnitt komme ich auf die Bedeutung dieser Axenkrümmung zurück. Die Gesammtlänge der Rautengrube beträgt durchschnittlich II mm in der Luftlinie. Die Länge des Velumantheils beträgt etwas über 4 mm. Das Velum medullare anticum ist nirgends mit dem Rautenboden verwachsen. Die Niveaudifferenz zwischen der Linie mn und den Kuppen der hinteren Vierhügel beträgt 6!), mm. Der Sulcus medianus rhombi ist im Velumabschnitt und unmittelbar vor der Apertura canalis centralis am tiefsten. Die grösste Breite der Rautengrube, vom medialen Strick- körperrand der einen zu dem der anderen Seite gemessen, beträgt körpers, ClClava, El Eminentia lentiformis, F Fossa anterior rhombi, @ GoLL’scher Strang, Po Streifen grauer Substanz, aus welcher der Ponticulus entspringt, Smr Sulcus medianus rhombi, Spmr Sulcus paramedianus rhombi, S!p Sulcus lateralis posterior, Spmp Sulcus paramedianus posterior, 7a Trigonum acusti- cum, 7ei Tuberculum cinereum, Tex Tuber- culum cuneatum, «7f Fasern des unteren Tra- pezfeldes. Ueber die Bedeutung der Linie mr ist der Text zu vergleichen. ch, zweite hin- tere Cervicalwurzel, WsgS Wurzellinie des seitl. gemischten Systems. reichlich 7 mm. Striae acusticae fehlen auf dem Rautenboden selbst vollständig. Der hinter der Rautenbreite gelegene Abschnitt erscheint relativ kurz. Die Strickkörper divergiren zunächst in einem Winkel von 80 °, weiterhin nimmt der Divergenzwinkel bis auf 1IOo ® zu. An den medialen Strickkörperrand schliesst sich zunächst ein dünner, schmaler, grauer Streifen an, welcher sich cerebralwärts Ich habe ihn daher mit Po bezeichnet. Auf den Strickkörper setzt Eine Clava ist nur angedeutet. in den Ponticulus (Ligula) fortsetzt. sich die Scheidung der Hinterstränge nur noch eine kurze Strecke fort. Die maximale Breite des GoLL’schen Stranges beträgt nur I mm. Die Trennungsfurche des Gorr’schen und Burpach’schen Stranges (Sulcus paramedianus posterior) lässt sich cerebralwärts kaum über die Frontalebene der Apertura canalis centralis hinaus verfolgen. Das Tuberculum cuneatum ist sehr stark entwickelt. Seine grösste Breite beträgt 2°/, mm. Gegen das Tuberculum cinereum, unter welchem die spinale Quintus- wurzel liegt, ist es durch eine geschweift verlaufende Furche geschieden. Ich habe sie als Sulcus lateralis posterior bezeichnet, da sie etwa (s. u.) in der Flucht der hinteren Wurzellinie liegt; allerdings lässt sie 94 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 94 sich oft kaum bis zur ersten rudimentären hinteren Cervicalwurzel, niemals bis zur 2. verfolgen). Sie convergirt spinalwärts mit der Wurzellinie des seitlichen gemischten Systems. Cerebralwärts reicht der Sulcus lateralis posterior meist etwas weiter als der Sulcus paramedianus posterior. In der Gegend der Rautenbreite lagert sich dem medialen Strickkörperrand das Trigonum acusticum an. Dies erhebt sich über den übrigen Rautenboden fast I mm. Seine grösste Breite beträgt 2!/, mm. Die Eminentia lentiformis (Tuberculum acusticum) springt sehr stark vor und ist sehr scharf abgegrenzt. Die Niveau- erhebung beträgtüber 1'/,mm. Derlängere Durchmesser verläuft vom lateralen Strickkörperrand cerebral- und medialwärts. Er misst fast 3'/, mm. Der kürzere misst knapp 2 mm. Individuelle Variationen sind übrigens ziemlich häufig. Dem Strickkörper liegt die Eminentia lentiformis auf. An ihrem lateralen vorderen Rand biegt sich der Strickkörper aufwärts, um in das Kleinhirn einzutreten. Er grenzt hier unmittelbar an den Bindearm, welcher gleichfalls an den lateralen vorderen Rand der Eminentia lentiformis stösst. Am Seiten- rand des Strickkörpers bemerkt man unmittelbar unterhalb der Eminentia lentiformis zahlreiche schräg ver- laufende Fasern in einer Breite von über 2 mm. Sie lassen sich bis in das untere Trapezfeld der Vorder- fläche der Oblongata verfolgen. Cerebral- und dorsalwärts verschwinden sie für die makroskopische Betrachtung sämmtlich am hinteren lateralen Pol der Eminentia lentiformis. Das tiefliegende Gebiet der Rautengrube zwischen den beiden Trigona acustica lässt eine deutliche Längsfurche erkennen, welche ich als Sulcus paramedianus rhombi bezeichne. Ihr Abstand vom Sulcus medianus rhombi beträgt etwas über !/, mm. Jenseits der Eminentia lentiformis weicht sie lateralwärts ab und wird rasch undeutlich. Im hinteren Abschnitt der Rautengrube trennt sie einen schmalen weissen Streifen, welcher dem Sulcus medianus anliegt, von einem breiten grauen, welcher dem Trigonum acusticum anliegt, ziemlich scharf ab. Ich habe daher die Bezeichnung Ala alba medialis und Ala cinerea gewählt, will damit jedoch in keiner Weise dem Ergebniss der mikroskopischen Untersuchung präjudieiren. Die Ala cinerea ist etwa ?/, mm breit. Die Grenzfurche zwischen Ala cinerea und Trigonum acusticum be- zeichne ich auch als Sulcus lateralis rhombi Unmittelbar hinter der Linie mn ist der Rautenboden etwas stärker vertieft. Es entspricht dies einer leichten Vorwölbung des Kleinhirnwurms. Diese Vertiefung ist nahe der Mittellinie am erheblichsten. Ich habe sie — wiederum ohne jedes Präjudiz — als Fossa anterior bezeichnet. Lateralwärts wird die Fossa anterior durch eine Furche begrenzt, welche den medialen Rand des Trigonum acusticum, also den Sulcus lateralis fortzusetzen scheint. Thatsächlich liegt dieser lateralwärts von der lateralen Grenzfurche der Fossa ant. Vergl. Fig. 83. Zwischen der Fossa anterior und dem Sulcus lateralis ist meist eine Erhebung zu erkennen, welche ich als Eminentia anterior bezeichne. Jenseits der Linie mn verschmälert sich die Rautengrube ziemlich rasch, doch hat sie am Eingang zum Aquäduct noch immer eine Breite von 3'/, mm. Der Boden zeigt hier keine schärfere Reliefzeichnung. Nur sehr undeutlich heben sich zwei flache Erhebungen ab. Auf Fig. 83 sind sie durch Schattirung an- gedeutet, aber nicht bezeichnet. Die Lagerung der 3 Kleinhirnstiele erhellt aus der Figur, weicht übrigens auch von der für Macropus angegebenen nur unerheblich ab. Bemerkenswerth ist, wie wenig weit der Brückenarm nacn hinten den Strickkörper umgreift. Auch liegt der Brückenarm der Haube und dem Bindearm nur ganz lose auf. Der aufsteigende Abschnitt des Strickkörpers erscheint zwischen Eminentia lentiformis, Bindearm und Brückenarm eingekeilt. I) Die Berechtigung der Bezeichnung liegt namentlich darin, dass die hinteren Cervicalwurzeln am medialen Rand der Substantia Rolandi bezw. des Tuberculum cinereum eindringen. 95 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 95 f) Nachhirn. Die untere Grenzbestimmung und damit auch die Längenmessung: ist aus den oft erörterten Gründen nicht ganz sicher. Betrachte ich die obersten Bündel der ersten vorderen Cervicalwurzel und die damit ungefähr zusammenfallende Scheitellinie der sog. Nackenkrümmung als Grenze, so ergiebt sich eine Längen- ausdehnung von wenig über IO mm. Der Breitendurchmesser der oberen Grenzebene beträgt II, derjenige der unteren 6'!/), mm. Der hintere Ponsrand liegt fast 2 mm vor dem vorderen Rand der Eminentia lenti- formis, ist also stark cerebralwärts verschoben. Die Ebene der Apertura canalis centralis liegt 7!/;, mm hinter der Ebene des hinteren Ponsrandes. Der offene Abschnitt des Nachhirns ist also viel grösser als der bedeckte. Der Zusammenfluss der Aa. vertebrales liegt reichlich 5s mm hinter dem hinteren Ponsrand. Jede Pyramide ist bei ihrem Erscheinen am hinteren Ponsrand (vergl. Fig. 72) 1?2/, mm breit. Ein Foramen coecum posterius ist sehr deutlich. Der Sulcus medianus anterior verbreitert sich ponswärts bis auf fast !/, mm. In seinem Grunde erkennt man mit der Lupe einzelne Querbündel. Der Sulcus lateralis anterior, die laterale Grenzfurche der Pyramide, ist sehr scharf. Spinalwärts wird er allmählich seichter und entfernt sich mehr und mehr von der Medianlinie. In der Höhe des obersten Bündels der ersten vorderen Cervicalwurzel beträgt der Abstand vom Sulcus medianus anterior bereits fast 2'/, mm. An die Stelle des Sulcus lateralis anterior tritt hier die vordere Wurzellinie. Die Pyramidenfasern bedecken die ganze Fläche zwischen Sulcus med. ant. und Sulcus lat. ant. nur bis zu einer 7—8 mm vom hinteren Ponsrand entfernten Frontalebene. Spinalwärts von dieser deckt die Pyramidenfaserung, obwohl sie sogar zunächst sich unter gleichzeitiger Abflachung etwas verbreitert (bis auf 2 mm), nicht mehr die volle Breite des Vorderstrangs. Es erscheint daher am lateralen Rand der Pyramide das Vorderstranggrundbündel und event. auch die Pyramidenvorderstrangbahn. Weiterhin kommt es zu einer echten Decussatio pyramidum. Der laterale Rand der Pyramide wendet sich medialwärts und lässt sich bis zum Sulcus medianus anterior verfolgen. ıI mm hinter dem hinteren Ponsrand senkt er sich in diesen ein: oberhalb dieses Punktes ist auf eine kurze Strecke der Sulcus medianus anterior sehr seicht. Einzelne Decussationsbündel lassen sich nicht er- kennen, vielmehr füllen die kreuzenden Fasern en masse den Grund der Furche aus. Auf der Oberfläche der Pyramide ist übrigens stets auch ein seichter Abdruck der A. vertebralis zu erkennen. Vergl. Fig. 72. Das Corpus trapezoides (oberes Trapezfeld) ist in einer zwischen Trigeminus und lateralem Pyramidenrand gelegenen Sagittalebene fast 4 mm breit (= sagittaler Durchmesser) und springt stark vor. Namentlich in seinem medialen Theil erscheint es geradezu vorgewölbt. Die Ursache dieser Vorwölbung ergiebt sich bei der mikroskopischen Untersuchung. Das untere Trapezfeld ist gleichfalls sehr gut entwickelt und recht scharf abgegrenzt. Der dreieckige Raum zwischen den beiden Trapezfeldern, das Trigonum intertrapezicum, hebt sich daher scharf ab und erscheint leicht eingesunken. Auf der Fig. 72 ist die Bezeichnung wegen Raummangels weggeblieben. !/, mm lateralwärts vom Sulcus lateralis anterior liegt noch eine seichte Furche, welche spinalwärts sich von dem S. lat. ant. weiter entfernt und bald ver- liert. Auf der Figur ist sie gleichfalls angegeben (ohne Bezeichnung). Endlich findet sich 21/, mm seitlich vom Sulcus lateralis anterior eine längsverlaufende Depression, welche dem Sulcus paralateralis ant. von Macropus entspricht. Sie lässt sich noch über das Corpus trapezoides bis zum medialen Trigeminus- rand verfolgen. Spinalwärts wird sie schon im Bereich des unteren Trapezfeldes undeutlich und fliesst, mehr und mehr lateralwärts abweichend, mit der Wurzellinie des seitlichen gemischten Systems zusammen. Auf der Figur ist sie durch eine schwache Schattirung angedeutet; auf dem in Fig. 72 dargestellten Gehirn ist sie besonders schwach entwickelt. Die Wurzellinie des seitlichen gemischten Systems hat ihren gewöhnlichen Verlauf. Sie durchsetzt das untere Trapezfeld nahe dem lateralen Rand der Ventralfläche. Etwa in der Höhe des 96 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 96 unteren Grenzpunktes der Decussatio pyramidum verschwindet sie von der Ventralfläche und erscheint auf der Dorsalfläche, wo sie sich der hinteren Wurzellinie mehr und mehr nähert. Vergl. Fig. 72 mit Fig. 83. Der Acusticus- und Facialis-Ursprung nehmen fast die ganze Breite des Corpus trapezoides ein. An einem Gehirn glaube ich mit Bestimmtheit einen N. intermedius constatirt zu haben. Der Abducens entspringt reichlich 1 mm hinter dem hinteren Ponsrand. Der proximalste Hypoglossus-Faden tritt 6—7 mm hinter dem hinteren Ponsrand aus. Meist kann man 4-6 obere und 2—3 untere Wurzelfäden zählen. Die Dorsalfläche ist oben (p. 93), soweit sie dem offenen Abschnitt des Nachhirns angehört, bereits ausreichend beschrieben werden. Vergl. Fig. 83. Im geschlossenen Abschnitt fällt vor allem der unpaare Gorr’sche Strang auf. In der Medianlinie ist auch von einer Nahtlinie (Septum medianum posterius) nichts zu bemerken. Seltsamer Weise ist der unpaare Gorr'sche Strang unmittelbar unterhalb der Apertura can. centr. am schmalsten (ca. '/, mm). In der Höhe der ersten Cervicalwurzel ist er bereits etwas breiter (ca. 2/,;, mm). Der Sulcus paramedianus post. setzt sich continuirlich auf das Rückenmark fort. Der Sulcus lateralis posterior med. oblong. läuft, wie oben bereits erwähnt, in der Gegend der ı. Cervicalwurzel seicht aus. Die hintere Wuızellinie setzt !/, mm seitlich vom Sulcus lateralis posterior ein. Sie ist vom Sulcus paramedianus post. knapp I!/, mm entfernt. Die Oberfläche des Rückenmarks medialwärts von der hinteren Wurzellinie ist weiss, lateralwärts — entsprechend der Substantia Rolandi — mehr grau. Diese Grenzlinie der Färbung setzt sich auf die Oblongata fort. Hier ist also ein schmaler (ca. '/, mm) Streifen lateralwärts vom Sulcus lateralis post. noch weiss gefärbt. Dieser weisse Streif lässt sich noch über das ganze Tuber- culum cinereum verfolgen. Er wird hier sogar noch etwas breiter, ist allerdings nicht mehr rein weiss. Die erste hintere Cervicalwurzel finde ich auf allen meinen Gehirnen sehr schwach entwickelt. B. Rückenmark. Die folgenden Angaben beziehen sich auf das mir allein zur Verfügung stehende Cervicalmark. Der Frontaldurchmesser desselben beträgt fast 6, der Sagittaldurchmesser fast 5 mm. In der Halsanschwellung wächst der erstere bis auf fast 7 mm. Der Accessorius reicht mindestens bis zur 4. hinteren Cervicalwurzel. Die vordere Längsfurche ist nur I!/, mm tief. Die Configuration des Querschnitts bietet keine Besonder- heiten. Genauere Angaben werden im mikroskopischen Theil erfolgen. Die vorderen und hinteren Wurzeln folgen fast ohne Abstand auf einander. Das Wurzelgebiet jeder einzelnen ist im oberen Cervical- mark 4-5 mm lang. Der Abstand der hinteren Wurzeln von der Medianlinie beträgt ca. I!/,, derjenige der vorderen 2 mm. Literatur über das Gehirn von Pseudochirus (Phalangista). Hirnfurchung. Eine Abbildung der Hirnoberfläche von Phalangista vulpina DEsm. = Trichosurus vulpecula, var. typicus THos.) finde ich nur bei TURNER !). Diese Species ist, wenn sie auch neuerdings einer anderen Gattung (Trichosurus) zugetheilt wird, doch nahe genug mit Pseudochirus peregrinus = Phalangista cooki OGILB.) verwandt, um vergleichsweise herangezogen zu werden. Die Angaben Turner’s im Text sind folgende. Er giebt an: „a shallow Sylvian fossa bounds the lobus hippocampi anteriorly“. Auf der Figur stellt sich dieselbe nur als leichte Einbuchtung des unteren Randes des Rhinencephalon dar und ist mit V bezeichnet. Sie ist identisch mit der von mir hinter dem Tuberculum olfactorium beschriebenen Mulde. Die Furchen «, F'S, # und d sind TURNER entgangen. Hingegen verzeichnet er 2 leichte Einkerbungen (slight I) Convolutions of the brain, Sep. Abdr., p, 17, Fig. 10. 97 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 97 indentations) am medialen Mantelrand, deren hintere bis auf die Tentoriumfläche der Hemisphäre reichen soll. Sie entsprechen den von mir als «‘ und v‘ (vergl. Fig. 71) bezeichneten Furchen. Die Fortsetzung der hinteren auf der Tentoriumfläche entspricht der Furche v. Endlich spricht TURNER von einer „faint indication of a splenial fissure above the rudimentary corpus callosum“. Hiermit ist offenbar die von mir angegebene leichte Depression, welche theils o, theils x entspricht, gemeint. — Owen!) führt die „Phalangers“ und „Petaurists‘ nur kurz als „unconvoluted“ an. M. WEBER giebt das Gehirngewicht von Trichosurus vul- pecula KERR 2 für 2 Exemplare auf 10,6 bezw. II,4 g an. Das Körpergewicht betrug 1724 bezw. 1256 g, die Körperlänge beider Exemplare 44 cm. Commissuren. In dem litterarischen Streit über die Commissuren ist Phalangista kaum erwähnt worden. Nach einer Bemerkung bei ELLıoT SMITH?) scheint dieser Autor gerade bei Phalangista die Fascia dentata fast ganz verdeckt durch ein „pallial operculum“ gefunden zu haben. Jedenfalls ist diese Angabe nur in beschränktem Maass zutreffend, insofern nämlich die Fascia dentata auf die Hilusfläche verschoben ist. An einer anderen Stelle?) führt er im Gegensatz zu Echidna, Macropus und Aepyprymnus, welche er als makrosmatisch bezeichnet, Phalangista, Petaurus, Phascolarctos und Ornithorhynchus als relativ mikrosmatisch an. Ich weiss bei der Dehnbarkeit des Ausdrucks relatively nicht sicher, ob hier ein Druckfehler vorliegt. Jedenfalls ist die Angabe in der Anmerkung „All monotremes and marsupials are macrosmatic“ die richtige. p- 187 heisst es: „It (nämlich das Tuberculum olfactorium) is flat and insignificant in Petaurus and Pha- langista, corresponding to their smaller olfactory apparatus.“ Nach meinen Untersuchungen kann ich dem nicht beistimmen. Eine kurze Bemerkung *) über Phalangista (Trichosurus vulpecula) in einer Arbeit aus dem Jahre 1894 — „a bundle of anterior commissure fibres proceeds to the cortex via the internal capsule, in addition to the external capsule“ — hält ELLIOT SMITH, wie ich einer schriftlichen Mittheilung entnehme, jetzt selbst nicht mehr für richtig. Ueber andere Hirnabschnitte fehlen Angaben in der Literatur noch ganz. Nur OwEn erwähnt kurz das Vorhandensein einer Flocke bei den „Phalangers‘“ °). Subfamilie 3. Phaseolaretinae. III. Phascolarctus cinereus GoLDor. (= Phascolarctus koala GRAY 1827). Fünf in MÜLLer’scher Flüssigkeit vorgehärtete und in Alkohol nachgehärtete Gehirne standen mir zur Verfügung. A. Gehirn. a) Allgemeine Form- und Maassverhältnisse. Die Gesammtform erscheint abgerundeter als z. B. bei Pseudochirus. Man könnte sie — bei Be- trachtung, von oben — eher mit einem Ellipsoid als mit einem Sechseck vergleichen. Die Riechlappen waren nicht gut erhalten. Ich kann daher nur angeben, dass sie den Frontalpol um mindestens 5 mm über- ragen. Die Gesammtlänge — vom hinteren Kleinhirnpol bis zum Frontalpol — beträgt im Mittel 4,7 cm, die grösste Breite 3,5 mm, die grösste Höhe 2,5 cm. Der Frontalpol ist stark abgestumpft. Die medialen ı) Anatomy of Vertebrates, Vol. III, p. 104. 2) Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 165. 3) Ibid., p. 163. 4) A preliminary communication upon the cerebral commissures of the Mammalia etc. Proc. Linn. Soc. New South Wales, Vol. XXXI, 1894, p. 647- 5) Anat. of Vert,, Vol. III, p. 90. Jenaische Denkschriften VI. 13 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. IIL 98 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 98 Mantelränder laufen zunächst 2,8 mm mit einander parallel und divergiren dann oceipitalwärts in einem Winkel von 70-80°. Die vorderen Vierhügel liegen daher bis auf einen schmalen seitlichen Sector völlig frei. Dasselbe gilt von der Epiphyse. Die parietale Spitze der letzteren liegt vorn von der Oberfläche der Convexität kaum 4 mm entfernt. Die Apertura canalis centralis liegt I mm hinter dem hinteren Klein- hirnrand. Der basale Isthmus ist 5—7 mm breit. Das Durchschnittsgewicht beträgt 17 g (3 Gehirne). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Lobus olfactorius, wie erwähnt, stark verstümmelt war. Zu vorstehenden Messungen wurden nur 3 Gehirne verwandt, da eins schon vor der Messung in toto in Celloidin eingebettet worden war und ein fünftes offenbar einem nicht ausgewachsenen Thier angehört. b) Secundäres Vorderhirn oder Grosshirn. «) Hirnmantel. Furchen und Windungen. Die Beziehung der Furchen, auch derjenigen, welche die Rinde wirklich einstülpen, zu arteriellen Gefässen ist ebenso unverkennbar wie bei Pseudochirus. Namentlich findet man auch bei Phascolarctus, dass topographisch völlig übereinstimmende, dieselbe Arterie beherbergende Furchen auf der einen Hemisphäre echte Furchen, auf der anderen nur Gefässfurchen darstellen. Die Fissura rhinalis lateralis verläuft ähnlich wie bei Pseudochirus. Nur ist die temporale Aus- biegung etwas stärker. Sie endet wie bei Pseudochirus auf der occipital- und basalwärts schauenden Fläche des Schläfenlappens. Das letzte Stück ist auf einigen Hemisphären sehr seicht. Sehr übersichtlich ist der Verlauf der Furche im Frontaltheil. Bei Phascolaretus ist nämlich die obere Fläche des Lobus olfactorius Fig. 84. Fig. 84. Basalfläche des Gehirns von __ Frhla’ Fa Prhm ---- Phascolaretus einereus. Ansicht von links- unten-vorn. Doppelte Vergrösserung. Fo Facies olfdctoria, Frhla, Frhlp Fiss. rhinalis lateralis ant. bezw. post., Frhla‘ unter dem Riechlappen versteckter Abschnitt der Fiss. rhin. lat. ant., Prkm Fiss. rhinalis medialis, ES Fiss. Sylvii, Lo Lobus olfactorius, 7o Tu- berculum olfactorium, Trh Tuber rhinence- phali, 7r0 Tractus opticus, Vlo Ventriculus lobi olfactorii. Fig. 85. Laterale Convexität des Ge- hirns von Phascolaretus einereus. Andert- halbfache Vergrösserung. Ueber die Be- deutung der griechischen Buchstaben vergl. den Text. Gefässfurchen sind gestrichelt wiedergegeben. Frhl Fissura rhinalis late- ralis, Zo Lobus olfactorius, #'SFiss. Sylvii, R% Rhinencephalon, 70 Tuberculum olfactorium. ro --—— Frhlp mit der Basalfläche des Stirnlappens nur in besonders geringem Umfang verwachsen. Es kommt dadurch eine Rindenfläche zum Vorschein, welche ich, um nichts zu präjudiciren, als Facies olfactoria bezeichnet habe. Sie gehört der Basalfläche des Stirnlappens an und bildet die obere Lippe der Fiss. rhinalis lateralis. In der Längsrichtung misst sie ca. 5 mm. Ihre hintere Grenzlinie entspricht der Linie, in welcher das Pallium mit dem Rhinencephalon verwächst, oder, was dasselbe ist, der Abschnürungsfurche des Rhin- encephalon. Die Facies olfactoria gehört sonach zum Pallium. Es leuchtet dies sofort ein, wenn man sich das Rhinencephalon stetig verkleinert und schliesslich verschwunden denkt. Die Furche, welche das Rhin- encephalon von der Facies olfactoria trennt, ist, wie erwähnt, als Fiss. Thinalis lateralis zu bezeichnen. Auf der Facies olfactoria findet man auf vielen Gehirnen eine sagittal verlaufende, nach Entfernung des Lobus olfactorius im Frontalpol frei sichtbare, hinten leicht lateralwärts abweichende Furche, welche ich als Fissura faciei olfactoriae bezeichne. Die beistehende Fig. 84 giebt die basale Fläche der linken Hemisphäre wieder. 99 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 99 Um die Facies olfactoria sichtbar zu machen, ist der Lobus olfactorius nahe seinem Ursprung: abgetrennt und ausserdem das Gehirn etwas um seine frontale Axe nach hinten und um die sagittale nach rechts ge- dreht worden. Aus der Figur erhellt auch, dass die Fissura faciei olfactoriae scheinbar in die Fiss. rhinalis lateralis (ant.) übergeht. Genauere Untersuchung ergiebt, dass diese Einmündung nur scheinbar ist, dass die F. faciei olf. nur sehr seicht (zuweilen auch gar nicht) in die Fissura rhinalis lateralis einschneidet!). Auf der lateralen Convexität (vergl. Fig. 85) orientirt man sich am besten durch den Vergleich mit Pseudochirus oder auch Aepyprymnus. Die Punkte m und n sind oft nicht ohne weiteres zu identificiren. Die Furche « ist stets sehr schwach und oft stark nach vorn verlagert. Bei der starken Abstumpfung des Frontalpols ist letzteres sehr augenfällig. In den meisten Fällen ist @ nur Gefässfurche. In den wenigen Fällen, wo « als seichte echte Furche auftritt, communicirt sie als solche mit der F. rhinalis lateralis niemals. Die sog. Fissura Sylvii ist gleichfalls weit öfter Gefässfurche als echte Furche. Ihr Verlauf ist im Einzelnen sehr variabel. Meist entspringt sie £ (s. unten) viel näher als «. Auch wenn sie echte Furche ist, communieirt sie nicht mit der F. rhinalis lateralis. Meist weicht sie in ihrem oberen Verlauf stark occipital- wärts ab. Die Furche $ ist stets am stärksten ausgeprägt. Auf keiner Hemisphäre ist sie während ihres ganzen Verlaufs nur Gefässfurche. Meistens schneidet sie noch in die obere Lippe der Fissura rhinalis lateralis Fig. S6. Medialfläche des Gehirns von Phascolaretus cinereus. Doppelte Vergrösserung. Der Lobus olfactorius ist nach einem anderm Gehirn ergänzt. Ape Area praecommissuralis, Ag Aquae- Ban duct, © Conarium, Ca Commissura ant., Ba Ce Corpus candicans, Om Commissura media, Cga, Cym Corpus quadrigem. ant., bezw. post., Cho Chiasma opticum, (s Commissura superior, Fa, Fp Fastigium ant., bezw. post. des Aquäducts, Faa, Fap vorderes, bezw. hinteres Ringbündel, Fr Fossa rhomboidea, #% Fissura hippo- campi, Frl Fiss. rhinalis lateralis, Prhm Fiss. rhinalis medialis, @% Gangl. habe- nulae, H mediale obere Sehhügelkante und Habenula, HS Hinterstrang, J Infundi- bulum, Zt Lamina terminalis, Lo Lobus olfactorius, P Pons, Px Pulvinar, Ri Ra- mus impendens arboris vitae, po Re- cessus praeopticus, Spa Subst. perforata ant., Sq£ Sulcus quadrigem. transv., Te Tuber cinereum, 70 Tuberculum olfac- torium, 7%o Thalamus opt., Medialfläche, V,, Y, dritter bezw. vierter Ventrikel, Yına Velum medullare anticum. | | | ) ı I | l ein. Sie verläuft parietooccipitalwärts, bald steiler, bald sanfter ansteigend. Eine Knickung während ihres Verlaufs habe ich auf keiner Hemisphäre gefunden. Die Furche d kann völlig fehlen. Als echte Furche finde ich sie nur auf 2 Hemisphären. Vor « liegen gewöhnlich noch I—-2—3 sehr variable, kurze, bald mehr longitudinal, bald mehr trans- versal verlaufende Furchen. Zuweilen entsprechen sie in ihrer Lage in hohem Grade den Furchen 7 und 3 des Macropus-Gehirns. Vergl. Fig. 85. Auf 5 Hemisphären ist wenigstens eine der 3 in Rede stehenden Furchen als echte Furche vorhanden. 1) Durch Phascolaretus aufmerksam geworden, habe ich die Fiss. fac. olfact. späterhin auch bei anderen Gattungen hier und da gefunden. 13* 100 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 100 Den vor der Hirnbasis aufsteigenden, bestimmten Arterien entsprechenden Furchen kommen vom medialen Mantelrand Furchen entgegen, welche bestimmten, allerdings zum Theil sehr variablen Hirnvenen entsprechen. Die Gefässfurche «' und die Gefässfurche g lassen sich meist ohne Schwierigkeit identificiren, dagegen ist v‘ oft nicht deutlich ausgeprägt. Die Gefässfurche v“ habe ich auf 3 Hemisphären gefunden. Auf Fig. 85 sind die Gefässfurchen gestrichelt wiedergegeben. Auf der Medialfläche (vergl. Fig. 86) findet sich die Fissura rhinalis lateralis, wie oben bereits erörtert wurde. Dagegen erscheint, wie überhaupt bei den Marsupialiern, die Grenzfurche des Lobus olfac- torius, welche den hervorsprossenden Lobus olfactorius vorn gegen das übrige Rhinencephalon abgrenzt, die Fissura olfactoria lateralis von Echidna, verschwunden. Bei Phascolarctus umhüllt nämlich der Lobus olfactorius entsprechend seiner starken Entwickelung kappenartig den ganzen vorderen Abschnitt des Rhinencephalon; eine laterale Grenzfurche des Lobus olfactorius existirt daher nicht. Die Fissura rhinalis medialis erscheint auf der Medialfläche als vordere Grenzfurche des Tuber- culum olfactorium. Sie wird rasch sehr seicht, lässt sich aber auf den meisten Gehirnen doch bis zur Fiss. hippocampi verfolgen. Es läuft nämlich hier eine grössere Hirnarterie (A. cerebri anterior) aus der Fissura rhinalis medialis in die Fissura hippocampi. Eine Furche o habe ich niemals gefunden. Dagegen ist die Furche z stets sehr deutlich vorhanden. Allerdings stellt sie mehr eine breite, seichte Depression als eine scharf eingeschnittene Furche dar. Im medialen Mantelrand bringt sie eine merkliche Kerbe hervor. Stets verläuft in der Furche z ein grösseres Gefäss, welches aus der A. cerebri anterior entspringt. Die seichte Fortsetzung der Fissura rhinalis medialis bis zur Fiss. hippocampi bildet zugleich die vordere Grenzlinie der Area praecommissuralis. Die Grenze zwischen Substantia perforata antica und Tuber- culum olfactorium, welche auf der Basalfläche durch die Niveauerhebung des letzteren leidlich scharf ist, ist fast ganz verwischt. Auch das vordere Ringbündel ist nicht scharf abgegrenzt. Die Fissura hippocampi ist auf der Medialfläche meist nur auf einer Strecke von 6 mm sichtbar. Sie verläuft keineswegs stets so stark gebogen wie auf dem in Fig. 86 dargestellten Gehirn. Zuweilen ver- läuft sie fast geradlinig und fast horizontal. Ihr weiterer Verlauf in der Hilusfläche entspricht ganz den früheren Beschreibungen. Der Abstand des frontalen und temporalen Endpunktes beträgt in der Luftlinie 15 mm. Im hinteren Abschnitt der Medialfläche ist die von den vorderen Vierhügeln herrührende Impression (vergl. Pseudochirus) schwächer. Es rührt dies daher, dass die Vierhügel in eine Frontalebene fallen, in welcher die Grosshirnhemisphären bereits sich weit von der Medianebene entfernt haben. Die Furche v findet sich stets als scharfer frontoparietalwärts verlaufender Einschnitt. Sie misst fast IO mm und gehört bis auf ihr vorderes oberes und hinteres unteres Endstück ganz der stark verbreiterten Hilusläche an. An ihrem vorderen oberen Ende biegt sie zuweilen unter stumpfem Winkel in eine zur medialen Mantelkante senkrechte Richtung ab. Stets findet sich eine solche stumpfwinklige Abbiegung in die horizontale Rich- tung am unteren hinteren Ende. Die Entfernung von der Fiss. hippocampi beträgt während der grössten Verlaufsstrecke nur 2!/, mm. Zuweilen, aber nicht stets setzt sich v in einer in den Mantelrand einschnei- denden Furche v’ fort (s. oben). Das Tuberculum olfactorium hat einen sagittalen Durchmesser von S—-9 mm, einen frontalen von 5—6 mm. Gegen die Umgebung ist es weniger scharf abgesetzt als bei den seither besprochenen Mar- supialiern. Die Abgrenzung des Lobus olfactorius ist bereits angegeben worden. Grössenangaben wage ich nicht, da er überall etwas verletzt oder deformirt war. Er enthält einen Ventrikel (vergl. Fig. 84). Die Area praecommissuralis erreicht eine grösste Breite von 4!/,—5 mm. IOI Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. IOI ß) Commissuren. Die Commissura anterior ist auf dem medianen Querschnitt fast rund. Der längere Durch- messer misst nämlich reichlich 4°/,, der kürzere fast 4!/, mm. Der absolute Flächeninhalt des Querschnitts beträgt sonach 18 qmm, der relative in dem früher definirten Sinn !/;,,. Letzterer stimmt also mit dem- jenigen von Macropus überein. Die Lamina terminalis inserirt sich an der Basalfläche der vorderen Com- missur. Die Commissura superior hat etwa den Querschnitt eines Eies. Der stumpfere Theil ist nach hinten und oben gekehrt. Der längere Durchmesser misst nur etwas über 2 mm. Die Insertion der beiden Ringbündel erfolgt am vorderen unteren Pol. Einzelne Fasern des vorderen Bündels scheinen auch, wofern der makroskopische Augenschein nicht trügt, vor der Commissura sup. aufzusteigen und sich erst dann der Dorsalfläche derselben anzulegen. Der untere hintere Rand des Querschnitts erscheint leicht eingekerbt. Die weitere Ausbreitung der Commissura anterior gestaltet sich makroskopisch folgen- dermassen. Ca. °/, mm weit — von der Medianebene an gerechnet — liegt ihr Rücken frei. Dann verschwindet sie unter dem Grau des Streifenhügels, welches zunächst nur einen dünnen Beleg auf ihrer Oberfläche bildet. Erst in einer Entfernung von ca. 3 mm von der Mittellinie verschwinden ihre Umrisse ganz unter der steil ansteigenden Masse des Streifenhügels. Auf Horizontalschnitten, welche ich durch die vordere Commissur führte, konnte ich die weitere Ausbreitung verfolgen. Zunächst erfolgt eine leichte Verjüngung des Faserbündels und hierauf die Aufbündelung. In letzterer lassen sich nicht wohl zwei Hauptbündel (etwa entsprechend der Pars olfactoria und Pars tem- Tro ScA poralis) unterscheiden. Ein Theil der Fasern wendet sich in den vorderen Schenkel der inneren Kapsel, ein A anderer kleinerer durchbricht den Kopf des Streifen- er str hügels. Zahlreiche Bündel ziehen direct auf den Lin- senkern (namentlich den occipitalen Abschnitt) zu und verschwinden theils in, theils unter seiner Masse. Ob vereinzelte schwache Bündel sich auch zum Sehhügel wenden, lässt sich makroskopisch nicht sicher ent- 5 Lo scheiden. Der weitere Verlauf der Commissura superior ist zunächst auf Fig. 87 zu verfolgen, welche einen Sagittalschnitt durch die rechte Hemi- sphäre und zwar die mediale Schnittfläche darstellt. Fig. 87. Phascolaretus cinereus. Sagittalschnitt in ca. 6mm. Abstand von der Medianebene. Doppelte Vergrösserung. A Al- veus, (str Corpus striatum, Cstr' Schweif des Corpus striatum, sein Grau von den quergeschnittenen und daher Cm» Cella media des Seitenventrikels, Fd Fascia dentata, Ph 5 . . Fiss. hippocampi, Fi Fimbria, Fe + Uh Fiss. chorioidea mit gleichfalls grau erscheinenden Fasern der Commis- a Frhn Fiss, rhinalis medialis, Lo Lobus olfactorius, sura anterior nicht scharf abhebt. Die grauen Massen Pr Pes pedunculi, ScA Subiculum cornu Ammonis, Sire Stria R a cornea, Sh Seitenhorn, Tro Thalamus opticus, 7d Tuberculum des Streifenhügels und des Sehhügels sind angegeben. olfactorium, Tro Tractus opticus, Trolf laterale Wurzel des Trac- tus olfactorius. Der Linsenkern ist nicht mit eingezeichnet, weil sich Aus letzterem ziehen starke Faserbündel frontalwärts. Aus dem Hirnschenkel (Pp) ziehen zahlreiche Bündel frontal- und parietalwärts und bilden zierliche Ver- flechtungen mit den erstgenannten Sehhügelstrahlungen. In den Maschen des Flechtwerks liegen basalwärts graue Inseln (auf der Figur nicht angegeben), welche den quergeschnittenen Bündeln der Commissura anterior und dem Linsenkerngrau angehören. Daran schliesst sich weiter basalwärts unmittelbar die graue Masse des Tuberculum olfactorium. Die Faserung der Commissura superior besteht aus einem Antheil, welcher als Alveus 102 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 102 die graue Masse des Nucleus alvei überzieht und bis zum Ende des Seitenhorns zu verfolgen ist, und einem frei, kammartig, vorspringenden Theil, dem Fibriaantheil (Fi). Die Fascia dentata ist von letzterem durch eine scharfe Furche geschieden, welche ich als Sulcus fimbriodentatus bezeichne. Im Bereich des Unter- horns ist die Faserung der Commissura superior zum zweiten Mal getroffen. Ausser dem Sulcus fimbrio- dentatus sieht man hier eine zweite seichte Kerbe auf der Oberfläche des Fimbriaantheils, welche den Sulcus fimbriae (vergl. S. 90) darstellt. Als Ergänzung mag Fig. 88 dienen. In der Unterschrift der Figur ist angegeben, von welcher Seite die Aufnahme erfolgt ist. Die grösste Breite der Fascia dentata beträgt ca. 1\/, mm. Die Fissura hippocampi biegt auf der oberen Fläche (Hilusfläche) des Temporallappens in stumpfem Winkel ab und läuft seicht aus. Ihr vorderes Ende ist von dem vorderen Pol des Temporallappens ca. 5 mm entfernt. Auf der Figur erscheint die Entfernung in Folge der perspectivischen Verkürzung viel kleiner. Der Sulcus fimbriodentatus beschreibt eine der F. hippocampi fast parallele Linie. Auf der oberen Fläche des Temporal- lappens schwillt die Fascia dentata zu einer sehr charakteristischen Erhebung, der Eminentia fasciae dentatae, an. Eine Kerbung der Oberfläche ist nirgends deutlich erkennbar. Der Sulcus fimbriae ist fast in seinem ganzen Verlauf sichtbar. Der mit t bezeichnete Strang: verhält sich ähnlich wie bei Pseudochirus. Er zeigt eine oberflächliche weisse Lage und darunter die graue Masse, welche bereits mehrfach erwähnt wurde und zum Nucleus alvei gehört. Die gesammte Fasermasse fi t erreicht eine maximale Breite von fast 3 mm. Ape 0s' \ \ \ \ \ \ Sf fü t Fh I "ff (f I fl 7 c) Zwischenhirn und Schweifkern. Dritter Ventrikel und Seiten- ventrikel. «e) Dritter Ventrikelund Bodengebilde. Die Configuration des 3. Ventrikels ergiebt sich aus Fig. 86. Ihre Ihr unterer Rand ist Die Commissura mollis hat den Querschnitt eines Eies. Durchmesser betragen 8 bezw. 6 mm. ca. 5 mm von der grauen Platte des Tuber cinereum entfernt. Der Abstand des vorderen Randes vom hinteren Rand der vor- deren Commissur beträgt I mm. Ein Recessus praeopticus ist VAN \ sehr deutlich zu erkennen (Rpo). Der Abstand vom vorderen Hfd Ed Frhl r Fig. 88. Phascolaretus einereus. Hinterer Theil der Medianfläche der rechten Hemisphäre. Zwischen- und Mittelhirn sind entfernt. Die Hemisphäre ist um ca. 30° um ihresagittaleHorizontalaxe gedreht worden. Doppelte Vergrösserung. Apc Area praecommissuralis, Cs‘ Medianschnitt der Commissura superior, Efd Emi- nentia fasciae dentatae, Fd Fascia dentata, Ph Fis- sura hippocampi, F'rhl Fiss. rhinalis lateralis, fz freier Fimbria-Antheil der Commissura superior, £ Antheil der Commissura superior, welcher den an die Fascia dentata grenzenden Theil des Nucleus alvei bedeckt. ScA Subiculum cornu Ammonis, Sf Sulcus fimbriae, ‚Sfd Sulcus fimbriodentatus. Rand des Zirbelstiels bis zur Lamina terminalis beträgt I3 mm. Das stellt Ellipse von 2!/, mm Länge und fast 1!/, mm Breite dar. Das Chiasma opticum im Medianschnitt eine Tuber cinereum misst im sagittalen Durchmesser (also in der Luftlinie vom vorderen Rand der Corpora candicantia bis zum hinteren des Chiasma) 5 mm. Sein hinterer Abhang: ist stärker gewölbt als der vordere. An den ersteren schliessen sich un- mittelbar die Corpora candicantia an. Die mediane Trennungs- furche dieser letzteren ist sehr deutlich. Jedes Corpus candicans misst im frontalen Durchmesser 2, im sagittalen 1?/,, im verticalen etwas über 2 mm. Auf Fig. 86 erscheinen sie etwas kleiner, da der Schnitt ein wenig von der Mittellinie abgewichen ist. dicantium sind sehr deutlich ausgeprägt. Die Crura corporum can- Die Nervi optici sind auf dem Querschnitt kreisförmig (Durchmesser 1°/, mm) und divergiren unter sehr spitzem Winkel. Der hintere Winkel des Chiasma bildet zunächst fast einen gestreckten Winkel. Die weitere Divergenz der Tractus optici findet unter einem Winkel von nur ca. IIo°statt. Am medialen Rand des 103 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 103 Hirnschenkels ist der Tractus opticus bereits etwas über 2 mm breit. Am lateralen Hirnschenkelrand be- trägt die Breite fast 4 mm. Hiervon kommen etwa ®/, mm auf die mediale (hintere) Tractuswurzel. Diese ist übrigens von der grösseren lateralen (vorderen) Tractuswurzel nicht ganz scharf geschieden. Sehr eigenartig gestaltet sich die Reliefzeichnung der Oberfläche des Chiasma opticum. Man kann nämlich 3 oberflächliche Bündel — namentlich mit der Lupe — ohne Schwierigkeit unterscheiden: ein Bündel, welches vom lateralen Rand des Nervus opticus zum medialen des gleichseitigen Tractus opticus zieht, ein zweites, welches vom hinteren Rand des Tractus opticus jederseits unmittelbar neben der Medianlinie auf- steigt, quer über den Tractus opticus hinwegzieht und an seinem vorderen Rand für die weitere Be- obachtung verschwindet, und endlich ein drittes, welches am medialen Rand des Nervus opticus erscheint, letzteren basal umschlingt und sich dann im lateralen Abschnitt des Tractus opticus verliert. Die mikro- skopische Untersuchung liefert eine ausreichende Erklärung für diese merkwürdige Zeichnung der Oberfläche. ß) Thalamus opticus. Der Thalamus opticus ist sehr klein. Der laterale hintere Pol wölbt sich fast kugelig vor. Der grösste frontale Durchmesser misst (incl. Habenula) 10, der grösste sagittale (auf der Medialfläche) S mm. Eine seitliche Ueberflügelung des Mittelhirns fehlt ganz. Der Tractus opticus inserirt sich fast rein lateral und bildet über dem hinteren lateralen Sehhügelabschnitt einen dicken weissen Ueberzug. Ein Corpus geniculatum laterale ist bei makroskopischer und Lupenbetrachtung der Oberfläche nicht zu erkennen. Die Habenula ist am vorderen Sehhügelhang knapp °/, mm, das Ggl. habenulae fast doppelt so breit. Auf Fig. 86 ist von der Habenula nur wenig zu sehen, da sie von der Hemisphäre fast ganz beschattet ist. Der mit H bezeichnete Streifen entspricht vielmehr fast ganz dem schmalen, frontalwärts verbreiterten Streifen der Sehhügeloberfläche, welcher medialwärts von der Habenula liegt. Das Conarium weist eine Gesammt- länge von 5!/,—6!/, mm auf. y) Nucleus caudatus und lentiformis. Seitenventrikel. Das Lageverhältniss des Nucleus caudatus zur vorderen Commissur ist oben bereits angegeben worden. Im Uebrigen stimmt die Gestalt des Schweifkerns im Wesentlichen mit der für Pseudochirus angegebenen überein. Der vordere Rand des Kopfes ist vom Frontalpol reichlich 5 mm, der mediale Rand des Kopfes von der medianen Manteloberfläche 2!/, mm entfernt. Die Höhenentwickelung des Nucleus caudatus ist sehr mächtig; ich führe nur beispielsweise an, dass der Grat der Oberfläche mit seinem Scheitel noch 7 mm über dem Niveau der oberen Fläche der Commissura anterior gelegen ist. Medialwärts fällt die Oberfläche ziemlich steil und tief zum Sehhügel und zum Vorderhorn ab, lateralwärts fast senkrecht, aber viel weniger tief zur Faserung der Corona radiata. Die Lagerung des Schweifs des Nucleus caudatus ergiebt sich aus Fig. 837. Der grösste frontale Durchmesser fällt in eine durch die Mitte der vorderen Commissur ge- legte Frontalebene und beträgt 6'/, mm. Der Linsenkern wird von den Fasern der Commissura ant. in der oben beschriebenen Weise durchbrochen. Seine laterale Kante misst über 12 mm. Der Frontaldurchmesser lässt sich makroskopisch nicht sicher bestimmen, da die Abgrenzung gegen die Rinde nicht scharf ist: wenigstens konnte ich makro- skopisch oder mit der Lupe weder eine Capsula externa und extrema noch eine Claustrum sicher erkennen. Die Form und Lage des Seitenventrikels bietet keine wesentlichen Besonderheiten. Die Spitze des Vorderhorns ist vom Frontalpol 3'/;, mm entfernt. Sein Boden liegt 3 mm über der basalen Oberfläche des Tuberculum olfactorium. Das Seitenhorn nähert sich der parietalen Rindenoberfläche bis auf 4 mm. Mehrfach fand ich partielle Obliterationen. Der Grund der Furche v ist von dem Lumen des occipitalen Seitenhorns stellenweise nur 1!/, mm entfernt. Dem Oceipitalpol nähert sich letzteres bis auf 104 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 104 4'/; mm. Die Umbiegung der Fissura chorioidea zum Temporallappen liegt ca. 13 mm vor dem Occipitalpol und ca. 21 mm hinter dem Frontalpol. Temporalwärts nimmt das Seitenhorn rasch an Ausdehnung ab. Auf dem Sagittalschnitt der Fig. 87 ist die Krümmung im Sinn eines Seitenhorns bereits so unerheblich, dass man nur von einem Unterhorn sprechen kann. Das vordere Ende der F. chorioidea liegt auf der Hilusfläche des Temporallappens 5 mm von der F. rhinalis medialis entfernt. d) Mittelhirn. e) Vierhügel. Der vordere Vierhügel misst im frontalen Durchmesser fast 6, im sagittalen reichlich 6 mm, der hintere im frontalen 6'/,, im sagittalen 4 mm. Die Höhenerhebung ist für beide etwa gleich (vergl. Fig. 86), wenn man von dem tiefen Abfall der hinteren Wand des hinteren Vierhügels absieht. Der hintere Vierhügelarm ist an seiner schmalsten Stelle noch fast 3 mm breit. Der vordere Vierhügelarm — in der Vierhügelfurche — zeigt aut seiner Oberfläche einen schmalen Streifen circulär, d. h. in der Richtung der Furche, verlaufender Fasern. Ein Frenulum veli medullaris antici ist insofern angedeutet, als das Velum medullare anticum in seiner Mitte gegen den hinteren Vierhügel zu eine leichte Längsstreifung zeigt. Der Sulcus quadrigeminus medianus ist zwischen den vorderen Vierhügeln 2 mm, zwischen den hinteren etwas über I mm tief. Ausserordentlich mächtig ist das Corpus geniculatum mediale. Seine Durchmesser betragen 4 und 6 mm, seine Niveauerhebung reichlich I!/; mm. Der Beziehung zum Tractus opticus wurde bereits gedacht. Die hintere Commissur erscheint makroskopisch sehr schwach. ß) Hirnschenkel. Der Abstand des vorderen Ponsrandes vom hinteren Rand der Corpora candicantia beträgt 3'/, mm. Der mediale Fussrand liegt auf einer Strecke von fast 5 mm auf der Basis frei. Der N. oculomotorius hat einen Durchmesser von fast I mm. Ausser der Hauptwurzel, welche aus dem Sulcus oculomotorius in typischer Weise entspringt, ist eine schwächere laterale Wurzel vorhanden, welche aus der Masse des Fusses selbst hervorgeht. Die Entfernung des Oculomotorius vom vorderen Ponsrand beträgt etwas über 2 mm. Das Tuberculum tegmenti (vergl. S. 92) ist wiederum erkennbar. Im Uebrigen bietet das. Trigonum inter- pedunculare keine Besonderheiten. Das Ganglion interpedunculare misst über 2 mm im frontalen, etwas weniger als 2 mm im sagittalen Durchmesser. Auf der Seitenfläche des Hirnschenkels fällt die frontalwärts zunehmende Seichtigkeit des Sulcus lateralis mesencephali und die mächtige, fast 4 mm breite Hervorwölbung der zum hinteren Vierhügel auf- steigenden lateralen Schleife auf. Die Breite des Fusses beträgt am hinteren Rand des Tractus opticus 51/, mm. Einen Tractus peduncularis transversus oder eine Taenia pontis habe ich nicht gefunden. Freilich konnte ich aus äusseren Gründen nicht alle meine Gehirne hieraufhin untersuchen. y) Aquaeductus Sylvii. Fig. 86 giebt ein Bild des Aquäducts auf dem Medianschnitt. Die Entfernung vom Ein- zum Aus- gang beträgt in der Luftlinie 7 mm. Die Höhe beider Fastigien beträgt ca. 2!/), mm. Die Einsenkung zwischen beiden ist sehr unerheblich. Die grösste Breite des Aquäducts entspricht ungefähr der Frontal- ebene des Sulcus quadrigeminus transversus. Sie beläuft sich auf ca. 2 mm. Hier findet sich die früher beschriebene seitliche Ausbuchtung. 105 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 105 e) Hinterhirn. ce) Kleinhirn. Das Velum medullare anticum beschreibt einen weiten Bogen um den vorderen unteren Qua- dranten des Kleinhirns. Denkt man sich dasselbe eben ausgebreitet, so hätte es eine sagittale Länge von über II mm. Seine Breite beträgt am hinteren Vierhügelrand fast 6 mm. Das Kleinhirn selbst zeigt eine grösste Breite (incl. Flocke) von ca. 32 mm, eine grösste Länge (in der Dorsalansicht) von 17 mm und eine grösste Höhe von I5 mm. Die Breite des Wurms schwankt um 9!/, mm. In Anbetracht dieser erheblichen Dimensionen habe ich für ein mittelgrosses Gehirn das Sonder- gewicht des Cerebellums bestimmt und 2,6 gefunden. Es entspricht dies etwa 15 Proc. des Gesammtgewichtes. Der Arbor vitae zerfällt wiederum in die typischen Aeste. Nur erscheint der hintere untere Ast nicht mehr selbständig, sondern er wird durch 2 Aeste vertreten, welche vom Ramus impendens abgehen. Der Lappen des vorderen unteren Astes ist an seiner viereckigen Form, der Lappen des vorderen oberen Astes an der elliptischen Form leicht wiederzuerkennen. Die Spitze des Lobus impendens ist 5 mm von der hinteren Vierhügelkuppe entfernt. Der Markkern zeigt auf Horizontalschnitten eine ziemlich compacte graue Masse, welche im fron- talen Durchmesser 5, im sagittalen 3, im verticalen ca. 2!/), mm misst. Allenthalben erscheint sie fein weiss gestreift. Der mediale Pol ist von der Medianlinie ca. 2 mm entfernt, doch ist gerade medialwärts die Ab- grenzung nicht scharf. Man gewinnt sogar schon makroskopisch den Eindruck, dass die grauen Massen der linken und rechten Hemisphäre in der Medianlinie durch einen weniger compacten Streifen grauer Substanz zusammenhängen. Vorzugsweise gehört die graue Masse dem rechteckigen und elliptischen Lappen bezw. deren Seitentheilen an. Darüber, dass sie dem Nucleus dentatus entspricht, giebt erst die mikro- skopische Untersuchung befriedigenden Aufschluss. Die Einzelfurchung des Wurms und der Hemisphären stimmt so sehr mit derjenigen von Macropus überein, dass ich auf eine besondere Darstellung verzichte. Die Fossa paramediana ist von der Mittellinie ca. 5 mm, die Fossa lateralis von der Fossa paramediana ca. 6 mm entfernt. Die Flocke verhält sich ebenso wie bei den seither beschriebenen Marsupialiern. B) Pons Varoli. Die sagittale Breite der Brücke beträgt fast 7 mm, ist also sehr bedeutend. Der Sulcus basilaris ist sehr seicht. Die laterale Ausbiegung des hinteren Randes ist stärker als die mediale. Der Trigeminus ent- springt mit 2 Wurzeln, einer stärkeren lateralen, deren Durchmesser 23/, mm beträgt, und einer schwächeren medialen. Das Ponsbündel, welches hinter dem Trigeminusursprung verläuft, ist nur wenig über !/, mm breit. Die Furche, welche es von der vorderen Hauptmasse des Pons scheidet, lässt sich fast bis zur Mittel- linie verfolgen. Der Angulus pontis ist von der Medianlinie reichlich ıı mm (in der Luftlinie) entfernt. Die Breite des Brückenarms beträgt in der Nähe des Angulus pontis nur 2?/, mm. Der Abstand der medialen Trigeminuswurzel vom Sulcus basilaris beträgt knapp © mm. y) Fossa rhomboidea. Ventriculus quartus. Die Länge der Rautengrube beträgt ca. 17 mm (in der Luftlinie von der Apertura canalis centralis bis zum Eingang des Aquäductes). Der vordere Theil, der Velumabschnitt (vergl. S. 93), steigt in einem Winkel von ca. 30° an. Er ist fast 6 mm lang. Die Grenze gegen den hinteren Abschnitt ist nicht so scharf wie bei Pseudochirus. Die Niveaudifferenz zwischen dem hinteren Abschnitt und den Kuppen der hinteren Vierhügel beträgt etwas mehr als I cm. Der Sulcus medianus rhombi ist vorn etwas tiefer. Die Jenaische Denkschriften. VI. 14 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 106 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 106 grösste Breite der Rautengrube beträgt fast II mm. Striae acusticae fehlen vollständig. Vergl. hierzu und zum Folgenden Fig. 89. Die Strickkörper divergiren unter spitzerem Winkel als bei Pseudochirus. Die Clava ist etwas stärker ausgesprochen als bei Pseudochirus. Der GoLL’sche Strang ist wenig über ı mm breit (an der breitesten Stelle unmittelbar unter der Apertura can. centr.). Der Burpach’sche Strang ist im Bereich der Apertur nur 2 mm breit. Das Tuberculum cuneatum ist relativ schwach und 2!/, mm breit. Das Tuberculum cinereum hebt sich weniger durch seine Vorwölbung als durch seine graue Farbe ab. Seine grösste Breite beträgt fast 2!/), mm. Oben wird es von den Fasern des unteren Trapezfeldes überzogen. Der Sulcus lateralis posterior ist nur 5-6 mm lang. Spinalwärts wird er bald sehr seicht. Das Relief des Rautenbodens zeigt im hinteren Abschnitt gegenüber Pseudochirus wesentliche Ab- weichungen. Der Sulcus lateralis rhombi ist — namentlich an seinem vorderen Ende — sehr tief. Spinal- wärts theilt er sich scheinbar in einen medialen tieferen und einen lateralen seichteren Ast. Genauere Be- trachtung lehrt, dass der mediale Ast eine Furche fortsetzt, welche medialwärts vom Sulcus lateralis verläuft, aber in solcher Nähe, dass sie mit ihm zusammenzufallen scheint. Sie entspricht dem Sulcus paramedianus von Pseudochirus nicht ganz. Zwischen beiden Aesten bezw. dem Sulcus lateralis und para- - Fig. 89. Phascolaretus ceinereus. Nachhirn. Links Dorsal- ee ansicht, rechts Basalansicht. Doppelte Vergrösserung. Halb- schematisch. Ace Apertura canalis centralis, Ac Ala cinerea, Bi Bindearm, Br Brückenarm, B BurDAcCH’scher Strang (mit Tuber- culum cuneatum), Or Corpus restiforme, Or‘ Corpus restiforme, ee = Eu Querschnitt, Otr Corpus trapezoides (oberes Trapezfeld), Dp De- en cussatio pyramidum, a Eminentia anterior, Fa Fossa anterior, El Eminentia lentiformis, Fla Fasciculus lateralis ant. med. obl., G@ GorL’scher Strang, Po Ponticulus, Py Pyramis, Sla Sulcus lateralis anterior, S!p Sulcus lateralis posterior med. obl., Slasp Sulcus lateralis ant. spinalis, Si S. lateralis rhombi, Sma Sulcus ee, Dp medianus ant., Smr Sulc. medianus rhombi, ‚S»p Sulcus medi- anus posterior, Spmr Sulc. paramedianus rhombi, Spma S. para- medianus anterior, Spmp S. paramedianus posterior, 7e Tuber- I ===> Slasp culum cinereum, Ta’ Torus acusticus, 7a Trigonum acusticum. medianus bleibt hinten ein dreieckiges Feld, welches durchaus der Ala cinerea entspricht. Wie bei Pseudo- chirus, setzt sich das Trigonum acusticum cerebralwärts in einen Wulst fort, welcher medialwärts vom Sulcus lateralis rhombi, lateralwärts von der Eminentia lentiformis begrenzt wird. Ich will diesen Wulst künftig auch als Torus acusticus bezeichnen. Zwischen Torus und Trigonum ist zuweilen eine seichte Furche gelegen. Trigonum und Torus haben zusammen die Form eines Hornes, wie sie übrigens schon bei Macropus zu erkennen war (vergl. Fig. 52). Die Eminentia lentiformis misst im frontalen Durchmesser über 5, im sagittalen 3'/, mm, Die Niveauerhebung beträgt ı?/, mm. Die 3 Kleinhirnarme liegen ähnlich wie bei Pseudochirus; nur kommt durch die mehr frontale Lage des längeren Durchmessers der Eminentia lentiformis eine leichte Verschiebung zu Stande. Die Durchmesser des Bindearms betragen 3!/, und 2°/, mm, diejenigen des Brückenarms 2°/, und 2!/, mm, diejenigen des Strickkörpers 3 und 3 mm. Wegen der Schwierigkeit, einen zur Verlaufsrichtung senkrechten Querschnitt zu legen, bleiben diese Maassbestimmungen natürlich etwas ungenau. Die untersten, allerdings sehr spärlichen, nur mit der Lupe erkennbaren Fasern des unteren Trapez- feldes enden sehr scharf an der lateralen Ecke der Ala cinerea. Die dichtere Lage desselben Feldes endet bereits am hinteren Rand der Eminentia lentiformis. Die Fossa anterior ist sehr schwach ausgeprägt. Seitlich von ihr liegt eine kleine, sehr scharf sich abhebende weisse Erhebung. Ich bezeichne sie, um nichts zu präjudiciren, als Eminentia anterior (vergl. S. 94). Ein weisslicher Strang zieht von dieser lateralwärts zum Torus acusticus. Auch die beiden 107 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 107 flachen Erhebungen des vorderen Abschnitts des Rautenbodens, welche ich bei Pseudochirus erwähnte, sind ausserdem angedeutet. Die Breite der Rautengrube beträgt am vorderen Rand der Eminentia ant. noch immer reichlich 7 mm. Der Sulcus paramedianus setzt sich am lateralen Rand der Fossa ant. und über diese hinaus — allerdings sehr seicht — noch fort. f) Nachhirn. Der unterste Punkt der Decussatio pyramidum ist vom hinteren Ponsrand nur I3 mm entfernt. Der obere Breitendurchmesser beträgt 17—18, der untere 9 mm. Der hintere Ponsrand fällt in dieselbe Frontal- ebene wie der vordere Rand der Eminentia lentiformis. Die Apertura canalis centralis liegst 9 mm hinter der Ebene des hinteren Ponsrandes. Der bedeckte Theil des Nachhirns misst sonach in sagittaler Richtung nur ca. 2 mm. Die Theilungsstelle der A. basilaris liegt I10—II mm hinter dem hinteren Ponsrand. Die Pyramide ist am hinteren Ponsrand reichlich 3 mm breit. Das Foramen coecum post. ist relativ klein. Die obere Verbreiterung des Sulcus medianus anterior ist sehr ausgesprochen. Der N. ab- ducens entspringt I mm hinter dem hinteren Ponsrand, Wie bei Pseudochirus wird der Sulcus lateralis anterior spinalwärts allmählich seichter. Sein Abstand von der Medianlinie oder, mit anderen Worten, die Breite der Pyramide, steigt auf 3!/, mm; dabei wird die Pyramide entsprechend flacher. Io mm unterhalb des hinteren Ponsrandes nähert sich der Sulcus lateralis ant. wieder der Mittellinie. Unterhalb der Decussatio pyramidum setzt er sich einerseits in der vorderen Wurzellinie und andererseits in einer seichten Furche fort, welche noch fast 3 mm weit den Vorderstrang in einen medialen und einen lateralen Abschnitt abtheilt. Der Abstand dieses Sulcus paramedianus anterior von der Medianlinie beträgt 1I!/, mm. Die Decussation selbst findet nicht in Bündeln, sondern en masse statt. Eine Impression der Art. vertebralis habe ich nicht gefunden. Schon makroskopisch nimmt man ausserdem auf der Oberfläche der Pyramide in ihrer unteren Hälfte Fibrae arcuatae in dünner Schicht wahr, welche fast genau senkrecht zum Sulcus medianus anterior verlaufen. Das Corpus trapezoides (oberes Trapezfeld) ist am lateralen Rand der Pyramide 3!/, mm breit. Am Seitenrand der Oblongata geht die Breite bis auf 2°/, mm herunter, da der hintere Ponsrand hier sehr stark nach hinten abweicht. Der N. facialis und acusticus entspringen an der gewöhnlichen Stelle. Ersterer hat einen Durchmesser von I!/, bezw. ?/, mm, letzterer solche von 2'/, bezw. I!/, mm. Das BOCHDALER’sche Blumenkörbchen erscheint unmittelbar lateral- und spinalwärts vom N. acusticus. Das untere Trapezfeld ist cerebralwärts sehr scharf abgegrenzt, spinalwärts schliesst sich an die dicke, ca. 6 mm breite Schicht noch eine dünnere, welche oben bereits erwähnt wurde. Gegen den Sulcus medianus anterior convergiren beide Schichten. Die Fasern der oberen Schicht verlaufen schräg lateral- und cerebralwärts. Ihre spitzwinklige Kreuzung mit den obenerwähnten die Pyramide rein trans- versal überziehenden Fibrae arcuatae gewährt daher ein sehr zierliches Bild. Ueber die Beziehung der oberen und unteren Fasern des unteren Trapezfeldes zu diesen rein transversalen Fasern giebt erst die mikroskopische Untersuchung Aufschluss. Jedenfalls lassen sich alle 3 Fasergattungen bis auf den Nacken . des Strickkörpers verfolgen. Im untersten Theil der Oblongata findet man übrigens auch einige dünne Bogenfaserbündel, welche vom Sulcus medianus ant. in schräger Richtung lateral- und spinalwärts ziehen. Das Trigonum intertrapezicum hat am lateralen Rand der Pyramide eine sagittale Länge von 3 mm. Ein Sulcus paralateralis ant. fehlt. Dagegen hebt sich sehr deutlich ein längsverlaufendes, ca. I!/, mm breites Faserbündel ab. Etwas oberhalb der Decussatio pyramidum wird es zuerst sichtbar. Es ist hier 5 mm von der Mittellinie entfernt. Es liegt unterhalb der Faserung des unteren Trapezfeldes. 14* 108 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 108 Allmählich nähert es sich der Mittellinie etwas. Am unteren (hinteren) Rand des Corpus trapezoides beträgt die Entfernung von der Mittellinie nur noch 3'/, mm, die Entfernung vom Sulcus lateralis anterior weniger als I mm. Auf dem Corpus trapezoides wendet sich das Bündel wieder etwas mehr lateralwärts. Es wird hier nur von wenigen Trapezfasern bedeckt. Am oberen (vorderen) Rand des Corpus trapezoides beträgt der Abstand von der Mittellinie wieder etwas über 5 mm. Ich bezeichne dies Bündel, welches mit den S. 68 erwähnten Längsfasern identisch ist, als Fasciculus longitudinalis lateralis. Der Hypoglossusursprung verhält sich wie bei Pseudochirus. Auch bei Phascolarctus lassen- sich 2 Hauptwurzelbündel unterscheiden. Die Wurzellinie des seitlichen gemischten Systems bietet keine interessantere Be- sonderheit. Die Dorsalfläche des Nachhirns ist, soweit sie noch in das Bereich des Rautenhirns fällt, schon oben beschrieben worden. Spinalwärts vom Schluss des Centralkanals ist der Gorr’sche Strang jederseits »/, mm breit. Die Trennungsfurche der beiden Gorr’schen Stränge, der Sulcus medianus post., ist II mm weit unterhalb der Apertura canalis centralis als wirkliche Furche zu bezeichnen, dann wird sie so seicht, dass man nur von einer medianen hinteren Naht sprechen kann. Stellenweise ist auch diese kaum zu er- kennen. Der Burvach’sche Strang: ist im untersten Abschnitt des Nachhirns etwas über 2 mm breit. Fast ebenso breit ist hier das Tuberculum cinereum. Der weisse Streifen zur Seite des Sulcus lateralis posterior medull. obl. (vergl. S. 96) des Pseudochirus-Gehirns scheint zu fehlen. B. Rückenmark. Das mir allein zur Verfügung stehende Cervicalmark hat einen frontalen Durchmesser von 7!/, und einen sagittalen von reichlich 6 mm. Die vordere Längsfurche ist 2°/, mm tief. Die vordere weisse Com- missur ist mit blossem Auge bequem zu erkennen. Der Abstand der hinteren Wurzellinie von der Median- linie beträgt reichlich 2!/, mm. Ueber die hintere Längsfurche habe ich oben bereits das Nothwendige bemerkt. Literatur über das Gehirn von Phascolaretus. Hirnfurchung und Commissuren. Leider habe ich ausser der FORBES’schen nirgends eine Abbildung oder Beschreibung auffinden können. Die Abbildungen FORBES’ zeigen eine fast glatte Mantel- oberfläche. Nur zwei kurze Furchen (indentations) entspringen aus der gut entwickelten Fiss. rhin. lat. nahe ihrer Biegung dicht nebeneinander. Dazu ist zu bemerken, dass das von FORBES untersuchte Thier (l. c. p. 180) nicht ausgewachsen war. F. hält die vordere Indentation für eine rudimentäre SyLvr’sche Furche, v zeigte sich f-förmig. F. bezeichnet sie als S. callosomarginalis (vergl. Fig. 6) Errıior SmitTH erwähnt Phascolarctus nur ganz gelegentlich. So giebt er an, dass das Tuberculum olfactorium etwas grösser sei als bei Petaurus und Phalangista‘). Es ist dies, wie sich aus meinen Zahlenangaben ergiebt, nur bedingt richtig. Die Angaben in der Arbeit über Notoryctes sind so unbestimmt, dass sie nicht zu verwerthen sind. Wenn SMITH schreibt?): „In Petaurus, Phalangista and Potoroo the fascia dentata is hidden throughout. In Dasyurus and Phascolarctos it is partially exposed“, so muss ich den Vordersatz wenigstens für meine Phalan- gista-Species und damit die Berechtigung der Gegenüberstellung in dieser Form bestreiten. Zwischen-, Mittel-, Hinter- und Nachhirn. In der mir zugänglichen Literatur habe ich nichts gefunden ausser einigen kurzen Bemerkungen bei FORBES. I) Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 187. 2) Transact. R. Soc. South Austr., 1895, p. 182. 109 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 109 Familie 3. Phascolomyidae. Mir selbst stand kein Exemplar zur Verfügung. Ich stelle daher nur zusammen, was die Literatur enthält. Es handelt sich nur um die Gattung Phascolomys. Die meisten Angaben beziehen sich auf Phas- colomys ursinus G. Cuv. (= Phascolomys fusca GEOFF. —= Phascolomys wombat Per. et Les. = Phascolomys fossor Wacn.). Hirngewicht. Das relative Hirngewicht wird von Owen auf !/,,, angegeben !). Hirnfurchung. Owen hat die Oberfläche und Basis des Gehirns abgebildet ?). In seiner Anatomie erwähnt er’) ausser der Fiss. ectorhinalis (= rhinalis lateralis): 1) drei oder vier kleinere, aus der Fiss. rhin. lat. entspringende aufsteigende Furchen, unter welchen eine der Fiss. Sylvii entsprechen soll; 2) eine kurze transversale Furche, welche den Vorderlappen abgrenzt ; 3) hinter dieser einige isolirte seichte Furchen. Aus den Abbildungen ergiebt sich, dass aus der F. rhinalis 3 bezw. 4 Furchen entspringen, welche wohl als «, F'S und # bezeichnet werden können. Die Querfurche im vorderen Abschnitt ist wohl als « zu deuten. Die Längsfurche vor dieser entspricht der Furche 7. Bis hierher ist die Aehnlichkeit mit dem Gehirn von Hypsiprymnus unverkennbar. Dazu scheint jedoch nach Fig. 8 noch eine Furche zu kommen, welche der Furche y des Macropus-Gehirns entspricht. Die seichten Furchen im Occipitaltheil lassen sich nicht sicher identificiren. Die Medialfläche ist von FLOWER abgebildet worden *) und lässt die Furchen o, z und v ganz in derselben Lage wie bei Macropus erkennen. Bei TURNER findet sich keine Abbildung. LEURET scheint (l. c. S. 384) dem Wombat 3 Bogen- windungen zugeschrieben zu haben. Commissuren. Das Wombatgehirn ist schon von OWEN uud FLower als Paradigma angeführt worden. Ersterer hat eine Abbildung des Seitenventrikels gegeben ’), welche den Verlauf der Commissura superior veranschaulichen soll. In seiner ersten Arbeit wird die mediale Wand des Seitenventrikels schlecht- hin als Septum lucidum bezeichnet. Ebenso wird die weisse Belegschicht der medialen Wand in der Anat. of Vert. (III, p. 106) als „analogous to a detached layer of the septum lucidum‘ aufgeführt. Ferner bildet Owen Fasern ab, welche aus der Taenia hippocampi (= Fimbria) in die Vorderlappen der Hemisphären ziehen (mit 0‘ auf der Figur bezeichnet). Sie decken sich wohl mit dem S. 58 bei Macropus beschriebenen Bündel. Im Uebrigen ist die Abbildung und der Text nicht ausführlich und klar genug, um ein präcises Bild zu gewinnen. Klarer sind die Figuren und Erläuterungen FLOwER's®). Das vordere Ringbündel wird von FL. wie stets als „presommissural fibres“, das hintere als Fornixsäule aufgeführt. Ersteres scheint die ganze Area praecommissuralis zu bedecken. Die vordere Commissur erscheint relativ grösser als bei den übrigen Aplacentaliern. Auch ist sie rundlicher als z. B. bei Macropus. Im Temporallappen reicht die Fimbria und Fascia dentata erheblich weiter frontalwärts als bei Macropus. Die Commissura superior er- scheint in ihrem unteren Theil (mit N bezeichnet = psalterial fibres of corpus callosum) in sagittaler Rich- tung verkürzt bezw. senkrechter gestellt. 1) Anat. of Vert., Vol. III, p. 104. 2) Philos. Transact., 1837, Taf. V, Fig. 3 u. 8. 3) l. ec. p. 194. 4) Philos. Trans. 1865, Vol. II, Taf. XXXVII, Fig. 3 u. 4. 5) Phil. Trans., 1837, Taf. VI, Fig. 4, und Anat. Vert., Vol. III, Fig. 75. Beide sind bis auf die Darstellung des Kleinhirns fast identisch. 6) Phil. Trans., 1865, Taf. XXXVIII, Fig. 3 und namentl. Fig. 4. IIo Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. IIo Zwischen-, Mittel-, Hinter- und Nachhirn. Einzelne Bemerkungen finden sich bei Owen. Die vorderen Vierhügel übertreffen die hinteren im sagittalen und bleiben hinter ihnen zurück im frontalen Durchmesser !). Die Flocke soll nicht vorspringen ?). Familie 4. Peramelidae. Hierher gehören die Gattungen Peragale, Perameles und Choeropus. Mir stand nur die zweitgenannte Gattung zur Verfügung. Perameles obesula GEOFF. Ich verfüge über 2 in Alkohol gehärtete und 5 in MÜLLER’scher Flüssigkeit vor- und in Alkohol nachgehärtete Gehirne. A. Gehirn. a) Allgemeine Form- und Maassverhältnisse. Die allgemeine Form könnte, wenn man von den Riechlappen absieht, mit einem Rhombus verglichen werden, dessen spitze Winkel dem Frontal- und Occipitalpol entsprechen und stark abgestumpft sind. Die Riechlappen überragen den Frontalpol um 5 mm und sind ein jeder 7 mm breit). Der laterale Hemi- sphärenrand erscheint in der Ansicht von oben etwas ausgeschweift. Die Gesammtlänge — vom Frontalpol bis zum hinteren Kleinhirnrand — beträgt 2,9—3,0 cm, die grösste Breite 24—2,5 cm, die grösste Höhe I,r cm. Die medialen Mantelränder laufen einander auf eine Strecke von I5—-I6 mm parallel. Alsdann divergiren sie occipitalwärts zunächst 3—4 mm unter spitzem, dann unter fast gestrecktem Winkel. Zwischen ihnen gewahrt man nicht nur die hinteren, sondern auch die mediale hintere Hälfte der vorderen Vierhügel. Das Kleinhirn liegt wie stets ganz frei. Die Apertura canalis centralis liegt gerade an dem hinteren Klein- hirnrand. Das Durchschnittsgewicht der in MÜLLER’scher Lösung vorgehärteten Gehirne beträgt etwas über 4 g. b) Secundäres Vorderhirn oder Grosshirn. Die Fissura rhinalis lateralis ist nicht ohne weiteres zu identificiren. Geht man von der lateralen Wurzel des Tractus olfactorius aus, so stellt man fest, dass diese bei ihrem Ursprung aus dem Lobus olfac- torius eine oberflächliche Querfaserschicht zeigt, welche, theils senkrecht aufsteigend, theils occipitalwärts ziehend, in breitem Zug die ganze basale Hälfte der lateralen Convexität überzieht. Makroskopisch fehlt sie den seither betrachteten Marsupialiern. Bei Parameles hebt sie sich durch ihre weisse Farbe auf den ersten Blick von der oberen Hälfte ab. Die Grenzlinie wird von einer annähernd horizontal verlaufenden, leicht geschweiften Furche gebildet, welche frontalwärts in den Mantelrand einschneidet. Die nebenstehenden Figuren (90—92) erläutern dies Verhalten. Die in Rede stehende Furche ist auf Fig. 9o durch eine aus Punkten und Strichen zusammengesetzte Linie wiedergegeben. In Fig.gı, also auf der Basalfläche ist sie nicht sichtbar. Auf Fig. 92 ist sie nicht eingezeichnet: sie entspricht wenigstens vorn dem oberen Rand der durch Striche- lung wiedergegebenen Belegfaserschicht. Die Zeichnung ist nicht ganz genau‘). Alle Belegfasern conver- giren gegen den lateralen Rand der Tractuswurzel. Auf Fig. 92 sind die Hauptfaserrichtungen, soweit sie mit der Lupe zu erkennen waren, angegeben. I) Anat., p. 97. 2) Ibid. p. 90. 3) Ich lege den Messungen die in MÜLLER’scher Lösung vorgehärteten Exemplare zu Grunde. 4) Leider waren alle Gehirne bei der Aufsägung des Schädels gerade in der Höhe der Furche etwas verletzt. Ich kann daher für die Genauigkeit der Zeichnung und Beschreibung der Furche nicht ganz einstehen. III Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. III Die soeben erwähnte Grenzfurche deute ich, obwohl sie so sehr hoch nach oben verschoben ist, als Fissura rhinalis lateralis. Sie beginnt ähnlich wie bei Macropus etc. auf der Medialfläche (s. auch unten). Sie misst auf letzterer ca. 3 mm und schneidet in occipitobasaler Richtung in den Mantelrand ein. Weiterhin bildet sie, auf die laterale Convexität sich wendend, den oberen Rand der lateralen Ausstrahlung der Tractuswurzel, der Radiatio olfactoria lateralis. Dabei weicht sie von dem lateralen Rand der lateralen Tractuswurzel selbst immer mehr nach oben und verschwindet von der Basalfläche. Das Rhinencephalon nimmt daher occipitalwärts enorm an Breite zu. Derlaterale Rand der Tractuswurzel erscheint als Furche, da der Längsfaserzug erheblich stärker vorspringt als die Radiatio olfactoria lateralis. Ich bezeichne ihn als Margo tractus olfactorii lateralis (Mtol). Die Tractuswurzel selbst, soweit sie aus Längsfasern besteht, verschmälert sich Fig. 90. Fig. 91. Fig. go. Perameles obesula. Ansicht des Gehirns von oben. Doppelte Vergrösserung. Die gestrichelten Linien geben Gefässfurchen wieder, die punktirtgestrichelte Linie giebt die Grenze an, bis zu welcher die Belegfasern des Tractus olfactorius reichen. Ace Apertura canalis centr., B BurDAcH’scher Strang, Fl Flocculus, Fpm Fossa paramediana, Lo Lobus olfactorius, S!p Sulcus lateralis post., Smp Sulc. medianus post., Te Tuberculum cinereum. Fig. 91. Perameles obesula. Basalansicht. Aav Vereinigungsstelle der Aa. vertebrales, Cee Crus corporis candicantis (das Corpus candicans selbst ist nicht bezeichnet), Otr Corpus trapezoides, Dp Decussatio pyramidum, Dr Depressio rhinalis temporalis, FZ Flocculus, Ph’ basales Endstück der Fissura hippocampi, Mtol Margo tractus olfactorii lateralis, F'br Fissura basirhinalis, Frhm Fissura rhinalis medialis, Lo Lobus olfactorius, P Pons, Py Pyramis, Spa Subst. perforata antica, 7e Tuber cinereum mit Hypophyse (unbezeichnet) 7ro Tractus \ opticus, Trwl laterale Wurzel des Tractus olfactorius, 7rh Tuberculum rhinencephali, 7it Tri- "8 Miol Tolw gonum intertrapezicum, #7f unteres Trapezfeld. Fig. 92. Perameles obesula. Laterale Convexität. Doppelte Vergrösserung. Mtol Margo tractus olfactorii lateralis, MS Fiss. Sylvii, Zo Lobus olfactorius, 76 Tuberculum olfactorium, Tolw laterale Wurzel des Tractus olfactorius. sehr rasch von ca. 5 auf !/; mm. Am hinteren lateralen Pol des Tuberculum olfactorium verschwindet sie. An der- selben Stelle giebt sie auch occipitalwärts die letzten Belegfasern ab, welche die laterale Hälfte der Basalfläche des Temporallappens überziehen ; die mediale Hälfte scheint von Belegfasern ganz oder fast ganz frei. Dem hinteren lateralen Pol des Tuberculum olfactorium lagert sich occipitalwärts eine kleine Erhebung von etwas über 2 mm Länge und L!/, mm Breite an. Man gewinnt den Eindruck, dass die laterale Tractuswurzel in dieser Erhebung, welche ich als Tuberculum rhinencephali bezeichne, endigt. Die soeben erwähnten occipitalsten Belegfasern verlaufen lateralwärts von dem Tuberculum rhinencephali. Auf Fig. gr sind sie nicht mit- gezeichnet. Ihre Schicht scheint erheblich dünner als diejenige der Belegfasern der lateralen Convexität. Im Oceipitaltheil biegt die Fissura rhinalis lateralis leicht nach oben ab. Die Tentorialfläche erreicht sie 112 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 112 nicht. Durchweg ist sie übrigens bei Perameles ziemlich seicht. Auf der Basalfläche des temporalen Rhinencephalons gewahrt man eine sagittal verlaufende Einbuchtung, welche ich als Depressio rhinencephali temporalis bezeichne. Diese findet sich auf allen Marsupialiern-Gehirnen (sehr schön z. B. auch bei Phas- colarctus cinereus), und stets verläuft in derselben ein grösseres Gefäss. Bei Zchidna verläuft in ihr die Fissura basirhinalis. Diese Einbuchtung findet sich nun stets auch bei Ferameles. Auf Fig. gı ist sie an der Schattirung auf der rechten Hemisphäre sofort zu erkennen. In dieser Einbuchtung verläuft allerdings oft keine scharfe, tiefe Furche, aber man kann doch oft auch in ihr eine seichte Furche erkennen, welche als Fissura basirhinalis zu bezeichnen ist. So ist sie z. B. auf der linken Hemisphäre der Fig. gı sehr gut ausgebildet. Auch auf Frontalschnitten kann man sich von der Richtigkeit dieser Deutung überzeugen. — Für das Tuberculum rhinencephali fehlt eine unmittelbare Homologie bei den seither betrachteten Mar- supialiern, doch findet man auch bei diesen den entsprechenden Theil des Rhinencephalons am lateralen hinteren Pol des Tuberculum olfactorium zuweilen etwas vorgewölbt. Mit dem früher erwähnten Tuber rhinencephali hat das Tuberculum rhinencephali natürlich nichts zu thun: letzteres liegt vor allem sehr er- heblich weiter frontalwärts als ersteres. Die laterale Convexität weist im Uebrigen nur eine tiefe und constante Furche auf, welche dem vorderen (frontalen) Mantelrand ungefähr parallel läuft. Sie ist im Durchschnitt 7 mm lang und ent- hält stets ein grösseres Gefäss. Den medialen Mantelrand erreicht sie niemals. Basalwärts endet sie nahe Fri Eh Fd OFaCgaCgpFp b I Fig. 93. Perameles obesula. Medialfläche. Doppelte Vergrösse- rung. Ca Commissura anterior, C' Conarium, Ce Corpus candicans, Cm Commissura media, Ss Commissura superior, Co Chiasma opticum, Cga, Cqp Corpus quadrigeminum anterius bezw. posterius, Or Corpus trapezoides, #h Fissura hippocampi, Faa, Fap vorderes, bezw. hinteres Ringbündel, Fu Fascia dentata, frontalwärts in die Area praecommis- suralis übergehend, Fa, Fp Fastigium ant. bezw. post. des Aquädukt- ventrikels, Prhm Fiss. rhinalis medialis, Frl Fossa rhinalis lateralis, G%p Ganglion interpedunculare, H Hypophysis, Lo Lobus olfactorius, No Nervus opticus, P Pons, Ri Ramus impendens arboris vitae, 76 Tuber- culum olfactorium. Der hintere Contour des Kleinhirns ist gestrichelt, weil hier eine Läsion der Oberfläche vorlag. I Te: 1 I I f IN In vo 2020 S] >} SERESEE nl S der Belegschicht und steht durch eine seichte Gefässfurche zuweilen in scheinbarer Verbindung mit der Fissura rhinalis lateralis. Ich bezeichne sie mit «, weil mir die Homologie mit der Furche «a, bezw. auch «’ des Gehirns von Macropus etc. am wahrscheinlichsten ist. Eine ziemlich constante, aber sehr kurze Furche findet sich neben dem medialen Mantelrand. Man kann an Homologie mit A oder e denken. Erwägt man, dass bei Perameles alle Grosshirntheile occipitalwärts verschoben erscheinen, so wird man die letztere Homologie vorziehen. Demgemäss ist die Bezeichnung auf der Figur gewählt. Von der Fiss. rhinalis lateralis geht eine Gefässfurche aus, welche offenbar der sog. Syrvr'schen Furche (Z'S) entspricht. Sie enthält eine Arterie und theilt sich weiterhin mehrfach. Nahe ihrem Ursprung aus dem Margo tract. olf. lateralis ist #/S meist etwas tiefer. Die obere Lippe des Margo tract. olf. lat. erscheint daher spurweise eingekerbt. ES lässt sich auch über den Margo tract. olf. lat. hinaus auf der Oberfläche des Rhinencephalon bis zur Fiss. rhinalis lat. verfolgen. Diese erscheint daher gleichfalls gekerbt. Eine Gefässfurche og ist am hinteren Mantelrand nicht erkennbar. Eine ziemlich tiefe Gefässfurche findet sich im temporalen Theil des Rhinencephalon. Sie entspringt aus einer Kerbe im Margo tract. olf. lat. und lässt sich meist nicht über das Rhinencephalon hinaus verfolgen. Wahrscheinlich entspricht sie der Furche d des Macropus-Gehirns. Die Medialfläche (s. Fig. 93) zeigt zunächst die Spalte zwischen der Medialfläche des Stirnlappens und der Medialfläche des Lobus olfactorius. Diese Spalte ist die Fissura rhinalis lateralis. Sie ist ca. 31/, mm lang und setzt sich in einer Gefässfurche noch weiter basal- und occipitalwärts fort. Die Facies olfactoria 113 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 113 ist sehr klein, da die Abschnürung des Rhinencephalons schon I!/;, mm hinter dem Frontalpol stattfindet. Der Lobus olfactorius wölbt sich kappenförmig über das ganze Rhinencephalon. Die Fissura rhinalis lateralis lässt sich wie stets bis auf die Medialfläche als tiefer Einschnitt verfolgen. Eine Eigenfurche der Facies olfactoria kann ich nicht finden. Die Fissura hippocampi liegt in sehr grosser Ausdehnung frei. Entfernt man Zwischen-, Mittel- und Hinterhirn, so überblickt man ihren ganzen Verlauf. Es hängt dies damit zusammen, dass eine versteckte Hilusfläiche den Hemisphären vollständig fehlt. Damit bekommt auch die Area praecommissuralis eine ganz andere Form. Sie endet hinten-oben nicht mit einem spitzen Winkel, sondern sie stellt ein ca. 1'/, mm breites Band dar, welches ohne spiralige Drehung in die Fascia dentata übergeht. Dem Occipitalpol nähert sich die Fissura hippocampi bis auf 3—4 mm. Auch nach ihrer occipitalen Umbiegung zum Temporallappen bleibt sie immer frei auf der Medialfläche sichtbar. Eine Hilusfläche fehlt auch hier fast ganz. Auf dem Temporallappen wendet sie sich so weit abwärts, dass sie schliesslich sogar auf der Basalfläche erscheint. Vergl. gı Fh‘. Sie ist allerdings hier bereits sehr seicht. Sehr erschwert wird die Orientirung hier durch eine ganz eigenthüm- liche Knickung der Medialfläche. Die Knickungslinie verläuft in annähernd horizontaler Richtung vom inneren Rand der Fimbria (s. unten) bis zur Fissura hippocampi. Der Knickungswinkel ist medialwärts offen und beträgt etwas über 90°. Der obere Abschnitt der Medialfläche steht mehr vertical, der untere mehr horizontal. Die ganze Configuration erinnert in vielen Punkten an die Uncusbildung mancher Pla- entalier. Bei oberflächlicher Betrachtung verfällt man dem Irrthum, als setze sich die Fissura hippocampi in die Knickungsfurche fort. Die Furchen o und z fehlen gänzlich. Die Furche v ist vorhanden, aber sehr seicht und gewöhnlich nur ca. 3 mm lang. Ihr Abstand von der F. hippocampi beträgt I!/,—2 mm. — Der weisse Belag der Fasern des Tractus olfactorius reicht nicht bis auf die Medialfläche. Für die Configuration der Basalfläche ist am charakteristischsten, dass durch die starke Ent’ wickelung des Lobus olfactorius und des Tuberculum olfactorium das Chiasma stark occipitalwärts ver- lagert wird. Vergl. Fig. gr. Der Isthmus zwischen den beiden Schläfenlappen misst an der engsten Stelle ca. 7 mm. Das Tuberculum olfactorium erscheint fast kreisrund und prominirt sehr stark. Der sagittale Durchmesser beträgt ca. 6, der frontale ca. 7 mm. Die Fissura rhinalis medialis zeigt den typischen Verlauf. Auf der Medialfläche lässt sie sich — senkrecht aufsteigend — noch fast 3 mm weit verfolgen (vergl. Fig. 93). Der Lobus olfactorius selbst ist 8!/, mm lang und 7 mm breit. Der Verlauf der lateralen Wurzel des Tractus olfactorius ist oben (S. IILIff.) bereits ausführlich dargestellt worden. Die Facies olfactoria entbehrt der Belegfasern, ebenso, soweit die Lupe zu urtheilen erlaubt, auch das Tuberculum olfactorium. 3) Commissuren. Die Commissura anterior ist auf dem Medianschnitt elliptisch. Die Durchmesser des medianen Querschnitts betragen 2 und 1!/, mm. Der absolute Flächeninhalt des Querschnitts beträgt sonach nur 2,4 qmm und der relative Flächeninhalt nur ca. '/,,o0- Besser ist die Commissura superior entwickelt. Ihr medianer Querschnitt hat die auf Fig. 93 dargestellte Form. Höhe und (sagittale) Länge betragen ca. 2!/, mm. Das vordere Ringbündel ist ca. 1!/, mm breit, das hintere wesentlich schwächer. Auf Bruchpräparaten kann man sich ohne Schwierigkeit überzeugen, dass weitaus die meisten Fasern der Commissura anterior in die Pars frontalis und zwar in den Lobus olfactorius gelangen. Von der medianen Mantelwand ist der mediale Rand der Pars frontalis etwas über 2 mm entfernt. Jenaische Denkschriften. VI. 15 Sem on, Zoolog, Forschungsreisen. III. II4 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier II4 Der weitere Verlauf der Commissura superior deckt sich im Wesentlichen mit dem der übrigen Marsupialier. Die beistehende Fig. 94 stellt die obere Hälfte eines Frontalschnitts dar, welcher vom Occi- pitalpol 7!/;, mm entfernt ist. Die Fascia dentata erscheint mehr hellgrau und ist 1!/;, mm breit. Die Fasermasse der Commissura superior hat die typische Becherform und zerfällt in 3 Antheile: 1) den freien oder Fimbria-Antheil (f); 2) den Alveusantheil (al), welcher die mediale Wand des Seitenhorns bildet, und 3) einen zwischen der freien Fascia dentata und dem Nucleus alvei eingefalzten Antheil (£). Der Nucleus alvei hebt sich sehr scharf als eine grosse ovale Masse ab. Die Durchmesser betragen etwas über 2, bezw. etwas über 3 mm. Er zeigt — namentlich auf dem Frontalpol näher gelegenen Schnitten — eine bedeutungsvolle ringförmige weisse Zeichnung (etwa vergleichbar derjenigen des Corpus geniculatum laterale bei vielen Placentaliern). Auf Fig. 94 ist sie naturgetreu wiedergegeben. Die Fiss. hippocampi Na schneidet nicht senkrecht, sondern schräg parietalwärts ein und biegt schliesslich Se kr hakenförmig ventralwärts ab. Von dem Rindengrau sticht der Nucleus alvei Ih. in seinem lateralen, oberen und unteren Theil durch dunklere Farbe ab. ea wr \ Kappenartig scheint er die Rinde im Grund der Fissura hippocampi zu um- Nl-==-—- == fassen. Diese Rinde selbst verräth durch ihre eigenthümliche Zeichnung eine complieirte Fältelung, welche im mikroskopischen Theil eingehend beleuchtet Fig. 94. Perameles obesula. werden wird. Oberer Theil des Frontalschnitts Die Fascia dentata folgt auch weiterhin ganz der Fiss. hippocampi; einer Hemisphäre 7'/, mm vor dem , : R F : Occipitalpol. Dreifache Vergrös- ihre Breite steigt dabei allmählich auf ca. 2 mm. An der oben erwähnten serung. Or Corona radiata, Cstr Corpus striatum, Fd Fascia den- tata, 7% Fissura hippocampi, Na nicht mehr zu verfolgen. Am schmalsten ist die Fascia dentata da, wo sie Nucleus alvei, Sea Subiculum cornu Ammonis, Sk Seitenhorn, 7ho Oberfläche des Thalamus opticus, talen Säuger entsprechen würde. Das angrenzende Subiculum cornu Ammonis al Alveus-Antheil, ff Fimbria-An- _ 2 3 theil, i an die freie Fascia dentata 1st an derselben Stelle breiter und etwas vorgewölbt. Eine Kerbung der Ober- angrenzender Antheil der Faserung der Commissura superior. Knickung ist sie ebenfalls betheiligt. Jenseits derselben ist sie oberflächlich basalwärts umbiegt, also etwa an der Stelle, welche dem Splenium der placen- fläche ist nirgends sichtbar. Der Sulcus fimbriodentatus (s. S. 102) ist sehr deutlich, der Sulcus fimbriae sehr schwach ausgeprägt. Im Bereich des Oeccipitalhirns ist der Antheil t ca. 2 mm, der Fimbriaantheil fast 2 mm breit. Ueber die letzte Endigung der Fimbria jenseits der Knickung lässt sich auf Grund der makroskopischen Betrachtung kein sicheres Urtheil gewinnen. c) Zwischenhirn und Schweifkern. Dritter Ventrikel und Seitenventrikel. «) Dritter Ventrikel und Bodengebilde. Die Configuration des 3. Ventrikels ergiebt sich aus Fig. 93. Allerdings vermochte ich die basalen Grenzen nicht ganz sicher festzustellen. DieCommissura media hat einen Durchmesser von fast 4 mm. Das Chiasma opticum erscheint im Medianschnitt elliptisch. Die Durchmesser der Ellipse messen reichlich 1!/, und ®/, mm. Der Nervus opticus ist im Querschnitt kreisrund. Der Tractus opticus stellt ein breites Band dar (1°/, mm). Das Tuber cinereum ist 3 mm lang. Die Hypophyse fand ich auf meinen Gehirnen stets nach hinten umgelegt, so dass sie den Corpora candicantia auflag. Sie ist reichlich 2 mm lang. Eine Theilung in 2 Lappen ist makroskopisch nicht zu erkennen. Die Corpora candicantia lassen wie bei allen seither betrachteten Marsupialiern sehr deutlich eine mediane Furche erkennen. Jedes Corpus candicans hat einen sagittalen Durchmesser von I!/, und einen frontalen von 2 mm. Die Crura corporum candicantium heben sich durch hellere Farbe auf dem seitlichen Abhang des Tuber cinereum ziemlich deutlich ab. 115 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 115 d) Thalamus opticus. Der Sehhügel überflügelt das Mittelhirn nur um kaum '/, mm. Der grösste frontale Durchmesser beträgt ca. 5 mm, der grösste sagittale auf der Medianfläche 4!/;, mm. Die Insertion des Tractus opticus bietet keine Besonderheit. Eine hintere Wurzel ist makroskopisch nicht zu erkennen. Ein Corpus geni- culatum laterale hebt sich nicht deutlich ab. Die Habenula ist an ihrer breitesten Stelle fast 1!/, mm breit. Das Conarium war nicht so gut erhalten, dass ich bestimmte Maassangaben wagen könnte. y) Nucleus caudatus und lentiformis. Seitenventrikel. Der Nucleus caudatus zeigt occipitalwärts von der vorderen Commissur eine fast senkrecht stehende Ventrikelfläche. Die Wölbung dieser Fläche entspricht der leichten Concavität zwischen dem Fimbriaantheil und dem Alveusantheil der Commissura superior. Vergl. den Frontalschnitt der Fig. 94. Der vordere Rand des Kopfes des Nucleus caudatus ist fast 5 mm vom Frontalpol entfernt. Der Nucleus lentiformis ist reichlich 4'/, mm hoch. Basalwärts verschmilzt er allerdings mit der grauen Substanz des Tuberculum olfactorium, doch ist durch seine dunklere Farbe eine Abgrenzung gegen letz- teres ohne Schwierigkeit möglich. Ein Claustrum konnte ich nicht auffinden. Die Capsula externa ist relativ breit. Die Form und Lage des Seitenventrikels stimmt mit derjenigen der übrigen seither betrachteten Marsupialier überein. Die Spitze des Vorderhorns ist 4!/, mm vom Frontalpol, der Scheitelpunkt des parietalen Seitenhorns von der Convexität 2!/, mm, der hinterste Punkt des Seitenhorns vom Occipitalpol ca. 3 mm entfernt. Der tiefste Punkt des Unterhorns liegt nur I!/; mm über der basalen Oberfläche des Temporallappens. Die Depressio rhinalis bedingt eine deutliche Hervorwölbung des Bodens des Unter- horns (bezw. unteren Seitenhorns). Obliterationen habe ich nicht gefunden. d) Mittelhirn. e) Vierhügel. Der vordere Vierhügel misst jederseits fast 4 mm im frontalen und reichlich 4 mm im sagittalen Durchmesser. Die Form gleicht derjenigen eines rechtwinkligen sphärischen Dreiecks. Der rechte Winkel bildet die mediale vordere Ecke. Die Oberfläche ist grau. Die Lagebeziehung zum vorderen Vierhügel- arm und zum Sehhügel ist die typische. Das Trigonum subpineale ist sehr schmal und sehr tief. Der hintere Vierhügel misst jederseits 3°/;, mm im frontalen und knapp 3 mm im sagittalen Durchmesser. Er wölbt sich stärker vor als der vordere Vierhügel. Auch ist er mehr weisslich als grau. Der hintere Vierhügelarm ist reichlich 1!/, mm breit. Der Sulcus quadrigeminus medianus ist zwischen den vorderen Vierhügeln scharf und tief, zwischen den hinteren breit und flach. Erst am hinteren Rand der hinteren Vierhügel wird er wieder tiefer. Ein Frenulum veli medullaris antici ist angedeutet. Der Sulcus quadrigeminus transversus und namentlich der Sulcus interbrachialis sind sehr seicht. Das Corpus geniculatum mediale springt sehr scharf vor. Auffälligerweise liegt es grössten- theils vor der Sehhügel-Mittelhirnfurche, scheint also der seitlichen hinteren Sehhügelfläche aufzusitzen. Seine Durchmesser betragen reichlich 2 und ı'/), mm. Nicht uninteressant ist die Thatsache, dass der Höcker des Corpus gen. med. ziemlich genau in die oben erwähnte Knickung im unteren hinteren Abschnitt der Medialfläche hineinpasst. Dass eine hintere (mediale) Tractuswurzel makroskopisch nicht zu finden ist, wurde bereits erwähnt. 8) Hirnschenkel. Der Abstand des vorderen Ponsrandes vom hinteren Rand der Corpora candicantia beträgt in der Luftlinie nur ca. I mm. Die Oberfläche des Fusses liegt nur ca. 2 mm weit frei. Der N. oculomotorius 15* 116 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 116 entspringt hart am vorderen Ponsrand, 2 mm von der Medianlinie entfernt. Das Ggl. interpedunculare ist sehr stark entwickelt (vergl. Fig. 93). Die Seitenfläche des Hirnschenkels liegt nur in sehr geringer Ausdehnung frei. Die laterale Schleife ist sehr mächtig. Zwischen ihr, dem Fuss und dem hinteren Vierhügelarm (und Corp. genic. med.) bleibt nur ein sehr schmaler, dreieckiger, hellgrau gefärbter Raum, welcher in der mikroskopischen Beschreibung specieller dargestellt wird. Der Sulcus lateralis mesencephali ist fast ganz verstrichen, aber doch durch die Farbendifferenz zwischen den weissen Längsbündeln des Fusses und der grauen Seitenfläche der Haube deutlich markirt. Tractus peduncularis transversus und Taenia pontis scheinen zu fehlen. y) Aquaeductus Sylvii. Ein Medianschnitt ist auf Fig. 93 dargestellt. Die beiden Fastisia des Aquäductventrikels sind sofort zu erkennen. Das hintere ist spitzer und höher. Die hintere Wand des Aquäductventrikels wird grösstentheils von der sehr dünnen Lamelle des Velum medullare anticum gebildet. Auf einem zwischen beiden Fastigien durch den Sulcus quadrigeminus transversus geführten Frontal- schnitt erscheint der Aquäduct fast kreisrund. Sein Durchmesser beträgt hier 1?/,—ı°/, mm. Das Höhlen- grau hat über ihm eine Breite von I mm, an seiner Seite eine Breite von reichlich 1!/, mm. Die abstei- gende Quintuswurzel hebt sich schon makroskopisch sehr deutlich ab. Auf die übrigen Verhältnisse komme ich im mikroskopischen Theil zurück. Die Länge des Aquäducts beträgt — in der Luftlinie vom vorderen zum hinteren Endpunkt — 4'!/; mm. Die Vierhügel überragen ihn also — ähnlich wie bei jedem Embryo — beiderseits erheblich. e) Hinterhirn. e) Kleinhirn. Leider war das Kleinhirn auf allen Exemplaren mit Ausnahme eines einzigen, welches für die mikroskopische Untersuchung verwandt wurde, etwas verletzt. Vergl. die Figurenerklärung zu Fig. 93. Der Breitendurchmesser beträgt incl. Flocke bis zu 22 mm, der Längsdurchmesser ı1!/,, der Höhendurch- messer 8 mm. In der Dorsalansicht fällt die Spärlichkeit der Furchen auf. Vergl. Fig. go. Der Wurm ist ır!/, mm lang und an der breitesten Stelle fast 8'/, mm breit. In seinem vorderen Abschnitt findet sich nur eine einzige seichte Furche, welche dem Lobus impendens angehört. Es folgen dann noch 4-6 Furchen im hinteren Theil. Die Fossa paramediana stellt nur eine sehr seichte Depression dar. Nirgends tritt ein weisses Markfeld zu Tage. Eine Fovea paramediana (vergl. S. 64) ist angedeutet, die Fossa lateralis fehlt ganz. Die Flocke ist gut ausgebildet. Auf meinen Exemplaren war sie nicht so vollständig erhalten, dass ich eine genauere Beschreibung geben könnte. Sehr charakteristisch ist die Furchung der Ventralfläche des Wurms. Ich habe sie auf Fig. 95 dargestellt. Das Velum medullare anterius ist entfernt. Das Fastigium stellt einen sehr schmalen Spalt (Fv,) dar. Die Bindearme sind nahe ihrem Eintritt durchschnitten (Be). Der Lobus impendens bildet den vorderen Rand. Alsdann folgen 4 tiefere Furchen, welche durchaus den Furchen b, c, d und e des Macropus- Kleinhirns entsprechen. Die Furchen 5 und ce bilden einen vollständigen Halbkreis, dessen Convexität fron- talwärts gerichtet ist. Die Furchen d und e verlaufen in flacherem Bogen. Die Convexität der Furche d ist frontalwärts, diejenige der Furche e occipitalwärts gerichtet. Dadurch werden 4 Lappen abgegrenzt, welche ich mit römischen Ziffern bezeichnet habe. Der zweite und vierte zerfallen durch seichte Unterfurchen in Unterlappen. 117 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 117 Auf dem vierten ist eine sagittale Medianfurche angedeutet. Der erste und der zweite liegen tiefer; diese Ein- buchtung entspricht der hinteren Vorwölbung der hinteren Vierhügel. Der dritte Lappen ist oval gestaltet und springt sehr stark vor. Er misst im Sagittaldurchmesser reichlich 3!/, mm. Keine der eben genannten Furchen setzt sich auf die Hemisphären fort. Diese haben vielmehr ihre eigenen Furchen; die zwei stärksten sind auf der Figur mit m und n bezeichnet. Die Fossa paramediana stellt sich auf der Ventralfläche als eine breite Depression dar, in welcher die Seitenarme der Furchen b und c verlaufen. Der untere hintere Lappen — ich wähle die Bezeichnung entsprechend dem unteren hinteren Ast des Arbor vitae (vergl. S. 65) — ist an der Bildung der Ventralfläche nur in geringerer Ausdehnung betheiligt. Ausgehend von dieser ÖOberflächenbetrachtung und Fpm dem Vergleich mit dem Macropus-Gehirn, wird man auch \ auf dem Medianschnitt des Arbor vitae der Fig. 93 sich ohne Schwierigkeit orientiren. Die Furchen b, c, d und e sind mit Bezeichnungen versehen, ebenso der Ramus impendens des Arbor vitae. Jedem der zwischen b, c, d, e und dem Fastigium ventriculi quarti gelegenen Lappen ent- spricht ein Ast des Arbor vitae. Ich habe daher die Aeste mit den römischen Ziffern der zugehörigen Lappen bezeichnet. Der Unterschied gegen das Macropus-Gehirn besteht nur darin, dass bei diesen die Zusammengehörigkeit der Strahlen Bar Wanelfikie ke REHNEnRe von II, III und IV zu einem Hauptast des Arbor vitae, dem Perameles obesula. Dreifache Vergrösserung. Die Asym- metrien sind naturgetreu wiedergegeben. Be Quer- schnitt des Bindearms. Das Velum medullare anticum ergiebt jedenfalls, dass der Ast I dem vorderen oberen Ast, ist entfernt worden. Fpm Fossa paramediana, Fo, Fa- 2 stigium des 4. Ventrikels, Vpi Vermis posterior inferior, die Aeste /7, III und IV zusammen dem unteren vorderen Zi Lobus impendens. Die Bedeutung der lateinischen Buchstaben und Ziffern ergiebt sich aus dem Text. unteren vorderen, augenscheinlicher ist. Dieser Vergleich Ast entsprechen. Die Grenzfurche zwischen dem hinteren oberen und hinteren unteren Lappen (g des Macropus-Kleinhirns) kann ich wegen der erwähnten Läsion in dieser Gegend leider nicht sicher angeben. Das Gewicht des ganzen Kleinhirns beträgt annähernd 0,7 g (Härtung in MÜLLERr’scher Flüssig- keit, Nachhärtung in Alkohol). ß) Pons Varoli. Die sagittale Breite der Brücke beträgt in der Medianlinie nur wenig über 3 mm. Der hintere Rand springt in der Mittellinie eher etwas vor. Der Sulcus basilaris ist vorn tiefer als hinten. Der Trigeminus ist bei seinem Ursprung über 3 mm breit. Er liegt dem hinteren Ponsrand so nahe, dass nur ein schmales Bündel von Querfasern hinter ihm zu erkennen ist. Eine Spaltung in 2 Wurzeln ist nicht deutlich. Im Ganzen ist die Brückenformation sehr flach. Der Angulus pontis ist von der Medianlinie ca. 6 mm entfernt. Die Breite des Brückenarms beträgt am Angulus pontis I?/, mm. Der Abstand des medialen Randes der Trigeminuswurzel vom Sulcus basilaris beträgt 2!/, mm. ) Fossa rhomboidea. Ventriculus quartus. Die Länge der Rautengrube beträgt in der Luftlinie von der Oeffnung des Aquäducts bis zur Oeffnung des Centralkanals 8!1/, mm. Der vordere und der hintere Abschnitt stossen in einem Winkel von ca. I45° zusammen. Die sagittale Länge des ersteren beträgt 5 mm, diejenige des letzteren fast 5'/, mm. Die Grenze ist etwa ebenso scharf wie bei Pseudochirus. Die Niveaudifferenz zwischen den Kuppen der hinteren Vierhügel und dem vorderen Abschnitt beträgt 4!/, mm, die Niveaudifferenz zwischen ersteren und 118 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 118 dem hinteren Abschnitt fast 7 mm. Der Sulcus medianus rhombi ist im vorderen Theil des hinteren Ab- schnitts am seichtesten. Die grösste Breite der Rautengrube kommt auf 8 mm. Striae acusticae fehlen auch hier. Allerdings sieht man im vorderen Theil des hinteren Abschnitts eine Schicht oberflächlicher Querfasern über den Sulcus medianus ziehen, indessen lassen sich diese beiderseits kaum I mm weit ver- folgen. Die Strickkörper divergiren anfangs unter spitzem, dann unter sehr stumpfem Winkel. Der Gorr’sche Strang ist knapp ®/,, der BurDac#’sche knapp I!/, mm breit. Eine Clava ist nicht zu erkennen. Auch das Tuberculum cuneatum ist sehr flach. Die Trennungsfurche zwischen GorL’schem und BurpacH’schem Strang (Sulcus paramedianus post.) lässt sich sehr weit cerebralwärts verfolgen. Das Tuberculum cinereum ist fast 2 mm breit. Das Relief des Rautenbodens gleicht demjenigen von Phascolarctus. Nur ist die Ala cinerea schmäler. Der Torus acusticus ist wiederum hornförmig Die Eminentia lentiformis misst 2°/, und I’/, mm im Durch- messer. Zwischen Torus und Trigonum acusticum fehlt jede Grenze. Zwischen den Bindearmen ist die Rautengrube nur 3 mm breit. Fossa und Eminentia anterior fehlen. Dagegen ist die bei Pseudochirus erwähnte Erhebung im vorderen Rautenabschnitt sehr deutlich ausgesprochen. f) Nachhirn. Eine Decussatio pyramidum scheint bei oberflächlicher Betrachtung ganz zu fehlen. Man kann jedoch mit der Lupe feststellen, dass 9—-Io mm unterhalb des hinteren Ponsrandes der Sulcus medianus anterior etwas verstrichen ist und einzelne spärliche Bündel von der Seite in ihn eintreten. Der frontale Durchmesser der Oblongata beträgt in der oberen Grenzebene II—I2 mm, in der unteren 5!/, mm. Die Theilungsstelle der Arteria basilaris liegt ca. 8 mm unterhalb des hinteren Ponsrandes. Eine Pyramide scheint am hinteren Ponsrand zunächst ganz zu fehlen. Erst genauere Betrachtung lehrt, dass beiderseits neben dem Sulcus medianus anterior ein dünner, schmaler (ca. ?/, mm) Zug von Längsfasern verläuft. Nimmt man die Lupe zu Hülfe, so sieht man, dass diese dünne Längsfaserschicht bis auf eine Breite von 2!/, mm sich ausdehnt. Ihre seitlichen Züge entgehen bei der Betrachtung mit blossem Auge, weil Trapezfasern in dünner Lage über sie hinwegziehen. Unterhalb des Corpus trapezoides hebt sich die Pyramide schärfer ab. Sie ist hier fast 1!/, mm breit. Im Bereich des unteren Trapezfeldes wird sie erheblich breiter (2 mm) und flacher, um dann schliesslich sich fast unmerklich zur Decussatio pyramidum zuzuspitzen. Das Corpus trapezoides (oberes Trapezfeld) wölbt sich sehr stark vor. Der sagittale Durch- messer beträgt reichlich 3 mm. Das Verhältniss zu der Pyramide wurde eben bereits besprochen. Auf seiner Oberfläche verläuft eine Längsfurche, welche nahe dem medialen Rand des Trigeminusursprungs beginnt und leicht medialwärts concav ist. Auf Fig. gı ist sie eingetragen, aber unbezeichnet geblieben. Sie entspricht dem Sulcus paralateralis anterior (vergl. S. 68}u. 95), wenigstens in ihrem oberen Abschnitt (s. unten). Das unterste Bündel des Corpus trapezoides ist meist durch einen schmalen Spalt von der Haupt- masse getrennt. Der Acusticusursprung reicht spinalwärts noch etwas über dies Bündel hinaus. Lateral vom Acusticusursprung wölbt sich die Oberfläche des Strickkörpers stärker vor. Die specielle Bedeutung dieser Vorwölbung ergiebt sich erst aus der mikroskopischen Betrachtung. Das Trigonum intertrapezicum ist relativ schmal, aber stets deutlich erkennbar. Uebrigens schwankt seine Ausdehnung von Gehirn zu Gehirn innerhalb ziemlich weiter Grenzen. Seine Mitte wölbt sich etwas vor. Das untere Trapezfeld ist sehr mächtig. Seine Breite beträgt in sagittaler Richtung ca. 4 mm. Seine Fasern lassen sich bis zu dem an den Torus acusticus und die Eminentia lentiformis anstossenden 119 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 119 Theil des Corpus restiforme verfolgen. Die oben erwähnte Längsfurche des Corpus trapezoides lässt sich gewöhnlich noch über das Trigonum intertrapezicum hinweg auf das untere Trapezfeld verfolgen. Von der complicirten oberflächlichen Faserkreuzung, wie ich sie für Phascolaretus beschrieben, kann ich nichts bemerken. Auch ein Fasciculus longitudinalis lateralis fehlt. Die Ursprünge des 9.—ı2. Hirnnerven bieten, soweit ich sie feststellen konnte, keine Be- sonderheiten. Die Dorsalfläche des Nachhirns bietet ähnliche Verhältnisse wie bei Phascolaretus. Die beiden Gorr’schen Stränge verschmelzen unmittelbar unterhalb der Apertura canalis centralis zu einem sehr schmalen (knapp !/, mm breiten) unpaarigen Strang. Ein Sulcus medianus posterior fehlt, dagegen ist der Sulcus paramedianus dorsalis zu beiden Seiten des unpaaren Gorr’schen Strangs sehr scharf entwickelt. B. Rückenmark. Der frontale Durchmesser des oberen Cervicalmarks beträgt 5, der ventrodorsale 4!/, mm. Einen Sulcus medianus posterior vermisse ich auch weiterhin im Cervicalmark. Der Sulcus paramedianus posterior bleibt deutlich. Die Form der grauen Substanz ist insofern auffällig, als die Vorderhörner ventralwärts sehr spitz zulaufen. Der Apex des Hinterhorns biegt stark lateralwärts ab. Der Processus reticularis ist sehr gut entwickelt. Besonders mächtig wölbt sich auch die hintere laterale Ecke des Vorderhorns vor. Literatur über das Gehirn von Perameles. Hirnfurchung. Owen giebt nur kurz an, dass die freie Oberfläche des Gehirns von Perameles ungefurcht sei'!). Bei TURNER finden sich keine Angaben. ELLIOT SMITH hebt die geringe Entwickelung des Hirnmantels mit Recht hervor?). Die von ihm erwähnte leichte Depression der Medialfläche des Lobus olfactorius?) finde ich auch auf meinen Gehirnen eben angedeutet. Die weiteren Angaben über die Fissura rhinalis (ibid. S. 173 ff.) sind zu unbestimmt. Commissuren. Error SuımH 1) giebt in einer älteren Arbeit eine schematische Darstellung der Commissuren bei Perameles nasuta. Er unterscheidet einen ventralen und dorsalen Schenkel der Commissura superior, welche sich zu einem Splenium vereinigen (meet posteriorly in a „splenium“). Diese „Schenkel“ entsprechen etwa den oberen Stücken meiner beiden Ringbündel. Den ventralen Schenkel leitet er von der „Fimbria“ ab), welche sich aus den Fasern des absteigenden Theils des Hippocampus zusammensetzt, den dorsalen Schenkel aus Fasern des dorsalen oder horizontalen Theils des Hippocampus. Die Masse zwischen den beiden Schenkeln bezeichnet er als Septum lucidum, insofern sie aus der verdickten Lamina terminalis hervorgegangen sei. Aus schriftlichen Mittheilungen des Verf. ersehe ich, dass er selbst in dieser Meinung wankend geworden ist. Ich werde darauf später zurückkommen. Die starke Entwickelung des Tuberculum olfactorium hebt er mit Recht hervor °). Ueber die Commissura anterior schreibt er: „the anterior commissure passes around the corpus striatum as an external capsule to reach the various regions of the mantle‘“”). Der makroskopische Augenschein ist dieser Auffassung sehr ungünstig. In welchem Maasse ein solcher Verlauf wenigstens für einige Bündel der Commissura ant. gilt, werde ich im mikroskopischen Theil erörtern. ı) Anat. of Vert., Vol. III, p. 104. 2) Proceed. Linn. Soc., 1894, p. 648. 3) Transact. R. Soc. S. Austr., 1895, p. 172. 4) Morphology of the true limbic lobe etc. Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 189, Fig. 9. 5) Proc. Linn. Soc., 1894, p. 645; Journ. An. Ph., Vol. XXX, p. 190. 6) Journ. An. Ph., Vol. XXX, p. 187. 7) Proc. Linn. Soc., 1894, p. 647- 120 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 120 Die Fig. 7 der Notoryctes-Arbeit!) desselben Autors giebt einen „Querschnitt des Hippocampus‘‘ wieder, welcher ungefähr meiner Fig. 94 entspricht. Die beiden Bilder stimmen im Allgemeinen überein. Die Entscheidung bezüglich einzelner Abweichungen wird im mikroskopischen Theil erörtert werden. Zwischen-, Mittel-, Hinter- und Nachhirn. Die Literaturangaben beziehen sich ausschliess- lich auf das Kleinhirn. Schon Owen kannte die Flocke bei Perameles?). Einige Angaben finden sich auch bei ErLıor SmitH®). Er giebt bereits an, dass die Fossa paramediana sehr seicht ist und das Mark in derselben nicht oberflächlich zu Tage tritt. Die Furchung berührt er nur ganz kurz; ganz so einfach, wie es danach scheinen könnte, ist sie nicht (s. oben). Die Flocke bezeichnet er als dreilappig. Ich schalte hier auch die in der Literatur vorliegenden Angaben über das Gehirn von Notoryctes typhlops ein, weil der Bau des Gehirns viele Aehnlichkeit mit demjenigen von Perameles besitzt. Sicher festgestellt ist die Zugehörigkeit der Gattung Notoryctes zur Familie der Perameliden zur Zeit noch nicht. Die Literatur beschränkt sich, da der erste Beschreiber dieses merkwürdigen Thieres, E. C. STIR- LING *), das Gehirn in einem für die Untersuchung ganz unbrauchbaren Zustand vorfand und daher auf alle Angaben verzichtete, auf eine ausführliche, sehr dankenswerthe Arbeit von ErLıor SmiTH5). Die wich- tigsten Angaben des Letzteren fasse ich im Folgenden zusammen. Allgemeine Form- und Maassverhältnisse. Der sagittale Durchmesser des Grosshirns beträgt I3 mm, wovon etwa !/, auf den Lobus olfactorius kommt. Der grösste Frontaldurchmesser beträgt 13, der grösste Höhendurchmesser IO mm. Grosshirnfurchung. Die Fissura rhinalis medialis (Fiss. radicis, HERRICK, oder endorhinal fissure, TURNER) liegt ähnlich wie bei Perameles. Die Lagebeziehung zur lateralen Wurzel des Tractus olfactorius ist dieselbe. Eine F. rhinalis lateralis (rhinal bezw. ectorhinal fissure) war nicht zu finden. Die temporale Ausbuchtung des Grosshirns (natiform eminence bei Smıt#) gleicht derjenigen von Peramele. Die Belegfasern scheinen ganz wie bei Perameles den unteren Theil der lateralen Convexität und auch das Tuber- culum olfactorium ©) zu überziehen. Andere Furchen scheinen auf der lateralen Convexität ganz zu fehlen. Auf der Medialfläche findet sich nur die Fissura hippocampi und — ganz freiliegend — der Sulcus fimbrio- dentatus. Die Fissura hippocampi reicht frontalwärts kaum über die Commissura superior hinaus (vergl. Fig. 3). Die Fascia dentata ist sehr breit. Die Area praecommissuralis erscheint in sagittaler Richtung nicht uner- heblich verkürzt. Auf der Basalfläche (Fig. 2) fällt die starke Prominenz des fast kreisrunden Tuberculum olfactorium auf. Der Lobus olfactorius birgt einen mit dem Vorderhorn zusammenhängenden Ventrikel. Ein Tuber- culum rhinale findet sich an ähnlicher Stelle wie bei Perameles. Es soll über dem vorderen Ende des Nucleus amygdalae liegen ?). Commissuren. Alle Verhältnisse gleichen hier im Wesentlichen denen von Perameles. Die Fimbria ist ausserordentlich breit. In der Commissura superior unterscheidet Smit# wie bei den übrigen Marsupialiern 1) Transact. Roy. Soc. S. Austr., 1895. Vergl. dazu die Bemerkungen p. 182. 2) Anat. of Vert., Vol. III, p. go. 3) Transact. R. Soc. S. Austr., 1895, p. 169. 4) Description of a new genus and species of Marsupialia — Notoryetes typhlops. Transact. of the Roy. Soc. of South Austr., Vol. XIV. N o The comparative anatomy of the cerebrum of Notoryetes typhlops. Transact. of the Roy. Soc. of South Austr., 1895 3. Sept.). 6) Bei ae kann ich auf dem Tuberculum olfactorium makroskopisch Belegfasern nicht finden. 7) p- 176. 121 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 121 splenium, dorsal limb und ventral limb. Die Fascia dentata liegt nicht wie bei Perameles etwas in den Hilus der Hemisphären hineingeschoben (vergl. meine Fig. 94), sondern in einem Niveau mit der übrigen Medialfläche (vergl. Fig. 6 von SmITH). Die Fissura hippocampi schneidet senkrecht ein. Die hakenförmige Umbiegung und complicirte Fältelung von Perameles (vergl. S. 114) fehlt. Die Faserung der Commissura superior zerfällt in dieselben Antheile wie bei Perameles, nur scheint sie sich etwas weiter über die Fascia dentata hinwegzulegen. Ventrikelsystem, Ganglien. Die Configuration der Ventrikel scheint ohne Besonderheit. Das Corpus striatum ist — nach Fig. 5 zu urtheilen — ziemlich mächtig. Basalwärts hängt es (bezw. der Linsenkern) vorn mit dem Tuberculum olfactorium, hinten durch den Nucleus amygdalae mit den Rhin- encephalon zusammen !). Die weiteren Angaben beziehen sich auf den Faserverlauf und sind daher erst im 2. Theil zu be- rücksichtigen. Ueber Zwischen-, Mittel-, Hinter- und Nachhirn fehlen alle Angaben. Familie 5. Dasyuridae. Subfamilie 1. Dasyurinde. Zu dieser Subfamilie gehören die Gattungen Thylacinus, Sarcophilus, Dasyurus, Phascologale, Sminthopsis und Antechinomys. Mir stand nur ein in Alkohol gehärtetes Gehirn von Dasyurus Geoffroyi GOULD zur Ver- fügung. I. Dasyurus Geoffroyi, Gour». A. Gehirn. a) Allgemeine Form- und Maassverhältnisse. Die Gesammtform ist in der Ansicht von oben diejenige eines Rhombus mit abgerundeten Ecken. Wie weit die Riechlappen den Stirnpol überragen, vermag ich nicht anzugeben, da erstere stark verletzt waren. Eine Ausschweifung des lateralen Hemisphärenrandes ist in der Ansicht von oben kaum bemerkbar. Der Isthmus zwischen den Schläfenlappen beträgt 3 mm. Die Gesammtlänge beträgt 2,6, die grösste Breite 2,0, die grösste Höhe 1,2 cm. Die verdickten Mantelränder laufen einander ca. I2 mm parallel. Sie diver- giren dann ähnlich wie bei Peramele. Zwischen ihnen erscheinen nicht nur die hinteren, sondern zum Theil auch die vorderen Vierhügel. Die Apertura canalis centralis liegt unmittelbar hinter dem hinteren Kleinhirnrand. Das Gewicht beträgt 2,8 g. M. WEBER?) wog ein Gehirn von Dasyurus viverrinus SHAW 8 frisch. Das Gewicht betrug 6 g (Körpergewicht 730 g, Körperlänge 36 cm). b) Secundäres Vorderhirn oder Grosshirn. Leider muss ich mich in Anbetracht der mannigfachen Verletzungen der Oberfläche des mir vor- liegenden Gehirns auf einige wenige Angaben beschränken. Hirnfurchung. Ob eine Fiss. rhinalis lateralis existirt, kann ich nicht entscheiden. Eine tiefere Ge- fässfurche scheint « zu entsprechen. Auf der Medialfläche ist die Area praecommissuralis ziemlich breit. Die Fissura hippocampi tritt bereits über der Commissura superior auf die Hilusfläche des Parietalhirns über. Auf Frontalschnitten im Bereich des hinteren Sehhügeldrittels ist sie I°/, mm tief. Die hakenförmige Um- biegung, wie sie Perameles zeigte, fehlt. Die Furche v vermag ich nicht aufzufinden. I) p. 186. 2) Festschr. f. GEGENBAUR, Leipzig 1896, p- 108. Jenaische Denkschriften. VI. 16 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 122 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 122 Commissuren. Die Commissura ant. erscheint auf dem Medianschnitt meines Gehirns als eine sehr längliche, eiförmige Fläche, deren grosse Axe von vorn-oben nach hinten-unten verläuft. Doch ist nicht ausgeschlossen, dass eine Druckdeformation vorliegt. Ich verzichte deshalb auf Zahlenangaben. Jedenfalls erscheint sie, verglichen mit der Commissura sup., relativ gross. c) Ventrikel. Schweifkern. Zwischenhirn. Die Höhe des 3. Ventrikels beträgt 6'!/; mm. Die Nervi optici sind sehr stark und divergiren fast gar nicht. Das Tuber cinereum misst im Sagittaldurchmesser 3 mm. Auf dem oben erwähnten Frontal- schnitt ist das Seitenhorn von der parietalen Convexität nur knapp 2 mm entfernt. Der Abstand von der lateralen Fläche der Convexität beträgt knapp 2'/;, mm. Die Oberfläche des Streifenhügels fällt nicht ganz so steil ab wie z. B. bei Perameles. d) Mittelhirn. Der vordere Vierhügel misst 4!/;, mm im sagittalen und 4 mm im frontalen Durchmesser. Dieselben Maasse betragen für den hinteren Vierhügel knapp 3 und knapp 4 mm. Der Lobus im- pendens des Kleinhirns verdeckt einen Theil der hinteren Vierhügel. Der Sulcus quadrigeminus medianus ist zwischen den vorderen Vierhügeln sehr scharf und tief, zwischen den hinteren breit und seichter. Die Kuppen der hinteren Vierhügel erscheinen daher weiter auseinandergerückt und gleichsam durch eine Commissur verbunden. e) Hinterhirn. «) Kleinhirn. Die mediane Länge beträgt in der Ansicht von oben II mm, die Breite (ausschliesslich der Flocke) 16 mm. Die maximale Breite des Wurms beläuft sich auf 5!/, mm. Die Fossa paramediana ist sehr deut- lich. In der Fovea paramediana tritt der Markkern breit zu Tage. Auch die Fossa lateralis ist gut ent- wickelt. Auf der dorsalen Fläche des Wurms zähle ich 6 Furchen. Auf dem Medianschnitt des Arbor vitae finde ich deren 13 tiefere und 2 seichtere. Vergl. Fig. 96. Der Lobus impendens läuft schmal-zungen- förmig zu. Die Furche db, welche ihn basalwärts begrenzt, ist die tiefste Furche des Medianschnitts. Bezüglich der folgenden Furchen könnte man in der Deutung zunächst schwanken und etwa geneigt sein, die mit b’ be- zeichnete Furche als c aufzufassen. Diese Auffassung wird durch einen Vergleich mit dem Kleinhirn anderer Marsupialier widerlegt. Namentlich eignet sich das Kleinhirn von Macropus ualabatus zu einem solchen Vergleich, weil hier der zwischen b und c gelegene Lappen gleichfalls etwas stärker Fig. 96. Dasyurus Geoffroyi. Me- entwickelt ist. Dazu kommt, dass das Ausbreitungsgebiet des oberen vor- dianschnitt des Kleinhirns. Dreifache Vergrösserung. Fv, Fastigium ventri- culi quarti, Zö Lobus impendens. etwa nur bis b‘) reicht. Der untere vordere Lappen zerfällt wie bei Macropus Ueber die Bedeutung der kleinen lateinischen Buchstaben ist der Text zu vergleichen. Lobus impendens vom unteren hinteren Lappen trennt, ist ohne weiteres deren Astes des Arbor vitae bis zu der mit c bezeichneten Furche (nicht durch die Furchen d und e in 2 Unterlappen. Die Furche g, welche den zu identificiren. Das unmittelbar unter ihr gelegene Läppchen springt zungenförmig weit spinalwärts vor. Die Furche f lässt sich nicht sicher identificiren. Ueber Flocke und Hemisphärenfurchung vermag ich genauere Angaben nicht zu machen. ß) Pons. Fossa rhomboidea. Ventriculus quartus. Die Brücke ist fast 4 mm breit. Ihr hinterer Rand scheint lateralwärts stark nach vorn abzu- weichen. Der Trigeminusursprung scheint ganz hinter dem hinteren Ponsrand zu liegen. 123 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 123 Die Rautengrube zeigt die bekannte Knickung. Die Niveaudifferenz zwischen ihrem tiefsten Punkt und den Kuppen der hinteren Vierhügel beträgt über 6 mm, ihre Länge (in der Luftlinie vom Aquäduct bis zum Centralkanal) 9!/, mm. Der 4. Ventrikel ist sehr niedrig. Die Höhe seines Fastigiums beträgt kaum mehr als I mm. f) Nachhirn. Die Pyramiden sind sehr deutlich; eine jede ist ziemlich genau I mm breit. Die Decussation scheint 8 mm unterhalb des hinteren Ponsrandes zu liegen. Das Corpus trapezoides ist am lateralen Rand der Pyramide knapp 3 mm breit, nimmt aber lateralwärts an Breite zu. Ein unteres Trapezfeld ist vorhanden. Ueber die Dorsalfläche vermag ich keine sichere Auskunft zu geben. Literatur über das Gehirn von Dasyurus. Allgemeine Form- und Maassverhältnisse. Nach Owen!) beträgt das relative Hirngewicht bei Dasyurus ursinus !/z30- Hirnfurchung. Bei den kleineren Dasyurus-Arten soll nach Owen?) jede Furchung der freien Oberfläche fehlen. Bei Dasyurus ursinus, dessen Gehirn er in der Dorsalansicht abbildet ), findet er „einige leichte Einkerbungen (indentations), unter welchen zwei die Anfänge der medilateralen Längswindungen anzeigen könnten“. Leider ist die Figur sc unklar, dass eine sichere Beurtheilung nicht möglich ist. Eine Furche, welche © + e entspricht, scheint vorhanden. Bei ELLIOT SMITH finden sich einige zerstreute Notizen über das Rhinencephalon. Er findet die Aehn- lichkeit zwischen den Monotremen und Dasyurus unter allen Marsupialiern am grössten *). Die Fissura rhinalis lateralis soll wohl ausgebildet sein®). Ausdrücklich bezeichnet er an mehreren Stellen Dasyurus als makrosmatisch. Commissuren. Nirgends finde ich irgendwelche bestimmtere Angaben. Zwischen-, Mittel-, Hinter-, Nachhirn. Das theilweise Freiliegen der Vierhügel hebt schon Owen hervor ®). Die Flocke soll vorhanden, aber weniger lang sein als bei Perameles, Macropus etc.?). Weitere Angaben habe ich nicht vorgefunden. Literatur über andere Dasyurinen. Unter diesen ist nur das Thylacinus-Gehirn durch die Arbeiten von FLOwER®) und BEDDARD°) etwas besser bekannt. OwEn giebt nur an!°), dass über dem hinteren Abschnitt der F. hippocampi eine kurze Furche verlaufe und dass die vordere Spitze der Hemisphäre durch eine tiefere transversal verlaufende Furche abgegrenzt werde (marked off), welche sich bis auf die innere, d. h. die mediale Fläche erstrecke. Die erstere Furche ist offenbar mit meiner Furche v identisch, die letztere könnte @ oder F'S entsprechen; da Owen keine Abbildung giebt, muss die Entscheidung zweifelhaft bleiben. Die Angaben von GERVvAIS!!) beziehen ı) Anat. of Vertebr., Vol. III, p. 104. 2) Ibid., p. IO4. 3) Fig. 72, s. auch Taf. V, Fig. 5 in Philos. Transact., 1837. 4) Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 167. 5) Transact. R. Soc. South Austr., 1895, p. 173. 6) 1. c., p. 98. 7) l. c., p- 90. 8) Philos. Transact., 1865. 9) On the pouch and brain of the male Thylacine. Proceed. of the Zool. Soc. of London, 1891, p. 140 10) Anat. of Vert., Vol. III, p. 105. 11) M&m. sur les formes cer&brales propres aux Marsupiaux. Nouv. Arch. du Mus. Tome V. 16* Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 124 124 sich nur auf einen Schädelausguss. Er glaubt ausser einer weit nach vorn verschobenen SyLvıschen Furche auch eine Fissura Rolandi und einen Sulcus cruciatus wahrzunehmen. Es liegt — ganz abgesehen von dieser seltsamen Deutung — auf der Hand, dass ein Schädelausguss keine sicheren Resultate ergeben kann. Auf FLower’s Figur, welche nur die Medialfläche darstellt (Taf. 38, Fig. 5), finde ich v sehr stark ent- wickelt und vor derselben zwei Furcheneinschnitte, von welchen der vordere erheblich länger ist und auch tiefer scheint. BEDDARD giebt Länge (incl. Lobus olfactorius) und Höhe seines Gehirns auf 76 bezw. 26 mm an. Die Grosshirnhemisphären hatten eine Länge von 48 mm. Die Fissura Sylvii liegt, nach BEDDARD’s Fig. 2 zu urtheilen, ziemlich weit frontalwärts. Vor ihr liegt die Furche « (anterior oder second furrow im Text BEDDARD’s); es ist wohl dieselbe, welche bei FLOWER so weit und so tief auf die Medial- fläche sich fortsetzt. Die „hintere Furche‘‘ (posterior furrow) BEDDARD’S scheint mir aus 2 Furchen zu be- stehen. Auf der rechten Hemisphäre ist dies nicht zweifelhaft, und auch auf der linken ist die Einheitlich- keit der Furche nur scheinbar. Ich betrachte den vorderen oberen, in die Mantelkante einschneidenden Abschnitt als e+ | (vergl. Macropus rufus, Fig. 38), den unteren hinteren als y. Auf beiden Hemisphären findet sich auch d. Da BEDDARD zwischen echten Furchen und Gefässfurchen nicht unterscheidet, lassen sich die weiteren Furchen seiner beiden Abbildungen nicht sicher identificiren, doch scheinen ß, A und u (oder x) des Macropus-Gehirns nicht zu fehlen. Sehr unzweckmässig ist die Bezeichnung des Rhin- encephalons als hippocampal gyrus (p. 143). Ueber die Commissuren bemerkt FLOWER, dass das interventriculare Septum weniger dünn sei, und dass die Commissura superior, namentlich im vorderen Abschnitt, weniger entwickelt sei. Seine Figuren 5 und 6 stellen dies sehr anschaulich dar. Die Fascia dentata scheint sehr frei zu liegen. Nach GErvaıs’ Abbildung scheint bei der ausgestorbenen Gattung Thylacoleo ebenfalls die Furche « sehr stark entwickelt gewesen zu sein. Subfamilie 2. Myrmecobiinae. Hierher gehört nur die Gattung Myrmecobius. Leider ist das Gehirn noch völlig unbekannt. Auch die neuere Art von LECHE!) scheint das Gehirn nicht zu berücksichtigen. Familie 6. Didelphyidae. Hierher gehören die Gattungen Didelphys und Chironectes. Ich erhielt erst nach Abschluss der Arbeit 2 frische Gehirne von Didelphys virginiana und kann daher nur einige kurze Angaben einflechten und berichte im Uebrigen nur über die einschlägige Literatur, welche sich ausschliesslich auf Didelphys bezieht. Allgemeine Form- und Maassverhältnisse. Die allgemeine Schilderung von HERRICK ?) ergiebt keine bemerkenswerthen Gesichtspunkte. Die Vierhügel sind zwischen Grosshirnhemisphären und Kleinhirn sichtbar, wie auch Owen angiebt?). Das Gewicht meiner beiden Gehirne betrug 4,5 bezw. 3,9 & bei einem Körpergewicht von 260 bezw. 283 g. Das erst aufgeführte Exemplar war stark abgemagert. Die Körperlänge des zweiten, von der Schnauzenspitze bis zur Schwanzwurzel gemessen, betrug 23 cm, die Schwanzlänge 18 cm. M. WEBER (Festschr. f. GEGENBAUR, Leipzig 1896) fand das Gehirngewicht einer viel grösseren Didelphys marsupialis L. (Körpergewicht 3480 g) gleich 6,5 g. Grosshirnfurchen. Eine Fissura rhinalis lateralis ist vorhanden. Nach den Abbildungen HERRICK’s *) liegt sie hoch oben und bildet die obere Grenze der Belegschicht. 4-5 mm über derselben I) W. LECHE, Beiträge zur Anatomie des Myrmecobius. Verh. Biol. Stockholm, 1890. 2) The cerebrum and olfactories of the Opossum, Didelphys virginica. Journ. of compar. Neurol., 1892, Febr., p. 1. Die Abbildung der Basalfläche und der Seitenansicht in der Arbeit desselben Autors über das Nager-Gehirn (Bull. Scient. Labor. De- nison Univ., 1890, June, Taf. XI, Fig. 18 u. 19) ist ziemlich ungenau. 3) Anat. of Vert., Vol. III, p. 98. 4) Taf. I, Figg. 3-7. Vergl. auch Owen, |. c., p. 107. 125 Dsa Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 125 finde ich eine sehr seichte Parallelfurche, welche die alsbald zu erwähnenden Gefässfurchen etwa rechtwinklig kreuzt. Auf der lateralen Convexität findet ©. weder bei D. virginiana noch bei D. murina irgendwelche Furchen!), Auf den Figuren seiner älteren Arbeit?) findet sich nicht einmal die Fiss. rhinalis lateralis angegeben, wohl aber die unten zu beschreibende Furche « (s. unten). HERRICK schreibt: „the Sylvian fissure is not pronounced and does not extend across the rhinalis fissure‘‘. Ich kann dies nur so verstehen, dass eine Vallecula Sylvii existirt, eine Fiss. Sylvii aber fehlt. Derselbe Autor erwähnt eine leichte, longitudinal verlaufende Depression auf dem Lobus pyriformis, d. h. auf dem vorstehenden basalen Theil des Temporallappens. Diese deckt sich wohl mit der öfters von mir er- wähnten Depressio rhinalis temporalis (vergl. S. 112). Als radical fissure ) scheint H. die Fissura rhinalis medialis zu bezeichnen. Ausserdem schreibt er in etwas zweifelhaften Ausdrücken dem Opossum eine apparent homologue of the crucial sulcus zu. Er scheint darunter die auf Taf. A, Fig. 2 angegebene Furche, welche mit einem nicht lesbaren Buchstaben bezeichnet ist, zu verstehen. Ich finde auf meinen beiden Gehirnen eine sehr wohl ausgeprägte, 6-7 mm lange Furche, welche mit der F. rhinalis lateralis durch eine mehr oder minder deutliche Gefässfurche (die erste der unten zu erwähnenten Gefässfurchen) verbunden ist. Ihr unterer Abschnitt verläuft fast transversal, der obere biegt gegen die Mantelkante hin stark frontalwärts ab. Owen hat sie auf Fig. 6 seiner älteren Arbeit dargestellt. Das obere (mediale) Ende ist vom Frontalpol 2°/, mm, von der Mantelkante knapp ı'!/, mm entfernt. Sie ist offenbar als « zu be- zeichnen. Gefässfurchen finde ich auf der lateralen Convexität 6-7. Die 2 (auch 3) vordersten entspringen aus einer gemeinschaftlichen Hauptgefässfurche, welche über das Rhinencephalon zu verfolgen ist, zwei weitere entspringen aus einer zweiten Hauptgefässfurche, welche sich meist schon innerhalb des Rhin- encephalon gablig theilt, die 6., bezw. 6. und 7. bleibt innerhalb des Rhinencephalon. Die Fissura hippocampi findet sich bereits auf einer Abbildung Owen’s*). HERRICK bezeichnet sie ohne nähere Begründung als „splenialis or calloso-marginal fissure“. Wenn er weiterhin angiebt, dass die F. hippocampi und F. rhinalis lateralis auf der Medialfläche des Stirnlappens verschmelzen, so dürfte dies wohl wie bei den übrigen Marsupialiern sich nur auf die Verbindung durch eine Gefässfurche beziehen. In die hintere Lippe der Fissura hippocampi schneidet im Occeipitaltheil eine nicht sehr tiefe Furche ein, welche am hinteren Ende der Furche v vorbei occipitalwärts und zugleich leicht aufwärts zum Mantelrand zieht und diesen (wenigstens auf einer Hemisphäre) oben erreicht. Die seichte Furche, welche nach HERRICK als „callosal“ angesehen werden könnte), aber in Anbetracht des Fehlens des Balkens nur „als die Vereinigungslinie der Rinde des Gyrus fornicatus mit der Basis“ aufgefasst werden darf, scheint, wenn ich den Verf. richtig verstehe, dem Sulcus fimbriodentatus zu entsprechen. Als Gyrus fornicatus bezeichnet H. nämlich den Nucleus alvei, als Gyrus uncinatusim Wesentlichen die Fascia dentata ®). Seltsamer Weise bildet HERRICK die Furche v nicht ab. Ich finde sie in typischer Lage auf der Medialfläche. Ihre Länge beträgt 8 mm. Auch die Furche o ist stets angedeutet. Sie reicht bis zu einer durch den vorderen Rand der vorderen Commissur gelegten Frontalebene. Das Tuberculum olfactorium (postrhinal lobe, HERRICK) ist sehr gut entwickelt, aber jedenfalls — auch relativ — viel kleiner als z. B. bei Perameles’). Auf meinen Gehirnen misst es 6!/, mm im frontalen, 4!/, mm im sagittalen Durchmesser. I) l. c., p. 104. 2) Phil. Trans., 1837, Taf. V, Fig. 6 u. 9. 3) So auf Taf. I, Fig. 4. 4) l. c. p. 105, Fig. 73i, und p. 79, Fig. 46. 5) l. c. p. 2. 6) Vergl. die Basalansicht bei Owen, 1. c. p. 84. 7) Vergl. z. B. die Bezeichnungen Taf. A, Fig. 5 und Taf. B, Fig. 5. 126 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 126 Der Lobus olfactorius misst 5!/,:7:10 mm (Breite, Höhe, Länge). Das Tuberculum rhinencephali ist sehr undeutlich. Commissuren. Maassangaben über die vordere Commissur habe ich bei HERRIcK leider nicht gefunden. Ich selbst finde die Durchmesser des Querschnitts gleich 2 und I!/, mm. Nach HERRICK ist ihre Pars temporalis weitaus am stärksten. Die Commissura superior scheint sich nach HERRICK ähnlich wie bei Perameles zu verhalten. Ihr oberer Rand ist vom oberen Rand der Commissura ant. 3 mm entfernt. Die Fissura hippocampi zeigt dieselbe hakenförmige Umbiegung'!). Auch die Zeichnung, d. h. die Zu- sammensetzung aus grauer und weisser Substanz scheint ganz ähnlich?). Die Abbildung der Medialfläche des Gehirns von Didelphys Azarae TEMMINCK bei SANDER?) lässt die Commissura ant. relativ klein erscheinen. Zwischenhirn, Ganglien, Ventrikel. Ich habe keinerlei anführenswerthe Angaben gefunden. Die grösste Breite des Sehhügels beträgt reichlich 4'/, mm. Der Seitenventrikel zeigt auf einem Frontalschnitt eine sehr bemerkenswerthe Configuration, von welcher leider auf HErRIcK’s Abbildungen fast nichts zu sehen ist. Für die vergleichende Anatomie ist sie von der allergrössten Wichtigkeit. Ich beschreibe sie daher ausführlicher. Zunächst ist zu bemerken, dass das parietale Seitenhorn medialwärts nicht zugespitzt endet, sondern von einer gegen das Ven- trikellumen convex vorgewölbten Fläche begrenzt wird. Diese Vortreibung entspricht der Furche v! Sie misst in der Höhendimension bis zu I!/;, mm. Die Furche v ist bei Didelphys bemerkenswerther Weise stark auf die Hilusfläche verschoben. Sie schneidet daher nicht rein lateralwärts, sondern lateral- und auf- wärts in den Hirnmantel ein. Die soeben besprochene Fläche des Seitenhorns ist daher gleichfalls nicht rein lateralwärts, sondern lateral- und aufwärts gekehrt. Sie ist von markhaltigen Fasern bedeckt. Dielaterale Wand des Seitenventrikels zeigt 2 Ausbuchtungen, welche ich bei den übrigen Marsupia- liern niemals so deutlich ausgeprägt gefunden habe: eine sehr seichte, welche der oben erwähnten oberen Parallel- furche der F. rhinalis lateralis entspricht, und eine sehr erhebliche, welche der F. rhinalis lateralis selbst entspricht. Letztere Furche ist bis zu 2 mm tief. Die Höhe der ihr entsprechenden Vorwölbung der Ventrikelwand beträgt fast 4 mm. Ich bezeichne die Vorwölbung als Eminentia rhinalis (ventriculi lateralis). Da die Fissura rhinalis lateralis occipitalwärts leicht nach oben abbiegt, zieht sich auch die Eminentia rhinalis occipitalwärts etwas höher an der Ventrikelwand hinauf. Noch seltsamer gestaltet sich der Boden des Seitenventrikels occipitalwärts. Zunächst ist zu con- statiren, dass die Fissura hippocampi während ihres dem Occipitalpol entsprechenden Bogens sich von der Hilusfläche mehr und mehr entfernt. Das letzte frontalwärts verlaufende Stück auf der Hilusfläche des Temporallappens fehlt fast ganz. Der Sulcus fimbriodentatus ist sehr deutlich. Ausserdem ist der Fimbria- antheil gegen den Alveusantheil durch eine deutliche Furche abgesetzt, welche ich als Sulcus alveofimbriatus lateralis bezeichne. Occipitalwärts hebt sich, wie auch früher bereits erwähnt, noch ein an die Fascia dentata unmittelbar angrenzender Streifen zwischen dem Fimbriaantheil und der Fascia dentata ab. Er ist dem Alveus bereits zuzurechnen. Da der Nucleus alvei durchschimmert, erscheint der Streifen leicht grau durch- scheinend und hebt sich dadurch von dem weissen Fimbriaantheil ab. Ich bezeichne den Streifen selbst als Alveus medialis im Gegensatz zu dem Alveus lateralis oder Alveus s. str. Er bekleidet den an die Fascia dentata unmittelbar anstossenden Theil des Nucleus alvei. Die Grenzlinie zwischen dem Fimbria- antheil und dem Alveus medialis bezeichne ich als Linea alveofimbriata medialis. Die Fascia dentata ist im Ocecipitaltheil I—I!/, mm breit. — Da das letzte Stück des Seitenventrikels im Temporallappen fehlt, I) Fig. 4—6. 2) Vergl. l. c. p. Iofl. k 3) Arch. f. Anat., 1868, Taf. XVIII, Fig. 4, im Text p. 715. Die Furchen der Medialfläche sind offenbar nicht naturgetreu wiedergegeben. 127 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 127 so kann man von einem Unterhorn nicht sprechen. Dazu kommt nun weiter ein merkwürdiges Verhalten des Nucleus caudatus. Die Furche zwischen diesem und dem Sehhügel — ich will sie als Fossa strialis be- zeichnen — ist ungewöhnlich tief, nämlich bis zu 3 mm. Die Breite beträgt ı!), mm. Allerdings ist der grössere laterale Theil der Fossa strialis von einem dünnen grauen Beleg bedeckt, welcher bereits zum Nucleus caudatus gehört. Die Hauptmasse des Corpus striatum erhebt sich jedenfalls weit lateralwärts vom Thalamus opticus. In die Fossa strialis ist die Fimbria eingefügt. Die Stria terminalis selbst ist nicht auffällig mächtig. In der Frontalebene, in welcher die Fissura hippocampi bereits basalwärts abbiegt, ist die Cauda noch etwa in der gewöhnlichen Weise entwickelt. Etwa 6 mm vor dem Occipitalpol biegt jedoch ihre laterale Randfurche ganz plötzlich lateralwärts ab und vertieft sich bis auf reichlich 3'/;, mm. Dem ent- sprechend erhebt sich an Stelle der Cauda im Boden des Seitenventrikels eine steile, medialwärts sanfter, lateralwärts übersteil abfallende graue Masse, welche wenigstens makroskopisch von markhaltigen Fasern nicht überzogen scheint. Gegen die Cauda des Schweifkerns ist sie durch eine nur mit der Lupe wahr- nehmbare Furche abgesetzt. Die sagittale Ausdehnung beträgt nur etwa 2!/;, mm. Dann flacht sich die Erhebung ab und grenzt sich schliesslich durch eine ziemlich scharfe Furche gegen die weisse Ventrikel- wand ab. Ich will auch hier den Homologien nicht vorgreifen und bezeichne den soeben beschriebenen grauen Körper daher als Corpus poststriatum. Der hinterste Theil des Ventrikels ist vom Occipitalpol nur 2 mm entfernt. Mittelhirn. Owen!) hebt hervor, dass die hinteren Vierhügel im sagittalen Durchmesser kleiner sind als im vorderen, dafür aber im frontalen grösser. Ich finde den Sagittaldurchmesser bei den vorderen und hinteren fast genau gleich (vordere 31/,, hintere 3 mm). Der frontale Durchmesser der hinteren Vier- hügel erscheint etwas grösser. Es ist dies jedoch zum Theil auf die mächtig vortretenden hinteren Vier- hügelarme zu beziehen. Das Corpus geniculatum mediale ist sehr gross. Hinterhirn. Owen hat das Vorhandensein einer kurzstieligen Flocke festgestellt’). An meinen Gehirnen ist sie etwa 4 mm lang und kegelförmig. Von einem Stiel kann man in Anbetracht der allmäh- lichen Verjüngung gegen die lateralwärts gerichtete Spitze hin nicht sprechen. Die Fossa paramediana ist ziemlich seicht. Vorn ist sie ganz verstrichen. Der Markkern scheint nirgends frei zu liegen. Der Ober- wurm lässt 9 Furchen erkennen. In seinem hinteren Theil ist er eingesattelt; daher scheinen die Blätter des Tuber valvulae schleppenartig, nachzuschleifen. Die Oeffnung des Centralkanals wird hinter dem Tuber valvulae oben sichtbar. Der Wurm überragt hinten die Hemisphären um 2 Blätter oder um etwa 3 mm. Hinten ist er am breitesten, die Breite beträgt hier nämlich fast 6 mm. Die einzelnen Wurmfurchen sind unter einander keineswegs genau parallel. Nur wenige setzen sich auf die Hemisphären fort. Im Interesse der mikroskopischen Untersuchung musste ich auf eine genauere Erforschung des Furchenverlaufs ver- zichten. Die Gesammtlänge des Oberwurms beträgt (mit dem Zirkel gemessen !) reichlich 12 mm, die mittlere Breite des Oberwurms reichlich 5!/, mm, die grösste Gesammtbreite des Kleinhirns ausschliesslich der Flocke reichlich 15 mm. Die Darstellung des Arbor vitae auf Owen’s Figur 73 ist schwerlich naturgetreu. Auf SAnDEr’s Abbildung sind die 4 Hauptlappen des Wurms leidlich wiederzuerkennen. Die Brücke ist nach OwEn sehr schmal). Bei Didelphys virginiana ist Sie nach meiner Messung 3 mm breit. Der Trigeminus entspringt am hinteren Rande. Nachhirn. Owen erwähnt bereits Pyramiden und Corpus trapezoides‘). Die Pyramiden ver- I) l. c. p. 97. 2) l. c. p. 90. 3) Owen, 1. c. p. 84, Fig. 53. E 4) 1. c. p. 84. Eine Arbeit Wyman’s, Appendix to Dr. ELLIOT Covzs’S paper „On the osteology and myology of Didelphys virginiana (Mem. Boston Soc. Nat. Hist. 1872), ist mir leider nicht zugänglich gewesen. 128 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 123 breitern sich spinalwärts zunächst wie bei vielen Aplacentaliern, und zwar fast auf das Doppelte (1!/, mm). Die Vereinigung der beiden Aa. vertebrales liegt 5 mm unterhalb des hinteren Ponsrandes. Die Länge des Nachhirns, vom hinteren Ponsrand bis zum Eintritt in das Foramen magnum, beträgt fast 9mm. Schon etwas oberhalb des Foramen magnum biegt das Medullarrohr stumpfwinklig leicht nach vorn ab. Das Corpus trapezoides ist am lateralen Rand der Pyramide 2!/, mm breit (im sagittalen Durchmesser); lateral- wärts nimmt die Breite noch etwas zu. Am hinteren Ponsrand ist das verlängerte Mark II mm, an seiner unteren Grenzebene nur 6 mm breit. Rückenmark. Das Rückenmarksgewicht des Thieres, dessen Hirngewicht 3,9 (ohne Dura) betrug, belief sich mit Dura auf 0,9 g, woraus sich, wenn man die Dura vernachlässigt, ein Gewichtsverhältniss von 1:43 ergiebtt. Das Rückenmark des anderen Thieres (Gehirngewicht — 4,5 g) wog ohne Dura 0,74; hieraus ergäbe sich ein Gewichtsverhältniss von I1:5,8. Dazu muss ich jedoch bemerken, dass die zweite Wägung insofern falsch ist, als die Abtrennung des Rückenmarks von Gehirn 3 mm unterhalb des Foramen magnum vorgenommen wurde. Die Länge des Rückenmarks beträgt bis zum Beginn des Filum terminale 12,6 mm. Beide Anschwellungen sind deutlich entwickelt. Die grösste Breite der Halsanschwellung beträgt etwas über 4 mm, die grösste Breite der Lendenanschwellung fast genau ebenso viel. Im mittleren Dorsal- mark sinkt der Frontaldurchmesser auf ca. 2!/, mm. Nach einem Sinus rhomboidalis habe ich vergeblich gesucht. Ein Sulcus medianus posterior fehlt. Auch eine Abgrenzung eines unpaarigen GoLL’schen Strangs durch einen paarigen Sulcus paramedianus posterior kommt nicht zu Stande. Der Sulcus medianus anterior findet sich in gewöhnlicher Weise. Ueber weitere Einzelheiten gedenke ich im mikroskopischen Theil zu berichten. Vergleiehung der Marsupialiergehirne unter einander. Ueberblickt man die Gesammtheit des makroskopischen Aufbaues bei den beschriebenen Marsupialiern, so ergeben sich eine Reihe gemeinsamer Züge und gruppenweiser Verschiedenheiten, welche ich im Fol- genden zunächst feststelle. 1. Allgemeine Formverhältnisse. Alle Marsupialier können als makrosmatisch bezeichnet werden. Allerdings sind sie dies in sehr verschiedenem Grade. Als makrosmatisch im höchsten Maasse sind die Gehirne von Perameles, Dasyurus und Didelphys zu bezeichnen. Phascolomys scheint wie Macropus und Aepyprymnus mässig makrosmatisch zu sein. Ich beziehe mich dabei auf die FLower’schen Abbildungen !). Petaurus, Phalangista (= Pseudochirus, Trichosurus, Phalanger) und Phascolarctos führt E. SMITH als „relativ mikrosmatisch“ auf. Ich kann dem, wie aus meinen Zahlenangaben hervorgeht, nicht beistimmen. Die Gehirne dieser Gattungen sind ebenso mässig makrosmatisch wie diejenigen der Macropodiden. Nur über Pefaurus kann ich mich nicht bestimmt äussern. Ich stelle die Längsmaasse des Lobus olfactorius und der Hemisphären (Frontal- bis Occipitalpol) nochmals übersichtlich zusammen: Lobus olfactorius Grosshirnhemisphäre Verhältniss Macropus nalabatus 13 43 1:3,3 Aepyprymnus rufescens 13 32 1:25 Pseudochirus peregrinus 9 27 I: 3,0 Phascolarctos cinereus 13 33 1.325 ı) Philosoph. Transact., 1865, Vol. CLV, Pt. 2. 129 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 129 Lobus olfactorius Grosshirnhemisphäre Verhältniss Perameles obesula 9 17 10.8 164) Didelphys virginica II 19 TEST, Phascolomys Wombat 19 68 1:3,6 Thylacinus cynocephalus 23 68 10:33:10 Die beiden zuletzt genannten Thiergehirne habe ich nicht selbst in natura gemessen, sondern die Angaben beziehen sich auf die Zeichnungen FLower’s. Da die Vergrösserung für diese nicht angegeben sind, sind die absoluten Zahlen nicht richtig, sondern nur insofern brauchbar, als sie das relative Grössen- verhältniss wiedergeben. Dabei kann ich das Bedenken nicht unterdrücken, ob der Lobus olfactorius von Thylacinus nicht zu klein dargestellt ist. Wenn die Darstellung richtig ist, so würde Thylacinus zu den mässig makrosmatischen Marsupialiern gehören. Das Lageverhältniss der Grosshirnhemisphären zu den Vierhügeln gestaltet sich folgendermaassen. Bei den Macropodiden weichen die medialen Mantelkanten occipitalwärts ziemlich plötz- lich unter stumpfem Winkel auseinander. In den stumpfen Winkel ist das Kleinhirn so weit eingefügt, dass die Vierhügelregion fast ganz bedeckt ist. Bei den Phalangeriden weichen die medialen Mantelkanten schon viel früher unter spitzem Winkel auseinander. Die Divergenz wird occipitalwärts immer grösser. Die Vierhügel liegen in viel grösserem Umfang frei. Die Phascolomyiden scheinen in dieser Beziehung, so- weit Owen’s Abbildung !) ein Urtheil gestattet, zwischen den vorerwähnten Familien zu vermitteln. Die Pera- meliden (wenigstens Perameles) zeigen das Verhalten der Phalangeriden in gesteigertem Maasse. Ebenso verhält sich unter den Dasyuriden jedenfalls die Gattung Dasyurus (Owen, ich) und unter den Didelphyiden die Gattung Didelphys. Bei letzterer bedecken die Grosshirnhemisphären nur einen sehr kleinen Theil des vorderen lateralen Quadranten der hinteren Vierhügel; im Uebrigen liegen diese, soweit nicht von hinten der Lobus impendens cerebelli sich auf sie legt, völlig frei. Die vorderen Vierhügel sind lateralwärts aller- dings bedeckt, in der Mittellinie liegen sie jedoch von ihrem vorderen Rand ab nach hinten in immer breiterer Ausdehnung frei. Der hintere Kleinhirnrand scheint bei allen Marsupialiern ziemlich genau über der Apertura eanalis centralis zu liegen. 2. Grosshirnfurchung und Rhinencephalon. Die Grenzfurche des Rhinencephalon und Pallium, die Fissura rhinalis lateralis, findet sich bei allen Marsupialiern. Bei Peromeles, Dasyurus und Didelphys ist sie, offenbar im Zusammenhang mit der starken Entwickelung des Lobus olfactorius, weit nach oben verschoben. Ueberall beschreibt sie zwei Hauptbiegungen, eine vordere etwa in der Frontalebene des Chiasma opticum und eine hintere im Occipital- lappen. Die erste kehrt ihre Concavität basal- und medialwärts, die zweite aufwärts. Ich will sie als Flexura Sylvica und Flexura occipito-temporalis bezeichnen. Bei den Macropodiden gelangt das Schlussstück der Furche auf die Tentorialfläche, um hier hakenförmig sich der Hilusfläche zu nähern. Es liegt daher das untere Ende der Furche v über und hinter dem oberen Ende des occipitalen Endstückes der F. rhinalis lateralis. Bei Macropus ist im Temporallappen die Fiss. rhin. lat. in der Seitenansicht überhaupt nicht zu sehen, bei Aepyprymnus ist sie eben am unteren Rand sichtbar. Bei Aepyprymnus ist daher auch das Tuber rhinencephali relativ breiter als bei Macropus. Bei den Phalangeriden liegt die F. rhinalis lateralis ganz auf der lateralen Convexität. Auch ihr occipitales Endstück gelangt nicht bis auf die Tentorial- fläche. Die hakenförmige Umbiegung ist ebenso vorhanden, nur gehört sie noch eben der lateralen ı) Philosoph. Transact., 1837, Vol. CXXVII, Pl. V, Fig. 3. Jenaische Denkschriften. VI. 17 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 130 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 130 Convexität an; bei Phascolarctus ist sie weniger ausgeprägt als bei Pseudochirus. Auch ist bei Phascolarctus die Flexura occipito-temporalis doch weiter basalwärts gelegen als bei Pseudochirus. Die Phascolomyiden scheinen sich nach der Abbildung Owen’s mehr wie die Macropodiden zu verhalten. Bei Perameles, Dasyurus und Didelphys rückt, wie erwähnt, die F. rhinalis lateralis namentlich im occipitalen Abschnitt hoch an der lateralen Convexität hinauf. Hand in Hand damit wird die Flexura Sylvica sehr flach. Die Flexura occipito-temporalis bleibt erhalten. Die hakenförmige Umbiegung des Endstücks fehlt. Die Furche über- schreitet den Mantelrand nicht. Thylacinus scheint sich etwas anders zu verhalten. Nach FLower’s Zeichnung, scheint hier die Furche viel tiefer zu liegen und bis auf die Tentorialfläche zu reichen, wo sie wie bei den Macropodiden vor v, zwischen v und der Fiss. hippocampi endigt. Die Fissura Sylvii ist, wenn ich zunächst die übliche Homologie unter Vorbehalt einer späteren Kritik beibehalte, bei den Macropodiden als deutliche Furche entwickelt. Bald entspringt sie in der oberen Lippe der F. rhinalis lateralis und scheint dann mit dieser zu communiciren (Macropus rufus), bald tritt sie erst in einiger Entfernung vom oberen Rand der F. rhinalis lateralis auf (Macropus bennettii, Aepyprymnus). Im letzteren Fall habe ich sie als W bezeichnet; eine Gefässfurche stellt die Verbindung zwischen v und der Fiss. rhinalis lat. her. Ich betrachte also W als eine von der Rhinalfurche losgelöste, bezw. nur noch durch Gefässfurchen mit ihr verbundene Fissura Sylvii, selbstverständlich stets mit dem oben angegebenen Vorbehalt. Jedenfalls nimmt die Furche stets einen Hauptast der Art. cerebri media auf. Bei den Phalan- geriden ist die Fiss. Sylvii meist nur durch eine Gefässfurche vertreten, welche wie die echte Fiss. Sylvii an ihrem oberen Ende mehr oder weniger occipitalwärts abweicht. Bei den übrigen Familien findet man, soweit meine Beobachtungen reichen, stets nur eine mehr oder weniger tiefe Gefässfurche. Ob bei Thyla- cinus die Fiss. Sylvii als wirkliche Furche vorhanden ist, geht aus BEDDARD’s Beschreibung nicht hervor. Eine Insel findet sich auch bei den Macropodiden im Grunde der Furche nicht. Eine Vallecula Sylvii d. h. eine der Flexura Sylvica der F. rhinalis entsprechende, vom Rhinencephalon bis auf die laterale Convexität sich erstreckende Depression findet sich auch bei solchen Marsupialiern, welche keine echte SyLvische Furche besitzen. Vergl. z. B. die Abbildung der lateralen Convexität des Peiaurus-Gehirns, Fig. 67. Allen Marsupialiern gemeinsam ist auch die Furche co. Sie ist fast stets eine echte Furche. Speciell ist sie auch bei den Perameliden und Didelphyiden sehr gut ausgebildet. Bei Petaurus und Dasyurus findet sie sich wenigstens als Gefässfurche. Bei Tihylacinus scheint sie nach FLOwEr’s Abbildung tief in die mediale Mantelkante einzuschneiden. Sonst erreicht sie diese selbst nicht, setzt sich aber durch eine Gefässfurche bis zu ihr fort. Mit der Fiss. rhinalis lateralis hängt sie höchstens indirect durch eine Gefässfurche zu- sammen. Die Hauptkrümmung ist bald frontalwärts convex (Petaurus), bald — und zwar viel häufiger — occi- pitalwärts convex (Didelphys). Bei Perameles und Didelphys weicht sie gegen die Mantelkante zu besonders stark nach vorn ab. Interessant ist eine Vergleichung der Längenausdehnung des vor « gelegenen Pallium- abschnitts mit dem hinter «@ gelegenen Abschnitt bei den verschiedenen Familien. Ich habe diese Maasse für einige Marsupialier im Folgenden zusammengestellt. Die Messung wurde mit dem Zirkel vorgenommen auf einer die Furche «@ etwa in ihrer Mitte schneidenden horizontalen Linie. Entfernung des frontalen Entfernung des occipitalen / Verhältniss Mantelrandes von « Mantelrandes von « Macropus rufus 16'/, 33 10:02 5 ualabatus 16 32 10:72 Pseudochirus peregrinus 8 20 1:25 Phascolarctus cinereus II 27 72,5 Perameles obesula 7 II 1:1,6 Didelphys virginiana GUR 15 10297 131 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 131 Sehr bemerkenswerth ist, dass @ auch bei fossilen Beutlern wie Thylacoleo!) (GERVvaıs) sich findet. Furchen finden sich in dem vor « gelegenen Gebiet regelmässig nur bei Macropus und Aepyprymnus und zwar gewöhnlich nur eine sagittal verlaufende, welche ich als „7 bezeichnet habe. Bei den übrigen Mar- supialiern fehlt sie gewöhnlich. Ausnahmsweise kommt sie bei Pseudochirus und Phascolarctus vor, jedoch fast stets nur als tiefere Gefässfurche. Bei diesen Gattungen läuft sie, wenn sie vorkommt, mehr schief oder ganz transversal. Für die Macropodiden ist auch die Furche # + e sehr charakteristisch. & hängt oft scheinbar mit der F, rhinalis lateralis zusammen oder wird durch eine Gefässfurche mit ihr verbunden. $ und & sind bald oberflächlich verbunden bald oberflächlich getrennt (z. B. Macropus Parryi). Bei der Gattung Macropus schliesst sich an & frontalwärts entweder unmittelbar oder nach einer kurzen Brücke eine sagittal verlaufende Furche £ an. Bei Aepyprymnus scheint letztere zu fehlen. Beiden Phalangeriden ist £ stets vorhanden und zwar bei Petaurus nur als Gefässfurche, bei Pseudochirus zuweilen auch als echte Furche, bei Phascolarctus stets als echte Furche. In ganz augenscheinlicher Weise entspricht dies Verhalten der wachsenden Gesammtgrösse des Gehirns. Bei Perameles konnte ich ß nicht sicher identificiren ; ob £ hier stets lediglich Gefässfurche ist, möchte ich nicht sicher entscheiden. Bei Thylacinus scheint sich # gleichfalls zu finden; ob als echte Furche oder als Ge- fässfurche, ist zweifelhaft. Für Dasyurus fehlt es an Material. Bei Didelphys ist $ durch eine Gefässfurche vertreten, deren Verlauf sehr variabel ist. Die Furchen e und [ sind ausser bei den Macropodiden nicht sicher nachweisbar. Die längs des Mantelrandes verlaufende Furche von Perameles könnte eventuell { oder eher e homolog sein. Occipitalwärts schliesst sich bei fast allen Macropodiden an e die Furche A an. Bald hängt sie mit v wenigstens scheinbar zusammen, bald nicht. Bei Pseudochirus ist sie vielleicht durch die seichte De- pression v” vertreten (vergl. S. 87). Allen übrigen Gattungen scheint sie zu fehlen °). Hinter # findet sich bei Macropus noch die Furche d. Schon bei Aepyprymnus bemerkt man höch- stens eine analoge Gefässfurche. Bei Pseudochirus kehrt d als echte Furche wieder, desgleichen bei Phascolarcetus, während bei Petaurus nur eine Gefässfurche zu finden ist. Bei Perameles und Didelphys ist ö vorhanden allerdings sehr seicht und, wenigstens bei Didelphys, nur Gefässfurche. Die Furchen ı, %, eg und u finden sich nur bei Macropus gut ausgeprägt. Bei den meisten anderen Gattungen fehlen sie oder lassen sich nur mit Mühe mit dieser oder jener Gefässfurche (Pseudochirus, Phascolarctus) vergleichen. Auf der Medialfläche kommt allen Beutlern eine charakteristisch verlaufende Fissura hippo- campi zu. Neben den gemeinsamen Hauptzügen finden sich bezeichnende Verschiedenheiten im Einzelnen. Bei den Macropodiden verschwindet die Fiss. hippocampi schon oberhalb der Commissura sup. von der Medialfläche und begiebt sich auf die Hilusfläche (vergl. Fig. 40 und 57), um erst in ihrem temporalen End- stück sich der freien Oberfläche wieder zu nähern. Bei Pseudochirus liegt die Hilusfläche im Occipital- lappen bereits fast rein medialwärts gewandt; die eigentliche Medialfläche des Occipitallappens stösst daher mit der Hilusläche kaum noch in einer Kante zusammen, sondern beide gehen unmittelbar in einander über. Die F. hippocampi liegt daher noch freier als bei Pseudochirus. Bei Petaurus sind die Verhältnisse ebenso wie bei Phascolaretus. Es steht also in dieser wichtigen Beziehung unter den Phalangeriden Pseudo- chirus den Macropodiden noch am nächsten. Für Zhascolomys stehen mir eigene Beobachtungen nicht zur Verfügung; nach FLower’s Abbildung) möchte ich annehmen, dass Phascolomys sich etwa verhält wie Pseudochirus. Bei Perameles tritt die Hilusfläche vollständig vor und bildet einen integrirenden Theil der 1) Thylacolee wurde von OWEN zu den Polyprotodontiern gestellt, neuerdings hingegen meist den Diprotodontiern zu- gezählt und soll den Hypsiprymniden nahe stehen. Es findet sich im Pleistocän von Ostaustralien. 2) So auch Phalanger maculatus, THos, dessen Gehirn neulich durch Prof. KÜKENTHAL in meinen Besitz gelangte, 3) Philos. Transact., 1865, Taf. XXXVIII, Fig. 3. jlgk> 132 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 132 Medialfläche. Die Fissura hippocampi erscheint als Furche der letzteren nicht anders als z. B. v oder o. Dasyurus scheint sich ähnlich zu verhalten, doch war mein Gehirn nicht gut genug erhalten, um sicher urtheilen zu können. Bei Thylacinus ist, nach der Schattirung von FLower’s Figur!) zu urtheilen, eben- falls von einer Hilusfläche kaum mehr die Rede. Endlich liegt auch bei den Didelphyiden die Fiss. hippo- campi im Niveau der Medialfläche?), jedoch nicht in demselben Maasse wie bei Perameles. Sehr verschieden gestaltet sich auch der frontale und der occipitale Endschenkel der F. hippocampi bei den verschiedenen Familien. Durch den Verlauf des frontalen Endschenkels wird die Ausdehnung der Area praecommissuralis bestimmt. In der folgenden Tabelle ist ihr sagittaler Durchmesser in der Höhe des oberen Randes der vorderen Commissur angegeben. In der 2. Columne ist die Entfernung des frontalen Endschenkels der Fiss. hippocampi vom Frontalpol in derselben Horizontalebene vermerkt. Macropus rufus 6!/, mm I2 mm 10:51 Pseudochirus peregrinus SEE: Ö T2TI Phascolarctus cinereus 6 5 Or) 1:10 Phascolomys wombat 14 ss 12 1:0,9 Perameles obesula Ale Bu DESIAT Didelphys virginiana A 53 Ss Tea) Ich habe die Zahlen absichtlich abgerundet, weil die Messung natürlich nicht ganz genau sein kann. Die Zahlen für den Wombat habe ich nach FLower’s Abbildung gegeben (l. c. Pl. XXXVIII, Fig. 3): sie sind daher nicht absolut, sondern nur relativ richtig. Es ergiebt sich aus den mitgetheilten Zahlen in sehr anschaulicher Weise, wie ungleich mächtiger die relative Entwickelung des vor der Area praecommissuralis gelegenen Abschnittes bei den Macropodinen ist. An ihrem vorderen Ende krümmt sich die Fissura hippocampi zuweilen sehr stark basalwärts, z. B. einerseits bei Macropus und andererseits bei Perameles, während sie bei anderen, so z. B. namentlich bei Phascolarctus kaum basalwärts abweicht, also fast horizontal läuft. Auch das hintere bezw. temporale Endstück der Fiss. hippocampi verhält sich sehr verschieden. Das eine Extrem findet sich bei Macropus. Bei dieser Gattung verläuft der hintere Schenkel fast genau vertical und weicht nur sehr wenig, in ganz flachem Bogen im untersten Abschnitt nach vorn ab (vergl. Fig. 40). Ebenso scheint sich nach Frower’s Abbildung auch Thylacinus zu verhalten. Aepyprymnus (vergl. Fig. 59) verhält sich ähnlich. Auch bei Pseudochirus ist der temporale Endschenkel noch relativ schwach entwickelt. Bei Petiaurus (vergl. Fig. 68) und Phascolaretus (vergl. Fig. 88) ist umgekehrt die Krümmung des Endstücks besonders stark aus- geprägt, ebenso auch, wie sich aus FLOowEr’s Abbildung ergiebt, bei Phascolomys. Ganz anders gestalten sich die Verhältnisse bei Perameles und Didelphys. Bei beiden verläuft ähnlich wie bei Macropus der End- schenkel fast senkrecht basalwärts. Bei Didelphys ist nur das letzte Endstück des Endschenkels nach vorn abgebogen. Bei Perameles ist die oben ausführlicher beschriebene Abknickung um eine sagittale Axe be- sonders bemerkenswerth. Ziemlich stark ist die Krümmung auch bei Dasyurus ‘). Unter den übrigen Furchen der Medialfläche fehlt v niemals. Selbst bei Petaurus (vergl. Fig. 68) ist sie vorhanden. In ihrem Verlauf lassen sich 2 Typen unterscheiden, welche allerdings nicht scharf zu trennen sind. Bald verläuft nämlich die Furche dem Mantelrand einfach parallel, so z. B. in sehr ausge- 1) Philos. Transact., 1868, Taf. XXX VIII, Fig. 5. 2) Eine ähnliche, z. Th. abweichende Scala stellt ELLIOT SMITH, Transact. Roy. Soc. South Austr., 1895, p. 182 auf. 3) Die Maasse stimmen mit den Figuren nicht absolut genau überein, weil zuweilen zur Messung andere Gehirne ver- wandt wurden. 4) Vergl. ELLIOT SMITH, Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, Fig. 4. 133 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 133 prägter Weise bei Didelphys, bald nähert sie sich vorn und oben dem Mantelrand und kann selbst in letz- teren einschneiden, so z. B. bei Phalanger und Aepyprymnus. Das untere hintere Ende liegt bei Macropus bemerkenswerther Weise schon auf der Hilusfläche. Auffällig ist die grosse Tiefe der Furche bei Didelphys. Sie gehört hier zu den Totalfurchen im Sinne PanscH’s. Im entwickelungsgeschichtlichen Abschnitt wird die Bedeutung dieser Thatsache in helleres Licht treten. Nicht ganz so constant ist die Furche v. Doch findet sich fast stets wenigstens eine Depression, welche z entspricht. Bei Didelphys und Perameles scheint sie ganz zu fehlen. Der Verlauf ist, wie ein Blick auf die Figg. 40, 57, 68, 73, 74, 86 ergiebt, sehr charakteristisch und überall derselbe. Interessant ist die scheinbare Vereinigung mit der Fissura hippocampi auf manchen Gehirnen (z. B. bei Phascolarctus). Bei Macropus kommt es zu einer scheinbaren Vereinigung mit o. Wichtig ist, dass z bei genügender Verlän- gerung erheblich vor « die Mantelkante schneidet. Die Furche o kommt nur einigen Gattungen zu. Sehr gut ausgeprägt ist sie bei Macropus. Schon bei Aepyprymnus ist sie nicht ganz sicher zu identificiren Den Phalangeriden fehlt sie durchaus. Auffällig stark entwickelt ist sie bei Phascolomys. Perameles fehlt sie ganz, ebenso Didelphys. Auch bei den Dasyurinen fehlt sie; wenigstens kann ich die in den Mantelrand im Stirntheil einschneidende Furche des Thylacinus- Gehirns auf der Abbildung FLower’s nicht als o deuten. o würde bei genügender Verlängerung den Mantelrand weit hinter « schneiden, bei Macropus etwas vor e. Das Verhalten, wie es die Fig. ı (Taf. XXXVIII) von FLOWER für Macropus major wiedergiebt — das hintere Ende von o kommt unter das vordere von v zu liegen — trifft jedenfalls nicht einmal für alle Macropus-Arten zu (vergl. Fig. 40). Auf der Basis verdient namentlich das Tuberculum olfactorium Beachtung. ELLIOT SmiTH!) findet es flach und unbedeutend bei Petaurus und Phalangista, etwas grösser bei Phascolarctus, wohl ausge- prägt bei Dasyurus, relativ noch viel grösser bei Perameles und am höchsten entwickelt bei Notoryctes. Bei Macropus, Petrogale, Hypsiprymnus und Thylacinus soll es, obwohl an sich gross, der Mächtigkeit des Palliums gegenüber klein erscheinen. An einer anderen Stelle?) stellt SmiTH Hypsiprymnus und Dasyurus zusammen. In der folgenden Tabelle findet man in der ersten Spalte die Grösse des frontalen, in der zweiten die Grösse des sagittalen Durchmessers für meine Gehirne: Macropus rufus front. 6'!/, mm sag. 7 mm Aepyprymnus rufescens Ol 6 Pseudochirus peregrinus 5 " Sn Phascolarctus cinereus en Sa » Perameles obesula 7 » Ö Didelphys virginiana 6 5 SS 9 Vergleicht man diese Zahlen mit den Dimensionen des ganzen Gehirns, so ergiebt sich, dass das Tuberculum olfactorium bei Phascolarctus, Perameles und Didelphys relativ am grössten ist. Auch eine Mes- sung der Dicke, d. h. des verticalen Durchmessers, führt zu diesem Schluss. Die Subst. perfor. ant. nimmt bei allen Marsupialiern einen relativ kleinen Raum ein. Die Aus- bildung eines Tuber rhinencephali hält im Allgemeinen bei den Marsupialiern gleichen Schritt mit der Entwickelung des Lobus olfactorius. Sehr bemerkenswerth — im Hinblick auf spätere Betrachtungen — ist der eigenartige Verlauf der lateralen Wurzel des Tractus olfactorius und der makroskopische Nachweis der Radiatio olf. lat. bei den Perameliden und Didelphyiden sowie der Nachweis eines Tuberculum rhinencephali bei letzteren. 1) Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 187. 2) Transact. Roy. Soc. South Austr., p. 177. 134 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 134 3. Commissuren. Die Commissura ant. und sup. und die beiden Ringbündel zeigen bei allen Marsupialiern makroskopisch eine ausserordentliche Uebereinstimmung. Die relative Querschnittsgrösse der vorderen Commissur schwankt zwischen !/,.. (Macropus) und '/,,00 (Perameles). Besonders mächtig scheint die vordere Commissur auch bei Phascolomys entwickelt, doch stehen mir für diesen Beutler Zahlenangaben nicht zur Verfügung. Ihr makroskopisches Verhalten nach dem Eintritt in die Hemisphären ist überall gleich. Etwas grösser sind die Verschiedenheiten im Bau der Commissura sup. Schon FLOwEr hat hervorgehoben, dass die Commissura superior der Marsupialier aus 2 Schenkeln, einem unteren und einem oberen vorderen (ventralen und dor- salen) besteht, welche sich occipitalwärts unter spitzem Winkel vereinigen, und dass bei Thylacınus der obere Schenkel schwächer entwickelt ist!). SYMINGTON wird in seiner werthvollen Arbeit?) der Thatsache der Zusammensetzung der Commissura sup. aus 2 Schenkeln nicht gerecht. ErLior Smıt#°) hat jedenfalls das Verdienst, die „bilaminare Form“ der Commissura superior wieder betont zu haben.- Nicht beistimmen kann ich ihm, wenn er diese Zusammensetzung aus 2 Schenkeln mit der Biegung des Hippocampus in directen Zusammenhang bringt. Die Bezeichnung „Splenium“, welche Errior SmiTH für den Ort, wo die beiden Schenkel sich vereinigen, einführt, wird erst später zu besprechen sein, ebenso auch die Herleitung des ven- tralen Schenkels aus der Fimbria bezw. aus dem absteigenden Abschnitt des Hippocampus und des dorsalen Schenkels aus dem horizontalen oder dorsalen Abschnitt des Hippocampus. Bei Perameles soll die Com- missura superior aus 2 weit divergirenden Schenkeln bestehen, bei Macropus soll der Winkel bereits so spitz geworden sein, dass die beiden Schenkel fast parallel laufen. Ich kann diesen Unterschied nicht so bedeutend finden. Auch ist die Darstellung von SmiTH — wenigstens zunächst makroskopisch — insofern unzutreffend, als die Lagebeziehung der Ringbündel zu den beiden Schenkeln unberücksichtigt bleibt. Daher sind auch seine schematischen Figuren 9 u. Io (S. 189) nicht wohl verwerthbar. Man muss vielmehr im Allgemeinen für die Marsupialier das makroskopische Bild folgendermaassen darstellen. Die Commissura superior besteht aus 2 Schenkeln. Diese stossen stets (auch bei Perameles) in spitzem Winkel zusammen (vergl. Fig. 93). In den Hilus des Winkels treten die beiden Ringbündel mit dem Gros ihrer Fasern ein. Das hintere Ringbündel zieht als hellweisser Strang zwischen dem hinteren (ventralen) Schenkel der Comm. sup. und der Comm. ant. durch, um zum Hilus zu gelangen. Das vordere Ringbündel tritt in breiter, flacher Schicht in den Hilus ein. Die beiden Schenkel selbst erscheinen entsprechend der Zusammensetzung aus quer- verlaufenden Fasern auf dem Medianschnitt mehr grau. Der Unterschied zwischen den einzelnen Familien und Gattungen bezieht sich namentlich auf die Länge und Richtung des Stücks, in welchem beide Schenkel ver- schmolzen sind. Dies Scheitelstück verläuft bei Macropus mehr horizontal, bei den übrigen Familien hin- gegen mehr schräg oder selbst fast senkrecht (vergl. z. B. Fig. 73). Geringer ist die Längendifferenz, doch ist es wohl richtig, dass bei Macropus das Scheitelstück am längsten ist. 4. Nucleus caudatus und lentiformis. Den Marsupialiern ist vor allem der steile Abfall der Ventrikelfläche des Nucleus caudatus gemein- sam. Ich: verweise in dieser Beziehung z. B. auf die Transversalschnitte 42, 60, 79 u. a. m. Die Ventrikel- fläche ist meist ziemlich flach. Zuweilen lassen sich auf dem Transversalschnitt 2 Krümmungen der Ober- fläche, eine laterale und eine mediale, unterscheiden. Vergl. z. B. Fig. 78 u. 79. Die Existenz eines leidlich gut abgegrenzten Linsenkerns kann ich einstweilen nur bestimmt für die Macropodiden und die Phalangeriden I) 1. c. p. 646. 2) Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXVII, 1892. 3) Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, 1895, p. 190. 135 - Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 135 angeben. Bei Notoryctes ist die Scheidung von Nucleus caudatus und lentiformis sehr unvollkommen (ELLıoT SMITH)!). Für Didelphys ist aus den Zeichnungen HERRIcK’s leider zu wenig zu entnehmen. Das grösste Interesse beansprucht hier der von mir mitgetheilte Befund eines Nebenstreifkerns. Ich habe die übrigen Marsupialier nochmals auf das Vorhandensein eines solchen durchgesehen, habe aber nirgends eine völlig analoge Erhebung sicher nachweisen können. Die entwickelungsgeschichtliche Deutung des Befundes wird sich später ergeben. Einstweilen verweise ich nur auf die Andeutung einer Zweitheilung der Oberfläche, wie ich sie z. B. für Pseudochirus abgebildet habe (Fig, 79). 5. Ventrikel des Vorderhirns. Charakteristisch ist vor allem die Entwickelung eines Seiten- oder Ammonshornes, welches frontal- wärts so weit wie die Fissura hippocampi reicht. Im Parietaltheil ist seine Bildung in der ganzen Ordnung allenthalben ziemlich ähnlich. Bemerkenswerth ist, dass einzelne Furchen der Hirnoberfläche auf der Ven- trikelwand sich als Erhebungen markiren, so z. B. die Fissura rhinalis posterior bei Macropus rufus (vergl. Fig. 45), die Furche v bei Didelphys (vergl. auch den Frontalschnitt durch das Macropus-Gehirn Fig. 44). Sehr verschieden gestaltet sich die Bildung des Unterhorns. Letzteres ist im Allgemeinen um so besser entwickelt, je weiter der absteigende, temporale Endschenkel der Fissura hippocampi reicht. Das Ammons- horn ist im Unterhorn durchweg nur schwach entwickelt. Interessant sind auch die öfters beobachteten Obliterationen. Ich möchte allerdings vorläufig noch nicht bestimmt ausschliessen, dass es sich dabei um Kunstproducte der Härtung handelt. 6. Sehhügel und Corpus geniculatum laterale. Die Furche zwischen Sehhügel und Streifenhügel ist bei allen Beutelthieren auffällig tief. Der Sehhügel selbst zeigt in den verschiedenen Familien eine merkliche Ungleichheit der Entwickelung, wie die folgende Tabelle ergiebt. In der ersten Spalte steht das Product des sagittalen und frontalen (d. h. die hintere und vordere frontale Grenzebene senkrecht verbindenden) Sehhügeldurchmessers, in der zweiten das Product der Gehirnlänge und der halben Gehirnbreite, in der dritten das Verhältniss der Zahlen der beiden ersten Columnen: Macropus rufus 1,2 13,2 TE-STT Aepyprymnus rufescens 0,8 6,5 n88 Petaurus sciureus 0,14 2,2 1:16 Pseudochirus peregrinus 0,4 4,6 10:37145 Phascolarctus cinereus 0,8 8,2 it 9.10) Perameles obesula 0,23 3,6 1:16 Didelphys virginiana 0,25 4,0 12:510 Jedenfalls ist es bei Perameles, Didelphys und Petaurus relativ klein, bei Phascolarctus, Macropus und Aepyprymnus relativ gross. Ein Tuberculum anterius hebt sich mehr oder weniger deutlich ab. Das Corpus geniculatum laterale erscheint makroskopisch mit dem Pulvinar verschmolzen. Das System der Habenula ist stets mächtig entwickelt und zwar bei den kleineren Beutlern relativ mächtiger als bei den grösseren. 7. Corpora quadrigemina. Ueberblickt man die Maasszahlen, welche ich für die vorderen und hinteren Vierhügel der einzelnen Gattungen gegeben habe, so fällt auf, dass überall die vorderen Vierhügel im Sagittaldurchmesser wesent- I) Transact. Roy. Soc. South Austr., 1895, p. 187. 136 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 136 lich überwiegen. Nur bei Pseudochirus ist das Uebergewicht der vorderen Vierhügel sehr gering. Auch bei Perameles und bei Didelphys ist das Gleichgewicht fast erreicht. Anders verhält sich der Frontaldurchmesser. Dieser ist zuweilen für die hinteren Vierhügel schein- bar sogar grösser, scheinbar, weil bei der Messung mit dem Zirkel die dicke Schicht des hinteren Vier- hügelarms mitgemessen wird. Misst man auf Schnitten das hintere Vierhügelganglion selbst, so ergeben sich viel geringere Werthe. Die stärkste absolute Entwickelung der hinteren Vierhügel im Ganzen findet sich bei Phascolarctus. Bemerkenswerth ist, dass durchgängig der hintere Vierhügel sich auffällig hoch über das Niveau des Rautenbodens erhebt. Vergl. z. B. Fig. 86. Das Corpus geniculatum mediale ist bei allen Beutlern, die ich untersucht habe, stark entwickelt und scharf abgesetzt. Seine höchste Entwickelung erreicht es bei Phascolarctus. Bei mehreren Beutlern (z. B. Macropus) war eine hintere Tractuswurzel schon makroskopisch leicht zu erkennen. 8. Aquäduct. Der Aquäduct wird richtiger als Aquäductventrikel oder Mittelhirnventrikel bezeichnet. Er zeigt zwei sehr charakteristische giebelförmige verticale Ausweitungen, das Fastigium anterius und posterius. Meist ist letzteres etwas höher als ersteres. Ab und zu ist auch eine seitliche Ausbuchtung vorhanden. 9. Tuber cinereum. Hypophysis. Corpora candicantiea. Das Tuber cinereum ist stets längsoval. Die Corpora candicantia scheinen seiner hinteren Wand aufzusitzen und sind stets durch einen Sulcus medianus corpp. cand. deutlich geschieden. Die Hypophyse lässt bei Oberflächenbetrachtung nur einen Lappen erkennen, doch konnte ich sie nicht bei allen Gattungen untersuchen. 10. Cerebellum. Der Bau des Kleinhirns zeigt in der ganzen Reihe der Marsupialier eine merkwürdige, bisher noch gar nicht beachtete Uebereinstimmung. Am auffälligsten spricht sich letztere in dem Bau des Wurms aus. Dieser lässt stets 4 ganz charakteristische Lappen erkennen, welche 4 ebenso scharf unterschiedenen Haupt- strahlen des Arbor vitae entsprechen. Ich habe diese Strahlen bezw. Lappen als vorderen oberen, hinteren oberen, hinteren unteren und vorderen unteren bezeichnet. Das Fastigium trennt den vorderen unteren und hinteren unteren Lappen. Aus dem ersteren, bezw. hinter ihm entwickelt sich aus dem Markkern das Velum medullare anticum. Der vordere obere Lappen liegt stets der Kuppe der hinteren Vierhügel auf. Der hintere obere Lappen legt sich über den vorderen oberen zungenförmig hinweg. Ich habe ihn daher auch als Lobus impendens bezeichnet. Sein Markstrahl ist stets der längste und entsprechend vornüber: gebogen. Er theilt sich niemals in Hauptäste, sondern giebt nur Nebenäste in grosser Zahl ab. Auch der vordere obere Markstrahl bleibt ungetheilt. Der vordere untere Markstrahl theilt sich gewöhnlich bald in 3 Haupt- äste (Macropus, Phascolarctus, Dasyurus).. Hinter den 3 Hauptästen ist unmittelbar vor dem Velum medullare anticum gewöhnlich noch ein feineres Aestchen zu erkennen, welches zu einem eigenen kleinen Läppchen gehört. Sehr schön ist es z. B. auf dem Medianschnitt durch das Phascolarctus-Gehirn zu er- kennen. Der hintere untere Strahl ist ebenso wie der vordere untere an seinem Ursprung sehr breit. Er spaltet sich im Allgemeinen in 2 Hauptäste, einen feineren, welcher ein schmales hinter dem Fastigium gelegenes Läppchen versorgt, und einen breiten, welcher sich weiterhin in mehrere Nebenzweige auflöst. Der hintere untere Lappen scheint bei der Ansicht von oben bei allen Gattungen etwas nachzuschleppen. Das Fastigium ist sehr hoch, aber im sagittalen Durchmesser sehr schmal. Das Velum medullare anticum hat eine grosse Längenausdehnung bei relativ geringer Breite. Auf die gelegentlichen Verwachsungen mit dem Rautenboden lege ich kein Gewicht, da sie immerhin doch Kunstproduct sein könnten. 137 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 137 Für die Hemisphärenbildung sind die Fossa paramediana und lateralis charakteristisch. Bemerkens- werth ist, dass bei manchen Gattungen in ersterer der Markkern freiliegt. Auch die Flockenbildung stimmt, soweit meine Beobachtungen reichen, in der ganzen Reihe überein. Den Windungen des hinteren unteren Wurmlappens ist meist nur ein relativ schmaler Hemisphärentheil zugeordnet. 11. Pons. Der Brückenarm und die Brücke ist allenthalben relativ schwach entwickelt. Die folgende Tabelle giebt eine Uebersicht über die absolute sagittale Breite der Brücke und den Abstand des Angulus pontis von der Medianlinie bei den einzelnen Gattungen: Breite Abstand des Ang. pont. Breite [Abstand des Ang. pontis Macropus 9 13 Phalanger maculatus 4 ale Aepyprymnus 5 Io Phascolarctus 7 11 Pseudochirus 31), 8 Perameles 3 6 Petaurus 21/, — Didelphys 3 61], Am auffälligsten ist jedenfalls die grosse Breite der Brücke dei Phascolarcitus, dessen Ausnahme- stellung bereits wiederholt hervortrat. Der N. trigeminus entspringt am hinteren Brückenrand oder diesem wenigstens erheblich näher als dem vorderen. Fast stets lassen sich allerdings auch dann, wenn der Nerv durchaus hinter der Brücke zu ent- springen scheint, doch noch einige Querfaserbündel des Pons hinter ihm nachweisen. Der Sulcus basilaris fehlt niemals. Der Nervus abducens entspringt in der Regel eine Strecke weit hinter dem hinteren Ponsrand. 12. Medulla oblongata. Rautengrube. Allen Marsupialiern kommen gut ausgebildete Pyramiden zu. Stets ist auch eine Decussatio pyra- midum nachweisbar. Das Corpus trapezoides ist mitunter breiter als die Ponsformation. Unterhalb des Corpus trapezoides findet sich stets noch eine 2. Querfaserschicht, welche gleichfalls die Pyramiden frei- lässt (wenigstens makroskopisch). Ich habe sie als unteres Trapezfeld bezeichnet. Dasselbe entspricht dem Stratum zonale ArnorLpı. Die Fasern dieses Feldes gelangen auf der Dorsalfläche in die Nähe des Tuber- culum acusticum. Die Pyramiden werden nur ausnahmsweise von äusseren Bogenfasern in dickerer, makroskopisch erkennbarer Schicht überzogen (Phascolarctus). Einige Beachtung verdient auch der mehr- fach erwähnte Fasciculus lateralis medullae oblongatae. Der N. acusticus und der N. facialis entspringen stets aus dem oberen Trapezfeld. In der Rautengrube werden durchweg die Striae acusticae vermisst. Oft bemerkt man eine auf den Vorderunterlappen des Wurms zurückführbare Einbuchtung. Das Tuberculum acusticum (Eminentia lenti- formis) ist stets stark entwickelt, relativ am stärksten bei Phascolarctus. Das Trigonum acusticum läuft oralwärts in einen hornförmigen Streifen, den Torus acusticus, aus. Die Ala cinerea ist nur selten makro- skopisch deutlich abgesetzt (Phascolarctus). Zuweilen grenzt ein Sulcus paramedianus beiderseits neben dem Sulcus medianus einen schmalen Streifen ab (Pseudochirus). Das Tuberculum cinereum ist meist gut, die Clava schwach entwickelt. Auf dem Tuberculum cuneatum verläuft öfters eine Secundärfurche. Ein Sulcus medianus posterior lässt sich caudalwärts von der Apertura canalis centralis nur eine kurze Strecke weit verfolgen. Daher findet man bereits im unteren Theil der Oblongata und erst recht im Rückenmark statt zweier paariger Gorr’schen Stränge einen unpaarigen (vergl. z. B. Fig. 39, 83 u. a.). Derselbe ist meist sehr schmal. Der Sulcus paramedianus posterior — zwischen Gorr’schem und Burpach#’schem Strang — ist dagegen stets scharf ausgeprägt. Der Ursprung der Wurzeln scheint keine auffällige übereinstimmende Besonderheit darzubieten. Jenaische Denkschriften. VI. 18 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. II. 138 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 138 Ill. Vergleichung des Marsupialiergehirns mit dem Monotremengehirn. Die phylogenetischen Beziehungen der Marsupialier und speciell auch der einzelnen Marsupialier- familien zu den Monotremen sind noch in völliges Dunkel gehüllt. HAECKEL nimmt an, dass aus den Pro- mammaliern oder Ursäugern „als zwei verschiedene und weit divergirende Descendenzlinien“ einerseits die heute noch lebenden Schnabelthiere und andererseits die Stammformen der Beutelthiere hervorgegangen sind !'). Als älteste Form der Beutelthiere, welche der gemeinsamen Stammform am nächsten steht, betrachtet er vermuthungsweise die Familie der Beutelratten (Didelphyiden). Bei dieser Unsicherheit der Verwandtschaften muss die Vergleichung des Marsupialiergehirns mit dem Monotremengehirn für alle Gattungen durch- geführt werden. Ich werde die Vergleichung wieder nach denselben Gesichtspunkten wie die Vergleichung der Marsupialiergehirne unter einander vornehmen. 1. Allgemeine Formverhältnisse. Unter diesen kommt speciell das Verhältniss des Lobus olfactorius zum Grosshirn in Betracht. Die Marsupialier erwiesen sich sämmtlich als makrosmatisch. Echidna ist gleichfalls unzweifelhaft als makro- smatisch zu bezeichnen. Ornithorhynchus ist hingegen relativ mikrosmatisch (vergl. S. 36). Wie auch ELLIOT SmiTH hervorhebt?), ist dies auf die Lebensweise im Wasser zurückzuführen. Es handelt sich hier um eine ähnlich bedingte, nur nicht so erhebliche Verkümmerung des Riechapparats wie bei den Walen. Für eine nähere Verwandtschaft der Marsupialier mit Echidna lässt sich selbstverständlich die beiden gemeinsame stärkere Ausbildung des Riechapparats und speciell des Lobus olfactorius nicht verwenden. Eine Ver- schiedenheit besteht insofern, als der Lobus olfactorius s. str., d. h. die kappenförmige Bulbusformation bei den Marsupialiern bis zur Fissura rhinalis lateralis reicht und sich meist nur durch eine stumpfere, fron- talwärts in der F. rhinalis lateralis verschwindende Depression gegen das Rhinencephalon abgesetzt, während bei Echidna die Bulbusformation sich durch eine etwas schärfere unterhalb der F. rhin. lat. verlaufende Furche, die Fiss. bulbi olf. lat., absetzt und sonach den frontalen oberen Theil des Rhinencephalon freilässt. Eine Mittelstellung nimmt Didelphys virginiana und, wie ich mich jetzt überzeugt, auch Didelphys azarae ein. Gemeinschaftlich ist den Monotremen und vielen Marsupialiern die Enge des Isthmus zwischen beiden Schläfenlappen. Ich vermisse sie bei Dasyurus, Perameles und Didelphys; auch bei Phascolarcius ist sie nicht sehr ausgeprägt. Der Stirntheil ist bei den meisten Marsupialiern — Perameles bildet eine Ausnahme — schärfer zugespitzt und daher im Ganzen schmäler. Die Vierhügel liegen bei Echidna und Ornithorhynchus fast ganz verdeckt. Die Marsupialier verhalten sich, wie oben erörtert, in dieser Beziehung sehr verschieden. Bemerkenswerth bleibt immerhin, dass bei den Perameliden, Dasyuriden und Didelphyiden die Vierhügel in erheblichem Grade freiliegen, während sie bei Ornithorhynchus fast ganz bedeckt sind. Man kann hierin wohl einen Hinweis erblicken, dass die Entwickelung des Pallium bei den erwähnten Beutlerfamilien noch nicht so weit vorgeschritten ist wie bei Ormithorhynchus und dass sie somit wahrscheinlich den Promammaliern näher stehen als dieser. 2. Grosshirnfurchung. Die Fissura rhinalis lateralis verläuft bei beiden Ordnungen sehr ähnlich. Die Flexura Sylvica und die Flexura occipito-temporalis (s. S. 129) dieser Furche kehren bei den Monotremen in ähnlicher Lage 1) Anthropogenie, 4. Aufl, p. 580. 2) Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 163. Der Anm. ı auf derselben Seite kann ich nicht beistimmen. 139 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 139 wieder, nur ist bei Echidna die Flexura Sylvica etwas occipitalwärts verschoben und schärfer als bei Orni- thorhynchus und den Marsupialiern. Wie bei den Macropodiden verschwindet die F. rhin. lat. auch bei Echidna und Ornithorhynchus im Temporalgebiet von der lateralen Convexität, bei ersterer allerdings nur vorüber- gehend (vergl. Fig. 3a—d). Jedenfalls steht das Verhältniss bei beiden Monotremen geradezu im Gegensatz zu demjenigen von Perameles, Dasyurus und Didelphys (s. oben). Bei Ornithorhynchus gelangt die Furche schliesslich auf die Tentorialfläche des Grosshirns, bei Echidna (vergl. Fig. 4) gelangt die Furche höchstens eben noch auf diese Fläche. Die F. rhinalis lateralis post. liegt bei Ornithorhynchus auf der Medialfläche ganz auffällig hoch (vergl. Fig. 26). In dieser Beziehung entfernt sich Ornithorhynchus von den meisten Beutel- thieren erheblich mehr als Echidna. Die zunächst alsFissura Sylvii bezeichnete Furche fand sich bei Ornithorhynchus nur als Depression, bei Echidna als wohl ausgeprägte, tiefe, aus der Fiss. rhinalis lateralis entspringende Furche. Es würde sich nun zunächst fragen, ob die bei den Marsupialiern in Anlehnung an TurnER als Fiss. Sylvii bezeichnete Furche überhaupt mit der Fiss. Sylvii von Echidna homolog ist. Man könnte nämlich auch an eine Homologie der letzteren mit der Furche £ des Marsupialiergehirns denken. Zur Entscheidung dieser Frage wird man unter den Marsupialiergehirnen die grösseren, welche wohlausgeprägte Furchen besitzen, bevorzugen, also namentlich das Macropus-Gehirn. Der Vergleich der lateralen Convexität des letzteren mit derjenigen des Echidna-Gehirns stösst nun allerdings auf grosse Schwierigkeiten, insofern die Fiss. rhinalis lateralis, welche allein als Ausgangsfurche dienen kann, bei Echidna in ihrem vorderen Abschnitt viel steiler ansteigt als bei Macro- pus, und ihre Flexura Sylvica stark occipitalwärts und auch basalwärts verschoben ist. Der letztere Umstand deutet bereits darauf hin, dass dieHomologfurche der Fiss. Sylvii von Echidna bei Macropus weiter frontalwärts zusuchen ist. Ferner ist zu erwägen, dass Macropus ausser der als F. Sylvii von mir bezeichneten Furche noch 3 Haupt- furchen auf der lateralen Convexität besitzt, nämlich «, $# und d. Von diesen liegen zwei, £ und d, hinter der fraglichen Furche (vergl. Fig. 38), eine, «, vor derselben. Demgegenüber besitzt Echidna ausser F'S noch 4 Furchen, nämlich die Fissura antesylvia anterior und posterior und die Fissura postsylvia anterior und posterior; je 2 liegen vor und hinter der Fissura Sylvii. Von diesen fehlt also eine Macropus. Ueber- blickt man Fig. 3a—d oder noch besser die gesammte Reihe der mir vorliegenden Echidna-Gehirne, so ergiebt sich, dass die Fiss. postsylvia ant. und post. sehr constant sind, während die Fiss. antesylvia ant. und post. nach Lage und Länge in höchstem Maasse variiren. Die Fiss. antesylvia ant. ist oft auf ein Rudiment reducirt, so dass man vor der Syrvr’schen Furche überhaupt nur eine Hauptfurche, nämlich die F. ante- sylvia posterior erkennen zu können glaubt. Man wird hieraus schliessen dürfen, dass die F. antesylvia ant’ diejenige Furche ist, welche Macropus fehlt, dass die F. antesylvia post. der Furche « und die Fiss. post- sylvia ant. und post. den Furchen $ und d bezüglich entsprechen. Damit ist aber auch erwiesen, dass die von mir und vorher von TURNER!) als FS bezeichnete Furche des Gehirns von Macropus rufus in der That der sog. Syrviıschen Furche von Echidna entspricht. Diese Homologie wird weiterhin durch die Betrachtung der Hirnoberfläche von Macropus ualabatus gestützt (vergl. Fig. 54). Bei diesem Beutler ähnelt der Verlauf der als FS bezeichneten Furche demjenigen der Syrvischen Furche von Echidna erheblich mehr. Auch Aepyprymnus (vergl. Fig. 56) zeigt die Furche mehr wagrecht und occipitalwärts verlaufend als Macropus rufus und somit mehr Uebereinstimmung mit Echidna. Die Thatsache, dass bei den übrigen Beutlern schliess- lich die sog. Syrvısche Furche nur noch als eine von der Fiss. rhinalis lateralis losgelöste Gefässfurche (%) aufzufinden ist, wird im nächsten Abschnitt gewürdigt werden. Ebenda wird auch hervorzuheben sein, dass, wie schon p. I5 betont, die Bezeichnung: „Syrvısche Furche‘“ überhaupt missverständlich ist. Die Syrvische Depression bei Ornithorhynchus hat dieselbe Lage wie die Furche F'$ der Marsupialier. 1) Convolutions of the brain. Text p. I9 und Fig. II auf p. 18. 18* 140 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 140 Auch hierin erblicke ich einen Hinweis, dass die occipito-temporale Verschiebung derselben Furche bei Echidna eine specielle, später erworbene Eigenthümlichkeit des Echidna-Gehirns ist. Auch die Vertheilung der Gefässe stimmt mit dieser Auffassung überein: ein Hauptast der Art. cerebri media liegt bei Echidna und Macropus in der auf beiden Gehirnen als F'S bezeichneten Furche. Dabei ist jedoch nicht zu verkennen, dass die Hirnfurchung von Echidna schon bezüglich des Verlaufs der Syryıschen Furche sehr erheblich ab- weicht von derjenigen der Marsupialier. Es hängt dies offenbar grösstentheils mit der breiten Entwickelung des Stirntheils bei Echidna zusammen. Die Furche « der Marsupialier hat sich als die Homologfurche der F. antesylvia posterior erwiesen. Dazu ist jedoch zu bemerken, dass man den Thatbestand auch ebenso richtig durch den Satz ausdrücken kann: die Furche « entspricht der F. antesylvia posterior und anterior. Auf der verbreiterten Stirnfläche des Echidna-Gehirns hat sich zur Furche « eine Parallelfurche entwickelt, oder « hat sich in !2 Furchen- elemente gespalten. Die Variabilität der beiden neuen Furchen beweist direct, dass die Spaltung phylo- genetisch jung ist. Ornithorhynchus kommt zum Vergleich nicht in Betracht, da ihm diese wie alle weiterhin aufzuführenden Furchen der lateralen Convexität fehlen. Der Furche £ entspricht die F. postsylvia anterior. Die Zeichnungen TURNER’S (Macropus major, vergl. S. 72) und die Darstellung BEnparn’s (Halmaturus, vergl. S. 73) sind einer richtigen Auffassung der Homologien insofern geradezu hinderlich, als sie die Existenz einer vollständigen, die FS$ umkreisenden Bogenfurche bei Marsupialiern vortäuschen. Eine solche Bogenfurche fehlt vollkommen. Niemals hängen ß, e, & und « sämmtlich zusammen (vergl. S. 55). Höchstens können hin und wieder Gefässfurchen ganz oberflächlich einen Zusammenhang vortäuschen (vergl. auch die Furche p der Fig. 54). Richtig ist nur, dass f, e und & öfters zusammenhängen und einen frontalwärts offenen Bogen beschreiben. Eine ganz analoge, allerdings |flachere Biegung kommt auch der F. postsylvia ant. zu, wie ein Blick auf Fig. 3 namentlich Fig. 3a, 3c und 3d lehrt. Die Furche Öd findet ihr Homologon in der F. postsyilvia posterior. Letztere Furche zerfällt bei Echidna (vergl. S. 9) in einen occipitalen und temporalen Ast. Ich lasse es dahingestellt, ob 6 beiden Aesten entspricht. Wahrscheinlicher ist mir, dass dem occipitalen Ast die Furche x des Macropus- Gehirns entspricht. Letztere ist, wie auf S. 56 nachzulesen ist, nicht ganz constant, liegt in der Verlängerung; von d und ist mit d öfter durch ein Gefäss verbunden. Auch die Furchung von Macropus bennettü (vergl. Fig. 55) spricht zu Gunsten der eben aufgestellten Homologie. Die beiden Furchen des vor « gelegenen Stirntheils, „ und 3, entsprechen offenbar den analog; gelegenen Fissurae frontomarginales inferior und superior. Nur n ist bei den Marsupialiern constanter nachzuweisen !). Es entspricht dies der Thatsache (vergl. S. 10), dass auch bei Echidna meist nur eine der Frontomorginalfurchen und zwar öfter die untere stark entwickelt ist. Für die kleineren Furchen der lateralen Convexität des Echidna-Gehirns und der Marsupialier-Gehirne ist eine Homologie nicht aufzustellen; dazu hat sich die Hirnentwickelung hier und dort viel zu divergent vollzogen. Unter den Furchen der Medialfläche ist die Homologie der F. hippocampi sofort gegeben). Der Verlauf dieser Furche zeigt bei den Marsupialiern verschiedene Typen (vergl. S. ı31#f.). Echidna verhält sich wie Macropus, d. h. die F. hippocampi verläuft durchweg auf der Hilusfläche (vergl. Fig. 4). Auch bei. Ornithorhynchus (vergl. Fig. 26) gehört die Furche grösstentheils der Hilusfläche an. Die beiden lebenden Monotremen nähern sich also in dieser Beziehung den Macropodiden und entfernen sich von den Pera- I) Phalanger maculatus, dessen Gehirn ich kürzlich erst erhalten, zeigt n und 3. 2) TURNER hat die F. hippocampi von Ornithorhynchus in einer früheren Arbeit (Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXVI) fälschlich als F. splenialis gedeutet. 141 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 141 meliden, Dasyuriden und Didelphyiden, Dementsprechend liegt auch die Fascia dentata und Fimbria der Monotremen ähnlich wie bei Macropodiden auf der Medialfläche nicht frei, bei Ornithorhymchus &twas mehr als bei Echidna. ELLior SmitH!) weist in dieser Beziehung den beidenfMonotremen eine mittlere Stellung zwischen den beiden Extremen — Macropus einerseits und !Notoryctes und Perameles andererseits — zu, behauptet aber, dass sie in diesem Punkt Dasyurus mehr als allen anderen Marsupialiern gleichen. Wie sich aus dem Vorigen ergiebt, kann ich dem nicht beistimmen, sondern muss die Monotremen erheblich näher zu Macropus (in diesem Punkte) stellen ?). Interessant ist auch ein Vergleich des frontalen Endschenkels der F. hippocampi und der Area praecommissuralis. Bei Echidna ist gegenüber Ornithorhynchus der sagittale Durchmesser der Area praecommissuralis, verglichen mit demjenigen des vor der{F. hippocampi gelegenen Stirntheils, relativ klein (4:9 mm = 1:2,3°), bei Ornithorhynchus relativ gross (2!/, :4!/;, mm =1:1,3). Der temporale Endschenkel der F. hippocampi ist bei beiden Monotremen ziemlich stark frontal- wärts abgebogen, bei Echidna etwas stärker als bei Ornithorhynchus*‘). ELLIOT SMITH behauptet, dass bei den verschiedenen Marsupialiern das Maass der Umbiegung zwar schwankt, aber doch stets grösser ist als bei Echidna°). Ich kann dies für die Macropodiden nicht zugeben. Vergl. z. B. Figg. 4, 26 und 4o meiner Arbeit. In diesem wichtigen Punkt, der in engem Zusammenhang mit der Entwickelung der ganzen Hirn- form steht, ist also keineswegs eine Stufenfolge: Ornithorhynchus — Echidna — Marsupialia — Placentalia nachweisbar, sondern die beiden Monotremen würden sich in die Reihe der Marsupialier einschieben bezw. neben der Reihe der letzteren stehen. Für den Vergleich der übrigen Furchen der Medialfläche kommt nur Echidna in Betracht, da Ornitho- rhynchus keine weiteren besitzt (vergl. S. 37). Die Furche o ist am leichtesten und sichersten zu identificiren. Sie entspricht offenbar ganz‘ der F. vallaris von Echidna. Ein Unterschied besteht nur insofern, als o, genügend verlängert, die mediale Mantelkante weit hinter « schneiden würde (vergl. S. 133), während die F. vallaris erheblich vor die F. ante- sylvia ant. zu liegen kommt (vergl. Fig. 4)®). Es hängt dies offenbar damit zusammen, dass die Trans- versalfurchen von Echidna sich weit bis auf die Medialfläche fortsetzen. Lehrreich ist in dieser Beziehung auch der Vergleich mit Frower’s Abbildung des Thylacinus-Gehirns. Die Furche z scheint bei Echidna zu fehlen, doch findet man nicht selten, dass die Fissura vallaris frontalwärts in einer senkrecht zu ihr gestellten Mulde endet, welche ihrem Verlauf nach durchaus z ent- spricht. Das auf Fig. 4 dargestellte Gehirn weist diese Mulde nicht auf. Auf meinen übrigen Echidna- Gehirnen ist sie öfter vorhanden als nicht. Die 3=4 Radiärfurchen der Medialfläche des Echidna-Gehirns finden sich im Allgemeinen bei den Marsupialiern nicht wieder. Sie stellen bis auf die hinterste die Fortsetzungen der Fiss. antesylvia ant., antesylvia post. und postsylvia ant. dar. Am schärfsten ist gewöhnlich die dritte, also die Fortsetzung der F. postsylvia ant. ausgeprägt (vergl. S. 12). Anklänge an solche Fortsetzungen finden sich auch bei den Marsupialiern. So erinnere ich daran, dass die Furche @ (= F. antesylvia post.) sich zuweilen nach einer Unterbrechung in der Furche «' (vergl. Fig. 56) bis zur Mantelkante fortsetzt. Noch ausgesprochener kehrt 1) Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 167. Seine ganze Reihe lautet: Notoryctes und Perameles, Dasyurus, Phascolarctos, Petaurus, Phalangista, Hypsiprymnus, Petrogale, Macropus. 2) In einer kürzlich an mich gelangten brieflichen Mittheilung berichtigt SMITH diesen Irrthum. 3) Diese Verhältnisszahlen sind ebenso gewonnen, wie die p. 132 angegebenen. 4) Vergl. auch ELLIOT SMITH, Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, Fig. 2 (Ornithorhynchus) und Fig. 3 (Eehidna). 5) Ibid. p. 161. R 6) Beiläufig bemerkt, wird hierdurch nochmals a fortiori ausgeschlossen, dass etwa die Homologfurche der SyLvıschen Furche von Echidna bei den Marsupialiern weiter hinten, z. B. in ß, zu suchen wäre. 142 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 142 diese Fortsetzung «‘ bei Pseudochirus peregrinus wieder. Vergl. Figg. 70 und 71 sowie Text S. 86. Bei demselben Beutler setztsich gelegentlich scheinbar auch d =F. postsylvia post.) bis zur Mantelkante fort (Fig. 70, linke Hemisphäre), doch handelt es sich hier thatsächlich um eine Fortsetzung der Furchev, welche unten besprochen werden wird. Am bemerkenswerthesten bleibt die Thatsache, dass $# (= F. postsylvia ant.) bei den Marsu- pialiern den medialen Mantelrand niemals erreicht, geschweige denn überschreitet. Für die Furche v der Marsupialier bietet sich bei Echidna als Homologon ungezwungen die F. ten- torialis (vergl. Figg. 4 und 5). Freilich erscheint diese gegenüber v relativ verkümmert und etwas basalwärts verschoben. Ihr unteres Ende liegt vor der F. rhinalis lat. post. (Fig. 4). Es stimmt dies mit dem Verhalten von Macropus rufus (Fig. 40) überein. Bei vielen Marsupialiern (s. z. B. Fig. 88, Phascolarctus) liegt v so weit oberhalb der F. rhin. lat. post., dass ein Vergleich der Lage nicht wohl möglich ist. Auf der Basis knüpft sich das Hauptinteresse zunächst an das Tuberculum olfactorium. ELLIOT SMITH bemerkt über die relative Grösse derselben bei den Monotremen'!): „it is relatively small in Platypus = Ornithorhynchus), and although larger in Echidna, the enormous development ofpallium around it throws it into insignificance“. Der grösste frontale Durchmesser ergab sich bei meinen Echidna-Gehirnen zu 5'/,-6 mm, der grösste sagittale zu 5'/,—6 mm. Für Ornithorhynchus betragen dieselben Durch- messer 3 bezw. 5—5'!/; mm. Aus diesen Zahlen schliesse ich, dass bei beiden Monotremen das Tuberculum olfactorium relativ klein ist, bei Zchidna relativ eher noch etwas kleiner als bei Ornithorhynchus. Jedenfalls kann weder bei den Marsupialiern noch bei den Monotremen von einer einfachen Proportionalität zur Ent- wickelung des Riechlappens die Rede sein. Die Angabe von ELLioT SmiTH?), dass bei Ornithorhynchus die Fiss. endorhinalis (rhinalis medialis) im Gegensatz zu allen anderen Säugern (einschliesslich Zchidna) die Area depressa (= Subst. perfor. ant.) vom Lobus pyriformis (= Rhinencephalon) trennt, kann ich nicht bestätigen. Vergl. Figg. I4 und 3I meiner Arbeit. Das Tuber rhinencephali erscheint bei Ornithorhynchus verkümmert, bei Echidna sehr gut ent- wickelt. Es entspricht dies dem auch bei den Marsupialiern constatirten Zusammenhang dieses Gebildes mit dem Lobus olfactorius. Die laterale Tractuswurzel ist bei beiden Monotremen im Gegensatz zu derjenigen der Marsupialier oberflächlich nicht sicher abzugrenzen. Ein Tuberculum rhinencephali habe ich weder bei Echidna noch bei Ornithorhynchus gefunden. 3. Commissuren. a) Commissura anterior. Die relative Querschnittsgrösse der vorderen Commissur von Echidna und Ornithorhynchus bleibt innerhalb des Spielraums, welcher sich für dieselbe Grösse bei den Marsupialiern ergeben hat. Soweit ich untersuchen konnte, spaltet sich die vordere Commissur sowohl bei den Marsu- pialiern wie bei den Monotremen in 2 Hörner (Crus anterius s. Pars olfactoria und Crus post. s. Pars tem- poralis).. Das hintere Horn fiel mehrfach (Ornithorhynchus, Pseudochirus) durch grosse Mächtigkeit auf. b) Commissura superior. Die Zusammensetzung der oberen Commissur aus 2 Schenkeln, wie sie auf dem Medianschnitt bei den Marsupialiern stets zu erkennen ist, ist bei beiden Monotremen verwischt°). Ferner ist der mediane Querschnitt bei beiden Monotremen relativ etwas klein, und endlich erstreckt sich derselbe bei beiden nicht so weit occipitalwärts (hinter der vorderen Commissur) wie bei den meisten Mar- supialiern. Auch das Verhältnis zu den Ringbündeln gestaltet sich makroskopisch etwas anders. Das hintere I) Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 187. 2) Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 468. 3) Vergl. auch ELLIOT SMITH, Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, Fig. I und 8. ELLIOT SMITH giebt auch an (z. B. neuerdings Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 469), dass in dem Raum zwischen Commissura ant. und superior, den von ihm sog. commissure-bed, die beiden Hemisphären, bezw. ihre Areae praecommissurales durch eine Brücke grauer Substanz verbunden sind. Im mikroskopischen Theil findet diese Angabe eine ausführliche Prüfung und Kritik. S. auch unten. 143 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 143 Ringbündel steigt bei Echidna und bei Ornithorhynchus nicht senkrecht auf wie bei Macropus, sondern schräg auf- und frontalwärts etwa wie bei Phascolarctus. Das jvordere Ringbündel scheint sich bei beiden Ordnungen durchweg ähnlich zu verhalten. Der Eintritt in die Commissura sup. gestaltet sich jedoch, da dieser ein Hilus fehlt, für beide Monotremen etwas anders als für die Marsupialier. Im Ganzen treten die Fasern der Ringbündel in den vorderen zugespitzten Theil des Querschnitts ein. Genaueren Aufschluss über diesen Unterschied verschafft erst die mikroskopische Untersuchung. Das makroskopische Verhalten der Fimbria zeigt keinen wesentlichen Unterschied bei beiden Ordnungen, wenn ich von der schon bei Besprechung der Fascia dentata (S. 141) berührten Lagebeziehung zur Hilusfläche absehe. Speciell findet sich überall ein Alveus-Antheil, ein Fimbria-Antheil s. str. (Pars marginalis ZUCKERKANDL’S) und ein in den Sulcus fimbrio- dentatus eingefalzter Z-Antheil (Alveus medialis, s. S. 126, Pars fixa ZUCKERKANDL’s). Die Verschiedenheiten — grössere oder geringere Breite des Fimbria-Antheils, schärfere oder weniger scharfe Zuspitzung ihres freien Randes (letzteres bei den Monotremen), stärkere oder schwächere Ausprägung des S. fimbrio-den- tatus — treten gegenüber den gemeinsamen Hauptzügen ganz zurück. Bemerkenswerth ist das Verhalten der Fissura hippocampi zu dem Ammonshorn. Im Parietaltheil zeigt diese Furche auf Querschnitten bei Echidna keine dem Seitenhorn gegensinnige Krümmung, sondern sie dringt fast geradlinig (vergl. Fig. I0) ein oder krümmt sich sogar zuweilen etwas medialwärts, also in gleichem Sinn wie das Seitenhorn. Erst nach der occipitalen Umbiegung schneidet die F. hippo- campi mehr und mehr in einem Bogen ein, welcher sich dem Seitenhorn entgegenkrümmt (vergl. Fig. 6). Bei Ornithorhynchus ist eine solche Entgegenkrümmung schon im iParietaltheil unverkennbar, wenn auch schwach ausgeprägt!) (vergl. Fig. 28). Bei Macropus lässt sich der Wechsel der beiden Krümmungen ähn- lich wie bei Echidna verfolgen; man vergleiche z. B. nur Fig. 41 mit Fig. 43. Auch bei den übrigen Mar- supialiern kehrt allenthalben ein ähnliches Verhalten wieder. Auffällig weit occipitalwärts erhält sich die gleichsinnige Krümmung bei Pseudochirus peregrinus (vergl. Figg. 73—80). Auffällig stark, geradezu haken- Jörmig ist die gegensinnige Krümmung bei Perameles obesula (Fig. 94)?). Auch bei Didelphys ist sie sehr erheblich, allerdings fand ich sie nicht so ausgesprochen wie z. B. auf HErRrIcK’s Fig. 5 (Taf. A, Journ. of Comp. Neurol., Febr. 1892). Der eigenartige Aufbau aus grauer und weisser Substanz, seine Ueberein- stimmung und Verschiedenheit bei Monotremen und Marsupialiern wird im mikroskopischen Theil besprochen. 4, Nucleus caudatus und lentiformis. Bei den Monotremen ist die Oberfläche des Schweifkerns im Ganzen flacher und steigt nur all- mählich lateralwärts an. Bei den Marsupialiern erhebt sich auf der Oberfläche durchweg ein scharfer Grat, der medialwärts steil abfällt. Damit hängt es auch zusammen, dass die Furche zwischen Streifenhügel und Sehhügel, welche die Stria terminalis enthält, bei den Marsupialiern durchweg tiefer ist als bei den Mono- tremen. Auch überwiegt bei den Marsupialiern gewöhnlich die Höhendimension des Schweifkerns über die Breitendimension, während für die Monotremen das Umgekehrte gilt. Hinsichtlich des Linsenkerns gestattet die makroskopische Untersuchung keine sichere Vergleichung, da seine makroskopische Abgrenzung zu unsicher ist. Jedenfalls ist sie bei den Marsupialiern im Ganzen schärfer als bei den Monotremen. Die Bemerkung von Errior Smith über die Verkümmerung der inneren Kapsel?) bei den ı) Die Fig. 4 und namentlich Fig. 5 in ELLIOT SmITH’s Arbeit über die Fascia dentata (Anat. Anz., 1896, No. 4 und 5) sind bez. dieser Krümmung stark übertrieben. Verf. selbst bezeichnet sie als schematisch. Die Abbildungen in der Arbeit The structure of the cerebral hemisphere of Ornithorhynehus, Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 465 ff. sind mir erst später be- kannt geworden und sind wesentlich naturgetreuer. 2) Vergl. dazu auch Fig. 3 von E. SMITH, Anat. Anz., 1896, p. S6. 3) Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 476. Aehnlich hat sich übrigens SyMINGTON zuerst ausgesprochen, Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXVII, p. 78. 144 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 144 Monotremen (im Gegensatz zu den Marsupialiern und Placentaliern) trifft nur für den vorderen Schenkel der inneren Kapsel und auch für diesen nur in beschränktem Maasse zu. 5. Ventrikel des Vorderhirns. In der so sehr charakteristischen Entwickelung eines Seitenhorns stimmen die Marsupialier und Monotremen überein. Die Formunterschiede ergeben sich ohne weiteres aus einer Vergleichung der Figg. 9—I1, I3 mit den Figg. 4I—43, 60—62, 78—80 und 94. Sie hängen namentlich mit der schon er- wähnten Formverschiedenheit des Schweirkerns und mit der Verlagerung der Fissura hippocampi auf die Hilusfläche zusammen. Die Cella media liegt bei den Marsupialiern durchweg viel senkrechter (vergl. z. B. Fig. Io mit Fig. 79) als bei den Monotremen. Es muss dies so sein, da sie auf den Schweifkern abmodellirt ist, dessen verschiedene Entwickelung in beiden Ordnungen soeben hervorgehoben wurde. Das Vorderhorn zeigt nach Form und relativer Grösse keine wesentlichen Unterschiede. Da der längere Durchmesser des Medianschnitts der vorderen Commissur bei den Marsupialiern senkrechter steht, so erscheint ihr Rücken, die mehrfach (z. B. S. 23) erwähnte Schwelle, über welche man in den Haupttheil des Vorderhorns gelangt, erheblich schmäler. Die Fovea praecommissuralis (S. 42) ist daher auch bei den Marsupialiern durchweg relativ tiefer. Dazu kommt, dass die laterale vom Schweifkernkopf gebildete Wand etwas steiler, fast senkrecht abfällt. Die mehrfach dargestellte Erweiterung des Vorderhorns an seinem vor- deren Ende (vergl. z. B. Fig. 46) scheint im Ganzen bei den Marsupialiern etwas besser ausgeprägt. In der basalen Communication mit dem Ventriculus lobi olfactorii scheinen wesentliche Unterschiede zwischen Echidna und Marsupialiern nicht zu bestehen. Bei Ornithorhynchus ist der Ventriculus lob. olfact. verkümmert. Das Unterhorn ist bei Ornithorhynchus relativ klein, auch bei Zchidna ist es schwächer entwickelt als bei den Marsupialiern. Zu demselben Schluss ist auch E. SmitH gelangt, doch überschätzt er die Ver- kümmerung erheblich!). 6. Sehhügel und Corpus geniculatum laterale. Das Product aus sagittalem und frontalem Sehhügeldurchmesser beträgt für Echidna 0,6, das Product aus Gehirnlänge und halber Gehirnbreite (desselben Gehirns) ?) 7,7, woraus sich das Verhältniss I: ı3 er- giebt. Für Ornithorhynchus betragen dieselben Zahlen 0,35 und 5,7; das Verhältniss beider ist 1:16. Ver- gleicht man diese Zahlen mit derjenigen der Marsupialier (S. 135), so ergiebt sich, dass die beiden Mono- tremen sich den Marsupialiern mit relativ kleinem Sehhügel anschliessen. Grosses Gewicht lege ich jedoch auf diese Thatsache nicht, weil erstens die Maasszahlen etwas willkürlich gewählt sind, und zweitens eine ‚exacte Messung erhebliche Schwierigkeit bietet. Im Mangel eines makroskopisch scharf abgrenzbaren Corpus geniculatum laterale stimmen die Monotremen mit den Marsupialiern überein. Bei Echidna (S. 24) ist es übrigens besser zu erkennen als bei ‚den meisten Marsupialiern. 7. Corpora quadrigemina. In dem Ueberwiegen der vorderen Vierhügel über die hinteren stimmen die beiden Mono- tremen mit der übergrossen Mehrzahl der Marsupialier überein. Am grössten ist dies Uebergewicht einer- seits bei Ornithorhynchus (S. 43) und andererseits bei Petaurus (S. 83). Bei Ornithorhynchus ist namentlich auch die Verschmälerung der hinteren Vierhügel im frontalen Durchmesser bemerkenswerth. 1) Transact. Roy. Soc. Austr., 1895. In seiner neueren Arbeit (Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 472), sowie in einer brieflichen Mittheilung berichtigt SmiTH diese Ueberschätzung. 2) Es handelt sich um eins meiner grössten. 145 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 145 Der hintere Vierhügelarm ist bei Ornithorkynchus sehr schwach ausgeprägt. Das Corpus geniculatum mediale ist bei Echidna (S. 24) und erst recht bei Ornithorhynchus (S. 43) sehr wenig ent- wickelt, während es bei den Marsupialiern durchweg sehr gut entwickelt ist. Auch bei Petaurus betragen seine Durchmesser noch immer I bezw. 2 mm. Ein wesentlicher Unterschied besteht zwischen den beiden Monotremen und den Marsupialiern in- sofern, als die Niveauerhebung der hinteren Vierhügel über den Rautenboden bei letzteren durch- weg viel beträchtlicher ist. 8. Aquäduct. Der Aquäduct der Beutelthiere wies die beiden charakteristischen zeltdachähnlichen Erhebungen auf, welche ich als Fastigium anterius und posterius bezeichnet habe. Ueber Ornithorhynchus vermochte ich keine sicheren Angaben zu machen. Bei Echidna sind diese Fastigien nur eben angedeutet. 9. Tuber cinereum. Hypophysis. Corpora candicantia. Das Tuber cinereum zeigt keine wesentliche Verschiedenheit. Die Hypophyse stellt bei beiden Ordnungen einen kegelförmigen Körper dar. Bei Eckidna ist sie 3 mm! lang, 2'!/} mm breit! und reichlich I!/, mm dick. Bei Macropus rufus finde ich die Hypophyse 5 mm lang und 3 mm breit. Die Dicke beträgt fast 2 mm. Bei Perameles ergab sich eine Länge von 2 und eine Breite von I mm. Diese Zahlen- unterschiede entsprechen ungefähr dem erheblichen Unterschied der Gesammtdimensionen der 3 in Rede stehenden Gehirne. Das Corpus candicans lässt bei den !Monotremen |keine mediane Theilungsfurche erkennen, während eine solche bei den Marsupialiern niemals fehlt. 10. Cerebellum. Gegenüber der grossen Uebereinstimmung der Gliederung des Wurms in der Reihe der Marsu- pialier fällt die erhebliche Abweichung beider Monotremen um so mehr auf. In der That scheinen die Bilder der Figg. 18 und 34 zunächst mit den Bildern der Figg. 48, 65, 73, S6 und 93 schwer vereinbar. Von der Correctheit der Fig. 18 und der ausserordentlichen Constanz der hier abgebildeten Ver- ästelung des Arbor vitae habe ich mich an vielen Gehirnen überzeugt. Dieselben stimmen bis auf die Einzelheiten der secundären und tertiären Aeste fast genau überein. Danach sind 4 Hauptstrahlen vor- handen (vergl. S. 27), welche man als vorderen unteren, vorderen oberen, hinteren oberen und hinteren unteren bezeichnen kann. Der vordere obere ist stets ein Doppelstrahl. Die S. 27 unterschiedenen 2 Gruppen von Nebenstrahlen lassen sich ungezwungen dem vorderen unteren bezw. hinteren unteren Haupt- strahl zurechnen. Für Ornithorkynchus stehen mir nur 2 Medianschnitte zur Verfügung, deren einer in Fig. 34 abgebildet ist. Ich kann also für die Constanz der hier abgebildeten Verästelung nicht ebenso sicher haften. Auf dem Fig. 34 abgebildeten Gehirn sind 5 Hauptstrahlen vorhanden. Das zweite Gehirn, durch welches ich gleichfalls einen Medianschnitt geführt habe, lässt gleichfalls 5 Hauptstrahlen !) erkennen; auch ihre Lage ist ähnlich, nur ist der 3. und 4. Strahl — Zählung von hinten nach vorn vorausgesetzt — näher an einander und dementsprechend der 4. und 5. Strahl weiter aus einander gerückt. Bei dieser Sachlage möchte ich glauben, dass der 3. und 4. Strahl des Ornithorhynchus-Kleinhirns zusammen dem vorderen oberen Hauptstrahl, also dem Doppelstrahl des Echidna-Kleinhirns entsprechen. Es würde sich nunmehr fragen, 1) Die 2 schwachen Strahlen, welche S. 45 noch aufgeführt sind, rechne ich zu dem vorderen unteren Strahl, welchem sie sich velumwärts direct anschliessen. Jenaische Denkschriften. VL 19 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 146 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 146 ob diese 4 Hauptstrahlen der Monotremen den 4 Hauptstrahlen der Marsupialier (vergl. z. B. S. 65) homolog sind. Für die beiden unteren Aeste wird man dies ohne weiteres zugeben können. Die Aehn- lichkeit der Lage und der secundären Verästelung ist geradezu auffällig, wenn man beispielsweise den Medianschnitt des Echidna-Kleinhirns mit demjenigen des Hypsiprymnus-Kleinhirns (Fig. 65) vergleicht. Um so unähnlicher sind die beiden oberen Hauptstrahlen. Vergebens habe ich bei Echidna den für die Marsupialier so sehr charakteristischen überhängenden Verlauf des hinteren oberen Strahls (Ramus im- pendens) und ebenso vergebens bei den Marsupialiern die für Echidna so charakteristische Doppelbildung des vorderen oberen Strahls gesucht. Hier ergiebt sich eine constante und typische Differenz, welche auf den ersten Blick gestattet, das Kleinhirn einer Echidna vom Kleinhirn eines Beutelthiers zu unterscheiden. Eine Erklärung lässt sich für diese Divergenz nicht geben. Man kann nur auf die ebenso erheblichen ander- weitigen Unterschiede hinweisen, welche sich gerade im Bau des Kleinhirns alsbald zwischen den beiden Ordnungen ergeben werden. Auch der Markkern zeigt nämlich auf dem Medianschnitt ein verschiedenes Aussehen: bei beiden Mono- tremen ist er gedrungener, bei sämmtlichen Marsupialiern mehr in sagittaler Richtung in die Länge gezogen. Die Betrachtung der Furchen der Wurmoberfläche fördert die Erkenntniss der Homologien nicht. Die tiefe, von mir als Sulcus horizontalis magnus hezeichnete Furche des Echidna-Gehirns (Fig. 17), die hintere Grenz- furche des oberen hinteren Lappens, erscheint bei den Marsupialiern etwas nach hinten-unten verschoben. Ich habe sie hier mit g bezeichnet (Fig. 48). Noch wesentlicher sind die Verschiedenheiten der Gestaltung der Hemisphären. Man kann geradezu von einer Verkümmerung derselben bei Ornithorhynchus sprechen, und auch bei Echidna sind sie in der Entwickelung etwas zurückgeblieben, namentlich im vorderen Abschnitt. Da ferner die hinteren Mantel- kanten der Grosshirnhemisphären bei den Marsupialiern durchweg in fast gestrecktem Winkel, hingegen bei beiden Monotremen in viel kleinerem Winkel divergiren [Fig. 1!) und Fig. 22], so werden die Kleinhirn- hemisphären in sehr charakteristischer Weise in ihrem lateralen Abschnitt nach hinten gedrängt. Bei Echidna führt dies so weit, dass der convex vorspringende hintere Rand der Kleinhirnhemisphären mit dem hinteren Wurmrand etwa in eine Linie zu liegen kommt. Die Fossa paramediana ist auch bei beiden Mono- tremen vorhanden. Sie ist jedoch seichter und verbreitert sich frontalwärts kaum. Der Markkern liegt in ihrem Bereich bei beiden Monotremen nirgends frei. Die Fossa lateralis (vergl. S. 65) des Mar- supialiergehirns fehlt den Monotremen. Die Fossa paralateralis ist anscheinend bei den Monotremen wohl auch vorhanden, eine sichere Homologie ist jedoch einstweilen noch nicht zu erkennen, da meine Untersuchungen dieses speciellen Gebiets des Kleinhirns sich vorläufig unter den Marsupialiern auf Macropus beschränken mussten (S. 65 u. 66) und auch die bei diesem Beutler erhobenen Befunde mir noch weiterer Nachprüfung zu bedürfen scheinen. Eine Flocke kommt Echidna jedenfalls zu, wahrscheinlich auch Ornithorhynchus. Die eigenartige Gestaltung des Processus helicinus, wie ich sie bei Echidna ausführlich beschrieben, lässt sich bei den Marsupialiern nur andeutungsweise wiedererkennen. 11. Pons. Die sagittale Breite der Brücke beträgt bei Zchidna (vergl. S. 29) 6-7 mm, der Abstand des Angulus pontis von der Medianlinie I0!/, mm. Die Verhältnisse bei Ornithorhynchus sind so complicirt und so eigenartig (vergl. S. 45 u. 46), dass sie zu einem messenden Vergleich sich nicht eignen. Die Zahlen von Echidna fügen sich in die S. 137 mitgetheilte Tabelle recht gut ein. ı) Bei den meisten meiner Echidna-Gehirne ist dieser Winkel noch kleiner als bei dem in Fig. ı abgebildeten Gehirn. 147 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 147 Sehr charakteristisch ist für beide Monotremen, dass der vordere Brückenrand im Bereich der Median- ebene fast schnabelartig vorspringt und kaum ausgeschweift ist, während er bei den Marsupialiern nur wenig vorspringt und stärker ausgeschweift ist. Damit steht z. Th. im Zusammenhang, dass der vordere Brückenrand lateralwärts bei den Monotremen stärker nach hinten abweicht als bei den Marsupialiern. Ferner zeigt der Ursprung des Trigeminus eine sehr bedeutsame Verschiedenheit der 'beiden Ordnungen. Bei den Monotremen entspringt er am vorderen Brückenrand, bei den Marsupialiern am hinteren (vergl. S. 137). Bei Echidna lassen sich Querfasern des Pons vor dem Trigeminusstamm nicht nachweisen, während bei manchen Marsupialiern (Perameles, Didelphys und namentlich Pseudochirus) zuweilen Querfasern hinter dem Trigeminusstamm makroskopisch nicht nachweisbar sind. Die dem Trigeminus ent- sprechende Ausschweifung des hinteren Ponsrandes kommt daher auch nur den Marsupialiern zu. Die überaus mächtige Entwickelung des Trigeminus zeichnet beide Ordnungen aus. Weitaus am auffälligsten ist sie bei Ornithorhynchus, den man geradezu als Trigeminusthier bezeichnen kann!). Dazu muss ich be- merken, dass Fig. 23 die enorme Mächtigkeit des Trigeminus nur äusserst mangelhaft wiedergiebt, da an dem abgebildeten Gehirn die Trigeminuswurzeln grösstentheils (rechts ganz, links die beiden lateralen Drittel) ausgerissen waren?). Vergl. S. 47. Sehr bemerkenswerth ist auch die Lage der Vereinigungsstelle der Aa. vertebrales. Bei Echidna liegt sie meist nur 2 mm hinter dem hinteren Ponsrand. Ausnahmsweise fand ich sie 4 mm hinter dem- selben. Auch bei Ornithorhynchus liegt sie höchstens 4!/, mm hinter dem hinteren Ponsrand. Bei den Mar- supialiern ist die Entfernung sehr viel grösser: sie schwankt hier zwischen 5 und I2 mm. Für Phascolarctus, dessen Gehirnvolumen und Gehirngewicht ungefähr mit dem von Echidna übereinstimmt, beträgt sie IO—ı11 mm. Der Zusammenhang dieses Unterschiedes mit dem Unterschied im Ursprung des Trigeminus liegt auf der Hand: bei den Marsupialiern ist die hintere Querfaserschicht der Brücke einer sehr erheblichen Reduction verfallen. Im Hinblick auf die mikroskopischen Ergebnisse erinnere ich schon jetzt daran, dass dem hinteren Abschnitt der Brücke schon wiederholt [BECHTEREW °), MInGAZzInıt)] eine Sonderstellung eingeräumt worden ist. Der Ursprung des Abducens liegt bei den Marsupialiern oft etwas weiter spinalwärts als bei den Monotremen (vergl. z. B. Fig. 72 mit Fig. 2). Umgekehrt scheint bei letzteren der Oculomotorius relativ weit vorn zu entspringen. 12. Medulla oblongata. Rautengrube. Zunächst weicht die Oblongata der Monotremen insofern ab, als sie — namentlich im offenen Theil — auf Kosten des ventrodorsalen Durchmessers sich sehr in die Breite ausdehnt und auf der dorsalen Fläche relativ wenig gewölbt ist. Bei Ornithorhynchus ist ersteres allerdings durch die mächtige Entwickelung des Tuber- culum cinereum verdeckt. Ueberhaupt ist ihre Masse, wenn man von letzterem absieht, geringer als bei den Beutlern. Pyramiden kommen auch den Monotremen zu, wenn man diese Bezeichnung rein topo- graphisch wählt. Bei Echidna sind sie sehr breit, aber flach, bei Ornithorhynchus schmal und flach. Die mikroskopische Untersuchung ergiebt wesentliche Bedenken gegen diese Bezeichnung). Bei den Marsu- pialiern sind die Pyramiden scharf ausgeprägt. Eine gut ausgesprochene, umschriebene Pyramiden- kreuzung fehlt den Monotremen im Gegensatz zu den Marsupialiern. I) Vergl. hierzu auch meine Mittheilung im Anat. Anz., Bd. XII, No. 6 p. 173. 2) Die Abbildung der Hirnbasis von Ornithorhynehus bei ELLIOT SMITH (Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 487, Fig. 12) ist wohl schwerlich ganz naturgetreu. Auch reicht der Pons weiter nach vorn, als SMITH angiebt. Vergl. meine Dar- stellung p. 45ff. Ich werde übrigens im mikroskopischen Theil auf diese Frage zurückkommen. 3) Neurolog. Centralbl., 1885. 4) Atti R. Accad. di Roma, 1889. 5) Vergl. diese Arbeit, p. 32 und 49, und meine Mittheilung im Anat. Anz., Bd. XIII, p. 172. 19€ 148 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 148 Während das Corpus trapezoides (oberes Trapezfeld) bei den Marsupialiern durchweg sehr gut entwickelt ist, ist es makroskopisch bei beiden Monotremen nicht deutlich (wenigstens an meinen ge- härteten Gehirnen) zu erkennen. Die mikroskopische Untersuchung wird bestätigend ergeben, dass das Corpus trapezoides bei den Monotremen nur durch relativ spärliche Fasern vertreten ist. Mit der Lupe kann man sie übrigens bei Echidna erkennen. Desgleichen fehlt ein wohlentwickeltes unteres Trapezfeld. Mit der Lupe findet man zwar an der bezüglichen Stelle gleichfalls eine Querfaserschicht» aber die charakteristische Trennung von dem oberen Trapezfeld durch ein Spatium intertrapezicum ist nicht nachzuweisen. Besser sichtbar ist die Fortsetzung des unteren Trapezfeldes auf den Strickkörper (Stratum transversum dorsale), vergl. Fig. 35. Bezüglich des Ursprungs der 6 letzten Hirnnerven scheinen wesentliche und principielle Unter- schiede zwischen beiden Ordnungen makroskopisch nicht vorzuliegen. Bezüglich der Rautengrube ist beiden Ordnungen die Verkümmerung der Striae acusticae gemeinsam. Die Querfaserschicht im distalsten Abschnitt der Rautengrube scheint eine specielle Eigen- thümlichkeit des Ornithorhynchus-Gehirns. Das Tuberculum acusticum (Eminentia lentiformis) ist in beiden Ordnungen ähnlich gestaltet und ähnlich gelagert. Das Trigonum acusticum mit dem Torus acusticus ist bei den Marsupialiern viel schärfer ausgeprägt als bei den Monotremen !), bei welchen es mit dem Tuberculum acusticum fast verschmolzen scheint. In der Abtrennung eines medialen Funiculus teres durch einen Sulcus paramedianus (welcher allerdings bei Echidna nicht so scharf ausgeprägt ist) stimmen die Monotremen mit einigen Beutlern (wie Pseudochirus S. 94) überein. Die Reliefzeichnung im vorderen Abschnitt der Rautengrube ist an gehärteten Gehirnen so schwer sicher zu reconstruiren, dass ich vorläufig auf eine vergleichende Zusammenstellung der Befunde verzichte und nur auf die für die einzelnen Arten beider Ordnungen gegebene Darstellung verweise. Die Fossa anterior ist jedenfalls bei den Mar- supialiern viel besser ausgeprägt. Der 4. Ventrikel ist insofern verschieden gebaut, als er bei den Monotremen viel flacher ist, während er sich bei den Marsupialiern zu einem hohen, spaltförmigen Fastigium auszieht. Die Verschmelzung der beiden GoLL’schen Stränge zu einem unpaaren medianen GoLL’schen Strang ist eine specielle Eigenthümlichkeit des Marsupialier-Gehirns. Bei Echidna ist der Sulcus medianus posterior deutlich ausgeprägt und trennt die beiden GoLL’schen Stränge. Bei Ornithorhynchus fehlt zwar der Sulcus medianus posterior, aber der S. paramedianus post. ist nicht genug entwickelt, um einen unpaaren Gorr’schen Strang abzugrenzen. Für die Marsupialier ist eben charakteristisch, dass die Verwischung des Sulcus medianus posterior und sogar der hinteren medianen Nahtlinie mit der scharfen Ausprägung der Sulci paramediani postt. zusammentrifft. Endlich ist noch zu erwähnen, dass das Tuberculum cuneatum und die Clava bei den Monotremen besonders flach sind. Ueberblickt man diese gesammte Zusammenstellung, so wird man bezüglich der phylogenetischen Beziehungen Folgendes schliessen. Den beiden Monotremen einerseits und der Reihe der untersuchten Marsupialier andererseits kommen zahlreiche sehr wesentliche, constante und bestimmte Unterscheidungs- merkmale zu, welche der Zugehörigkeit zu 2 verschiedenen Ordnungen entsprechen. In der Reihe der Marsupialier zeigen Perameles, Dasyurus und Didelphys eine bemerkenswerthe Uebereinstimmung des Hirn- 1) Dass das von mir zunächst als Ala lateralis bezeichnete Feld der Rautengrube von Ornithorhynchus (p. 48) thatsächlich dem Trigonum acusticum entspricht, erhärtet die mikroskopische Untersuchung. 149 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 149 baues, welche schwerlich lediglich als Convergenzerscheinung (starke Entwickelung des Riechapparates?) aufzufassen ist. Weder Echidna noch Ornithorhynchus zeigen eine besondere nähere Beziehung zu irgend einem der untersuchten Beutelthiere. Trotz typischer gemeinsamer Züge zeigen diese 'beiden Monotremen andererseits sehr erhebliche Verschiedenheiten. Speciell liegt bei Ornithorhynchus eine ganz eigenartige Hirn- bildung vor, welche sich ungezwungen auf die relative Verkümmerung des Geruchssinns und die enorme Entwickelung der Trigeminusfunctionen zurückführen lässt. Die Beziehung zur Lebensweise liegt auf der Hand. Jedenfalls sind Ornithorhynchus und Echidna innerhalb der Reihe der Monotremen weit von einander entfernt. Ihre Gehirne sind etwa so verschieden wie dasjenige eines lissencephalen Halbaffen (z. B. Chiro- galeus) und dasjenige eines gyrencephalen Affen (z. B. Hylobates). IV. Vergleichung des Monotremen- und Marsupialiergehirns mit dem Placentaliergehirn. Ich werde bei dieser Vergleichung sämmtliche Ordnungen der Placentalier heranziehen, bemerke aber schon jetzt, dass für den Vergleich namentlich die Insectivoren sich geeignet erweisen werden. Leider ist die Hirnbildung dieser wegen ihrer alterthümlichen Bildungen! hochinteressanten Ordnung seit der grund- legenden Arbeit von GANSER!) nur wenig und mehr beiläufig untersucht worden. Die Arbeit von GARROD über das Gehirn von Tupaja belangeri?) ist leider nicht sehr ausführlich. Die Arbeit von PETERS°) über die Gehirne von Solenodon, Rhynchocyon, Petrodromus und Macroscelides vermochte ich mir nicht zu verschaffen. Ich habe selbst das Gehirn des Igels, des Maulwurfs und der Spitzmaus (Sorex vulgaris) eingehend makro- skopisch und mikroskopisch untersucht und werde allenthalben auf diese Untersuchungen Bezug nehmen. 1. Allgemeine Formverhältnisse.' Auch die Insectivoren können sämmtlich als makrosmatisch gelten. Die stärkste Entwickelung des Lobus olfactorius kommt dem Igel zu. Die Abgrenzung entspricht der bei den Marsupialiern ange- gebenen, nicht der etwas abweichenden, welche für Echidna beschrieben worden ist. Ein enger Isthmus kommt den Insectivoren nicht zu. Sie verhalten sich also in dieser Beziehung wie Perameles, Dasyurus und Didelphys. Zum Vergleich führe ich auch das absolute und relative Hirngewicht der 3 Insectivoren an: Erinaceus europaeus 3,2—3,5 oul3100 Tulpa europaea Be) Yon Sorex vulgaris 0,18 GB Sämmtliche Gehirne sind frisch gewogen worden *). Vergleicht man diese Zahlen mit den von WEBER und mir bei den Aplacentaliern gefundenen, so könnte das hohe relative Hirngewicht des Maulwurfs 1) Vergleichend-anatomische Studien über das Gehirn des Maulwurfs. Morph. Jahrb., Bd. VII, 1882. 2) Proc. Zool. Soc., 1879, P- 301. 3) Reise nach Mossambique, 1852. Ausserdem sollte nach der übereinstimmenden Angabe von GARROD und TURNER eine Gehirnbeschreibung sich in der Abhandlung von PETERS „über die Säugethiergattung Solenodon“, Abh. d. K. Akad. d. Wiss. zu Berlin, 1863 finden. Diese Abhandlung enthält jedoch über das Gehirn nichts. Es muss hier irgend eine Verwechslung vorliegen. Die PETERS’sche Abbildung des Rynchocyon-Gehirns, welche OWEN reproducirt (Anatomy of Vert., Vol. III, Fig. 76) zeigt eine ganz ungewöhnliche Furchung (2 sagittal verlaufende Furchen). } h 4) Die Zahlen von M. WEBER für den Igel stimmen hiermit gut überein. Derselbe Autor giebt das Gehirngewicht von Tupaja javanica, welche auch zu den Insectivoren gehört, auf 2,57 (= 1:39) an., KOHLBRÜGGE (Naturk. Tijdschr. N ed.-Indie, Vol. LV) fand für Tupaja ein Gehirngewicht von 2,5 g (= 1:43). 150 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 150 und der Spitzmaus auffallen. Es ist indessen bekannt, dass in der ganzen Säugethierreihe kleine Arten bezw. Gattungen ein hohes relatives Hirngewicht aufweisen. Die Vierhügel liegen bei dem Igel nicht ganz in demselben Umfang frei wie bei Perameles, Didelphys u. s. w. Die hinteren Mantelränder weichen wie bei den Marsupialiern, nicht wie bei den Monotremen auseinander (vergl. S. 146). Der Stirntheil ist bei den Insectivoren breit und stumpf, verhält sich also wie z. B. bei Perameles. 2. Grosshirnfurchung. Die Fiss. rhinalis lateralis!) verläuft bei den Insectivoren fast genau so wie bei Perameles, Dasyurus und Didelphys.. Am auffälligsten ist die Uebereinstimmung für den Igel. Betrachtet man das Gehirn eines Igels und eines Opossums von der Seite, so ist der Verlauf der F. rhinalis lateralis fast identisch. Bei dem Igel liegt sie sogar noch etwas höher, Auch ist die Flexura occipito-temporalis bei dem Opossum besser ausgeprägt. Die Flexura Sylvica ist bei beiden sehr undeutlich. Talpa verhält sich ganz wie Erinaceus, nur liegt die F. rhinalis lateralis nicht so hoch. Wie bei Perameles, Dasyurus und Didelphys ist daher das Rhinencephalon bei den insectivoren sehr stark entwickelt. Bei dem Igel ist es ganz besonders mächtig: während die hintere untere Ecke des Rhinencephalons (in der Seitenansicht) bei Didelphys ab- gestumpft und sogar leicht ausgeschweift ist (vergl. auch die Seitenansicht des Perameles-Gehirns Fig. 92), springt sie bei dem Igel annähernd rechtwinklig weit nach hinten und unten vor. Tupaja verhält sich mehr wie Didelphys. Die Fiss. basirhinalis (Perameles, Fig. |9I) ist bei den Insectivoren nur schwach angedeutet. Auf der lateralen Convexität des Palliums ist zunächst eine Homologie unzweifelhaft: die Furche « kehrt bei den Insectivoren in ganz typischer Lage wieder. Auch dem Maulwurf kommt sie zu”). Eine sehr leichte Depression vor « findet sich bei dem Igel ebenso wie bei Didelphys. Der Verlauf von « stimmt auch insofern bei den Insectivoren und den Marsupialiern überein, als @ sich gegen die mediale Mantelkante hin dem Frontalpol nähert. « enthält auch bei den Insectivoren den vorderen Hauptast der A. cerebri media. Eine SyLvısche Furche fehlt den Insectivoren, wie GANSER bereits für den Maulwurf richtig bemerkt hat°). Nicht einmal eine Vallecula Sylvii ist zu erkennen. Bei Perameles ist diese noch gut aus- geprägt (ebenso bei Ornithorhynchus), bei Didelphys ist sie hingegen ebenso wenig entwickelt wie bei Zrinaceus oder Talpa oder Sorex. Die Gefässfurchen, welche die Aeste der A. cerebri media aufnehmen, sind bei den Insectivoren (einschliesslich des Igels) im Gegensatz auch zu Dasyurus, Perameles und Didelphys fast gar nicht ausgeprägt. Es ist dies um so auffälliger, als z. B. mein Didelphys-Gehirn fast genau so gross ist wie meine Igelgehirne. Die von mir als e bezeichnete Furche des Perameles-Gehirns, welche übrigens schon bei Didelphys kaum mehr nachzuweisen ist, fehlt den Insectivoren. Allerdings giebt Mann noch eine kurze, sagittal ver- laufende Furche hinter « an — auf seiner Fig. 3 ist sie mit ? bezeichnet, und im Text wird an eine Homo- logie mit der F. lateralis der Carnivoren gedacht —, indes habe ich mich nicht von ihrer Constanz über- zeugen können. Sie könnte event. der S. 125 oben von mir bei Dasyurus erwähnten Furche entsprechen. I) GANSER bezeichnet sie als Grenzfurche des Lobus olfactorius, 1. c. p. 597. 2) GANSER erwähnt sie auffälliger Weise nicht. Mit der zweiten der p. 597 erwähnten 2 seichten Furchen könnte viel- leicht « gemeint sein. Sie wird weiterhin nicht erwähnt und ist auf Taf. XXVII, Fig. ı nicht abgebildet. Auf LEURET’S Abbil- dung des Igelgehirns (Pl. II) ist sie leicht angedeutet, auf der Abbildung ‘des Maulwurfgehirns fehlt sie. MANN (Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, Pl. I, Fig. 3 u. 4) giebt sie ziemlich richtig wieder. TURNER (Convolutions of the brain, Fig. 4 und 5) hat sie übersehen. 3) l. c. p. 599. 151 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 151 Man könnte sich nun denken, dass lediglich die Furchenarmuth der lateralen Convexität des In- sectivorengehirns der Feststellung weiterer Homologien im Wege stehe, und könnte versucht sein, furchen- reichere Gehirne anderer Ordnungen heranzuziehen. Ich habe dies in erster Linie gethan, um festzustellen, wie weit die bei Echidna und den furchenreichen Marsupialiern als F/S bezw. W bezeichnete Furche wirklich der Syrvıschen Furche der Placentalier entspricht. Bei einem solchen Vergleich ist zunächst zu beachten, dass die Vallecula Sylvii mit der sog. Fossa oder Fissura Sylvii (bezw. deren 3 Aesten) relativ wenig zu thun hat. Die Vallecula Sylviit) bezeichnet eine Einsenkung des Rhinencephalons, die Fossa Sylvii gehört dem Pallium an. Die Continuität zwischen beiden ist nur sehr unbestimmt, wie z. B. unter anderem meine Untersuchungen der Grosshirnfurchung der Halbaffen beweisen ?): bei Nycticebus tardigradus RAFFLES z. B. entspringt die SyLvische Furche hinter der Vallecula Sylvii®). Es kann nun keinem Zweifel unterliegen, dass die Einbuchtung des Rhinencephalöns, welche unterhalb der Flexura Sylvica der Fiss. rhinalis lateralis liegt und nur wenigen Beutlern (Didelphys) fehlt, ganz der Vallecula Sylvii der Placentalier entspricht. Frag- lich ist nur, ob auch für die Fossa s. Fiss. Sylvii des Palliums eine Homologfurche zu finden ist. Die Fossa s. Fiss. Sylvii der Primaten hat, von ihrer Verlaufsrichtung abgesehen, 3 Haupteigenthümlichkeiten: sie ist erstens keine einfache Furche, sondern in bekannter Weise durch die Ueberwallung eines dreiseitigen Ge- bietes, der Insel, entstanden; zweitens entspricht der Boden der Fossa Sylvii, eben die Insel, im Innern des Gehirns ziemlich genau bezüglich des fronto-occipitalen Durchmessers dem Linsenkerne, und endlich enthält drittens die Fossa Sylvii die Hauptäste der A. cerebri media. Dadurch, dass bei den Primaten die Fiss. rhinalis anterior verkümmert ist und die Fiss. rhinalis posterior sich auf den Schläfenlappen beschränkt ®), wird eine engere Continuität der Vallecula Sylvii und der Fossa Sylvii vorgetäuscht. Bei den Prosimiern ist die F. rhinalis ant. bereits stark entwickelt, auch die F. rhinalis post. ist stärker ausgeprägt, aber beide sind noch unverbunden. Da ausserdem eine Insel nachweisbar ist, so ist die Gestaltung im Ganzen noch derjenigen des Primatengehirns sehr ähnlich. Bei den Carnivoren verschwindet die Insel mehr und mehr. Die vordere und die hintere F. rhinalis lateralis vereinigen sich (wenn auch nicht ganz vollständig)5). Das Verbindungsstück haben KÜRENTHAL und ich früher als F. circularis interna bezeichnet im Gegensatz zu der die Insel umgebenden F. circularis externa. Die Vallecula Sylvii ist sehr schwach ausgeprägt. Die Fiss. Sylvii entspringt, wie schon PanscH ®) nachgewiesen, nur scheinbar aus der F. rhinalis lateralis, thatsächlich vielmehr unabhängig von letzterer und oberhalb derselben. Namentlich bei Fötalgehirnen ist dies leicht zu demonstriren, aber auch bei dem ausgewachsenen Gehirn genügt eine sorgfältige Präparation, um das wahre Verhältniss aufzuklären. Mit der Insel verschwindet natürlich auch die parallele Erstreckung zum Linsen- kern. Die A. cerebri media verläuft noch immer in der Tiefe der F. Sylvii. An ihrer Homologie ist nicht zu zweifeln. Die interessanten Verhältnisse bei den Pinnipediern’) übergehe ich und beschränke mich auf die Bemerkung, dass hier ähnliche Verhältnisse vorliegen wie bei den Carnivoren, nur ist entsprechend der Reduction des Riechapparats der vordere Theil des Rhinencephalons verkümmert und die Vereinigung der F. rhinalis anterior und posterior unterblieben. Ebenso unterbleibt die Vereinigung der F. rhinalis lateralis ant. und post. bei den Chiropteren, unter welchen ich Pieropus medius genauer untersucht habe. Die Vallecula Sylvii ist sehr tief. Unter den Gefässfurchen für die Aeste der Arteria cerebri media fällt bereits I) Vergl. WALDEYER, Das Gibbongehirn. VIRCHOW-Festschrift, Bd. I, p. 17. 2) Arch. f. Psychiatrie, Bd. XXVIII, Heft 3, s. z. B. p. 7. ER 3) Daraus ergiebt sich auch, dass die ältere Bezeichnung für die Vallecula Sylvii „Truncus fossae Sylvii‘ sehr unzweck- mässig ist. 4) Vergl. meine Arbeit Arch. f. Psych., Bd. XXVIII, Heft 3, p. 3I und Fig. 12. 5) Vergl. hierzu und zum Folgenden auch meine mit KÜKENTHAL gemeinschaftlich herausgegebene Monographie über das Walgehirn. Jenaische Denkschriften, Bd. III, Heft ı, p. 184 ff. 6) Morphol. Jahrb., 1879. 7) Vergl. meine Arbeit Anat. Anz., 1890. 152 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 152 eine durch ihre Tiefe auf. Ein wesentlicher neuer Typus findet sich bei den Ungulaten. Als Paradigma dieser Gruppe greife ich zunächst das Schaf (Ovis aries) heraus. Bei diesem sind die F. rhinalis anterior und posterior völlig vereinigt. Die Insel liegt grösstentheils frei, wofern man diese Bezeichnung noch bei- behalten will. Die Fiss. Sylvii ist von der F. rhinalis vollständig und oberflächlich getrennt. Sie zerfällt in einen Processus acuminis und einen Ramus inf. ant. und inf. post. Die Ueberwallung ist noch sehr deutlich zu erkennen. Auch die Beziehung zur A. cerebri media ist noch dieselbe. Bei Bos und Sus kommt hierzu noch regelmässig eine Furche, welche etwas hinter der Frontalebene des Ramus inf. post. fiss. Sylv. aus der oberen Lippe der Fissura rhinalis lateralis entspringt und fast senkrecht nach oben zieht. Sie ist öfters fälschlich als SyLvısche Furche aufgefasst worden). Ich bezeichne sie als pseudosylvischen Fortsatz der F. rhinalis lateralis. Ausserdem zeigt das Rhinencephalon selbst und der angrenzende Theil des Palliums stets mehrere Gefässkerben. Bei den Rodentia ist die Vallecula Sylvii nur sehr schwach ausgeprägt. Die Gegend der Fossa Sylvii ist höchstens durch eine leichte Depression angedeutet. Nur bei wenigen (z. B. Aulacodus, Lagostomus, Sphingurus villosus?) ist sie schärfer ausgebildet. Die A. cerebri media theilt sich schon innerhalb des Rhinencephalons in divergirende Aeste. Dementsprechend gehen von der F. rhinalis lateralis, welche auch in dieser Ordnung einheitlich auftritt, zahlreiche Gefässfurchen auf das Pallium über 3). Eine Fissura Sylvii fehlt ganz. Auf die Heranziehung weiterer Ordnungen verzichte ich, da die übrigen Ordnungen selbst complicirtere, aufklärungsbedürftige Verhältnisse aufweisen. Frägt man sich nun, ob und wo die Fissura s. Fossa Sylvii bei den Aplacentaliern zu suchen ist, so liegt zunächst auf der Hand, dass sämmtlichen Marsupialiern eine Fissura Sylvii nur mit grossem Zwang zugeschrieben werden kann. Eine Ueberwallung fehlt, eine bestimmte Correspondenz zum Linsenkern fehlt, die A. cerebri media hat sich, wo sie das Pallium erreicht, schon in ihre Hauptäste aufgelöst, und diese Hauptäste verlaufen in eigenen Gefässfurchen oder echten Furchen. Unter diesen Umständen ist es offen- bar ganz willkürlich, eine der letzteren herauszugreifen und als Syrvische Furche zu bezeichnen. Man könnte dies höchstens im Hinblick auf die Lagebeziehung zur Flexura und Vallecula Sylvii event. versuchen und würde dann wohl auf die von mir als F'S und « bezeichnete Furche stossen. Diese kann aber bei den Marsupialiern höchstens als prima inter pares gelten. Es ist nur ganz plausibel, dass unter den Furchen, welche Aeste der A. cerebri media führen, gerade diese im Lauf der phylogenetischen Entwickelung mehr und mehr eine dominirende Rolle übernommen hat und dass in ihren Bereich es später zu Ueberwallung, Inselbildung etc. gekommen ist. Bei Manis javanica lässt sich diese vorzugsweise Entwickelung einer dieser Gefässfurchen sehr klar nachweisen. Bei den Marsupialiern selbst kann von einem solchen Dominiren noch gar nicht die Rede sein. Das Marsupialiergehirn steht in dieser Beziehung etwa auf der Stufe des Nager- gehirns; nur sind bei vielen Familien an die Stelle der Gefässfurchen echte Furchen getreten, deren Lage sich allmählich durch Vererbung fixirt hat und damit vom Gefässverlauf weniger abhängig geworden ist. ‚Auf demselben Standpunkt steht auch das Ornithorhynchus-Gehirn, welches in dieser einen Beziehung an die Verhältnisse der Nager in hohem Maasse erinnert. Sehr viel schwerer ist in diesem Punkt die Deutung des Echidna-Gehirns. Die von mir als FS bezeichnete Furche könnte nämlich sowohl als Fiss. Sylvii wie als pseudosylvischer Fortsatz der Fiss. rhinalis lateralis aufgefasst werden. Die letztere Auffassung scheint mir schliesslich in Anbetracht der erheblichen occipitalen Lageverschiebung noch verführerischer. Indessen ist eine solche Fragestellung meines Ermessens überhaupt nicht zulässig. Alle meine Untersuchungen deuten I) Auch auf Fig. 26 in TURNER’s Convolutions of the brain ist, fürchte ich, eine solche Verwechslung vorgekommen. 2) BEDDARD, On the brain etc. of Aulacodus, und On the cerebral hemispheres of rodents. Proc. Zool. London, 1892 P- 526 und 596. Vergl. auch KRAUSE, Anatomie des Kaninchens, Leipzig 1884. 3) Die Angabe BEDDARD’s (Proc. Zool. Soc., 1892, p. 597), dass die F. rhinalis lateralis bei dem Biber unterbrochen ist (vergl. auch LEURET’s Abbildung Pl. 3), konnte ich bis jetzt nicht nachprüfen, 153 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 153 darauf, dass die Monotremen sich schon sehr früh von dem Hauptstamm der Säugethiere abgezweigt haben und einen selbständigen Entwickelungsweg gegangen sind Echidna ist eine der specialisirtesten, vorgeschritten- sten Formen der Monotremen. Man wird also hier mit dem Anspruch auf Homologien bescheiden sein müssen. Es muss daher genügen, wenn nachgewiesen wird, dass Echidna ebenfalls eine Furchenbildung zeigt, welche im Allgemeinen an die Gestaltungen des Syrvıschen Furchengebiets der Placentalier und Marsupialier erinnert. Leichter lassen sich die Schicksale der Furche a, der ältesten des Mammaliergehirns, bei den übrigen Ordnungen der Placentalier verfolgen. Ihre sehr charakteristische und constante Lage genügt schon, um sie zu identificiren. Obwohl sie auch einen Ast der A. cerebri media aufnimmt, bleibt sie im Wesent- lichen unabhängig von der späteren Bildung einer Fossa Sylvii u. s. f£ Unter den Edentaten bietet das Gehirn von Dasypus, soweit wenigstens TURNER’s!) Abbildung schliessen lässt, eine so abweichende Fur- chung, dass es sich zu einem Vergleich wenig eignet. Dagegen findet sich bei Choloepus die Furche « in typischster Weise wieder *). Ebenso ist sie bei Myrmecophaga jubata unverkennbar, wo sie FORBEs?) unter dem Einfluss Broca’s fälschlich als RoLanpo’sche Furche bezeichnet hat. Manis javanica, welche ich in 4 Exemplaren untersucht habe, bietet Verhältnisse, welche an Dasypus erinnern und daher ebenfalls einen Vergleich erschweren. Bei den Rodentiern ist @ nur durch eine seichte Gefässfurche von ziemlich con- stanter Lage vertreten. Vielleicht ist auch die bei Aulacodus von BEDDARD im Frontaltheil beschriebene und abgebildete Furche mit @« homolog (verg]. jedoch unten S. 154 Anm. 2). Auch die Abbildungen des Gehirns von Coelogenys (Paca), Hypudaeus (Wasserratte) und Hystrix bei LEURET !) zeigen eine vielleicht homologe Furche, Die Ungulaten weisen 2 Furchen auf, welche als Homologfurchen für « in Betracht kommen könnten, die Fissura diagonalis und die Fissura praesylvia. Beide bergen einen Ast der A. cerebri media. Erheblich wahrscheinlicher ist die Homologie mit der F. praesylvia. Nicht ohne Interesse ist auch ein Vergleich mit der Hirnfurchung der Hippopotamiden. Schon aufS. ı5 habe ich auf einige Analogien (nicht Homologien) hingewiesen, welche zwischen der Hirnfurchung von Hippopotamus und Echidna bestehen. Ich möchte jetzt nur noch hinzufügen, dass die Furche, welche Krurg) bei Choeropus liberiensis wohl kaum zutreffend als F. diagonalis bezeichnet, gleichfalls sehr an « erinnert. Bei den Carnivoren kehrt « als F. praesylvia °) wieder. Dieser entspricht bei den Primaten, wie ich an anderer Stelle erörtert habe, der Sulcus praecentralis inf. und der S. fronto-orbitalis. Interessant ist endlich noch ein Vergleich mit der Furchung der Halbaffen, weil bekanntlich wiederholt phylogenetische Beziehungen der?letzteren zu den Insectivoren behauptet worden sind’). In der That ist die Furche, welche ich in meiner ausführlichen Darstellung des Halbaffengehirns als » bezeichnet habe °) und welche nur bei den Gattungen, Lemur, Varecia und Prosimia als echte Furche auftritt, wahrscheinlich der Furche « homolog. Mit dieser Annahme stimmt auch überein erstens, dass w wie « den vorderen Hauptast der A. cerebri media aufnimmt, und zweitens, dass w, wie ich nachgewiesen habe, der F. praesylvia der Carnivoren einerseits und der F. praecentralis inferior und fronto-orbitalis der Primaten andererseits entspricht. Für die hinter « gelegenen Furchen des Marsupialier- und Echidna-Gehirns (8, ö etc.) wird man bei I) Journ. of Anat. and Phys., 1867. 2) Vergl. TURNER, Convolutions of the brain, p. 21, Fig. 14 und 15. 3) Proc. Zool. Soc., 1882. Vergl. namentlich Fig. 2 und 3, Die Furche ist mit 5 bezeichnet. 4) Anat. compar. du syst. nerv., Planche III. 5) Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. XXXI, Taf. XXIII. Die Abbildung ist MACALISTER entlehnt (Proc. Roy. Irish Acad., Vol. I, 1873—74)-. KRUEG äussert selbst Zweifel an der Richtigkeit der Zeichnung und derjenigen seiner Deutung. 6) Arch. f. Psych., Bd. XXVIII, Hett 3, p. 30 und 34. Vergl. auch KÜKENTHAL und ZIEHEN, Untersuchungen über die Gross- hirnfurchen der Primaten. Jenaische Zeitschr. f. Naturw., Bd. XXIX, N. F. XXI. 7) So spricht GARROD in seiner Arbeit über Tupaja von „lemurine resemblances“. 8) Arch. f. Psych., Bd. XXVII. Jenaische Denkschriften. VI. 20 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 154 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 154 denjenigen Ordnungen der Placentalier, welche eine wohlausgeprägte tiefe Fissura Sylvii entwickelt haben (Ungulaten, Carnivoren, Primaten, Prosimier etc.), keine sicheren Homologien erwarten dürfen. Durch die dominirende Entwickelung einer tiefen Syrvischen Furche aus einer der oben behandelten gefässführenden Furchen der Marsupialier ist eine totale Umgestaltung des Furchungstypus erfolgt. Allenthalben beobachtet man, dass um den Endpunkt einer tiefen Hauptfurche sich bei zunehmender functioneller Inanspruchnahme häufig halbbogenförmige oder auch senkrecht zur Hauptfurche stehende Furchen entwickeln. ReETzıus hat erst neuerdings hierauf aufmerksam gemacht. In etwas allgemeinerer Form haben KÜkENTHAL und ich diese Regel schon vor Jahren als 4. Variationsgesetz aufgestellt!). So erklärt es sich, dass sich bei den Ungu- laten und Carnivoren jene bekannten, bei ersteren vorzugsweise senkrecht zur SyLvischen Furche, also sagittal, bei letzteren halbbogenförmig verlaufenden Furchen entwickelt haben. Ob bei dieser Entwickelung, die alten Furchen des Aplacentaliergehirns einfach verschwunden oder in die neuen Furchen mit eingegangen sind, lässt sich nicht entscheiden. Die Möglichkeit, dass Furchen wie A (v“) und &£?) — siehe z. B. Fig. 39 und 70, ferner S. 55 und 87 — in der F. lateralis der Ungulaten und Carnivoren und dass die Furchen & und d (F. postsylvia ant. und post. von Echidna) in den hinteren Schenkeln der Bogenfurchen der Carnivoren (und zum Theil auch Ungulaten), also in der F. ectosylvia postica und suprasylvia postica enthalten sind, liegt auf der Hand. Indes scheint mir mit solchen Homologien in Anbetracht der wesentlichen Umgestal- tung, welche mit der Bildung einer tiefen Fiss. Sylvii eingetreten ist, grosse Vorsicht geboten. Jedenfalls ergiebt sich das bemerkenswerthe Resultat, dass der sog. Urwindungstypus (HUSCHKE, LEURET, MEYNERT), d. h. die halbbogenförmige Anordnung der Furchen um die SyLvische Furche, keineswegs die Furchung der lateralen Convexität der ältesten Mammalier darstellt, sondern erst ein relativ später Zuerwerb ist. Die älteste Furchung der Mammalier, wenn man so will, der Promammalier, weist ausser der Rhinalfurche auf der lateralen Convexität nur die Furche « und radienförmig von der Flexura Sylvica divergirende Ge- fässfurchen (etwa analog den Furchen der Insel der Primaten) auf. Da die Bezeichnung F. praesylvia für « eine Hypothese involvirt und ausserdem für die Insectivoren und viele Marsupialier nur bei einer Umdeutung in ein zeitliches „vor“ Sinn hätte, so schlage ich vor, sie als F. primigenia zu bezeichnen. Auf der Medialfläche ist Homologie der Fissura hippocampi durch die ganze Reihe der Säugethiere ohne weiteres gegeben. Die Wandlungen derselben zu verfolgen, bietet das grösste Interesse. Leider fehlen zu einem vollständigen Vergleich auch hier viele Vorarbeiten. Das Verhalten der Fissura I) Ueber das Centralnervensystem der Cetaceen, p. 181. 2) Bei den Rodentien, welche — wie erwähnt — einer ausgeprägten SyLvischen Furche grösstentheils entbehren, findet sich ganz regelmässig eine sagittale, X (v‘) entsprechende Furche, welche bei dem Kaninchen schon LEURET bekannt war (Ana- tomie compar&e, 1839—1857, Planche 3, Kaninchen-, Paca-, Biber- und Agutigehirn). EULENBURG und LAnDoIs (VIRCH. Arch., Bd. LXVII) beschreiben eine weitere Parallelfurche bei demselben Nager, welche ich jedoch ebenso wie Mann (l. c. p. 18) fast stets vermisse. Doch kommt sie nach BEDDARD bei anderen Nagern, z. B. Lagostomus, jedenfalls vor. Bei Aulacodus swinder- nianus ist die Längsfurche nach BEDDARD (Proc. Zool. Soc., 1892, p. 526 und 596) gleichfalls sehr gut entwickelt, ebenso bei Capromys, Myopotamus, Dolichotis, Ooelogenys und Dasyproeta. MANN bezeichnet sie bei dem Kaninchen als „posterior lateral fissure‘® und beschreibt eine in der Flucht der letzteren im Stirntheil gelegene, weniger ausgesprochene, gleichfalls sagittal verlaufende, übrigens von BEDDARD schon bei Oastor canadensis, Capromys, Lagostomus u. a. nachgewiesene kurze Furche (vergl. seine Fig. IT), welche er als anterior lateral sulcus auffasst. Ich finde letztere bei dem Kaninchen nur auf einem Bruchtheil aller Hemisphären. Wo sie vorhanden ist, ist sie sehr seicht und hinter der x entsprechenden Gefässfurche gelegen. Vielleicht ist sie auch mit der von BEDDARD im Frontaltheil des Aulacodus-Gehirns beschriebenen, oben (S. 153) bereits erwähnten Furche identisch. Hoch inter- essant ist auch die Abbildung des Cabiai-Gehirns (Hydrochoerus) dessen Furchen schon DAUBENTON erwähnt hat, bei DARESTE (Note sur le cerveau des rongeurs, Ann. des scienc. nat., 4. Ser. Tome III-VI, p. 356); doch habe ich gegen die Naturtreue der Abbildung einiges Misstrauen. Ich erwähne sie trotzdem, weil DARESTE daran die Vermuthung knüpft, dass eine homologe Furchung (,‚termes de comparaison“) wahrscheinlich bei den herbivoren Marsupialiern sich finden würden; er stützt sich dabei namentlich auf das letzteren und dem Wasserschwein gemeinsame „Fehlen“ der SyLviıschen Furche. Die Gefässfurchen des Nagergehirns lassen sich jedenfalls sehr gut mit denjenigen des Marsupialiergehirns vergleichen, $ und ö und meist auch p sind ohne Zwang zu identificiren. — Auch bei den Chiropteren, welche ebenfalls grösstentheils keine scharf ausgesprochene Fissura Sylvii haben, findet sich eine X bezw. £ ähnliche Sagittalfurche gleichfalls. So bildet sie TURNER (Convolutions of the brain, Fig. 6) bei Oynonycteris collaris ab. Bei Pteropus medius finde ich ausser einer wohlausgesprochenen SyLvischen Furche dieselbe Sagittalfurche gleichfalls. Die Abbildung des Pteropus-Gehirns, welche TURNER giebt (l. c. Fig. 7), ist nicht genau. 155 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 155 hippocampi bei den Insectivoren ist durch die Arbeiten von ZUCKERKANDL (Ueber das Riechcentrum, Fig. 21-23), FLOWER (Pl. XXX VII, Fig. 7 und 8) und GANnSER (l. c. Fig.4, 6 u. a.) bekannt. Aus diesen Arbeiten und meinen Untersuchungen ergiebt sich, dass die Fiss. hippocampi meist unterhalb des hinteren Endes des Balkens endet, also nicht wie bei den Aplacentaliern sich im Bogen zum Scheitel- und dann zum Stirn- theil wendet. Nur ab und zu erinnert eine seichte Rille an diesen Verlauf. Die Darstellung und Abbildung ZUCKERKANDL’S (speciell Fig. 21) ist makroskopisch nicht für alle Gehirne zutreffend: ein makroskopisch sichtbarer Gyrus supracallosus existirt nicht stets. Ich stimme daher auch GanseEr bei, wenn er (l. c. p. 603 und 637ff.) für Talpa behauptet, dass die Fascia dentata ventral vom Balkenwulst endigt: makroskopisch istsie in der That jenseits des Balkens von der übrigen medialen Rindenfläche nicht mehr abgegrenzt. Während bei Erinaceus der Alveus medialis fimbriae (£-Antheil) von der Fimbria s. str. nicht scharf geschieden ist, ist bei Tulpa diese Scheidung, ziemlich scharf. Sehr ausgeprägt kehrt bei Talpa die Knickungslinie wieder, welche ich S. 1I3 bei Perameles beschrieben habe. Das vor der Knickungslinie gelegene Gebiet ist das Tuberculum cornu Ammonis ZUCKERKANDL’s (vergl. die sehr gut gelungene Fig. 23 in Z.'s Arbeit). Wie bei Perameles, erscheint bei den Insectivoren die F. hippocampi auf der Basalfläche. — Die Chiropteren verhalten sich ganz ähnlich, wie ich wenigstens für Pieropus medius angeben kann (vergl. auch TURNER l. c. Fig. 6 und 7). Vespertilio murinus soll nach ZUCKERKANDL (p. 28 und Fig. 27) noch grössere Aehn- lichkeit mit den Aplacentaliern aufweisen. Beiden Edentaten, speciell bei Manis javanica, deren Gehirn ich genauer kenne, endete die F. hippocampi, rückwärts umbiegend, bereits unterhalb des Spleniums. Oberhalb des Balkens ist also makroskopisch (!) die Fascia dentata von der übrigen Rinde nicht abgegrenzt. Be- merkenswerth ist auch die deutliche Kerbung der Fascia dentata. Bei Choloepus didactylus hingegen scheint nach FLOWER !) die F. hippocampi unterhalb des Spleniums winklig oceipitalwärts abzubiegen, dann den Balken zu umkreisen und erst oberhalb desselben etwa in der Mitte seiner Längsausdehnung zu ver- schwinden. Aehnlich scheint der Verlauf der F. hippocampi bei Dasypus sexeinectus nach TURNER’s Ab- bildung”) und bei Dasypus novemcinelus nach ZUCKERKANDL's Abbildung). Auch Bradypus tridactylus verhält sich nach ZuUCKERKANDL (l. c. Fig. 9) ebenso. Die in der Ausbiegung der F. hippocampi gelegene Rindenpartie würde der Balkenwindung ZUCKERKANDL’s, der schmale Streif der Fascia dentata oberhalb ‚des Balkens dem Gyrus supracallosus ZUCKERKANDEL's entsprechen. Sehr interessant gestalten sich die Ver- hältnisse bei den Nagern: die Fiss. hippocampi biegt unterhalb des Balkenspleniums im Bogen occipital- wärts ab, reicht aber über die Frontalebene des hinteren Randes des Spleniums nicht hinaus. Eine Com- plication entsteht nur dadurch, dass das rechte und linke Ammonshorn mit ihren medialen Flächen ver- wachsen !). Jedenfalls ist makroskopisch eine Verfolgung der F. hippocampi über den Balken hinaus un- möglich. Die sonstigen Lageverhältnisse stimmen bis auf Einzelheiten mit denjenigen der Aplacentalier überein. Auf der Basalfläche erscheint die F. hippocampi bei den mir bekannten Nagern nicht. Beiläufig bemerke ich, dass eine Depressio rhinalis temporalis und auch eine Fiss. basirhinalis bei den Nagern (z. B. bei den Kaninchen, nach LEURET’s Abbildung auch bei dem Stachelschwein) nicht selten vorkommt. Etwas ‚anders verhält sich die Fiss. hippocampi bei den Ungulaten. Ausser ZUCKERKANDL (p. Igff.) hat sich neuerdings mit der Ammonsregion der Ungulaten, speciell des Ochsen, namentlich Hırı®) beschäftigt I) Philosoph. Transact., 1865, Pl. XXXVI], Fig. 5 und 6. 5 2) Convolutions, Fig. I3. Die Abbildung der Medialläche des Gehirns von Choloepus Hoffmanni (ebenda, Fig. 15) ist nicht klar genug, um sichere Schlüsse ziehen zu können. 3) Ueber das Riechcentrum, Stuttgart 1887, Taf. I, Fig. 7. 4) Vergl. hierzu die zahlreichen Abbildungen von Sagittal- und Frontalschnitten des Kaninchengehirns, welche v. KOELLIKER ‚seinem Handbuch der Gewebelehre (6. Aufl.) eingefügt hat. Die schematische Abbildung, welche ELLIOT SMITH, Journ. of Anat. and Phys., p. 193, Fig. 13 giebt, ist nicht ausreichend. 5) On the hippocampus. Philosoph. Transactions, 1893, namentlich p. 403.3 20 * 156 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 156 ZUCKERKANDL glaubt auch hier allenthalben makroskopisch einen Gyrus supracallosus erkennen zu können, an dessen Bildung sich z. B. bei dem Tapir auch die Balkenwindung (also ein Theil des Gyrus hippo- campi) betheiligen soll. Ich finde z. B. bei Ovis aries Folgendes. Auf der Basalfläche ist die F. hippocampi eben spurweise sichtbar. Unterhalb und etwas vor dem Balkensplenium endet sie ebenso wie bei den Insectivoren und bei Manis mit einer occipitalwärts gerichteten Ausbiegung. Eine fast genau parallele Ausbiegung beschreibt auch der Sulcus fimbriodentatus. Die Rinde hinter der F. hippocampi, also im hinteren Winkel der Ausbiegung, wölbt sich als Balkenwindung vor und zerfällt bei manchen Ungulaten in mehrere Höcker. Der in der Ausbiegung des Sulcus fimbriodentatus gelegene Theil der Fascia dentata wölbt sich als Tuberculum fasciae dentatae vor. 7—9 mm hinter der F. hippocampi (bei Ovis aries) beginnt unter und hinter dem Balkensplenium eine neue Furche, welche den Balkenwulst im Bogen umzieht und alsbald im Sulcus corporis callosi (dem fälschlich sog. SABATIER’schen Ventrikel) verschwindet. Ich bezeichne sie als F. supracallosalis. Bei Capra domestica umgreifen sich die Fiss. supracallosalis und die Fiss. hippocampi hakenartig, so dass das vordere untere Ende der F. supracallosalis unter das hintere obere Ende der F. hippocampi zu liegen kommt. Diese wichtige Furche ist leider noch fast gar nicht gewürdigt worden. Auf den Abbildungen Kruee’s (l. c. Taf. XXI und XXII) ist sie wohl eingetragen, aber nicht bezeichnet. Auch ROGNER !) wird ihr nicht gerecht. Auf TUrRNERr’s Fig. 30 und 31 ist sie gut abgebildet, aber ihre Bedeutung nicht hervorgehoben. Ihr Auftreten bezeichnet einen wesentlichen weiteren Schritt in der Entwickelung der Medialfläche. Bei Manis ist sie übrigens bereits angedeutet. Gegenüber den Aplacentaliern bedeutet ihr Auftreten eine sehr wesentliche Differenz. Es wäre sehr verführerisch, diese Furche bei den übrigen Säugethierordnungen, namentlich bei den Pinnipediern, Carnivoren und Primaten zu verfolgen. Indes würde eine solche Verfolgung von den Aplacentaliern immer weiter abführen und zum Verständniss der Morpho- logie des Aplacentaliergehirns nichts mehr beitragen. Ich beschränke mich daher auf eine kurze Bemerkung über die Schicksale der Fissura hippocampi bei diesen Ordnungen. Die Reduction dieser Furche schreitet mit der zunehmenden Entwickelung des Balkens und des ganzen Palliums fort. Bei den Primaten erreicht sie Hand in Hand mit der Verkümmerung des Riechapparates und damit auch der Fascia dentata ihren höchsten Grad. Nur das temporale Endstück verfällt dieser Reduction nicht ?). Durch die Entwickelung eines Uncus tritt hier vielmehr sogar eine eigenartige Umgestaltung ein. Den Aplacentaliern, Insectivoren, Rodentien, Ungulaten fehlt diese Hakenbildung vollständig. Die Furche v des Aplacentaliergehirns entspricht der F.splenialis. Hierüber können Zweifel nicht bestehen. Die Lage stimmt völlig überein. Auch die Abbiegung zur Mantelkante am vorderen Ende ist der Furche v und der Fiss. splenialis gemeinsam. Bei den Insectivoren fehlt sie seltsamer Weise stets. Sehr mächtig entwickelt ist sie bei den Chiropteren. Auf einem von mir untersuchten Gehirn von Pieropus medius ist sie 13 mm lang und reicht über das Genu des Balkens hinaus°®). Die Abbiegung zur medialen Mantelkante fehlt. Bei den Edentaten ist sie stets vorhanden. Bei Dasypus sexcinetus ist sie nach TURNER *) ziemlich schwach entwickelt und bereits im Gegensatz zu den Aplacentaliern von der Tentorial- fläche bezw. occipitalen Medialfläche ganz auf die parietale Medialfläche verlagert. Bei Choloepus Hoff- manni ist sie sehr lang und überragt das Balkenknie (TURNER 5), ebenso bei Choloepus didactylus (FLOWER) ®). Bei Manis finde ich sie fast I5 mm lang. Sie überragt das Balkenknie erheblich und endet mit ı) Zeitschr. f, wiss. Zool., Bd. XXXIX. 2) Vergl. Fig. 12 meiner Arbeit im Arch. f. Psych., Bd. XXVIII, Heft 5. Auffällig weit lässt sich als seichte Rille bei manchen Halbaffen — am schönsten bei einem, in meinem Besitz befindlichen Gehirn von Lemur catta — die F. hippocampi über das Splenium hinaus verfolgen. 3) Vergl. auch die Abbildungen TURNER’S, Convolutions of the brain, Fig. 6 u. 7. 4) Journ. of Anat. and Phys., 1867. 5) Convolutions, Fig. 15. 6) Philos. Transact., 1865, Pl. XXXVII, Fig. 5. 157 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 157 einer T-förmigen Ausbuchtung 4!/;, mm vom Frontalpol entfernt. Die Medialfläche des Gehirns der Nager ist noch sehr wenig bekannt. Namentlich vermisse ich die Abbildung der Medialfläche eines Hydrochoerus-Gehirns, welches am wahrscheinlichsten eine schärfere Flächenausprägung erwarten liesse. Bei den mir bekannten Nagern findet sich wohl vor und unterhalb des Occipitalpols eine breite, tiefe Mulde, aber keine deutliche Fiss. splenialis. BEvan Lewis!) beschreibt zwei schwache Furchen oberhalb des Balkens (,„sub- frontal and subparietal segments of the limbic fissure“) bei dem Kaninchen. Auch BrocA erwähnt eine F. splenialis. Bei den Ungulaten wird die F. splenialis bezw. v niemals vermisst. In ihrem hinteren Theil stimmt sie ganz mit der Verlaufsrichtung von v bei den Marsupialiern überein. Meist biegt sie über dem Balkenknie zur medialen Mantelkante ab?). Bezüglich der Umgestaltung der Furche bei den Carnivoren. Pinnipediern und Primaten muss ich auf frühere Arbeiten verweisen. Die Furchen o und z des Aplacentaliergehirns fehlen den Insectivoren, Chiropteren und Rodentien. Unter den Edentaten scheint die Furche z der Gattung Choloepus zuzukommen (Figg. von FLOWER und TURNER). Auch scheint nicht ausgeschlossen, dass o und r in der F. splenialis und deren frontaler T-förmiger Ausbuchtung aufgegangen sind. Bei den Ungulaten kehren o und z mit grosser Ueber- einstimmung wieder, o als Fissura genualis (KRUEG), z als F. rostralis. Ein Unterschied besteht nur insofern, als die F. genualis im Gegensatz zu o meist nicht so weit zur medialen Mantelkante hinaufzieht, sondern schliesslich der Balkenfläche parallel occipitalwärts zieht, wobei sie oft noch unter die frontalwärts zur medialen Mantelkante abbiegende F. splenialis zu liegen kommt. Die Abweichungen und Umgestaltungen in den übrigen Ordnungen bieten hier kein Interesse. Das Tuberculum olfactorium?°) und die Substantia perforata anterior der Basal- fläche kehren in allen Säugethierordnungen wieder. Ersteres ist nur bei allen mikrosmatischen Säugern (Primaten, Cetaceen, zum Tneil auch Pinnipedier) verkümmert. Die grösste Uebereinstimmung mit den Ver- hältnissen der Aplacentalier zeigen die Insectivoren. GAnsSER) bezeichnet das Tuberculum olfactorium bei dem Maulwurf als „Rinde am Kopf des Streifenhügels“. Ich halte diese Bezeichnung schon deshalb für nicht glücklich, weil das Tuberculum jedenfalls medialwärts sehr viel weiter reicht als der Kopf des Streifenhügels’). Bei dem Igel misst das Tuberculum olfactorium fast 7 mm im grössten frontalen, und 5 mm im grössten sagittalen Durchmesser. Ein Tuberculum rhinencephali ist bei dem Igel auch makro- skopisch zu erkennen. Bei dem Maulwurfist es nur mikroskopisch sicher nachweisbar). Die laterale Wurzel des Tractus olfactorius verhältssich bei den Insectivoren wie bei den Marsupialiern. Die Radiatio olfactoria lateralis findet sich fast ebenso deutlich wie bei Perameles. Der Verlauf der F. rhinalis medialis stimmt bei den Insectivoren und Aplacentaliern im Wesentlichen ganz überein. Das Tuber rhinen- cephali’) ist sehr breit, springt aber basalwärts nicht gerade sehr stark vor. BeidenNagern ist das Tuber- 1) Structure of the brain in Rodents, Philos. Transact., 1882, p. 702, Pl. XLIX, Fig. 1. Vergl. auch ANDRIEZEN, Brain, 1894. 2) Vergl. unsere Zusammenstellung, Jenaische Denkschriften, Bd. III, Heft I, p. 140 u. 14I. 3) KOELLIKER bezeichnet das Tuberculum auch als Lobus olfactorius (so noch neuerdings im Handbuch der Gewebelehre, 6. Aufl.,z. B. p. 724). Ich betrachte mit den meisten Autoren die Bezeichnungen Lobus nnd Bulbus olfactorius als identisch. Ob es zweckmässig ist, mit TURNER das Tuberculum olfactorium — TURNER selbst bezeichnet es als quadrilateral space und trennt es nicht scharf von der Subst. perfor. ant. — zum Rhinencephalon zu rechnen, kann man bezweifeln, da die Beziehungen zu dem Riechapparat nicht überall sicher und schwerlich ausschliesslich sind (vergl. die Experimentaluntersuchungen GUDDEN’S und GANSER’S). Indessen sind (vergl. S. 6) solche Zweifel auch bezüglich anderer Theile des „Rhinencephalons“ berechtigt. Luys (Recherches sur le systeme nerveux cerebrospinal, Atlas Pl. XXXIX Fig. 12) bildet das Tuberculum bereits bei dem Maulwurf mit der Bezeichnung „Ganglion olfactif“ ab. 4) l. c. p. 597 und Fig. 2. : € : y 5) Auch die von TURNER für Dasypus sexeinetus gegebene Bezeichnung „orbital lobe“ ist nicht einmal topographisch zutreffend. 6) Vergl. GANSER, 1. c. p. 598. h } 3 De Tape er he a auch als Eminentia s. Protuberantia natiformis (Malacarne) oder Lobus pyriformis oder Lobus hippocampi bezeichnet worden. Die Bezeichnung „Lobus hippocampi“ ist von ELLIOT SMITH mit Recht beanstandet worden (Journ. 158 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 158 culum olfactorium relativ flach und klein. So misst es z. B. bei dem Kaninchen nur 5'/, mm im grössten frontalen und nur etwa eben soviel im grössten sagittalen Durchmesser. Von der Subst. perforata antica lässt es sich trotz seiner Flachheit noch eben abgrenzen. Die Fissura rhinalis medialis erscheint fast ganz verstrichen, wie unter den Beutlern z. B. bei der neuerdings von mir untersuchten Didelphys Azarae. Eine Radiatio olfactoria lateralis ist nur occeipitalwärts eben zu erkennen. Mikroskopisch ist sie leicht nachweisbar!). Das Tuberculum rhinencephali lässt sich makroskopisch nicht sicher abgrenzen. Mikroskopisch gelingt dies auch bei kleineren Nagern (Maus, GAnsER) ohne Schwierigkeit. Die laterale Tractuswurzel verhält sich im Wesentlichen wie bei den Marsupialiern und Insectivoren. Das Tuber rhinencephali ist sehr mächtig. Bei den Ungulaten ist das Tuberculum olfactorium ebenfalls ziemlich flach und relativ nicht gross. Die Abgrenzung von der Subst. perforata ant. ist durch die Flachheit des Tub. olf. erschwert. Die Fiss. rhinalis medialis ist verstrichen. Eine Radiatio olf. lat. ist als leichter mattweisser Anflug eben zu erkennen. Ein schon makroskopisch sehr deutlicher weisser Faserzug zweigt sich medialwärts aus dem Tractus olfactorius ab und tritt in die laterale vordere Ecke des Tuberculum olfac- torium ein?). Ich bezeichne ihn als die Radix tubercularis olfactoria. Ein Tuberculum rhinencephali lässt sich nicht sicher abgrenzen. Das Tuber rhinencephali ist sehr mächtig. Die übrigen Säugethierordnungen übergehe ich und bemerke nur Folgendes: Bei den Carnivoren bestehen ganz ähnliche Verhältnisse wie bei den Ungulaten, bei den Pinnipediern fällt die enorme Entwickelung des Tuber rhinencephali gegenüber der Verkümmerung des Tuberculum olfactorium auf, bei den mikrosmatischen Primaten und Cetaceen ist das Tuberculum olfactorium grösstentheils im Sulcus olfatorius versteckt’). Bei dieser Darstellung habe ich die sog. mediale Tractuswurzel absichtlich nicht erwähnt. Sie ist nämlich makroskopisch bei den Aplacentaliern — wenigstens an meinen Gehirnen — nicht zu erkennen. Auch auf meinen beiden Didelphys-Gehirnen kann ich sie selbst mit der Lupe nicht deutlich zu erkennen. ELLIOT SMITH stellt sie schematisch bei Ornithorhynchus dar *) und bezeichnet sie als „tract to precommissural area“ und ‚„tract to the tuberculum olfactorium“. Auch bei den Insectivoren ist sie nicht sicher makroskopisch abzugrenzen. Bei den Rodentiern ), Carnivoren und Ungulaten ist sie auch makro- skopisch vorhanden, desgl. in der Regel bei den meisten Primaten. Die Radix tubercularis olfactoria der Ungulaten ist als der hinterste Theil der medialen Wurzel aufzufassen. Im mikroskopischen Theil komme ich auf ihren Verlauf bei den Aplacentaliern eingehend zurück. 3. Commissuren. Septum pellucidum. Fornix. Ich werde mich in diesem ersten makroskopischen Theil durchaus auf die makroskopische Be- sprechung beschränken und die entwickelungsgeschichtlichen und mikroskopischen Erörterungen für den zweiten und dritten Theil aufschieben. Die Vergleichung der Aplacentalier mit den einzelnen Placentalier- ordnungen stelle ich in der Reihenfolge an, welche sich aus dem Ergebniss der Vergleichung ohne weiteres als die zweckmässigste ergiebt. Unter den Insectivoren wähle ich zunächst das Gehirn des Igels und vergleiche dasselbe be- züglich seiner Commissuren mit dem Aplacentaliergehirn, z.B. von Perameles oder Didelphys. Im Folgenden stelle of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 163). Mit dem Gyrus hippocampi hat das T. rh. nichts zu thun. Die Bezeichnung Lobus pyri- formis ist deshalb unbrauchbar, weil sie oft auch für grössere Theile des Rhinencephalons (z. B. von ELLIOT SMITH; vergl. auch KOELLIKER’S schwankenden Gebrauch 1. c. p. 693 und 724) verwendet wird. Die Bezeichnung Eminentia „natiformis“ präjudizirt wenigstens nichts, trifft aber bei vielen Gehirnen nicht zu. Ganz unzweckmässig ist die Nomenklatur von Hırr (Philosoph. Transact., 1893, p. 374, 422 u. nam. 424). r) Nach GUDDEn, Arch. f. Psych., Bd. II, p. 70I ist sie bei dem Eichhorn auch makroskopisch sichtbar. Ich finde etwa ‚dasselbe Verhalten wie bei dem Kaninchen. 2) GANSER erwähnt ihn für das Schwein, 1. c. p. 598. 3) Vergl. KoELLIKER, Handb. d. Gewebelehre, 6. Aufl., p. 726. 4) Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 478. 5) Vergl. auch BEvAn LEwIs, On the comparative structure of the brain in Rodents, Philos. Transact., 1832, p. 726 ff. 159 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 159 ich vorerst die thatsächlichen Unterschiede, alle terminologische Fragen (betreffend die Definition des „Balkens‘“) bei Seite lassend, zusammen. Zur ersten Orientirung ist der Medianschnitt am geeignetsten. Die Com- missura anterior stimmt auf einem solchen bei den gewählten Vertretern der beiden Ordnungen ganz überein. Ueber die absolute und relative Grösse des medianen Querschnittes ist S. 17 ff. und S. 134 zu vergleichen. Jedenfalls ist der relative Querschnitt auch bei dem Igel sehr gross. Auch das hintere und vordere Ringbündel verhält sich bei dem Igel ebenso wie bei Perameles und Didelphys. Auch der Quer- schnitt der Commissura superior kehrt unzweifelhaft in Gestalt einer senkrecht oberhalb der Commissura ant. gelegenen, occipitalwärts mehr grauen, frontalwärts mehr weissen!) Fläche, die ich als & bezeichnen will, wieder. Der Zwischenraum zwischen beiden Commissuren (ELLIOT SmiTH’s Commissure-bed) besteht, wenigstens für den makroskopischen Augenschein, aus den sich verflechtenden Fasern der beiden vorderen und der beiden hinteren Ringbündel. Zweifelhaft bleibt nur, ob der eben erwähnte Querschnitt z der ganzen Commissura superior der Aplacentalier entspricht oder nur deren ventralem Schenkel. Der makro- skopische Augenschein spricht für die letztere Alternative: denn die hellweissen, aus den Ringbündeln auf- steigenden Fasern, welche bei jedem Beutelthiere vor dem ventralen Schenkel der Commissura sup. auf- wärts ziehen und in den Hilus der letzteren eintreten, welche also hinter und unter dem dorsalen Schenkel der Commissur liegen, liegen bei dem Igel vor der Fläche x, z. Th. bilden sie geradezu deren fron- talen Abschnitt. Es entspricht also die Fläche x zunächst nur dem ventralen Schenkel der Commissura sup. In der Bestimmung dieser Homologie stimme ich ganz mit FLOWER ?) überein. Es fragt sich nun, ob der dorsale Schenkel fehlt oder wo sein Homologon zu finden ist. Von der Fläche x des sagittalen Medianschnittes des Igelgehirns sieht man einen nicht rein weissen, ca. 0,75 mm breiten Streifen auf- und occipitalwärts ziehen. Er liegt unmittelbar oberhalb der Fascia dentata. Dieser Streifen biegt dann um und wendet sich unter merklicher Verbreiterung erst rein frontalwärts, dann aber frontal- und basalwärts. Ich will den auf- und occipitalwärts ziehenden Abschnitt des Streifens mit y, den frontalwärts und hierauf frontal- und basal- wärts ziehenden Abschnitt mit z bezeichnen. Der ganze Streifen z und y hat etwa die gleiche grauweisse Farbe wie der hintere Theil der Commissura sup., und besteht sonach aller Wahrscheinlichkeit nach wie diese aus quergeschnittenen Nervenfasern. Der Schenkel z liegt dem Schenkel y fast unmittelbar auf — nur ein schmaler Streif grauer Substanz (w) ist zwischengelagert, den ich als Substantia s. Area grisea commissurae superioris ®) bezeichne —, doch überragt der Schenkel z den Schenkel y basalwärts erheblich und liegt daher basalwärts vor dem Querschnitt des ventralen Schenkels der Commissura sup. In den Zwischenraum zwischen diesem und dem Schenkel z treten Ringbündelfasern ein. Auch schiebt sich die Rinde der Medialfläche (speciell der Area parolfactoria Hıs) von unten noch eine Strecke weit hinein, an- scheinend bis zur Vereinigung mit dem Streifen w. Entspricht nun der Schenkel y oder 2 des Igelgehirns dem dorsalen Schenkel der Commissura superior der Marsupialier? Meines Erachtens erlaubt die makro- skopische Vergleichung wenigstens soviel zu sagen, dass die Lageähnlichkeit, wie das FLOWER in seinen Abbildungen bereits so ausgezeichnet dargestellt hat, sehr zu Gunsten der Homologie des Schenkels z mit dem dorsalen Commissurenschenkel der Marsupialier spricht. Der Schenkel y würde dann der Einschnürung des ventralen Schenkels entsprechen, welche dieser bei den Marsupialiern nicht so selten zeigt, bevor er sich mit dem dorsalen vereinigt (vergl. meine Figg. 73 und 86 und FLower’s Pl. XXXVIII, Fig. 3). Der Schenkel z wird bei dem Igel als Balken bezeichnet. Sonach würde — vorbehaltlich einer Prüfung der Terminologie — der dorsale Schenkel der Commissura superior der Marsupialier nach seiner makroskopischen ı) Die hintere Graufärbung beruht nicht auf der Anwesenheit grauer Substanz, sondern darauf, dass hier nur querver- laufende Nervenfasern getroffen sind, welche hemisphärenwärts in die Fimbria übergehen. 2) Philosoph. Transact., 1865. 3) FLOWER nennt ihn „septal area“. 160 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 160 Lage auf dem Medianschnitt dem Balken des Igels homolog sein. Der Streifen w ist durch Fasern der Ringbündel gewöhnlich verdeckt. Bei den Monotremen zerfällt, wie mehrfach hervorgehoben, der Quer- schnitt der Commissura sup. nicht in 2 Schenkel. Aus der Lage der aus den Ringbündeln aufsteigenden Fasern (vergl. Figg. 4 u. 26) wird man vermuthen, dass die Commissura sup. der beiden Monotremen im Wesentlichen auf den ventralen Schenkel reducirt ist. Die soeben durchgeführte Vergleichung der Lage auf dem Medianschnitt ist nun offenbar nicht aus- reichend, über die Homologie zu entscheiden. Es bedarf einer Verfolgung der fraglichen Gebilde in die Seitentheile. Dabei ergiebt sich bez. des weiteren Verlaufes der vorderen Commissur makroskopisch eine sehr vollständige Uebereinstimmung zwischen den Insectivoren und Aplacentaliern. Nur sind die beiden Hörner (das vordere und hintere) der vorderen Commissur bei ersteren schärfer getrennt, während bei letzteren auch in ihrem Zwischenraum zahlreiche Fasern verlaufen. Bezüglich der oberen Commissur ergiebt sich für den Igel makroskopisch nur, dass der Schenkel y und die Fläche x ihre Fasern grösstentheils zur Fimbria, zum Alveus medialis und zum Alveus lateralis abgeben, während der Schenkel z sich in der Medialwand des Vorderhornes und im Dach des vorderen Abschnitts des Seitenventrikels verbreitet, um allem Anschein nach sich in der Rinde der Medialfläche und der lateralen Convexität der frontalen Hirn- abschnitte zu verbreiten. Bei den Aplacentaliern ist eine solche makroskopische Verfolgung der Fasern der Commissura sup. auf das Höchste erschwert, weil durch die bis in die frontalen Abschnitte des Gehirns hineinreichende Bildung eines Seitenhornes im Stirntheil eine makroskopisch nicht entwirrbare Mischung der Alveusfaserung mit der Faserung für die Medialwand des Vorderhorns und für das Dach des vorderen Abschnittes des Seitenventrikels entsteht. Die Entscheidung fällt also der mikroskopischen Untersuchung und somit dem 2. Theil dieser Monographie zu. Eine Appellation an die mikroskopische Untersuchung ist ohnehin deshalb nicht zu umgehen, weil nur diese über die definitive Endigung der fraglichen Fasern Aus- kunft giebt und damit in letzter Instanz über die Homologie entscheidet. Ich bemerke hier nur vorgreifend dass die mikroskopische Untersuchung im Wesentlichen die makroskopischen Ergebnisse bestätigt!), insofern wenigstens ein Theil des dorsalen Schenkels dem Balken des Igels entspricht. In der Kritik der Argumente und Behauptungen früherer Autoren werde ich mich daher auch auf solche Literaturangaben beschränken, welche den makroskopischen Thatbestand betreffen. Gegen FLOWER, mit dem ich sonst in manchen Hauptpunkten übereinstimme, muss ich bemerken, dass er in seinen sämmtlichen Querschnittsbildern von Aplacentaliergehirnen (Taf. XXXVIII, Figg. 2, 4, 6 u. 8) die Bezeichnung, B (= Balken) ohne ausreichende Begründung von dem Igelgehirn auf eine in keiner Weise homologe Gegend des Aplacentaliergehirns überträgt und daraufhin einen Uebergang des Balkens bezw. des dorsalen Schenkels der Commissura sup. in die Alveusfaserung annimmt. Die Schicht B des Igelgehirns deckt den vorderen Theil des Seitenventrikels, die als B bezeichnete Schicht des Aplacentaliergehirns bildet den Alveus des Seitenhorns. Die von FLOWER mit @ bezeichnete Querschnittsfläche, welche etwa Cs, meiner Fig. 42 entspricht, besteht gar nicht, wie er es zu glauben scheint, zu einem grossen Theil aus grauer Substanz, sondern hauptsächlich aus quergeschnittenen und daher mehr grau erscheinenden Nervenfasern. Wer bürgt nun FLOWER dafür, dass nicht aus diesem ventralen Schenkel der Commissura sup. (Cs,) Fasern aufsteigen, die Fasern des dorsalen Schenkels durchsetzen und den Alveus bilden? Ich gebe zu, dass der makro- skopische Anschein (vgl. S. 58) hierauf nicht deutet; indes schliesst er auch die eben angegebene Faser- michung nicht aus. Die Entscheidung der mikroskopischen Untersuchung fällt in der Hauptsache zu Un- gunsten FLOWER’s aus. Speciell scheint mir auch die Deutung unrichtig, welche FLOwER dem Transversal- schnitt durch das Echidna-Gehirn giebt (Pl. XXX VIII, Fig. 8, Text p. 646): was er hier als B und G (,„septal I) In einem Vortrag in der hiesigen Med.-Naturwissenschaftl. Gesellsch. (Febr. 1897) habe ich die mikroskopischen Er. gebnisse bereits grösstentheils mitgetheilt. 161 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 161 area“) bezeichnet, ist — um bei seiner Buchstabenbezeichnung zu bleiben — grösstentheils N; G, d. h. die zwischen dorsalem und ventralem Schenkel eingeschobene graue Substanz (S. 159 von mir mit w bezeichnet) fehlt den Monotremen fast ganz und D, d. h. der dorsale Schenkel der Commissura sup. ist rudimentär. Die Ansichten des Gegners FLOWER’s in dem mehrerwähnten Streit, Owen’s, finden sich am klarsten begründet in einer Arbeit SyminGTon’s!), auf welche ich daher hauptsächlich Bezug nehme. SYMINGTON schliesst aus dem von FLOWER auf seiner Figur (N.B. fälschlich) dargestellten Uebergang der Fasern des dorsalen Schenkels (B) in den Alveus gegen FLowEr, dass auch der dorsale Schenkel der oberen Com- missur nur als Commissura hippocampi und nicht als Balken aufzufassen ist. Dieser Schluss wird natür- lich hinfällig, wenn der bez. Uebergang gar nicht oder nur theilweise, wie ich behaupte, besteht. FLOWER selbst hat auch ausdrücklich behauptet, dass der dorsale Schenkel auch Fasern enthalte, welche nicht zum Hippocampus, sondern zu anderen Rindenabschnitten gehen’). SymınGTon sucht dies durch seine mikro- skopische Untersuchung zu widerlegen, welche solche Fasern nicht ergab. Natürlich ist ein solcher negativer Befund, noch dazu an einem Gehirn, nicht ausschlaggebend. Ausdrücklich bemerke ich übrigens, dass Owen wiederholt auch zugegeben hat, dass die Commissura sup. der Aplacentalier neben Fornixfasern auch ein „rudimental commencement‘“ des Balkens enthalte. Hırı stellt sich in seiner Arbeit°), in welcher leider im Einzelnen viele Ungenauigkeiten sind, auf den Standpunkt Owen’s und SyMInGTon’s. Er behauptet auf Grund seiner Schnitte, dass die Fasern der Commissura sup. „die Grenzen des Hippocampus nicht überschreiten“. Eine Beweisführung auf Grund der Schnitte ist in seiner Arbeit nicht anzutreffen. Eine eingehende Besprechung verdienen die verdienstvollen, bereits öfters citirten Arbeiten von ELLIOT SMITH über die Homologien der Commissura superior. Ich schicke voraus, dass SMITH seine Auf- fassungen mehrfach modifieirt hat und dass ich mich z. Th. auch auf briefliche Mittheilungen des Autors stütze. Wie bereits früher erwähnt, bezeichnet SMITH den zwischen der Comm. sup. und Comm. ant. ge- legenen Raum als commissure-bed.e Er rechnet ihn zur Lamina terminalis*) (thickened mass in the dorsal part of the lamina terminalis). Eine ausreichende Begründung für diese Auffassung habe ich nicht gefunden. Allen Aplacentaliern schreibt er nur eine „Commissura fornicis“ zu, d. h. er nimmt wie Owen, SyıminGTon und Hırr an, dass auch der dorsale Schenkel der Commissura sup. keine Fasern enthält, welche zu anderen Rindentheilen als dem Hippocampus gehen. Die graue Masse im Hilus der Commissura sup. rechnet SMITH zu der „verdickten Masse der Lamina terminalis“. Der Balken entwickelt sich nach ihm in letzterer als eine neue Bildung erst bei den Placentaliern, und Hand in Hand damit atrophirt der Hippo- campus oberhalb dieser Neubildung zum Gyrus supracallosus und damit auch der dorsale Schenkel der Commissura superior. Das commissure-bed wird nun zum Septum pellucidum. Owen hatte dies den Apla- centaliern ganz abgesprochen. Die Verdünnung des Septum pellucidum bei den höheren Placentaliern würde sich aus der zunehmenden Längenausdehnung des Balkens und der Abnahme der Bedeutung des Geruchssinnes, zu welchem die Area praecommissuralis und das rudimentäre Septum in Beziehung stehen, ‚erklären. Bei dem Maulwurf, Dasypus und Choloepus ist sie noch nicht eingetreten. Bei den höheren Placentalthieren wird schliesslich auch ein Balkenknie entwickelt und dadurch der Ventriculus septi pel- lucidi abgeschnürt. Die Area praecommissuralis nimmt wahrscheinlich keinen Antheil an der Bildung des Septum pellucidum und wird zum Gyrus subcallosus reducirt. Die Fasern des ventralen Schenkels der I) The cerebral commissures in the Marsupialia and Monotremata, Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXVII, p. 69. 2) l. c. p. 643 u. 648 sowie Taf. XXXVI, Fig. 4. 3) The cerebrum of Ornithorhynehus paradoxus, Philos. Transact., 1893, p. 367. 4) Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 188 ff, Jenaische Denkschriften. VI. 21 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. IIL 162 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 162 Commissura sup. stammen aus dem absteigenden!), d. h. occipito-temporalen Theil des Hippocampus, die Fasern des dorsalen aus dem dorsalen oder horizontalen Theil des Hippocampus. — Eine weitere Arbeit von SMITH?) ist mir erst zugänglich geworden, als diese Monographie schon im Wesentlichen abgeschlossen war. SMITH führt hier ausdrücklich die commissural fibres of the precommissural area als einen Bestand- theil der oberen Commissur an°®). Er versteht unter diesen Fasern die Commissura pedunculorum septi REICHERT’s (Commissura baseos alba HENLE) und bezeichnet sie auch direct als „commissure of the pre- commissural area“. Dieser Theil der Dorsalcommissur bleibt also ebenso wie der zum occipito-temporalen Hippocampus ziehende Antheil bei den Placentaliern erhalten. Der Balken entwickelt sich zwischen diesen beiden Antheilen. Die commissure of the precommissural area ist noch weniger als die Commissura fornieis zum Balken zu rechnen. Diese Bezeichnung ist für die Commissur, welche Palliumabschnitte verbindet, zu reserviren. Ein Balken in diesem Sinne fehlt den Aplacentaliern. Das vordere Ringbündel besteht nach SMITH bei Ornithorkhynchus aus dem hippocampo-basal association bundle und dem olfactory bundle of the fascia dentata®). Ersteres soll dem Pedunculus corporis callosi Vico D’Azyr’s (= Pedunculus septi pellucidi BURDACH — zum Theil Bandelette diagonale BRocA) und somit dem Haupttheil des Riechbündels des Ammonshorns (ZUCKERKANDL) entsprechen und im Bereich des Gyrus subcallosus liegen. Es soll aus allen Theilen des Hippocampus entspringen und über die Portio depressa (= Subst. perf. ant.) zum Mandelkern ziehen. Das olfactory bundle endet in der Fascia dentata und stammt aus der Area praecommissuralis; es setzt den tract to the precommissural area (also einen Theil der medialen Tractuswurzel) fort. Aus der Arbeit über den Fornix superior?) hebe ich hier nur die Bemerkung hervor, dass bei manchen Chiropteren (Nyctophilus timoriensis) ebenso wie bei den Marsupialiern der dorsale Abschnitt des Hippocampus sich erhalten haben soll. — Auf die Arbeit: „The brain of a foetal Ornithorhynchus“ gehe ich erst im mikroskopischen Abschnitt ein. Zur Aufklärung der Homologie der oberen Commissuren trägt sie nichts Wesentliches bei. In seinen brieflichen Mittheilungen an mich modificirt SmitH seine Theorie insofern, als er jetzt an- nimmt, dass bei den Placentaliern die Rindenabschnitte, welche der Area praecommissuralis der Aplacen- talier entsprechen, sich an der Bildung des Septum pellucidum betheiligen. Der Balken würde also bei seinem Wachsthum auch einen Theil der Area praecommissuralis (nicht die ganze) umgreifen. Der Rest der Area praecommissuralis wird zum Gyrus subcallosus. Das Splenium der meisten Mammalier betrachtet SMITH als eine Mischung von Hippocampusfasern und Nicht-Hippocampusfasern ). Soweit die Angaben von ErLLıorT SmiTH. Ich bemerke nur noch, dass SMITH in einer älteren Arbeit?) auch ausführt, dass dem Verlaufe nach ein Theil der Fasern der Commissura anterior der Aplacentalier den Balkenfasern der Placentalier homolog ist. Auch in seinen neuen brieflichen Mittheilungen hält SmitH hieran fest. In den Anschauungen von Smitu sind zwei Sätze, welche für die jetzt in Frage stehende Homologie der Commissura sup. der Aplacentalier mit den Commissuren der Insectivoren und weiterhin der übrigen Placentalier von entscheidender Bedeutung sind, erstens der Satz, dass auch der dorsale Schenkel (bezw. Abschnitt) der Commissura sup. der Aplacentalier keine Fasern enthält, welche zu anderen Rinden- gegenden als zum Hippocampus (bezw. auch zur Area praecommissuralis) ®) gehen, und dass bei den Apla- I) l. c. p. 190. 2) Cerebral hemisphere of Ornithorhynchus, Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 465. 3) 1. c. p. 481 u. 482. Vergl. auch Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 200 ff. 4) 1. c. p. 480 u. Schema II, p. 478. Vergl. auch SmiTH, The connection between olfactory bulb and hippocampus, Anat, Anz., Bd. X, No. 15. 5) l. c. Vol. XXXI, p. 85. 6) Eine im Juni erschienene Arbeit (in Transact. Linn. Soc. London) ging mir erst zu, als die Drucklegung bereits weit vorgeschritten war; sie entspricht den angeführten brieflichen Mittheilungen. 7) Proc. Linn. Soc., 1894, p. 647. Vergl. auch Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 481. 8) Aus welchem Theil der Comm. sup. SMITH die Fasern der commissure of the precommissural area herleitet, ob aus dem dorsalen oder ventralen Schenkel oder aus beiden, ist mir nicht klar geworden. 163 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 163 centaliern oberhalb der vorderen Commissur, zwischen ihr und der oberen Commissur und im Hilus der letzteren eine graue Verbindung beider Hemisphären besteht, welche der Lamina terminalis zuzurechnen ist. Ich kann nicht zugeben, dass SuıTH den ersteren Satz bewiesen hat. Ebensowenig wie HıLL, SyMInGTon oder Owen liefert er den einzigen ausschlaggebenden Beweis: eine durch fortlaufende Abbildungen dar- gestellte Schnittserie, aus welcher sich ergiebt, dass wirklich alle Fasern des dorsalen Schenkels zum Hippocampus (bezw. auch zur Area praecommissuralis) ziehen. So lange dieser mikroskopische Nachweis aussteht, schwebt die Behauptung von ELLIOT SMITH, dass der dorsale Schenkel der Commissura sup. rudi- mentär werde und der Balken trotz ähnlicher Lage als Neubildung oder als Homologon der ganz ab- weichend gelegenen Commissura ant. auftrete, in der Luft. Im mikroskopischen Theil werde ich eine solche Serie abbilden. Der zweite Satz (s. o.) lässt sich nur entwickelungsgeschichtlich oder durch den mikro- skopischen Nachweis charakteristischer Elemente darthun. Auch dieses ist von ErLıor SmitH nicht ge- schehen '. Die von mir untersuchten Serien von Echidna-Embryonen, über welche ich im entwickelungs- geschichtlichen Theil ausführlich berichten werde, lassen sich mit den Anschauungen von ELLIOT SMITH nicht vereinigen. Trotz vieler, äusserst dankenswerther, einzelner Angaben scheinen mir also doch die Arbeiten von ELLIOT SmIiTH die Hauptfrage der Homologie der Commissuren nicht entschieden zu haben. Ich recapitulire das Ergebniss der makroskopischen Vergleichung des Aplacentalier- und Insecti- vorengehirns und der angeschlossenen kritischen Besprechungen in dem Satz: Makroskopisch scheint der dorsale Schenkel der Commissura sup. des Marsupialiergehirns ganz oder zum Theil dem Streifen z des Insectivorengehirns 2), d. h. dem Balken (im engeren Sinne), der ventrale der Fläche z und dem Streifen y, d. h. der sog. Commissura fornicis s. hippocampi zu entsprechen. Nur die mikroskopische Untersuchung auf lückenlosen Schnittserien und die entwickelungsgeschichtliche Untersuchung können eine definitive Entscheidung herbeiführen. Die Fläche x werde ich künftig in Anlehnung an HoNEGGER®) auch als ven- trales Psalterium, den Streifen y als dorsales Psalterium bezeichnen. Die Homologie des hinteren Ringbündels ist, wie bereits erwähnt, bei den Insectivoren un- zweifelhaft: es entspricht der sog. Columna fornicis. Ebenso klar ist die Homologie des vorderen Ringbündels. Bei den Insectivoren lässt es sich jedenfalls noch, ähnlich wie bei den Aplacentaliern, basalwärts bis zum Tuberculum olfactorium und zur Subst. perforata antica, parietalwärts bis in das Gebiet zwischen dem Streifen z (= Balken s. str.) und dem Querschnitt z (— ventralem Schenkel der Commissura sup.) verfolgen. Ausserdem scheinen, wie Bruch- präparate lehren, einige Fasern sich oberhalb der Commissura ant. mit dem hinteren Ringbündel zu ver- einigen (Branche anterieure du pilier Foville). Mitunter lässt sich auch ein hinteres, der Comm. ant. unmittelbar anliegendes Bündel von der übrigen Faserausbreitung des vorderen Ringbündels abgrenzen. In allen diesen Beziehungen besteht keine wesentliche Abweichung der Insectivoren von den Apla- centaliern *). Der mikroskopischen Untersuchung fällt die Auflösung des vorderen Ringbündels in bestimmte Faserbündel und die Aufsuchung der Homologien der letzteren zu. Im Ganzen entspricht es den „pre- commissural fibres“ HuxLey’s. Die Schicksale der Commissura ant. und sup. bei den übrigen Säugethierordnungen sind an dieser Stelle nur anzudeuten. Die Commissura anterior erweist sich in ihrer Lage äusserst gleich- I) Vergl. Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 19I. Die Arbeit über das Gehirn eines Ornithorhynchus-Embryos ent- hält gerade bezüglich dieser Fragen zahlreiche Irrthümer. 2) Beim Maulwurf verhält sich der Balken ähnlich wie beim Igel (vergl. auch GANSER, |. c. p. 602 u. 650), nur erstreckt er sich bereits etwas weiter occipitalwärts. 3) Vergleichend-anatomische Untersuchungen über den Fornix und die zu ihm in Beziehung gebrachten Gebilde im Ge- ‚hirn des Menschen und der Säugethiere, Recueil Zool. Suisse, Vol. V, Fasc. 2, p. 201, 1892. 4) Vergl. über die Verhältnisse beim Maulwurf auch GANSER, ]. c. p. 640 u. 658 ff. 21* 164 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 164 mässig. Wie die tabellarische Zusammenstellung S. ı7 ergiebt, nimmt sie progressiv ab, am stärksten bei den mikrosmatischen Placentaliern. Die Abnahme bezieht sich bei letzteren namentlich auf den vorderen Schenkel, wie schon GRATIOLET, MEYNERT u. A. festgestellt haben. — Die Commissura hippocampi (+ % des Igelgehirns) und der Balken (z des Igelgehirns) erleiden weiterhin eine vorzugsweise occipitalwärts ge- richtete Ausdehnung in die Länge; diese findet für die Commissura hippocampi auf Kosten der Dicke statt: diese geht daher schliesslich in ein dünnes Blatt, das Psalterium, über, während der Balken, dank einer enormen Faserzunahme im Dickendurchmesser kaum abnimmt. Die Längenausdehnung geht sichtlich mit der occipitalwärts gerichteten Ausbiegung der F. hippocampi (s. 0.) Hand in Hand; offenbar wird die letztere durch die erstere bedingt. Eine zweite Veränderung betrifft ausschliesslich den Balken: dieser krümmt sich basal- wärts zu dem sog. Balkenknie und Balkenschnabel. Bei den Edentaten!) ist der Balken etwas weniger geneigt als bei den Insectivoren. Kniebildung fehlt. Bei Manis javonica ist er 8 mm lang (auf 21 mm Hemi- sphärenlänge). Unter den Chiropteren zeigt Pteropus medius, wie ich gegen TurneEr’s Abbildung ?) behaupten muss, bereits eine deutliche Kniebildung (ohne Schnabel). Der Balken ist 8'/, mm, die Hemisphäre 24 mm lang. Der absteigende Schenkel des Knies misst reichlich I!/, mm und zieht fast senkrecht abwärts. Bei denNagern ist die Verlängerung schon sehr merklich. Bei dem Kaninchen beträgt die Balkenlänge fast 12 mm auf 30 mm Hemisphärenlänge (stets ohne Lobus olfactorius), bei dem Igel knapp 8!/, mm auf 18 mm Hemi- sphärenlänge. Bei diesem Vergleich ist speciell noch interessant, dass Hand in Hand mit dem vorzugs- weise occipitalwärts gerichteten Wachsthum des Balkens beim Kaninchen der obere hintere und mediale Pol der Grosshirnhemisphäre stark occipitalwärts hinausgeschoben ist), allerdings unter relativer Dicken- abnahme des occipitalen Palliums. Eine Kniebildung fehlt noch fast völlig; vielmehr verläuft der Balken fast geradlinig und horizontal, während er beim Igel leicht gekrümmt ist und stark basalwärts abbiegt (je- doch ohne Kniebildung). Das vordere Ringbündel breitet sich sehr flach und breit aus. Es ist makro- skopisch sofort zu erkennen und leicht abzugrenzen. Die vordere Grenzlinie seines Ausstrahlungsgebiets steigt genau zur vorderen Spitze des Balkens auf. Die Commissura hippocampi ist namentlich in ihrem hinteren Theil, also im Psalterium dorsale, bereits sehr in die Länge gezogen. Das hintere Ringbündel oder die Fornixsäule lässt sich sehr deutlich, wenigstens zum Theil, in den Zwischenraum zwischen Balken und Psalterium verfolgen. Bei den Ungulaten ist der Balken, ähnlich wie bei den Rodentien, sehr in die Länge gezogen und verläuft horizontal. Bei Ovis aries z. B. beträgt die Balkenlänge 36'!/, mm bei einer Hemisphärenlänge von 76!/, mm. Ein Balkenknie und ein Balkenschnabel sind bereits deutlich vorhanden. Die Länge des absteigenden Schenkels beträgt bei Ovis aries fast 4 mm. Das hintere Ringbündel (Columna fornicis) wendet sich stark oceipitalwärts. Beide Psalterien sind stark in die Länge gezogen, aber noch sehr mächtig. Die Platte zwischen dem Balken und dem Psalterium ist stark verdünnt und ist bereits als Septum pellucidum zu bezeichnen. Bei vielen Ungulaten ist, worin ich HoNEGGER*) gegen MEYNERT bei- stimme, bereits ein Ventriculus septi pellucidi vorhanden. Schon mit blossem Auge, sichrer mit der Lupe, erkennt man auf dem Septum pellucidum beiderseits dünne Faserbündel, namentlich auf dem in das Knie eingelagerten Theil°), welche auf- und vorwärts ziehen. Das vordere Ringbündel beginnt an der Basis in breiter Lage und verliert sich dann, wie Frontalschnitte lehren, theils in dem verdünnten Septum pellucidum theils in der unverdünnten grauen Masse der medialen Hemisphärenwand, welche hier zugleich die mediale ı) Vgl. die früher eitirten Abbildungen FLOWER’s, TURNER’S u.. A. 2) Convolut. of the brain, p. 15. 3) Hierdurch und durch den von der Medialseite erfolgenden Druck der vorderen Vierhügel kommt in der That zuweilen ein „triangular occipital lobe“ im Sinne Mann’s zu Stande (l. c. p. 18). 4) Recueil Zool. Suisse, 1892, S. 322. 5) Auf dem Schema von ELLIOT SMITH, Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXXI, p. 83 sind seltsamer Weise gerade diese Bündel nur wenig berücksichtigt. 165 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 165 Wand des Vorderhorns bildet, theils vielleicht auch in den Psalterien. Basalwärts lässt es sich makro- skopisch grösstentheils bis zum Tuberculum olfactorium, theils vielleicht auch zur Subst. perforata ant. ver- folgen. Die Grenzlinie des Psalterium ventrale und der von Fasern des vorderen Ringbündels überzogenen und durchsetzten medialen Wand des Vorderhorns markirt sich auf letzterer durch eine seichte Furche. Die Frage, welchem Theile des Insectivoren- und Aplacentaliergehirns das Septum pellucidum entspricht, ist offenbar dahin zu beantworten, dass der obere Abschnitt der Area praecommissuralis etwa, soweit er vom vorderen Ringbündel überzogen wird, sowie die zur Area praecommissuralis zu rechnende Area s. Substantia grisea commissurae sup. (s. S. 159) durch zunehmende Verdünnung zum Septum pellucidum wird. Die mir neuerdings mitgetheilten Anschauungen von ELLIOT SMITH würden hiermit wenigstens z. Th. über- einstimmen. — Bei den Pinnipediern ist die Kniebildung nicht so ausgesprochen wie bei den meisten Ungulaten. Die Balkenlänge beträgt z. B. bei Phoca vitulina 30 mm auf 8o mm Hemisphärenlänge. Bei den Carnivoren beträgt siez. B. für Felis tigris 24 mm auf 54 mm Hemisphärenlänge. Ein für die Auffassung des Aplacentaliergehirns wichtiges Moment ergiebt sich aus der Untersuchung des Pinnipedier- und Carnivoren- gehirns nicht. In der Ordnung der Halbaffen scheint mir am bemerkenswerthesten, dass der Balken nicht horizontal verläuft, sondern sich in seinem ganzen vorderen Abschnitt etwas basalwärts krümmt. Hingegen ist die Kniebildung kaum erheblicher als bei den Carnivoren. Die Balkenlänge beträgt z. B. bei Lemur catta 20 mm auf 39 mm Hemisphärenlänge. Bei den Primaten s. str. nimmt die Entwickelung des Balken- knies erheblich zu, während die relative Balkenlänge sogar z. Th. abnimmt; so beträgt letztere z. B. bei Semno- pithecus rubicundus nur 23 mm auf 53 mm Hemisphärenlänge. Im Uebrigen bemerke ich schliesslich, dass der Pedunculus corporis callosi s. septi pellucidi des Gehirns der Placentalier jedenfalls dem vorderen Ringbündel wenigstens zum Theil homolog ist. Er findet sich daher auch bei allen Säugethierordnungen. Schon ZUCKERKANDL hat diese Homologie richtig erkannt). Ich halte es allerdings nicht für zweckmässig, wenn ZUCKERKANDL vorschlägt, den Pedunculus septi pellucidi als Gyrus subcallosus zu bezeichnen. Letztere Bezeichnung ist vielmehr für die graue Substanz dieser Gegend zu reserviren, während als Pedun- culus septi pellucidi nur das Faserbündel zu bezeichnen ist. 4, Nucleus caudatus und lentiformis. Der Nucleus caudatus der Insectivoren ist mehr in die Breite entwickelt als bei den Marsupialiern. Eine Gratbildung fehlt im vorderen Abschnitt vollständig. Die Trennung des Linsen- und Schweifkerns ist bei den Insectivoren etwas schärfer als bei den meisten Aplacentaliern, namentlich in den hinteren Ebenen ?). Den Insectivoren kommt bereits ein gut abgegrenzter Mandelkern zu®). Er liegt über der Depressio rhinencephali temporalis, welche bei dem Maulwurf besser ausgeprägt ist als bei dem Igel. GANSER beschreibt sie bei dem Maulwurf treffend als eine lanzenförmig conturirte, vertiefte Stelle Die Durchmesser des Mandelkerns bei dem Maulwurf giebt GAnsER zu 2,2 und 2,5; mm an. Bei den Aplacentaliern fehlt eine dem Mandelkerne homologe Bildung keineswegs. Er steht hier in einer bestimmten Beziehung zu dem bei Didelphys beschriebenen Corpus poststriatum. Eine sichere Identification ist erst durch die mikro- skopische Untersuchung möglich. Gerade die Homologien des Mandelkerns sind, wie HONEGGER’S Er- örterungen beweisen, noch innerhalb des ganzen Säugethierreichs sehr unsicher. I) Ueber das Riechcentrum, p. I5 u. 59 ff. Siehe auch Anat. Anz. 1888, S. 425. 2) Vergl. auch GANSER, ]. c. p. 662. 3) Vergl. auch GANSER, 1. c. p. 599 u. 665. 166 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 166 5. Ventrikel des Vorderhirns. Das parietale Seitenhorn der Aplacentalier fehlt den Insectivoren nicht. Bei dem Igel ist es sehr gut entwickelt und reicht bis in die Frontalebene des Balkenspleniums. Bei dem Maulwurf steigt es nicht so senkrecht auf und springt daher weniger in die Augen!). Bei den Edentaten ist es gleichfalls occipital- wärts vom Balken in ganz typischer Gestalt ausgeprägt. Die Ungulaten und Rodentier haben, streng genommen, ein parietales Seitenhorn bereits überhaupt nicht mehr. Die Gestaltung der Cella media, des Vorder- und Unterhorns weicht bei den Insectivoren von der Gestaltung derselben Ventrikelräume bei den Aplacentaliern nur insoweit ab, als bereits angeführte morphologische Unterschiede die Gestaltung dieser Hohlräume beeinflusst haben. Speciell bedingt natürlich die zunehmende Einkeilung des Hippocampus unter das Balkensplenium (s. o.) eigenartige Umgestaltungen der Configuration des Seitenventrikels. Die beiden Alvei kehren überall in derselben Weise wieder. Nur ist entsprechend der ungleichen Ausdehnung des Seitenhorns ihre Ausbreitung sehr ungleich. 6. Sehhügel und Corpus geniculatum laterale. Der Sehhügel des Igels misst 5 mm im frontalen und fast genau ebenso viel im sagittalen Durch- messer (längs der Medianlinie). Die Ueberflügelung des Mittelhirns ist sehr unbedeutend; sie wird nur da- durch vorgetäuscht, dass das Corpus geniculatum mediale bei oberflächlicher Betrachtung zum Sehhügel zu gehören scheint. Das Corpus geniculatum laterale hebt sich von der übrigen Sehhügeloberfläche erheblich besser ab als bei den meisten Aplacentaliern. Der Belag mit Fasern des Tractus opticus nimmt nur eine schmale hintere Zone ein und sticht nur wenig ab. Bei dem Maulwurf fehlt er — wenigstens makro- skopisch — entsprechend der Verkümmerung des Opticusantheils des Tractus opticus. Die sog. hintere Wurzel der Tractus opticus vermag ich makroskopisch bei dem Igel nicht sicher zu erkennen. Mikro- skopisch kommt sie sowohl dem igel wie dem Maulwurf zu. Im Ganzen ist die Uebereinstimmung zwischen den Insectivoren und Aplacentaliern nicht zu verkennen. Auch bei vielen der letzteren kann man von einer relativen Verkümmerung des Opticusapparats sprechen. Bei den Nagern finden sich noch ganz ähnliche Verhältnisse wie bei dem Igel. Die,Belegschicht des Tractus opticus auf dem Sehhügel ist jedoch wesentlich mächtiger. Eine ausgesprochene Ueberflügelung des Mittelhirns fehlt noch vollständig. Der frontale Seh- hügeldurchmesser beläuft sich beispielsweise bei dem Kaninchen auf 8, der sagittale auf 7 mm. Bei einzelnen Nagern hebt sich die Commissura inf. des Chiasma opticum schon makroskopisch ab, so z. B. bei dem Eichhorn, wie v. GupDEn bereits hervorgehoben hat. Bei dem Kaninchen lässt sie sich nur mit der Lupe abgrenzen. Ich betone ausdrücklich, dass die von mir mehrfach beschriebene Reliefzeichnung der Ober- fläche des Chiasmas bei Marsupialiern mit dieser Commissura inf. nichts zu thun hat. Eine Verfolgung der Sehhügelbildung über die übrigen Säugethierordnungen liefert für die vergleichende Anatomie der Mar- supialier und Monotremen keine nennenswerthen Ergebnisse. i Habenula und Ganglion habenulae verhalten sich makroskopisch bei den Insectivoren (und auch Rodentiern) im Wesentlichen wie bei den Aplacentaliern. 7. Corpora quadrigemina. Bei dem Igel übertrifft der vordere Vierhügel den hinteren im sagittalen Durchmesser nur sehr wenig. Im frontalen Durchmesser scheint der hintere Vierhügel weit überlegen: doch ist dies nur scheinbar, da erstens der hintere Vierhügelarm zu dem frontalen Durchmesser des hinteren Vierhügels in besonderem Maasse beiträgt und zweitens der Sulcus quadrigeminus medianus wie bei vielen Aplacentaliern zwischen I) Vergl. auch GANSER, ]. c. Fig. 15—18 sowie p. 609 ff. 167 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 167 den hinteren Vierhügeln sehr viel breiter ist als zwischen den vorderen. Die Reduction der vorderen Vierhügel bei dem Maulwurf!) ist nur eine specielle Theilerscheinung der Gesammtverkümmerung seines optischen Apparates. Der charakteristische Farbenunterschied zwischen dem Grau der vorderen und dem Weiss der hinteren Vierhügel, welcher mit Ausnahme der Primaten allen Säugethierordnungen zukommt, ist bei dem Igel und dem Opossum ?) wesentlich geringer als bei den mir bekannten Rodentiern, Ungulaten und Carnivoren. Speciell fehlt dem Igel und Opossum ber braune Farbenton, welcher den vorderen Vier- hügeln der letztgenannten Ordnungen eigenthümlich ist. Das Corpus geniculatum mediale ist bei den Insectivoren sehr stark entwickelt. Sehr charakteristisch ist, dass es von dem Sehhügel bezw. Corpus geniculatum laterale nur durch eine seichte Depression, von der Vierhügelregion jedoch durch eine tiefe, von der Faserung des hinteren Vierhügelarmes bei weitem nicht ausgefüllte Furche getrennt wird, Es trifft dies übrigens auch bei vielen Marsupialiern zu, so z. B. Phascolarctus einereus, dessen medialer Kniehöcker ebenfalls sehr stark entwickelt ist (vergl. S. 104). Ganz ähnliche Verhältnisse kehren auch bei den Nagern wieder. Nur steigt bei diesen der hintere Vier- hügelarm nicht so steil zum medialen Kniehöcker herunter. Es hängt dies mit der stärkeren Entwickelung der vorderen Vierhügel bei den Nagern zusammen. Die Niveauerhebung der hinteren Vierhügel über den Rautenboden ist bei den Insectivoren wesentlich geringer als bei den meisten Aplacentaliern. 8. Aquäduct. In der Entwickelung eines Fastigium anterius und posterius stimmen die Insectivoren mit den Marsupialiern überein. Nur ist bei dem Maulwurf aus den bereits öfter erwähnten Gründen das Fastigium anterius ausgeglichen’). Auch bei dem Igel ist überdies das Fastigium ant. wesentlich flacher als das Fastigium posterius, ein Unterschied, der auch schon bei den Marsupialiern — allerdings in geringerem Grade — hervortrat (vergl. z. B. Figg. 86 und 93). Bei den Rodentiern sind beide Fastigien sehr scharf ausgeprägt, das hintere ist ein wenig höher als das vordere. Auffällig schwach finde ich beide unter.den Edentaten bei Manis javanica. Bei den Ungulaten sind beide vorhanden, aber beide relativ nicht hoch. Das vordere ist gewölbt, das hintere zugespitzt, ein Unterschied, der bei den Marsupialiern, Insectivoren und namentlich Rodentien nicht so scharf hervortritt. Die Senkung der Decke zwischen beiden ist relativ gering. Bei Ovis aries ist sowohl das vordere wie das hintere 4 mm hoch, während bei dem Kaninchen die Höhe des vorderen Fastigiums 2!/, mm, diejenige des hinteren 3°/, mm beträgt. Bei den Carnivoren und Primaten gleichen sich die Fastigien noch weiter aus, ohne jedoch ganz zu verschwinden. 9. Tuber cinereum. Hypophysis. Corpora candicantia. Tuber cinereum und Hypophyse zeigen keine wesentlichen makroskopischen Unterschiede bei den Aplacentaliern und den Insectivoren. Das Corpus candicans ist hingegen wesentlich verschieden. Es hebt sich bei letzteren von dem Grau des Tuber cinereum kaum ab, bei dem Maulwurf noch etwas besser als bei dem Igel. Eine mediane Furche ist bei dem Igel nicht sicher zu erkennen. Bei dem Maul- wurf giebt GAnsER eine kleine Einkerbung in der Mitte an), welche mit der medianen Längsfurche des Marsupialiergehirns zu vergleichen ist. Sie ist jedoch bei dem Maulwurf breiter und seichter. Bei den I) GANSER, ]. c. p. 608. 2) Die übrigen Aplacentalier erwähne ich nicht, weil ich keine Gehirne zu sehen Gelegenheit hatte. 3) Vergl. GANSER, l. c. Taf. XXIX, Fig. 7. 4) 1. c. p- 599. 168 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 168 Nagern springt das Corpus candicans sehr stark vor. Eine Medianfurche fehlt. Dagegen findet man, sehr schön z. B. bei dem Kaninchen, eine seichte, annähernd sagittal verlaufende Dille jederseits neben der Mittellinie, welche beiderseits das laterale Ganglion des Corpus candicans abgrenzt. Bei Manis javanica ist das Corpus candicans sehr mächtig und vom Tuber cinereum scharf abgegrenzt. Die Medianfurche fehlt. Bei den Ungulaten zeigt sich eine wesentliche Umgestaltung. Das Tuber cinereum wird in allen Durchmessern kleiner und namentlich auch flacher. Während daher bei den Aplacentaliern und bei den seither besprochenen Ordnungen der Placentalier das Corpus candicans als ein Gebilde der hinteren Wand des Tuber cinereum erscheint, imponirt es bei den Ungulaten als ein selbständiges Gebilde der Hirnbasis. Eine deutliche mediane Furche fehlt. Bei den Carnivoren erscheint das Corpus candicans wieder etwas mehr als ein Gebilde der hinteren Wand des Tuber cinereum. Eine Medianfurche ist stets vorhanden. Unter den Pinnipediern zeigt Trichechus rosmarus eine deutliche Medianfurche, während sie bei vielen Phoca-Gehirnen fehlt. Von den Primaten besitzen ausser dem Menschen nur die Anthropoiden und Hylobates eine Medianfurche. Den Halbaffen fehlt sie vollständig. Ich führe diese vergleichend-anatomische Beobachtung hier namentlich an, um zu zeigen, dass auf die Anwesenheit dieser Medianfurche kein grosses Gewicht zu legen ist: innerhalb derselben Ordnung kommt sie bei dieser Gattung vor und fehlt bei jener. Ich schliesse daher, dass auf das verschiedene Verhalten des Igels und der Marsupialier bezüglich dieser Furche kein grosses Gewicht zu legen ist. Das Ganglion interpedunculare ist bei den Insectivoren sehr stark entwickelt. Auch das MEYnERT’sche Bündel ist an der Basis eben sichtbar. Bei den Marsupialiern wird es dadurch verdeckt, dass das Corpus candicans das Trigonum interpedunculare fast ganz überlagert. Auf Ganser’s Ganglion infra- pedunculare!) komme ich im mikroskopischen Theil zurück. 10. Cerebellum. Der Medianschnitt des Wurmes des Igels zeigt die grösste Uebereinstimmung mit den Mar- supialiern und nicht mit den Monotremen. So könnte z. B. die Abbildung des Medianschnittes des Klein- hirns von Phascolarctus (Fig. 73) bis auf sehr geringe Abweichungen für das Igelkleinhirn in Anspruch genommen werden. Die 4 Aeste des Arbor vitae kehren in derselben Weise wieder. Der Lobus impendens ist ein wenig schmaler und legt sich nicht ganz so weit nach vorn über’). Der Lappen des vorderen oberen Astes ist dafür etwas stärker entwickelt. Vom unteren hinteren Lappen ist der Lobus impendens nicht scharf abgegrenzt, wie ich es übrigens auch für Phascolaretus (vergl. S. 105) angegeben habe. Da Tuber valvulae schleppt weniger nach als bei den meisten Marsupialiern. Bei dem Maulwurf) ist der vordere untere Lappen stärker entwickelt. Der vordere obere Lappen lest sich über ihn weg, um wie stets sich dem hinteren Rand der hinteren Vierhügel aufzulegen. Er darf mit dem Lobus impendens d. h. dem hinteren oberen Lappen nicht verwechselt werden. Dieser selbst ist noch weniger entwickelt als bei dem Igel. Von Ueberhängen kann nicht mehr die Rede sein. Von dem hinteren unteren Lappen ist er noch wohl zu trennen. Das Nachschleppen des Tuber valvulae erscheint etwas erheblicher als bei dem Igel. Ungemein klar ist die Verzweigung des Arbor vitae auch bei den Nagern*). Sie stimmt mit der- jenigen der Marsupialier und des Igels in hohem Maasse überein. Die 4 Aeste des Arbor vitae sind sofort ae ine 2) Erheblicher wird dieser Unterschied, wenn man Perameles zum Vergleich heranzieht. 3) GANSER (l. c. p. 615 u. Figg. I u. 7) hat die Haupteintheilung des Kleinhirnwurmes nicht richtig erkannt. Die einfache Abzählung aller Windungsblätter, wie sie MALACARNE (Encefalotomia, 1795) und LEURET (l. c. T. I, p. 415) für einzelne Thiere durchgeführt, scheint mir vorläufig noch sehr unsicher und unfruchtbar. 4) In der Dissertation von KÜNNEMANN (Ueber die Morphologie des Kleinhirnes bei Säugethieren, Berlin 1896), welcher auch das Kleinhirn von Dorcopsis Mülleri, Hypsiprymmus cunieulus, Petaurus brevieeps und Didelphys vürginiana beschreibt, ist leider der Medianschnitt viel zu wenig berücksichtigt; daher sind manche Deutungen verfehlt worden. 169 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 169 wiederzuerkennen. Sie kehren in ihrer typischen Lage wieder. Der Lobus impendens (d. h. der hintere obere Lappen) hängt ziemlich weit über. Die Kuppe der hinteren Vierhügel berührt er jedoch nicht, da der vordere obere Lappen zu mächtig entwickelt ist und sich zwischen beide drängt. Der hintere untere Lappen ist vom hinteren oberen ziemlich scharf getrennt. Die vordersten Windungen des hinteren unteren Lappens werden gewöhnlich von einem besonderen Zweig des Arbor vitae versorgt. Ebenso zeigen die hintersten Windungen des vorderen unteren Lappens eine gewisse Selbständigkeit. Vergl. über ähnliche Vor- kommnisse bei den Marsupialiern z. B. Fig. 73, ferner die Beschreibung des Echidna-Kleingehirns S. 27. Das Kleinhirn der Edentaten ist leider nur sehr wenig bekannt. Ich kann zum Vergleich nur das Kleinhirn von Manis javanica heranziehen. Dieses weicht ganz wesentlich von demjenigen der Mar- supialier, Insectivoren und Rodentier ab. Während bei diesen Ordnungen das Kleinhirn stets mit seiner hinteren oberen Fläche schräg abfällt und eine dem Rautenboden parallele obere Fläche überhaupt fehlt, ist bei Manis eine obere, dem Rautenboden parallele Fläche ausgebildet, und die hintere obere Fläche !) fällt fast senkrecht zum Rautenboden ab. Während bei den Marsupialiern etc. der Medianschnitt ungefähr die Form eines rechtwinkligen Dreiecks zeigt, dessen rechter Winkel zwischen hinteren Vierhügeln und Rautenboden eingekeilt ist, ist derselbe Medianschnitt bei Manis fast rechteckig. In dieser einen Beziehung erinnert das Manis-Kleinhirn an das Echidna-Kleinhirn. Ein überhängender Lappen fehlt. Das Tuber valvulae schleppt nicht nach. Nur der vordere untere Lappen ist wie bei den Marsupialiern gebildet. Die Chiropteren — ich beziehe mich vorzugsweise auf Pferopus medius — erinnern sehr an die Insectivoren und daher auch an die Marsupialier. Nur ist der Markkern des Wurmes im sagittalen Durch- messer erheblich verkürzt. Der hintere untere Lappen ist von dem hinteren oberen nicht scharf getrennt. Letzterer hängt in typischer Weise über. Der vordere obere Lappen ist sehr mächtig, der vordere untere sehr klein. Bei den meisten Ungulaten ist der hintere obere Lappen bezw. Ast an seiner charakteristischen frontalwärts gerichteten Concavität sofort wiederzuerkennen, obwohl ein eigentliches Ueberhängen nicht mehr statthat. Der hintere untere und der vordere untere Lappen haben ihre morphologische Selbst- ständigkeit eingebüsst. Sehr charakteristisch ist auch für den Wurm der Ungulaten gegenüber den bis jetzt besprochenen Ordnungen das Auftreten von Längsfurchen innerhalb des Wurmgebietes. Ein näheres Eingehen auf die Wurmbildung der Carnivoren, Pinnipedier, Primaten etc. muss ich mir hier versagen und bemerke nur, dass nach meinen Untersuchungen der hintere der beiden Hauptäste des Arbor vitae des Carnivorengehirns dem hinteren oberen Ast der besprochenen Säugethierordnungen und der vordere dem vorderen oberen imWesentlichen homolog ist und dass der letztere z. Th. auf Kosten des ersteren an Gebiet zugenommen hat. Die Fossa paramediana kommt auch den Insectivoren zu. Besonders mächtig Ist sie beim Maulwurf. Der Markkern tritt in ihr frei an die Oberfläche ?). Ebenso ist die Fossa lateralis und die Flocke ähnlich wie bei den Marsupialiern gebildet. Für die ausserordentlich schwierige Vergleichung der Furchen und Windungen der Kleinhirnhemisphären reicht das gehärtete Material meiner Aplacentaliergehirne nicht aus. Jedenfalls weichen die vordersten, in der Dorsalansicht sichtbaren Furchen des Wurmes bei dem Uebergang auf die Hemisphären sowohl bei den Insectivoren wie bei den Marsupialiern stark frontalwärts ab. Dieser charakteristische Zug lässt sich durch die ganze Säugethierreihe bis zu den Primaten verfolgen. Bei der Besprechung des Echidna-Kleingehirns habe ich angedeutet (S. 26 ff.), wie man etwa die üblichen Furchenbezeichnungen der Primaten auch bei den Aplacentaliergehirnen verwenden könnte. Ich bemerke 1) Sie kann daher auch ebenso gut einfach als hintere Fläche bezeichnet werden. 2) GANSER bezeichnet sie als oberflächliche Markplatte des Kleinhirns. Jenaische Denkschriften. VI. 22 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 170 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 170 jedoch ausdrücklich, dass ich dies nur als einen ganz vorläufigen Versuch betrachtet wissen möchte !). Wichtiger scheint mir einstweilen das sichere vergleichend-anatomische Ergebniss bezüglich der Lappenein- theilung des Wurmes, wie ich es oben erörtert habe. 11. Pons, Die Brücke der Insectivoren ist sehr schwach entwickelt. Die Theilung der Arteria basilaris liegt beim Igel 4!/), mm hinter dem hinteren Ponsrand. Der hintere Ponsrand zeigt die bei den Marsupi- aliern beschriebene Doppelkrimmung. Die medialen Ausbiegungen beider Seitenhälften vereinigen sich in der Medianlinie zu einer grösseren, spinalwärts vorspringenden Ausbuchtung. Die grösste Ponsbreite (im sagittalen Durchmesser) beträgt bei dem Igel etwas über 8 mm. Bei dem Maulwurf beträgt sie knapp 2 mm. Die Vereinigung der beiden Aa. vertebrales erfolgt bei diesem Thier reichlich I mm spinalwärts vom unteren Ponsrand?). Im Bereich der Mittellinie springt der hintere Ponsrand — durch Vereinigung der beiden medialen Ausbiegungen — noch etwas stärker vor, als bei dem Igel. In dieser Beziehung erinnern beide Insectivoren am meisten an Perameles obesula (Fig. 91), da bei den meisten anderen Aplacentaliern der hintere Ponsrand im Bereiche der Mittellinie entweder etwa geradlinig verläuft (Echidna, Fig. 2, Phascolarcius, Fig. 89) oder zwischen seinen beiden medialen Ausbiegungen leicht eingekerbt ist (Aepyprymnus, Fig. 66; Pseudochirus, Fig. 72). Lateralwärts verschmälert sich der Pons bei beiden Insectivoren sehr rasch. Auch hierin stimmen sie mit den meisten Aplacentaliern überein. Der Trigeminus ist wie bei den Aplacentaliern sehr mächtig. Die schwächere, motorische Wurzel entspringt medialwärts von der sensiblen. Der Austritt aus dem Pons erfolgt etwa in der Mitte zwischen dem vorderen und hinteren Ponsrand. In dieser Be- ziehung nehmen also die Insectivoren eine intermediäre Stellung zwischen Echidna und den Marsupialiern ein. Der Eintritt des Brückenarms erfolgt wie bei den Marsupialiern vor und unter der Flocke. Interessant ist, dass bei den Nagern der Trigeminusaustritt dem hinteren Ponsrand sehr viel näher gerückt ist. Bei Sciurus vermag ich auch mit der Lupe keine Ponsfasern hinter dem Trigeminusaustritt zu erkennen. Diese stimmen also hierin mehr mit den Marsupialiern überein als die mir bekannten Insecti- voren. Die sagittale Breite der Brücke beträgt z. B. bei Lepus cumiculus 6 mm. Der Zusammenfluss der Aa. vertebrales liegt ca. 10 mm spinalwärts vom hinteren Ponsrand. Die spinalwärts vorspringende mediane Ausbiegung der Insectivoren und des Beuteldachses fehlt. Unter den Edentaten habe ich nur Manis genauer untersucht. Die Brücke ist hier in der Median- linie 6 mm breit. Der Sulcus basilaris schneidet sehr tief ein. Die A. basilaris theilt sich fast 7 mm hinter dem hinteren Ponsrand. Der Trigeminus entspringt etwa in der Mitte der Brückenbreite. Der hintere Ponsrand zeigt die laterale Ausbiegung kaum angedeutet, die mediale verhält sich etwa wie bei Aepyprymnus. Bei den Chiropteren — wenigstens bei Pieropus medius — liegt der Trigeminusaustritt dem vor- deren Ponsrand etwas näher als dem hinteren. Bei den Ungulaten verläuft der hintere Brückenrand fast geradlinig. Der N. abducens entspringt ı—2 mm hinter ihm. Die Brückenbreite (d. h. der mediane Sagittaldurchmesser) beträgt I4 mm. Der "Trigeminusaustritt liegt dem hinteren Brückenrand näher als dem vorderen. Das letztere Lageverhältniss ist bei den Carnivoren noch ausgesprochener. Es bedarf hier zuweilen der Lupe, um Querbündel des Pons hinter dem Trigeminusursprung festzustellen. Bei den Pinnipediern ist durch die enorme Ent- wickelung der Kleinhirnhemisphären im Bereich der Hirnbasis der Trigeminusursprung zwischen diesen 1) Speciell scheint mir die Möglichkeit erwägenswerth, ob nicht die von mir rein topographisch als S. superior posterior bezeichnete Furche des Eehidna-Gehirns (vgl. Fig. 18), d. h. also die Trennungsfurche des vorderen oberen und hinteren oberen Lappens, dem sogenannten Sulcus sup. ant. des Primaten-, speciell des Menschenkleinhirms entspricht. 2) Nachträglich habe ich kürzlich auch für Maeropus ruficollis, var. Bennetti, Waterh. den Abstand der Vereinigung der Aa. vertebrales vom hinteren Ponsrand zu bestimmen Gelegenheit gefunden. Er beträgt für das Spiritusgehirn 17'/, mm. 171 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 171 und den steil ansteigenden Seitenflächen der Brücke eingekeilt. Präparirt man ihn frei, so ergiebt sich, dass er dem hinteren Brückenrand doch näher liest als dem vorderen. Bei den Prosimiern verläuft der hintere Brückenrand fast geradlinig. Das Stratum superficiale pontis ist oft, z. B. bei Lemur, so dünn, dass die beiden Pyramidenstränge sich scharf während ihres ganzen Verlaufs durch den Pons abheben. Der N. trigeminus entspringt etwa in der Mitte zwischen dem vorderen und hinteren Rand. Bei den Primaten ist der Pons sehr ähnlich gebildet, doch ist das Stratum super- ficiale sehr viel mächtiger, so dass die Pyramidenstränge sich innerhalb der Brücke nur sehr undeutlich abheben (Pyramidenwülste von SCHWALBE). Der Trigeminusursprung rückt dem vorderen Ponsrand wieder näher. Die grösste Annäherung an letzteren finde ich beim Menschen. Sehr interessant ist, dass gleich- zeitig die Vereinigungsstelle der Aa. vertebrales dem hinteren Ponsrand immer näher kommt. Bei den Menschen hat sie diesen bekanntlich fast erreicht. 12. Medulla oblongata. Rautengrube, Durch die Einlagerung einer mächtigen spinalen Quintuswurzel wird auch bei den Insectivoren die M. oblongata sehr breit. Der mediale Rand der spinalen Quintuswurzel prägt sich auf der Oberfläche der Oblongata bei Igel und Maulwurf als eine deutliche Längsfurche aus. Topographisch deckt sie sich auf eine weite Strecke mit dem S. postolivaris. Bei den Marsupialiern habe ich sie als S. paralateralis ant. be- zeichnet (S. 68, 81, 95, 118). Die Anschwellung selbst ist, soweit sie frei liegt, als Tuberculum cinereum!) zu bezeichnen. Dieses reicht also, ähnlich wie bei Ornithorhynchus (S. 48), nur nicht in demselben Maasse, und wie bei den Marsupialiern, allenthalben bis auf die Basalfläche. Bei manchen Nagern ist der S. paralateralis ant. erst unterhalb des Corpus trapezoides deutlich zu erkennen (z. B. beim Kaninchen) und liegt weiter lateral- wärts als bei den Insectivoren und Aplacentaliern. Andere Nager bieten in dieser Beziehung ähnliche Verhältnisse wie die Insectivoren und Aplacentalier (z. B. Maus, Ratte). Auch die Ungulaten verhalten sich nicht gleichmässig: meist ist jedoch der S. paralateralis ant. sehr schwach (Schaf, Ochs, Ziege etc.), eine Ausnahme scheinen nur die Proboscidea zu bilden. Bei Manis ist ein S. paralateralis ant. kaum zu erkennen. Die Pyramiden der Insectivoren sind ziemlich flach. Bei dem Igel ist jede Pyramide am hinteren Ponsrand ca. ’/, mm breit. Spinalwärts wird sie etwas breiter, aber noch flacher. Der Sulcus lateralis ant. ist ziemlich seicht und verschwindet schliesslich ganz, um der vorderen Wurzellinie Platz zu machen. Makroskopisch ist eine Zuspitzung der Pyramiden zur Decussation nicht zu erkennen, doch wird der Sulcus medianus anterior spinalwärts seichter. Jedenfalls ist bei den Marsupialiern die Decussation durchweg makroskopisch viel sinnenfälliger (vgl. z. B. Fig. 72). Nur bei Perameles ist sie etwa ebenso sehr verwischt. Unter den Edentaten zeichnet sich Manis durch sehr breite, stark vorspringende, aber kurze Pyramiden aus. Die Decussation findet bereits 5 mm unterhalb des hinteren Ponsrandes statt und ist sehr deutlich. Bei den Nagern findet man durchweg stark vorspringende Pyramiden. Wie bei den Insecti- voren und Marsupialiern werden sie spinalwärts breiter und flacher. Eine deutliche Zuspitzung der Pyra- miden zur Decussation fehlt, dagegen ist eine vorübergehende Tiefenabnahme des S. medianus ant. bei den meisten Gattungen unverkennbar. Die Pyramiden der Ungulaten springen relativ wenig vor, der S. lateralis ant. ist relativ seicht. Spinalwärts erfolgt auch in dieser Ordnung eine erhebliche Verbreiterung und Abflachung. Der Sulcus medianus ant. der Oblongata ist überhaupt ziemlich seicht, nur auf eine kurze Strecke ist er besonders seicht. Die Dickenzunahme der Pia der Basalfläche im caudalen Abschnitt der Oblongata, wie sie bei den Ungulaten öfters vorkommt, scheint, wie ich hier ausdrücklich noch be- 1) Die Breitenangaben für das Tuberculum cinereum in meinem Text beziehen sich auf den freiliegenden Theil. 22* 172 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 172 merken will, bei den Marsupialiern und Monotremen und auch bei den Insectivoren zu fehlen. — Auf die bekannten Verhältnisse der Pyramiden bei den Carnivoren, Primaten etc. gehe ich hier nicht ein. Ein freiliegendes Corpus trapezoides besitzen die Insectivoren ebenso wie die Aplacentalier. Bei dem Igel ist es flach und nur wenig über 2 mm breit (im sagittalen Durchmesser). Bei dem Maulwurf ist es entsprechend dem hier besonders stark hervortretenden, eigenartigen Verlauf des hinteren Ponsrandes (vel. S. 170) lateralwärts erheblich breiter (ca. 1°/, mm) als in der Mediallinie. Es wölbt sich eher etwas stärker vor als bei dem Igel. Bei beiden Gattungen entspringt der Facialis weiter medialwärts als bei den Marsupialiern. Sehr flach und schmal ist das Corpus trapezoides bei Manis javanica. Die sagittale Breite beträgt nur ca. 2 mm. Besser ist die Entwickelung bei den Nagern. Bei dem Kaninchen beträgt die sagittale Breite fast 4 mm. Noch erheblicher ist die Dickenzunahme. Umgekehrt ist bei den Ungulaten das freiliegende Corpus trapezoides relativ klein. Die Breite beträgt bei Ovis aries z. B. auch nur knapp 4 mm; dabei springt es ziemlich stark vor. Der Facialisursprung ist ähnlich wie bei dem Maulwurf in die Flucht- linie des medialen Randes des Trigeminusaustritts verschoben. Bei Ovis aries finde ich den S. 68 u. 107 bei Macropus und namentlich bei Phascolaretus beschriebenen Fasciculus longitudinalis lateralis oblongatae (vgl. namentlich Fig. 89) ausgezeichnet oberflächlich entwickelt. Er liegt nur dem Seitenrand der Pyramide etwas näher. Der Verlauf stimmt vollständig überein. Bei den Nagern habe ich ihn makroskopisch und oberflächlich noch nicht gefunden. Bei der Katze ist ein wahrscheinlich analoges Bündelchen am Seiten- rand der Pyramide zuweilen sichtbar. Der Ursprung des seitlichen gemischten Systems stimmt bei den Insectivoren und Aplacen- taliern in allen wesentlichen Punkten überein. Das untere Trapezfeld (Stratum zonale Arnoldi) ist bei dem Maulwurf erheblich schärfer ab- gesetzt und dicker als bei dem Igel. Der Verlauf ist derselbe wie bei den Aplacentaliern. Es findet sich in ganz ähnlicher Weise auch bei den Ungulaten und Rodentiern. Bei Manis ist es gleichfalls vorhanden, wird aber z. Th. durch eine ganz eigenartige, breite, cerebral- und medialwärts zum lateralen Pyramiden- rand aufsteigende Fasermasse verdeckt. Letztere ist wahrscheinlich {mit der in Fig. 89 bei Phascolaretus cinereus angegebenen Faserschicht identisch. Das untere Trapezfeld lässt sich weiterhin durch alle Thier- ordnungen bis zum Menschen verfolgen. Das Trigonum intertrapezicum ist bei dem Igel nicht scharf abgegrenzt, schärfer bei dem Maulwurf. Seine weitere vergleichend-anatomische Verfolgung bietet kein Interesse. Die Rautengrube der Insectivoren stimmt mit derjenigen der Marsupialier zunächst darin überein, dass Striae acusticae fehlen. Die von GAanser!) für den Maulwurf beschriebene Abgrenzung des vorderen vom hinteren Rautengrubenabschnitt durch eine leistenförmige Verdickung der obersten grauen Schicht ist bei dem Igel kaum bemerklich. Auch bei den Marsupialiern und Monotremen scheint sie zu fehlen. Dasselbe gilt von der blinden Ausbuchtung des 4. Ventrikels, welche GAnsEr gleichfalls für den Maulwurf beschreibt’). Die winklige Abbiegung des vorderen Rautengrubenabschnitts gegen den hinteren kommt den. Insectivoren wie den Marsupialiern zu. Die Eminentia lentiformis (Tuberculum acusticum) liegt bei beiden Insectivoren etwas mehr lateral als bei den Aplacentaliern. Das Trigonum acusticum zeigt nicht dieselbe charakteristische Form wie bei den Beutlern. Der Torus acusticus ist jedoch ungefähr wiederzu- erkennen. Die Ala cinerea ist hingegen, wenigstens bei dem Igel, schärfer abgegrenzt als bei den meisten Marsupialiern. GANSER beschreibt bei dem Maulwurf auch eine Bodencommissur des 4. Ventrikels®). Ich verstehe nicht recht, weshalb GAnsER diese vom Velum medullare anterius trennt. Jedenfalls bleibt die 1) 1. c. p. 614. 2) 1. c. p. 615 u. Fig. 7. 3) l. c. p. 615 u. Fig. 6. ne DT er te a 2A u 173 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 173 interessante Thatsache bestehen, dass ein Thier, welches, wie der Maulwurf, der Nn. trochleares entbehrt, doch ein Querfasersystem an dieser Stelle — auf der Grenze von Mittel- und Hinterhirn über der Rauten- grube — zeigt. Bei dem Igel, welcher einen N. trochlearis besitzt, lässt sich die Ganser’sche Commissur von der Trochleariskreuzung im.Velum med. ant. makroskopisch nicht scharf abgrenzen. Jedenfalls ist sowohl bei den Marsupialiern wie bei dem Igel der grössere hintere Theil des Velum medullare ant. durchscheinend dünn und von Trochlearisfasern völlig frei. Dasselbe Verhältniss findet sich auch bei dem Kaninchen. Dagegen vermag ich bei letzterem nicht, wie GAnsER angiebt, makroskopisch die „Boden- commissur“ des 4. Ventrikels abzugrenzen. Das Fastigium des 4. Ventrikels ist bei den Insectivoren wesentlich niedriger als bei den Marsupialiern. Sehr interessant gestaltet sich im Hinblick auf die Marsupialier die Bildung des Corpus restiforme und der Hinterstränge bei den Insectivoren. GansER!) beschreibt bei Talpa einen dicken, grauen Saum am medialen Rand des Corpus restiforme des Maulwurfs, welcher die Apertura canalis centralis „wie mit einer Klappe deckt“ und oralwärts eine keulenförmige, über das Corpus restiforme hinüberziehende An- schwellung bildet. Ich glaube, namentlich auch im Hinblick auf Fig. 6 von GAnSER, dass dieser die Aus- dehnung des grauen Saumes zu gross dargestellt hat. Bei dem Igel lässt sich Folgendes feststellen: Eine graue, dreiseitige Platte überdeckt die Oeffnung des Centralkanals. Sie entspricht GanseEr’s „Klappe“ und dem Obex der menschlichen Anatomie. Der vordere Rand des Obex ist im Bereich der Medianlinie knöpfchenartig verdickt. Diese Anschwellung hängt durch zwei graue Arme unmittelbar jederseits mit der Ala cinerea zusammen. Ueber diese hinaus lässt sie sich nur undeutlich am Seitenrand des Trigonum acusticum verfolgen. Letzteres selbst bleibt grösstentheils frei. Vergleicht man hierzu z. B. Fig. 52 und 83 meiner Marsupialierbeschreibung, so ergiebt sich ein wesentlicher Unterschied durch das Hinzukommen jener knopfförmigen Verdickung. Auch an meinen frischen Didelphys-Gehirnen fehlt eine solche. Auch eine so aus- gesprochene Riegelbildung scheint bei den Marsupialiern nicht vorzukommen. Das Tuberculum cuneatum ist bei den Insectivoren gut entwickelt. Die Clava fehlt. Die Gorr’schen Stränge sind bei dem Igel im Rückenmark zu einem sehr schmalen unpaaren Strang verschmolzen wie bei den Marsupialiern. Der Sulcus paramedianus post., d. h. die Trennungsfurche des GoLr’schen vom BURDACH’schen Strang, istim Rücken- mark deutlich vorhanden. Knapp 3 mm unterhalb der Apertura canalis centralis zeigt sich bei dem Igel wiederum wie bei den Marsupialiern ein Sulcus medianus post. In dem grösseren capitalen Theil der Oblongata sind also die GoLrL’schen Stränge getrennt. In der Höhe der Apertura canalis centralis ver- schwindet der S. paramedianus post. bereits ziemlich rasch, und der Gorr’sche Strang verschmilzt mit dem BurpacH’schen. Bei den Marsupialiern erfolgt die Verschmelzung erst weiter cerebralwärts. Bei dem Maulwurf sind unterhalb der Apert. can. centr. die Gorr’schen Stränge von den Keilsträngen fast voll- ständig überlagert. Auch die BurpachH’schen Stränge sind bei den Insectivoren relativ schmal. Daher kommt auch auf die Hinterstränge ein relativ kleiner Theil der Gesammtperipherie der Oblongata (im geschlossenen Theil). Bei Manis reicht der Sulcus medianus post. viel weiter abwärts, mindestens bis in das obere Cervicalmark. Die Gorr’schen Stränge sind stärker entwickelt als bei den meisten Marsupialiern. Der Ponticulus verhält sich ähnlich wie bei diesen. Ein ausgeprägter Obex fehlt. Die Nager verhalten sich nicht ganz gleichmässig. Bei dem Kaninchen ist der Obex recht gut entwickelt. Die Gorr’schen Stränge sind oberhalb der Apertura canalis nicht viel schwächer als die Burpach’schen. Eine Clava ist angedeutet. Unterhalb der Apertura can. centr. lassen sich die Gorr’schen Stränge noch ca. 5 mm verfolgen. - - . . . 5 ’ ä Dann spitzen sie sich in Folge einer zunehmenden Ueberlagerung durch die Burpac#’schen Stränge ımmer t) 1. c. p. 615. 174 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 174 mehr zu und verschwinden schliesslich unter den letzteren. Bei der Ratte und der Maus bleiben die Gorr’schen Stränge oberflächlich und getrennt. Die Hinterstrangsentwickelung ist hier überhaupt dank dem Verlauf der Pyramidenbahn im Hinterstrang mächtiger. Die Verfolgung der Umgestaltung bei den Ungulaten, Carnivoren u. s. w. bietet für diese Monographie kein genügendes Interesse. Jedenfalls nimmt in den weiteren Säugethierordnungen die relative Bedeutung der Gorr’schen Stränge fortgesetzt zu. Bezüglich der Verkümmerung der I. hinteren Cervicalwurzel stimmen die Aplacentalier mit den Insectivoren gleichfalls überein ?). Ueberblickt man jetzt die Gesammtheit der festgestellten Aehnlichkeiten und Unterschiede, so wird man die Frage aufwerfen dürfen, bei welcher placentalen Säugethierordnung der Hirnbau im Ganzen dem Hirnbau der Aplacentalier am ähnlichsten ist. Es sind dies unzweifelhaft die Insectivoren. Schon CuvIEr bemerkte diese Aehnlichkeit bezüglich anderer Organe?). Bemerkenswerth sind auch einzelne Uebereinstimmungen mit den Nagern. Ebenso unzweifelhaft ist, dass der Hirnbau der Insectivoren demjenigen der Marsupialier viel näher steht als demjenigen der beiden jetzt lebenden Monotremen. Von den beiden namentlich untersuchten Insectivoren zeigt der Igel noch grössere Uebereinstimmung mit den Marsupialiern als der Maulwurf, bei welchem offenbar ganz specielle Anpassungen — ähnlich wie bei Ornithorkynchus — den Hirnbau in eigenartiger Weise modificirt haben. Unter den von uns untersuchten Marsupialiern steht der Igel hinsichtlich des Hirnbaues Perameles im Ganzen am nächsten ?). Immerhin kommen auch einzelne Merkmale vor, in welchen sich das Igelgehirn von diesem unterscheidet und mit anderen Marsupialiern (Phascolarctus, Didelphys) mehr Uebereinstimmung; zeigt. Ich habe geflissentlich seither nur von einer Aehnlichkeit des Hirnbaues gesprochen. Es würde sich nun fragen, ob diese Aehnlichkeit zu einem Schluss auf phylogenetische Verwandtschaft berechtigt. GEOFFROY ST. HILAIRE hat zuerst die Bedeutung des Hirnbaues für die Classification der Säugethiere be- tont*). Der erste Versuch, welchen unter seinem Einfluss JOURDAN machte, schlug allerdings fehl. Man. wusste noch viel zu wenig über die vergleichende Anatomie des Gehirns: der Versuch musste scheitern. Die Versuche wurden allmählich seltener und blieben schliesslich ganz aus. Man hatte sich nicht etwa von der Bedeutungslosigkeit des Hirnbaues für die phylogenetische Forschung überzeugt, sondern man kannte ihn nicht und liess ihn auch unbekannt. Die vergleichende Hirnanatomie wurde einzelnen Wenigen, grössten- theils Nicht-Zoologen, überlassen. Ich nenne nur Namen wie LEURET, MEYNERT, KruUEG. Daher ihre langsamen Fortschritte. Heute hat sich unser Wissen bereits wesentlich vervielfacht. Damit wird die Frage unausweichlich: sollte nicht auch der Hirnbau Licht auf die phylogenetischen Beziehungen werfen? Diese Frage ist selbstverständlich entschieden zu bejahen. Ich glaube sogar, dass kaum ein anderes Organsystem so geeignet ist, die Phylogenie aufzuhellen, wie gerade das Centralnervensystem. Es ist geradezu wunderbar, wie alle durch Untersuchung anderer Organsysteme sicher (!) festgestellten phylogenetischen Beziehungen sich im Hirn- bezw. Rückenmarksbau (nicht etwa nur in den Hirnwindungen) wiederspiegeln. Selbstver- ständlich werden die phylogenetisch begründeten Aehnlichkeiten auch hier zum Theil durch Convergenz- ähnlichkeiten überlagert und gestört, aber eine Unterscheidung der ersteren und der letzteren gelingt im Bereich des Centralnervensystems ebenso wie im Bereich irgend eines anderen Organsystems. Dabei bietet für die vergleichend-anatomische Untersuchung das Centralnervensystem den grossen Vortheil, dass in ihm I) Vergl. FRORIEP, Anat. Anz., 1895. 2) Thierreich, 2. Aufl, Uebers. von VoIGT, Leipzig 1831, p. 191. 3) Mit Gründen, deren Stichhaltigkeit heute sehr zweifelhaft ist, suchte CUVIER l. c. im Hinblick auf andere Organe eine nähere Uebereinstimmung der Gattungen Perameles, Didelphys und Dasyurus mit dem Maulwurf und Tenrek, der Gattungen Phalangista und Potorous mit dem Igel und der Spitzmaus, und der Gattung Phascolomys mit den Nagern darzuthun, 4) Dict. class. d’hist. nat., T. XIV, p. 659. Vergl. auch TREVIRANUS, Verm. Schriften, Bd. II, p. 8. 175 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 175 nicht nur alle anderen Organsysteme wie in einem Repräsentantenhaus, sondern auch in ihren Beziehungen vertreten sind. Jede intercentrale Leitung stellt eine solche Beziehung dar. Ich halte es daher auch für durchaus zulässig, bestimmte phylogenetische Schlüsse aus der Uebereinstimmung des Hirnbaues zu ziehen, wofern man die Convergenzähnlichkeiten vorsichtig ausgeschieden hat. Nun kann gar keine Rede davon sein, dass etwa die Uebereinstimmung des Erinaceus- und des Perameles-Gehirns oder, allgemeiner, des Insec- tivoren- und des Marsupialiergehirns eine Convergenzerscheinung wäre. Dazu sind die biologischen Be- dingungen für diese und jene viel zu verschieden und mannigfaltig. Es muss hier also eine phylogene- tische Beziehung bestehen. Man kann sich den phylogenetischen Zusammenhang nur so vorstellen, dass die Insectivoren von einem Perameles-ähnlichen Marsupialier, also jedenfalls von einem Polyprotodontier (d. h. einem fleischfressenden Beutelthier) abstammen. Der Hirnbau der Marsupialier stellt keine Zwischen- stufen zwischen demjenigen der Monotremen und der Insectivoren dar, sondern Monotremen und Marsupialier erscheinen coordinirt und die Insectivoren als Abkömmlinge der letzteren. Die phylogenetische Stellung der Monotremen gestattet keine nähere Bestimmung, weil nur sehr specialisirte, weit divergirende Formen uns zur Verfügung stehen. Im letzten Abschnitt komme ich nochmals auf diese Frage zurück. Dass ausser den Insectivoren und unabhängig von diesen noch eine oder mehrere andere Ordnungen der Säugethiere z. B. die Nager, sich aus den Marsupialiern entwickelt haben, ist zum mindesten wahrscheinlich, da, wie alle die mitgetheilten Untersuchungen ergeben haben, das Igelgehirn in keiner Weise als eine Zwischenstufe zwischen dem Marsupialier- und Nagergehirn betrachtet werden kann. Im entwickelungsgeschichtlichen Theil komme ich auch auf diese Frage nochmals eingehend zurück. Die Beziehungen der Edentaten zu den Aplacentaliern festzustellen, reicht unsere Kenntniss des Edentatengehirns nicht aus. Ich konnte hier nur einen vorläufigen Beitrag liefern. Schon jetzt aber wird man die nahe Verwandtschaft der Edentaten unter sich bezweifeln dürfen. Das Ungulatengehirn steht bereits so fern, dass von directen Beziehungen zu den Aplacentaliern nicht mehr die Rede sein kann. Für alle übrigen Ordnungen sind die Differenzen noch viel grösser und daher aus dieser Arbeit phylogenetische Schlüsse erst recht nicht zu ziehen. V. Vergleichung des Monotremen- und Marsupialiergehirns mit dem Reptiliengehirn. Unter den niederen Classen der Vertebraten kommen bei unseren heutigen Anschauungen über phylogenetische Verwandtschaft nur die Reptilien für einen Vergleich mit den Aplacentaliern in Betracht. Ich werde daher auf das Vogel- und Amphibiengehirn nur beiläufig Bezug nehmen und vorzugsweise das Reptiliengehirn mit dem Aplacentaliergehirn vergleichen. Ich stütze mich dabei namentlich auf eigene Untersuchungen des Gehirns von Python bivittatus, Chelone midas, Crocodilus niloticus, Alligator lueius, Coronella laevis, Tropidonotus natrix, Anguis fragilis und Pseudopus Pallasii. Ausserdem habe ich die ganze einschlägige Literatur verwerthet. Einen Vergleich des Aplacentaliergehirns mit dem Vogelgehirn (Gans) hat bereits FLOWER!) gezogen. Zweckmässiger wählte ErLıor SmirH bereits speciell das Reptiliengehirn zum Ver- gleich, doch beschränkte er den letzteren auf einige specielle Punkte?). Schon vor SMITH hatte OSBORN den Balken in den verschiedenen Wirbelthierklassen mit besonderer Berücksichtigung auch der Reptilien und Aplacentalier verglichen ?). EDINGER zeichnete den Contour eines Reptiliengehirns in die Medialansicht I) 1. c. p. 649. 2) Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 188 fl, 3) Morphol. Jahrb., Bd. XII, 1886, p. 223 u. 530. 176 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 176 des Thylacinus-Gehirns (nach FLowEr) ein!) und wies kurz auf die Aehnlichkeit beider Gehirne hin. Zu einem näheren Vergleich ist das Thylacinus-Gehirn deshalb wenig geeignet, weil es eines der höher speci- alisirten unter den Aplacentaliergehirnen ist. Ohne dem Ergebniss der folgenden Vergleichung voraus- greifen zu wollen, bemerke ich schon jetzt, dass unter den Aplacentaliergehirnen die einfachst gebauten (Perameles, Didelphys, Dasyurus) für den Vergleich. die günstigsten Chancen versprechen. Unter den Reptilien wird man gleichfalls nicht die höchstentwickelten Formen zum Vergleich auswählen dürfen, da diese sich von der gemeinsamen hypothetischen Stammform der Sauropsiden und Säuger bereits divergirend weit entfernt haben. Die ältesten Formen, welche dieser Stammform am nächsten stehen, werden vor Allem in Betracht zu ziehen sein. Zu diesen gehört namentlich die Gattung Hatteria. Leider konnte ich ein Hatteria-Gehirn nicht selbst untersuchen. Auch die Literatur enthält darüber sehr wenig?). Ich habe daher wohl oder übel andere Saurier als Vergleichsthiere bevorzugt. Die Abgrenzung der einzelnen Abschnitte habe ich aus leicht ersichtlichen Zweckmässigkeitsgründen etwas abgeändert. 1. Allgemeine Formenverhältnisse. Ein Vergleich der Marsupialier unter einander lehrt, dass das Mittelhirn bei den Polyprotodontiern relativ stärker entwickelt ist und in weiterem Umfange freiliegt als bei den Diprotodontiern. Bei. den Reptilien ist das relative Volumen des Mittelhirns noch erheblich grösser. Der Lobus olfactorius überragt den Frontalpol stets sehr erheblich. Relativ kurz und daher in dieser Beziehung den Aplacentaliern sehr ähnlich ist er bei den Schildkröten ?). Sehr oft zerfällt er deutlich in einen Kolben (Bulbus) und einen Stiel (Pedunculus). Bei den Aplacentaliern ist ein solche Unterscheidung zwar schon angedeutet, aber nur mit grossem Zwang durchzuführen. Besonders auffällig ist die Verschmächtigung des Stiels bei den Schlangen und manchen Eidechsen*). Das Ausbleiben einer scharfen Abgrenzung gegen das Pallium wird unten besprochen werden. Bemerkenswerth ist weiter, dass das Zwischenhirn der Reptilien durchweg zwischen den Hemisphären höher hinaufragt. Dieser vermehrten Höhenausdehnung entspricht die Breitenausdehnung gewöhnlich nicht. In der Ansicht von oben sieht man in der medianen Mantelspalte stets Theile des Zwischenhirns. Dazu kommt weiter, dass die Hemisphären bei den Aplacentaliern wenigstens noch die vorderen Vierhügel seitlich überflügeln (vergl. z. B. Fig. 93). Bei den Reptilien liegt das Mittelhirn stets auch seitlich fast ganz frei. Am weitesten reicht es bis auf das Mittelhirndach bei den Schildkröten 5) (namentlich bei Testudo und Emys). Dem entspricht auch, dass bei den Aplacentaliern das Hemisphärenhirn weit über das Chiasma opticum nach hinten reicht, während bei den Reptilien sein hinterer Rand ungefähr mit dem des Chiasmas zusammenfällt. Die Form der Grosshirnhemisphäre hat EDINGER treffend mit einer halbirten Birne verglichen. Auch RaBL-RÜCKHARD’s Vergleich mit einem Rettig passt auf manche Fälle. Die Höhenentwickelung ist bei den Schildkröten am grössten. Hier überragt das Hemisphärenhirn das Mittelhirn in der Höhendimension sehr erheblich. Der Schläfentheil ist bei dem Crocodil und vielen Eidechsen besonders mächtig entwickelt. Bei ersterem verläuft der hintere Mantelrand in der Seitenansicht schräg occipital- und basalwärts. Bei den Eidechsen zieht er fast senkrecht oder, leicht frontalwärts abweichend, zur Basis. Der Temporaltheil ı) Neue Studien über das Vorderhirn der Reptilien, Abhandl. d. Senck. Naturf. Gesellsch., 1896, p. 384. 2) Ich werde mich namentlich auf die Abbildungen WIEDERSHEIM’s (Vergl. Anatomie der Wirbelthiere, Figg. 147 u. I48) beziehen. 3) Vergl. z. B. die Seitenansicht des Gehirns von Ohelone midas bei AD. MEYER, Ueber das Vorderhirn einiger Reptilien, Ztschr. f. wiss. Zool., Bd. LV, Fig. 22. 4) Vergl. z. B. die Abbildung des Gehirns von Varanus griseus bei EDINGER, ]. c. p. 332 und die Figg. 3a, b, c, p. 335; ferner die Abbildung des Gehirns von Iyuana tubereulata bei MEYER, 1. c. Fig. 19. 5) Vgl. STIEDA, Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. XV, p. 379. 177 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 177 entwickelt sich sonach bei dem Crocodil mehr nach hinten, bei den Eidechsen mehr nach unten. Es liegt auf der Hand, dass sonach die Uebereinstimmung der Eidechsen und Schildkröten mit den Aplacentaliern bezüglich der Hemisphärenform am grössten ist. Das Kleinhirn verhält sich nach Lage und Form in der Klasse der Reptilien sehr verschieden. Bei manchen Eidechsen wölbt es sich eben noch über den hinteren Rand des Mittelhirndaches frontalwärts hinweg. Speciell bei Hatteria fehlt eine solche Ueberwölbung vollständig. Bei den Schildkröten bleibt das Mittelhirn vom Kleinhirn ganz unbedeckt. Der hintere Rand des Kleinhirns fällt bei den Reptilien nicht wie bei den Aplacentaliern mit der Frontalebene der Apertura canalis zusammen, sondern liegt durchweg weit vor letzterer [vergl. z. B. die Abbildung des Hatteria-Gehirns bei WIEDERSHEIM !)]. Bei einem Schelto- pusikgehirn, dessen Grosshirnhemisphären ausschliesslich der Lobi olfactorii 7 mm lang sind, beträgt nach meiner Messung die Entfernung der Apertura canalis centralis vom hinteren Kleinhirnrand 4 mm, bei einem Gehirn von Alligator lueius (Alkoholhärtung) reichlich 7 mm u.s. f£ Am mächtigsten entwickelt ist in sagittaler Richtung das Kleinhirn der Crocodilier. 2. Grosshirnfurchung (Oberflächenrelief) und Rhinencephalon. Die laterale Convexität des Reptiliengehirns wird gewöhnlich als völlig glatt beschrieben. EDINGER bildet eine flache Grube ab, welche von der Basis des Riechlappens rückwärts zieht und am temporalen Pol endet. Er bezeichnet sie als Fovea limbica. Den unter ihr gelegenen Rindenbezirk, in welchen der Lobus olfactorius caudal und basal übergeht, bezeichnet er als Area olfactoria. Letztere soll im Wesent- lichen dem Lobus olfactorius post. der Säuger entsprechen ?’). Leider kann ich der Darstellung EDINGER’S nicht beipflichten. Was EDInGER als Fovea limbica bezeichnet, ist nach meiner Auffassung derjenige Theil des Rhinencephalons der Aplacentalier und Placentalier, welchen ich, im Anschluss an SCHWALBE, WAL- DEYER, und TURNER, als Vallecula Sylvii bezeichnet habe. Bekanntlich kommt diese auch vielen Vögeln (Gans, Ente, Papagei) zu. Namentlich der Vergleich eines Perameles-Gehirns mit einem frischen oder gut conservirten (Formol) Sauriergehirn, z. B. Scheltopusik, klärt diese Homologie auf. Geradezu beweisend ist auch die meines Erachtens entscheidende Beziehung zu den Hirnarterien. Sehr viel undeutlicher ist eine Furche des Reptiliengehirns, welche unmittelbar hinter dem conischen Ansatz des Lobus olfactorius in der medialen Mantelkante beginnt, zunächst transversal verläuft, dann in die sagittale Richtung occipitalwärts abbiegt und sehr seicht sich längs des medialen und dann längs des occipitalen Mantelrandes bis in den Temporaltheil verfolgen lässt. Den mittleren, sagittalverlaufenden Abschnitt der Furche hat wahrscheinlich auch EDINGER bei Crocodilus und Python gesehen. RABL-RÜCKHARD?°) bildet sie bei Python molurus ab. Bei den Schildkröten ist das transversale Anfangsstück mit der Depression identisch, welche grob makroskopisch den Riechlappen von dem Pallium an der Mantelkante abgrenzt‘). Ich halte die Homologie mit der F. rhinalis lateralis der Aplacentalier für unzweifelhaft. Wenn man den ganzen Gang dieser ver- gleichend-anatomischen Untersuchung: verfolgt hat, so kann man nicht zweifeln, dass die Homologfurche der F. rhinalis lat. der Aplacentalier bei den Reptilien noch höher oben auf der lateralen Convexität zu suchen sein muss, als bei den Polyprotodontiern. Es entspricht dies auch durchaus der gerade von EDINGER in 1) 1. c. Fig. I48A. 2) 1. c. p.333 u. 334 u. Fig.2 u.3a. Der Lobus olfactorius post. ist ein entwickelungsgeschichtlicher Begriff. Sein basaler Abschnitt erhält sich beim erwachsenen Menschen als Subst. perfor. ant. Vgl. Hıs, Arch. f. Anat., Suppl., 1895, p- 176. 3) Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. LVII, Taf. XXXXI, Fig. ı. Die Textbemerkung p. 694 ist freilich mit der Figurenerklärung nicht in Einklang zu bringen. 4) EDINGER, l.c. p. 345 führt diese Depression als kleine, nicht constante Incisur an. Vergl. im Uebrigen auch p. 361 ff., "wo EDINGER eine Spalte zwischen dem Cortex lateralis und dorsalis erwähnt. CUVIER erwähnt übrigens die Furche, welche bei den Schildkröten den Lobus olfactorius abgrenzt, bereits Vorl.Vergl. Anat., Th. 2, p. 171). Sie findet sich auch bei Amphibien, z. B. ‚dem Axolotl., STIEDA, Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. XXV, p. 295. Jenaische Denkschriften. VL 23 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 178 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 178 so einleuchtender Weise betonten, übermächtigen Entwickelung des centralen Riechapparats bei den Reptilien. Dieser verlangt noch weit mehr 'eine Gebietsvergrösserung des Rhinencephalons, als eine solche der Ammonshornregion. Auf die Beziehungen der den dorsalen Wulst des Vogelhirns abgrenzenden Furche werde ich an anderer Stelle eingehen. Ich betrachte daher auch, von dieser Auffassung ausgehend, einen grossen Theil der lateralen Hemisphärenfläche als Rhinencephalon und kann die Area olfactoria EDINGER’s nicht als einen sicher definirten Bezirk betrachten. Sie ist vielmehr nur der vor der Vallecula Sylvii gelegene Abschnitt des Rhinencephalon. Der Rindentheil, welcher von WIEDERSHEIM!) als „lappenartiger Vorsprung des Gross- hirns (Lobus occipitalis?)“ bezeichnet wird, und auf EpInGEr’s?) Abbildung eines Varanus-Gehirns die Aufschrift „Polus temporalis“ trägt, gehört bis auf seinen hintersten Rand zum Rhinencephalon und ent- spricht dem Tuber rhinencephali der Aplacentalier. Die Fissura rhinalis medialis fehlt den Reptilien. Nur bei manchen Schildkröten (Tesiudo graeca) scheint der vor dem Tuber. olfactorium verlaufende Ast vorzukommen?°). Ein Tuberculum olfac- torium ist daher in der Regel nicht abgegrenzt, doch hebt sich eine analoge Vorwölbung auf der Basis fast stets ab, so z. B. sehr schön auf der Abbildung der Basalfläche des Alligatorgehirns bei WIEDERSHEIM !). Sie entspricht auch, wenigstens zum Theil, der Area olfactoria EDINGER’s. Eine allerdings meist sehr un- deutliche, occipitalwärts sich anschliessende Erhebung entspricht dem Tuberculum rhinencephali (vergl. z. B. Fig. 91 meiner Arbeit). EDINGER’s „Tuber taeniae‘“°) soll eine kleine, caudale Vorwölbung seiner Area olfactoria darstellen. Mir scheint dasselbe dem erwähnten Tuberculum rhinencephali homolog. Ich werde im entwickelungsgeschichtlichen und im mikroskopischen Theil ausführlich auf diese Homologie zurückkommen. Der makroskopische Befund reicht zu einer definitiven Entscheidung nicht aus. : Eine geschlossene laterale Tractuswurzel, wie sie z. B. die Polyprotodontier zeigen, fehlt den Reptilien. Die Radiato olfactoria lateralis, welche sie ganz vertritt, ist mit der Lupe ohne Schwierigkeit bei vielen Gattungen zu erkennen. Sie breitet sich ganz ähnlich fächerförmig aus, wie bei den Polyprotodontiern, nur ist der Fächer entsprechend der Verkleinerung des Längsdurchmessers der Hemisphären erheblich steiler gestellt. Auch liegen die Fasern parietalwärts bald weniger oberflächlich als z. B. bei Perameles. Vgl. auch Fig. 6 auf Taf. II der letzten Abhandlung EDInGEr’s. Auf der lateralen Convexität fehlen Furchen im Uebrigen den Reptilien vollständig. Nur schwache Andeutungen der Furche « glaube ich bei frischen oder in Formol gehärteten Sauriern gefunden zu haben, lege aber auf diese Homologie wenig Gewicht. Die von MEYER bei Testudo graeca beobachtete Furche käme hier eventuell auch in Betracht). Auf der Medialfläche hat EDINGER eine Furche beschrieben, die „Fissura arcuata septi“, welche einen basalen rindenfreien von einem dorsalen rindenbedeckten Abschnitt abgrenzen soll ?). Sie ist nach seiner Auffassung analog der Rinne zwischen Fimbria und Plexus chorioides der Säuger®). ErLıoT SmiTH®) erörtert diese Frage nicht näher, giebt aber an, dass bei den Sauropsidiern zwar die Fascia dentata ganz der Medialfläche angehöre, das Ammonshorn aber zum Theil und das Subiculum cornu Ammonis ganz auf I) l. c. p. 161, Fig. 148B u. C. 2) l. c. p. 332, Fig. 2. 3) Vgl. MEYER, 1. c. Fig. 21a. 4) l. c. p. 162, Fig. I49B. 5) Vgl. die Definitionen p. 334, 342, 349 u. 351. 6) l. c. p. 74 u. Fig, 2rb u. c. 7) l. c. p. 337. Vgl. auch seine Abbildungen von Schnitten durch das Blindschleichengehirn in seiner ersten Arbeit, Abh. d. Senck. Naturf. Ges., 1888, Figg. 21—24. 8) 1. c. p. 380. 9) Journ. of Anat. and Phys., Vol. XXX, p. 166. 179 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 179 der Dorsalfläche liege. Auf KoEPppeEn’s!) Figuren (Lacerta viridis) ist die bezügliche Furche sehr schön zu verfolgen. Ueber ihre Homologie äussert er sich nicht. RABL-RÜCKHARD ’) hat bei dem Alligator auf der Medialfläche eine Längsfurche gefunden, welche über dem Foramen Monroi nach hinten ziehen und dann wieder nach oben abbiegen soll. Es ist mir sehr zweifelhaft, ob das letzte Stück überhaupt mit der Haupt- furche zusammenhängt; vielleicht entspricht es v. A. MEYER beschreibt die in Rede stehende Furche als „mediale Rinne“ ?®). Ich kann EDINGER nicht beistimmen und fasse vielmehr seine Fissura arcuata septi als die Homologfurche des Sulcus fimbrio-dentatus der Aplacentalier, d. h. der Trennungsfurche des inneren und äusseren Randbogens auf; sie entspricht also weder der Bogenfurche — Sulcus corp. call. bezw. F. hippocampi noch der Randfurche *) —= F. chorioidea®). Nur so erklären sich die Lageverhältnisse in befriedigender Ueber- einstimmung. Die Rinde oberhalb der Furche, MEYER’s mediale Mantelzone, EDINGER’s dorso-mediales Rindenblatt, entspricht sonach, wenigstens im ventralen Theil, der Fascia dentata. Es könnte daraufhin nahe liegen, MEyER’s dorsale (mittlere) Mantelzone (EpinGeEr’s dorsale Platte oder Schaltstück) als Subi- culum cornu Ammonis (Gyrus hippocampi) und MEyer’s laterale Mantelzone (EpinGer's laterale Rinden- platte) als Rinde des Rhinencephalon aufzufassen. Die letztere Auffassung scheint mir in der That, wie oben schon bei Erwähnung der F. rhinalis lat. angedeutet, unvermeidlich. Dagegen ist eine makroskopische Abgrenzung der beiden ersten Zonen nicht gegeben, da eine charakteristische Fissura hippocampi fehlt ©). Da ferner an der Mantelkante die mediale Zone über die dorsale hinübergreift, so wird man gegen eine Homologie der ersteren mit der Fascia dentata und der letzteren mit dem Subiculum cornu Ammonis mit Recht Bedenken erheben. Trotzdem scheint BrıLL eine solche Auffassung vertreten zu haben’). Auf- klärung ist hier nur von einer über viele Reptiliengattungen ausgedehnten mikroskopischen Untersuchung zu erwarten. Die sonst so ergebnissreichen Untersuchungen EDInGER’s scheinen mir diesen Punkt noch nicht aufgeklärt zu haben. Ich komme im mikroskopischen Theil eingehend auf die ganze Frage zurück. Ebenda werden auch die Beziehungen zum Mandelkern der Säuger erörtert werden. 3. Commissuren. Die Reptilien besitzen 2 Commissuren. STIEDA®) beschrieb sie bereits bei Emys europaea und ver- glich die untere mit der Commissura anterior, die obere mit dem Corpus callosum der Säugethiere. BumMm °) fand letztere bei Lacerta agilis und hob ihre Homologie mit A. MEckEL’s Balkenrudiment der Gans hervor. RABL-RÜCKHARD !°) beschrieb die obere Commissur bei dem Alligator als Commissura pallii ant. und bestritt ihre Homologie mit dem Balken. Derselbe Autor beschrieb auch Fasern, welche aus der unteren Commissur, deren Homologie mit der Commissura ant. keinem Zweifel unterliegt, sich abzweigen und der oberen Com- missur sich beigesellen 11). Bei Python molurus soll sich ein Divertikel des dritten Ventrikels zwischen die 1) Morph. Arbeiten, herausgegeben von SCHWALBE, Bd. I, 1892. Vgl. namentlich p. 510 sowie Figg. 19—22. 2) Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. XXX, p. 369. 3) l. c. p. 85 u. Figg. 4-11 (Callopeltis Aesculapüü). 4) Hier ist natürlich nicht die ScHmiDT’sche Randfurche gemeint. 5) Eine ähnliche Homologie hat vielleicht AD. MEYER bei seinen Bemerkungen p. 86, Anm. ı im Auge gehabt. Vgl. auch p- 106 und andererseits p. 118, Zeile 10. Auf EDmGERr’s Abbildung im Anat. Anz., Bd. VII, No. Io u. ıı (Frontalschnitt durch Chelone midas) haben seltsamer Weise der Gyrus dentatus (= Fascia dentata) und das Ammonshorn ihre Lage zueinander ver- tauscht. Vergl. auch SPITZKA, Journ. of nerv. and ment. dis. 1880. 6) Man könnte höchstens die mehrfach (BRILL, EDINGER) längs der medialen Mantelkante beschriebene Furche als F. hippo- campi deuten, wenn, wie oben erwähnt, es sich nicht vielmehr um einen Abschnitt der F. rhinalis lateralis handelt. “ 7) The true homology of the mesal portion of the hemispheric vesicle in the Sauropsida, Med. Record, 1890. Leider war mir das Original nicht zugänglich. Vgl. MEYER, ]l. c. p. 129. 8) Ztschr. f. wiss. Zool., Bd. XXV, p. 397 u. Fig. 20. Die untere war bei den Eidechsen schon TREVIRANUS bekannt. 9) Ibid. Bd. XXXVIII, p. 44I und 462. BumMm bezweifelte auch bereits die Homologie mit dem Balken. MECKEL’s Angabe findet sich Deutsch. Arch. f. Physiol., Bd. II. 10) Ztschr. f. wiss. Zool., Bd. XXX, p. 364 ff. 11) Zool. Anz., Jahrg. IV, 1881 und Ztschr. f. wiss. Zool., Bd. LVIII. 23” 180 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 180 Commissura ant. und die Commissura pallii ant. einschieben. Ferner wies RABL-RÜCKHARD bei Psammo- saurus eine zweite obere Commissur nach; später fand er sie auch bei Lacerta, Iguana, Podinema und Cha- maeleo, vermisste sie hingegen stets bei den Crocodilen, Schlangen und Eidechsen. Er bezeichnete sie als „Fornixrudiment“. Später hat MEYER sie Commissura pallii post. genannt. HERRICK!) wies sie auch bei Phrynosoma nach. In seiner letzten Arbeit nahm RABL-RÜCKHARD an, dass die Comm. pallii ant. überhaupt in keiner Beziehung zum Pallium stehe, sondern nur die Comm. pallii post. (). OsBORN ?) untersuchte die Commissuren von Emys europaea, Testudo graeca und Tropidonotus natrix. Er fand die obere, d.h. die Comm. pallii ant. kaum grösser als die untere, d. h. die Comm. anterior. Das Verhältniss war 5:4. Erstere theilt sich, nach seinen Untersuchungen, lateralwärts in ein vorderes grösseres, aber zerstreuteres Bündel und in ein hinteres kleineres, dichteres (vgl. Figg. 15, I6 u. 18 seiner Arbeit). Das erstere betrachtet OsBorn als das eigent- liche Corpus callosum. Es soll über die ganze Innenwand der Hemisphäre sich strahlenförmig ausbreiten. Das hintere Bündel wendet sich auf- und rückwärts über das Foramen Monroi hinweg und zieht schliess- lich am hinteren Rand des Hemisphärenhilus abwärts. Es ist nach OsBorn der Commissura cornu Ammon. s. fornieis homolog. Fornixsäulen vermochte OsBoRN nicht sicher nachzuweisen 3). Auf die Veränderung der Lagebeziehung zum Foramen Monroi gegenüber den Amphibien legt Osborn meines Erachtens zu viel Gewicht. Die Comm. pallii posterior kennt OsBORN noch nicht. EDINGER beschäftigt sich in seiner neueren Abhandlung eingehend mit beiden Palliumcommissuren ')., Er fand die hintere Palliumcommissur auch bei den Blindschleichen und bei Varanus. Auf seine Darstellung des Fornixverlaufs gehe ich erst im mikro- skopischen Theil ein und bemerke nur soviel, dass die Beziehungen des Fornix zu den Commissuren engere sind, als es nach EpınGgEr’s Darstellung scheinen könnte (namentlich Figg. 9 u. II seines Textes). Jedenfalls entspricht der Fornix der Reptilien durchaus dem hinteren Ringbündel oder Fornix der Aplacentalier. Makroskopisch ist er auf sagittalen Medianschnitten nicht sichtbar. Das flache, vordere Ringbündel der Aplacentalier (die „precommissural fibres“ von Huxıey), dessen Fasern verschiedenen Faserzügen angehören und sich namentlich mit dem Pedunculus septi pellucidi (hippocampobasal association bundle ErLLıoT SMITH) und der medialen Wurzel des Tractus olfactorius decken, kehrt bei den Reptilien in ganz ähnlicher Weise vor der vorderen Commissur wieder. Es breitet sich nur über eine viel grössere Fläche aus. Zu ihm gehören namentlich der aus der Area parolfactoria, d. h. der Area praecommissuralis entspringende, zur medialen Rinde ziehende Tractus olfactorius s. cortico-olfactorius septi EDINGER’S [mediale Riechnervenwurzel HERRICK’S’), „subpiale Schicht“ MEyEr’s®), zum Theil wohl auch bei MEvEr mit Mf bezeichnet], welcher auf grösseren Reptiliengehirnen sich mit blossem Auge verfolgen lässt und dem oberen Abschnitt des olfactory bundle Smitm’s entspricht, ferner der mediale Theil des Tractus bulbo- corticalis EDINGER’s (zum Theil basale Randfaserung Mever’s), welcher vergleichend-anatomisch die Be- zeichnung „mediale Tractuswurzel“ wirklich verdient, und endlich ein aus dem basalen Rhinencephalon aufsteigender Zug, welcher dem „hippocampobasal association bundle“ von ErLıoT SmitH, dem „Riechbündel des Ammonshorns‘‘ ZUCKERKANDL's?) und einem Haupttheil des Pedunculus septi pellucidi entspricht. EDINGER hat letzteren vom Tractus olfactorius septi nicht scharf getrennt®). Weiterhin kommen dazu I) Journ. of comp. Neurol., Bd. I-II. 2) Morph. Jahrb., Bd. XI, p. 241 ff u. p. 530 ft. 3) Vgl. p. 24 u. Fig. 6. 4) Neue Studien, Figg. 4 (p. 337), 9 (p. 368), II (p. 374). ferner Taf. I, Figg. 6-9, Taf. II, Fig. I. 5) Die Unzweckmässigkeit dieser Bezeichnung für dieses Bündel — ganz abgesehen davon, dass der Riechnerv ganz unbetheiligt ist — liegt auf der Hand, da dieser Faserzug nicht aus dem Bulbus olfact. entspringt. Einen Grund, die Bezeichnung Tractuswurzel überhaupt fallen zu lassen, sehe ich nicht ein. 6) 1. c. Figg. 2—6 u. p. 8o ff. 7) Anat. Anz., 1888, p. 425. 8) 1. c. p. 379 u. 380, wo er erst aus der Area parolfactoria, dann aus der Area olfactoria hergeleitet wird. 181 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 18I wahrscheinlich noch einzelne Fasern des Tractus corticomammillaris EpDInGEr’s (= Fornixsäule), sowie der allerdings noch nicht genügend aufgeklärte Tractus septomesocephalicus EDINGER’s!). Auf diese Faser- züge werde ich im mikroskopischen Theil zurückkommen. Hier genügt der Nachweis der makroskopisch erkennbaren Faserzüge, welche dem vorderen Ringbündel der Aplacentalier und somit namentlich dem Pedunculus septi pellucidi entsprechen. Unzweifelhaft ist, dass die Commissura pallii anterior im Wesentlichen der Commissura cornu Am- monis und somit der Comm. sup. der Aplacentalier entspricht. Ob sie wie diese auch einzelne Fasern ent- hält, welche dem Balken hinsichtlich ihrer Entwickelung und Verbindung entsprechen, muss durch die embryologische und histologische Untersuchung entschieden werden. Keinesfalls ist daran zu denken, dass, wie OSBORN meint, das ganze vordere Bündel der Commissura pallii ant. als Balken aufzufassen wäre. Ebenso bleibt der mikroskopischen Untersuchung die Feststellung der Bedeutung der Comm. pallii post. der Saurier vorbehalten. Für das Septum pellucidum wird man ein homologes Gebiet nach allen voraus- gegangenen Ausführungen bei den Reptilien nicht erwarten dürfen ?). 4. Stammganglien des Telencephalons. Bei den meisten Reptilien findet sich makroskopisch ein einziges, grosses Ganglion, welches dem Corpus striatum entspricht. Ein Nucleus lentiformis ist nicht abgegrenzt, wohl aber lässt sich auf Schnitten ein Zerfall in 2 Kerne nachweisen. Ausser dem Hauptkern findet sich nämlich im dorsalen caudalen Ab- schnitt ein kugelschalenförmiger Kern. EDINGER hat ihn zuerst beschrieben und in seiner ersten Abhand- lung als Nucleus sphaericus, in der zweiten als Epistriatum bezeichnet’). Bei den Schildkröten sind nach EDINGER Striatum und Epistriatum auch äusserlich, d. h. ventrikelwärts durch eine tiefe Furche geschieden t). Bei Chelone und Emys trennt nach EDINGER eine zweite Furche noch ein Mesostriatum ab. Ich bin von der Richtigkeit der Deutung EDInGERr’s noch nicht ganz überzeugt. Nach EDINGER wäre nämlich das Meso- striatum ein speciell bei Emys und Chelone abgetrennter Theil des Striatum der übrigen Reptilien, während ich an die Möglichkeit denke, dass es dem Epistriatum der übrigen Reptilien entspricht. Bei meiner Auf- fassung würde der von EDINGER bei Emys und Chelone (vgl. p. 356, Fig. 6 und Taf. II, Fig. 5 u. 6) als Epistriatum bezeichnete Antheil theilweise oder überhaupt nicht dem Epistriatum der übrigen Reptilien entsprechen, sondern eine selbständigere Vortreibung der Hirnrinde darstellen. Dass es sich überhaupt um eine Einstülpung der letzteren handelt, betrachtet auch EDINGER als wahrscheinlich’). Nach meiner Annahme entspricht sie der Vorbuchtung, welche die F. rhinalis lateralis bei den Aplacentaliern hervor- ruft; vgl. z. B. die Angaben über Didelphys in dieser Arbeit S. 126. Mit dieser Auffassung stimmt überein, dass die in Rede stehende oberste Vorwölbung des Schildkrötengehirns (EDINGER’s Epistriatum bei der Schildkröte) ziemlich auf der Grenze des Cortex lateralis und des Cortex dorsalis auftritt. Bei den übrigen Reptilien fehlt diese Vorwölbung, bezw. ist sie viel schwächer. Das Epistriatum der übrigen Reptilien, welches also dem Mesostriatum von Chelone entsprechen würde, ist wahrscheinlich dem von mir bei Didelphys beschriebenen Corpus poststriatum (S. 127) homolog. Letzteres liegt wie das Epistriatum der Eidechsen etc. hinter dem Haupttheil des Corpus striatum und wie speciell bei den Schildkröten unterhalb der Vorwölbung, welche der Fissura rhinalis lat. entspricht. Der mikroskopische Bau und die Faserverbindungen werden 1) „Bündel der sagittalen Scheidewand‘‘ in EDINGER’s erster Mittheilung, p. 115. Vgl. Zweite Mittheilung, P- 375: 2) Welche Verwirrung die Bemühung, eine Homologie des Septum pellucidum zu finden, gestiftet hat, zeigt z. B. die sonst so verdienstvolle Arbeit MEyER’s. Vgl. l. c. p. 86 sowie Anat. Anz., Bd. X, p. 474. 3) 1. Abhandl., p. 114. 4) 2. Abhandl., p. 355 (im Gegensatz zu einer Bemerkung der I. Abhandl.). 5) 2. Abhandl., p. 358. 182 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 182 im mikroskopischen Theil verglichen werden. Da EpınGeEr selbt angiebt, die Zellen seines Epistriatums!) unterschieden sich bei den Schildkröten (wenigstens soweit er an Emys lutaria sehe) gar nicht von denen der Hirnrinde, so steht in dieser Beziehung meiner Auffassung nichts im Wege. Die Abgrenzung eines Linsenkernes ist bei keinem Reptil nachweisbar. Die Aplacentalier bilden, insofern bei ihnen eine solche Abgrenzung gleichfalls nur unvollkommen gelingt, auch in dieser Beziehung geradezu einen Uebergang von den Reptilien zu den Placentaliern. Im Ganzen ist das Stammganglion der Reptilien, verglichen mit dem Rindenmantel, sehr viel mächtiger als dasjenige der Aplacentalier. 5. Ventrikel des Vorderhirns. Den Reptilien fehlt ein in die Ventrikellichtung merklich vorspringender Ammonswulst. Daher kommt es auch — im Gegensatz zu den Aplacentaliern — nicht zur Bildung eines Seitenhorns?°). Das Corpus striatum und epistriatum springen hingegen viel erheblicher in den Ventrikel vor. Dadurch ent- steht an ihrer lateralen Fläche eine tiefe Spalte zwischen ihnen und dem Rindenmantel °). Bei den Apla- centaliern ist diese nur bei Didelphys im caudalen Theil des Ventrikels in ähnlicher Weise vorhanden. Da der Thalamus opticus relativ weit zurückweicht, kommt bei den Reptilien, wiederum im Gegen- satz zu den Aplacentaliern, ein weiter Ventriculus impar zu Stande, in welchen der 3. Ventrikel frontalwärts mündet. Daher sind auch die Foramina Monroi sehr viel weiter. STIEDA hat diese Verhältnisse bereits in ausgezeichneter Weise dargestellt ?). Das Vorderhorn ist bei den Reptilien stets gut entwickelt, jedoch von dem Ventrikel des Lobus olfactorius nicht scharf abgegrenzt. Nur die Einstülpung der medialen Ventrikelwand durch das vordere Endstück der Fissura rhinalis lateralis gestattet, z. B. bei den Schildkröten, eine annähernde Abgrenzung vorzunehmen. Die Einkerbung der medialen Wand an der) Umbiegungskante der Cella media in das Vorderhorn, welche MEYER erwähnt’), findet sich auch bei Aplacentaliern, z. B. bei Macropus (Fig. 41). Nicht wesentlich verschieden ist das Unterhorn der Reptilien von demjenigen der Aplacentalier, Es lässt sich ebenfalls bis in den hinter der Vallecula Sylvii gelegenen Theil der Hemisphäre verfolgen. Ein Unterschied besteht nur insofern, als bei den Reptilien die mediale Wand des Unterhörns in viel grösserem Umfang auf eine einfache Epithelschicht reducirt ist. S. auch unter Zwischenhirn. 6. Zwischenhirn. Das Zwischenhirn der Reptilien ist im Frontal- und Sagittaldurchmesser gegenüber den Apla- centaliern sehr stark reducirt, während es im Höhendurchmesser d.h. im parietobasalen Durchmesser relativ stark entwickelt ist. Dementsprechend ist die Verwachsung zwischen dem Zwischenhirn und den Stamm- ganglien des Vorderhirns ganz erheblich reducirt. Die starke Vertiefung der Fossa strialis bei den Apla- centaliern (vergl. z. B. S. 127) erscheint unter diesen Umständen in bedeutungsvollem Licht: sie stellt den Uebergang zwischen der sehr vollständigen Verwachsung der Placentalier und der sehr unvollständigen der Reptilien dar. Von der Reliefbildung des Sehhügels bei den Aplacentaliern ist bei den Reptilien nichts zu be- merken. Ein Corpus geniculatum laterale fehlt makroskopisch vollkommen $). I) l. c. p. 358. j 2) Das „laterale Horn des Seitenventrikels“ bei EDINGER (p. 355) hat mit dem Seitenhorn nichts zu thun. vielmehr nur der tiefe Einschnitt zwischen Hemisphärenmantel und Stammganglion. 3) Bei den Schildkröten wird sie durch die oben erwähnte Rindenvorwölbung verwischt. 4) l. c. p. 379. Vergl. namentlich auch Fig. 19 auf Taf. XXVI. 5) l. c. p. 120 u. Figg. 28, 29. 6) Bezüglich des mikroskopischen Baues verweise ich einstweilen auf BELLONCI, Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. XLVI, p. 6 fi. Ersteres ist 183 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 183 Das Chiasma opticum zeigt in der Basalansicht!) zuweilen ein Relief, welches an die Ver- hältnisse einiger Aplacentalier erinnert (vergl. z. B. S. 103). Ein erheblicher Unterschied, welcher mit der relativen Lageverschiebung des Zwischenhirns gegen das Hemisphärenhirn zusammenhängt, besteht insofern, als der hintere Chiasmawinkel durchweg bei den Reptilien spitzer ist als bei den Aplacentaliern, so z. B. in sehr sinnenfälliger Weise bei Lacerta, Pseudopus u. A. Im Ganzen ist die Sehnervenentwickelung relativ viel mächtiger als bei den meisten Aplacentaliern. Das Corpus mamillare bildet bei den Reptilien ganz ähnlich wie bei den Aplacentaliern ein niedriges Knöpfchen auf der hinteren Wand des Tuber cinereum. Eine Medianfurche scheint nicht vor- zukommen. Dagegen ist ein Sulcus medianus subst. perf. wenigstens angedeutet. Die Hypophyse ist gleichfalls caudalwärts umgelegt. Zu einer genauen Vergleichung fehlt mir das Material. Die Schmalheit des Zwischenhirns, die Reduction des Hirnschenkelsystems und Verkümmerung des hinteren basalen Theils des Hemisphärenhirns bedingen weitere grob-makroskopische Unterschiede zwischen Reptilien und Apla- centaliern. Die Commissura media ist bei den Aplacentaliern eher noch umfangreicher als bei den Reptilien. 7. Mittelhirn. STIEDA kennt bei Emys und Testudo nur die Corpora quadrigemina ant., welche er als einen einzigen Lobus opticus aufzufassen wünscht. Bei den Schlangen ist die Viertheilung des Mittelhirndaches, also die Existenz der Corpp. quadr. antt. und post. längst bekannt [Swan?), Lussana®), RaBL-RückarDd *)]. Bei einzelnen Sauriern, z. B. bei Pseudopus, kann ich gleichfalls mit blossem Auge die hinteren Vierhügel noch eben erkennen, und zwar liegt ihre Haupterhebung ziemlich weit von der Mittellinie entfernt. Auch auf Medianschnitten kann man sich von der Existenz hinterer Vierhügel sehr leicht überzeugen. Ihr Sagittal- durchmesser beträgt etwas über I mm. In der Dorsalansicht werden sie von dem überhängender Kleinhirn verdeckt. Die vorderen Vierhügel sind nicht nur im Vergleich zu den hinteren, sondern auch im Vergleich zu den Hemisphären sehr mächtig. So beträgt z. B. der Sagittaldurchmesser bei Alligator lucius 4, der Frontaldurchmesser 6 mm, während jede Grosshirnhemisphäre (ausschliesslich des Riechapparates) 13!/, mm lang und 9 mm breit ist. Vergl. die entsprechenden Angaben z. B. für Perameles! Die Uebergangsstellung der Aplacentalier ist wohl auch hier unverkennbar >). Das Corpus geniculatum mediale ist makroskopisch nicht sichtbar. Der Aquäduct ist ziemlich hoch. Die Fastigien der Aplacentalier habe ich bis jetzt nicht gefunden. In seinem dorsalen Theil ist er seitlich stark ausgeweitet (sog. Ventrikel der Lobi optici)®) Im Frontal- schnitt erscheint er daher ausgesprochen T-förmig. Die von TREVIRAnus entdeckten, aber falsch ge- _ deuteten Colliculi loborum bigeminorum des Alligators (RABL-RÜCKHARD) finden kein directes makroskopisches Homologgebilde bei den Aplacentaliern. 8. Kleinhirn. Vierter Ventrikel. Das Kleinhirn ist bei den Reptilien sehr verschieden entwickelt. Weitaus am mächtigsten ist es bei den Crocodiliern. So beträgt z. B. bei Alligator lucius der sagittale Durchmesser 8!/, mm, der frontale fast IO mm. Eine Furche kann ich auf der Dorsalfläche nicht erkennen. Eine solche findet sich hingegen I) Eine Reihe guter Basalansichten findet sich bei MEYER, ]. c. Taf. V, ferner bei WIEDERSHEIM,]. c. p. 148 u. 149 (Hatteria u. Alligator. 2) Olustrations of the comparative anatomy of the nervous system, London 1835. Vergl. auch OWEN, Anatomy of Vertebr., p. 29I, Fig. 188. 3) Atti del Reale Istit. Veneto, 1882—1883. 4) Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. LVII. 5) Vergl. auch TREVIRANUS’ Maassangaben in „Beobachtungen bei der Zergliederung eines Chamaeleon“, Bremen 1839. 6) Die erste richtige Beschreibung stammt von J. MÜLLER, Vergl. Neurologie der Myxinoiden, Berlin 1835, p. 42 ff- Vergl. namentlich auch die Dorsalansicht des Gehirns von Alligator lueius, Taf. IV, Fig. 1. 184 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 184 bei Alligator mississippiensis, wie RABL-RÜCKHARD angiebt!), und zwar theilt sie das Kleinhirn in einen grösseren vorderen und einen kleineren hinteren Abschnitt. Bei Orocodilus africanus scheinen nach EDINGER’S Abbildung?) 2 Furchen vorhanden zu sein. Die Höhe übertrifft diejenige der vorderen Vierhügel erheblich. Bei den Eidechsen ist es auf einen im Sagittaldurchmesser schmalen, relativ hohen, nach vorn über- hängenden Lappen reducirt. Das Maass des Ueberhängens ist sehr verschieden, sehr gross z. B. bei Iguana, wie bereits Carus bemerkt hat. Bei den Schildkröten bildet das Kleinhirn, wie STIEDA angegeben, eine dünne, nur wenig gewölbte, halbkreisförmige Platte, deren convexer Rand spinalwärts gekehrt ist. Doch wechselt die Form bei den einzelnen Gattungen, wie es scheint, ziemlich erheblich. Jedenfalls ist das Kleinhirn relativ flach und es kommt niemals zu erheblichen Ueberhängen. Bei den Ophidiern endlich bildet es eine dünne, wenig gewölbte, spinalwärts mit einem concaven Rand abschneidende Lamelle?). Die Abgrenzung von Wurm und Hemisphäre scheint bei den Eidechsen, Schlangen und Schild- kröten vollständig zu fehlen. Höchstens könnte nach MEYER’s Abbildung Iguana eine solche besitzen. Dagegen zeigen die Crocodilier stets sehr deutlich einen eigenartig gebauten Seitentheil, welchen RABL- RÜCKHARD bei Alligator mississippiensis näher beschrieben hat. Da mir nur ein Gehirn von Alligator lucius vorliegt und dieses ihn nur wenig entwickelt zeigt, wage ich nicht zu beurtheilen, ob er nur der Flocke (bezw. dem Processus helicinus) oder der ganzen Kleinhirnhemisphäre der Aplacentalier homolog ist. In Anbetracht der eigenthümlichen Beziehung zu dem Ponticulus °) wird man mit der Aufstellung einer be- stimmten Homologie sehr vorsichtig sein müssen. Sagittale Medianschnitte des Reptilienkleinhirns sind leider bis jetzt nur in sehr beschränkter Zahl abgebildet worden. Eine besondere Stellung nehmen wiederum die Crocodilier ein. Bei diesen stellt das Fastigium des 4. Ventrikels im Medianschnitt einen viereckigen Raum dar: es läuft also nicht in eine Spitze aus, sondern in 2 Spitzen, welche durch eine annähernd gerade Linie verbunden sind. Die vordere Spitze liegt höher als die hintere. Die oben erwähnte Querfurche fällt zwischen die beiden Spitzen. Eine Analogie für diese Gestaltung fehlt bei den Aplacentaliern vollständig. Viel günstiger für einen Ver- gleich ist der Medianschnitt des Eidechsenkleinhirns. Auf einem Medianschnitt von Pseudopus stellt sich das Kleinhirn als eine 2 mm hohe, 3/, mm dicke, einfache Platte?) dar, welche zum Rautenboden etwa senkrecht steht, mit ihrem oberen, leicht zugeschärften Rand sich aber etwas über das Mittelhirndach frontal- wärts hinüberlegt. Der ganze hintere Abschnitt der Kleinhirnlamelle ist epithelial. Das Fastigium des 4. Ventrikels, wenn man überhaupt von einem solchen noch reden will, liegt hinter der senkrecht auf- steigenden Platte. Man wird schwerlich fehlgehen, wenn man in letzterer, in Anbetracht ihres Ueber- hängens, das Homologon eines der oberen Kleinhirnlappen der Aplacentalier sucht. Am wahrscheinlichsten ist mir, dass die eine Platte des Eidechsenkleinhirns dem vorderen unteren, vorderen oberen und vielleicht auch hinteren oberen Lappen der Aplacentalier entspricht. Man würde dann eventuell auch — von diesem Standpunkt aus — die erwähnte Querfurche des Crocodilgehirns mit der Querfurche g des Marsupialiergehirns ver- muthungsweise vergleichen. Bei den Schildkröten ist über eine weitere Gliederung des Kleinhirns im Medianschnitt nichts bekannt. Ein Fastigium ist vorhanden, aber meist sehr niedrig ®). Noch geringer ist die Gliederung bei den Ophidiern. Ein Fastigium fehlt ganz. Die untere Fläche des Kleinhirns springt I) Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. XXX, p. 35I u. Figg. I, 3, 4. Aeltere Angaben über die Furche finden sich bei CARUS, SERRES und STANNIUS. Letzterer will bei Cheloniern auch eine seichte Längsfurche gefunden haben (Lehrb. d. vergl. Anat. d. . Wirbelth., Berlin 1846, p. 181). TREVIRANUS (Verm. Schr., Bd. 3) fand auch bei einigen Eidechsen Querfurchen. 2) 2. Abhandl., p. 335, Fig. 3a. 3) Vgl. RABL-RÜCKHARD, Ztschr. f. wiss. Zool., Bd. LVIII, p. 695. 4) Vgl. RABL-RÜCKHARD, Ztschr. f. wiss. Zool., Bd. XXX, p. 351. 5) Der Frontaldurchmesser beträgt 3,5 mm. 6) Vgl. z. B. STIEDA, Taf. XXV, Fig. 16. Auffällig hoch scheint es bei Amyda mutica. Vergl. GAGE, Proc. Amer. Micr. Soc. 1895, Fig. 28. Ein stark überhängender Kleinhirnlappen findet sich übrigens z. B. bereits bei dem Thunfisch. 185 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 185 sogar gegen das Ventrikellumen etwas ein, wie dies übrigens auch bei Crocodiliern vorkommt. Auf einer Abbildung des Boa-Gehirns bei RABL-RÜCKHARD !) finde ich hier eine seichte Furche (vgl. p. 117 dieser Arbeit). Der obere und untere Kleinhirnstiel zeigen gegenüber den Aplacentaliern keine sehr wesentliche Abweichung, der mittlere hingegen, welcher bei den Aplacentaliern stets — wenn auch gegen- über den Placentaliern etwas reducirt — vorhanden ist, fehlt makroskopisch vollständig. Das Velum medullare anticum ist gegenüber den Aplacentaliern durchweg verkürzt. Der oft besprochene Niveauunterschied zwischen Mittelhirn und Rautengrube ist bei den Reptilien viel mehr ausgeglichen. 9. Pons und Ventralfläche der Medulla oblongata. Eine Brückenbeuge kommt den Reptilien ganz ebenso wie den Aplacentaliern zu, hingegen fehlt makroskopisch eine Brücke durchaus. Es ist letzteres einer der wichtigsten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Bekanntlich verhalten sich die Vögel in dieser Beziehung wie die Reptilien. Es handelt sich also um ein gemeinsames Merkmal aller Sauropsiden. Die Ventralfläche der Oblongata lässt bei den Reptilien einen typischen Sulcus medianus anterior erkennen. Bei dem Alligator endet er ziemlich weit oberhalb des Abducensursprungs, etwa in gleicher Höhe mit dem Trigeminusursprung ?). RaBL-RÜCKHARD beschreibt eine gablige Theilung an seinem frontalen Ende. Es liegt nahe, die hintere Grenze der Ponsregion an den Endpunkt des S. medianus anterior zu verlegen. Dann würde der Trigeminus am hinteren Rand der Ponsregion, der Abducens nicht unerheblich hinter diesem hinteren Rand entspringen. Damit wäre zugleich eine befriedigende Ueberein- stimmung mit den Aplacentaliern gegeben. Die übrigen Reptilienordnungen verhalten sich ganz ähnlich wie die Crocodilier. In erster Linie verweise ich auf die Abbildung des Hatteria-Gehirns bei WIEDERSHEIM. Hier endet der S. medianus ant. an genau derselben Stelle, bezw. theilt er sich auch spitzwinklig in zwei bis zum Oculomotoriusursprung verfolgbare Aeste. Bei Pseudopus gabelt sich die Furche gleichfalls und zwischen den Aesten erscheint ein mehr graues Feld. Dies entspricht nicht etwa der Subst. perforata postica, sondern gehört noch zur Ponsregion. Auch Lacerta verhält sich ähnlich. Ich erinnere auch an die S. 95 und 107 beschriebene Verbreiterung des Sulcus medianus anterior bei manchen Marsupialiern. Vgl. die Abbildungen MEyER’s für Lacerta, Anguis und Iguana. Unter den Schildkröten verhält sich jeden- falls Testudo graeca ganz wie der Alligator oder die Brückeneidechse. Die Ophidier scheinen sich ähnlich wie Pseudopus und andere Eidechsen zu verhalten °). Die obere Ponsgrenze ist durch eine Querfurche oder wenigstens eine quere Depression meist deutlich markirt, so bei den Schildkröten, bei den Sauriern, einschliesslich Hatieria, bei den Ophidiern und wenigstens auch bei manchen Crocodiliern. Auffällig schwach erscheint sie auf RaBL-RÜCKHARD’s Abbildung des Alligatorgehirns, während sie auf WIEDERSHEIM’s Abbildung sehr deutlich ist. Bei Alligator lucius finde ich sie sehr gut entwickelt. Sie entsteht durch das Verschwinden grauer der Ponsregion eingelagerter Massen. Der Oculomotoriusursprung liegt fast unmittelbar vor ihr. Das mediane Feld vor der vorderen Ponsgrenze zwischen den Nn. oculomotorii erscheint bei vielen Reptilien vertieft. Es entspricht der Sub- stantia perforata post. Zum Theil wird es von einem Ggl. interpedunculare eingenommen. Längsfaserzüge, welche den Hirnschenkeln entsprechen, sind zu beiden Seiten meist mit der Lupe erkennbar. 1) l. c. Taf. XLI. Fig. 16. 2) Die Abbildung des Alligatorgehirns von WIEDERSHEIM (l. c. p. 162) stimmt hiermit nicht überein. Hier reicht die Furche ungetheilt etwas über den Trigeminusursprung hinaus. Ihr weiterer Verlauf ist durch die Hypophyse verdeckt. 3) Vgl. z. B. die Abbildung der Basalfläche des Oallopeltis-Gehirns bei MEYER, 1. c. Taf. V, Fig. 20. Jenaische Denkschriften VI. 24 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 186 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 186 Ein Sulcusparamedianusanterior fehlt. Eine ihm entsprechende Linie (Linea paramediana ant.) lässt sich durch Verbindung des Abducens- und Hypoglossusursprungs construiren. Lateralwärts von dieser Linie beschreibt RaBL-RÜCKHARD bei dem Alligator eine Furche, welche er als Sulcus lateralis bezeichnet. Sie soll in der Höhe der 4. Bündelgruppe des seitlichen gemischten Systems beginnen und im Bogen an der motorischen Trigeminuswurzel vorbei zu dem vorderen Kleinhirnrand ziehen. Auf der Abbildung WIEDERSHEIM’S ist sie gleichfalls vorhanden. Ich selbst finde sie leidlich ausgeprägt (Alligator lucius) und vermuthe, dass sie in ihrem caudalen Abschnitt der medialen Grenze der spinalen Trigeminuswurzel ent- spricht. In den übrigen Reptilienordnungen scheint sie nur ab und zu andeutungsweise vorzukommen. Eine im ganzen Verlauf übereinstimmende Homologfurche bei den Aplacentaliern fehlt. Unrichtig ist es jeden- falls, wenn RaBL-RÜCKHARD den durch diese Furche abgegrenzten Abschnitt der Oblongata als Pyramiden- strang oder Pyramide bezeichnet!). Eine solche Homologie könnte höchstens für den durch die Linea paramediana ant. abgegrenzten Abschnitt in Betracht kommen. Sie schwebt jedoch auch für diesen Bezirk völlig in der Luft, da eine makroskopische Zuspitzung zu einer Decussatio pyramidum fehlt und der mikro- skopische Nachweis einer Pyramidenbahn nicht geführt ist. Eine an das Corpus trapezoides erinnernde, aber sehr dünne Faserschicht glaube ich bei Pseudopus Pallasii mit der Lupe eben zu erkennen. Jedenfalls fehlt es makroskopisch im Allgemeinen den Reptilien. Der Hypoglossus entspringt bei den Crocodiliern mit 2 Bündeln, wie bei den Aplacentaliern 2). 10. Rautengrube. Dorsalfläche der Oblongata. Ich gehe hier von der Rautengrube des Alligators aus. Bei A. lucius liegt sie in der Medianlinie 7 mm weit frei. Die Uebereinstimmung ihres Reliefs mit dem Relief der Rautengrube der Apla- centalier ist ausserordentlich gross. Striae acusticae sind makroskopisch nicht zu erkennen. Der Velum- antheil ist sehr reducirt und kaum abgeknickt. Ein Ponticulus findet sich ganz in derselben Weise wie z. B. bei Pseudochirus (Fig. 83). Die Hinterstränge divergiren unter spitzerem Winkel. Der Sulcus paramedianus rhombi kehrt in ebenderselben Weise wieder wie bei den Aplacentaliern. Da er mit dem Sulcus lateralis rhombi frontalwärts confluirt, ist die Form der Ala cinerea (Eminentia vagalis, RABL-RÜCKHARD) dreieckig. Das Trigonum acusticum (Eminentia acustica, RABL-RÜCKHARD) und die Eminentia lentiformis s. Tuber- culum acusticum (Tuber n. acustici, RABL-RÜCKHARD) finden sich in ganz ähnlicher Weise, nur relativ stärker entwickelt wieder. Medialwärts reichen sie fast bis zum Sulcus paramedianus. Aufklärungs- bedürftig ist noch die Homologie einer kleinen Erhebung vor dem Tuberculum acusticum, welche RABrL- RÜCKHARD als „Höcker vor dem Acusticusursprung‘ abbildet. In den übrigen Reptilienordnungen ist übrigens meist das Relief des Rautenbodens viel schwerer zu erkennen. Es rührt dies natürlich im Wesent- lichen nur von der geringeren absoluten Grösse der meisten übrigen Reptiliengehirne her. Ob das von RABL- RÜCKHARD bei dem Alligator nachgewiesene Tuberculum trigemini der Eminentia anterior der Marsupialier entspricht, vermag erst die mikroskopische Untersuchung aufzuklären. Die auseinanderweichenden Hinterstränge zeigen bei den Reptilien durchweg eine keulenähnliche Anschwellung. RABL-RÜCKHARD hat sie als Clava bezeichnet), weiterhin diese Bezeichnung aber auch auf den ganzen dorsalen Abschnitt der Oblongata bis zum Sulcus lateralis übertragen 4), allerdings unter Ver- wahrungen gegen eine strikte Homologie mit der Clava der Säuger. Ich nehme, gerade im Hinblick auf die Verhältnisse der Aplacentalier, an, dass die bez. Anschwellung im Wesentlichen dem Tuberculum I) l. cc. p. 344. Er bleibt übrigens dieser Bezeichnung selbst nicht treu, vgl. p. 348. 2) Vgl. FISCHER, Die Gehirnnerven der Saurier, Hamburg 1852. 3) Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. XXX, p. 343. 4) Ibidem p. 344. 187 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 187 cuneatum entspricht. Bei Alligator mississippiensis giebt R. auch einen sehr feinen Sulcus paramedianus post. an. Auch WIEDERSHEIM deutet ihn an. Bei Alligator lucius ist er undeutlich. Der GorL’sche Strang erscheint hier relativ breiter als bei den Aplacentaliern. Der Sulcus medianus post. ist undeutlich vorhanden. Anders verhalten sich, soweit meine Beobachtungen reichen, die Saurier. Als Beispiel wähle ich wieder Pseudopus Pallasü. Hier ist ein Sulcus medianus post. nicht nachweisbar. Eher scheint mir eine seichte Furche zu beiden Seiten der Mittellinie erkennbar, also ein Sulcus paramedianus posterior. Der Gorr’sche Strang ist sonach unpaarig und sehr schmal. Oberflächlich sichtbar ist fast nur der BurpAcH’sche Strang. Es entspricht dies ganz dem Verhalten der Marsupialier. Auch bei den Ophidiern scheinen die GorLL’schen Stränge ganz rudimentär !). Die Verhältnisse bei den Cheloniern sind noch nicht genügend aufgeklärt. BoJanus?) beschrieb einen Sulcus medianus posterior, STIEDA hat sein Vorkommen nur für den caudalsten Abschnitt zugegeben °). Erhebt man nunmehr wieder die Frage, wie weit der makroskopische Vergleich des Reptilien- und des Aplacentaliergehirns im Ganzen Achnlichkeit nachgewiesen hat und auf Verwandtschaft hinweist, so lässt sich Folgendes sagen: Die Aehnlichkeiten sind unverkennbar, jedenfalls grösser als z. B. zwischen den Aplacentaliergehirn und dem Vogelgehirn oder gar zwischen dem Aplacentaliergehirn und dem Amphibien- gehirn. Man kann wohl sagen, dass das Perameles-Gehirn dem Anthropoidengehirnen nicht ähnlicher ist als manchen Reptiliengehirnen. Viel schwerer ist die Frage zu beantworten, welche Gattungen der Aplacentalier einerseits und welche Ordnungen der Reptilien andererseits die grösste Aehnlichkeit zeigen. Von Seiten der Aplacentalier kommen allerdings unzweifelhaft nur die Polyprotodontier in Betracht, dagegen kommen die Reptilienordnungen sämmtlich in Frage, da eine jede bestimmte Aehnlichkeiten mit den Polyprotodontiern auf- zuweisen hat. Man wird dadurch zu der Vermuthung gedrängt, dass keiner der heutigen Reptilienordnungen eine geradlinige Verwandtschaft zu den Polyprotodontiern zukommt, sondern für eine solche untergegangene Reptilienformen in Betracht zu ziehen sind. Man kann höchstens noch, im Hinblick auf ein leichtes Ueber- wiegen der Aehnlichkeiten, die Vermuthung zufügen, dass diesen den Marsupialiern unmittelbar verwandten untergegangenen Formen unter den heutigen Reptilien die Eidechsen relativ am nächsten stehen. 1) RABL-RÜCKHARD, Zeitschr. f. wiss. Zool., .Bd. LVII, Taf. XLI, Fig. 20 u. 21. 2) Anatome testudinis europaeae, Vilnae 1819-1821. 3) l. c. p. 363. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Poble) in Jena — 1700 Verlag von &ustav Fischer in Jena. Denkschriften der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena. Band I. Ernst Haeckel, Das System der Medusen. Erster Theil einer Monographie der Medusen. Mit einem Atlas von 40 Tafeln. ı880. Preis: ı20 Mark. Band II. Mit 2ı Tafeln. ı880. Preis: 60 Mark. — Inhalt: C. Frommann, Untersuchungen über die Gewebsveränderungen bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. Mit 2 Tafeln. 1878. Preis: 10 Mark. — Oscar und Richard Hertwig, Der Organismus der Medusen und seine Stellung zur Keimblättertheorie. Mit 3 lithographischen Tafeln. 1878. Preis: ı2 Mark. — Richard Hertwig, Der ÖOrganısmus der Radiolarien. Mit ıo lithographischen Tafeln. 1879. Preis: 25 Mark. — E. E. Schmid, Die quarzfreien Porphyre des centralen Thüringer Waldgebietes und ihre Begleiter. Mit 6 Tafeln. 1880. Preis: 18 Mark. Band II. Willy Kükenthal, Vergleichend-anatomische und entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Walthieren. -Mit 25 Tafeln. 1ı889—ı1893. Preis: 75 Mark. — Erster Theil. Kapitel I: Die Haut der Cetaceen. Kapitel II: Die Hand der Cetaceen. Kapitel III: Das Centralnervensystem der Cetaceen, gemeinsam mit Theodor Ziehen.. Mit ı3 lithographischen Tafeln. 1889. Preis: 35 Mark. — Zweiter Theil. Kapitel IV: Die Entwicklung der äusseren Körperform. Kapitel V: Bau und Ent- wicklung äusserer Organe. Kapitel VI: Die Bezahnung. Mit ı2 lithographischen Tafeln. 1893. Preis: 4o Mark. über die Fortschritte der Anatomie und Entwicklungsgeschichte.. In Verbindun Jahresberichte mit Dr. Albrecht-Halle a.S., Prof. Dr. von Bar dal eben-Jena, Dr. Baue = Strassburg, Dr. Boehm-München, Dr. Eggeling-Zürich, Prof. Dr. Eisler-Halle a. S., Dr. Endres- Halle a. S., Prof. Dr. Felix-Zürich, Prof. Dr. R. Fick-Leipzig, Prof. Dr. Fürst-Lund, Prof. Dr. Gaupp- Freiburg i. B., Prof. Dr. Holl-Graz, Prof. Dr. Hoyer- Warschau, Prof. Dr. Hoyer-Krakau, Prof. Dr. Keibel- Freiburg i. B., Dr. Kopsch-Berlin, Prof. Dr. W. Krause-Berlin, Prof. Dr. Kükenthal- Jena, Dr. Mehnert-Strassburg, Prof. Dr. Mollier-München, Prof. Dr. Obersteiner-Wien, Prof. Dr. Oppel-München, Dr. Gakutaro Osawa-Freiburg i. B., Prof. Dr. Pfitzner-Strassburg, Dr. Hans Rabl-Wien, Prof. Dr. Romiti-Pisa, Prof. Dr. Schaffer-Wien, Prof. Dr. Schiefferdecker-Bonn, Prof. Dr. E. Schmidt-Leipzig, Dr. M. B. Schmidt-Strassburg, Prof. Dr. Graf Spee-Kiel, Prof. Dr. Stöhr-Zürich, Dr. Telesnicky-Budapest, Dr. Thilenius-Strassburg, Prof. Dr. H. Virchow-Berlin, Prof. Dr. E. Zacharias-Hamburg, Prof. Dr. Zander-Königsberg, Dr. Ziegenhagen-Berlin, Prof. Dr. Ziehen-Jena, Prof. Dr. Zuckerkandl-Wien herausgegeben von Dr. &. Schwalbe, o. Professor der Anatomie und Direktor des anatomischen Instituts der Universität Strassburg i. E. Neue Folge. Erster Band. Litteratur-Verzeichnis für die Jahre 1392, 1893, 1894, 1395, bearbeitet von Dr. Conrad Bauer in Strassburg. Preis: ı6 Mark. In Kürze erscheint: Neue Folge. II. Band. I. Abteilung. Preis: 30 Mark. Die zweite Abteilung wird im Januar 1898 zur Ausgabe gelangen und als Rest versandt werden. Nagel Dr. Wilibald, Privatdocent der Physiologie an der Universität Freiburg i. Br., Der Liehtsinn ? augenloser Thiere. Eine biologische Studie. 1896. Preis: 2 Mark 4o Pf. Oppel Dr. Albert, Professor a. d. Universität Freiburg i. Br., Lehrbuch der vergleichenden mikro- ? skopischen Anatomie. Erster Teil. Der Magen. Mit >87 Abbildungen im Text und 5 litho- graphischen Tafelı. 1896. Preis: 14 Mark. Berliner klinische Wochenschrift No. 8 1897: Das vorliegende Werk, die Frucht jahrelanger und emsigster Arbeit, ist zweifelsohne eine ganz hervorragende Leistung auf dem Gebiete der vergleichenden Anatomie, wie eine solche unseres Wissens in gleicher Ausführlichkeit nicht existiert und seit dem bekannten Lehrbuche von Franz Leydig auch nicht versucht worden ist. Aber das letztere ist an Umfang und Vertiefung gar nieht mit dem Oppel’schen Werke zu verzleichen, und es wird der Lebensarbeit eifrigsten Schaffens bedürfen, um das letztere zu Ende zu bringen. Denn der vorliegende umfang- reiche I, Band beschäftigt sich nur mit einem einzigen Organe, dem Magen, es bleibt also noch genug für eine stattliche Folge weiterer Publieationen übrig. Verf. verfolgt die Entwickelung und Gestaltung des Magens, nachdem er zunächst in eingehendster Weise den Bauplan des Wirbeltier- magens erörtert, durch die gesamte Wirbeltierreihe, wobei dann die Litteratur in ausgiebigster Weise berücksichtigt und durch eigene Unter- suchungen des Verf, ergänzt wird. Soweit es das vorhandene Material zulässt, wird auch überall gleichzeitig mit dem anatomischen das physiologische Verhalten erörtert. Zahlreiche ausgezeichnete Abbildungen sind als Holzschnitte und lithogr. Tafeln dem Werke beigegeben. Es ist hier nicht der Ort und auch nieht unseres Amies, auf die speciell anatomische Leistung des Verf. einzugeben. Darüber möge sich der Leser in den Fachzeitschriften ein Urteil suchen. Aber das darf austandslos gesagt werden, dass das Oppel’sche Werk eine Leistung wissenschaftlichen Fleisses und wissenschaftlicher Gründlichkeit ist, wie sie hervorragender kaum gedacht werden kann, und dass der Leser viel- fältige Belehrung und Anregung daraus schöpfen wird. Ewald. Zweiter Theil. Schlund und Darm. Mit 343 Abbildungen im Text und 4 lithographischen Tafeln. 1897. Preis: 20 Mark. 5 Prof. Dr. Gustaf, Biologische Untersuchungen. Neue Folge, VI. Band. Mit ı5 Tafeln. Retzius, 1895. Preis: 24 Mark. Inhalt: 1. Ueber ein dem Saceus vasculosus entsprechendes Gebilde am Gehirn des Menschen und anderer Säugethiere. Tafel I. 2. Zur Kenntniss des Gehirnganglions und des sensiblen Nervensystems der Polychäten. Tafel II und II. 3. Das sensible Nervensystem der Crustaceen. Tafel IV’—VI. 4. Ueber die Hypophysis von Myxine. Tafel VII, Fie. 1 und 2. 5. Ueber den Bau des sog. Parietalauges vou Ammocoetes. Tafel VII, Fig. 3—5. 6. Ueber das hintere Ende des Rückenmarkes bei Amphioxus, Myxine und Petromyzon. Tafel VIII und IX. 7. Ueber den Bau des Rückenmarkes der Selachier. Tafel X—XII. 8. Ueber einige normal durch Ankylose verschwindende Kapselgelenke zwischen den Bogen der Sacralwirbel. Tafel XTII. 9. Ueber Molluscum contagiosum. Tafel XIV. 10. Ueber die Vererbung erworbener Eigenschaften. Tafel XV. Um den Käufern dieses und des VI. Bandes die Anschaffung der vorhergehenden Bände zu er- leiehtern, ist der Preis derselben auf 120 Mark ermässigt worden. Das Mensehenhirn. Studien in der makroskopischen Morphologie. Mit einem Atlas von g6 Tafeln in Lichtdruck und Lithographie. 1897. I. Theil: Text. II. Theil: Tafeln. Preis: 100 Mark. er DENKSCHIRI LEN 2 ı 1098 DER MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT | { ZU JENA. SECHSTER BAND. 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Dr. Richard, Professor, Zoologiseche Forschungsreisen in Australien und dem Malayischen Semon, Di de Er Kelan lcımı yischen Archipel. Mit Unterstützung des Herrn Dr. Paul von Ritter ausgeführt in den Jahren 1891—93 von Prof. Dr. Richard Semon. (Denkschriften der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena.) J Erster Band: Ceratodus. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 1.) Mit 8 lithogr. Tafeln und 2 Abbildungen im Text. 1894. Preis: 20 Mark. Inhalt: Ernst Haeckel, Systematische Einleitung: Zur Phylogenie der Australischen Fauna. Riehard Semon, Reisebericht und Plan des Werkes. — Richard Semon, Verbreitung, Lebensverhältnisse des Ceratodus Forster. — Richard Semon, Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 3.) Mit 11 lithogr. Tafeln und 20 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 20 Mark. Inhalt: Richard Semon, Beobachtungen über die Lebensweise und Fortpflanzung der Monotremen nebst Notizen über ihre Körpertemperatur. — Richard Semon, Die Embryonalhüllen der Monotremen und Marsupialier. — Richard Semon, Zur Entwickelungsgeschichte der Monotremen. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Ineferung 5.) Mit 4 lithographischen Tafeln und 40 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 16 Mark. Inhalt: Georg Ruge, Die Hautmuskulatur der Monotremen und ihre Beziehungen zu dem Marsupial- und Mammarapparate. — Hermann Klaatsch, Studien zur Geschichte der Mammarorgane. TI. Theil: Die Taschen- und Beutelbildungen am Drüsenfeld der Monotremen. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Dritte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 6.) Mit 11 lithogr. Tafeln und 6 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 25 Mark. Inhalt: F Hochstetter, Beiträge zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte des Blutgefässsystems der Monotremen. — Albert Narath, Die Entwickelung der Lunge von Echidna aculeata. — Albert Oppel, Ueber den Magen der Monotremen, einiger Marsupialier und vun Manis javanica. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Vierte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 7.) Mit 6 lithogr. Tafeln und 11 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 16 Mark. Inhalt: Hermann Braus, Untersuchungen zur vergleichenden Histologie der Leber der Wirbelthiere, Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Fünfte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 9.) Mit 7 lithograpbischen Tafeln und 13 Abbildungen im Text. 1897. Preis: 20 Mark. Inhalt: ©. Emery, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte und Morphologie des Hand- und Fussskeletts der Marsupialier. — Albert Oppel, Ueber den Darm der Monotremen, einiger Marsupialier und von Manis javanica. Dritter Band: Monotremen und Marsupialier II. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 11.) | Mit 96 Abbildungen im Text. 1897. Preis: 16 Mark. = Inhalt: Th. Ziehen, Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. I. Theil: Makro- = | skopische Anatomie. = Vierter Ban: Morphologie verschiedener Wirbelthiere. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes 9 ) Lieferung 10.) Mit 5 lithogr. Tafeln und 47 Abbildungen im Text. 1897. Preis: 16 Mark. Ö Inhalt: W. Kükenthal, Vergleichend-anatomische und entwickelungsgeschichtliche Untersuchungen 5 | am Sirenen. 2 Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Erste Lieferung. (Des fi | ganzen Werkes Lieferung 2.) Mit 5 lithogr. Tafeln und 6 Abbildungen im Text. 1894. Preis: 20 Mark. Inhalt: A. Ortmann, Ürustaceen. — E. v. Martens, Mollusken. — W. Michaelsen, Lumbri- eiden. — C. Ph. Sluiter, Holothurien. — ©. Boettger, Lurche (Batrachia), — O0. Boettger, Schlangen. — J. Th. Oudemans, Eidechsen und Schildkröten. — A. Reichenow, Liste der Vögel. — F. Römer, Monotremata und Marsupialia. Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 4.) Mit 8 lithographischen Tafeln und 5 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 20 Mark. Inhalt: ©. Ph. Sluiter, Tunicaten. — B. Haller, Beiträge zur Kenntnis der Morphologie von Nautilus pompilius. — Arnold Pagenstecher, Lepidoptera Heteroceraa — Max Fürbringer, Lepi- doptera Rhopalocera. — Max Weber, Fische von Ambon, Java, Thursday Island, dem Burnett-Fluss und von der Süd-Küste von Neu-Guinea. Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Dritte Lieferung, (Des ganzen Werkes Lieferung 8.) Mit 10 lithogr. Tafeln und 4 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 20 Mark. Inhalt: L. Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina und Thursday Island gesammelten Ophiuroidea. — L. Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina und Thursday Island gesammelten Asteroidea. — C. Ph. Sluiter, Nachtrag zu den Tunicaten. — Marianne Plehn, Polyceladen von Ambon. — W. Fischer, Gephyreen. — E. Simon, Liste der Arachniden der Semon’schen Sammlung in Australien und dem Malayischen Archipel. — J. GC. H. de Meijere, Die Dipteren der mt 1 tete miese. .;=elsjsrrree._. „ge pmll Semon’schen Sammlung. | Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Vierte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 12.) Mit 18 lithographischen Tafeln und 4 Abbildungen im Text. 1898. Preis: 36 Mark. Inhalt: F. Zschokke, Die Cestoden der Marsupialia und Monotremataa — L. L. Breitfuss, Amphoriscus semoni, ein neuer heterocöler Kalkschwamm. — Casimir R. Kwietniewski, Actiniaria von Ambon und Thursday Island. — Bugen Burchardt, Alcyonaceen von Thursday Island (Torres-Strasse) und von Amboina. — L. S. Schultze, Rhizostomen von Ambon. — v. Linstow, Nemathelminthen, Von Herrn Richard Semon in Australien gesammelt. — L. Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon i bei Amboina und Thursday Island gesammelten Crinoidea. — L. Döderlein, Ueber einige epizoisch lebende Ophiuroidea. — L. Döderlein, Ueber „Krystallkörper“ bei Seesternen und über die Wachsthumserscheinungen und Verwandtschaftsbeziehungen von Goniodiscus sebae. — Carl Graf Attems, Myriopoden. Hertwig Dr. Oskar, Professor und Direktor des anatomisch-biologischen Instituts der Universität ? Berlin, Die Zelle und die «ewebe, Grundzüge der Allgemeinen Anatomie und Physiologie. Zweites Buch. Allgemeine Anatomie und Physiologie der Gewebe. Mit 89 Abbildungen im Text. 1898. Preis: 7 Mark. Lehrbuch der Enstwicklungsgeschiehte des Mensehen und der Wirbeltiere. Sechste teilweise um- gearbeitete Auflage. Mit 415 Abbildungen im Text und 2 lithogr. Tafeln. 1898. Preis: brosch, ıı Mark ;o Pf, geb. ı3 Mark 50 Pf, : vi I * A i R D [7 > ö NAT REN, r Ey . Be ee DENKSCHRIFTEN DER MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA. SECHSTER BAND. RICHARD SEMON, ZOOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. DRITTER BAND: MONOTREMEN UND MARSUPIALIER. Il. II. LIEFERUNG. MIT 11 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 17 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1898. ZOVLÖGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN DR. PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891-1893 VON RICHARD SEMON. DRITTER BAND: MONOTREMEN UND MARSUPIALIER. 11. II. LIEFERUNG. Dr. Fritz Römer, Studien über das Integument der Säugethiere. II. Das Integument der Monotremen. — Dr. Theodor Dependorf, Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. MIT 11 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 17 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1898. » AUG 1! Studien über das Integument der Säugethiere. II. Das Integument der Monotremen. Dr. phil. Fritz Römer, Assistenten am Zoologischen Institute der Universität Jena. Mit Tafel I und 3 Figuren im Text. Jenaische Denkschriften VI. 1 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. Einleitung. Die eigenartige Körperbedeckung der Monotremen, besonders des stachelbewehrten Ameisenigels ist mehrfach erörtert worden. LEyDıG (59) und WELCKER (64) untersuchten schon die Haarstellung von Echidna. Beide beschreiben die regelmässige Anordnung der Haare in Büscheln oder Trupps, deren jeder in einem gemeinschaftlichen Haarbalge ein stärkeres Mittelhaar (Stammhaar) und 8—ıo dasselbe umgebende Neben- haare enthält. Späterhin hat Idann DE MEIERE (94) auf 'die Bedeutung dieser Gruppenstellung der Haare bei Echidna und den meisten übrigen Säugethieren für die Annahme eines einheitlichen Princips in der An- ordnung der Haare hingewiesen. Obschon DE MEIJERE nur die Haut des erwachsenen Thieres untersuchen konnte, war seine phylogenetische Deutunggdes Haar- und Stachelkleides der Monotremen doch zutreffend. Das Haarkleid hält er schon für ziemlich complicirt und nicht für einen primitiven Zustand des Integuments. Die Stacheln fasst er als ausserordentlich starke Stammhaare auf. Diese Auffassung hat dann auch MAURER (95) in seiner zusammenfassenden Arbeit über die Epidermis und ihre Abkömmlinge bestätigt und befestigt, besonders für die Haare von Ornithorhynchus. Der histo- logische Bau dieser Haare lässt ihn mit Sicherheit schliessen, dass Ornithorkynchus keineswegs mit einer primitiven Haarform bekleidet ist, dass dieses Thier vielmehr die allercomplicirtesten Befunde darbietet, welche für die Phylogenie des Haarkleides keine Aufklärung geben. Bei Echidna hat MAURER auch die Entwickelung der Stacheln und Haare untersucht. Er fand hierbei keine Abweichungen wesentlicher Art von den Befunden, die beim Igel bekannt sind. Die erste Anlage ist eine rein epidermoidale, wie bei den Haaren anderer Säugethiere. Ferner hat PARKER (94) noch embryologisches Material von Echidna gehabt, zwei Exemplare von 12,5 und 25,5 cm Länge; doch berichtet er nur über die nackte Hornhaut des Schnabels und ihre drüsen- ähnlichen Gebilde. Die Haare von Ornithorhynchus sind verschiedentlich bearbeitet worden. Ausser LEYDIG (59), WELCKER (04) und Sovza FonTtes (79), welche die Haargruppen und die Schweissdrüsen genau erkannt und beschrieben haben, sind noch PouLTon (94) und Wırson et MARTIN (94) zu erwähnen. Die letzteren Arbeiten beschäftigen sich hauptsächlich mit dem Integument und den Integumentalgebilden des Schnabels, den eigenthümlichen Tastorganen, die zum Theil selbständige Gebilde sind, zum Theil in der Umgebung von Schweissdrüsen- mündungen sich ausbilden. Diese Organe sind epidermoidale Zapfen, unter denen reichliche Tastkörperchen nachweisbar sind. PourLrton hatte ein junges Exemplar von 8,5 cm Länge, aber in diesem Alter sind die ı1* 25 * 192 Das Integument der Monotremen. 4 fraglichen Gebilde schon vollständig entwickelt, so dass wir über ihre erste Anlage nichts erfahren. Es ist schwer zu sagen, als was man sie auffassen soll. Immerhin spricht bei ihrem rein epidermoidalen Charakter manches für ihre Entstehung durch Umbildung von Haaren. Jedenfalls sind es complicirte Gebilde, deren secundäre Natur ausser Frage steht. Sie liefern natürlich keine Unterlage für die phylogenetische Ableitung des Haarkleides. Die Drüsen des Schnabels lassen nach PouLTton ebenfalls an eine Umbildung aus Haaren denken. Ihr hohler Epitheleylinder ist von einer Epithelschicht umgeben, welche‘ einer äusseren Wurzelscheide ähnlich sieht; proximal steht diese Schicht mit einer der Haarzwiebel vergleichbaren Epithelmasse in Verbindung. Alle diese Befunde !müssen uns darauf hinführen, dass die Haut der Monotremen durchaus |keine primitiven Zustände repräsentirt, und führen uns somit zu den schon erwähnten Ansichten von DE MEIJERE und MAURER. Ich schicke diese Erörterungen voraus, um von vornherein allen ‘weittragenden Erwartungen und Hoffnungen entgegenzutreten, welche man vielleicht bei den vielen anderen anatomischen Merkmalen niederer Organisation an eine entwickelungsgeschichtliche Untersuchung des Integumentes der Monotremen stellen möchte. Ich selbst durfte daher mit nicht zu grossen Hoffnungen an diese Arbeit herantreten. Um so mehr war ich überrascht, trotz des specialisirten iHautkleides; noch Anklänge an frühere Zustände zu finden, welche wichtige Zeugnisse für die Abstammung der Säugethiere von Proreptilien- oder Amphibien-Ahnen abgeben. Die Monotremen haben trotz ihrer Specialanpassungen doch noch in frühen Stadien wie im späteren Leben primitive Zustände bewahrt, von denen ich die Anorldngung der Stacheln bei ihrer ersten Anlage in Längsreihen, den frühen Durchbruch der Sttacheln an den Seiten des Kör- pers, die Entstehung der Haargruppen durch Theilung von einer einheitlichen Anlage aus und die papillären [Erhebungen hinter den grösseren Stacheln — die letzten Reste eines ehemaligen Schuppenkleides — hervorheben möchte, Befunde, welche geeignet sind, die MAurer’sche Hypothese von der Ableitung des Haares aus den Hautsinnesorganen der niederen Wirbelthiere auf das nachdrücklichste zu stützen. Das Material der vorliegenden Arbeit entstammt der Semon’schen Ausbeute und bestand aus Echidna-Embryonen, welche der Schale von Beuteleiern entnommen wurden, und aus Beuteljungen. Es stellt somit eine lückenlose Serie von der ersten Anlage der Haut bis zur Ausbildung der Stacheln dar. Es sind dies die Stadien 40—53 der Semon’schen Serie. Ich behalte im Folgenden diese Nummern der SEMON- schen Embryonen bei; sie ermöglichen ohne weiteres eine Bezugnahme auf die von SEMON abgebildeten ganzen Embryonen und erleichtern dadurch den Vergleich mit diesen Tafeln. Die Stadien 40—45 erhielt ich bereits als fertiggestellte Schnittserien der ganzen Embryonen. Von älteren Stadien standen mir die Embryonen resp. Jungen selbst zur Verfügung, denen ich nach der äusserlichen Inspection an geeigneten Stellen Hautstücke zur Anfertigung von Schnittserien entnehmen konnte. Zur Färbung benutzte ich ein Gemisch von GRENACHER’s Boraxkarmin und Bleu de Lyon, welches sich für das Studium der Haut stets am besten bewährt hat. Ferner hatte ich noch ausgewachsene Exemplare von Echidna, in Alkohol und ausgestopft, zur Con- trole der Haar- und Stachelstellung im erwachsenen Zustande zur Verfügung. Von Ornithorhynchus war kein embryologisches oder jugendliches Material in der Reise-Ausbeute. Meine Untersuchung konnte sich daher nur auf die Haut des erwachsenen Thieres erstrecken, die im Wesent- lichen zur Bestätigung der schon bekannten Ansichten führte. 5 Das Integument der Monotremen. 193 1. Eehidna aculeata var. typica Thomas. Den entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen will ich zur besseren Orientirung eine Beschreibung der Haut des erwachsenen Thieres vorausschicken. Die dem Lichte zugekehrten Hautflächen des Ameisenigels, Nacken, Rücken, Seiten und Schwanz, sind mit Stacheln bedeckt. Zwei Sorten von Stacheln!) sind zu unterscheiden. Erstlich kleinere, welche die Hauptmasse ausmachen und unregelmässig zerstreut stehen; zweitens grössere, stärkere, denen man eine gewisse Regelmässigkeit nicht absprechen kann. Sie sind doppelt so lang und dick wie die kleineren Stacheln und überragen sie weit. Sie sind es, die bei der Betrachtung eines Ameisenigels am ersten in die Augen springen und durch ihre Farbe die Gesammtfarbe des ganzen Thieres ausmachen. Ihre Hauptfarbe ist blassgelb bis orange mit schwarzer Spitze. Diese Spitze variirt aber ausserordentlich in ihrer Farbe und Länge und bedingt dadurch die Gesammtfarbe des Thieres. Sie kann bei einzelnen Thieren tief schwarz und bis I5 mm lang sein, bei anderen dagegen völlig fehlen oder auf ein Minimum reducirt sein. Die Stacheln sind bei diesen Exemplaren in der grösseren Mehrzahl hellgelb, und diese Thiere möchte man als gelbe Varietäten, die ersteren als schwarze bezeichnen. Natürlich finden sich dazwischen alle Schattirungen. Mit der Farbe der Spitze wechselt auch die Grundfarbe der Stacheln; je kleiner und heller die Spitze, desto heller sind auch die Stacheln selbst. Die Farbe des Schwa.ızes ist durchschnittlich etwas heller als die des übrigen Körpers, denn auch bei den schwarzen Exemplaren sind meist einige Stacheln des Schwanzes völlig gelb und ohne schwarze Spitze. Alle Stacheln, die grossen sowohl wie die kleinen, sind natürlich mit ihrer Spitze schwanzwärts ge- richtet, doch läuft ihre Richtung nicht parallel mit der Längsaxe des Körpers. Sie convergiren nach innen, nach der Mittellinie des Körpers, und zwar die Stacheln der rechten Körperhälfte nach links und die der linken Körperhälfte nach rechts. In der Mittellinie berühren sich die Grenzstacheln beider Körperhälften, und ihre Spitzen kreuzen sich. Es markirt sich hier eine deutliche Scheidung beider Stachelfelder, einer Schneise im Hochwalde vergleichbar, in der zwar keine Bäume stehen, die aber oben überdacht wird von den Kronen der Bäume aus den ersten Baumreihen der rechten und linken Seite. Diese Mittellinie lässt sich vom Nacken bis zur Schwanzbasis überall deutlich wahrnehmen; in der hinteren Körperhälfte ist sie aber am schönsten ausgebildet, weil hier die Stacheln länger sind als vorn und daher auch weiter über einander greifen. Die Stacheln des Schwanzes haben eine den Körperstacheln entgegengesetzte Richtung und durch- kreuzen sich mit ihnen an dem Grenzgebiet. Die Anordnung und Vertheilung der grösseren Stacheln, welche am ersten die Aufmerksamkeit auf sich lenken, ist, wie schon erwähnt, eine regelmässige. Diese Regelmässigkeit ist allerdings an Spiritus- Exemplaren, deren Körper im Todeskampfe sowie durch den Transport und die Verpackung verzerrt und verbogen ist, schwer zu erkennen. Jedoch an ausgestopften Exemplaren oder an Spiritus-Thieren, welche man erst aufweicht und in Position bringt, sieht man gleich, dass die grossen Stacheln regelmässig in mehr oder weniger gleich grossen Abständen stehen und deutliche Längsreihen bilden. Jederseits sind etwa 12 1) In der Literatur wird nur immer von Stacheln im Allgemeinen gesprochen. Die Grössenunterschiede und die Be- ziehungen der beiden Sorten zu einander sind nirgends erwähnt. Ich muss sie ausführlicher besprechen, weil im entwickelungs- geschichtlichen Theil immer wieder darauf zurückgegriffen wird. 194 Das Integument der Monotremen. 6 solcher Längsreihen zu constatiren. Sie beginnen auf dem Nacken oder auch auf den Schultern und ver- laufen auf beiden Seiten des Körpers bis zur Mittellinie, ebenfalls wieder nach der Mitte convergirend, so dass sich dort die Längsreihen der beiden Seiten unter spitzen Winkeln treffen. In der ersten, der Mittel- linie zunächst liegenden Reihe stehen etwa 5 bis 6 solcher starken Stacheln, in den am weitesten von ihr entfernten, an den Seiten des Körpers verlaufenden, 10 bis 12. Die Entfernung der einzelnen Stacheln einer Längsreihe von einander ist, wenn auch nicht immer absolut gleich, so doch regelmässig. Meist deckt ein Stachel mit seiner Spitze noch das erste Drittel des nächstfolgenden. Manchmal sind die Längsreihen dadurch etwas unterbrochen oder undeutlich, dass ein Stachel nicht genau in derselben Richtung steht wie sein Vorder- oder Hintermann. Es ist dies reiner Zufall, da ja die Stacheln im Leben beweglich sind und sowohl aufgerichtet als auch seitlich hin und her bewegt werden können. Die Basen der Stacheln stehen immer in regelrechten Längsreihen. Besonders schön sind diese Längsreihen an den Embryonen beim Durchbruch der Stacheln zu sehen, wie später bei der Entwickelung der Stacheln nach näher besprochen werden soll. Alle diese Erscheinungen, die regelmässige Vertheilung der grossen Stacheln und ihre Anordnung in Längsreihen, präsentiren sich weit schöner 'am lebenden Thier, wie ich im hiesigen physiologischen Institut, wo in diesem Sommer eine Echidna lebend gehalten wurde, des öfteren beobachten konnte. Sobald die Echidna sich gegen äussere Angriffe zusammenkugelt, werden sämmtliche Stacheln gespreizt und in Positur gebracht. Sie bilden eine Schutzwehr von solcher Schönheit und Vollkommenheit, dass nirgends eine unbedeckte Stelle übrig bleibt. Die Stacheln werden um ihre Axen so weit gedreht, dass sie mit ihren Spitzen nach den Seiten des Körpers gerichtet sind und so auch die Weichen und die zusammengezogene Unterseite genau so schützen, wie den übrigen Körper. Die Anordnung der grossen Stacheln in Längs- reihen und ihre regelmässige Vertheilung tritt aber dabei noch schöner zu Tage. Zwischen den Stacheln des Rückens kommen zahlreiche Haarbündel vor, die wie die vielen kleineren Stacheln keine bestimmte Anordnung zeigen. Dieses Haarkleid wird aber bei den meisten Thieren von den Stacheln völlig bedeckt, so dass man es erst nach Entfernung der Stacheln zu Gesicht bekommt. Nur in der Mittellinie, in welcher die Stacheln der beiden Seiten den erwähnten schmalen Gang zwischen sich lassen, kommen die Haare zum Vorschein. Hierdurch unterscheidet sich nach THoMmAs!) die australische Form Zchidna aculeata var. iypica, von der papuanischen Echidna aculeata var. lawesi, bei welcher die Haare theilweise zwischen den Stacheln sichtbar sind. Doch ist dieser Unterschied nicht durchgreifend, denn von den 25 Exemplaren der australischen Varietät der Semon’schen Sammlung fanden sich immerhin II, bei denen das Haarkleid zwischen den Stacheln deutlich sichtbar war. Ich weiss nicht, in welcher Jahreszeit diese Thiere erbeutet wurden. Wenn nun aber auch hierbei an Verschiedenheiten zwischen Sommer- und Winterpelz zu denken wäre, so würden diese mehr behaarten Thiere immerhin schon zu der papuanischen Varietät überleiten und zeigen, wie berechtigt THoMmAs war, diese früher als besondere Arten aufgefassten Formen zu einer Art zu vereinigen und höchstens als locale Varietäten zu unterscheiden. Die Unterseite, Brust, Bauch und Extremitäten, sind mit dunkelbraunem Haarpelz bedeckt. Er besteht aus Haarbündeln, deren jedes ein Mittelhaar von stärkerem Kaliber und S—-ıo dasselbe umgebende Nebenhaare enthält. Die Bündel stehen an der Brust bald unregelmässig durch einander, bald scheinen sie in deutlichen Reihen oder Bogen angeordnet. Doch erscheint diese Regelmässigkeit immer nur auf kürzere Strecken. Alle Haare sind abpeplattet, und das ist eine der auffälligsten Erscheinungen im Kleide des Ameisenigels, zumal die Stacheln, die kleinere Sorte sowohl wie die grössere, kreisrund sind. Diese platte ı) ©. THomas, Catalogue of the Marsupialia and Monotremata of the British Museum. London 1883. 7 Das Irtegument der Monotremen. 195 Form fällt bei den stärkeren Mittelhaaren natürlich am meisten auf. Die Stärke der Mittelhaare ist nämlich sehr verschieden. An der Brust und am Bauch ist das Stammhaar in jedem Bündel deutlich zu unter- scheiden; am Rücken dagegen findet man in den meisten Bündeln kaum noch einen Unterschied in der Stärke der Stamm- und Nebenhaare. Am Kopf aber und auf der Oberseite der vorderen Extremität ist dies ganz anders; dort überwiegen die Stammhaare so sehr an Stärke und Länge, dass man zunächst von den Nebenhaaren gar nichts bemerkt. Sie überdecken die letzteren vollständig, man glaubt, nur platte Borsten vor sich zu haben und sieht die Nebenhaare erst, wenn man die Borsten auseinanderlegt. Am Kopf sind alle Uebergänge vorhanden vom feinsten Nebenhaar bis zum grössten Stachel. Die Continuität dieser Ge- bilde steht hier ausser Zweifel. Sie veranlasst mich, die Frage aufzuwerfen, was man eigentlich unter einem Stachel zu verstehen hat? Wann hört die Borste auf, und wann fängt der Stachel an? Mit dem Begriff „Stachel“ verbinden wir wohl stets den Gedanken an etwas Spitzes, etwas Stechendes. Etwas Stechendes muss aber eine be- stimmte Festigkeit und Härte haben, um den sich entgegensetzenden Widerstand, z. B. den der Haut, beim Stechen überwinden und in den Gegenstand eindringen zu können. Diese Festigkeit ist aber relativ, denn sie bezieht sich auf die Härte des anderen Gegenstandes. Ein Stachel mag fest genug sein, in eine weiche Haut einzudringen; zum Eindringen in härtere Gegenstände reicht seine Festigkeit nicht aus, er biegt sich um. Wir sehen, dass die Fassung des Begriffs „Stachel‘‘“ schwierig ist; die Spitze allein genügt nicht, um einen Stachel auszumachen, und die Festigkeit kann nur im Hinblick auf den zu durch- stechenden Gegenstand als Characteristicum des Stachels angenommen werden. Bei der Echidna sind auch schon die stärkeren Borsten spitz und verursachen bei leiser Berührung mit dem Finger eine leichte Empfindung auf der Haut. Bei stärkerem Druck geben sie nach, sie knicken um, sind also für die Haut noch keine Stacheln. Erst erheblich stärkere Kaliber vermögen den Widerstand der Haut zu überwinden. Damit kommen wir auf die dritte, vielleicht die Haupteigenschaft, die erst den Stachel von anderen spitzen Gegenständen (z. B. Nagel, Nadel) unterscheidet, den Zweck und die Bedeutung im Leben des Thieres als Vertheidigungswaffe. Die Botanik unterscheidet zwischen Stacheln und Dornen auf Grund des verschiedenen morpho- logischen Ursprungs. Die Stacheln der Pflanzen sind Auswüchse, die an beliebiger Stelle auf der Oberfläche der Pflanze entstehen können. Die Dornen dagegen sind verwandelte Stammtheile. Die Stacheln der Echidna und der anderen stachelbewehrten Thiere sind ebenfalls Anhänge der Epidermis. Aber das sind die Haare auch, und somit bleibt die Schwierigkeit der Abgrenzung zwischen Stachel und Haar bestehen. Eine Unter- scheidung zwischen Haar und Stachel lässt sich also nicht präcis aufstellen. Sie ist aber auch ganz be- langlos, denn Stacheln sind ja weiter nichts als stark gewordene Haare Wir werden im weiteren Verlauf der Arbeit sehen, dass man beide Gebilde in ihren Anlagen nicht unterscheiden kann. Aber auch schon die vorstehende Auseinandersetzung zeigt die innige Continuität dieser Haut- gebilde, die für die phylogenetische Ableitung derselben ebenfalls von Wichtigkeit ist. Erwähnenswerth ist noch, dass mit der Zunahme der Stärke der Haare eine Abnahme der Färbung verbunden ist. Die Nebenhaare, sowie die schwächeren Borsten am Kopf sind dunkelbraun, die stärkeren Borsten bedeutend heller und manche kräftigeren Gestalten schon fast weiss mit kleiner schwarzer Spitze wie die Stacheln. Man könnte sie fast Stacheln nennen, denn sie vermögen schon einen ordentlichen Druck auszuhalten, ohne umzuknicken. Es scheint also der Farbstoff der Haut nicht auszureichen, die stärkeren Borsten und Stacheln ganz zu färben; die Haut hat bei der Spitze ihren Vorrath an Pigment schon völlig ausgegeben. Die Stacheln des Ameisenigels fasst DE MEIJERE (94), wie eingangs bereits erwähnt, als ausser- ordentlich starke Stammhaare auf; das Haarkleid hält er für ziemlich complicirt. Er stimmt darin überein 196 Das Integument der Monotremen. 8 mit MAURER (95), POULTON (94), WırLson et MARTIN (94), welche auf Grund verschiedener Befunde sich dahin äusserten, dass die Haut der Monotremen durchaus keine primitiven Zustände repräsentirt. Auch ich bin mit DE MEIJERE und MAURER der Ansicht, dass die Stacheln der Echidna Specialanpassungen sind und stark entwickelte Haare vorstellen. Doch lässt diese Auffassung verschiedene Deutung zu. Erstlich, ob alle Stacheln oder nur die stärkeren, regelmässig vertheilten einem Stammhaar entsprechen, während die kleineren Stacheln aus den Nebenhaaren hervorgingen. Zweitens, ob ein Stachel nur dem Stammbhaar oder der ganzen Haar- gruppe entspricht. Wenn nur die stärkeren Stacheln einem Stammhaar entsprächen, so müssten sich auch unter den Stacheln regelrechte Gruppen, aus einem Hauptstachel und mehreren ihn umgebenden Nebenstacheln be- stehend, unterscheiden lassen. Das ist aber nicht der Fall. Die kleineren Stacheln stehen unregelmässig vertheilt. Man sieht dies deutlich, wenn man sie auf einer grösseren Fläche dicht über der Haut ab- schneidet. Mag man auch vereinzelt eine Gruppirung zwischen einem Hauptstachel und 2—-3 kleineren Stacheln zu sehen glauben, so steht diesen isolirten Befunden doch die bei weitem überwiegende regellose Vertheilung der Stacheln gegenüber. Ferner spricht auch die geringe Anzahl der grossen Stacheln da- gegen. Wir müssen somit alle Stacheln als stärker entwickelte Stammhaare auffassen, zumal ja auch am Kopf die Uebergänge von einem Stammhaar durch die platte Borste und die kleineren Stacheln zu den Hauptstacheln zu verfolgen waren. Die zweite Frage soll entscheiden, ob ein Stachel nur einem Stammhaar oder einem ganzen Haar- büschel entspricht. Im ersteren Fall müsste der Stachel noch von kleineren Nebenhaaren umgeben sein. Davon ist aber auf dem Rücken nichts zu sehen; die Stacheln stehen völlig isolirt; zwischen ihnen finden sich allerdings Haarbüschel, aber stets in respectvoller Entfernung. Ihre Anordnung ist ebenso wie die der Stacheln unregelmässig. Man kann auch nicht finden, dass eine bestimmte Anzahl von Haarbüscheln auf einen Stachel kommt. Die meisten Bündel lassen noch das stärkere Mittelhaar erkennen, wenn auch dessen Stärke sich von der Stärke der Nebenhaare so wenig abhebt, dass man es meist nur noch mit der Lupe wahrnehmen kann. Einzelne Büschel haben wieder ein viel stärkeres Stammhaar. Ich glaube daher, dass einzelne Haarbüschel stehen blieben, während andere zu Stacheln wurden, und dass jeder Stachel einem Haarbüschel entspricht. Diese Auffassung lässt sich sogar direct beweisen. Am Kopfe sind die Stammhaare von 8—10 Neben-" haaren umgeben. Die stärkeren, schon borstenartigen Stammhaare und die kleineren Stacheln haben ebenfalls noch Nebenhaare, welche mit ihnen in demselben Haarbalge zu einem Büschel vereinigt stehen. Aber ihre Zahl ist schon viel geringer, es sind nur noch 5—6 oder gar 4. Etwas stärkere Stacheln haben keine Nebenhaare mehr. Mit der Zunahme der Stärke der Stacheln geht somit eine Abnahme der Nebenhaare Hand in Hand; das ganze Haarbündel ist zu einem Stachel verschmolzen. Diese Verschmelzung ist etwa so zu denken, dass das Stammhaar auf Kosten der Nebenhaare immer stärker wurde. Es wird ja viel früher angelegt und dominirt daher stets in der Haargruppe; es konnte also leicht den Nebenhaaren die Nahrung entziehen und zur eigenen Vervollkommnung verwenden. Warum allerdings dann die eine Haargruppe bestehen blieb, während die andere zu einem Stachel verschmolz, ist schwer zu verstehen. Die Verschmelzung, zunächst bestehend in Nahrungs- und Substanzentziehung, hat erst nur ein Haarbüschel betroffen, dann aber auch die Nachbarbüschel ergriffen, denn wir sehen, dass auf dem Rücken zwischen dem dichten Stachelkleid die Haarbüschel schwächer werden; ihr Stammhaar sinkt fast auf die Stärke des Nebenhaares herab, und auch diese sind spärlicher und kleiner als in den Bündeln der Unterseite, Vielleicht sind auch sie hier zwischen dem starren Stachelkleid überflüssig und dem Untergange geweiht. 9 Das Integument der Monotremen. 197 Die Büschel des Bauches und der Brust hält DE MEIJERE (94) für die einfacheren und ursprünglicheren, weil man hier deutlich an jedem Büschel das Stammhaar unterscheiden kann, weil die Büschel in Reihen gestellt sind und weil die Stacheln fehlen. Den entgegengesetzten Standpunkt wie DE MEIJERE nimmt REH (94) ein. Wenn er auch im Anfang seiner Arbeit schwankt, bezüglich der Stacheln zu entscheiden, „ob wir es hier thatsächlich mit ein- schlägigen Gebilden zu thun haben, oder mit Specialanpassungen, die ja an solcher Stelle nicht auffallen würden“, so hält er doch andererseits \die Stacheln jfür primitive Gebilde von hoher phylogenetischer Bedeutung. Er glaubt sie direct auf die Schuppen der Reptilien zurückführen zu sollen und sieht sie als Uebergangsstufe zwischen Schuppen und Haaren an. „Schuppe — Stachel — Borste — Haar“ skizzirt er den muthmaasslichen phylogenetischen Weg, für die Ableitung des Haares. REH stützt sich dabei besonders auf die ovalen Haare und Stacheln, die bei niederen Säugethieren sehr häufig sind. Monotremen, Edentaten und Insectivoren haben abgeplattete Haare, die Greifstachler und die Stachelschweine haben flache Stacheln. Merkwürdigerweise sind oft nur! die Endtheile Nach', also Sdie zuerst entstandenen. Ich möchte dem entgegenhalten, dass die Stacheln von Zchidna durchaus nicht flach oder oval sind. Sie sind drehrund und haben auch eine konisch zulaufende, nicht platte Spitze, Freilich kann man bei älteren Echidnen Stacheln finden, die an der Spitze platt sind. Aber diese Stacheln sind nicht von Hause aus so geformt, sondern sie sind durch Berührung mit harten Gegenständen abgerieben. Nach SEMmon!) bewohnt Echidna neben den australischen Dickichten von gewissen{Eucalyptus-, Acacia- und Melaleuca-Arten auch zerrissene, unzugängliche Felsgegenden und hält sich in solchen Felsverstecken oder in selbst gegrabenen Höhlen auf. Es ist also reichlich Gelegenheit vorhanden, mit harten Gegenständen in Berührung zu kommen. Besonders an den Stacheln der Seiten zeigen sich die Spuren dieser Berührung da einzelne Stacheln so weit flach abgeschliffen sind, dass die Stachelhöhle frei zu Tage tritt. Dass die Stacheln solchen Verletzungen vielfach ausgesetzt sind, beweisen auch die vielen abgebrochenen Stacheln; namentlich der Schwanz ist reich an Stacheln mit abgebrochener Spitze. Sie haben, wie schon erwähnt, eine den Körperstacheln entgegengesetzte Richtung, stehen nach vorn und auswärts und kommen daher beim Durchzwängen durch enge Erdgänge oder Felsspalten bei geeigneter Haltung des Körpers in die Gefahr, zu sperren und bei der Weiterbewegung nach vorn abgebrochen zu werden. Welche Kraft hierbei in Anwendung kommen muss und wie wenig Rücksicht der Ameisenigel bei solchen Versuchen, ein Versteck zu erreichen, auf seinen Pelz nimmt, versteht man, wenn man einen Echidna-Stachel durchzubrechen versucht. Es bedarf dazu schon grosser Anstrengung. Die abgebrochenen Schwanzstacheln lassen somit die Zweck- mässigkeit ihrer Richtung höchst zweifelhaft erscheinen. Hierbei möchte ich noch eine andere Erscheinung erwähnen an den Borsten und Haaren der Bauchseite sowie an wenigen Stacheln der Weichen an der Uebergangsstelle zwischen Haar- und Stachelkleid. Sie haben an ihrer Spitze kleine Verdickungen oder Knöpfchen; sie sehen ähnlich so aus wie Haare, welche mit Flammen in Berührung gekommen sind. Durch die ständige Berührung mit dem Erdboden beim Laufen u. s. w., denn es betrifft nur die Gebilde der Unterseite und der Weichen, welche dieser Berührung ständig ausgesetzt sind, werden diese Knöpfchen erzeugt, ebenso wie z. B. an Pfählen, selbst an eisernen Gegenständen, Meissel u. s. w. durch beständiges Aufschlagen überhängende Knöpfe entstehen. Diese er- wähnten Verletzungen der Stacheln, die abgeschliffene platte Spitze und die durch Aufstossen auf den Erdboden entstandene Verdickung, trifft man besonders an grösseren Thieren; kleinere sind viel weniger I) R. SEMON, Beobachtungen über die Lebensweise und Fortpflanzung der Monotremen. Zoolog. Forschungsreisen, Bd. II, Jena 1894. Jenaische Denkschriften. VL 2 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 26 198 Das Integument der Monotremen. IO damit behaftet. Da wir doch im Allgemeinen die grösseren Exemplare für älter halten müssen als die kleineren, so ist es klar, dass diese Verletzungen mit dem zunehmenden Alter sich mehren und wir ersehen daraus, dass es sich hier um eine äussere, auf ein mechanisches Moment zurückzuführende Erscheinung handelt, die nicht mit der Natur der Stacheln in Zusammenhang gebracht werden kann. Die Stacheln der Echidna sind also nicht platt, sondern rund, wovon man sich auf Querschnitten. auch hinlänglich überzeugen kann, und damit fällt eine Hauptstütze der Reu’schen Ableitung der Stacheln. aus Schuppen. Die Borsten dagegen sind abgeplattet und wir stossen somit, wenn wir den phylogenetischen Weg Rem’s, Schuppe — Stachel — Borste — Haar, weiter betreten, auf die grosse Schwierigkeit, dass aus den bilateralsymmetrischen Schuppen runde Stacheln und aus den runden Stacheln' wiederum; platte Borsten hervorgingen. Für unsere Auffassung, dass die Stacheln stark entwickelte Haare sind, besteht allerdings dann die umgekehrte Schwierigkeit der Ableitung: der runden Stacheln aus platten Borsten, sowie der Er- klärung der platten Form der Borsten. GoETTE (68) behauptet, dass die flachen Haare entstanden seien durch den Druck, den die Haarwurzel durch ihre Umgebung zu erleiden hat. Dieser Druck ist aber doch bei allen Haaren der gleiche, und es ist nicht einzusehen, weshalb dann platte und runde Haare so ganz planlos neben einander vorkommen. Das Ueberwiegen der platten Haare bei niederen Säugethieren lässt sich vielleicht auf die einstigen engen topographischen Beziehungen zwischen Haaren und Schuppen zu- rückführen. Die Haare, die doch höchst wahrscheinlich unter dem Schutze eines Schuppenkleides entstanden zu denken sind, haben unter dem Druck der platten und eng auf einander! liegenden Schuppen ihre platte Form erhalten. Die platten Haare der tiefer stehenden Thiere haben sich von diesem ehemaligen Einfluss der Schuppen noch nicht so weit frei gemacht, wie die runden Haare der höheren Thiere. Dagegen liesse sich einwenden, dass z. B. am Schwanz der Ratten und Mäuse, wo heute noch Haare unter dem hinteren freien Rande der Schuppen stehen, nur runde Haare vorkommen. Aber hier legen sich ja die Haare früher an als die Schuppen! REH scheint die Schwierigkeiten seines phylogenetischen Weges auch nicht verkannt zu haben, denn er nennt seine Ableitungsversuche der Stacheln und Schuppen „mehr oder minder wahrscheinliche Vermuthungen, für die sich triftige Gründe nicht anführen lassen“. Ich glaube aber durch diese Arbeit triftige Gründe dagegen anführen zu können. Ich möchte hier noch die ausserordentliche Dicke und Festigkeit der Echidna-Haut erwähnen, die man wohl ungezwungen auf die eigenartige Bedeckung zurückführen kann. Die Stacheln sind tief in die Haut eingesenkt. SEMON (l. c.) erwähnt, dass „die feste Haut wie ein Panzer gegen die Bisse der Ameisen schützt. Dagegen bietet dieser Panzer gegen die zahlreichen Zecken des australischen Busches keinen Schutz, denn selten trifft man ein Exemplar ohne diesen Parasiten an“. Dazu kann ich erwähnen, dass die Zecken in so unglaublichen Mengen vorkommen, dass es nicht möglich ist, ihre Zahl an einer Echidna fest- zustellen. Auf einem Stück Haut von ca. 5 cm im Quadrat zählte ich über 100 dieser Schmarotzer; der ganze Rücken war dicht damit bedeckt! Man findet sie auch an solchen Körperstellen, welche die Zchidna ganz gut mit ihren Extremitäten oder mit der Schnauze erreichen kann. Aber die Stacheln hindern sie mit der Schnauze eine Reinigung der Haut vorzunehmen. Wir sehen somit, dass das gegen andere Feinde so nützliche Stachelkleid der Echidna auch zum Nachtheil gereichen kann. Die kleinen Parasiten finden ihren ‚Weg zur Haut trotz des Stachelkleides und die Zchidna kann sich ihrer wegen des Stachelkleides nicht er- wehren! Nur mit dem langen Nagel der 2. Zehe ist der Echidna die Möglichkeit gegeben, auch zwischen den Stacheln ihren Pelz zu bearbeiten, und sie macht von diesem Kratz- und Reinigungsorgan auch aus- giebigen Gebrauch, wie ich wiederum an der lebenden Echidna öfters beobachten konnte. Dass aber die Bearbeitung des Pelzes mit dem Nagel allein nicht ausreichend ist, beweisen die vielen Zecken; auch kann Il Das Integument der Monotremen. 199 sie mit den hinteren Extremitäten nicht alle Körperstellen erreichen. Ausserdem muss sie bei diesen Reinigungsversuchen immer noch vorsichtig zu Werke gehen und sorgfältig an der Stelle, die sie be- arbeiten will, ihre Stacheln auseinanderlegen. Es zeigt aber immerhin diese Benutzung des langen Nagels der 2. Zehe als Kratzorgan seine Bedeutung in noch anderem Lichte denn nur als Graborgan. Wenn wir nun nach dieser Schilderung des Kleides der australischen Echidna einen Vergleich an- stellen mit dem Kleide anderer stachelbewehrter Thiere, des Erinaceus europaeus L., Hystrix cristata, L. und Cercolabes prehensilis BRDT., so ergiebt sich, dass alle die anderen Stacheln, so gewiss sie phylogenetisch alle gleichmässig als stark entwickelte Haare aufzufassen sein werden, wenn dies auch für Aystrix und Cercolabes durch die Entwickelungsgeschichte noch nicht nachgewiesen ist, doch in Form, Grösse und Anordnung er- heblich von einander abweichen. Eine auffällige Uebereinstimmung aller anderen Stacheln gegenüber den Echidna-Stacheln besteht darin, dass sie an der Spitze weiss sind. Die Echidna-Stacheln haben, abgesehen von den wenigen ganz gelben, eine schwarze Spitze. Bei Erinaceus, Hystrix und Cercolabes sind alle Stacheln mit Ausnahme der wenigen ganz weissen, an der Spitze schneeweiss. Dann erst folgt eine in ihrer Länge variirende schwarze Partie, und der untere Theil ist wiederum weiss. Die Stacheln der Igel sind eigentlich alle gleichmässig gefärbt. Bei dem Stachelschwein nimmt die weisse Färbung der Stacheln nach dem hinteren Körperende zu. Auf den Schultern trifft man fast nur tiefschwarze Stacheln, im Schwanz einzelne ganz weisse. Cercolabes hat auf dem Kopf und Schwanz gänzlich weisse Stacheln. Die alten Stachel- schweine haben auf dem Kopf einen Schopf von weissen Borsten. Betrachten wir nun die Anordnung der Stacheln zunächst einmal an unserem einheimischen Igel etwas genauer, so fällt als Erstes die scharfe Grenze auf, mit der sich das Stachelkleid überall an den Weichen und auch am Kopfe von dem Haarkleide abhebt. Es sind nicht die continuirlichen Uebergänge vorhanden. Der Igel hat nur eine Sorte von Stacheln, welche, von ganz minimalen, nur mit Instrumenten messbaren Schwankungen abgesehen, alle gleich gross und wie schon erwähnt, gleich gefärbt sind. Höchstens am Kopf findet man einige wenige feinere Stacheln, aber ohne allmählichen Uebergang. Zwischen den Stacheln fehlt jegliches Haar; es scheint also hier schon das ganze Haarkleid in den Stacheln auf- gegangen zu sein. Die Richtung der Stacheln ist nicht regelmässig; sie stehen kreuz und quer durch einander, lassen keine bestimmte Gruppirung oder Stellung erkennen und liefern somit einen vorzüglichen Schutz. Das Haarkleid bildet Gruppen von 12—15 Haaren. Die auffallendste Bedeckung ist wohl die des südeuropäischen Stachelschweines. Die Stacheln können bei alten Thieren mehr als '/, m Länge erreichen und sind wegen ihrer praktischen Bedeutung ein Handelsartikel geworden. Nicht minder auffällig als ihre Länge ist auch ihre platte Form und ihre Stellung. Die kleineren Stacheln sind wie die Borsten völlig platt, die grossen Stacheln aber höchstens an der Spitze etwas ab- geplattet, sonst rund. Zwischen den Borsten und Stacheln sind auch hier alle Abstufungen ausgebildet. Die Stellung der Stacheln und Borsten ist eine äusserst regelmässige. Stets werden Gruppen gebildet von 5—8 oder gar IO—I2 Stück. Doch stehen in diesen Gruppen grosse und kleine Stacheln oder Borsten in keinem besonderen Zahlenverhältniss. In jeder Gruppe können beliebig viele grosse oder kleine Stacheln vorhanden sein. Sie gruppiren sich auch nicht um einen bestimmten Stachel, sondern alle Stacheln einer Gruppe, gleichviel welcher Grösse sie sind, stehen in einer geraden Linie neben einander. So entsteht der Anblick eines nach Schuppen sich regelnden Stachelkleides, dem die Schuppen aber entschwunden sind. Die Gruppen sind I—2 cm von einander entfernt und die Haut dazwischen völlig nackt. Die wenigen Borsten, welche mit dem Stachelkleid untermischt sind, stehen stets dicht vor oder dicht neben den Stacheln. 2 * 26 * 2 200 Das Integument der Monotremen. 12 wenn auch in besonderen Hautöffnungen. Ein eigentliches feineres Haarkleid aus Wollhaaren fehlt; selbst der Kopf und die Beine sind mit steifen, platten Borsten besetzt, welche derselben Anordnung und Gruppirung unterliegen wie die Stacheln des Rückens. Der dritte Vertreter der Stachelthiere, der südamerikanische Greifstachler, Oercolabes prehensilis BRDT., hat wieder ein ganz anderes Aeussere. Bei ihm beginnen die Stacheln gleich über der Nase, schon vor den Augen, so dass die Schnauze bis auf die Spürhaare frei von jeglichem Haarkleid ist. Die Stacheln setzen sich weit auf die Bauchseite, bis auf die Mitte des Schwanzes und an den Extremitäten bis auf die Unterschenkel fort und gehen ganz allmählich in kurze, starre und spitze Borsten über. Die Stacheln sind zwar klein, stehen aber sehr dicht und bilden dieselben breiten Gruppen, wie bei Hystrix, nur treten die Gruppen bei dem dichten Stachelkleid nicht so klar zu Tage. Eine andere Art Greifstachler, Cercolabes villosus, hat, wie schon sein Name sagt, ein dichtes, langes Haarkleid. Aber unter den Haaren steht ein wohlausgebildetes Stachelkleid aus ’gelben und braunen Stacheln, ebenfalls in breiten Gruppen angeordnet, welche an ein Schuppenkleid erinnern. Alle diese Verschiedenheiten in der Stachelbekleidung der besprochenen Thiere vermögen unsere ein- heitliche phylogenetische Auffassung nicht zu erschüttern. Es sind Verschiedenheiten wie sie die Thiere auch in der Organisation anderer Körpertheile aufzuweisen haben. Ich betrachte sie nur als Variationen ein und desselben Themas, als Verschiedenheiten in der Form und Construction, genau so, wie sich Entwürfe mehrerer Baumeister oder Handwerker, die unabhängig von einander denselben Auftrag ausgeführt haben, von einander unterscheiden würden. Der Haut des erwachsenen Thieres, dem Stachel- und Haarkleid, musste ich eine ausgedehntere Besprechung /widmen, weil wir im Verlaufe der Entwickelungsgeschichte, zu der ich nunmehr übergehe, öfters darauf zurückgreifen müssen. Die Entwickelung der Stacheln und Haare von Echidna. Die Stadien 40—45 sind Embryonen, welche der Schale von Beuteleiern entnommen wurden. Die weiteren Stadien sind Beuteljunge. Die jüngsten Stadien, 40—43 zeigen weder Haar- noch Stachelanlage. Es beginnt in diesem Alter erst die Ausbildung der verschiedenen Epidermisschichten. Stadium 40 hat erst eine 2 Zellenlagen dicke Epidermis, deren Zellen, im Grossen und Ganzen kuglig, noch keine bestimmte Lage einnehmen und noch keinen Unterschied in der Form erkennen lassen. Die Kerne der tiefsten Zelllage präsentiren sich noch nicht als basale Cylinderzellenschicht der Epidermis. Erst im Stadium 43 erfolgt die deutliche Abgrenzung dieser Cylinderzellenlage, die Kerne liegen regelrecht neben einander, haben mehr ovale Formen angenommen und sind senkrecht zur Oberfläche gestellt. Darüber liegen noch 2 Zellenlagen, deren oberste sich von der anderen dadurch deutlich abhebt, dass ihre Kerne wagerecht zur Oberfläche der Haut liegen und schon spindelförmig oder gar abgeplattet sind. Die Epidermis besteht somit in diesem Alter erst aus 3 verschiedenen Lagen, einer basalen mit Cylinderzellen, einer mittleren mit runden und einer oberen mit spindelförmigen Zellen. Sie bilden aber zusammen nur eine einheitliche Schicht. Irgendwelche Veränderungen in der basalen Zellenlage, welche man als Stachel- oder Haaranlage deuten könnte, sind noch nicht aufgetreten. Erst im folgenden Stadium 44 zeigen sich an einzelnen Stellen geringe Verdickungen der Epidermis nach innen, Epithelzapfen, die ersten Anlagen der Stacheln oder Haare. Die Epidermis umfasst an solchen verdickten Stellen 5—6 Zellenlagen, von denen die oberste schon deutlich abgeplattet ist, der erste Anfang eines Stratum corneum. Zur feineren mikroskopischen Untersuchung ist dieses Stadium jedoch weniger werthvoll; der Embryo war vor der Conservirung bereits abgestorben, 13 Das Integument der Monotremen. 201 infolge dessen sich die ganze Epidermis abgelöst hat und Schrumpfung zeigt, die besonders die Kerne der basalen Reihe betroffen hat, die protoplasmareichsten und lebensfrischesten Kerne. Ebenso ist der folgende Embryo, in der Grösse „etwa wie 45“ bezeichnet, stark geschrumpft und gerunzelt, so dass auf der Oberfläche der Haut allerhand Zacken und Erhebungen entstanden sind, die wenn auch meist höchst unregelmässig, stellenweise doch regelmässig bogenartig neben einander folgen und den Eindruck richtiger Cutispapillen machen können. Sie müssen unsere Aufmerksamkeit zunächst fesseln, um so mehr als auf ihnen vielfach die Stachel- anlagen liegen, so dass ähnliche Bilder hervorgerufen werden, wie sie GoETTE (68) und FEIERTAG (75) für die Haaranlagen mancher Säugethiere abbilden. Die Regelmässigkeit dieser Gebilde ist auffällig, denn die mächtigen Anlagen liegen meist in der Mitte der scheinbaren Cutispapillen, nur einzelne sind seitlich ge- lagert. Viele Bogen haben freilich überhaupt keine Anlagen. Diese bogenartigen Erhebungen könnte man für höchst bedeutungsvoll halten und in ihnen die letzten Reste eines ehemaligen Schuppenkleides erblicken. Dieser Auffassung kann ich aber nicht beipflichten, denn mir scheinen diese ganzen schönen Cutispapillen mit den auf ihnen liegenden Stachelanlagen rein zufällige Schrumpfungserscheinungen zu sein. Ich stütze mich dabei erstlich auf die Angaben von HOCHSTETTER, welcher die Embryonen 40—47 in Schnittserien zerlegt hat und bei diesem Embryo „etwa wie 45“ ausdrücklich bemerkt, dass er stark geschrumpft und die Haut überall gerunzelt gewesen sei. Es sind ferrer diese Erhebungen nur bei diesem einen stark ge- schrumpften Embryo zu sehen, nicht aber in späteren Stadien, weder bei dem vorzüglich erhaltenen Embryo 45, welcher dem geschrumpften in der Grösse entspricht, noch bei den grösseren Embryonen. Drittens, und dieser Grund ist der wichtigste, zeigt sich bei starker Vergrösserung, dass die Cutis nirgendwo eine Zellveränderung aufweist. Den Erhebungen der Cutis müsste aber eine Vermehrung der Cutiszellen zu Grunde liegen. Allerdings bleibt immer noch auffällig, dass die Stachelanlagen gerade auf der Mitte der Cutiserhebungen liegen. Ich glaube aber, auch diese Erscheinung lässt sich ohne weiteres aus der Schrumpfung der Haut erklären. An den Stellen, wo die Epidermis durch die Stachelanlagen stark verdickt ist, kann die Schrumpfung der Haut weniger leicht einsetzen als zwischen den Anlagen an der dünneren Epidermis. Und da die Stachelanlagen in ziemlich gleichmässigen Abständen liegen, müssen solche regel- mässige Bogen, die Cutispapillen nicht unähnlich sehen, zu Stande kommen. Stadium 45 bietet bei seinem guten Erhaltungszustand ein besonders hohes Interesse, weil hier schon äusserlich an der Haut Erscheinungen wahrzunehmen sind, welche zu mannigfacher Deutung Anlass geben könnten. Ich bitte daher zunächst die Semon’schen Abbildungen der ganzen Embryonen, Fig. 45 und 46 auf Taf. X des II. Bandes dieses Werkes, zu betrachten. Die Embryonen sind auf der Oberseite dicht mit hellen Flecken bedeckt, welche im Stadium 45 deutlicher sind und unregelmässig, vertheilt liegen, im Stadium 46 dagegen kleiner erscheinen, schärfer hervortreten und regelrechte Längsreihen erkennen lassen. Es liegt sehr nahe diese Flecke für Erhebungen der Haut zu halten und auch SEMoN (94) bemerkt dazu: „Im Stadium 45 machen sich auf der Haut die flachen Protuberanzen bemerklich, deren Auftreten bekanntlich bei den Säugethierembryonen die Haar- beziehentlich Stachelbildung einleitet, obwohl später noch Haarkeime ohne Höckerbildung auftreten können. Auf jüngeren Stadien (45, 46) kann ich eine be- sondere Regelmässigkeit in der Anordnung der Höckerchen nicht wahrnehmen; auf mittleren Entwickelungs- stadien aber herrscht eine gewisse Regel in ihrer Aufstellung und Vertheilung.‘“ SEMOoN ist auf diese interessante Erscheinung in der Haut nicht näher eingegangen, um meiner Untersuchung über die Haut nicht weiter vorzugreifen; er erwähnt sie nur kurz bei der Abbildung der Embryonen und bei der Beschreibung der Entwickelung der äusseren Körperform. Wenn nun solche Höckerchen auf der Haut stehen, so müssen sie natürlich unter dem Mikroskop 202 Das Integument der Monotremen. IA in den Schnitten wiedererscheinen. Aber die Untersuchung der Schnittserien der Stadien 45 und 46 zeigt überall eine glatte, ebene Oberfläche der Epidermis und nirgendwo Erhebungen auf der Haut. | In diesen Stadien 45 und 46 ist nichts von jenen Bogen und Papillen zu sehen, welche uns am Embryo „etwa wie 45“ interessirten. Damit ist also meine Annahme, es seien Kunstproducte der Schrumpfung, zur Genüge erwiesen. In diesen fraglichen Stadien mit den von SEMmon erwähnten Protuberanzen liegen nur Einsenkungen der Epidermis, die Anlagen der Stacheln, und ich halte diese Anlagen (Fig. I—3 meiner Tafel) für identisch mit den äusserlich auf dem Embryo sichtbaren hellen Flecken, den Protuberanzen SEemon’s. Eine Erklärung dafür, dass sich die Epidermiszapfen dem Auge als weisse Flecke präsentiren, lässt sich unschwer geben. Der kleine Embryo ist transparent, bis zu einem gewissen Grade durchsichtig. Die verdickten Stellen der Epidermis, die Stachelanlagen, sind weniger transparent als die anderen dünneren Strecken. Man kann hier, wo die Zellschichten des Epithels doppelt so zahlreich sind und die Kerne viel dichter liegen, nicht so tief in den Embryo hineinsehen; die Strahlen werden reflectirt und daher erscheinen die hellen Flecke. SEMON sagt: „auf jüngeren Stadien (45, 46) kann ich eine besondere Regelmässigkeit in der An- ordnung der Höckerchen nicht wahrnehmen.“ Ich glaube, dass man in dem Stadium 46 (Taf. X, Fig. 46) ohne Weiteres alternirende Längsreihen erkennen kann. In der Abbildung 45 treten diese Längsreihen allerdings noch wenig hervor, sie sind aber iedenfalls schon vorhanden, denn man kann nicht sagen, dass hier die hellen Flecke völlig regellos angeordnet sind. Die Flecke sehen in beiden Stadien verschieden aus. Im jüngeren Alter (Fig. 45) sind sie grösser, unregelmässiger geformt und treten nicht so scharf hervor. Beim Embryo 46 sind sie präciser ausgebildet, sie sind zwar kleiner, aber dafür schärfer und distincter. Diese Erscheinung lässt sich auf das fortschreitende Wachsthum der Stachelanlagen beziehen. Letztere beginnen zunächst mit einer Wucherung der Epithelzellen, welche einen verhältnissmässig grossen und breiten Bezirk der Epidermis ergreift und zur Vorwölbung nach unten treibt (Fig. I—3 meiner Tafel). Diese Vorwölbung hat aber noch keine bestimmte Form, sie hebt sich noch nicht scharf ab und somit erscheint sie auf dem Stadium 45 als heller Bezirk von unregelmässiger Begrenzung. Erst mit der fortschreitenden Wucherung der Epidermiszellen 'wird die Anlage weiter in die Tiefe getrieben und scharf herausmodellirt, sie erscheint alsdann als schärfer begrenzter runder Fleck (Fig. 46). Im späteren Alter geht diese runde Form freilich wieder entsprechend der fortschreitenden Schrägstellung der Stachelanlagen in eine ovale über (Fig. 47). Ich habe diese Flecke immer als Stachelanlagen bezeichnet, was noch erst bewiesen werden muss. Es könnten doch ebenso gut Haaranlagen sein, denn den Anlagen selbst kann man das nicht ansehen, ob Haare oder Stacheln aus ihnen hervorgehen. Aber die Frage lässt sich dennoch schon jetzt entscheiden, durch Vergleich der Abbildungen 45 und 46. Embryo 45 hat nur auf der Oberseite solche hellen Flecke, die Bauchseite ist noch frei davon. Erst im nächstfolgenden Stadium 46 treten die Flecke auf der Bauch- seite auf. Ich glaube schon aus diesem Umstand schliessen zu dürfen, dass sich die Stacheln zuerst anlegen und dass die Flecke auf der Rückenseite die Anlagen der Stacheln sind, während die Haaranlagen auf der Bauchseite erst später auftreten. Diese Annahme wird auch bestätigt durch die Untersuchung der späteren Stadien. Wie ein Blick auf die Abbildungen 47—53 der Tafel XI lehrt, brechen die Stacheln auch zuerst durch. Stadium 53 ist bereits mit einem dichten Kleide feiner Stachelspitzen bedeckt, während auf der Bauchseite die Haare noch nicht zum Vorschein gekommen sind. Die Anordnung der hellen Flecke in Längsreihen ist auf Stadium 46 unverkennbar. Die Stacheln sind auch noch beim Durchbruch (Stad. 53) in deutlichen Längsreihen angeordnet, während, wie wir ein- gangs sahen, am erwachsenen Ameisenigel sich diese Längsreihen nur noch in der Anordnung der starken 15 Das Integument der Monotremen. 203 Stacheln, welche vor den anderen auffallen, aussprechen. In der Anlage sind beide Stachelsorten zunächst nicht von einander zu unterscheiden. Die Abbildungen 45--47 zeigen nur eine Sorte von weissen Flecken. Erst vom Stadium 52 tritt hierin ein Unterschied ein. Die Stachelanlagen, die hier schon stark verhornt sind und mit ihrer Spitze die Haut !zu durchbrechen beginnen, sieht man als feine dunkle Punkte; unter ihnen treten einzelne grössere hervor, die in bestimmten Ab- ständen stehen und an Zahl gegen die anderen feineren bei weitem zurückbleiben. Es sind dies die grösseren Stacheln. In der Fig. 52 der Semon’schen Tafel XI ist dieses Verhältniss nicht zu sehen, weil nur die grösseren Stacheln eingezeichnet e sind. Die nebenstehende Textfigur I zeigt uns ein Stückchen Haut des Embryo 52 ; = 2 Fig. ı. Anordnung der um das Verhältniss der grossen und kleinen Stacheln zu zeigen. Die Längsreihen in Stachelanlagen im Sta- dium 48, von oben ge- ihrer Anordnung sind erkennbar. schen. Nat’Grösse. Doch kehren wir zunächst noch einmal zurück zum Stadium 45, um uns die Haut mikroskopisch bei starker Vergrösserung näher anzuschauen. Die Fig. I und 2 geben zwei solcher Stachelanlagen in diesem Alter wieder. Die Veränderungen in der Epidermis haben zunächst die basalen Zellen betroffen; sie sind grösser geworden, ihre Kerne haben eine deutliche ovale oder cylindrische Form angenommen {und grup- piren sich meilerartig, wie MAURER (92) für die Haaranlagen verschiedener Säugethiere abgebildet hat. Sie convergiren leicht gegen das Centrum der Stachelanlage und werden von 4—5 Schichten runder oder leicht abgeplatteter Kerne überlagert. Zu äusserst liegt darüber eine Schicht ganz platter Epithelzellen, die zum Theil (Fig. 2) ihre Kerne schon verloren haben. Doch sind alle Schichten über der Stachelanlage nicht wesentlich anders geformt und geordnet als an den übrigen Stellen der Epidermis, wo sich keine Stachelanlagen finden. Wir sehen also daraus, dass es ausschliesslich die Zellen der tiefsten Lage der Epidermis sind, welche eine Vermehrung und Veränderung erleiden, und diese heben sich in der Stachelanlage deutlich von den anderen runden Kernen ihrer eigenen Schicht und der darüber liegenden Schichten ab. Die Cutis hat sich bisher an der Anlage des Stachels nicht betheiligt; bei der Mehrzahl der Anlagen ist eine Vermehrung der Cutis- zellen nicht zu constatiren, wie Fig. 2 zeigt. In Fig. ı scheint eine solche Vermehrung der Cutiszellen ein- getreten zu sein, denn die Kerne lagern unter der Epithelknospe dichter als anderswo. Aber dadurch, dass die Epidermis durch die Stachelanlage gegen die Cutis prominirt, werden die Zellen der letzteren etwas zusammengedrückt und liegen infolge dessen hier dichter zusammen. Selbst wenn an dieser Stelle auch wirklich eine Vermehrung der Cutiszellen stattgefunden hat, so kann man sie doch auch darauf zurück- führen, dass die Cutis durch den Druck, welchen sie unter der sich einsenkenden Epidermis erleidet, zur erhöhten Zellwucherung veranlasst wird. Jedenfalls erblicke ich in dieser Wucherung der Cutis nichts Primäres, denn sie beginnt erst, nachdem schon die Epidermis sich gegen sie vorgewölbt hat und wird erst mit der fortschreitenden Tieferlagerung der Stachelanlagen beträchtlicher. In Fig. 4 sind 3 Stachelanlagen neben einander abgebildet, um ihre regelmässige Anordnung zu zeigen. Die Cutis hat hier schon ein ver- ändertes Aussehen, aber nur unter den Stachelanlagen, nicht zwischen ihnen, und die scheinbaren Erhebungen der Cutis zwischen dıesen 3 Anlagen sind nur durch die Einsenkung der Epidermis entstanden, ebenso wie ich früher (96) für die Haaranlagen am Rattenschwanz nachgewiesen habe. Sie sind gewissermaassen die 3 Nega- tive zu den 3 Positiven der Stachelanlagen. Die Einsenkung der Epidermis ist der active Vorgang, und die Cutis ist erst in zweiter Linie daran betheiligt. Wirkliche Cutispapillen, wie sie GoETTE (68), FEIERTAG (75) und Davies (89) für die Haut mancher Säugethiere nachgewiesen haben, habe ich beim Ameisenigel in solchen jungen Stadien weder bei der Stachel- noch bei der Haaranlage gefunden. Davies (89) betrachtet bei unserem einheimischen Igel solche Corium- erhebungen, „eine kleine Ansammlung von Dermazellen unmittelbar unter einer leichten Erhebung der Epi- 204 Das Integument der Monotremen. 16 dermis“ schon als erstes Stadium der Stachelanlage und bildet sie als solches ab. MAURER (92) hat ihr diese Bedeutung eines ersten Stadiums mit vollem Recht abgesprochen. Denn die Ansicht GoETTE’s (68), dass die erste Anlage eines Haares in einer kleinen Erhebung der Cutis, welche mit dem nunmehr auf ihr ent- stehenden Epithelzapfen wieder in die Masse der Lederhaut zurücksinke und dort die Haarpapille darstelle, dass also somit den Haaren ebenso wie der Schuppe und Feder eine papilläre Erhebung zu Grunde liege, ist schon von FEIERTAG (75) zur Genüge eingeschränkt worden, welcher nachwies, dass die Entstehung der Haare mit solchen Cutishöckern in keinem ursächlichen Zusammenhang stehe, sondern vielmehr ein zufälliges topographisches Zusammentreffen sei, da sich viele solcher Papillen ohne Haaranlagen finden und da ferner sich die meisten Haare ohne Papillenbildung anlegen. Für die Phylogenie der Hautbedeckung im Allge- meinen sind diese Coriumerhebungen jedenfalls bedeutungsvoll, nicht aber für die Ontogenie des Haar- oder Stachelkleides. Ich erblicke in ihnen die letzten Reste eines ehemaligen Hautpanzers der Vorfahren der Säuge- thiere und möchte sie daher als „primäre Cutispapillen“ bezeichnet wissen, erstlich um damit die hohe Bedeutung anzugeben, welche ihnen als Erbstück aus einer früheren Periode zukommt, und zweitens um sie vor Verwechselungen mit phylogenetisch weniger wichtigen Gebilden, anderer morphologischer Bedeutung, als Epidermishöcker, Haarpapille u. s. w. zu schützen. Solche primäre Cutispapillen halte ich mit WEBER, MAURER und REH unzweifelhaft für homolog mit der ersten Federpapille und der Anlage der Reptilien- schuppe. Sie sind aber nicht zu identificiren mit der Haarpapille, die sich erst später zur Befestigung und Ernährung des Haares gebildet hat, ebenso wie z. B. die Zahnpapille. Hautpapille und Haarpapille sind wohl physiologisch gleichwerthig, da sie beide der Ernährung dienen. WEBER (93 p. 4I4 Anm.) glaubt das Fehlen der Cutispapillen bei den meisten Haaranlagen darauf zurückführen zu sollen, dass sich die hohe specialisirte Leistung, welche der epitheliale Theil des Haares im Laufe seiner langen Entstehungsgeschichte erlangte, auch schliesslich bei der ersten Anlage des Haares durch vorschnelle Bethätigung des epithelialem Theiles bemerkbar machte, wodurch der bindegewebige Theil allmählich zurücktrat. Er meint also, die spätere Anlage der Cutispapillen nach der Epithelknospe sei cänogenetisch. Es wäre das nicht der erste Fall, dass ein Organ allmählich eine ontogenetische Entwickelung erlangte, die mit seiner phylogenetischen nicht mehr in Einklang steht. Aber in einer solchen Cänogenese liegt eben schon eine secundäre Veränderung. Die Haarpapille ist dann nicht mehr die Hautpapille Das einzig Primäre bleibt dann nur noch das Vermögen der Haut, solche Papillen zu bilden, das ja ein altes Erbstück ist. Aber die Papille liegt an ganz anderer Stelle, tritt später auf und dient einem ganz anderen Gebilde als Befestigungsorgan. Die Papillen der Haut können stets nur in derselben Weise gebildet werden, als Erhebungen. Dass solche Bildungen aber öfter statthaben können, sieht man schon daraus, dass für das Haar bei jedem Haarwechsel eine neue Papille gebildet wird. Solche „primären Cutispapillen“ werden uns auch bei Echidna noch begegnen, aber erst im späteren In dem bisher besprochenen Alter war jedoch nichts davon zu finden, und bei den lückenlosen Serien der ganzen Embryonen, an denen die Haut noch zart und nicht weiter differenzirt war, wären mir diese Cutiserhebungen nicht entgangen, zumal ich besonders darauf geachtet habe. Wohl sah ich mehrmals ganz minimale Erhebungen der Epidermis nach aussen und zwar an solchen Anlagen, unter denen schon früh eine Vermehrung der Cutiszellen aufgetreten war und deren Epidermiszellen besonders dicht und zahl- reich waren. Ich denke, diese starke und schnelle Vermehrung der Epithelzellen in den Stachelanlagen müsste eine solche kleine Prominenz an der Oberfläche hervorrufen, zumal wenn ihnen unten durch Vermehrung: Alter. der Cutiszellen ein grösserer Widerstand entgegengesetzt wird! Diese Höckerchen auf der Oberfläche der Haut sah ich nur ganz vereinzelt, sie sind meines Erachtens nicht auf einen activen Vorgang der Cutis zurückzuführen. 17 Das Integument der Monotremen. 205 An den Haaranlagen des Maulwurfs fand MAURER (92) auf der Höhe der Haaranlage eine centrale Einziehung des Epithels. AufFig. ı meiner Tafel könnte man eine kleine eingesenkte Stelle an der Oberfläche der Epidermis über der Stachelanlage finden, aber ich glaube, sie kann bei der mehrschichtigen Epidermis über der Stachelanlage nicht mit dieser in Zusammenhang gebracht werden. Bei Talpa ist die basale Cylinder- zellenlage zweischichtig und durchbricht die anderen darüber liegenden Schichten der Epidermis, so dass die Haaranlage zuweilen die freie Oberfläche erreicht. Die Haaranlage ist dadurch vielmehr als Knospe herausmodellirt, welche sich durch die ganze Epidermis hindurch von der basalen Zellenreihe bis zum Niveau der Haut scharf abhebt. Das ist aber bei den Stachelanlagen von Echidna nicht der Fall. Die scharfe Abgrenzung betrifft nur die Zellen der basalen Reihe, welche in der Stachelanlage länglich und spindelförmig sind. Aber schon in der nächsten darüber folgenden Schicht liegen nur noch vereinzelte läng- liche Kerne, welche sich zwischen die untersten einkeilen, und dann folgen Zellschichten, welche sich von der übrigen Epidermis nur in der Anzahl, nicht aber in der Form unterscheiden. Die Stachelanlage ist von einer vollschichtigen Epidermis überdeckt, sie ist von vornherein mehr in die Tiefe gerückt, so dass ein so typisches Knospenbild wie bei der Haaranlage des Maulwurfs nicht zu Stande kommt. Es geht daraus hervor, dass allein die tiefste Zellenlage der Epidermis den ersten Anstoss zur Bildung der Stachel- anlage giebt. Bei einem Embryo der Semon’schen Sammlung, der erst nach dem Absterben in der Mutter con- servirt worden war, hatte sich die ganze Epidermis mit allen daranhängenden Epithelzapfen, den Stachel- anlagen, völlig abgehoben. Auch diese glatte Trennung von der Cutis spricht dafür, dass die Stacheln in ihrer ersten Anlage rein epidermoidale Gebilde sind, an denen die Cutis völlig unbetheiligt ist. Natürlich ist diese Loslösung erst bei der Conservirung erfolgt, nachdem durch das Absterben des Embryos die Epidermis bereits gelockert war. Aber ich meine, diese Loslösung wäre eben nicht eingetreten, wenn nicht hier von Natur schon eine scharfe Trennung existirte. Die an den wenigen bisher untersuchten Embryonen gewonnenen Resultate können wir dahin zusammenfassen, dass die erste Anlage der Stacheln des Ameisenigels ausschliesslich ausgeht von einer scharf umgrenzten, knospenartigen Wucherung der basalen Zellen- lage der Epidermis, an denen von einer Cutispapille nichts nachzuweisen ist. Die Stachelanlagen zeigen sich schon äusserlich an den kleinen Embryonen als helle Flecke in der Anordnung regelmässiger Längsreihen. Im Stadium 46 hat die Anlage der Stacheln insofern Fortschritte gemacht, als die Epithelzapfen länger geworden sind, tiefer in die Cutis eindringen und schon eine schräge Stellung einzunehmen beginnen. Einzelne Zapfen überragen die untere Grenzlinie der Epidermis bereits um 7—8 Zellenlagen (Fig. 5). Es scheint hier die ganze Anlage noch mehr unter das untere Niveau der Epidermis gesunken zu sein, denn die über sie hinwegziehende Epidermis, von der Höhe der basalen Cylinderzellenlage ab, unterscheidet sich durchaus nicht von der übrigen Epidermis. Letztere lässt in diesem Alter schon eine deutliche Differen- zirung in scharf unterscheidbare Schichten erkennen. Zu unterst das Stratum Malpighii mit der schon oft erwähnten Cylinderzellenschicht in der Tiefe und 3 Lagen cubischer Zellen darüber. Dann ein Stratum lucidum, aus 3 Lagen abgeplatteter Zellen, die stark lichtbrechend sind, im Innern aber den stäbchen- förmigen und immer noch tingirbaren Kern enthalten. Diese beide Schichten sind wirklich scharf gegen einander abgesetzt und beim ersten Anblick sofort zu unterscheiden. Die untere Schicht aber ist einheitlich; man kann wohl 4 Zellenlagen an ihr unterscheiden, doch halte ich alle Versuche, sie in verschiedene Schichten aufzulösen, für verfehlt. Das Stratum lucidum hebt sich durch seine Färbung schön ab, es ist Jenaische Denkschriften. VI. 3 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 27 206 Das Integument der Monotremen. 18 lichtblau gefärbt; aber in dieser lichtblauen Schicht liegen noch die roth gefärbten Kerne, wenn sie auch schon stark zusammengeschrumpft sind und wie kleine Stäbchen aussehen. Man kann daher hier noch nicht von einem Stratum corneum reden. Nicht alle Stachelanlagen sind schon so weit vorgeschritten. Viele stehen noch auf der Aus- bildungsstufe der Fig. ı und 2. Die Betheiligung der Cutis hat selbst an den schon tiefer eingesenkten Anlagen noch keine besonderen Fortschritte gemacht (Fig. 5). Eine Stachelanlage war schon so weit schräg in die Tiefe gerückt, dass ihr unterer Theil als Querschnitt ohne Zusammenhang mit der Epidermis getroffen wurde. Sie war rings umgeben von einem Saume dichtgelagerter Cutiszellen, aber die Betheiligung der Cutis ist durchaus nicht stärker, als bei den Haaranlagen anderer Thiere. Einen Unterschied zwischen der Haut des Rückens und der des Bauches konnte ich in diesem Alter nicht mehr constatiren. Schon bei dem Embryo 46 (siehe Fig. 46 der SEemon’schen Tafel) ist auch die Bauchseite mit hellen Flecken bedeckt, wie sie beim Embryo 45 nur den Rücken zieren. Auf den Schnitten zeigen sich dieselben Anlagen wie auf den Schnitten dürch die Haut des Rückens; sie unter- scheiden sich in nichts von den Anlagen der Stacheln, und wir können nur daraus, dass die erwachsene Echidna auf der Unterseite mit Haaren und nicht mit Stacheln bedeckt ist, schliessen, dass wir hier die Anlagen dieser Haare vor uns haben. Dass die Anlagen von Haar und Stacheln völlig gleich sind, kann man leicht feststellen, wenn man von den Weichen ein Stückchen Haut aus dem Grenzgebiet zwischen Haar- und Stachelkleid schneidet. Von dem nächstfolgenden Stadium 47 ist vor allem zu bemerken, dass sich zwischen die grösseren, schon weiter vorgeschrittenen Anlagen noch neue, jüngere einschieben, welche den ersteren an Grösse nicht nachstehen, aber infolge des jüngeren Alters nicht auf gleicher Ausbildungsstufe mit ihnen stehen. Die ersteren sind bereits in die Tiefe gerückt und auf den Schnitten als runde Ouerschnitte getroffen. Die neuen Anlagen ragen eben erst knospenförmig in die Cutis hinein. Besondere Regelmässigkeit ist darin ausgesprochen, dass sie meist zwischen den ersten Anlagen erscheinen. Diese neuen Anlagen unterscheiden sich jedoch in ihren histologischen Details gar nicht von den zuerst gebildeten Anlagen. Die Betheiligung der Cutis geschieht in derselben schwachen Weise. Junge Keime können schon von einer schwachen Wucherung der Cutis umgeben sein, weiter vorgeschrittene dagegen noch nicht. Im Uebrigen ist von dem Stadium 47 nur noch erwähnenswerth, dass sich die Epithelkeime manchmal von der Cutis vollständig abgehoben haben. Es entsteht dann ein deutlicher Spalt um den unteren Rand und die Seiten der Knospe. Wenn hier auch die Schrumpfung bei der Conservirung mit- gewirkt hat, die ja doch auch bei der vollkommensten Conservirung. immer noch in geringem Maasse eintritt — die Conservirung dieses Embryos lässt übrigens nichts zu wünschen übrig — und also der Spalt immerhin als ein Kunstproduct anzusehen ist, so zeigt er doch deutlich die scharfe Abgrenzung dieser Anlagen gegen die Cutis. Während ich die ersten Stadien bereits als fertiggestellte Schnittserien erhielt und die Untersuchung der äusseren Verhältnisse nur nach den Abbildungen der Embryonen vorgenommen werden konnte, habe ich vom folgenden Stadium 48 an die Embryonen selbst mit der Lupe studiren und mich über die Anordnung der Stachel- und Haaranlagen orientiren können, ehe ich die Hautstückchen zur Herstellung der Schnitt- serien entnahm. Die mikroskopische Untersuchung ergänzt sich also hier mit der äusseren Inspection. In diesem Alter sind die Stachelanlagen noch deutlich als helle Flecke zu sehen. Zunächst scheinen sie namentlich beim Anblick von der Seite keine besondere, regelmässige Anordnung zu haben; beschaut man aber den Embryo von der Rückenseite, so scheint hier der Ausgangspunkt für die Anordnung der Anlagen zu liegen (Textfig. 2). In der Mitte des Rückens ist, etwa I mm breit, eine völlig fleckenfreie Stelle, 19 Das Integument der Monotremen. 207 gleichsam wie ein Scheitel, von dem aus die Gruppirung der Anlagen in parallelen, nach den Seiten des Embryos verlaufenden Bogen beginnt, so dass dadurch vollständige Reihen entstehen, welche den ganzen Embryo gleichsam quergeringelt erscheinen lassen. Auf die Unterseite setzen sie sich nicht fort, sie hören an den Weichen auf. Die Haaranlagen der Unterseite und der Ex- tremitäten sind noch im Rückstande; es bedarf schon einer schärferen Lupe, um sie wahr- nehmen zu können. Beim Embryo 49 lässt die weniger plastische, wenn auch sonst ebenso gute Conservirung die Linien nicht so deutlich hervortreten. Allerhand Falten und Furchen der Schrumpfung verwischen die Reihen. Im Uebrigen zeigt sich aber dieselbe Anordnung, wie beim Stadium 48. S2 Mit dem fortschreitenden Alter des Embryos sind natürlich auch die Anlagen der Fig. 2. Stachel- : : : Re: ER 6 : anlagen im Stadium Integumentalgebilde fortgeschritten. Eine scharfe Linie markirtssichan den Weichen zwischen 48, vom Rücken ge- bestachelter und unbestachelter Hautdecke. Auf der Rückenseite tauchen zwischen den a er grösseren Stachelanlagen, die infolge der hier schon beträchtlicheren Tieflagerung und Schrägstellung der Keime oval und verhältnissmässig gross aussehen, neue runde Flecke auf, welche stellenweise ebenfalls in Längsreihen, wenn auch in wenig durchgehenden, oft unterbrochenen liegen !). Es sind dies vermuthlich die Anlagen weiterer Stacheln, welche jetzt erst mit dem Auswachsen der Haut Platz zwischen den älteren An- lagen finden. Eine besondere Gruppirung zu letzteren vermag man nicht zu erkennen, sie schieben sich zwischen ihre Längsreihen, aber ohne in bestimmte Lagerungsverhältnisse zu ihnen zu treten. Ich halte diese kleineren hellen Bezirke für die Knospen der kleineren Stacheln, welche am Rücken des erwachsenen Thieres überall unregelmässig vertheilt zwischen den grösseren stehen. Daraus ergiebt sich von selbst, dass die zuerst beschriebenen Anlagen, welche schon vom Stadium 45 an als helle Flecke äusserlich wahrnehmbar waren, die Anlagen der grossen Stacheln darstellen, die am erwachsenen Thier noch eine regelmässige Stellung ein- nehmen. Es spricht dafür erstens die regelmässige Anordnung in Längsreihen, sowie in von der Mittellinie des Rückens ausgehenden Bogenlinien. Diese bogenförmigen Querreihen sind an jeder erwachsenen Echidna, wenn man sie von oben und von rückwärts betrachtet, zu sehen. Sie kommen nur bei der manchmal recht verschiedenen Richtung der Stachelspitzen nicht immer deutlich zum Vorschein. Es spricht dafür zweitens die Anzahl der Stacheln grösster Sorte beim Embryo und beim erwachsenen Thier. Natürlich lassen sich diese Zahlen nicht unmittelbar mit einander vergleichen, da man ja nicht dasselbe erwachsene Thier auch als Embryo vor sich hat und bei einzelnen Individuen entsprechend der verschiedenen Grösse und der sonstigen Variation des Körpers diese Zahl eine recht verschiedene sein kann. Aber wenn man die Anlagen einer Längsreihe zählt und die Stacheln einer entsprechenden Reihe beim erwachsenen Thier, so erhält man immer nur wenig differirende Zahlen. Ich glaube daher auch annehmen zu müssen, dass sich die Zahl der Stacheln grösster Sorte mit der zunehmenden Grösse des Embryos nicht wesentlich vermehrt, sondern dass vielmehr der Embryo schon ungefähr die gleiche Anzahl grosser Stacheln hat, wie das erwachsene Thier. Bei den kleinen Embryonen liegen diese Anlagen dicht zusammen; mit der zunehmenden Grösse und dem 1) Auf der SEmon’schen Abbildung 47 ist der Unterschied zwischen den Anlagen der zuerst angelegten grossen Stacheln und der nunmehr erst zwischen ihnen auftretenden Anlagen der kleinen Stacheln nicht deutlich zu sehen. Alle hellen Bezirke sehen mehr oder weniger gleich aus. Es kommt diese Uebereinstimmung daher, dass, wie schon oben p. 202 erläutert wurde, die anfangs noch nicht scharf hervortretende Epithelknospe äusserlich als grösserer unregelmässiger Fleck erscheint, als später, wenn der Keim sich in die Cutis weiter einsenkt und nun zapfenförmig wird. Mit der weiteren Schrägstellung des Zapfens erscheinen die Flecke auf der Oberfläche wieder grösser und ovaler. In diesem Alter rufen nun die Anlagen der grossen Stacheln, die schon in die Tiefe gerückt sind und schräg stehen, wieder grössere Flecke hervor; die Anlagen der kleineren Stacheln erscheinen, da sie erst im ersten Stadium der Knospenform stehen, noch gross und oval. Bei Betrachtung mit einer scharfen Lupe kann man die Anlagen beider Stachelsorten aber wohl von einander unterscheiden. Es ist bei der Abbildung nicht genau auf dieses Ver- hältniss geachtet worden. 3* = 208 Das Integument der Monotremen. 20 Wachsthum der Haut rücken sie mehr und mehr auseinander, aber immer unter Beibehaltung eines regel- mässigen Abstandes. Man betrachte dazu die Abbildungen 40—52 der Semon’schen Tafeln X und XI. Die Abstände der einzelnen Anlagen sind nicht absolut gleich, aber doch immer ausserordentlich gleich- mässie und annähernd dieselben, wie ein Blick auf die Figuren 46 und 47 ohne weiteres zeigt. In den folgenden Figuren 48—51 sind sie nicht mit eingezeichnet worden. In Fig. 52 erkennt man aber die Regel- mise: wieder. Aber auch diese Zeichnung entspricht nicht genau der Wirklichkeit, denn es sind nicht alle Anlagen gezeichnet worden. In diesem Alter sieht man die Anlagen schon als dunkle Pünktchen, da im Innern bereits die Verhornung des Stachels ihren Anfang genommen hat. Aber die Pünktchen sind durchaus nicht alle gleich gross wie in der Fig. 52, sondern man muss hier grössere, deutlicher sichtbare, die regelmässige Abstände inne halten, unterscheiden von dazwischen weniger regelmässig vertheilten feineren Pünktchen, den Anlagen der kleineren Stacheln, die wir im Stadium 47 zuerst erscheinen sahen. Meine Textfigur I p. 203 giebt das richtige Verhältniss der beiden Anlagen wieder. Die Anlagen der grösseren Stacheln unterscheiden sich hier schon deutlich von denen ihrer kleineren Kameraden. Diese Erscheinung lässt die Frage gerechtfertigt erscheinen: woher kommt der Unterschied der beiden Stachelsorten ? Wir sahen in der Haut des erwachsenen Thieres eine Anzahl von Stacheln durch ihre regelmässige Anordnung, ihre Stärke und Länge vor den übrigen auffallen. Diese Stacheln der grossen Sorte werden beim Embryo zuerst und zwar schon sehr früh angelegt, und es ist daher die Frage aufzuwerfen, ob das spätere Prävaliren über die jüngeren Kameraden allein durch das frühere Erscheinen hervorgerufen wird oder ob tiefere Gründe phylogenetischer Natur dafür anzurufen sind. In der Anlage unterscheiden sich beide Stachelsorten nicht von einander; man kann es ihnen nicht ansehen, ob sie grosse Stacheln, kleine Stacheln oder Haare werden wollen. Die grösseren Stacheln werden früher angelegt, sie sind somit stets älter als ihre kleineren Geschwister; sie geniessen auch in ihrer frühesten Jugend eine bessere Ernährung, da sie ja zunächst die einzigen und später immer noch die stärkeren Kostgänger der Epidermis sind. Der spätere Grössenunterschied wäre also demnach auf das grössere Alter und die bessere Ernährung zurück- zuführen. Bei ihrem ersten Auftreten sind die Anlagen durchaus nicht von einander unterschieden, die zu zweit auftretenden Anlagen könnten zu Stacheln derselben Grösse auswachsen, wenn sie dieselbe Wachs- thumsdauer und dieselbe Ernährung in frühester Jugend genossen hätten. Aber die Haut kann später bei der grossen Masse ihrer Abkömmlinge nicht mehr so viel für jeden einzelnen ausgeben. Diese Erklärung möchte ich für alle Haargruppen gelten lassen und das stärkere Mittelhaar als den Erstgeborenen unter einer Gruppe von Geschwistern ansehen. Man wird hier nun einwenden können, dass solche Mittelhaare, ebenso wie die grossen Stacheln, ausfallen und damit Lücken und Unregelmässig- keiten in ihrer Vertheilung hervorrufen können. Gewiss wird solcher Wechsel stattfinden, namentlich bei Thieren mit einem ausgesprochenen Sommer- und Winterpelz. Es finden sich dafür auch genug Beispiele an einem beliebigen Exemplar eines Ameisenigels oder jedes anderen Thieres mit stark hervortretenden Mittelhaaren. Man findet Stacheln der grösseren Sorte, welche hinter der allgemeinen Durchschnittsgrösse zurückstehen. Sie sind entweder zufällig in ihrem Wachsthum etwas zurückgeblieben, ebenso wie manche Mittelhaare, welche ihre Nebenhaare weniger im Kaliber übertreffen als die Mittelhaare benachbarter Gruppen, oder sie sind ausgefallen und dann durch einen Nachfolger ersetzt. Ob nun dieser Ersatz beim Stachel dadurch stattfindet, dass auf einer neuen Papille ebenso wie beim Haarwechsel ein neuer Stachel entsteht oder dass irgend ein anderer Stachel an die Stelle des ausgefallenen tritt, kann ich nicht ent- scheiden. Es könnte ja aus der Nachbarschaft irgend ein Stachel an seine Stelle treten, vielleicht der zu zweit angelegte. Der Grössenunterschied würde immer mehr und mehr schwinden und auch dieser 21 Das Integument der Monotremen. 209 Stachel wieder unter den später angelegten dominiren. Es müssten dann im späteren Leben immer noch neue Stacheln nach demselben Modus wie die embryonalen entstehen. Doch sind dies nur Vermuthungen „ meinerseits; einen Stachelersatz oder eine postembryonale Stachelanlage habe ich an der Haut erwachsener Echidnen nicht gesehen. Dieser negative Befund schliesst natürlich ihr Vorhandensein nicht aus; man bedenke nur, wie lange es gedauert hat, bis man darüber klar war, ob beim Menschen oder den Säuge- thieren neue Haare nach dem Modus der embryonalen entstehen können! Das sind ontogenetische Fragen, von welchen die Frage nach der Herkunft des ersten Haares gar nicht berührt wird. Dass man die bestimmte Anordnung und Gruppirung der Stacheln bei ihrem ersten Auftreten, ebenso wie die der Haare, als ein altes Erbstück ihrer phylogenetischen Entwickelung auffassen muss, bedarf keiner besonderen Betonung. Durch DE MEIJERE’s (94) und Rem’s (94) umfassende Unter- suchungen ist einwandsfrei erwiesen, dass die Anordnung der Haare in allen Klassen der Säugethiere auf das frühere Vorhandensein eines Schuppenkleides hinweist und dass diese beiden Gebilde in engen topographischen Beziehungen gestanden haben. Dieser Auffassung habe ich mich früher schon mehrfach angeschlossen (94, 96), und sie gilt auch für stark entwickelte Haare, für die Stacheln. Die phylogenetische und histogenetische Ableitung des Haares als Einzelorgan bleibt dabei immer noch unerklärt. Diese Frage wird uns im weiteren Verlauf der Arbeit noch näher beschäftigen, wenn wir erst die ontogenetische Entwickelung der Stacheln und Haargruppen von Echidna näher angesehen haben, wozu wir nunmehr über- gehen wollen. Beim Embryo 48 giebt die Haut des Rückens zu weiteren Bemerkungen keinen Anlass; die Stachel- anlagen bieten dieselben Bilder wie im vorhin besprochenen Stadium 47. Die Haut der Unterseite ist da- gegen noch nicht so weit in der Entwickelung vorgeschritten, sie macht noch einen embryonaleren Eindruck. Die Epidermis ist dicker als die des Rückens, lebhafter gefärbt, zeigt aber noch nicht den blau gefärbten äusseren Saum, das Anzeichen einer beginnenden Verhornung. Die Haaranlagen stehen auf dem ersten, theilweise noch rein epidermoidalen Knospenstadium und sind gering an Zahl. Besonders ist noch die Haut des Brutbeutels zu erwähnen, die vom Stadium 47 an (siehe die Szemox’schen Abbildungen) als eine bei ihrem ersten Auftreten paarige Anlage zu bemerken ist. Die Epidermis ist auf Schnitten durch diese Anlage besonders gut entwickelt und übertrifft die Haut der Brust an Dicke und Zahl der Zellschichten. In der Beutelanlage senken sich ebenfalls vereinzelte Haarkeime als meilerartige Knospen in die Tiefe. Da vereinzelt auch schon die Cutis die Keime mit einer Zellwucherung umgiebt, kann man, auch ohne die späteren Stadien zum Beweis heranzuziehen, schliessen, dass es Haar- und nicht Drüsenanlagen sind. Die Oberfläche der Haut in der Beutelanlage ist reich an Zacken und Falten, denen aber bei ihrer grossen Unregelmässigkeit und Ungleichheit keine weitere Bedeutung beigemessen werden kann, zumal im nächst- folgenden Stadium 49 diese Unregelmässigkeiten gering sind und wieder ganz anders aussehen. Die Haar- anlagen im Beutel sind hier nicht weiter entwickelt. Die Epidermis ist an manchen Stellen von der darunter liegenden Cutis, wie schon öfters beobachtet wurde, völlig abgehoben, so dass zwischen beiden Haut- schichten ein kleiner Zwischenraum etwa von der Dicke der Epidermis entstanden ist. Auch diese Er- scheinung wird aus der Schrumpfung der Haut infolge der Conservirung oder Alkoholbehandlung resul- tiren; aber es verdient dabei bemerkt zu werden, dass die Cutis, die ja das Negativ zur Epidermis bildet und daher deren Einsenkungen mitmacht und zwischen ihnen Erhebungen stehen lässt, den Eindruck hervor- ruft, als ob ihr oberes Niveau nicht mehr zum unteren Niveau der Epidermis passe. Man hat unwillkürlich die Befürchtung, dass die Epidermis mit ihren Einsenkungen, wollte man sie auf die Cutis zurückdrücken, sich nicht mehr hineinlegen würde in die Vertiefungen der Cutis. Sie erscheint viel länger und gedehnter als jene. Man könnte nun diese Erscheinung damit erklären, dass die Schrumpfung der Conservirung beide Hautschichten nicht gleichmässig betroffen habe; die Cutis hat sich stärker zusammengezogen und dadurch 210 Das Integument der Monotremen. 22 ist die Abhebung und der Unterschied in der Ausdehnung erfolgt. Bis zu einem gewissen Grade mag das zutreffen. Ich glaube aber nicht, dass die Contractionsfähigkeit der in diesem Alter schon recht faserigen und straffen Cutis so erheblich viel höher sein wird, als die der kernereichen Epidermis, deren lebhaftere Färbung ihre Lebensfrische documentirt. Dieser Zellenreichthum scheint mir es aber verständlich zu machen, dass die Epidermis stärker wächst als die Cutis und daher auch eine grössere Ausdehnung hat. Damit würden zugleich die vielen Falten verständlich, welche man so oft auf der Haut vom Embryonen und namentlich hier im Beutel der Echidna beobachtet. Die kleinen Erhebungen über Haaranlagen suchten wir auch auf die rasche Zellvermehrung in ihnen zurückzuführen. Dass die Intensität des Wachsthums an den verschiedenen Körperabschnitten und Organen in einem gegebenen Zeitmoment eine verschiedene ist, braucht nicht weiter aufzufallen. Hıs!) hat nachgewiesen, dass sich der embryonale Körper in bestimmten Zeiten aus Zonen verschieden regen Wachsthums zusammen- setzen kann, und die Zusammenstellung von MEHNERT ?) beweist, dass auch in der Entwickelung und Aus- bildung der einzelnen Organe eine bedeutende Variation platzgreifen kann. Bei Echidna hat diese Variation vornehmlich die Haut betroffen, indem die Epidermis als ein Organ, das schon frühzeitig durch die Lieferung der mannigfachen Anhangsgebilde — Stacheln, Haare, Drüsen — zu grossen Leistungen herangezogen wird, sich in einer viel intensiveren Wachstumsperiode befindet als die Cutis. Sie nimmt daher eine grössere Ausdehnung an, die sich darin zeigt, dass mancherlei Wellen und Falten nach aussen entstehen, und dann bei künstlichen Eingriffen, z. B. bei der Conservirung, zur Los- lösung beider Hautschichten führt. Vom Stadium 48 ist sonst noch nachzutragen, dass die Stacheln des Schwanzes ebenfalls schon angelegt sind, die Haaranlagen der Unterseite dagegen noch nicht. Sie nehmen vornehmlich die Seiten des Schwanzes ein und convergiren gegen die Mittellinie, so dass hier auch eine schmale, stachelfreie Gasse bleibt. Die äusserste Schwanzspitze, etwa die letzten 40—50 Schnitte sind frei von Stachelkeimen. Merkwürdigerweise sind die Stachelanlagen des Schwanzes in ihrem Wachsthum denen des Rückens vorausgeeilt; sie sind schon weit in die Tiefe gerückt, sodass man auf Querschnitten bereits 2 Reihen von Stachelquerschnitten über einander sieht, im nächstfolgenden Stadium 49 sogar schon 3 und 4 Reihen. Dagegen ist die Unterseite des Schwanzes auch bei diesem Embryo noch völlig frei von Haaranlagen, während sie in der Haut der Brust schon überall auftauchen. Stadium 50. Die Fortschritte in der Entwickelung der Anlagen machen sich in erster Linie in ihrem Tiefen- und Breitenwachsthum bemerkbar. Es haben aber nicht beide Anlagen, der Stacheln und der Haare, gleichmässig zugenommen, sondern die Anlagen des Rückens treten vor denen des Bauches deutlich hervor und machen sich als Anlagen der Stacheln kenntlich. Die histologischen Veränderungen sind nicht be- deutend. Vereinzelt beginnt sich die Ausbildung eines centralen Stachelschaftes bemerkbar zu machen. Auch umgiebt den ganzen Epithelkeim eine lebhafte Wucherung der Cutiszellen, welche an seiner Basis besonders auffällig ist und stellenweise zur Einstülpung einer mächtigen Papille geführt hat. Letztere tritt an den Haaranlagen der Bauchseite noch nicht hervor, obschon auch hier schon der bindegewebige Haar- balg angelegt ist. Zwischen den Stachelanlagen des Rückens treten immer noch neue, junge Anlagen auf (Fig. 6), welche sich meistens im ersten Stadium einer Epithelknospe befinden. Obschon sie bestimmte, meist ziemlich gleiche Abstände innezuhalten scheinen, lassen sich doch keine Beziehungen zu den älteren Anlagen 1) W. Hıs, Untersuchungen über die erste Anlage des Wirbelthierleibes. Die erste Entwickelung des Hühnchens im Ei. Leipzig 1868. 2) E. MEHNERT, Die individuelle Variation im Wirbelthierembryo. Eine Zusammenstellung. Morphologische Arbeiten, Heft 2, V. Band, 1895. 23 Das Integument der Monotremen. 2II nachweisen, sie liegen ebenso wie diese einzeln für sich, und eine Gruppenbildung tritt nirgends hervor. Dasselbe lässt sich von den Haaren der Bauchseite sagen (Fig. 7); auch hier schieben sich vereinzelt neue Anlagen zwischen die älteren, aber ohne jegliche Gruppirung zu ihnen. Alle diese Keime möchte ich als die Anlagen der stärkeren Mittelhaare ansprechen und auch in den eben erst als Epithelknospen in die Erscheinung tretenden Anlagen nur das Auftauchen fernerer Mittel- haare erblicken, welche sich mit dem Grösserwerden des Embryos zwischen die ersten, nunmehr auseinander- gerückten Haare schieben. Die seitlichen Nebenhaare der Haargruppen sind noch nicht angelegt. Bezüglich der neu auftretenden Anlagen des Rückens ist die Erklärung schwieriger. Sind es die Anlagen kleiner Stacheln oder der Mittelhaare jener Haargruppen, welche, wie wir sahen, am erwachsenen Thier überall zwischen dem Stachelkleid des Rückens auftauchen? Eine Entscheidung können erst die späteren Stadien geben ; ich möchte aber auch jetzt schon die Vermuthung aussprechen, dass es der Mehrzahl nach Stacheln, vereinzelt aber auch schon Haare sein können. Bei dem ausserordentlich mächtigen Stachelkleid, welches so sehr vor den Haaren prävalirt, dass sie bei den meisten Thieren gar nicht sichtbar sind, wird die Annahme gerechtfertigt erscheinen, dass sich diese auch erst später als die Stacheln entwickeln, zumal das Haarkleid an der Bauchseite und an der Unterseite des Schwanzes auch erheblich viel später sich anlegte. Am Schwanze lernten wir schon bei dem vorigen Stadium eine regelrechte Anordnung der Stachel- anlagen kennen, indem die neuen Anlagen sich allemal in der Mitte zwischen je zwei älteren Anlagen ein- senkten. Diese Gruppirung ist im Stadium 50 noch schöner ausgeprägt. Die Stacheln stehen in alternirenden Längsreihen. Für die weitere Entwickelung der Integumentalorgane ist der nächstfolgende von Szmon abgebildete Embryo 51 weniger wichtig als ein etwas grösseres Stadium, welches zwischen den abgebildeten Embryonen 51 und 52 steht und daher am besten als Stadium 5Ia bezeichnet werden mag. Den Fortschritt vermag man schon äusserlich bei der Inspection des ganzen Embryos mit blossem Auge wahrzunehmen. Die Stachelanlagen des Rückens präsentiren sich deutlich als schwarze Pünktchen, da die Verhornung des Stachels und die Ablagerung von Pigment schon begonnen hat. Der Unterschied zwischen den grossen und kleinen Stacheln tritt dabei schon scharf zu Tage (s. Textfigur I p. 203). Erstere sind dunklere, schärfere Pünktchen und liegen in regelmässigen Abständen weit auseinander. Dazwischen sieht man dichter und weniger regelrecht die Anlagen der kleinen Stacheln als feinere Pünktchen. Die Schärfe aller Pünktchen nimmt von der Mitte des Rückens nach den Seiten zu, so dass hier schon deutliche Längsreihen in die Augen springen. Die Haaranlagen der Bauchseite sind nur mit der schärfsten Lupe wahrzunehmen. Die mikroskopische Untersuchung der Hautschnitte bestätigt diese makroskopische Beobachtung und ergiebt, dass die Anhäufung des Pigments besonders in den grossen Stachelanlagen, den an weitesten vor- geschrittenen, stattgehabt hat und zwar zunächst erst in der unteren Partie. Die Verhornung hat aber schon in der ganzen Stachelanlage eingesetzt und ist bis zum Rande der Epidermis vorgedrungen; sie betrifft die centralen Zellenlagen, deren Kerne geschwunden sind und deren Zellen keinen Farbstoff mehr angenommen haben. Eine weitere Pigmentansammlung finden wir in den oberen 2-3 Zellreihen des Str. lucidum, während das an vielen Stellen abgehobene Str. corneum noch völlig pigmentfrei ist. Die Haare der Unterseite sind wiederum gegen die Stacheln zurückgeblieben. Die Ausbildung des Haarschaftes nimmt kaum ihren Anfang, und die Entwickelung des Pigments liegt noch eine Periode zurück. Es ist noch nicht bis an die Oberfläche der Epidermis ins Str. lucidum vorgedrungen, sondern füllt erst die untersten Zellreihen des Str. Malpighii, zum Theil erst den oberen Rand der Cutis, seinen Entstehungsbezirk. Haben auch somit histologische Veränderungen an den Stachel- und Haaranlagen Platz gegriffen, die beide gefördert und ihnen ein verschiedenes Aussehen verliehen haben, so ıst doch andererseits der ganze 212 Das Integument der Monotremen. 24 Ausbildungsprocess auf einer Stufe stehen geblieben, die bereits der Embryo 50 einnahm, eine Stufe, die man als „Stachel- und Haaranlage als Einzelorgan“ bezeichnen könnte. Ueberall lagen bisher die Stacheln wie die Haare einzeln und zeigten noch keine Neigung zur Gruppenbildung. Diese Periode hat nunmehr mit dem Embryo 51a ihr Ende erreicht, und wir können ihren Entwickelungsgang vom Embryo 46 bis 51a kurz dahin zusammenfassen, dass die knospenartige Wucherung der basalen Zellen- lage der Epidermis (p. 205) allmählich in die Tiefe wächst und sich schon sehr bald durch ihre verschiedenartige Dicke und Länge auf dem Rücken als Stachel- und auf der Bauchseite als Haaranlage zu erkennen giebt. Um diese Anlagen liefert eine Zell- wucherung der Cutis einen bindegewebigen Stachel- resp. Haarbalg, welcher an seiner Basis die Stachel- resp. die Haarpapille entstehen lässt und sich in die Anlage einstülpt. Die Papille ist somit erst nach der Einsenkung des Epithelkeimes ent- standen und nicht zu vergleichen mit den primären Cutispapillen, die auf der Haut mancher Säugethierembryonen Höckerchen hervorrufen. Ihre Bedeutung ist eine ausschliesslich ernährende für den wachsenden Stachel und das wachsende Haar. Es beginnt alsdann im Innern der Anlagen die Ausbildung des Stachel- und Haarschaftes und die Anhäufung von Pigment. Wir kommen nunmehr zur zweiten Periode in der Entwickelung des Integumentes des Ameisenigels, in welcher die Haare aus ihrer Einsamkeit als Einzelorgan gleichsam heraustreten in einen grösseren Wirkungs- kreis und einen bedeutungsvollen Mittelpunkt darstellen für eine Gruppe von Anhangsgebilden, Nebenhaare und Drüsen, welche nicht nur in engster topographischer Beziehung mit ihnen stehen, sondern sogar onto- genetisch aus ihnen hervorgegangen sind. Es sind die Haare einer Haargruppe nicht nur die Glieder einer Gemeinde, welche sich um ein Oberhaupt gruppiren, sondern sie bilden eine Familie, in der sich die Neben- haare um das Mittelhaar, wie die Kinder um ihren Vater schaaren. Diese zweite Periode, in welcher die Ausbildung der erwähnten Haargruppen erfolgt, ist die phylo- genetisch wichtigere. Es spielen sich nämlich in ihr ontogenetische Processe ab, an welche sich Vergleiche und Betrachtungen anknüpfen lassen, die für die ganze Auffassung der Phylogenie der Integumentalorgane von grosser Bedeutung sind. Schon beim Embryo 51a sieht man auf Schnitten, welche der Beutelgegend entnommen sind (Fig. 8), einige Haaranlagen an ihrem oberen Ende seitliche Ausstülpungen treiben, welche den Anlagen von Talg- drüsen ähnlich sehen und daher zunächst für diese gehalten werden müssen. Jedoch musste bei der fort- schreitenden Entwickelung dieser seitlichen Sprossen auffallen, dass sie eine ausserordentliche Länge annehmen und fast ebenso weit in die Cutis hineinrücken, wie der erste Haarkeim, aus dem sie entsprungen sind. Auf jeden Haarfollikel kommen zwei solcher Ausstülpungen, die sich von ihm nur durch die geringere Dicke und Länge unterscheiden. Auf Querschnittsserien trifft man daher 3 getrennte Querschnitte, die nicht weit unter der Epidermis in einander fliessen und durch einen gemeinsamen Hals mit der Epidermis verbunden sind. Diese Gruppirung ist eine allgemeine; man trifft überall diese Dreiergruppen, die sich um so schöner ausnehmen, als ihre Reihen mehr oder weniger alternirend angeordnet sind. Die Bilder erinnern sehr an die Haargruppen, wie ich sie für den Schwanz der Muriden abgebildet habe (96), und lassen somit einigen Zweifel entstehen an der Richtigkeit ihrer Deutung als Anlagen der Talgdrüsen. Diese Zweifel mussten noch an Boden gewinnen, als sich fand, dass vereinzelte Anlagen schon mehr als zwei solcher Sprosse getrieben haben (Fig. Io), 4 bis 5, und dass ihre Zahl mit dem Wachsthum der Embryonen stetig zunimmt. Als nun aber diese Anlagen sehr bald in ihrem Innern zu verhornen begannen und an ihrer Basis von einer Papille eingestülpt wurden, da konnte kein Zweifel mehr daran sein, dass in ihnen keine Drüsenanlagen 25 Das Integument der Monotremen. 213 zu erblicken sind, sondern die Anlagen der Nebenhaare. Die Haargruppen kommen demnach bei Echidna dadurch zu Stande, dass der erste Haarkeim an seinem oberen Ende Sprossen treibt, die zur Bildung von Nebenhaaren führen. Diese Vermehrungsweise der Haare durch Sprossenbildung des ersten Epithelzapfens könnte bei oberflächlicher Betrachtung zunächst befremden, ist aber sehr verständlich, sobald man sich klar macht, dass der Epithelzapfen genau denselben Bau besitzt wie das Stratum Malpighi der Epidermis, aus welcher er sich eingesenkt hat. Die Haare können demnach ebenso gut aus der Epidermis selbst, wie auch aus einem schon als Haarbalg differenzirten Theile der Epidermis hervorgehen. Zudem ist dieser Vermehrungs- modus nicht absolut neu; schon DE MEIJERE (94) war der Ansicht, dass sich bei einigen Haargruppen die Follikel der Beihaare von Anfang an als Anhänge des Hauptfollikels entwickelt haben müssten. Es war ihm aufgefallen, dass, während bei den meisten Haarbündeln der allgemeine Follikel sehr kurz ist und nur die oberen Enden der Haarfollikel auf einer kurzen Strecke vereinigt sind, bei einer zweiten Art von Bündeln, die sich besonders bei den Carnivoren entwickelt fanden, ein langer allgemeiner Follikel vorhanden ist, der sich in seinem untern Ende in gerade so viel kleinere Follikel ausstülpt, als Haare aus der Bale- öffnung heraustreten. Er unterschied diese Bündel, bei denen die Follikel der Beihaare „wie eine Art Knospen am Follikel des Stammhaares entstanden zu sein scheinen“, als echte Bündel im Gegensatz zu den falschen Bündeln, die durch Vereinigung ursprünglich getrennter Follikel entstanden sind. Obschon DE MEIJERE diesen Entstehungsmodus ontogenetisch nicht beobachten und beweisen konnte, hatte er ihn aus der Form der Bündel doch richtig geschlossen und auch bezüglich der phylogenetischen Deutung dieser Haarbündel das Richtige getroffen, indem er die echten Bündel als primitiver ansieht, in denen die Haare seit ihrem ersten Auftreten mit ihren Stammhaaren verbunden gewesen sind. MAURER (95) hat dann einige Zeit später gefunden, dass beim Hund in der That die Haarbündel in der von DE MEIJERE vermutheten Weise entstehen. Aus dem Mittelhaarfollikel sprossen seitliche Neben- follikel und zwar entweder jederseits einer, so dass eine Gruppe aus 3 Haaren entsteht, einem Mittel- und 2 Nebenhaaren, oder jederseits mehrere, so dass 3—6 Nebenhaare gebildet werden. Dieser Befund war für MAURER sehr wichtig. Ausser den Haargebilden giebt es nur eine einzige Art von Epidermoidalorganen, welche sich durch Theilung aus sich selbst heraus vermehren und deren Theilungsproducte dabei den ganz gleichen Bau zeigen, wie ihn der erste Mutterkeim besitzt. Das sind die Hautsinnesorgane der wasserlebenden, niederen Wirbelthiere. Die Gruppenstellung dieser Organe ist ebenfalls die Folge ihrer Vermehrung durch Theilung Aus diesen Hautsinnesorganen versuchte MAURER bekanntlich auf Grund der Uebereinstimmung in der Ent- wickelung, in dem Verhalten der Nerven und Papillen und in dem Bau der Wurzelscheiden oder des Haar- schaftes die Entstehung der Haare abzuleiten. Diese Hypothese erhielt eine ungemein schwerwiegende oder gar wohl die schwerwiegendste Stütze, als es ihm gelang, auch bei den Haargruppen den gleichen Ent- stehungsmodus zu finden, wie bei den Hautsinnesorganen. MAURER hat mit Recht auf die hohe Bedeutung dieses einen Befundes genügend hingewiesen, nicht nur weil er das wichtigste Glied in der Kette seiner Beweisgründe ausmachte, sondern auch weil er einen ganz fundamentalen Unterschied gegenüber den Schuppen- und Federgebilden, welche niemals eine solche Vermehrungsweise zeigen, festlegte. Allerdings stand dieser Befund beim Hunde ganz isolirt und man hätte leicht einwenden können, dass auch, da doch alle Säugethiere mit gleichem Haarkleid bedeckt sind, noch andere Formen, namentlich tiefer stehende, sich in der Entwickelung ‚ihrer Haargruppen ebenso verhalten müssten wie der Hund. Diesem Bedenken ist jedoch entgegenzuhalten, dass erstlich nach DE MEIJERE’s umfassenden Untersuchungen das Haarkleid der Säugethiere in den einzelnen Gruppen, ja sogar bei nahe verwandten Arten in seiner An- Jenaische Denkschriften. VI. 4 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 28 214 Das Integument der Monotremen. 26 ordnung und Gruppirung recht verschieden und stellenweise sehr complicirt ist, und dass zweitens bisher die Entwickelungsgeschichte der Haare nur bei verschwindend wenigen Gruppen genau studirt ist und ganz grosse Ordnungen, so z. B. die Monotremen und Marsupialier, noch gar nicht in Angriff genommen el was wohl in der schwierigen Beschaffung geeigneten Materials seinen Grund hat. Namentlich die Monotremen, die niedrigst organisirten Säugethiere, die in ihrer ganzen Organisation primitive Charaktere bewahrt haben, müssten doch in ihrer Ontogenese eine Recapitulation des phylogenetischen Weges, den die Haare einmal bei ihrem ersten Auftreten genommen haben, durchmachen. Aber ihre Hautgebilde wurden ja gerade, wie wir in der Einleitung sahen, als besonders complieirt und secundär angesehen! Um so mehr musste es überraschen, dass Echidna in der Entstehung ihrer Haargruppen trotzdem noch ein so primitives Verhalten zeigt, dass es den innigen Anschluss der Haare an die Hautsinnesorgane der Amphibien gestattet. Es ist diese Thatsache meines Erachtens doppelt werthvoll; erstens, weil sie mehr als der isolirte Befund beim Hunde geeignet ist, MAuRERr’s Hypothese zu stützen, und zweitens, weil sie zeigt, dass Echidna trotz der Specialisirung ihres Stachelkleides noch primitive Charaktere bewahrt hat. Ich halte daher die Entstehung der Haargruppen durch Theilung oder Sprossung aus der Anlage des Mittelhaares für den wichtigsten Befund in der Entwickelungsgeschichte der Haut von Echidna, um so mehr, als gerade in diesem Punkte MAURER’s Hypothese scharfe Angriffe widerfahren hat. KEIBEL (96) sagt neuerdings in seinem Referat über die „Ontogenie und Phylogenie von Haar und Feder“, es ständen die von verschiedenen Autoren bestätigten Angaben, dass sich neue Haare auch noch in späterer Zeit vollkommen selbständig anlegen können, sowie meine Befunde am Schwanze der Muriden, wo die seit- lichen Haare der Dreihaargruppen nicht durch Theilung von den Haarkeimen des Mittelhaares aus, sondern selbstständig rechts und links von dem zuerst entstandenen Mittelhaar sich anlegten, mit MAURER’s Ab- leitung der Gruppenbildung der Haare in directem Widerspruch. Meiner Ansicht nach ist dieser Widerspruch aber gar nicht vorhanden. IITTt ri Fig. 3. Schematische Darstellung der Loslösung der Nebenhaare vom Mittelhaar. Wenn wir auch die Gruppenbildung der Haare durch Theilung, sowie ihre alternirende Anordnung als primitive Zustände betrachten, die histogenetisch einen innigen Anschluss an die Hautsinnesorgane, topographisch an das Schuppenkleid niederer Wirbelthiere, Amphibien- oder Reptilienahnen, gestatten, so brauchen doch diese primitiven Zustände durchaus nicht bei allen Säugethieren erhalten zu sein. Mag auch im Allgemeinen nach dem biogenetischen Grundgesetz die Ontogenie eine Recapitulation des phylo- genetischen Processes, den ein Organ bei seinem ersten Auftreten durchgemacht hat, geben, so muss doch diese Recapitulation immer geringer und unvollkommener werden, je mehr sich die betreffenden Thiere von ihren Ahnen entfernen, zumal noch in der Entwickelung des Thieres neue Erscheinungen auftreten, welche an der Verwischung der Recapitulation mitarbeiten. Ursprünglich entstanden die Haargruppen durch Theilung aus einer einheitlichen Anlage. Ihre Vertheilung über den Körper war geregelt durch die Schuppen, welche den Haargruppen ihren Platz am hinteren freien Rande der Schuppen anwiesen. Mit dem allmählichen Rückgange des Schuppenkleides ge- wannen die Haare an Ausdehnungsmöglichkeit. Sie waren nicht mehr an die Schuppen gebunden, konnten sich über den ganzen Körper verbreiten und verloren ihren Gruppencharakter. Die Ausdehnung zeigte sich zunächst darin, dass sich die Nebenhaare, die zuerst wie Knospen am Follikel des Mittelhaares sassen, mehr und mehr vom Mittelhaar ablösten (Textfigur 3). Die Knospen rückten immer mehr nach oben, nach der Epidermis 27 Das Integument der Monotremen. 215 zu und wurden schliesslich ganz vom Mittelhaar abgelöst. Ganz gleichgültig, ob die Loslösung zum ersten Mal bei der Anlage der Haare erfolgt ist oder zuerst die ausgebildeten Haare betroffen hat — die Neben- haare erwarben sich das Recht, sich anstatt von dem Keim des Mittelhaares selbständig von der Epidermis aus anzulegen. Die autonomen Bestrebungen der Haare führten dann weiter zu einer allgemeinen Aus- breitung, einer Multiplication, die auch auf der übrigen Haut Haare entstehen liess, welche nicht mehr mit den Haargruppen in Beziehungen standen. Je mehr sich nun das Haarkleid ausbreitete und verdichtete, desto mehr schwand die regelmässige Anordnung, und die Längsreihen wurden undeutlich. So giebt es heute eine Anzahl von Säugethieren, deren Haare keine besondere Anordnung mehr erkennen lassen. Die meisten zeigen aber noch die charakteristische Anordnung in alternirenden Gruppen. Einen ähnlichen Vorgang kann man bei den tubulösen Drüsen der Haut constatiren. Ursprünglich mündeten die Drüsen in die Haarfollikel, wie es bei der überwiegenden Mehrzahl der Säugethiere noch heute geschieht. Nur bei einigen wenigen Thieren sind sie im Laufe der Zeit selbständig geworden und münden direct in die Haut ein. Während also der primitive Zustand hier noch vorherrschend ist und die Unabhängigkeit vom Haar nur ausnahmsweise vorkommt (bei Talpa, Sus, Hippopotamus, mehreren Affen und dem Menschen [DE MEIJERE]), verhält es sich mit der Entstehung der Haargruppen durch Sprossung gerade umgekehrt. Nur wenige Formen (soweit bisher bekannt, Echidna und Canis familiaris) haben den primitiven Zustand bewahrt, bei den meisten legen sich die Nebenhaare direct an. Wir wissen aber, dass auch dort die Mittelhaare meist zuerst, also vor den Nebenhaaren auftreten und diese seitlich dicht neben ihnen erscheinen. Es spricht aber das noch lange nicht gegen die Maurer’sche Ableitung des Haares, denn gerade bei einem niedrigsten Säugethiere, Echidna, wiederholt die Ontogenese noch heute den phylogenetischen Entwickelungs- gang. Von anderen höher stehenden Thieren kennen wir denselben Process nur vom Hund. Ich bin aber überzeugt, dass sich auch bei anderen Formen, sowohl tiefer wie höher stehenden, noch dieselben Verhältnisse nachweisen lassen werden, wenn nur erst mehr darauf geachtet wird. Warum sich gerade bei einem Carnivoren ein solch primitiver Zustand erhalten hat, ist nicht einzusehen. Wir finden auch keinen Grund dafür, dass gewisse Säugethiere ein Schuppenkleid tragen, während andere, ganz nahe verwandte Arten mit ähnlicher Lebensweise keine Schuppen haben. Es kann nicht weiter auffallend sein, dass ein höher stehendes Thier in einem Punkte einen primitiveren Zustand bewahrt hat, als ein im Allgemeinen für tiefer organisirt geltendes Thier. Wir kennen dafür mehrere Beispiele; ich erinnere z. B. an die Chorda dorsalis und das vorwiegend knorpelige Skelet der Dipneusten. Die selbständige Anlage der Nebenhaare am Schwanze der Muriden spricht ferner bei näherer Betrachtung durchaus nicht gegen MAURER, wie KEIBEL annehmen wollte. Fig. 18 meiner Arbeit (Jenaische Zeitschrift, Bd. XXX, Taf. XXVIII) zeigt unter 12 Haaren einer Schuppenreihe 4, welche 2 Haarschäfte in einem gemeinsamen Haarbalg aufweisen. Ich habe damals nicht weiter darauf geachtet, weil ich in der genannten Arbeit nicht auf die MAURERr’sche Hypothese eingegangen bin, und erwähnte nur kurz, dass man darin vielleicht auch einen Ausdruck der überreichen Hornbildung am Rattenschwanze erblicken könnte. Jetzt aber nach Maurer’s Befund beim Hund und nach dem meinigen bei Echidna bin ich überzeugt, dass die 4 kleinen Haarschäfte durch Sprossung aus dem grösseren, älteren hervorgegangen sind. Ich habe meine Schnittserie durch die Rattenhaut noch einmal daraufhin durchgesehen und fand, dass sich hier gerade sehr schön das Selbständigwerden der Nebenhaare in der oben (S. 214) angedeuteten Weise verfolgen lässt. Fast allgemein legen sich die Nebenhaare direct von der Epidermis aus an. Am Schwanze sind sie schon ziemlich weit vom Mittelhaar abgerückt und unterscheiden sich auch nicht sonderlich von ihm durch ein dünneres Caliber. Am Kopfe aber ist die Gruppirung noch eine viel innigere. Die Nebenhaare gehen allerdings auch von der Epidermis aus, aber sie liegen dicht neben dem Mittelhaar und sind viel schwächer als dieses. 4* 23 * 216 Das Integument der Monotremen. 28 Zwischen den einzelnen Gruppen ist ferner ein gewisser Zwischenraum, wodurch die Gruppen viel schärfer hervortreten. Nun fand ich aber auch Gruppen, bei denen die Nebenhaare hart am Mittelhaar, in dem Winkel, welchen dieses mit dem unteren Rande der Epidermis bildet, angelegt waren. Die Keime der Neben- haare sind hier schon weit nach oben gerückt, aber noch nicht völlig vom Mittelhaarkeim getrennt. Solche Bilder lassen mit Sicherheit schliessen, dass einstmals auch hier die Nebenhaare durch Sprossung aus dem Mittelhaar hervorgegangen sind. Das spricht also entschieden für MAURER! Zu der Sprossenbildung der Haare bei Echidna tritt noch eine andere Thatsache hinzu, welche nicht minder wichtig zu sein scheint. Es ist dies die Anordnung der Haare und Stacheln in Längsreihen. Wie bei der Besprechung der Haut des erwachsenen Thieres erwähnt wurde, lassen sich an den Haarbündeln der Bauchseite noch auf kürzere Strecken Längsreihen erkennen, weshalb DE MEIJERE glaubt, dass hier das einfachste Verhältniss vorliege. Auf dem Rücken stehen die grossen Stacheln in Längsreihen, die man besonders schön an einer lebenden Echidna sehen kann. Diese Längsreihen treten bei Embryo 53, bei dem die Stacheln die Haut schon theilweise durchbrochen haben, deutlich zu Tage. Die Stacheln sind aber nicht auf dem ganzen Rücken sichtbar, sondern nur an den Seiten des Körpers, und unter den 3—4 Längsreihen, welche man hier schon constatiren kann, sticht jederseits eine besonders in die Augen, weil ihre Stacheln viel stärker und länger sind als die der übrigen. Sie verläuft nicht weit oberhalb der Grenze, an der Stachelkleid des Rückens und Haarkleid des Bauches in einander übergehen. Es entsteht dadurch eine überraschende Aehnlichkeit mit den Längsreihen der Hautsinnesorgane niederer Wirbelthiere! Auch die kleinen Stacheln sind hier an den Seiten schon mehr sichtbar als auf dem Rücken, sie nehmen von den Weichen nach der Mitte des Rückens allmählich an Deutlichkeit ab. Während aber beim erwachsenen Thier eine besondere Regelmässigkeit in ihrer Vertheilung nicht nachweisbar war, sind auch sie beim Embryo 53 in deutlich hervortretenden Längsreihen geordnet; sie beginnen an den Seiten und ver- laufen leicht gebogen nach dem Rücken zu. Die Embryonen bieten also hierin ein anderes Bild als die erwachsenen Thiere. Auch das ist bei der secundären Natur des Stachelkleides von Echidna sehr wichtig. MAURER (95) fasst die Reihenbildung in der Anordnung der Säugethierhaare als Reste der regel- mässigen Anordnung der Hautsinnesorgane bei Amphibien auf. „Dass es sich hier um ein den Haaren primär zukommendes Verhalten handelt, ergiebt die Thatsache, dass ausser bei Monotremen dieser Zustand bei allen Säugethieren besteht‘ (p. 313). Um so wichtiger war es nun, dass Echidna trotz seines specialisirten Kleides noch embryonal diese charakteristische Reihenanordnung zeigt. Freilich sind es besonders die Stacheln;, aber ich habe oben schon erörtert, dass ich mit DE MEIJERE die Stacheln als stark entwickelte Stammhaare auf- fasse, in denen die ganze Haargruppe aufgegangen ist. Obschon in den Haargruppen grosse Veränderungen vor sich gegangen sind, haben sie doch ihre ursprüngliche Anordnung bewahrt oder aber vielmehr konnten sie gerade infolge dieser Veränderungen die Reihenanordnung besser bewahren. Denn bei gruppenbildenden Organen, bei denen die Möglichkeit einer Ausbreitung viel grösser ist als bei einem Einzelorgan, hätte es viel eher zu einer Verwischung der Längsreihen kommen können als bei den starren Stacheln. Diese sind morphologisch die Mittelhaare der Haargruppen, in denen die Nebenhaare aufgegangen sind; sie haben daher auch topographisch die schöne Vertheilung deı Mittelhaare, welche diese bei ihrem ersten phylogenetischen Auftreten hatten, innegehalten. MAURER hat dann ferner auch besonders auf die Anordnung der Tasthaare am Kopf in Reihen, welche mit den Reihen der Hautsinnesorgane übereinstimmen, so grossen Werth gelegt. Davon ist aber bei Echidna nichts mehr zu finden, denn Tasthaare fehlen vollkommen, und ihren Dienst hat die in ihrer Form stark modificirte Schnauze mit ihren vielen Tastkörperchen übernommen. Schon früh ist die Schnauze zu ihrer späteren Form umgebildet, wie die Szmox’schen Abbildungen 51—53 zeigen. Somit haben sich 29 Das Integument der Monotremen. 217 auch unter den Monotremen, deren Hautkleid von allen Autoren als ganz besonders specialisirt angesehen wurde, so dass MAURER es nicht als beweisend für seine Hypo- these heranziehen konnte, bei näherer Untersuchung ihrer Entwickelungsgeschichte Thatsachen gefunden, welche zwischen beiden Extremen, den Hautsinnesknospen der Amphibien und dem Haarkleid der Säugethiere, vermitteln und daher ein bedeutungs- volles Wort für diese Ableitung des Säugethierhaares reden. Das Bedeutungsvolle liegt aber nicht in der Anlage der Haargruppen durch Sprossung aus der Anlage des Mittelhaares allein, auch nicht in der Anordnung der Stacheln in Längsreihen, von denen eine an den Seiten, der Seitenlinie vergleichbar, zuerst durchbricht, sondern beide Erscheinungen zusammengenommen liefern eine Stütze der MAURER’schen Hypothese. Aber noch eine andere Erscheinung in der Entwickelungsgeschichte des Hautkleides von Echidna muss in diesem Stadium unser Interesse beanspruchen, weil sie geeignet ist, in ihrer Weise mindestens ebenso viel Licht auf die Phylogenese dieses Hautkleides zu werfen, wie die besprochenen Haargruppen. Es sind dies kleine, runde, tuberkelartige Erhebungen, welche sich schon beim Embryo 52, namentlich aber beim Embryo 53 überall dem blossen Auge bemerklich machen (Fig. ır). Ist diese Erscheinung schon an und für sich auffällig, so gewinnt sie noch an Bedeutung durch die grosse Regelmässigkeit, welche die Tuberkel in ihrer Vertheilung innehalten, und durch ihre nicht zu leugnenden Beziehungen zu den Stacheln. Die Abbildung II zeigt ein Stückcken Haut von der Schultergegend des Embryos 53. Die Tuberkelchen liegen stets hinter den Stacheln, so dass diese mit ihren Spitzen über sie hinwegragen. Es scheinen nun aber besonders die grossen Stacheln von ihnen bevorzugt zu sein, und damit ergiebt sich ja von selbst die Regelmässigkeit ihrer Anordnung. In der Figur II sieht man nur wenige Tuberkel hinter kleinen Stacheln liegen und nur ein einziger (unten links) liegt ganz isolirt, ohne Beziehung zu einem Stachel zu haben. Die Abbildung giebt ein gutes Bild dieser Verhältnisse, denn auch auf dem übrigen Körper trifft man ganz dieselbe Gruppirung. Unter den Tuberkeln überwiegt nun bei weitem die Zweizahl; meistens liegen 2 solcher runder Erhebungen hinter einem Stachel, von denen allerdings vielfach eine erheblich kleiner ist als die andere. Andererseits giebt es aber auch Einzel-Tuberkel und Gruppen zu mehreren, 3—5, die im Halbkreis um die Stacheln gelagert sind. Die stärksten Gruppen liegen aber immer hinter starken Stacheln. Mit diesen runden Erhebungen, die ich kurzweg, Tuberkel genannt habe, ist der ganze Embryo bedeckt, die Oberseite sowohl wie die Unterseite, aber nicht überall gleichmässig. Auch kommt lange nicht auf jede Stachel- und jede Haargruppe eine Tuberkelgruppe. Sie sind zunächst, ebenso wie die Stacheln beim Durchbruch, an den Seiten des Körpers am schönsten ausgebildet und daher auch am deutlichsten. Nach dem Rücken zu werden sie ebenso schwächer, wie nach dem Bauche, doch in verschiedener Weise. Auf dem Rücken sind sie weniger sichtbar, weil sie unscheinbarer und kleiner sind und weil sie weiter aus- einanderliegen. Doch ist ihre Gruppirung keine andere; höchstens sind mehr Einzel-Tuberkel zu treffen. Am Bauche dagegen überwiegen die Einzel-Tuberkel, und schon Zweiergruppen sind höchst selten. Die Vertheilung ist zudem viel ungleichmässiger, da bestimmte Beziehungen zu den Haaren, deren verhornten Schaft man auch schon als feines schwarzes Pünktchen durchschimmern sieht, nicht existiren. Ob diese in Wahrheit nicht existiren oder nur nicht weiter auffallen, vielleicht weil die Haare noch nicht das Niveau der Haut überragen, auch nicht eine so bestimmte Anordnung haben wie die Stacheln, und weil die Bauch- seite stark gefaltet und geringelt ist, das lässt sich schlecht entscheiden. Diese Tuberkel bedecken ebenso die Vorderseite der Extremitäten, den Kopf und den Schwanz. Letzterer ist besonders dicht mit ihnen bedeckt. Sie erscheinen zuerst im Stadium 52, sind aber hier noch 218 Das Integument der Monotremen. 30 nicht so scharf ausgebildet wie im Stadium 53. Ihre ausserordentlich regelmässige Vertheilung über den ganzen Körper und ihre Lagebeziehungen zu den Stacheln deuten schon darauf hin, dass ihnen eine grössere Bedeutung beizumessen ist als etwaigen zufälligen Bildungen auf der Haut des Ameisenigels. Um diese Bedeutung zu ergründen, habe ich zunächst Stückchen Haut mit Einzel-Tuberkeln und mit Tuberkel- gruppen herausgeschnitten und nach vorheriger Zeichnung in Schnittserien zerlegt. Solche Schnitte (Fig. 12 und 13) ergeben, dass die Epidermis auf diesen Erhebungen keinerlei Veränderung erlitten hat; sie unterscheidet sich weder durch ihre Dicke noch durch ihre Zellenlagen von der übrigen Epidermis. Dagegen hat sich die Cutis an solchen Stellen zu verhältnissmässig breiten Erhebungen aufgeschwungen, in denen ihre Zellen viel zahlreicher und dichter liegen als anderswo. Diese Cutisbildungen überragen mit ihrer oberen Grenze noch das allgemeine Niveau der Hautoberfläche. Sie sind einem activen Vorgang der Cutis entsprungen und somit echte Cutispapillen. Hier haben wir jene vielbesprochenen Höckerchen, die „primären Cutispapillen“ vor uns, welche auf der Haut so mancher Säugethierembryonen auftreten (GOETTE, FEIERTAG) und in nahen topographischen Beziehungen stehen mit den Haar- und Stachelanlagen. Sie sind die letzten Reste eines ehemaligen Schuppenkleides. Für diese Deutung spricht in erster Linie ihre regelmässige Anordnung und Vertheilung über den ganzen Körper. An mikroskopischen Schnitten allein würde, wenn auch die Cutis starke Zellwucherung zeigt, die regelmässige Anordnung bei den mannigfachen Falten und Runzeln nicht zu erkennen gewesen sein. In diesem Falle hat die äussere In- spection wesentlich zur Deutung der Befunde beigetragen. Zweitens spricht dafür ihre innige Beziehung zu den Stacheln. Die Höckerchen zeigen ja allenthalben bei Säugethierembryonen eine Beziehung zu den Haaren dadurch, dass Haaranlagen auf ihnen entstehen. Aber es giebt genug Höckerchen ohne Haaranlagen, und nirgendwo ist ihre Gruppirung zu diesen eine so regelrechte wie bei Echidna. Die bisher besprochene Periode in der Entwickelung des Hautkleides des Ameisenigels hatte uns mit ihren eigenartigen Erscheinungen in der Entstehung der Haargruppen und der Vertheilung der Stacheln in Längsreihen auf die Ableitung des Haares als Einzelorgan aus den Hautsinnesorganen niederer Wirbel- thiere geführt. Nunmehr bringt uns die Deutung der Tuberkelchen als die letzten Reste eines ehemaligen Schuppenkleides auf die Frage nach den phylogenetischen Beziehungen zwischen Haar und Schuppe. Wo Haare und Schuppen an Säugethieren gleichzeitig neben einander vorkommen (Manis, Dasypus, an den Schwänzen verschiedener Thiere), sitzen die Haare auf oder unter dem hinteren Rande der Schuppen. Auch dort, wo keine Schuppen mehr vorhanden sind, weist die Anordnung der Haargruppen fast allgemein noch auf ihr früheres Vorhandensein hin. Das ist durch ein reichliches Material in vielen sorgfältisen Arbeiten zur Genüge erwiesen und von allen Autoren einwandsfrei anerkannt worden. Freilich sind diese Beziehungen nur topographischer Natur, wie MAURER mehrfach betont hat und worin ich ihm schon anderwärts zugestimmt habe. Aus allen diesen Arbeiten geht mit Bestimmtheit hervor, dass die Vorfahren der Säugethiere unter schuppentragenden Ahnen zu suchen sind, welche unter dem Schutze der Schuppen Haare entwickelten. Dafür, meine ich, liefern uns die Cutispapillen bei Zchidna, die letzten Reste eines ehemaligen Schuppenkleides, noch eine neue Stütze, die deshalb von Wichtigkeit ist, weil sie an primitiven Formen, welche der Ahnenform nahe stehen, gefunden wurde. Bisher war es nämlich noch nicht möglich, gerade diese tiefstehenden Thiere zum Beweise in dieser Frage heranzuziehen. Man hielt die Haut für secundär modifieirt, und das ist sie ja auch insofern, als ich die Stacheln mit DE MEIJERE'und MAURER als starke Stammhaare resp. Haargruppen auffasse. Diese secundäre Veränderung finden wir aber auch in den Resten des Schuppenkleides wieder, die auch nicht in der typischen Weise zu den Stacheln liegen wie bei anderen Thieren. Die Höckerchen liegen unter, d. h. hinter den Stacheln, nicht aber die Stacheln unter ihnen. 31 u Das Integument der Monotremen. 219 Ich glaube aber, diese Lage lässt sich leicht verstehen, wenn man bedenkt, dass die Stacheln ausserordent- lich kräftige Gebilde sind, welche bei ihrer Entwickelung viel Material für sich beanspruchen und bei deren Befestigung die Cutis schon frühzeitig stark betheiligt ist, da sie tief in die Cutis hineinwurzeln. An diesen Stellen traten neue und schwerere Aufgaben an die Cutis heran; sie musste sich ihnen anpassen und ihre ganze Kraft zusammennehmen, um ihnen gewachsen zu sein. Daher mussten alle nebensächlichen Dinge, und das wurden ja die Schuppen und ihre Rudimente mit der weiteren Ausbildung des Haar- und Stachel- kleides, der einen grossen Aufgabe geopfert werden. Wir sehen dies auch daraus, dass sich vor einem stärkeren Stachel stets ein grösserer, völlig stachelfreier Bezirk findet. Hier schwanden die Schuppen- rudimente gänzlich, während sie hinter den Stacheln, in einem für die Cutis weniger arbeitsreichen Bezirk, erhalten bleiben konnten. Nur ganz vereinzelt fand ich einige Tuberkel, unter denen ein kleiner Stachel hervortrat; hier ist also der ursprüngliche Zustand noch mehr bewahrt geblieben. Es wird ja hier auch die Cutis nicht so sehr in Anspruch genommen, wie bei den grossen Stacheln. In der Periode vor der Um- wandlung des Haarkleides in die starren Stacheln werden die Schuppenrudimente allenthalben viel mehr erhalten gewesen sein, als dies heute der Fall ist. Die Thiere haben keinenfalls ihr Schuppenkleid ver- loren und dann erst Haare entwickelt, sondern die Haare traten unter dem Schutze der Schuppen auf. Mit der fortschreitenden Ausbildung der Stacheln schwanden die Schuppenreste aus dem angeführten Grunde mehr und mehr, namentlich an solchen Stellen, wo die starken Stacheln besondere Anforderungen an die Cutis stellten. Während sich nun die Lage der kleinen, runden Erhebungen durch die secundären Veränderungen, von denen die Haut betroffen ward, verstehen lässt, ist ihre Form und ihre verschiedenartige Zahl nicht so leicht damit in Zusammenhang zu bringen. Ihre Zahl wechselt ebenso wie ihre Grösse, ihre Form ist dagegen durchweg rund, meist sogar kreisrund, bei den grösseren sowohl wie bei den kleinen Höckern. Aus dieser runden Form darf man wohl nicht auf runde Schuppen der Vorfahren schliessen. Sie würden zu schuppen- freie Zwischenräume zwischen sich fassen und daher keinen dichten Panzer darstellen. Auch sind die Schuppen anderer Säugethiere viereckig oder polygonal. Die wenigen Formen mit runden Schuppen haben keine kreisrunden Schuppen, sondern länglich-runde oder ovale. Es ist ferner wohl nicht jeder einzelne Tuberkel als Rest einer ehemaligen Schuppe anzusehen. Ich möchte vielmehr annehmen, dass jede Tuberkel- gruppe für sich, seien es nun 2, 3 oder 4-5 Erhebungen, einer ehemaligen Schuppe, oder ich will lieber sagen einem ehemaligen Schuppenbezirk, entspricht. Diese Schuppen lösten sich mit der eintretenden Rück- bildung in eine Anzahl kleinerer Bezirke auf, die Reduction, welche die Cutis ebenso oder vielleicht bei den grossen Stacheln noch mehr als die Epidermis betraf, liess eine einheitliche grosse Papille nicht mehr auf- kommen. Es kam allmählich nur noch zu kleineren Erhebungen, die dann im Laufe der Zeit entsprechend der Zunahme des Stachelkleides immer schwächer an Umfang sowohl wie an Zahl wurden. Der hier skizzirte Gang der Rückbildung des Schuppenkleides ist aus der Form und Vertheilung der runden Tuberkel am Embryo 53 unmittelbar abzulesen. Die vereinzelt liegenden Erhebungen sind als die am meisten von der Rückbildung betroffenen die kleinsten; in den Zweiergruppen ist der eine gewöhnlich erheblich viel kleiner als der andere, und die der Zahl nach stärksten Gruppen hahen auch die grössten Erhebungen. Die grössten Gruppen liegen nun stets hinter einem starken Stachel gruppirt. Das hängt mit dem starken Stachel direct nicht zusammen, wohl aber indirect, weil gerade um einen solchen ein grösserer stachelfreier Bezirk bleibt, während zwischen den kleineren Stacheln, die dicht an einander schliessen, viel weniger Raum liegt. Hier wurden also die Schuppen und ihre Reste von den Umwälzungen, die sonst in der Haut vor sich gingen, weniger betroffen und konnten noch lange ein beschauliches Dasein fristen, während ihre mehr im regen Leben stehenden Brüder den Neuerungen Platz schaffen mussten und im Kampfe 220 Das Integument der Monotremen. 32 ums Dasein erlagen. Andererseits könnte in der Auflösung der Schuppen in kleinere Bezirke auch eine Rückkehr zu primitiven Verhältnissen zu erblicken sein, und die Schuppen könnten bei ihrem Schwunde denselben Process rückläufig durchgemacht haben, den sie bei ihrem ersten phylogenetischen Auftauchen genommen haben. Die Auflösung würde dann ein Fingerzeig sein für die Entstehung der grösseren Schuppen durch Verschmelzung aus einer Anzahl kleinerer. Es erübrigt nun noch, die weitere Entwickelung der Haare und Stacheln, ihren histologischen Aufbau, zu verfolgen. Beim Embryo 52 sind schon am ganzen Körper, zwischen den Stacheln des Rückens, wie auf der unbestachelten Bauchseite, auf dem Kopfe wie auf dem Schwanze, jene besprochenen Haargruppen zu sehen, und alle sind in derselben gleichen Weise durch Sprossung aus der ersten Anlage des Mittel- haares entstanden. In diesem Alter tritt die regelmässige Vertheilung der Haare und Stacheln noch deutlich zu Tage (Fig. 10), was, wie wir eingangs sahen, beim erwachsenen Thier weniger auffällt. Es mag dies daher kommen, dass die Haare in ihrer ersten Jugend deutlich regelmässiger gestellt sind und später durch das verschiedenartige Wachsthum und durch die sich immer wieder dazwischen schiebenden Haargruppen diese Regelmässigkeit verwischt wird, oder aber dadurch, dass sie zwischen dem dichtem Haar- und Stachel- kleid nicht so in die Augen springt. Dass jedoch diese regelmässige Vertheilung nicht absolut genau ist, zeigt Fig. 10 sehr schön. In der obersten Reihe sind zwei Querschnitte von Haargruppen getroffen und rechts davon statt einer dritten Haargruppe ein Stachelquerschnitt. Dann folgen zwei Reihen mit 4 und 2 Querschnitten von stärkeren Mittelhaaren, die weiter unten an ihrer Wurzel getroffen sind, dort, wo die noch kürzeren Follikel der Nebenhaare bereits aufgehört haben. Dann folgen zu unserst 3 Stachel- querschnitte. Haare und Stacheln sind bereits in der Anlage bei einiger Uebung zu unterscheiden; erstere sind dünner und wurzeln nicht so tief in der Haut, wie die letzteren, die tief in den allgemeinen Hautmuskel eingesenkt sind. Der nächste Fortschritt besteht in der Zunahme der Zahl der Nebenhaare, welche in manchen Gruppen schon 5 und 6, bei Embryo 53 sogar schon 8—-Io erreicht. Nunmehr setzt auch allenthalben in den Neben- haaren die Verhornung ein und beginnt die Ausbildung eines Haarschaftes, welcher ja die Deutung dieser Anlagen ausser Zweifel stellt. Fig. 14 giebt einen Querschnitt einer Haargruppe aus der Stirngegend. Der Haarbalg ist an seinem oberen Ende, dicht unter der Epidermis getroffen, wo bereits die Follikel der Neben- haare mit dem gemeinsamen Haarbalg. vereinigt sind. In diesem liegen um den Schaft des Mittelhaares 5 kleine Schäfte von Nebenhaaren, die wenn auch im Caliber noch bedeutend schwächer, doch schon deutlich den Haarschaft erkennen lassen. Späterhin nehmen die Nebenhaare an Dicke zu, so dass der Unterschied zwischen ihnen und dem Mittelhaar immer mehr verwischt wird und an manchen Gruppen, z. B. am Rücken, kaum noch hervortritt. Alle Haare eines Bündels, Mittelhaare sowohl wie Nebenhaare, treten aus einer gemeinsamen Oeffnung hervor und haben an ihrem oberen Ende einen gemeinsamen Haarfollikel, der sich weiter unten in so viel kleinere Follikel ausstülpt, als Haare aus der Balgöffnung hervortreten, ein Verhalten, das schon von früheren Autoren (LEYDIG, 59, WELCKER, 64) beschrieben worden ist. Ueber die feineren histologischen Einzelheiten am ausgebildeten Haar kann ich nur auf die ausführ- liche Darstellung von MAURER (95) verweisen, der ich neue Beobachtungen oder Deutungen nicht hinzuzufügen vermag. MAURER giebt auch eine stark vergrösserte Abbildung von einem Quer- und Längsschnitt des Echidna-Haares, von dem meine Schnitte keine wesentlichen Abweichungen zeigen. MAURER zeichnet in der Mitte des Haarschaftes eine kleine Gruppe von Zellen, welche er als Markschicht bezeichnet, „die aus geschrumpften Zellen besteht“. Dagegen habe ich einzuwenden, dass bei den Zchidna-Haaren und -Stacheln ebenso wie an den Haaren von Ornithorhynchus keine Markschicht im Schafte zu unterscheiden ist. Die Papille ist sehr lang und reicht weit in den Stachel und das Haar hinein. Wenn man daher ein Haar an 33 Das Integument der Monotremen. 221 seinem unteren Ende im Bereich der Papille schneidet, erhält man im Innern noch die Zellen der Cutis- papille, die äusserst dicht liegen, grosse Kerne haben und lebhaft gefärbt sind. Schneidet man dagegen etwas höher über der Papille, so bekommt man nur die schon vollkommen verhornte Rindenschicht, welche dicht mit Pigment vollgepfropft ist, aber keine centrale Markschicht erkennen lässt. Der ganze Haarschaft ist ein hohler schwarzer Stab, welcher sich kappenförmig auf die Papille mit einer geringen zwiebelartigen Verdickung an seinem unteren Ende aufstülpt. Es mag hier noch kurz erwähnt sein, dass die einzige Eigenthümlichkeit des Eehidna-Haares gegen- über dem Typus des Säugethierhaares in der dicken Haarscheide besteht, welche aus vielen Lagen von Zellen zusammengesetzt ist, sowohl die HENnLE’sche wie die Huxreyv’sche Schicht, die sich aber bei der schnell eintretenden Verhornung meist nicht von einander unterscheiden lassen. Schnitte durch die Haare der Embryonen lassen nun klar erkennen, dass die beiden Schichten lange einschichtig sind und erst mit dem Dickerwerden des Haares die starke Wucherung dieser Zellenlagen eintritt. Wir werden darauf noch später bei der Entwickelung des Stachels zurückkommen. Es wäre von den Haaren ferner noch zu erwähnen, dass ihre Talgdrüsen durchaus nicht so klein und winzig sind, wie LEYDIG (59) gefunden zu haben glaubt. GEGENBAUR (70) schreibt darüber ganz richtig, dass jede Haargruppe ihre grossen, schön ausgebildeten Talgdrüsen habe. Sie bilden längliche grosse Läppchen mit kräftigem und deutlich sichtbarem Ausführungsgang. Und zwar kommen sie nicht nur der gemeinsamen Strecke des Haarbalges zu, sondern jedes einzelne Haar einer Haargruppe hat seine besonderen Talgdrüsen. Ihre Anlage erfolgt ziemlich spät. Ich glaube bestimmt behaupten zu können, dass beim Embryo 53, dem ältesten mir zu Gebote stehenden Stadium, noch keine Talgdrüsen angelegt sind. Bei den Nebenhaaren kann man das mit Sicherheit feststellen, denn sie haben in diesem Alter noch keine Ausstülpungen getrieben. Für die Mittelhaare ist es schwerer nachzuweisen. Die Talgdrüsen legen sich ebenso an wie die Nebenhaare, als Ausstülpungen des Epithelzapfens. Da sie in ihrer frühesten Jugend ebenso wie diese aussehen, sind sie schwer von ihnen zu unterscheiden, solange wenigstens noch keine Verhornung und keine Papilleneinstülpung an ihnen eingetreten ist. Aber auch für die Anlagen, wo diese fehlt, glaube ich mit Sicherheit aus ihrer grossen Länge, die weit bis zum Haupthaar herunterreicht, schliessen zu sollen, dass es ebenfalls Neben- haare und keine Talgdrüsen werden, weil die Talgdrüsen am erwachsenen Thier kaum die halbe Länge des Mittelhaares erreichen. Die Haare sind ja auch in diesem Alter noch nicht durchgebrochen und die Talgdrüsen deshalb noch nicht von Wichtigkeit. Die Entwickelung der Stacheln ist von der Entwickelung der Haare in principieller Hinsicht durch- aus nicht unterschieden. Die genauen Vergleiche zwischen den einzelnen Stadien beider Gebilde haben mit Sicherheit ergeben, dass eine Verschiedenheit zwischen ihnen ausser in der Grösse der einzelnen Schichten nicht besteht. Die Stacheln sind weiter nichts als Haare, bei denen die einzelnen Schichten kräftiger ent- wickelt sind. Es bestätigt somit die Untersuchung die schon mehrfach erwähnte Ansicht DE MEIJERE’S (94) und MAURER’s (95), dass die Stacheln ausserordentlich stark entwickelte Stammhaare seien. Für die Stacheln von Erinaceus europaeus L. ist Davırs (86) derselben Ansicht; er hält sie ebenfalls für stark entwickelte Haare, aber in ganz anderem Sinne als ich. Er sagt: „Der Stachel selbst bietet also in seinem complicirteren Bau keine primitivere Einrichtung. Seine Vorläufer waren Haare, wie er denn nicht nur alle Uebergänge zu solchen zeigt, sondern auch in seiner ersten Anlage mit einem marklosen Haar beginnt.“ Davies nimmt an, dass dem Stachelkleid ein Haarkleid vorausgegangen sei und „dass die leichte Cutispapille auf der Hautoberfläche, welche das erste Stadium in der Entwickelung des Stachels Jenaische Denkschriften. VI. 5 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III, 29 222 Das Integument der Monotremen. 34 und anderer starker Haare bildet, das letzte Rudiment eines primitiven embryonalen Haares ist, welches sich wie die embryonale Dune auf einer auf der Hautoberfläche gebildeten Cutispapille entwickelte‘, während ich das Stachelkleid als Fortentwickelung des ersten Haarkleides ansehe. Die Haare sind durch allmähliches Dickerwerden zu Stacheln ausgewachsen. — Es hat ferner die Untersuchung keine Anhalts- punkte ergeben, welche die von REH (94) ausgesprochene phylogenetische Ableitung des Stachels aus der Schuppe (s. oben S. 197) zu stützen geeignet wären. Es lag nun nahe, die Hartgebilde des Ameisenigels mit denen anderer Stachelträger, die daraufhin ausführlich untersucht worden sind, z. B. des europäischen Igels, zu vergleichen. Eigene Untersuchungen konnte ich über die Entwickelung der Igelstacheln nicht anstellen, da mir das nöthige Material nicht zu Gebote stand. Es bedarf solcher Untersuchung auch nicht, da eine eingehende Arbeit von DAvIEs über diese Entwickelung vorliegt (86). Ich stützte mich bei dem Vergleich auf dessen Resultate und Ansichten. Ein solcher Vergleich ergiebt zwar keine principiellen Verschiedenheiten, welche uns zwängen, beiden Gebilden eine verschiedene phylogenetische Deutung zu geben, wohl aber einige Verschiedenheiten in der Construction. Gegen die von DAvIEs ausgesprochene Deutung der in der Haut des Igels auftretenden Cutispapillen als erstes Stadium der Stachelanlage habe ich mich schon S.] 204 ausgesprochen. Die Beziehungen der Stachelanlagen zu den Cutiszellen sind rein topographischer Art, ebenso wie bei manchen Säugethieren FEIERTAG dies für die Haaranlagen nachgewiesen hat. DAVvIEs schliesst sich auch mehr an FEIERTAG an, wenn er auch ausdrücklich hervorhebt, dass er niemals vor dem Auftreten der Papillen eine Spur von Stachelanlagen gefunden habe. Hier liegt eben schon der erste Unterschied zwischen den Stacheln beider Thiere. Erinaceus hat die alten topographisch-phylogenetischen Beziehungen zwischen Stachel und Schuppe mehr bewahrt als Echidna, indem die Stachelanlage nie vor der Papille, wohl aber später ohne dieselbe auftreten kann. Bei Echidna dagegen fanden wir, dass sich die Stachelanlage als rein knospenartige Wucherung der basalen Zellanlage der Epidermis weit vor den Papillen anlegt. Letztere sind auch vor- handen, treten aber erst viel später auf, wenn die Stacheln schon die Oberfläche der Haut zu durchbrechen beginnen. Sie sind trotzdem viel schöner und zahlreicher vorhanden, so dass sie schon dem blossen Auge am Stadium 52 und 55 auffallen müssen. Die weiteren Unterschiede der Stacheln beider Thiere bestehen ausser in der oben schon besprochenen Verschiedenheit in ihrer Anordnung und Stärke: I) In der Musculatur. Während nämlich die Erinaceus-Stacheln eine eigene, glatte Musculatur besitzen, die sich an ihre Wurzeln anheftet, sind die Eckidna-Stacheln mit ihrer Basis tief in den quer- gestreiften Hautmuskel eingesenkt. 2) In der Form. Der Erinaceus-Stachel hat ein deutlich verdicktes Wurzelende, eine Zwiebel, welche, wenn auch stark verlängert, doch scharf gegen den Schaft des Stachels abgesetzt ist. Der Zchidna-Stachel ist aber ein regelmässig conisches Gebilde, das von seiner Basis nach der Spitze zu allmählich sich verjüngt. Nur das äusserste Ende zeigt eine kleine zwiebelartige Anschwellung, die aber nicht mehr hervortritt als bei anderen Haaren. 3) In der Stachelpapille, die bei Echidna viel weiter in den Stachel hineinragt als bei Erinaceus und mindestens ?/, seiner ganzen Länge ausfüllt. 4) In der inneren Auskleidung des Stachels. Der Zchidna-Stachel hat keine Markschicht, bleibt im Querschnitt kreisrund, und der ganze Hohlraum wird von der unten in den Stachel eintretenden Papille mit ihren Gefässen gleichmässig ausgefüllt. Bei Erinaceus treten auf den Wänden des Stachelkeimes im Innern Längsleisten auf, deren Entstehungsweise genau derjenigen der Leisten beim Federkeim gleicht. 35 Das Integument der Monotremen. 223 In gewissen Stadien hat daher ein Querschnitt durch einen Erinaceus-Stachelkeim grosse Aehnlichkeit mit einem Querschnitt durch einen Federkeim. Diese Längsleisten wachsen mit ihren freien Kanten gegen einander, verschmelzen schliesslich und verdrängen die ganze Papille. Mit beginnender Verhornung treten innerhalb dieser Leisten hornige Stellen auf, die von der Rindenschicht ausgehen. Sie ragen, da sie mit ihren Spitzen nicht verwachsen, auf Querschnitten wie Zacken in das Innere des Stachels hinein. Dass es sich hier um Constructionsverschiedenheiten secundärer Natur handelt, welche unsere morphologische Auf- fassung des Stachels nicht zu erschüttern vermögen, brauche ich wohl nicht besonders hervorzuheben. ' 5) In der Art der Pigmentirung. Schon frühzeitig mit dem ersten Auftreten eines Schaftes beginnt bei Echidna in Haaren und Stacheln eine starke Pigmentablagerung. Bei Erinaceus sind die zuerst gebildeten Stacheln völlig pigmentfrei, die späteren erst sind dunkel gefärbt. Sie treten aber bald nach der Geburt auf, so dass der junge Igel eine Bedeckung von schwarzen und weissen Stacheln auf seinem Rücken trägt, während der untere Theil seines Körpers noch nackt ist. Die dunkeln Stacheln nehmen dann rasch an Zahl zu, und bevor noch der Igei die Hälfte seiner vollen Grösse erreicht hat, sind die kleineren weissen Stacheln völlig ausgefallen. 6) Die Talgdrüsen legen sich bei Erinaceus sehr früh beim Beginn der Verhornung des Stachels an. Die Echidna-Stacheln haben überhaupt keine Talgdrüsen und bei den Haaren werden sie erst sehr spät angelegt. Wenn wir nunmehr nach diesem Vergleich mit anderen Stachelgebilden die Echidna-Stacheln mit den Echidna-Haaren noch einmal näher vergleichen, so ergiebt sich, dass zwischen beiden eine so völlige Uebereinstimmung in allen histologischen Einzelheiten ausser in der Dicke herrscht, dass man nicht weiss, ob man Querschnitte von Stacheln oder Haaren vor sich hat, wenn man das nicht aus der Lage, Ober- oder Unterseite, unbedingt schliessen kann. Die einzelnen Schichten des Stachels sind stärker als die des Haares, und darin besteht der einzige Unterschied. Ich habe schon früher erörtert (S. 195), dass es schwer ist, eine Abgrenzung in der Bezeichnung der drei Gebilde, Haar, Borste und Stachel, zu finden, wenn man, wie z. B. am Kopfe des Ameisenigels, alle Mittel- stufen zwischen diesen drei Extremen vom feinsten Haar bis zum stärksten Stachel vor sich hat. Dieselbe Schwierigkeit entsteht bei Schnitten dort, wo die Körperstelle kein sicheres Deutungsmittel abgiebt, z. B. an den Seiten im Grenzgebiet zwischen dem Stachelkleid des Rückens und dem Haarkleid des Bauches. Dass dieselben Zweifel bei der Deutung der ersten Anlage, der Epidermisknospe, bestehen, habe ich schon oben erläutert. Man muss sich auf die Schulung des Blickes einigermaassen verlassen. In den Figuren I5—ı8 sind Stachelschnitte abgebildet. In der Fig. 15, einem Querschnitt aus dem oberen Ende eines Stachels, wo die Papille schon fast zu Ende geht, erkennt man um die Zellen der Papille (P) die stark pigmentirte Rindenschicht (R) des Stachelschaftes. Das Pigment ist nicht gleichmässig in der ganzen Rindenschicht vertheilt, sondern an beiden Grenzen stärker angehäuft, wodurch sie nicht gleich- mässig aussieht. Sie bleibt aber trotzdem eine einheitliche Schicht, an welcher eine besondere Markschicht nicht erkannt werden kann. Das sieht man auch schon an der anderen Vertheilung des Pigments der Rindenschicht in der unteren Stachelpartie (Fig. 16); die Papillenhöhle ist hier noch viel grösser, sie verjüngt sich nach oben conisch. Der Stachelschaft wird durch ein ziemlich derbes Oberhäutchen umschlossen (Fig. 15 0). Irgendwelche Zellgrenzen sind an ihm auch mit den schärfsten Vergrösserungen nicht zu erkennen. In der unteren Partie des Stachels zeigen sich in dieser Schicht aber noch lebhaft gefärbte Kerne (Fig. 16 0), wenn auch Zellgrenzen nicht mehr sichtbar sind. Den Stachelschaft umgiebt eine mehr- schichtige Stachelscheide (Wi) oder innere Wurzelscheide. Trotzdem ihre Zellen schon stark verhornt sind, 5* 29* 224 Das Integument der Monotremen. 36 liegen noch kleine, aber deutlich wahrnehmbare Kerne in ihnen (Fig. 15 W:). Diese Schicht entspricht, wie schon bei der Besprechung der Haare erwähnt wurde, der HuxreEy’schen und HEnte’schen Schicht der Säugethierhaare. Die beiden Schichten sind aber am verhornten Stachel nicht mehr von einander zu unterscheiden. Auf dem Schnitt der unteren Stachelgegend und namentlich auch an jüngeren Stacheln ist ihre Abgrenzung noch scharf ausgeprägt. Die Zellkerne (Fig. 16) sind intensiv gefärbt und gut zu erkennen. Die Schichten bestehen aber auch hier schon aus mehreren Zellenlagen. Diese Mehrschichtigkeit ist nichts Primitives, da sie den jungen und kleinen Haaren nicht zukommt; sie hat ihre Begründung in dem Stärkerwerden der Haare zu Borsten und Stacheln. Die dem Stachelschaft zunächst liegenden Lagen (Huxrey’sche Schicht, Fig. 16) scheinen grössere Kerne zu haben und nicht so festgefügt zu sein wie die äusseren. Die Verhornung muss hier von aussen nach innen vor sich gehen. Auf diese mehrschichtige innere Wurzelscheide (Stachelscheide) folgt, scharf gegen sie abgegrenzt, die äussere Wurzelscheide (Wa), die aus 3—5 Lagen schön ausgebildeter Zellen mit grossen Kernen besteht, die nicht von der Verhornung ergriffen sind. In dieser Schicht steht die äussere Zellenreihe als Cylinderzellenlage, deren Kerne grösser und länglicher sind und senkrecht auf die Peripherie stehen, scharf gegen die übrigen 3—4 Lagen, wie an der gewöhnlichen Epidermis oder einem sich einsenkenden Haar- und Stachelkeime, ab. Die äussere Begrenzung des ganzen epidermoidalen Stachels bildet eine dicke Glashaut (G@!). Der Stachel wird nun ringsum noch umzogen von einer, wenn auch nicht dicken, so doch fest- gefügten bindegewebigen Scheide, welche unten an der Wurzel des Stachels in die Papille übergeht und den ganzen inneren Hohlraum des Stachels ausfüllt (Fig. 17). Die Papille ist von Gefässen reichlich durch- zogen, die sich durch die von dem krempenartig umgebogenen Stachelende verengte Oeffnung dicht gedrängt ins Innere hineinzwängen, dann in der Papille sich strahlenförmig ausbreiten und bis an ihr oberes Ende verfolgen lassen. Die Papille ist auch schon bei den dickeren Haaren mächtig entwickelt; sie nimmt mit der Stärke des Haares an Grösse und Dicke zu und lässt somit die ihr schon von LEYDIG zugesprochene Bedeutung als eines Ernährungs- und Befestigungsorganes in schöner Weise erkennen. Die stärkeren Stacheln brauchen zu ihrer Ernährung und Erhaltung auch eine grössere Papille als die schwächeren Haare. Man hat mehrfach versucht die Haarpapillen mit den primären Cutispapillen zu homologisiren, weil letztere in vielen Fällen zuerst d. h. vor den Haaren auftreten und mit den auf ihnen sich anlegenden Haaren resp. Stacheln in die Tiefe sinken sollen. Ich habe mich schon gegen diese Ansicht ausgesprochen. Die primären Cutispapillen sind alte Erbstücke von hoher phylogenetischer Bedeutung. Die Haar- resp. Stachelpapillen sind viel jüngeren Datums, deren Entstehung mit der Ausbildung des Haares verknüpft ist. Und für diese Ansicht, meine ich, hat uns auch die Untersuchung der Echidna-Haut wichtige Beweise geliefert, denn die primären Cutispapillen erscheinen erst viel später, wenn die Stachelpapille sich schon angelegt hat. Betrachten wir nun noch einen Längsschnitt durch das untere Ende eines Stachels, durch die Stachel- krempe (Fig. 18), so sehen wir, dass die einzelnen Schichten nach der Spitze der Wurzel zu allmählich aus- laufen, in einander übergehen und sich zu einem gleichartigen Keimlager vereinigen. Die äussere Wurzel- scheide (Wa) wird immer dünner und ist schliesslich nur noch einschichtig. Die spindelförmigen Kerne ihrer äussersten Zellenlage werden nach unten zu rundlich und haben dieselbe Form wie die Kerne der Rinden- schicht. Die innere Wurzelscheide (Wi) (Huxtey’sche und HENnLEe’sche Schicht) nimmt immer mehr an Dicke ab und keilt schliesslich aus; sie hat hier noch deutliche Kerne und ist erst wenig verhornt. Glashaut und Oberhaut sind nicht bis unten hin zu verfolgen, und die Rindenschicht ist nur auf ihrer inneren, der Papille zugekehrten Seite mit Pigment vollgepfropft. Das allgemeine Keimlager der Schichten ist frei von Pigment. Die Talgdrüsen der Stacheln. Die Frage, ob den Stacheln des Ameisenigels Talgdrüsen zukommen oder nicht, ist bisher noch eine offene. Alle Autoren, die sich mit der Echidna - Haut befassten, 37 Das Integument der Monotremen. 225 scheinen diese Frage geflissentlich umgangen zu haben. Auch Levvic (50), welcher die Talgdrüsen der Haargruppen von Echidna beschreibt und die Talgdrüsen an den Stacheln von Hystriz cristata L. abbildet, sagt nichts über diese Anhangsgebilde bei den Echidna-Stacheln. Beim Igel legen sich nach Davıss (86) die Talgdrüsen schon frühzeitig an, wenn kaum noch die erste Verhornung im Stachelkeime eingesetzt hat, sie zeigen aber nur eine geringe Entwickelung. Obschon nun diese beiden stachelbewehrten Thiere, der Igel und das Stachelschwein, Talgdrüsen an ihren Stacheln haben, glaube ich sie doch für die Stacheln des Ameisenigels direct in Abrede stellen zu müssen. Bis zum Stadium 52 ist mit Sicherheit zu constatiren, dass Anlagen von Talgdrüsen an den Stacheln ebensowenig vorhanden sind wie an den Haaren. Für den Embryo 53 lässt sich das aber nicht mit absoluter Genauigkeit feststellen. Die Grösse der Stacheln und ihre starke Verhornung — der Stachel ist bis auf seine Länge schon definitiv ausgebildet — machen es unmöglich, lückenlose Schnittserien durch die Stacheln herzustellen. Trotzdem glaube ich aber behaupten zu können, dass an den Stacheln des Embryo 53 keine Talgdrüsen sitzen. Ich habe nirgends auf den Schnitten eine Spur davon gefunden, und es müsste ein merkwürdiger Zufall sein, wenn in der Schnittserie durch mehrere Stacheln überall gleichmässig die Schnitte mit den Talgdrüsen ausgefallen seien. Zudem fehlt immer nur ein Theil des Stachels oder ist stark zerrissen; die äussere Wurzelscheide, welcher die Talgdrüsen doch anhängen, ist fast überall vollkommen erhalten. Um die Frage mit Sicherheit zu entscheiden, habe ich einen Stachel des Embryo 53 mit seiner Stachelscheide und Umgebung herauspräparirt, die Stachelscheide aufgeschnitten und nach Färbung und Aufhellung mit Nelkenöl auf dem Objectträger ausgebreitet. Auch an diesem Präparat fand ich, trotzdem es völlig durch- sichtig und zu übersehen war, keine Talgdrüsen. Nicht so sicher lässt sich die Frage entscheiden, ob den fertigen Stacheln des erwachsenen Thieres Talgdrüsen zukommen oder nicht. Auch hier habe ich. durch Präparation Klarheit zu bekommen versucht. Aber dieser Versuch führte zu einem negativen Resultat, es gelang bei der festen Verwachsung des Stachels mit der Haut nicht, die Stachelscheide unverletzt herauszupräpariren. Auch führte Aufhellung derselben bei ihrer Dicke und Festigkeit nicht zum Ziele. Dieser negative Befund schliesst natürlich das Vorhandensein kleiner, schwer sichtbarer Talgdrüsen nicht aus. Ihr gänzliches Fehlen ist aber wohl denkbar und nicht weiter auffällig, zumal die Schweiss- drüsen dem Ameisenigel ebenfalls mangeln. LEyvıG (59) fand die Schweissdrüsen weder am Rücken und Bauch, noch an der Fusssohle, wo sie fast immer noch, auch bei sonstigem Fehlen, erhalten sind. GEGENBAUR (86) fand sie nur auf der Haut des Drüsenfeldes, wo sie bekanntlich die Grundlagen für die Mammardrüsen abgeben. Die grossen Stacheln der Echidna, die wir für stark entwickelte Stammhaare ansehen, haben nicht nur die sämmtlichen Nebenhaare einer Gruppe, sondern auch ihre sämmtlichen Talg- und Schweissdrüsen in sich aufgenommen. Der Igel hat so wie Talgdrüsen auch Schweissdrüsen. Aber sie stehen sehr vereinzelt, und LeyvıG sagt deshalb, dass man schon ein grösseres Hautstück durchmustern müsse, um solche zu finden. Sie sind auch nur klein und spärlich. Der Igel hat also auch in den Drüsen seiner Stacheln Sonder- heiten bewahrt. Sie haben aber auch schon unter den Stacheln gelitten, wenn auch nicht in dem Maasse, wie bei Echidna. Das Stachelschwein hat nach LEeyvıG nur an den Zehenballen Schweissdrüsen ; zwischen den Haaren und Stacheln fehlen sie. Von der allgemeinen Haut des Ameisenigels ist noch zu bemerken, dass die beiden Hautschichten der Epidermis und Cutis nicht mit glatten Flächen auf einander ruhen, sondern durch kürzere oder längere 226 Das Integument der Monotremen. 38 Hervorragungen von warzenförmiger oder fadenförmiger Gestalt fest mit einander verknüpft sind. Die Epidermis senkt wurzelartige Ausläufer in die Cutis, und die Cutis erhebt sich mit papillären Zapfen in die Epidermis. Diese Erhöhungen sind niedriger, weniger spitz und gleichmässig auf der behaarten und bestachelten Haut. An der nackten Fusssohle jedoch senkt sich die Epidermis mit langen, palissadenartigen Zapfen in die Cutis, die in äusserst regelmässiger Grösse und Gestalt dicht geschlossen neben einander liegen. Die dazwischen bleibenden spitzen Zacken der Cutis sind mit kräftigen Gefässschlingen überall durchsetzt. Die Bedeutung dieser Einrichtung lässt sich unschwer erkennen. Die harte, dicke und festgefügte Fusssohle bedarf bei ihrer starken Reibung und dem Druck, welcher durch das Gewicht des Körpers ständig auf sie ausgeübt wird, einer besonders guten Ernährung und Befestigung, welche von einer der Epidermis glatt und locker anliegenden Cutis nicht erreicht werden würde. Der Druck und die Reibung. sind der äussere mechanische Einfluss, der diese feste Verbindung entstehen liess. Die Papillen der Cutis sind somit secundäre Bildungen und ebensowenig wie die Haar- und Stachelpapillen zu homologisiren mit den Erhebungen in der Säugethierhaut, welche wir oben mit dem Namen „primäre Cutispapillen‘ belegt haben. Sie sind mit ihnen nur insofern zu vergleichen, als sie von derselben Hautschicht gebildet werden; aber sie sie sind aus anderen physiologischen Ursachen entstanden und auch in anderer Weise. Wenn man die Sohlenhaut der Embryonen studirt, so findet man, dass die Cutis durchaus nicht allein das treibende Agens bei der Bildung dieser Papillen ist. Die Epidermis zeigt in ihrer untersten Lage schöne, lange, spindelförmige Kerne, welche überall in starker Vermehrung begriffen sind und knospenartige Verdickungen gegen die Cutis entstehen lassen, ähnlich wie bei der Anlage der Haare. Die Epidermis scheint an dem Vorgang viel mehr activ betheiligt zu sein als die Cutis; denn diese füllt nur die zwischen den Einsenkungen bleibenden Zwischenräume mit Gefässen aus. Später allerdings erheben sich diese noch in die Epidermis hinein und lassen sich bis an das Stratum corneum verfolgen. An manchen Stellen ist die Cutis schon in starker Zellvermehrung begriffen und von Gefässen allenthalben durchsetzt, aber sie sind noch nicht in die Epidermis eingedrungen. Es ist also zum mindesten schwer zu entscheiden, welche von beiden Hautschichten die erste und grösste Rolle bei der Bildung dieser Sohlenpapillen spielt. Bei der Bildung der „primären Cutispapillen“ erhebt sich die Cutis jedoch weit in die Epidermis hinein, so dass die Papillen mit ihren oberen Grenzen das allgemeine Niveau der Haut überragen. 2. Ornithorhynehus anatinus Gray. Der Pelz des Schnabelthieres besteht aus zwei Sorten von Haaren, aus einem kurzen, wolligen Unterpelz, dessen weiche Haare in der Tiefe grau, an der Spitze aber braun sind, und aus dieselben überragenden, dichten, groben Granen von dunkelbrauner Färbung. Beide Haarsorten stehen in inniger Beziehung zu einander und bilden Gruppen, aber in etwas anderer Weise, als wir dies beim Ameisenigel kennen lernten. Die Mittel- oder Stachelhaare, wie sie auch genannt worden sind, werden nicht von einzelnen Nebenhaaren umgeben, sondern von Büscheln von Nebenhaaren. Jedes Büschel hat für sich ebenso wie das Mittelhaar eine besondere Hautöffnung, aus der die feinen Nebenhaare dicht gedrängt heraustreten. Schnitte durch solche Haargruppen lehren nun, dass zwar jeder für sich, das Mittelhaar sowohl wie die einzelnen Büschel, eine besondere äussere Wurzelscheide hat, einen besonderen Follikel, der sich bei den Nebenhaaren nach 39 Das Integument der Monotremen. 227 unten in so viel kleinere Follikel einstülpt, als eben Haare aus der jeweiligen Balgöffnung heraustreten, dass aber alle zusammen von einem gemeinsamen bindegewebigen Haarbalg eingeschlossen sind. Vereinzelt bemerkt man auch, dass die äusseren Wurzelscheiden einer Gruppe dicht unter der Haut sich zusammen vereinigen. Die Mittelhaare sind breit und lanzettförmig und wurzeln tiefer in der Haut als die drehrunden Nebenhaare. Die Haare eines Haarbüschels sind alle gleich stark und äusserst dünn, so dass wohl erst 5—6 zusammen ein Mittelhaar ausmachen. Ein jedes Mittelhaar hat seine eigenen, verhältnissmässig schwachen Talgdrüsen, die Nebenhaare dagegen nicht. Alle Haare eines Büschels haben vielmehr nur ein Paar gemeinschaftlicher Talgdrüsen, welche dem gemeinsamen Büschel seitlich wie zwei grosse Ohren ansitzen. Auf jede Haargruppe, bestehend aus einem Mittelhaar und mehreren dasselbe umgebende Büschel von Nebenhaaren, kommt eine einzige lange, vielfach geschlängelte Schweissdrüse. Sie mündet in das obere Ende des Follikels des Stachelhaares aus und zieht doppelt so tief in die Haut hinab wie die Haare. Zu jeder grossen Haargruppe gehört also nur eine tubulöse Drüse. Die Haargruppen stehen am Rücken ziemlich regelmässig in alternirenden Längsreihen. Jede Gruppe besteht aus einem Mittelhaar und jederseits I—3, meistens 2 Büscheln, welche bis 12 und mehr feine Neben- haare enthalten. An der Brust findet man meist jedoch 6 Bündel Nebenhaare um jedes Mittelhaar. Am Schwanze nun ist das Verhältniss etwas anders. Die Oberseite ist dicht behaart, die Unterseite dagegen nur bei jüngeren Thieren, bei älteren ist sie mehr oder weniger nackt und hat nur am Rande einen schmalen Saum von abgeschlissenen kurzen Haaren. Besieht man aber das Haarkleid der Oberseite etwas genauer mit der Lupe, so findet man, dass die Büschel der Nebenhaare von der Basis des Schwanzes nach seinem Ende zu allmählich abnehmen, so dass in der unteren Schwanzhälfte nur noch isolirte Stachelhaare, selten noch ein Paar vereinzelter Nebenhaare zwischen ihnen stehen. Auf der Unterseite hören die Haar- gruppen schon in der Umgebung des Afters auf; es folgt noch eine kleine Strecke mit kurzen Stümpfen von Stachelhaaren, ebenso wie rings am ganzen Rande der Unterseite, und die ganze übrige Fläche ist haarlos und nackt. Mustert man aber die nackte Fläche mit der Lupe, so sieht man deutlich noch allent- halben die Poren mit den abgeriebenen und abgerissenen Haarstümpfen; ab und zu ragen noch Haarreste von einigen Millimetern Länge über die Haut hervor. Auf Schnitten durch die nackte Schwanzhaut eines erwachsenen Schnabelthieres findet man überall schön entwickelte Stachelhaare mit wohl ausgebildeten Schweiss- und Talgdrüsen. Die Haare haben die Haut wohl noch durchbrochen, ragen aber nicht mehr oder nur ganz wenig über ihre Oberfläche hervor; sie sind abgerieben und abgebrochen. Wir haben hier also eine typische secundäre Reduction eines Haarkleides vor uns, welche sich an jungen Schnabelthieren mit zunehmendem Alter verfolgen lässt. Sicherlich hängt diese Reduction mit der Lebensweise des Schnabel- thieres zusammen, aber eine Erklärung dafür ist schwer zu geben, ebensowenig wie für das unregelmässige Auftreten beschuppter Schwänze bei nahe verwandten Arten mit ähnlicher Lebensweise. Bei den vier grossen und typisch ausgebildeten Schwimmfüssen des Ornithorhynchus wird der Schwanz nicht eine besondere Ruderthätigkeit auszuüben haben. Ich denke mir, dass hauptsächlich beim Aufsteigen vom Grunde der Flüsse, wo das Schnabelthier seine aus Muscheln, Schnecken und anderen kleinen Thieren bestehende Nahrung sucht, der Schwanz in Function tritt. Ein Schlag mit der breiten Schwanzplatte nach unten wird die Thiere leicht wieder an die Oberfläche bringen. Dass Reibung als äusseres mecha- nisches Moment die Haare zum Verschwinden bringen kann, hat KÜkENTHAL für die Sirenen kürzlich nachgewiesen (97). Ich glaube aber, dass diese Reibung beim Schnabelthier zu gering ist. Die abgeschlissenen Haare an der Unterseite des Schwanzes machen mehr den Eindruck, als ob sie mit harten Gegenständen in Berührung gewesen seien. Solche Reibung kann nun eintreten bei dem Aufenthalt auf dem Grunde der Flüsse, besonders aber beim Aufsteigen aus dem Wasser auf die Flussufer. 228 Das Integument der Monotremen. 40 Nach SEMoN!) bevorzugen die Schnabelthiere gerade die steiler ansteigenden, baumwuchstragenden Ufer; hier legen sie ihre Baue an, die mit einer unter dem Wasserspiegel mündenden, schief ansteigenden Röhre beginnen und eine Höhe von mehreren Metern über dem Wasserspiegel erreichen. Man kann nun öfters beobachten, dass Thiere beim Aufsteigen aus dem Wasser, z. B. die Biber in zoologischen Gärten, den Schwanz etwas nach sich ziehen und mit der Unterseite über den Boden schleifen. Ich vermuthe, dass das Schnabelthier eine ähnliche Gewohnheit hat und beim Passiren der schräg ansteigenden Kanäle die Unterseite des Schwanzes häufiger mit dem Boden in Berührung bringt, und darin möchte ich hauptsächlich die äussere mechanische Ursache für den Schwund der Haare erblicken. Das Haarkleid ist dadurch allmählich in den Hintergrund gedrängt worden und begann schliesslich rudimentär zu werden. Dieses Rudimentärwerden hat damit begonnen, dass zunächst die Nebenhaare ge- schwunden sind. Sie haben sich noch eine Zeit lang angelegt, sind dann aber schliesslich, weil doch gänzlich bedeutungslos, fortgeblieben. Ich betrachte auch die Nebenhaare des Ornithorhynchus, wie weiter unten erläutert werden soll, als durch Sprossung aus dem Mittelhaar entstanden. Das Mittelhaar ist somit das phylogenetisch und ontogenetisch zuerst angelegte, während die Nebenhaare erst später in die Erscheinung traten. Da sie erst später angelegt wurden, musste bei ihnen auch die Reduction zuerst einsetzen. Wir hätten auch hier wiederum einen Fall vor uns, in dem ein Organ bei seinem Schwunde rückläufig denselben Process durchmacht, den es bei seinem ersten phylogenetischen Auftreten genommen hat. Auf der Oberseite des Schwanzes kann man ja direct verfolgen, wie die Nebenhaare von der Basis des Schwanzes nach der Spitze zu allmählich abnehmen. Auch diese Haare betrachte ich als in secundärer Rückbildung begriffen, nur ist sie noch nicht so weit vorgeschritten wie auf der Unterseite. Doch sind hier wohl auch die Ursachen der Rückbildung andere als auf der Unterseite. An eine Berührung mit dem Erdboden ist nicht zu denken, es bleibt daher nur die Reibung im Wasser als äusseres mechanisches Moment übrig. Oder aber es bedarf solcher äusserer Einflüsse gar nicht; man könnte sich auch denken, dass die Reduction des Haarkleides auf der Unterseite aus den oben vermutheten Gründen eingesetzt und von dort aus allmählich auch die Oberseite ergriffen habe. Einen ähnlichen Vorgang der Reduction wie am Schwanze des Schnabelthieres finden wir wiederum in der Sirenenhaut. Nach KÜKENTHAL tritt hier ebenfalls der Schwund des Haarkleides zuerst in den Nebenhaaren ein, während die Haupthaare noch zum Durchbruch gelangen und in grossen regelmässigen Zwischenräumen über die ganze Oberfläche vertheilt stehen. Die Nebenhaare sind hier jedoch nicht gänzlich geschwunden, sondern sie wandeln sich in einfache Epidermiseinsenkungen um, welche zur Befestigung der Oberhaut an der Unterhaut dienen. Natürlich wäre auch daran zu denken, dass die Behaarung des Schwanzes von Ornithorkynchus stets eine spärliche gewesen und es noch nicht einmal zur Anlage der Nebenhaare gekommen sei. Aber ich glaube, dieser Gedanke liegt bei der allgemeinen secundären Natur des Haarkleides von Ornithorhynchus, worin ja alle Forscher, welche die Haare genauer studirten, einig sind, und bei der abweichenden Form des Schwanzes, die zweifellos eine secundäre Anpassungserscheinung ist, nicht so nahe. Darüber kann mit Sicherheit nur die Entwickelungsgeschichte entscheiden, sobald es gelingt, an den nackten Stellen des Schwanzes embryonale Reste der Nebenhaare nachzuweisen. Die Haarstellung von Ornithorhynchus haben schon LEYDIG (59), WELCKER (64), SOUZA FONTES (79) und DE MEIJERE (94) untersucht und gut abgebildet. PouLron (94), Wırson und MARTIN (94), sowie MAURER (95) studirten die feinere Histologie des Haares. Alle vier Forscher stimmen darin überein, dass I) p. Io Bd. II dieses Reisewerkes. 4I Das Integument der Monotremen. 229 Ornithorhynchus keineswegs mit einer primitiven Haarform bekleidet ist, sondern charakteristische Haargebilde besitzt, die man nur von einfacheren Haaren ableiten kann. Ich kann diesen Arbeiten nichts Neues hinzu- fügen. Ich unterlasse es auch, Abbildungen von Ornithorhynchus-Haaren zu geben, die MAURER genau abgebildet hat. Nur über die Phylogenese der Haargruppen möchte ich noch einiges bemerken. Ich habe zwar, wie schon in der Einleitung erwähnt, kein embryologisches Material von Ornithorhynchus gehabt. Aber ich glaube, auch die Haut des erwachsenen Thieres giebt einige Aufschlüsse über die Entstehung der Haargruppen, die mehr als Vermuthungen sind und ihrerseits auch für die Phylogenese dieses Haarkleides von Bedeutung sein können. Die regelmässige Lagerung und die innige Gruppirung der Nebenhaarbüschel mit dem Mittelhaar spricht entschieden dafür, dass zwischen beiden enge ontogenetische und phylogenetische Beziehungen noch bestehen und einst bestanden haben. Nachdem wir bei Echidna die Entstehung der Nebenhaare durch Sprossung aus einer einzigen Anlage, der Anlage des Mittelhaares, constatirt haben, liegt es sehr nahe, für die Haare des Schnabelthieres denselben Entstehungsmodus zu vermuthen. Hier ist freilich die Gruppirung eine andere; das Mittelhaar ist nicht von einzelnen Nebenhaaren umgeben, sondern von Büscheln von Nebenhaaren, welche, wenn auch alle zusammen mit ihm in einem gemein- samen, bindegewebigen Haarbalg eingeschlossen, doch getrennte äussere Wurzelscheiden und besondere Hautöffnungen haben. Dass aber alle zusammen ein Ganzes bilden, beweist ausser dem einheitlichen Haarbalg noch die gemeinsame Schweissdrüse. Eine jede Gruppe hat nur eine einzige Schweissdrüse! Wie sind aber nun die einzelnen Gruppen entstanden zu denken? Sind alle Haare einer Gruppe, Mittelhaare sowohl wie Nebenhaare, nebst der gemeinschaftlichen Schweissdrüse aus einer Anlage, dem Keim des Mittelhaares, durch Sprossung hervorgegangen? Oder sind nur die ersten Anlagen eines jeden Nebenhaarbüschels aus der Einsenkung des Mittelhaares durch Sprossung entstanden, welche dann ihrerseits wiederum auf demselben Wege je ein Nebenhaarbüschel lieferten? Oder sind endlich die ersten Anlagen eines jeden Nebenhaarbüschels selbständig wie der Keim des Mittelhaares direct von der Epidermis aus angelegt, aus denen erst durch Sprossung dieses einen Epithelzapfens je ein Nebenhaarbüschel hervorging? Solche drei Möglichkeiten können in der Entstehung dieser Haargruppen stattgehabt haben. Es muss natürlich einem grösseren Material vorbehalten bleiben, diese Fragen ontogenetisch wie phylogenetisch aufzudecken. Es unterliegt für mich jedoch keinem Zweifel, dass der Keim des Mittelhaares als der phylo- genetische Stammvater der ganzen Haargruppen anzusehen ist. Ontogenetisch denke ich mir die Entstehung der Haargruppen auf Grund des innigen Zusammenschlusses der Haare eines Nebenhaarbüschels — die äusserst feinen Haare liegen dicht an einander, haben eine gemeinsame äussere Wurzelscheide, welche sich ganz unten erst in so viele kleine Follikel ausstülpt, als Nebenhaare in einem Büschel vorhanden sind, und treten schliesslich aus einer Oeffnung an die Oberfläche —, auf Grund der gleichmässigen Entfernung der einzelnen Büschel vom Mittelhaar und auf Grund ihrer getrennten Austrittsöffnung in der Haut, in der Weise, dass sich nach Anlage des Mittelhaares dicht neben ihm direct von der Epidermis aus so viele weitere Haarkeime anlegen, als Büschel um ein Mittelhaar stehen. Diese lassen nachher ebenso wie bei Echidna die gesammten Anlagen der Haare eines Büschels, sowie die jedem Büschel gemeinsame Talgdrüse durch Theilung aus sich hervorgehen. Man kann das unbedingt aus dem festen Zusammenschluss des Bündels schliessen, dessen Haare wie zusammengeschnürt aussehen. Schwerer zu entscheiden ist nur die Frage, woher kommt die erste Anlage eines solchen Bündels? Die regelmässige, fast überall gleiche Ent- fernung von dem Mittelhaare spricht dafür, dass sie nicht von der Anlage des Mittelhaares, sondern direct von der Epidermis aus sich einsenkt. Es wäre ja auch denkbar, dass sie sich trotzdem von dem Keime des Mittelhaares aus anlegt, aber dicht an seinem oberen Ende und dann in der weiteren Entwickelung, Jenaische Denkschriften. VI. 6 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 30 230 Das Integument der Monotremen. 42 vielleicht um mehr Platz für das ganze Bündel zu gewinnen, von diesem sich loslöst und abrückt. So ist zweifellos phylogenetisch dieser Vorgang zu denken, und man wird gewiss embryonal noch vereinzelt solche Gruppen finden, in denen die ersten Anlagen der Büschel mit der Anlage des Mittelhaares dicht unter der Epidermis noch zusammenhängen. Sie wären alsdann die Stammhaare für die Bündel. An den Bündeln des erwachsenen Thieres sind allerdings Stammhaare nicht mehr zu erkennen, denn die Haare eines Bündels sind alle gleich stark oder gleich dünn. Man kann hier nicht wie bei Echidna nach der Stärke der Haare verschiedene Altersstufen unterscheiden. Freilich sah ich nur Haargruppen eines erwachsenen Thieres; in jüngeren Stadien wird man sie gewiss ebenso finden, wie bei Echidna, denn es ist nicht anzunehmen, dass alle Anlagen eines Bündels auf einmal gleichzeitig angelegt wurden. Bei Echidna verglichen wir die Nebenhaare einer Gruppe mit Kindern, welche sich um ihren Vater schaaren. Bei Ornithorhynchus können wir die Haarbündel mit Familien vergleichen, deren Väter Geschwister sind. Sie haben selbst schon Kinder erzeugt und schaaren sich mit diesen familienweise um ihren Vater oder — Ahnherrn! Die gemeinsame Schweissdrüse hat, wie bei der grösseren Mehrzahl der Säugethiere, ihren Ursprung in dem Keime des Mittelhaares, was aus ihrer Einmündung in dessen oberen Haarbalg unbedingt zu schliessen ist. Allgemein ist über die Haut des Schnabelthieres noch zu bemerken, dass sie zwischen den Haar- gruppen stark gefaltet ist. Diese Falten haben sicher nicht die Bedeutung von Lederhautpapillen, da, wie MAURER (95) richtig hervorhebt, die ganze Epidermis, auch ihr Stratum corneum, diese Falten mit bilden hilft. Die Haut des Rückens ist weniger reich an Faltenbildungen, als die des Bauches; sie ist aber schichtenreicher und besonders mit einer mässigeren Hornschicht bedeckt. Die nackte Haut des Schwanzes und der Extremitäten ist ebenso wie bei Zchidna mit der Lederhaut durch Epidermiszapfen fest verbunden. Doch erreichen sie lange nicht die Grösse und Feinheit wie die- jenigen der Echidna. Am schönsten sind sie auf der Oberseite der Extremitäten ausgebildet; an deren Unter- seite jedoch, wie auch auf der kahlen Unterseite des Schwanzes, sind es stellenweise nur unansehnliche, warzige Buckel. In der Sohlenhaut der hinteren Gliedmaassen stecken noch vereinzelte Mittelhaare mit ihren Schweissdrüsen, deren Haarschaft in die Epidermis hineinragt, aber nicht mehr an die Oberfläche kommt. Die Oberseite der hinteren Gliedmaassen ist noch bis zum Nagelrande dicht mit Stachelhaaren besetzt. Die vorderen Gliedmaassen erscheinen von der Basis der Phalangen an völlig nackt, und auch auf Schnitten sind hier keine Haarreste mehr zu finden. Die innige Verbindung von Epidermis und Cutis ist sicherlich die Folge der starken Reibung, welche die Ruderextremitäten bei der Vorwärtsbewegung im Wasser zu erleiden haben. Eine nur locker mit der Cutis verbundene Epidermis vermochte diese Reibung nicht auszuhalten. Wir erblicken in ihr das äussere mechanische Moment, welches diese Verbindung mittels der wurzelartigen Ausläufer der Epidermis unter gleichzeitiger Reduction des Haarkleides hervorrief, und schliessen uns damit der von KÜKENTHAL (97) für die Haut der Sirenen gegebenen Erklärung an. Auch mir scheinen die Epidermiszapfen umgebildete Neben- haare zu sein, eine Ansicht, welche freilich, weil allein an der Haut des erwachsenen Thieres gewonnen, zunächst nur eine Vermuthung sein kann, die aber meiner Ueberzeugung nach sich bestätigen wird, sobald es gelungen sein wird, eine Serie von Ornithorhynchus-Embryonen der Untersuchung zugänglich zu machen. Die Wirkung des äusseren mechanischen Momentes ist an den vorderen Extremitäten am grössten gewesen, denn an ihnen sind auch die Mittelhaare geschwunden, welche die hinteren Extremitäten noch dicht bedecken. Wir müssen somit annehmen, dass erstere bei der Schwimmbewegung am meisten in Action treten. Die Extremitäten lassen die secundäre Rückbildung des Haarkleides stufenweise verfolgen und vervollständigen somit ihrerseits die Kette von Beweisen für die secundäre Natur des Hautkleides von Ornithorhynchus. 43 Das Integument der Monotremen. 231 Die nackte Haut am Kopfe des Schnabelthieres. Der Kopf des Schnabelthieres ist durch seinen breiten Entenschnabel so eigenthümlich gestaltet, dass er einzig unter den Säugethieren dasteht. Die Haut dieses Schnabels ist völlig nackt; schon mit blossem Auge sieht man überall feine, dunkle Pünktchen, die Ausmündungsstellen von „Schleimdrüsen“!), welche in ziemlich regelmässigen Abständen von einander liegen. Auf Schnitten durch die Schnabelhaut zeigt sich, dass die Epidermis des ganzen Schnabels in mächtige Fortsätze ausläuft, welche tief in die Cutis hinabsteigen und einen äusserst gleichmässigen Anblick in Bezug auf ihre Länge und Anordnung gewähren. Sie ver- jüngen sich nach unten ein wenig, sind aber nicht sonderlich spitz, wie an den Fusssohlen von Echidna. Dazwischen stehen nun in ziemlich gleichen Abständen anders geformte Epithelzapfen, welche tiefer in die Cutis ziehen als die übrigen. Sie endigen unten mit einer kolbigen Anschwellung und zeigen auch in ihrem oberen Drittel noch eine leichte Verdickung jederseits. Sie gleichen in ihrer Form einem gewöhn- lichen Haar, welches unten eine Haarzwiebel bildet und oben ein Paar Talgdrüsen auszustülpen beginnt. Im Innern sind sie von einem hellen, vielfach geschlängelten Drüsenkanal durchzogen, der unten aus der Mitte der kolbigen Anschwellung austritt, noch weit in die Cutis hinein sich fortsetzt und hier in einem Knäuel dichter Drüsenschlingen endigt. LEyDIG (59) nannte solche Drüsen Schleimdrüsen, Glandulae labiales, und fand, dass sie sehr an Schweissdrüsen erinnern. Nach PouLTon (94) lassen diese Epidermiszapfen bei ihrer haarähnlichen Form und ihrer histologischen Uebereinstimmung mit einer äusseren Wurzelscheide an eine Umbildung aus Haaren denken. Ontogenetische Beweise sind dafür bisher nicht erbracht. Die kleinsten Schnabelthiere, welche bislang untersucht werden konnten (PouLTon), hatten eine Länge von 8,5 cm und zeigten diese Gebilde schon vollständig entwickelt. Die Aehnlichkeit zwischen diesen Epithelzapfen und Haaren ist in der That eine frappante, und ich möchte daher der Pourron’schen Ansicht beipflichten, aber in etwas modificirter Weise. PouLTon scheint die Schleimdrüsen selbst für modifieirte Haare zu halten. Die Schleimdrüsen hängen stets zusammen mit den beschriebenen haarähnlichen Epithelkolben, in deren verdicktes Ende sie eintreten. Sie halten, wie man auch schon mit blossem Auge an den Drüsen- poren sehen kann, ziemlich gleiche Abstände inne. Zwischen ihnen liegt nun entweder ein einziger breiter Epithelzapfen, der nur an seinem unteren Ende mehrere seichte Einschnitte hat, die aber niemals bis an die Epidermis heranreichen, oder mehrere Epithelzapfen von auffallend gleichartiger Form und Grösse. Beide gewähren den Eindruck von Gruppen, deren Mitglieder mehr oder weniger innig mit einander ver- wachsen sind, und legen den Gedanken nahe, in ihnen die umgewandelten Nebenhaarbüschel zu erblicken, deren Mittelhaare die Form der kolbigen Epithelcylinder annahmen und die Schleimdrüsen in sich aufnahmen. Die Schleimdrüsen sind nicht modificirte Haare, sondern sie sind die umgewandelten Schweissdrüsen der früheren Haargruppen, die in den oberen Haarbalg des Mittelhaares einmündeten. Das Mittelhaar wandelt sich in den haarähnlichen Epithelkolben um, während die Nebenhaare zu wurzelartigen Befestigungs- organen der Epidermis wurden. Die eigenthümlich verbreiterte Schnauze des Ornithorkynchus, der sog. Entenschnabel, wird doch gewiss als eine Anpassungserscheinung an die Lebensweise, speciell an die Gewohnheit des „Gründelns“, anzusehen sein. Bei dieser Gewohnheit hatte die Haut des Schnabels einen grösseren Druck und Reibung 1) Ich behalte hier für die Drüsen am Kopfe des Schnabelthieres die von LEYDIG (59) eingeführte Benennung „Schleim- drüsen“ bei, ohne aber damit irgend etwas über die chemische Beschaffenheit des Sekretes dieser Drüsen sagen zu wollen, worüber ich Untersuchungen nicht anstellen konnte. 6* 30* 232 Das Integument der Monotremen. 44 zu erleiden, und aus denselben äusseren mechanischen Ursachen wie an den Ruderextremitäten oder auch an der Haut der Sirenen musste eine innigere Verbindung von Epidermis und Cutis geschaffen werden. Zunächst wurden bei der erhöhten Thätigkeit des Schnabels die Haare überflüssig oder gar hinderlich. Sie wurden vielleicht anfangs nur äusserlich abgerieben, ähnlich wie an der Unterseite des Schwanzes, erlitten dann aber auch Einbusse an ihrer Ausbildung und Entwickelung und wurden mehr und mehr rudimentär. Aber sie gingen nicht gänzlich verloren, sondern wandelten sich in dicht gedrängte Epithelzapfen um und lieferten damit die feste Verbindung mit der Cutis. Zuerst sind von diesen Umwälzungen die Nebenhaare betroffen worden, als die schwächeren und jüngeren Gebilde. Die Hornabscheidung und die histologische Differenzirung unterblieb, sie verharrten auf dem Stadium eines einheitlichen Epithelzapfens und veränderten nur ihre Daran ein wenig, indem sie spitzer wurden. Die kräftigen Mittelhaare mit ihren Schweissdrüsen, die phylogenetisch und ontogenetisch älteren, mögen länger Stand gehalten haben. An der Haut des Schwanzes und der hinteren Extremitäten bleiben die Mittelhaare ja auch im höheren Alter noch erhalten, und es mag auch noch darauf hingewiesen sein, dass bei den Sirenen die Haupthaare zeitlebens in grösserer (Halicore) oder geringerer Ausdehnung (Manatus) bestehen bleiben. Schliesslich konnten die Veränderungen, welche in der Haut des Ornithorhynchus-Schnabels vor sich gingen, auch nicht ohne Einfluss auf die Mittel- haare und die mit ihnen gepaarten Schweissdrüsen bleiben. Dieses innige Paar epidermoidaler Gebilde ist aber durchaus nicht bedeutungslos und rudimentär geworden, es hat sich sogar noch weiter ausgebildet. In der behaarten Haut ist das Mittelhaar die Hauptperson, welche die Schweissdrüse aus sich hervor- gehen lässt und in ihr oberes Ende aufnimmt. In der nackten Haut des Schnabels hat sich dieses Ver- hältniss zu Gunsten der Drüsen etwas verschoben: die Haarfunction dieser Gruppe verlor, die Drüsenfunction gewann an Bedeutung. Es will mir nun scheinen, als ob hier nicht mechanische, sondern physiologische Ursachen in erster Linie einschneidend wirkten. Die Schweissdrüse verlor an der nackten, haarlosen Schnauze die Bedeutung eines Wärmeregulationsapparates. Es entstanden ihr aber dafür neue und grössere physio- logische Aufgaben, den Schnabel mittels eines fettigen oder öligen Secretes einzuölen und gegen die Auf- nahme von Wasser zu schützen. An der behaarten Haut der temporären Wassersäugethiere liefert bekanntlich das Haarkleid einen trefflichen Schutz gegen Benetzung der Haut nicht nur durch die Fettigkeit der Haare, sondern mehr noch durch deren innigen Zusammenschluss und die dadurch unter ihnen festgehaltene Luft- schicht.. Das Mittelhaar musste dieser erhöhten Leistung sich unterordnen, es schwand aber nicht, sondern trat in den Dienst der Drüse, wie diese ehemals in dem Dienste des Haares gestanden hat, und wurde zu einer Stütze und Aufnahme der Drüse in Gestalt der besprochenen Epithelcylinder, deren kolbige Form noch die ehemalige Haarnatur erkennen lässt. Dadurch wurde die Drüse zugleich gegen äussere Einflüsse besser geschützt, als wenn sie direct mit einem einfachen Drüsenkanal in die Haut ausmündet. Soweit die dicht gedrängten Zapfen der Epidermis reichen, so weit (oder ein wenig weiter) ist auch die Drüse von einem dicken und festen Epidermismantel umgeben; an ihrem unteren Ende ist sie nackt. Die morpho- logische Veränderung, welche hier mit den ehemaligen Schweissdrüsen vor sich gegangen ist, ist durchaus nicht gross. Nur eine geringe Verschiebung ihrer Ausmündungsstelle ist nothwendig gewesen; anstatt in den oberen Theil eines Haarbalges, mündet sie nunmehr in sein unteres Ende ein und durchzieht ihn seiner ganzen Länge nach. Diese Lagerungsveränderung kann man sich leicht entstanden denken. Die Drüsen- anlage, welche sich ja aus dem Keim des Mittelhaares ausstülpt, ist mehr und mehr nach abwärts gesunken und schliesslich an seinem unteren Ende angelangt. Es ist dies der umgekehrte Weg, wie wir ihn oben für das Selbständigwerden der Nebenhaare annahmen, deren Keime allmählich nach oben rückten und sich nunmehr direct von der Epidermis aus anlegen. Die Ursache dieser Veränderung wird in mechanischen Momenten, vielleicht in der Einengung und dem Platzmangel zu suchen sein, welcher für die Drüse entstand, als die Nebenhaare anfingen sich in Epidermisausläufer umzuwandeln und gleichmässig auszubreiten. 45 Das Integument der Monotremen. 233 Die veränderte physiologische Thätigkeit der Drüsen kann nicht weiter auffallen, seitdem durch GEGENBAUR (86) die Mannigfaltigkeit der Secrete der tubulösen Hautdrüsen der Monotremen bekannt ge- worden ist, deren Mammardrüsen ja ebenfalls aus denselben Schweissdrüsen entstanden sind. Es lassen sich ferner auch noch analoge Beispiele aus den höheren Säugethieren anführen. Den Ratten und Mäusen fehlen Schweissdrüsen im behaarten Fell gänzlich; man findet nur an ihren Sohlenballen tubulöse Drüsen, welche wie Schweissdrüsen aussehen. Es ist wohl mit Sicherheit anzunehmen, dass die Drüsen hier auch nicht mehr die Bedeutung von Wärmeregulatoren haben. Sie liefern wahrscheinlich den Ballen der Füsse den nöthigen fettigen Ueberzug, verleihen ihnen dadurch Geschmeidigkeit und schützen sie vor Feuchtigkeit. Es verlohnt sich, hier noch mit einigen Worten der allgemeinen Verbreitung der Schweissdrüsen innerhalb der Säugethiere und ihrer Beziehungen zu den Haaren und Haargruppen zu gedenken. Das Vorkommen und Fehlen der Schweissdrüsen hat LEYDIG zuerst in seiner Arbeit „Ueber die äusseren Be- deckungen der Säugethiere“ aus dem Jahre 1859 behandelt. Er führt eine ganze Anzahl von Säugethieren an, bei denen er keine Schweissdrüsen nachweisen konnte; er hält sie daher für das Leben der Säugethiere nicht für unumgänglich nothwendig. Wenn sich auch einige der hier aufgezählten Thiere später als schweissdrüsenführend herausgestellt haben, so z. B. der Maulwurf (CHoDAkowskI) und das Gürtelthier (RÖMER), so hat die Leyovıg’sche Arbeit doch eigentlich den Grund gelegt zu unserer heutigen Kenntniss über die Verbreitung der Schweissdrüsen. Mit den Beziehungen der Schweissdrüsen zu den Haaren hat sich eingehend DE MEIJERE (94) befasst, und MARKS (95) untersuchte ihre Entwickelung bei den Haus- säugethieren genauer. Diese beiden Arbeiten zwingen uns, der herrschenden Meinung entgegenzutreten, welche behauptet, die Drüsen seien im Allgemeinen selbständig und nur in einzelnen Fällen mit den Haar- follikeln verbunden, wie heute noch in den meisten Lehrbüchern der Zoologie zu lesen ist. Sie haben viel- mehr einwandsfrei erwiesen, dass die selbständige Ausmündung der Schweissdrüsen die Ausnahme bildet und in den allerwenigsten Thiergruppen vorkommt. Bei den meisten Thieren münden sie in den Haarbalg ein, aus dem sie auch ihre Entwickelung nehmen. Marks glaubte daraus das allgemeine Gesetz aufstelten zu können, dass die Art der Entwickelung der Schweissdrüsen abhängig ist von der Dichtigkeit des Haar- kleides. Während dieselben bei Thieren mit dichtem Haarkleid ausschliesslich von dem Haarkeim aus ent- stehen, bilden sie sich bei schwach behaarten Thieren, z. B. beim Schwein, ausser von diesen Stellen auch von der freien Fläche der Epidermis aus, um an haarlosen Stellen ausschliesslich von der Epidermis aus ihren Ursprung zu nehmen. Ferner kommt im primitivsten Zustand jeder Haargruppe nur eine Schweissdrüse zu, und wenn auch ihre Ausmündung selbständig geworden ist, so sieht man doch an ihrer Lage noch, dass sie ursprünglich an die Haargruppen gebunden war. Bei den höheren Affen und dem Menschen scheint die selbständige Ausmündung die Regel zu sein. Dass es sich hier aber auch nur um abgeänderte Zustände handelt, erhellt daraus, dass wieder bei anderen Affen, Cebus, Midas, selbst Simia satyrus, die Schweissdrüsen regelmässig in die Haarfollikel münden. Alle diese Beziehungen beweisen den ausserordentlich innigen Zusammenhang sowohl der Haare und Schweissdrüsen, als auch der Haargruppen und Schweissdrüsen. Sie bilden ein Ganzes. Ich muss daher die MAuRER’sche Auffassung für nicht haltbar erklären, welche die Schweissdrüsen als selbständig auftretende Gebilde hinstellt, die nur gelegentlich in topographische Beziehungen zu den Haarbälgen treten, in secundäre Beziehungen, die nicht auf einer phylogenetischen Zusammengehörigkeit beider Organe zu beruhen brauchen. Meiner Ansicht nach sind Haare und Schweissdrüsen nicht nur topo- graphisch, sondern auch ontogenetisch und phylogenetisch mit einander verknüpft, und gerade dort, wo diese Beziehungen heute nicht mehr sichtbar sind, liegen secundäre Verhältnisse vor! Eine ein- fache biologische Erwägung spricht auch schon dafür. Das Haarkleid müssen wir uns doch wohl entstanden 234 Das Integument der Monotremen. 46 denken in einer Zeit, als das Klima eine erhebliche Abkühlung erlitt. Thiere mit einem schlecht wärme- leitenden und deshalb warmhaltenden Haarkleid konnten dieser Abkühlung besser trotzen. Die reptilien- ähnlichen Vorfahren der Säugethiere mit ihrem pökilothermen Blut hätten aber doch dieses Kälteschutzes gar nicht bedurft, denn sie konnten doch ebenso wie heute noch die Amphibien und Reptilien durch Winter- schlaf und Erstarrung die kühlere Zeit überdauern. Es wird daher der Entstehung des Haarkleides eine Erwärmung des Blutes voran, oder mindestens mit ihr Hand in Hand gegangen sein. Aber mit der Erhöhung der Körperwärme und ihres Schutzes allein war nichts gewonnen, es bedurfte auch noch eines Wärme- regulationsapparates, und das waren die Schweissdrüsen. Entstehung des Haarkleides, Erwärmung des Blutes und Entwickelung der Schweissdrüsen sind drei wichtige, unzertrennliche Stufen in der Phylogenie der Säugethiere, welche einzeln, für sich genommen, nicht zu erklären und zu verstehen sind. Sie bilden eine zusammenhängende Gruppe! Somit wird uns der innige Zusammenhang zwischen Haar und Schweissdrüse, der heute noch bei den meisten Säugethieren derselbe ist, verständlich. Die Drüse ist ein Anhangsgebilde oder vielmehr ein Zwilling des Haares, denn ihre Ausstülpung erfolgt, ebenso wie die der Talgdrüsen, zu einer Zeit, wo der Epidermiszapfen noch wenig differenzirt ist, in einem Stadium, in dem seine einzelnen Schichten noch ohne weiteres mit den einzelnen Schichten der Epidermis verglichen und homologisirt werden können. Derselbe Epidermiszapfen enthält die gemeinschaftlichen Anlagen für Schweissdrüsen, Haare und Talgdrüsen, und an den behaarten Körpertheilen entwickeln sich meistens alle drei Gebilde aus ihm. Er kann aber auch gerade so gut nur eine Schweissdrüse (an unbehaarten Stellen und dort, wo die Schweissdrüsen selbstständig sich anlegen) oder nur eine Talgdrüse (in der Achselhöhle, MEıBom’sche Drüsen) oder ein Haar mit Talgdrüsen oder endlich (dort, wo letztere fehlen, z. B. beim Schwein, an den Stacheln von Echidna, bei Wasser- säugern u, s. w.) bloss ein Haar oder einen Stachel aus sich hervorgehen lassen (Marks). Bis zu einem gewissen Alter kann man das dem Epidermiszapfen gar nicht ansehen. Marks (95) hat in der Erwägung solcher Möglichkeiten diesen ursprünglich einfachen Epidermisfortsatz nicht als Haarkeim, sondern sehr zu- treffend als „primären Epithelkeim“ bezeichnet, aus dem sich Haarkeim, Schweissdrüsen- und Talg- drüsenanlagen abscheiden können. Ursprünglich sind alle drei Anlagen gleich; der Unterschied tritt erst später zu Tage. Zunächst in der äusseren Form. Das Haar bleibt gerade, und die Schweissdrüse rollt sich auf. Sodann in der physio- logischen Bedeutung. Es ist schwer einzusehen, was hier das Ausschlaggebende war, ob infolge der sich schon frühe bemerkbar machenden Function, d. h. des Secernirens, die verschiedene Gestaltung erfolgte, oder ob schon die Form eine andere wurde, ehe die physiologische Thätigkeit in Betracht kam. Ich glaube zwar, dass die physiologische Bedeutung die Hauptsache war und den Ausschlag gab für das verschieden- artige Aussehen. Sie haben alle drei eine gemeinsame Mutter, die Epidermis, von der sie sich direct oder indirect anlegen können. Und auch die mittelbare Anlage der Schweiss- und Talgdrüsen aus dem primären Epithelkeim erfolgt zu einer Zeit, wo sich dieser noch gar nicht von der Epidermis unterscheidet. Sie sind, um noch einmal den Vergleich der Familie zu gebrauchen, drei Geschwister, welche ein verschiedenes Handwerk erlernen. Sie bleiben zeitlebens in innigem Verkehr stehen, und es braucht uns nicht Wunder zu nehmen, wenn sie schliesslich sogar für einander eintreten können. Es hat mir schon öfters der Ge- "danke nahe gelegen, dass Haar- und Schweissdrüsen-Anlagen sich ersetzen oder wenigstens in einander aufgehen können. Wir sahen oben schon, dass nach KÜkENTHAL die Nebenhaare der Sirenen sich in einfache wurzel- artige Epidermisausläufer umwandeln, während die Haupthaare zeitlebens erhalten bleiben, aber ohne Schweiss- drüsen zu entwickeln, während Reste von Talgdrüsen noch vorhanden sind. Im ersteren Fall bleibt der 47 Das Integument der Monotremen. 235 „primäre Epithelkeim“ also secundär auf einem frühen, indifferenten Stadium stehen und verändert nur seine Form ein wenig. Im letzteren Fall entwickelt er sich zu drüsenlosen Haupthaaren. Dass hierin kein primitiver Zustand zum Ausdruck kommt, beweisen die Reste von Talgdrüsen und Schweissdrüsen bei den Embryonen der Sirenen. An der Schnauze von Ornithorhynchus liefern die Nebenhaare ebenfalls die Befestigungsorgane der Epidermis. Die Haupthaare dagegen treten in den Dienst der Schleimdrüsen und bilden um diese schützende Epithelcylinder. Es sind das alles zweifellos Fälle, in denen ein Form- und Functionswechsel der Epidermisgebilde stattgehabt hat. An den Sohlenballen verschiedener Thiere, z. B. der Ratten und Mäuse, liegen mächtige tubulöse Drüsen, die meistens für Schweissdrüsen angesprochen werden. Bei sonst schweissdrüsenlosen Thieren pflegen sie an diesen exponirten Stellen vielfach noch vorhanden zu sein. Ich halte sie nicht für Schweiss- drüsen und habe mich über ihre muthmaassliche biologische Bedeutung und ihre physiologische Function schon ausgesprochen. Sie haben nun an manchen Stellen eine äusserst regelmässige Anordnung, wie sie sonst nur den Mittelhaaren zukommt. Die Erscheinung führte mich zu dem Gedanken, dass hier ursprünglich Haare gestanden haben, welche später zu diesen Drüsen geworden sind und noch die regelmässige Vertheilung bewahrt haben. Das Vorkommen von Haaren an solchen Stellen hat nichts Befremdendes, nachdem wir gesehen haben, dass bei Ornithorkynchus an den Sohlen der hinteren Extremitäten die Mittelhaare sammt ihren tubulösen Drüsen noch gut entwickelt sind. Die Drüsen gewannen an den Füssen der Muriden nun aus irgend welchen Ursachen das Uebergewicht über die Haare und zogen diese schliesslich ganz in ihren Dienst, so dass der „primäre Epithelkeim“ schliesslich nur noch zu einer mächtigen tubulösen Drüse sich entfaltete. Welche biologischen Momente da mitgespielt haben, vermag ich nicht zu sagen. Zu derartigem Schlusse bedarf es einer grösseren Basis, als sie bisher durch die Untersuchungen über die Schweissdrüsen gegeben ist. Im Einzelnen bleibt hier noch Vieles zu untersuchen. Besonders müssen genaue embryologische Studien zeigen, wie weit das gänzliche Fehlen der Schweissdrüsen bei gewissen Thieren ein secundärer Zustand ist und welche physiologischen Momente aus der Regulation des Wärmehaushaltes dieser Thiere damit in Zusammenhang gebracht werden können. Jedenfalls ist es nicht undenkbar, dass drei so nahe verwandte Gebilde der Epidermis, wie Haar, Schweissdrüse und Talgdrüse, deren Anlagen sich ursprünglich nicht von einander unterscheiden lassen und denen man es zunächst nicht ansehen kann, wozu sie prädestinirt sind, auch gelegentlich einander ergänzen und in einander aufgehen können, zumal ihre physiologische Function ursprünglich ebensowenig verschieden ist, wie die Mannigfaltigkeit der Drüsensecrete bei den Monotremen beweist. Zur Phylogenie der Haare und Schuppen. Die nähere Untersuchung des Hautkleides der Monotremen, besonders die Entwickelungsgeschichte der Stacheln und Haare des Ameisenigels hat eine Reihe von Thatsachen ergeben, welche für die phylo- genetische Auffassung der Haare und Schuppen von Bedeutung sind. Wenn diese Befunde auch keine Veranlassung gegeben haben, die bisherigen Anschauungen erheblich zu ändern und neue Hypothesen in den gegenwärtigen Stand der Haar- und Schuppenfrage hineinzutragen, so sind sie doch ungemein wichtig; erstlich, weil es dadurch gelungen ist, auch für die Monotremen, trotz ihres nach dem Urtheil aller Haut- forscher specialisirten und abseitsstehenden Hautkleides, primitive Charaktere nachzuweisen, die in dieser interessanten Frage als beweisend herangezogen werden müssen, und zweitens, weil dadurch manche Ansichten, 236 Das Integument der Monotremen. 48 so besonders die MAURER’sche Hypothese von der Ableitung des Haares aus den Hautsinnesorganen niederer Wirbelthiere, befestigt und auf eine breitere Basis gestellt werden. Es mag daher im Folgenden gestattet sein, die allgemeine Bedeutung dieser Befunde und ihre Ver- werthung für den gegenwärtigen Stand der Haar- und Schuppenfrage noch einmal kurz hervorzuheben. Die Veranlassung: zu allen neueren Untersuchungen über die Haare und Schuppen ist in Max WEBER’S Arbeit „Beiträge zur Anatomie und Entwickelung des Genus Manis“ aus dem Jahre 1891 zu suchen. Sie war grundlegend für die Haar- und Schuppenfrage, denn alle weiteren Arbeiten, welche sich mit diesem Thema befassen, sind direct oder indirect auf WEBER’s Arbeit aufgebaut. Es sind dies vor- nehmlich die Arbeiten von EMERY, KEIBEL, MAURER, DE MEIJERE, REH und RÖMER. Wenn sich auch in diesen Arbeiten in manchen Fragen total entgegengesetzte Ansichten noch schroff gegenüberstehen, so ist aus dem ganzen grossen Thatsachenmaterial, welches diese Studien zu Tage gefördert haben, doch wenigstens eine sichere gemeinsame Basis gewonnen, auf der alle Forscher übereinstimmend fussen. Diese lässt sich kurz dahin zusammenfassen, dass die jetzt schuppenlosen Säugethiere resp. die schuppenlosen Theile ihrer Haut früher gleichfalls Schuppen getragen haben; die Schuppen selbst gingen verloren. Die Anordnung der Haare weist aber noch auf ihr früheres Vorhandensein. Das heisst mit kurzen Worten: „die Vorfahren der Säugethiere sind unter schuppentragenden niederen Wirbelthieren zu suchen‘. Die Anordnung und Vertheilung der Haare und Stacheln bei den Monotremen, besonders aber die papillären Erhebungen hinter den Stacheln der jungen Echidnen, die wir als die letzten Reste eines ehemaligen Schuppenkleides ansehen müssen, bestätigen diese Ansicht vollauf und dauernd. So einwandsfrei diese allgemeine Basis von allen Hautforschern auch anerkannt sein mag, so wenig Uebereinstimmnng herrscht andererseits in allen weiteren specielleren Fragen, so besonders darin, ob die Beziehungen zwischen Schuppen und Haaren nur topographischer Natur sind, oder ob hier ein tieferer phylogenetischer Zusammenhang besteht. Es handelt sich dabei um die Frage: deutet die heute noch an schuppentragenden Säugern vorhandene Stellung der Haare zwischen, unter und in den Schuppen darauf hin, dass die Haare sich ehemals aus irgend welchen Integumentalgebilden nur zwischen oder unter den Schuppen entwickelten, oder sind die Haare als umgewandelte Schuppen anzusehen, die aus diesen selbst oder aus Theilen derselben hervor- gingen ? Ich habe mich schon mehrfach zu der ersten Ansicht bekannt und damit an WEBER, MAURER und DE MEIJERE angeschlossen, welche die Beziehungen der Haare zu den Schuppen nur als topographische aufgefasst wissen wollen. Zu dieser Ansicht führte mich besonders eine biologische Erwägung, welche oben schon bei den Beziehungen zwischen Haaren und Schweissdrüsen in ähnlichem Sinne geltend gemacht wurde. Danach haben wir uns das Haarkleid mit seinen Wärmeregulatoren, den Schweissdrüsen, als einen Wärmeschutz gegen die immer mehr zunehmende Abkühlung der Temperatur entstanden zu denken. Da man sich nun nicht vorstellen kann, dass erst nach einem Schwund des Schuppenkleides der erste Schritt zur Entwickelung des Haarkleides gethan würde, ist man zu der Annahme gezwungen, dass die Entstehung der Haare wahrscheinlich mit dem Schwund der Schuppen Hand in Hand ging und dass die Haare bereits auftraten, als die Schuppen noch vorhanden waren. Die Haare konnten natürlich die harten und festen Schuppen nicht durchbrechen, sondern konnten sich nur zwischen denselben oder unter ihrem hinteren freien Rande entwickeln. Gerade hier, wo die Schuppen über einander ragen und infolge dessen eine Ein- senkung der Epidermis entsteht, wird die Entwickelungsmöglichkeit die grösste gewesen sein; die Haare wurden hier in ihrer Entwickelung am wenigsten gestört, weil ihre Stellung und Richtung mit der der Schuppen übereinstimmte. Wir sehen -auch heute noch überall da, wo Schuppen und Haare zusammen vor- 49 Das Integument der Monotremen. 237 kommen, die Haare unter oder auf dem hinteren freien Rande der Schuppen zum Vorschein kommen. Ich erinnere nur an Manis, an den Schwanz der Muriden, des Bibers u. a. Bei Hystrix cristata stehen die Stacheln und bei Thryonomys (Aulacodus) die Haare einer jeden Gruppe noch am erwachsenen Thier in einer breiten Reihe neben einander, welche unbedingt den Anschein gewähren, als ob sie hinter Schuppen stünden. Die Schuppen selbst sind aber nicht mehr vorhanden. Es lassen sich dafür noch eine Reihe von Beispielen anführen; ich verweise nur auf die zahlreichen Abbildungen DE MEIJErRE’s. Die Haargruppen sind an solchen Thieren in die Breite entwickelt, eine Ausdehnung, die ihnen ehemals von den Schuppen vor- geschrieben wurde. REH hat besonders darauf hingewiesen, dass die Haare in den Schuppenpapillen wurzeln, und aus dieser Stellung eine engere phylogenetische Beziehung der Haare und Schuppen schliessen zu können geglaubt. EMERY fand an einem Embryo von Dasypus an den hinteren Extremitäten eine Gruppe von drei Haaren mitten auf den Hautschildern. Dieser Befund will mir bei der eigenthümlichen secundären Natur des Panzers der Gürtelthiere nicht besonders beweiskräftig erscheinen. Auf den Gürteln des Rückens stehen die Haare embryonal und in der Jugend zwischen den eine grössere Schuppe zusammensetzenden Haupt- und Furchungsschuppen. Es reiht sich also dieser Fall allen anderen an. Dasselbe gilt von Chlamydophorus. Und weiter ist kein Thier bekannt, bei dem die Haare mitten in der Schuppe aus der Haut heraustreten. Sondern überall da, wo die Haare in der Schuppenpapille wurzeln, durchbrechen sie die Haut doch stets auf dem hinteren freien Rande der Schuppen. Man kann sich diese Stellung dadurch erklären, dass die Haare, die zuerst aus den oben entwickelten Gründen unter dem hinteren Rande der Schuppen zum Vor- schein kamen, nachdem sie an allgemeiner Bedeutung und somit auch an Ausdehnung gewonnen und infolge dessen kräftiger und grösser wurden, auch einer besseren Befestigung und Ernährung in der Haut bedurften und tiefer in die Schuppenpapille eindrangen, zuerst mit ihrer Wurzel, dann aber auch mit ihrer Aus- mündungsstelle an den oberen Rand der Schuppe vorrückten. Es ist dies um so mehr verständlich, als ja wahrscheinlich mit der Ausbildung des Haarkleides ein Schwund der Schuppen Hand in Hand ging. Vielleicht ist für diese veränderte Stellung auch die REnH’sche mechanische Erklärung heranzuziehen, welche meint, die Wurzeln der Haare seien durch den mechanischen Druck der Schuppen auf die Haare unter diese, d. h. in deren Papille gedrängt worden. Die Ausbreitung der Haare und Haargruppen ist aber nicht weiter in die Schuppe hinein, sondern zunächst nur über ihren hinteren freien Rand erfolgt. Denn die Haare liegen bei vielen der heute noch schuppentragenden Säugethiere und auch bei manchen nicht mehr beschuppten in breiten Reihen. Hierin könnte zugleich eine Erklärung dafür liegen, warum sich die Haargruppen nur noch bei so wenig Thieren durch Theilung aus der Anlage des Mittelhaares anlegen. Die Haare konnten sich nur über den hinteren Rand der Schuppe ausbreiten, wurden somit nach den Seiten auseinander und vom Mittelhaar, ihrem ursprüng- lichen Mutterboden, abgedrängt. Als dann späterhin die Schuppen immer mehr an Bedeutung verloren und schwanden, haben sich-die Haare ihrer Plätze bemächtigt und allgemein über die ganze Haut ausgebreitet. Thryonomys (Aulacodus) und Hystrixz repräsentiren daher eine primitive Stufe der Haarentwickelung, weil die all- gemeine Ausbreitung über den Körper hier noch nicht oder nur theilweise erfolgt ist. Bei Hysiriw mag die Ausbildung der mächtigen Stacheln jegliche weitere Entwickelung von Haaren verhindert haben. Auch könnte man, da ja die Stacheln ebenso wie bei Echidna stark entwickelte Haare darstellen, in dieser Special- bekleidung, in der das ganze frühere Haarkleid aufgegangen ist, eine Rückkehr zu ursprünglicheren Verhält- nissen erblicken. Für Thryonomys (Aulacodus) ist eine Erklärung für die Erhaltung eines primitiven Haar- charakters nicht zu finden. Ich habe diese eigenthümliche Anordnung der Haare zum Gegenstand einer besonderen kleinen Abhandlung gemacht (Jenaische Zeitschrift, Bd. XXXJ), auf die hier verwiesen sei (98). Jenaische Denkschriften. VL 7 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. al 238 Das Integument der Monotremen. 50 Bei den Monotremen sind in die Breite entwickelte Haargruppen nicht vorhanden; sie geben daher in der Frage nach der ersten Ausbreitung der Haare keine directen Aufschlüsse. Es findet das seine Begründung in dem besonderen, abseits stehenden Charakter ihres Hautkleides. Doch haben bei Echidna die Stacheln als Einzelorgane die ursprüngliche Anordnung, welche sich direct auf ehemalige Schuppen beziehen lässt, um so schöner bewahrt und die Lagebeziehungen der in gewissem Alter auftretenden Haut- papillen zu den Stacheln liessen sich, wie wir sahen, ungezwungen im Sinne obigen Gedankenganges deuten. Jedenfalls hat die Untersuchung von Echidna mit Sicherheit ergeben, dass die Stacheln weiter nichts als stark entwickelte Haare vorstellen, und es fanden sich absolut keine Anhaltspunkte, welche für den tieferen phylogenetischen Zusammenhang der Stacheln und Schuppen, für den von REH vermutheten Entwickelungs- gang, Schuppe — Stachel — Borste — Haar, sprächen, und das fällt bei der anerkannt primitiven Organi- sation der Echidnen schwer ins Gewicht. Waren somit die topographischen Beziehungen der Haare und Schuppen, d.h. die Frage nach dem Ort der Haarentstehung, schon einigermaassen verständlich, so wird andererseits die phylogenetische Ab- leitung des Haares und der Haargruppen, die Frage, welche Organe niederer Wirbelthiere den Boden für die Entstehung des Haares geliefert haben, davon wenig berührt. Die Arbeiten von WEBER, DE MEIJERE, REH und RÖMER haben keine positiven Anhaltspunkte, welche auf vergleichenden Untersuchungen beruhen, ergeben. Dann die Ansichten, welche die Entstehung der Haare direct oder indirect aus Schuppen annehmen, haben nur den Werth „mehr oder minder wahrscheinlicher Hypothesen“, wie sie von REH selbst bezeichnet wurden. Man kann alle diese Arbeiten unter der Bezeichnung ‚„vergleichend-topographische‘“ zusammenfassen, weil sie den Schwerpunkt der Frage nach der Herkunft des Haarkleides in der Vertheilung und Gruppen- anordnung der Haare auf dem Körper suchen. In ganz anderen Bahnen bewegen sich aber die Arbeiten von MAURER, für den der Ausgangspunkt das Haar als Einzelorgan war und der dadurch einen ganz neuen Gedanken und ganz neue Arbeits- hypothesen in die Haar- und Schuppenfrage brachte. Bekanntlich hat MAURER die Ableitung des einzelnen Haares und der Haargruppen aus den Haut- sinnesorganen niederer Wirbelthiere auf Grund des Zusammenwirkens einer ganzen Reihe von Ueberein- stimmungen in der Histologie und Entwickelung der Hautsinnesorgane und der Haare — die grosse Aehnlichkeit der ersten Entwickelungsstadien, das Verhalten der Nerven und der Papille, der Bau der Wurzelscheiden und des Haarschaftes — nachzuweisen versucht. Den Hauptwerth legt er dabei darauf, dass die Haare und die Hautsinnesorgane reine Epidermoidalgebilde sind, bei welchen die Cutis erst in zweiter Linie als stützender und ernährender Apparat in Mitleidenschaft gezogen wird, während die mannig- fachen Schuppenbildungen niederer und höherer Wirbelthiere, sowie die Federn der Vögel, ihren Ausgangs- punkt in einer Cutispapille finden. Es sind gegen die MAURER’sche Hypothese von WEBER und namentlich auch von KEIBEL mancherlei Bedenken und Einwände erhoben worden. Es liegt nicht im Rahmen dieses kurzen Schlussabschnittes, darauf näher einzugehen, auch dürfte es schwer sein, nach KEIBEL’s erschöpfender Kritik noch neue Gedanken dagegen geltend zu machen. Es waren das hauptsächlich Bedenken histologischer und histo- genetischer Art, die aber trotzdem MAURER ihre Anerkennung nicht versagen und die Möglichkeit einer solchen Anknüpfung der Haare an die Hautsinnesorgane nicht erschüttern konnten. Ich citire hier WEBER, welcher sagt: „Der Weg von einem rudimentären Hautsinnesorgan der Amphibien, das Neigung zeigt zur Hornbildung, zu einem Haare ist gewiss ein langer, aber für den hypothetisirenden Gedankengang zurücklegbar.‘“ 5I Das Integument der Monotremen. 239 Mir scheinen die MAurER’schen Arbeiten vollkommen erwiesen zu haben, dass in der Hautsinnes- knospe alle Theile des Haares in einfachster Weise vorgebildet sind, so dass man danach leicht versteht auf welchem Wege es zur Bildung eines Haares kam. Die bis ins Einzelne gehende Uebereinstimmung der verschiedenen Schichten eines Haares mit denen der Sinnesknospen machen alle Besonderheiten im Bau des Haares verständlich. Die phylogenetische Ableitung des Haares als Einzelorgan aus einem Hautsinnes- organ hat damit eine genügend sichere Basis erhalten, die natürlich immer nur einen hypothetischen Charakter haben kann, weil ein auf beobachteten Thatsachen gestützter Beweis, welcher zeigt, wie eine Sinnesknospe eines Amphibiums zu einem Haar auswächst, niemals dafür zu erbringen ist. Aber auch für das Zustandekommen der Haargruppen hat die MAURER’sche Hypothese eine ge- nügende Erklärung geliefert. Der ontogenetischen Entstehung der Haargruppen war bisher wenig Be- achtung: geschenkt worden; man begnügte sich damit, ihr Vorhandensein am erwachsenen Thier mit den Schuppen in Beziehung zu bringen. Von den Hautsinnesorganen war es längst bekannt, dass sie sich theilen können, und die Gruppenstellung dieser Organe ist eine Folge ihrer Vermehrung durch Theilung. Von grosser Bedeutung ist es nun, dass die Haare zuerst alle einzeln auftreten, und dass die Gruppen- stellung in der Ontogenie erst später auftritt, wenn die Haaranlage schon zur Follikelbildung in die Tiefe gerückt ist. Um so mehr musste es wichtig erscheinen, dass MAURER bei einem Säugethier, beim Hund, denselben Entstehungsmodus der Haargruppen durch Theilung fand, der bisher nur jfür die Hautsinnes- organe bekannt war. Dieser Befund bildete nicht nur ein bedeutungsvolles Glied in der Kette der that- sächlichen Uebereinstimmungen der Hautsinnesorgane und Haare, sondern er lieferte auch den Schlüssel für die Entstehung der Haargruppen. Und gerade in diesem Punkt hat Echidna, eines der niedrigst organisirten Säugethiere, trotz der secundären Natur seiner Haut, noch primitive Charaktere bewahrt, welche direct an die Hautsinnesorgane anknüpfen lassen. Die Entstehung seiner Haargruppen durch Sprossung aus einer einheitlichen Anlage und ihre Anordnung in Längsreihen ist ein überraschender Beweis für MAURER, und eine grosse Schwierigkeit, welche seiner Hypothese in den Weg gelegt wurde, ist damit sicher beseitigt, wie im entwickelungsgeschichtlichen Theil dieser Arbeit schon des Näheren erläutert wurde. Auch wird dadurch der schon von MAURER betonte Unterschied der Hautsinnesorgane und Haare, die einzig und allein diesen Entstehungsmodus der Gruppen durch Theilung haben, gegenüber den Schuppenbildungen und Federn noch schärfer. Ist somit für die Möglichkeit der Entstehung eines Haares und einer Haargruppe aus einem Haut- sinnesorgan durch die vergleichende Histologie und Ontogenie eine genügend sichere Basis gewonnen, so bleibt noch übrig, die Stammesgeschichte des Haarkleides und seiner Träger, der Säugethiere, kurz zu erörtern, d. h. der Frage nachzugehen, in welcher Periode und in welcher Gruppe der Wirbelthier- phylogenie diese Umwandlung vor sich gegangen sein mag. Es ist natürlich ein gewagtes Unternehmen, auf Grund eines einzigen Organes, wie die Haut, ein so grosses Problem, wie die Entstehung der Säugethiere, der Lösung näher bringen zu wollen. Aber es ist dabei zu bedenken, dass es sich ja zunächst nur um eine Phylogenie der Haut handelt, welche uns die recht verschiedenartigen Bedeckungen der Säugethiere verständlich machen soll! Bei der grossen Rolle aber, welche dieses Organ als Bedeckungs- und Schutzmittel gegen die äusseren Einflüsse im Leben der Thiere spielt, das trotz seiner mannigfachen Wechselfälle, welchen es in dem bewegten Leben der Thiere unterliegt, doch bis in die höchsten Ordnungen viele ursprüngliche Eigenschaften bewahrt hat, so dass es wohl eines der conservativsten Organe genannt worden ist, muss es bei der Beurtheilung der phylo- genetischen Ableitung der Säugethiere ein bedeutungsvolles Wort mitreden, zumal ja auch eine derartige 5 = 31* 240 Das Integument der Monotremen. 52 Phylogenie nur dann Anspruch auf Vollständigkeit und bleibenden Werth haben kann, wenn alle Organe dabei in Rücksicht gezogen sind. MAURER hat dieser Frage in seiner ersten Arbeit zu wenig Bedeutung beigelegt; er ging dabei immer nur von den Hautsinnesorganen nackter Amphibien aus, so wie wir sie heute noch an ihnen ent- wickelt finden können. Freilich vermögen gerade sie uns eine genügende Vorstellung davon zu geben, wie die Hautsinnesorgane sich zu Haaren umändern können. Mit dem Uebergang zum Landleben senken sich diese Gebilde in die Tiefe, in die Lederhaut, wobei die Sinneszellen von einer beträchtlichen Wucherung der Stützzellen umschlossen werden, welche einen dicken, konischen, oft über das Niveau der Oberhaut vorspringenden Zapfen bildet. Aber für die Anordnung der Haare über den Körper vermögen die Am- phibien keine Erklärung zu geben. Diese weist überall in der Reihe der Säugethiere nach dem überein- stimmenden Urtheil aller Hautforscher auf das ehemalige Vorhandensein von Schuppen hin. Daher konnten die Einwände von WEBER und DE MEIJERE hier gerade mit gutem Recht einsetzen, weil sie auf die topo- graphischen Beziehungen den Schwerpunkt legten. Nachdem aber MAURER in seiner Hauptarbeit, „Die Epidermis und ihre Abkömmlinge, Leipzig 1895“ welche überhaupt eine vielumfassendere Begründung seiner Hypothese liefert, besonders auf diese Frage eingegangen ist, scheint mir auch diese Schwierigkeit, wenn auch nicht ganz beseitigt, so doch erheblich gemildert zu sein. Ihre gänzliche Beseitigung muss so lange als ausgeschlossen gelten, als nicht die Paläontologie die empfindlichen Lücken in der Phylogenie der Säugethiere auszufüllen vermag! Bei den heutigen Amphibien beschränken sich die Sinnesknospen auf bestimmte Reihen, in diesen allerdings Gruppenstellung zeigend. Nur bei einzelnen Formen, z. B. bei Oryptobranchus, sind sie viel reich- licher entwickelt und bei den Teleostiern über den ganzen Körper vertheilt und stehen selbst an ‘der Ober- fläche der Flossen, immer bestimmte Beziehungen zu den Schuppen einnehmend. Die heutigen Amphibien sind schuppenlos, aber die bekannt gewordenen fossilen Formen beweisen, dass ihnen die Schuppenlosigkeit nicht von vornherein zukommt. Die Schuppen sind geschwunden, während die Hautsinnesorgane sich noch in Resten erhalten haben. Unter Berücksichtigung dieser Thatsachen folgert MAURER, dass in paläozoischen Zeiten eine Wirbel- thiergruppe existirte, welche den heutigen Amphibien nahe stand, ein wohlentwickeltes Schuppenkleid und zugleich über den ganzen Körper verbreitete Sinnesorgane, ähnlich den Teleostieren, besass. Als diese Thiere zum Landleben übergingen, nahmen die Sinnesorgane einen Bau an, wie man ihn heute noch an unseren Amphibien entstehen sehen kann, an denen uns MAURER die Umwandlung zu Haaren verständlich gemacht hat. Diese hypothetischen Voraussetzungen sind in den Stegocephalen oder diesen sehr nahe stehenden Formen erfüllt. Freilich sind Hautsinnesorgane an ihnen nicht nachgewiesen. Es ist dieser Nachweis aber ebensowenig zu erbringen, wie der, dass gelegentlich an einem Amphibium ein Hautsinnesorgan zu einem Haar auswächst. Somit kann natürlich auch diese Annahme nie ihren hypothetischen Charakter verlieren. Dabei ist aber zu bedenken, dass die Hypothese sich auf eine Reihe von Thatsachen der vergleichenden Morphologie stützt, welche ihr vollkommene Berechtigung verleihen. Die MAuURER’sche Hypothese liefert uns gleichmässig den Schlüssel zum Verständniss aller Integumental- gebilde der Säugethiere. Die Hautsinnesorgane der Stegocephalen haben den Boden für die Entstehung der Haare und Haargruppen abgegeben; ihre Lagebeziehungen zu den Schuppen erklären die eigenthüm- liche, regelmässige Anordnung der Haare, welche auf ein ehemaliges Schuppenkleid hinweist, und die Schuppen der Stegocephalen haben sich in dem Schuppenkleid und seinen Resten, an Schwänzen u. s. w., erhalten, bei einzelnen Formen sich sogar durch Anpassung weiter ausgebildet. 1859. 1864. 1868. 1875. 1879. 1886. 1889. 1892. 1892. Das Integument der Monotremen. 241 Literatur-Verzeichniss. F. Levoie, Ueber die äusseren Bedeckungen der Säugethiere. Arch. f. Anat. und Phys. Jahrgang 1859, Leipzig. H. Wecker, Ueber die Entwickelung und den Bau der Haut und Haare bei Bradypus. Abhandl. d. Naturf. Ges. zu Halle, Bd. IX. A. Gorrre, Zur Morphologie der Haare. Arch. f. mikrosk. Anat., Bd. IV, Bonn. J. Feiertag, Ueber die Bildung der Haare. Inaug.-Diss. Dorpat. L. R. pe Souza Fontes, Beiträge zur anatomischen Kenntniss der Hautdecke des Ornithorhynchus paradozus. Inaug.-Diss. Bonn. K. GEGENBAUR, Zur Kenntniss der Mammarorgane der Monotremen. Leipzig. H. R. Davıes, Zur Entwickelung der Feder und ihre Beziehungen zu anderen Integumentgebilden. Morphol. Jahrb., Bd. XV, Leipzig. M. Weser, Beiträge zur Anatomie und Entwickelung des Genus Manis. Zool. Ergebnisse einer Reise in Niederl. Ostindien, Leiden, Bd. II. F. Maurer, Hautsinnesorgane, Feder und Haaranlage. Morphol. Jahrb., Bd. XVII. 1893a. F. Römer, Ueber den Bau und die Entwickelung des Panzers der Gürtelthiere. Jenaische Zeitschrift, Bd. XX VII, 1893. Jena. M. Weser, Bemerkungen über den Ursprung der Haare und über Schuppen bei Säugethieren. Anat. Anz,, Bd. VIII, Jena. 1893b. F. Röner, Zur Frage nach dem Ursprunge der Schuppen der Säugethiere. Anat. Anz., Bd. VIII, Jena. 1893. 1893. 1893. 1894. 1894. 1894. 1894. 1894. 1894. 1895. 1895. 1896. 1896. 1897. 1898. C. Emery, Ueber die Verhältnisse der Säugethierhaare zu schuppenartigen Hautgebilden. Anat. Anz., Bd. VIII, Jena. F. Leyoıs, Besteht eine Beziehung zwischen Hautsinnesorganen und Haaren? Biol. Centralbl., Bd. XIII, Leipzig. G. ScHwALBE, Entstehung des Haarkleides bei Säugethieren. Ber. d. Naturw. Vereines in Strassburg i. E. J. C. H. pe Meısere, Ueber die Haare der Säugethiere, besonders über ihre Anordnung. Morphol. Jahrb., Bd. XXI, Leipzig. L. Re#, Die Schuppen der Säugethiere. Jenaische Zeitschrift, Bd. XXIX, Jena. R. Semox, Zur Entwickelungsgeschichte der Monotremen. Semon, Zool. Forschungsreisen in Australien, Bd. II, Jena. W. N. Parker, On some points in the structure of the young of Echidna aculeata. Proc. Zool. Soc., London. E. B. Pourron, The structure of the bill and hairs of Ornithorhynchus paradoxus. Quart. Journ. Micr. Science. J. T. Wırson and (©. J. Marrın, Observations upon the anatomy of the integumentary structures in the muzzle of Ornithorhynchus. Proceed. 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Dr. Theodor Dependortf. Aus dem Zoologischen Institut der Universität Jena. Mit Tafel II—XI und 14 Figuren im Text. Fe a den letzten Jahren haben die Marsupialier unter den Säugethieren auf entwickelungsgeschicht- lichem Gebiete eine hervorragende Beachtung gefunden. Als eine der interessantesten Säugethierfamilien sind die Beutelthiere für ontogenetische Forschungen grösstentheils den Erwartungen gerecht geworden, die bereits vor den eigentlich eingehenden entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen in Folge der Ergebnisse der vergleichenden Anatomie und Paläontologie an sie gestellt wurden. Alle diese Studien, welche erst durch die Einführung eines reichlichen Materials von Embryonen und Beuteljungen in dieser Weise statt- finden konnten, haben für alle Organtheile neue Resultate gebracht und weitgehenden Schlüssen für die ganze Säugethierklasse Nahrung gegeben. Unter allen Organtheilen hat das Gebiss nicht nur wegen seines Werthes in der Systematik, sondern auch wegen seiner besonderen individuellen Eigenarten in der Säugethierklasse von jeher die Aufmerksam- keit auf sich gezogen. In den meisten Fällen paläontologischer Funde ist bekanntlich dieses Organ als einziger Ueberrest das letzte Zeichen ausgestorbener Thiergattungen. Es erhält sich dauernder als jeder andere Körpertheil durch seine Festigkeit und Widerstandskraft gegenüber der natürlichen Zersetzung, ist aber gleichzeitig während seiner Thätigkeit so weich und nachgiebig, dass es sich leichter als die übrigen Organe der Aussenwelt anpasst und stets den Ausdruck veränderter Lebensweise in scharfen und festen Zügen mit sich trägt. So wird es durch beide Factoren, einerseits durch seine Stärke, andererseits durch seine Schwäche, ein wichtiger Bestandtheil der natürlichen Systematik. Auch das Gebiss der Marsupialier ist bereits seit Jahren eingehenden vergleichenden Forschungen unterzogen worden. Die ursprüngliche Einheit dieses Organsystemes hat bei den Beutelthieren trotz ihrer sonst so vielen gemeinsamen Eigenschaften durch Anpassung an besondere Lebensgewohnheiten stark ge- litten; so finden wir bei den wenigen heute noch lebenden Beutelthieren eine verhältnissmässig grosse Anzahl der verschiedenartigsten Gebisse. Anfangs wurde das Gebiss der Marsupialier nur morphologisch untersucht und beschrieben (Owen, GiEBEL). Bald gewann es aber durch die Entdeckung seines eigenartigen Zahnwechsels ein erhöhtes Interesse; man fand, dass sich dieser nur auf einen Zahn im Ober- wie Unterkiefer beschränkt (FLOWER, GERVAIS, THOMAS). Dieser Zahn war nach Ansicht der meisten Forscher der letzte Prämolar, und es galt als solcher theils der dritte, theils der vierte Prämolar in der Zahnreihe. Da sein Wechsel aber nicht überall gleich- mässig verlief, auch bei manchen Gattungen ein Ersatz des letzten Prämolaren überhaupt nicht zu finden war, so wuchs die Schwierigkeit in der Beurtheilung solcher merkwürdigen Thatsachen. Es traten vor- nehmlich zwei Ansichten in den Vordergrund, die von verschiedenen Forschern getheilt und vertreten Jenaische Denkschriften. VI. 8 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 32 246 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 58 wurden. Der alleinige Wechsel des einen Zahnes rief die der Stammesgeschichte und vergleichenden Anatomie eigentlich entgegenlaufende Ansicht des Neuerwerbes der ersten oder Milchdentition von Seiten der Säugethiere hervor (FLOWER, THOMAS). Andererseits (OWEN, WINGE) wurde das Milchgebiss für verloren erachtet, der Milchprämolar als Vorgänger des Ersatzzahnes für den letzten Ueberrest dieser Dentition angesehen und das bleibende Gebiss der Beutelthiere der Ersatz- oder zweiten Dentition zugerechnet. Diese Ansicht mochte vielleicht mehr für sich haben, entsprach aber dennoch nicht der allgemeinen Befriedigung. Zur Lösung dieser Fragen, die in der Ergründung der Lagebeziehungen der Wechselzähne zu einander und in der Feststellung etwaiger Reste der Milch- oder Ersatzdentition lagen, wurden ontogenetische Untersuchungen vorgenommen. Nach POUCHET und CHABRY (35), welche in dieser Hinsicht nichts dazu beitrugen, machten KÜRENTHAL und ROESE diese Studien ungefähr gleichzeitig. Die zuerst hierüber veröffentlichte Arbeit von KÜKENTHAL „Das Gebiss von Didelphys“ erschien vor wenigen Jahren und brachte eine unerwartet einfache Erklärung. KÜKENTHAL (14) fand nämlich lingual der bleibenden Zahnanlagen von Didelphys zum Theil verdickte freie Zahnleisten- enden, die Reste der Zahnanlagen zweiter oder Ersatzdentition. Nur ein Zahnkeim dieser Serie gelangt zur vollständigen Entwickelung, der des letzten Prämolaren. Der einzige Ersatzzahn gehört der zweiten Dentition an, sämmtliche andere persistirende Zähne sind Glieder der ersten Dentition. Das Gebiss der Beutelthiere ist dem Milchgebiss der übrigen Säugethiere homolog. THomas schloss sich nach dieser Ab- handlung der Ansicht von KÜKENTHAL an (54). ROESE, dessen Arbeit bald nach der Mittheilung KÜKENTHAL’s erschien (39), vermochte diese Befunde mit einigen speciellen Ausnahmen im Allgemeinen nur zu bestätigen. Einige von ROESE in seiner ersten Arbeit über das Beutelthiergebiss veröffentlichte Ergebnisse sind durch spätere Untersuchungen (26) theilweise richtig gestellt und von ROESE selbst zurückgenommen worden (40). Auch WoopwaRrD (61) und LECHE (24) erklärten sich anfangs gleicher Ansicht mit den Deutungen der Befunde von KÜKENTHAL. Neuerdings aber weichen diese Autoren in der Auslegung gewisser Thatsachen von einander ab. Das persistirende Gebiss der Beutelthiere galt demnach für ein Milchgebiss; es wurde in Uebereinstimmung mit der stammesgeschichtlichen Entwickelung des Gebisses in der Reihe der Säugethiere der Untergang des Ersatzgebisses bei den Beutelthieren allerseits angenommen. Vor nicht zu langer Zeit jedoch stellte LECHE (26) auf Grund eigener Untersuchungen am Beutel- thiergebiss die Ansicht auf: die zweite oder Ersatzdentition ist bei den Beutelthieren im Entstehen begriffen ; die sich anlegenden knospenförmigen Zahnkeime, welche häufig noch von dichterem Bindegewebe umgeben sein sollen, sind der Beginn einer in progressiver Entwickelung stehenden Ersatzzahnreihe. Der einzige Ersatzkeim, welcher zu einer vollständigen Entwickelung gelangt, ist der Keim des letzten Prämo- laren. Hieraus folgert LECHE für die Säugethiere den Neuerwerb der zweiten oder Ersatzdentition. Gegen diese Ansicht ist bisher KÜKENTHAL allein als entschiedener Gegner aufgetreten. In seiner Abhandlung „Zur Dentitionenfrage‘ (20) vertheidigt KÜKENTHAL von neuem seinen Standpunkt und präcisirt seine Stellung zur Frage, ob das Ersatzgebiss von den Säugethieren ererbt oder erworben ist, in schärfster Form. Nächst LECHE hat auch WooDWARD in neuerer Zeit durch seine Untersuchungen an einer Reihe von Beuteljungen von den bisherigen abweichende Resultate gefunden. Es handelt sich bei diesen Ergeb- nissen hauptsächlich um den Vorgang im Zahnwechsel. WOo0DWARD nimmt an, dass der Ersatzzahn der Beutelthiere (besonders der Diprotodontier, vielleicht aber aller Marsupialier) zur ersten oder Milchzahnreihe gehört. Dieser Zahn entwickelt sich aus einem Zahnkeime hinter oder vor dem sog. Milchprämolaren, wächst in die Tiefe und nimmt bei seiner weiteren Entwickelung zwischen zwei Zähnen oder neben dem Milchprämolaren Platz, eine Lage, welche grosse Aehnlichkeit mit der Lage des natürlichen Ersatzzahnes zum Vorgänger hat (62). 59 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 247 Vor kurzer Zeit erschien eine neue Arbeit des gleichen Verfassers, welche sich hauptsächlich mit dem Vorkommen einer sog. prälactealen Dentition beschäftigt, d. h. einer Zahnreihe, die vor der lactealen oder ersten Dentition einst bestanden hat. WOODWARD weist in dieser Arbeit (64) nach, dass wohl bei jeder Beutelthiergattung Reste, verkalkt und unverkalkt, von Anlagen prälactealen Ursprungs auftreten. Ausserdem redet Verfasser einer Ansicht von Tıms, dass das persistirende Beutelthiergebiss der zweiten oder Ersatzdentition der Placentalier homolog ist (55), in gewisser Beziehung das Wort. Nach letzterer ist die sog. prälacteale Dentition der Rest der lactealen oder Milch-Dentition. Die gleiche Ansicht vertreten neuerdings Wırson und Hırr nach eingehenden Untersuchungen über die Zahnentwickelung von Pera- meles (58). Sie erklären die labial der Anlagen der persistirenden Zähne von Perameles befindlichen reducirten Zahnanlagen und Zähne für Ueberreste der Milchdentition, welche bei den Beutelthieren über- haupt zu Grunde gegangen ist, während. die zweite oder Ersatzdentition persistirt. Auch der Vorgänger des sog. Ersatzprämolaren (dp,;) gehört dieser älteren Zahnreihe an, die von uns als prälacteale bezeichnet wird, womit der Ersatzprämolar zur gleichen Dentition wie die ganze persistirende Zahnreihe gezählt wird, und die alte Ansicht von OwEn und WInGE eine neue Stütze erhält. Alle diese Behauptungen sind einer genauen Prüfung unterzogen worden, und es ist versucht, ihnen mit Hülfe eines vorzüglichen Materials in allen Dingen gerecht zu werden. Die Ergebnisse sind in manchen Beziehungen von den bisher gegebenen Erklärungen abweichend, decken sich aber andererseits in der Hauptsache mit dem bereits Bekannten. Besonders interessirten mich die Anschauungen von LECHE, WoopwarD, Tıms, Wırson und Hırr, da sie in neuester Zeit aufgetaucht sind und den älteren Ueber- zeugungen nicht mehr entsprechen !). Der Diphyodontismus der Säugethiere ist als ein gewisses Endresultat aus den bisherigen Gebissunter- suchungen siegreich hervorgegangen. Für alle Familien dieser umfangreichen Wirbelthierklasse gilt das Zweizahnreihensystem, von welchem die erste Reihe als Milchgebiss, die zweite als Ersatzgebiss bislang bezeichnet wurde. Diese Bezeichnungen wurden auch auf die Beutelthiere angewandt. Bei ihnen legen sich embryonal genau so wie bei den höheren Säugethieren zwei Zahnreihen an; die sich zuerst anlegende und zur vollständigen Entfaltung gelangende Serie ist daher naturgemäss als die Milchdentition aufzufassen, In jüngster Zeit aber, wo verschiedentlich bei Marsupialiern wie bei Placentaliern Reste einer der lactealen Dentition vorhergehenden Zahnreihe gefunden wurden, hat sich auch der Begriff erster, zweiter Dentition verschoben. Die Autoren pflegen theilweise in ihren letzten Abhandlungen die prälacteale Dentition als erste, das Milchgebiss als zweite und das Ersatzgebiss als dritte Dentition zu bezeichnen. Da sich nun ausser diesen noch Zahnkeime, und nach LECHE sogar ausgebildete Zähne einer sog. dritten Dentition, also zweiten Ersatzdentition bei Placentaliern gefunden haben, so ist diese Zahnreihe als vierte Dentition in die Reihenfolge der Säugethier-Dentitionen aufgenommen worden. Getreu den älteren Traditionen, und in der Ueberzeugung von der Unhaltbarkeit dieses Dentitionen- schemas für Säugethiere folge ich den früheren Bezeichnungen und benenne nach wie vor die Milchzahn- reihe mit erster Dentition und die erste Ersatzzahnreihe mit zweiter Dentition. Meiner Ansicht nach können wir bei den Säugethieren nur von diesen beiden Dentitionen reden. Die Reste der übrigen Dentitionen behalten ihre Bezeichnung prälacteale bezw. postpermanente Zahnreihe bei. Die Vorzüge dieser alten Be- zeichnung gehen aus den nachfolgenden Untersuchungen und ihren Ergebnissen hervor. ı) Was den heutigen „allgemeinen Standpunkt unserer Kenntniss von der ontogenetischen Entstehung der Milch- und Ersatzzähne“ anbetrifft, so verweise ich hierin auf LECHE’s Worte in seiner „Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Säuge- thiere‘“ (26). 8+ 32° 248 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 60 Die labial der ersten oder lactealen Dentition ontogenetisch nachweisbaren Reste von Zahnanlagen sind prälactealer Natur, sie gehören älteren, ererbten Zahnreihen an. Die lingual der lactealen Dentition auftretenden Zahnkeime sind postlacteal, sie sind jüngeren, ererbten Dentitionen als der ersten zuzurechnen. Nachweisbar zeigen sich bei den Beutelthieren die prä- wie postlactealen Reste in mehr als einer Dentition. Die einzelnen Zahnreihen sind von den Vorfahren ererbt. Die vielen Reihen sind bei den Beutel- thieren zu einer zusammengeschmolzen!). In Folge irgend welcher Gründe sind die Beutler auf ihrer einmal erworbenen Entwickelungsstufe stehen geblieben und haben daher mehr als andere Säugethiere alte Merkmale bewahrt. Das geht aus allen Untersuchungen aller Organtheile hervor. Es kann daher nicht auffallen, wenn gerade die prälactealen Dentitionen als älteste Reste häufiger bei den Beutelthieren auftreten als bei den Placentaliern. Andererseits ist die Ersatzdentition durch secundäre Anpassung an das Leben im Beutel überflüssig geworden und gelangt mit Ausnahme eines Zahnes nicht mehr zur Entwickelung. Das Milchgebiss ist persistent geworden und wird nicht mehr ersetzt. Das, was unserer Ansicht nach für die höchste Entwickelung des Gebisses gilt, das Bestehen nur einer Dentition mit hoher Specialisirung der Einzelzähne, das ist bei den Beutelthieren durch secundäre Anpassung an erworbene physiologische Func- tionen herbeigeführt. Wo einerseits die Organe und ihre Anlage so niedrige Zustände offenbaren, ist anderer- seits in dem zumeist veränderlichen Organe, dem Gebiss, fast der höchste Standpunkt erreicht. Hier findet sich Hohes neben Niedrigem ?). Der Zahnwechsel nimmt bei den Beutelthieren eine besondere Stellung ein. Bei den Polyprot- odontiern scheint der 4. Prämolar gewechselt zu werden, bei den Diprotodontiern wird der Wechsel durch besondere Verschiebungen in der Reihe der Prämolaren herbeigeführt, auf die später weiter einzugehen ist. Der gleichen Anschauung also, welche durch KÜKENTHAL begründet wurde, dass nämlich das Gebiss der Beutelthiere der ersten oder Milchdentition angehört, folge auch ich auf Grund eingehender Untersuchungen. Das persistirende Beutelthiergebiss ist dem Milchgebiss der Placentalier homolog. Die prälactealen Reste geben keinen Beweis gegen diese Ansicht, wie Tıms, Wırson und Hırı sowie mit Vor- behalt auch WOODWARD es meinen, sondern sprechen, wie wir sehen werden, eher für als gegen diese. Ich bin der von Or. THomAs in seinem „Catalogue of Marsupials and Monotremata‘ gegebenen Eintheilung der Beutelthiere gefolgt (53). Die beiden grossen Unterfamilien sind die Polyprotodontier und Diprotodontier. Der wohl ursprünglich auf gleichen Lebensgewohnheiten beruhende und bestandene Urtypus des Gebisses hat durch Veränderung in den Existenzbedingungen Abänderungen erfahren, so dass beispiels- weise die herbivoren Beutler ein anderes Gebiss erworben haben als die insectivoren, deren Gebiss dem ursprünglichen am ähnlichsten geblieben ist. Es wäre nun ganz falsch, hieraus zu folgern, dass die insecti- voren-ähnlichen Beutler den ältesten Beutlern näher stehen oder älter sind als die herbivoren-ähnlichen. ‚Beide Arten sind im Gegentheil wohl gleichen Alters, und in beiden Fällen liest ein an Zahnzahl reicheres -Gebiss zu Grunde. I) Welcher Zahnreihe der Vorfahren die lacteale Dentition der Säuger entspricht, ist nicht zu sagen. Jedenfalls ist sie nicht die erste, die vererbt wurde, aber die erste heterodonte Zahnreihe, die überhaupt bei den uns be- kannten echten Säugethieren zur Function gelangt. 2) Die Stellung der Beutelthiere im Reiche der Säugethiere besonders gegenüber den Placentaliern ist heute noch eine unbestimmte. Die Ansicht, dass die Marsupialier directe Vorfahren der Placentalier sind, hat ebensoviele Vertheidiger wie die entgegengesetzte, nach welcher die Marsupialier eine abseits stehende Säugethiergruppe vorstellen; Marsupialier wie Placentalier entstammen jedoch einer gemeinsamen Vorfahrengruppe, die entweder monotremen- oder reptilienähnlich entwickelt war. Ich betrachte die Marsupialier als eine abseits stehende Säugethiergruppe, von welcher sich die Placentalier nicht abzweigen, und glaube, diesen Standpunkt durch die Ontogenie des Gesammtgebisses unterstützen zu können. 61 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 249 Op. THomas hat sich vorwiegend vergleichend-anatomisch mit diesen Fragen beschäftigt und es meisterhaft verstanden, in bekannten Arbeiten den Urtypus des Beutelthiergebisses und den allmählichen Ausfall der einzelnen Zähne unter erhöhter Ausbildung anderer an den verschiedenen Gattungen klar- zulegen (51). Den Werth und die Richtigkeit der meisten von THomas vorgeführten Ansichten lehrt die Ontogenie erst würdigen. In seinem Katalog sind die Merkmale und Eigenarten der Gebisse aller Mar- supialierspecies in schärfster Form gegeben. In Bezug auf die Entwickelung des Gebisses nehme ich mit THomAs den Typus en) als 2 Ne A A, Urtypus an, der für die meisten Fälle genügt. Ich habe deshalb diesen Typus bei der. Aufstellung der einzelnen Zahnformeln für die Species zu Grunde gelegt. Die Umwandlungen des ursprünglich einheitlichen Gebisses der Marsupialier sind nicht so alt wie die bei den Placentaliern. Die Gebisse einzelner Gruppen befinden sich vielfach heute noch auf dem Stadium der Umwandlung und sind in ihrer Metamorphose zu keinem vollkommenen Abschluss gelangt. Im Gegen- satz hierzu ist in den Gebissen der Placentalierarten ein bestimmter Abschluss der Entwickelung seit längerer Zeit erreicht, so dass sich bei diesen weit weniger Reste überzähliger Zahnkeime erster oder zweiter Dentition finden als bei den stammverwandten Marsupialiern. Das reichhaltige Material, welches mir für die entwickelungsgeschichtliche Untersuchung des Ge- bisses der Beutelthiere zu Gebote stand, erhielt ich durch Herrn Professor Dr. SEMmon. Ich erlaube mir an dieser Stelle für die Ueberlassung des vorzüglichen Materials meinen Dank zu sagen. Zahlreiche Stadien verschiedener Species standen mir zur Verfügung. Es wurden ganze Köpfe oder Kiefer von folgenden Arten schnittweise untersucht: Perameles obesula GEOFF. Phascologale penicillata THos. Polyprotodontier. Dasyurus geoffroyi GOULD. Trichosurus vulpecula THos. Phalanger orientalis THos. | f : { ‚ Diprotodontier. Phascolarctus cinereus GOLDF. | Aepyprymnus rufescens GARROD Die genaueren Grössenangaben der einzelnen Stadien finden sich bei der Besprechung der be- treffenden Species. Die Behandlung des gut conservirten Materials war für alle Stadien die gleiche. Ich entkalkte mit Salpetersäure und färbte nach der Röse’schen Doppelfärbemethode. Wie die vorhergehende Tabelle zeigt, sind die von mir untersuchten Arten zahlreich genug, um durch die Reihe ihrer lückenlosen Schnitte eine klare Uebersicht und genaue Erklärung für fast alle in Frage kommenden Fälle der Zahnentwickelung der Marsupialier zu geben. Zur allgemeinen Erleichterung dieser Uebersicht und zur Bildung einer eigenen vorurtheilsfreien Anschauung über die Vorgänge in der Entwickelung der einzelnen Gebisse sind im Folgenden alle Stadien in der Weise zum grössten Theile einzeln beschrieben worden, wie sie der Reihe nach zur Beobachtung vorlagen. 1) Diese Gebissformel ist die Abkürzung für die volle ständige Formel: 4 M.4A Pr. 1 C.51.|51.1C4Pr4M. AN A115 u (&% 516 || 916 0 &% 2123 zu 16 bei welcher I gleich Incisivus, C. — Caninus, Pr. = Prämolar, M. — Molar zu setzen ist. Gehört das Gebiss der ersten Dentition an, so ist den abgekürzten Bezeichnungen der Zähne ein kleines d angefügt. 250 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 62 Polyprotodontier. Perameles obesula GEOFF. BURNETT. Die zu den Polyprotodontiern gehörige Familie der Perameliden oder Baudicoots zeichnet sich gegen- über den anderen meisten Beutelthierfamilien durch eine zahlreichere Bezahnung aus. Es ist eine streng begrenzte und vereinzelt dastehende Familie, nur den Dasyuriden (Myrmecobius) näher gestellt, von denen sie sich trotzdem in vielen Dingen unterscheidet. Das Gebiss von Perameles ist insectivorenähnlich, die Zähne sind kurz nach ihrem Durchbruch scharf und spitz, verlieren aber mit der Zeit ihre Schärfe und ihre Spitzen. Die Nahrungsweise des Thieres hat sich mit der Zeit theilweise verändert. Die Perameliden sind halbwegs Omnivoren geworden. Die Zahnformel lautet für diese Thiergattung (nach THomASs): I. 2. 3. 4. 5. oder oO € I No. &b Sp Ab To Ro 3 46) 1 2 3 © © I Toms! 0 2 3 Ak Hiernach fehlen im Unterkiefer 2 Schneidezähne und im Öber- wie Unterkiefer der 2. Prä- 5.1. 4. 4. Sp To Abd Die Zähne von Perameles obesula sind schmal und klein. Das Gebiss dieser Species habe ich in molar, wenn wir die allgemeine Zahn-Formel der Beutelthiere als grundlegend annehmen. verschiedenen Altersstufen durch Figuren wiedergegeben, welche seine allmähliche Entwickelung und Ver- änderung veranschaulichen sollen. Fig. ı auf Taf. II stellt die Zähne des Unter- und Oberkiefers eines jungen, ganz behaarten Thieres von 20 cm Kopf-Rücken-Steisslänge dar. Das Gebiss ist noch vollständig insectivorenähnlich, die Zacken treten an allen durchgebrochenen Zähnen scharf hervor. Der Milchprämolar 4, welcher später gewechselt wird, steht ziemlich ausserhalb der Zahnreihe, buccal zwischen Prd 3 und M ı. Er ist im Unterkiefer ein schmaler, länglicher mit zwei Spitzen versehener Zahn und kleiner als der des Oberkiefers (Fig. Ic). Der untere 3. Id ist an seiner Krone gespalten und läuft in zwei Lappen aus. Der obere Id! ist sehr klein und steckt tiefer im Kieferknochen als Id? und Id’. Der obere Id’, von seinem Nachbarn Id* durch eine kleine Lücke getrennt, ist noch weniger weit als Id! aus dem Kiefer hervorgetreten. Der Eckzahn, die Prd ı und Prd 2 sind sehr spitz. Die Molaren, von denen bereits drei durchgebrochen sind, haben eine kleine, schmale, abgerundete Form; sie sind vielzackig. Die des Oberkiefers besitzen an den äusseren Kanten ihrer Zacken kleine Nebenspitzen. Bei dem erwachsenen Thiere mit vollständigem Gebiss sind die Zähne bis auf den 4. (Ersatz-) Prä- molaren und letzten Molaren bereits abgestumpft (Fig. 2). M 4 ist meist schmal und quergestellt, sowie mit einem besonderen hinteren Talon versehen. Zwischen Eckzahn und letztem Incisivus einerseits, sowie 1. Prämolaren andererseits ist ein grösserer Zwischenraum entstanden. Ebenso ist Id® und Id! durch eine Lücke getrennt, wie auch Id, und Id, des Unterkiefers nicht eng an einander stehen. Die Prämolaren sitzen geräumig im Kiefer, von der vorher bestandenen beengten Stellung der Zähne ist nichts mehr zu finden. Id ist nunmehr der längste Schneidezahn im Oberkiefer. Der Eckzahn ist schlank und mittelgross, im Oberkiefer grösser als im Unterkiefer. Der Ersatzprämolar P* ist etwas breiter als die vorhergehenden Prämolaren und wie diese zweiwurzelig. Die 3 ersten Molaren sind stark abgenutzt und haben ihre Nebenzacken bereits ganz verloren. 1) Die Bezeichnungen i, c, pm, m nach THOMAS sind den meinigen Id, Cd, Prd, M gleich zu setzen. 63 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 251 Ein sehr interessantes Bild von der vollständigen Abnutzung des Gebisses giebt uns der Unter- und Oberkiefer eines alten Perameles (Fig. 3). Die Kronen der Zähne sind glatt geschliffen, in der Mitte von rechts nach links ausgehöhlt. Die Zähne von Ober- und Unterkiefer greifen wie die Branchen einer Scheere in einander. Theilweise ist aber die Krone vollständig verschwunden, es stecken nur noch die Wurzeln in den Alveolen, die sich verlängert haben. Wir finden an Stelle eines Molaren 3 oder 4 ver- schiedene Wurzeltheile (Fig. 4). Von Zacken ist keine Spur mehr zu finden. Id! fehlt. Diese allmähliche und deutlich sich darstellende Abnutzung des Gebisses, die einer gemischten Nahrung zu Grunde liegt, hat den Insectivoren-Typus vollständig verwischt. Die Umänderung, welche das frühere Insectivoren-Gebiss während der Lebenszeit der Thiere erfährt, kommt ontogenetisch nicht zum Aus- druck. Das Gebiss von Perameles legt sich nach wie vor als Insectivoren-Gebiss an. Die Zeiträume, wäh- rend welcher diese Umänderung des Gebisses stattgefunden hat, sind zu kurze, um diesen Process auch in der Entwickelung des Einzel-Individuums stabil werden zu lassen. Mit vollem Recht dürfen wir daher an- nehmen, dass die Anpassung an den secundären Nahrungserwerb noch nicht vollendet ist, sich heute noch vollzieht und vor nicht zu langer Zeit überhaupt erst eingetreten ist. Diese Bemerkung lässt sich bei der Entwickelung aller Gebisse der Beutelthiere machen, dass sich nämlich ihr einst durchgängiges Insectivoren-Gebiss in vollständiger Auflösung befindet und ent- weder zu einem gewissen äusserlichen Abschluss gekommen ist oder auf dem Wege zu diesem sich befindet. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass Perameles, ebenso wie es bei Phascolarctus oder Trichosurus oder irgend einem Diprotodontier schon der Fall ist, durch seine Anpassung an das omnivore oder herbivore Leben mit der Zeit ein ganz anderes Gebiss erhalten wird. Den Uebergang hierzu bilden bereits die spätere Ent- wickelung einzelner Zähne und zeigen schon die ausgefallenen Prämolaren und Ineisivi an. Der Wechsel des letzten Prämolaren findet bei Perameles immer statt. Der Milchprämolar 4 ist ein kleiner, stiftförmiger Zahn und besteht bis zur halberwachsenen Grösse des Individuums, während der Ersatz- prämolar zweiwurzelig und bei weitem kräftiger entwickelt ist. Er schiebt sich zwischen Prd 3 undM ı ein, nachdem genügend Raum entstanden ist. Nähere Daten über die Entwickelungsgeschichte der Perameliden liegen von LECHE (26) und Woop- WARD (65) vor. RÖsE (39) hat 2 Föten von Perameles doreganus von 3,8 cm bez. 5,2 cm Kopflänge äusserlich untersucht und kommt zu dem Resultat: Es ist mehr als wahrscheinlich, dass auch der 5. Inci- sivus im Oberkiefer von Perameles ähnlich wie der 3. Prämolar aus der zweiten Zahnserie stammt. LECHE berichtet nichts Wesentliches über das eine Stadium, welches er untersucht hat. Er fügt an einer Stelle bei, dass Prof. Wırson auf Sydney Spuren einer prälactealen Dentition bei Perameles nasuta beobachtet hat. Diese Arbeit über die Zahnentwickelung des Perameles von Wırson und Hırr ist vor Kurzem erschienen (58). Sie erstreckt sich auf eine nicht unterbrochene Reihe von Stadien, die in ihrer Grösse einander folgen. Die Beobachtungen sind mit den meinigen übereinstimmend, doch weichen die Erklärungen in vielen Dingen ab. Auch die Anwendung der Ergebnisse der Zahnentwickelung von Pera- meles auf das gesammte Zahnsystem der Marsupialier und seine Stellung zu dem der Placentalier ist eine besondere, welche den Gesammtresultaten vorliegender Untersuchungen vielfach widerspricht. Es wird daher im Laufe der Arbeit häufiger auf obige Abhandlung zurückgegriffen. Eine eingehende Erörterung und durchgängige Erwiderung liess sich nach Abschluss vorliegender Untersuchungen nicht mehr durchführen. Die oben erwähnten Spuren einer prälactealen Dentition werden von Wırson für den Rest der lactealen Zahn- reihe gehalten, welche bei den Beutelthieren zu Grunde gegangen sein soll; dp 3 (Prd 4) allein besteht noch als Milchzahn in der Zahnreihe. Die persistirende Zahnreihe der Beutelthiere ist demnach der Ersatz- dentition der Placentalier gleichzusetzen. WOooDwarD hat bei Perameles keine prälactealen Spuren gefunden 252 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 64 und giebt an, dass lingual in Verbindung mit den meisten Antemolaren stark verdickte Keime der sich nicht entwickelnden Ersatzzähne bei Perameles nasuta auftreten. Ausserdem hat Woopwarn bei Peragale Spuren labialer Ausläufer der Zahnleiste neben einigen Antemolaren gesehen und vermuthet bei Peragale hinter dem 3. functionirenden Schneidezahn im Unterkiefer einen 4. Id. Dieser Zahn würde also an den 4. unteren Incisivus von Dasyurus erinnern, wie überhaupt im Gebiss von Perameliden und Dasyuriden Ueber- einstimmendes zu finden ist. Die nach dem Durchbruch der meisten Zähne bei Perameles eintretende Kieferverlängerung in der Gegend der Antemolaren fehlt bei Dasyurus und hat zum Verlust des 4. Prä- molaren bei dieser Gattung geführt. Bemerkenswerthe Spuren von prälactealen Dentitionen kommen auch nach meinen Untersuchungen bei Perameles nicht vor. Meine entwickelungsgeschichtliche Untersuchung habe ich an zahlreichen (12) Stadien gemacht, deren Einzelbesprechung in Folge immer wiederkehrender Zustände vollkommen wegfallen kann. Zur Fest- stellung der letzten Molaren-Anlage und Entwickelung des Ersatzprämolaren war die grosse Anzahl von Stadien erforderlich. Die Köpfe der jüngeren Thiere wurden ganz, von den älteren aber nur Unter- und Oberkiefer in Schnittserien zerlegt. Die vier ersten Stadien waren Embryonen, die übrigen Beuteljunge. Bis zum Stadium VIII waren die Thiere mit Ausnahme einzelner Borsten an der Oberlippe, den Warzen der Wangen und oberen Augenbrauen völlig nackt. Die älteren sind behaart und anfangs mit kurzen, weichen, später mit langen, rauhen Haaren versehen. Perameles, Unter- und Oberkiefer. Stadium I. Das jüngste Embryonalstadium von 1,8 cm Kopf-Rücken-Steisslänge bietet im Ober- und Unterkiefer gleiche Zustände. Die Zahnleiste erstreckt sich durchgängig durch beide Kiefer. Eine sog. primäre Zahnleiste ist nirgends zu finden. Es zeigt sich nur eine oberflächliche Einstülpung des Mund- höhlenepithels, welche sich auf der Oberfläche der Kiefer hinzieht, mit dichten embryonalen Epithelzellen ausgefüllt, und als der Beginn der allgemeinen Zahnleiste aufzufassen ist. In der Gegend der Schneide- zähne ist diese Einstülpung muldenförmig, in der Gegend des Eckzahnes aber erstreckt sich die Zahnleiste tiefer in das Mesoderm und lässt eine Einschnürung des kurzen Zahnleistenhalses erkennen. Dann verkürzt sich die Leiste und liegt, knospenförmig verdickt und nach der buccalen Seite verlegt, ganz nahe dem Mund- höhlenepithel. Hier sind die ersten Anzeichen der Zahnkeime der Prämolaren. Der 4. Prämolar ist am weitesten entwickelt, er liegt als wirklicher, kleiner, verdickter Zahnkeim, buceal- wärts verlegt, mit offener Mündung unter dem Mundhöhlenepithel. Auf den Prämolarenkeim folgt die Zahnleiste mit sehr breiter Einmündung und leichter An- schwellung. Die basalen Epithelzellen sind vielfach vermehrt und häufig in Theilung begriffen. Auch ist das cylinderförmige Epithel der Mundhöhle an der Stelle der Einstülpung besonders lingual stark verdickt und in mehreren Schichten vorhanden, so dass zunächst von dieser Seite aus die Zahnleiste in die Tiefe zu wachsen scheint. Perameles, Unterkiefer. Stadium II--IV. Diese drei Stadien, welche in der Grösse einander gleichen (3,0—3,5 cm Ge- sammtlänge)!), unterscheiden sich auch nur wenig in der Anlage ihrer Zähne. Ausser M, sind alle Zähne im Unterkiefer angelegt und haben ein verschieden vorgerücktes Entwickelungsstadium erreicht. Id, ist eine kappenförmige Anlage, welche ohne Zahnleistenhals mit breiter Oeffnung in die Mund- höhle einmündet. Labial des distalen Theiles von Id, liegt nahe dem Mundhöhlenepithel eine reducirte 1) Die Gesammtlänge betrifft stets die Länge des Körpers von der Schnauzenspitze über den Kopf, Rücken bis zur Cloake. 65 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 253 Zahnanlage (Fig. 1, Taf. III). Sie tritt auf allen diesen Stadien beiderseits des Kiefers genau an der gleichen Stelle auf und liegt anfangs ganz isolirt im Kiefer, um bei ihrem letzten Erscheinen manchmal durch eine kurze Brücke mit dem Zahnleistenhals der verschwindenden Anlage von Id, in Verbindung zu treten. Ihr folgt sofort der nächste Zahnkeim von Id,. Wie aus der Vergleichung der einzelnen Stadien und besonders durch das einmalige Auftreten eines überflüssigen, aber fast vollständig verkalkten Zahnes Id, labial von dem gleichfalls verkalkten Id, bei einem älteren Stadium hervorgeht, ist dieser, einer prälactealen Anlage äusserst ähnliche Zahnkeim der Rest des verloren ge- gangenen zweiten Incisivus der ersten Dentition!). Seine Form ist auf diesen jüngeren Stadien verschieden. Er stellt meist ein reducirtes glockenförmiges Schmelzorgan mit Dentinkeim und geringer Kalkablagerung vor (Fig. 2). Id, hängt an einem längeren Zahnleistenhalse, sein stark verdickter Zahn- keim ist am unteren Ende eingestülpt. Id, besitzt eine kleine Anlage, die, im Beginn der Kappenform stehend, ohne Zahnleistenhals nahe der Mundhöhle liegt und mit schmaler Oeffnung in diese einmündet. Auf Id, folgt der knospenförmige Zahnkeim von Id,, welcher zu keiner Entwickelung gelangt. Der Zahnkeim von Cd ist stark kolbenförmig verdickt, er erstreckt sich tiefer in den Kiefer als die meisten Anlagen. Labial zeigt sich oberhalb des Zahnkeims an der Zahnleiste eine prälacteale Anlage in Kappenform (Fig. 3, 4). Sie liegt seitlich der Mitte von Cd und ist in diesem Falle keiner anderen als der Vor-Milchdentition zuzurechnen. Prd, und Prd, sind kleine, theilweise schon kappenförmige Zahnkeime. Labial vom Zahnkeim des Prd, geht ein kleiner Zapfen ab (Fig. 5). Einen ähnlichen, mehr kolben- förmigen Zapfen hat LEcHE bei Pd 3 (Prd 4) vom Stadium B der Didelphys aurita labial des Zahnkeimes beobachtet (LECHE 26, Fig. 123). Dieser Zahnkeim LEcHE’s mit seinem labialen Fortsatz ist aber in keiner Weise mit dem von KÜKENTHAL in seiner Arbeit: „Das Gebiss von Didelphys‘“‘ (14) durch die Fig. I wieder- gegebenen Zahnkeim des sog. Milchprämolaren von Didelphys identisch, wie LECHE es meint (26). Vielmehr ist der Fortsatz bei der Zahnanlage, welche KÜkENTHAL beschreibt, lingual gelegen oder, wie KÜKENTHAL sagt, nach innen vom Kieferwall zu. Dieser sich lapnig abschnürende Kolben ist in der That das freie linguale Zahnleistenende, welches sich ausserordentlich früh von der labialen noch kappenförmigen Zahnanlage abgetrennt hat, und nicht, wie LECHE will, ein labialer, seinem Befunde ähnlicher Epithelkolben. Mit Erlaubniss des Herrn Professor KÜKENTHAL habe ich die Schnittserie von Didelphys durch- gesehen und kann der von KÜKENTHAL deutlich genug gegebenen Beschreibung dieses Befundes nur beistimmen. Die ausserordentlich kräftige und frühzeitige Entwickelung des lingualen Zahnleistenfortsatzes neben Prd, tritt auch bei Perameles zu Tage. Die Anlage des Milchzahnes Prd, ist auf den jüngeren Stadien undeutlich und im vorliegenden Falle noch nicht glockenförmig entwickelt; trotzdem ist der linguale Zahnleistenfortsatz stark verdickt und hat sich zum grössten Theil von der Anlage getrennt (Fie. 6). Die Zahnleiste geht bis an das Epithel der Mundhöhle, so dass sie sich mit ihrem verdickten Ende lingual neben einer reducirt aussehenden Anlage fast selbständig im Kiefer befindet. Die beiden Theile liegen genau so zu einander, wie ein lactealer Zahnkeim zu einer prälactealen Zahnanlage für gewöhnlich gelegen ist. Prd, hat sich hier jedoch erst secundär in Folge seiner Reduction ganz nach der buccalen Seite verschoben. Schon seine allererste Anlage zeigte sich so. Der an und für sich reducirte Zahn erscheint auch in seiner ersten Anlage reducirt. So kommt es, dass der linguale Fort- satz sich eher als gewöhnlich entwickelt und seinen Vorgänger ablöst. 1) Es ist nicht anzunehmen, dass eine Zahnanlage in zwei aufeinander folgenden Zahnreihen auf nahezu gleicher Ent- wickelungsstufe auftritt, wie es hier der Fall sein würde, wenn der labial von Id, zwischen Id, und Id, vorhandene verkalkte Zahn als Vorgänger des verkalkten Id, betrachtet würde. Jenaische Denkschriften. VI. 9 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 33 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 66 Bemerkenswerth ist der Verlauf in dem Auftreten des freien Zahnleistenendes lingual vor, während und nach Prd,. Nachdem der Zahnkeim von Prd, aus den Schnitten verschwunden ist, erscheint die Zahn- leiste an ihrem Ende stark verdickt. Bisweilen finden sich labial dieses Zahnkeimes kurze Ausläufer. Diese Verdickung des freien Endes der Zahnleiste dauert vor und nach Prd, an, sie ist auch zu gleicher Zeit etwas verlängert und weniger stark der linguale Fortsatz für Prd,. Die Zahnleiste erleidet also mit ihrem Fortsatze im Bereiche lingual der Anlage von Prd, keine weitere Veränderung, als dass sie sich eine kurze Strecke verlängert und mit der Anlage von Prd, theilweise in Verbindung tritt. Ihre Lage im Kiefer bleibt durchgängig die gleiche wie die der vorhergehenden Zahnkeime, d. h. der verdickte linguale Zahnleistenfortsatz zweiter Dentition von Prd, ist räumlich so gelegen wie die übrigen Zahnkeime erster Dentition. Dieser Zustand ist ein secundärer. Während sich alle anderen Anlagen auf diesen Stadien (II—-IV) am freien Ende der Zahnleiste anlegen, hat sich die Anlage von Prd, scheinbar oberhalb dieses der erster Dentition gleich zu setzenden Endes entwickelt. Eine solche Anschauung, welche durch die Figuren bestärkt wird, kann aber zu der Annahme führen, als ob Prd, einer früheren Dentition (der prälactealen) als die übrigen Zahnkeime erster Dentition angehörte. Dagegen spricht aber die erste Entwickelung von Prd,; sie findet ebenso nur etwas früher statt wie die der übrigen Anlagen erster Dentition. Die mehr buccale Lage ist, wie ich das schon betont habe, eine secundäre Erscheinung. Mir selbst fehlte ein Zwischenstadium, welches die frühe Entwickelung von Prd, weiterhin zeigen konnte. Dafür waren aber die beiden kleinsten Stadien von Didelphys (Steiss-Nackenlänge von I cm), welche Herr Professor KÜKENTHAL bereits untersucht hatte, zur Feststellung und zum Vergleich sehr geeignet. Danach ist Prd, keiner anderen als der erster Dentition zuzurechnen, zu welcher auch alle übrigen functionirenden Zähne der Beutelthiere gehören. Die Ursache der secundären Verlagerung von Prd, liegt in der frühzeitigen Entwickelung und in dem Bestreben der Anlage, sich vor den stärkeren Nachbarn zu schützen und seine Entwickelung an labialer Seite zu sichern. Der Zahn bricht labial der Zahnreihe durch und verschwindet nicht, trotzdem er aus der Zahnreihe verdrängt ist; erst sein Ersatz, welcher lingual über oder unter dem 3. Prämolaren fortwächst, erhält durch Verlängerung des Kiefers genügend Raum. Wırson und Hırr rechnen nach ihren Untersuchungen an den verschiedensten Stadien von Pera- meles den sog. Milchprämolaren Prd, (dp,) zu einer älteren als der persistirenden Dentition, und zwar auf Grund derjenigen Erscheinungen, die auch ich hervorgehoben habe (58). Das Zwischenstadium, welches mir fehlte, stand Wırson und HırrL zur Verfügung, und die diesbezüglichen Figuren sind durch Fig. 8, 9, Io und 14 Pl. XXV ihrer Abhandlung wiedergegeben. Hiernach vermag ich meinen bereits vor dem Er- scheinen der oben genannten Arbeit gewonnenen Standpunkt nicht zu ändern, da diese Figuren im Grossen und Ganzen das zeigen, was ich erwartet hatte. Fig. 9 gleicht besonders den Befundeu bei Didelphys, wäh- rend Fig. IO grosse Achnlichkeit mit Zuständen bei Dasyurus besitzt. Ebenso wie Wırson und Hırr zähle ich den Milchprämolaren zur lactealen Zahnreihe, stelle ihn aber nicht auf eine Stufe mit den sog. prä- lactealen Zahnanlagen, die älteren Datums sind. Die Lagebeziehung eines Zahnkeimes zur Zahnleiste allein vermag für die Stellung eines Zahnes zu einer der Dentitionen nicht massgebend zu sein, ebensowenig wie eine langsamere oder schnellere Entwickelung. Im vorliegenden Falle hat die allererste Entstehung des Zahnkeimes Prd 4 von der aller übrigen Antemolaren und vordersten Molaren nichts im Grunde Verschiedenes, "und nur besondere Umstände führen im weiteren Entwickelungsgang auffällige Unterschiede herbei. Labial- (buccal-)wärts verschobene Einstülpungen finden sich häufiger am freien verdickten Zahnleistenende, be- sonders bei Molaranlagen; z. B. zeigt Fig. 23 Pl. XXVI der Abhandlung von Wırson und Hırr einen mehr labial als central gelegenen Zahnkeim des i?, welcher mit dem gleichen Rechte zur lactealen Dentition zu rechnen wäre wie dp®, wenn nicht weiter unterhalb ein solcher Zahnkeim di? vorhanden wäre. Ich finde in den Lagebeziehungen von i® und dp? zur Zahnleiste eine grössere Uebereinstimmung als in den von di® und dp®. 67 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 255 Zwischen Prd, und Prd, liegt der kleine knospenförmige Zahnkeim von Prd,. Er erscheint auf allen jüngeren Stadien. Ob der kolbig verdickten Zahnleiste vor Prd, eine besondere Bedeutung zufällt, ist in Anbetracht des späteren Zerfalles dieses Zahnkeimes nicht zu bestimmen. Möglicherweise ist er der Rest einer verloren gegangenen Prämolaren-Anlage. Die kolbige Verdickung der Zahnleiste nach Prd, ist die Fort- setzung des lingualen Zahnleistenfortsatzes von Prd,. Kurz vor der Anlage von M, hört die Verdickung auf. Die Anlage von M, ist fast glockenförmig entwickelt: Obere kleine, von der Zahnuleiste ausgehende labiale Fortsätze sind häufig anzutreffen. Sie verwachsen zum Theil mit M,. Ein lingualer Fortsatz ist nicht vorhanden. Dagegen ist die linguale Seite etwas verdickt, sie besteht aus mehreren Schichten eylinderförmiger Epithelzellen. M, ist kappenförmig. Sein Zahnkeim steht mit einem oberen labialen starken Fortsatz prälactealer Natur in Verbindung (Fig. 7), welcher in den oberen Theil des Zahnkeimes übergeht und mit diesem ver- schmilzt. M, ist ein knospenförmiger Zahnkeim hinter M,. Perameles, Unterkiefer. Stadium V. Beim Stadium V von 3,9 cm Gesammtlänge finden wir lingual der glockenförmigen Anlage von Id, einen stark verdickten Zahnleistenfortsatz, der mit der Anlage und dem Mundhöhlenepithel zusammenhängt (Fig. 8). Er entsteht aus einer selbständigen, von der Anlage des Id, scheinbar unabhängigen Einstülpung des Mundhöhlenepithels. Labial von Id, liegt der reducirte, schon ziemlich stark verkalkte Zahn von Id, (Fig. 8), welcher an einer eigenen Epithelleiste hängt. Id, tritt in der Serie eher als Id, auf. Die Anlage von Id, nimmt die Stelle von Id, nach dessen Verschwinden ein, während Id, noch labial oberhalb des distalen Theiles von Id, erscheint. Id, kommt somit lingual unterhalb von Id, zu liegen. Beide Anlagen, die glockenförmig entwickelt sind, stehen durch die Zahnleiste unter sich in Verbindung und machen den Eindruck, als ob Id, der Ersatzzahn von Id, wäre (Fig. 9). In dieser Gegend des Kiefers von Perameles ist ähnlich wie in der Prämolarenreihe von Phascolarctus, Trichosurus etc. durch Kieferverkürzung und Vergrösserung einzelner Zähne eine Verschiebung der Zahnanlagen eingetreten. Würde der Kiefer später nicht an Länge zunehmen, so hätten wir im Bereiche der Incisivi von Perameles ebenfalls einen Zahnwechsel zu erwarten, in der Art, wie er wirklich bei den Diprotodontiern in der Prämolarenreihe vor sich geht. Ich will hier gleich betonen, dass bei der Verschiebung verschiedener Zahnanlagen gleicher Dentition nicht allein eine Kieferverkürzung, sondern auch eine Grössenzunahme der einzelnen Zähne die Ursache ist. Vielfach hat sogar der zweite Punkt die grösste Berücksichtigung zu finden, da sich der Kiefer erst nach vorgeschrittener Anlage der Zähne zu strecken pflegt. Id, tritt noch als kolbenförmiger Zahnkeim auf. Cd ist kappenförmig und zeigt keine prälactealen Anlagen, wie auf den vorhergehenden Stadien. Zwischen den kappenförmigen Zahnkeimen von Prd, und Prd, liegt ein deutlich knospen- förmiger Zahnkeim von Prd,. Ebenso folgt auf Prd, eine stark kolbenförmige Zahnanlage eines ausgefallenen Prämolaren (Prd,). Prd, ist glockenförmig und mit einer zarten Schmelz-Dentinkappe versehen !). Sein lingualer Fortsatz ist an seinem freien Ende stark verdickt und hängt nicht mehr mit der Zahnanlage, wohl aber mit dem Mundhöhlenepithel zusammen. Die glockenförmigen Anlagen von M, undM, besitzen kleine linguale, unverdickte Fortsätze, die in der Nähe der Verbindungsstelle von Zahnleiste und Anlage von der letzteren abgehen. Gegen Ende von M, wird der Fortsatz an seinem unteren Ende länger und dicker, zugleich tritt zu ihm ein zweiter Fortsatz hinzu, der von der Verbindungsbrücke zwischen Zahnleiste und Zahnanlage ausgeht (Fig. 10). Nach der Anlage von M, verbleibt die Zahnleiste lang und deutlich. Ihr nunmehr einfaches 1) Wir sehen, dass sich Prd, trotz seiner frühzeitigen Entstehung nicht schneller als die meisten übrigen Zahnanlagen entwickelt. 9 * 335 256 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 68 Ende schwillt stark kolbenförmig an und verlängert sich ein wenig. Es entsteht ein selbständiger Zahn- keim, der aber mit dem Ersatzkeime von M, nichts zu thun hat, sondern anscheinend den Ueberrest eines functionslos gewordenen Backzahnes vorstellt. Labial und etwas unterhalb dieses Zahnkeimes zeigt sich alsdann das proximale Ende von M,. Beide Theile, das freie verdickte Zahnleistenende und M,, bestehen eine kurze Zeit getrennt neben einander, um dann nach Auflösung des ersteren in einander überzugehen. Der linguale Zahnleistenfortsatz von M, zeigt sich später neben der Mitte dieser Anlage. Er ist an seinem freien Ende schwach verdickt und zweigt sich ebenso wie bei M, von der Verbindungsstelle zwischen Zahn- leiste und Zahnlage ab. Das Erscheinen zweier lingualer verdickter Zahnleistenfortsätze neben einer Molaranlage, sowie das Auftreten eines verdickten und selbständigen Zahnkeimes zwischen den Molarenanlagen, augenscheinlich des Restes einer Backzahnanlage, kehrt in der Zahnentwickelung der Marsupialier häufiger wieder. Die Be- deutung des zweifachen, verdickten Fortsatzes von M, ist von besonderem Interesse. Da der mehr nach der Anlage zu gelegene Fortsatz nur gegen Ende von M, erscheint, vorher aber ein Stück der Anlage selbst war, das sich mit dieser vereinigt hatte, so ist anzunehmen, dass das Auftreten dieses Fortsatzes eine Wiederablösung von vorher verwachsenen Theilen vorstellt. Wie Fig. Io zeigt, ist dieser Fortsatz ebenso als freies Zahnleistenende zu betrachten wie der weiter lingual gelegene, so dass die Wahrscheinlichkeit nicht auszuschliessen ist, dass dieses freie Ende die zweite oder Ersatzdentition vorstellt, welche für gewöhnlich mit den Molaren verschmilzt, dass der zweite Fortsatz aber einer jüngeren, ev. dritten Dentition zugehört. Im Allgemeinen fehlt der erste Fortsatz, und nur der zweite besteht, welcher demnach in den meisten Fällen der dritten Dentition zuzurechnen ist, wie ich es bereits bei der Beschreibung des @aleopithecus-Gebisses erörtert habe (4). Hier in Fig. 10 von Perameles glaube ich einen Beweis gefunden zu haben, dass in der That für gewöhnlich der Fortsatz, welcher mit der zweiten oder Ersatzdentition identisch ist, mit der Anlage der Molaren verschmilzt und nur bisweilen getrennt neben dem Fortsatze der dritten Dentition auftritt!). M, ist ein stark verdickter Zahnkeim, welcher am unteren Ende eine zweifache Einstülpung besitzt. Perameles, Unterkiefer. Stadium VI—XII (6,5—16,0o cm Gesammtlänge). Alle folgenden älteren Stadien zeigen im Allge- meinen an Anzahl und Entwickelungsvorgängen der Zähne die gleichen Erscheinungen. Die Zahnanlagen wachsen allmählich weiter, wobei zu betonen ist, dass die durchgängig kleine Anlage von Prd, trotz ihres frühen Entstehens in ihrer Weiterentwickelung mit den meisten übrigen Zähnen gleichen Schritt hält und nicht eher als diese durch den Kiefer bricht. Beim Stadium XI (Kopf-Rücken-Steiss 14,2 cm) liegen die Zähne dicht vorm Durchbruch, bei XII (16,0 cm) sind die meisten, bis auf M, und M,, bereits durch- gebrochen. Die erste Anlage von M, zeigt sich bei dem Beuteljungen von 6,5 cm Gesammtlänge. Die Anlage sämmtlicher Zähne geht verhältnissmässig frühzeitig vor sich. Die Molaren functioniren zugleich mit den Prämolaren der ersten Dentition. Der linguale Zahnleistenfortsatz erscheint bei den Antemolaren mit Ausnahme von Id, und Prd, sehr spät. Nachdem lange das glockenförmige Stadium eingetreten ist, zeigt sich lingual und oberhalb dieser Zahnanlagen ein reducirter Zahnleistenfortsatz, Dagegen ist der linguale Fortsatz neben Id, und Prd, kräftig entwickelt. Bis auf das letzte Stadium XII ist der Ersatzzahnkeim von Id, kolbenförmig verdickt (Fig. 11). Auf den jüngeren Stadien steht er im Anfange seines Auftretens mit der Mundhöhle in Verbindung; und kommt erst allmählich in den Bereich von Id,. Sobald er aber neben Id, liegt, geht sein Keim in Zerfall über. Die Verbindung mit dem Mundhöhlenepithel ist fast durchgängig vorhanden (Fig. 11). Beim 1) In dieser Ansicht werde ich durch die neuesten Befunde von KÜKENTHAL im Gebiss von Manatus bestärkt, wo be- treffender Verfasser ähnliche Zustände bei den Molaren dieser Säugergattung gefunden hat (2T). 69 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 257 Stadium VI (5,0 cm Gesammtlänge) findet sich einmal unterhalb des lingualen Zahnleistenfortsatzes gegen Ende der Anlage von Id, ein kleiner Zapfen. Dieser Zapfen entsteht durch eine Abtrennung eines Theiles der Epithelzellen von dem kurz vorher stark verdickten Zahnleistenfortsatze. Er zeigt sich nur wenige Schnitte und ist ein Product des Zerfalles des Zahnleistenfortsatzes. Auf den älteren Stadien ist die Ver- bindung zwischen dem Ersatzkeime von Id! und dem Mundhöhlenepithel sowie der Zahnanlage unterbrochen. Beim Stadium XII (16,0 cm Gesammtlänge) ist dieser Keim zerfallen. Labial von Id, liegt beim Stadium VI (5,0 cm Gesammtlänge) der fast vollständig verkalkte Rest von Id,. Bei VII (6,5 cm Gesammtlänge) findet sich zwischen Id, und Id, ein wohlerhaltener kleiner entwickelter Schneidezahn des Id,. Er ist stark verkalkt. Dieser Befund beweist, dass der labial von Id, bei jüngeren Stadien auftretende reducirte Zahnkeim kein prälactealer Zahn ist. Der Ersatzzahn von Prd, entwickelt sich anfangs lingual der Mitte dieser Zahnanlage. Allmählich wächst er in die Tiefe und der lingualen Kieferwand entgegen. Er liegt dann über dem distalen Ende von Prd,. Dieser Ersatzkeim entwickelt sich sehr langsam. Auf dem letzten Stadium (XII) hat er die völlige Kappenform noch nicht ganz erreicht. Die Anlage von Prd, ist keine normal entwickelte, sie ist klein und erscheint reducirt. Der Zahnkeim des überzähligen Prämolaren (Prd,) wird resorbirt. Ebenfalls geht der Zahnkeim von Prd, und Id, zu Grunde. Die Zahnleistenfortsätze lingual der Molaren gelangen zu keiner Entwickelung. Beim Stadium VI (5,0 cm Gesammtlänge), wo die Anlagen von M, und M, noch nicht verkalkt sind, zeigen sich kleine, kurze über den Anlagen gelegene Fortsätze. Zwischen M, und M, liegt die Zahnleiste mit verdicktem freien Ende. Sie reicht bis in das Gebiet von M, und verbindet sich dort, stark verschmälert, mit dessen Anlage. Gegen Ende von M, tritt ein deutlicher buccaler oberer Fortsatz auf. Hinter M, folgt die verlängerte Zahn- leiste verdickt und nimmt weiterhin den breiten, kappenförmigen Keim des 3. Molaren auf, der stellenweise zweimal eingestülpt ist. Fig. 12 zeigt das vordere Ende dieser Anlage, wo sie mit der verlängerten Zahn- leiste in Verbindung tritt. Der linguale Spalt macht den Eindruck eines Freiwerdens des Zahnleisten- fortsatzes. In der That aber ist es eine vollständige Verwachsung des verlängerten Zahn- leistenendes mit der Anlage von M,, also eine Verwachsung zweier, der zweiten und ersten Dentition zugehörigen Zahnleistentheile. M, zeigt sich zuerst als kolbenförmiger Zahnkeim oberhalb des hinteren Endes von M,. Seine An- lage entwickelt sich ebenfalls langsam. Auf dem letzten Stadium (XII) ist sie kappenförmig und im Be- reiche von M, befindlich. Die Entstehung der Molaren des Unterkiefers von Perameles lässt diese Zähne der ersten Dentition zugehörig erachten. Zugleich aber sind Theile prälactealer und zweiter Dentition in die Anlagen aufgenommen. Zwischen den vorderen Zacken von M, befindet sich beim Stadium IX und X (11,0 und 12,6 cm Gesammtlänge) ein Epithelzellenhäufchen, welches im Anfang seines Erscheinens mit dem Zahnsäckchen der Anlage in engster Verbindung steht. Die Zellen sind runde Epithelzellen und abgestossene Theile der Schmelzzellenschicht der Zahnanlage, welche von Bindegewebszellen eingeschlossen werden. Ein grösseres Gebilde liegt bei XI zwischen den vorderen Zacken von M,. Es steht durchgängig mit dem Schmelzepithel und dem Zahnsäckchen von M, in Verbindung. Hier haben die epithelialen Zellen ein plattenförmiges Aussehen erlangt, wie sie es in der oberflächlichen Schicht der Mundschleimhaut zeigen. Es ist un- wahrscheinlich, dass diese Epithelzellenhaufen verkalken. Bei grösserer Ausdehnung zerstören sie jedoch als cystenartige Säcke das Zahnsäckchen sowie die Schmelzzellenschicht und üben so auf die Schmelz- absonderung einen ungünstigen Einfluss aus. Das Stadium XI (14,2 cm Gesammtlänge) zeigt trotz der weiten Entwickelung der einzelnen Zähne, die fast sämmtlich verkalkt sind und die Mundschleimhaut bald durchbrechen, noch zahlreiche Zahnleisten- 258 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier, 70 reste, von denen viele den lingualen Fortsatz der einzelnen Anlagen in vollkommen reducirter Form vor- stellen. Mitunter ist eine knopfartige Verdickung des freien Endes zu erkennen. Auch der Ersatzkeim von Id, ist zerfallen, seine Reste treten aber auf. Labial des verkalkten Id, liegt auf diesem Stadium ein kleiner verkalkter Zahn, von runden Epithel- zellen umgeben. Er liegt zwischen Id, und Id, und ist ein entwickelter kleiner, stiftförmiger Zahn. Da bisher nur ein rudimentärer Id zwischen Id, und Id, gefunden wurde, macht diese Lage des rudimentären Schneidezahnes eine besondere Ausnahme. Entweder ist bei dem Vertreter dieser Species der 3. Incisivus rudimentär geworden, während der 2. sich entwickelte, oder wir haben es hier mit einem weiteren verloren gegangenen Id zu thun. Die letztere Annahme ist insofern unsicher, als wir bereits die Anlagen von 5 Schneidezähnen für den Unterkiefer nachweisen konnten und die Anzahl von 6 Schneidezähnen im Allge- meinen nicht anzunehmen ist. Da ich beim Stadium VII einen gut entwickelten, für gewöhnlich fehlenden 2. Id gefunden habe, ist es weniger unwahrscheinlich zu glauben, dass sich beim Stadium XI in einem Falle der 2. Id kräftiger als der 3. Id entfaltet und diesen verdrängt hat, anstatt umgekehrt, wie es sonst der Fall ist. Für prälacteal halte ich den rudimentären Zahn nicht, dagegen spricht seine Lage und seine kräftige Entwickelung. Ausserdem müssten auf jüngeren Stadien mindestens Reste prälactealer Dentition labial von Id, vorhanden sein. Das ist aber nicht der Fall. Perameles, Vberkiefer. Stadium II—XII (3,0—16,0 cm Gesammtlänge). Die Entwickelung der einzelnen Zahnanlagen geht mit den correspondirenden Anlagen des Unterkiefers gleichen Schritt. Es legen sich frühzeitig gleich- falls alle Keime bis auf M* an und erleiden eine verschieden starke Entfaltung. Auf den 3 jüngeren, ziem- lich gleich grossen Stadien II-IV (3—3,5 cm Gesammtlänge) sind Prd* und M! am weitesten entwickelt. Alle übrigen Zahnkeime zeigen sich bis auf Id® stark kolbenförmig verdickt, die Anlagen von Cd, Prd® und M: sind ein wenig eingestülpt. Id! hängt an einer längeren Zahnleiste, ebenso ist bei Cd ein besonderer Zahnleistenhals vorhanden. Die anderen Antemolaren liegen jedoch dem Mundhöhlenepithel ganz nahe. Id> besitzt den schwächsten Zahnkeim. Er entwickelt sich langsamer als die übrigen Schneide- zähne. Sein Keim zeigt auf mehreren Stadien einen zapfenförmigen labialen Fortsatz, welcher vom unteren Theil der Anlage nahe dem Epithel der Mundhöhle ausgeht. Die Zahnkeime von Prd! und Prd® sind klein. Ein Zahnkeim von Prd? ist auf diesen jungen Stadien nicht zu finden. Er tritt aber bei den älteren als deutlich kolbenförmig verdicktes Zahnleistenende auf. Stärker noch als im Unterkiefer ist im Oberkiefer der linguale Fortsatz von Prd* verdickt; die Anlage von Prd* selbst ist grösser und besser entwickelt (Fig. 13). Zwischen Prd® und Prdt ist der Zahnkeim eines überzähligen Prd® nicht zu finden. Die Anlage von M! ist schon auf den jungen Stadien fast glockenförmig und besitzt eine stark gefärbte linguale Wand. Gegen Ende von M! löst sich diese Wand von der Anlage theilweise ab und erweckt so den Eindruck eines verdickten, mit der Zahnanlage verwachsenen lingualen Fortsatzes (Fig. 14). M? besitzt unterhalb seines Zahnkeimes mehrere buccale Fortsätze, welche vom Zahnleistenhals und dem unteren Theile des Keimes ausgehen, und von denen der unterste am stärksten ist. Die beiden mittleren sind kürzer; sie machen den Eindruck einer buccalen Einstülpung des Zahnkeimes (Fig. 15). Diese Theile gehören aber prälactealen oder älteren Zahnreihen als der ersten Dentition zu und verwachsen hier theilweise mit dem Zahn- keim von M?, Auch aus Fig. 14, welche den distalen Theil von M? vorstellt, geht deutlich hervor, dass der linguale Fortsatz, welcher der Ersatzdentition gleichkommt, in die Anlage des Molaren einbezogen ist und deren ganze linguale Wand bildet. Beim Stadium V von 3,9 cm Gesammtlänge, auf welchem die meisten Antemolaranlagen und M®? das 7I Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 259 kappenförmige Stadium erreicht haben, zeigt sich auch labial von Id: ein kleiner zapfenartiger Ausläufer (Fig. 16). Id? ist ein dicker, kolbenförmiger Zahnkeim. Der Zahnkeim von Prd? tritt bereits deutlich auf. Prd‘ und M! besitzen eine geringe Menge von Kalk. Der Zahnleistenfortsatz lingual von Prd ist kräftig verdickt, der von M' aber kurz und schwach verdickt. Gegen Ende von M!, wo die Verbindung zwischen Anlage und Zahnleiste schwächer und unterbrochen wird, schwillt das freie Ende der Zahnleiste stark an und bildet gleich wie im Unterkiefer nach M! einen selbständigen Zahnkeim. Letzterer leitet zur nächsten Anlage von M: über, mit dessen Erscheinen er verschwindet. Dieses zwischen M! und M? gelegene verdickte Zahn- leistenende ist mit dem lingualen Zahnleistenfortsatz von M' nicht identisch und gehört auch nicht zu M?, da dessen Anlage erst die Kappenform erreicht hat. Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass der auch sonst (siehe Unterkiefer) auftauchende Keim der Rest einer überzähligen Zahnanlage in der Backzahnreihe ist. Auf M?® folgt der verdickte Zahnkeim von M?°. Die lingualen Zahnleistenfortsätze zeigen sich zuerst beim nächsten Stadium VI (5,0 cm Gesammt- länge) an den 4 vorderen Schneidezähnen. Sie sind kolbenförmig verdickt und hängen mit ihrer labial gelegenen glockenförmigen Anlage eng zusammen. Fig. 17 zeigt den lingualen Fortsatz von Id‘. Die ver- dickten Ersatzzahnkeime sind gut entwickelt. Aehnliche Fortsätze liegen lingual von Id!, Id? und Id3. Id5 hat eben die beginnende Kappenform erreicht. Labial seines kurzen und schmalen Zahnleistenhalses liegt eine kleine Epithelknospe. Auch die Anlagen von Cd, Prd! und Prd® sind glockenförmig, sie besitzen aber keinen lingualen Fortsatz. Die linguale Seite ihrer Anlagen dagegen ist stärker verdickt als die labiale. Prd! zeigt lingual 3 kleine Ausbuchtungen. Die Anlage von Prd?® ist grösser als die von Prd' und an ihrer Spitze bereits schwach verkalkt. Zwischen Prd! und Prd’ liegt der Zahnkeim von Prd?. Prd‘ hat eine starke Schmelz-Dentinkappe. Sein lingualer Zahnleistenfortsatz hat sich ganz von der Anlage getrennt und ist den jüngeren Stadien gegenüber länger und schmäler geworden. Er verhält sich hier ebenso wie im Unterkiefer. Auch M! ist an seinen Zacken verkalkt, sein lingualer Zahnleistenfortsatz reducirt. Die Anlage von M? ist glockenförmig und besitzt einen lingualen, anfangs kurzen, reducirten Fort- satz, der nachher etwas an Länge zunimmt. Auf M? folgt der Zahnkeim von M®. Er erscheint zuerst als kolbenförmig verdicktes Zahnleistenende, unter dem ein langer buccaler Ast von dem Zahnleistenhals aus abgeht. Dieser Ast, welcher ein Rest prälactealer Dentition ist, verdickt sich allmählich und gelangt mit dem lingualen Zahnkeim, der selbst buccal vielfache, kleine Ausläufer und Knospen besitzt, in engere Be- rührung (Fig. 18a). Indem beide Theile sich immer mehr einander nähern (Fig. 18b), kommt es zur Verwachsung, und es entsteht als Product dieser Verwachsung ein breiter verdickter Zahnkeim. Ganz in ähnlicher Weise geht die Entstehung von M® durch Verwachsen des lactealen Zahnkeimes mit prä- lactealen Resten auch bei den nächsten Stadien von 6,5 cm und 7,0 cm Gesammtlänge vor sich. Alle übrigen Zahnanlagen sind bei diesen letzten beiden Stadien VII und VIII bereits verkalkt, am schwächsten M? und Id’. Lingual der Prämolaren ı und 3 sowie des Caninus treten reducirte Zahn- leistenfortsätze in Verbindung mit den Anlagen auf. Mit Ausnahme des Ersatzzahnkeimes von Prd* sind bereits alle lingualen Zahnleistenfortsätze sammt der Zahnleiste, die auf dem vorigen Stadium besonders kräftig neben den vorderen Schneidezähnen auftraten, reducirt und in kleine Stücke zerfallen. Diese Reste von Zahnleiste und Fortsatz finden sich bis in das X. Stadium vor. Sie erscheinen meist in ganz zerfallener und nur manchmal in etwas deutlicher Form. Von den Ineisivi entwickelt sich Id? am stärksten. Id® bleibt in seiner Entfaltung zurück. Beim Stadium VIII von 7,0 cm Gesammtlänge tritt seine Anlage noch mit einer stark verdickten Zahnleiste in Verbindung, die anfangs als scheinbar kolbenförmiger Zahnkeim unter 260 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 72 dem vorderen Ende von Id® gelegen ist. Der obere Zipfel dieses Keimes verbindet sich mit der Anlage von Id’, während der untere zu einem reducirten Fortsatz auswächst. Das Ganze ist eine Verbreiterung des Zahnleistenhalses mit eintretender Reduction des Zahnleistenfortsatzes. Im Bereiche der Molaren M'! und M? ist die Zahnleiste durchgängig vorhanden. Der linguale Fort- satz ist bisweilen neben M? leicht angeschwollen. Auf dem Stadium IX von II,o cm Gesammtlänge bilden sich bei Id!, Id, Prd* und M! bereits die ersten Anfänge von Wurzeln. Die Anlage von M? ist leicht eingestülpt. Labial geht ein starker Epithelast von der Zahnleiste ab. Beim nächsten Stadium ist M® vollkommen kappenförmig entwickelt. Schon im Bereiche von M? erscheint die Zahnleiste deutlich. Sie führt zur Anlage von M® über. Lingual des Zahn- keimes von M® tritt ein Vorsprung der lingualen Wand besonders ins Auge. Es stellt nicht den eigentlichen Beginn der Abschnürung des freien Zahnleistenendes von der Anlage vor, sondern bezeichnet den Vorgang der Verwachsung des lingualen Zahnleistenfortsatzes mit der labialen Anlage. Auf M? folgt ein verdicktes Zahnleistenende mit starkem buccalen Epithelstrang (Fig. Iga). Ueber diesem beginnenden Zahnkeim von M® liegt der Rest von M®. Der linguale Zahnkeim verwächst ähnlich wie bei der Anlage von M® mit dem buccalen Epithelstrang zu einer einheitlichen Anlage von M* (Fig. Igb, c). Wir haben bei M‘ mehr noch als bei der Entstehung von M° das Product zweier Epi- thelleisten vor uns, von denen die linguale der ersten, die labiale einer früheren, prä- lactealen Dentition zugehört. Im Allgemeinen können wir also für die Anlage der Molaren bei Perameles behaupten, dass sie hauptsächlich der ersten Dentition zugehören, aber Theile prälac- tealer, sowie zweiter Dentition in ihren Zahnkeimen besitzen. Diese Theile bilden die linguale und labiale Wand der Anlagen und geben zur Bildung von Nebenzacken Veranlassung. Perameles obesula. Zusammenstellung. Die Entwickelung des Gebisses von Perameles zeigt bei weitem nicht so grosse Veränderungen, wie wir sie später bei Vertretern anderer Species der Beutelthiergruppen finden werden. Sie geht verhältnissmässig einfach vor sich. Die allen Beutelthieren gemeinsame frühzeitige An- lage der 2 vorderen Molaren findet sich auch bei Perameles und wird insofern noch erweitert, als sich die beiden letzten Molaren gleichfalls sehr zeitig entwickeln. Von vornherein functioniren mindestens 3 Molaren mit den übrigen Antemolaren auf jeder Kieferhälfte. Die Entwickelung dieser Zähne ist eine unter sich zeitig ungleichmässige. Prd 4 entsteht als I. Zahnkeim und erreicht bald ein glockenförmiges Stadium, auf dem der linguale Zahnleistenfortsatz als verdickter Kolben sich von der ganzen Anlage abgeschnürt hat. In dieser Beziehung ist also der erste Theil der Entwickelung von Prd 4 eine schnellere, als die aller übrigen Zahnkeime. Dann tritt aber eine Verzögerung ein, so dass Prd 4 schliesslich zugleich mit den meisten übrigen Zähnen durchbricht. Die Schneidezähne ausser Id’ brechen vor den beiden Prämolaren Prd ı und Prd 3, zugleich mit Prd 4 undM I durch, Prd ı und Prd 3 folgen mit Cd und M 2, nach diesen erscheinen Id>, M3 und M4. Der spätere Durchbruch von Id? im Oberkiefer hat Röse veranlasst, diesen Zahn der zweiten Dentition zuzurechnen (39). Die Entwickelungsgeschichte spricht gegen diese Ansicht. Id? gehört ebenso wie alle übrigen Antemolaren der ersten Dentition an, er entwickelt sich aber langsamer. Wir haben also für Perameles obesula die Zahnformel anzunehmen, welche THomAs bereits angiebt. Sie lautet für das vollständige Milchgebiss: 1a E23:4 5: ca I! pırd 93:4 yvi23: A 1. 0. 3. 4. © I 1. ©. 3.4 2 WR während das Ersatz-Gebiss nur die eine Aenderung in Form des Ersatzprämolaren 4 erfährt. Es legen sich ontogenetisch auch die ausgefallenen Zähne an, die soeben mit o bezeichnet wurden. Ebenso zeigen sich Reste von überzähligen Zahnkeimen im Gebiete der vorderen Backzähne. 73 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 261 LECHE vergleicht den Entwickelungsvorgang der Zähne von Perameles mit dem von Didelphys (26). Bei seinem Stadium von Perameles nasuta (Gesammtlänge, Schnauzenspitze-Cloake, 70 mm), welches ungefähr meinem 8. Stadium entsprechen würde, mögen die Verhältnisse bei Perameles und Didelphys von gleicher Grösse einander gleich sein. Auf den jüngeren Stadien jedoch, wo eine Verkalkung der Anlagen noch nicht vorliegt, ist eine Vergleichung zu beschränken. Vor allem verhält sich das Entwickelungstempo von Prd 4 (bei LECHE Pd 3) in der Zahnreihe von Didelphys aurita und Azarae anders als bei Perameles obesula. Wie dort die Anlage von Pd 3 eher weniger weit als Pd 2 und Cd entwickelt ist, so ist bei Perameles Pd 3 (Prd 4) von allen Zahnkeimen am meisten in der Entwickelung vorgeschritten. Auch findet sich die Zahn- leiste mit ihrem Fortsatz bei Perameles nicht lingual vor den betreffenden Milchzähnen, sondern mit Aus- nahme von Id! im Ober- wie Unterkerkiefer lingual der Mitte. Schliesslich herrscht auch im Auftreten dieser lingualen Zahnkeime ein bedeutender Unterschied. Bei Didelphys treten diese bei entsprechender Entwickelungsstufe der Milchzähne überall gleichzeitig auf. Bei Perameles hingegen tritt der linguale Fort- satz überhaupt später als gewöhnlich neben den Antemolaren ausser Prd 4 auf, und zwar neben den beiden vorderen Prämolaren und dem Eckzahne noch später als neben den Schneidezähnen. Neben den vorderen 4 Id des Oberkiefers und dem I. Id des Unterkiefers ist er eine Zeit lang stark kolbenförmig ver- dickt und hängt mit dem Mundhöhlenepithel zusammen. Neben dem Eckzahn, dem unteren Id, und Id,, dem oberen Id? und den Prämolaren I und 3 jedoch ist der Ersatzkeim von vornherein reducirt. Mehr Aehnlichkeit hat Didelphys in der Entwickelung seiner Zahnanlagen mit Dasyurus, bei dem vor allem der Caninus am frühesten verkalkt und die Ersatzkeime im Oberkiefer und theilweise im Unterkiefer sich lingual vor den einzelnen Zahnanlagen befinden. „Die Permanenz der Schmelzkeime‘“ ist bei Perameles nur in reducirter Form bemerkenswerth. Gleichwohl ist es auffällig, dass sich die Reste der Zahnleiste und des lingualen Fortsatzes so lange Zeit erhalten. Von allen Ersatzkeimen ist ausser dem von Prd 4 der von Id, im Unterkiefer am meisten lebens- fähig. Diesen Vortheil erringt ihm die günstige Lage und die Verbindung mit dem Mundhöhlenepithel. Ich bin überzeugt, dass sich dieser Keim entwickeln könnte, wenn ihm auch auf älteren Stadien diese Be- dingungen zur Seite ständen. Die starke Entwickelung der Incisivi beansprucht aber jeden Platz für sich und macht einen Ersatz überflüssig. Die Prämolaren des Oberkiefers entwickeln sich schneller und kräftiger als die des Unterkiefers. Der Zahnkeim eines überzähligen Prämolaren (Prd o) fehlt im Oberkiefer; der von Prd 2 findet sich oben wie unten auf mehreren Stadien. Auch erscheinen in der Reihe der Schneidezähne des Unterkiefers Reste früherer Incisivi. Der reducirte Id, tritt sehr häufig auf. Die Aehnlichkeit seiner Anlage mit denen prä- lactealer Dentition habe ich bereits hervorgehoben. Ich mache hierbei auf die Worte Woopwarn’s auf- merksam, der bei Beurtheilung des rudimentären Prd 4 von Dasyurus sagt, die Aehnlichkeit zwischen dpm 4 und den Resten der prälactealen Dentition ist in beiden Fällen nur eine Folge ihres Verschwindens und giebt keine Veranlassung, beide Reste einer Dentition zuzurechnen (65). Ebenso ist auch hier die Aehn- lichkeit zwischen Id, und Resten der prälactealen Dentition nur eine Folge der eingetretenen Reduction. Die von mir mit Id, bezeichnete Zahnanlage wird in der Untersuchung über das Gebiss von Perameles durch Wırson und Hırr als der Rest der lactealen Anlage von Id, aufgefasst (di,). Es ist hierbei hervorzuheben, dass die persistirende Zahnreihe der Beutelthiere nach Ansicht dieser Autoren der per- manenten oder zweiten Dentition der übrigen Säugethiere, der Placentalier, homolog ist. Von diesem Ge- sichtspunkte aus werden alle labial der Zahnanlagen befindlichen Zahnkeime oder deren Reste für Ueber- Jenaische Denkschriften. VI. 10 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 34 262 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 74 bleibsel der lactealen oder ersten Dentition gehalten. Im vorliegenden Falle kann ich zwischen der labial von Id, gelegenen Zahnanlage und der Anlage von Id, selbst keinen Zusammenhang finden, wie WILsoN und Hırr ihn feststellen (siehe 58, Fig. 33, 56, 66), sondern halte diese Anlage gemäss den bereits oben angeführten Gründen für den Rest von Id,. Besonders findet sich eine meiner Ansicht nach durchaus falsche Deutung durch Wırson und HırL in Bezug auf die Anlage von di, des Stadiums II (17 mm Länge vom Scheitel bis zum Ansatz des Schwanzes), Fig. 12. Der labiale, bereits differenzirte Zahnkeim (the labially cupped enamel-organ) soll die Anlage des 1. Milchineisivus sein, die aber zu Grunde geht, während die linguale Verbreiterung der Zahnleiste der Gegend des I. persistirenden Incisivus entspricht. Aus di, (Fig. 12) soll sich der auch auf älteren Stadien angeblich vorkommende verkalkte di, (Fig. 33, 56) entwickeln. So wie die Verhältnisse sich zeigen, bildet das Schmelzorgan in Fig. 12 eine einheitliche Zahnanlage, aus der sich gemäss meinen Befunden nur der per- sistirende I. Incisivus (Id,) später entwickelt und nicht der zu Grunde gehende Schneidezahn einer älteren Dentition. Die auf Fig. 33, 56 vorhandenen rudimentären di,, di, haben mit der Anlage von i, nichts zu thun, sie sind nicht deren Vorgänger, sondern die Ueberreste des 2. Incisivus (Id,) der Zahnreihe von Perameles. Diese Zahnanlagen sind nicht prälacteale Gebilde oder die Milchvorgänger des I. Schneidezahnes, eben- sowenig, wie sie immer vorhanden sind oder ihre Lage stets die gleiche ist. Wie nun Fig. ı2 eine einheitliche Anlage vorstellt, erscheint Fig. 13 aus zwei verschiedenen Dentitionen angehörenden Zahnkeimen zusammen- gesetzt. Was in Fig. I2 zu vermissen ist, zeigt sich bei Fig. 13 ganz deutlich: nämlich die Grenze zwischen labialem und lingualem Zahnkeime. Hier ist das labiale Schmelzorgan in der That der Rest einer älteren Dentition, entweder prälactealen oder lactealen, je nachdem die persistirende Zahnreihe der Marsupialier zur ersten oder zweiten Dentition gerechnet wird, und eng mit dem Zahnkeime seines Nachfolgers verwachsen. Id, des Unterkiefers zeigt sich als deutlicher kolbenförmiger Zahnkeim im Verlaufe mehrerer Stadien. Reste eines prälactealen Zahnkeimes oder Ausläufer der Zahnleiste habe ich ausser bei Molaren labial des unteren und oberen Caninus und des oberen 4. und 5. Incisivus gefunden. Der prälacteale Zahn- keim labial von Cd im Unterkiefer ist kappenförmig. Wırson und Hırr haben ausserdem noch ähnliche Reste labial von Id? (di?) und Id, (di,) gefunden, deuten sie aber entsprechend ihren allgemeinen Ansichten über das Zahnsystem der Beutelthiere als Reste der lactealen Dentition (58). Phaseologale penieillata Tnos. Von Perameliden standen mir keine weiteren Arten zur Verfügung. Im Allgemeinen scheinen auch die Unterschiede in ..den Entwickelungsvorgängen bei den Unterarten dieser Species gering zu sein. Die Serie der Didelphyiden, welche Prof. KükENTHAL bereits untersucht hat (14), habe auch ich durchgesehen und besonders zum Vergleich mit der Zahnentwickelung der übrigen Polyprotodontier herangezogen. Im Uebrigen lagen mir von dieser Beutelthierfamilie zwei Species der Dasyuriden zur Untersuchung vor: Phascologale penicillata THos und Dasyurus geoffroyi GouLD. Von ersterer Gattung erhielt ich nur ein junges Embryonalstadium von I2 mm Gesammtlänge (über Kopf, Rücken gemessen) und 4 mm Kopflänge (über Stirn und Hinterhaupt gemessen). Phascologale hat in seinem Gebiss viele Aehnlichkeit mit Dasyurus. Alle Zähne sind nur schmäler und spitzer. Im Gegensatz zu Dasyurus besitzt aber Phascologale den 4. Milch- und Ersatzprämolaren. Beide Zähne sind noch verhältnissmässig, dauerhaft, denn nach Angabe von ÖLDFIELD THomas (5I und 53) persistirt der Milchprämolar 4 ziemlich lange. „Die Grösse des Ersatzzahnes pr 4 varürt, er gleicht in der Form p I und p 3.“ Der zweite Prämolar ist ebenso wie bei Dasyurus im Gebiss von Phascologale verschwunden. Sonst ist im Gebiss der zur Species Phascologale gerechneten Mitglieder die Anwesenheit des 4. Prämolaren als Ersatz und Milchzahn sehr verschieden. Von Phascologale apicalis, Ph. swainsoni, Ph. thorbeckiana, Ph. wallacei und anderen ist die Anwesenheit eines Milchprämolaren noch nicht nach- 75 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 263 gewiesen. Der sog. Ersatzprämolar 4 erscheint aber häufig später als seine Nachbarn. Man kann somit annehmen, dass sich ähnlich wie bei Phascolaretus Reste eines Vorgängers dieses Pr 4 auf Schnittserien nach- weisen lassen. DerErsatzprämolar 4 ist jedoch bei den verschiedenen Arten auch verschieden stark entwickelt. Bei Ph. apicalis, Ph. swainsoni, Ph. thorbeckiana ist er kleiner als Prd ı und 3 und einwurzelig, bei Ph. wallacei gut entwickelt und zweiwurzlig. Bei Ph. thorbeckiana fehlt der Ersatzprämolar gewöhnlich, so dass dieses Mit- glied den besten Uebergang zu Dasyurus abzugeben scheint. „Bei Ph. doriae erscheint der Milchprämolar p 4 ganz reducirt, während der Ersatzzahn von p 4 sich kräftiger als p 3 entwickelte.“ Von den übrigen Formen besitzen Ph. minima und Ph. minutissima einen verhältnissmässig gut entfalteten Milchprämolaren 4, während der Ersatzzahn schmal und kleiner als p ı ist. Bei Ph. flaviceps (Antechinus) hat WooDwARD einen Vor- gänger des Pr 4 beschrieben. Ausserdem hat Woopwarn neben den Schneidezähnen und Eckzähnen prä- lacteale, zum Theil verkalkte und unverkalkte Zahnanlagen nachgewiesen (65). Auch soll nach ihm Id 3 im Ober- wie Unterkiefer, sowie Id, im Unterkiefer fehlen, und es scheinen labial von Id! und Id? des Ober- kiefers zwei ältere Dentitionen zu bestehen. In einem Falle hat O. Tmomas bei Phascologale dorsalis im Oberkiefer 4 Prämolaren nachgewiesen. Pr? ist atavistisch wieder aufgetreten (ST). Die Untersuchung der Schnittserien des einen Embryonalstadiums (12 mm) von Phascologale ergab folgendes Resultat. Alle Zahnanlagen, die sich überhaupt entwickelt hatten, waren bis auf die des letzten oberen Prämolaren kolbenförmig verdickt und ausserordentlich klein. Im Oberkiefer habe ich im Ganzen 6, im Unterkiefer 5 Zahnkeime gefunden. Von diesen sind die ersten 5, bezw. im Unterkiefer 4 Zahnkeime die ersten Anlagen der Schneidezähne und des Eckzahnes. In der Gegend der vorderen 3 Prämolaren habe ich keinen ausgesprochenen Zahnkeim weder im Ober- noch im Unterkiefer gesehen. Im Oberkiefer ging die Zahnleiste ohne Unterbrechung vom 5. Zahnkeim bis zur Anlage des letzten (4.) Prämolaren durch den Kiefer durch, während sie am Unterkiefer zwischen dem 4. Zahnkeim und letzten (4.) Prämolaren eine Zeit lang ganz unterbrochen ist. Trotzdem der 4. obere Prämolar das glockenförmige Stadium noch nicht erreicht hat, beginnt sich die Zahnleiste an seiner lingualen Seite bereits fortzusetzen und als freies Ende über die Anlage hinaus zu wachsen. Im Unterkiefer ist Prd, noch kappenförmig'!). Labiale prälacteale Zahnkeime habe ich im Unterkiefer nicht gefunden. Im Oberkiefer dagegen treten labial des 2. und 3. Schneidezahnes prälacteale Zahnkeime auf (Fig. 20—22). Neben Id? ist dieser Keim eingestülpt und mit der labialen Wand von Id? verwachsen (Fig. 20, 21). Bei Id’ stellt der labiale prälacteale Zahnkeim eine einfache Epithelverdickung vor, welche labial mit dem Zahnkeim von Id® im engen Zusammenhang steht. Diese Verwachsungen von lactealen und prälactealen Zahnkeimen habe ich bereits in ähnlicher Form bei Perameles beschrieben und auch bei anderen Species, vor allem bei Dasyurus und Phascolarctus in wiederkehrender Weise beobachtet. Im Uebrigen bietet das embryonale Stadium von Phascologale keine Eigenthümlichkeiten. Bedeutend interessanter sind die Befunde bei der folgenden Species: Dasyurus geoffroyi GOULD. Dasyurus geofroyi GoULD. Von dieser Species lagen mir 3 verschieden grosse Beuteljunge zur Beobachtung vor. Die beiden jüngeren Stadien von 4,4 bezw. 4,7 cm Gesammtlänge waren nackt, durch den Saugmund und geschlossene 1) Wie Fig. 20—22 zeigen, liegen die prälactealen Zahnkeime neben kolbenförmig verdickten Zahnkeimen erster Dentition. Nach Wırsox und Hırr gehören diese prälactealen Reste ebenso wie die Anlage des Prd, zur lactealen Dentition. Diese Annahme wird hier gerade durch die Fig. 20—22 widerlegt, denn es ist unmöglich, zwischen diesen echten prälactealen Zahnkeimen und der normalen Anlage des Milchprämolaren Pıd, auch nur die geringste Uebereinstimmung zu finden. 10 * 34* 264 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 76 Augenlider ausgezeichnet. Das älteste Stadium war mit feinen kurzen Haaren und längeren Schnurrbart- borsten versehen. Die Augen waren geschlossen. Die Grösse des Kopfes dieses Stadiums betrug 2,3 cm, seitlich von der Schnauzenspitze bis zum Hinterhaupt gemessen. Von den ersten beiden Stadien wurden die ganzen Köpfe, vom dritten nur eine Unter- und Ober- kieferhälfte in einzelne Schnittserien zerlegt. Die nähere Beschreibung des äusseren Gebisses findet sich in den Odontographien von OwEn und GIEBEL, sowie im Catalogue of Marsupialia von THOMAS (53, p. 253). Das Gebiss ist in seinem Charakter insectivorenähnlich, wenngleich die scharfen Zacken nur kurze Zeit nach dem Durchbruch der Zähne be- stehen bleiben. Besonders die Molaren des Unterkiefers gleichen mit ihren vielen (4—5) Zacken denen von Erinaceus (Tafel II Fig. 5, 6b). Der obere vorderste Schneidezahn steht schräg nach vorn und von seinem Nachbar getrennt im Kiefer. Die 3 folgenden Ineisivi liegen dicht neben einander, zwischen Id‘ und Cd besteht ein grösserer Zwischenraum. Die Prämolaren stehen im Ober- wie im Unterkiefer geräumig, ihre zwei Wurzeln tragen eine einfache mittlere Zacke. Der Eckzahn ist kräftig entwickelt. Die Molaren sind vielzackig, aber im Ober- und Unterkiefer in ihrer Form sehr verschieden (Fig. 6a,b). Im Oberkiefer sind sie im Querschnitt dreieckig und liegen so im Kiefer, dass eine Seite nach innen, ein Winkel nach aussen schaut. M? ist der grösste und M* der kleinste Molar. M* ist ganz quergestellt und schmal. Im Unterkiefer ist M, der grösste und M, der kleinste Molar. Alle Molaren sind hier langgestreckt. M, besitzt kleine kurze Zacken, M,, M,, M, haben ausser ihren Zacken einen vorderen, lingualwärts abgehenden und M, noch einen distalen, labialwärts verlaufenden kleinen Talon. Die Gebissformel für Dasyurus lautet nach "THOMAS: ‚1234, N m EO30 „Lad ©, % © naHA 23 I Die Mitglieder dieser Familie unter den Marsupialiern sind einfache Thiere, die in keiner Weise be- sonders specialisirt sind. Sie bewahren manche Anzeichen der jüngst gefundenen fossilen Marsupialier. Die Zahl der Schneidezähne ist hauptsächlich im Oberkiefer eine zahlreichere als die der meisten lebenden Gattungen. Die Prämolaren sind auf zwei beschränkt. Der 4. Prämolar fehlt mit seinem Er- satzzahn. Infolgedessen ist bei Dasyurus kein Zahnwechsel beobachtet worden. Spuren finden sich nu bei Beuteljungen, sie sind vor kurzem von WOODWARD beschrieben worden (65). Auch die prälacteale Dentition tritt in verschiedenen Resten auf. Wie OLpr. THomas bereits in seiner Abhandlung „über die Zähne der Dasyuriden“ nachgewiesen hat, fehlen der 2. und 4. Prämolar oben wie unten. Ausserdem ist unten der 4. Incisivus ausgefallen, er ist ausnahmsweise bei dem zur Familie der Dasyuriden gehörigen Myrmecobius beobachtet worden. Die Dasyuriden sollen den Uebergang von den Metatherien zu den Eutherien durch die Creodontier ver- mittelt haben. Der Durchbruch aller Zähne erfolgt regelmässig, der 4. Molar tritt frühzeitig und z. B. viel eher auf als bei Phascolarctus. Ein junges Thier besitzt bereits alle Zähne. Entwickelungsgeschichtlich habe ich ähnliche Befunde zu verzeichnen, wie sie WOODWARD neuer- dings beschrieben hat. Vor allen Dingen sind die Reste des Prd 4 und seines Nachfolgers interessant. Ebenso auffällig erscheinen die prälactealen Zähne, deren Auftreten in der Reihe der Schneidezähne bei allen drei Stadien ziemlich constant ist. Meiner Ansicht nach geben diese Reste in Verein mit denen bei Phascolaretus und den übrigen Species ein ziemlich klares Bild der sog. prälactealen Dentition. Dasyurus geofjroyi, Unterkiefer. StadiumlI. Die einzelnen Zahnanlagen stehen bei diesem Stadium von 4,4 cm Gesammtlänge nicht alle auf gleicher Entwickelungsstufe. Es finden sich die Zahnkeime aller Zähne einschliesslich des 3. 77 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 265 Molaren. Die Anlagen von Id,, Id,, Prd,, Prd, sind rudimentär, sie treten mehr oder weniger deutlich auf. Der Eckzahn ist am weitesten entwickelt, seine Kronenspitze ist bereits verkalkt, während sämmtliche übrigen Zahnanlagen noch unverkalkt sind. Die nachweisbaren Reste von Prd4 und Pr4 im Öber- wie im Unterkiefer bestätigen die von Thomas bereits vor Jahren aufgestellte Ansicht, dass der 4. Prämolar mit seinem Ersatzzahn aus dem Gebiss von Dasyurus verschwunden ist. Die Reste des 2. Prämolaren, der nach ThHomas gleichfalls ausgefallen sein soll, habe ich nur im Oberkiefer deutlich gesehen. Im Unterkiefer finde ich in der Gegend dieses Zahnes nur die Zahnleiste, aber unverdickt und meist undeutlich. Dagegen habe ich vor der Anlage von Prd, und im Bereiche von Cd einen deutlichen kolbigen Zahnkeim beobachtet, der aller Wahrscheinlichkeit nach einem ausge- fallenen Prämolaren zukommt. Ich habe ihn mit Prd, bezeichnet. Im Oberkiefer ist dieser Keim nur in der einen Hälfte des Kiefers beim Stadium I vorhanden. WooDWARD beschreibt in seinem neuesten Bericht im Unterkiefer von Dasyurus „a long diastema in which the dental lamina becomes slightly swollen‘‘ — nach dem I. Prämolaren (65). Ich habe diesen langen Zwischenraum nicht gesehen. Ausserdem erwähnt der gleiche Autor im Ober- wie Unterkiefer einen reducirten Zahnkeim zwischen Id 2 und Id 4, den er mit| 3 bezeichnet, und der jedesmal ein prälacteales Zähnchen trägt. Nach seinen Worten befindet sich zwischen I, und der folgenden Anlage „a somewhat larger gap through which the dental lamina is continued‘“. Labial dieser Zahnleiste liegen prälacteale Zähnchen. Meiner Ueberzeugung nach ist diese zwischen Id, und Id, gelegene angeschwollene, aber nicht am Ende kolbenförmig verdickte Zahnleiste nichts weiter als der distale Rest von Id, oder der Uebergang zum Id,. Beide Zahnkeime folgen dicht auf einander. Lingual der ins glockenförmige Stadium eintretenden Anlage von Id, liegt an selbständiger Epithel- leiste der kleine Zahnkeim von Id,. Er ist unverkalkt. Labial von Id, sind verschiedene Reste der prä- lactealen Dentition zu beobachten, die in Form von kleinen verkalkten Zähnchen auftreten. Sie liegen an einer besonderen Epithelleiste, welche meist in die Zahnleistenfurche, selten neben dieser in die Mundhöhle einmündet. Im Ganzen zähle ich drei verschiedene, vonvornnach hinten zu auf einander folgende Zähnchen, die alle im Bereiche von Id, liegen. Das erste Zähnchen hängt mit dem oberen labialen Theil der Anlage von Id, zusammen. Nach ihm erscheint über diesem Theile eine selb- ständige, kurze Leiste, welche am freien Ende verdickt ist und neben der Zahnfurche in die Mundhöhle einmündet. Unter dieser Leiste liegt über dem Rande des Schmelzorganes ein labialer Fortsatz, der vom Zahnleistenhals abgeht. Er tritt mit der Anlage in Berührung. Alsdann nähert sich die selbständige, kurze labiale Epithelleiste der Zahnleistenfurche, bis sie in diese einmündet; an ihrem Ende treten nun noch zwei bis drei getrennte prälacteale Zähnchen auf (Fig. 23—25). Einmal liegen zwei prälactealeZähnchen unter einander (Fig. 24). Achnliches findet sich auf der anderen Kieferhälfte. Hier liegen schon labial des vorderen Theiles von Id, zwei Zähnchen an eigener Leiste unter einander, während kurz zuvor eine kleine verkalkte Perle in Verbindung mit Id, zu sehen war. Auf diese folgen weiter nach hinten noch zwei Zähnchen. Das letzte von diesen liegt labial des distalen Endes von Id,, wo die Anlage in ihren Resten als abgerissener Zahnleistenstrang erscheint. Letzterer führt zu Id, über und ist kein selbständiger Zahnkeim, wie WooDwARrD annimmt (65). Labial dieses Zwischenstranges, der keine besondere Zahnanlage vorstellt, mehr in der Nähe vom proximalen Ende von Id, sind drei kleine unter einander gelegene Zähnchen zu beobachten. Umgeben werden sie von einer ver- dickten Epithelleiste, welche aus der Zahnfurche abgeht (Fig. 26). Wir haben also labial von Id, nicht nur Reste von Zähnchen der gleichen Zahnreihe, die aufeinander folgen, sondern auch solche, welche untereinanderauftreten mitanderen Worten, welche verschiedenen Zahnreihen angehören. Alle diese Zähnchen sind Ueberreste kleiner reptilienähnlicher Zähne; sie gleichen mehr verbreiterten Kalk- scheiben als wirklichen Zähnchen. 266 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 78 Der Zahnkeim von Id, hängt an einer langen Zahnleiste. Er ist zweifach eingestülpt. In seinem weiteren Verlaufe zeigen sich mit Ausnahme seines vordersten Theiles labial keine prälactealen Zahnreste. Der Zahnkeim von Id, ist stark verdickt und liegt dem Mundhöhlenepithel nahe. Er ist weniger als Id, eingestülpt. Auf Id, folgt der reducirte Zahnkeim von Id,. Alsdann wird die Zahnleiste undeutlich. Kurz vor und mit dem Erscheinen von Cd verlängert sich die Zahnleiste, sie wird breiter und tritt mit der bereits glockenförmigen Anlage von Cd in Verbindung. Das freie Ende wächst über die Anlage als schwach verdickter lingualer Fortsatz weiter. Labial des vorderen Endes von Cd liegt seitlich oberhalb des Zahnleistenhalses ein unverkalter, eingestülpter prälactealer Zahnkeim (Fig. 27). Die Anlage des Eckzahnes ist im Gegensatz zu den übrigen gross und am weitesten entwickelt. Die Zahnleiste legt sich mit ihrem freien Ende im zweiten Theile der Anlage dicht an das Schmelzorgan an und verwächst mit den äusseren runden Schmelzzellen. Noch im Gebiete des Caninus liegt ein kleiner, kolbenförmig verdickter Zahn. Er ist voraussichtlich ein verloren gegangener Prämolar (Prd,). Die Anlage von Prd, dagegen ist glockenförmig, von mittlerer Grösse und ohne lingualen Zahn- leistenfortsatz. Sie liegt nicht im Bereiche von Cd. Auf Prd, folgt die Zahnleiste undeutlich und nur wenig. verdickt. Hieran schliesst sich die unentwickelte, breit-kolbenförmige Anlage von Prd,, welche schwach eingestülpt ist und nahe dem Mundhöhlenepithel liegt. Hinter dieser Anlage, welche sich späterhin kräftig entwickelt, treten die Reste des 4. Prämolaren mit lingualem verdickten freien Zahnleistenende auf. Der Zahnkeim von Prd, ist auf beiden Seiten des Kiefers verschieden weit entwickelt. Auf der einen Seite trägt er den Charakter eines kleinen verdickten Zahnkeimes mit geringer Einstülpung, auf der anderen den eines kleinen, glockenförmigen, unverkalkten Schmelzorganes ohne Entwickelung der Schmelzpulpa (Fig. 28). Die Reduction ist ziemlich vollständig durchgeführt. Der linguale Zahnleistenfortsatz ist verdickt. Der ı. Molar zeigt an der Spitze seiner glockenförmigen Anlage eine leichte Kalkablagerung. Der linguale Zahnleistenfortsatz ist schwach und zart und erscheint reducirt. Unter ihm liegt vorübergehend ein zweiter kleinerer Fortsatz (Fig. 29). Gegen Ende der Anlage tritt dann neben dem freien Ende der Zahnleiste ein weiterer Fortsatz, ebenfalls verdickt, auf (Fig. 30a, b). Er verbindet sich weiterhin ganz vorübergehend mit dem zu allererst auftretenden Zahnleistenfortsatz (ZIf ı Fig. 29) und erscheint als ein Theil dieses Fortsatzes, wie es aus Fig. 30b hervorgeht. Er zweigt sich anfänglich unterhalb des Fortsatzes von der Zahnleiste ab. Es sind demnach lingual der Anlage von M, drei verschiedene Zahnleistenfortsätze festzustellen, von denen einer (Z/f 1) ziemlich durchgängig, die beiden übrigen jedoch nur vorübergehend zu sehen sind und dementsprechend auch bedeutend schwächer erscheinen. Man geht wohl nicht falsch, wenn man Z/f ı als den eigentlichen, d. h. für gewöhnlich vorkommenden Zahnleistenfortsatz auffasst, der aber nur ein Stück des echten Zahnkeimes ist, während die beiden anderen als Rest des fehlenden Stückes zu betrachten sind, dessen Material sonst mit der Zahnanlage des Molaren verwächst, hier aber zum Theil wieder zum Vorschein kommt. Am distalen Ende von M, zwischen M, und M, löst sich die Zahnleiste gänzlich von der Anlage des 1. Molaren ab, tritt mit dem Mundhöhlenepithel in Verbindung und schwillt unter Verlängerung am freien Ende ziemlich stark an. Vom oberen Theile des Zahnleistenhalses zweigen sich kleine Ausläufer ab, unter anderen der Rest des Verbindungsstranges mit M,. Labial dieser am freien Ende kolbenförmig verdickten Zahnleiste tritt dann später der vordere Theil der glockenförmigen Anlage von M, auf. Das freie Ende der Zahnleiste geht im Verlaufe der Serie unter Verkürzung vollständig in die linguale Seite von M, über, so dass anfangs noch ein kleiner Fortsatz erscheint, nachher aber die linguale Seite der Anlage von M, vollständig glatt und ein wenig verdickt ist (siehe Textfiguren I—4). Ein linguales freies Ende der Zahnleiste tritt im weiteren Verlaufe von M, bei diesem Stadium nur in schwacher An- 79 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 267 deutung auf. Deutlicher aber erscheint lingual oberhalb des Zahnleistenhalses ein kolbenförmig verdickter Zahnkeim, der höher als die sonst auftretenden lingualen Fortsätze liegt und aus einer eigenen Einstülpung des Mundhöhlenepithels hervorgeht (Fig. 31a, b). M, liegt oberhalb des distalen Theiles von M, als kolbig verdicktes Zahnleistenende, | N AN / FIR Be ME F ) & EN, ran \da ua \ a | N oO > Ss Ay en fir )) NE W \ u ) \) \ (& % I ” 4 NHRZEE. N) | RE Ni >) I, Fig. I. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. I—4. Dasyurus. Stad. I. Unterkiefer. Das Verwachsen des lingualen freien Zahnleistenendes mit der Anlage von M,. Dasyurus, Unterkiefer. Stadium II. Da dieses Stadium (4,7 cm Gesammtlänge) nur um weniges älter als das erste ist, so gestalten sich die Verhältnisse in der Entwickelung der Unterkieferzähne ziemlich ebenso. Die einzelnen Zahnanlagen sind etwas gewachsen. Die labialen prälactealen Zähnchen treten neben Id, fast ebenso häufig auf wie beim ersten Stadium, nur die beim letzteren Stadium zwischen Id, und Id, liegenden 3 kleinen prä- -lactealen Zahnreste fehlen hier. Dafür ist ein prälacteales Zähnchen mehr in den Bereich von Id, gekommen und zeigt sich labial von dessen vorderem Theile. Labial von Id, liegt eine besondere Epithelleiste, welche mit der Zahnfurche zu einer verbreiterten Einmündung verschmilzt. Auch labial von Cd sind kleine unver- kalkte Reste von Zahnkeimen vorhanden. Der noch im Bereiche von Cd liegende Zahnkeim von Prd, hat einen labialen Ausläufer. Er gleicht dem reducirten Prämolaren-Keime bei Phascolarctus (Fig. 32). Sein Keim ist undeutlich. Prd, besitzt einen kleinen lingualen Fortsatz, daneben aber eine zwei und dreifach getheilte labiale Seite seines Schmelzorganes. Phascolarctus zeigt bei dem Prämolaren im Oberkiefer Aehnliches, und in ausgeprägter Form auch Manatus, wie KÜKENTHAL nachgewiesen hat (21). Diese Theilung tritt beiderseits an Prd, auf und ist mehr oder weniger tiefgreifend (Fig. 33a, b). Sie hat für die Entwickelung der Anlage nur die Bedeutung der Aus- bildung einer secundären Zacke. Zwischen Prd, und Prd, liegt wieder die undeutliche und unverdickte Zahnleiste, der Rest von Prd,. Prd, ist auch hier kolbenförmig: verdickt und ein wenig eingestülpt. Diese geringe Entwickelung ist auffallend. Prd, erscheint ganz reducirt, sowohl die unvollkommen glocken- förmige, sehr kleine Anlage der ersten Dentition, wie der linguale, selbständige freie Zahnleistenfortsatz sind zerfallen. Letzterer ist kurz und schwach verdickt. M, ist weniger als Cd verkalkt. Sein Zahnleistenfortsatz ist klein und reducirt. Gegen Ende von M, wird der Fortsatz länger und schwillt an seinem Ende kolbenförmig an. Seine grösste Ausdehnung besitzt er zwischen M, und M,. Labial von ihm erscheint unterhalb von M, der vordere Theil von M,. Aehnlich wie beim Stadium I wird der Zahnleistenfortsatz dann wieder kürzer und tritt mit M, in Ver- bindung. Er verwächst mit dem vorderen Theile dieser Anlage und hinterlässt nur eine Verdickung ihrer lingualen Seite. Oberhalb von M, zeigen sich erst später selbständige linguale verdickte Zahnleistenfortsätze, die aus eigenen Einstülpungen des Epithels der Mundhöhle durch nachherige Abschnürung hervorgehen: ebenfalls Erscheinungen, die auch im vorhergehenden Stadium zu beobachten waren. Daneben zeigen sich kleine labiale Ausläufer (Fig. 34a, b). Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 8o D [on [0°] Dasyurus, Unterkiefer. Stadium III (2,3 cm Kopflänge). Mit Ausnahme des letzten Molaren, der als kolbenförmig ver- dickter Zahnkeim noch im Bereiche von M, liegt, sind alle Anlagen verkalkt. Die Prämolaren haben voll- ständig verkalkte Kronenzacken. Die Anlagen von Id,, Id,, Prd, sind bedeutend gewachsen. Id, ist ein stark kolbenförmig verdickter Zahnkeim, der lingual des vorderen Theiles von Id, liegt. Der Zahnleistenfortsatz lingual von Id, ist angeschwollen, aber reducirt. Labial oberhalb der Anlage von Id, liegt, von der Zahnfurche ausgehend, an einer selbständigen Epithelleiste ein verkalktes prälac- teales Zähnchen!). Die Zahnleiste tritt über Id, constant auf. Sie ist ein langer, stark gefärbter Strang, der nahe dem Mundhöhlenepithel und mit diesem parallel liegt. Das freie Ende ist dann und wann ver- dickt. Ueber Id, erscheinen die verkalkten Anlagen von Id, und Id, gleichzeitig. Zu jedem Schmelzorgan tritt ein Theil der Zahnleiste. Der linguale Fortsatz der Zahnleiste ist bei beiden Anlagen reducirt. Id, ist zweizackig und breit, er ist etwas grösser als Id,. Der Eckzahn ist sehr gross. Schwache Zahnleistenreste mit lingualem Fortsatz liegen über seiner Anlage, zum Theil noch mit ihr in Verbindung. Der linguale Fortsatz ist vollständig reducirt. Kurz vor dem Erscheinen von Prd, zeigt sich ein verdickter Zahnkeim über Cd in der Nähe des Mundhöhlenepithels. Er ist voraussichtlich der Rest von Prd,. Alsdann tritt Prd, auf. Seine Anlage befindet sich fast ganz im Bereiche des Caninus, über diesem und ausserhalb der eigentlichen Alveole im obersten Theile des Unter- kiefers befindlich, eine Lage, die man sonst häufig bei ausfallenden Zähnen sieht. Prd, ist stark verkalkt und mittelgross, die Zahnleiste tritt mit ihrem zerfallenen lingualen Fortsatz nur periodisch über dieser Anlage auf. Erst gegen Ende von Prd,, zwischen dieser und der folgenden Anlage, erscheint sie mehr zusammen- hängend, ohne auffällig verdickt zu sein. Prd, ist grösser als Prd, und fast ebenso stark verkalkt. Beide Zähne sind einzackig und mit kleinen seitlichen Nebenzacken versehen. Oberhalb des distalen Endes von Prd, liegen nahe der Mund- höhle die Reste der Ersatzzahnanlage von Prd,. Sie sind unregelmässig kolbenförmig verdickt und befinden sich anfangs isolirt im Kiefer, später gelangt ihr unteres Ende in die Nähe des oberen Theiles des Schmelz- organs von Prd,. Die Reste liegen zum grössten Theil zwischen Prd, und M,, da letztere Anlage oberhalb des hinteren Endes von Prd, auftritt. Auch über M, zeigen sich Zahnleistenreste mit reducirtem Fortsatze. Die Anlage ist im vorderen Theile hoch und einzackig, im hinteren dagegen niedriger und zweizackig. Die Verkalkung ist fast ebenso weit vorgeschritten wie bei Cd. Zwischen M, und M, wird die Zahnleiste kräftiger, ihr freies Ende ist ver- dickt. M, ist etwas weniger als M, verkalkt. Der reducirte linguale Zahnleistenfortsatz steht mit der An- lage von M, in Verbindung. M, ist ähnlich wie M, mit mehreren Zacken versehen, aber schwach verkalkt. Die Zahnleiste steht hier mit dem Mundhöhlenepithel in Verbindung. Ihr freies Ende tritt lingual von M, theils verdickt, theils gespalten auf. M, liegt als verdickter Zahnkeim über der Anlage von M.. Dasyurus, Oberkiefer. Stadium I (4,4 cm Kopf-Rücken-Steisslänge). Alle Zähne, mit Ausnahme der beiden letzten Molaren, sind angelegt und haben meist das glockenförmige Stadium erreicht. Eine Ausnahme hiervon machen die reducirten Zahnkeime von Id5 und Prd?, sowie die Anlagen von Id!, Id®, Id‘. Es treten im Bereiche der Incisivi weniger verkalkte prälacteale Reste als im Unterkiefer auf. Bei diesem Stadium sind ı) Dieser Befund spricht durchaus gegen die Ansicht von Wırson und HILL, nach der solche labiale Epithelstränge die Lippenfurche vorstellen sollen (58). Sı Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 269 die Reste alle unverkalkt und zeigen sich entweder als kleine, verdickte selbständige Epithelleisten oder als Ausläufer aus der Zahnleistenfurche. Der Zahnkeim von Id! ist kolbenförmig verdickt und ein wenig eingestülpt. Es finden sich nur auf einer Seite des Kiefers labiale Epithelleisten, die mit diesem Zahnkeime verwachsen. Vor Id! liegt nicht wie im Unterkiefer die Anlage eines ausgefallenen Incisivus. Id? hat ein kleines, glockenförmiges Schmelzorgan ohne lingualen Zahnleistenfortsatz, aber mit verbreiterter lingualer Seite. Labial des distalen Theiles von Id? finden sich in der Nähe der Zahnleistenfurche kleine, knospen- artige Reste prälactealer Dentition. Zeitweilig besteht auch neben der Zahnleiste eine selbständige, labiale Epithelleiste. f Der Zahnkeim von Id? ist kappenförmig, er hängt an einem verlängerten Zahnleistenhalse. Labial liegt eine kleine, unverkalkte prälacteale Zahnanlage in Verbindung mit der Zahnleistenfurche (Fig. 35). Zwischen Id? und Id? habe ich Reste einer Schneidezahn-Anlage, wie WoopwarD sie beschreibt (65), nicht finden können. Die Zahnleiste ist nicht unterbrochen, am freien Ende unverdickt und leitet nur von einer zur anderen Anlage über. Sie verhält sich hier ebenso wie im Unterkiefer zwischen Id, und Id,, wo auch der Rest eines ausgefallenen Schneidezahnes an dieser Stelle fehlte. Der kolbenförmige Zahnkeim von Id* liegt noch zum Theil unterhalb von Id®. Er ist sehr klein und hängt an einer kurzen Zahnleiste. Labial finden sich ausser einem prälactealen Zahnkeime kleine Fortsätze, die vom Zahnkeime und dem Zahnleistenhalse ausgehen (Fig. 36). Es folgt ein kleiner, nahe dem Mundhöhlenepithel gelegener Zahnkeim von Id. Er ist hinfällig, tritt aber beim Stadium II ziemlich deutlich auf. Der Eckzahn ist grösser als der des Unterkiefers und etwas stärker verkalkt. Die Zahnleiste liegt anfangs langgestreckt lingual der Anlage von Cd und ist mit ihrem freien etwas verdicktem Ende über diese hinausgewachsen. Später verwächst sie auch hier aufs innigste mit den äusseren Schmelz- zellen des Schmelzorganes.. Der Zusammenhang mit dem Mundhöhlenepithel besteht durch die Zahn- leiste. Labial des Zahnleistenhalses liegt ein kleiner, verdickter Epithelkeim. Bei der bereits weit vorge- schrittenen Entwickelung der ganzen Anlage von Cd ist die enge Verbindung zwischen Zahnleiste und Schmelzorgan, sowie zwischen Anlage und Mundhöhlenepithel etwas Eigenthümliches. Das Gleiche fand sich im Unterkiefer. Noch im Gebiete von Cd (was im Unterkiefer nicht der Fall war) zeigt sich die glockenförmige Anlage von Prd!. Sie ist bedeutend kleiner als die des Caninus. Ihre Schmelzpulpa ist besonders über der Kronenspitze schwach entwickelt. Nur auf einer Seite des Oberkiefers besitzt das Schmelzorgan von Prd! einen kurzen, unverdickten lingualen Fortsatz. Vor Prd! liegt auf einer (der rechten) Kieferhälfte eine kurze, am Ende kolbig verdickte Zahnleiste mit labialem Ast, der Rest von Prd‘. An diese lest sich lingual weiter nach hinten das proximale Ende von Prd' an. Auf Prd: folgt der Zahnkeim von Prd? nicht unmittelbar, sondern zwischen,ihnen liegt ein kleiner, verdickter Zahnkeim mit kurzem labialen Fortsatz. Er ist möglicherweise der Rest von Prd’. Auf der rechten Seite des Kiefers ist er im Gegensatz zum Unterkiefer besonders deutlich. Prd? besitzt einen kappenförmigen Zahnkeim, der weiter als im Unterkiefer entfaltet ist. Er geht bis in die Gegend des vorderen Theiles von Prd!*. Prd: ist ein kleiner, stark verkalkter Zahn, einzackig und ohne Schmelzpulpa, aber bei weitem grösser und kräftiger entwickelt als der des Unterkiefers. Die lingyal gelegene Zahnleiste mit ihrem Fortsatz hängt durch schwache Stränge mit der Anlage von Prd* zusammen. Der Zahnleistenfortsatz zeigt einen labialen Jenaische Denkschriften. VL 11 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 35 270 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 82 Ausläufer, der genau auf den labialen Zahn hinweist (Fig. 37); er ist im Uebrigen an seinem Ende ver- breitert und besitzt zwei flache Einstülpungen. Auf Prd? folgt die Zahnleiste, schwach verdickt und mit einem labialen Ausläufer versehen. Am Ende dieser Zahnleiste zeigt sich der vordere Theil der Anlage von M!. M! ist glockenförmig entwickelt und schwach verkalkt. Die Anlage ist anfangs breit und niedrig, wird dann aber schmäler und höher. Der Zahnleistenfortsatz tritt lingual neben und unter der Anlage etwas verdickt auf. Das Schmelzorgan von M! hängt direct mit der Zahnleiste zusammen, die ihrerseits in die Mundhöhle einmündet. Es ist auch bei M! auffallend, dass seine weit entwickelte Anlage noch in engster Verbindung mit der Zahnleiste steht. Gegen Ende von M! löst sich das Schmelzorgan von der Zahnleiste, es bleiben kleine Verbindungs- stränge bestehen. Die Zahnleiste wird selbständig und schwillt an ihrem freien Ende an. Es entsteht der Zahnkeim von M?, welcher labio-lingual verbreitert und ein wenig eingestülpt ist. Die Reste des Ver- bindungsstranges der Zahnleiste mit M! liegen anfangs labial des Zahnleistenhalses, sie verschwinden später mit dem Auftreten des Zahnkeimes von M?. Nach diesen Befunden könnte man versucht sein, die Anlage von M? der zweiten oder Ersatz- dentition zuzurechnen, wie das auch geschehen ist, weil sie augenscheinlich aus dem lingualen Zahnleisten- Fortsatze neben M! entsteht. Diese fälschliche Ansicht wird besonders durch den Zusammenhang des distalen Endes von M! mit der Zahnleiste und dem Zahnkeime von M? herbeigeführt. Die Verbindung ist aber eine ganz weitläufige, wie sie häufiger zwischen zwei Anlagen gleicher Dentition besteht, die in der Zahnreihe nach hinten zu auf einander folgen, und beweist den einst innigeren Zusammenhang zwischen Anlage und Zahnleiste. In unserem Falle ist die Zahnleiste wieder selbständig nach hinten weitergewachsen und hat die Verbindung mit der Anlage von M! unterhalten. Ihr freies Ende verdickt sich wie bei jeder Anlage, der Verbindungsstrang verschwindet, und der Zahnkeim von M? liegt ebenso im Kiefer, wie jede Anlage der ersten Dentition zur Zahnleiste gelegen ist. Dasyurus, Oberkiefer. Stadium II (4,7 cm Kopf-Rücken-Steisslänge). Im Allgemeinen ist den Befunden vom Stadium I gegenüber wegen des geringen Grössenunterschiedes nichts wesentliches hinzuzufügen. Labial der glockenförmigen Anlage von Id? zeigen sich hier drei verschiedene verkalkte, prälacteale Zähnchen, und zwar im vorderen Theile, in der Mitte und ganz am Ende von Id’. Letzteres reicht schon in das Gebiet von Id. Das erste Zähnchen liegt an einer eigenen Epithelleiste, einem Nebenast der Zahnleiste, die beiden übrigen gehen von der Zahnleistenfurche ab. Zwischen Id? und Id? befindet sich auch hier kein reducirter Zahnkeim, die Zahnleiste ist vorhanden, bildet aber nur das Bindeglied zwischen Id? und Id®. Die übrigen Schneidezähne haben unverkalkte labiale Zahnkeimreste. Labial von Id? geht eine Epithelleiste neben der Zahnleiste selbständig vom Mundhöhlenepithel ab, ist knospenförmig verdickt und legt sich mit ihrem verlängerten oberen Ende an die Anlage von Id® an. Es kommt eine Verwachsung zu Stande, wie sie bei Phascolarctus im Gebiete des oberen 2. und 3. Incisivus häufig erscheint (Fig. 38a, b). Id® zeigt sich als ein der Mundhöhle nahegelegener Keim deutlicher als beim ersten Stadium. Zwischen der glockenförmigen Anlage von Prd! und dem kappenförmigen Zahnkeime von Prd® liegt die schwach verdickte Zahnleiste längere Zeit. Sie ‘stellt den Rest der früheren Anlage des Prd® vor. Prd‘ ist ein noch gut entwickelter, stark verkalkter kleiner Zahn. M! ist glockenförmig und wenig verkalkt. Sein lingualer Zahnleistenfortsatz ist reducirt. Am 83 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 271 distalen Ende von M!, wo sich dieser Fortsatz verlängert und verdickt, Knospen erhält und sich allmählich von M! ablöst, zeigt sich labial seiner Zahnleiste eine eigene Epitheleinstülpung (Textfigur 5). In Ueber- einstimmung mit bisherigen Befunden ist diese prälactealer Natur. Beide Epithelleisten nähern sich einander und verwachsen schliesslich zu einer breiten Furche. Ueber dieser erhebt sich der Zahnkeim von M? (siehe Textfigur 5—7). Sonst verhält sich der Uebergang von M! zu M? gleich den Befunden vom Stadium I. Die erste Anlage von M? enthält also prälacteales und lacteales Zahnleistenmaterial. dıstales Ende) © von MM { Fig. 5. elle Da Das ne ln II. Oberkiefer. Die Verwachsung zweier Epithelleisten, der Zahnleiste und labialen Dasyurus, Oberkiefer. Stadium III (2,3 cm Kopflänge). Bis auf M® sind die Anlagen der übrigen Zähne mehr oder weniger stark verkalkt. M* ist noch nicht angelegt. Von den Schneidezähnen ist die Anlage von ld‘ am kleinsten und am wenigsten verkalkt. Id! ist grösser als Id? und Id?, sie sind alle ziemlich gleich weit in der Verkalkung vorgeschritten. Die ganze Krone wird von einem festen Mantel umgeben. Hervorzuheben ist der den drei ersten Schneidezähnen zukommende stark verdickte linguale Ersatzkeim. Er ist ausge- sprochen kolbenförmig, am Ende verbreitert und verflacht, nicht reducirt und geht aus einer eigenen in die Mundhöhle mündenden Epithelleiste hervor. Der Zahnkeim tritt meist vor der verkalkten Zahnanlage auf. Letztere steht zum Theil durch einen feinen Epithelstrang mit dem Zahn- leistenhalse des Ersatzzahnkeimes oder der gemeinsamen Zahnfurche in Verbindung. Sobald sich der Er- satzzahnkeim von dem Mundhöhlenepithel ablöst und mit den labialen Zahnanlagen in nähere Berührung kommt, zerfällt er (siehe Fig. 39). Der zu Id gehörige Ersatzzahnkeim liegt gleich den von Id! und Id? vor seinem labialen Vor- gänger. Er tritt also in der Serie eher als dieser auf. Wie Fig. 39 zeigt, hängt er mit dem Rest des Ersatz- zahnkeimes von Id? zusammen, er löst sich dann ab und liegt isolirt im Kiefer (Fig. 40). Labial von ihm geht im Anfange seines Auftretens aus der Zahnfurche eine selbständige Epithelleiste ab, welche ein kleines verkalktes Zähnchen trägt. Es ist ein Rest der prälactealen Anlagen, die auf den jüngeren Stadien so häufig labial der Schneidezahnanlagen zu finden waren. Zwischen beiden Zahnkeimen, dem lingualen und labialen, zeigt sich dann die Anlage von Id®. Der linguale Zahn wird von WooDwarD als selbständiger Zahnkeim eines reducirten Incisivus erster Dentition bezeichnet. Es ist jedoch ein Ersatzzahnkeim und gehört der Anlage von Id® zu; ebenso wie bei Id! und Id? die Ersatzzahnkeime vor und zugleich mit der eigentlichen labialen Zahnanlage auftreten, ist auch hier der Ersatzzahnkeim von Id? vor dessen Anlage gelegen. Diese Lagerung der lingualen Keime zu den labialen Vorgängern beruht auf einer Verschiebung der verkalkten Schneidezähne erster Dentition nach hinten zu und ist durchaus nicht, wie LECHE meint, eine Allgemein- erscheinung. Die im Gegensatz zu den jüngeren Stadien auffallende Grösse der vorderen Schneidezähne steht in keinem Verhältniss zu dem Raume, welcher ihnen vom Kiefer dargeboten wird. Die Zähne müssen daher für eine Weiterentwickelung nach einem geeigneten Platze suchen und finden ihn da, wo am wenigsten 11% / 35* Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 84 » 72 Widerstand geboten wird, nämlich nach dem Eckzahne zu. So entfernen sie sich immer weiter von ihren Ersatzzahnkeimen, die ihrerseits dadurch eine gesicherte Stellung gewinnen, dass sie mit dem Mundhöhlen- epithel in Verbindung bleiben. Id! und Id? liegen auf den Schnittserien neben einander. Nach dem Verschwinden von Id! schiebt sich Id? mit seinem hinteren Ende ganz über die Anlagen von Id® und Id‘, die kurz nach einander unter ihm erscheinen, und zwingt diese Zahnanlagen sich ebenfalls mehr nach hinten zu auszudehnen (Textfigur 8 und 9). Der Stoss also, der ursprünglich von der sich mächtig entfaltenden Anlage von Id! ausgeht, setzt sich auf die hinter Id! liegenden Anlagen fort. \ Bei den Befunden im Bereiche der vorderen \\ [ 3 Ineisivi ist daher mehreres von Wichtigkeit. a \ —\ Vor allem ist die gute Entwickelung der Ersatz- Ir (2) Se zahnkeime auffällig. Sie sind bei allen drei TI: Inceisivi stark verdickte Zahnkeime, die m I EM sehr wohl die Berechtigung zu einer Zu A. weiteren Entwickelung geben. Sie zer- Fig. 8. Fig. 9. fallen aber später. Ferner ist die Selbständigkeit Lagen 8 and 9 Dasyurs, Stadium u. Oak ne Ai en BE sich die ns durch ihre 2 Verbindung mit dem Mundhöhlenepithel selbst ge- geben haben; denn diese ist ohne Frage erst secundär erworben worden. Drittens aber ist die Lage der lingualen Zahnkeime zu den labialen Zahnanlagen, ihren Vorgängern, keine gewöhnliche. In den meisten Fällen liegt der Ersatzzahnkeim lingual oberhalb der oberen Schneidezähne und bleibt nicht mit dem Mund- höhlenepithel in Verbindung. Wir werden Gelegenheit haben, auch bei anderen Species Aehnliches zu finden. Die Zahnleiste mit ihrem lingualen Fortsatz ist bei Id* reducirt. Zwischen Id und Cd liegt ein kolbenförmig verdickter Zahnkeim, er ist der Rest von Id?°. Im Bereiche von Cd, Prd!, Prd® und M! tritt die Zahnleiste ganz sporadisch auf. Sie zerfällt gleich den lingualen Fortsätzen, die dann und wann unter und neben den einzelnen Anlagen liegen. Zwischen Prd! und Prd? erscheint die Zahnleiste hingegen verdickt und am Ende angeschwollen. Ganz in ihrer Nähe zeigt sich eine Epithelperle. Es sind voraussichtlich die Reste von Prd?. Prd® tritt als ein: verkalktes Zähnchen auf, welches, von Epithelzellen umgeben, unterhalb des distalen Endes von Prd3 in Begleitung einer grösseren Epithelperle liegt (Fig. 41). Etwas später folgt die Ersatzzahnanlage von Prd*, welche ein reducirtes kappenförmiges Stadium erreicht hat (Fig. 42). Der Zahnleistenfortsatz ist lingual unter M! noch nachzuweisen, er ist aber kurz und reducirt. Deut- licher tritt er unterhalb der schwach verkalkten Anlage von M? auf, doch ist er auch hier unverdickt. Lingual von M? liegt zum Schluss der stark kolbenförmige Zahnkeim von M®, der einen kleinen lingualen, vom Zahnleistenhals ausgehenden Zapfen besitzt. Labial liest eine ganz kurze selbständige Epithelleiste, die nicht mit der Zahnleiste verwachsen ist. Dasyurus. Zusammenfassung. Wir haben an den jüngeren Stadien der Beuteljungen von Dasyurus eine grössere Anzahl von Zahnanlagen in der Reihe der Antemolaren feststellen können, als später zum Durch- bruch kommt. Die eingehends angegebene Zahnformel (nach Thomas): hi i ON EC 1 ern Se Be en RO, KAHA ist für das persistirende Gebiss bis auf die unteren Incisivi richtig. Diese sind — —- Ontogenetisch finden wir mit Inbegriff der reducirten Zahnanlagen: 85 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 273 a 2 345:0glpa 234 yo2r34 23135 SCHREIBE TI2I39R: von diesen sind reducirt Id m Prd = 2: = während alle übrigen später als persistirende Zähne im Kiefer verbleiben. Im Gegensatz zu WOODWARD ist meiner Ansicht nach im Ober- und Unterkiefer der 5. und nicht der 3. Schneidezahn ausgefallen. Den reducirten Zahnkeim zwischen Id 2 und Id 3, den WOOoDWARD im Unter- wie Oberkiefer als fehlend bezeichnet, habe ich nicht gefunden. Die hier auftretende verdickte Zahn- leiste ist kein reducirter Zahnkeim. Auch erscheint mir der Ausfall eines zwischen Id, und Id, gelegenen Schneidezahnes deswegen unwahrscheinlich, weil THomAs in einem Falle bei dem zur Familie der Dasyuriden gehörigen Myrmecobius einen 4. Incisivus beschreibt und diesen Schneidezahn dem ausgefallenen 4. gleich- stellt (5I und 53). Dieser 4. Schneidezahn des Unterkiefers ist aber in Wirklichkeit der 5., weil vor dem I. functionirenden Incisivus noch der Rest eines ausgefallenen Id,, des eigentlich 1. Schneidezahnes, von WOo0DWARD und mir nachgewiesen ist. In allen Fällen deutlich waren die Reste des 4. Prämolaren in der ersten wie zweiten Dentition. Dieser Zahn ist im Oberkiefer weit besser als im Unterkiefer erhalten. Während er hier ein sehr kleines, reducirtes, glockenförmiges Schmelzorgan besitzt, ist er dort ein richtiger, kleiner verkalkter Zahn, dessen Ersatzzahnkeim in gleicher Weise mehr entwickelt ist, als der Vorgänger besser erhalten blieb. Die Ersatz- zahnanlage erreicht sogar das kappenförmige Stadium, zerfällt aber ebenso wie der Vorgänger. Danach scheint der Prd 4 im Oberkiefer länger noch als im Unterkiefer functionirt haben. Sehr merkwürdig ist es, dass Milch- wie Ersatzzahn beide vollkommen zu Grunde gehen, und es müssen besondere Gründe sein, die diesen Ausfall bewirkt haben. Vielleicht ist der Milchprämolar zu der Zeit, wo er unterdrückt wurde, ein noch kräftiger Zahn gewesen und sein Nachfolger erst sehr spät an seine Stelle getreten, so dass dessen Entwickelung von vornherein leichter gehemmt werden konnte. Jedenfalls aber haben sich die Nachbar- zähne Prd 3 und M ı stärker entwickelt und bei der zunehmenden Kieferverkürzung den zwischen ihnen liegenden Prd 4 verdrängt. In der Anlage des 4. Prämolaren und seines Ersatzes haben wir das Bild eines einfachsten regressiven Entwickelungsganges von Zahnanlagen erster und zweiter Dentition vor uns. Es unterliegt keinem Zweifel, dass der labiale Prämolar der ersten und seine Ersatzzahnanlage der zweiten Dentition zugehört. Seine Aehnlichkeit mit den reducirten prälactealen Resten in Form, Lage und Zeit seines Auftretens kann, wie WOoDWARD es auch erklärt (65), kein Beweis für seine Zugehörigkeit zu dieser Dentition sein. Vielmehr entspringt diese Aehnlichkeit nur aus dem Process der regressiven Entwickelung, den: beide Theile einge- gangen sind. Wie lange sich derartige Reste immer wieder anlegen, geht auch aus Prd 4 bei Dasyurus hervor. Gleich den lingualen Ersatzzähnen hat die Function von Prd 4 aufgehört, und damit ist der wirk- liche Untergang dieses Zahnes mit seinem Ersatz eingetreten. Vergleichend-anatomisch ist der Vorgang dieses Processes leicht zu verfolgen. In der Klasse der Dasyuriden besitzen Phascologale penicillata, Ph. minima und Ph. minutissima einen verhältnissmässig gut ent- wickelten 4. Milch- und Ersatzprämolaren. Bei den meisten Mitgliedern ist der Milchprämolar jedoch schon functionslos geworden, und nur der Ersatzzahn functionirt. In zweiter Linie wird dann der Ersatzzahn func- tionslos und verschwindet aus der Zahnreihe. Diesen Uebergang zu Dasyurus vermittelt Phascologale thor- beckiana. Da bei Dasyurus der Milchprämolar 4 besonders im Oberkiefer noch gut entwickelt ist, so scheint es, als ob der Ersatzzahn bereits vor diesem zu Grunde gegangen ist. Denn letzterer kann sich augen- scheinlich unabhängig von seinem Vorgänger entwickeln, wie wir es bei Myrmecobius sehen, wo vom Milch- prämolar 4 bisher noch keine Spur entdeckt wurde. Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 6 [$) SI > Bei einer anormalen Form des Gebisses von Phascologale dorsalis hat Tuomas auf der linken Ober- kieferseite den ausgefallenen 2. Prämolaren nachgewiesen (51). Dieser Kiefer trägt 4 Prämolaren. Zwischen dem ı. Prämolaren und dem Eckzahne befindet sich eine grössere Lücke. Vielleicht ist hier ein weiterer Prämolar ausgefallen. Die Reste dieses Zahnes habe ich im Unterkiefer von Dasyurus deutlich gesehen, im Oberkiefer aber nur auf einer Kieferhälfte des zweiten Stadiums beobachten können. Bei dem einst reicheren Zahnbestand in der Gegend des Prämolaren, den die Vorfahren der heute lebenden Beutelthiere besessen haben, ist dieser Befund nicht weiter auffällig. Zu beachten wäre nur dabei, dass die Reduction in der Prämolarenreihe des Gebisses von Dasyurus einen Zahn um den anderen ergriffen hat, denn es sind Prd 0, Prd 2, Prd 4 zu Grunde gegangen, Prd ı, Prd 3 zu kräftigen Zähnen emporgewachsen. So deutlich wie der Zahnkeim von Prd o im Unterkiefer zu beobachten war, ebenso undeutlich zeigten sich die Reste von Prd 2, so dass ich im Anfang: meiner Untersuchung glaubte, im Gegensatz zum Oberkiefer wäre im Unter- kiefer der 1. und 4. Prämolar aus der Zahnreihe verschwunden. Ausserdem liegt das glockenförmige Schmelzorgan von Prd I im Unterkiefer nicht im Bereiche von Cd, wie es im Oberkiefer der Fall ist. Aber in Anbetracht der von OrLpr. THomas auf Grund vergleichender Untersuchung festgestellten Ansicht, wonach der Prd 2 fehlt, und daraufhin, dass im Oberkiefer ebenso wie im Unterkiefer der Keim eines Prd o, wenn auch undeutlicher und seltener, zu finden ist, nahm ich in Uebereinstimmung mit WoODWARD an, dass im Ober- wie Unterkiefer von Dasyurus der 2. Prämolar ausgefallen ist. Der lingual des distalen Theiles von M ı am freien Ende der Zahnleiste auftretende verdickte Zahn- keim, welcher zu M 2 überleitet und hier später die linguale Wand von M 2 vorstellt, ist weder der Fort- satz von M ı noch von M 2. Er erscheint mir eher als ein selbständiger Zahnkeim eines ausgefallenen Zahnes, wie derartige Reste häufig im Gebiete der Molaren bei den Beutelthieren auftreten. Der 2. Molar im Unterkiefer zeigt noch eine andere Eigenthümlichkeit. Lingual über seiner Anlage befindet sich bei beiden jüngeren Stadien und auf jeder Kieferseite ein kolbenförmig verdickter Fortsatz, welcher nicht dem Ersatzzahnkeim des Molaren vergleichbar ist. Er geht aus einer besonderen und ver- breiterten Einstülpung des Mundhöhlenepithels hervor (Fig. 31a, b, 34a, b). Bei Phascolarctus sind ähnliche Fortsätze zu beobachten, die in die Zahnfurche einmünden. Ich habe sie dort einer jüngeren als der Ersatz- dentition zugerechnet. Möglicherweise sind die mehrmals auftretenden Reste bei Dasyurus ebenso zu be- urtheilen. Andererseits ist es aber nicht ausgeschlossen, dass diese aus selbständigen Einstülpungen des Mundhöhlenepithels hervorgehenden Zahnkeime vererbte Reste überzähliger Backzahnanlagen wiedergeben. Die Anlagen der Molaren bei Dasyurus rechne ich der ersten Dentition zu. Ihre Entwickelung giebt keinen Grund dazu, diese Zähne anders als die Prämolaren zu betrachten. Im Grunde genommen, sind es vergrösserte und durch seitliche Zahnkeimreste verstärkte Prämolaren. Labiale selbständige Epithelleisten, die bei Phascolarctus durchgängig neben den Molaren auftreten, habe ich nur neben M® und M? gefunden. Bei M®? verwächst diese Leiste mit der lingualen Zahnleiste, während bei M® dieser Process theilweise unter- bleibt. Die prälacteale Dentition scheint bei der Anlage der Molaren von Dasyurus nicht die grosse Rolle wie anderswo zu spielen. Bei weitem häufiger, sogar regelmässig sind Reste prälactealer Dentition labial der Schneidezähne und des Eckzahnes zu finden. Auch die reducirten Zahnkeime von Prd o und Prd 2 haben einen kleinen labialen Ausläufer. Die Beobachtung zeigt zugleich, dass die kleinen labialen Zähnchen mehrfach neben einer Zahnanlage erster Dentition erscheinen, und dass nicht nur in der Schnittserie auf einander folgende, sondern auch unter einander gelegene Reste prälactealer Den- titionen auftreten. Wir haben nicht nur eine Zahngeneration, die aus vielen kleinen Zähnen besteht, sondern auch einen Ersatz für diese Dentition vor uns. Die ganzen Zustände erinnern an die Zahnentwickelung 87 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 275 bei niederen Thieren. Alle diese Zähnchen liegen in und an einer Epithelleiste, welche selbständig neben der Zahnleiste in die Mundhöhle oder in die Zahnleistenfurche einmündet. Wie wir sehen werden, finden sich bei Phascolarctus ausser dieser labialen Epithelleiste noch besondere labiale Epitheläste des Zahnleistenhalses, welche an ihren Enden verkalkte Zähnchen tragen, die weit besser erhalten sind als die bei Dasyurus auftretenden Ueberreste dieser Zähnchen. Es existirt also eine Reihe von Dentitionen labial der ersten Dentition, deren Mitglieder kleine, reptilienähnliche Zähnchen sind. Somit löst sich die sonst als eine Zahnreihe aufgefasste prälacteale Dentition in mehrere Reihen auf, deren Mitglieder einst als Ersatzzähne functionirt haben. Ihr gleich- zeitiges Auftreten beruht auf ihrer Functionslosigkeit. Alle Mitglieder dieser verschiedenen Dentitionen zu- sammen kann man mit einem Mitglied einer Säugethierdentition vergleichen, denn sie haben augenschein- lich vor der ersten Dentition zusammen in der Zeit functionirt, in welcher ein Säugethierzahn allein gut functionirt hätte. Die Lage dieser labialen Zähnchen ist nicht von der lingualen Zahnanlage erster Dentition abhängig. Es liegen bald mehr, bald weniger Zähnchen neben einer Anlage erster Dentition, ebenso wie labial der einfachen Zahnleiste die kleinen Zähnchen erscheinen. Sie verändern ihre Lage zu den lingualen Zahnkeimen, indem sie — ähnlich wie bei Phascolaretus — bald distal der einen, bald proximal der nächsten Anlage auftreten. Dadurch beweisen sie ihre eigentliche vollständige Unabhängigkeit von den lingualen Anlagen erster Dentition !). Das Verwachsen von labialer Epithelleiste und Zahnleiste treffen wir ausser im Bereiche des M? bei der Anlage von Id! und Id’. In beiden Fällen verwächst ein Theil der labialen Leiste mit dem lingualen Zahnkeime. Der linguale Zahnleistenfortsatz tritt beiallen Antemolaren später als gewöhn- lich auf. Im Unterkiefer ist er mit Ausnahme neben der Anlage von Cd von vornherein unbedeutend und reducirt. Im Oberkiefer haben sich dagegen die drei vorderen Schneidezähne einen wohl entwickelten Ersatzkeim bewahrt, während die Prämolaren einen verkommenen lingualen Zahnleistenfortsatz besitzen. Lingual der ersten drei Molaren entwickelt sich das freie Zahnleistenende rechtzeitig und tritt im Anfange angeschwollen auf. Später geht es in Zerfall über. Die Molaren verhalten sich also in dieser Hinsicht anders als die Antemolaren und zeigen mehr normale Zustände. Die gute Entwickelung des Ersatzzahnkeimes der drei ersten Schneidezähne im Oberkiefer stellt einen älteren Zustand vor und hängt vielleicht damit zusammen, dass Dasyurus ein sehr altes Beutelthier ist, welches auch sonst in mancher Hin- sicht Aehnlichkeit mit fossilen Beutlern besitzt. Ausserdem sorgt der directe Zusammenhang mit dem Mundhöhlenepithel für eine weitgehendere Entwickelung des Ersatzzahnkeimes. Die unvollkommene Spaltung der labialen Wand des Schmelzorganes des Prd, (Fig. 33a, b) ist eine Erscheinung, wie sie ähnlich auch bei Prämolaren von Phascolarctus und Aepyprymmus vorkommt. Sie kann vielleicht zur Bildung einer Nebenzacke an der Krone Veranlassung geben. Ich glaube nicht, dass ihr unter allen Umständen die Bedeutung eines selbständig gewesenen labialen Zahnleistenfortsatzes zuzuschreiben ist, obwohl die Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems von Manatus für diese Ansicht spricht (21). Die linguale Wand des Schmelzorganes der Prämolaren ist lange Zeit verbreitert. Der erst spät erscheinende (kurze, reducirte) linguale Fortsatz ist von vornherein reducirt. 1) Ebenfalls ein Beweis gegen die Annahme von Wırson und Hırr, dass die sogen. prälacteale Zahnreihe der lactealen Dentition der Placentalier homolog ist. 276 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. ss Diprotodontier. Phalangeridae. Die Familie der Phalangeriden unter den Diprotodontiern, zu denen nach OLpr. THomas die Pha- langerinae und Phascolarctinae als Subfamilien gerechnet werden, beansprucht schon wegen ihres äusseren Gebisses ein besonderes Interesse. Die unbestimmte Zahl der Antemolaren, die besonders bei jedem Ver- treter der Phalangerinen eine andere, bald geringere, bald zahlreichere ist, vermittelt bei dieser Subfamilie der Phalangeriden den Uebergangstypus von den Polyprotodontiern zu den Diprotodontiern. Bei Phasco- larctus ist bereits eine Gleichmässigkeit im Gebiss beim Auftreten der einzelne Zähne vorhanden, die nur manchmal in der Reihe der Molaren eine Ausnahme erleidet, wo mitunter 5 Molaren beobachtet wurden. THomas vergleicht die Phalangeriden mit den Dasyuriden unter den Polyprotodontiern., Er sagt über das Gebiss des Phalangeriden ungefähr Folgendes: Die Homologisirung der Zähne der Phalangeriden ist schwierig. Im Oberkiefer sind die i, c und m noch leicht mit einander zu vergleichen, aber bei den pm ist es sehr schwer, den Ausfall eines oder mehrerer pm aus der vollen Serie von vier genau festzustellen. Unter den Polyprotodontiern ist pm 2 ausgefallen, für die Diprotodontier scheint in der Familie der Phalan- geriden der gleiche Zahn ausgefallen zu sein. Trotzdem ist bei den mesozoischen Plagiaulaciden sicher pm I zuerst ausgefallen, ein Umstand, der nicht zu berücksichtigen ist, da die hoch specialisirte Form dieser Species eine directe Stammesableitung unmöglich macht. Phalanger und Pseudochirus (Phalangista cooki) zeigen, dass weder pm 3 noch pm 4 fehlt, und bei Trichosurus kommt pm I rudimentär vor. Eine Aus- nahme macht allerdings Dromicia nana (Phalangista nana), wo eher pm I als pm 2 zu fehlen scheint. Es ist deshalb möglich, dass, ähnlich wie der Verlust des 4. pm sicher ein sehr junges Vorkommniss ist, ver- schiedenartige Zähne bei den einzelnen Genera verloren gegangen sind. Im Unterkiefer sind die Ver- hältnisse noch schwieriger. Dort finden sich 5 und 6 Zähne zwischen i, und m,. Von diesen sind die zwei letzten pm, und pm, und die anderen als i,, i,, c und pm, zu rechnen. Der kleine vordere Zahn ist i, und nicht c, wie es allgemein angenommen wird. Die Zahl und Lage der winzigen Zähne ist zu ver- schieden, um für eine systematische Wichtigkeit in individuellen Fällen zu gelten. So weit THoMmas (53). Der Zahnwechsel ist bei den Phalangeriden im ziemlichen Zerfall. Der Milchprämolar ist gewöhn- lich sehr schmal und frühzeitig hinfällig, manchmal ganz functionslos. Soweit bis jetzt bekannt, haben Phalanger und Trichosurus allein ihren Milchprämolaren längere Zeit functionsfähig. Der Ersatzprämolar gehört nach THoMAs zur zweiten Dentition, er ist der directe Nachfolger von Prd 4. Durch die entwickelungsgeschichtliche Untersuchung des Gebisses gewinnen Phalanger und Trichosurus, ebenso wie Phascolarctus und der Macropodide Aepyprymnus eine den Polyprotodontiern verwandte Stellung. Die Phalangeriden sowohl wie Aepyprymnus haben einst ein viel zahnreicheres Gebiss besessen, dessen Zähne weniger von einander verschieden waren als die des heutigen Gebisses. Die Gebisse aller Beutel- thiere leiten sich von einer Form ab, die dem Gebiss der ältesten Polyprotodontier mit mehr als 8 Back- zähnen zu Grunde liegt. Für Phalanger, Trichosurus und Aepyprymnus nehme ich nach meinen Untersuchungen die Zahl von mindestens 9 Backzähnen, 5 Molaren und 4 Prämolaren an!). Bei Phascolarctus finden sich I) In der Ansicht, dass die Molaren ursprünglich Prämolarform besassen, also nur modificirte Prämolaren sind, könnte man auch 5 Prämolaren annehmen. Ich halte aber die Bezeichnung, M ı für Prd 5, den Milch(prä)molaren, für genauer, da dieser Zahn in den meisten Fällen bereits eine molarähnliche Form angenommen hat. Er ist ein nach vorn gewanderter Molar, der ebenso wie der sonst mit M ı bezeichnete ı. Molar vielfach den Uebergangstypus von der Prämolar- zur Molarform aufweist. 89 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 277 wie erwähnt, zuweilen 5 Molaren (53). Nach meinen Befunden ist bei den drei ersten Species der sogen. Milchprämolar ein echter Molar, und der Ersatzprämolar der 4. Prämolar der Zahn- reihe erster Dentition, welcher secundär zum Ersatzzahn wird. Bei Phascolarctus wird der 4- Prämolar durch den 3. ersetzt. Alle diese Befunde werde ich im Einzelnen an der Hand der auf einander folgenden Stadien darthun. Mit Ausnahme gewisser Aenderungen, die sich aus den Ergebnissen erklären, stimme ich den allgemeinen Gesichtspunkten, die von THomas über die Phalangeriden aufgestellt sind, bei und betone von vorherein, dass die Erklärung der Befunde in Folge eingetretener Reduction vieler Zahnanlagen ausserordentlich schwierig ist. Der Abwechslung halber habe ich bei Trichosurus und Phalanger im Oberkiefer nicht die einzelnen Stadien, sondern die Entwickelung der einzelnen Zahnformen aller Stadien nach einander beschrieben. Trichosurus vulpecula var. typicus THos. (Phalangista vulpina.) Die Zahnformel für diese Species unter den Phalangeriden lautet nach THomas: sp A ZIEMA Von diesen Zähnen sind Id, (i,) und Prd, (pm,) des Unterkiefers, Prd! (pm!) des Oberkiefers rudi- 12: Em La 30 & bo 1% mentär. Prd! (pm!) und Prd, (pm,) fehlen häufig, besonders Prd, (pm,), während Id, (i,) gewöhnlich vor- handen ist. Aehnlich wie bei Cuscus (Phalanger orientalis) stehen die drei oberen Incisivi dicht neben einander. Sie sind einander ähnlich. Der Caninus ist vom hinteren Ende des i? (Id!) durch einen Spalt getrennt und liegt zum Teil oder gänzlich vor der Prämaxillo-maxillarnaht. Prd? und Prd® fehlen nach Thomas. Der Ersatzprämolar ist breit und schräg gestellt, er besitzt seitliche Furchen. Die Molaren sind quadri- cuspidat. Der untere vordere Id ist breit, steht aber weniger horizontal im Kiefer als der von Cuscus. Zwischenzähne ausser i, (Id,) fehlen meistens im Unterkiefer. Manchmal tritt ein winziger Zahn auf, der, wie THOMAS meint, vielleicht Prd, ist (53). Der Zahnwechsel beschränkt sich auf einen Zahn. Der Milchprämolar Prd 4 der ersten Dentition soll nach den bisherigen Angaben (LECHE) durch den Ersatzprämolar Pr 4 der zweiten Dentition ersetzt werden. Das Gebiss von Trichosurus ist nur von LECHE (26) und WoopwarD (65) untersucht worden. Die näheren Angaben hierüber berühren bei LEcCHE die Zahnentwickelung zweier Marsupiumjunge und bei WooDWARrD besonders das Vorkommen prälactealer Zähne. WOooDWwARD beschreibt labial neben und in Ver- bindung mit i? (Id,) im Oberkiefer eine echte prälacteale Zahnanlage in Form eines kleinen, gut entwickelten Schmelzorganes. Labiale Ausläufer waren in Verbindung mit i, (Id,), is (Id,) und pm! (Prd!) zu sehen. Ich habe die Kiefer von fünf verschieden grossen Stadien von Beuteljungen schnittweise untersucht und viele nennenswerthe Zustände in der Zahnentwickelung beobachtet. Die einzelnen Stadien waren folgende: Trichosurus vulpecula THos. Stadium Gesammtlänge, gemessen über Kopf, en N: Rücken bis zur Cloake berantia occipit. externa I. 3,8 cm | I cm m: le IS | 350, . euteljunge Ta 4 IV. = 18° 5 | 4,8 x V. 2a es | 75» Jenaische Denkschriften. VL 12 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 278 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 90 Stadium I war ein kleines, unbehaartes Beuteljunges, dessen ganzer Kopf geschnitten wurde. Stadium II—IV waren entsprechend ihrer Grösse mehr oder weniger behaart. Von II, III und IV wurden Unter- wie Oberkiefer geschnitten. Vom Stadium V, bei welchem die Zähne zum Theil im Durchbruch waren, wurde nur der vordere Theil des Oberkiefers untersucht. Die Behandlung war überall gleich und wie ein- gangs geschildert wurde. Die einzelnen Befunde gestalten sich, wie folgt. Abweichungen von den Angaben älterer Autoren werde ich am Schluss der Darstellung zusammenfassen. Für letztere genügt die Zahnformel, welche von THomas aufgestellt wurde. Trichosurus, Oberkiefer. Ineisivi (Stadium I—V.) Es gelangen im Ganzen 3 obere Schneidezähne zum Durchbruch und Function, welche als Id!, Id? und Id®, also die 3 vorderen der ursprünglich 5 Incisivi bezeichnet werden. Es legen sich in der That aber mehr als diese 3 Incisivi an, welche jedoch theilweise schon während des Beutellebens zerfallen. Im Folgenden werden daher die 3 zum Durchbruch gelangenden Incisivi mit Id:, Id? und Id* bezeichnet, da sich der Rest des Id! auf einigen Stadien mit Sicherheit nachweisen lässt. Die ausserdem sich zeigenden überzähligen Zahnkeime hingegen sind so unregelmässig in ihrem Erscheinen, dass sie einem sonst fehlenden, überzähligen Schneidezahne nicht gleichzustellen sind. Im Stadium I (3,8 cm Gesammtlänge) sind die Anlagen der Schneidezähne unverkalkt und kaum kappenförmig entwickelt. Vor dem Auftreten des ersten, functionsfähigen Id zeigt sich eine reducirte Zahn- anlage in Form eines verdickten Zahnkeimes, der anfänglich als Epithelkolben frei im Bindegewebe gelegen ist und später mit dem Mundhöhlenepithel in Verbindung tritt (Fig. 43). Labial dieses kleinen Zahnkeimes befindet sich eine kurze, zweite Epitheleinstülpung. Etwas später folgt lingual dieses Zahnkeimes die An- lage des Id?. Sie ist stark kolbenförmig angeschwollen, sackartig erweitert, nur wenig eingestülpt und steht mit der Mundhöhle theilweise in breiter, offener Verbindung. Etwas abweichend von diesen Verhältnissen sind die Befunde auf der linken Oberkieferhälfte. Hier zeigt sich kurz nach dem Auftreten eines reducirten Zahnkeimes lingual von diesem die Anlage des functionirenden Id?, so dass beide auf einem Schnitt liegen. Zugleich tritt aber eine Verwachsung beider Zahnanlagen ein, wobei der labial gelegene und in Reduction befindliche Zahnkeim den labialen Theil der Anlage von Id? in ihrem vorderen Ende bildet. Distal fehlt der kleine, labiale Keim. Auf beiden Kieferhälften befinden sich also zwei verschiedenartig gelegene Zahn- anlagen theils vor, theils neben Id?, von denen die erste selbständig mit dem Mundhöhlenepithel in Ver- bindung steht. Auf der einen Seite kommt eine unvollständige Verwachsung des reducirten Zahnkeimes mit Id? zu Stande, auf der anderen bleibt sie aus. Es ist sehr wahrscheinlich, dass in dem einen Falle -der labial von Id? gelegene und mit ihm verwachsende Schmelzkeim prälactealen Ursprungs ist. Inwieweit für später die Verwachsung bestehen bleibt, lässt sich hier nicht bestimmen, doch genügt es zur Thatsache, dass hier 2 Zahnkeime eine Verwachsung eingehen. Im anderen Falle dagegen (Fig. 43) ist der reducirte Zahnkeim der Rest von Id!, welcher sich auch auf älteren Stadien zeigt. Die zweite normale Id-Anlage, Id?, folgt labial der ersten. Sie erstreckt sich lingualwärts in das Bindegewebe, ist kolbig verdickt und abgeplattet. Auch diese Anlage besitzt einen labialen prälactealen Zahnkeim, welcher an einer eigenen Leiste entsteht, die vom Zahnleistenhals abgeht (Fig. 44). Beide Zahnkeime sind mit einander verwachsen. Es folgt die dritte Anlage, Id‘. Diese enthältebenfalls das Materialzweier Dentitionen, der lactealen und prälactealen, die prälacteale verwächst mit der lactealen zu einem Zahnkeim mit zwei Einstülpungen, die von eigenen Pulpen umgeben werden (Fig. 45a, b). Für beide Dentitionen finden sich eigene Epithelleisten, an deren freien Enden die Schmelzkeime entstanden sind oI Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 279 (Fig. 45a). Unter dem distalen Ende von Id! liegt ein kolbenförmiger Zahnkeim in nächster Nähe des Mund- höhlenepithels und lingualwärts verschoben. Es ist das verdickte freie Ende der Zahnleiste, die sich kurz vorher von Id* getrennt hat, und bildet vielleicht den Rest eines weiteren Id. Labial dieses Schmelzkeimes folgt weiter nach hinten eine erneute, stark verdickte Zahnleiste, die aber nicht scharf in ihren Umrissen _ hervortritt. Es ist möglicherweise die reducirte Anlage von Id5. Auf der linken Seite fehlt sowohl der Schmelzkeim des reducirten Id wie Id’. An ihrer Stelle befindet sich eine schwach entwickelte Zahnleiste. Beim Stadium II (13,0 cm Gesammtlänge) ist die Verkalkung der Zahnanlagen der Incisivi bereits eingetreten. Id? ist ziemlich stark verkalkt und von mittlerer Grösse. Er hat eine meisselförmige Krone, über der sich nur noch Reste der Schmelzpulpa erhalten haben. Der proximale Theil von Id? steht mit der Zahnleiste in Verbindung, von welcher sich ein reducirter, am freien Ende angeschwollener Fortsatz abzweigt (Fig. 46a). Lingual der Zahnleiste befindet sich eine selbständige, mit dem Mundhöhlenepithel in Verbindung stehende Epithelleiste, die weiterhin mit der Zahnleiste zu einer breiten Einstülpung verschmilzt (Fig. 46a, b). Als Rest dieser breiten Einstülpung, die der Summe zweier Epithelleisten entspricht, bleibt ein starker Epithelhaufen bestehen, welcher isolirt im Bindegewebe zu liegen kommt. Diese breite, ver- dickte Zahnleiste ist der Rest des verloren gegangenen I. Incisivus. Id3 ist zweizackig, wohl eine Folge der Verwachsung prälactealer und lactealer Zahnkeime, und weniger stark als Id? verkalkt. Die Zacken liegen labial und lingual. Die Schmelzpulpa beginnt zu zerfallen. Zwischen beiden Zahnanlagen, und zwar labial von Id? und lingual von Id°, tritt die Zahnleiste vor- übergehend mit geringer knospenförmiger Verdickung von neuem auf. Alsdann verschwindet die Ver- dickung, und die Zahnleiste verbindet sich mit Id. Lingual der letzteren befindet sich, von ihr und der Zahnanlage getrennt, ein kolbenförmiger Zahnkeim, dessen Hals nicht ganz bis an das Mundhöhlenepithel herangeht. Dieser reducirte Zahnkeim ist der Rest eines weiteren Incisivus. Etwas später folgt der Ersatz- keim von Id’, der kolbenförmig verdickt ist, mit dem Mundhöhlenepithel zusammenhängt und labial einen Rest des Verbindungsstranges mit Id® besitzt. Die Verdickung dieses Zahnkeimes ist sehr deutlich und scharf begrenzt. Der Keim erhält sich durch seine Verbindung mit dem Mundhöhlenepithel diese Lebens- fähigkeit. Id! zeiet sich lingual über Id®, also zwischen Id? und Id’. Er ist kleiner als diese und weniger verkalkt. An der Mitte der lingualen Wand besitzt seine Krone ähnlich wie Id’ einen besonderen Höcker. Die Schmelzpulpa besteht. Unter Id* ist die Zahnleiste schlank und am Ende verdickt, sie geht bis ans Mundhöhlenepithel. Zwischen ihr und Id‘ besteht aber anfangs keine Verbindung, erst in der Mitte der Zahnanlage legt sich die Leiste eng an die äussere Wand der Anlage an, so dass die Epithelzellen beider Theile mit einander verschmelzen. Das freie, verdickte Ende dieser Zahnleiste ist der Rest des Ersatzzahnkeimes von Id!. Auch diese ist deutlich. Weiterhin tritt die Zahnleiste in die Gegend des proximalen Endes der 4. Zahn- anlage, Cd, ein, wo sie unverdickt als schmales Band unter dieser Anlage liegt. Danach hört sie auf und erscheint erst wieder lingual der Mitte von Cd. Beim Stadium III (14,7 cm Gesammtlänge) befindet sich vor der ersten normalen Zahnanlage, Id’, an einer unterbrochenen Zahnleiste der Rest von Id! in Form eines kleinen verkalkten Zahnes, der lingual einen kleinen, am Ende etwas verdickten Fortsatz trägt (Fig. 47). Auf diese reducirte Zahnanlage folgt die Zahnleiste, hört aber noch vor dem ı. functionirenden Schneidezahn auf. Id® ist hier ausgesprochen zweizackig mit verbreiterter Krone und stärker als beim Stadium II verkalkt. Die Schmelzpulpa ist ver- schwunden. Im Verlauf von Id? tritt die Zahnleiste unter seiner Anlage wieder auf; sie steht mit dem Mund- 12* 36* 280 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 92 höhlenepithel in Verbindung, ist aber sehr stark reducirt; von cylindrischen Epithelzellen ist nichts mehr zu sehen. Bald bleibt von diesem Stück der Zahnleiste nur ein ganz schwacher Streifen übrig, welcher an Id? herangeht. Darunter, nahe der Mundhöhle, entsteht ein kolbig verdickter Zahnkeim, der weiterhin mit seinem Hals bis an das Mundhöhlenepithel stösst; labial von seiner Einmündungsstelle geht dann ein ganz schwacher Epithelstrang ab. Die Verdickung des Schmelzkeimes ist scharf begrenzt. Dieser kleine Zahnkeim liegt zwischen Id? und dem nun folgenden Id’ und zwar labial von Id?. Er ist daher nicht als Rest von I?, sondern als Rest eines verloren gegangenen Id aufzufassen. Der Zahn- keim des Ersatzzahnes I?, der beim Stadium I schon ganz reducirt war (Fig. 46a), ist bei diesem Stadium bereits verschwunden. Lingual unterhalb von Id® liest der Ersatzkeim I?. Er folgt auf geringe Zahnleistenspuren als ein schlanker, am freien Ende stark verdickter Keim, der von dichtem Bindegewebe umgeben wird. Die An- schwellung des Zahnkeimes ist constant und sehr scharf begrenzt, trotzdem sind die Cylinderepithelzellen geschrumpft. Zwei kleine labiale Ausläufer stellen den Rest der Verbindung mit Id® vor. Der 3. Id (Id*) ist noch mit einer guten Schmelzpulpa umgeben, er ist also nicht so stark wie Id? und Id® verkalkt. In beiden Stadien liest seine Anlage tiefer im Knochen als die des vorherigen Id. Unterhalb von Id* liegt die Zahnleiste langgestreckt ohne irgend welche Anschwellung. Zum Schluss von Id‘ hört sie auf und tritt erst wieder bei der Zahnanlage des Cd in Erscheinung. Beim Stadium IV (18 cm Gesammtlänge) habe ich in der Gegend des ı. normalen Incisivus keine Zahnleisten-Verdickungen oder den Rest einer reducirten Anlage gefunden. Die Zähne sind bereits sehr stark verkalkt. Von den Incisivi ist hier der ı. (Id?) zweizackig, der 2. (Id?) meisselförmig und der 3. (Id) keilförmig; letztere besitzen an ihrer Rückseite einen stumpfen Höcker. Lingual der Mitte von Id? liegt die Zahnleiste als feiner, dünner Strang mit knospenförmiger Verdickung am freien Ende. Sie steht zum Theil nur mit dem Mundhöhlenepithel in Verbindung und ist der Rest von I®. Die Zahn- leiste ist dann unterbrochen und tritt erst am Ende von Id? wieder auf. Hier ist sie kürzer, aber auch am freien Ende verdickt und ohne Verbindung mit Id®. Sie lässt sich über Id? hinaus verfolgen und liegt dann nahe dem Mundhöhlenepithel theils isolirt als abgerundete Knospe, theils in Verbindung mit dem Mundhöhlenepithel unter Id‘, von dessen Anlage durch die knöchernen Alveolen geschieden. Es ist der Rest eines reducirten, überzähligen Incisivus. Der eigentliche Zahnleistenfortsatz für Id* folgt später. Er steht mit seiner Anlage wie mit dem Mundhöhlenepithel in Verbindung und ist am freien Ende deutlich kolbig verdickt. Auf ihn folgt die Zahnleiste im Anfange unverdickt, bald darauf in ihrer Mitte stark angeschwollen. Sie steht auch hier nur mit dem Mundhöhlenepithel in Verbindung und liegt noch unter Id. Hinter dieser Zahnanlage verschwindet sie und tritt später neben der Anlage von Cd in kleinen Resten auf. Beim Stadium V (23 cm Gesammtlänge) stehen die einzelnen Incisivi dicht vorm Durchbruch, es fehlen ihnen aber noch die Wurzeln. Id? ist weniger als Id? verkalkt, was sonst bei den Stadien I-IlI umgekehrt der Fall war. Id‘ ist wie Id? verkalkt, beide besitzen linguale Höcker. Reste der Zahnleiste sind im vordersten Theile des Kiefers nicht mehr vorhanden. Dann erscheinen aber lingual vor der Mitte des 1. Incisivus Zahnleistentheile mit Fortsatz und endständiger, vollkommen verwischter Verdickung. Diese Stücke hängen weder direct mit Id? noch mit dem Mundhöhlenepithel zusammen. Offenbar aber ist es der reducirte Ersatzzahnkeim von Id?, der sich mehr lingual der Mitte von Id? erhalten hat. An Stelle der Zahnleiste finden wir weiterhin 2 mittelgrosse Epithelperlen, die an einem schwachen Zahnleistenstrange entstanden sind. Sie liegen nahe dem Mundhöhlenepithel und stehen unter sich in Ver- bindung. Wir unterscheiden an jeder Perle verschiedene concentrische Schichten. Die obersten Schichten bestehen aus platten, strangartig angeordneten Blättern, die locker über einander liegen und aus flachen 93 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 281 Zellen mit reducirten Kernen bestehen. Mehr nach innen zu haben sich die Stränge knäuelförmig aufgerollt und umgeben im Centrum gelegene kernreiche Zellen. Um jede Perle lagert sich Epithel- und Bindegewebe. Wir haben in diesen Perlen den Rest eines Zahnkeimes vor uns. Auch lingual von Id® finden sich Zahnleistenstücke mit verdicktem Ende. Hier ist die Verdickung zwar noch scharf abgegrenzt, aber die cylindrischen Epithelzellen sind klein und geschrumpft. Sie zeigen den Charakter eingetretenen Zerfalles. Die Zahnleiste berührt weder Id” noch das Mundhöhlenepithel, gleichwohl ist sie mit ihrer Verdickung der Ersatzkeim für Id’. Nach diesem Zahnkeime tritt ein weiterer neuer lingual von Id? auf. Er liegt jedoch zur vorhergehenden Zahnleiste gerade senkrecht, denn er erstreckt sich nach der Mitte des Oberkiefers zu. Er liegt dem Mundhöhlenepithel näher und steht auch mit diesem in Verbindung. Seine am freien Ende befindliche Verdickung ist reducirt, aber kolbenförmig verdickt (Fig. 48). Dieser Zahnkeim stellt eine reducirte_Zahnanlage der ersten Dentition vor. Unter Id* finden wir eine weitere kolbenförmige Anschwellung der freien Zahnleiste vorübergehend mit zwei labial zur Anlage von Id‘ führenden Ausläufern. Auch diese Verdickung ist undeutlich und trägt den Charakter der Reduction. Sie ist der Rest des Ersatzzahnkeimes I‘. Alsdann senkt sich die Zahnleiste lingual von Id mehr in die Tiefe und tritt häufig unterbrochen nur noch in feinen, dünnen Strängen auf. Noch einmal zeigt sich gegen Ende von Id* kurze Zeit eine leichte knospenförmige Verdickung am Ende der langen Leiste; labial von ihr liegen mehrere kleine Epithelzellen. Die nächsten Zahnleistenreste erscheinen erst wieder lingual der folgenden Anlage von Cd. Trichosurus, Oberkiefer. Caninus (Stadium I-V). Der Eckzahn folgt im ersten Stadium (3,8 cm Gesammtlänge) den Schneidezähnen als sechste Anlage in Form eines stark kolbenförmig verdickten Zahnkeimes. Er zeigt keine besonderen Merkmale. Im zweiten Stadium (13 cm Gesammtlänge) ist die Eckzahnanlage bereits theilweise verkalkt. Der Zahn ist mittelgross und besitzt eine schwach verkalkte Krone und eine im Zerfall begriffene Schmelzpulpa. Der linguale reducirte freie Zahnleistenfortsatz hängt mit dem proximalen Theile von Cd zusammen. Er ist knopfartig verdickt. Der untere Theil der Zahnleiste ist verästelt, stark verdickt und unregelmässig be- grenzt. Er erfährt im weiteren Verlaufe weitgehende Veränderungen. Unterhalb des freien Zahnleisten- endes tritt anfangs ein zweiter Fortsatz auf, unter diesem etwas später ein dritter (Fig. 49a, b). Nahe dem Mundhöhlenepithel liegt eine grosse Epithelperle, von welcher labialwärts kleine Fortsätze abgehen. Cd steht mit dieser veränderten Zahnleiste in Verbindung. Weiterhin erscheinen unter Cd lingual der Zahn- leiste fünf verschiedene unter einander liegende Fortsätze mit knospenförmigen Verdickungen. Zugleich tritt eine zweite Epithelperle in der Nähe des Mundhöhlenepithels auf (Fig. 50). Diese Erscheinungen sind ganz besonderer Art, und zumal erfordern die vielen lingualen verdickten Fortsätze ein grosses Interesse. Meiner Ansicht nach sind die einzelnen Theile der veränderten Zahnleiste nicht gleichmässig zu behandeln, sondern die Epithelperle mit dem oberen lingualen Zahnleistenfortsatz, wie sie durch die Fig. 49b darge- stellt wird, ist von der Anlage und dem lingualen freien Zahnleistenende des Cd zu trennen und als eine selbständige reducirte Zahnanlage erster Dentition aufzufassen. Diese Reste treten auch im Stadium III auf und liegen dort gleichfalls unterhalb von Cd, mit der Zahnleiste in Verbindung stehend (Fig. 51). Die als- dann erscheinenden fünf lingualen Zahnleistenfortsätze sind Reste verschiedener Ersatzdentitionen und erinnern an die Zahnentwickelung niederer Wirbelthiere, mit dem Unterschiede, dass dort immer ein Zahn- keim weiter als der andere entwickelt ist. Hier sind sie in Folge Reduction alle knospenförmig. Wir sehen also, dass bei Trichosurus nicht nur eine Ersatzdentition lingual von Zahnanlagen auftreten kann, sondern dass, wahrscheinlich in Folge des Unterganges oder der Nichtentwickelung des eigentlichen Ersatzzahnes 282 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 94 mehrere Ersatzkeime atavistisch gebildet werden können. Die Zahnleiste verliert ihre Functionsfähigkeit niemals gänzlich. Einen schönen Vergleich aber giebt das Erscheinen dieser vielen lingualen Zahnkeime mit den bei Dasyurus und Phascolaretus sich zeigenden labialen Zahnkeimen, die auch in drei- und vier- facher Form zu finden sind. Aus der grossen Anzahl von Dentitionen der Vorfahren ist bei den Beutel- thieren eine besonders mit Unterstützung der Nachbardentitionen entwickelt worden und bleibt persistirend, während sich prä- wie postlacteale Zahnkeime gleich den vielen Dentitionen der niederen Wirbelthiere noch in reducirter Form anlegen. Erst beim Auftreten von Prd?, des ersten functionirenden Prämolaren, liegt die Zahnleiste labial unterhalb des Eckzahnes, am freien Ende verdickt, am Grunde mit Epithelperlen und labialen Ausläufern versehen. Hier liegt der Rest von Prd! (Fig. 52). Im dritten Stadium (I4,7 cm Gesammtlänge) sind die Veränderungen an der Zahnleiste unterbats und lingual des Eckzahnes ähnlicher Art. Die Anlage des Cd ist hier stärker verkalkt und mit einer spitz zulaufenden Krone versehen. Sie liegt tiefer im Knochen als die übrigen Anlagen mit Ausnahme der des Prd:, des Ersatzprämolaren. Lingual des vorderen Theiles von Cd liegt an langer reducirter Zahnleiste ein isolirter verdickter Zahnkeim. Er ist der Rest des Ersatzkeimes von Cd. Auf ihn und unter ihm folgt die stark veränderte Zahnleiste, die ähnliche Formen in ihrem unteren Theile eingeht wie beim vorhergehenden Stadium. Sie hängt mit Cd zusammen (Fig. 51). Ausser Verdickungen, Ausläufern und Epithelperlen finden sich im Ganzen drei linguale Zahnleistenfortsätze mit mehr oder minder verdickten Enden. Ich sehe auch hier in den unteren Zahnleistentheilen den Rest einer Zahnanlage, die nichts mit Cd zu thun hat, sondern eine überzählige Anlage vorstellt. Die über ihr liegenden lingualen Fortsätze gehören jedoch zu Cd, wie es aus den Figuren 53a, b hervorgeht. Die Lage dieser Fortsätze ist ganz unregelmässig. Die beiden letzten Stadien zeigen in der Entwickelung des Cd geringe Fortschritte. Die Verkalluns geht nur langsam vor sich. Der Zahn nähert sich allmählich dem Epithel der Mundhöhle. Es ist klar, dass er bei einer schnelleren Entwickelung den neben ihm liegenden I. functionirenden Prämolaren, Prd?, aus dem Kiefer ausstossen würde. Erst nachdem der Kiefer sich so weit verlängert hat, dass Platz für den Cd genug vorhanden ist, bricht dieser Zahn durch. Beim ausgewachsenen Thier ist der Zwischenraum zwischen Cd und Prd? sogar ein ganz beträchtlicher. Die Streckung des Kiefers erfolgt auch bei Tricho- surus erst nach dem Beutelleben. In beiden Stadien IV und V ist der Cd hoch und spitz. Lingual von ihm befinden sich nur im vorderen Ende und der Mitte Reste der Zahnleiste mit reducirtem Fortsatz. Der untere Theil der Zahn- leiste zeigt keine Veränderungen, wie in den beiden jüngeren Stadien. Er ist überhaupt verschwunden. Trichosurus, Oberkiefer. Prämolares (Stadium I-V). Im Stadium I (3,8 cm Gesammtlänge) folgt die Zahnleiste ohne Unterbrechung der Anlage des Caninus. Sie geht von nun an durchgängig durch den Kiefer und ist fast beständig an ihrem freien Ende verdickt, so dass sich die einzelnen Prämolarenanlagen nur schwer fest- stellen lassen. Im Ganzen zähle ich vier Zahnkeime!) in der Gegend des Prämolaren, von denen der erste am wenigsten entwickelt ist. Er ist ein kleiner, kolbenförmiger Zahnkeim. Der zweite ist kräftiger und grösser. An ihm, wie an den nachfolgenden sind zwei labiale Ausläufer bemerkenswerth, die bald von dem Zahn- keim, bald vom Zahnleistenhals verdickt und unverdickt abgehen. Beim dritten Prämolarkeim ist der ge- 1) Auf den älteren Stadien lässt sich noch ein weiterer Prämolarenzahnkeim (Prd!) nachweisen, der auf diesem Stadium nicht vorhanden ist. 95 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 283 schlängelte Zahnleistenhals auffällig. Hierin sehe ich die Vorbereitung zum Herabwachsen in die Tiefe, einen Vorgang, der später eintritt und vor allem den Ersatzprämolaren zukommt. Dieser dritte Prämolar- keim ist der sog. Ersatzprämolar, welcher der gleichen Dentition wie die übrigen Antemolaren angehört, später in die Tiefe wächst und zum Ersatzzahn wird. Er ist ein wenig eingestülpt und besitzt durchgängig labiale Ausläufer!) (Fig. 54). Der vierte und letzte Zahnkeim ist kappenförmig und zeigt auf diesem Jungen Entwickelungsstadium genau die Form einer Molarenanlage. Es ist der sog. Milchprämolar (Prd?°), welcher ersetzt wird und von mir mit M! bezeichnet wird’). Labial dieser Anlage liegen kleine knospen- förmige Ausstülpungen prälactealen Ursprungs, bald in der Nähe des Zahnleistenhalses, bald an der labialen Wand des Zahnkeimes. Im Stadium II (I3 cm Gesammtlänge) ist der erste durchbrechende Prämolar, Prd?, die 5. Zahn- anlage. Sie ist gleich Cd einzackig, weniger spitz, bedeutend kleiner, aber stärker verkalkt. Prd? liegt ganz im Bereiche von Cd, labial unter dessen Anlage. Die Schmelzpulpa über der Kronenfläche von Prd: besteht. Der Zahn macht einen reducirten Eindruck. Wie bereits erwähnt, findet sich zwischen Cd und Prd? der Rest von Prd!. Er ist ein an längerer Leiste gelegener Zahnkeim, unter dem sich constant Epithelperlen befinden (Fig. 52). Nach Prd! kommt die Zahnleiste ganz in den Bereich von Prd? und schwillt vor ihrer eigentlichen Verbindung mit Prd® noch einmal keulenförmig an. An diesem verdickten freien Ende der Zahnleiste (Fig. 55 distal. Rest des ling. verdickten Zlfs.) zeigt sich labial eine zweite endständige Verdickung (Fig. 55 prox. Anfang des lab. Zlfs.), so dass augenscheinlich ein breiter kolbenförmiger Keim besteht, der aber weiter nichts ist, als der Uebergang von einem zum anderen Zahnkeim (Fig. 55). Der labiale Keim löst sich ab und bleibt nunmehr allein als reducirter Ersatzkeim von Prd® neben Prd?, und mit dessen Anlage verbunden, bestehen. Er ist manchmal verdickt, bisweilen auch in zwei oder drei Theile gespalten. Lingual dieses Zahnleistenfortsatzes tritt ein zweiter auf, der reducirt und am freien Ende schwach angeschwollen ist. Beide Fortsätze treffen sich (im Punkte (, Fig. 56). Dieser zweite Fortsatz ist der Rest einer jüngeren, dritten Dentition. Beim Stadium II (14,7 cm Gesammtlänge) zeigte sich die Zahnleiste unter Cd zuletzt selbständig. Sie rückt alsdann näher in den Bereich von Prd?. Zwischen Cd und Prd? liegt der Rest von Prd! eben- falls als deutlich kolbenförmiger und selbständiger Zahnkeim. Hiernach kommt die Zahnleiste ganz lingual neben Prd? zu liegen. Es treten die gleichen Erscheinungen wie beim Stadium II auf. Nachdem das freie Ende der Zahnleiste nochmals angeschwollen war, löst sich von ihm ein labialer kleiner Zahnkeim ab und verbindet sich als Ersatzkeim von Prd® mit dessen Anlage. Lingual dieses Ersatzkeimes (a) tritt ein zweiter (b) auf (Fig. 57a). Er entsteht an einer selbständigen Epithelleiste, hängt aber zugleich mit dem Fortsatz a durch eine Brücke zusammen (Fig. 57b). Beide knopfartig verdickte Fortsätze sind Reste zweier Ersatzdentitionen, der zweiten und dritten. Ihre Formen sind hier deutlicher als beim Stadium II. Beide Fortsätze verbleiben mit Resten der Zahnleiste bis zum distalen Theile von Prd?. 1) Der Process des Hinabwachsens des Ersatzzahnkeims Prd 4 oder Prd 3 ist bei Tröchosurus und Phalanger nicht so ersichtlich wie bei Phascolaretus und Aepyprymnus, da die Anzahl der verschieden grossen Stadien der beiden ersten Species für diese Beobachtung nicht ausreicht. Die Befunde der älteren Stadien stimmen jedoch bei allen Species unter sich überein, ähnlich wie die Anlage des Ersatzprämolaren auf diesem jungen Stadium von Trichosurus mit der von Phascolaretus und Aepyprymnus zu vergleichen ist, so dass auch für alle Species auf gleiche Entwickelungsvorgänge geschlossen werden kann. Von vorn herein werden daher von diesem Gesichtspunkte aus die Vorgänge in der Entwickelung der Prämolarenreihe betrachtet. 2) Die Bezeichnung Prd* für den sog. Ersatzprämolaren und M' (Prd®) für den sog. Milchprämolaren führe ich schon auf diesem Stadium ein. Sie erklärt sich erst durch die späteren Befunde. Die eingeklammerte Zahnform bedeutet die Benennung des Zahnes von Seiten der bisherigen Untersucher in der bereits angeführten Zahnformel. 284 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 96 Bei den Stadien IV und V ist der I. functionirende Prämolar, Prd?, stärker verkalkt. Bei V ist er ein kleiner, breiter, bei IV ein mittelgrosser, spitzer Zahn. Lingual seiner Anlage befinden sich bei IV ganz nahe dem Mundhöhlenepithel kleinere Zahnleistenreste, bei V eine reducirte Anschwellung des freien Zahnleistenendes, welches nicht mit der Anlage in Verbindung steht. Die übrigen Reste fehlen. Noch labial des distalen Theiles von Prd? folgt bei allen älteren Stadien II—V die Anlage des sog. Milchprämolaren (Prd’) und von mir bezeichneten M!. Sie ist eine grosse und kräftig entwickelte Zahnanlage, deren Form mehr einem Molaren als Prämolaren gleicht. Der Zahn ist mit am meisten verkalkt und liegt nahe unter dem Mundhöhlenepithel. Lingual befinden sich zahlreiche Zahnleisten- reste, und über der Anlage von M! (Prd’) ein wenig lingualwärts verschoben der Rest eines, wenn nicht zweier, Prämolaren. Ein deutlich auftretender reducirter Zahnkeim ist der Rest von Prd®. Die Zahnleiste ist mit diesen Resten meist tief in den Kiefer eingewachsen. Oberhalb der Mitte von M! (Prd>) liegt die gut entwickelte Anlage von Prd', des Ersatzprämolaren. Seine Lage wird ihm durch die niedrige, gedrungene Form des M! (Prd5) an dieser Stelle ermöglicht. M! (Prd°) ist nämlich proximal einzackig und hoch, in der Mitte und distal aber zwei- und dreizackig, niedrig und verbreitert. An Stelle der doppelten Zahnleistenenden lingual von Prd? folgen unregelmässig zerstreute Zahn- leistenreste, die anfangs zwischen Prd?’ und M! (Prd’) liegen, bald lingual neben M! (Prd°) erscheinen, aber von dieser Anlage durch eine knöcherne Scheidewand getrennt sind. Die Zahnleiste ist weit in das Mesoderm einge wachsen. Bald erhalten die Reste eine bestimmte Form. Es tritt der Rest von Prd3 auf (Fig. 58). Der labiale Zahnkeim dieses reducirten Zahnes besitzt einen starken lingualen Zahn- leistenfortsatz. Kurz unter dem freien Ende dieses Fortsatzes zweigt sich dann am Ende von Prd® ein labialer langer Ast ab, welcher zur Ersatzanlage von M! (Prd°) führt (Fig. 59). Diese Anlage ist also mit einem Zahnleistenast verbunden, welcher sich unterhalb des freien lingualen Zahnleistenfortsatzes (zweiter Dentition) des reducirten Prd? von der Zahnleiste abzweigt. Schon hiernach gehört die Anlage von Prd%, des sog. Ersatzprämolaren, der ersten Dentition zu. Ausserdem aber geht die Zahnleiste selb- ständig vom Mundhöhlenepithel zur Anlage von Prd!, ohne Aeste zu M! (Prd°) zu senden. Wie es aus vergleichenden Vorgängen bei den übrigen Diprotodontiern hervorgeht, ist es zweifellos, dass Prd* secundär unter M! (Prd®) wächst und der zweiten oder Ersatzdentition nicht angehört. Schliesslich befindet sich lingual von M! (Prd5) der eigentliche, aber reducirte Ersatzkeim dieses Zahnes. Dies gilt für Cuscus, Phascolarctus, Aepyprymnus ebenso gut wie für Trichosurus. Nachdem sich der Verbindungsstrang, welcher zur Anlage des sog. Ersatzprämolaren Prd‘ überführte, wieder von der Zahnleiste abgelöst hat, tritt lingual von M! (Prd5) der Ersatzzahnkeim dieses Zahnes auf. Die Anlage von Prd*, des Ersatzprämolaren, ist glockenförmig entwickelt und mit einer schwachen Schmelzdentinkappe versehen. Der linguale Zahnleistenfortsatz ist nicht in einfacher, normaler Form, sondern in dreifacher Anzahl vorhanden. Zwei knospenförmig verdickte Ausläufer liegen an dem Verbindungs- punkte von Zahnanlage und Zahnleiste, also in der Nähe der Kronenzacken, der dritte kleinere Fortsatz befindet sich an der Basis des Schmelzorgans, in der Nähe der Umbiegungsstelle der HERTwıG’schen Epithelscheide. Dieser letzte Fortsatz, der an der Seite der Anlage eine Art von Vorsprung bildet, ist im Stande, eine Nebenzacke zu bilden. Nach dem Auftreten des Ersatzkeimes von M! (Prd) senkt sich die Zahnleiste von neuem tiefer in das Bindegewebe. Ihr freies Ende ist mitunter angeschwollen und hakenförmig gebogen. Lingual geht ein kleiner, am Ende verdickter Nebenast ab, und unten, ganz an dem Mundhöhlenepithel, liegen zwei grössere Epithelperlen. Sie haben die gleiche Bildung wie die unterhalb des Caninus gelegenen Perlen, sind aber klein und besitzen labiale Fortsätze. Möglicherweise haben wir auch in diesen Theilen Reste einer 97 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 285 ausgefallenen Zahnanlage vor uns. Zu betonen ist bei allen diesen Befunden das Bestreben der Zahn- leiste, in der Tiefe des Kiefers einen Platz zur Entwickelung ihrer Zahnkeime zu finden. Zwischen M! (Prd®) und M? (M!) findet sich schliesslich noch ein grösserer Zahnleistenrest, bei welchem ein labialer kleiner knospenförmiger Keim von der reducirten Zahnleiste zu unterscheiden ist. Diese Reste führen in das Gebiet des 2. (1I.) Molaren über. Unter M! (Prd°) befinden sich im Bereiche der Krone mehrere Epithelperlen von grösserem Um- fange, von denen eine mit Beständigkeit bei allen Stadien auftritt. Im Entwickelungsverlaufe des Zahnes wachsen sie gleich diesem und nehmen an Grösse zu, bleiben aber unverkalkt. Sie gehen während ihres Wachsthums Veränderungen ein, die auf einen Zerfall und eine Auflösung des ganzen Gebildes deuten. Im dritten Stadium (14.7 cm Gesammtlänge) wird die Zahnleiste nach Prd? rudimentär. Der Rest von Prd! fehlt. Die Anlage des Eckzahnes tritt später aus dem Gesichtsfelde als die des Prd?. Es folgt auf Cd die stark verkalkte Anlage von M! (Prd®). Lingual und etwas oberhalb des vorderen Theiles von M! (Prd’) liegt der Rest der Prämolarenanlage Prd’ (Fig. 60). Dieser Rest ist von M! (Prd®) durch Knochentheile getrennt. Nach Prd?’ zerfällt die Zahnleiste wieder. Prd* liegt bei diesem Stadium mehr über dem proximalen Theile von M! (Prd5). Sein Zahnleisten- hals zweigt sich ebenso von der Zahnleiste ab, wie es beim Stadium II der Fall war. Nach der Ablösung der Anlage Prd* von der Zahnleiste zerfällt diese nicht, sondern zeigt sich auch weiter neben M! (Prd’). Das linguale freie Ende der Zahnleiste ist bei Prd* im vorderen Theile der Anlage vorhanden. Es ist schwach angeschwollen. Prd* ist hier etwas stärker als bei II verkalkt. Lingual des distalen Theiles von M! (Prd°), des sog. Milchprämolaren, zeigen sich ähnlich den Befunden neben Prd? sogar zwei neben einander liegende freie Zahnleistenenden mit endständigen Verdickungen. Es gehen von ihnen Verbindungsstränge zur Anlage von M'! (Prd’). In diesem Falle besitzt also der sog. Milchprämolar die Reste von Ersatzkeimen zweier Zahnreihen. Diese Reste von echten Ersatzkeimen des sog. Milchprämolaren (M!), welche zwei jüngeren Dentitionen angehören, führen auch hier wieder in schwacher Andeutung atavistisch ältere Zustände in der Zahnentwickelung vor. Zum Verständniss des regressiven Entwickelungsprocesses der zweiten Dentition ist dieser Befund von besonderem Werthe. Zwischen M! (Prd®) und M? \M!) fehlen Zahnleistenreste. Auch in diesem Stadium zeigen sich im Bereiche des sog. Milchprämolaren M! (Prd®) mehrere Epithelperlen. Unterhalb und seitlich der Kronen liegen vier verschieden grosse Perlen, von denen sich zwei ganz in der Nähe der Krone, zwei nahe dem Epithel der Mundhöhle befinden. Ebenso liegen an der Basis der Krone in der Gegend des Endes der Herrwıc’schen Epithelscheide zwei kleinere Epithelperlen, welche direct mit dem Rundzellenepithel der Zahnanlage in Verbindung stehen. Sie beeinträchtigen das Wachsthum des Zahnes, indem sie die runden und cylinderförmigen Epithelzellen zerstören. Zwischen Prd®? und M! (Prd’) sehen wir im IV. Stadium (I8 cm Gesammtlänge) lingual dieser Zahn- anlagen verschiedene Zahnleistenreste, die ohne Bedeutung sind. Wichtiger dagegen werden die Reste, welche alsdann lingual neben dem vorderen Ende von M! (Prd5) constant als kolbenförmig verdickte, freie Zahnleistenenden in Begleitung kleiner Aeste und Epithelperlen anzutreffen sind. In Uebereinstimmung mit den jüngeren Stadien stellen sie die Rudimente des Prd® vor. Nach ihnen verschwindet die Zahnleiste, sie tritt erst wieder lingual der Mitte von M! (Prd°) am freien Ende ange- schwollen als reducirter Ersatzkeim von M! (Prd°) auf. Jenaische Denkschriften VI. 13 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 37 286 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 98 Labial oberhalb dieses Keimes zweigt sich der Ast für die über M! (Prd°) gelegene Anlage des Ersatzprämolaren Prd* ab. Der Vorgang gleicht dem der jüngeren Stadien. Gegen Ende von M! (Prd?) fehlt die Zahnleiste. Im V. Stadium (28 cm Gesammtlänge) finden wir die gleichen Zustände. Lingual des proximalen Theiles von M! (Prd°) liegen die Reste von Prd®. Auf diese folgen an reducirter Zahnleiste zwei linguale Zahnleistenfortsätze, von denen der am meisten lingual gelegene verdickt, der labiale unverdickt ist. Es sind die Ueberreste zweier Ersatzkeime von verschiedenen Dentitionen für M' (Prd?). Sie erinnern an die Befunde des Stadiums III. Im vorliegenden Falle ist der zweite Ersatzkeim besser als der erste erhalten, womit die grössere Hinfälligkeit der ersten Ersatzdentition wiederum be- wiesen wird. Unter dem Zahnleistenende tritt ein Rest des Verbindungsstranges mit Prd' auf. M! (Prd?°) zeigt den Anfang der Wurzelbildung, Prd‘ besitzt einen ziemlich starken Schmelzdentinmantel. Die Lage des sog. Ersatzprämolaren über M! (Prd°) variirt bei den einzelnen Stadien. Er ist überall über M! (Prd°), und nicht wie bei Aepyprymnus und Phascolarctus zwischen zwei Zähnen ge- legen, aber er liegt bald mehr dem vorderen Theile, bald mehr der Mitte von Prd? näher. Triehosurus, Oberkiefer. Molares (Stadium I-IV). Im ersten Stadium ist M? (M!) noch nicht angelegt. Dem Zahnkeim von M! (Prd’) folgt eine verbreiterte Zahnleiste. Der 2. Molar (M!) des zweiten Stadiums ist bereits stark verkalkt und fast so weit wie die Anlage von M! (Prd5) entwickelt. Der Zahn besitzt also, wie über- haupt die drei ersten Molaren, einen schnelleren Entwickelungsgang als die Antemolaren. M? (Mt) ist niedrig und breit, er gleicht dem hinteren Ende des sog. Milchprämolaren. Seine vier Zacken bilden die Ecken des Zahnes. Unter M? (M!) liegen keine Zahnleistenreste. Erst unterhalb des distalen Endes, zwischen M? (M!) und M3 (M2), erscheinen zuerst wieder Zahnleistenreste, denen sich im Bereiche von M?° (M?) die vollständige Zahnleiste anschliesst. Ihr unteres Ende ist verästelt, von der labialen Seite gehen feine Zweige ab, ihr oberes freies Ende ist knopfartig verdickt. Sobald die Verbindung zwischen M® (M?) und der Zahnleiste nicht mehr unterbrochen ist, zeigt sich unter M° (M®) ein lingualer, meist am Ende verdickter Fortsatz, ohne Verbindung mit dessen Anlage. Es ist ein reducirter Zahnkeim. Der untere Theil der Zahnleiste ist verdickt und besitzt kleine, meist labiale Nebenästchen (Fig. 61). Aus den verkürzten Theilen dieser Zahnleiste, d. h. aus dem mittleren Stücke geht nach Verschwinden des lingualen Fortsatzes und der kleinen Nebenäste der verdickte Zahnkeim von Mt (M®) hervor. Er liegt im Bereiche von M® (M?). M® (M?) ist weniger weit als M? (M!) entwickelt. Eine unversehrte Schmelzpulpa umgiebt die Zahn- anlage, welche nur dünne Schmelzdentinwände besitzt. Die Form von M? (M?) ist der von M? (M!) ähnlich. Noch interessanter sind die Zahnleisten- und Zahnkeimreste zwischen M? (M!) und M® (M?) sowie unterhalb der Anlage von M3 (M?) beim zweiten Stadium (13,0 cm Gesammtlänge). Zuerst finden wir eine kurze und schmale Zahnleiste, die von der Mundhöhle ausgeht und lingual neben sich kleine Ein- stülpungen des Mundhöhlenepithels sowie bald darauf eine zweite Epithelleiste liegen hat. Beide Epithel- leisten stehen unter sich theilweise im Zusammenhang (Fig. 62a). Später hat sich an Stelle des oberen Theiles der lingualen Epithelleiste eine grosse Epithelperle gebildet (Fig. 62b). Die Zahnleiste ist stark ver- kürzt. Dann ist sie unterbrochen und zeigt sich erst wieder lingual und unterhalb der Mitte von M® (M?), und zwar anfangs frei, gegen Ende der Anlage von M® (M?) mit dieser im Zusammenhang. Auch hier können wir unterhalb der Anlage von M® (M?) zwei neben einander liegende Epithel- leisten (2 und 2 Fig. 63) unterscheiden, die nicht einander parallel gerichtet sind, sondern deren untere, dem Mundhöhlenepithel zugekehrten Enden auf einen gemeinsamen Schnittpunkt auslaufen (Fig. 63a, b). 99 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 237 Beide Epithelleisten sind Ausläufer der eigentlichen Zahnleiste. Die untere, der Mundhöhle näher gelegene und mehr lingualwärts gerichtete Leiste (2) besitzt ausser einer grossen Epithelperle (Fig. 63a) an ihrem freien Ende eine nach der Perle erscheinende kolbenförmige Verdickung (Fig. 63b, c), die zweite (I) über ihr und labial gelegene hängt durch einen Verbindungsstrang mit der Anlage von M® (M?) zusammen (Fig. 63c). Ihr freies Ende ist anfänglich reducirt, zeigt aber später eine Verdickung, welche schliesslich kolbenförmig wird. Ein zweiter lingualer Zahnkeim liegt unter diesem freien Zahnleistenende (Fig. 63c). Alle diese Stücke liegen also lingual der Zahnleiste unterhalb von M3 (M?). Sie sind offenbar Reste früherer Zahnanlagen, vielleicht Rudimente ererbter Ersatzzähne, welche an eigenen Fortsätzen der Zahnleiste ent- standen. Die Verbindung der oberen, mehr labialen Epithelleiste (7) mit der Anlage von M® (M?) ist eine vorübergehende Am distalen Ende von M® (M?) liegt die Zahnleiste langgestreckt und gespalten dicht unter dieser Zahnanlage. Sie schwillt an ihrem freien Ende stark an und bildet dann den beginnenden kappenförmigen Zahnkeim von M* (M?) (Fig. 64). Noch andere Befunde treffen wir beim dritten Stadium (14,7 cm Gesammtlänge). Hier treten die ersten Reste der Zahnleiste nach längerer Unterbrechung im Bereiche von M? (M!) erst gegen Ende des 3. Molaren (M?) auf, anfangs in Form kleiner Epithelperlen und feiner Striche, alsbald aber deutlicher. Sie verbleiben ohne Verbindung mit M® (M?). Wir finden auch hier unter M? (M?) zwei getrennte Epithel- leisten, die als Ausläufer der gemeinsamen Zahnleiste nicht parallel zu einander liegen, sondern sich ursprüng- lich von einem Punkte der Zahnleiste aus abgezweigt haben. Der obere von diesen Fortsätzen, gut erhalten und am freien Ende kugelförmig angeschwollen, hat linguale Abzweigungen, der untere, der Mundhöhle näher gelegen, dagegen ist reducirter und besitzt neben labialen Ausläufern ein knospenförmig verdicktes Ende. Auch hier sind diese Fortsätze mit ihrem Anhängsel Reste ererbter Ersatzdentitionen der Vorfahren. Die Zahnleiste ist alsdann eine Zeit lang nicht vor- handen und zeigt sich erst wieder zwischen M® (M?) und M* (M°), wo sie hauptsächlich labiale Aeste besitzt und ihr freies Ende ein wenig verdickt ist. Sie hängt noch mit der Anlage des M* (M°) zusammen und besitzt in dessen Bereich drei verschiedene linguale Fortsätze (Text- fig. Io, II). Die beiden unteren (/ und 2) sind kurz und am Ende knospenförmig verdickt. Der obere (3) ist be- 9 0 o z 0 Fig. Io. Fig. II. deutend länger, ein wenig verwischt und besitzt eine 'S = nn ah H = Fig. 10 und rIı. Trichosurus, Stadium III. Ober- keulenförmige endständige Anschwellung. Labialwärts kiefer. Die Zahnleiste mit ihren Fortsätzen unter Mt (M°). gehen kleine Ausläufer ab. Alle drei Verdickungen können für Reste von Ersatzkeimen verschiedener ererbter Dentitionen der Vorfahren gelten. M5 (Mt) liegt als kolbenförmiger Zahnkeim unter dem distalen Theile der glockenförmigen und schwach verkalkten Anlage von M* (M?°). Wir haben also die Beobachtung gemacht, dass im Oberkiefer von Trichosurus im Bereiche der Molaren mehr als ein lingualer Zahnleistenfortsatz auftritt. Es finden sich zwei oder drei reducirte, von Vorfahren ererbte Ersatzkeime, ähnlich den Befunden in der Gegend des Caninus und der Prämolaren. Wir sehen somit, dass diese Eigenart sich häufiger findet und nicht allein auf Antemolaren beschränkt bleibt. 135 Binz 288 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 100 Trichosurus vulpecula, Unterkiefer. Stadium I (3,8 cm Gesammtlänge). Da die Verhältnisse in dem Auftreten der einzelnen Zahn- anlagen besonders im zweiten und dritten Stadium noch verwickelter sind als im Oberkiefer, werden die Befunde für den Unterkiefer ohne Rücksicht auf die einzelnen Zahnformen stadienweise hinter einander, wie sie sich bei der Untersuchung der Reihe nach zeigten, wiedergegeben. Im ersten Stadium finden wir die Anlagen sämmtlicher Antemolaren, die zum Durchbruch kommen, und überzähliger Zahnkeime, welche zu Grunde gehen. Vor dem ı. Id liegen vorübergehend zwei leichte Einsenkungen des Mundhöhlenepithels, die mit Zahnanlagen augenscheinlich nichts zu thun haben. Die erste Schneidezahnanlage ist von beträchtlicher Grösse (Fig. 65). Sie ist sackartig erweitert und besitzt an der unteren Seite eine seichte Vertiefung. Zwei Epithelleisten stellen ihre Verbindung mit dem Mundhöhlenepithel her, während eine dritte nur auf einer Kieferhälfte mit der Anlage zusammenhängt. Diese drei Epithelleisten oder Einstülpungen stellen in nuce die drei vorderen unteren Incisivi vor, welche dem grossen Schneidezahn das Material zum Aufbau geben. Von diesen ist die labial gelegene und auf der Fig. 65 mit 7 bezeichnete Leiste der Theil der Zahnleiste, an welcher die ursprüngliche Anlage von Id, entsteht, die dem grossen Schneidezahn eigentlich zu Grunde liegt. Die zweite accessorische Leiste ist der Rest von Id, und die dritte, linguale, der Rest von Id,. Beide sind auf Kosten von Id, zu Grunde gegangen und haben ihr Zahnleistenmaterial an diesen Zahnkeim abge- geben. Die Verbindung zwischen Id, und der mittleren Epithelleiste (2) hat nur im vorderen Theile statt, während die linguale Leiste (7) nur auf der einen Seite des Kiefers mit Id, im Zusammenhang steht. Der linguale Zahnkeim Id, ist selbständiger. Da meiner Ansicht nach also dem grossen unteren Id eigentlich der 3. Id zu Grunde liegt, und Id, sowie Id, nicht zur Entwickelung kommen, so bezeichne ich diesen Zahn in dem fortlaufenden Bericht mit Id,. Labial des Zahnleistenhalses (7) besitzt Id, einen Fortsatz. Es folgt an Stelle des ausgefallenen Id, die im Ganzen verdickte Zahnleiste, kurz und stark auf der einen, länger und schmal auf der anderen Seite des Unterkiefers. Die zunächst erscheinende Anlage ist der kleine und schwach eingestülpte Zahnkeim von Id,. Der alsdann folgende dritte Zahnkeim des Cd ist knospenförmig verdickt und mit einem kurzen Zahnleistenhals versehen. Die vierte Anlage erscheint kolbenförmig angeschwollen und grösser als die beiden vorhergehenden. Sie ist die Anlage des ı. Prämolaren. Eine Unterbrechung in der Zahnleiste findet nirgends statt. Die einzelnen Zahnanlagen sind deut- lich begrenzt. Gegen Ende des I. Prd findet sich labial oberhalb der schwachen Zahnleiste eine besondere Ein- stülpung des Mundhöhlenepithels, die sog. labiale Epithelleiste. Gleichwie im Oberkiefer sind auch im Unterkiefer an den Keimen der Prämolaren die labialen (prälactealen) Fortsätze der Zahnleiste und Zahn- keime auffällig. Der 2. Prd ist ein kolbenförmig verdickter Zahnkeim, dessen unteres freies Ende abgeflacht erscheint. Er hat drei bis vier labiale Ausläufer, die theils als Knospen, theils als kurze Aeste sich lateral der Anlage erstrecken. Der Zahnkeim von Prd, fehlt. Es ist nur ein verkürztes Zahnleistenstück festzustellen. Nach den Befunden an den älteren Stadien scheint Prd, am meisten rudimentär zu sein und überhaupt erst später als kolbenförmiger Zahnkeim aufzutreten. Prd,, welcher als Ersatzprämolar in die Tiefe wächst, bereitet diesen Vorgang schon auf diesem Stadium vor, indem sich der Zahnleistenhals seines kolbenförmigen Keimes krümmt, um sich später zu strecken und so mehr in die Tiefe zu wachsen. Besonders deutlich zeigen sich labiale epitheliale Anhängsel I0I Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 289 neben Prd, und treten nicht nur labial des Zahnleistenhalses, sondern auch des Zahnkeimes selbst auf. Labial des vorderen Theiles von Prd, sind diese Aeste sogar knospenförmig verdickt. Die Anlage des letzten Prämolaren, Prd,, oder richtiger ı. Molaren M,, ist grösser als die der vorhergehenden Prämolaren. Sie ist der sog. Milch(prä)molar und gleicht mehr einem Molaren als Prä- molaren. Die linguale Seite dieser Zahnanlage ist stärker als die linguale gefärbt und reicher an Schmelz- zellen. Labial des vorderen Endes entspringen unregelmässig gezackte, kleine Ausläufer, die labial der Mitte verschwinden und am hinteren Ende wieder auftreten. Die eigentliche Mitte der Anlage scheint sämmtliche labialen Epithelstränge in sich aufgenommen zu haben. In der Gegend des 2. Molaren (M,) ist die Zahnleiste verbreitert und am unteren Ende ange- schwollen. Labial geht ein starker Epithelzapfen ab. Trichosurus, Unterkiefer. Stadium II. Weit verwickelter sind die Befunde im Unterkiefer des zweiten Stadiums (13,0 cm Gesammtlänge). Der Grösse entsprechend sind die später functionirenden Zähne gleich ihren Antagonisten des Oberkiefers mehr oder weniger verkalkt. Es finden sich die Anlagen von Id,, Id,, Cd, Prd,—(Prd,) M,, M,—M, (M,—M,). Von diesen sind Id,, Cd, Prd,, Prd, rudimentär. M, (M,) allein besitzt kein glockenförmiges Schmelzorgan. Lingual des proximalen Theiles der Anlage von Id, finden sich gut erhaltene Zahnleistenreste. Die Zahnleiste ist lang und von ihrem ersten Auftreten an am Ende kolbig verdickt. Schwache Reste stellen ihre Verbindung mit dem Mundhöhlenepithel her; lingual der Zahnleiste liegen im Anfang kleinere Epithelansammlungen in Form von abgegrenzten Perlen. Im weiteren Verlauf verkürzt sich die Leiste und schwillt zum zweiten Male am Ende sehr stark an, ausserdem bemerkt man an ihrer lingualen Fläche eine leichte Einbuchtung. Das obere, dem Epithel der Mundhöhle zugewandte Ende ist zum Theil verzweigt (Fig. 66). Ein stärkerer Zweig (a) geht zur Mundhöhle, ein zweiter (b) führt in die Nähe der Anlage von Id,. Dieser Zahnkeim ist einer der zu Id, gehörigen Ersatzkeime. Die Anlage von Id, zeigt lingual schwache Ausläufer, die zur Zahnleiste hinführen und sich nur im vordersten Theile der Anlage finden. Während auf den folgenden Schnitten die endständige Verdickung des freien Zahnleistenfortsatzes abnimmt (die Abkürzung erfolgt unterhalb der ling. E. von Fig. 66), vergrössert sich die mittlere Ein- buchtung bedeutend (Fig. 66, 67 ling. E.). Zugleich gewinnt dieser Theil der Leiste eine grössere Selbständigkeit, er löst sich sowohl von seinem oberen wie unteren Ende ab (Fig. 67). Der obere Theil zerfällt in mehrere Epithelperlen, der untere verschwindet ganz. Die einer kappenförmigen Einstülpung ähnliche Einbuchtung der Zahnleiste liegt an ihrer lingualen Seite, von der Anlage des Id, vollkommen getrennt. Im ganzen Umkreise dieser veränderten Zahn- leiste findet sich vermehrtes Bindegewebe. Es ist nicht auf den Theil der Einstülpung allein beschränkt. Sobald dieser kappenformähnliche Zahnkeim aufhört, zeigt sich am freien Ende des oberen Zahnleisten- stückes eine erneute kolbige Anschwellung, die im weiteren Verlaufe sehr stark wird (Fig. 68a). Sie steht mit höher gelegenen Epithelhaufen in directem Zusammenhange. An diesen Zahnkeim schliesst sich weiter oberhalb ein weiterer an (Fie. 68b). Lingual und oberhalb von Id, finden sich also mit Ausnahme des letzten Zahnkeimes nicht weniger als drei verschiedene, zum Theil unter sich zusammenhängende Zahnkeime, von denen zwei stark verdickt sind, der dritte aber kappenförmig entwickelt ist. Während sich die ersten Erscheinungen ganz lingual von Id, abspielen, sehen wir die letzten über Id? in der Nähe des Mundhöhlenepithels. Das auf einander folgende Kürzerwerden der Zahnleiste und ihres freien Endes mit darauf folgender Anschwellung des letzteren weist darauf hin, dass in diesen Resten verschiedene rudimentäre Zahnkeime zu suchen sind. 290 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 102 Es sind Ueberreste ausgefallener Schneidezähne. Fraglich ist nur, ob diese der ersten oder zweiten (Ersatz-) Dentition zuzurechnen sind. Mir scheint es, als ob allein die zweite Dentition in Frage kommt. Jedenfalls kann der Zahnkeim von Fig. 66 mit gutem Recht als einer der Ersatzzahnkeime von Id, angesprochen werden, so dass die folgenden endständigen Verdickungen sowie das kappenförmige Stadium ebenfalls für Reste von Ersatzkeimen der gleichen Dentition zu halten sind, die eng mit einander zusammenhängen. Auch der Bestimmung der weiterhin auftretenden Zahnanlagen mangelt in Folge ihres reducirten Aussehens ein sicherer Beweis. Es lässt sich nur vermuthen, dass die jedesmalige reducirte Zahnanlage einem Id, Cd oder Prd angehört. Jedenfalls treten zwischen der letzten Anschwellung des Zahnleistenendes über Id, (Fig. 68b), die ich für einen ausgefallenen überzähligen Id halte, und dem sog. Milchprämolaren im Ganzen 6 mehr oder weniger reducirte Zahnanlagen auf. Von diesen rechne ich den ersten reducirten Zahnkeim und die erste rudimentär verkalkte Zahn- anlage zu den Schneidezähnen, den zweiten rudimentären verkalkten Zahn zum Caninus und die folgenden zu den Prämolaren. Besonders bei der Lage der reducirten Prämolaren ist hervorzuheben, dass sie in die Tiefe gewachsen sind und theilweise lingual unterhalb oder neben dem sog. Milchprämolaren M, (Prd,) liegen. Der Zahnkeim aber ist der Zahnleiste beim Einwachsen in das Mesoderm meistens nicht ganz gefolgt, weshalb die Zahnleiste gewöhnlich weiter eingedrungen ist als der Zahnkeim und dieser dann an einer stark geknickten Zahnleiste gelegen ist. Der Versuch also, in die Tiefe zu wachsen, wie er bei dem Ersatzprämolaren Prd, gelungen ist, wird von den meisten Zahnkeimen in der Gegend des Prämolaren eingeleitet, aber nicht zur vollkommenen Ausführung ge- bracht. Zahnkeime, die in dieser Gegend nicht in die Tiefe wachsen, wie dieses beim Stadium III z. B. der Fall ist, sondern oberflächlich liegen, kommen über die niedrigsten Stadien der Zahnentwickelung gewöhnlich nicht hinaus, während die anderen meist die Glockenform und Kalkablagerung erreichen. Die Zahnleiste ist eigentlich fast durchgängig, bald reducirt, bald in Verbindung mit reducirten Zahnanlagen, oberhalb von Id, zu verfolgen. Bevor die zweite verkalkte Zahnanlage auftritt, zeigt sich noch der reducirte, kolben- förmige Zahnkeim eines Incisivus (Id,). Darauf finden wir die glockenförmige Anlage eines weiteren Schneidezahnes, der nach unserer Berechnung Id, ist (Fig. 69). Im Beginn dieser Anlage sehen wir lingual zwei Zahnleistenfortsätze, von denen Forsatz a das untere Ende der in die Tiefe gewucherten Zahnleiste und 5b den reducirten Ersatzzahnkeim von Id, vorstellt. Die ganze Anlage ist bedeutend kleiner als die von Id, und macht den Eindruck eines rudimentär werdenden Zahnes. Die Krone ist fach und verbreitert. Die Verbindung zwischen Zahnleiste und Anlage besteht durchgängig, die zwischen Zahnleiste und Mund- höhlenepithel nur mitunter. Nahe der Mundhöhle ist der obere Theil der Zahnleiste schlauchförmig erweitert. Die dritte Zahnanlage, Cd, folgt Id, nicht unmittelbar; zwischen beiden liegt der Kieferknochen. Die Anlage von Cd ist klein und gleichfalls rudimentär, sie besitzt verkalkte Schmelz- und Dentinkappen sowie eine unvollkommene Schmelzpulpa, hat aber im Uebrigen, verkleinert, die Form der Anlage des Id,. Cd liegt ausserhalb des Kieferknochens seitlich lingual von Id, und nahe dem Mundhöhlenepithel. Labial und lingual dieser Anlage finden wir freie verdickte Zahnleistenenden (Fig. 70a). Die Zahnleiste liegt anfangs quer über Cd, der labiale Fortsatz geht direct von ihr nach der Aussenseite zu ab, ohne die Anlage zu berühren. Das Schmelzorgan von Cd liegt unter diesen Zahnleistenresten und besitzt lingual anfangs ein, aber bald zwei freie Fortsätze der Zahnleiste. Der labiale Fortsatz ist kräftig entwickelt und an seinem freien Ende verdickt (Fig. 70a), die beiden lingualen sind kürzer, erhalten aber auch kolbenförmige Anschwellungen (Fig. 70b). Es sind die Reste zweier Ersatzdentitionen. Lingual der Mitte und des distalen Theiles von Cd liest die Zahnleiste seitlich lingual der Anlage. Sie ist tiefer in das Bindegewebe eingewachsen als die labial von ihr gelegene Zahnanlage Cd. 103 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 291 Beachtenswerth ist das Auftreten dieser verschiedenen Zahnleistenenden sowie ihre Lage zu dem Schmelzorgane. Sie liegen nahe der Anlage, und den seitlichen Theilen dieser als ein Anhängsel beige- geben. Es scheint, als ob besonders das der Anlage näher gelegene labiale freie und verdickte Ende ein Theil der Anlage selbst ist, welcher sich in Folge eingetretenen Zerfalles von Cd abgelöst hat und als selb- ständiger Zahnkeim auftritt (Fig. 70a). Die Anlage ist rudimentär und bedeutend kleiner als die eines normalen Caninus. Die Krone ist verflacht. Das Erscheinen des zweiten lingualen Zahnleistenfortsatzes ist in Rücksicht auf den rudimentären Vorgänger nichts Ungewöhnliches. Der Anlage von Cd folgt eine kurze Unterbrechung im Auftreten der Zahnleiste, die alsdann hier und da in Resten erscheint. Die Anlage von Prd, liegt ausserhalb der Alveole noch tiefer im Bindegewebe als Cd. Sie ist kleiner und rudimentärer als die von Cd und liegt gleichfalls an einer nach unten zu spitz gewinkelten Zahnleiste (Fig. 71a). Es besteht eine schwache Verkalkung. Schmelzepithel und Schmelz- pulpa sind gut entwickelt. Die Anlage ist mehr hoch als breit. Labial und lingual der Anlage liegen auch hier freie, zum Theil verdickte Zahnleistenenden, deren Form etwas anders als bei Cd ist. Sie treten oberhalb des Schmelzorganes auf, welches sich senkrecht zur eingewucherten Zahnleiste stellt, und stehen mit dem äusseren Schmelzepithel der Anlage im Zusammenhang. Gegen Ende von Prd, zerfällt der linguale Fortsatz in drei verschiedene Theile (Fig. 7Ib). Der Rest einer jüngeren als zweiten Dentition findet sich nicht. An Stelle dieser Anlage von Prd, folgen schon im Bereiche der grossen Anlage des Milchprämolaren M, (Prd,), lingual zuerst an der verbreiterten und später an langer, schmaler Zahnleiste zwei reducirte Zahnkeime. Der erste von diesen ist kappenförmig und besitzt labial einen kleinen kurzen, lingual aber drei über einander liegende freie Fortsätze der Zahnleiste (Fig. 72). Es ist der Rest von Prd,. Während die freien Fortsätze a und b zwei Ersatzdentitionen und der labiale, mit der Anlage zusammenhängende Fortsatz den Rest einer prälactealen Dentition vorstellen, ist der Fortsatz ce das Ende der in die Tiefe wuchernden Zahnleiste, welche dem bei den vorhergehenden Anlagen auftretenden spitzen Winkel der Zahnleiste entspricht. Der zweite rudimentäre, auf Prd, folgende Zahnkeim, lingual von M, (Prd,), ist ein reducirter, kolben- förmiger Keim mit einem unteren abgeflachten Ende. Es ist der Rest von Prd, (Fig. 73). Diesen beiden Zahnkeimen folgt die verlängerte Zahnleiste lingual von M, (Prd,), bis an das Mund- höhlenepithel reichend und mit ihm theilweise im Zusammenhang. Sie schwillt bald an ihrem Ende wiederum kolbenförmig an. Auch dieses verdickte Zahnleistenende liegt lingual von M, (Prd,) und verbleibt ohne jede Verbindung mit dessen Anlage. Sobald die endständige Verdickung der Zahnleiste aufhört, zweigt sich von ihrem oberen Reste lingual unter M, (Prd,) der Ast für die Anlage des Ersatzprämolaren Prd, ab. — Somit befinden sich im Bereiche der Anlage von M, (Prd,) drei verschieden weit entwickelte Zahnanlagen, von denen die beiden vorderen den reducirten Prd, und Prd,, die dritte aber dem Ersatzprämolaren Prd, entsprechen. Prd, und M, (Prd,) sind beide grosse Zahnanlagen. Prd, ist weniger weit als M, (Prd,) ent- wickelt, hat aber ein glockenförmiges Schmelzorgan mit schwach verkalkter Krone. Ein lingualer Zahn- leistenfortsatz besteht nicht, labial springt an der Anlage ein Zapfen hervor. M, (Prd,) dagegen ist sehr stark verkalkt und von allen Zahnanlagen des Unterkiefers am weitesten in der Entwickelung vorgeschritten. Diese Anlage ist in ihrem vorderen approximalen Theile einzackig, in der Mitte und distalwärts zwei- und dreizackig. Die mittleren Zacken sind niedriger als die seitlichen und die vordere Zacke. Der ganze Zahn 292 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 104 hat eine gedrungene Form und gleicht einem im vorderen Theile veränderten Molaren. Die Wurzeln dieses Zahnes fangen an zu entstehen, die Schmelzpulpa ist resorbirt. Selbst nachdem der Ast der Zahnleiste, welcher zur Anlage des Prd, hinleitete, sich wieder von der Zahnleiste abgelöst hat, bleibt letztere dauernd an ihrem freien Ende verdickt. Eine besondere hervorstechende endständige Anschwellung, die durch eine schwache Brücke mit M, (Prd,) verbunden ist, deute ich für den Rest der Anlage des echten Ersatzzahnes von M, (Prd,). Erst mit dem distalen Ende von M, (Prd,) erfährt die Zahnleiste eine längere Unterbrechung. Wir haben also lingual von M, (Prd,) die Zahnleiste fast durchgängig verlängert und an ihrem freien Ende verdickt an- getroffen. Die folgende Zahnanlage ist der 2. (1.) Molar. Sie ist bereits stark verkalkt, ihre Schmelzpulpa befindet sich im Zerfall. Die äussere Form dieses ganzen Zahnes, von dem bis jetzt nur die Krone ausge- bildet ist, gleicht mehr der des letzten Prämolaren als der des noch folgenden Molaren. Auch hier haben wir proximal eine grössere spitze Zacke, distal zwei kleinere und in der Mitte zwei oder drei kurze Zacken. Beim ersten Auftreten von M, (M,) ist die Zahnleiste nur in kleinen Stücken vorhanden, alsdann hören auch diese Reste auf. Erst gegen Ende von M, (M,) tritt die Leiste oberhalb zwischen den Zacken lang, schmal und mit geringer Verdickung am freien Ende auf. So lässt sie sich eine Zeit lang verfolgen und geht erst weitere Veränderungen im Bereiche des 3. (2.) Molaren ein. Die Anlage dieses Zahnes hat die Form eines echten vierzackigen Backzahnes, sie ist gross, gut verkalkt und noch mit ziemlich intacter Schmelzpulpa versehen. Die Zahnleiste steht mit dem Schmelzorgan von M, (M,) in Verbindung, besitzt aber an der lingualen Seite mehrere Fortsätze. Es sind die Reste von Zahnkeimen ererbter Ersatzdentitionen (Fig. 74a, b). Ausser zwei anfänglichen Fortsätzen (Fig. 74a) zeigt sich später ein dritter, welcher zwischen ihnen gelegen ist (Fig. 74b). Die beiden oberen (2 und 3) tragen je eine knospenförmige Verdickung, während sich von ihnen nach abwärts die Leiste bogenförmig gewunden zur Anlage von M, (M,) abzweigt. Zum Schluss finden wir über M, (M,) eine vielfach verästelte, besonders labial gezackte Leiste, die lingual einen längeren Fortsatz trägt. Es ist das der vorher mit 7 bezeichnete Ausläufer. Noch über M, (M,) gewinnt die Zahnleiste festere Gestalt, indem sie ihre Aeste verliert, kürzer wird und anschwillt. Es bildet sich die folgende Anlage M, (M,). Ihr Schmelzorgan ist auf dem Stadium der sich entwickelnden Glockenform und liegt im Bereiche von M, (M,). Es treten also über M, (M,) lingual drei verschiedene, am freien Ende verdickte, Zahnleistenfortsätze auf, die alle drei verschiedenen von den Vorfahren ererbten Ersatzdentitionen angehören. Wir haben auch hier den merkwürdigen Umstand vor uns, dass sich lingual eines Molaren mehr als ein oder zwei reducirte Ersatzkeime vorfinden, womit bewiesen wird, dass sich ein Molar in dieser Hinsicht nicht von Antemolaren unterscheidet. Triehosurus, Unterkiefer. Stadium III (14,7 cm Gesammtlänge) und IV (18 cm Gesammtlänge). Die im Bereiche des Id, beim Stadium II so verwickelten Zustände der Zahnleiste und ihrer Fortsätze ergeben sich im III. und IV. Stadium einfacher. Wir finden lingual des stark verkalkten Zahnes im Beginn seines Auftretens verdickte Zahnleistenenden, die frei und nur mit dem Epithel der Mundhöhle kurze Zeit in Verbindung, stehend, tief in das Bindegewebe des Kiefers eingewuchert sind. Der obere Theil der Zahnleiste ist schwach, zumeist fadenartig ausgezogen oder perlenförmig unterbrochen. Lingual dieser Leiste liegen im Beginn kleine Epithelzellenhaufen. Eine starke, kolbige Verdickung des freien Endes in Verbindung mit stärkeren und 105 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 293 kurzen Zahnleistenresten tritt ziemlich zeitig auf. Die kolbenförmige Anschwellung ist deutlich und lässt Cylinder- wie runde Epithelzellen genau unterscheiden. Ausserdem steht ihr Zanaleietennals mit Id, durch Ausläufer in Verbindung. Es folgt eine Abschwellung des freien Endes und die beim Stadium II bereits hervorgehobene linguale, hier etwas tiefere Einstülpung der Zahnleiste. Der ganze Zahnkeim hängt mit einem feinen Rest der Zahnleiste zusammen, welcher bis an das Mundhöhlenepithel reicht; lingual Miegen zwei kleine Epithelzellenhaufen. Die linguale Einbuchtung hat trotz ihrer vorgeschrittenen Tiefe an Lebens- fähigkeit ihrer Zellen verloren und macht den Eindruck eines sich regressiv entwickelnden Keimes. Als dritten lingualen Zahnkeim zeigt sich ähnlich den Vorgängen des jüngeren Stadiums eine weitere kolbige Ver- dickung des Zahnleistenendes. Hierauf ist die Zahnleiste unterbrochen. Wir finden also auch beim Sta- dium III lingual des grossen unteren Id, mehrere nach einander auftretende, veränderte freie Zahnleisten- enden, die gewissen Entwickelungsstufen-von Zahnkeimen gleichen. Das Stadium IV zeigt die Zahnleiste lingual des vorderen Theiles von Id, ebenfalls in verschiedenen Formen. Auffällig ist, dass die Leiste gleich ihren Zahnkeimen durchgängig kürzer und reducirter erscheint. Sogleich mit seinem Auftreten ist das freie Ende der Zahnleiste kolbenförmig verdickt, mit Resten der Ver- bindungsstränge zu Id, sowie mit einem kleinen nach unten zu laufenden Zapfen versehen. Oberhalb dieser Verdickung zeigt sich nach ihrer Abschwellung weiterhin eine stark verdickte Knospe, welche labial der Mitte der Zahnleiste liegt. Ueber dieser Knospe erscheint dann eine dritte Verdickung (Fig. 75), die sich im weiteren Verlaufe loslöst und bald allein stark angeschwollen in der Nähe des Mundhöhlenepithels und des vorderen Endes von Id, verbleibt. Nach dieser finden wir mehr nach hinten in der Schnittserie die Zahnleiste nochmals, aber weniger stark, angeschwollen. Die lingual gelegenen kleinen Epithelzellen- häufchen sind hier schwach entwickelt. Fig. 75 scheint für alle Befunde der drei Stadien einen geeigneten Aufschluss zu geben. Wir sehen drei unter sich zusammenhängende, reducirte kolbige Verdickungen, die eine Zeit lang unter einander auf- treten und sich nach einander abtrennen. Es sind drei Schmelzkeime, die in Reduction begriffen und, da sie lingual von Id, liegen, sehr wahrscheinlich der Ersatz- oder zweiten Dentition zuzurechnen sind. Ich halte sie für Reste der freien Zahnleistenenden der Ersatzkeime der 3 ersten Ineisivi. Der grosse untere Schneidezahn Id, enthält mehr als eine Anlage in sich, wie es aus den Befunden des jüngsten Stadiums hervorging. Die lingual der Zahnleiste auftretenden Epithelzellenreste sind Ueberbleibsel einer eigenen Epitheleinstülpung. Der 2. Zahn Id, ist im Stadium III bereits durchgebrochen, stark verkalkt und mit stumpfer Krone versehen. Er besitzt keine Wurzel und liegt über Id,. Der 3. Zahn Cd ist nur noch als Rest einer Anlage nachzuweisen, er liegt als verkalkte Perle, von runden Epithelzellen stark umwuchert, an der lingualen Seite dicht unter dem Mundhöhlenepithel ausserhalb des Kieferknochens (Fig. 76). Ihm folgt die Zahnleiste und der Rest eines Zahnkeimes (Prd,) (Fig. 77). Der 4. reducirte Zahn Prd, ist dem 3. ähnlich. Er liegt als Schmelzperle ausserhalb des Bereiches des Kiefer- knochens, durch einen starken labialen Zapfen und dichte runde Epithelzellen verstärkt; lingual finden sich ganz geringe Reste runder Zellen (Fig. 78). Der labiale Ast erhält unten und oben Ansätze. In Folge vollständiger Reduction hat das Ganze einen unregelmässigen Bau. Der 5. Zahn M, (Prd,) ist normal entwickelt und beginnt Wurzeln zu bilden. Er liegt labial der Reste von Prd I und 2 und über der Anlage von Id,. Lingual des vorderen Theiles von M, (Prd,) stellen verdickte Zahnleistenreste mit einem reducirten Zahnkeime, lingualen und labialen Ausläufern die Ueberreste des Zahnkeimes von Prd, vor (Fig. 79). Jenaische Denkschriften. VI. 14 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 38 294 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 106 Von dem lingualen Theile dieser Reste aus geht der Zahnleistenast für das Schmelzorgan des unter M, (Prd,) gelegenen Ersatzprämolaren Prd, ab. Die Zahnleiste geht ohne Verbindung mit dem Mund- höhlenepithel und der Anlage von M, (Prd,) unter letzterer fort. Prd, liegt labial unterhalb der Anlage von M, (Prd,). Prd, hat Glockenform, eine Dentinschmelzkappe und ist durchgängig einzackig. Ein lingualer Zahnleistenfortsatz ist neben Prd, in reducirter Form vorhanden. Noch unter der Anlage von M, (Prd,) beginnt M, (M,). Seine Anlage hat keine vollständige Molarform, sondern besitzt wie beim zweiten Stadium proximal nur eine Zacke. Ausserdem ist der ganze Zahn proximal schmal und hoch, distal niedrig und breit, der Form des M, (Prd,) sehr ähnlich. Die Zahnleiste ist selbst in Resten nicht mehr vorhanden. Diese Anlage ist stark verkalkt und beginnt Wurzeln zu bilden. Die folgende Zahnanlage hat eine wirkliche Molarform. Ihre Verkalkung ist weniger stark als beı M, (M,). Die Schmelzpulpa geht in Zerfall über. Ein Rest von ihr liegt ungefähr in der Mitte über M, (M,), von der Anlage abgetrennt. Dieser Schmelzpulpentheil wird von Bindegewebs- und runden Epithel- zellen umgeben und liegt frei im lockeren Bindegewebe. Er gleicht dem Befunde von LECHE bei Tricho- surus, (26, Taf. XVI, Fig. 139a), ist aber nichts weiter als ein Rest der zu M, (M,) gehörigen Schmelzpulpa, und nicht ein Rest einer reducirten Zahnanlage, wie LECHE annimmt. Die Zahnleiste über M, (M,) bewahrt auch beim zweiten Stadium ihren eigenartigen Charakter. Sie besteht aus mehr als einem Strange, zeigt am oberen Ende 2 (3) mit kleinen Ausläufern versehene linguale Sprossen und am unteren freien Ende eine stark verwischte Verdickung. Labial des oberen Theiles zweigt sich später ein langer labialer Fortsatz ab, unter dem eine grössere Epithelperle liegt. Unter diesen Theilen zeigt sich das vordere Ende der folgenden Zahnanlage M, (M,) (Fig. 80). Diese starken Zahn- leistenreste liegen also zum Theil zwischen M, (M,) und M, (M,). Die Anlage von M, (M,) ist glockenförmig und schwach verkalkt. Der linguale Zahnleistenfortsatz, welcher kurz vorher lang und kräftig aufgetreten war (Fig. 80), wird schmal und undeutlich und verbleibt unverdickt über M, (M,). Ausser diesem Fortsatz zeigt sich aber noch ein zweiter lingualer, etwas höher gelegener Ausläufer mit verdicktem Ende, so dass wir im Bereiche von M, (M,) ebenfalls zwei ererbte Ersatzkeime haben, die beide zerfallen sind. Weiterhin bleibt nur der untere Fortsatz bestehen und erhält nach hinten und labial eine Verlängerung, die stark kolbenförmig anschwillt (Fig. 8r). Im weiteren Verlaufe löst sich dieses Zahnleistenstück, der Anfang des M, (M,), von M, (M,) ab, verkürzt sich, schwillt noch mehr an und liegt als isolirter Zahnkeim von M, (M,) über M, (M3). Vom Stadium IV sind die Lagebeziehungen des Id, bereits besprochen. Der 2. Zahn Id, ist zwar stark ver- kalkt, aber nicht durchgebrochen. Ausserdem zeigen sich Reste eines lingualen, reducirten Zahnleistenfortsatzes. Cd ist wie beim zweiten Stadium eine einfache verkalkte Scheibe; er liegt auch ganz ausserhalb der Kieferknochen. Prd, hingegen ist weniger als beim zweiten Stadium rudimentär (Fig. 82). Es lässt sich noch sehr gut ein glockenförmiges Schmelzorgan feststellen, neben dem sich lingual der Zahnleistenfortsatz befindet !). M, (Prd,) hat theilweise Wurzeln gebildet, Prd, liegt lingual unter M, (Prd,) und hat keinen lingualen Zahnleistenfortsatz. M, (M,) ist zum Theil bewurzelt, während M, (M,) noch ohne Wurzeln und ohne Schmelzpulpa, aber stark verkalkt auftritt. Das Schmelzorgan von M, (M,) besitzt einen reducirten lingualen Zahnleisten- fortsatz und eine noch nicht resorbirte Schmelzpulpa. Das freie Ende des Fortsatzes ist theilweise ange- schwollen. Reste eines höher gelegenen lingualen Fortsatzes finden sich in Form von kleinen Epithelperlen. Der Zahnkeim von M, (M,) liegt an einer gewinkelten Zahnleiste oberhalb der Anlage von M, (M,) und ist eingestülpt. I) Der linguale Zahnleistenfortsatz ist nicht in die Figur eingezeichnet, da er lingual des vorderen Theiles von Prd, liegt. 107 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 295 Trichosurus vulpecula. Zusammenfassung. Die entwickelungsgeschichtliche Untersuchung des Gebisses ergiebt auch für Trichosurus eine weit grössere Anzahl von Zähnen, als bisher für diese Species allgemein angenommen wurde. Nach meinen Befunden lautet die Zahnformel für Trichosurus mit Bezug auf sämmtliche, überhaupt zur Anlage kommenden Zähne folgendermaassen: 1 25 Sb. TIER: ? 1a NE 5% ca! Prd 23:4 M MWIO)EETAES I BSR oa | 2 Von diesen Zähnen sind Id — Cd ° Prd 5 : rudimentäre Zahnanlagen von verschiedener Ent- wickelungsstufe, die für gewöhnlich nicht durchbrechen. Id vılo 208 : Prd = sind gleichfalls, wenn auch weniger rudimentär, brechen aber meist durch den Kiefer durch. (Ausnahmen kommen vor.) M- ist der sog. Milchprämolar (Prd 2) welcher durch den sog. Ersatzprämolaren Prd r ersetzt wird. -Die Zahnformel des persistirenden Gebisses lautet daher: 1a 234 ca I pra 2204 12345, 3.5 (I) TIOLONA 04273945 Id, ist meistens vorhanden. Von den Prämolaren fehlen im Gebiss für gewöhnlich (nicht ausschliess- lich) Prd I. 2 In seiner jetzigen Form giebt uns das Gebiss ebenso wie das anderer Diprotodontier eine Erklärung dafür, wie aus einem polyprotodonten Gebiss ein diprotodontes entstehen kann. Die Verkürzung des Kiefers (neben der Vergrösserung der Zähne) tritt vor allem in der Antemolaren-Gegend ein, weshalb sich auch so viele überzählige Antemolaren ontogenetisch nachweisen lassen. Die Abnahme der Kieferlänge und das Vor- wärtsdrängen der Molaren scheint aber besonders in der Prämolarenreihe mit den Zähnen aufgeräumt zu haben. Die Befunde in dieser Gegend sind um so mehr interessant, als es möglich war, mit Inbegriff des sog. Milch- prämolaren im Ganzen fünf Prämolaren nachzuweisen. Von diesen erscheint der 3. am meisten rudimentär; Prd 3 ist im Ober- wie Unterkiefer am wenigsten entwickelt. Ebenso hinfällig ist der Prd! des Oberkiefers, während Prd, im Unterkiefer ebenso gut erhalten ist wie Prd? des Oberkiefers, wobei jedoch Ausnahmen vorkommen. Der Ersatzprämolar Prd 4 ist ein Zahn der ersten Dentition, welcher secundär wegen Platz- mangels in die Tiefe wächst. Ich habe nachweisen können, dass auch andere Antemolaren im Ober- wie Unterkiefer diesen Versuch unternehmen. Prd 5 schliesslich ist kein echter Prämolar, sondern ein Prämolar, welcher Molarform besitzt und nach vorn gedrängt worden ist. Wir haben für Trichosurus ebenso wie für Phalanger, Aepyprymnus und einzelne Fälle von Phascolaretus (53) 5 Molaren anzunehmen, von denen der 1. (Prd,) ein modificirter Prämolar ist, der secundär gleich den echten Molaren eine molarähnliche Form an- genommen hat. Er wird bei Phalanger, Aepyprymnus und Trichosurus durch den 4. Prämolaren verdrängt. Bei Phascolarctus tritt dieser Fall nicht ein. Hier wird der 4. Prämolar durch den 3. ersetzt. Die Anlage des grossen unteren Schneidezahnes (Id,) enthält das Material der 3 vorderen Ineisivi, welche zu einem Zahne verwachsen, dessen eigentlicher Kern der Id, ist. In Folge dieser Verwachsung der drei Zahnkeime erster Dentition treten auch die drei Ersatzkeime in nähere Berührung und hängen enger mit einander zusammen, als es sonst bei drei sich folgenden Keimen der Fall ist. Ich halte diese Erklärung der Befunde lingual von Id, für die einfachste und den Verhältnissen am besten entsprechende. Im Unterkiefer finden sich ebenfalls deutliche Reste rudimentärer Zähne, die in der Antemolaren- 14 * 33 * 296 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 108 Gegend liegen. Es sind die Reste der Id,, Cd, Prd ı—-3, während Id, ein noch verhältnissmässig gut erhaltener Zahn ist. Die Anlage des Id, ist ein reducirter, kolbenförmiger Zahnkeim. Ihm fügen sich weitere durch- gängig mehr entwickelte, aber auch im Zerfall begriffene Zahnanlagen an. Die Kronen dieser Zähne sind nicht spitz, sondern abgeflacht, mitunter auf der Oberfläche ausgehöhlt. Sie besitzen lingual und labial ver- dickte Zahnleistenenden, die post- und prälactealen Dentitionen angehören und lingual manchmal zu zweien auftreten. Wir haben dann in ihnen die Reste von zwei Ersatzdentitionen. Einmal ist der linguale Fortsatz in drei Theile gespalten (Fig. 69—71b). Die Anlage des Cd liegt bei allen Stadien, besonders im Oberkiefer, tiefer im Kiefer als die der Ineisivi. Sie ist beim Stadium II im Unterkiefer eine echte Zahnanlage mit Schmelzdentinkappe und beider- seitigen Zahnleistenfortsätzen, beim Stadium III und IV jedoch nur noch eine Schmelzperle. Die tiefere Lage des Schmelzorganes von Cd ist im Oberkiefer keine zufällige. Auch sie wird durch Platzmangel hervorgerufen. Mit der tieferen Lage geht aber die langsamere Entwickelung des Cd Hand in Hand. Sein Durchbruch erfolgt später als der seiner Nachbarn und verhütet so das Verdrängen dieser ganz in seinem Bereiche sich ent- wickelnden Zähne. Auch Prd, ist beim Stadium II eine ziemlich wohl erhaltene Zahnanlage, bei III eine verkalkte Perle mit labialem Epithelzapfen, bei IV eine stark reducirte Zahnanlage mit rudimentärer Schmelzpulpa und Schmelzzellen. Er ist also durchgängig vorhanden, wenn auch verschieden stark dem Zerfall nahe. Im Bereiche von M, (Prd,) finden sich im Stadium II und III die Reste des Prd, und Prd,. Beide Male sind es reducirte kolbenförmige Zahnkeime, die tiefer im Bindegewebe liegen. Während im Oberkiefer der Ersatzprämolar Prd* meist mit dem Epithel der Mundhöhle zusammen- hängt, ist im Unterkiefer diese Verbindung unterbrochen. Prd, liegt labial oder lingual unter M, (Prd,). Reste prälactealer, zweiter, dritter und noch jüngerer Dentition sind häufiger vorhanden. Im ersten Stadium zeigten sich directe Verwachsungen der Zahnkeime von Id’, Id® und: Id‘ mit labialen prä- lactealen Keimen. Die Verwachsungen führen zu zweifachen Einstülpungen der Zahnkeime, und diese zur Bildung zweier Zacken, wie die älteren Stadien es beweisen. Im Bereiche der Prämolaren des ersten Sta- diums war ebenfalls das Auftreten labialer Fortsätze und Ausläufer auffällig (Fig. 44, 45a, b). Aehnlich wie Woopwaro habe ich labial des Id®, Id, (Id,) und Id, (Id,) prälacteale Ueberreste gefunden. Auch die meisten rudimentären Anlagen besassen prälacteale reducirte Zahnkeime. Ebenso wichtig aber wie diese Ueberreste sind die reducirten Ersatzkeime dritter und sogar noch jüngerer vierter Dentition. Lingual des Cd, Prd,, Prd 2 und Prd3 fanden sich die der dritten Dentition ebenso häufig wie lingual oberhalb oder unterhalb der zwei mittleren Molaren M, (M,) und M, (M,). Bei diesen kamen selbst Reste einer vierten Dentition vor. Alle derartigen Keime sind Ueberreste des einst zahlreicheren Zahnwechsels der Vorfahren. Trichosurus hat sich wie überhaupt manches Beutelthier in Folge seiner niedrigen Stellung in der Familie der Säugethiere diese Merkmale in besonderer Weise erhalten und zeigt deswegen nicht nur Reste älterer prälactealer, sondern auch jüngerer postlactealer Dentitionen. Die Befunde im Bereiche der einzelnen Anlagen sind zumal im Oberkiefer so eigenartig, dass es sich lohnt, sie einer besonderen Besprechung zu unterziehen. Beim Vergleich der einzelnen Stadien in Bezug auf das Auftreten der freien Zahnleistenenden lingual der oberen Schneidezähne und mit Rücksicht auf die innerhalb des Bereiches dieser Anlagen vorkommenden reducirten Milchzahnkeime ergiebt sich ein für alle Stadien nicht übereinstimmendes Ergebniss. Das jüngste Stadium zeigt Reste des 5. und eines zwischen Id’ und Id5 befindlichen überzähligen Incisivus, der auch auf den älteren Stadien vorkommt, sowie den Rest von Id!, welcher vor der eigentlich ı. Incisivus-Anlage zu finden ist (Fig. 43 und 47). Bei den älteren Stadien dagegen finden sich Reste verschiedener, zwischen den 109 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 297 einzelnen Schneidezähnen gelegener Zahnkeime überzähliger Id. Diese eigenartigen Reste zeigen sich bei den Stadien II—-V im Bereiche aller drei verkalkten Id. Sie kommen neben den eigentlichen Ersatzkeimen der Id vor. Es scheint eine Zahnanlage vor Id? und zwischen Id’ und Id* ausgefallen zu sein. Ausserdem treten zwischen Id? und Id°®, sowie Id und Cd selbständige Zahnkeime auf. Kein Stadium zeigt diese Reste sämmtlich, sondern immer nur das eine oder das andere Rudiment aus der Gesammtzahl. Bei zwei Stadien finden sich jedoch drei überzählige Id-Keime. Da die Homologisirung dieser überzähligen Zahnkeime in den einzelnen Stadien nicht möglich ist, lässt sich im Allgemeinen nur folgern, dass vor Zeiten im Zwischen- kiefer eine grössere Zahl von Zähnen und zwar mehr als fünf jederseits bestanden hat. Ausser diesen überzähligen Zahnkeimen waren die Ersatzkeime der drei Id bei den Stadien II_V mit ziemlicher Gewissheit festzustellen, da sie meistens Reste ihrer früheren Verbindung mit den labialen Anlagen besassen oder sogar trotz der weiten Entwickelung dieser mit ihnen zusammenhingen. Die Ersatzkeime waren in den meisten Fällen bei den Stadien II-IV deutlich verdickte Zahnkeime, mitunter aber, wie z. B. bei Id’, auch schon von Anfang an reducirt. Schliesslich kam gleichwohl überall die Erscheinung des Zerfalles zu Tage, und die Gewissheit, dass wir nicht mehr zur Entfaltung gelangende Zahnanlagen vor uns haben, trat mit dem Alter des Stadiums immer mehr hervor. Die Entwickelungsstufe der einzelnen Ersatzkeime I?, I?, I* ist auf den vier verschieden grossen Stadien eine ungleiche. Bald zeigt dieses Stadium einen besseren kolbenförmigen Zahnkeim des I? als jenes. Gerade diese Unregelmässigkeit in den Reductionsgraden der Ersatzkeime innerhalb so verschiedener Stadien kann nur für eine regressive Entwickelung dieser Keime sprechen. Die häufiger scharf auftretenden kolbenförmigen Zahnkeime erhalten sich diese Fähigkeit durch ihre Verbindung mit dem Mundhöhlenepithel und sprechen zugleich für die zähe Ausdauer, welche selbst reducirte Zahnanlagen in ihrem Auftreten besitzen. Die reducirten Ersatzkeime der Id gleichen den reducirten Zahnkeimen ausgefallener Incisivi erster Dentition durchaus. Hierdurch ergiebt sich aber der beste Beweis für die regressive Entwickelung der Ersatzkeime von selbst. Denn Niemand wird die überzähligen Zahnkeime erster Dentition im Bereiche der Id auf eine progressive Entwickelungsstufe stellen. Die Befunde im Bereiche der Cd des Oberkiefers sind mit Sicherheit nicht zu geben (Fig. 49—52). Abgesehen von den zahlreichen lingualen Fortsätzen der Zahnleiste unter Cd bin ich in Betreff der kurz vorher auftretenden Zahnleisten- und Zahnkeimreste unter Cd zu der Ueberzeugung gekommen, dass wir in den Resten ein Ueberbleibsel einer selbständigen, vielleicht überzähligen Prämolaren-Anlage vor uns haben. Aehnliches ergaben die Befunde von Phalanger orientalis. Umsonst zeigen sich derartige Reste nicht so constant und bei verschiedenen, aber verwandten Species. Charakteristisch für meine Annahme sind die Figuren 49b und 50. Die Epithelperle besitzt im Innern grosse, blasige Zellen mit grossen, runden, central gelegenen Kernen, in der Peripherie runde Epithelzellen und ganz nach aussen Bindegewebe mit kleinen, spindelförmigen Zellen. Die zwischen Cd und Prd? liegenden und constant auftretenden Epithelzellenreste mit verdicktem Zahnkeime und Epithelperlen halte ich für die Ueberreste des ausgefallenen ersten Prämolaren. Sie liegen dem Epithel der Mundhöhle nahe, von der Anlage des 2. Prämolaren durch die Alveolenwand getrennt. Reste des Ersatzkeimes für Prd? sind sie nicht. Dieser erscheint nach ihnen in Verbindung mit Prd?. Das Vorkommen zweier am freien Ende verdickter Zahnleistenfortsätze lingual des 2. und 5. Prämolaren, die von zwei verschiedenen, aber unter einander in Verbindung stehenden Epithelleisten ausgehen, ist wieder ein neuer Beweis des Vorkommens der dritten Dentition neben der reducirten zweiten. Das Ganze ist ein ähnlicher Rückgang in der Entwickelung, wie ihn die Zahnleiste lingual des Caninus bereits gezeigt hat, eine Rückkehr zu einer verlassenen Entwickelungsstufe. Im günstigsten Falle wären hier auf den bereits 298 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. IIo rudimentären 2. Prämolaren zwei Nachfolger gekommen, so dass das Auftreten der dritten Dentition als eine Abweichung vom normalen Verlauf nur atavistisch in Folge Reduction des Milchzahnes aufzufassen ist. Wegen des gänzlichen Zerfalles der Ersatzdentition bei den Beutelthieren überhaupt kommt aber hier weder der Nachfolger der zweiten noch der jüngeren Dentition zur Entwickelung. Wäre die Ersatzdentition in progressiver Entwickelung begriffen, so müsste man gerade bei Prd? um so mehr eine Entwickelung dieses Zahnkeimes erwarten, als der Zahn der ersten Zahnreihe bereits rudimentär ist. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass der sog. Ersatzprämolar, welcher an Stelle des Milch- prämolaren tritt, nicht der richtige Ersatzzahn zweiter Dentition ist, sondern aus der Zahnreihe heraus- gedrängt wurde und in die Tiefe hinabwächst. Ich habe bei fast allen Stadien den freien, am Ende verdickten Zahnleistenfortsatz lingual des zweiten functionirenden Prämolaren, des sog. Milchprämolaren, nachgewiesen. Dieser Fortsatz, aus dem sich unter normalen Umständen der Ersatzzahn entwickelt, ist vollständig reducirt gleich allen übrigen lingual der functionirenden Zähne erster Dentition auf- tretenden freien Zahnleistenenden. Er gelangt also nicht zur Entfaltung. Da ich auf diese Ver- hältnisse am Schlusse der Arbeit näher eingehe, so will ich an dieser Stelle die schon von WOODWARD ausgesprochene Ansicht kurz berühren (62). Alle Diprotodontier haben in dieser Beziehung ein übereinstimmendes Ergebniss, das ich bei den- jenigen Species, wo mir ein reichhaltigeres Material zu Gebote stand, von Stadium zu Stadium durch Be- weise erläutern kann. Der Ersatzprämolar ist eigentlich der 3. oder 4. Prämolar der ersten Dentition, welcher in der Zahnreihe ursprünglich vor seinem Vorgänger gestanden hat und in Folge secundär einge- tretener Kieferverkürzung unter die Anlage des sog. Milchprämolaren zu liegen kommt. Mit Berücksichtigung der reducirten und ausgefallenen Prämolaren ist der Ersatzprämolar der 4. und der Milchprämolar der 5. Prämolar. Letzterer ist ein molarähnlicher Backzahn und erst secundär in die Reihe der vorderen Prämolaren gerückt. Das Nachdrängen der hinter den Prämolaren liegenden Molaren auf die Antemolaren ist eine zwar bekannte, aber nech lange nicht genügend berücksichtigte Thatsache, die zum Ver- ständniss der gewaltigen Veränderungen im Gebiete der Prämolaren bei allen Säugethiergruppen viel beiträgt. Ich habe gefunden, dass an den Stellen im Gebiete der Prämolaren, wo sich rudimentäre Zahn- anlagen befinden, die Zahnleiste tiefer als gewöhnlich in den Kiefer eingewuchert ist, um anderswo als sonst einen Platz zur Entwickelung ihrer Zahnkeime zu finden (Fig. 69—72). Die Zahnanlagen liegen meist an einer geknickten Zahnleiste. Was nun dem einen Theile nicht geglückt ist, das hat der andere erreicht: die 4. Prämolarenanlage kommt auf diese Weise zur Entwickelung und verdrängt den sogen. Milchprämolaren. Die drei functionirenden Prämolaren des Oberkiefers sind der 2., 4. und 5. Prämolar, die des Unter- kiefers der I. 4. und 5. Der 5. Prämolar (M ı) wird durch den 4. ersetzt. Die übrigen Prämolaren zerfallen. Der functionirende I. Prämolar des Oberkiefers ist also der 2. der 2. Prämolar der 5. Prämolar der Vorfahren, welcher durch den 4. ersetzt wird. Der Vorgang in der Entstehung der Molaren ist für Ober- und Unterkiefer der gleiche. Es liegt kein Grund vor, diese Zähne einer anderen als der ersten oder lactealen Dentition zuzurechnen. Ihre Entwickelung geht am freien Ende der Zahnleiste vor sich und erleidet nur bei M, (M,) und M, (M,) wegen Platzmangels eine Verzögerung. M, (M,) liegt daher eine Zeit lang im Bereiche von M, (M,), M, (M,) im Bereiche von M, (M,). Gleichwohl bricht auch der 4. (3.) Molar frühzeitig durch und zwar im Unter- kiefer früher als im Oberkiefer. Die Molaren entwickeln sich im Unterkiefer im Allgemeinen etwas eher. Auf die Aehnlichkeit des 1. Molaren mit dem letzten Prämolaren und umgekehrt ist bereits III Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 299 wiederholt hingewiesen worden. Diese Aehnlichkeit fällt besonders im Unterkiefer auf. Prd 5 ist meiner Ansicht nach mehr ein Molar als ein Prämolar und von mir als M ı geführt worden. Linguale Zahnkeime, meist in reducirter Form, finden sich neben den 4 (3) ersten Molaren. Beim 5. (4.) habe ich keinen Fortsatz wegen der noch nicht vorgeschrittenen Entwickelung gesehen. Das freie Zahnleistenende liegt bei den 4 (3) Molaren oberhalb oder unterhalb der Anlage und nicht seitlich; es hängt selten mit der Anlage, sondern meistens nur mit der Zahnleiste zusammen. Auf diese besondere Lage der Ersatzkeime bei Molaren habe ich in der Arbeit über Galeopithecus aufmerksam gemacht und diese Keime nicht der zweiten, sondern der dritten Dentition gleichgestellt (4). Da sich thatsächlich ausser diesen lingualen Fortsätzen der Zahnleiste noch Reste von Fortsätzen seitlich von Molaren oder von der Anlage dieser ausgehend finden, die aber für gewöhnlich in die Anlage hineinbezogen werden und als die eigentlichen Keime zweiter Dentition aufzufassen sind, so ist wohl für die echten Molaren anzunehmen, dass die über oder unter ihnen (im Unter- oder Oberkiefer) gelegenen freien lingualen Zahnleistenfortsätze einer späteren Ersatzdentition zugehören. Aehnlich den Veränderungen, die sich unterhalb des oberen Cd an der Zahnleiste in Form ver- schiedener lingualer verdickter Fortsätze zeigen, finden wir im Bereiche der M 3 (M 2) und M 4 (M 3) im Ober- wie Unterkiefer mehrere linguale Zahnleistenfortsätze. Sie treten manchmal in Begleitung von Epithelperlen auf. Die Zahnleiste hat eine ganz besondere Productionsfähigkeit für ausgefallene Zahnanlagen. Eine genügende Erklärung der vielen umgeformten Zahnleistentheile und Zahnkeime im Bereiche der Molaren ist kaum zu geben. Ich habe für einen Theil dieser Reste, welche im Bereiche von M 3 (M 2) oder M4 (M3) liegen und nicht zwischen M2 M3 (Mı M2) oder M3 M4 (M2 M3) vorkommen, ange- nommen, dass sie Keime verschiedener Ersatzdentitionen vorstellen. Andererseits können die zwischen den Molaren vorkommenden Zahnkeime und verdickten Zahnleistenstüicke Reste überzähliger Zahnanlagen erster Dentition sein. Es ist nicht genau zu entscheiden, ob diese Theile als unabhängig von den Molaranlagen zu betrachten sind. Sie haben schliesslichauch nn EEE a = er SEE ME! = weniger Bedeutung als die lingualen Fort- - ö Fig. 12a. Fig. 2b. sätze unter oder über der Mitte derMolaren. Fig. 12a und b. Trichosurus, Oberkiefer. Zahnleisten- und Zahnkeim- Diese halte ich für directe Ersatzkeime der „este unter (ms 9. Molaren, so dass wir auch für Molaren mehr als einen Ersatzkeim haben. Um hierfür nur ein Beispiel, das sich häufiger wiederholt, hervorzuheben: ver- längert man bei den Figuren 63a, b die beiden Epithelleisten nach unten, so schneiden sie sich, und die labiale Leiste führt auf eine Einbuchtung des Mundhöhlenepithels (Textfigur 12a, b). Wir sehen, dass dann / ein Ast von 2 ist. Der Ast liegt aber lingual der Zahnleiste (Leiste 2), ebenso wie die kolbenförmige Verdickung b an der zweiten Leiste, welche die ältere Ersatzdentition des Molaren vorstellt. Ihre Ausläufer sind zum Theil reducirte Verbindungsstränge oder selbständige reducirte Zahnkeime. Somit bestehen lingual der Zahnleiste unter M® (M?) zwei längere, am Ende verdickte Fortsätze, von denen wiederum eigene Zahnkeime aus- gehen und der untere noch von einer grösseren Epithelperle begleitet wird. Wir können diese Fortsätze nur als Reste verschiedener Ersatzdentitionen auffassen. Aehnliches liegt auch im Unterkiefer vor. Hier hat M, (M,) im Ganzen drei verschiedene linguale Ersatzkeime, die alle über M, (M,) liegen und von der 300 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 112 Zahnleiste abgehen (Fig. 74a, b). In allen Fällen stellen diese reducirten Ersatzkeime nur den Rest des ererbten zahlreicheren Zahnwechsels vor, der bei Trichosurus noch nicht ganz verwischt ist. Phalanger orientalis var. typicus Tnos. Quseus. Wie bereits in der Einleitung zu T»ichosurus erwähnt ist, hat THomAS dieser Species wegen ihres verschiedenartigen Gebisses eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die Anzahl der Prämolaren schwankt ebenso wie die Anzahl der Incisivi des Unterkiefers und das Auftreten des unteren Caninus. Die allgemeine Zahnformel von Phalanger orientalis lautet (nach THomas): a9, ea 34 „vBSa >20 © 1 © 3 A 1 A wobei der 3. i und 3. pm des Oberkiefers, der 1. pm des Unterkiefers häufig fehlen, während der 2. i und der 3. pm des Unterkiefers rudimentär sind, aber gewöhnlich nicht fehlen. Daneben giebt es Ausnahmen, derart, dass entweder von den Prämolaren im Unterkiefer nur pm, (Prd,) vorkommt, oder dass anderer- 23 19 seits im Ober- wie Unterkiefer alle 4 Prämolaren auftreten, von denen E aber rudimentär sind. Diese Form ist eine seltene Variation. Im Unterkiefer zeigen sich zwischen i, (ld,) und pm, (Prd,) überhaupt o—5 Zwischenzähne, gewöhnlich aber nur 2 —i, (Id,), pm, (Prd,) — bei den Species Phalanger maculatus und ursinus, 3 —i, (ld,), pm, (Prd,), pm, (Prd,) — bei Phalanger orientalis. Die nähere Darstellung des äusseren Gebisses findet sich gleichfalls bei THomas. Die drei oberen Incisivi sind klein, i® (Id?) ist fast rudimentär, it (Id!) auf seinem Querschnitt rund, i? (Id?) an seiner Krone meisselförmig. Die Zähne stehen dicht neben einander. Der Eckzahn des Oberkiefers berührt entweder i? (Id?) oder er ist um I mm von i® (Id?) getrennt. Er liegt kurz vor der Prämaxillo-maxillarnaht und erscheint länger als die Incisivi. Zwischen ce (Cd) und pm! (Prd!) befindet sich im ausgewachsenen Kiefer ein grösserer Abstand. pm! (Prd!) ist gut entwickelt und gewöhnlich einzackig, pm® (Prd®) aber reducirt. pm‘ (Prd?), der Ersatzprämolar, wächst dagegen zu einem grossen, kräftigen Zahn mit einer schrägen, schneidenden Kante heran. Letztere besitzt deutliche transversale Furchen. Der erste Incisivus des Unterkiefers ist dick und breit, der zweite klein und rudimentär. Ueber die Form des sog. Milchprämolaren 4 ist bei THomas nichts angegeben. Nach meinen Befunden hat er, besonders im Unterkiefer, grosse Aehnlichkeit mit dem ı. Molaren. Der Zahn- wechsel beschränkt sich auf nur einen Zahn; dieser sog. Milchprämolar ist breit und lange persistent. Entwickelungsgeschichtlich ist das Gebiss von Phalanger (Cuscus) von WOODWARD untersucht worden und zwar auch nur in Bezug auf Anwesenheit von prälactealen Zahnanlagen. WoopwarD theilt mit, dass auf einem jüngeren Stadium mehrere, grösstentheils verkalkte prälacteale Zähne vorhanden sind, und zwar 2 n). 2. labial neben Id ns von denen der prälacteale Keim von Id! unverkalkt ist. Im Unterkiefer fand sich ein Rest eines rudimentären Zahnes, entweder eines Id oder eines Cd (65). Sonst habe ich in der Literatur keine weiteren Angaben über die Entwickelung der Zähne von Cuscus gefunden. Mir selbst standen nur ältere Stadien behaarter Beuteljunge von Phalanger orientalis zur Verfügung, von denen das erste 13,5 cm Gesammtlänge (über Kopf-Rücken bis Cloake gemessen), das zweite 19 cm Gesammtlänge hatte. Die Länge des Kopfes (seitlich direct gemessen von der Schnauzenspitze zur Protuberantia occip. externa) mass entsprechend 3 und 4,8 cm. Die Kiefer waren stark verkalkt. 113 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 301 Phalanger orientalis, Oberkiefer. Incisivi (Stadium I und II). Von vornherein mache ich auf die Aehnlichkeit aufmerksam, welche Phalanger und Trichosurus bei dem Auftreten und in der Entwickelung der einzelnen Zahnanlagen im Ober- wie Unterkiefer zeigen. Besonders auffallend ist die Uebereinstimmung in der Erhaltung nutzlos gewordener Zähne, die in jeder möglichen Art theilweise stark reducirt als Anlagen zum Vorschein kommen. Hierbei gleicht das Stadium II von Trichosurus dem Stadium I von Phalanger, das Stadium IV der ersten wieder dem Stadium II der andern Gattung vollkommen, und das zumal in der Entwickelung der rudimentären Incisivi und Canini. So haben beide Species nicht nur äusserlich im Gebiss eine grosse Ver- wandtschaft, sondern sie bezeugen diese auch selbst in der Entwickelung der unbedeutendsten Art. Phalanger orientalis oder Cuscus hat im Oberkiefer drei verschieden breite und grosse Schneidezähne; sie werden nach THoMAs mit i!, i? und i? bezeichnet, sind also die drei vorderen der fünf Ineisivi ent- sprechend der allgemeinen Zahnformel, während it und i® zu Grunde gingen. In Folge der schon vorgeschrittenen Grösse der beiden mir zur Untersuchung vorliegenden Stadien (13,5 und IQ cm Gesammtlänge) sind die drei Anlagen der durchbrechenden Id schon stark verkalkt. Vor dem ersten Id liegen beim Stadium I (13,5 cm Gesammtlänge) mehrere Epithelperlen, denen bald darauf ein knospenförmiger Zahnkeim am Ende eines lingual verlegten Zahnleistenfortsatzes folgt. Labial und oberhalb dieses Keimes zeigt sich einige Schnitte weiter ein stark verdicktes kolbenförmiges Zahnleistenende (Fig. 83). Beide Zahnkeime stehen unter sich in Verbindung, sie liegen an den Enden zweier Zahnleistenfortsätze. Der vorderste Theil von Id! ist über diesen Keimen sichtbar, steht aber nicht mit der Anlage von Id! in Verbindung. Weitere Zahnleistenreste treten im Bereiche von Id! nicht mehr auf. Beim Stadium II (19 cm Gesammt- länge) zeigen sich die Verhältnisse anders. Vor Id! und lingual seines vordersten Abschnittes findet sich die Zahnleiste verlängert, am freien Ende verdickt und gespalten. In der Nähe der Leiste liegen kleine Epithel- zellen. Alsdann ist die Zahnleiste unterbrochen und kommt erst wieder lingual des mittleren Theiles von Id! zum Vorschein. Hier ist ihr freies Ende sehr stark verdickt und keulenförmig angeschwollen. Ein be- sonderer lingualer Fortsatz geht unterhalb dieses Zahnkeimes ab, labial besteht eine Brücke zwischen Zahn- leistenhals und der Anlage von Id! (Fig. 84). Während meiner Ansicht nach der zuerst auftretende ge- spaltene Zahnkeim der Ueberrest einer selbständigen Incisivus-Anlage erster Dentition ist (vielleicht der eigentlich I. Id)!), stellt die zweite Verdickung den Ersatzkeim von Id! vor. Fig. 83 vom Stadium I und Fig. 84 vom Stadium II sind identisch. Der linguale Fortsatz neben dem Ersatzkeim von Id! ist ein Ersatz- keim jüngerer Dentition, welcher beim Stadium II nicht mehr zur Entwickelung gekommen ist. Der linguale Fortsatz der Zahnleiste ist aber noch vorhanden. Die Ersatzkeime besitzen reducirte Epithelzellen, deren Kerne stark gefärbt und geschrumpft sind. Trotz ihrer bisweiligen grossen Ausdehnung sind die Keime zerfallen und kommen zu keiner Entwickelung. I! steht im Stadium II mit dem Epithel der Mundhöhle in Verbindung, wodurch seine Grösse erklärlich wird. Die Anlage von Id! ist stark verkalkt. Die Krone ist stumpf und meisselförmig. Stärker noch ist die Anlage von Id? verkalkt. Seine Krone ist zweizackig; die Zacken liegen labial und lingual so, dass die Kronenfläche ausgehöhlt ist. Unter Id? liegt in beiden Stadien der Rest eines kolbigen Ersatzzahnkeimes. Id? ist am schwächsten verkalkt, er hat ebenfalls eine meisselförmige Gestalt mit einer scharfen Kante an der vorderen Kronenfläche. Unter ihm liegt gleichfalls der Rest eines lingualen, kolbig verdickten Ersatz- zahnkeimes. Beim Stadium II stehen alle drei Id dicht vorm Durchbruch. Ausserdem liegt unter dem distalen Ende von Id? ein kolbenförmig verdickter, selbständiger Zahnkeim, welcher auf eine breite Zahn- 1) Im Vergleich mit den Befunden bei Triehoswrus erscheint diese Annahme berechtigt, doch ist der Befund bei Phalanger zu ungenügend, um einen sicheren Beweis geben zu können. Jenaische Denkschriften. VI. 15 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 39 302 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. II4 furche mündet. Der Zahnkeim erstreckt sich nach der Mitte des Oberkiefers, der Nasenregion zu und reicht fast bis in den Bereich von Id’, dessen Anlage etwas später lingual über ihm erscheint. Dieser Zahnkeim ist deutlicher entwickelt als die bisher erwähnten Ersatzzahnkeime und gegen das umliegende Binde- gewebe scharf begrenzt. Er ist der Rest eines weiteren ausgefallenen oberen Schneidezahnes (des 4. Id?), der sich in Folge seines Zusammenhanges mit dem Mundhöhlenepithel auf diesem Entwickelungsstadium erhalten hat. Die Ersatzzahnkeime sämmtlicher Incisivi sind noch nachzuweisen, aber zerfallen. Phalanger orientalis, Oberkiefer. Caninus (Stadium I—II). Die Anlage des verkalkten Eckzahnes liegt bei beiden Stadien ebenso wie bei Trichosurus tiefer im Oberkieferknochen als alle übrigen. Die Krone von Cd ist spitz und einzackig, über ihr liegen noch Reste der Schmelzpulpa. Der Zahn ist so stark wie Id® verkalkt. Unterhalb des vorderen Theiles von Cd liegt eine grosse Epithelperle, die im Anfang mit Resten der Zahnleiste vereinigt, später isolirt im Kiefer nahe dem Mundhöhlenepithel erscheint. Neben ihr befindet sich eine zweite kleinere Epithelperle. Der distale Theil der grösseren und kleineren Perle tritt mit dem reducirt verdickten Zahnleistenfortsatz von Cd in Verbindung (Fig. 85). Auf diese beiden Epithelperlen folgen kurz hinter einander noch zwei weitere Perlen, welche gleichfalls unterhalb der Zahnleiste und ihres Fortsatzes liegen. Beim Stadium II sind die Verhältnisse ähnlich. Hier liegt die grosse Perle ebenso weit vor dem reducirten Ersatzkeim des Cd wie beim Stadium I, besitzt aber ausserdem lingual einen selb- ständigen kolbenförmigen Zahnkeim (Fig. 86), der vor dem Erscheinen des Ersatzzahnkeimes von Cd verschwindet. Mit letzterem tritt die grosse Epithelperle nur durch ihren distalen Theil zusammen. Im Ganzen finden sich unter Cd vom Stadium II ausser den beiden verdickten Zahnleistenenden drei ver- schiedene Epithelperlen. Hiernach bleibt die reducirte Zahnleiste mit dem Ersatzkeim von Cd allein übrig. Dieser Keim zerfällt einmal in drei Theile, die in verschiedenen Ebenen liegen (Fig. 87). Es ist schwer zu entscheiden, ob den Epithelperlen mit ihrem Anhängsel eine besondere Bedeutung zuzusprechen ist oder nicht. In Anbetracht der Zustände von Fig. 86 sowie des constanten Auftretens dieser Epithelperlen in beiden Stadien und in Uebereinstimmung mit ähnlichen Befunden bei Trichosurus ist es wahrscheinlich, dass wir in diesen reducirten Zahnleistenresten Rudimente einer Zahnanlage vor uns haben. Da die Theile kurz vor Cd liegen, so sind sie am ehesten einer Schneidezahnanlage zuzurechnen. Mit mehr Bestimmtheit lässt sich aber behaupten, dass es Reste irgend eines überzähligen vererbten Zahnkeimes sind, die sich in Verbindung mit der Zahnleiste und dem Mundhöhlenepithel in diesem Zustande erhalten haben. Phalanger orientalis, Oberkiefer. Praemolares (Stadium I—II]). Im engeren Gebiet der Species Phalanger variirt die Anzahl der Prämolaren sehr stark. Wie schon erwähnt, giebt THomAs den Verlust des 2. Prämolaren als den gewöhnlichen Zustand an und hält die auftretenden Prämolaren für pm!, pm®, pm, falls überhaupt so viele erscheinen. pm? ist von allen Prämolaren nach seinem Durchbruch am meisten functionsfähig, sein Vor- gänger, der sog. Milch(prä)molar 4 soll klein und schwach sein. Ich habe bei der Untersuchung meiner beiden Stadien zum Theil von THomas verschiedene Befunde erhalten, kann mich aber der Ansicht dieses Autors, dass die Bestimmung der Prämolaren bei Phalanger sehr schwierig: ist, nur anschliessen. Der geringe Raum im Kiefer, welcher zur Zeit des Beutellebens vorherrscht, beschränkt die Ent- wickelung einer grösseren Anzahl von Prämolaren. Der Zahnwechsel, der nach bisherigen Ansichten den 4. Prämolaren der Zahnreihe betrifft und in normaler Weise verlaufen soll, ist mit den Befunden von Aepyprymnus und Phascolarctus zu vergleichen. Ich nehme auch für Phalanger orientalis wie für Drichosurus an, 115 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 303 dass der Ersatzprämolar der ersten Dentition angehört und ein in die Tiefe gewachsener Zahnkeim dieser Zahnreihe ist. Er ersetzt nicht den vierten Prämolaren, sondern den fünften Prd oder richtiger den ersten Molaren, so dass er also selbst den 4. Prämolaren der Zahnreihe vorstellt, während der sog. Milch- prämolar der 5. Prd oder richtiger 1. Molar ist. Prd! liegt bei beiden Stadien ganz im Bereiche des Caninus und zwar labial dessen Anlage. Er ist stark verkalkt und einzackig. Wir haben in ihm eine durch Reduction vereinfachte Form eines Prämolaren vor uns, die der ursprünglichen einfachen Prämolarenform nahe kommt. Lingual des vorderen Endes von Prd! zeigen sich Zahnleistenreste in Verbindung mit einer kleinen Epithelperle. Dann folgt eine Unterbrechung im Auftreten der Zahnleiste, und erst lingual des hinteren Endes von Prd! findet sich das reducirt verdickte freie Ende der Zahnleiste. Auf Prd! folgt in beiden Stadien keine functionsfähige Anlage, sondern eine Lücke, in der die Reste zweier Prämolarkeime liegen. Es sind Prd?’ und Prd?. Der Rest von Prd? ist beim Stadium I deut- licher als bei II (Fig. 88). Er zeigt sich als ein kleines verkalktes Zähnchen, das mit zahlreichen Epithel- zellenresten der Zahnleiste in Verbindung steht. Beim Stadium II finden wir als Ueberrest von Prd? ein umgebogenes, stark verdicktes Zahnleisten- ende, in dessen Nähe ein Häufchen kräftiger Epithelzellen liegt (Fig. 80). Der Rest von Prd® ist in beiden Stadien ein reducirter Zahnkeim mit kleinen Fortsätzen, welcher nicht an einer gebogenen Zahnleiste hängt wie bei Prd’ (Fig. goa). Labial zweigt sich von dem distalen Theile des reducirten Keimes ein Zahn- leistenfortsatz ab (Fig. gob). Er führt zur Anlage von Prd! hin, welche über dem sog. Milch(prä)molaren liegt. Dieser Zahnleistenausläufer zweigt sich also labial unterhalb des reducirten Zahnkeimes von Prd’ von der Zahnleiste ab. Der Milch(prä)molar zeigt sich schon labial der reducirten Anlage von Prd®. Er ist ein grosser, kräftiger Zahn, welcher proximal einzackig und hoch, distal zweizackig und niedrig aussieht. Er gleicht also mit seinem hinteren Ende vollständig einem Molaren von Cuscus. Auch hier ist dieser sog. Milch(prä)molar ein molarähnlicher Prämolar, der secundär durch den 4. Prämolaren, den sog. Ersatz- prämolaren, verdrängt wird. Ich bezeichne ihn mit M!. Er bleibt längere Zeit im Kiefer functionsfähig. Auf dem Stadium II ist er stark verkalkt und mit dem ersten Ansatz von Wurzeln versehen. Sein lingualer Zahnleistenfortsatz ist ebenso wie bei Trichosurus reducirt vorhanden. Der Ersatzprämolar Prd* ist glockenförmig entwickelt und mit einer kleinen Schmelzdentinkappe be- deckt. Sein lingualer, vom Zahnleistenhals ausgehender Fortsatz ist reducirt und in mehrere Theile zerfallen. Auf dem Querschnitt erscheint Prd‘ einzackig und schlank, seine Schmelzpulpa ist auf diesen Stadien voll- kommen erhalten. Von der Anlage des M! (Prd5) ist Prd* durch eine feine Knochenlamelle getrennt. Unter M! (Prd5) befindet sich bei beiden Stadien eine sehr grosse Epithelperle, welche einem cysten- artigen Gebilde gleicht. Sie trägt central knäuelförmig aufgerolltes, fadenförmiges Gewebe, welches peripher von grossen polygonalen Zellen eingeschlossen wird, um die sich weiter auswärts kleine reducirte Epithelzellen in Verbindung mit Bindegewebsfasern lagern. Dieser cystenartige Sack steht mit dem Rundzellenepithel der äusseren Schmelzzellenschicht von M! (Prd5) in Verbindung. Ausser dieser grossen Perle zeigen sich unterhalb von M! (Prd°) noch mehrere kleinere, die meist in der Nähe des Mundhöhlenepithels liegen. Die Zahnleiste tritt nach ihrem letzten Erscheinen als freies Ende für den Ersatzkeim von M' (Prd°) bei beiden Stadien vollkommen aus dem Gesichtsfelde. Zwischen M! (Prd®) und M® (M!) zeigen sich zwei bis drei neben einander liegende knospenförmige Einstülpungen des Mundhöhlenepithels als veränderte Ueberreste der Zahnleiste. Es liegen an Stelle der einen Einstülpung zwei bis drei kurze, verdickte Epithelleisten neben einander. Im Bereiche des folgenden (2.) Molaren finden sich ähnliche Reste der veränderten Zahnleiste. 15* 39* 304 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 116 Auch beim Stadium II zeigt sich, wie eben erwähnt, unterhalb von M! (Prd)labial der proximalen Zacke eine umfangreiche, stark modificirte Epithelperle. An Form und Inhalt gleicht sie der grossen Perle unter M! vom Stadium I, an Grösse überragt sie jene. Auffällig ist das centrale Gewebe, welches ein dichtes Faserwerk bildet. Die auch hier lingual gelegene bedeutend kleinere Epithelperle hat im Innern meist nur grosse blasige Zellen, während sich ganz central eine geringe Menge faserigen Gewebes aus diesen Zellen ge- bildet hat. Wie wir nachweisen können, entsteht diese kleine Perle direct aus einer Einstülpung des Mund- höhlenepithels an der Stelle, wo sich sonst die Zahnleiste befindet. Ein schwacher Rest dieser Leiste und kleine, periphere Ausläufer hängen mit der Epithelperle zusammen. Das faserähnliche Gewebe ist also ein Product des lebenden Plattenepithels der Mundschleimhaut, das seinerseits aus dem rundzelligen Epithelgewebe entsteht. Merkwürdiger Weise sind alle die im Bereiche der Molaren befindlichen Epithelperlen bei ver- schiedenen Species und ihren Stadien so constant, dass man versucht sein könnte, in ihnen mehr als ein- fache veränderte Gebilde der Zahnleiste oder einer Einstülpung des Mundhöhlenepithels zu sehen. Irgend eine Bedeutung ist ihnen nicht abzusprechen. Phalanger orientalis, Oberkiefer. Molares (Stadium I—II]). Von den auf M! (Prd’) folgenden Molaren ist der erste am meisten verkalkt; schon beim ersten Stadium bilden sich seine Wurzeln. Er steht also M! (Prd) in dieser Hinsicht nicht nach. Seine Form ist breit, niedrig und plattgedrückt. Die Anzahl seiner Zacken schwankt auf den Schnitten zwischen eins und drei, doch treten die charakteristischen Molarenzacken nicht auf. Der Zahn gleicht daher dem distalen Zahntheile des (Prd°) M!. Die Schmelzpulpa fehlt vollkommen. M> (M?) ist weniger stark als M? (Mt) verkalkt, besitzt aber die Form eines echten oberen Molaren: breit, niedrig, mehrzackig, aber meist auf den Schnitten dreizackig mit labial überragender Zunge. Die Schmelzpulpa ist in Auflösung begriffen. M* (MB) besitzt beim Stadium I die Glockenform ohne Kalkablagerung, bei II hat sich bereits eine Schmelzdentinkappe gebildet. Der Zahnkeim von M5 (M*) ist bei beiden Stadien stark kolbenförmig verdickt. Während sich beim Stadium II ausser einer kleinen Epithelperle unter dem 2. (1.) Molaren keine Zahnleistenreste finden, sieht man beim ersten Stadium mehrere Epithelleisten, die mit dem Mundhöhlen- epithel in Verbindung stehen. Sie sind kurz, manchmal verdickt und treten häufig zu zwei und drei neben einander auf. Aehnliche Reste fanden sich bereits gegen Ende von M! (Prd°). Diese kleinen Leisten ver- binden sich manchmal unter einander. Sie liegen an der Eintrittsstelle der Zahnleiste und sind Auflösungs- producte dieser. Unter M® (M?) liegen häufig unterbrochene Zahnleistenreste, die gegen Ende dieser Anlage beim Erscheinen des 4. (3.) Molaren constant auftreten. Im Stadium I liegt unter der Mitte von M® (M?) in der Nähe eines gabelig verzweigten Zahnleistenrestes eine grössere Epithelperle. Danach finden wir die Zahn- leiste dauernd unter M® (M?), sie trägt in beiden Stadien einen ziemlich gleichen Charakter, der beim Stadium II nur in geschärftem Maasse hervortritt. Es zeigen sich nämlich überall, von der lingualen Seite der Zahnleiste ausgehend, kleine, zapfenartige Fortsätze, häufig kolbig verdickt, in unregelmässiger Anzahl. Sie erinnern an die Zahnentwickelung niedriger Wirbelthiere. Die knospenförmige Verdickung ist immer scharf begrenzt. Besonders deutlich wird diese Eigenart zwischen den Zahnanlagen von M°® (M?) und M (M3), wo ausserdem noch eine Verlängerung der Zahnleiste labialwärts eintrifft, die beim Sta- dium II bis in die Nähe von M* (M®) führt (Fig. gLa, b). Auf beiden Stadien ist das Gleiche zu beobachten. Die Zahnleiste liegt mit ihren Anhängseln zwischen M° (M?) und M* (M?) isolirt im Bindegewebe. Erst im Bereiche von M* (M?) tritt eine Verbindung zwischen Zahnleiste und Zahnanlage ein. Hier sehen 117 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 305 wir bei beiden Stadien von sonstigen Befunden abweichende Veränderungen, welche mit der Zahnleiste vor sich gegangen sind. Die correspondirenden Bilder vom Stadium I und II sind die Figuren 92 und 93. Es zeigen sich fast vollkommen übereinstimmende Zustände. Die Zahnleiste, welche durch ein, zwei oder drei Aeste mit der Anlage von M: (M°) verbunden ist, trägt mehrere linguale und auch labiale Ausläufer. Besonders ein Fortsatz tritt constant auf, er liegt der Anlage von M* (M°) zunächst und hängt mit ihr durch eine eigene Brücke zusammen. Das freie Ende dieses Fortsatzes ist kolbenförmig verdickt. Dieser Zahnkeim ist ein echter Ersatzkeim des M* (M3), während die übrigen Fortsätze Reste ererbter jüngerer Zahnreihen sind. Distalwärts von M* (M°) verbreitert sich der untere Theil der Zahnleiste (Fig. 94), verkürzt sich und verliert seine Aus- läufer. Ganz gegen Ende von M? (M?°) löst sich der untere Zahnleistentheil ab, wird selbständig und liegt als verdickter Zahnkeim von M5 (M*®) unterhalb des distalen Endes von M* (M?). Beim Stadium II erscheint noch lingual oberhalb des als Ersatzzahnkeim von M* (M?) bezeichneten Zahnleistenfortsatzes, von dem äusseren Schmelzepithel ausgehend, ein epithelialer Fortsatz, der am freien Ende verdickt und theilweise gespalten ist (Fig. 95). Es ist ebenfalls ein reducirter Ersatzkeim, welcher aber einer älteren Dentition ange- hört als der vorher aufgetretene und unter ihm gelegene Ersatzkeim; er scheint der Rest des Ersatzzahn- keimes der zweiten Dentition zu sein, welcher für gewöhnlich in die Anlage der Molaren aufgenommen wird. Ausnahmsweise kommt ein Theil dieses Ersatzkeimes, wie auch hier, als selbständiger kleiner Fort- satz wieder zum Vorschein. Er liegt der Anlage näher als der unter ihm befindliche Zahnleistenfortsatz einer jüngeren Dentition. Ob den vielfachen Zahnleisten-Verästelungen und -Verdickungen im Bereiche der einzelnen Molaren ein besonderer Werth beizumessen ist, muss als fraglich bezeichnet werden. Es scheint, dass diese Zahn- keime in Uebereinstimmung mit den Befunden bei Trichosurus Reste jüngerer, von den Vorfahren ererbter Dentitionen sind, deren Functionslosigkeit seit langem besteht. Die zwischen den Molaren liegenden Zahnkeimreste sind aber möglicherweise Zahnkeime rudimentärer, überzähliger Backzähne. Bei allen diesen Befunden ist es auffällig, dass der eigentliche linguale Ersatzkeim zweiter Dentition, wie er neben den Antemolaren vorkommt, neben den echten Molar-Anlagen nirgends zu finden ist und nur einmal, wie es scheint, in Resten vorkommt (Fig. 95). Ein Ersatzkeim liegt immer nur lingual unterhalb der Molaren, ganz ausserhalb des engen Bereichs der einzelnen Anlage. Phalanger orientalis, Unterkiefer. Incisivi (Stadium I—II). Im Unterkiefer gelangt stets ein grosser Schneidezahn zur voll- ständigen Entwickelung. Neben diesem zeigt sich häufig ein zweiter, aber functionsloser kleiner Incisivus. Er wird von THomas für den 2. Id gehalten gegenüber der älteren Ansicht, die diesen Zahn für den rudimentären Eckzahn ausgiebt. Auf beiden Stadien befinden sich im vorderen Theile des Unterkiefers zwei ziemlich gut erhaltene Schneidezahnanlagen. Die erste ist bei weitem grösser als die zweite und stärker verkalkt. Ihre Schmelz- pulpa ist resorbirt und erhält sich nur an der Basis dieses immer wachsenden Zahnes. Es ist der allein functionirende Id des Unterkiefers, dessen Wurzeltheil bis unter die Anlage des 2. (1.) Molaren reicht. Die zweite Id-Anlage ist klein und rudimentär. Lingual von Id,!) liegen beim Stadium I dünne und schwache, nicht differenzirte Zahnleistenstränge. Die Zahnleiste und ihr Fortsatz lingual von Id, des zweiten Stadiums erinnert hingegen an die Befunde 1) Die Bezeichnung Id, für den unteren grossen Incisivus geht aus den übereinstimmenden Verhältnissen der Entwickelung dieses Zahnes und seines Ersatzkeimes bei Phalanger orientalis und Trichosurus hervor. 306 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 118 bei Trichosurus. Hier finden wir nämlich an vorderster Stelle des Unterkiefers anfänglich zwei auf einander folgende, ziemlich tief gehende Einstülpungen des Mundhöhlenepithels. Sie haben mit der Zahnleiste nichts zu thun, verschwinden sehr bald aus der Schnittserie und hinterlassen nur einen epithelperlenartigen Rest, der lingual der eigentlichen Zahnleiste liegt. Letztere ist lang und schmal, an ihrem freien Ende aber ver- schieden geformt. Bis auf einen ganz feinen labialen Ast oberhalb der Leiste, ist sie unverästelt. Sie wird zweimal im Laufe der Serie neben Id, kürzer. Das erste Mal nach einer kolbenförmigen Anschwellung, die von vornherein vorhanden war, das zweite Mal abermals nach einer erneuten Anschwellung ihres freien Endes, mit der weiter oberhalb eine zweimalige oberflächliche Einstülpung der lingualen Seite einhergeht (Fig. 96). Jedesmal zieht sich die ganze Zahnleiste nach dem Kürzerwerden mehr über die erste Zahnanlage fort, so dass sie schliesslich nicht mehr vollkommen lingual gelegen ist, sondern theilweise über Id, und endlich in den Bereich der folgenden Zahnanlage tritt. Gleich den Ergebnissen bei Trichosurus (Fig. 67 und 96 sind zu vergleichen) ist es ebenfalls bei Phalanger schwierig, eine bestimmte Erklärung dieser verschiedenen Veränderungen der freien Zahnleistenenden zu geben. Es sind ohne Frage Ueberreste von Ersatzkeimen, sie gehören in das Gebiet des grossen Id,, dessen Anlage ebenso wie Id, von Trichosurus aus verschiedenen, mit einander verwachsenen Zahnkeimen entstanden ist. Ich kann nur wiederholen, was ich bereits bei Trichosurus dargethan habe, und ‘die dortige Annahme des Verwachsens mehrerer Zahnkeime zu einer grossen Anlage erscheint um so wahrscheinlicher, als die Befunde von Phalanger mit den Ergeb- nissen an den gleichaltrigen Stadien von Trichosurus übereinstimmen. Die lingual auftretenden verschiedenen Zahnkeimreste sind die zwei bis drei Ersatzkeime, welche unter Umständen sehr wohl mit einander ver- wachsen können, ohne dass selbst eine directe Theilung in drei einzelne Zahnkeime noch nachweisbar ist. Der zweite, rudimentäre Schneidezahn ist ein kleiner, doch gut ausgebildeter Zahn. Er besitzt seitlich an seiner Krone in beiden Stadien noch theilweise die Schmelzpulpa. Die Kronenfläche ist stumpf und abgeflacht; sie ist verkalkt. Die Anlage liegt ausserhalb der Kieferknochen über Id, nahe dem Mund- höhlenepithel. Beim Stadium I folgen den Zahnleistenresten lingual von Id, keine weiteren Rudimente, bei II dagegen sind Zahnleistentheile gewöhnlich in Form reducirter kolbenförmiger Verdickungen bis zur zweiten Id-Anlage zu verfolgen. Es sind die Ueberreste eines Id,, so dass der 2. rudimentäre Id der 5. Schneide- zahn der Zahnreihe ist. Er hat auf beiden Stadien keinen lingualen oder labialen Zahnleistenfortsatz. Ihm folgt der knöcherne Kiefer. Phalanger orientalis, Unterkiefer. Caninus (Stadium I—II). Die dritte Zahnanlage Cd ist auf beiden Stadien grundverschieden. Im ersten Stadium ist Cd eine ziemlich normale Anlage, im zweiten nur ein kolbenförmig bis kappenförmig verdickter Schmelzkeim. Beide Zahnanlagen liegen dicht unter dem Mundhöhlenepithel. Im Stadium I ist Cd bedeutend kleiner als Id, und besitzt rudimentäre Anzeichen (Fig. 97). Die Krone hat zwei kleine ver- kalkte Zacken !), im Uebrigen ist keine Verkalkung eingetreten. Die Schmelzpulpa und die cylinderförmigen Schmelzzellen sind nicht ganz normal entwickelt, während die Odontoblastenschicht kräftig hervortritt. Diese Anlage besitzt labial oberhalb des Schmelzorgans einen deutlichen prälactealen Zahnleistenfortsatz, der von der Zahnleiste entspringt. Beim zweiten Stadium ist Cd viel mehr rudimentär. Er liegt als verdickter Zahnkeim ganz oberhalb des Kieferknochens in nächster Nähe der Mundhöhle (Fig. 98). Es folgen auf Cd zerstückelte Zahnleistenreste. I) Diese zweizackige Krone ist durch Reduction des Zahnes entstanden. 119 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 307 Phalanger orientalis, Unterkiefer. Praemolares (Stadium I—-I]). Wie im Oberkiefer findet sich auch im Unterkiefer eine grössere Anzahl von Prämolaren, als in der That zum Durchbruch gelangt. Die beiden Stadien zeigen in der Ent- wickelung der rudimentären Prämolaranlagen verschiedene Zustände. Beim Stadium I sind diese Zähne durchschnittlich besser als im Stadium II erhalten. Mit Einrechnung des sog. Milch(prä)molaren zeigen sich 5 Prämolaranlagen; von diesen sind Prd,, Prd,, Prd, functionslos, Prd, ist der Ersatzprämolar und Prd, der Milch(prä)molar. Der Ersatz geht ebenso wie im Öberkiefer vor sich. Prd, ist der Anlage von Cd sehr ähnlich, im ersten Stadium mehr als im zweiten entwickelt: hier ein einfacher kolbenförmiger Zahnkeim an einer gewinkelten Zahnleiste (Fig. 100), dort eine Anlage in Glockenform mit geringer Kalkablagerung (Fig. 99a, b). Letztere ist etwas grösser als die des Caninus, doch gleicht sie der Anlage des Cd vom Stadium I. Wir sehen ausser einer verkalkten spitzen Krone eine reducirte Schmelzpulpa und ungeordnete Cylinderepithelzellen. Ausserdem aber findet sich ein lingualer und labialer freier Zahnleistenfortsatz. Die Lage dieser Fortsätze zur Zahnanlage ist eigenartig. Der labiale Fortsatz, an anderen Orten prälactealer Dentition zugerechnet, tritt zuerst auf; er geht vom Schmelzepithel des Schmelzorganes ab, ist kurz, stark verdickt und scheint sich secundär in Folge des eingetretenen Zerfalles von dem Schmelzorgan losgelöst zu haben (Fig. 99a). Seine Lage zur Zahnanlage spricht dafür. Der linguale Fortsatz folgt später; er schnürt sich weit mehr oberhalb der An- lage von der dünnen Zahnleiste ab, ist kurz und am freien Ende knopfförmig verdickt (Fig. ggb). Er macht den Eindruck eines Restes jüngerer Ersatzdentition als der zweiten. Die ganze Anlage steht continuirlich mit der Zahnleiste in Verbindung und liegt senkrecht zu ihr, die dann und wann in viele kleine Stränge aufgelöst ist. Diese veränderte Lage des reducirten Zahnes zur Zahnleiste ist charakteristisch. In Folge Raum- beschränkung vermochte sich die Anlage nicht an der Stelle zu entwickeln, welche die Zahnleiste ihr vor- bereitet hat. Wie bei Trichosurus versucht die Zahnleiste auch bei Phalanger tiefer in das Gewebe einzu- dringen, um ihren Abkömmlingen unterhalb der grossen Prämolarenanlage einen Entstehungsort zu sichern. Deutlicher zeigt sich dieses Bestreben bei der Entstehung des Prd, vom Stadium II (Fig. 100). Hier ist die Zahnleiste nach einem vergeblichen Versuch in die Tiefe zu wachsen, wieder zurückgewandert und hat einem kleinen Zahnkeime die Entstehung gegeben. Prd, vom Stadium II entspringt somit an einer ge- winkelten Zahnleiste. Zu beachten ist bei dieser Figur Ioo, dass das freie Ende der gewinkelten Zahnleiste, welches sich von der reducirten Anlage des Prd, abgelöst hat, leicht kolbenförmig angeschwollen ist. Das Bestreben also, Zahnkeime zu bilden, hat die Zahnleiste überall ohne Rücksicht auf benachbarte Zahnanlagen, sobald sie ein freies Ende entwickelt hat. Letzteres tritt dem Bindewebe gegenüber stets in Form einer kolbigen Anschwellung auf, ohne dass durch diese die Ausbildung eines Zahnes gewährleistet wird. Reste weiterer reducirter Prämolarenanlagen fehlen beim Stadium I und finden sich nur beim Stadium 11. Der Anlage von Prd, folgt die Zahnleiste, häufig unterbrochen und in einzelne Epithelnester auf- gelöst. An sie schliesst sich die grosse Anlage des sog. Milch(prä)molaren (Prd,), nach unserer Ansicht des ı. Molaren, an. Nur bei II treten neben dieser Anlage die Ueberreste von Prd, und Prd, auf, während auf beiden Stadien die Anlage des sog. Ersatzprämolaren Prd, unter der Anlage von M, (Prd,) gelegen ist. Die Zahnanlage von M, (Prd,) ist in beiden Fällen stark verkalkt und liegt nahe der Mund- schleimhaut. Sie ist proximal hoch und einzackig, distal niedrig und zwei- oder dreizackig. Ebenso wie die 308 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 120 sog. Milchprämolaren bei Trichosurus gleicht sie eher dem 2. (r.) Molaren als einem Prämolaren. Unter ihr zeigt sich immer noch die Anlage des 1d,. Im Stadium I erscheint die Zahnleiste lingual von M, (Prd,) als schwacher Strang, der unverdickt ist und mit M, (Prd,) in keiner Verbindung steht. Sie verlängert sich und zieht sich unterhalb des Milch- (prä)molaren hin, wobei ihr oberes, dem Mundhöhlenepithel nahes Ende verschwindet. In dieser Weise führt sie zur Anlage des Ersatzprämolaren über, mit dem sie verbunden ist. Prd, ist glockenförmig entwickelt und ein wenig verkalkt. Sein lingualer Zahnleistenfortsatz ist kurz, wenig verdickt und gespalten. Ausser diesem Fortsatz treten lingual von Prd, im Ganzen drei kleine epitheliale Ausläufer auf, die ihren Ursprung vom Schmelzorgan nehmen. Da die Anlage von M, (Prd,) über Prd, und unter beiden Id, liegt, so sehen wir auf vielen Schnitten drei über einander gelegene Zahnanlagen, die fast den ganzen Kiefer in Anspruch nehmen. Der reducirte Ersatzkeim von M, (Prd,) befindet sich lingual der Anlage kurz nach dem Punkte, von welchem aus die Zahnleiste zur Anlage des Prd, überleitet. Weniger einfach gestalten sich die Verhältnisse in der Gegend der Anlage von M, (Prd,) beim Stadium II. Lingual seines vorderen Theiles liegen am Ende der häufig unterbrochenen Zahnleiste erneute Reste von Schmelzkeimen. Die Zahnleiste macht hier den gleichen Winkel nach oben wie lingual des reducirten I. Prämolaren. Es lassen sich in dieser Gegend ganz deutlich zwei weit in Zerfall gerathene Prämolaren-Anlagen, Prd, und Prd,, nachweisen. Die zuerst auftretende besitzt eine gut entwickelte Cylinderzellenschicht mit dicht gelagerten runden Epithelzellen, ein ziemlich deutliches kappenförmiges Stadium mit nach oben labial zeigendem Ausläufer. Der Schmelzkeim hängt durch schwache Stränge mit der nach unten gewucherten Zahnleiste zusammen. Die Zahnleiste zeigt auch in dieser Prämolarengegend das Bestreben, nach unten zu wandern und die Anlagen mit sich in die Tiefe zu nehmen. Hier ist ebenso, wie bei den anderen reducirten Anlagen, die Entwickelung in der Tiefe wegen Raumbeengung nicht zu Stande gekommen, so dass die Zahnleiste wieder nach oben gewachsen ist und dort ausserhalb der Knochentheile im Bindegewebe ein unvollkommenes Organ ent- stehen lässt. Neben dieser im weiteren Verlaufe sich verkürzenden, reducirten Zahnleiste tritt alsdann eine zweite Leiste labial auf, die, nahe M, (Prd,) gelegen, unterbrochen ist, aber am unteren Ende eine Theilung in zwei Ausläufes besitzt. Die einzelnen Stücke sind reducirt, lassen sich jedoch mehrere Schnitte weit ver- folgen, bis sie unter sich an ihrem freien Ende verschmelzen und der zweiten reducirten Anlage Prd, ihren Ursprung geben (Fig. 101). Letztere ist ein unregelmässig begrenzter, stark angeschwollener Zahnkeim, welcher grösstentheils aus zahlreichen runden Epithelzellen besteht. Von der labialen Zahnleiste bleiben zum Schluss nur einige kleine Epithelperlen zurück, während mit dem Rückgang des verdickten Zahnkeimes von Prd, die linguale Leiste mit rechtwinkliger Krümmung, zuerst noch am freien Ende verlängert und verdickt, bald aber stark verkürzt, allein übrig bleibt. Von dieser Zahnleiste löst sich oberhalb ihres freien Endes der Fortsatz für die Anlage von Prd, ab (Fig. 102), welcher alsdann allein, lang und deutlich, unter M, (Prd,) zu liegen kommt. Die Verbindung zwischen diesem in die Tiefe gewucherten Zahnleistenfortsatz und der Anlage von Prd, besteht nicht mehr. Das linguale freie Zahnleistenende neben Prd, ist der Reduction verfallen. Es tritt anfangs in Epithelperlenform, und nur einmal als deutlich kolbenförmig verdicktes freies Ende auf, welches oberhalb der Anlage von der Zahnleiste abgeht. Jede Zahnanlage, M, (Prd,) und Prd,, liegst für sich in eigener Alveole, durch nichts mit einander in Verbindung stehend. Das freie Zahnleistenende lingual von M, (Prd,) befindet sich redueirt kurz nach der Abzweigungsstelle neben dieser Anlage. Die Anlage von Prd, verschwindet ungefähr gleichzeitig mit der von M, (Prd,) aus dem Gesichtsfelde. 121 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 309 Phalanger orientalis, Unterkiefer. Molares (Stadium I—I]). Die auf M, (Prd,) folgenden Molaranlagen sind echte Molaren, deren Form keine Abänderungen von dem Molartypus erfahren hat. In seiner Art bildet M, (M,) ebenso wie im Oberkiefer den Uebergang von M, (Prd,) zu den hinteren Molaren. Die Entwickelungsstufen der einzelnen Molaranlagen gleichen denen des Oberkiefers. M, (M,) ist am weitesten, M, (M,) am wenigsten ausgebildet. Dazwischen liegen M, (M,) und M, (M,). Mit dem Fortschreiten in der Ausbildung hält die Kalkablagerung und Resorption der Schmelzpulpa gleichen Schritt. Interessant ist letzterer Vorgang. Ueber M, (M,) befinden sich die Reste der Schmelzpulpa im eigenartigen Zerfall. Es lösen sich zum Theil ganze Partien der Schmelzpulpa von der Zahnanlage ab, die dann, als selbständige Inseln zwischen den Zacken gelegen, von Epithel und Bindegewebszellen eingeschlossen werden. Aehnliche Zustände hat LECHE, wie bereits erwähnt, bei Trichosurus beobachtet (26). Dort fand sich ein abgeschlossenes Stück der Schmelz- pulpa isolirt im Bindegewebe in der Nähe einer Molaranlage. LECHE hält dieses Stück für den Ueberrest einer rudimentären Zahnanlage. Wie auch der Resorptionsvorgang der Schmelzpulpa bei Phalanger zeigt, ist dieses Gebilde nur ein Ueberrest der sich loslösenden und zerfallenden Schmelzpulpa. Fig. 103 zeigt das Bild des Zerfalles in dem Zustande, wo die Schmelzpulpa allseitig Einschnürungen und Hohlräume erhält, welche später die vollständige Abtrennung ganzer Partien herbeiführen. Oberhalb der ersten Mo- laren von Trichosurus waren ähnliche Resorptionsvorgänge der Schmelzpulpa zu beobachten, aber nicht so charakteristisch wie bei dieser Species Phalanger (siehe Trichosurus). Ueber M, (M,) sind nur beim ersten Stadium Zahnleistenreste in Verbindung mit einem kleinen lingualen, reducirten Fortsatz vorhanden. Beim Stadium II fehlen sie, hier besitzt M, (M,) bereits kurze Wurzeln, und ist sehr nahe an die Oberfläche des Kiefers gerückt. Bei weitem regelmässiger zeigt sich die Zahnleiste schon vor und im Bereiche des folgenden Molaren M, (M,). Beim Stadium I ist sie dünn und schmal, am freien Ende, ihrem lingualen Fortsatz, knopfartig verdickt. Sie liegt grösstentheils quer über der Anlage von M, (M,). Bisweilen zeigen sich Ueberreste der Verbindungsbrücke zwischen Zahnleiste und Anlage. Oberhalb der Zahnleiste sehen wir über dem proximalen Theile von M, (M,) in nächster Nähe des Mundhöhlenepithels bei beiden Stadien eine Epitheiperle zusammen mit einem zweiten lingualen Zahnleistenfortsatz. Dieser zweite, höher gelegene Zahnleistenfortsatz steht im ersten Stadium mit der Zahnleiste in Verbindung — im zweiten ist diese wegen Zerfalles der Zahnleiste unterbrochen — ist aber ebenfalls als ein Rest eines Ersatzkeimes wie der erste nur von kurzem Bestand. Nach ihm senkt sich immer noch oberhalb der Zahnleiste und der Anlage von M, (M,) eine selbständige Epithelleiste in das Mesoderm ein (Fig. I04a), welche zuerst unverzweigt ist, später aber einen lingualen Fortsatz erhält (Fig. 104b). Alsbald tritt auch der erste (mittlere) linguale Zahnleisten- fortsatz aus dem Gesichtsfelde, die Zahnleiste wird in ihrem oberen Theile kräftiger und deutlicher, kommt mit M, (M,) in engere Verbindung und sendet einen dritten (unteren) lingualen Fortsatz ab, der, länger als die vorherigen, am freien Ende stärker verdickt ist und von der Verbindungsbrücke zwischen Zahnleiste und Zahnanlage aus abgeht (Fig. I04b). Dieser letzte, der Zahnanlage zunächst gelegene Ersatzkeim ist älter als die über ihm befindlichen reducirten Keime und erscheint mit dem sog. Ersatzkeim des M, (M,) identisch. Der obere Theil der Zahnleiste geht im weiteren Verlaufe noch eigenthümliche Veränderungen ein. Er verzweigt sich mehrfach, hauptsächlich lingualwärts, und besitzt an den Enden der Zweige besondere Zahn- keime (Fig. ıo4b, Ioza, b). Vor allem sind drei kolbenförmige Keime («, , y) auffällig, von denen einer sogar eingestülpt ist (@). Sie treten scharf und deutlich auf und liegen wie der unter ihnen befindliche linguale (3.) Zahnleistenfortsatz lingual der Zahnleiste über der Anlage von M, (M,). Jenaische Denkschriften. VI. 16 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 40 210 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 122 Augenscheinlich sind sie ebenfalls Reste von ererbten, reducirten Ersatzkeimen. Allmählich verlieren sich diese Zahnkeime, die Zahnleiste löst sich vonM, (M,) ab, bleibt aber noch stark gewinkelt, indem der untere linguale Fortsatz sich scharf von der Leiste absetzt. Aber auch dieser Fortsatz verschwindet gänzlich, es bleibt nur die am freien Ende stark verdickte Zahnleiste zurück, welche den proximalen Theil der kappenförmigen Anlage von M, (M,) vorstellt. Beim Stadium II findet sich von allen diesen Zahnleisten- und Zahnkeimresten wenig. Die Anlagen der vorderen Molaren sind stärker verkalkt und bereits in die Nähe der Mundschleimhaut gerückt. Selbst M, (M,) hat zarte Schmelzdentinkappen, seine Anlage ist also glockenförmig entwickelt. M, (M,) besitzt einen kolbenförmigen Zahnkeim über dem distalen Theile von M, (M3). Zwischen M, (M,) und M, (M,) ist die Zahnleiste in veränderter Form anzutreffen. An dem freien Ende der hier gewinkelten und häufig verzweigten Zahnleiste befindet sich in einem verdickten Keime eine verkalkte Perle; lingual von dieser geht ein kleiner Fortsatz der Zahnleiste ab (Fig. 106). Diese Reste liegen zwischen M, (M,) und M, (M,) und noch eben über dem proximalen Ende von M, (M,); sie stellen eine rudimentäre überzählige Backzahnanlage vor. Auch im Bereiche der Anlage von M, (M,) finden wir mehrere linguale Zahnleistenfortsätze mit .verdickten freien Enden (Fig. 107a, b). Der untere, der Anlage zunächst gelegene Fortsatz ist ziemlich constant vorhanden, während die oberen in ihrem Erscheinen an Form und Lage wechseln. Bald ist nur ein, bald sind zwei Ausläufer zu sehen. Alle sind offenbar Ueberreste ererbter Ersatzkeime, von welchen der untere wohl mit dem echten Ersatzkeim des Molaren identisch ist, der bei Placentaliern für gewöhnlich überhaupt fehlt. Ihm kommt offenbar nicht mehr Lebensfähigkeit oder Existenzberechtigung zu als den jüngeren, über ihm gelegenen Ersatzkeimen, denn sie alle wiederholen als abgesetzte Organe ontogenetisch nur die Stammesgeschichte der Zahnentwickelung der Vorfahren. Ueberhaupt geht aus dem Auftreten der vielfachen Ersatzkeimreste lingual der Molaranlagen und aller übrigen Zahnanlagen die Gewissheit hervor, dass sie alle, soweit sie erscheinen, nur ererbte Zahnkeime der an Dentitionen reicheren Vorfahren der Beutelthiere vorstellen und bei ersteren wohl, bei letzteren da- gegen nie zur Entwickelung gekommen sind. Sie sind, zumal bei den Molaranlagen, einander gleichberechtigt, und es ist von keinem Ersatzkeim in der Gegend eines Molaren zu behaupten, dass er jemals eine echte Ersatzanlage eines Molaren entwickelt hat oder entwickeln kann; sie sind sämmtlich auf Kosten ihres Vor- gängers der ersten oder Milchdentition rudimentär geworden sind. Phalanger orientalis. Zusammenfassung. Im Allgemeinen hat Phalanger in seiner Zahnentwickelung sehr viel Aehn- lichkeit mit Trichosurus und ist daher auf die dortige Zusammenfassung hinzuweisen. Auch aus dem Gebiss von Phalanger geht der Verlust der Polyprotodontie und der Uebergang zur Diprotodontie deutlich hervor. Im Ober- wie im Unterkiefer finden sich hauptsächlich in der Gegend der Antemolaren Ueberreste von Zahnanlagen, die in Uebereinstimmung mit den Befunden bei Dasyurus und Trichosurus, sowie wegen ihren eigenartigen Beziehungen zur Zahnleiste der ersten oder Milchdentition zuzurechnen sind. Es sind die Rudimente überzählig gewordener Incisivi und Praemolares. Von diesen Anlagen hat ähnlich den Ergebnissen bei Trichosurus bald das eine, bald das andere Stadium mehr bewahrt, so dass hier ein wirkliches Schmelzorgan mit Bindegewebspulpa, dort nur ein kolben- förmig verdickter Schmelzkeim den Ueberrest eines einst functionirenden Zahnes vorstellen. Mit ausser- ordentlicher Zähigkeit werden hier ebenso wie bei Trichosurus und vielen Beutelthieren die im Laufe der phylogenetischen Entwickelung unbrauchbar gewordenen Zähne ontogenetisch stets wieder angelegt, selbst dann auch, wenn es nur bis zur allerersten Stufe der Ausbildung kommen soll. Häufig schon nach der 123 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 311 kolbigen Anschwellung des freien Zahnleistenendes zerfällt der Zahnkeim, ohne die Aussicht auf eine Weiterentwickelung zu geben. Ein Vergleich zwischen den einzelnen Stadien zeigt, dass diese Anlagen in der That zu keiner weiteren Ausbildung kommen. Im Ganzen zeigen sich während der Gebissentwickelung von Phalanger orientalis mit Einschluss sämmtlicher rudimentärer Zahnanlagen folgende Zähne: 72345) I Te! DBIS ee d / 3. OO EB < I Frl TB au 142934755 Diese Gebissformel kommt dem allgemeinen Gebisstypus der Marsupialier nahe, sie ist sogar um einen Backzahn reicher. Von den obigen Zähnen sind Id ar = — Cd i Prd = 2 - rudimentär, wäh- .« (2). 5 . . rend M — als sog. Milch(prä)nolar durch Prd 7 ersetzt wird. Id* ist nur auf einem Stadium, wie es scheint, vorhanden, Id, und Id, sind mit Id, zu einer grossen Zahnanlage verwachsen. Der Ueberrest einer vor Id! befindlichen Zahnanlage war nicht mit Bestimmtheit festzustellen. Im Vergleich mit den Befunden bei Trichosurus könnte dieser überzählige Zahnkeim für den eigentlichen Id! gelten, aus Mangel an genügenden Beweisen habe ich aber diesen Umstand in der Zahnformel nicht berücksichtigt, sondern überlasse eine genaue Bestimmung späteren Untersuchungen. Id, war nicht mehr nachzuweisen. Cd des Unterkiefers ist rudimentärer als Id,. Id? ist zweizackig (cf. Trichosurus). Die Zahnformel des persisiirenden Gebisses lautet daher: 1a 23: 3 : nee 2 = : Während Id, meistens vorhanden ist, treten Prd m nicht immer auf. Am häufigsten fehlen in der : 2# 2 Prämolarenreihe Prd m was THOMAS bereits betont hat. Für Phalanger sind während seiner Gebissentwickelung die rudimentären überzähligen Zahnanlagen also ebenso charakteristisch wie für Trichosurus. Bei beiden Species habe ich im vorderen Theile des Ober- kiefers die Zahnkeime von zwei bis drei überzähligen Schneidezähnen gefunden; ich will nochmals betonen, dass diese Reste das Stadium der kolbenförmigen Entwickelung nicht überschreiten, sondern, aufihm angelangt, in vollständige Auflösung gerathen. Aus diesen Befunden aber die frühere Anzahl der Schneidezähne mit Sicherheit zu bestimmen, halte ich auch für Phalanger wegen der grossen Schwierigkeit in der Beurtheilung der ganzen Verhältnisse für unangebracht. Sicher steht jeden- falls die Thatsache fest, dass ursprünglich mehr als 3 Schneidezähne bestanden. Der untere grosse und die beiden vorderen oberen Schneidezähne entwickeln sich zu immerwachsenden Zähnen; sie bilden sich immer mehr zu Nagezähnen aus, wie das auch bei Trichosurus der Fall ist. Ich halte den unteren Id, ebenso aus drei verschiedenen Zahnkeimen verwachsen wie den Id, von Trichosurus, obwohl die beiden Stadien von Phalanger den Beweis nicht liefern. Für die Ersatzkeime finden sich jedoch bei Phalanger die gleichen Zustände wie bei Trichosurus, die ebenfalls auf ein Verwachsen und Verschmelzen dieser Keime hindeuten. Id, ist ein sehr grosser Zahn. Seine Lage im Kiefer ist bei Phalanger wie bei Trichosurus mit der Lage des unteren Nagezahnes bei den Nagethieren zu vergleichen. Sein Wurzelende liegt unter dem 2. (1.) Molaren. In Folge dıeser enormen Grössenzunahme des Id, gehen die meisten übrigen Antemolaren zu Grunde. Wie bei den Placentaliern ist auch bei den Marsupialiern das Immerwachsen dieses wie anderer Zähne eine erst im Laufe der phylogenetischen Entwickelung erworbene Eigenschaft. 16* 40 * Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 124 Der Eckzahn ist im Oberkiefer ein normaler Zahn. Er findet sich sowohl bei Trichosurus wie bei Cuscus in ungefähr gleicher Stärke, mittelgross und spitz, ohne den eigentlichen Charakter und die ursprüng- liche Grösse eines Caninus bewahrt zu haben. Im Unterkiefer ist er noch nicht ganz verschwunden, er legt sich an und kommt mehr oder weniger zur Ausbildung. Es ist nicht unmöglich, dass er als kleiner Zapf- zahn eine Zeit lang im Kiefer steht. Seine verschieden hohe Entwickelungsstufe bei den einzelnen Stadien der beiden Species erklärt uns den Untergang dieses Zahnes. Die Anzahl der Prämolaren ist im Ober- wie Unterkiefer bei Phalanger grösser, als für gewöhnlich angenommen wird. Als wirklich functionirende Zähne können im Oberkiefer Prd!, Prd‘ (Ersatzprämolar) und Prd’, im Unterkiefer gleichfalls Prd,, Prd, und Prd, gelten. Ausserdem finden sich noch die Reste von Prd 2 und Prd 3, die aber bei beiden Stadien nicht zur Entwickelung gelangen. Nach Thomas findet sich bei Phalanger häufiger der 3. Prämolar neben dem I. Nach meinen Befunden treten Prd 2 und Prd 3 rudimentär auf und sind beide ziemlich gleich reducirt, Prd 2 eher etwas weniger als Prd 3, so dass ich vorkommenden Falls einen 3. Prämolaren in der Zahnreihe nicht für Prd 3, sondern für Prd 2 halten möchte. Der Ersatzprämolar ist der 4. Prämolar, welcher in die Tiefe gewachsen ist. Dieser Vorgang lässt sich bei den zwei Stadien von Cuscus nicht so nachweisen, wie bei den zahlreicheren von ZTrichosurus, Aepyprymnus und Phascolarctus, doch geht er aus der Uebereinstimmung der Ergebnisse dieser beiden Stadien mit den Befunden bei den letzten Species hervor. Prd 5 ist ein kräftiger Zahn. Ich halte ihn zumal seines distalen Theiles wegen für einen molar- ähnlichen Backzahn, der mehr nach vorn gerückt ist und secundär die Molarform bekommen hat, wobei der distale Theil breit und zweizackig geworden ist. Ich möchte auch bei Phalanger eher 5 Molaren als 5 Prä- molaren annehmen, da sich 5 Molaren in der That bei einigen Species (Phascolaretus, Aepyprymnus) vorfinden. Die genauere Kenntnis bleibt späteren Untersuchungen vorbehalten. Reste einer prälactealen Dentition, wie sie von WooDwarD bei jungen Stadien labial der Incisivi gefunden worden sind (65), habe ich wegen der vorgeschrittenen Entwickelungsstufe der einzelnen Zahnanlagen nur neben reducirten Zähnen gefunden. Nicht so häufig wie bei Trichosurus zeigen sich bei Phalanger diese prälactealen Zahnkeimreste.. Recht deutlich sind sie nur bei den Anlagen des redueirten Cd und Prd des Unterkiefers zu sehen (Fig. 97 und 99a). Die Frage, ob sie hier Producte des Zerfalles sind, ist nicht von der Hand zu weisen, denn es ist sehr wohl möglich, dass ein Theil der Anlage eines Säugethierzahnes durch Zerfall in seine Bestandtheile, d. h. in mehrere Zahnkeime, die den Zähnen der Vorfahren entsprechen, unregelmässig zerfallen kann. Es ist zu bedenken, dass ein jeder Säugethierzahn! mehreren reptilien- ähnlichen Zahnkeimen gleichzusetzen ist. Weit häufiger als die prälactealen zeigen sich postlacteale Zahnkeimreste. Mit den Befunden, welche sich auf die rudimentären Zahnanlagen erster Dentition beziehen, lassen sich die lingual der einzelnen Zahn- anlagen ausgebildeten verdickten freien Enden der Zahnleiste insofern vergleichen, als sie ebenfalls rudi- mentär sind. Jedoch ist im Gegensatz zu den ersteren anzunehmen, dass letztere nicht Ueberreste von einst vorhandenen Säugethierzähnen, sondern Reste von Zähnen reptilienähnlicher Vorfahren !') wiedergeben. Schon das Auftreten der vielfachen reducirten Ersatzkeime, welche homolog der ersten und zweiten Dentition eine dritte, vierte und noch jüngere vorstellen würden, spricht für diese Annahme. Sie erscheinen sämmtlich lediglich in Folge des Gesetzes der Vererbung, nach dem auch die rudimentären Organe immer wieder ange- legt, aber nicht mehr vollkommen entwickelt werden. 1) Unter ‚reptilienähnlichen Vorfahren ist stets ein Wirbelthiertypus zu verstehen, der an der Wurzel des Reptilienstammes steht und im Gebiss keine secundären Abänderungen erlitten hat. 125 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 313 Merkwürdigerweise finden wir bei Phalanger die postlactealen Reste mit besonderer Deutlichkeit bei den Molaranlagen ausgebildet, während bei Trichosurus die Reste mehrerer Ersatzkeime ausserdem noch vor- zugsweise in die Gegend der Antemolaren fielen. Im Oberkiefer liegen nur lingual des ı. Id von Phalanger zwei Ersatzkeime (Fig. 84), sonst finden wir derartige Reste besonders über den Molaranlagen des Unterkiefers. Um so auffallender werden diese vielfachen Ersatzkeime noch dadurch, dass sie sich trotz der vorgeschrittenen Entwickelungsstufe der Molaren theilweise in kräftigem Zustande erhalten. Auch dieser Umstand spricht für die Annahme, dass es nur Ueberreste ererbter Zahnkeime von zahnreicheren Vorfahren sind und mit dem Zahnsystem der Säugethiere direct nichts gemein haben. Ich hatte Gelegenheit, im Laufe des Berichtes auf die Lage dieser vielfachen Ersatzkeime aufmerksam zu machen. Im Allgemeinen treten sie der Anlage des Molaren entfernt und frei auf, während ich nur einmal bei der Anlage von M* (M?) (Fig. 95) einen Fortsatz in Verbindung mit der Anlage und in ihrer nächsten Nähe finden konnte. Ich halte diesen Fortsatz mit seinem reducirten Keime für den Rest des eigentlichen Ersatzzahnkeimes zweiter Dentition. Ein unter- halb dieses Fortsatzes von der Zahnleiste ausgehender lingualer Fortsatz, welcher von der Molaranlage ent- fernter liegt und sich von der Zahnleiste abzweigt, würde dann der Rest einer dritten Dentition sein. Im Uebrigen giebt uns der Befund bei Phalanger in der Gegend der Molaren wiederum Gelegenheit, die vielen lingualen und labialen Fortsätze mit der Zahnentwickelung niederer Wirbelthiere zu vergleichen und noch- mals darauf hinzuweisen, dass sich Reste ältester und jüngster Zahnreihen bei den Beutelthieren onto- genetisch ebenso gut erhalten können wie Reste der Ersatzzahnreihe zweiter und dritter Dentition, die trotz- dem nicht zur Entwickelung gelangen. Eine überzählige Backzahnanlage befindet sich im Unterkiefer von Phalanger zwischen M, (M,) und M, (M,) (Fig. 106). Ob den zwischen und im Bereiche der Molaranlagen immer wiederkehrenden Epithel- perlen mit Zahnleistenresten eine gleiche Deutung zufällt oder nicht, ist schwer zu entscheiden. Ebenso lassen die zwei oder drei Epitheleinstülpungen an Stelle der Zahnleiste keine bestimmte Erklärung zu; vor- aussichtlich sind es nur Zerfallsproducte der Zahnleiste ähnlich den Befunden an den freien Zahnleisten- enden lingual des Prd* und des Cd (Fig. 87). Auf besondere Eigrenthümlichkeiten der Zahnleiste habe ich im Laufe der Darstellung der Schnitt- serien aufmerksam gemacht. Etwas Wiederkehrendes bietet die gewinkelte Zahnleiste, eine Form, welche sich, wie ich schon bei Trichosurus sagte, dadurch erklärt, dass die Zahnleiste den Versuch macht, weit in das Bindegewebe einzuwuchern, aber durch Knochentheile oder vergrösserte Zahnanlagen gehindert wird, in der Tiefe ihre Zahnkeime zu entwickeln; sie wächst wieder zurück, biegt also um und bildet so einen Winkel. Veränderte Zustände in der Zahnleiste bringt auch der Zerfall von Prd, (Stadium II). Hier scheint ‚es so, als ob der reducirte Zahnkeim dieses Zahnes an zwei gesonderten Zahnleisten entstanden ist, die sich an ihren Enden zur Bildung des Keimes vereinigt haben (Fig. Io1). So bieten auch die beiden Stadien von Phalanger orientalis in der Zahnentwickelung eigenartige Zustände, welche theils neu, zum grössten Theil aber mit Ergebnissen bei anderen Species zu vergleichen sind und diesen in gewisser Hinsicht eine Erklärung geben. Phascolarctus einereus GoLDF. BURNETT juv. Das Genus Phascolarctus gehört in die Familie der Kletterbeutler, Phalangeridae, und ist nur in einer Species bekannt: Ph. cinereus (fuscus) oder Koala. Es ist das „australische Faulthier“, welches träge und lässig auf Bäumen umherklettert und sich von Blättern, jungen Aestchen, Früchten und auch von Wurzeln nährt. Wegen seiner plumpen Gestalt, seines bärenähnlichen Ganges und seiner Haltung wird Phascolarctus 314 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 126 in zutreffender Weise auch „Beutelbär‘“ genannt. Sein dicker Kopf ist besonders auffällig, sein Maul ist kurzschnauzig und mit Backentaschen versehen. Der Kopf dieses eigenartigen Thieres wächst im Verhältniss zum übrigen Körper nur langsam, er entwickelt sich mehr in die Höhe und Breite als in die Länge, und wird daher plump und dick, wie es die Figuren 8 und 9 der Tafel II zeigen. Beim jungen Thier ist der Schädel noch klein, besonders die Kiefer sind kurz, so dass im Oberkiefer erst 3 Backzähne, ı Prämolar und 2 Molaren, im Unterkiefer 4 Backzähne, ı Prämolar und 4 Molaren durchgebrochen sind. Vom 3. Molaren des Unterkiefers sind nur die Zahn- zacken zu sehen (Fig. 8). Auch die Lücken zwischen den vorderen Antemolaren sind noch nicht gross. Beim ausgewachsenen Schädel erscheinen diese Lücken stark erweitert. Besonders im Oberkiefer sind die Zwischenräume zwischen Id? und Cd sowie Cd und Prd® sehr gross geworden (Fig. 9). Die Backenzähne sind alle durchgebrochen. Der I. Backenzahn, ein Prämolar, ist im Oberkiefer seitlich zusammengedrückt, mit einer mittleren scharfen Kante versehen, von der aus beiderseits nach unten schmale Furchen gehen (Fig. Ioa). Er gleicht einem noch nicht ausgebildeten Aepyprymnus-ähnlichen Prämolaren. Im Unterkiefer sehen wir den Prämolaren distal verbreitert und mit zwei kleinen Zacken ausgerüstet, während er proximal eine einfache Schneide besitzt (Fig. Iob), Die Molaren des Oberkiefers und Unterkiefers sind breit und kräftig, auf dem Querschnitt quadratisch und durch vier Zacken ausgezeichnet, die im Oberkiefer schart zulaufen, im Unterkiefer aber knospenartige Auswüchse zeigen (Fig. 10). Hinter dem letzten Molaren können noch weitere Molaren Platz finden. Diese Zähne drängen stark nach vorn, sie liegen dicht an einander und bilden eine kräftige Zahnreihe. Der 1. Schneidezahn im Oberkiefer ist sehr lang, ebenso wie der einzige Incisivus des Unterkiefers. Der Eckzahn ist rudimentär. Der Zahnwechsel tritt sehr frühzeitig ein; der sog. Milchprämolar, der 4. Prämolar in der Zahnreihe, ist trotz seines frühzeitigen Ausfalles dennoch gross, er besitzt drei kleine Zacken, eine vordere und zwei hintere, und ist wie ein echter Prämolar seitlich zusammengedrückt (Fig. 7a). Er hat auf dem Stadium seines Durchbruchs noch keine Wurzeln entwickelt. Nahe unter ihm nach der lingualen Seite zu liegt der Ersatzzahn, der 3. Prämolar der Zahnreihe (Fig. 7c). Weiter nach hinten bricht der I. Molar durch. Fig. 7 zeigt diese Zustände an einer linken Unterkieferhälfte eines stark behaarten Beuteljungen, das noch einen Saugmund besitzt. Die Zahnfleischschicht ist von den Zähnen abgelöst, um die Lage- beziehungen zu verdeutlichen. Der Milchprämolar, Prd 4, scheint gar nicht zu functionirenund keine Wurzeln zu bekommen. Bei einem älteren Exemplar, bei dem die vorderen Molaren, sowie die ersten Schneidezähne durchgebrochen waren, fand sich der Milchprämolar nicht mehr. Der Ersatzprämolar war verkalkt und im Durchbruch begriffen. Phascolarctus mag in seinem persistirenden Gebiss äusserlich den Uebergang von den Phalangeriden zu dem Potoroos- (Aepyprymnus-)Gebiss veranschaulichen. Entwickelungsgeschichtlich ist ein solcher Ueber- gang nicht nachzuweisen. Die scheinbaren Homologien sind Convergenzerscheinungen, welche durch An- passung an eine ähnliche Existenzbedingung zu Stande gekommen sind. Aeusserlich ist das Gebiss von Phascolarctus in den Odontographien von OwEn und GIEBEL be- schrieben worden (34 und 10). Den Zahnwechsel des einzigen Prämolaren hat THomAs zuerst nachgewiesen (52). Er fand an einem jugendlichen Schädel einen functionslosen Vorgänger des Ersatzprämolaren oben wie unten. LECHE hat ein Beuteljunges von 6,5 cm Scheitel-Cloakenlänge in Schnittserien untersucht und das Vorhandensein des Vorgängers des Prämolaren bestätigt (26). Er beschreibt das Auftreten des freien, meist verdickten lingualen Zahnleistenendes lingual von sämmtlichen vorhandenen Anlagen, auch neben dem Ersatzprämolaren Pr 3 und den beiden ersten Molaren, sowie eine kappenförmige Anlage des Id, (bezw. Id;) des Unterkiefers, welche nicht zur weiteren Entwickelung gelangt. Den von WoopwARrn für die 127 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 315 Diprotodontier, speciell die Macropodiden festgestellten eigenartigen Vorgang des Ersatzes des Prd 3 im Be- reiche der Prämolaren nimmt LECHE nicht an. Nach seiner Ansicht entwickelt sich der Ersatzzahn von Prd 3 in der That aus dem lingualen Zahnleistenfortsatz, so dass das freie Zahnleistenende lingual von P 3 die Möglichkeit einer dritten Dentition nicht ausschliesst. Wırson und Hırr halten den Vorgang des Zahn- wechsels bei Phascolaretus gleichfalls für normal. Nach ihrer Ansicht ist der Milchprämolar ebenso wie bei Perameles, Dasyurus der einzige, theilweise functionsfähige Ueberrest der ersten Dentition, während alle bleibenden Zähne der Ersatzzahnreihe angehören. In seiner jüngst erschienenen Arbeit (65) äusserst sich WoODWARD nicht über den Vorgang des Zahnwechsels von Phascolarctus. Meine Untersuchungen führen mich dazu, den Milchprämolaren zur gleichen Dentition wie den Ersatzprämolaren zu rechnen, also die gleichen Zustände im Vorgange des Ersatzes wie bei Trichosurus anzunehmen. In der Entwickelung des Gebisses finden sich viele Eigenarten, zu denen insbesondere das Auf- treten der prälactealen Dentition gehört, über die WOoODWARD in seiner neuesten Abhandlung bereits Mittheilung gemacht hat (65). Die Reste von Dentitionen, welche der ersten voraufgingen, sind gerade bei Phascolaretus sehr häufig. Die allgemeine persistirende Zahnformel für Phascolarctus ist von THoMmas in folgender Weise angegeben: ; DET 0. 0.0. 4 T2X o c a 07" 0& 0, A TeB2* 4 [097 oo 2 1. ©. Dr. LuMmHOoLTZ in Queensland soll bei einer Art einen beiderseitigen unteren 5. Molaren beobachtet haben (53). Wie Owen in seiner Odontography (p. 387) bereits mittheilt, scheinen anormale und functionslose Prämolaren und untere Canini bei dieser Species constant zu sein. Die Beschreibung der entwickelungsgeschichtlichen Befunde beginne ich mit dem Oberkiefer des jüngsten Stadiums. Im Ganzen sind die Köpfe von 8 verschieden grossen Beuteljungen in der Frontal- ebene geschnitten worden, deren Stadien sich folgendermaassen an einander reihen: Phascolarctus cinereus GOLDEF. I . | Gesammtlänge des Körpers gemessen | Länge des Kopfes, gemessen seit- Se von der Se über den | lich direct von der Schnauzenspitze 20: Rücken bis zur Cloake bis zum Hinterhauptshöcker I 4,6 cm 1,2 cm u 52» 15» ul 57» 1,65 „ IV 6,0 „ 1,7 ” su BR ” 2,0 ” 5 2, vu 90, Ze VII 97 2 2,5» Bei der Untersuchung der Schnittserien habe ich im Ober- wie Unterkiefer stets beide Kieferhälften in Bezug auf die Entwickelung der Zähne berücksichtigt. Sämmtliche Thiere waren unbehaart, bei den ältesten fanden sich in der Umgebung des Mundes und über den Augen feine Borsten. Die Augen waren geschlossen, der Saugmund überall vorhanden. Die beiden jüngsten Beuteljungen besassen bereits differen- zirte Zehen, bei den älteren waren an den Zehen Krallen gebildet. Phascolaretus, VOberkiefer. Stadium I (4,6 cm Gesammtlänge). Die Anlagen zeigen sich einschliesslich des 1. Molaren, aber mit Ausnahme des 4. Prämolaren, des sog. Milchprämolaren, als kolbenförmig verdickte Zahnkeime. > 316 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 128 Nur Prd! ist glockenförmig entwickelt. Die Zahnleiste ist zwischen den einzelnen Anlagen nicht durch- gängig vorhanden. Es zeigen sich die Keime fast aller ausgefallenen Antemolaren. Kurz vor dem I. Id treten jederseits mehrere zum Theil getrennt liegende Epithelleisten auf, die selbständig in die Mundhöhle einmünden (Fig. 108). Oberhalb der mittleren Leiste und zum Theil mit ihr in Verbindung liegt eine epithelperlenartige Verdickung. Lingual dieser zeigt sich etwas später der vorderste Theil von Id!, welcher an Stelle der am meisten nach innen liegenden und lingualen Epithelleiste folgt. Im Bereiche von Id! verschwindet der mittlere Epithelstrang, nur der labiale verbleibt und tritt als labialer Ast an die Anlage von Id! heran. Der mittlere Strang, welcher ebenso wie der labiale nach aussen von Id! gelegen ist, gehört als Ueberrest einer älteren prälactealen Zahngeneration als der von Id! an. Id: mündet mit anfangs offener Basis in die Mundhöhle, um nachher von der Oberfläche des Kiefers getrennt im Bindegewebe zu liegen. Sein Zahnkeim ist stark kolbenförmig verdickt und verbreitert. Auch vor Id? erscheint ein labialwärts gerichteter Epithelstrang, der unterhalb seiner Anlage als eigene labiale bezw. prälacteale Leiste bestehen bleibt. Sein Zahnkeim ist im proximalen Theile labio- lingual verbreitert und hängt an der verschmälerten Zahnleiste, distal ist er einfach kolbenförmig verdickt. Labial des distalen Endes zweigt sich vom Zahnleistenhals oberhalb der eben erwähnten Epithelleiste ein Nebenast ab, der an seinem freien Ende einen fast kappenförmigen Zahnkeim trägt (Fig. I09a). Dieser labiale Keim verwächst mit der labialen Wand der Anlage von Id? zu einem Stück (Fig. ıogb). Unterhalb dieser doppelten Anlage geht der bereits vorher genannte labıale Epithelstrang aus der gemeinsamen Zahnfurche ab (Fig. 109 lab. ZIf). Auf der anderen Seite des Oberkiefers gestaltet sich der Vorgang ebenso. Unter der labialen Zahn- anlage, die mit Id? eine Zeit lang verwächst, liegt auch hier ein ziemlich starker labialer Epithelstrang. Er bleibt selbständig und mündet mit der Zahnleiste in die gleiche Furche ein. Der kleine, kappenförmige Zahnkeim ist, da er labial der Anlage erster Dentition liegt, einer älteren, prälactealen Zahngeneration zuzurechnen. Bemerkenswerth ist, dass auf diesem Stadium Zahnkeime zweier verschieden alter Dentitionen ähn- lich wie bei Trichosurus mit einander verschmelzen, ein auffälliger Befund, der noch dadurch an Interesse gewinnt, dass beide Zahnkeime auf verschiedenen Entwickelungsstufen stehen. Nach den Befunden bei Id’, wo labial der Zahnleiste und des Zahnkeimes ausser der sog. prä- lactealen Anlage ein zweiter labialer Epithelstrang auftritt, ist es fraglich, ob dieser von der gemeinsamen Zahnfurche ausgehende Strang, der auch im Uebrigen vielfach zu finden ist, gleichfalls zur sog. prälac- tealen Dentition, wie sie als solche bislang aufgefasst wurde, gehört. Hier hat er mit dieser sog. prälac- tealen Dentition nichts gemeinsam, da sich über ihm ein vollständiger prälactealer Zahnkeim selbständig vom Zahnleistenhals abzweigt. Die „labiale Epithelleiste“, wie ich sie nennen will, ist daher der Ueber- rest einer älteren als der prälactealen Zahnreihe, wobei er aber immerhin zu einer Dentition gehört, die vor der lactealen bestand, also auch „prälacteal“ ist. Wırson und Hırr erklären die Epitheleinstülpung, aus der sich dieser Epithelstrang bildet, für die Lippenfurche, wenigstens kommen sie auf Grund ihrer Unter- suchungen am Gebiss der Perameliden zu diesem Resultat. Ich glaube nicht, dass dieser Epithelstrang die Lippenfurche vorstellt. Denn abgesehen davon, dass er als solche nicht regelmässig und gleichartig genug erscheint, beweist auch das Vorkommen reducirter Zahnkeime am freien Ende dieser Leiste sowie sein inniges Verschmelzen mit der Zahnleiste im Bereiche der Molaren die falsche Auffassung oben genannter Autoren. Die Anlage von Id? folgt dem Zahnkeim von Id? ohne Unterbrechung: oder Verkürzung der Zahn- leiste. Beide Keime berühren sich so eng, dass Id® beim Durchgehen der Schnittserie noch zur Anlage von Id? bezogen werden könnte, wenn nicht der Vergleich mit den übrigen Stadien die eigenartige Lage 129 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 317 von Id® zu Id? sicher stellte. Nach allen Befunden folgt der Zahnkeim von Id® unmittelbar dem von Id?; kein Zwischenraum trennt beide, sondern gleich neben einander liegenden Zahnkeimen verschiedener Dentitionen sind ihre Zahnkeime auf den jüngsten Stadien theilweise mit einander verwachsen. Es zeigt sich hier also ein enges Zusammentreten zweier auf einander folgender Zahnkeime gleicher Dentition, ebenso wie das Verschmelzen zweier neben einander liegender Zahnkeime zweier verschiedener Dentitionen. Ob ein Stillstand in der Entwickelung eines der beiden Zahnkeime eine dauernde Vereinigung herbeiführen kann, lässt sich nicht entscheiden. Jedenfalls zeigen die älteren Stadien einen Entwickelungs- fortschritt beider Zahnkeime, womit eine Trennung dieser zu Stande kommt. Die Anlage von Id’ ist kolbenförmig verdickt. Labial entspringt unter ihr die „labiale Epithel- leiste“ aus der Zahnfurche. Nach der Ablösung des Zahnkeimes vom Epithel der Mundhöhle bildet sie eine nach oben und labial umbiegende Verlängerung der Zahnleiste. Hinter Id® ist die Zahnleiste unterbrochen. Hier ist wahrscheinlich die Anlage von Id* ausgefallen. Es folgt der Rest eines Zahnkeimes von Id® in Form eines freien Zahnleistenendes mit oberflächlicher An- schwellung und unrelmässigen Umrissen. Id® besitzt labiale Ausläufer, die gitterartig mit dem Mundhöhlenepithel in Verbindung stehen (Fig. 110). Von diesen Leisten hebt sich der obere Theil ab, wird selbständig und erstreckt sich als ver- längerter Strang lingual schräg in den Kiefer. Er schwillt am freien Ende an und trägt eine Verdickung, die sich bald verflacht und eine geringe Einstülpung besitzt. Dieser Zahnkeim ist die Anlage von Cd. Er steht durch zwei Brücken mit dem Epithel der Mundhöhle in Verbindung. Oberhalb der Zahnfurche geht labial ein verdickter Nebenast ab, während aus der Zahnfurche selbst die schon mehrfach erwähnte hier am freien Ende verdickte „labiale Epithelleiste‘“ nach aussen in den Kiefer hineinragt. Sie reicht bis in die Nähe einer erneuten labial der Zahnleiste gelegenen Epitheleinstülpung, aus welcher sich die nächste Zahn- anlage entwickelt. Es folgen sich hier in ganz kurzer Zeit drei verschiedene Epitheleinstülpungen; die erste gehörte dem reducirten Zahnkeime von Id® an, — sie reicht in die Gegend von Cd hinein — die zweite dem kolbigen Zahnkeime von Cd und die dritte giebt den nachfolgenden Prd! das Material. In allen drei Fällen ist es die Zahnleiste, welche in der Gegend der Krümmung im Oberkiefer schräg getroffen wird. Die gitter- artige Verbindung führt ebenso wie der labiale Fortsatz von einer zur anderen Zahnanlage über. Labial der sich lang und schräg erstreckenden Zahnleiste tritt die nächste Anlage — Prd' — ganz klein und reducirt auf. Sie ist ein kappenförmiger Zahnkeim, zart und kaum von der Zahnleiste zu unter- scheiden. Ihr folgt ein kleiner kolbenförmiger Zahnkeim, der ein wenig eingestülpt ist und labiale Aeste besitzt. Er ist der Zahnkeim des 2. Prämolaren. An diesen schliesst sich ein stärkerer kolbenförmig ver- dickter Zahnkeim des 3. Prämolaren an, welcher an einer längeren und lingualwärts gebogenen Zahnleiste hängt. Labial entspringt neben ihm aus der Zahnfurche die am freien Ende hier knospenförmig angeschwollene „labiale Epithelleiste“. Ueber dieser nahe der Anschwellung von Prd3 folgt ein zweiter labialer Ausläufer. Der Zahnkeim von Prd® zeigt am oberen freien Ende schwache Einstülpungen. Er ist der eigentliche Ersatzzahn des 4. Prämolaren; letzterer wird gewöhnlich als Milch(prä)molar bezeichnet, ersterer als Ersatzprämolar, in der That aber gehören beide zur gleichen Dentition. Wie bei Aepyprymnus ausser dem ı. Molaren der 3. Prämolar durch den 4. ersetzt wird, so wird hier der 4. durch den 3. verdrängt. Die späteren Stadien geben den Beweis, sie zeigen, wie Prd3 allmählich in die Tiefe wächst, wie sich der schon von Anfang an gebogene Zahnleisten- hals (Fig. 111) streckt, und durch das Auswachsen der Anlage von Prd? und Prd‘ beide Anlagen in nähere Beziehungen des Ersatzes zu einander treten. Jenaische Denkschriften. VI. 17 » Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 41 218 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 130 Die Anlage von Prd* ist glockenförmig, klein, unverkalkt und mit einem kurzen lingualen Zahn- leistenfortsatz versehen. Labial zweigen sich sowohl von der Zahnfurche wie von dem Zahnleistenhalse beständig: Epithelstränge ab, welche dann und wann am freien Ende angeschwollen sind. Manchmal findet sich noch ein dritter labialer Strang (Fig. 112). Der dem Schmelzorgan zunächst liegende epitheliale Ast verwächst in der Mitte der Anlage mit dieser und bildet dann den oberen Rand der Anlage. Die labialen Knospen, die manchmal vom oberen Theile des Schmelzorganes ausgehen, sind meist Reste früherer Ver- bindungen zwischen Zahnleiste und Anlage; in den constant auftretenden labialen Epithelleisten sind Rudi- mente prälactealer Dentitionen zu suchen. Der 4. Prämolarenanlage folgt eine an ihrem freien Ende deutlich verdickte Zahnleiste, vielleicht der Rest eines ausgefallenen (5.) Prämolaren oder (1.) Molaren, an die sich der breite, verdickte Zahnkeim des 1. Molaren anschliesst. Er mündet mit verbreiterter Basis in die Mundhöhle ein. In ihm vereinigen sich Theile zweier verschiedener Dentitionen, da die „labiale Epithelleiste‘‘, welche vorher aus der Zahnfurche seitwärts abging, zur labialen Seite des Zahnkeimes ausgewachsen ist (Fig. 113). 5 Phaseolaretus, Oberkiefer. Stadium II (5,2 cm Gesammtlänge). Aehnlich wie im ersten Stadium treten vor Id! und im Be- reiche von Id! Epithelstränge auf, die theilweise mit Epithelperlen in Verbindung stehen (Fig. 114). Lingual von ihnen erscheint die Anlage von Id!. Während sich der mittlere und linguale Theil der Epithelstränge nicht mit Id! verbindet, sehen wir den labialen Ast ebenso wie im vorhergehenden Stadium dauernd labial von Id! und in Verbindung mit seiner Anlage. Ich halte auch hier diese Stränge für Ueberreste prälac- tealer Dentitionen, da sie labial von Id! liegen und stark reducirt sind. Ihr Erscheinen vor Id! hat wenig zu sagen, da sich auch anderen Orts reducirte prälacteale Zahnkeime vor und hinter ihren lingualen Anlagen befinden. Der Zahnkeim von Id! ist stark verbreitert und verdickt, aber noch nicht eingestülpt. Er steht anfangs mit der Mundhöhle durch eine verbreiterte Zahnleiste in offener Verbindung. Auch vor Id? treten drei verschiedene Epithelleisten auf, von denen die linguale und labiale den Zahn- keim vollständig umfassen, während an der mittleren der eigentliche Keim entsteht. Essind deutlich zwei getrennt nebeneinander einmündende Epithelleisten zu unterscheiden, welche die labiale und die linguale Wand der Anlage nach aussen begrenzen (Fig. 115). Von der labialen Wand gehen anfangs zwei getrennte, kurze Ausläufer ab. Alsdann löst sich zusammen mit der labialen Epithelleiste ein labiales Stück der Anlage theilweise ab. In diesem liegt eine vollständig ausgebildete Zahnanlage, welche glockenförmig entwickelt und zum Theil verkalkt ist (Fig. ıI6a, b). Sie liegt mitten im Epithel- gewebe, das durch Fortsätze mit Id? und der Zahnleiste im Zusammenhang steht. Dieser prälacteale Zahn gleicht der Anlage eines Amphibienzahnes. Er ist, ebenso wie im Anfang die labiale Epithelleiste, mit Id? in engere Berührung getreten. Dem Zahnkeime von Id? folgt unmittelbar die Anlage von Id®. Sie besitzt einen kappen- förmigen labialen Zahnkeim, der mitihr verwachsen ist. In der Einstülpung dieser prälac- tealen Anlage liegen nicht bindegewebige, sondern Epithelzellen, die durch eine Schicht cylinderförmiger Zellen nach aussen begrenzt werden. Erst darauf folgen Bindegewebszellen (Fig. I17a, b). Der Zahnleisten- hals ist gebogen und labialwärts gerichtet. Ebenso wie bei I ist sein oberes labiales Ende der Rest der aus der Zahnfurche ausgehenden „labialen Epithelleiste“‘. Gegen Ende von Id® verschmilzt sie mit dessen Zahnkeim zu einem einheitlichen Stück. Die Anlage von Id? enthält demnach in ihrem Zahnkeim sehr deutliche Reste verschiedener prälactealer Dentitionen. Die labiale Epithelleiste, welche im vorderen Theile von Id? mit dessen Keim verschmilzt (Fig. 115), gehört einer älteren Generation als der lingualen, ersten Dentition an. Am Ende 131 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 319 dieser, später etwas höher gelegenen Leiste entsteht ausserdem ein selbständiger labialer Zahn. Die labiale Epithelleiste ist hier ein labialer Nebenast der Zahnleiste, sie stellt später bei Id? nach Ablösung des Zahnkeimes vom Epithel der Mundhöhle die labiale Verlängerung der Zahnleiste vor (Fig. II7a) und verschmilzt zum Schluss mit Id. Damit haben wir aber eine Erklärung für die Entstehung der labialen Epithelleiste. Denn von Wichtigkeit ist bei dem Befunde von Id? das anfängliche Auftreten zweier getrennter, neben- einander liegender Epithelleisten (Fig. 115), welche den Eindruck erwecken, als ob es zwei Zahnleisten wären, die verschiedene Dentitionen vorstellen. Gleiche Befunde zeigen sich noch einige Male in der Gegend anderer Zahnanlagen. Die Annahme einer Selbständigkeit dieser labialen Epithelleiste gegenüber der Zahnleiste wird aber einmal durch das geringe Auftreten solcher Fälle und zweitens dadurch eingeschränkt, dass die „labiale Epithelleiste‘‘ meist vorübergehend selbständig mündet, sich dann aber, wie es auch hier der Fall ist, zugleich als einen Ast der Zahnleiste kundgiebt. Das selbständige Einmünden in die Mundhöhle neben der Zahnleiste mag durch eine Abnahme der Mundhöhlenoberfläche herbeigeführt sein. Am Ende von Id® löst sich die Zahnleiste von der Anlage ab, neben ihr erhebt sich die Anlage von Cd. Sein Zahnkeim hängt an einem langen Zahnleistenhalse, ist anfangs unregelmässig geformt und mit labialen Ausbuchtungen versehen. Im weiteren Verlaufe wird die Zahnleiste regelmässig gestaltet und erhält ein kolbenförmig verdicktes Ende. Die Zahnleiste folgt auf Cd schwach und reducirt, es tritt der kleine Zahnkeim des 1. Prämolaren auf; auch dieser besitzt labiale Fortsätze. Nach ihm zeigt sich die Zahnleiste wieder kräftig und ist bis zur Anlage des 4. Prämolaren am freien Ende verschieden stark kolbenförmig verdickt. Die Zahnkeime zweier Prämolaren Prd? und Prd® sind nicht ganz deutlich zu trennen. Beide haben labiale, vom Zahnleistenhalse ausgehende Fortsätze und gebogene Zahnleistenhälse. Der Zahnkeim von Prd® liegt tiefer im Bindegewebe als der von Prd?. Prd3 reicht bis in die Nähe von Prd‘. Er geht scheinbar direct in den Zahnleistenfortsatz dieser Anlage über, doch ist bei genauer Beobachtung die Trennung zu erkennen, denn die Zahnleiste mit ihrem freien Ende lingual von Prd* wird länger und schmäler. Von der kolbenförmigen starken Verdickung des freien Zahnleistenendes, wie sie der Zahnkeim von Prd? zeigte, ist im Laufe des Auftretens von Prdt lin- gual dieser Anlage nichts zu sehen. Erst gegen Ende der letzteren wird das freie Ende lingual von Prdt stärker und dicker. Die Anlage von Prd: ist glockenförmig. Labiale Anhängsel der verschiedensten Art treten ab- wechselnd auf, bald als kurze Ausläufer, bald als längere Stränge, welche rings um den labialen Theil ver- laufen. Mitunter bildet ein solcher Epithelstrang die labiale Wand selbst, und sein Fortsatz mündet auf einen Ast des Zahnleistenhalses, der mehr oder weniger durchgängig erscheint. Constant hingegen ist das Auftreten des labialen verdickten Fortsatzes, welcher aus der Zahnfurche hervorgeht. Die Furche ist meist breit und zeigt mitunter deutlich zwei getrennt einmündende Epithelleisten. Nach der Anlage von Prd‘ verkürzt sich das noch verdickte linguale freie Ende der Zahnleiste, es wird dicker und breiter, ähnlich wie es beim Stadium I bereits vorkam. Es tritt auch die aus der Zahn- furche abgehende „labiale Epithelleiste“ deutlicher auf, verlängert sich je mehr sie in die Nähe von M! kommt und verschmilzt mit dessen Zahnkeime zu einer breiten Anlage. Auch auf diesem Stadium verbindet sich mit dem Zahnkeim erster Dentition von M! der labiale, einer älteren, prälactealen Dentition zugehörige Epithelstrang und bildet die labiale Wand des Zahnkeimes. Auf M! folgt die ein- fache Zahnleiste. lg“ al® 320 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 132 Phascolaretus, Oberkiefer. Stadium III (5,7 cm Gesammtlänge). Die Anlagen von Id! und Id? stehen auf dem kappen- förmigen Stadium. Id® ist ein kolbenförmig verdickter Zahnkeim. Die Anlage von Cd ist glockenförmig und schwach verkalkt, die von Prd! ein kleiner kolbenförmiger, nur wenig eingestülpter Zahnkeim. Prd? erscheint kolbenförmig verdickt und im Zerfall begriffen. Prd’ hat einen starken kolbenförmigen Zahnkeim mit einem verflachten, oberen Ende. Sein Zahnleistenhals ist lang und schmal. Die Anlage liegt noch tiefer im Bindegewebe als beim zweiten Stadium. Prd ist glockenförmig und mit einer Dentin-Schmelzkappe bedeckt. Die Anlage ist klein, der linguale Zahnleistenfortsatz lang und ohne besondere Verdickung. Prd* hat sich von der Zahnleiste zum grössten Theile abgelöst, als Rest der früheren Verbindung bestehen schwache Epithelstränge. M! ist völlig kappenförmig entwickelt und steht auf dem Uebergangsstadium zur Glockenform. Die Zahnleiste ist häufig unterbrochen, erst nach der vierten Anlage erscheint sie im Bereiche der Prämolaren ziemlich durchgängig. Labiale Epithelstränge und Fortsätze treten bei jeder Anlage auf. Lingual ist nur neben Prd‘ ein wirklicher Fortsatz vorhanden. Wir finden zwar lingual des vorderen Theiles von Id! einen Fortsatz, der von der Zahnfurche nach innen zu verläuft, aber er verwächst bald mit der Anlage und bildet so eine verbreiterte linguale Wand. Bei weiterer Entwickelung löst sich auf den älteren Stadien dieser Fortsatz zum Theil wieder ab und wird zum selbständigen Ersatzzahnkeim. Auch vor Id! treffen wir auf die in den vorhergehenden Stadien beschriebenen Epithelleisten; die labiale verbindet sich mit Id!. Id? ist zweimal eingestülpt und zeigt labial mehrfache von der Anlage ausgehende Epithelstränge. Die linguale Wand ist schärfer als der übrige Theil hervortretend, der mittlere durch die Einstülpungen hervorgerufene Theil ist verwischt und undeutlich. Gegen Ende von Id?, fast im Bereiche von Id’ er- scheinen die bereits erwähnten prälactealen Zähnchen. Sie stehen durch einen Ast mit der Zahnleiste in Verbindung und berühren nicht die lingualen Anlagen. Das Zähnchen, welches beiderseits gleichmässig auftritt, ist verkalkt (Fig. 118). Unterhalb des Zähnchens liegen noch zwei labiale Epithelleisten. Id® folgt auch hier unmittelbar auf Id?:. Ein labialer Ast neben diesem, ein wenig eingestülpten Zahnkeime ist der Rest des Verbindungsstranges von Id? mit seiner labialen Anlage. Nach Ablösung des 3. Incisivus vom Mundhöhlenepithel wird der Ast zum Fortsatz der Zahnleiste. Der Eckzahn hat sich sehr schnell entwickelt, seine Anlage ist glockenförmig und hängt im vorderen Theile mit einem langen Zahnleistenhals zusammen. Ein lingualer Fortsatz ist proximal schwach angedeutet. Der Zahnkeim von Prd® liegt vor der Anlage von Prd*, er ist noch nicht in den Bereich dieses sog. Milchprämolaren getreten. Der linguale Zahnleistenfortsatz von Prd* ist weniger weit als beim zweiten Stadium entwickelt. Ueber Prd‘ geht aus der Zahnfurche die „labiale Epithelleiste‘ mit Unterbrechung hervor. Neben und unter der Anlage von M! findet sich dieser Epithelstrang wieder durchgängig. Er geht seitwärts ab und ist kurz und unverdickt. Am Schluss von M! wird er länger und nähert sich der Zahn- leiste. Hinter M! liegt er als ein lang gestreckter Epithelstrang parallel neben dem kolbenförmigen Zahn- keime von M®, um schliesslich mit ihm zu verwachsen. Auch der Zahnkeim von M? zeigt in seiner ersten Anlage vereinigte Theile zweier Dentitionen, von denen die erste Dentition den eigentlichen Zahnkeim ausbildet, während die ältere Dentition in Form einer Epithelleiste an diesen Keim herantritt. Dass eine derartige theilweise Verwachsung keine innige ist, sondern dass vielmehr bei grösserer Entfaltung Theile der älteren Dentition wieder ausscheiden, sehen wir an der Anlage von M! dieses Stadiums. Hier tritt die „labiale Epithelleiste“ in verkürzter Form wieder auf. Man kann also nicht behaupten, dass die „labiale Epithelleiste“ vollständig in die Anlage des ı. Molaren aufgeht. Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 321 Phascolarctus, Oberkiefer. Stadium IV (6,0 cm Gesammtlänge). Vor Id! und labial des vorderen Theiles der Anlage liegen mehrere schmale Epithelstränge, von denen zwei mit Id! in Verbindung treten. Id! und Id? sind noch kappenförmig. Lingual des vorderen Theiles von Id! tritt wie beim Stadium III ein Fortsatz aus der Zahnfurche ab, welcher nachher mit der Anlage verwächst, und deren linguale Wand bildet. Id? ist zweimal eingestülpt, lingual ist im vorderen Theile durch Weiterwachsen dieser Seite ein Fort- satz entstanden (Fig. 119). Labial zweigt sich später ein knospenartiger Fortsatz ab, der auf der rechten Kiefer- hälfte mit einem von der Zahnfurche ausgehenden Epithelstrang zusammentrifft (Fig. 120). Die labialen Ausläufer sind allem Anscheine nach Reste prälactealer Anlagen, die mit Id? verbunden sind. Distal von Id’, wieder zwischen Id? und Id°®, erscheint der vorher genannte prälacteale Zahn verkalkt und in Verbindung mit einem kurzen Seitenast der Zahnleiste. Labial der Zahnleiste zeigt sich im vorderen Theile von Id? eine zweite Leiste, welche anfangs selbständig in die Mundhöhle ausläuft (Fig. 121a), später aber in die Zahnfurche einmündet. Ausserdem gehen vom Zahnleistenhals verschiedene labiale Fortsätze ab (Fig. 121b). Id® folgt sogleich der Anlage von Id?. Sein Zahnkeim ist kolbenförmig verdickt und ein wenig eingestülpt. Er verwächst vollständig mit der labialen aus der Zahnfurche auslaufenden Epithelleiste (Fig. ı21b). Die Verwachsung des labialen und lingualen Epithelstranges ist hier ausserordentlich deutlich. Zwischen den beiden Leisten liegen Reste verschiedener Ausläufer und verdickter Keime. Der Anlage von Id? folgt eine reich verästelte und netzförmig durchbrochene Zahnleiste, an die sich dann die Anlage von Cd anschliesst. Sie ist glockenförmig entwickelt, mit geringerer Kalkablagerung ver- sehen und steht nur im vorderen Theile mit der Zahnleiste im Zusammenhang. Labiale Epitheläste treten auf, ein lingualer Zahnleistenfortsatz fehlt. Ein Rest eines überzähligen Prämolaren, Prd°’, folgt in Form einer kleinen epithelialen Knospe. An diese schliesst sich ein kleiner reducirter Zahnkeim der ı. Prämolaren an, welcher labiale Ausläufer trägt und lingual seitlich schwach eingestülpt ist. Ebenso wie dieser Keim stehen die folgenden mit der Mundhöhle in offener Verbindung. Die Anlage des 2. Prämolaren ist klein und an dem labialwärts ge- wandten, verdickten Ende ein wenig eingestülpt. Nach dieser Anlage wird die Zahnleiste wieder deutlich, ihr Hals lang und gekrümmt. Ihr freies Ende ist kolbenförmig verdickt. Es ist der Zahnkeim von Prd?. Labial gehen Epithelleisten ab, die mitunter verdickt sind, dann wieder leistenförmig erscheinen. Auch die „labiale Epithelleiste“, welche mit der Zahnleiste zusammen aus gleicher Zahnfurche hervorgeht (Fig. 122), fehlt nicht. Die labiale Seite des Zahnkeimes von Prd® ist mitunter verwischt. Allem Anschein nach ist labial des Zahnkeimes eine ältere Zahnanlage zu Grunde gegangen, welche der prälactealen Dentition ange- hört hat. Im weiteren Verlaufe nimmt die Anschwellung am Ende der Zahnleiste ab, der Zahnleistenhals wird gestreckter, der Fortsatz länger und erhält labial einen feinen Ast, welcher zur Anlage von Prd' überleitet. Die von der Zahnfurche ausgehende „labiale Epithelleiste“ ist auch hier vorhanden. Neben Prd* wird das freie Ende der Zahnleiste schmäler und schmäler, zeigt deutliche Anzeichen des Zerfalles, besteht aber dauernd neben der Zahnanlage. Auch nach Prd* verbleibt die Zahnleiste selbständig mit ihrem freien Ende im Kiefer liegen (Fig. 123); sie ist dann lang, reich verästelt und trägt anfänglich den labialen Ast, der zur Anlage des Milchprämolaren geführt hat, sowie den selbständig auftretenden labialen unteren Epithel- strang. Am Ende dieser Zahnleiste tritt später die Anlage des I. Molaren auf. Prd® oder der Milchprämolar ist eine kleine, reducirt erscheinende Anlage in Glockenform mit Schmelz-Dentin-Kappe. 322 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 134 Von Bedeutung ist die durchgängig lingual neben Prd* auftretende Zahnleiste mit ihrem theils ver- dickten, theils reducirten Fortsatz. Sie besteht vor wie nach der Anlage von Prd* und hat durch ihren Zusammenhang mit dem Mundhöhlenepithel eine gewisse Selbständigkeit bewahrt. Die Reduction des freien verdickten Zahnleistenendes lingual von Prd* spricht gegen eine Weiterentwickelung dieses Zahnkeimes. Die Anlage von M! ist noch nicht ganz glockenförmig entwickelt, ohne Kalkablagerung, aber distal- wärts mit einem starken lingualen Fortsatz versehen. Letzterer tritt in Form einer Spaltung der lingualen Wand auf und erinnert an Befunde, wie sie manchmal an der labialen Wand von Zahnanlagen bei Beutelthieren erscheinen (Fig. 124). Das Auftreten eines lingualen Zahnleistenfortsatzes in dieser Form ist bei echten Molaranlagen zumal der Placentalier sehr selten. Es lässt sich darüber streiten, ob der auf weiteren Entwickelungstufen dieses Molaren anzutreffende linguale Fortsatz neben und unter M! (Fig. 146a, b), welcher in reducirter Form und ohne directe Verbindung mit der Anlage von M! sich zeigt, mit diesem schon so frühzeitig erscheinenden Fortsatz zu vergleichen ist. Ein Zwischenstadium lässt allerdings diese Ansischt vermuthen, denn wir sehen beim Stadium V Fig. 132 den lingualen Zahnleistenfortsatz zwar weniger verdickt, ja sogar reducirt, aber trotzdem mit der Anlage von M! in Verbindung. Andererseits ist aber zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Falle der linguale Fortsatz sehr frühzeitig (M! hat noch keine reine Glockenform) und nur am distalen Theile von M! erscheint, aber auf den höheren Stadien ein solcher Fortsatz constant neben M! auftritt und dann ganz anders geformt ist. Im vorliegendem Falle bedeutet der linguale Fortsatz am Ende von M! nichts weiter als das freie Ende der Zahnleiste, das sich hier von der Anlage emancipirt; es stellt nicht den eigentlichen lingualen Fortsatz vor. Dieser zeigt sich als Repräsen- tant der Ersatzdentition erst bei weiterer Entwickelung des Molaren (Fig. 132, I46a, b). M! hat labiale Aeste, die sowohl von der Anlage wie von der Zahnleiste ausgehen. Der aus der Zahn- furche austretende „labiale Strang‘ erscheint beständig. Löst sich die ganze Anlage von dem Mundhöhlen- epithel ab, so folgt er und liegt alsdann als Epithelstrang dicht unter der Anlage, oder verwächst mit ihr. Der Zahnkeim von M? ist die stark verdickte Zahnleiste, die am freien Ende eingestülpt ist. Auf diesem Stadium ist das Verwachsen der labialen Epithelleiste mit der Zahnleiste deutlich nachzuweisen. Wie die Fig. 125a, b zeigen, verwächst der labiale Strang mit der verdickten Zahnleiste zu einem Ge- bilde, welches dann eine zweifache Einstülpung am oberen Ende besitzt. Im Zahnkeime des 2. Molaren sind demnach ebenso wie in der Anlage des ı. Molaren Theile zweier Dentitionen vereinigt, die zur prälac- tealen und lactealen Zahnreihe gehören. Phaseolarectus, Oberkiefer. Stadium V (7,0 cm Gesammtlänge). Vor der Anlage von Id! erscheinen drei neben- und theil- weise übereinander liegende Epithelleisten. Alle drei Leisten liegen labialwärts und verbinden sich mit dem labialen vorderen Theile des Id!; die dem Mundhöhlenepithel zunächst liegende Epithelleiste verlängert sich im Bereiche von Id! stark nach der labialen Seite und erhält zwei Verbindungsbrücken mit dem Epithel der Mundhöhle (Fig. 126). Sie befindet sich zusammen mit Resten der theilweise verdickten Zahnleiste unterhalb der Anlage von Id!. Die Leisten sind Reste älterer Dentitionen als der lactealen. Die Anlage von Id! ist fast glockenförmig entwickelt, aber verflacht. Ein Ausläufer lingual der Zahnfurche, der anfangs selbständig auftritt, vereinigt sich mit dem lingualen Theil der Anlage zu einer breiten Wand (Fig. 127). Aus diesem Fortsatz, der schon beim Stadium III und IV auftrat und sich bei weiterer Entwickelung der Anlage wieder von ihr ablöst, entsteht der Zahnkeim der Ersatzanlage. Die Anlage von Id? ist gleichfalls glockenförmig und unverkalkt. Sie ist grösser als die von Id’. Bevor die Anlage erscheint, treten, wie es beim Stadium I der Fall war, zwei nebeneinander liegende Epithelleisten auf, eine linguale und eine labiale (Fig. 128a). Beide Leisten vereinigen sich mit der Anlage 135 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 323 von Id?, bilden die linguale bezw. labiale Wand und wachsen als Fortsätze über die Anlage hinaus. Der linguale Fortsatz ist das freie Ende der Zahnleiste, er ist schwach verdickt, theilweise ge- spalten und verschmilzt in der Mitte der Anlage mit deren lingualen Seite. Die linguale Wand ist dann wieder stark verbreitert (Fig. 128b). Labial der Zahnleiste und der Anlage zweigen sich mehrfach feine Aeste ab, die unter einander in Verbindung stehen. Von Id® löst sich distal der linguale Theil ab und bleibt nach dem Verschwinden des übrigen Theiles von Id? als selbständiger kolbenförmiger Zahnkeim bestehen (Fig. 129). Es ist der Keim des 3. Schneide- zahnes, der erst spät zu grösserer Entfaltung kommt und sich auf diesem Stadium zuerst ganz deutlich von der Anlage des Id? unterscheiden lässt. Alle übrigen Stadien konnten wegen des innigen Zusammenhanges zwischen Id? und Id3 die Selbständigkeit des letzteren nur vermuthen lassen. Labial von Id? treten drei Hauptäste ab, die an ihren Enden verkalkte Zähnchen tragen. Sie sind Ueberreste prälactealer Zahnreihen. Der der Mundhöhle am nächsten liegende Ast, die labiale Epithelleiste, trägt sogar zwei bis drei kleine, gänzlich reducirte Zähnchen. Der mittlere Zweig zeigt ein besonders gut erhaltenes Zähnchen, das einen vollkommenen Amphibienzahn vorstellt (Fig. 130) !). Ein oberer Ast trägt eine kleine verkalkte Scheibe. Es treten aber nicht nur Zähnchen in der Mehrzahl auf, die unter-, sondern auch solche, die hintereinander liegen, genau so, wie es bei der Zahn- entwickelung der Amphibien der Fall ist und bei Dasyurus gleichfalls labial der unteren Incisivi beobachtet wurde (siehe Unterkiefer von Dasyurus). Am Schluss des Zahnkeimes, der sich mit Hülfe des obersten Astes (Fig. 130 lab. Fts.) labial ver- breitert, tritt nur noch die unterste labiale Epithelleiste auf, aber ohne jedes Anhängsel. Id? besitzt also in seinem distalen Theile mehrfache prälacteale Reste verschiedener Dentitionen. Proximal liegen die verkalkten prälactealen Zähnchen in mehr als einer Reihe und an drei verschiedenen Nebenleisten. Anfangs beim Stadium I ganz im Bereiche von Id? sind sie dann zwischen Id? und Id® aufgetreten und erscheinen hier labial des Id®. Es ist also eine unbestimmte Lage dieser Reste festzustellen. Gegen Ende von Id?, dessen Anlage zum Schluss isolirt im Mesodern liegt, verschwindet die Zahn- leiste. Vor der vierten Anlage Cd findet sich kein Rest irgend eines Zahnkeimes. Dann aber sieht man kurz vor Cd die Zahnleiste am oberen Theile verdickt und stark reducirt. An ihr erscheint die Anlage von Cd. Sie ist glockenförmig und ganz schwach verkalkt. Ihr lingualer Fortsatz ist nur im Beginn als directer Ausläufer der lingualen Seite vorhanden. Labiale Aeste gehen vom Zahnleistenhalse aus und münden zum Theil in die Zahnfurche. Die Anlage steht mit der Zahnleiste im Zusammenhang. Es folgt die Zahnleiste schwach und kurz. Dazwischen tritt ein kleiner kolbenförmiger Zahnkeim auf, der ausser labialen Aesten eine geringe Einstülpung besitzt. Der Zahnkeim ist rudimentär. Es ist Prd!. Nunmehr verlängert sich der Zahnleisten- hals und das freie Ende der Zahnleiste tritt deutlich knospenförmig auf. Wir haben den Zahnkeim von Prd? vor uns. Auf diesen folgt alsbald der im Beginn der Kappenform stehende Keim des 3. Prämolaren. Sein Zahnleistenhals ist lang und gebogen, die „labiale Epithelleiste“ entspringt aus der gemeinsamen Zahn- furche. Bevor noch diese Anlage in den Bereich des 4. oder sog. Milchprämolaren gelangt, hört ihr Zahn- keim auf. Nur der obere Theil bleibt bestehen, labial finden wir verschiedene Epithelzellenreste in Form von Zweigen und Perlen, bis die Zahnleiste ganz in den Bereich von Prd‘ kommt. Hier ist ihr freies Ende bedeutend länger als in der Gegend von Prd® und nur lingual des vorderen Theiles von Prd* verdickt (Fig. 131). Später zerfällt das freie Ende vollkommen. Die Reduction ist weiter als im Stadium IV vor- geschritten. Trotzdem bleibt auch hier die Zahnleiste mit ihrem immerhin noch verdickten freien Ende andauernd neben Prd‘ bestehen und reicht über diese Anlage hinaus. Die Anlage von M' zeigt sich 1) Fig. 130 zeigt nur den Rest eines Zahnes. Die übrigen Zähnchen liegen in anderen Schnittebenen. 324 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 136 später an dieser verlängerten Zahnleiste. Der vor der Anlage von Prd* befindliche Zahnkeim von Prd?, welcher später Prdt ersetzt, ist in der That ein selbständiger Zahnkeim, von Prd* unabhängig und ein Pro- duct der ersten Dentition, während der echte Ersatzzahnkeim Pr‘ zu Grunde geht. Prdt ist mit einer starken Kalkkappe versehen. Seine Anlage ist klein. Die labiale Epithelleiste entspringt neben ihm aus der Zahnfurche. M: ist glockenförmig, ein wenig Schmelz ist abgelagert. Der linguale Zahnleistenfortsatz ist kurz und unverdickt, ja fast reducirt; er liegt lingual von der Mitte der Zahnanlage (Fig. 132). Er erscheint aber nicht constant neben Mt, sondern nur kurze Zeit. Die Lage dieses echten lingualen Zahnleistenfortsatzes unterscheidet sich in vorliegender Form nicht von der gewöhnlichen Lage solcher Fortsätze neben Ante- molaren. M' ist also in dieser Beziehung, abgesehen von dem sporadischen Auftreten seines lingualen Fortsatzes, den übrigen Anlagen gleichstehend. Gegen Ende von M! tritt die vorher nur spontan erscheinende „labiale Epithelleiste‘“ wieder deut- lich und scharf hervor. Sie wird sehr lang und verwächst wie beim vorigen Stadium mit der lingualen ver- dickten Zahnleiste zur Anlage des 2. Molaren, die ein wenig eingestülpt ist. Auf M? folgt die einfache Zahnleiste. Phaseolaretus, Oberkiefer. Stadium VI (85 cm Gesammtlänge). Hinter M? ist keine weitere Zahnanlage entstanden, ein Zeichen, dass der Kiefer sich nicht viel verlängert hat. Die Zahnanlagen hingegen sind beträchtlich grösser geworden. Bis auf Id®, Prd®, M? und die reducirten Anlagen stehen sie auf dem glockenförmigen Stadium mit mehr oder weniger verkalkten Kronen. Am stärksten sind Prd‘ und Cd verkalkt, weniger Id! und am wenigsten Id? und M!. Zahnleistenfortsätze treten lingual aller dieser Anlagen in reducirtem Zustande auf. Es lässt sich eine Reihenfolge in den Reductionsgraden feststellen. Die reducirten Anlagen sind Prd! und Prd?, wovon die Anlage des I. Zahnes noch ziemlich gut entwickelt ist. Gleich mit Id! erscheinen die bekannten labial gelegenen Epithelstränge. Id! steht im Anfange mit dem Mundhöhlenepithel durch schwache Stränge in Verbindung, ebenso mit der stark kolbenförmig ver- dickten Ersatzzahnanlage. Letztere ist aus der allmählich sich weiter entwickelten Einstülpung des Mund- höhlenepithels entstanden, welche auf den jüngeren Stadien im proximalen Theile von Id! noch selbständig war, im weiteren Verlaufe aber, also auf den älteren Stadien mit Id! in Verbindung trat (Stadium III und IV und Fig. 127). Hier hat sich der Keim selbständig erhalten, steht aber vor dem Zerfall, da er nur abwechselnd wirklich kolbenförmig verdickt zu sehen ist. Meist ist er in mehrere Theile, die knospenförmig hervorspriessen, gespalten. Er löst sich bald vom Mundhöhlenepithel ab und liest dann in Verbindung mit der Anlage von Id! frei im Bindegewebe (Fig. 133). Zum Schluss der Anlage treten labial wie lingual mehrfach zottenförmige Ausläufer auf, die Reste früherer epithelialer Fortsätze und Verbindungsstränge. Id? hat eine ähnliche Verbindung. mit der Zahnleiste und ihrem lingualen Fortsatze. Dieser ist stark gelappt, anfangs nur mit der Zahnanlage verbunden und reicht erst später bis zum Epithel der Mundhöhle. Labial des vorderen Theiles von Id? hängt an einem labialen, langen Ausläufer eine reducirte prälacteale Anlage. Distal entspringen von der Anlage des Id? lingual wie labial zottige Ausläufer. Id? ist zweimal eingestülpt. Diese zweifache Einstülpung der Zahnanlage wird durch das Verwachsen des lingualen Zahn- leistenfortsatzes mit Id? herbeigeführt oder überhaupt durch das Verwachsen von Zahnleistenmaterial, welches verschiedenen Dentitionen entspricht. Id? wird später zweizackig. Noch im Bereiche von Id? schwillt die unter ihr liegende, wieder freigewordene Zahnleiste an ihrem Ende stark kolbenförmig an und stellt so das vordere Ende von Id® vor. Labial von ihr gehen mehrfach Aeste ab, und aus der gemeinsamen Furche entspringt die „labiale Epithelleiste“ anfangs selb- 137 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 325 ständig (Fig. 134). Auch erscheint ein Rest eines prälactealen Zahnkeimes sowie verkalkten kleinen Zahnes. Hiernach umgreifen beide Epithelleisten: die Zahnleiste einerseits, die labiale Epithelleiste andererseits, die zwischen ihnen befindliche Anlage des 3. Schneidezahnes, bilden so die linguale bezw. labiale Wand von Id’ und wachsen zugleich als Fortsätze über die Anlage hinaus (vergl. Fig. 121b und 128a). Id® ist auch hier zweifach eingestülpt und enthält in seinem Keime prälacteale Reste. Die Anlage ist undeutlich. Der Eckzahn liegt wie bei allen Stadien vorher tiefer im Mesoderm als die übrigen Antemolaren. Seine glockenförmige Anlage hängt hier noch an einer dünnen Zahnleiste, von der labial sowohl, wie lingual unter Cd schwach verdickte, aber reducirte Fortsätze ausgehen. Es ist dieses ein Befund, der bereits bei anderen Species vorkam. Der eigentliche linguale Zahnleistenfortsatz, der Repräsentant des Ersatzzahnkeimes, hängt mehr nach hinten vollständig zerfallen mit der Anlage von Cd zusammen. Labial unterhalb des Caninus und von diesem durch Knochentheile getrennt liegt ausserdem distalwärts ein kleiner, kappenförmiger Zahnkeim, der mit einem bereits zerfallenen, aber stark angeschwollenen lingualen Zahnleisten- fortsatz theilweise in Verbindung steht. Die Anlage selbst ist reducirt und besitzt labiale Fortsätze (Fig. 135). Sie ist der 1. Prd. Auf diesen Zahnkeim folgt der Rest des Prd?’ (Fig. 136), welcher mehrfach eingestülpt ist, labiale Ausläufer trägt und eine reducirte kappenförmige Anlage vorstellt. Nach Prd? ist die reducirte Zahnleiste weit in die Tiefe gewachsen. An ihrem freien Ende zeigt sich der vollkommen kappenförmige Zahnkeim des dritten, späteren Ersatzprämolaren. Er steht mit dem Mund- höhlenepithel in Verbindung und ist in Folge stärkerer Ausbreitung des 4. Prämolaren mehr in den Be- reich dieser Anlage gekommen. Prd* besitzt kleine labiale Ausläufer, die theilweise ein und zwei verkalkte Perlen einschliessen. Ausserdem liegen Epithelperlen labial der Zahnleiste unterhalb von Prd® (Fig. 137). Im Bereiche von Prd* hört Prd? auf; hiernach zweigt sich von der Mitte der immer noch stark verlängerten Zahnleiste ein labialer Ast ab, der zur Anlage von Prd* führt. Neben Prd* selbst ist die Zahnleiste mit ihrem Fortsatz dauernd vorhanden, zeigt Anfangs noch eine Anschwellung des freien Endes, verläuft bald aber glatt und reducirt längs der lingualen Seite der Anlage (Fig. 138). Trotz der Reduction ist die Zahn- leiste mit ihrem freien Ende auch über Prd‘! hinaus zu verfolgen, bisweilen noch mit dem Mundhöhlen- epithel in Verbindung. Ein labialer Fortsatz geht ausser dem Verbindungsstrang mit Prd® unterhalb der Anlage vom Zahnleistenhals ab, er ist ziemlich constant, ebenso befinden sich vorübergehend labiale Zahn- keime (Fig. 138). Es zeigen sich also auch beim Milchprämolaren Prd* prälacteale Ueberreste. Die Anlage von Prd* ist hier grösser als auf allen vorhergehenden Stadien und an ihren Spitzen ziemlich stark verkalkt. Die Schmelzpulpa ist vollkommen erhalten, und die Anlage hängt bisweilen durch feine Stränge mit der Zahnleiste zusammen. Unterhalb des distalen Endes von Prd‘ wird die Zahnleiste und ihr linguales freies Ende wieder bedeutend stärker. Verschiedene labiale Ausläufer, sowie die „labiale Epithelleiste“ erscheinen in ganz charakteristischer Form. Ebenso zeigt sich der Rest eines Verbindungs- stranges zwischen Zahnleiste und „labialer Epithelleiste“ (Fig. 139). Ueber diesen Zahnleistenstücken liegt das vordere Ende von M!, dessen Anlage gross, ein wenig verkalkt und mit gut entwickelter Schmelzpulpa versehen ist. Der linguale Zahnleistenfortsatz neben M'! folgt später, er ist lang und schwach verdickt. Die unterhalb des distalen Endes von Prd* und des proximalen von M! stark entwickelte Zahnleiste mit ihrem freien verdickten Ende liegt also zwischen beiden Anlagen. Ihre Bedeutung als einfacher lingualer Ersatzzahnkeim von Prd* oder M! ist in Hinsicht auf die vorher wie nachher erscheinenden Reste dieser Keime jedenfalls nicht zutreffend. Vielmehr scheint der am freien Ende der Zahnleiste befindliche Zahnkeim selbständiger Natur und der Rest einer überzähligen Zahnanlage zu sein. M: ist weniger weit als beim früheren Stadium entwickelt, stark kolbenförmig verdickt und besitzt zwei labiale Fortsätze, welche noch nicht mit seinem Keime verwachsen sind (Fig. 140). Jenaische Denkschriften. VI. 18 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 42 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 138 w [$) oa Phaseolarectus, Oberkiefer. Stadium VII (9,0 cm Gesammtlänge). Id!, Id?, Id®, Cd, Prd‘, M! sind glockenförmig entwickelt, von diesen ist Prd* am meisten, Id? gar nicht verkalkt, während Id!, Id’, Cd, M! auf ziemlich gleicher Entwickelungsstufe stehen. Die Zahnkeime von Prd' und Prd? sind rudimentär, die Anlage von Prd! ist beinahe glockenförmig, Prd? stellt eine schwach verdickte Zahnleiste mit labialen Ausläufern vor. Prd® besitzt einen kappenförmigen Zahnkeim, M? steht auf erster Entwickelungsstufe. Auf diesem Stadium treten die meisten Zahnanlagen nicht hinter, sondern neben einander auf, ein ein Zeichen ebenso wie die langsame Entfaltung von M?, dass die Anlagen mehr als der Kiefer ge- wachsen sind. Die linguale Ersatzzahnanlage von Id! ist nur im vordersten Theile ein kolbig verdickter Zahnkeim mit ganz unregelmässigen Umrissen, der sich im Zerfall befindet und mit Id! durch‘schmale Stränge in Verbindung steht. Der Zahnkeim dieses Ersatzzahnes von Id! liegt Anfangs in der Nähe des Mundhöhlen- epithels. Später tritt er in nähere Beziehung zur Anlage und zerfällt dann in einzelne knospenförmige Theile (Fig. ı41). Ueberhaupt zeigt die linguale Fläche der Zahnanlage von Id! in Verein mit der Zahn- leiste und ihren lingualen Fortsätzen merkwürdige Zustände, wie die Fig. I4Ia und b beweisen. Eine beschränkte Verwachsung zwischen beiden Theilen hat stattgefunden, die lingualen Fortsätze bilden zum Theil die Begrenzung der Anlage, sind aber andererseits bemüht, die auf den jüngeren Stadien vor- herrschende Verwachsung wieder aufzulösen, und zerfallen demgemäss in mehrere knospen- und perlen- förmige Stücke. Wenn die Fig. 127 und I4Ia und b einem Vergleich unterzogen werden, so fällt dieser erst spät eintretende secundäre Zerfall der verbreiterten lingualen Seite von Id! auf. Es ist anzunehmen, dass der linguale Zahnleistenfortsatz von vornherein in die Anlage des Id! aufgenommen wurde, sich aber später wieder zum grössten Theil unter Zerfall emancipirt. Id? hat entsprechend seiner zweimaligen Einstülpung seines Zahnkeimes auf jüngeren Stadien und der dortigen Verwachsungen (Stadium IV—VI) zwei Zacken. Der linguale Zahnleistenfortsatz zeigt sich reducirt unterhalb seiner Anlage und steht theilweise mit Id? in Verbindung. Lingual des distalen Theiles von Id? tritt die Zahnleiste mit ihrem Fortsatz deutlicher, aber zerstückelt auf. Aus den einzelnen Stücken geht ein kolbenförmig verdickter Zahnkeim hervor, welcher im weiteren Verlaufe zur lingualen Wand des 3. Id und zum Zahnleistenfortsatz dieser Anlage auswächst. Labial der zerstückelten Zahnleiste, welche zur Anlage des Id? überführt, zweigt sich ein feiner Ast ab, welcher den Rest einer prälactealen Anlage, ein verkalktes Zähnchen, trägt (Fig. 142). Unter diesem Ast tritt weiterhin ein zweiter auf, der eine kleine Schmelzperle besitzt. Ausserdem ist die labiale Seite der Zahnleiste mit vielen kleinen Ausläufern versehen. An letztere tritt die glockenförmige Anlage von Id’ welche nur im vorderen Theile einen lingualen Zahnleistenfortsatz besitzt, während unter ihr dauernd von der Zahnfurche ein labialer Epithelstrang ausgeht, der selbst kleine labiale Fortsätze führt. Id® steht durch die Zahnleiste mit der Mundhöhle in Verbindung. Die labialen Aeste und Fortsätze sind Reste prälactealer Dentitionen, wie sie bereits bei allen anderen Stadien vorgekommen sind. Die Anlage von Cd ist schwach verkalkt. Lingual und labial liegen schwach verdickte Fortsätze, die sich aus einer mehrfach verästelten Zahnleiste abzweigen (Fig. 143). Prd! ist glockenförmig entwickelt, aber stark reducirt. Sein lingualer Zahnleistenfortsatz ist auch zerfallen (Fig. 144). Die Anlage liegt im Bereiche unterhalb von Cd. Prd? ist weit mehr als Prd! zerfallen. Prd3 hat immer noch das kappenförmige Stadium und hängt am langen Zahnleistenhalse, dessen oberer Theil stark verdickt ist, zum Theil kleine Perlen trägt und labial knospenförmige Verdickungen 139 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 327 zeigt. Die Anlage liegt zum grössten Theil isolirt im Kiefer, nur ihr distaler Theil reicht in die Gegend des vorderen Endes von Prd*. Die Lage dieser Zahnanlage ist auf beiden Seiten des Kiefers verschieden, da Prd® auf der linken Kieferseite eher mit Prd* in Beziehung kommt als rechts. Eine Verbindung besteht zwischen Prd® und Prd* nicht. Im engeren Bereich von Prd‘ hört Prd? auf. Prd* ist in seinen Spitzen verkalkt. Die Zahnleiste liegt mit ihrem lingualen reducirten Fortsatze und verkürzten Verbindungsstrang dauernd neben Prd‘ und über dessen Bereich hinaus. M! tritt noch im Bereiche von Prd* über der Zahnleiste auf. Seine Spitzen sind verkalkt. Die Zahnleiste tritt mit ihrem verkürzten lingualen Fortsatze und dem Verbindungsstrang, der zur Anlage von Prd‘ überleitete, von vornherein neben M! auf. Sie ist durch einen zweiten, über diesem verkürzten Ver- bindungsstrang liegenden Ast mit M! verbunden, zugleich verlängert sich ihr reducirter lingualer Fortsatz. Der untere erste labiale Ast, der frühere Verbindungsstrang mit Prd*, verbleibt jedoch unter M!. Hiernach hat also dieser Strang für M! keine besondere Bedeutung. Er ist nur der Rest der Verbindung zwischen Zahnleiste und der in der Zahnserie vorhergehenden Anlage Prd*. Die Zahnleiste ist unter M! besonders lang und häufig verdickt, sowie mit lingualen und labialen zum Theil angeschwollenen Fortsätzen versehen (Fig. 145). Labial der Zahnleiste tritt manchmal auf der anderen Kieferhälfte ein besonderer Epithelstrang vom Mundhöhlenepithel aus, die labiale Epithelleiste, welche mit der Zahnleiste durch einen Zwischenstrang ver- bunden ist und am Ende in ein oder zwei Fortsätze ausläuft (Fig. I46a, b). Hierzu kommt lingual unterhalb des reducirten freien Zahnleistenendes ein weiterer Fortsatz, der vom Zahnleistenhals ausgeht und am freien Ende einen kolbenförmigen Zahnkeim trägt (Fig. 146b). Die beiden neben einander liegenden Epithelleisten auf der labialen Seite zeigen sich häufig, sie sind Reste einer älteren Dentition, während der untere linguale Zahnkeim einer weit jüngeren Zahngeneration zugehört. Auch bei den übrigen Species, besonders Phalanger orientalis, waren im Bereiche der Molaren Reste jüngerer Dentitionen als der Ersatzzahnreihe vorhanden. M? steht im Anfangsstadium seiner Entwickelung, zeigt aber deutlich das Verwachsen zweier Epithel- leisten, wie es bei den jüngeren Stadien bereits der Fall war. Gegen Ende von M! verkürzt und verdickt sich nämlich das freie Ende der Zahnleiste und wird selbständig. Zugleich tritt labial der Zahnfurche der bekannte labiale Epithelstrang deutlich hervor, erreicht die Länge der neben ihm liegenden Zahnleiste und tritt mit dieser durch verschiedene Stränge in engere Berührung (Fig. 147). Am Schluss tritt eine Verwachsung beider Epithelleisten zu einer breiten Leiste ein, die am oberen Ende eingestülpt ist. Der Zahnkeim von M®? besteht somit aus dem Material zweier unter sich verwachsener Epithelleisten, von denen die eine als freies Zahnleistenende der ersten, die zweite labial gelegene einer älteren, prälactealen Dentition zugehört. Phascolarctus, Oberkiefer. Stadium VIII (97 cm Gesammtlänge). Den Befunden vom Stadium VII ist in der weiteren ÄAus- bildung der einzelnen Anlagen nichts Besonderes hinzuzufügen. Die Anlagen sind durchschnittlich stärker verkalkt, besonders stark ist Prd* verkalkt, bei dem sich der Uebergang zu den Wurzeln bereits feststellen lässt. Sonst ist die Verkalkung auf einen Schmelz-Dentinmantel beschränkt, der die ganze Krone umgiebt. Die reducirten Anlagen von Prd! und Prd® sind vorhanden. Bei Prd!, dessen Zahnanlage glockenförmig ist, treten lingual zwei am freien Ende verdickte Zahnleistenfortsätze auf, die den Resten einer zweiten und dritten Dentition entsprechen. Prd? ist ein stark reducirter kappenförmiger Zahnkeim. M? ist nicht viel weiter als bei VII entwickelt. Die Ersatzzahnanlage von Id! liegt im vordersten Theile des Oberkiefers. Bald erscheint sie fast 18 * 42% Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 140 [0°] 32 kappenförmig, bald stark reducirt, aber stets in Verbindung mit Id!. In der Nähe von Id! ist sie voll- ständig, weit mehr als beim Stadim VII aufgelöst. Sie zerfällt in viele, kleine Stücke. Kurz vor Id? tritt die Zahnleiste mit zwei labialen und einem lingualen Fortsatz auf, die bald darauf mit Id? zusammentreffen. Der linguale ist reducirt, am Ende des oberen labialen aber liegt eine grössere unverkalkte Epithelperle, der labiale untere Fortsatz ist ein einfacher Strang. Sie sind Ueberreste prälac- tealer Zahnanlagen (Fig. 148). Id? bleibt längere Zeit mit der Zahnleiste und ihrem lingualen reducirten, verdickten Fortsatz in Verbindung. Sobald sich aber Id? von der Zahnleiste trennt, wird das freie Ende der Zahnleiste, welches vorher den lingualen Fortsatz von Id? vorstellte (der linguale Fortsatz), deutlicher und schwillt noch vor dem Auftreten von Id? stark kolbenförmig an. Von seiner labialen Seite gehen wiederum zwei Fortsätze aus, die ursprünglich an ihren freien Enden schwach verdickt sind. Der mehr nach oben und lingual gelegene ist verkürzt, während an dem freien Ende des unteren ein vollständiger kleiner Zahn liegt (Fig. 149). Oberhalb dieses Zahnes zweigt sich lingualwärts vom Fortsatze 2 ein kleiner Ast (a) ab. Unter diesem Zahn liegt noch ein dritter Fortsatz (3). Nach dieser rudimentären Anlage nimmt die Verdickung und die Länge des freien Zahnleistenendes wieder ab, die Zahnleiste wird gerade und unverästelt, sowie am’ freien Ende unverdickt ; über ihr erscheint nunmehr die Anlage von Id?, sie steht weiterhin auf kurze Zeit mit der Zahn- leiste in Verbindung, ohne dass diese einen lingualen Fortsatz oder eine Verdickung ihres freien Endes besitzt. Nach diesen Befunden, welche mit keinen der bisherigen Stadien ganz übereinstimmen, könnte man annehmen, die kolbenförmige Verdickung des freien Zahnleistenendes kurz vor Id? zusammen mit der ziem- lich grossen reducirten labialen Zahnanlage seien die selbständigen Rudimente eines ausge- fallenen Id mit Ersatzkeim, und nicht der Ueberrest einer prälactealen Dentition.. Nach reiflicher Ueberlegung habe ich dieser Annahme, welche noch durch die Lage aller dieser Ueberreste — sie liegen zwischen Id?2 und Id® — scheinbar gestützt wird, doch nicht folgen können, sondern halte auch im vor- liegenden Falle gemäss den Befunden aller jüngeren Stadien den reducirten Zahn für prälacteal (siehe Fig. 130 und 142). Ganz abgesehen von diesen Befunden, bei denen sich Id® fast mit Id? als ver- wachsen herausstellte, erstreckt sich die Verdickung des freien lingualen Zahnleistenendes zwar lingual weit in das Mesoderm und nimmt räumlich die gleiche Lagerung zur Oberfläche der Mundhöhle ein wie der Ersatz- keim von Id? (Fig. 148), aber es zweigen sich labial von der Zahnleiste (siehe Fig. I49) drei verschiedene Fort- sätze ab; von diesen ist der erste (7) und dritte (5) verkürzt, der zweite (2) trägt den rudimentären Zahn, beide (2 und 3) aber sind den beiden labialen Fortsätzen der Zahnleiste von Fig. 148 an die Seite zu stellen. Die oberhalb von I sich bemerkbar machende Erhebung (b) und ı selbst ist der Rest des Verbindungsstranges mit Id®. Wenn also die labialen Fortsätze unter Id? (Fig. 148) zu prälactealen Ueberresten zu zählen sind, was für richtig gelten muss, so ist das Gleiche bei Fig. 149 der Fall. Der rudimentäre Zahn gehört daher zu einer prä- lactealen Zahnreihe, da er an dem Fortsatze 2 entstanden ist. Die Selbständigkeit dieses prälactealen Zähnchens wird noch durch seinen oberen lingualen kleinen Fortsatz a bekräftigt, welcher die unabhängige eigene Ent- wickelung dieser prälactealen Zahnreihen kundgiebt. Die unregelmässige Lage prälactealer Ueberreste gesen- über den lingualen Zahnanlagen erster Dentition ist schon bei der Besprechung von Dasyurus hervorgehoben worden. Es kommt häufiger vor, dass sich derartige Reste labial zwischen lactealen Zahnanlagen zeigen, womit ebenfalls ihre vollständige Unabhängigkeit von den Anlagen dieser Dentition bewiesen wird. Im vorliegenden Falle hat die bereits vorgeschrittene Entwickelung der benachbarten Zahnanlagen die Unabhängigkeit der ganzen in Betracht kommenden Theile noch erhöht. Hat nun aber der kolbenförmige Zahnkeim am lin- gualen freien Zahnleistenende zwischen Id? und Id? irgend eine besondere Bedeutung? Auf der anderen Kieferhälfte liegen die Reste zwischen Id? und Id® anders zu einander. Es zeigen sich ebenfalls zwei und drei Fortsätze, die labial von der Zahnleiste ausgehen. Der mittlere trägt hier aber nur eine kleine Schmelz- 141 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 329 perle, während die beiden übrigen einfache Stränge sind. Die Zahnleiste selbst ist im Ganzen dicker und stärker, sie tritt nach Id?, ohne vorher schwächer zu werden oder einen besonderen kolbenförmigen Zahn- keim gebildet zu haben, mit der Anlage von Id? in Berührung und geht ohne Weiteres in die Ersatzanlage dieses Zahnes über. Eine Trennung von zwei verschiedenen auf Id? folgenden Zahnkeimen am freien Ende der Zahnleiste, von denen der vordere (proximale) als ein selbständiger Zahnkeim, der nächste (distale) als Ersatzkeim von Id? aufzufassen wäre, ist auch hier nicht festzustellen, sondern der Ersatzkeim des Id? liegt etwas vor seinem Vorgänger, verbindet sich aber hinter Id? alsbald mit der Anlage von Id?, womit er von vornherein als Ersatzkeim dieser Zahnanlage aufgefasst werden muss. Was manchmal zu bemerken ist, trifft auch hier zu: der Ersatzkeim liegt bisweilen bei stärkerer Entwickelung der Vorgänger und vor Allem dann, wenn er durch die Zahnleiste mit dem Mundhöhlenepithel Fühlung behält, vor und im Bereiche des proximalen Theiles des Vorgängers. Besonders zeigt sich dieses bei den verkalkten Anlagen der oberen Id und erklärt sich aus dem Drängen dieser Zähne nach hinten zu. Die Ersatzkeime folgen nicht, da sie durch ihre Verbindung mit der Zahnleiste gleichsam an ihrem Platze fest geheftet sind, während die Ver- bindung zwischen Zahnleiste und Milchzahnanlage unterbrochen ist. Das ist hier nun auf beiden Kieferhälften der Fall, auf der einen mehr als auf der anderen. Ich halte daher auch den lingualen Zahnkeim am freien Ende der Zahnleiste, welcher auf der zuerst beschriebenen Kieferhälfte mit den prälactealen Rudimenten und der prälactealen Zahnanlage vor Id® festzustellen war, für den Ersatzkeim des Id’. Dieser ist in Folge der stärkeren Grössenzunahme des Id und seiner Verbindung mit dem Epithel der Mundhöhle von seinem Vor- gänger getrennt worden. Nicht der Ersatzkeim, sondern Id® hat diese veränderte Lage herbeigeführt. Die glockenförmige Anlage von Id ist zweimal eingestülpt, sie ist verhältnissmässig weniger weit als beim vorhergehenden Stadium entwickelt. Die zweimalige Einstülpung und Zackenbildung bei den An- lagen des Id? und Id® ist jedenfalls auffallend. Wie ich schon mehrfach hervorgehoben, scheinen diese Doppelzacken durch beschränktes Verwachsen seitlicher labialer wie lingualer Zahnleistenfortsätze mit der Zahnanlage herbei geführt zu sein. Der Ersatzkeim des zweizackigen Id gehört daher augenscheinlich einer jüngeren als der zweiten Dentition an, oder er ist der Rest dieser letzteren. Das freie Zahnleistenende lingual der zum Theil verkalkten Anlage von Cd ist fein und schmal; an einigen Stellen zerfällt es in mehrere Fortsätze, die ein wenig kolbenförmig angeschwollen sind (Fig. 150). Es treten drei und vier verschiedene Fortsätze auf, welche zusammen aus dem gemeinsamen Zahnleistenfortsatz entspringen. Diese vielfachen kleinen und kurzen Fortsätze an Stelle des einen stärkeren und grösseren lingualen verdickten Zahnleistenfortsatzes sind offenbar ein Zeichen der Reduction dieses eigentlichen Ersatzkeimes des Säugethierzahnes in mehrere kleinere Keime, die mit den Amphibien- zahnkeimen zu vergleichen sind. Im Gegensatz zu den sonstigen Befunden, welche lingual mehr als einen Ersatzkeim oder Zahnleistenfortsatz erkennen lassen, die sämmtlich in grösseren Abständen, stärker und nicht insgesammt am freien Ende der Zahnleiste lingual der Anlage anzutreffen sind, wie z. B. Fig. 165 und 167 es zeigen, finden wir hier das freie linguale Ende selbst durch Reduction in einzelne kleine Zahnkeime zerlegt. Wir können uns diesen Vorgang nicht anders als durch die Annahme erklären, dass der ererbte Ersatzkeim des vorliegenden Säugethierzahnes sich ursprünglich aus mehreren amphibien- ähnlichen Zahnkeimen zusammensetzt, deren Auflösung in ihre Grundtheile in Folge der Reduction dieses Ersatzkeimes stattgefunden hat. Ein Säugethierzahnistmehreren amphibienähnlichen Zähnen gleichzusetzen, wie es KÜKENTHAL bereits vor einigen Jahren behauptet hat (15 und 17). Da nun aber der Ersatzzahnkeim und überhaupt der Zahnkeim des Säugethierzahnes von reptilienähnlichen Zahnkeimen direct abstammt, so ist auch schon für diese letzteren anzunehmen, dass sie mehreren amphibienähnlichen Zahnkeimen homolog sind. Wie wir gesehen haben, kann sich wiederum der ererbte reptilienähnliche Zahn- 330 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 142 keim bei der Zahnentwickelung der Säugethiere durch linguale und labiale Theile benachbarter reptilien- ähnlicher Zahnkeime verstärken, so dass ein ausgewachsener Säugethierzahn sowohl das Material mehr als eines ererbten reptilienähnlichen oder mehrerer amphibienähnlicher Zahnkeime in sich fasst. Die glockenförmige Anlage des ı. Prämolaren ist stark zerfallen, sie ist proximal zweimal, distal einmal eingestülpt und hängt mit der knieförmig gebogenen Zahnleiste zusammen. Von dieser Leiste gehen lingual zwei neben einander liegende Fortsätze ab, der obere, der Anlage zunächst liegende, ist im Anfang ein wenig eingestülpt, der untere wenig verdickt. Sie treten beide constant neben Prd! auf und sind Reste zweiter und dritter Dentition. Das Auftreten der dritten Dentition ist wegen der starken Reduction von Prd! nicht auffällig. Gegen Ende von Prd'! zweigt sich aber auch labial der Zahn- leiste ein längerer Strang mit gespaltenem und verdicktem Ende ab. Er gehört einer prälactealen Zahn- generation an. Somit haben wir bei der redueirten Anlage von Prd! nicht weniger als 4 ver- schiedene Dentitionen neben einander, ein Befund, der bisher bei anderen Säugethieren noch nicht beobachtet, aber erwartet wurde. Durch die Reduction sind auch hier ältere Zustände herbeigeführt worden. Die vier Zahnleistenfortsätze beweisen, dass in der That bei den Vorfahren der Säugethiere vier Dentitionen vorhanden waren, deren Zähne aber sämmtlich kleiner als die der höheren Säugethiere anzunehmen sind. Prd? ist fast ganz zerfallen. Prd3 ist glockenförmig entwickelt, ein kleiner lingualer Fortsatz zweigt sich oberhalb der Anlage von der Zahnleiste ab. Er ist unverdickt. Der Zahnleistenhals ist verdickt und hat ebenso wie bei den jüngeren Stadien mehrere kleine labiale Ausläufer, von diesen tritt einer oberhalb der Anlage besonders stark hervor. Er geht später in die Anlage über. Die Zahnleiste erstreckt sich mit ihrem unteren Theile bogenförmig unter das Mundhöhlenepithel. Die labiale Wand ist bei Prd® eine Zeit lang an der Kante in zwei Theile gespalten. Der laterale Theil macht den Eindruck eines Fortsatzes. Lingual tritt diese Erscheinung bei Zahnanlagen im Allgemeinen nicht so selten auf. Es gilt dann die linguale hervorstehende Seite gewöhnlich für das freie Zahnleistenende, aus dem sich der Ersatzzahn entwickeln kann, ob mit Recht, mag dahin gestellt sein. Ich halte die Spaltung jedenfalls nur für eine secundäre Trennung ver- wachsener Zahnleistentheile, die unter Umständen zur Bildung einer Zahnzacke führen kann. Denn ausser dieser Spaltung tritt gewöhnlich lingual unter- oder oberhalb der betreffenden Anlage ein zweiter Zahn- leistenfortsatz auf, aus dem sich der Ersatzkeim entwickelt, ebenso wie hier bei Prd® labial ausser dem erwähnten Fortsatz noch besondere Ausläufer vorhanden sind. Prd? liegt ziemlich im Bereiche von Prd!, Prd‘ ist sehr stark verkalkt. Eine Verbindung zwischen Zahnleiste und Prd® tritt erst ein, nachdem die Anlage von Prd? vorbei ist. Die Zahnleiste verbleibt mit ihrem Fortsatze constant neben Prd! und über Prd® hinaus. Das freie verdickte Ende der Zahnleiste lingual von Prd* ist ganz zerfallen. Die Anlage von M! ist sehr gross, nur ihre Zacken sind verkalkt. Die Zahnleiste liegt anfänglich mit labialem und lingualem Fortsatz neben und unter M!. Der linguale Fortsatz wird im Verlaufe ziemlich lang und schmal, verbleibt aber unverdickt, der labiale wird kürzer und erhält unter sich von der Zahn- furche ausgehend einen zweiten Fortsatz, der mitunter knospenförmig verdickt ist. Manchmal treten kleine Epithelperlen in der Nähe der langgestreckten Zahnleiste auf: Befunde, ähnlich denen vom Stadium VII (Fig. 146a, b). Gegen Ende von M! löst sich die Zahnleiste von der Zahnanlage ab, ihr freies Ende wird nach der Anlage von M! kürzer und schwillt stark an. Labial geht ein oberer kurzer Ast (7), der frühere Ver- bindungsstrang mit M!, von der Zahnleiste und eine untere stärkere Leiste (2) aus der Zahnfurche ab. Dazwischen zeigt sich nach dem Verschwinden des oberen kurzen Fortsatzes (des Verbindungsstranges mit M') ein dritter Epithelstrang. Die beiden unteren (2 und 3) labialen Epithelleisten nähern sich der am 143 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 331 freien Ende der Zahnleiste entstandenen Zahnanlage des M’, welche kappenförmig entwickelt und zweimal eingestülpt ist. Sie verwachsen unter sich, verbleiben aber von M? zum Theil getrennt. Während beim Stadium VII eine vollständige Verwachsung der labialen Epithelleiste und lingualen Zahnleiste eingetreten war, finden sich auf dem etwas älteren Stadium unter dem kappenförmigen Zahnkeim von M? wieder kürzere selbständige labiale Ausläufer der Zahnfurche und Zahnleiste. Wir müssen annehmen, dass sich ein Theil der prälactealen Zahnreihen wieder von M? emancipirt hat. Auf M?® folgt die einfache Zahnleiste ein wenig verdickt. Phascolarctus, Unterkiefer. Stadium I (4,6 cm Gesammtlänge). Die Anlagen sämmtlicher Antemolaren und des ı. Molaren befinden sich auf erster Entwickelungsstufe und sind zum Theil darüber angekommen, am weitesten ist die glockenförmige Anlage des sog. Milchprämolaren, des 4. Prämolaren, vorgeschritten. Ausser den zur vollen Entwickelung kommenden drei Antemolaren, des Schneidezahnes, des sog. Milch- und Ersatzprämolaren — Prd, und Prd, — und des I. Molaren finden sich die Zahnkeime sämmtlicher übrigen aus- gefallenen Antemolaren. Es treten die kolbenförmig verdickten Zahnkeime von Id,, Id,;, Id,, Id,, Cd, Prd,, Prd, auf, welche ausserdem noch Reste sog. prälactealer Dentition fast durchgängig aufweisen. Es zeigt sich nicht nur, gleichwie im Oberkiefer, die aus der Zahnfurche labial abgehende „Epithelleiste‘“ constant, sondern auch labial des Zahnleistenhalses und selbst der Anlagen gehen verdickte Fortsätze ab, die nicht selten mit dem lingualen Zahnkeime in innigste Berührung gerathen, ja sogar mit ihnen ver- wachsen. Mehr noch als im Oberkiefer sind die sog. prälactealen Zahnanlagen im Unterkiefer vorherrschend und beweisen dadurch, dass diese älteren Dentitionen gerade für Phascolarctus nichts Besonderes vorstellen. Die Anlage von Id,, welche ich auch auf allen älteren Stadien in Resten gefunden habe, wird durch eine Art Epithelperle in Verbindung mit einer kurzen Leiste dargestellt. Id, ist ein sehr breiter, stark ver- dickter Zahnkeim, der mit der kurzen, wenig verbreiterten Zahnleiste zusammenhängt und ein oder zweimal eingestülpt wird. Der linguale Theil der Anlage ist häufig verdickt und mit starken gefärbten Zellen ver- sehen. Hier hängt der Zahnkeim eng mit der Zahnleiste zusammen, die schon das Bestreben zeigt, über den Keim hinaus zu wachsen. Labial von Id, gehen am oberen Rande mehrfach kleine Leisten ab, aus der Zahnfurche mündet am Ende der „labialen Epithelleiste“ ein knospenförmig verdickter Zahnkeim, welcher Anfangs eingestülpt ist, in das Bindegewebe ein. Während im Oberkiefer die sog. prälactealen Anlagen meist vom Zahnleistenhalse mittelst eines Nebenastes abgehen, zweigen sich im Unter- kiefer die labialen Zahnkeime mehr von der Zahnfurche ab und liegen auch zum Theil an der „labialen Epithelleiste‘“. Id, ist ein kolbenförmiger Zahnkeim, der noch im Bereiche von Id, liegt und an einem labialen, von der Zahnfurche ausgehenden Epithelstrang einen prälactealen Zahnkeim trägt. Dieser liegt zuerst frei im Mesoderm, ist theilweise eingestülpt und hängt an der soeben erwähnten und häufig wiederkehrenden „labialen Epithelleiste“, an der sonst keine so weit entwickelten Anlagen auftreten. Der Zahnkeim von Id, ist kolbenförmig und eingestülpt. Auch labial dieses Keimes finden sich Reste von Anlagen einer älteren Dentition. Sie sind knospenartig verdickt und hängen zum Theil an einem besonderen Halse, zum Theil legen sie sich der labialen Wand des Zahnkeimes von Id, eng an. Auf der einen Kieferhälfte besteht die labiale Anlage aus einem stark kolbigen Keime (Fig. 151). Id, ist ein schwach kolbenförmiger Zahnkeim, er ist wenig entwickelt und eben von der Zahnleiste zu unterscheiden. Cd erscheint weiter entfaltet. Sein Keim ist bereits am freien Ende eingestülpt. Labial steht mit ihm eine Epithelperle in Verbindung und ebenfalls ein kleiner Epithelstrang mit Resten eines Zahnkeimes. 332 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 144 Hierauf folgt die Zahnleiste schwach und zart, am freien Ende aber immer ein wenig verdickt. Prd, ist kolbenförmig angeschwollen. Auch dieser Zahnkeim hat labiale Reste. Eine besondere, etwas verdickte Leiste steht durch die Zahnfurche mit der Zahnleiste in Verbindung. Diese Leiste verwächst nacher als zapfenartiger Vorsprung mit dem Zahnleistenhals und löst sich von der Zahnfurche ab. Der kolbenförmige Zahnkeim von Prd, ist kräftig und sehr deutlich. Er zeigt keine labialen Epithel- anhängsel. Noch stärker ist Prd, entwickelt, dessen Zahnleistenhals ähnlich dem von Prd® des Oberkiefers (Fig. ıII) ziemlich scharf gebogen ist, um dadurch an Länge zu gewinnen (Fig. 152). Diese Be- obachtung ist an allen den Anlagen zu machen, welche später in der That oder versuchsweise in die Tiefe wachsen (siehe Fig. 161), und so bisweilen zu Ersatzzähnen werden. Ein schwacher epithelialer Nebenast (labiale Epithelleiste) tritt aus der Zahnfurche ab, während ausserdem ein kolbenförmig verdickter Zweig aus dem Keime selbst hervorgewachsen ist. Kleine Epithelperlen liegen in der Nähe. Der Uebergang der Schnitte von Prd, zu Prd, wird durch die Reihenfolge der Fig. 153a—e wieder- gegeben. Es geht daraus hervor, dass der Zahnkeim von Prd, mit dem des Prd, nichts zu thun hat, sondern selbständig besteht und vor der Anlage von Prd, (b) zu Grunde geht, dass der Zahnleistenfortsatz lingual von Prd, ein lingualer nach unten verlängerter Fortsatz des freien Zahnleistenendes ist, welcher vorher verkürzt war. Aus den späteren Befunden geht gleichwie für den Oberkiefer mit Be- stimmtheit hervor, dass dieser linguale Zahnleistenfortsatz von Prd, nicht zur Entwickelung kommt, hin- gegen Prd, der thatsächliche Ersatzzahn des Prd, wird. Die glockenförmige Anlage von Prd, ist zweimal eingestülpt. Der linguale Fortsatz ist Anfangs ver- dickt, wird weiterhin dünner und länger, bis er am Ende der Anlage ganz verschwindet. Die „labiale Epithelleiste‘“ geht von der Zahnfurche ab. Im Uebrigen sind nicht so viele epitheliale Reste labial ver- treten wie beim Prd, des Oberkiefers. Nach Prd, liegt vor dem Zahnkeim des ı. Molaren, ähnlich wie Pd,, an einer gebogenen Zahn- leiste ein ziemlich kräftig verdickter Zahnkeim, dessen Reste auf allen älteren Stadien anzutreffen sind. Sehr wahrscheinlich haben wir in ihm den Zahnkeim eines verloren gegangenen Prämolaren oder Molaren vor uns. M, mündet mit ziemlich breiter Oefinung in die Mundhöhle ein. Sein stark verdickter Zahnkeim ist zweimal eingestülpt. Die obere, labiale Wand dieses Keimes wird von der „labialen Epithelleiste“ ge- bildet, die mit der Anlage verwachsen ist. Dieser junge Keim von M, enthält also Material zweier Dentitionen. Phasecolarctus, Unterkiefer. Stadium II (5,2 cm Gesammtlänge). Der reducirte Zahnkeim von Id, ist stark verdickt und besitzt einen oberen lingualen Ausläufer. Mit dem distalen Ende dieses Zahnkeimes tritt das nach ihm erscheinende freie Zahnleistenende zusammen, so dass auf den Schnitten eine am freien Ende eingekerbte Zahnleiste zu beobachten ist. Der obere (linguale) Theil ist der Rest von Id,, während der untere (labiale) den Beginn des freien Zahnleistenendes vorstellt, welcher zur Anlage von Id, gehört. Der obere Theil ist mit reducirten, der untere mit intacten Epithelzellen ausgerüstet (vergl. Fig. 156 vom Stadium III). Im weiteren Verlaufe verschwindet Id,, und das freie Zahnleistenende tritt zu der nun auftretenden Anlage von Id,. Es liegt kurze Zeit selbständig lingual oberhalb dieser Anlage, wird dann in letztere hinein gezogen und stellt ihre linguale verdickte Wand vor, die in Folge dessen stark verbreitert erscheint. Id, ist fast glocken- förmig entwickelt. Id, ist auf den einzelnen Stadien bald mehr, bald weniger im Zerfall. Sein Zahnkeim gewinnt später mehr an Selbständigkeit, er hängt dann nicht mehr mit dem nachfolgenden freien Zahn- leistenende zusammmen, sondern liegt an einer sich ziemlich lang in den Kiefer erstreckenden Epithelleiste 145 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 333 vor dem proximalen Theile von Id,. Auf sämmtlichen Stadien befindet sich lingual der reducirten Anlage von Id, eine besondere Epitheleinstülpung, die stets eine Epithelperle zurücklässt. Sie tritt mit der Zahn- leiste oder mit Id, in keinen engeren Zusammenhang. Labial von Id, sind Reste von Anlagen älterer Dentition zu beobachten. Sie hängen theilweise mit der Zahnanlage zusammen, gehen aber auch aus der Zahnfurche an Stelle der sonst auftretenden „labialen Epithelleiste“ ab. Hier hat diese Leiste, wie auch an anderer Stelle, einen eigenen Zahnkeim entwickelt. Ueber Id, liegt der undeutliche kleine Zahnkeim von Id,. Id, ist durch seine labialen Anhängsel auffällig. Sein Zahnkeim ist nur wenig verdickt und besitzt auf der einen Kieferhälfte einen labialen Zapfen. Auf der anderen Hälfte tritt jedoch ein breiter Epithelkolben hinzu, der selbständig aus der „labialen Epithelleiste‘‘ hervorgeht und mit der lingualen Zahnleiste ver- schmilzt (Fig. 154a, b). Es treten zwei getrennte Leisten auf, deren Enden eine Verbindung eingehen. Bei ungenügender Beobachtung könnte man das Ganze für einen eingestülpten Zahnkeim halten. Id, fehlt. Cd ist ein stärkerer Zahnkeim, von dessen Zahnleistenhals aus labial eine reducirte prä- lacteale Zahnanlage abgeht (Fig. 155). Der Keim ist anfangs labial ein wenig eingestülpt, während lingual scheinbar ein kleiner Fortsatz über die Anlage hinausgewachsen ist. Dieser Fortsatz ist der eigentliche Zahnkeim von Cd, denn auch die labiale Verdickung dieses Zahnkeimes ist nichts weiter als eine Ver- wachsung von labialen und lingualen Zahnleistentheilen. Bald darauf zeigt sich Cd nämlich einfach kolbenförmig ohne labiale Anhängsel, um alsdann wieder eine abermalige labiale Verdickung zu erhalten, die durch das Verwachsen eines zweiten labialen Zahnkeimes mit der labialen Seite von Cd ähn- lich wie bei Id, zu Stande kommt. Neben Cd liegen also drei verschiedene labiale Zahnkeime. Prd, und Prd, sind an ihren verdickten Enden eingestülpt. Labial von Prd, liegt eine selbständige Epithelleiste. Prd, tritt als kolbenförmiger Zahnkeim stark gefärbt und an gebogener Zahnleiste auf. Der Uebergang von Prd, zu Prd, ist ähnlich den Befunden vom Stadium I. Prd, ist glockenförmig, ein wenig Schmelz ist abgeschieden. Der linguale Zahnleistenfortsatz bleibt ziemlich lange verdickt, gegen Ende von Prd, wird er schmal, und nach Prd, ist er wieder stark ange- schwollen. Das Schmelzorgan steht mit der Zahnleiste in Verbindung und zeigt eine Zeit lang am oberen Rande kleine Ausstülpungen, die möglicher Weise einst die Verbindung mit dem Mundhöhlenepithel herstellten. Nach Prd, bleibt die Zahnleiste mit stark verdicktem und verlängertem Ende in Verbindung mit dem Mundhöhlenepithel allein bestehen. Von der Zahnfurche gehen hier, ebenso wie es dann und wann bei Prd, der Fall war, labial besondere Leisten ab. M, ist zweimal eingestülpt und nicht weiter als bei I in der Entwickelung fortgeschritten. Seine Anlage gleicht der des jüngeren Stadiums. Phascolaretus, Unterkiefer. Stadium III (5,7 cm Gesammtlänge). Id,, Prd,, M, sind glockenförmig entwickelt. Von diesen ist die Anlage des Prd, zum Theil verkalkt, die beiden anderen sind unverkalkt. Id,, Cd und Prd, haben reducirte Schmelzorgane, die mehr oder weniger glockenförmig ausgebildet sind. Id, ist ein reducirter Zahnkeim an längerer Zahnleiste. Er liegt vor und über der Anlage von Id, und hängt auf der einen Kieferhälfte mit einem grösseren Hohlraum zusammen (Fig. 156), auf der anderen mündet er mit eigener Leiste selbständig an die Oberfläche. Der linguale Zahnleistenfortsatz von Id, erscheint später. Die Zahn- leiste löst sich ähnlich wie bei II von dem Rest des Id, ab und tritt in directe Verbindung mit dem Schmelzorgan von Id,. Ihr Fortsatz liegt neben Id, leicht verdickt, die Epithelzellen sind schon jetzt reducirt. Jenaische Denkschriften. VI. 19 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 43 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 146 334 Das Schmelzorgan von Id, besitzt ausser dem lingualen Fortsatz auch labiale knospenartige Aus- läufer, die in der Nähe des unteren Randes der Zahnanlage liegen. Labial oberhalb von der Zahnfurche ausgehend, zeigen sich zwei verschiedene Epithelstränge. Id, ist ein reducirter Zahnkeim, in dessen Zahnleistenhals sich eine Schmelzperle entwickelt hat. Id, besitzt ein reducirtes Schmelzorgan, ebenso wie Cd und Prd,. Linguale und labiale Ausläufer zeigen sich auch bei Id,. Besonders hervortretend ist ein labialer verdickter Fortsatz (Fig. 157), der theilweise eingestülpt und mit der Anlage von Id, verwachsen ist. Ein lingualer Zahnleistenfortsatz ist gleichfalls mit der Anlage vereinigt, während ein zweiter, höher gelegener, knopfartig verdickt erscheint. Das Schmelzorgan von Cd und Prd, ist besser als das von Id, erhalten. Beide Anlagen sind klein, ihre Umrandungen noch glatt; Cd ist vollkommen kappenförmig, Prd, glockenförmig entwickelt. Ueber Prd, befindet sich ein von runden Epithelzellen eingeschlossener Hohlraum ähnlich dem neben Id,. Zwischen Cd und Prd, liegt der einfache Zahnkeim von Prd,, er ist schwach kolbenförmig ver- dickt. Alle diese im Zerfall begriffenen Anlagen haben mit denen bei Trichosurus und Phalanger grosse Aehnlichkeit. Prd, ist sehr stark kolbenförmig angeschwollen und hängt an einer langen Zahnleiste, die weniger als bei II gebogen ist. Sein Zahnkeim liegt noch vor Prd,, nur der distale Theil kommt eben in den Be- reich des Milchprämolaren. Prd, ist in seinen Spitzen stark verkalkt. Neben ihm befindet sich die Zahnleiste mit ihrem Fort- satz durchgängig, aber reducirt im Zusammenhang mit der Anlage von Prd, und dem Mundhöhlenepithel. Die Zahnleiste und ihr Fortsatz sind schmal und bestehen aus reducirten Zellen. Nach Prd, tritt die Zahnleiste wieder am freien Ende verdickt und allein als Rest eines überzähligen Backzahnes auf. M, ist glockenförmig und besitzt einen kurzen lingualen Zahnleistenfortsatz, der schwach verdickt ist. Gegen Ende von M, wird dieser Fortsatz stärker, zugleich tritt oben am Rande der Zahnanlage ein Fortsatz auf, sowie über diesem die „labiale Epithelleiste“, welche aus der Zahnfurche kommt. Ganz zum Schluss löst sich der obere linguale Theil von M, zusammen mit den labialen Fortsätzen ab; alle diese Theile verschmelzen unter sich und werden zur Anlage von M,. Ausserordentlich deutlich ist auf diesem Stadium sowohl die Selbständigkeit des sogen. Ersatz- prämolaren und der Zerfall des Ersatzzahnkeimes neben dem sogen. Milchprämolaren, als auch der überzählige Zahnkeim hinter Prd, nachzuweisen. Auch auf diesem Stadium zeigen sich ähnlich wie beim Stadium II neben der reducirten Zahnanlage des Id, vier verschiedene Dentitionen, jedoch mit dem Unterschiede, dass hier der labiale (prälacteale) und linguale (zweite Dentition) Zahnleistenfortsatz mit der lactealen Anlage verwachsen ist (Fig. 157). Der zweite linguale Ersatzkeim gehört einer jüngeren, dritten Dentition an; er ist auf Fig. 157 nicht vorhanden. Phascolarctus, Unterkiefer. Stadium IV (60cm Gesammtlänge). Aufdiesem Stadium sind die Reste von sämmtlichen ausgefallenen Zähnen wieder anzutreffen. Id, und Prd,, deren Zahnkeime zumeist auf dem vorher besprochenen Stadium fehlten, treten in kolbenförmiger Gestalt auf. Prd, ist ausserdem am unteren freien Ende eingestülpt. Id, findet sich in ähnlicher Weise wie beim Stadium III. Seine Anlage besteht in einem ver- schwommenen und unregelmässig verdickten Zahnleistenende, an das sich weiterhin der linguale Zahn- leistenfortsatz von Id, anschliesst. Letzterer zerfällt. Id, ist mit einem grossen, gut entwickeltem Schmelzorgan versehen, die Verkalkung betrifft einst- 147 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 335 weilen nur die Kronenspitze. Id, hat sich noch als verdickter Zahnkeim erhalten. Labial von ihm gehen epitheliale Ausläufer ab. Die glockenförmige Anlage von Id, ist weniger reducirt als die vom Stadium III. Sie besitzt ein kleines Schmelzorgan, von dem sich lingual ein etwas verdickter Fortsatz abzweigt. Etwas weniger weit ist die Anlage von Cd entwickelt, ihr Schmelzorgan hat das glockenförmige Stadium noch nicht erreicht, ebenso fehlt der linguale Fortsatz. Prd, zeigt nur eine geringe Entfaltung seines Zahnkeimes. Während die Anlage beim Stadium III glockenförmig war, besteht hier der Keim aus einem gleichmässig verbreitertem Zahnleistenende, welches an einem schmalen Halse hängt. Labial tritt eine Verdickung und ein knospenartiger Auswuchs auf. Prd, zeigt an einem langen Zahnleistenhalse einen stark kolbenförmig verdickten Zabnkeim. Er ist theilweise eingestülpt und mit dem Mundhöhlenepithel durch den Zahnleistenhals verbunden. Labial des Halses gehen verschiedene Leisten ab. Schon bevor die glockenförmige Anlage von Prd, ins Gesichtsfeld tritt, hört der Zahnkeim von Prd, auf. Lingual von Prd, ist die Zahnleiste mit ihrem Fortsatz, ein feiner, dünner, am Ende knopfartig verdickter Strang, der mit der Anlage durch eine zarte Brücke verbunden ist. Diese Zahn- leiste verbleibt durchgängig neben Prd,, hinter Prd, schwillt sie an und besitzt ein reducirtes freies Ende, das nunmehr in verschiedene Knospen ausläuft, den Rest der überzähligen Backzahnanlage. Prd, ist am weitesten verkalkt, fast seine ganze Krone wird von einem zarten Schmelzdentinmantel bedeckt. M, besitzt ein glockenförmiges Schmelzorgan. Sein lingualer Zahnleistenfortsatz ist im vorderen Theile kurz und reducirt, im distalen länger und stärker verdickt. Im Bereiche von M, zeigt sich auch die aus der Zahnfurche abgehende „labiale Epithelleiste‘‘; zuerst tritt sie als selbständige Leiste neben der Zahnleiste auf, nachher mündet sie mit der Zahnleiste zugleich in die gleiche Furche ein und ist dann am freien Ende kolbenförmig verdickt. Mitunter aber erscheinen labial über M, zwei Fortsätze, die sich von dem Zahnleistenhals abzweigen. Gegen Ende von M,, wo sich das freie Ende der Zahnleiste von der Anlage bereits emancipirt, ist der untere dieser labialen Epithelstränge an seinem freien Ende eingestülpt. Von dem oberen Theile der Zahnanlage des M, gehen Ausläufer auf diese labialen Fort- sätze zu, ohne aber mit ihnen zu verwachsen (Fig. ı58a, b). Wir finden somit im Bereiche von M, ver- schiedene prälacteale Ueberreste. Der linguale Zahnleistenfortsatz zeigt sich deutlich nur im distalen Theile von M, und ist hier mit der zweiten Dentition identisch. Die Anlage von M, liegt hinter M,; sie entsteht dadurch, dass sowohl die labialen wie der linguale Fortsatz der Zahnleiste zu einem verdickten Keime verwachsen. Sie ist eingestülpt. Phaseolaretus, Unterkiefer. Stadium V und VI (7,0 und 8,5 cm Gesammtlänge). Gegenüber dem Stadium IV ist bei den beiden folgenden Stadien nichts besonderes hervorzuheben. Das Stadium V besitzt noch die Anlagen bez. Reste der Anlagen sämmtlicher Antemolaren, bei VI fehlen Id, und Prd,. Die Reste von Id, bestehen in einer reducirten, kolbenförmig verdickten Zahnleiste. Sie liegen vor und zum Theil über dem vorderen Ende von Id,. Ausserdem finden sich bei beiden Stadien neben Id, reducirte linguale Zahnleistenfortsätze, welche mit der Anlage verbunden sind. Die verdickte Zahn- leiste mit dem Reste von Id, steht nicht mit der Anlage von Id, im Zusammenhang. Im Bereiche von Id, bilden sich an ihrem Ende mehrere knospenartige Ausläufer. Id, ist bei VI schon stark verkalkt. Seine Anlage ist sehr gross und wächst auf Kosten der übrigen zu Grunde gehenden Anlagen. Von diesen ist Id, schwach entwickelt. Beim Stadium VI zerfällt die Zahnleiste über Id, in drei verschiedene Teile, von denen das freie Ende mit Id, verbunden bleibt, der mittlere Theil am unteren Ende abgerundet über Id, liegt, während 192 43* 336 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 148 das obere Stück als selbständige Leiste mit dem Epithel der Mundhöhle in Verbindung steht (Fig. 159). Ein jeder Theil erhält an seinem freien Ende eine abgerundete, etwas verdickte Begrenzung gegen das Bindegewebe. Jedes frei gewordene Ende der Zahnleiste verhält sich in dieser Form stets dem Mesoderm gecenüber, ohne dass dadurch Gewähr für Entstehung neuer Zahnanlagen geleistet ist. a Id, steht mit Ausnahme der einen Kieferhälfte von VI auf dem glockenförmigen Stadium, aber sein Schmelzorgan ist zerfallen. Die Reduction ist bei dem älteren Exemplare weiter eingetreten (Fig. 160). Linguale und labiale Zahnleistenfortsätze treten meist neben den Anlagen auf. Bei V ist der linguale Fort- satz gespalten. Id, tritt in Resten nur bei V auf. Cd ist überall ein reducirtes glockenförmiges Gebilde, das auf verschiedenen Stufen des Zerfalles steht. Prd, findet sich als reducirter Zahnkeim mit labialen Ausläufern nur bei V. Prd, ist bei VI weit mehr entstellt als bei V; hier hängt sein verdickter Keim an einer stark gebogenen Zahnleiste (Fig. 161). Prd, ist bei V kaum kappenförmig, bei VI dagegen fast glockenförmig entwickelt. Der Zahnkeim von Prd, steht mit einem langen Zahnleistenhals in Verbindung, der besonders bei VI verdickt ist, Schmelzperlen im Innern und kleine Knospen an der labialen Seite trägt (Fig. 162). Die Verdickung und der starke Zerfall des Zahnleistenhalses ist auffällig. Dieser Zustand gleicht dem bei Prd® des Oberkiefers (Fig. 137). Zum Theil werden Reste des zweiten Prämolaren oder eines Vorgängers von Prd, in diesem veränderten Zahnleistenhals enthalten sein. Prd, ist im Stadium VI stark verkalkt, jedoch beschränkt sich die Verkalkung zumeist noch auf die Kronenspitzen, und nur ein schwacher Mantel umgiebt die Seitenwände. Die Schmelzpulpa ist ziemlich un- verändert. Der linguale Zahnleistenfortsatz und die Zahnleiste sind ganz reducirt. Der Zahn ist mehr breit als hoch und kleiner als der des Oberkiefers, er hängt nicht mehr mit der Zahnleiste zusammen. Auf Prd, folgt die Zahnleiste mit ihrem verdickten freien Ende und dem Rest des Verbindungsstranges zwischen ihr und Prd, in reducirter Form. Auch hier ist, besonders bei der weiten Entwickelung der Zahn- anlagen, das Auftreten dieses Zahnkeimes hinter Prd, etwas Auffälliges. Bisher war auf jedem Stadium dieser Zahnkeim zu beobachten. Es befindet sich also stets eine Strecke zwischen Prd, und M,, die von einer überzähligen Zahnanlage in redueirter Form ausgefüllt wird. Die Anlage von M, ist sehr gross, ihre Verkalkung schwach und erstreckt sich bei VI eben auf die Zacken. Die Zahnleiste liegt mit ihrem lingualen Fortsatz bei beiden Stadien durchgängig über und neben M,, ist bei V aber weniger reducirt. Hier tritt auch die „labiale Epithelleiste‘“ wieder aus der Zahn- furche heraus: sie ist lang und am Ende verdickt. Bei VI fehlt dagegen die labiale Epithelleiste, die ganze Zahnleiste ist zerrissen, ihr freies Ende gespalten und hängt nicht mehr mit dem Mundhöhlenepithel zu- sammen. Gegen Ende von M, wird bei beiden Stadien die Zahnleiste mit ihrem lingualen und oberen labialen Fortsatz, welche sich insgesammt vom Epithel der Mundhöhle ablösen, kräftiger und schwillt an. Zugleich zweigen sich über dem unteren lingualen und unter dem oberen labialen Fortsatz verdickte Ausläufer ab, sodass eine vielfach verzweigte Zahnleiste zu sehen ist, die weder mit M, noch mit der Mundhöhle in Ver- bindung steht. In diesen verdickten Fortsätzen zeigen sich wiederum Reste verschiedener ererbter Zahn- keime (Fig. 163). Aus dem Zusammenschrumpfen und Verwachsen aller dieser Zahnleistenstücke zu einem verdickten Theile setzt sich der ein wenig eingestülpte kolbenförmige Zahnkeim von M, beim Stadium V zusammen. Es verschwinden an ihm sämmtliche Ausläufer und Fortsätze. Beim Stadium VI ist M, im Gegensatz zu den folgenden Stadien bereits glockenförmig entwickelt. Sobald der Raum es gestattet, wie es auf diesem Stadium der Fall ist, entfaltet sich dieser Zahnkeim also sehr schnell. Das linguale freie Ende der Zahnleiste verwächst im mittleren Theile mit der Anlage, so dass diese eine verdickte linguale Wand erhält. Ueber M, liegt ein labialer Epithelstrang und unter diesem ein oder mehrere von der Anlage ausgehende labiale Fortsätze. Die Zahnleiste folgt der zweiten Molaranlage. 149 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 337 Phascolaretus, Unterkiefer. Stadium VII (99 cm Gesammtlänge). Id,, Prd,, M, sind verkalkt, hiervon Prd, am meisten, M, am wenigsten. Prd, ist glockenförmig, M, ist wegen noch vorhandenen Raummangels weniger weit als bei VI entwickelt, er hat die Form eines kappenförmigen Zahnkeimes, der sich aus Epithelleisten zweier Dentitionen, der ersten und einer vorhergehenden zusammensetzt. Die übrigen Anlagen sind reducirt. Weit vor dem Auftreten des Id, finden wir eine lange, wagerecht in das Mesoderm einlaufende Zahnleiste unter der Zahnfurche. Sie ist am freien Ende verdickt, überall scharf begrenzt und steht mit Id, in keiner Verbindung. Ihre wagerechte Lage wird durch den unter ihr liegenden Knochen bedingt, die verdickten und ein wenig eingestülpten Enden der Zahnleisten beider Kieferhälften liegen einander gegenüber. Dieser Zahnkeim ist der Rest von Id,, der sich hier wie auch im Stadium VIII noch gut er- halten hat. Sobald Id, auftritt, zerfällt das freie Ende der Zahnleiste, es wird kürzer, ein Stück tritt mit Id, in Verbindung und wird zum lingualen reducirten Zahnleistenfortsatz. Id, liegt als reducirter kolbenförmiger Zahnkeim über Id,. Es folgt die Zahnleiste mit einer starken lingualwärts gerichteten Knickung. Am labialen Ende dieser gewinkelten Zahnleiste liegt der verkümmerte elockenförmige Zahnkeim von Id,: ein Zustand, ähnlich dem der reducirten Zahnanlagen bei Trichosurus und Phalanger. Solche eigenartige Winkelung der Zahnleiste deutet auch bei Phascolarctus auf einen Ver- such hin, Zahnkeime oder Anlagen durch ein Tieferwachsen vor dem Untergang zu retten. Aehnliches fällt bei Cd auf, dessen Anlage ebenfalls glockenförmig und reducirt ist. Hier ist die Zahnleiste über den Winkel hinaus weiter gewachsen und hat am Ende eine Verdickung erfahren, zu gleicher Zeit ist labial ein kleiner Fortsatz entstanden. Ausserdem treten von dem labialwärts gerichteten Theil, also dem unteren Ende der Zahnleiste drei Fortsätze ab, die reducirt sind (Fig. 165). Es finden sich daher bei Cd nicht weniger als vier verschiedene Fortsätze lingual der im Zerfall stehenden Anlage, so dass streng genommen, vier Nachfolger von Cd in ihrer allerersten Anlage vorhanden sind, womit wieder ein Mal in Folge Re- ductionsvorgänge veraltete Zustände herbeigeführt sind. Prd, und Prd, sind beide stark verkümmert. Es lässt sich nur eine verdickte mit kleinen Knospen versehene Zahnleiste feststellen, in deren Innerem dann und wann eine Schmelzperle liegt; besonders treten labial Fortsätze auf, die mitunter kräftig verdickt sind. Prd, liegt zum Theil im Bereiche von Prd,, dessen glockenförmiges Schmelzorgan sich unterhalb von Prd, von der reducirten Zahnleiste abzweigt. Die glockenförmige Anlage von Prd, tritt vor Prd, auf, sie hängt an einer langen dünnen Zahn- leiste, welche mit der etwas später erscheinenden Anlage von Prd, in keiner Verbindung steht!). Id, reicht noch bis in das Gebiet des proximalen Theiles des 4. Prämolaren. Auch Id, von Phascolarctus ist ein immer wachsender Schneidezahn. Im Verlaufe des schon ziemlich stark verkalkten Prd, tritt die Zahnleiste mit ihrem lingualen Fort- satze deutlich und wenig zerfallen auf. Das freie Ende ist dann und wann angeschwollen. Die Verbindung zwischen der Anlage des Prd, und der Zahnleiste fehlt. Das freie Ende der letzteren wird wiederholt kürzer und besitzt am Ende von Prd, labiale Verdickungen. Auch nach Prd, erscheint die Zahnleiste, aber allein und in reducirter Form. Ueber und neben dem glockenförmigen, wenig verkalkten Schmelzorgane von M, zeigen sich ver- schiedene Zahnleistenfortsätze. Der untere linguale Fortsatz ist lang, dünn und reducirt. Erst gegen Ende von M, wird er deutlicher. Oberhalb dieses Fortsatzes geht ein zweiter, verdickter lingualer und ein labialer Epithelstrang aus der Zahnfurche ab. Während der labiale Strang ziemlich beständig, bald verlängert bald 1) Diese Lage des Ersatzprämolaren zum Milchprämolaren hat bisher Veranlassung zur Annahme eines normalen Ersatzes gegeben. Sie ist aber erst eine secundäre Erscheinung in Folge der Grössenzunahme der einzelnen Zahnanlagen. 38 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 150 & verkürzt zu sehen ist, zeigt sich der obere linguale Zweig abwechselnd. Es sind das ähnliche Erscheinungen wie im Bereiche der Molaren von Dasyurus und Aepyprymmus (Fig. 164). Neben einem Gewirr von Epithelleisten erscheint labial über M, die Anlage von M,. Lingual wird sie von der Zahnleiste und ihrem freien Ende begrenzt, das auch hier mit M, zum Theil verwachsen ist. M, hat das glockenförmige Stadium noch nicht erreicht. Phascolaretus, Unterkiefer. Stadium VIII (97 cm Gesammtlänge). Die Lage des reducirten Id, zur Anlage von Id, ist hier die gleiche wie beim Stadium VII. Die Zahnleiste ist anfangs scharf begrenzt, ihr freies Ende theilweise hammerförmig verdickt. Mit Id, steht sie in keinem Zusammenhang. Sobald Id, auftritt, zerfällt die Zahn- leiste in mehrere Stücke, das unterste, das freie Ende vorstellend, verschwindet ganz, das mittlere tritt als lingualer Fortsatz mit Id, in Verbindung und der obere bleibt als Zahnleiste mit dem Mundhöhlenepithel verbunden (siehe Fig. 159 vom Stadium VI). Der linguale Zahnleistenfortsatz zerfällt in mehrere Knospen. Die grosse Anlage von Id, ist stark verkalkt, die Schmelzpulpa besteht noch. Id, ist gut erhalten, sein Zahnkeim steht auf der Uebergangsstufe zur Glockenform. Labial und lingual von Id, zeigen sich verdickte Fortsätze der auch hier gewinkelten Zahnleiste, von denen das labiale freie Ende beständiger ist als das linguale. Ersteres ist ein deutlicher langer Epithelstrang, welcher den unmittelbaren labialen Fortsatz der über Id, gelegenen Zahnleiste bildet. Er tritt mit Id, selbst in keine Verbindung. Der linguale Fortsatz geht von der äusseren, lingualen Ecke der gewinkelten Zahnleiste ab. Dieser ist auf der entgegengesetzten Kieferhälfte fein und dünn, während der labiale hier nicht frei liegt, sondern vom oberen Rande des Schmelzorganes abgeht (Fig. 166). Ausserdem liegen an der labialen Wand des Schmelzorganes von Id, noch 2 Fortsätze, welche ziemlich constant sind. Cd ist glockenförmig und liegt ebenso im Kiefer wie beim Stadium VII. Die gewinkelte Zahnleiste hat auf der einen Kieferhälfte bei Cd verschiedene linguale knospenförmige Auswüchse, deren Unabhängig- keit von einander weniger festzustellen ist als bei VII, während die Anlage auf der anderen Kieferseite lingual über dem Schmelzorgan zwei getrennte Epithelleisten sowie einen langen und zwei kurze labiale Fortsätze zeigt, von denen die beiden seitlichen freiliegen und der dritte sich von dem unteren Rande der Anlage abzweigt (Fig. 167). Die beiden lingual über Cd gelegenen Epithelleisten sind wichtig, denn eine jede läuft in einen eigenen, theilweise angeschwollenen Fortsatz aus, und bestimmt so den Werth jedes Fortsatzes. Es sind die Anfänge oder Reste zweier Ersatzanlagen für Cd, während die beiden äusseren labialen Fortsätze die Reste prälactealer Dentitionen wiedergeben und der kurze innere Fortsatz ein Zerfalls- product von Cd ist und augenscheinlich selbst einen Theil dieser Anlage vorstellt. Das glockenförmige Schmelzorgan von Prd, liegt gleichfalls an einer gewinkelten Zahnleiste. Lingualtreten wieder zwei bis drei Fortsätze auf. Labial finden sich knospenförmige Ausläufer. Prd, reicht mit einem seiner lingualen wenig verdickten Fortsätze bis in den Bereich von Prd,. Auch Prd, hängt an einer verästelten und mit Epithelperlen versehenen Zahnleiste (ähnlich wie bei VII), die mit dem Mundhöhlenepithel in Verbindung steht. Oberhalb des glockenförmigen Schmelzorganes befindet sich labial ein breiter Fortsatz, welcher später mit der Anlage verwächst. Prd, kommt hier erst mit seinem distalen Theile in den Bereich von Prd,, liegt dann lingual unterhalb dieser stark verkalkten Anlage und hängt an einer langen bis an die Oberfläche des Kiefers reichenden Zahnleiste, welche nicht mit Prd, ver- bunden ist. Ein kurzer lingualer Zahnleistenfortsatz besteht neben Prd,. Bei Prd, zeigen sich bereits die ersten Anzeichen zur Wurzelbildung. Der Zahn hat seinen lin- gualen ganz reducirten und verkürzten Fortsatz. Die Zahnleiste tritt auch nach Prd, wiederum selbständig auf, ist am freien Ende verdickt, gespalten und besitzt die aus der Zahnfurche auslaufende „labiale Epithelleiste“. 151 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 339 Im Bereiche des immer noch schwach verkalkten M, ist die Zahnleiste beständig mit ihrem schmalen freien Ende vorhanden. Hierzu gesellt sich im distalen Theile von M, die obere „labiale Epithelleiste“, (siehe Stadium VII), welche bei ihrem ersten Erscheinen als eigene Leiste neben der Zahnleiste aus der Zahnfurche austritt (Fig. 168). Sie ist lang und theilweise am Ende verdickt. Unter ihr liegen, von dem oberen Theile der im Winkel lingualwärts abgehenden Zahnleiste ausgehend, ein und zwei kurze Aeste. Schliesslich tritt auch noch zeitweilig über dem lingualen Fortsatze aus der Zahnfurche eine zweite ver- dickte linguale Epithelleiste hervor, so dass auch hier wie im vorhergehenden Stadium über M, lingual wie labial verschiedene Zahnleistenfortsätze zu finden sind. Noch im Bereiche und labial von M, zeigt sich die Anlage von M,, mit dessen Schmelzorgan einer der unteren labialen Zahnleistenfortsätze in Verbindung tritt. Der obere labiale Epithelstrang löst sich zusammen mit dem lingualen freien Zahnleisten- ende von dem Epithel der Mundhöhle ab und tritt eng an die linguale Seite von M, (Fig. 169a). Das linguale freie Zahnleistenende verwächst zum Theil mit M,, nur ein kleiner Fortsatz bleibt übrig, während der obere labiale sich stark verkürzt und in dieser Form über M, liegen bleibt (Fig. 169b). Zum Schluss der Anlage löst sich der obere Theil bestehend aus dem lingualen freien Zahnleistenende, dem labialen Epithelstrang und labialen oberen Fortsatz von der Anlage des M, ab, verkürzt sich und liegt schliesslich als verdickter Zahnkeim von M, über dem distalen Ende von M,. Dieser Keim enthält anscheinend zumeist das Material einer, und zwar der ersten Dentition, da sämmtliche vorhergehende Fortsätze zu einer geraden verdickten Zahnleiste zusammengeschrumpft sind. Phascolarctus, Unterkiefer. Stadium IX. Es wurde der hintere Theil des Unterkiefers (von 2,4 cm Länge) eines mit kurzen Haaren versehenen Beuteljungen zur Feststellung der Anlage des letzten Molaren untersucht. Fig. 7 auf Taf. II zeigt den vorderen Theil dieses Kiefers mit dem im Durchbruch befindlichen Schneidezahn, dem Prämolaren, I. Molaren und dem Ersatzzahne. Der 2. Molar ist stark verkalkt, seine Wurzeln beginnen sich zu bilden. Er ist gross und kräftig. Der 3. Molar ist weniger stark verkalkt. Ein dünner Schmelzdentinmantel umgiebt die ganze Krone. Ueber dem distalen Ende der Anlage von M, liegen Zahnleistenreste. An diese schliessen sich zwischen M, und M, Zahnleistenreste in Verbindung mit einer Epithelperle an. Im Bereiche von M, zeigt sich die Zahnleiste als schmaler Strang mit reducirtem Fortsatz ziemlich durchgängig und endet distalwärts über M, in den ein- fachen knospenförmigen Zahnkeim der im Beginn der Entwickelung stehenden Anlage von M,. Phascolaretus cinereus GOLDF. Zusammenfassung. Wie wir aus dem Vorhergehenden entnehmen können, bietet uns die Zahn- entwickelung von Phascolarctus in vielen Beziehungen ein reichhaltiges Material, das sich nicht immer mit den Ergebnissen der vorher behandelten Species deckt. Während wir in vielen Dingen durch das Wiederkehren gleicher Erscheinungen in der Beurtheilung der vorhergenannten Thatsachen bestärkt werden, tauchen andererseits Befunde auf, welche sich nicht ohne Weiteres mit den beschriebenen Befunden vereinbaren lassen. Das Letztere betrifft vor allen Dingen die Verwachsungen von Zahnkeimen und prälactealen Ueber- resten; sie beanspruchen ganz besonders bei Phascolarctus (ähnlich wie bei Dasyurus) durch ihr constantes Erscheinen bei allen Zahnanlagen eine besondere Aufmerksamkeit. Ausser diesen später zu besprechenden Befunden habe ich im Laufe der verschiedenen Stadien eine ganze Reihe ausgefallener Zähne erster Dentition in ihrer ersten Anlage sowohl wie in ihrer weiteren Ent- wickelung und ihrem Zerfall nachgewiesen. Es legen sich im Oberkiefer von den Antemolaren 4 Schneide- zähne, Id!, Id?, Id®, Id®, der Eckzahn und 4 Prämolaren frühzeitig an. Von diesen kommen die 3 ersten 340 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 152 Schneidezähne, der Eckzahn und die 2 letzten Prämolaren zur vollständigen Entwickelung. Der 5. Schneide- zahn und die beiden vorderen Prämolaren gehen zu Grunde. Der 4. Schneidezahn legt sich nirgends mehr an. Im Unterkiefer sehen wir noch die Anlage dieses 4. Schneidezahnes. Hier legen sich 5 Schneidezähne, der Eckzahn und 4 Prämolaren, also sämmtliche Antemolaren, an. Von diesen entwickeln sich der 2. Schneidezahn, der 3. und 4. Prämolar vollständig. Alle übrigen Zahnanlagen der Antemolaren sind rudimentäre Organe, einige erreichen jedoch das glockenförmige Stadium, vor allem Id,, Cd und Prd,, auf dem auch sie dann meist in Zerfall gerathen. Nach meinen Befunden lautet daher die Zahnformel des persistirenden Gebisses von Phascolaretus ja 23:90 04 I pra 2930 y 34, während sich in der That folgende Zähne anlegen, aber 9% © %® o 6 @ 35 © aA grösstentheils nicht zur vollständigen Entwickelung kommen: 1a 23:05 cal pa i234y ® 9.48 T A ©. Prd 7 sind die Milchprämolaren, M 3 überzählige Backzähne. WoopwaArnD hat vor dem functionirenden unteren Scheidezahn einen {kleinen verkalkten Zahn i, gefunden. Er ist mit den Resten der von mir überall nachgewiesenen Zahnanlage des Id, identisch. Hinter i,, dem unteren functionirenden Incisivus, sah WooDwArD ferner einen unverkalkten Zahnkeim, welchen er mit i, bezeichnet. Ausserdem folgten auf i, zwischen diesem und pd, das Schmelzorgan oder der Dentin- keim von drei verschiedenen functionslosen Zähnen. \WO00DWARD rechnet diese dem Caninus, dem 1. und 3. Prämolaren zu. Den Zahnwechsel scheint WoopwArn in Uebereinstimmung mit LECHE (65) für normal zu halten. Deshalb ist der von mir mit Prd, bezeichnete Ersatzprämolar bei Woopwarn pr,, ein Zahn zweiter Dentition und echter Nachfolger des pd,. Die Antemolaren des Phascolarctus sind nach WoopDwarn folgende: I %.& & A Pe rno3 4 Nach meinen Befunden vertheilen sich die überhaupt auftretenden Antemolaren in dieser Weise: 12 ZERO: I IK NG 26 A Tannen Fr na wobei die mit arabischen Ziffern bezeichneten Zahnlagen zu functionsfähigen Zähnen heranwachsen, nn, 33 während die übrigen mit römischen Ziffern versehenen gewöhnlich zu Grunde gehen. Die drei am weitesten zur Entwicklung gelangenden reducirten Zahnlagen des Unterkiefers sind die von Id,, Cd und Prd,, so dass ich die auch von WooDwARD aufgefundenen drei Ueberreste von Zahnanlagen zwischen i, und pd, für Rudimente dieser drei Zähne halte. Auffallend gut erhält sich im Gebiss von Phascolarctus während seiner Entwickelung die Anlage des 2. Prämolaren, welche bei den meisten Species früher als die der Nachbarzähne aus der Zahnreihe verschwindet. Im Oberkiefer ist der Zahnkeim von Prd’ auf dem letzten Stadium kappenförmig, während er im Unter- kiefer überall ein reducirtes glockenförmiges Schmelzorgan besitzt. Entwickelungsgeschichtlich ist also das Gebiss von Phascolarctus in seiner Zahnzahl dem Normalgebiss der Beutelthiere (nach THomas) sehr nahe gestellt, während es sich in seiner späteren, äusseren Form gewaltig von diesem unterscheidet. Die Um- wälzungen, die in diesem Gebiss vor sich gegangen sind, erscheinen ganz beträchtlich und gleichen den aller Diprotodontier. Wie die vielen reducirten Zahnanlagen beweisen, ist es sicher, dass das alt ererbte Gebiss des Phascolarctus noch heute zum Theil um seine Existenz kämpft, dass der Process der Umwandlung des Gebisses noch nicht abgeschlossen ist. Bei den Nagethieren und Wiederkäuern ist der ähnliche Vorgang der starken Reduction der Zahnzahl bereits zum Abschluss gekommen. Bei diesen höheren Säugern finden sich embryonal in den breiten Lücken der Kiefer kaum Reste einer Zahnleiste, ein Zeichen, dass die Veränderung des Gebisses weit früher als bei den Beutelthieren ihren Anfang genommen hat und daher auch eher zum Abschluss kam. 153 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 341 Fast eine jede der Zahnanlagen hat bei Phascolarctus Besonderheiten. Die Anlagen von Id? und Id? sind zweimal eingestülpt, ein Umstand, der für Anlagen von Schneidezähnen etwas Besonderes hat. Ich glaube gefunden zu haben, dass diese zweifache Einstülpung lediglich auf dem Verwachsen lingualer oder labialer Fortsätze, den Resten prälactealer oder Ersatzdentition, mit der Anlage erster Dentition beruht. Die Anlagen von Id? und Id® haben labiale und linguale Verdickungen. (Fig. 121a, b, 128a, b). Das Verwachsen des labialen und lingualen Epithelstranges mit dem lactealen Zahnkeim ist bei Id? und Id® sehr deutlich (Stadium II und IV). Die freien Enden beider Stränge umschliessen die mittlere Zahnanlage und wachsen beide über diese Anlagen hinaus, so dass lingual wie labial ein kleiner Fortsatz entsteht. Wie bei den Molaren, so haben wir auch bei diesen Incisivi ein Verwachsen von Zahnkeimen oder deren Resten verschiedener Dentitionen, mit dem Unterschiede, dass bei den Incisivis das hinzu- kommende labiale Material nicht sämmtliche prälactealen oder postlactealen Dentitionen umfasst. Denn die zwischen beiden — lingualen und labialen — Leisten liegenden und von der Zahnleiste ausgehenden Fort- sätze mit ihren reducirten Zahnkeimen verwachsen nicht mit (Fig. IIg, 120, 121a, b, 128a, b). Lingual emancipirt sich der Zahnleistenfortsatz von den Anlagen der vorderen Antemolaren sehr spät. Bei Id! tritt bei verschiedenen Stadien nur lingual des vorderen Theiles der Anlage ein selbständiger Zahnleistenfortsatz auf, der direct mit dem Mundhöhlenepithel zusammenhängt, aber im weiteren Verlaufe mit der Anlage verwächst. Die alsdann zu Stande kommende linguale Verdickung der Anlage entsteht daher durch ein Verwachsen des lingualen Fortsatzes mit der Zahnanlage. Bei den anderen Incisivi und beim Caninus verhält sich das ähnlich. Erst nach Entwickelung der Glockenform treten die lingualen Fortsätze zum Theil wieder selbständig, aber reducirt auf (Fig. 127, 133, I4Ia, b). Id® entwickelt sich später als die übrigen Zahnanlagen. Dieser Umstand hängt wohl mit dem beschränkten Raume zusammen. Erst mit grösserer Entwickelung des vorderen Kiefertheiles erhält die Anlage von Id® genügend Platz. Auf den ersten Stadien liegen die Anlagen von Id? und Id? so nahe an einander, dass ihre Zahnkeime schwer von einander zu trennen sind. Auf den älteren Stadien tritt die vollständige Trennung ein, es entsteht sogar ein grösserer Zwischenraum. Die Anlage des Caninus liegt im Oberkiefer tiefer im Gewebe als die Anlagen der übrigen Zähne. Diese Beobachtung war auch schon bei anderen Species der Diprotodontier zu machen und ist dort er- örtert worden. Die Entwickelung des Cd ist eine schnelle und wetteifert mit der von Prd 4. Neben Cd des Unterkiefers liegen labial und lingual verschiedene, am Ende verdickte Zahnleisten- fortsätze, die labialen gehören der prälactealen, die beiden lingualen der zweiten und dritten Dentition zu (Fig. 167). Die freien Enden der Fortsätze sind schwach verdickt. Die Epithelzellen zeigen einen beginnen- den Zerfall. Von Wichtigkeit ist bei diesem Befund das Auftreten der Zahnanlagen bezw. der Reste solcher von fünf verschiedenen Dentitionen, welche allem Anscheine nach einst eine Vorfahrengruppe der Beutel- thiere besessen hat. Vier Zahnkeime erscheinen auf frühester Entwickelungsstufe, während sich der Zahn- keim der Milch- oder ersten Dentition im reducirten glockenförmigen Stadium befindet. Im Allgemeinen werden durch dieses Bild nur die Beziehungen der einzelnen Ersatzanlagen zu den Vorgängern und die Stellung des Gebisses von Phascolarctus zu dem der Vorfahren klargelegt, eine schon früher von mir an anderer Stelle erörterte Ansicht, wobei aber niemals zu vergessen ist, dass die reducirten Zahnkeime Ueber- reste reptilienähnlicher Zähne sind, die in ihrer Homodontie den vielfachen Wechsel besassen. Ebenso Interessantes bieten die Anlagen des oberen Prd! sowie des unteren Id, (Fig. 135, 144, 157, 165—166). Diese Anlagen sind reducirt und besitzen labial und lingual mehrere deutlich entwickelte Zahnleistenfortsätze welche der gleichen Erklärung wie die von Cd unterliegen. Jenaische Denkschriften. VI. 20 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 44 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 342 154 Der grosse Schneidezahn des Unterkiefers ist der zweite in der Zahnreihe. Er legt sich im Gegensatz zu dem ungefähr gleich grossen Schneidezahn der Phalangeriden als ein einfacher Zahnkeim an, der nicht durch eine drei- und zweifache Epithelleiste mit dem Mundhöhlenepithel in Verbindung steht. Id, ist von vorn- herein ein sehr stark verdickter Keim, welcher im weiteren Entwickelungsverlaufe durch fortgesetztes Wachs- thum an der Basis seiner Anlage seine spätere Grösse erreicht. Er ist gleich dem unteren Incisivus der Phalangeriden ein immerwachsender Zahn. Der ursprünglich einfache Schneidezahn ist durch Anpassung an eine veränderte Lebensweise ein Nagezahn geworden. Auch der ı. Incisivus des Oberkiefers ist ein immer- wachsender Nagezahn. Auf Kosten des grossen Schneidezahnes sind die übrigen Schneidezähne, der Eck- zahn und zwei Prämolaren im Unterkiefer zu Grunde gegangen. Ich ‘habe die Reste von Id,, Id,, Id,, Id, im Unterkiefer nachgewiesen, womit zugleich der einst- malige Bestand von 5 unteren Schneidezähnen festgestellt ist. Die Anlagen des 4. Incisivus, des Caninus und des 2. Prämolaren sind verhältnissmässig gut entwickelt. Die von LECHE bei Phascolarctus beschriebene Anlage im Bereiche des Incisivus scheint Id, oder Cd zu sein (26). Beide treten gleich häufig und gleich weit redueirt auf. Ueberhaupt ist die Beobachtung zu machen, dass die Zahnleiste im Bereiche der Antemolaren des Unterkiefers auf jedem Stadium eine Reihe reducirter Zahnanlagen aufweist, wodurch sich die Anzahl der früheren Zähne leicht feststellen lässt. Id, und Id, sind am meisten zerfallen, was erklärlich ist, da sie Id, am nächsten liegen. Dann ist aber Prd, gewöhnlich mehr zerfallen als Prd,. Prd 4 legt sich im Ober- wie Unterkiefer sehr zeitig an. Auf den ersten Stadien ist seine mittelgrosse Anlage allein die glockenförmige. Sie entwickelt sich dann eine Zeit lang weniger schnell als z. B. die Anlage des ı. Molaren, so dass beide schliesslich auf ungefähr gleicher Entwickelungsstufe stehen. Trotz seiner früheren Ausbildung gehört Prd 4 der ersten Dentition an. In Anbetracht der labial von Prd 4 auf- tretenden prälactealen Reste in Form von Epithelsträngen und Fortsätzen ist diese schon bisher vertretene Ansicht als richtig zu bezeichnen. Seine frühzeitigere Anlage hängt lediglich nur mit seinem Ersatz zusammen. Der sich immer zeitig entwickelnde Ersatzzahn der gleichen Dentition ruft die schnellere Entwickelung des Vorgängers hervor, der zu seiner eigenen Erhaltung diesen Weg einschlägt. Je mehr aber der Ersatzzahn drängt, desto rudimentärer wird der Vorgänger und desto eher wird er aus- gestossen, bis er gänzlich verschwindet. Phascolarctus bildet hierin einen Uebergang vom frühzeitigen Wechsel bis zum gänzlichen Ausfall des Prd 4. Im Verlaufe der einzelnen Stadien vermochte ich den thatsächlichen anormalen Ersatz dieses soge- nannten Milchprämolaren klar zu legen. Dieser Milchzahn ist der 4. Prämolar der Zahnreihe oben wie unten, sein Ersatzzahn ist der 3. Prämolar oben wie unten und der gleichen Dentition angehörig. Vom ersten bis zum letzten Stadium zeigen die Serien die schnelle Entwickelung von Prd 4, die langsamere Entfaltung von Prd 3. Bei den ersten Stadien steht letzterer mit den meisten Anlagen auf gleicher Entwickelungsstufe. Dann verzögert sich seine Ausbildung, vielleicht dadurch beein- flusst, dass der Keim weiter in die Tiefe wächst als die übrigen. Liegt er mehr in der Tiefe, so entwickelt er sich schneller und rückt in die Nähe des Prd 4. Beim Durchbruch des letzteren befindet er sich lingual unterhalb von Prd 4. Wir sehen den lingualen Zahnleistenfortsatz von Prd 4 mit dem Ersatzkeim Pr 4 voll- ständig zerfallen und die Anlage von Prd 3 in Folge trägen Wachsthums der Kiefer und lebhafterer Ent- wickelung der einzelnen Zahnanlagen in den Bereich des 4. Prämolaren rücken. Wir sehen, wie der Zahn- keim von Prd 3 secundär tiefer in den Kiefer wächst, als die übrigen Zahnanlagen. Er liegt schon früh- zeitig an einer langen, gebogenen Zahnleiste. Einen ähnlichen Versuch unternehmen auch andere Antemolaren zumal im Unterkiefer, der aber in Folge besonderer Specialisirung einzelner Zähne und einge- 155 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 343 tretenen Raummangels misslingt. Im Oberkiefer bleibt dieser Versuch in gewissen Grenzen, weil der Kiefer embryonal keinen Platz für die Entwickelung von zahlreicheren Zahnanlagen bietet, als in der That zum Durchbruch kommen. Prd 3 wird also nur aus besonderen Gründen zum Nachfolger von Prd 4. Diese Art des Ersatzes ist, wie ich es anderen Orts bereits betont habe, nicht die gewöhnliche; ich vermag die Ansicht von SCHWALBE, welcher die Möglichkeit für wahrscheinlich hält, dass der Zahnersatz im Reiche der Säugethiere überhaupt auf diese Art zu Stande gekommen ist (50), daher nicht zu befürworten. Der linguale Fortsatz neben dem Ersatzzahne Prd 3 erhält durch diesen eigenartigen Vorgang des Ersatzes, wie ihn WOODWARD zuerst bei anderen Diprotodontiern beschrieben hat (62), eine einfache Erklärung. Er ist der Rest der zweiten oder Ersatzdentition, und nicht der Beginn einer dritten Zahngeneration, wie LECHE meint (26). Die beiden letzten Molaren entwickeln sich langsam, was mit dem trägen Wachsthum der Kiefer zusammenhängt. Auch ist die Entwickelung der Anlage von M, nicht überall gleichmässig, da diese Anlage z. B. bei dem VI. Stadium weniger entwickelt ist als beim V. Der letzte Molar legt sich wegen Raum- mangels sehr spät an. Im Oberkiefer des Stadiums IV liegt zwischen der Anlage von Cd und dem I. Prämolaren ein kleiner, knospenförmiger Keim eines überzähligen Zahnes. Er findet sich nur bei diesem Stadium. Vor- aussichtlich ist dieser kleine Zahnkeim der Rest eines Prämolaren, deren Anzahl bei den Vorfahren der Beutelthiere mehr als 4 betrug. Ob der zwischen Prd, und M, regelmässig auftretende kolbenförmig verdickte Zahnkeim einem aus- gefallenen Prämolaren oder Molaren angehört, ist nicht zu bestimmen. Jedenfalls ist er der Rest einer Backzahnanlage der Vorfahren des Phascolarctus, die im Allgemeinen den Prämolarentypus besassen. Der lange Zahnleistenhals von Prd, ist häufig stark verdickt, mit Epithelperlen und knospenförmigen Ausläufern versehen. Es sind Reste einer prälactealen Dentition. Zum Theil aber reicht auch die reducirte Anlage von Prd, in die Nähe des Zahnkeimes von Prd,, und dann sind die verdickten Theile dem distalen Ende von Prd, angehörig. Die im Bereiche der glockenförmigen, aber in Reduction befindlichen Anlagen der Antemolaren eigenartig eingewinkelte Zahnleiste ist mit ähnlichen Befunden bei Trichosurus und Phalanger vergleichbar. Die Annahme liegt auch hier nahe, wie kurz vorher erwähnt, in diesen Befunden das Bestreben der einzelnen Anlagen zu sehen, nach einem geeigneten Ort für ihre Entwickelung hinzuwachsen. Von grösster Bedeutung sind die prälactealen und postpermanenten Zahnkeimreste, welche sich neben vielen Zahnanlagen erster Dentition zeigen und in ihren Formen sehr mannigfaltig sind. Besonders eigen- artig sind sie im Bereiche der Molaren. Charakteristisch für die Entwickelung des Gebisses von Phascolarctus ist vor allem ein labialer, aus der Zahnfurche abgehender Epithelstrang, die „labiale Epithelleiste‘“‘ oder „Epithelstrang“, welcher gewöhn- lich als einfache Leiste auftritt, manchmal an seinem freien Ende verdickt ist und verschiedentlich einen reducirten Zahnkeim trägt. Dieser Strang erscheint auf den jüngeren Stadien durchgängig und spielt, wie das bei den einzelnen Stadien näher beschrieben wurde, bei der Anlage der Zahnkeime einzelner Incisiv und der 3 ersten Molaren eine Rolle. Es ist ihm also ohne Frage irgend eine Bedeutung beizumessen. Der Ansicht von Wırson und Hırr, welche in dieser Leiste die Anlage der Lippenfurche sehen (58), kann ich mich nicht anschliessen. Es geht aus meinen Befunden, besonders im Bereiche der Incisivi und Molaren hervor, dass diese Epithelleiste in engste Beziehung zur Zahnleiste und ihren Keimen tritt. Sie ist un- bedingt als ein Product der Zahnleiste aufzufassen (Fig. 120, I2I, 125, 147, 154). Ausser dieser labialen Epithelleiste, die theilweise sogar selbständig neben der Zahnl eiste 20* 44* Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 156 344 in die Mundhöhle einmündet, treffen wir auf andere labiale epitheliale Fortsätze, welche vom Zahnleistenhals sowohl wie von der Zahnanlage als Aeste sich abzweigen. Vielfach verwächst das obere Ende dieser Fort- sätze mit der lingualen lactealen Zahnanlage zu einem Stück, ja selbst in der Entwickelung vorgerückte Zahnkeime, die am Ende der Epithelleisten auftreten, kommen mit dem lingualen, weniger entwickelten Zahnkeime in die innigste Berührung. Andererseits tragen sie wieder vollständig verkalkte Zähnchen, die sich dann labial der Zahnanlagen selbständig im Mesoderm befinden (Fig. 130, 142, 143, 148, 155). Mehr noch als im Oberkiefer finden sich im Unterkiefer labial der Zahnkeime der Antemolaren Reste prälactealer Zahnkeime dieser Art. Sie sind aber alle unverkalkt. Dabei ist zu beobachten, dass diese Reste besonders im Bereiche der vorderen Incisivi aus der gemeinsamen Zahnfurche abgehen und dann an Stelle der „labialen Epithelleiste“ erscheinen. Daneben liegen prälacteale Zahnkeime auch labial des Zahn- leistenhalses oder der Zahnanlage selbst. Schliesslich sind noch knospenförmige Ausläufer zu beobachten, die sich labial vom äusseren Rande des Schmelzorganes abgelöst haben und den Eindruck eines labialen Fortsatzes machen. Es sind also verschiedene Gruppen von labialen sog. prälactealen Epithelleisten und Zahnkeimen zu unterscheiden (Fig. 157, 166, 167). Der einen Gruppe ist bisher eine grössere Aufmerksamkeit geschenkt worden. Das sind die labial der Zahnanlagen erster Dentition gelegenen kleinen verkalkten und unverkalkten Zähnchen. Man hat sie der prälactealen Dentition unterstellt und angenommen, dass es nur eine Art dieser Zahnreihe giebt. Von WOODWARD sind neuerdings eine grosse Reihe solcher Anlagen bei den Beutelthieren gefunden worden (65), nachdem bereits vorher andere Autoren ihre Gegenwart bei Säugethieren festgestellt hatten (26, 43, 45, 55). Die zweite Gruppe ist weniger einer Kritik unterzogen worden. LECHE hat unter anderen prälactealen Ueberresten auf die aus der Zahnfurche abgehende labiale Epithelleiste aufmerksam gemacht. Er rechnet sie zu den Resten der prälactealen Dentition (26). Sie erscheint aber bei keiner anderen Species so constant wie bei Phascolarctus. Welche Grenzen schliessen nun das Gebiet der prälactealen Dentition ein? — Im Allgemeinen ist eine prälacteale Dentition jede Dentition, die vor der lactealen auftritt oder bestanden hat. Bei Phascolarctus treten aber ebenso wie bei Dasyurus Reste auf, die darauf schliessen lassen, dass mehr als eine Dentition vor der lactealen zu Grunde gegangen ist. Wir finden nämlich nicht einen, sondern zwei, drei und mehr epitheliale Fortsätze, die sich nach einander labial von der Zahnleiste abzweigen und abwechselnd an ihrem freien Ende reducirte Zahnkeime tragen. Bei der Beurtheilung dieser ganzen Verhältnisse ist die Frage, ob die labial der Zahnanlagen erster Dentition auftretende reducirten, häufig verkalkten Zahnanlagen der Zahnanlage eines Säugethieres oder eines niederen Wirbelthieres, vielleicht der Reptilien, homolog ist, entscheidend. Nehmen wir. das erste an, so entspricht jeder labiale Epithelstrang, mit seiner Anlage den Resten einer verloren gegangenen Säugethierdentition, und da häufig mehr als ein Strang mit einer Anlage auftritt, so haben vor der ersten Dentition zwei oder drei heterodonte Zahngenerationen bestanden, welche bereits den Säugethieren zukamen. Das ist aber unwahrscheinlich! Glaubwürdiger erscheint es, jede dieser Zahnanlagen als eine den niederen Wirbelthieren homologe anzusehen und alle die labial auftretenden Nebenleisten mit ihren Zahnkeimen zusammen, wenn man will, einer Säugethierdentition für homolog zu halten, welche während des Bestehens dieser Zahnkeime in der gleichen Zeit hätte functioniren können. Nebenbei bemerkt, halte ich es für ausgeschlossen, dass im Reiche der Säugethiere vor der sog. Milchdention eine reine heterodonte Säugethierzahnreihe existirte. Meiner Ueberzeugung nach ist die Milchdentition die erste, echte Säugethierdentition. Denn wenn auch ein Säugethierzahn offenbar mehreren amphibien- ähnlichen Zahnkeimen gleich zu setzen ist, was aus gewissen Befunden bei Phascolaretus, Trichosurus und 157 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 345 Phalanger hervorgeht, so ist den ganzen Verhältnissen entsprechend doch nicht anzunehmen, dass eine vor der Milchzahnreihe möglicherweise in Function gewesene heterodonte Säugethierzahnreihe secundär durch Reduction in ihre einzelnen Bestandtheile d. h. die mannigfachen labialen Zahnkeime zerfällt. Alle labial der Zahnleiste, der Zahnfurche und der lactealen Zahnanlagen vorhandenen Epithelleisten mit und ohne reducirte Zahnkeime sind also Ueberreste verschiedener prälactealer Dentitionen. Hiervon ist die Hauptleiste und der vielleicht älteste Zahnleistenfortsatz die häufig aus der Zahnfurche labial abgehende Epithelleiste, welche sich bei Phascolaretus fast durchgängig in beiden Kiefern zeigt. Sie ist deswegen so wichtig, weil sie bei der Entstehung verschiedener Zahnkeime, z. B. der Incisivi und Molares, mit dem betreffenden lingualen Zahnkeime zu einem Stück verwächst. Kurz vor der eigentlichen Verwachsungsstelle befinden sich auf den Schnittserien zwischen der Zahnleiste und der labialen Epithelleiste manchmal ein, zwei oder mehr kleine Fortsätze, die labial aus der Zahnleiste kommen (Fig. II5, I2Ia, b, 125a, b, 128a, b, 147). Diese Fortsätze tragen oder haben kurz vorher reducirte Zahnanlagen getragen; sie verwachsen grösstentheils mit. Es wird daher bei der Verwachsung alles, was zwischen den beiden Epithelleisten, der Zahnleiste und dem Epithelstrang, an Fortsätzen und Zahnkeimen liegt, mit in den multiplen Keim aufge- nommen. Würde man nun in jedem labialen Ast oder Zahnkeim den Rest einer besonderen Säugethier- zahnanlage suchen, so müssten in diesen Fällen Reste von Dentitionen mit der lactealen Zahnanlage verwachsen, die drei bis vier Generationen älter sind. Auf diese Weise kommen wir auf eine Anzahl von Dentitionen, die für die Klasse der Säugethiere unwahrscheinlich ist. Auf einzelne directe Verwachsungsvorgänge im Gebiet der Antemolaren habe ich bereits aufmerksam gemacht. Auch bei der ersten Anlage der vorderen Molaren bei Phascolarctus zeigt sich ein ganz deutliches Verwachsen zweier verschiedenen Dentitionen angehöriger Epithelleisten (Fig. 125a, b, 147). Auf dem einen Stadium sehen wir sogar, wie durch das Verwachsen eine zweifache Einstülpung des Zahn- keimes zu Stande kommt. Hier repräsentirt die „labiale Epithelleiste‘“ die Reste aller prälactealen Dentitionen. Wenn auf älteren Stadien trotzdem der labiale Epithelstrang über oder unter der Molaranlage auftritt, so ist das kein Beweis gegen die Verwachsung. Es ist ein Rest übrig geblieben, der nicht an der Verwachsung theilgenommen hat, und dieser Rest ist im Gegensatz zu der langen, verdickten Epithelleiste, die zu der Zahnleiste oder dem Zahnkeim herantritt, ganz unbedeutend. Für die Anlagen der vorderen 3 Molaren des Phascolaretus ist daher entsprechend den beschriebenen Befunden anzunehmen, dass sie mehr als einer Dentition zugehören und ein Verwachsungsproduct von Zahnkeimen zweier oder mehrerer Dentitionen sind, womit im Allgemeinen auch auf die gleiche Entstehung der Molaren überhaupt hinge- deutet werden soll. Sicher ist die prälacteale und lacteale Dentition an dieser Verwachsung betheiligt. Ob noch weitere Theile hinzukommen, will ich hier einstweilen unerörtert lassen. Bei der ersten Entwickelung der Molaren hat sich die den prälactealen Dentitionen entsprechende Epithelleiste in ganzer Kraft erhalten. Sie ist stark und gut entwickelt. Es treten daher keine Reductions- producte in Form von anderen Leisten und reducirten Anlagen auf, was bei einem Zerfall in der Gegend anderer Anlagen überall anzutreffen war. Auffallend ist bei dieser Erscheinung, dass die „labiale Epithel- leiste“ bisweilen als vollkommen selbständige Leiste neben der Zahnleiste liest und nicht mit ihr zusammen in eine Zahnfurche einmündet. Es macht den Eindruck, als ob zwei Zahnleisten unabhängig von einander in das Bindegewebe eintreten. Es ist aber nicht immer nothwendig, dass die „labiale Epithelleiste“ mit der lactealen Zahnanlage verwächst, es kommen auch Verwachsungen vor, die nur zwischen labialen Fortsätzen mit und ohne entwickelten Zahnkeim und der lactealen Zahnanlage vor sich gehen. Wir sehen diesen Vorgang bei oberen und unteren Antemolaren (Fig. I09a, b, 116, 117, 155). Eine interessante Beobachtung bietet auch die Anlage des 4. Incisivus des Unterkiefers. Hier erscheinen anfangs 2 getrennte Epithelleisten, von denen die linguale, die Zahnleiste, ein intactes Aussehen zeigt, während die labiale aus reducirten Zellen 346 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 158 besteht (Fig. I54a, b). Das freie Ende dieser letzteren Epithelleiste ist stark angeschwollen und mit der lingualen Zahnleiste verwachsen. Die Fig. 154a zeigt diesen Befund vom vorderen Ende des Id,, wo der grösste Theil dieses Zahnkeimes aus prälactealen Resten besteht, während sein hinteres Ende nur einen stark kolbenförmigen Zahnkeim vorstellt, der allein der lactealen Dentition zugehört. Auch die Anlage von Cd besitzt in ihrem vorderen Theile Stücke der prälactealen Dentition, die mit dem lingualen Zahnkeime verwachsen sind (Fig. 155). Eine Gruppe labialer Ausläufer ist von diesen bisher besprochenen Gruppen zu trennen, es ist die Gruppe der labial des Randes der Zahnanlage erster Dentition erscheinenden Fortsätze oder kolbenförmigen Anhängsel. Sie stellen ein Product des Zerfalles der Anlage selbst vor, da sie fast ausschliesslich labial in Reduction befindlicher Zahnanlagen anzutreffen sind. Es löst sich secundär ein ursprünglich mit der Anlage verbundener Theil ab und versucht selbständig zu werden (Fig. 157, 166, 167). Ebenso wie labial Zahnleistenfortsätze mit reducirten Anlagen auftreten, sehen wir lingual selb- ständige Fortsätze, welche aber zumeist keine weiter entwickelten Zahnkeime tragen. Der lingual der Anlage erster Dentition zunächst erscheinende Fortsatz, der im Verein mit seinem Zahnkeime für gewöhn- lich den Beginn der zweiten Dentition kennzeichnet, liegt bei Phascolarctus neben jedem Schmelzorgan. Er ist an seinem freien Ende angeschwollen, aber diese Anschwellung hat besonders in der Gegend der Ineisivi und des Caninus von Anfang an ein reducirtes Aussehen, noch abgesehen davon, dass der Fortsatz im Gegensatz zu den bisherigen Befunden später als bei den Prämolaren und den 3 ersten Molaren auftritt. Bei letzteren Anlagen erscheint er in Uebereinstimmung mit der normalen Zahnentwickelung der übrigen Säugethiere ziemlich zur richtigen Zeit. Sein freies Ende ist besonders neben Prd 4 vom ersten Auftreten an verdickt und verspricht bei diesen Backzahnanlagen weit eher eine Weiterentwickelung als bei den vorderen Antemolaren. Ein wirklicher Ersatz entwickelt sich aber aus keiner lingualen Zahnanlage. Bei Phascolarctus haben die verschiedenen Ersatzzahnkeime überhaupt einen ungleichmässigen Ent- wickelungsgang, die der vorderen Antemolaren sind früher und mehr reducirt als die des 4. Prämolaren und der 3 ersten Molaren. Die ganze Anlage der zweiten oder Ersatzdentition ist in sich zerfallen und giebt zur Annahme einer Weiterentwickelung bei Phascolarctus keine Berechtigung. Diese Zahnkeime sind ebenso reducirt und functionslos wie die Zahnkeime ausgefallener Antemolaren erster Dentition. Einmal habe ich eine ganz schwache Einstülpung des Ersatzkeimes beobachtet, aber es zeigte sich dieses Stadium an einem bereits zerfallenen Zahnkeime. Gegenüber von LECHE muss ich betonen, dass eine Ansammlung von Bindegewebszellen im Umkreise keines lingualen verdickten Fortsatzes in auffallender Weise vorhanden ist. Eine solche Ansammlung zeigt sich nur in beschränktem Maasse um den lingualen Fort- satz von Prd 4. Wir haben hier also eine vollständige zerfallene Dentition vor uns, von der wir nicht einmal solche Spuren finden, wie sie die prälactealen Dentitionen aufweisen. Bei den directen Vorfahren des Phascolarctus haben die prälactealen Dentitionen allem Anscheine nach länger als die zweite Dentition bestanden, waren functionsfähiger und sind vor kürzerer Zeit zu Grunde gegangen. Es finden sich aber ausser den Resten der zweiten Dentition solche einer noch jüngeren, einer dritten, vierten und fünften. Diese Reste zeigen sich nicht nur vornehmlich lingual von Zahnanlagen, die im Zerfall begriffen sind und bei denen ein mehrmaliger Ersatz in Folge dieser Reduction wünschenswerth erscheint, sondern auch lin- gual gut entwickelter Zahnanlagen. Lediglich die Thatsache, dass ein rudimentärer Zahn mit seinem Ersatz für Lebenszeit des Thieres nicht ausreicht, erklärt für diesen Fall das Wiederauftreten der sog. dritten Dentition. Ein Ueberfluss an Material lässt den zweiten kolbenförmig verdickten Zahnleistenfortsatz lingual erscheinen. Aber die im Bereiche der normalen Zahnanlagen, z. B. der Molaren vorhandenen mehrfachen, deutlich verdickten lingualen Nebenäste der Zahnleiste lassen diese Erklärung nicht zu. Entweder macht die Natur den Versuch bei dem vollständigen Zerfall des ersten lingualen Fortsatzes, dem Ersatze einen besseren Untergrund zu geben, oder diese sporadisch erscheinenden Ausläufer sind ebenso wie die labialen 159 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 347 durch directe Vererbung zu erklären. In allen Fällen aber sind auch diese Reste gleich denen der zweiten Dentition zu keiner weiteren Entwickelung befähigt. Da uns, wie oben erwähnt, die Anlage der vorderen Molaren bei Phascolarctus die Thatsache an die Hand giebt, dass bei ihrer Entwickelung die prälacteale Dentition eine Rolle spielt, so ist es hiernach anzunehmen, dass die Molaren prälacteales Zahnleistenmaterial besitzen. Zugleich erscheint es nach den Vorgängen beiM ı von Phascolaretus (Fig. 132, 158) für höchst wahrscheinlich, dass der für gewöhnlich bei den Molaren besonders der Placentalier vorhandene linguale Ersatzkeim, welcher unter oder über den Anlagen dieser Zähne zu finden ist, nicht mit dem Ersatzkeime zweiter Dentition der übrigen Zähne identisch ist, sondern einer jüngeren Dentition angehört. Für diese Ansicht sprechen an sich schon die mehrfach vorkommenden lin- gualen Ersatzkeime bei den Molaren der Marsupialier, wonach also die Annahme einer dritten Dentition berechtigt ist, und weiterhin die Befunde KÜkEnTHar’s an den Backzähnen des Manatus (21), die Ergebnisse bei Perameles (Fig. 12 und 14) sowie den übrigen Species. Der linguale Fortsatz zweiter Dentition verwächst hiernach theilweise mit der Anlage des Molaren, ähnlich wie prälacteale Zahnkeime mit der lactealen Zahn- anlage, so dass, falls überhaupt ein Fortsatz lingual über oder unter Molaranlagen frei festzustellen ist, dieser entweder der geringe Ueberrest der zweiten oder richtiger der Rest einer jüngeren, der dritten Ersatz- dentition ist. Besonders aber giebt uns der Befund von Fig. 132 den Beweis, dass der linguale Fortsatz ursprünglich neben den Molaren sich ebenso wie neben Antemolaren bildet. Mit der Zeit ist hierin eine Aenderung durch Verwachsungsprocesse eingetreten. Da bei den sonstigen echten Molaranlagen besonders der Placentalier dieser Fortsatz sich nicht mehr in der Form wie bei Phascolarctus nachweisen lässt, so ist aus diesen veränderten Zuständen auf die versteckten Verwachsungsvorgänge zu schliessen, welche gemäss den Befunden von Manatus etc. zwischen Molaranlage und lingualem Fortsatz stattfinden. Wird diese Erklärung nicht angenommen, so müsste sich der Fortsatz lingual von Molaranlagen sonstiger Mammalia analog den Befunden von Phascolarctus zeigen oder sich so verhalten, wie die Fortsätze, reducirt oder nicht reducirt, neben Antemolaren es thun. Aus dem Vorhergehenden ist somit zu entnehmen, wie wichtig derartige Verwachsungen werden können, wenngleich ihnen eine ausschlaggebende Bedeutung augenscheinlich nicht zufällt. Werden daher die Verwachsungen im Bereiche der Zahnanlagen erster Dentition des Phascolarctus ganz im Allgemeinen beurtheilt, so erscheint die Annahme, dass ein jeder Milchzahn dieser Species ein Product mehrerer (reptilienähnlicher) Zahnkeime oder deren Reste ist, als eine einfache Folgerung. Denn nach all den vorliegenden Beobachtungen scheinen bei Phascolarctus die echten Molaren eine auffallende Sonderstellung gegenüber den übrigen Milchzähnen nicht einzunehmen. In der ganzen Anlage und Ent- wickelung dieser Backzähne findet sich gegenüber den Antemolaren insofern kein Unterschied, als beschränkte Verwachsungen von lingualem und labialem Zahnleistenmaterial mit dem Zahnkeim erster Dentition bei Antemolaren wie bei Molaren. vorkommen. Vorwiegend beständiger und eingreifender verläuft allerdings ein derartiger Verwachsungsprocess mehr bei den Molaren als bei den Antemolaren. Was in dieser Beziehung für Phascolarctus gilt, sollte eigentlich für alle Säugethiere geltend sein, mit anderen Worten: jeder Säugethierzahn sollte hiernach durch ein Verwachsen von mehreren Zahnkeimen niederer Wirbelthiere entstehen können, wodurch von selbst eine Beschränkung in der Zahl der Dentitionen eintritt. Die Grösse der Säugethierzähne, insbesondere der Molaren würde also nicht allein durch physio- logische Momente bedingt sein, sondern es müssten für sie auch die einfachsten Verwachsungsprocesse eine Rolle spielen. Ich sehe jedoch davon ab, inwieweit dieser Process vor sich geht: fürs Erste genügt die Thatsache, dass Verwachsungen von Epithelleisten und Zahnkeimen verschie- dener Dentitionen überhaupt zu beobachten sind. Für diese so sehr interessante Frage der Concrescenztheorie, welche bereits von verschiedenen Forschern auf die Anlage von Molaren angewendet wurde, hier aber auf sämmtliche Säugethierzähne bezogen 348 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 160 werden soll, kann der ganze Vorgang der Zahnkeimverwachsungen bei Phascolarctus allein nicht grund- legend sein. Die Frage, ob diese Befunde an sich die Theorie für alle Fälle vollständig zu beweisen ver- mögen, wo doch sonst bei anderen Species, wie selbst bei Phascolarctus, prälacteale und postlacteale Ueber- reste von Zahnkeimen selbständig anzutreffen sind, ist jedenfalls sehr berechtigt. Sollte nicht überhaupt der Vorgang der Zahnkeimverwachsungen bei der Zahnentwickelung der Beutelthiere eine nur dieser Säugethier- familie zukommende Eigenschaft sein? — Ich neige mich im Grossen und Ganzen mehr dieser Ansicht zu und möchte die Uebertragung der Verwachstheorie auf alle Säugethierzähne in bestimmte Grenzen zurück- drängen und vorläufig folgendermaassen zusammenfassen Die seitliche Verstärkung eines Säugethierzahnes durch prä- und postlacteale Bestandtheile kommt bei den Placentaliern vornehmlich den Molaren zu, während sie bei den Marsupialiern in Folge des Mono- phyodontismus und des eigenartigen Beutellebens bei allen Zähnen stattfinden kann. Ohne Frage begünstigt das Beutelleben und der Monophyodontismus die Verwachsung von Zahnkeimen. Bei den Antemolaren aber sind diese Verwachsungen weniger beständig und erst secundär erworben, denn sie kommen überhaupt erst in Folge des langsamen Entwickelungsganges der Zahnanlagen während des Beutel- lebens zu Stande. Da die meisten Placentalier diese Verzögerung in der Entwickelung im Bereiche der Antemolaren nicht besitzen und ausserdem diphyodont sind, so kommt es bei dieser Familie innerhalb der Antemolaren zu keinen bedeutenden Verwachsungen. Letztere beschränken sich vielmehr nur auf diejenigen Milchzähne, welche gleich den Zähnen der Marsupialier einen verzögerten Entwickelungsgang aufweisen; das sind aber die echten Backzähne, die drei letzten Molaren. Der Verwachsungsprocess, welcher bei den Marsu- pialiern Antemolaren und Molaren, also alle Milchzähne betrifft, beschränkt sich bei den Placentaliern nur auf die Molaren. In allen diesen Fällen bleibt aber stets der Zahnkeim der Milchdentition die Hauptanlage, an welche sich das benachbarte Material anfänglich enger anschliesst, um endlich mit ihr zu verwachsen. Soweit überhaupt die bisherigen Untersuchungen über Zahnentwickelung der Placentalier reichen, sind Verwachsungen oder Verschmelzungen nur bei monophyodonten Species beobachtet worden. Es ist dieser Umstand eine Eigenthümlichkeit, auf welche besonders hingewiesen werden muss, denn ohne Frage sind die Verwachsungsvorgänge die Folgen des Monophyodontismus. In allen den Fällen also, wo ein Zahn zeitlebens functioniren soll, und wo er sich langsamer entwickelt, erhält er als Beigabe einen Zuwachs von prä- oder postlactealem Zahnleistenmaterial. Der Nachweis von Verbindungen zwischen prälactealen und lactealen Stücken ist natürlich nur bei solchen Säugethierarten möglich, die im phylogenetischen Stamm- baum eine niedrige, den Reptilien verwandte Stellung einnehmen. Phascolareius ist ein sehr altes Beutelthier und steht in seiner Zahnentwickelung neben Phascolomys und Myrmecobius den alten Beutelthieren viel näher als die meisten der heutigen lebenden. Sein jetziges Gebiss steht auf einem Uebergangsstadium, das bestrebt ist, in seiner allein functionirenden einen Zahnreihe die Nagethierform zu erreichen. Für die Entwickelung einzelner Anlagen, insbesondere der Molaren, wie auch für die Concrescenztheorie ist, soweit wir beobachtet haben, die Zahnentwickelung von Phascolarctus in vieler Hinsicht eine reiche Fundgrube. Verkalkte prälacteale Zähnchen treten nur labial der Zahnanlagen des oberen 2. und 3. Schneidezahnes auf. Sie sind aber beständig in ihrem Erscheinen. Alle übrigen Reste sind unverkalkt; trotzdem ist es nicht unwahrscheinlich, dass auch diese unverkalkten reducirten Zahnkeime unter Umständen verkalken können. Einen bedeutungsvollen Unterschied vermag ich zwischen den verkalkten und unverkalkten Resten nicht zu finden. Sie sind in beiden Fällen reducirt. Aepyprymus rufescens GARROD. Die äussere Gestaltung dieser der diprotodonten Beutelthiergruppe zugehörigen Gattung Aepyprymnus findet sich in den Odontographien verschiedener Autoren und neuerdings im „Catalogue of Marsupialia and Monotremata“ von THomas näher beschrieben. 161 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 349 Die Species Aepyprymus gehört (nach THoumas) zur Familie der Macropodidae und zur Subfamilie der Potoroinae; sie besitzt die gleichen Eigenthümlichkeiten im Gebiss wie die aller übrigen zu dieser Familie gehörenden Arten. Die Zahnformel dieses diprotodonten Beutlers schwankt, wie bisher angegeben wird, zwischen 3014 malt TNOTA TNOUTEA Der Caninus im Unterkiefer fehlt stets, der des Oberkiefers ist jedenfalls rudimentär, so dass sein Fehlen nicht auffällig ist. Die beschränkte Anzahl der Schneidezähne, der Verlust der Eckzähne und die Reduction in der Zahl der Prämolaren zeigen äusserlich sofort den Typus des Pflanzenfressers an. Die höhere einseitige Entwickelung des Gebisses spricht sich vor allem in dem Mangel der Eckzähne und der geringen Anzahl der Prämolaren aus, womit Aepyprymnus den wirklichen Uebergang von den Phascolarctiden zu den Kängurus vorstellt. Gleichwohl hat Aepyprymnus wie alle Diprotodontier einst ein vollständiges polyprotodontes Gebiss besessen. Die jüngeren Stadien zeigen ontogenetisch in ihrer ersten Anlage fast SET, die vollständige Anzahl der Zähne des ursprünglichen Beutlergebisses SaETEn und sogar noch Reste weiterer Zahnanlagen. Der Zahnwechsel beschränkt sich nicht auf einen Zahn jederseits im Unter- wie Oberkiefer, sondern es werden durch einen breiten Prämolaren zwei vorhergehende Zähne ersetzt. Diese beiden Zähne wurden bislang für die Prämolaren 3 und 4 gehalten. Der eigentliche Milch(prä)molar war Prd 4 (oder auch Md genannt), der Ersatzzahn war der Pr 4 der zweiten Dentition. WOoDWARD hat, wie es bereits mehrfach betont wurde, zuerst nachgewiesen, dass der Ersatzprämolar bei den Macropodidiae zur ersten und nicht zur zweiten Dentition gehört, so dass zwei Zähne gleicher Dentition durch einen Zahn der gleichen Dentition ersetzt werden. Nach seinen Angaben liegt der Ersatzprämolar zwischen pm 3 und pm 4, und es werden zwei Prämolaren durch einen Prämolaren ausgestossen. Im Gegensatz zu dieser Ansicht halte ich die Zähne, welche ausgestossen werden, für Prd3 und MI, was sich aus den nachfolgenden Untersuchungen zeigen wird; der Ersatzzahn ist der vierte und nicht der dritte Prämolar der Milchzahnreihe. Der sonst als Milch(prä)molar4 bezeichnete Zahn ist ein echter Molar und kein Prämolar. Sein Ersatz ist erst eine secundäre Errungenschsft. Da nun hinter diesem M I noch 4 Molaren stehen, so haben wir im Gebiss von Aepyprymnuss im Ganzen fünf Molaren. Das Gleiche ist für alle Macropodidiae anzu- nehmen, bei denen zwei Zähne durch einen Nachfolger ersetzt werden. Mit dem Ersatz tritt zu gleicher Zeit ein Wandern der Molaren nach vorn ein, worauf THomas schon aufmerksam macht (53), so dass für die Anlage des 5. (letzten) Molaren der nothwendige Raum frei wird. In Fig. 11 und I2 auf Tafel II sehen wir die linke und rechte Seite des Schädels eines jungen Thieres der Species Aepyprymnus, bei welchem das Gebiss noch nicht ganz entwickelt ist. Links steht der Durch- bruch des Ersatzzahnes noch bevor, während rechts im Oberkiefer Prd®? und M! bereits ausgestossen sind. Der Ersatzzahn ist fast so gross wie Prd® und M! zusammengenommen. Er besitzt seitlich sieben vertikale Einkerbungen. M* ist eben durchgebrochen, während M® noch vollständig fehlt. Man sieht deutlich, dass die 3 vorderen Backzähne Prd®, M! und M? stark abgenutzt sind. Id! ist gross und nagethier- ähnlich. I? ist meisselförmig und Id® ähnlich. Cd des Oberkiefers ist klein und unansehnlich. Id, ist sehr gross und schaufelförmig. Prd, ist breiter als M, und besitzt Andeutungen von Längsriefen (Fig. Ita). Wie Thomas angiebt, wechselt die Grösse von Prd 4, des Ersatzprämolaren, im Bereiche der einzelnen Species. Von der Grösse hängt dann die Anzahl der Seitenfurchen ab. THomas giebt bei Jenaische Denkschriften. VI. 21 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 45 350 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 162 Bettongia an, dass einige Glieder dieser Species 5 Molaren besitzen und so den bemerkenswerthen Zu- stand eines alten Charakters zeigen, während sie andererseits wieder der neuen specialisirten Charaktere nicht entbehren (53). Vielleicht wird bei dıesen Formen nur ein Prämolar durch den Ersatzprämolaren verdrängt, und der ı. Molar bleibt bestehen. Andererseits ist es nicht unmöglich, aber unwahrscheinlicher, dass bei Bettongia in einzelnen Fällen mit Einrechnung des Milchmolaren M ı sechs Molaren vorkommen können, da bei Aepyprymnus Reste eines 6. Backzahnes nachzuweisen sind. Auf Schnittserien wurden im Ganzen acht Stadien von Aepyprymnus rufescens GARR. untersucht. Die Grösse dieser einzelnen Stadien ist folgende: n Aepyprymnus rufescens GARR. | | =; . Dee Stadium | Gesammtlänge, gemessen über Kopflänge, direct seitlich gemessen | SE . L | von der Schnauzenspitze bis zum No. | Kap, Nielen DS zur Jeais äusseren Hinterhauptshöcker I | Embryo 2,9 cm 7,6 mm | 33» 92 III a 1,3 cm va 3 15 „ V | % Beuteljunge Ro 1,9 Vie 78 21, \aor | 115 5 33 vu. |) 1, 2 Von sämmtlichen Stadien sind die ganzen Köpfe in einzelne Frontalschnitte zerlegt worden. Ich habe die Kiefer beider Seiten zum gegenseitigen Vergleiche untersucht. Ausserdem ist noch der Kopf eines Beuteljungen von 6,2 cm Gesammtlänge sagittal geschnitten worden, um die Beziehungen der Zahnanlagen zu einander in der Gegend der Prämolaren genau festzustellen. Die entwickelungsgeschichtliche Untersuchung des Gebisses von Aepyprymnus beschränkt sich bisher nur auf die Beobachtungen von WooDWARD an Beuteljungen von 125 und I95 mm Gesammtlänge, also zweier Stadien, welche ungefähr meinem letzten Stadium an Grösse gleich kommen (62). WOODWARD erwähnt, dass keine Spur von reducirten Ineisivi auf seinen Schnittserien zu finden war; die functionirenden Incisivi besassen ausser i? Reste des lingualen Zahnleistenfortsatzes. Der Kiefer ist in der Gegend des Caninus und des Prämolaren sehr kurz, eine Beobachtung, die überhaupt bei nicht ausgewachsenen Kiefern von Diprot- odontiern in hohem Maasse zu machen ist. Der Prämolar ist sehr lang. Der Ersatzprämolar liegt nach WoopwarD gleich hinter der Anlage von pm 3 und steht mit der inneren Seite des Zahnsäckchens von pm 3 in Verbindung. Beide Theile scheinen die Beziehungen von Ersatz- und Milchzahn zu einander zu haben, so dass nach dieser einen Species allein die kolbige Anschwellung der Zahnleiste der Ersatzzahn für pm 3 und nicht für pm 4 zu sein scheint, wie allgemein angenommen wird. WOoOoDWARD weist alsdann für die meisten Diprotodontier nach, dass der Ersatzprämolar zur ersten und nicht zur zweiten Dentition gehört. Trotzdem seiner Ansicht nach die Verhältnisse bei Aepyprymnus für diesen Nachweis nicht so günstig liegen wie bei anderen Macropodiden, nimmt er doch auch für Aepyprymnus das Gleiche an. Bei den Kängurus, Petrogale, Maeropus, Aepyprymnus ist der Ersatzzahn zwischen dem 3. und 4. Prämolaren ge- legen, bei Petrogale ist er mit dem 4., bei Macropus und Aepyprymnus mit dem 3. Prämolaren verbunden. Hiernach ist also der eigentliche Ersatzprämolar der 4. Prämolar, trotzdem spricht WooDWARD aber immer von pm 3 als den Ersatzprämolaren. Da er meist noch zwei rudimentäre Prämolaren ausser diesen drei Prämolarenanlagen nachweist, ist nicht zu verstehen, warum WooDwArD den letzten Prämolaren nicht mit 5 und den Ersatzprämolaren mit 4 bezeichnet. Aus meinen Beobachtungen geht deutlich hervor, dass der Ersatzprämolar der 4. der Serie ist. Den 5. Prämolaren, den sog. Milch(prä)molaren, halte ich für einen Molaren. 163 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 351 4depyprymnus rufescens, Oberkiefer. Stadium I und II (2,9 und 3,3 cm Gesammtlänge). Da sich die Anlagen in beiden Stadien nur durch Einzelheiten in der Ausbildung ihrer Zahnkeime unterscheiden, habe ich beide Stadien bei der Be- schreibung zusammengefasst. Mit Ausnahme einer kurzen Strecke im Bereiche der Schneidezähne des zweiten Stadiums geht die Zahnleiste ununterbrochen durch den Oberkiefer. Es haben sich alle Antemolaren angelegt. Ihre einzelnen Zahnkeime zeigen ausser der Anlage des sog. Milch(prä)molaren (M!) und des vor ihm liegenden 3. Prä- molaren nur das kolbenförmige Stadium. Sie sind sämmtlich klein. M! (Prd°) und Prd® sind kappenförmig. Ausser den zur Function gelangenden 3 Schneidezähnen und einem Prämolaren sind zwei weitere Incisivi, der erste und vierte, der Eckzahn, welcher beim Stadium II rudimentär zu werden scheint, sowie der erste und zweite Prämolar angelegt. Die meisten dieser Anlagen sind kleine knospenförmige Zahnkeime, die mit kurzem Halse dem Mundhöhlenepithel nahe liegen. Nur der Keim des 2. Prämolaren ist grösser und ein wenig eingestülpt, er besitzt ebenso wie der Zahnkeim von Prd! labial seines gekrümmten Zahnleistenhalses ein oder zwei hinter einander liegende, am Ende verdickte Ausläufer. Der ganze Zahnkeim macht ebensowenig wie fast alle übrigen überzähligen Zahnkeime den Eindruck einer späterhin dem Zerfall anheimfallenden Zahnanlage. Der Zahnkeim von Prd! ist klein und beim Stadium II mit verdickter labialer Wand versehen. Der Zahnkeim des I. Schneidezahnes ist nur beim Stadium I vor- handen und bereits im Zerfall (Fig. 170). Der Keim ist sehr klein und nicht regelmässig begrenzt, er trägt an seiner Basis zwischen den Epithelzellen eine kleine verkalkte Scheibe (KR. 8.). Ueber dem ganzen Zahn- keime liegt der Rest einer bindegewebigen Pulpa. Die Anlage des 4. Id fehlt beim Stadium II; hier erfährt die Zahnleiste eine Unterbrechung. Der erste functionsfähige Id, also eigentlich der zweite der Serie, legt sich mit breiter Mündung an, sein Keim ist eine muldenförmige Einbuchtung des Mundhöhlenepithels mit breitem, kurzem Halse. Der zweite Id oder dritte der Serie ist ein kolbenförmig verdickter und zeitweilig etwas eingestülpter Zahnkeim, dessen labiale Fläche beim Stadium I im mittleren Theile der Anlage stark verdickt ist, während sich mehr distal- wärts ein labialer, mit ihm verwachsener Fortsatz zeigt. Dieser Zahnkeim besitzt offenbar Theile einer prä- lactealen Dentition, die mit dem Keim verwachsen sind und die Einstülpung hervorgerufen haben. Denn die labiale Verdickung und Einstülpung tritt nur in der Mitte der Anlage auf, sie sind die Ursache einer Ver- wachsung von zwei verschiedenen Dentitionen zugehörigen Zahnkeimen. Der labial sich kurz daraufabzweigende Ast ist in Verbindung mit einer unter ihm befindlichen Einstülpung des Mundhöhlenepithels der Rest der vorher bestehenden labialen Verdickung des Zahnkeimes. Aehnliches zeigt sich labial des zweiten func- tionirenden Id (Id®) des zweiten Stadiums. Dieser Zahnkeim trägt einen besonderen labialen Fortsatz, der in Form eines kolbenförmigen Zahnkeimes neben Id® aus dem Zahnleistenhals herausgewachsen ist. Von einer Zahnleiste ausgehend, liegen zwei Keime neben einander, ohne sich zu berühren oder mit einander zu verwachsen, während beim ersten Stadium eine innige Berührung zu einer theilweisen Verwachsung geführt hat. Diese letztere betrifft ebenfalls zwei Zahnkeime verschiedener Dentitionen, der lactealen und eiher älteren, prälactealen. Die Anlage des 3. functionirenden Id oder Id® ist ein kleiner, knospenförmiger Keim, welcher dem Mundhöhlenepithel sehr nahe liegt. Der Eckzahn ist nur im ersten Stadium deutlich angelegt. Sein kolbenförmig verdickter Keim besitzt einen längeren Zahnleistenhals und ist am unteren Ende ein wenig eingestülpt. Die Zahnkeime von Prd! und Prd? sind knospenförmig. 21* 45 * 352 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 164 Der sog. Milch(prä)molar (M!) ist am weitesten entwickelt. Seine Anlage hat das kappenförmige Stadium erreicht und trägt ähnlich der Anlage des vorhergehenden Prämolaren (Prd®) labial seines Halses ein oder zwei kleine Ausläufer. Es ist die letzte Anlage im Oberkiefer. Auf diese folgt die Zahnleiste als dicker, gleichmässiger Strang. Die labial der Zahnkeime des Prämolaren und ı. Molaren auftretenden Ausläufer, die manchmal am Ende wenig verdickt sind, gehören gleichfalls Ueberresten von Anlagen prälactealen Ursprungs zu. Es sind deren unverkalkte Theile. Eine vermehrte Ansammlung von Bindegewebe tritt in der Gegend der kolbigen Verdickungen der Zahnleistenenden an keiner Stelle deutlich hervor. Nur die erste Molarenanlage (Prd°) besitzt eine binde- gewebige Pulpa. Aepyprymmnus, Oberkiefer. Stadium III (4,8 cm Gesammtlänge). Die Schneidezähne Id’, Id’, Id? haben die Kappenform in der Ausbildung ihrer Zahnkeime erreicht. Id? und Id® führen durch Entwickelung der Schmelzpulpa zum glockenförmigen Stadium über, während Id’, kleiner und schwächer als diese, noch die wirkliche Kappen- form besitzt. Die linguale Wand der Anlage von Id? ist verdickt und stark gefärbt, ohne dass ein Zahn- leistenfortsatz gebildet ist. Labial springt ein kleiner Fortsatz hervor. Der Zahnleistenhals ist kurz und steht durch eine ziemlich breite Oeffnung mit dem Mundhöhlenepithel in Verbindung. Die Anlage von Id® hat eine besonders stark verdickte linguale Seite. Labial springen kleine Knospen hervor. Wie aus Fig. 171 hervorgeht, entsteht die starke linguale Verdickung durch das Verwachsen des freien lingualen Zahnleisten- endes mit der lactealen Anlage. Die Verdickung stellt demnach ein Product der Verwachsung der lingualen Wand der Anlage mit dem lingualen freien Zahnleistenfortsatz vor, aus dem sich sonst die Ersatzanlage entwickelt. Der Zahnleistenhals ist nur im proximalen Theile der Anlage lang, mehr distal wird die Leiste kurz und schmal; sie steht hier nicht mehr mit dem Epithel der Mundhöhle im Zusammenhang. Labial des distalen Theiles von Id® liegt in der Nähe des Zahnleistenhalses und mit ihm durch ganz schwache, reducirte Epithelzellenstränge verbunden ein kleiner, kappenförmiger prälactealer Zahnkeim (Fig. 172). Er zeigt eine gut entwickelte Cylinderzellenschicht sowie Bindegewebspulpa und hat die Form einer einfachsten Zahn- anlage mit Kappenform, wie sie sich etwa bei der Zahnentwickelung von Amphibien oder Reptilien findet. Die Anlagen von Id! und Id* sind redueirt. Id! ist nur noch in Form einer grösseren Epithelperle vertreten, während Id’ eine kolbenförmige Anschwellung des Zahnleistenendes vorstellt, die undeutlich und verwischt, ohne besonders ausgebildeten Zahnleistenhals allein im Bindegewebe gelegen ist. Dieser Zahn- keim liegt lingual ausserhalb der eigentlichen Zahnreihe. Die Anlagen des 3. Prämolaren (Prd®?) und ı. Molaren (Prd°) sind glockenförmig. Eine Anlage des Eckzahnes ist nicht vorhanden, ebenso wie von den Prämolaren ı und 2 nur noch die Zahnleiste An- deutungen macht. Zwischen den Anlagen von Id® und Prd® befindet sich die Zahnleiste erst kurz und dick, dann länger und schlank. Kurz vor und oberhalb des vordersten Theiles von Prd® schwillt sie am Ende kolbenförmig an. Dieser Zahnkeim gehört dem 2. Prämolaren zu, er liegt fast im Bereiche des fol- genden 3. Prämolaren. Die Anlage dieses glockenförmig entwickelten Zahnes besitzt lingual ihrer Mitte einen kleinen Fortsatz, das freie Ende der Zahnleiste. Es ist unverdickt. Distalwärts tritt oberhalb des lingualen Zahnleistenfortsatzes mehr nach dem Rande des Schmelzorganes zu eine deutliche Einkerbung des inneren Schmelzepithels hervor, durch welche die linguale Wand von Prd® in drei Abschnitte zerfällt. In Uebereinstimmung mit bereits besprochenen ähnlichen Befunden vereinigt sich hier zur Bildung einer Seitenzacke ein Theil des lingualen freien Zahnleistenendes mit Prd? (Fig. 173). Die Schmelzpulpa ist bei Prd® ziemlich entwickelt, eine geringe Menge von Kalk an der Kronenspitze abgeschieden. 165 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 353 Auf die Anlage des Prd® folgt ein stark knospenförmiger Zahnkeim, der in Verbindung mit dem Mundhöhlenepithel steht. Er reicht bis in die Nähe des 1. Molaren (Prd?°). Dieser kolbenförmige Zahnkeim ist die erste Anlage des vierten Prämolaren, welcher später zum Ersatzzahn des vor ihm stehenden dritten Prämolaren und des ersten Molaren (Prd’) wird. Die glockenförmige Anlage des ı. Molaren (Prd°) besitzt eine entwickelte Schmelzpulpa, einen schwachen lingualen, seitlich gelegenen Zahnleistenfortsatz, der sich theilweise von der Anlage losgelöst hat und bisweilen am Ende schwach verdickt ist. Er steht proximal mit dar lingualen Seite der Anlage ähnlich den Zuständen bei Antemolaren als kleiner und schmaler Fortsatz in Verbindung, distal aber wird er als freies Ende der Zahnleiste dicker und länger, löst sich mehr und mehr von der Zahnanlage ab und nähert sich dem Epithel der Mundhöhle, um schliesslich nach der Molarenanlage selbständig als kolbenförmig verdickte Zahnleiste aufzutreten. Dieser junge Zahnkeim ist ein verloren gegangener Molar. Bald nach ihm tritt der 2. Molar (M') auf. Die Anlage dieses Molaren ist kappenförmig, die Schmelzpulpa-Sternzellen sind noch nicht gebildet. Ihr folgt die Zahnleiste mit schwacher Verdickung. Aepyprymnus, Oberkiefer. Stadium IV (5,8 cm Gesammtlänge). Die Reste des reducirten 1. Id finden sich nur auf einer Seite des Oberkiefers in Form von Epithelperlen. Id?, Id’, Id® stehen auf der glockenförmigen Ent- wickelungsstufe, wobei die Anlage von Id’ zum Theil noch den Uebergang zu diesem Stadium aufweist. Obgleich alle drei Anlagen bereits dieses Stadium erreicht haben, besitzt keine einen ausgesprochenen lingualen Zahnleistenfortsatz. Die linguale Wand ist jedoch bei allen stark verdickt und stark gefärbt. Bei Id? und Id® finden sich kleine Mengen von Schmelz und Dentin. Id? steht mit der Mundhöhle in offener Verbindung, ein Zahnleistenhals fehlt. Dieser ist bei Id® dünn und schlank, während sich bei Id? ein kleiner Rest der reducirten Zahnleiste vorfindet. Gewöhnlich steht nur die lin- guale Seite der Anlage mit der Zahnleiste in Verbindung, so dass die Anlage an einer Ecke befestigt erscheint. Labial des distalen Theiles von Id’ liegt ein kolbig verdickter Zahnkeim, von verdichteten Bindegewebszellen umgeben, in Verbindung mit dem Zahnleistenhals. Er ist der Rest einer prälactealen Dentition, wie er bei allen Stadien bereits aufgetreten ist. Vorliegender Befund erinnert an LECHE’s Ergeb- nisse am Scalops-Embryo, wie es Fig. 9, p. 5I zeigt (26). Id‘ ist ein kolbenförmig verdickter Zahnkeim, der durch die Zahnleiste mit dem Epithel der Mund- höhle in Verbindung steht. Die glockenförmige Anlage von Id? besitzt auf der rechten Kieferseite am distalen Theile einen labialen Fortsatz, die Verbindung zwischen Anlage und Zahnleiste ist deutlich. Der Caninus zeigt sich als reducirter kolbenförmiger Zahnkeim mit einer Einstülpung am freien Ende. Die Lage dieses Restes ist der Lage sonstiger Keime gegenüber verschoben, die Zahnleiste erstreckt sich hier nicht lingual und nach oben in das Mesoderm, sondern fast wagerecht labial mehr nach unten, dem Epithel der Mundhöhle zu. Ebenso liegen alle Zahnleistenreste, die zwischen den Anlagen von Id und Prd® auftreten. Kurz vor Prd® findet sich das Rudiment des 2. Prämolaren. Es ist ebenfalls ein kleiner kappenförmiger Zahnkeim, der sich in wagerechter Lage zur sagittalen Axe des Kopfes ent- wickelt hat. Prd> ist glockenförmig, auch hier haben sich Schmelz und Dentin in kleinen Mengen abgelagert. Die Anlage hat einen kurzen lingualen Zahnleistenfortsatz, der anfangs unterhalb der Anlage liegt, nachher mit ihr in Verbindung steht. Zwischen dieser Prämolaren- und der ihr folgenden Molaren- (Prd>-)Anlage liegt wieder der kolbenförmige Schmelzkeim von Prd?!, wie es beim Stadium III schon der Fall war. Die 354 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 166 kolbige Verdickung ist hier stärker als bei III und besitzt einen kleinen labialen Zapfen. Bevor M! (Prd?) auftritt, hört die Anlage des Prd* auf, beide Zahnanlagen hängen also nicht von einander ab. M:! (Prd>) ist glockenförmig, seine Kalkablagerung gering. Der reducirte linguale Zahnleistenfortsatz steht durchgängig mit der Anlage in Verbindung. Er liegt unterhalb von M! (Prd5) und zerfällt manchmal in zwei Theile. Gegen Ende der Anlage wird das alsbald isolirt liegende freie Ende der Zahnleiste wieder stark und schwillt kolbenförmig an; es löst sich gänzlich von M! (Prd®) ab und liegt mit seinem Zahnkeime selbständig im Mesoderm. Dieser Zahnkeim ist der Rest der überzähligen Molarenanlage. M: (M') ist noch kappenförmig, die Sternzellen der Schmelzpulpa sind nicht entwickelt. Labial des Zahnleistenhalses befindet sich ein kleiner Fortsatz. Die Anlage steht durch die Zahnleiste mit dem Epithel der Mundhöhle in Verbindung. Es folgt die Zahnleiste mässig verdickt. Aepyprymmaus, Oberkiefer. Stadium V (7,0 cm Gesammtlänge). Id! tritt als Rest eines länglich, kolbig verdickten Zahn- leistenendes auf, welches von ganz kleinen Epithelperlen und feinen Epithelzellenresten umgeben wird und mit dem Mundhöhlenepithel durch schwache Stränge in Verbindung steht. Labial dieser Reste treten die ersten Anfänge der Verbindungsstränge von Id® mit der Mundhöhle auf. Id?, Id®, Id5 sind glockenförmig entwickelt und mehr oder weniger verkalkt. Id? ist ziemlich viel stärker als bei IV verkalkt. Die Krone besitzt mittelstarke Schmelz-Dentinwände Erst auf diesem Entwickelungsstadium zeigt sich ein kleiner lingualer Zahnleistenfortsatz. Dieser liegt nicht lingual der seitlichen Wand der Anlage, indem er sich direct vom Schmelzepithel abzweigt, sondern geht scharf lingual von dem kurzen Zahnleistenhals bald nach dessen Einmündung in die Mundhöhle ab und ist an seinem Ende leicht verdickt. Die Anlage steht nur im proximalen Theile durch die Zahnleiste mit der Mundhöhle im Zusammenhang, distalwärts ist sie isolirt und ohne Zahnleistenfortsatz. Hier treten lingual unregelmässige knospenartige Auswüchse an der Anlage auf. Die Verdickung des lingualen Zahn- leistenfortsatzes ist reducirt. Es finden sich keine Cylinderzellen, sondern nur runde Epithelzellen mit kleinen Kernen. Auch lingual von Id3, der geringer als Id? verkalkt ist, findet sich die Zahnleiste mit lingualen und labialen Fortsätzen. Die Verbindung mit dem Epithel der Mundhöhle ist unterbrochen, da der Zahn- leistenhals reducirt ist. Die Verbindung der Zahnleiste mit der Anlage besteht noch proximal. Die Zahn- leiste hat hier zwei labiale und linguale reducirte Fortsätze (a und 5b Fig. 174), von denen die lingualen schwach verdickt sind und eine kleine Schmelzperle beherbergen. Es sind dieses die Reste von Anlager zweier verschiedener Ersatzdentitionen, die beide zu Grunde gegangen sind. Weiterhin löst sich Id? von der Zahnleiste und ihren Fortsätzen ab, so dass schliesslich lingual des distalen Theiles von Id? das freie Ende der Zahnleiste ohne Verbindung mit der Anlage, aber mit Resten der Verbindungsstränge versehen, leicht angeschwollen unterhalb von Id? in der Nähe des Mundhöhlenepithels liegt. Dieser schwache Zahn- keim entspricht dem Fortsatze b von Fig. 174. Der Zahnkeim von Id* ist stark kolbig verdickt, mit geringer Einstülpung versehen und liegt ganz oberflächlich lingual der eigentlichen Zahnserie ausserhalb der Alveolen. Id ist noch weniger als Id® verkalkt, es lassen sich nur die ersten Anfänge von Kalkablagerung nachweisen. Lingual steht der Zahnleistenfortsatz, schwach verdickt, mit der Mitte der Anlage im Zusammen- hang. Die Verbindungsbrücke ist auffallend breit und mitunter zweifach vorhanden. Der Zahnleistenhals ist stark verdickt und mit kleinen Fortsätzen versehen. Die Anlage des Caninus erscheint nur in Resten. Als ein verdickter und verbreiterter Zahnkeim, in Verbindung mit der Zahnleiste und einem lingualen Fortsatz, liegt sie unter dem distalen Ende von Id?®. 167 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 355 Es folgen zerstreut liegende Zahnleistenreste, die den ursprünglichen Prämolaren-Anlagen entsprechen. Prd®, M! (Prd5), M? (M!) sind glockenförmig, Prd®, M! (Prd5) ziemlich gleich weit entwickelt. Ihre Spitzen sind zum Theil verkalkt, ihre lingualen Zahnleistenfortsätze klein und vollständig reducirt. Die Anlage von Prd® ist gross und kräftig entwickelt, ihre Kronenspitze ein wenig gespalten. M! (Prd>) ist auf dem Querschnitt zweizackig. Zwischen Prd’ und M' (Prd®), mehr in der Nähe von M!, liegt der stark verdickte Zahnkeim von Prd‘. Er ist in die Tiefe gewachsen und steht durch einen langen Zahn- leistenhals fast mit dem Mundhöhlenepithel, aber weder mit Prd® noch mit M! durch Ausläufer in Verbindung. Der Ersatzzahn von Prd® und M! (Prd’) ist auf diesem Stadium bereits tiefer in das Bindegewebe ein- gewachsen als auf den vorhergehenden. Er nimmt seine Lage zwischen Prd® und M! ein und liegt bald der ersten, bald der zweiten Anlage näher. M: (M!) ist unverkalkt, seine Anlage besitzt einen kurzen lingualen Fortsatz. Zwischen M! und M? (M!) befindet sich auch hier der schwach kolbenförmige Zahnkeim des überzähligen Molaren. Er ist gleich der Anlage von Prd? tiefer in das Mesoderm eingedrungen. M> (M?) hat einen kolbenförmig verdickten Zahnkeim. Die Anlage von M? (M!) besitzt einen labialen Fortsatz, welcher aus der äusseren Schmelzzellenschicht herausgewachsen ist und zusammen mit dieser eine Epithelperle umwächst. Möglicherweise ist diese Erscheinung mit prälactealen Resten in Zusammenhang zu bringen. 4epyprynınus, Oberkiefer. Stadium VI (7,8 cm Gesammtlänge). Id! liegt als kleine Schmelzperle im vordersten Theile des Oberkiefers nahe dem Epithel der Mundhöhle und neben verschiedenen Resten reducirter Epithelzellen. Labial treten die ersten Ueberreste der Zahnleiste in Form von Verbindungssträngen mit Id? auf. Ausser Id und M® (M?) befinden sich alle Zahnanlagen auf dem glockenförmigen Stadium. Id? ist am weitesten verkalkt, dann folgen, sich abstufend in der Verkalkung, Prd®, M! (Prd5), Id®, Id, M? (M!). Id* und M® (M?) stehen auf dem kappenförmigen Stadium, die Anlage von M* (M?) ist kolbenförmig ver- dickt, während Cd als reducirter knospenförmiger Zahnkeim zwischen Id5 und Prd3 gelegen ist. Lingual und in Verbindung mit der Anlage befinden sich freie Zahnleistenenden neben Id?, Id®, Id®, Prd® und M? (M!). Alle freien Fortsätze sind reducirt. Der Fortsatz lingual von Id? und Id3 ist bald kolbenförmig verdickt, bald in mehr als eine grössere Epithelperle zerfallen, die zum Theil im Innern kleine Schmelzperlen besitzen. Meist ist der Fortsatz kurz und steht mit der Anlage in directer Verbindung. Lingual von Id ist er in 5 verschiedene Epithelperlen aufgelöst. Alle diese Durchschnittsbilder zeigen einen äusseren Ring cylindrischer und einen inneren Kern von runden Zellen. Diese Erscheinung stellt den vollständigen Zerfall von Zahn- keimen vor. Der kappenförmige Zahnkeim von Id® liegt lingual von Id5 klein und verschwommen ausserhalb der Alveole und des knöchernen Kiefers, mit breiter offener Mündung in das Epithel der Mundhöhle über- gehend. Auf der rechten Seite des Kiefers ist dieser Zahnkeim breit und flach. Seine Lage ist verschoben, da die Anlage sich um einen Winkel von 90° nach lingual und oben gedreht hat. Id® und Prd® treten in der Schnittserie ungefähr gleichzeitig auf, Id® ein wenig eher. Zwischen beiden Anlagen liegt eine schmale knöcherne Scheidewand, unterhalb dieser treten proximal beider Anlagen Zahnleistenreste mit mehreren Fortsätzen auf, deren freie Enden knopfartig verdickt sind (Fig. 175). Die Zahnleiste ist reducirt. Id® steht mit der Zahnleiste in Verbindung und besitzt ausserdem einen langen lingualen Fortsatz, der am Ende kolbig verdickt ist. Diese Verdickung ist undeutlich und verschwommen. Die Verbindung mit den labial gelegenen Zahnleistenfortsätzen ist vorübergehend. Von diesen löst sich der 356 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 168 mehr lingual gelegene und mit a (Fig. 175) bezeichnete Fortsatz ab und wird selbständig. Er tritt dann als kleiner, knospenförmiger Zahnkeim auf und ist der Rest des Caninus. Der mit b (Fig. 175) bezeichnete Fortsatz kommt in den Bereich des Prd® und wird zu dessen lingualem, zerfallenem Zahnleistenfortsatz. Auf der anderen Seite des Oberkiefers finden sich an Stelle dieser unter sich im Zusammenhang stehenden Zahn- leistenstücke vereinzelte, zerstreut liegende Reste und eine grössere, im Innern verkalkte Epithelperle (Cd). Lingual und oberhalb des vorderen Theiles der Anlage von M! (Prd>) liegt der sehr stark verdickte Zahnkeim von Prd!. Er beginnt sich einzustülpen. Seine Verbindung mit dem Mundhöhlenepithel ist unterbrochen, eine solche mit dem labial gelegenen M! ist nirgends zu finden. Der Zahnkeim dieses späteren Ersatzzahnes liegt isolirt im Kiefer. Auch auf diesem Stadium findet sich wie bei V labial der Zahnanlage von M! (Prd5) im Bereiche des äusseren Schmelzepithels eine mittelgrosse Epithelperle, die von einem Zahn- säckchen eingekapselt wird. Ihr Inneres wird von grossen, blasigen und stark lichtbrechenden Zellen aus- gefüllt. Diese Zellen führen kleine Kerne. Unterhalb des distalen Theiles von M! (Prd°) finden sich zwischen dieser und der folgenden Anlage zerstreute, zum Theil verdickte. Zahnleistenreste. Sie treten bis in den Bereich des vorderen Endes des 2. Molaren auf. Es sind Reste des kolbigen Zahnkeimes des über- zähligen Molaren, welcher bei den jüngeren Stadien kurz hinter der Anlage des ı. Molaren lag. M? (M!) steht mit der Zahnleiste in Verbindung, der linguale Zahnleistenfortsatz ist schwach ver- dickt. Die Zahnleiste tritt hier wie bei dem folgenden, kappenförmigen M° (M*) durch- gängig auf. Aepyprymmas, Vberkiefer. Stadium VII (11,5 cm Gesammtlänge). Id! liegt als grössere Epithelperle in Verbindung mit einem labial gelegenen, kolbenförmig verdickten Zahnleistenende nahe dem Epithel der Mundhöhle. Das Innere dieser Perle besteht aus kleineren blasigen Zellen, ihre Wand aus runden, reducirten Epithelzellen. Die ganze Perle wird von einem zarten, bindegewebigen Säckchen umgeben. Diesen Resten von Id!, welche möglicherweise zwei Dentitionen entsprechen, folgen vereinzelt kleine abgelöste Zahnleistentheile und eine erneut auftretende, etwas kleinere Perle, welche einem frei gewordenen, kolbenförmig verdickten Zahnleisten- ende äusserst ähnelt. Ihr ist eine besondere Bedeutung nicht zuzusprechen, sie ist gleich den vorher- gehenden Resten ein Theil der reducirten Anlage des I. Schneidezahnes. Id® und M! (Prd°) sind auf diesem Stadium am meisten verkalkt. Die Schmelzpulpa ist im Bereich der Krone im vollkommenen Zerfall, nur in der Nähe des Zahnhalses besteht ein Rest in wohl entwickelter Form. Weniger stark sind Prd®, Id®, M? (M!) verkalkt. Am wenigsten Hartgebilde besitzen Id’, Prdt und M> (M?). Sämmtliche Anlagen, mit Ausnahme des eben angelegten M‘ (M°), sind demnach glockenförmig. Auch der Ersatzzahn Prd* hat das glockenförmige Stadium erreicht. Sein lingualer Zahn- leistenfortsatz ist reducirt, kurz und zart, er besteht aus verkümmerten runden Epithelzellen. Id? ist zweizackig, die vordere (labiale) Zacke spitz, die hintere (linguale) stumpf. Zwischen den Zacken geht der Schmelz mit den umliegenden Epithelzellen und Schmelzpulpa eine eigenartige Resorption ein. Eine grosse, nur wenige abgesprengte Epithelzellen bergende Blase, die sich unterhalb der Krone ganz nahe den schmelzabsondernden Epithelzellen emporwölbt und von langen, dicht gestellten, cylinder- förmigen sowie peripher von runden epithelialen und bindegewebigen Zellen eingeschlossen wird, hat sich zusammen mit Cylinderepithelzellen vollständig von der über ihr liegenden verkalkten Kronenspitze abge- hoben. In das Innere der Blase sind zum Theil auch sternförmig verzweigte Zellen, aus den Resten der umliegenden Schmelzpulpa eingedrungen. An den Stellen, wo sich das schmelzabsondernde Cylinderepithel von der Schmelzschicht abgehoben hat, ist letztere stark erodirt, die Verkalkung wieder aufgelöst. Diese 169 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 357 Erscheinung der secundären Zerstörung von Schmelz durch cystenartige Gebilde erscheint als ein krank- hafter Zustand, als ein Fehler in der Entwickelung, welcher anscheinend durch mechanische Ursachen herbei- geführt wird. Gelegentlich tritt Aehnliches auch bei anderen Zähnen auf. Id® liegt lingual von Id’ und tritt am distalen, Theile seiner Anlage auf. Id? ist bedeutend kleiner und weniger verkalkt als Id?, seine Schmelzpulpa unversehrt. Id’ liegt zu der Anlage von Id? und Id# ähnlich so, wie der Ersatzzahn des Prämolaren zu diesem und dem ı. Molaren gelegen ist. Bei Raum- mangel würde er unfehlbar den Id? verdrängen müssen. Die Zahnleiste, welche bisher in dem vorderen Theile von Id? nicht auftrat, zeigt sich unterhalb des Id® in Resten. Lingual von Id: finden sich kleine epithelzellenartige Fortsätze, die sich bald von der Zahn- anlage ablösen, mit der reducirten Zahnleiste zusammentreffen und mit ihr den lingualen Zahnleistenfortsatz für Id? bilden. Das freie Ende dieses Fortsatzes ist vollständig zerfallen. Distalwärts ihrer Anlagen kommen Id? und Id® mit der Zahnleiste in directe Verbindung. An Stelle von Id? tritt im Verlaufe der Serie die Anlage des 4. Schneidezahnes, Id’, auf. Sie liegt noch im Bereiche und labial von Id?. Zwischen Id® und Id5 liegen die Reste von Id! in Form einer grösseren Epithelperle und einer kleineren verkalkten Schmelz- perle. Kleinere Epithelperlen liegen in der Nähe. Die grössere Perle besitzt im Innern blasse, blasige Zellen mit schwach gefärbten, kleinen Kernen. Im Bereiche von Id? liegen keine Zahnleistenreste. Erst zwischen Id? und der folgenden Zahnanlage Prd? treten wieder vereinzelte Reste auf. Sie liegen anfangs als zerstreute Epithelkeime in der Nähe des Mundhöhlenepithels, gewinnen aber lingual unterhalb des vorderen Endes von Prd® bestimmtere Formen und erreichen schliesslich die Länge der Zahnleiste, die mit ihrem gebogenen und eingestülpten Ende eine verkalkte Scheibe umfasst. Dieser reducirte Zahnkeim ist der Rest der Anlage des Caninus. Etwas weiter hin wird die Zahnleiste geschlängelt, um bald darauf ganz aufzuhören. Prd® ist ein grosser Zahn. Die Schmelzpulpa seiner Anlage löst sich auf. Reste der Zahnleiste treten hier nicht auf. Oberhalb des hinteren Endes von Prd? und des vorderen Theiles von M! (Prd?) liegt lingual die Ersatzzahnanlage Prd*, welche an einem langen und schmalen Zahnleistenhals hängt, der fast bis an das Epithel der Mundhöhle reicht. Prd* sehen wir zum grössten Theil über der Anlage von M! (Prd°’), er steht weder mit Prd? noch mit M! in irgend welcher Verbindung. Die Zahnleiste fehlt in der Gegend von M! (Prd5) und M® (M!). Zwischen M? (M!) und M® (M?) liegen lingual unterhalb des distalen Theiles von M? (M!) zwei sehr grosse Epithelperlen, beide in Ver- bindung mit knospenförmig verdickten Zahnleistenenden; der ersten, weniger deutlich ausgesprochenen Perle folgt die zweite, die kräftiger entwickelt ist. Diese liegt in einem Bindegewebssäckchen, ist auf den Schnitten durchsichtig und zum Theil verkalkt; sie besitzt labial kleine epitheliale Ausläufer, während sich lingual verdickte Zahnleistentheile und ein stark kolbenförmiger Fortsatz abzweigen (Fig. 176). Anfangs liegen diese Zahnleistenreste frei im Bindegewebe. Weiterhin, wo sie verändert sind, treten sie mit der Anlage von M3 (M2) in Verbindung, die labial gelegenen grossen Perlen sind aber verschwunden. An ihre Stelle tritt die etwas verbreiterte Zahnleiste. Der ursprüngliche linguale verdickte Fortsatz ist durch einen neuen in gleicher Höhe gelegenen ersetzt worden, und über dieser neuen Verdickung liegt ein zweiter (mit b, Fig. 177, bezeichneter) lingualer Fortsatz, ebenfalls kolbenförmig verdickt, über diesem zweiten endlich ein dritter (mit c bezeichneter) Ausläufer : das freie linguale Zahnleistenende von M® (M?) (Fig. 177). Die hier zwischen M? und M? und zum Theil unter dem proximalen Ende von M’ (M?) gelegenen Epithelperlen und Zahnleistentheile (Fig. 176) gehören nicht zur Anlage von M® oder M?, sondern stellen zusammen ein besonderes Gebilde vor: es sind Ueberreste einer verloren gegangenen Backzahnanlage. Die freien ver- dickten Zahnleistenenden unter M3 (M?) (Fig. 177) sind reducirte Ersatzkeime. Jenaische Denkschriften. VI. 22 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 46 358 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 170 Unter dem freien Zahnleistenende von M® (M?2) bleibt die Zahnleiste im weiteren Verlaufe haken- förmig gebogen in Verbindung mit der Anlage, bis sie sich gegen Ende der Anlage von dieser ablöst und als einfacher Strang mit endständiger Verdickung dem 4. Molaren (M°) sein Entstehen giebt. Die Erscheinung grosser Epithelperlen in Verbindung mit verdickten Zahnleistenstücken und Enden ist in der Gegend zwischen zwei Molaren, besonders zwischen M! und M? sowie M? und M?® bei den Beutel- thieren durchaus nicht so selten. Wie dieses Stadium von Aepyprymmus zeigt, haben diese reducirten Zahn- keime in manchen Fällen keine Beziehung zu den entwickelten Zahnanlagen. Sie sind weder der prälacteale Vorgänger noch postlacteale Nachfolger dritter oder vierter Dentition, sondern die Reste ausgefallener Back- zähne. Die Anzahl der Backzähne der Beutler ist bekanntlich eine weit höhere gewesen, als sie sich heute bei den lebenden zeigt. Schon die jüngeren fossilen Beutler haben 6 bis 8 Backzähne, deren Grösse selbst- redend mit Zunahme der Anzahl abnimmt. So müssen wir auch für Aepyprymnus annehmen, dass die Zahl der Molaren in alten Zeiten bei geringer Grösse dieser Zähne eine höhere war. Aepyprymmus, VOberkiefer. Stadium VIII (14,5 cm Gesammtlänge). Id?, Prd®, M! (Prd°) sind am stärksten verkalkt. Prd® und M! (Prd®) liegen dem Epithel der Mundhöhle sehr nahe, sie stehen dicht vorm Durchbruch. Alle übrigen Anlagen sind ausser M* (M®) gleichfalls verkalkt, am wenigsten Prd® und M° (M?), M* (MS) ist ein kolbenförmig verdickter Zahnkeim. Id! liegt lingual unterhalb Id? als ganz kleiner, verkalkter Zahn mit reducirtem lingualem Fortsatz (Fig. 178). Er liegt dem Mundhöhlenepithel sehr nahe. Id? ist zweizackig, eine Folge der frühzeitigen Verwachsung des lingualen Zahnleistenendes mit der Zahnanlage, und liegt schräge im Kiefer mit labialwärts gerichteter Krone. Schwache Spuren der Zahnleiste sind in seinem Bereiche. Id? liegt lingual oberhalb der Anlage von Id?, seine Anlage ist kleiner als die von Id?, die Schmelzpulpa ist unverändert, Die Zahnleiste tritt in schwachen Spuren und am freien Ende undeutlich verdickt neben Id? auf. Die Lage von Id® zu Id? ist auch auf diesem Stadium derartig, dass Id? als Ersatzanlage von Id? gelten könnte. Die Anlage von Id® reicht nur wenig lingual über die von Id? hinaus. An Stelle von Id? erscheint in der Schnittserie die Anlage von Prd3, diese tritt also vor Id5 auf. Später schiebt sich zwischen beide Anlagen von Id? und Prd? die Anlage von Id5 ein. Es liegen also drei Zahnanlagen eine Zeit lang neben einander, was auf keinem der jüngeren Stadien der Fall gewesen ist. Die Zähne haben sich schneller als der Kiefer entwickelt und finden bei ihrer Grösse kaum den Raum für ihre Lage. Hieraus ergiebt sich von selbst der nothwendige Unter- gang verschiedener Zähne im Vordertheil des Kiefers. In- dem die Entwickelung des Knochens mit der der Zähne keinen gleichen Schritt hält, wird der Untergang von Zähnen noch mehr begünstigt. Die spätere Streckung des Kiefers giebt dann nur den wenigen übrig bleibenden Zähnen genügenden Platz. Wie aber weiter aus den besonderen Be- funden hervorgeht, drängt die grosse Anlage des Prämolaren gewaltig nach vorn, und es ist klar, dass bei immer mehr eintretender Verkürzung Fig. 13. Lagebeziehungen im Bereiche des Kiefers Id® entweder zu Grunde geht oder Id? verdräng: , der Antemolaren im Oberkiefer von S 5 eat (RE, 13) Aepyprymmus, Stadium VIU. Id® liegt Reste der Schmelzpulpa finden sich sowohl bei Id® wie bei Prd®, lingual mit seinem distalen Ende, Id? & an n e und Prd® erscheinen über Id? etwas obwohl letzterer schon sehr stark verkalkt ist. Id? ist viel kleiner als japial mit ihren proximalen Theilen, Prd®, so dass beide Anlagen nur kurze Zeit neben einander liegen. Ober- Prd’ vor Id!. halb des distalen Theiles von Prd® liegt die Anlage von Prdt, der spätere Ersatz von Prd® und M! (Prd°). Sie erstreckt sich bis über das vordere Ende der Anlage von M! (Prd5) hinaus. Der freie Zahnleisten- 171 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 359 fortsatz von Prd* ist vorhanden, kurz, wenig verdickt und stellenweise gespalten. Die Anlage steht mit der Zahnleiste in Verbindung, die bis nahe an das Epithel der Mundhöhle geht. Die Ersatzanlage liegt also zwischen Prd® und M! (Prd®) und zwar zum Theil in einem Zwischenraum, der sonst von keiner Anlage ausgefüllt wird; sie endet erst oberhalb des proximalen Endes von M! (Prd>). Im Bereiche von M! (Prd°) und des grössten Theiles von M? (M!) treten keine Zahnleistenreste auf. Die ersten Reste zeigen sich als zerstreut liegende Epithelperlen unter dem distalen Theile von M? (M!). Dann sieht man eine im rechten Winkel gebogene und lingualwärts gerichtete Zahnleiste, die am freien Ende ein wenig verdickt ist. Diese Zahnleiste geht in den Bereich von M® (M?) über, wo ihr freies Ende unverdickt mit der Anlage von M® (M?) in Verbindung tritt und lingual dieser weitergewachsen ist. Unter M° (M?) ist der linguale Zahnleistenfortsatz stark angeschwollen. Während die Zahnleiste noch frei zwischen M? (M!) und M? (M?) im Bindegewebe liegt, erhält sie zweimal einen lingualwärts gerichteten, kolbenförmig verdickten Fortsatz, der sich von der äusseren Ecke des Winkels abzweigt. Möglicherweise ist dieser Zahnkeim, ähnlich den Befunden vom Stadium VII, die Andeutung einer überzähligen und früher entwickelten Zahnanlage. Im Bereiche von M® (M?), dessen Anlage noch nicht vollständig das glockenförmige Stadium erreicht hat, ist die Zahnleiste anfangs noch knieförmig gebogen. Ihr freies Ende ist lingual von M® (M?) kolben- förmig verdickt. Das Auftreten dieses verdickten freien Endes hat insofern etwas Auffälliges, als die Anlage noch nicht ganz glockenförmig entwickelt ist. Es bleibt dauernd neben und an der Anlage bestehen. Gegen Ende von M® (M?) verkürzt sich das freie Ende ebenso wie die ganze Zahnleiste, wird breiter und löst sich schliesslich von M® (M?) ab. So entsteht lingual unterhalb von M® (M?) die Anlage von M+ (M®). Der Zahnleistenfortsatz neben M® (M?) geht also auch hier wie bei anderen Species im Bereiche der letzten Molaren nur scheinbar direct in die Anlage von M* (M°) über. Genau genommen, verkürzt sich das freie Ende, so dass der kolbenförmige Zahnkeim an der verkürzten Zahnleiste entsteht d. h. der ersten Dentition gleichkommt. Die Beziehungen von M® (M?) zu M* (M®) sind gewissermaassen mit den Resten der Zahnanlage des überzähligen Backzahnes zwischen M? (M!) und M® (M?) zu vergleichen, mit dem Unterschiede aller- dings, dass hier die Zahnanlage im Entstehen begriffen ist, während dort einst Vollkommenes in letzten Resten erscheint. Auf M* (M?) folgt die mässig verdickte Zahnleiste, ohne einen wirklichen Zahnkeim gebildet zu haben. M5 (M#) entwickelt sich also später, ein Umstand, der mit seinem späten Durchbruch zusammenhängt. Aepyprymnaus, Unterkiefer. Stadium I (2,9 cm Gesammtlänge). Die Zahnleiste verläuft ohne Unterbrechung durch den Kiefer. Es legen sich frühzeitig auch hier mehr Zahnkeime an, als in der That zur weiteren Entwickelung gelangen. Alle diese überzähligen Keime sind sehr klein und tragen schon auf diesem Stadium an Aussehen der Zellen und Zellkerne den Charakter der Reduction. Es treten überzählige Incisivi, Praemolares und der Caninus auf, die alle kolbenförmig verdickt, manchmal ein wenig eingestülpt sind, aber noch nicht das kappen- förmige Stadium erreicht haben. Auch die sich später entwickelnden Anlagen der übrigen Zähne sind meist stark kolbenförmig verdickte Zahnleistenenden, welche deutlicher und grösser als die überzähligen bis auf die Molaren bereits angelegt sind. Der Zahnkeim des Prd® ist kappenförmig und besitzt labiale Ausläufer. M, (Prd,) ist im Gegensatz zum Oberkiefer noch nicht angelegt. Die zuerst in der Schnittserie auftretende Zahnanlage ist die des grossen Schneidezahnes. Sie steht anfangs durch drei, allerdings schwache Ver- bindungsbrücken mit dem Epithel der Mundhöhle im Zusammenhang, ähnlich der Erscheinung bei Trichos- wrus (Fig. 65). Von diesen drei Epithelleisten bleibt nur eine, die am meisten labial gelegene, mit der 22° 46* 360 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 172 Anlage dauernd in Verbindung, die beiden anderen, der Verwachsungsnaht des Unterkiefers näher ge- legenen, lösen sich von der Zahnanlage ab. Die erste linguale Leiste wird selbständig, schwillt an ihrem freien Ende an und liegt später als Epithelperle nahe dem Mundhöhlenepithel. Die mittlere Leiste ver- schwindet ganz, sie geht in die Schneidezahnanlage auf, so dass schliesslich die Anlage dieses Id zumeist aus dem verdickten Ende der labial gelegenen Epithelleiste besteht. Dieser Platz entspricht für gewöhnlich dem Zahnkeime des 3. Id. Der sich in Folge dessen dann lang in dem Unterkiefer erstreckende Zahnkeim des grossen Schneidezahnes ist also die stark vergrösserte Anlage des 3. Incisivus, während Id, und Id, ihr Material zum Aufbau dieses Zahnes abgegeben haben. Id, ist ganz verschwunden und in Id, aufgegangen, während Id, noch theilweise als selbständiger kleiner Zahnkeim über Id, und nahe dem Mundhöhlenepithel liegt. Ich bezeichne daher den unteren Incisivus mit Id,. Vor der Anlage von Prd, liegen vier kleinere Zahnkeime, die voraussichtlich die Reste der verloren gegangenen zwei weiteren Schneidezähne Id,, Id,, des Eckzahnes und des 2. Prämolaren sind. Der reducirte Zahnkeim, welchen ich als Caninus be- zeichne, gleicht dem des Oberkiefers, weshalb ich diesen Zahnkeim eher für den früheren Cd als den 1. Prd halte. Im Uebrigen ist es nicht genau festzustellen, welchen ausgefallenen Zähnen diese jungen Zahn- anlagen entsprechen. Kurz vor Prd, liegt ein stark verdicktes Zahnleistenende, welches von dichterem Bindegewebe umgeben wird. Dieser Keim des Prd, hat ebenso wie der des Oberkiefers labiale Ausläufer und einen gekrümmten Zahnleistenhals. Auf Prd, folgt die Zahnleiste verdickt. 4Aepyprymmus, Unterkiefer. Stadium II (3,3 cm Gesammtlänge). Dem Stadium I gegenüber ist wenig hervorzuheben. Die Zahn- leiste erscheint ebenfalls ohne Unterbrechung, sie hat mehrere überzählige Zahnkeime entwickelt, die denen vom Stadium I entsprechen. Besonders auffällig ist die gute Entwickelung des letzten Schneidezahnes, Id,. Der grosse Id, steht mit drei deutlichen Epithelleisten in Verbindung. Von diesen drei Leisten bleibt nur die eine, am meisten labial liegende, dauernd mit Id, im Zusammenhang. Die mittlere ver- schwindet, und die lingual befindliche hinterlässt eine Epithelperle. Hier ist also der gleiche Befund, ‚wie vorher geschildert. Der grosse Schneidezahn entspricht auch hier dem Id,, während Id, und Id, ihr Material mit zum Aufbau des Id, verwenden. Der Keim des Caninus ist langgestreckt und verwischt, der des Prd, kolbenförmig verdickt und mit labialem Ausläufer versehen. Prd, hat das kappenförmige Stadium erreicht. Es folgt die verdickte Zahn- leiste, die erste Anlage von M, (Prd,). Aepyprymmnaus, Unterkiefer. Stadium III (4,8 cm Gesammtlänge). Id, ist bereits zum Theil verkalkt, seine Anlage am weitesten entwickelt. Vor Id, tritt die Zahnleiste mit verdicktem freien Ende auf. Sie mündet anfangs mit drei ver- schiedenen Epithelleisten in die Mundhöhle ein. Die erste, linguale verkürzt sich bald, schnürt sich ab und verbleibt als grössere Epithelperle oberhalb der Zahnleiste. Sie ist der Rest der Anlage von Id,. Die zwei übrigen hängen jedoch auch weiterhin zusammen, bis sich die mittlere gleichfalls ablöst, ohne eine Epithel- perle zu bilden, und die dritte allein mit dem freien Zahnleistenende verbunden bleibt. Labial unter dieser Zahnleiste und ihrem freien, angeschwollenen Ende liegt die glockenförmige Anlage von Id,. Sie tritt mit der Zahnleiste im Anfange durch feine Stränge, bald direct in engeren Zusammenhang. Das zuerst kolbenförmig verdickte freie Ende der Zahnleiste erhält nach der directen Vereinigung mit der Anlage linguale Knospen. Diese Knospen sind Andeutungen baldigen Zerfalles.. Während die Zahnleiste nur im vorderen Theile von Id, in das Mundhöhlenepithel übergeht, verliert sie später diesen Zusammenhang und 173 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 361 verkürzt sich stark, sobald Id, mehr und mehr hervortritt; ihre Ueberreste liegen schliesslich in Form von zottenförmigen Ausläufern an der lingualen, oberen Fläche der Zahnanlage. Die Kronenspitze ist bei Id, verkalkt, die Schmelzpulpa nur im proximalen Theile vollständig entwickelt. Distal d. h. an seiner Basis ist Id, ohne jede Verkalkung, die Anlage wächst hier beständig weiter und entwickelt an ihrem unteren, nach hinten gelegenem Ende fortgesetzt neue Epithelzellen. Die Einstülpung erfolgt von der lingualen Seite her. Distal treten neben den lingualen zottenförmigen Ausläufern auch labiale auf. Die Zahnleiste ist in ihrem Verlaufe durch den Kiefer mehrfach unterbrochen. Noch im Bereiche von Id, liegen zwei rudimentäre Zahnkeime: der erste stark kolbig verdickt ohne Zahnleistenhals, der zweite als langes, in die Tiefe gewachsenes verdicktes Zahnleistenende, ohne Verbindung mit dem Mundhöhlen- epithel. Vermuthlich sind sie Reste eines Id (Id,) und des Caninus. Vor dem Erscheinen des Prd,, des sog. Milch-Prämolaren, schwillt die Zahnleiste, die vorher unter- brochen war, am Ende knospenförmig an. Es ist der Zahnkeim von Prd,. Auf diesen folgt alsbald die Anlage von Prd,, so dass der distale Theil des Zahnkeimes von Prd, noch in den Bereich von Prd, tritt. Die Anlage des Prd, hat das glockenförmige Stadium ohne vollständige Ausbildung der Schmelzpulpa und ohne Kalkablagerung erreicht. Ihre obere linguale Wand ist verdickt, sie wölbt sich buckelförmig vor. Kleine labiale Ausläufer treten an der Anlage vereinzelt auf. Sie steht zum Theil durch den Zahnleistenhals mit dem Mundhöhlenepithel in Verbindung. Auf Prd, folgt der Ersatzprämolar Prd, als ein scharf begrenzter, stark kolbenförmig verdickter Zahnkeim, genau so wie im Oberkiefer. Er besitzt kleine labiale Fortsätze und vereinzelte labial gelegene Epithelzellen. Diesem Zahnkeim schliesst sich eine zerrissene Zahnleiste an, auf welche nach hinten zu die Anlage des ı. Molaren (Prd,) folgt. Die Schmelzpulpa dieser Anlage ist fast vollkommen ausgebildet. Der freie Zahnleistenfortsatz lingual ist reducirt, kurz und unverdickt, bisweilen zerrissen. Gegen Ende der Anlage wird der Fortsatz lang und dick, erhält eine kleine labiale Knospe, löst sich von der Anlage des Molaren ab und besteht selbständig über M, (Prd,) als verdickter Zahnkeim eines verloren gegangenen Molaren (M,). M, (M,) ist fast glockenförmig entwickelt. Labial seines Zahnleistenhalses befindet sich ein labialer Fortsatz. Die linguale Seite ist verdickt und stark gefärbt. Der Zahnleistenfortsatz fehlt. M, (M,) ist die knospenförmig verdickte Zahnleiste. Gegenüber den jüngeren Stadien ist hier die schnelle Entfaltung der Molaren bemerkenswerth. Id, ist am meisten verkalkt. Prd,, M, (Prd,) stehen im glockenförmigen Stadium. M, ist wenig verkalkt. M, (M,) hat das glockenförmige Stadium erreicht, die Schmelzpulpa ist nicht überall entwickelt. M, (M,) ist ein stark kolbenförmig verdickter Zahnkeim. Aepyprymnaus, Unterkiefer. Stadium IV (5,8 cm Gesammtlänge). Weit vor dem Auftreten der ersten Zahnanlage erscheinen zwei getrennt und über einander liegende Epithelleisten, welche aus besonderen Einbuchtungen des Mund- höhlenepithels hervorgehen. Die obere ist am Ende knospenförmig verdickt, die untere, schwach kolben- förmig angeschwollen, tritt später mit der Anlage von Id, in Verbindung. Beide Epithelleisten, von denen die eine den Rest der Anlage von Id,, die zweite die Zahnleiste mit ihrem freien Ende vorstellt, kommen nicht mit einander in Berührung. Der verdickte Zahnkeim von Id, verschwindet eher aus dem Gesichts- felde als die unter ihm gelegene Zahnleiste, deren freies Ende kurze Zeit mit Id, verbunden ist. Bald nach dem Zustandekommen dieser Verbindung geht die Zahnleiste mit dem freien Ende in Zerfall über. Die Anschwellung hört auf, es treten zottenförmige Fortsätze sowie kleine Epithelperlen lingual der Zahnanlage auf Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 174 362 Die Zahnleiste ist im Bereiche der Antemolaren und des ı. Molaren (Prd,) häufig unterbrochen. Meist treten ihre Reste auf. Im Bereiche von Id, liegen nahe dem Mundhöhlenepithel die Ueberreste zweier Zahnkeime: Id,, Cd. Die Anlage von Id, reicht schon weit in den Unterkiefer hinein, ihr distales Ende liegt unter der Anlage des 3. Prämolaren. Auf diesem Stadium ist der Zahnkeim von Id, labial und oben, entgegengesetzt dem Stadium III, eingestülpt. Distal ist die Schmelzpulpa von Id, unentwickelt. Vor der Anlage von Prd, liegt der kolbenförmige Zahnkeim von Prd,. Er sieht reducirt aus, besitzt aber noch kleine labiale Ausläufer. Die Anlage von Prd, ist die zweite, gut entwickelte Zahnanlage des Unterkiefers. Lingual ober- halb des vorderen mesialen Theiles der glockenförmigen Anlage liegt ein kleiner reducirter Zahnleisten- fortsatz, der vom Zahnleistenhals abgeht. Anfangs noch im Bereiche des distalen Theiles von Prd, folgt auf Prd, der kolbenförmige Zahnkeim von Prd,. Er besitzt hier einen oberen labialen Fortsatz. Kurz vor M, (Prd,) wird die Zahnleiste kürzer und unverdickt, sie verbindet sich mit M,. Die Anlage des M, (Prd,) ist etwas weiter als Prd, entwickelt. Es ist bereits Kalk abgeschieden. Ein ganz kleiner, reducirter Zahn- leistenfortsatz liegt lingual oberhalb der Anlage, er geht vom Zahnleistenhals ab. Hinter der Anlage von M, (Prd,) und oberhalb seines allerletzten Theiles liegt auch hier wieder ein selbständiger kolbenförmiger Zahnkeim, der Rest von M,. Er steht fast mit dem Mundhöhlenepithel in Verbindung. Auf diese folgt die Anlage von M, (M,), deren kappenförmiger Zahnkeim mit der Zahnleiste im Zusammenhang steht, die bis an das Epithel der Mundhöhle reicht. Ihr folgt die verdickte Zahnleiste. Die Anlage von M% besitzt ausser der gewöhnlichen Einstülpung des Zahnkeimes eine linguale Ein- kerbung, welche voraussichtlich zur Bildung einer Nebenzacke führt. Der linguale Zahnleistenfortsatz wird theilweise die Grenze dieser Zacke nach aussen zu. Während auf den Stadien I-IIl im vordersten Theile des Unterkiefers die auftretenden drei Epithel- leisten zum Theil unter sich in Verbindung standen, trifft das bei diesem Stadium nicht zu. Hier treten vor Id, nur zwei Einstülpungen auf, die linguale und labiale, die mittlere fehlt. Sie ist offenbar ganz mit der labialen verschmolzen. Die höhere Entwickelung dieses Stadiums lässt die vorübergehende Verwachsung der lingualen und labialen Leiste nicht mehr erkennen. Trotz des älteren und grösseren Stadiums (gegenüber Stadium III) sind die einzelnen Zahnanlagen nur sehr wenig in der Entwickelung vorgeschritten und stehen bei beiden Stadien III und IV eigentlich auf ziemlich gleicher Stufe. Aepyprymnas, Unterkiefer. Stadium V (7,0 cm Gesammtlänge). Die Verkalkung ist bei Id, und Prd, weiter vorgeschritten als bei M, (Prd,). M, (M,) besitzt die Glockenform ohne Kalkablagerung. Das freie Zahnleistenende liegt zum Theil verdickt, zum Theil in Reduction lingual der Anlagen von Id,, Prd,, M, (Prd,) und M, (M,). Die Anlagen von Id,, Prd, und M, (Prd,) sind stark gewachsen, sie nehmen bereits die ganze vordere Hälfte des Kiefers ein. Im vordersten Theile liegt ähnlich dem Stadium IV die Zahnleiste mit ihrem freien verdickten Ende anfangs frei, später in Verbindung mit der ersten verkalkten Zahnanlage. Die wagerecht gelegene Zahn- leiste ist nicht mehr gerade und langgestreckt, sondern gebogen und zeigt nach unten (labialwärts) kleine Ausläufer, die zum Theil ganz kleine Schmelzscheiben besitzen. Ueber ihr liegt etwas später eine mittel- grosse Epithelperle, zu der ein feiner Verbindungsstrang hinüberführt. Die Perle geht aus einer besonderen Einbuchtung des Mundhöhlenepithels hervor, sie ist der Rest von Id,. 175 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 363 Labial der Zahnleiste liegt das vordere Ende von Id,. Seine Anlage hängt anfangs durch feine Stränge, später direct mit der Zahnleiste zusammen. Das freie Ende der Zahnleiste lingual von Id, ist abwechselnd verdickt und unverdickt. Id, ist sehr gross, er reicht mit seiner Basis bis über die Mitte von Prd,. Mit Ausnahme einer geringen Unterbrechung oberhalb des Id, durchzieht die Zahnleiste im Gebiete der Antemolaren durchgängig in reducirter Form als schmaler Strang oder in Resten von Zahnkeimen den Kiefer. Die Anzahl der ausgefallenen Antemolaren ist ebensowenig genau wie ihre Stellung zu den Zahn- reihen zu bestimmen. Kurz vor dem Prd, wird die Zahnleiste lang und deutlich und schwillt am freien Ende kolbenförmig an. Dieser Zahnkeim ist der Rest von Prd,. Im Bereiche von Prd, wird sie schwach, erhält kleine labiale Fortsätze und tritt mit Prd, in Verbindung. Ihr freies Ende ist lingual von Prd, weitergewachsen; es ist im vorderen Theile dieser Anlage kurz und schmal, in der Mitte länger und unverdickt, um im distalen Theile wieder ganz kurz zu werden, und durchgängig in Reduction begriffen. Auch die Verbindung mit Prd, ist dann und wann unterbrochen. Die zweite Hälfte der Anlage von Prd, hat einen verbreiterten lingualen Rand mit einer leichten Einstülpung, über welcher der Rest des freien lingualen Zahnleisten- endes liegt. Der linguale Rand wölbt sich in Folge dessen buckelförmig vor, so dass lingual der eigentlichen glockenförmigen Einstülpung eine kleinere und schwächere besteht. Dieser zweiten Einstülpung gehört ebenso wie der grossen glockenförmigen eine eigene bindegewebige Pulpa zu, welche der Spaltung gefolgt ist. Augenscheinlich ist die seitliche linguale Verdickung und Einstülpung durch ein Verwachsen des lingualen Zahnleistenfortsatzes mit der lactealen Anlage entstanden. Das höher gelegene reducirte freie Zahn- leistenende ist der Ueberrest einer jüngeren Ersatzdentition. Dieser Befund lässt sich sehr gut mit ähnlichen Vorgängen bei Perameles, Dasyurus, Phascolarcius vergleichen und erinnert gleichfalls an Zustände in der Gebissentwickelung des Manatus (21). Neuerdings berichtet auch AprorrF in einer vorläufigen Mittheilung „Zur Entwickelungsgeschichte des Nagethiergebisses‘‘ über die Entstehung des Prd, Aehnliches (Tr). Gegen Ende von Prd, und besonders nach dessen Anlage wird die wieder selbständig gewordene Zahnleiste sehr lang und schwillt an ihrem Ende stark kolbenförmig an. Der Zahnleistenhals ist theilweise unterbrochen, reicht aber fast bis an das Mundhöhlenepithel. Dieser Keim des Ersatzprämolaren Prd, liegt zwischen Prd, und M, (Prd,), sein distales Ende berührt kaum das Gebiet des vordersten Endes von M, (Prd,). | Bisweilen, und wie es auch auf diesem Stadium der Fall ist, zeigt der Zahnleistenhals von Prd, einen labialen oberen Höcker, ebenso wie vor und auch nach dem eigentlichen Auftreten von Prd, der Hals labial schwache Fortsätze besitzt. Diese Befunde haben ausser der häufig ganz lingualen Lagerung der Ersatzanlage Prd, neben dem Milch(prä)molaren früher den Beweis der Annahme eines echten Ersatzzahnes bekräftigt, während in der That diese kleinen Fortsätze die frühere enge Verbindung mit dem Zahnleisten- lhals der benachbarten Zahnanlagen anzeigen, eine Verbindung, die nicht zwischen neben einander iegenden, sondernaufeinanderfolgenden Zahnanlagen bestand. Dafür spricht eben das Auftreten der kleinen Fortsätze proximal und distal des eigentlichen Zahnkeimes von Prd,. Die mehr oder weniger secundär erfolgende linguale Lagerung des Ersatzzahnes neben dem Milchzahn wird durch das Hinabwachsen dieses Zahnkeimes und die sich weit ausdehnenden Anlagen des Milchprämolaren Prd, und des 1. Molaren (Prd,) bedingt, welche den Ersatzprämolaren zur Seite drängen. Gerade dieses Stadium V zeigt uns mit grösster Sicherheit den eigentlichen Verlauf des Ersatzes im Bereiche des Prämolaren von Aepyprymnus, da Prd, zwischen Prd, und M, (Prd,) gelegen ist und letztere einen eigenen reducirten Ersatzkeim besitzen. Der Ersatzzahn ist auch hier ein in die Tiefe gewachsener Zahnkeim 364 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 176 der gleichen Dentition wie alle sonst zur Function gelangenden Zähne, während das freie, theilweise verdickte Zahnleistenende lingual von Prd, und M, (Prd,) zuGrunde geht. Dass der Ersatzzahn von Prd, lingual aus dem freien Zahnleistenende von Prd, entstehen soll, ist daher eine Täuschung. Aehnliche Verhältnisse haben wir bei Phascolarctus, Ouseus, Trichosurus gesehen. M, (Prd,) hat eine schwächere Schmelzdentinkappe als Prd,. Diese Anlage, kleiner als die von Prd,, steht mit der Zahnleiste in Verbindung, welche über der Anlage einen kleinen, verkümmerten Fort- satz besitzt. Gegen Ende von M, (Prd,) wird die Zahnleiste wiederum selbständig und wächst zu einem besonderen Zahnkeime aus, welcher an seiner oberen lingualen Seite einen kleinen, verdickten Fortsatz trägt. Er ist der Rest der überzähligen Backzahnanlage und liegt zwischen M, (Prd,) und M, (M,). M, (M,) ist glockenförmig und unverkalkt, seine Anlage schwach und für einen Molaren recht klein, Das linguale freie Zahnleistenende ist dauernd neben M, (M,) vorhanden und besonders gegen Ende der Anlage kolbenförmig verdickt. In dieser Gegend hat sich auch ein labialer oberer Fortsatz von M, (M,) abgelöst, der vorher den ganzen oberen Rand der Anlage bildete. Er wird selbständig und schwillt kolben- förmig an. Nach der Abschnürung dieses labialen Fortsatzes erscheint der distale Theil der Anlage von M, (M,) viel schmäler. Es sind somit in M, (M,) Elemente älterer (prälactealer) Dentitionen vorhanden, denn der labiale Fortsatz ist ein Rest prälactealer Zahnreihe (Fig. 179a, b). Auch lingualwärts setzt sich der obere Zahnleistentheil, der stark verbreitert ist, über dem eigentlichen freien Zahnleistenfortsatze in einen am Ende verdickten Fortsatz fort, so dass gleichzeitig ein jüngerer Ersatzkeim entsteht. Schliesslich löst sich der obere Zahnleistentheil unter Einziehung der Fortsätze von der Zahnanlage ab und wird selb- ständig. Er verkürzt sich, schwillt an und bildet den einfachen verdickten Zahnkeim von M, (M,). Aepyprymmuaus, Unterkiefer. Stadium VI (7,8 cm Gesammtlänge). Auch auf diesem Stadium zeigen sich die zweifachen Epithelleisten selbständig vor der Zahnanlage des Id,. Die höher und mehr lingual gelegene ist kurz und wird zur Epithelperle, die unter ihr liegende ist lang, gekrümmt, stark verwischt und mit kurzen Aus- läufern versehen. Sie steht bisweilen durch zwei Brücken mit dem Epithel der Mundhöhle in Verbindung. An ihrem freien, mitunter verdickten Ende finden sich kleine Ausläufer mit Schmelzscheiben. Die Anlage von Id, kommt mit dieser reducirten Zahnleiste nur ganz kurze Zeit in Berührung. Id, besitzt die meisten Hartgebilde, seine Anlage reicht schon unter die Mitte von M, (Prd,). M, (Prd,) ist mehr als Prd, verkalkt, aber bei beiden erscheint die Ablagerung von Schmelz und Dentin nicht sehr stark. M, (M,) ist glockenförmig, M,; (M,) steht auf dem kappenförmigen Stadium. Ueber Prd, liegen wenige Zahnleistenreste, die zum Theil mit dem Mundhöhlenepithel in Ver- bindung. stehen. Ein kleiner lingualer Zahnleistenfortsatz oberhalb der Anlage von Prd, ist angedeutet. Der stark kolbenförmige Zahnkeim von Prd, liegt auf beiden Kieferhälften verschieden. Auf der linken Kieferhälfte befindet er sich lingual unterhalb des distalen Theiles von Prd,, während sein Zahn- keim auf der anderen Hälfte ganz in den Bereich von M, (Prd,) übergegangen ist. Zwischen M, (Prd,) und M, (M,), mehr oberhalb des vorderen Theiles von M, (M,), tritt die Zahn- leiste wieder auf, nachdem sie im Bereiche von M, (Prd,) nicht vorhanden war. Sie steht zum Theil mit dem Epithel der Mundhöhle in Verbindung, ist am oberen Ende verdickt und besitzt lingual des unteren Endes einen kolbenförmig verdickten Fortsatz. Die Zahnkeimreste liegen frei im Bindegewebe und bilden das Rudiment des überzähligen M,. Im Bereiche von M, (M,) ist die Zahnleiste stark und deutlich, zumal ihr oberer Theil ein wenig verdickt, solange sie frei gelegen ist. Tritt sie mit der Anlage von M, zusammen, so wird sie länger und 177 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 365 schmäler. Im Verlaufe zweigt sich ein reducirter lingualer Fortsatz über M, (M,) vom Zahnleistenhals ab. M;, (M,) folgt als kappenförmige Zahnanlage auf M, (M,). 4Aepyprymnaus, Unterkiefer. Stadium VII und VIII (11,5 und 14,5 cm Gesammtlänge). Epithelperle und Zahnleiste liegen im vordersten Theile lingual und oberhalb der stark verkalkten Anlage von Id,. Beim Stadium VII ist die Epithelperle reducirt; anfangs frei, tritt sie später mit der zerfallenen Zahnleiste in Verbindung. Der Zerfall der Zahnleiste und ihres freien Endes ist hier besonders stark ausgeprägt. Eine reiche EinngetsneN ge Verästelung der Zahnleiste wird von kleinen Epithelperlen begleitet. Sämmtliche Epithelzellen sind ver- kümmert. Im VII. Stadium finden sich an Stelle der Zahnleiste nur noch feine, strichweise verlaufende, reducirte Epithelzellen. Eine grössere Epithelperle liegt frei über dieser zerfallenen Zahnleiste. Die Verkalkung der Zahnanlagen ist überall vorgeschritten und hat beim Stadium VIII den grössten Vorsprung genommen. M, (M,) tritt nur beim Stadium VIII auf und ist erst ein knospenförmiger Zahn- keim. M, (M,) entwickelt sich im Unterkiefer noch später als im Oberkiefer. Prd, ist bei beiden Stadien bereits glockenförmig entwickelt und zum Theil verkalkt, sein Zahnleistenfortsatz lingual kurz und reducirt. Die Anlage dieses Ersatzzahnes liegt unterhalb des distalen Endes von Prd, und des proximalen Theiles von M, (Prd,), also zwischen beiden Zahnanlagen. M, (M,) hat bei VIII die Glockenform erreicht, während sein Zahnkeim bei VII noch knospenförmig mit einer geringen Andeutung zur Einstülpung war. Von den übrigen Zahnanlagen ist die von Id, am weitesten verkalkt, ihr folgen M, (Prd,), M, (M,). Die Zahnleiste tritt im Bereiche der Antemolaren und des ı. Molaren (Prd,) sehr selten auf, und dann nur in Resten. Beim Stadium VII liegen die deutlichsten Reste zwischen M, (Prd,) undM, (M,). Es zeigen sich oberhalb des hinteren Endes von M, (Prd,) an der reducirten Zahnleiste mehrfache, verschieden grosse Epithelperlen. Die Zahl dieser Perlen beträgt sechs, sie liegen nahe der Mundhöhle theils hinter, theils neben einander, stets in Begleitschaft von Epithelzellen. Es sind die Ueberreste des überzähligen M,. Ihnen folgen einfache Zahnleistenstücke, mit denen sich über dem vorderen Ende von M, (M,) und etwas vor ihm ein labial gerichteter, lang; gestreckter Zahnleistenfortsatz mit verdicktem freien Ende verbindet, welcher alsdann in der Serie fortlaufend über M, (M,), bald stärker oder schwächer entwickelt, bald stark ver- ändert, immer wieder aufzufinden ist (siehe Fig. 180, 181). M, (M,) hängt noch mit der Zahnleiste zu- sammen, ein kurzer, reducirt verdickter lingualer Fortsatz zweigt sich über M, (M,) vom Zahnleistenhals ab. Oberhalb des vorderen Theiles von M, (M,) ist mit dem labialen Fortsatz bereits eine Veränderung vor sich gegangen. Es liegt hier an Stelle des mittleren Theiles dieser Fortsätze eine grosse, unverkalkte Epithelperle (Fig. 180), die noch mit dem verdickten Ende des labialen Fortsatzes zusammenhängt. Das freie Ende des Fortsatzes hat sich ein wenig verschoben. Auch lingual der Zahnleiste erscheint späterhin über dem bereits erwähnten lingualen Fortsatz ein stark kolbig verdickter Fortsatz (Fig. 181). Zugleich zeigt sich auch hier wieder der lange, labialwärts gerichtete Zahnleistenfortsatz unverändert, während vom Zahnleisten- hals labiale kleine Ausläufer abgehen. Später verliert sich der stark linguale obere Fortsatz, er bleibt kurz und unverdickt bestehen. Schliesslich schrumpft die Zahnleiste sammt ihren Fortsätzen zu einem kolben- förmigen Zahnkeim zusammen, der als die erste Anlage von M, (M,) über M, (M,) liegt. Wir haben also beim Stadium VIII im Bereiche des M, (M,) sowohl linguale wie labiale reducirte Zahnkeime, von denen die ersteren Ersatzkeimen verschiedener Dentitionen, letztere prälactealen Resten gleichkommen. Auffallend ist der stark kolbenförmige Ersatzkeim jüngerer Dentition, welcher über dem eigentlichen lingualen Zahnleistenfortsatz liegt. Wie bei Antemolaren und Molaren mancher Species hat sich auch hier die jüngere Dentition besser erhalten als die ältere. Jenaische Denkschriften. VI. 23 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 47 366 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 178 Aehnliche Zahnleistenreste finden sich im Stadium VIII oberhalb des distalen Theiles von M, (M,) und des proximalen Endes von M, (M,) sowie zwischen beiden Zahnanlagen. Auch hier treten die Reste constant auf, sind aber weniger complicirt. Noch im Bereiche von M, (M,) zeigt sich eine selbständige, am oberen Theile verdickte Zahnleiste mit labialwärts abgehenden Epithelperlen. Nach dem Aufhören der oberen Verdickung bilden sich kurz vor dem Bereiche von M, (M,) die labialen Perlen zu einem langen Fortsatz aus; dieser labiale Fortsatz ist in seinem Erscheinen über M, (M,) constant; ausserdem liegen unter ihm noch zwei weitere, kleinere labiale Ausläufer, die aber nicht beständig sind. Der labiale Fortsatz ist übrigens wie auch über M, (M,) vom Stadium VII mit der sog. labialen Epithelleiste bei Phascolaretus identisch. Die Zahnleiste verbindet sich mehr nach hinten mit der Anlage von M, (M,), das freie Ende wächst lingual der Anlage weiter und verdickt sich ein wenig. Gegen Ende von M, (M,) schwillt der obere Theil der Zahnleiste von neuem an, das untere Ende verkürzt sich, so dass schliesslich ein einfacher Zahnkeim über M, (M,) entsteht, welcher dem oberen Ende der Zahnleiste entspricht und ein wenig ein- gestülpt ist. Dieser Zahnkeim löst sich von der Anlage des M, (M,) ab und liegt als Keim von M, (M,) isolirt über M, (M,). Die Zahnleistenreste mit ihren Verdickungen und Fortsätzen zwischen M, (M,) und M, (M,) erscheinen schon deshalb nicht ganz bedeutungslos, weil sie auch im Oberkiefer auftreten und zwischen M, (Prd,) und M, (M,) Aehnliches zu sehen ist. Wir haben schon vorher gezeigt, dass zwischen M, und M, (M,) auf jüngeren Stadien Reste auftreten, die in Uebereinstimmung mit den Befunden bei allen Stadien auf Reste verloren gegangener Backzähne schliessen lassen. Mit den bei VIII zwischen M, (M,) und M, (M,) auftretenden Resten der Zahnleiste ist der Befund vom Stadium V zu vergleichen (Fig. 179a, b). Dort löste sich gegen Ende von M, (M,) ein labialer Fortsatz von der Zahnanlage ab, wie überhaupt der obere Theil der Zahnleiste dicker wurde und eine grössere Selbständigkeit verrieth. Die Befunde von VIII lassen darauf schliessen, dass dieser Theil nach stärkerer Entwickelung von M, (M,) selbständig weiter wächst. Der labiale Fortsatz ist geblieben, der linguale, obere durch Epithelperlen angedeutet. Vielleicht mögen diese Reste gleich denen zwischen M, (Prd,) und M, (M,) auf eine frühere Zahnanlage hinweisen, die zwischen M, (M,) und M, (M,) vor Zeiten bestanden hat. Ihre Verbindung mit M, (M,) sowohl wie mit M, (M,) deutet darauf hin, dass diese Zähne früher weiter auseinanderlagen und erst durch ihre Grössenzunahme den Untergang des zwischenliegenden Backzahnes herbeigeführt haben. 4depyprymnus rufescens GARROD. Zusammenfassung. Im Ober- wie Unterkiefer von Aepyprymnus rufesceens GARR. legen sich ebenso wie bei allen vorher untersuchten Species der Beutelthiere weit mehr Zahnkeime ontogenetisch an, als in Wirklichkeit zur Entwickelung gelangen. Es sind das Zähne, die den fossilen Befunden und der vergleichenden Anatomie entsprechend, den Vorfahren dieser Species als functionsfähige Organtheile nicht gefehlt haben. Es handelt sich besonders um die Reihe der Antemolaren, in deren Gebiet zumal bei den Diprotodontiern die grössten Umwälzungen durch Specialisirung der Einzelzähne und Verkürzung der Kiefer stattgefunden haben. Wie aus den bisherigen Darstellungen hervorgeht, giebt hierfür Aepyprymmus ebenfalls ein gutes Beispiel. Die hohe Specialisirung des zur Zeit in der Prämolarenreihe allein functionirenden Prämolaren hat nicht nur eine besondere Art des Ersatzes, sondern auch eine grosse Verminderung der Zähne bewirkt. Von den beispielsweise im Oberkiefer sich frühzeitig anlegenden 9 Antemolaren (Id!—Id®, Cd, Prd'—Prd®) kommen nur 4 zur vollständigen Entwickelung. Alle anderen Zahnkeime gehen zu Grunde und treten mehr oder weniger entwickelt in den einzelnen Stadien immer wieder auf. 179 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 367 Auf Grund vorliegender Untersuchung stelle ich für Aepyprymnus rufescens folgende Zahnformel auf: Id 1.2345 0491 pa? 34yl2 3 Sa; I DIE TI2W3: r für die überhaupt zur Anlage kommenden Zähne. (M > wurde in seiner ersten Entwickelung nicht beobachtet, doch ist die Notwendigkeit seiner An« lage aus dem permanenten Gebiss zu entnehmen.) 23.052 o GH. Ko BI, N Er 5 Id 3.88 Cd. = Prd © © 6 M DASA für das nicht gewechselte (M re Prd Fr) 20335 [6) & © OA, OR ih Kuh 5 Id ©. % © 6 Cd 5 Prd 2.08 A M a E für das persistirende Gebiss. Id* scheint vor nicht zu langer Zeit verschwunden zu sein. Nach seinem Auftreten als Zahnkeim in Kappenform zu urtheilen, mag sich der Zahn hier und da wohl noch ganz entwickeln. Seine Anlage beweist aber im Gegensatz zu Woopwarp’s Ansicht, dass einer der ausgefallenen Id nicht Id’, sondern Id ist, ebenso wie die Reste der Anlage von Id! (Fig. 170 und 178) zeigen, dass der erste Id zu Grunde gegangen ist. Nach Woopwarp fehlen Id?, Id® und Id, da er die Zahl von 6 Schneidezähnen im Oberkiefer annimmt, nach meinen Befunden Id! und Id‘. Der Caninus, welcher bei anderen Species bisweilen auf- tritt, ist bei der hier vorliegenden Gattung durchgängig verloren gegangen. Reste seiner Anlage treten noch auf. Als weiteres Moment ist festgestellt, dass der sog. Milch(prä)molar der erste Molar ist, während der Ersatzzahn durch den 4. Prämolaren der ersten Dentition gebildet wird, der in die Tiefe wächst. Diese Thatsache, welche ich bereits bei den vorhergehenden Species der Diprotodontier hervorgehoben habe, wird durch die verschiedenen Stadien des Aepyprymmus bestätigt. Um ganz sicher zu gehen, habe ich ausserdem den Kopf eines Stadiums (6,2 cm Gesammtlänge) in sagittale Schnitte zerlegt. In diesen liegt der Ersatzkeim des Prämolaren zwischen Prd, und M, (Prd,), und zwar auf der einen Kieferhälfte mit Prd,, auf der anderen mit M, (Prd,) verbunden. Der Ersatzkeim hängt mit dem Schmelzorgan der benach- barten Zähne zusammen und hat die gleiche Lage inne, welche die auf einander folgenden Anlagen der Molaren zu einander besitzen. Es liegt daher kein Grund vor, diesen Ersatzprämolaren einer anderen als der Milchdentition zuzurechnen. Der Ersatzzahn gehört also der gleichen Zahnreihe wie der sog. Milchprämolar an, er ist ein Milch- zahn und wird nicht aus dem lingual von M, (Prd,) gelegenen freien Zahnleistenende gebildet. Freie Zahnleistenenden finden sich lingual aller Zahnanlagen mit Ausnahme der beiden letzten Molaren, deren Anlagen entweder das kolbenförmige Stadium noch nicht überschritten haben oder über- haupt noch nicht vorhanden sind. Theilweise sind die wenig verdickten Enden von vornherein in Reduction begriffen oder nur kurze Zeit deutlich kolbenförmig verdickt, theilweise treten sie sehr spät auf, nachdem bereits die Verkalkung der labialen Anlagen begonnen hat. Dieses ist bei den oberen Id® und Id? der Fall, bei denen sich anfangs lingual ihrer glockenförmigen Zahnkeime kein Fortsatz, sondern eine ver- dickte Wand bemerkbar machte. Es zeigte sich, dass diese Verdickung durch ein Verwachsen des freien Zahnleistenendes mit der lingualen Seite der Zahnanlage zu Stande kommt (Fig. 171). Aus diesem Grunde tritt das angeschwollene freie Ende, welches der zweiten oder Ersatzdentition entspricht, nicht rechtzeitig auf. Das später erscheinende, kolbig verdickte freie Zahnleistenende entspricht vielleicht einer späteren, dritten Dentition, oder es ist nur ein Theil der Ersatzdentition. Bei Id’ kann die Lage dieses Fort- satzes für diese Ansicht sprechen, bei Id? dagegen treten zwei Fortsätze auf, die, beide zerfallen, einem Reste der zweiten und der dritten Dentition gleichkommen. Hier ist die Verwachsung von erster und zweiter 23* 47* 368 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 180 Dentition eine unvollkommene (Fig. 174), da später noch ein schwacher Rest der zweiten Dentition auftritt. Auch die dritte ist im Zerfall. Nirgends, selbst nicht in der Gegend der oberen Incisivi deutet der linguale Zahnleistenfortsatz mit seinem Ersatzkeime auf eine Weiterentwickelung. Im Vergleich zu anderen reducirten Zahnkeimen erster Entwickelungsstufe, die den Rest früher entwickelter Zähne vorstellen, sind sämmtliche lingual der Anlagen von Aepyprymnus gelegenen reducirten Zahnkeime nur Ueberreste von einst bei den Vorfahren entwickelten Zahnanlagen. Gerade das unregelmässige und verspätete Auftreten der verdickten freien Zahnleistenenden spricht dafür, dass wir eine abgefertigte Zahnreihe und keine sich neu entwickelnde vor uns haben. Manche dieser Zahnleistenfortsätze ist schon bei seinem ersten Auftreten rudimentär und erlangt während der ganzen Beutelperiode keine ausgesprochene Entwickelungsstufe. Andererseits bleibt der Fortsatz längere Zeit hindurch kolbenförmig verdickt, wie dieses bei dem unteren Schneidezahn der Fall ist. Aber diese Ver- dickung wird an sich schon durch reducirte Epithelzellen gebildet und führt schliesslich zur Entwickelung von kleinen verkalkten Perlen, was meiner Ansicht nach nur für den gänzlichen Zerfall des Zahnkeimes sprechen kann. Das Auftreten lingualer Zahnleistenfortsätze bei den Molaren ist nichts Neues mehr, aber ist um so mehr ein Beweis von der Beständigkeit im Erscheinen dieser reducirten Zahnkeime, da diese lingualen Ersatzkeime neben den Molaren bereits bei den meisten vorher besprochenen Arten vorkommen. Wie bei diesen Zähnen der Ersatz wegen ihres späten Erscheinens und ihrer kräftigen Entfaltung überflüssig wurde, ist der gleiche Fall bei allen Zähnen der Beutelthiere eingetreten. Id,, der einzige Schneidezahn des Unterkiefers, entspricht drei verschiedenen Id-Anlagen. Sein Zusammenhang mit drei Epithelleisten ist hauptsächlich im Unterkiefer der jüngeren Stadien nachzuweisen (vergl. die Befunde bei Trichosurus). Von diesen drei Leisten tritt die erste ständig alle Stadien hindurch als Epithelperle auf, die zu keiner weiteren Entwickelung kommt. Sie ist der Rest von Id,. Die zweite Leiste verwächst meist ganz mit der dritten und kommt zu gar keiner selbständigen Entwickelung. Sie ist die Leiste für Id,. Die dritte schliesslich gehört dem sich entwickelnden Id; zu. Es ist somit höchst wahrscheinlich, dass in diesem grossen Zahne mehrere Anlagen verwachsen sind, jedenfalls aber ist das Material dreier unterer Id, und zwar der drei ersten, zum Aufbau dieses grossen Zahnes verwendet worden. Zum grössten Theil aber gehört der Schneidezahn der Zahnanlage des dritten Incisivus zu. Sein Zahnkeim entwickelt sich sehr schnell, er wächst zu einem immerwachsenden Zahn heran, welcher sich weit in den Kiefer erstreckt. Wie ungleich die Lage seines Zahnkeimes und Schmelz- organes im Kiefer ist, zeigen die Befunde. Ebenso ungleichartig aber ist auch das Entwickelungstempo aller Anlagen unter sich. Manche Anlage wächst schneller als die andere, und doch gehören sie einer Dentition zu. Id, entwickelt sich viel schneller als Prd, und M, (Prd,), trotzdem der Zahnkeim knospen- förmig war, wo Prd, bereits die Kappenform besass. M, (Prd,) entwickelt sich schneller als Prd,, obwohl sein Keim sich später anlegt. Ob der lingualen seitlichen Verdickung der Wandung von Prd,, wie sie z. B. beim Stadium V (7,0 cm Gesammtlänge) eintritt, eine Bedeutung zufällt, ist fraglich, aber immerhin anzunehmen. Jedenfalls liegt der Zahnleistenfortsatz lingual von Prd, im Unterkiefer anders als im Oberkiefer. Er liegt ganz oberhalb der Zahnanlage und geht direct von der Zahnleiste ab, während das im Oberkiefer nicht ganz der Fall ist; voraussichtlich stellt auch hier die linguale Verdickung eine Zuthat des lingualen Zahnleistenfort- satzes vor, der zum Theil oder gänzlich mit der Anlage von Prd, verwachsen ist. M, (Prd,) hat nur beim Stadium III einen ausgesprochenen lingualen Zahnleistenfortsatz, Stadium IV zeigt schon ganz zerfallene Reste. Weiterhin tritt er nicht mehr auf. M, (M,) hat einen sehr deutlichen lingualen Fortsatz. Alle diese Fortsätze gehen innerhalb der Molaren wie theilweise auch innerhalb der 1Sı Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 369 Antemolaren direct vom Zahnleistenhals ab, sie berühren die labiale Zahnanlage nicht. Das ist besonders im Unterkiefer der Fall. Die letzten Molaren entwickeln sich nur scheinbar aus den Zahnleistenfortsätzen der in der Serie vorhergehenden Molaren. In Wirklichkeit sind ihre Zahnkeime verdickte und verkürzte Zah n- leistentheile, die zum Theil mit den vor ihnen liegenden Molaranlagen verbunden sind, aber der ersten Dentition ensprechen. Hierin bin ich anderer Ansicht als WOoODWARD, welcher diese Molaren der zweiten Dentition zurechnet (62). Anzeichen sog. prälactealer Zahnleistenreste finden sich labial der Zahnanlagen sowohl der Ante- molaren wie Molaren, auch neben Prd 3, Prd 4 undM ı (Prd 5). Sie gehen meist in Form von Ausläufern labial der Zahnleiste ab und treten mit Ausnahme im Gebiete der Molaren zu der Zahnanlage in keine directe Beziehung. Ein echter labialer Zahnkeim in Kappenform und im kolbenförmigen Stadium findet sich nur labial des distalen Theiles von Id? im Oberkiefer. Er ist unverkalkt. Weniger ausgebildet ist dieser Zahnkeim labial von Id?’ und Prd?. Der Zahn von Id? ist zweizackig. Die linguale Zacke wird durch die Verwachsung des lingualen Zahnleistenendes mit der lactealen Zahnanlage gebildet. Die Annahme von WooDwArD, dass den Diprotodontiern die oberen Schneidezähne Id?, Id®, Id> fehlen und ursprünglich 6 obere Schneidezähne bestanden haben, kann ich nicht bestätigen. Nach meinen Beobachtungen legen sich bei Beutelthieren überhaupt im Allgemeinen nur 5 obere Incisivi an, und bei der Familie der Diprotodontier ist von diesen 5 der I. und 4. Id ausgefallen. Von Interesse und für die Erklärung des eigenartigen Zahnwechsels wichtig ist die Lage von Id® zu Id? ebensowohl wie die Raumbeengung des mittleren Kiefertheiles und das Nachvorndrängen des 3. Prämolaren. Id? und Id? liegen so zu einander, dass Id’ sehr wohl für einen Ersatz von Id? gelten kann und auch wohl sein würde, wenn sich der Kiefer später nicht dehnen würde. Aber sie zeigen, wie ein derartiger Ersatz zu Stande kommen kann. Die Anlage des 5. Molaren gehört einem älteren Stadium als meinem VIII. an. Ich bin aber über- zeugt, dass dieser Molar ebenso wie alle vier vor ihm liegenden der ersten Dentition zugehört und sich ähnlich wie M* (M3) anlegt. Die labialen Fortsätze neben den Anlagen der Molaren sind, wie Phascolarctus es deutlich gezeigt hat, Reste prälactealer Dentition. Gleichwohl aber haben die Molaren Theile prälactealer wie zweiter Dentition in ihrer Anlage, und diese Theile führen zur Verstärkung der Zahnanlage sowie unter Umständen zur Ent- wickelung einer Nebenzacke. Ein immer wiederkehrender rudimentärer Zahnkeim eines ausgefallenen Molaren (M o) zeigt sich zwischen den Anlagen vonM ı (Prd 5) undM 2 (M 1). Weniger deutlich waren derartige Reste eines zweiten überzähligen Backzahnes zwischen M 2 (M ı) und M 3 (M 2) zu sehen. Ueberreste dritter und noch jüngerer Dentition sowie Verwachsungsvorgänge während der Zahn- entwickelung sind auch bei Aepyprymnus im Bereiche der vorderen Molaren am Platze. Wie die geringe Entfaltung der überzähligen Zahnkeime es beweist, ist die Zahnentwickelung von Aepyprymnus rufescens bereits zu einer vollkommeneren Specialisirung gelangt als die der vorher besprochenen Diprotodontier. Das Herbivorengebiss hat sich also eher bei dieser Species eingestellt und einen bestimmteren Charakter erhalten. Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 182 (09) SI ° Gesammtergebniss. Der Werth, welcher den vergleichenden Untersuchungen der Zahnsysteme besonders in ontogenetischer Hinsicht im Reiche der Wirbelthiere und speciell im Gebiete der Säugethiere zufällt, und welcher im Laufe der letzten Jahre in Bezug auf die Prüfung biologischer Fragen immer mehr an Bedeutung gewonnen hat, erhält, wie wir gesehen haben, auch durch die vielfachen Befunde in der Entwickelungsgeschichte des Zahn- systems der Beutelthiere eine neue Bekräftigung. Die Ontogenie des Beutlergebisses ist so reich an ererbten functionslosen Theilen, dass deutlicher als je das Uebergewicht des Gebisses gegenüber anderen Organ- systemen in Bezug auf directen Vergleich von „Ontogenese und historischer Phylogenese“ hervortritt. Von diesem Gesichtspunkte aus ist daher vor allem an die Deutung der Befunde vorliegender Unter- suchungen heranzugehen. Die Resultate erscheinen uns in vielfacher Hinsicht interessant; einmal bietet ihre reichliche Fülle Gelegenheit, allgemeine Schlüsse für die Entwickelung des Beutelthiergebisses selbst zu ziehen, zweitens aber vermögen wir mit ihrer Hülfe auch auf die Entstehung des ganzen Säugethier-Zahnsystems mehr ein- zugehen und die brennenden Fragen näher zu beleuchten. Die das Zahnsystem der Marsupialier allein betreffenden Streitfragen gliedern sich von selbst in verschiedene Gruppen. Sie berühren die Gesammtstellung dieses Thierstammes und die seines Gebiss-Systems zu der der Placentalier, den Vorgang der Entwickelung der abweichenden Gebissformen der einzelnen Species, sowie die Entstehung und die Erklärung des Monophyodontismus aller Beutelthiere, ihren eigen- artigen und normalen Zahnwechsel, und mit diesem zusammenhängend, die Stellung der zweiten oder Ersatz- dentition gegenüber der Milchzahnreihe. Der letzte Punkt führt zusammen mit den speciellen Fragen, wie den prälactealen und postpermanenten Dentitionen, der Concrescenztheorie, der Entstehung echter Molaren zugleich in das Gebiet der höheren Säugethiere über. Die Hauptfragen in der Zahnentwickelung der Beutelthiere haben früher im Allgemeinen eine bestimmtere Beantwortung erhalten als in letzter Zeit, wo durch weitere Untersuchungen manches scheinbar schwankend geworden ist. Es wird nicht allein der Diphyodontismus der Säugethiere auf Grund des Mangels einer vollständigen Ersatzdentition der Marsupialier als etwas neu Erworbenes hingestellt, sondern auch neuerdings die lacteale Natur des persistirenden Gebisses der Beutelthiere bezweifelt. Beide Fragen erhalten einen um so höheren Werth, als sie bei ihrer Beantwortung das Zahnsystem nicht nur der Beutel- thiere allein, sondern des ganzen Säugethierstammes in Betracht ziehen. Beide Fragen sind aber anderer- seits vielleicht über ihre Bedeutung hinaus in der letzten Zeit anderen wichtigeren Fragen gegenüber in den Vordergrund getreten, was von dem Neuerwerb der zweiten Dentition im Reiche der Säugethiere um so mehr gilt, als es, wie LECHE sagt, viel wichtiger ist, nachzuweisen, dass nicht allein regressive, sondern auch progressive Entwickelungsvorgänge das Zahnsystem der Säugethiere beherrschen. Bei einem Vergleich der verschiedenartigen Thiergruppen, die hinsichtlich ihrer Zahnentwickelung untersucht wurden, ergiebt sich für die ganze Beutelthiergruppe ein einheitliches Gebiss. Alle Gebisse lassen sich von einem Grundgebiss ableiten, das den Beutelthieren ursprünglich eigen war. Die veränderten Gebissarten der Poly- und Diprotodontier sind eine secundäre Erscheinung, eine Neuerwerbung durch den Kampf ums Dasein. Das Gebiss der ältesten und ausgestorbenen Beutler ist ein insectivorenähnliches gewesen. Es legt sich jedes Gebiss heute noch insectivorengleich an und verliert diesen Charakter erst bei der weiteren Entwickelung. 183 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 371 Die Entstehung aller Beutelthiergebisse aus einer Grundform ist vor längerer Zeit bereits, besonders durch THomas, auf vergleichend-anatomischem Wege nachgewiesen worden. THomas stellte, wie es in der Einleitung betont wurde, als Grundformel für das Beutlergebiss den Typus gal2ard auf. Heute ist dieser 2 SITRAYTA: Vorgang der Entstehung direct ontogenetisch nachzuweisen; er zeigt sogar, dass die ursprüngliche Anzahl der Zähne eine noch höhere gewesen ist, und wir für den Urtypus des Beutlergebisses die Formel KR SUTDIOHO) oder oder 7 ——-— 5. I. 4. 6. (5) Bar: 5. 5.06), (6) Ueberzählige Zahnkeime im Gebiss der Beutelthiere, insbesondere der Diprotodontier, welche !der annehmen können. persistirenden Zahnreihe zuzurechnen sind, bilden mit auffälliger Uebereinstimmung in ihrem steten Auftreten durchgängig eine Eigenart. Insgesammt lassen sich diese Reste mit den persistirenden Zähnen zu einer Formel zusammenstellen, welche der oben genannten gleichkommt. Die Diprotodontier scheinen den Poly- protodontiern gegenüber ältere Zustände im Gebiss bewahrt zu haben. Diese Reminiscenzen beziehen sich nicht sowohl auf das Auftreten überzähliger Zahnkeime erster Dentition, sondern besonders auch auf die constanten Reste prälactealer und sog. dritter Dentition, auf die später näher einzugehen ist. Die Diprot= odontier lassen sich daher den ältesten fossilen Beutelthiergruppen mit zahlreichen Zähnen eher näher bringen als die Polyprotodontier, obwohl ihr Gebiss weit mehr verändert ist als das der insectivoren Poly- protodontier; denn trotz der Einfachheit des äusseren Gebisses der Perameliden z. B. bewahren diese keine so alten Zustände wie die Diprotodontier. Das Insectivorengebiss war bei den Marsupialiern, wie gesagt, das Ursprüngliche. Auch dieses geht aus seiner Entwickelungsgeschichte hervor, da selbst für das Gebiss der Diprotodontier der ursprüngliche Insectivorentypus inseiner ganzen Anlage nachweisbar ist. Zugleich aber zeigen die häufig auftretenden überzähligen reducirten Zahnanlagen erster Dentition, dass der Umwandlungsprocess der einzelnen Gebiss- arten aus dem ursprünglichen Typus bei den Diprotodontiern heute noch nicht beendigt ist und im Gegen- satz zu den verschiedenen Gebissarten der höheren Säuger noch keinen Abschluss gefunden hat. Bei den Nagethieren und Wiederkäuern beispielsweise finden sich gar keine oder nur geringe Reste überzähliger Zahnkeime, ja selbst die Zahnleiste ist im Bereiche der ausgefallenen Zähne meistens gänzlich verschwunden. Bei einem Vergleich dieser Säugergebisse mit dem nager- und wiederkäuerähnlichen Gebiss mancher Diprotodontier muss daher der gewaltige zeitliche Unterschied in dem Entwickelungsgang der einzelnen Gebissformen auffallen, welcher zwischen Entstehung und Vollendung dieser Gebissformen bei Placentaliern und Marsupialiern besteht. Die Diprotodontier sind mit ihren Gebissformen weit jünger als die Placentalier mit homologem Gebiss. Eine Ableitung der Nagethiere oder Wiederkäuer von homologen Beutelthier- gruppen ist somit vollkommen ausgeschlossen, eine Ansicht, die übrigens schon seit langem gegenüber der älteren, entgegengesetzten eine fast allgemeine geworden ist. Die Ontogenie giebt den directen Beweis für die Richtigkeit dieser Ansicht. Die Beutelthiere sind überhaupt wohl eine abseits stehende Säugethier- gruppe, welche nicht als directe Vorfahren der Placentalier aufzufassen sind, sondern sich als eine Parallel- gruppe dieser höheren Säuger von reptilienähnlichen Vorfahren ableiten. Gerade die Entwickelung des Beutelthiergebisses mit seinen altererbten Ueberresten, seinem anormalen Zahnwechsel und der fehlenden zweiten oder Ersatzdentition spricht für diese Annahme. Was das Gebiss der Beutler kennzeichnet, die Eigenart der Persistenz einer Dentition zeitlebens, welche durch das Beutelleben allein erworben wurde, fehlt normaler Weise den höheren Säugern. Die Entstehung des differenten Gebisses der Placentalier mit seinem ausgesprochenen Zahnwechsel, also die Entstehung des Diphyodontismus, ist in die gleiche Zeit- periode zu verlegen, wie die vollkommene Entwickelung des monophyodonten insectivorenähnlichen Beutel- thiergebisses mit seinem stark beschränkten, heute noch theilweise vorhandenen Zahnwechsel des letzten 372 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 184 Prämolaren. Zu der Zeit, wo die direkten Vorfahren der heutigen Marsupialier ein insectivorenähnliches, weit mehr homogenes Gebiss mit beschränktem Zahnwechsel besassen, hat bereits der Diphyodontismus im differenten Gebiss der Placentalier bestanden. Die Marsupialier besassen also zu der Zeit schon mit Aus- nahme des Pr 4 ein monophyodontes Insectivorengebiss. Trotzdem ist es anzunehmen, dass beide Gruppen ungefähr gleichzeitig aus einer gemeinsamen Vorfahrengruppe entstanden sind, welche einen mehrfachen Zahnwechsel besass. In Folge besonderer Ausbildung verschiedenartiger Organtheile (des Uterus einerseits und des Beutels andererseits) hat sich das Gebiss divergent in Bezug auf seine Dentitionen entwickelt. Eine Gleichartigkeit des Gebisses in der äusseren Form, welche beiden Säugethiergruppen in gleicher Weise zu Nutzen kam, wurde durch die erhöhte Blutwärme und veränderte Nahrungsaufnahme herbeigeführt. Die Vererbung des Gebisses mit seinen verschiedenen Zahnreihen und ihrem Wechsel im Wirbel- thierreiche ist eine anerkannte Thatsache. Die Beweise hierfür finden wir bei älteren Autoren, deren Aus- einandersetzungen bekannt genug sind, und auf die ich verweise. In Uebereinstimmung mit diesen Autoren nehme ich an, dass der Zahn phylogenetisch einmal entstanden ist, dass er zugleich mit dem vielfachen Wechsel, bei welchem sich im Laufe der phylogenetischen Entwickelung mit der höheren Differenzirung der Zähne eine Beschränkung und schärfere zeitliche Sonderung geltend macht, vererbt wurde. Das bereits von HERTwIG (12) erkannte und durch KÜRENTHAL (20) neuerdings weiter ausgebildete und scharf präcisirte Gesetz der Reduction der Zahnzahl und Dentitionen unter zunehmender Specialisirung der Einzel- zähne lässt sich überall erkennen und beweisen. Mit erhöhter Ausbildung der Zähne stellt sich ein beschränkter Zahnwechsel ein, es entsteht bei den Säugern mit der Heterodontie der Diphyodontismus und Monophyodontismus. Die Beschränkung in der Zahl der Zahnreihen betrifft vor allem das Gebiss der Säugethiere. Erst durch diese Beschränkung der Dentitionenzahl erhält jede Zahnreihe zeitlich und örtlich schärfer zu bestimmende Abstufungen, so dass es mit ihrem Eintreten möglich wird, von scharf gesonderten Zahnreihen und streng getrennten Zahngenerationen zu reden. „Die mehr ausgebildeten Zähne werden sowohl der Form als auch der Zeit nach differenter.“ Somit sind die Zahnreihen der Säugethiere mit denen der Vorfahren direct nicht zu vergleichen, sondern sie sind diesen gegenüber mehr vollendeter und complicirter geworden, um schliesslich in eine gewisse Starrheit überzugehen. Dieses „Starrwerden“ der einzelnen Dentitionen (RoEsE) tritt um so eher ein, je zeitiger sich das einzelne Gebiss des betreffenden Individuums specialisirt. Die wenigen Zahnreihen der Säuger sind vielen Reihen der Vorfahren homolog, zwei oder selbst nur eine Dentition enthält das Zahnleistenmaterial von mehreren ererbten Dentitionen niederer Wirbelthiere. Directe Verwachsungen verschiedener Zahnkeime verschiedener Dentitionen beweisen diese bereits von KÜKENTHAL (I8, IQ) vertretene Ansicht auch ontogenetisch. Die Anwendung des Ausdruckes „Dentition“ ist allmählich eine weitgehende geworden. Ursprünglich bedeutet er nichts weiter als „Zahnung“, also an und für sich nur den physiologischen Vorgang des Durchbruchs der Zähne. Mit der Zeit aber hat sich diese eng begrenzte Bedeutung erweitert, indem unter Dentition nicht allein der physiologische Vorgang des Durchbruchs der Zähne verstanden wird, sondern dieser Begriff zugleich sämmtliche hierbei betheiligten Mitglieder des Gebisses, also die Gesammtheit der zu gleicher Zeit durchbrechenden Zähne einer Zahnreihe umfasst, die alsdann auch zu gleichen Zeiten im Kiefer functioniren. Diejenigen Zähne, welche zur selben Zeit durchbrechen und functioniren, gehören demnach einer Dentition an. „Dentition“ ist also „Zahngeneration“ gleichzusetzen. Nach unseren heutigen Kenntnissen ist jedoch diese Erklärung nicht ausreichend, sondern sie bedarf noch besonderer Einschränkungen. Denn die Schwierigkeit in der genauen Bestimmung, ob dieser oder jener Zahn zu dieser oder jener Dentition gehört, mit anderen Worten, die häufige Unsicherheit in der Bestimmung der Stellung eines Zahnes zu einer bestimmten Zahn- generation liegt einmal darin, dass ausser der falschen Bezeichnung, die dem Gleichsetzen von Dentition und Zahngeneration zu Grunde liegt, die einzelnen Dentitionen der verschiedenen Wirbelthierklassen unter sich nicht gleichberechtigt sind, und zweitens darin, dass der Durchbruch mancher ursprünglich zu der gleichen Dentition gehörigen Zähne später durch zeitliche Verschiebungen in unregelmässiger Weise vor sich geht. Aus dem Durchbruch der Zähne allein kann daher die Stellung der einzelnen Zähne zur gleichen Dentition nicht bestimmt werden, woraus zugleich hervorgeht, dass einer Zahn- generation zugehörende Zähne häufig nicht zur gleichen Dentition gehören. Nur die örtliche Entstehung des Zahn- 185 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 373 neimes an der zenmleisteh nicht die gleichzeitige Entstehung der Zahnkeime öder der gleichzeitige Durchbruch der Zähne allein, sprechen für die Zusammengehörigkeit zu einer und derselben Dentition. Dass selbst hierbei noch örtliche Verschiebungen keanse der Ersatzzahnkeime eintreten, die zu einer falschen Beurtheilung führen können, hat LECHE bereits betont. So ist z.B. die ande Stellung der Zahnanlagen zweier verschiedener Dentitionen zu einander, welche nach SCHWALBE besonders im gi: der Prämolaren der Säugethiere eine grosse Bedeutung spielen soll, eine secundäre Anpassung der Zahnkeime zweiter Diensten an die Raumverhältnisse im Kiefer und nicht durch das Herausdrängen einzelner Zahnkeime aus der ersten Dentitions- zalhe herbeigeführt worden. Sie kann som nicht für einen Scheindiphyodontismus BAUME’s sprechen. Um nun der Ungewissheit, mit welcher man sehr häufig bei der Bestimmung der Stellung eines Zahnes in der Dentitionenreihe zu rechnen hat, so gut wie ganz aus dem Wege zu gehen, ist es rathsam, ausser den vergleichend-anatomischen Studien die Untersuchung einer grösseren Anzahl, auunlez junger embryonaler Stadien einer Thiergattung vorzunehmen, welche nicht nur die allerersten Anlagen der Zähne zeigen, sondern auch zugleich die weitere Entwickelung aller Zahnanlagen verfolgen lassen. Schwieriger noch als die Bestimmung der Stellung einzelner Zähne und Zahnreihen einer Thiergattung oder die Homo- logisirung einzelner Zähne und Zahnreihen nahe verwandter Species ist der Nachweis einer Homologie zwischen Einzel- zähnen und Zahngenerationen innerhalb der Zahnreihen entfernt stehender Säugethiergruppen. Auch alsdann sollte vor allen Dingen die allererste Anlage der Zähne im embryonalen Leben ihre Stellung zu gleichen Dentitionen bestimmen, in ungewissen Fällen aber die vergleichende Anatomie als letzter Prüfstein dienen. Gerade diese zuletzt ganz im Allgemeinen angeführten Zustände zeigen sich bei einem Vergleiche der Zahnsysteme der Beutelthiere und Placentalier. So einfach es gewiss ist, bei allen Zähnen der ver- schiedenartigen Gebisstypen aller Beutelthierspecies, mit Ausnahme des einen Ersatzprämolaren der Poly- protodontier, aus der Uebereinstimmung in der ganzen Zahnentwickelung die Gleichheit ihrer Stellung zu einer Dentition nachzuweisen, so schwierig erscheint es andererseits, den Zusammenhang und die Homologie zwischen dem persistirenden Gebiss der Marsupialier und dem Milchgebiss der Placentalier direct zu beweisen. In der Einleitung habe ich bereits erwähnt, dass ich mich der althergebrachten Ansicht von KÜken- THAL, RÖSE, LECHE etc. anschliesse, nach welcher das bleibende Gebiss der Beutelthiere, wenn wir über- haupt vom Milch- und Ersatzgebiss bei Säugethieren sprechen, dem Milchgebiss der Placentalier gleich- zustellen ist. KÜKENTHAL und RÖsE haben in ihren Arbeiten diese Ansicht von vornherein vertreten und es nicht für nothwendig erachtet, sie in ihrer für sich selbst sprechenden Form noch weiter zu beweisen (14 und 39). LECHE vermag auch nicht anders zu denken, unterwirft jedoch seine gleiche Ansicht einer Kritik, welche er mit den Worten beendet: „Da Argumente gegen die „Milchzahn“-Natur des Pd 3 (Prd 4) nicht angeführt worden sind und kaum angeführt werden können, würden dann ja auch die gleichalterigen Zähne derselben Dentition, also der ersten, entsprechen, und der unbezweifelte Ersatzzahn des Pd 3 (Prd 4), nämlich P3 (P 4), würde dann allein die zweite Dentition repräsentiren‘‘ (26). Auch alle vorhergehenden Untersuchungen sprechen mit Bestimmtheit dafür, dass der Milchprämolar Prd 4 der gleichen Zahngeneration angehört wie alle persistirenden Antemolaren — auch Id? bei Perameles — und Molaren, letztere und theil- weise auch die ersteren erhalten nur labial wie lingual secundär Verstärkungen, so dass also Antemolaren wie Molaren der Marsupialier mit Ausnahme des Pr 4 der Polyprotodontier mit Recht dem Milchgebiss zuzurechnen sind. Diese Thatsache geht aus einem vorurtheilsfreien Vergleich der Zahnentwickelung bei Marsupialiern und Placentaliern hervor und ist ebenso gut durch die vergleichende Anatomie festzustellen und festgestellt worden. Es wäre gesucht und hiesse nur erneute Unklarheiten schaffen, wollte man in der That die persistirende Zahnreihe der Marsupialier nicht mit der Milchzahnreihe der Placentalier homo- logisiren. Wenn es auch versucht worden ist, dieser Anschauung entgegenzutreten, so hat doch bisher keiner einen thatsächlichen Beweis dafür erbringen können, dass die Zahnreihe der Marsupialier mit einer anderen als der lactealen der übrigen Säugethiere zu vergleichen ist. Tıms (55) macht nun neuerdings den Versuch, das bleibende Gebiss der Beutler mit dem Ersatzgebiss der Placentalier zu homologisiren, indem er die prälactealen Reste für die frühere Milchdentition hält und von einem sog. prälactealen Gebiss überhaupt nichts wissen will, aber er übersieht dabei, dass die erste Anlage der persistirenden Zähne der Beutelthiere genau mit der Anlage der Milchzähne der Placentalier übereinstimmt, dass die prälactealen Reste Jenaische Denkschriften. VL 24 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. II. 48 374 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 186 kleine, winzige, ganz amphibien- oder reptilienähnliche Zähnchen sind, die labial ausserhalb des Bereiches der Zahnanlagen der durchbrechenden Zähne liegen und nur als Reste ererbter reptilienähnlicher Dentitionen auf- zufassen sind. Dieses letztere ist nach den vorhergehenden Untersuchungen mit Sicherheit anzunehmen, Darnach zerfällt die sog. prälacteale Dentition in mehrere reptilienähnliche Zahnreihen, welche sämmtlich labial der Anlagen erster Dentition gelegen sind und keinesfalls für Ueberreste einer Säugethierzahnreihe gelten können. Tıus hält einzelne Befunde, welche LECHE bei Myrmecobius und Erinaceus gemacht hat, für übereinstimmend und verlangt alsdann auch die gleiche Deutung. Wenn bei Erinaceus ein labial eines durchbrechenden Zahnes gelegenes verkalktes Zähnchen, welches den labial der persistirenden Zähne von Myrmecobius auftretenden verkalkten Zähnchen nach Ansicht von Tıms durchaus ähnlich sein soll, zur ersten Dentition (Milchzahnreihe) gerechnet wird, warum nicht auch bei Myrmecobius? Tıms übersieht dabei erstens, dass aus der ganzen Zahnentwickelung des Erinaceus die Beobachtung der lactealen Natur der rudimentären Zähne hervorgeht und ausser diesen rudimentären Zähnen erster oder Milchdentition bei den Säugethieren noch Reste prälactealer Dentition vorkommen, und zweitens, dass das Zahnsystem von Erinaceus, eines Placentaliers, und von Myrmecobius, eines Marsupialiers, nicht direkt mit einander zu ver- gleichen ist, da sich ein jedes durchaus anders entwickelt hat. Während in der Dentitionenentwickelung der Placentalier mehr ein progressiver, leicht veränderlicher Process herrscht, der die erste Dentition zum Schwinden bringt, zeigt sich bei den Marsupialiern in dieser Hinsicht von vornherein ein regressives, starres Verhalten, durch welches die lacteale Zahnreihe verstärkt wird. Es offenbart sich in der Erwerbung und Beibehaltung nur einer Dentition, die bereits Jahrtausende lang existirt. Diese eine Dentition aber ist die zuerst von den Säugern erworbene Milchdentition. In Folge des höheren Alters unserer heutigen Beutler und ihrer näheren Verwandtschaft mit den reptilienähnlichen Vorfahren haben sich wie auch in Folge der langsamen Entwickelung der verschiedenen Beutlergebisse veraltete, ererbte Zustände in ihrer Zahnent- wickelung länger und besser bewahrt als bei den Placentaliern, bei denen die Gebissentwickelung einen schnelleren, verkürzten Weg zurückgelegt hat und somit zum Untergang der lactealen Zahnreihe hinüberführt. Wir finden daher bei letzteren, zumal den hohen specialisirten Formen nur spärliche oder keine Reste prä- lactealer, hingegen häufiger Rudimente der reducirten lactealen Dentition. Hervorzuheben ist aber, dass die prälacteralen Reste, wenn sie auftreten, sich gerade bei den ältesten Placentaliern mit wenig specialisirtem Gebiss finden. Sie müssen also mit älteren Zuständen zusammenhängen. WO0DWARD hält übrigens die Ansicht von Tıms für annehmbar, solange der directe Zusammenhang zwischen den wirklichen prälactealen Resten der Placentalier und den sog. prälactealen Zähnchen der Marsu- pialier noch nicht bewiesen ist (65). Meines Erachtens brauchen wir auf diesen Beweis nicht erst zu warten, er ergiebt sich aus der vergleichenden Entwickelungsgeschichte. In der jüngst erschienenen Arbeit von Wırson und Hırr über Perameles wird die Ansicht von Tıms gleichfalls vertreten (58). Trotz der dort sorgfältig vorgebrachten Gründe kann ich mich nicht dieser Anschauung anschliessen, vor allen Dingen weicht auch meine Ansicht über den Werth und die Stellung der sog. prälactealen Reste von der obiger Autoren bei weitem ab. Ich halte die labial gelegenen und von mir als prälacteal bezeich- neten Zahnkeime etc. z. B. bei Perameles nicht der gleichen Zahnreihe für angehörig wie Prd 4, den Milch- prämolaren, sondern einer jüngeren Dentition, der lactealen, schon deshalb, weil labial dieser Zahnanlage Prd 4 sog. prälacteale Ueberreste hier und dort ebenfalls zu finden sind (vergl. Phascolarctus). Im Uebrigen gehen die Einzelheiten aus den Befunden hervor und zeigen die Gründe für meine Ansicht, welche der obigen entgegensteht. Bei den Beutelthieren sind also die in ihrem Gebiss auftretenden sog. prälactealen Reste in der That Vormilchzähne, die vor der Milchdentition früher bestanden haben und den Vor- fahren angehörten. Und ebenso sind die bei Placentaliern labial der lactealen Dentition auftretenden Zahnleisten- und Zahnkeimreste, welche in ihrer Form denen der Marsupialier gleichen, Reste TE 187 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. - 375 prälactealer Dentitionen. Im Uebrigen sind die Argumente von Tius um so weniger bedeutend, da seine Untersuchungen sich lediglich auf neugeborene „dogs“ beschränken und nicht einmal, wie er selbst erwähnt, „foetal pups“ berühren, die ihm nicht zur Verfügung standen. Die Möglichkeit, dass die prälactealen Ueber- reste im Gebiss der Marsupialier Rudimente einer der Milchdentition der Placentalier homologen Zahnreihe vorstellen, fällt also ganz fort, womit für mich die lacteale Natur des Gebisses der Marsupialier unbestreitbar ist. Es steht somit Folgendes fest: Die Uebereinstimmung in dem ersten Entwickelungsvorgang der Zahn- anlagen der persistirenden Zähne der Beutelthiere mit dem ersten Entstehen der Zähne des Milchgebisses der Placentalier, sowie die an gleichen Orten und zu gleichen Zeiten vor sich gehende erste Entstehung der Anlagen des sog. Milchprämolaren Prd 4 und aller übrigen Antemolaren und Molaren sprechen für die Annahme, dass wir in dem ganzen persistirenden Gebiss der Beutelthiere mit Ausnahme des Pr 4 der Polyprotodontier ein Milchgebiss vor uns haben. Ebenso aber wie der Verlauf des ersten Entstehens zeigt sich auch die fortschreitende Entwickelung der Zahnanlagen bis auf geringe Abweichungen bei beiden Säugethierfamilen gleichartig. Diese Ab- weichungen werden durch die engeren Beziehungen hervorgerufen, welche die persistirende Zahnreihe der Beutler in Folge des langen Beutellebens mit älteren und jüngeren functionslosen Zahnreihen gewinnt. Das Beutelleben führt zu einer bedeutenden Verstärkung der persistirenden Zahn reihe, zur Functionslosigkeit der vor ihr bestehenden und zum Untergang der Ersatz- zahnreihen. Für alles finden wir directe ontogenetische Beweise, auf die im Verlaufe der einzelnen Stadien wiederholt hingewiesen wurde. Der sich gewöhnlich zuerst sehr klein anlegende Zahnkeim der meisten Zähne des Beutelthiergebisses gewinnt im Laufe seiner Weiterentwickelung zu einer bestimmten Zeit eine starke Vergrösserung. Es lässt sich in der Entwickelung der Zähne eine Periode feststellen, innerhalb welcher das grösste Wachsthum vor sich geht, der Zahnkeim eine auffallende Vergrösserung erfährt und seine besondere Form erhält. Diese starke Grössenzunahme findet zu Beginn der zweiten Hälfte des Beutellebens statt und ist deshalb von Be- deutung, weil die Periode des grössten Wachsthums in der Ausbildung der Zahnanlagen indirect den Wechsel der Zähne beeinflusst. Wir können daher bei der Zahnentwickelung der Beutelthiere von einem bestimmten periodischen Wachsthum sprechen, welches im zweiten Theile des Beutellebens seinen Höhepunkt erreicht. Die sich anfänglich verzögernde Entfaltung der einzelnen Zahnkeime und bis zum Beginn der mittleren Zeit des Beutellebens langsam fortschreitende Entwickelung nimmt nach dieser Zeit einen plötz- lichen Aufschwung. Der Zahnkeim ruht gewissermaassen eine Zeit lang. Diese auffällige periodische Ent- wickelung der Zahnanlagen der Marsupialier ist bei der Anlage des Milchgebisses der Placentalier nicht beobachtet worden. Bei letzteren herrscht eine zeitlich gleichmässige Ausbildung vor, welche von keiner plötzlichen, beschleunigten Wachsthumsperiode unterbrochen wird. Der Grund für eine solche Erscheinung in der Zahnentwickelung der Marsupialier hängt mit dem langen Beutelleben zusammen, welches den frühen Durchbruch der Zähne unnöthig macht, und ist ausserdem in der Ausbildung des Saugmundes zu suchen, welcher an Stelle der ersten Zähne die Function der Nahrungsaufnahme übernimmt. Viele besondere Einzel- heiten, welche die Zahnentwickelung der Beutler gegenüber den Placentaliern auszeichnen, besonders der Monophyodontismus, sind ebenfalls von diesen Ursachen abzuleiten. Daneben führt die erworbene Starrhei, in dem Entwickelungsgang und das hohe Alter der Beutelthiere zu besonderen Eigenarten der Gebissent- wickelung, unter die wir vor allem die regelmässig auftretenden Reste prä- und postlactealer Dentitionen mehrerer Grade rechnen, welche nie zur vollständigen Entfaltung kommen, sondern der Ausdruck der Träg- heit in der Vererbung nutzlos gewordener Organe sind. Zu anderen Eigenarten gehören offenkundige Verwachsungen zwischen Zahnanlagen und Zahnkeimen 24* i 48* 376 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 188 gleicher und verschiedener Dentitionen, also zwischen prälactealer und lactealer oder lactealer und postlactealer Zahnreihe, welche in ihrer Entstehung nachzuweisen sind. Sie bilden eine directe Folge des langen Beutellebens sowie des Saugmundes und führen zum Monophyodontismus über. Diese Art Verwachsungen verstärken die Zahnanlage der ersten Dentition und machen sie widerstandsfähiger. Wir werden weiterhin näher auf diese Thatsachen eingehen. Hieraus erklärt sich aber im Gegensatz zu den Placentaliern das ver- spätete Auftreten redueirter Ersatzzahnkeime und die lang anhaltende Verbindung zwischen Zahnanlage und lingualem Ersatzkeim. Die Zahnanlage löst sich erst sehr spät von der Zahnleiste und ihrem Ersatzkeim ab. Letzterer erscheint gewöhnlich reducirt kolbenförmig, er ist häufig nur noch ein Stück von der Anlage einer wirklichen Ersatzdentition, deren grösster Theil in vielen Fällen mit zur Bildung des durchbrechenden Zahnes verwendet wurde. Die ganz oberflächliche Lage bestimmter Zahnkeime bei den Marsupialiern, besonders der oberen und unteren Incisivi, ist beinahe charakteristisch und durch die noch kräftige Verbindung zwischen Zahn- anlage und Mundhöhlenepithel bedingt. Der Zahnleistenhals fehlt fast ganz und verlängert sich erst allmählich mit Zunahme der Grösse der Zahnanlage, die dann beständig durch die Zahnleiste mit dem Mund- höhlenepithel in Verbindung bleibt. Dieser lang dauernde, enge Zusammenhang zwischen Zahnanlage und Mundhöhlenepithel ist nicht nur bei den Zahnanlagen erster Dentition, sondern vor allem auch bei einzelnen Zahnkeimen der Ersatzdentition bemerkenswerth. Im Gegensatz zu den Antemolaren legen sich die hinteren 2 Molaren später an, entwickeln sich aber schneller, so dass die meisten Molaren ausser M 4 ungefähr gleichzeitig mit den Antemolaren durchbrechen. M 4 allein, bei einigen Species mit stark veränderten Gebiss auch M 3, bricht später durch. Diese Eigen- thümlichkeiten in der Gebissentwickelung der Marsupialier sprechen aber ebensowenig wie die Ausführungen von Tıms gegen die Gleichstellung der persistirenden Zahnreihe der Beutler mit der Milchdentition der Pla- centalier. Das Beutelthiergebiss stand als ein Milchgebiss ursprünglich dem homologen Gebiss der Placentalier näher, hat aber in Folge der besonderen Entwickelung der Beutelthiergruppe überhaupt eine Sonderstellung; eingenommen. Als eine abseits stehende Säugethierfamilie haben die Marsupialier eine ganz eigenartige Entwickelungsstufe im Gebiss inne, als eine tief stehende Säugethierfamilie haben sie in der Gebiss- entwickelung die ältesten Zustände bewahrt. Bei den Marsupialiern ist die erste oder Milch dentition, bei den Placentaliern die zweite oder Ersatzdentition allmählich in den Vordergrund getreten. Die Marsupialier besitzen (bis auf den echten Wechsel eines Zahnes bei den Polyprotodontiern) ein rein lacteales Gebiss, die Placentalier hingegen ein gemischtes Gebiss, bestehend aus Milch- und Ersatzzähnen; denn die Molaren gehören (vornehmlich) der Milchdentition an. Im Reiche der Säugethiere können wir überhaupt nur von zwei echten Säugethierdentitionen reden oder höchstens die spärlichen Mitglieder der sog. dritten Dentition noch in den Bereich einer solchen Zahnreihe hineinziehen, aber stets dabei bedenken, dass ihr Auftreten in der fertigen Zahnreihe lediglich nur durch die Hinfälligkeit der Milchzahnreihe herbeigeführt wird und ihr Erscheinen einzig und allein den Ausdruck der Regene- rationsfähigkeit der Zahnleiste wiedergiebt. Im Allgemeinen zeigen sich prä- wie postlacteal Reste von mehr als einer Dentition, woraus hervorgeht, dass das Milchgebiss nicht etwa die Endzahnreihe oder die Anfangszahnreihe der ererbten Rep- tiliendentitionen ist, sondern in der Mitte zwischen beiden steht. Es sind also vor wie hinter der Milch- zahnreihe der Säugethiere Zahnreihen, die den Vorfahren angehörten, zu Grunde gegangen. Offenbar ebenfalls als directe Folgeerscheinungen des verlängerten Beutellebens und der Ausbildung des Saugmundes sind ausser den besonderen Vorgängen bei der Entwickelung der einzelnen Zahnanlagen die Einschränkung des Zahnwechsels und der Untergang der Ersatzdentition aufzufassen. 189 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 377 Der Zahnwechsel der Beutelthiere. Vor den eigentlichen ontogenetischen Untersuchungen des Zahnsystems der Beutelthiere galt der Wechsel des letzten Prämolaren bei allen Species für übereinstimmend. Dieser Prämolar wurde bald als 3., bald als 4. bezeichnet und in der ersten Dentition bald Milchmolar, bald Milchprämolar benannt. RöseE hat auf die häufige Molarform dieses Milchzahnes hingewiesen. LECHE hält aber diese Form „aus leicht einzusehenden physiologischen Gründen“ für nicht auffällig, da der hinterste Milchbackzahn in der Mehrzahl der Säugethiere in seinem Habitus einem Molaren entspricht (26). Wie in vielen Eigenarten, so ist auch in diesem Punkte das Gebiss der Beutelthiere und übrigen Säugethiere nicht direct mit einander zu vergleichen. Bei den meisten Placentaliern functionirt bekanntlich das Milchgebiss mit Ausnahme der echten Molaren während der Jugend allein, so dass hier die Vorgänger der Prämolaren in Folge ihrer Kau- function Molarform annehmen, während bei den Marsupialiern von vornherein mindestens zwei echte Molaren zugleich mit den Milch-Antemolaren functioniren und die übrigen Molaren noch während der Jugend folgen. Die Nothwendigkeit für die Entstehung der Molarform des letzten Milchprämolaren liegt daher aus physiologischen Gründen nicht unbedingt vor. Während der letzte Prämolar bisher von den meisten Autoren — KÜKENTHAL, RÖSE, LECHE — mit Pr 3 bezeichnet wird, habe ich diesen Zahn, soweit er ein echter Prämolar ist, mit Prd 4 benannt. Sein Wechsel zeigt sich nach den neuesten Unter- suchungen bei allen Species durchaus nicht übereinstimmend. KÜKRENTHAL weist in seiner Abhandlung: „Gebiss von Didelphys‘“ nach, dass bei Didelphys nur der Ersatzkeim des letzten (3.) Prämolaren zur Entwickelung kommt und den Vorgänger thatsächlich ersetzt, womit für die Beutelthiere im Allgemeinen feststeht, „dass die dauernde Bezahnung der Beutelthiere der ersten Dentition, dem Milchgebiss angehört; die zweite Dentition legt sich zwar embryonal an, kommt aber mit Ausnahme des Prämolaren 3 nicht zum Durchbruch“ (14). RösE fasst seine Hauptresultate in Bezug des Ersatzes, wie folgt, zusammen: „So entsteht aus der Ersatzleiste der Beutelthiere meistens nur der letzte Prämolar des erwachsenen Thieres. Es ist jedoch mehr als wahrscheinlich, dass auch die letzten Incisiven von Perameles sowie von Macropus und Phalangista von der Ersatzleiste gebildet werden, d. h. zur zweiten Zahnserie gehören. Der letzte, zur zweiten Zahnserie gehörende Prämolar schiebt sich nun entweder einfach in eine Lücke der ersten Zahnreihe ein, ohne dass ein Zahn dieser Reihe resorbirt wird. Diesen Typus fanden wir bei der Gattung Didelphys, sowie bei Pera- meles Doreganus, bei Belideus bidens, bei Phalangista cookii, sowie bei Myrmecobius. In anderen Fällen wird der letzte Prämolar der ersten Zahnreihe resorbirt, und an seine Stelle tritt der Prämolar der zweiten Serie. Dieser Typus fand sich bei einer unbestimmten Art der Gattung Phalangista, ferner bei Macropus lugens und Macropus giganteus, ferner nach den Abbildungen von ©. THomas bei Phascogale penicillata und dem fossilen Triacanthodon serrula.“ Die Haltlosigkeit einzelner dieser von RösE vorgebrachten Annahmen haben LEcCHE und KÜkEN- THAL bereits festgestellt, und diese Berichtigungen sind von RösE in einer besonderen Notiz angenommen worden. Es gehört weder der letzte Incisivus des Oberkiefers, noch irgend ein anderer Zahn als der echte Ersatzzahn des Prd 4 der Polyprotodontier der zweiten oder Ersatzdentition an, und der Wechsel dieses Zahnes geht in anderer Weise vor sich, als RöSE ihn beschreibt. In gewisser Beziehung aber sind die Er- gebnisse Röse’s Vorläufer der Angaben von WooDwarD, und zwar insofern, als sie die Verschiebungen der Prämolaren in der Zahnreihe der Beutelthiere, den späteren Durchbruch gewisser Zähne und die ver- schiedenen Typen des Ersatzes betreffen. RöseE ist es bei seinen Beobachtungen aufgefallen, dass der Ersatz unter den Beutelthieren nicht durchgehends gleichmässig vor sich geht, sondern zwei verschiedene Arten zeigt und in einer Art von der normalen Form abweicht. 378 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 190 Es ist das Verdienst von WooDWARD, für mehrere Species unter den Diprotodontiern nachgewiesen zu haben, dass der Ersatzzahn Prd 4 der gleichen Dentition angehört wie Prd 2 und Prd 3, also der ersten oder Milchdentition zuzurechnen ist (62). WOO0DWARD ist an der Hand verschiedener Stadien mehrerer Macropodiden-Species zu solchem Resultat gekommen. LECHE kann diesen anormalen Ersatz nicht anerkennen und bemerkt hierzu, „dass an den von ihm untersuchten Objecten nicht das Mindeste vorhanden ist, was eine solche Annahme rechtfertigen könnte. Woopwarp’s Auffassung ist offenbar durch eine unrichtige Vorstellung von dem Verhalten zwischen den Zähnen erster und zweiter Dentition veranlasst‘ (26). Nach LecHe’s Ansicht erscheint also der von WOODWARD angeführte Vorgang des Zahnwechsels unwahrscheinlich, welcher im Uebrigen bisher nur von SCHWALBE eine grössere Beachtung gefunden hat (50). WoopwarD selbst, der anfänglich diesen anormalen Zahnwechsel auf alle Beutelthiere bezogen wissen will, hat sich neuerdings in seinem Aufsatz: „On the Teeth of the Marsupialia with especial Reference to the Premilk Dentition“ (65), über diesen Punkt nicht weiter verbreitet, auch den Eingriff LECHE’s soweit mir bekannt bisher unberücksichtigt gelassen, scheint aber seiner Anschauung nicht ganz treu geblieben zu sein, da er über das Gebiss von Phascolarctus mittheilt: ‚ppm 4 above and below develops well in front of dpm 4“, ohne weitere Schlüsse für seine Theorie daraus zu folgern. Aus meinen Untersuchungen geht zweifellos hervor, dass die Ersatzverhältnisse in Bezug auf Prd 4 bei den einzelnen Beutelthierspecies durchaus nicht in gleichartiger Weise bestehen, sondern sehr wohl einen Unterschied erkennen lassen. Dieser bezieht sich auf das Gebiss der Polyprotodontier einerseits und das der Diprotodontier andererseits; für die letzteren treffen, soweit ich sie untersucht habe (Macropodidae, Phalangeridae), die Angaben zu, welche WoopwarD über den Zahnwechsel der Macropodiden gemacht hat. Da sich diese Resultate gerade bei vielen Mitgliedern unter den Diprotodontiern decken, so ist anzunehmen, dass bei allen Diprotodontiern der Ersatzprämolar zur ersten oder Milchdentition gehört, dass also ein Zahn erster Dentition einen oder mehrere Zähne erster Dentition ersetzt. Für die Polyprotodontier habe ich einen derartigen anormalen Zahnwechsel nicht gefunden. Ausser Perameles, Phascologale, Dasyurus ist von mir hieraufhin die Serie der Didelphyiden untersucht worden, welche Herr Prof. KÜKENTHAL seiner Zeit für seine Abhandlung benutzt hat (14). Alle Stadien dieser verschiedenen Species: geben keinen Beweis für die Annahme eines anormalen Zahnwechsels, womit ich zu der Ansicht gekommen bin, dass beiden Diprotodontiern der Zahnwechsel des Prd 4 secundär ver- ändertist, während er bei den Polyprotodontiern normal verläuft. Der directe Beweis für diese Ansicht geht aus der ontogenetischen Entwickelung des Zahnsystems hervor. Vergleichend-anatomisch oder morphologisch lässt sich wenig bestimmen. Bei einem Vergleich des Zahnwechsels der einzelnen Species musste man allerdings auf die Unregelmässigkeiten und auf die Verschiedenheit dieses Vorganges aufmerksam werden, und es ist sogar versucht worden, auf ähnliche Weise die Zustände im Gebiss von Myrmecobius zu erklären. Der fehlende Wechsel des letzten Prämolaren bei Myrmecobius, der Durchbruch von Pr 4 ohne Verdrängen eines Vorgängers war abweichend von den sonstigen Befunden. Nach THOMAS und LECHE ist der Vorgänger von Pr 4 so stark rudimentär, dass er nicht mehr nachweisbar ist. Er ist verschwunden, wie es auch bei anderen Species vorkommt. WınGE hingegen erklärt den 4. Backenzahn im Gebiss von Myrmecobius für den eigentlichen Milchprämolaren 4 und lässt ihn zusammen mit dem Ersatz- zahn in der Zahnreihe deswegen functioniren, weil der Kiefer sich secundär verlängert hat und somit Platz für den Nachfolger entstand, ohne dass dieser einen Vorgänger verdrängte (59). Nach Röse schiebt sich der Ersatzprämolar einfach in die Milchprämolarenreihe ein, ohne dass ein Zahn resorbirt wird. LECHE’S ontogenetische Untersuchungen haben hierüber eine Entscheidung nicht geben können (26). Von Myrmecobius als Polyprotodontier sollte man annehmen, dass sein Ersatzprämolar der zweiten Dentition angehört. Da- IgI Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 379 neben ist es aber sehr leicht möglich, dass, wie WINGE annimmt, Prd 4 bei Myrmecobius in der That nicht ersetzt wird und mit seinem Nachfolger zusammen im Kiefer functionirt, da der Kiefer lang ist und die Zähne verhältnissmässig klein sind. Für Verschiebungen in der Zahnreihe in dieser und ähnlicher Art sprechen viele Befunde, ebenso wie eine secundär eintretende Verlängerung des Kiefers zu Vermehrungen in der Zahnzahl führen kann. Auch die Form des von WInGE mit Pd 4 bezeichneten 4. Backenzahnes ist einem persistirenden Milchprämolaren ähnlicher als einem Molaren, worauf WooDwArD ebenfalls hinweist (62). Schliesslich ist auch die Anzahl von 6 Molaren selbst bei dem primitiven Gebiss weniger wahr- scheinlich als die von 4 Prämolaren, da die Anzahl dieser letzteren noch bei specialisirten Gebissen von Beutelthieren vorkommt und die Zahnreihe von Myrmecobius nicht so primitiv ist wie die von Amphitherium und Amphilestes, bei denen sich die grosse Anzahl von Mitgliedern auf alle Zahnformen, Antemolaren wie Molaren, bezieht. Das Gebiss von Myrmecobius scheint eher aus einer bereits höher ent- wickelten Form secundär die primitivere Form wieder angenommen zu haben. Ich halte die Ansicht von WINGE, wonach der 4. Backzahn der stehengebliebene Milchprämolar ist, für wahrschein- licher als die von THomAs und LEcHE!?). Auch für manche andere Species unter den Phalangeriden und Dasyuriden ist der Zahnwechsel oder der Vorgang des Ersatzes noch nicht bekannt; für manche ist er erst kürzlich bekannt geworden, da der sog. Milchprämolar sehr klein und functionslos ist. Voraussichtlich wird dieser Grund selbst für die übrigen Arten, deren Zahnwechsel man heute noch nicht kennt, maassgebend sein. Besonders interessant ist der eigenartige Vorgang des Zahnwechsels bei den Macropodiden, wo nicht selten zwei Zähne durch einen Nachfolger ersetzt, d. h. wo ein Prämolar und ein Molar durch einen Prämolaren verdrängt werden. Die Art dieses Wechsels, die Lage des in Betracht kommenden Ersatzzahnes weicht so sehr von der gewöhnlichen Natur ab, dass der anormale Vorgang des Ersatzes, wie ihn die Ontogenie zeigt, schon von selbst als eigentlich richtige Lösung erscheinen muss. Im Gegensatz zu LEcHhe halte ich den molarähnlichen Milchprämolaren, der ausser dem Prämolaren verdrängt wird, für einen Molaren, und zwar für den ersten der Zahnreihe. Der sog. Ersatzprämolar ist Prd 4 der Zahnreihe, d. h. der 4. Prämolar erster Dentition. Da ihm im Kiefer kein Platz geschaffen wird, so ersetzt er den Prämolaren und den Molaren. In den Fällen, wo der sog. Ersatzprämolar bei den Diprotodontiern nur einen Zahn ersetzt, ist er kleiner als bei den Macropodiden und bald der 3., bald der 4. Prämolar der Milchzahnreihe. Der Vorgang dieses Ersatzes geht aus den einzelnen Stadien der Species hervor, welche ich daraufhin untersucht habe. Im Allgemeinen haben sich aus den Untersuchungen folgende ontogenetische Gründe für die An- nahme des anormalen Zahnwechsels bei den Diprotodontiern ergeben: 1) Es finden sich lingual derjenigen Milchzähne, welche durch den Ersatz- prämolaren verdrängt werden, selbständige, knospenförmige, grösstentheils reducirte Ersatzkeime. Aus diesen entwickeln sich die thatsächlichen Ersatzprämolaren nicht, sondern aus besonderen, zwischen den Zahnanlagen erster Dentition befindlichen Zahnkeimen. Die echten Ersatzkeime des sog. Milchprämolaren gehen ebenso zu Grunde wie die Ersatzkeime aller übrigen Zähne. 2) Aus einem genauen Vergleich der allmählichen Entwickelung der Zahnanlagen im Bereiche der Prämolaren innerhalb mehrerer verschieden grosser Stadien gleicher Species geht die Stellung des sog. 1) Möglicherweise gehört der Ersatzprämolar der ersten Dentition an und ist so zu behandeln, wie der Ersatzzahn bei den Diprotodontiern, mit dem Unterschiede allerdings, dass bei den letzteren eine secundäre Kieferverlängerung nicht eintritt, der Prd 4 also ausgestossen wird, während bei Myrmecobius nach erfolgter Kieferverlängerung für den durchbrechenden Prd 3 neben Prd 4 Platz entstand. Man müsste alsdann annehmen, dass das Gebiss von Myrmecobius früher einmal bereits secundär, ähnlich den Gebissen der Diprotodontier, verändert gewesen ist und zum zweiten Male eine primitivere Form durch Reduction angenommen hat, also in gewisser Beziehung ein ursprünglicher Zustand wieder eingetreten ist. 380 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 192 Ersatzprämolaren zur ersten Dentition und sein secundäres Hinabwachsen in die tiefer liegenden Mesoderm- schichten des Kiefers mit Nothwendigkeit hervor. 3) Die Erscheinung des Hinabwachsens in den Kiefer betrifft nicht nur den sog. Ersatz- prämolaren, sondern auch die Anlagen vieler ausgefallener oder im Ausfall begriffener Antemolaren. Alle diese Zahnanlagen versuchen auf diese Weise ihre Existenz zu retten. 4) Es zeigen sich lingual der sog. Ersatzprämolaren nur bei den Diprotodontiern freie, zum Theil verdickte Zahnleistenenden, die ebenso wie die Ersatzkeime der Milchzähne nach kurzem Bestehen zu Grunde gehen. Von LECHE sind diese knospenförmigen Anschwellungen der Zahnleistenenden für Anfänge einer dritten Dentition gehalten worden (26). Nach meinen Untersuchungen sind sie nichts weiter als die Ueberreste der Ersatzdentition, wie sie bei allen Milchzähnen vorkommen. Diese Erklärung ist viel einfacher als die Annahme der Entstehung einer dritten Dentition. 5) Der Unterschied in dem Entwickelungstempo des Ersatzprämolaren bei den Polyprotodontiern und des sog. Ersatzprämolaren bei den Diprotodontiern ist ein ganz bedeutender. Während sich der echte Ersatzzahn langsam und zögernd entfaltet, gelangt der unechte sehr bald zur weiteren Ausbildung und hält mit den übrigen Milchzähnen in seiner Entwickelung weit mehr gleichen Schritt wie der echte Ersatzprämolar. Kr I 4 6) Wie ein solcher anormaler Ersatz zu Stande kommt, zeigen uns deutlich die Fälle in der Reihe der Ineisivi einiger Beutelthiere, z. B. von Perameles und Aepyprymnus. Hier besteht zwischen Id, und Id, resp. Id? und Id? ein scheinbarer Zahnwechsel, welcher allerdings nur der Lage nach als solcher gelten kann, in der That aber wegen später eintretender Kieferverlängerung nicht zum Austrag kommt (siehe Perameles und Aepyprymnus) (pag. 255 und 358). Es ist also ein analoger Fall, der sehr gut über das Zu- standekommen eines falschen Ersatzes Aufschluss giebt. 7) Auf den Vorgang des Ersatzes zweier Zähne durch einen Nachfolger habe ich bereits auf- merksam gemacht. Er spricht ebenso wie die unregelmässige Lage des falschen Ersatzprämolaren und der bald früher, bald später eintretende Ersatz des sog. Milchprämolaren für einen anormalen Zahnwechsel. Mit der Annahme dieses letzteren Umstandes ist in gewisser Beziehung eine Störung in der all- gemeinen Auffassung des Gebisssystems der Beutelthiere entstanden, denn der bisher als einheitlich geltende Process des Zahnwechsels wird hierdurch gespalten. Eine solche Verschiedenheit muss bei der sonst so grossen Uebereinstimmung in den Entwickelungsvorgängen der Organe aller Beutelthiergruppen entschieden auffallen !). Die besonderen Gründe, welche die Abänderung des sicher ursprünglich einheitlichen Gebisstypus in dieser Richtung herbeigeführt haben, mögen sich aus ganz allgemeinen Gesetzen in der Entwickelung von Gebissen ergeben. Wie wir gefunden haben, ist der sog. Ersatzprämolar zusammen mit seinem Vorgänger überall bei den einzelnen Species ungleichartig. Wir sehen den Milchprämolaren 4 nicht nur in Reduction verfallen, sondern auch zusammen mit seinem Nachfolger gänzlich aus der Zahnreihe verschwinden (Dasyurus). Es können also diese alleinigen Wechselzähne äusserlich vollständig aus der Zahnreihe verloren gehen. r) Eine Erledigung der hochinteressanten Zahnwechselfrage bei den Beuteltieren findet durch die vorhergehenden Unter- suchungen nicht statt. Der anomale Vorgang des Ersatzes steht bei den Diprotodontieren wohl fest. Anders ist es bei den Polyprotodontiern. Mit der Annahme des normalen Wechsels von Prd. 4 wird eine Vergleichsstellung, zwischen Poly- und Dipro- todontiern in Betreff des Zahnwechsels nur dann wesentlich erleichtert, wenn man nach WıLson und Hırr den Prd. 4 zur sog. prälactealen Dentition rechnet. Einstweilen bin ich jedoch hiervon noch nicht überzeugt. Der ächte Ersatzprämolar Pr. 4hat meiner Ansicht nach bei den Diprotodontiern und ihren direkten Vorfahren nicht bestanden. Auch ist es zur Erklärung des Zahn- h wechsels durchaus nicht notwendig, zwischen den anscheinend von vornherein sich eigenartig entwickelnden Subfamilien directe Uebergänge dieser Art zu suchen. E 193 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 381 Die Ersatzdentition, der man im Allgemeinen eine grosse Widerstandsfähigkeit zumuthet, unterliegt hier den gleichen Bedingungen wie das sonst mehr hinfällige Milchgebiss. Die Bedingungen beruhen haupt- sächlich auf Platzmangel. Während sich bei Perameles z. B. der Milchzahn Prd 4 seine Existenz durch seitliches Heraustreten aus der Zahnreihe bewahrt und der Ersatzprämolar durch secundär eintretende Kiefer- verlängerung genügend Raum zum Durchbruch und zur richtigen Function erhält, kommen bei Dasyurus andererseits Milch- wie Ersatzprämolar 4 zu keiner Function, da sich der Kiefer nicht in dem Maasse wie bei Perameles secundär verlängert. Hierauf beruht auch der abnormale Zahnwechsel. Der in Folge ein- tretender Kieferverkürzung aus der Zahnreihe herausgedrängte sog. Ersatzprämolar 4 oder unter Umständen 3 kommt nicht frühzeitig zur schnellen Entwickelung, sondern bricht später als die Nachbarzähne durch, nachdem er zu seiner Erhaltung weiter als die übrigen Zahnanlagen in die Tiefe gewachsen ist, wo er unter und zwischen den anderen Zähnen Platz zur Entwickelung findet. Die günstige Lage, die der eines echten Ersatzzahnes ähnlich ist, lässt den Zahn zur vollständigen Entwickelung kommen und ihn unter Umständen zu einer Grösse heranwachsen, welche der zweier Zähne gleichkommt. So sind verschiedene Gruppen verschiedenartige Wege gegangen, und zwar sind diese zu verschiedenen Zeiten eingeschlagen worden, früher und später. Es zeigen sich somit auch in dieser Art des Ersatzes Unterschiede in Zeit des Durchbruchs und Grösse der Milchzähne, je nachdem der Vorgang ein jüngst erworbener oder seit langer Zeit vererbter ist. Das Drängen des Ersatzzahnes auf den Milchzahn häuft sich von Generation zu Generation und führt allmählich zur schnelleren Entfaltung des Ersatzes gegenüber einem schnelleren Ausfall des Vor- gängers. Auf die Veränderung in der Grösse des Zahnes wird hierbei weniger Einfluss ausgeübt, er verfällt nicht so der Reduction wie der Milchprämolar der Polyprotodontier. Physiologisch beruht der Grund des Ersatzes bei den Diprotodontiern von vornherein also nicht etwa auf Functionslosigkeit des Vorgängers, sondern nur auf dem Drängen und dem Durchbruch des falschen Ersatzzahnes. Es liegt für den Ersatz keine Nothwendigkeit vor, wie es bei normalen Zuständen der Fall ist. Somit werden die scheinbar einfachen Verhältnisse des Ersatzes durch die ontogenetischen Ergebnisse viel complicirter. Die alte Ansicht von FLOWER und THomas, welche das persistirende Gebiss der Beutelthiere dem Ersatzgebiss der Placentalier gleichstellen, war sehr wohl zu vertheidigen. Bei einem Vergleich der einzelnen Zahnsysteme kommt man leicht zu der Meinung, den Milchprämolaren (4) allein einer älteren als der per- sistirenden Dentition der Beutelthiere zuzuzählen. Und doch ist diese Ansicht ebensowenig stichhaltig wie die andere etwa, den Milchprämolaren Prd 4 der Polyprotodontier in die prälacteale Dentition einzureihen. Es lassen sich für diese Ansichten vergleichend-anatomisch sehr gute Gründe anführen, gleich- wohl spricht die Ontogenie meiner Ansicht nach ganz entschieden dagegen. Mir selbst schien es anfänglich so, als ob Prd 4 der Polyprotodontier der prälactealen Zahnreihe angehöre, aber die entwickelungsgeschicht- lichen Ergebnisse haben mich von dem Irrthum überzeugt. Die geringe Grösse des Prd 4 lässt diesen Milchzahn frühzeitiger entstehen und lingual den Zahnleistenfortsatz schneller weiterwachsen, als es bei allen anderen Zahnanlagen geschieht. Wie kommt es aber, dass sich von den vielen kolbenförmig verdickten Ersatzkeimen nur der Keim des letzten Ersatzprämolaren Pr 4 vollkommen entwickelt? Dieser fragliche Umstand ist nach LECHE in der Ausbildung des Saugmundes zu suchen, eine Ansicht, die nicht stichhaltig sein kann, da die Ausbildung der Ersatzkeime der übrigen Antemolaren durch diese Einrichtung gehemmt wird. LECHE glaubt, dass KÜKENTHAL mit seiner Ansicht, dass „bei den Beutelthieren die zweite Dentition deshalb nicht erscheint, weil die Zähne der ersteren sich hoch specialisirt haben“, nicht das Rechte ge- troffen hat. Jenaische Denkschriften. VI. 25 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 49 382 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 194 Ich halte LEcHE’s Ansicht für jeden Fall nicht für ausreichend. Ueber den Einfluss des Saugmundes im Allgemeinen habe ich bereits mehrfach gesprochen, er kann sich in Bezug auf das Ersatzgebiss nur insofern geltend machen, als er den frühzeitigen Durchbruch der Milchdentition und die Entwickelung der Ersatzkeime verzögert. Meiner Ansicht nach machen die Verzögerung in der Entwickelung der Milchzähne und die dadurch hervorgerufene hohe Speecialisirung der letzteren zusammen den Ersatz überflüssig, denn die Gründe für den Ersatz von Prd 4 sind eben die schwächere und zugleich schnellere Entwickelung und der zeitige Durchbruch dieses Zahnes. Der Grund ist also vor allem morphologisch und beruht wie überall auf dem Gesetz: je schwächer der Vorgänger in den Zahnreihen entwickelt ist, desto früher wird er ersetzt. Bei Perameles z. B. ist Prd 4 sehr klein und steht ganz ausserhalb der Zahnreihe. Sein Ersatzkeim wird früh- zeitic selbständig, entwickelt sich aber langsam, weil ihm für eine schnelle Entfaltung der Platz im Kiefer fehlt. Würden sich die Kiefer von Perameles besonders in der Gegend der Prämolaren im halberwachsenen Alter nicht stark verlängern, so würde der Ersatz wahrscheinlich überhaupt ganz ausbleiben. Das Auftreten nur eines (aber echten) Ersatzzahnes ist somit etwas für alle Beutelthiere nicht mehr Charakteristisches, denn wir haben nachgewiesen, dass dieser überall anscheinend gleichartig verlaufende Vorgang verschiedenen Ursachen zu verdanken ist. Der unechte Ersatz wird allein infolge der beginnenden Kieferverkürzung in der Gegend der Prämolaren eingeleitet und durch die später erfolgende secundäre Kieferverlängerung zu Ende geführt, Erfolgt nur der erste Fall, also die Kieferverkürzung allein, so wird der verdrängte Prämolar rudimentär; tritt aber der zweite Fall mit ein, so entwickelt sich der überzählige Prämolar zu einem Ersatzzahn. Wie stellt sich nun die Ersatzzahnreihe der Beutelthiere zur Ersatzdentition der Placentalier? Die zweite oder Ersatzdentition der Marsupialier und Placentalier. Die zweite Zahngeneration befindet sich bei den Beutelthieren in unvollkommener Form, sie ist der Reduction verfallen. Dieser Umstand, welcher ebenso wie andere Eigenarten auf das verlängerte Beutel- leben zurückzuführen ist, hat in neuer Zeit zu einer besonderen Anschauung über den Werth der zweiten oder Ersatzdentition im Reiche der Säugethiere Veranlassung gegeben, eine Ansicht, welche in der An- nahme des Neuerwerbes der Ersatzzahnreihe von Seiten der Säugethiere gipfelt. LECHE, der bisherige Vertreter und Urheber dieser Anschauung, steht auf Grund seiner umfangreichen Untersuchungen auf dem Standpunkt, dass die dritte und vierte Dentition (gleich der zweiten und dritten oder Ersatz- und post- permanenten Dentition) der Säugethiere ein Neuerwerb ist, während die prälacteale (I) und lacteale (I) vererbt sein soll, betont aber zugleich, dass die Untersuchungen über diesen Punkt durchaus noch nicht abgeschlossen sind (26 und 27). KÜKENTHAL ist dieser Ansicht entgegengetreten; er hält sie für verfehlt und vertheidigt von neuem seine bisherige Anschauung von der Vererbung der Dentitionen im Wirbelthierreiche unter zunehmender Reduction der Dentitionen und Specialisirung der einzelnen Zähne (20). Auch FÜBBRINGER vermag; sich LECHE’s Ansicht nicht anzuschliessen, „wenngleich er keineswegs die Gründe gering erachtet, welche LECHE zu dieser Folgerung führten“ (8). Wir geben die diesbezüglichen Worte von LECHE, wie sie sich in dem ersten Theile seines Werkes: „Zur Entwickelungsgeschichte der Zahnsysteme der Säugethiere“ finden, im Folgenden wieder: „Als ur- sprünglich für die Säugethiere haben wir vielmehr ein Gebiss zu betrachten, in welchem mindestens zwei Dentitionen nach einander, auftreten, also einen Diphyodontismus, welcher durch das Vor-Milch- (I) und das Milchgebiss (II) repräsentirt wird, aber nicht durch Milch- (II) und Ersatzgebiss (III), welch’ letzteres ich als eine neue Zuthat des Zahnsystems der Säugethiere auffasse, und das somit kein Homologon bei den niederen Wirbelthieren hat.“ Diese Worte vertheidigt der Verfasser ausser der allgemeinen Beobachtung, dass bei den niederen Säugethieren die älteren (I und II), bei den höheren die jüngeren (II und III) Dentitionen 195 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 383 überwiegen, besonders durch das Verhalten der Ersatzdentition der Beutelthiere, welche nach seiner An- schauung im Entstehen, in progressiver Entwickelung begriffen ist. „Es entstand als ein Neuerwerb der Säugethiere die Dentition III, welche bei den Placentaliern ungehemmt sich entwickelte, während sie bei den Marsupialiern infolge der diesen Thieren eigenthümlichen Brutpflege nur unvollständig zur Ausbildung kommen konnte.“ LECHE hebt ferner am Schluss seines Vortrages zu Leyden (1896) den Unterschied seiner und der übrigen Autoren Anschauung in der Dentitionenfrage hervor und sieht ihn hauptsächlich in seinem Nach- weis, dass „nicht ausschliesslich regressive Entwickelungsvorgänge das Zahnsystem der Säugethiere beherrschen“, entgegen der Ansicht von KÜKENTHAL, SCHLOSSER und Anderen, die nur „eine Reduction in der Zahl der Dentitionen innerhalb der Säugethierklasse zugeben‘. Verfasser bemerkt schliesslich, dass ein derartiger Versuch des Nachweises progressiver Entwickelungsvorgänge „jedenfalls ein wichtigeres Moment ist, als die Specialfrage, ob das Ersatzgebiss der Säuger ererbt oder erworben ist“ (28). Dieser Versuch ist sicherlich mit Freude zu begrüssen, da bisher fast nur auf Reductionsvorgänge in den Zahnreihen der Säuger hingewiesen wurde, aber es bleibt immerhin fraglich, inwieweit LecHe’s Nachweis wirklich seinen Zweck erfüllt. Andererseits hängt aber die Specialfrage, ob die Ersatzdentition von den Säugethieren ererbt oder erworben ist, zu eng mit LEcHe’s Ansicht über progressive Entwickelungsvorgänge zusammen, als dass sie ohne weiteres übergangen werden kann. Denn nach LEcHE gehört die Frage nach der Stellung des Ersatzgebisses gegenüber den Dentitionen der älteren Wirbelthiere gleichfalls in das Gebiet der progressiven Entwickelungsvorgänge. Vor allen Dingen rechnet LECHE auch die sporadisch erscheinenden Zahn- anlagen und Zähne vierter (dritter) Dentition in die Kategorie einer sich in Zukunft erst vollkommen ent- wickelnden Säugethierzahnreihe. Die Dentition IV ist das Zukunftsgebiss der Säugethiere, denn gewisser- maassen als ein „Zukunftsgebiss ist die noch in ihrer ersten Ausbildung begriffene Dentition IV zu betrachten“ (26). Die specielle Frage der progressiven Entwickelungsvorgänge wollen wir hier nicht weiter erörtern; unserer Ansicht nach ist das Beweismaterial noch nicht hinreichend, um sie annähernd zu beweisen. Im Allgemeinen lässt sich behaupten, dass im Zahnsystem der Säugethiere Entwickelungsvorgänge vorkommen können, welche einen progressiven Charakter tragen, und dass bei den Placentaliern das Ersatzgebiss (Dentition III nach LECHE) nach ursprünglicher Gleichstellung mit dem Milchgebiss in den Vordergrund getreten ist. Es erscheint aber unmöglich, auf Grund einer bei den niederen Säugern, den Marsupialiern, bestehenden Reduction und unvollkommenen Form der Ersatzzahnreihe auf eine progressive Entwickelung dieser Dentition und hiermit auf einen Neuerwerb der Ersatzdentition im Säugethierreiche zu schliessen. LECHE, von dem wir bisher stets angenommen haben, dass er ein Anhänger der Ansicht von der Vererbung der Dentitionen im Wirbelthierreiche ist, argumentirt in der That so. Aus der unvollkommenen Form des Ersatzgebisses der Beutelthiere, das seiner Meinung nach bei dieser Familie nie vollkommen existirt hat, aber gleichwohl in progressiver Entwickelung begriffen ist, schliesst er auf eine weit höhere Entwickelung dieser Zahnreihe bei den Placentaliern und somit nicht nur auf einen progressiven Entwickelungsvorgang allgemeiner Art im Zahnsystem der Säugethiere, sondern sogar auf einen Neuerwerb dieser Dentition von Seiten höherer Säuger. „Eine vollständige zweite Dentition hat bei den Beutelthieren nie existirt, sondern ist erst von den Placentaliern erworben worden“ (LECHE). Es ist zum mindesten auffällig, dass LECHE gerade die prälacteale und lacteale Dentition als vererbt, die Ersatzdentition und sog. dritte Dentition aber als neu erworben betrachtet, und daher nicht einzusehen, warum nicht auch das Milchgebiss, welches dem Ersatzgebiss ursprünglich gleichberechtigt war, gleichfalls von den Säugethieren erworben wurde. Ich halte eine derartige Auffassung einer Neuerwerbung von Dentitionen im Säugethierreiche für verfehlt. Ebenso unhaltbar aber ist es meiner Meinung nach, die prä- 25* 49* 3 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 196 84 19%) lacteale (I) und lacteale (II) Dentition für die ererbten Zahnreihen anzusehen, welche den ursprünglichen Diphyodontismus der Säugethiere ausmachen. Diese Form des Diphyodontismus hat nie bestanden, sie ist jedenfalls gesucht und mit dem bisher bekannten Diphyodontismus der Säugethiere durchaus nicht zu ver- gleichen. Man gelangt vielmehr durch diese neue Art des Diphyodontismus zu einem ursprünglichen Mono- phyodontismus aller Säuger, da die sog. prälacteale Zahnreihe keine echte Säugethierdentition gewesen ist, sondern nur den Rest reptilienähnlicher Zahnreihen vorstellt. Nach wie vor verstehe ich unter Diphyodontis- mus der Säugethiere nur die lacteale (II) und Ersatzdentition (II), zwei Zahnreihen, welche von jeher allein als echte Säugethierzahnreihen bestanden, deren Anzahl wohl nie eine höhere gewesen ist, wohl aber durch besondere Ursachen eine verminderte werden kann. Zu dem Diphyodontismus aber gelangt man durch das Gesetz der Reduction der Zahl der Dentitionen. Die sog. prälacteale Dentition zu Resten einer Säugethier- dentition zu erheben, ist ebenso unbegründet, wie etwa der Versuch, die Reste der bei den Beutelthieren auf- tretenden postpermanenten Zahnkeime (dritte, vierte und jüngere Dentition) für Ueberbleibsel verloren gegangener Säugethierzahnreihen anzusprechen. Diese Zahnreihen, prälacteale wie die dritter und vierter Dentition, sind hingegen gleichermaassen als Ueberreste des ererbten vielfachen Zahnwechsels zu betrachten. Insofern könnten aber vielleicht die Ausbildungen einiger Zahnanlagen der postpermanenten Zahnreihe (ähnlich den Zähnen der Milch- und Ersatzdentition) für Neuerwerbungen im Reiche der Säugethiere gelten, als sie bisher der Form nach nicht als Säugethierzähne functionirten. Aus ihrem vereinzelten und frag- lichen Auftreten aber auf eine kommende neue Ersatzzahnreihe zu schliessen, ist heute noch unangebracht. Von der allgemeinen Frage der Neuerwerbung der Ersatzdentition der Säugethiere ist die specielle Frage, ob das Ersatzgebiss bei den Marsupialiern in progressiver oder regressiver Entwickelung begriffen ist, zu trennen. Denn die Stellung der Marsupialier den Placentaliern gegenüber verbietet es ebenso wie die vollständig verschiedene Entwickelung des Zahnsystems beider Säugethierfamilien, ihre Gebissarten direct von einander abzuleiten oder einander unterzuordnen. Das Verhalten der Ersatzzahnreihe der Marsupialier kann niemals eine Stütze für eine Ansicht bieten, welche das Zahnsystem der Placentalier in dieser Richtung berührt, da sich das ganze Zahnsystem der Beutelthiere weit mehr secundären Veränderungen angepasst hat als das Gebiss der Placentalier, welches vielmehr einen gleichmässigen, normalen, wenn auch schnelleren Entwickelungsgang zeigt. Trotzdem hat LECHE die Beantwortung dieser zweiten Frage als eine Begründung für. den Neuerwerb der Ersatzdentition im Säugethierreich angesehen, da seiner Ansicht nach die Ersatz- dentition bei den Beutelthieren den Anfang einer neuen Zahnreihe vorstellt. Warum bei den Beutelthieren das Ersatzgebiss auf progressiver Entwickelungsstufe steht, sucht LECHE verschiedentlich zu beweisen. In seinem Vortrage zu Leyden im Jahre 1896 fasst er diese Gründe in folgenden Punkten zusammen (28). ı) Falls man annimmt, dass jemals eine vollständige zweite Dentition bei den Beutelthieren ausge- bildet gewesen wäre, bleibt es unverständlich, weshalb die zweite und nicht vielmehr die erste, im Allge- meinen schwächere Dentition unterdrückt wurde, wie dies sonst der Fall ist. 2) Ich habe nachgewiesen, dass bei Erinaceus und Phoca factisch aus den knospenförmigen An- schwellungen lingualwärts von den persistirenden Zähnen ausgebildete Zähne hervorgehen können. 3) Bei dem Jura-Säuger Triconodon serrula — dem einzigen mesozoischen Säugethiere, bei dem bisher ein Zahnwechel beobachtet ist — hat nur der letzte Prämolar einen Nachfolger, also ganz wie bei den heutigen Beutelthieren. Wollte man nun voraussetzen, dass die Vorfahren der Jura-Säuger eine vollständige II. resp. III. Dentition besessen hätten, so wäre also diese Dentition schon vor der Jurazeit bis auf Pr 3 unterdrückt worden. Und hieraus würde wiederum folgen, dass die verloren gegangenen Zähne bis auf den heutigen Tag immer wieder vollzählig, aber vollkommen nutzlos angelegt werden — eine Annahme, die keineswegs unmöglich, aber doch wenig anmuthend ist. Ausserdem hebt Verfasser an einer anderen Stelle die Eigenarten der Ersatzkeime lingual der Zahn- 197 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 38 wu anlagen der Beutelthiere hervor und betrachtet sie als etwas Besonderes. „Charakteristisch für die Beutel- thiere sind also sowohl das constante Vorkommen und die scharfe Ausprägung dieser Schmelzkeime (Ersatz- keime) und ihre Uebereinstimmung mit dem Schmelzkeim des P 3, als auch ihre lange Permanenz, welche Eigenschaften diese Gebilde nicht unwesentlich von den lediglich durch die Emancipation der Zahnanlagen von der Schmelzleiste entstandenen „Knospen“ unterscheiden.“ Auch dieses Characteristicum spricht nach LECHE für einen progressiven Entwickelungsgang der Ersatzkeime. Ich kann in diesen augenscheinlich triftigen Gründen, welche im Uebrigen schon von KÜKENTHAL angegriffen worden sind (20), keinen Beweis für die Auffassung finden, dass die Ersatzkeime im Gebiss der Beutelthiere „Anfänge“ einer zweiten Dentition vorstellen, die in fortschreitender Entwickelung begriffen sind. Besonders erscheint mir Punkt 2 durchaus nebensächlich. Sie genügen höchstens als Beweis für die Ansicht, dass das Beutel- thiergebiss niemals eine vollständige zweite Dentition besessen hat. Denn es ist wohl zu beachten, dass die lingualen kolbenförmigen Verdickungen nicht überall gleichmässig auftreten, sondern dass sie entweder von vornherein reducirt oder längere Zeit stark kolbig verdickt erscheinen und erst sehr spät in Reduction verfallen. Ausserdem zeigen sie sich bald früher, bald später lingual glockenförmiger Anlagen. Im Allgemeinen ist ihr spätes Erscheinen auffällig. Ueberall ist aber zu bemerken, dass die bessere Aus- bildung dieser Ersatzzahnkeime von ihrer Lage zum Mundhöhlenepithel und von der Grösse des Raumes abhängt. Sobald der Ersatzzahnkeim mit dem Mundhöhlenepithel Verbindung beibehält, gewinnt er ein ansehnliches kolbenförmiges Entwickelungsstadium, das erst sehr spät dem Zerfall anheimfällt. Zu einer weiteren Ausbildung dieses Keimes kommt es nicht, da der Milchvorgänger kräftig genug entwickelt ist, um zeitlebens zu functioniren. Die einzige Ausnahme hiervon bildet der 4. Prämolar bei den Polyprotodontiern, dessen Ersatzkeim zwar lange kolbenförmig bleibt, aber in Folge der schlechteren Entwickelung und der Functionslosigkeit des Vorgängers später zur Entwickelung gelangt. Die Bedingung der Functions- losigkeit, welche allen übrigen persistirenden Zähnen fehlt, ist bei Prd 4 vorhanden. Es ist daher nicht anzunehmen, dass sich jemals aus den Ersatzkeimen echte Ersatzzähne entwickeln werden, ebensowenig wie aus den Ersatzkeimen der echten Molaren Nachfolger entstehen. Diese Keime legen sich ebenso wie die prälactealen Ueberreste vollkommen nutzlos an und werden erst verschwinden, wenn das Gebiss in seinen verschiedenen Arten seine Ausbildung vollendet hat. Solange noch die Ueber- gangsperiode in der Entwickelung der einzelnen Gebissarten besteht, solange noch die functionslosen über- zähligen Milchzähne angelegt werden, so lange werden sich auch die nutzlos gewordenen prä- und post- lactealen Zahnkeime immer wieder zeigen. Wie FÜRBRINGER neuerdings hervorhebt, kann ein embryonaler abortiv bleibender Schmelzkeim an sich in recht abweichender Weise phylogenetisch gedeutet werden: entweder als regressives Gebilde, welches die phylogenetischen Endstadien eines einstmals gut ausgebildeten Zahnes repräsentirt, oder als progressive Bildung, welche den neuen Aufschwung eines lange Zeit hindurch reducirten und brach gelegenen Zahn- individuums bekundet“ (8). Die Ersatzkeime der Marsupialier sind nun weder Ueberreste einstmals gut ent- wickelter Säugethier-Ersatzzähne, noch bekunden sie den Aufschwung eines reducirt gewesenen Zahn- individuums, sondern sie sind die Anfangsstadien und gleichzeitig Ueberreste einer ererbten reptilien- ähnlichen Dentition, welche in Folge der auf besondere Weise verstärkten Milchdentition überflüssig geworden ist und nicht zur Ausbildung gelangt. Da „die Zahnleiste in nuce ontogenetisch die einst func- tionirenden Dentitionen recapitulirt“, so ist es nicht auffällig, dass neben den Milchzahnanlagen der Beutel- thiere mehrfache Ersatzkeime entstehen, welche lediglich diesem Gesetze folgen, ohne dass sie zu echten Säugethierzähnen auswachsen. Die Ersatzzahnreihe der Beutelthiere ist in regressiver Entwickelung begriffen, sie hat keine Aussicht auf eine höhere Ausbildung. Aus der Ontogenie sowohl wie aus den bereits von 386 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 198 LECHE angeführten Gründen (I und 3) istalso nur zu entnehmen, dass ein vollständiges Ersatz- gebiss nicht bestanden hat und allein Pr 4 zu einem echten Ersatzzahn heranwächst. Die übrigen Ersatzzähne sind überflüssig geworden. Auch ist die von LECHE betonte Uebereinstimmung der in Zerfall übergehenden Ersatzzähne mit dem Ersatzkeim Pr 4 (nach LEcHE Pr 3) einzuschränken. Pr 4 erscheint viel früher und emancipirt sich viel eher als alle übrigen Ersatzkeime, er ist von Anfang an in den Fällen, wo er der Ersatzzahn wird, ein gut entwickelter und lebensfähiger Zahnkeim, während die meisten übrigen Ersatzkeime schon bei ihrem ersten Erscheinen den Charakter des kommenden Zerfalles mit sich führen. Dieser offenbart sich durch die veränderte Form der cylinderförmigen Zellen und ihrer Kerne. Ein gesünderes Aussehen zeigen nur die Keime, welche mit dem Mundhöhlenepithel in Verbindung bleiben. Im Uebrigen ist das Charakteristische an den Ersatzkeimen der Beutelthiere durch die eigenartige Entwickelung des Milchgebisses, durch ihre Nutzlosigkeit und ihr immer wiederkehrendes Erscheinen hervorgerufen, nicht aber eine Folgeerscheinung ihrer progressiven Entwickelung. Ausserdem sprechen gegen die Ansicht von LECHE, dass die Ersatz- dentition der Marsupialier in progressiver Entwickelung begriffen ist, folgende Thatsachen: 1) Wie paläontologische Funde zeigen, hat sich seit der Jurazeit das Gebiss der Beutelthiere in Bezug auf seinen Zahnwechsel nicht wesentlich verändert. Es ist aber seit dieser Zeit in der Ausbildung der Ersatzdentition eher ein Rückschritt als ein Fortschritt bemerkbar, insofern als einerseits Beutelthiergruppen bestehen, die seit der Zeit den Zahnwechsel überhaupt verloren haben, und andererseits ein secundär veränderter Zahnwechsel eingetreten ist, welcher gleichfalls zu einem vollständigen Weg- fall des normalen Zahnwechsels geführt hat (Dasyuriden, Diprotodontier. An Stelle einer stufen- weise progressiven Entwickelung entrollt sich uns in der Ausbildung der Ersatz- dentition innerhalb der verschiedenen Species ein ganz bestimmter regressiver Pro- cess. Das von vornherein bei den Beutlern sehr kräftig angelegte Milchgebiss ist innerhalb dieser langen Zeit vollkommen starr geworden. 2) Bei denjenigen Zähnen der Beutelthiere, welche schwach und rudimentär werden und bei welchen ein Ersatz nothwendig erscheint, entwickelt sich trotz häufig vorhandenen Raumes im Kiefer und trotz Anlage des Ersatzkeimes letzterer nicht über das Stadium der Kolbenform. Es treten sogar ausser diesem Ersatzkeime noch jüngere Ersatzdentitionen (III und IV) auf, die ebenfalls nicht ausgebildet werden. Wäre der Zahnwechsel im Entstehen, so müssten unbedingt aus einem dieser Ersatzkeime Zähne gebildet werden, weil Zahnleistenmaterial ebenso genügend wie der Raum im Kiefer vorhanden ist (cf. die Antemolaren der Diprotodontier). 3) Ebenfalls sollte man bei der Annahme einer progressiven Entwickelung der Ersatzzahnreihe gerade von denjenigen Ersatzkeimen, welche lange Zeit mit dem Mundhöhlenepithel in directer Verbindung bleiben, eine vollkommnere Entfaltung erwarten, um so mehr, da es auch für diese Ersatzkeime im Anfang an Raum nicht gebricht. Dass die Ersatzkeime sich meist länger als die Zahnleiste erhalten, ist kein Grund zur Annahme einer progressiven Entwickelung, sondern nur ein ganz natürlicher Vorgang, der sich bei vielen rudimentären Zahnanlagen zeigt. 4) Die Aehnlichkeit der Ersatzkeime mit den überzähligen reducirten Zahnkeimen erster Dentition im Gebiete der Antemolaren spricht gleichfalls für ein regressives Verhalten der Ersatzkeime. Die über- zähligen Zahnkeime erster Dentition beweisen eben, dass Zahnkeime immer wieder nutzlos angelegt werden können, ohne eine andere Bedeutung zu haben als die der Rückkehr zu früheren Zeiten. Die Trägheit in der Vererbung, welche sich bei der Anlage ausgedienter Organe überall geltend macht, erscheint in der Zahnentwickelung sehr stark ausgebildet. 199 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 387 5) Ist es zu beobachten, dass bei den am meisten differenzirten Gebissen der Diprotodontier die Ersatzkeime später und weit reducirter erscheinen als bei den weniger differenzirten Polyprotodontiern. An Stelle eines allgemeinen Zahnwechsels hat sich ein sehr brauchbares Milchgebiss entwickelt. 6) Die Ersatzkeime der vorderen Prämolaren (I—3) sind niemals stark kolbenförmig verdickt, sondern von Anfang an reducirt. In Anbetracht des Zahnwechsels von Prd 4 sowie der häufigen rudimentären Formen dieser vorderen Prämolaren wäre bei einer progressiven Entwickelung des Ersatzes eine bessere Ausbildung ihrer Ersatzkeime besonders den übrigen Antemolaren gegenüber wohl erforderlich. 7) Ueberhaupt hat das Auftreten lingualer, mehr oder wenig verdickter Zahnkeime neben per- sistirenden Zähnen durchaus nichts Auffälliges. Durch ihr Erscheinen ist noch absolut keine Nothwendig- keit für einen Ersatz gegeben. So wenig Verwunderung wie heutzutage selbst verdickte Ersatzkeime lingual von Molaren hervorrufen, sollten auch eigentlich die lingual der persistirenden Antemolaren der Marsupialier sich zeigenden Ersatzkeime bereiten. Im Grunde genommen, haben wir, wie festgestellt wurde, die gleichen Erscheinungen und Entwickelungsgänge vor uns. Bei den ausgebildeten Molaren der Placentalier erwartet Niemand einen Ersatz, weil man gewohnt ist, diese Zähne als persistirende anzusehen, und dennoch sind es Milchzähne ebenso gut wie die Antemolaren der Marsupialier. Bei letzteren vergisst man nur, dass sie ebensowenig wie die Molaren der Placentalier ein Bedürfniss nach Ersatz zeigen. Nach Jahren werden die lingualen Ersatzkeime der Antemolaren der Marsupialier voraussichtlich ebenso verschwinden, wie sie heute bereits bei den Molaren der höheren Placentalier verschwunden sind). 8) Die lingualen kolbenförmigen Ersatzkeime treten bei den Marsupialiern überall unregelmässig und ungleichförmig auf, wie ich bereits oben betont habe. Entweder treten sie bald früher und besser erhalten, oder bald später und vollständig reducirt auf. Im Allgemeinen ist ihr spätes Erscheinen auffällig, womit die schnellere Reduction zusammenhängt. Ueberall ist aber zu bemerken, dass die vorgeschrittene, starke, kolbenförmige Verdickung der Ersatzkeime von ihrer Lage zum Mundhöhlenepithel und den Raumverhält- nissen abhängt. Nur diesen beiden Factoren ist es zuzuschreiben, dass sich unter Umständen der Ersatzkeim längere Zeit scheinbar functionsfähig erhält. Zu einer weiteren als kolbenförmigen Entwickelung kommt es, wie es scheint, äusserst selten. Der von LECHE einmal als kappenförmiges Stadium beschriebene Ersatzkeim des oberen I? bei Macropus erscheint mir als keine eigentlich reine Kappenform (26). 9) Neben den Antemolaren und Molaren finden sich bisweilen ausser reducirten verdickten Zahn- leistenenden gut entwickelte, kolbenförmige jüngere Ersatzkeime. Es ist nicht einzusehen, warum diese jüngeren Keime bei einer progressiven Entwickelung der zweiten oder Ersatzdentition besser als diese selbst entwickelt sein sollen. 10) Eine progressive Entwickelung der Ersatzkeime erklärt nicht den Untergang des Ersatzprämolaren Pr 4 des Dasyurus, im Gegentheil würde sie entschieden für die Ausbildung der Zahnanlage dieses Zahnes sprechen müssen. r Wir haben demnach für die Marsupialier eine vollständig entwickelte erste und eine reducirte zweite Zahngeneration festzustellen; letztere ist niemals zur vollständigen Entfaltung gelangt. Bei 1) LECHE nimmt zwar an, „dass bei Marsupialia und Placentalia mit gut ausgebildeten Molaren wahrscheinlich nie ein Bedürfniss nach Ersatz vorgelegen hat noch vorliegt, weshalb auch bei derartigen Thieren Ersatzzähne für die Molaren niemals vorhanden gewesen sind“, führt aber diesen Grund noch gleichsam als Beweis für die Neuerwerbung der zweiten Dentition an. Das ist unverständlich. Ich sehe nicht ein, warum gerade hieraus ein derartiger Beweis hervorgehen sollte, wo doch die Phylogenie zeigt, dass niemals ein Ersatz der Molaren beobachtet wurde, und die Zahnanlagen der Molaren niederer Placentalier noch linguale Zahnkeime besitzen, die den höheren Placentaliern bereits fehlen. Bei einer progressiven Entwickelung der Ersatz- dentition müsste doch zum mindesten lingual der Molaranlagen die Anwesenheit der Ersatzkeime bei den höheren Placentaliern zu verlangen, geschweige denn sogar eine weitere Entfaltung dieser Keime bei den höheren als bei den niederen Placentaliern anzunehmen sein. 388 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 200 den Marsupialiern liegt ein Monophyodontismus vor, welcher nicht durch den Diphy- odontismus der Säugethiere hindurchgegangen ist und nur durch den Wechsel des letzten Prämolaren (Prd 4) theilweise gestört wird. Für die Placentalier hingegen besteht der Diphyodontismus als ursprüngliche Gebissform; diese Säugethierfamilie besass von vornherein einen voll- ständigen Zahnwechsel, der anfänglich beide Dentitionen (Milch- und Ersatzgebiss) als einander gleichberechtigt erkennen lässt. Das beste Beispiel für eine solche Thatsache giebt das Zahnsystem von Galeopithecus. Warum aber die eine Dentition allein bei den Beutelthieren entstand, ist schon mehrfach erörtert worden. Ihre Erwerbung: beruht auf secundären Verhältnissen und hat aus der Mitte eines Gebisssystemes mit zahl- reicheren Dentitionen der Vorfahren stattgefunden, wie wir es bereits oben betont haben. Die Gründe, welche das Ersatzgebiss bei den Placentaliern entstehen liessen, mussten bei den Marsupialiern wegfallen, oder umgekehrt, die Gründe, welche das Ersatzgebiss bei den Marsupialiern überflüssig machten, bei den Pla- centaliern fehlen; sie liegen in der Erwerbung des Beutels und dem langen Beutelleben. Schon HERTwIG macht darauf aufmerksam, dass das Ei- und embryonale Leben für die Entwickelung und Ausbildung der Zähne und Zahnreihen von grosser Wichtigkeit ist (12). Im Allgemeinen bestimmt die Länge des Ei- oder Uterus-Lebens die Functionsfähigkeit einer Dentition, bei normalen Zuständen wirkt sie bestimmend auf die Grösse und Stärke der einzelnen Zähne. Bei den Beutelthieren hat nun nicht allein das embryonale, sondern auch — und das vorzugsweise — das lange Beutelleben einen gewaltigen Einfluss auf die Aus- bildung der einen Dentition. Während dieser Zeit fällt der Gebrauch von Zähnen vollkommen fort. Die eine Dentition verstärkt sich auf Kosten aller übrigen. Die directen Vorfahren der Beutelthiere, welche den Beutel noch nicht besassen und möglicherweise gar nicht (oder ganz kurze Zeit) ihre Embryonen im Uterus trugen, waren auf eine frühzeitige Benutzung des Gebisses angewiesen und besassen mit der geringeren Ausbildung ihrer Zähne einen mehrfachen Wechsel, der sich durch längeren Aufenthalt im Uterus zum einfachen gestaltete und so zum Diphyodontismus über- leitete. Diesen Weg gingen die Placentalier, während die Marsupialier ihrerseits durch Ausbildung des Beutels einen besonderen Ausweg fanden, um im Kampfe ums Dasein nicht zu unterliegen. So sind die kolbenförmigen Verdickungen lingual der persistirenden Zahnanlagen der Beutler ähnlich den prälactealen Zahnkeimen als Reste der vielfachen Dentitionen dieser Vorfahren zu betrachten, die aber ihren Werth als Ersatzzähne vollkommen eingebüsst haben. Merkwürdig ist es, dass gerade eine der mittleren von den ererbten Dentitionen zu solcher Stärke heranwächst. Es lässt sich nicht anders erklären, als dass der Uebergang zu den Beutlern, also die Bildung des Beutels, ein verhältnissmässig schnell verlaufender Process gewesen ist. Durch den schnellen Verlauf dieses Processes hat sich das von den Vorfahren Ererbte, unter anderem der mehrfache Wechsel der Dentitionen, nicht so bald verwischen können. Daher finden wir auch die prälactealen und postpermanenten Ueberreste zahlreicher als bei anderen Säugethierklassen. Diese Ueberreste fassen wir insgesammt unter der Bezeichnung „prälacteale und postpermanente Dentition“ zu- sammen. Die prälacteale und postpermanente Dentition. Ganz kürzlich wurde durch WooDwARrD in seinem Aufsatze: „On the Teeth of the Marsupialia, with especial Reference to the Premilk Dentition“ überzeugend nachgewiesen, dass sich bei fast allen Beutelthier- species labial von den Anlagen der persistirenden Zahnreihe kleine, verkalkte Zähnchen und einfache epithel- leisten- oder knospenförmige Ausläufer finden. In Uebereinstimmung mit diesen Befunden, übereinstimmend aber auch mit den von LECHE und RÖöse bereits früher in Betreff der rudimentären, labialen Zahnanlagen am Beutelthiergebiss gemachten Befunden, besagt mein Ergebniss in dieser Hinsicht das Gleiche: mehr als 201 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 389 anderswo unter den Säugethieren zeigen sich bei den Beutelthieren durchgängig unverkennbare Reste älterer Dentitionen, die vor dem Milchgebiss bestanden und den directen Vorfahren der Beutelthiere angehörten. Diese Reste sind der prälactealen oder einer ersten echten Säugethierdentition zugeschrieben worden und sollen nach Ansicht mancher Autoren specifisch Reste einer Zahngeneration der Säugethiere sein. Im Verein mit der postpermanenten (dritten) Dentition werden daher im Ganzen vier verschiedene Säugethierdentitionen beschrieben: Dentition I oder prälacteale Dentition, 55 II ,, lacteale Dentition, au Ill , permanente Dentition, 5 IV , postpermanente Dentition. Von diesen gelten die erste und vierte als unvollkommen, indem beide nur unvollständig vor- kommen. Dentition I wird allgemein als eine ausgestorbene Zahngeneration angesehen, während Dentition IV bald für ererbt und auf Atavismus beruhend erachtet, bald für neuerworben und in progressiver Entwickelung begriffen gehalten wird. Ist nun diese Art der Eintheilung von Zahngenerationen der Säugethiere durch- führbar, und wie verhält sie sich zu den vorhergehenden Befunden? Die geschichtlichen Daten über „prälacteale Dentition“ finden sich bei LECHE und WOO0DWARD (26 und 65). Aus diesen geht hervor, dass die ersten Funde von Resten einer prälactealen Dentition an Placentaliern gemacht wurden (HERTZ, KÜKENTHAL, Röse). Bisher aber sind bei dieser Säugethierklasse keine verkalkten Reste festgestellt worden, sondern es fanden sich nur epitheliale, leisten- und knospen- förmige Fortsätze und Ausläufer. Diese gleichen aber vollkommen den labialen Ausläufern, welche sich als prälacteale Reste neben und in Verbindung mit Antemolar- und Molaranlagen von Phascolarcetus und anderen Beutelthieren zeigen. Die Lagebeziehungen sind in beiden Gruppen genau übereinstimmend. Zur weiteren Bestätigung kann ich ausser den Mittheilungen von Röse über die Zahnentwickelung des Rindes (46) noch eigene Anschauungen anführen, die ich über die Zahnentwickelung von Bos taurus gewonnen habe. Hier gehen mitunter von der gemeinsamen Zahnfurche oder dem Zahnleistenhalse labial freie epitheliale, zum Theil verdickte Fortsätze ab, die unter Umständen selbst mit dem lingual gelegenen Zahnkeime erster Dentition in directe Verbindung treten. Derartige Ausläufer finden sich bei Bos taurus ganz sporadisch labial von Antemolaren und Molaren!). Ich halte daher ebenso wie LECHE diese bei Marsupialiern und Placentaliern vorkommenden labialen rudimentären Epithelleisten in beiden Fällen mit einander für über- einstimmend und für Reste prälactealer Dentition. Das Fehlen verkalkter Reste bei den Placentaliern hängt 1) Diese Fortsätze und Ausläufer sind nicht mit der Lippenfurche zu verwechseln, da sie eine durchaus andere Lage zur Anlage der ersten Dentition oder zur Zahnleiste besitzen wie letztere. Selbstredend gehören nicht alle labialen Epithelleisten zur Zahnleiste. WILSoN und Hırr (58) geben eine Reihe von Textfiguren aus der Zahnentwickelung vom pig-Embryo wieder, auf welchen allerdings bei Fig. 2 A—D die Lippenfurche durch eine labial der Zahnleiste befindliche selbständige Epitheleinstülpung dargestellt wird. Diese Epitheleinstülpung ist aber nicht mit den labialen, zur Zahnanlage gehörenden Epithelsträngen und Zahnleisten- fortsätzen neben der Zahnleiste und den Zahnanlagen der Marsupialier und bisweilen auch Placentalier zu vergleichen und darf nicht, wie es von obigen Autoren geschehen ist, mit diesen echten Zahnleistenresten (zumal bei den Marsupialiern) verwechselt werden. Die auf Fig. 533>—54 und 83 der Abhandlung von WıLson und HILL (58) befindlichen labialen Ausläufer der Zahnleiste sind Abkömm- linge der Zahnleiste, aber nicht Reste der Lippenfurche oder die Lippenfurche selbst, wie bei den Textfiguren 2 des pig-Embryo. Eine derartige Gleichstellung ähnlich erscheinender Befunde bei Marsupialiern und Placentaliern ist sicherlich fehlerhaft und wird besonders durch die Ergebnisse der Zahnentwickelung des Phascolaretus widerlegt. Auf Grund ihrer Annahme leugnen WILSON und Hırr, überhaupt das Auftreten prälactealer Zahnreste bei Marsupialiern und Placentaliern, obwohl von verschiedenen Autoren bei verschiedenen Marsupialiern und Placentaliern echte Reste einer Vormilchdentition nachgewiesen sind, die nichts mit der Lippenfurche zu thun haben. Es ist ausserdem nicht anzunehmen, dass sämmtliche Autoren einen Irrthum in der Art, wie WILSON und Hırr. ihn feststellen wollen, begehen konnten. Vielmehr liegt der Irrthum auf Seiten dieser Autoren und würde vermieden sein, wenn von ihnen eine grössere Anzahl Beutelthier- und Säugethierspecies untersucht worden wäre. Perameles bietet für die prälacteale Dentition gerade die wenigsten Beweise und ist in dieser Hinsicht das ungünstigste Object. Im Uebrigen haben KÜKENTHAL (21) und ADLOFF (I) neuerdings bei Placentaliern echte prälacteale Ueberreste nachgewiesen. Jenaische Denkschriften. VI. 26 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. II. 50 390 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 202 meiner Meinung nach damit zusammen, dass bei diesen die Ersatzdentition bereits das Uebergewicht erlangt hat, und die prälactealen Reste in dem Maasse, wie die lacteale Dentition an Bedeutung verliert, immer schwächer und schwächer auftreten, um schliesslich ganz zu verschwinden. Abgesehen von den prälactealen Resten bei Placentaliern, die sich also auf nur unverkalkte Gebilde beziehen, tritt die prälacteale Dentition bei den Marsupialiern in ihrer Form um so mannig- faltiger auf. Wie die vorhergehenden Untersuchungen zeigen, beschränkt sich diese rudimentäre Zahn- reihe nicht nur auf ein labiales Zähnchen oder eine labiale Epithelleiste gleicher Dentition, sondern sie erscheint in mehr als einer Zahnreihe, in Resten zweier oder dreier reptilienähnlicher Dentitionen. Was mir bei Dasyurus in dieser Hinsicht besonders aufgefallen ist, glaubt WoopwAarD auch bei Phascologale gefunden zu haben (65); er sagt: „in the case of the Ist and 2nd lower incisors we find what appears to be two earlier sets of teeth“. Meine Schnitte zeigen ganz deutlich, dass labial der unteren Incisivi von Dasyurus zwei und drei verschiedene kleine verkalkte Zähnchen unter und neben einander liegen, welche nicht einer, sondern ensprechend den Dentitionen bei Reptilien und Amphibien mehreren Zahnreihen niederer Wirbel- thiere gleichzusetzen sind. Zum Vergleich mit diesem Befunde habe ich Serien von Embryonen der Ooronella laevis untersucht und ähnliche Zustände in ihrer Zahnentwickelung wie bei diesen Resten prälactealer Dentitionen gefunden und bin daher der Meinung, dass die prälactealen Reste nicht Reste einer Säuge- thierzahnreihe, sondern lediglich Ueberreste von Dentitionen der reptilienähnlichen Vorfahren sind. Die Erklärung Woopwarnp’s über Bedeutung dieser Reste halte ich unseren heutigen Kenntnissen ent- sprechend für sehr annehmbar (65). Ich sehe gleichfalls in diesen prälactealen Zähnchen Ueberreste von Dentitionen der unmittelbaren Vorfahren, welche diese kurz nach ihrem Eileben zu ihrer eigenen Ernährung nöthig hatten, da ihnen das Leben im Uterus oder im Beutel, sowie die mütterlichen Milchdrüsen fehlten. ©b diesen temporären Dentitionen schon damals eine ausgebildet heterodonte Zahnreihe folgte, lasse ich aller- dings dahingestellt. Meiner Ueberzeugung nach entwickelte sich die heterodonte Säugethierzahnreihe erst allmählich mit der eigentlichen Differenzirung der Säugethiere. Die prälactealen Dentitionen gehören daher nicht zu den Zahngenerationen der Säugethiere; wir müssen die Eintheilung der Säugethierdentitionen mit dem Milchgebiss und nicht mit den Resten prälactealer Zahnreihen beginnen. Die Mehrzahl prälactealer Zahnreihen tritt ausser bei Dasyurus besonders noch bei Phascolarctus hervor. Wenn man die Schnittserien der Kiefer dieser Thiergattung genau verfolgt, so ist der Befund von verschiedenartigen prälactealen Ueberresten auffällig. Es zeigt sich nicht nur fast durchgängig ein labialer, zahnleistenartiger Epithelstrang, der mitunter selbständig neben der eigentlichen Zahnleiste in die Mundhöhle mündet, an die labiale Seite einzelner Milchzahnanlagen dicht herantritt und mit diesen verwächst, sondern ausser diesem nicht selten mit einem Zahnkeime verbundenen Strange erscheinen zwei und drei selbständige labiale Zahnleistenfortsätze, die an ihrem Ende kolbige Zahnkeime oder verkalkte Zähnchen tragen. Wie häufig derartige prälacteale Reste mit der lingual gelegenen lactealen Zahnanlage in directe Berührung treten, zeigen die vorhergehenden Untersuchungen. Auch für die übrigen einzelnen Fälle verweise ich auf die dortigen Darstellungen (siehe Dasyurus und Phascolaretus: Zusammenfassung). Auch bei einer allgemeinen Uebersicht der prälactealen Reste ist für alle untersuchten Marsupialier- gruppen besonders die eben erwähnte labiale, grösstentheils in die Zahnfurche, bisweilen selbständig in die Mundhöhle einlaufende Epithelleiste zu nennen, welche mitunter an ihrem freien Ende kolbige Ver- dickungen oder noch seltener verkalkte Zähnchen trägt. Sie tritt bei allen Species und dann besonders als einfache Leiste in der Gegend der Backzähne auf, neben denen überhaupt verkalkte prälacteale Reste nicht zu finden sind. WooDWARD beschreibt diesen labialen Epithelast bei den Molaranlagen der Macropodiden ebenfalls (62). Er hält ihn jedoch für den Rest der lactealen Dentition und rechnet daher die Molaren zur 203 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 391 zweiten oder Ersatzdentition. Diese Auffassung ist meiner Ansicht nach nicht richtig. Bei einer genauen Durchsicht der Serien stellt es sich heraus, dass diese ganz labial gelegenen Fortsätze genau den labialen Epithelleisten neben den Antemolaren entsprechen und bei der ersten Anlage der Molaren ebenso zu diesen gelegen sind wie die prälactealen Epithelleisten zu den lactealen Antemolarenanlagen. Wenn wir den labialen Epithelast daher neben den Antemolaren für prälacteal halten, muss er auch neben den Molaren für prä- lacteal gelten. Aus diesem Grunde sind die Molaren keineswegs der Ersatzdentition zuzurechnen. Eine eigenartige Beziehung zur Zahnleiste gewinnt der labiale Epithelstrang in der Gegend der Molaren besonders bei Phascolarctus. Der Strang liegt hier fast parallel zur Zahnleiste und mündet auch selbständig in die Mundhöhle. Er wird lang und stark. Das Auffallendste ist aber, dass zwischen diesem Strang und der Zahn- leiste Verbindungsbrücken entstehen, die gleichsam eine innige Vereinigung beider Gebilde einleiten und auch thatsächlich durchführen (Fig. 125a, b, 147). Die Selbständigkeit und Stärke dieses ganz sicher als prä- lacteales Gebilde aufzufassenden Epithelstranges.lässt ihn der Bedeutung einer Zahnleiste sehr nahe kommen. Man könnte hier von zwei Zahnleisten sprechen, wenn es nicht wahrscheinlicher wäre, die Trennung beider Leisten, welche ursprünglich zusammenhingen, durch einen oberflächlichen Verlust an Mundschleimhaut zu erklären. Ein allmählicher Rückzug des Schleimhautepithels hat die Zahnleiste sozusagen entblösst und die anfänglich als Theile einer Zahnleiste auftretenden Epithelleisten zu zwei scheinbar selbständigen Leisten erhoben. Auch sonst stösst man bei der Zahnentwickelung der Beutelthiere häufiger auf derartige Befunde, und zwar nicht nur im Bereiche der Molaren, sondern auch der Antemolaren. Bei den Molaren ist diese Erscheinung jedoch weniger selten. Wie beide Leisten ganz in einander aufgehen können, zeigen die Befunde bei Dasyurus (siehe Textfig. 4—6). Hier treten sie zur Bildung von M 2 zu einer verbreiterten Zahnleiste zusammen. Ueberhaupt ist wohl anzunehmen, dass die im Bereiche der vorderen Molaren so häufig auf- tretende breite Zahnleiste ein Product prälactealer und lactealer Epithelleisten ist. Bei den letzten Molaren ist dieser Zustand in Folge späterer Entwickelung und des fehlenden Zusammenhanges mit dem Mundhöhlenepithel nicht genau festzustellen. Sonst sind Unterschiede in der Form der prälactealen Reste besonders in der Gegend der Incisivi und Canini zu finden. Merkwürdigerweise treten labial der vorderen Prämolaren I—-3 diese Reste seltener und nur in den Anfangsstadien der Entwickelung dieser Zähne auf. Der Milchprämolar 4 zeigt häufiger deutliche und zahlreiche labiale Anhängsel (Fig. 148). Im Bereiche der Incisivi und Canini sind die prälactealen Reste bald Epithelhäufchen mit verkalkten Perlen oder unverkalkte Kolben, bald wirklich kleine, zum Theil verkalkte, zum Theil noch unverkalkte Zähne, die mitunter mit der Anlage des Milchzahnes in directer Verbindung stehen und es zu thatsächlichen Verwachsungen mit dieser letzteren Anlage bringen. Aus der Art der Lage dieser Miniaturzähne zur Zahnleiste und lactealen Zahnanlage ist zu entnehmen, dass auch sie prälactealer Natur sind. Das bevorzugte Auftreten verkalkter prälactealer Zähnchen neben den vorderen Antemolaren hängt möglicherweise damit zusammen, dass bei den Molaren und Prämolaren die Verschmelzung von prälactealen und lactealen Zahnkeimen eine weit innigere ist als bei den vorderen Antemolaren. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass nur diese letzteren Zähne verkalkte, prälacteale Vorgänger besessen haben und diese den übrigen Milehzähnen fehlen sollen. Das übereinstimmende Vorkommen von prälactealen Epithelleisten neben Molaren und Prämolaren und ihre meist innige Verbindung mit der lactealen Zahnanlage bei beiden Zahnarten sprechen dafür, dass sowohl neben Antemolaren wie neben Molaren einst vollständige prälacteale Zähne entwickelt waren. Ein zusammenfassendes, klares Bild lässt sich aus den vielen verschiedenartigen Befunden nicht leicht zusammenstellen. Die Mannigfaltigkeit in den Formen und die Unbestimmtheit in dem Erscheinen 26* 50* 392 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 204 der prälactealen Reste sprechen für einen vollkommenen Zerfall dieser Organtheile Sie haben trotzdem nicht nur als selbständige Zähne bei den Vorfahren der Säugethiere eine Rolle gespielt, sondern noch heute für die Anlage der lactealen Dentition in Bezug auf deren Ausbildung eine gewisse Bedeutung. Es ist also als sicher anzunehmen, dass die sog. „prälacteale Dentition“ Reste mehrerer reptilien- ähnlicher Dentitionen vorstellt, und dass die den lactealen Zahnanlagen zunächst liegenden prälactealen Keime in vielen Fällen sich mit den lactealen Anlagen vereinigen. Sie darf aber keinen Anspruch darauf erheben, für den Rest einer echten Säugethierdentition zu gelten. Wie stellen sich die Repräsentanten einer dritten Dentition zu der aufgestellten Reihenfolge der Säugethierdentitionen ? Diese, einer jüngeren als der Ersatzdentition angehörigen Zahngebilde sind bisher in eigentlich echter Form nur als knospenförmige Verdickungen freier Zahnleistenenden lingual derjenigen Ersatzzähne beschrieben worden, deren Milchvorgänger rudimentär sind. Das Weiterwachsen der Zahnleiste kennzeichnet an und für sich in diesen Fällen nur die Fähigkeit der Zahnleiste, dann weiteren Zahnanlagen zur Entwickelung: zu verhelfen, sobald noch für einen weiteren Ersatz Zahnleistenmaterial genügend vorhanden ist, und ein Bedürfnis nach Ersatz vorliegt. Aus diesem Grunde darf die postpermanente Zahnreihe ebensowenig für einen Neuerwerb im Zahnwechsel gehalten werden, wie die eigentliche Ersatzdentition. Andererseits aber kann ihr Erscheinen nicht als ein reiner Atavismus gelten, da ja unter Umständen aus diesen Zahnkeimen dritter Dentition echte heterodonte Säugethierzähne hervorgehen sollen, die in dieser Form den Vorfahren fehlten (26). Wenn also das Wiederauftreten dieser Dentition einerseits auf Vererbung des vielfachen Zahnwechsels beruht, so ist andererseits die Form dieser von neuem auftauchenden Zahngeneration ein Neuerwerb. Daher ist nur in dieser Auffassung die Entwickelung einer dritten Dentition für einen progressiven Ent- wickelungsprocess zu halten, und die dritte oder postpermanente Dentition unter die Säugethierdentitionen einzureihen. Zugleich aber möchte ich vor allzu eiliger Aufstellung vieler Säugethierdentitionsreihen warnen, da das Beweismaterial hierfür heutzutage noch nicht ausreichend ist. Ich bin von den Repräsentanten der dritten Dentition, wie sie LECHE bei Erinaceus und Phoca beschreibt, durchaus noch nicht überzeugt. Diese überzähligen Zähne können ebenso gut verloren gegangene Backzähne sein, welche sich aus besonderen Gründen wieder entwickelt haben. Ihre linguale Lage zur Zahnreihe besagt gar nichts für die Zugehörigkeit zur dritten Dentition, ebensowenig kann der Grund, welchen LEcHE als Beweis anführt, dass sich lingual von den Vorgängern dieser Zähne dritter Dentition, also den Ersatzzahranlagen, bei jüngeren Vertretern der gleichen Gattung knospenförmige Zahnkeime finden, welche auf die Möglichkeit der Ausbildung zu vollkommenen Zähnen dieser dritten Ersatzzahnreihe hindeuten sollen, vollständig genügen. Wenn sich in der That lingual eines Ersatzprämolaren bei Erinaceus und Phoca embryonal Zahnleistenfortsätze und junge Zahnkeime finden, so braucht dieser Befund immer noch nicht für eine wirkliche, vollständige Ausbildung dieser Anfangs- stadien von Zahnanlagen zu sprechen. Im Allgemeinen gehen diese lingualen Zahnkeime, wo sie auftreten, frühzeitig zu Grunde. Ausser Repräsentanten dritter Dentition finden sich bei den Beutelthieren auch Zahnkeime vierter und noch früherer Generationen (Fig. 49, 50, 53, 56, 57, 70, 71, 165—167). Nach LEcHE’s Hypothese müssten alle diese Keime ein Neuerwerb sein, der den Säugethieren eigen wäre. Für mich aber stellen alle diese nie zur Entwickelung kommenden Reste nur die Leistungsfähigkeit der Zahnleiste, stets Zahnkeime bilden zu können, und die Vererbung; vieler Dentitionen vor, welche durch das Trägheitsgesetz in der Vererbung erklärt wird. Sie haben bei den Beutelthieren ebensowenig wie die Zahnkeime der Ersatz- dentition einen Zweck und gehen nutzlos zu Grunde. 205 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 393 Vor allem aber müssen die Zahnkeime dritter oder richtiger einer jüngeren Ersatzdentition lingual von echten Molaren unsere Aufmerksamkeit hervorrufen (Fig. 31, 74, 9I—05, 105, 107). Während die eigentlichen Ersatzkeime reducirt sind, bilden diese Zahnkeime gut entwickelte, kolbenförmige Stadien. Sie liegen oberhalb der Molaranlagen in der Nähe des Mundhöhlenepithels und stehen mit diesem theilweise in Verbindung. Da diese Zahnkeime sogar in der Zweizahl lingual einer und derselben Molaranlage vor- kommen, so sind auch sie nur Resten von Dentitionen der Vorfahren, ähnlich den prälactealen Ueberresten, gleichzusetzen. Die zahlreichen Zahnkeime lingual des Caninus von Trichosurus und Phalanger erinnern stark an die Zahnentwickelung der niedersten Wirbelthiere (Fig. 50). Besonders aus dem Wiedererscheinen dieser überzähligen lingualen Ersatzzahnkeime geht deutlich hervor, dass sie ebenso wie die dritte Dentition von den Säugethieren nicht neu erworben sind. Das Erscheinen mehrerer lingualer knospenförmiger Zahnkeime neben Zahnanlagen hat auch Küken- THAL bei Manatus beschrieben (21). Er weist bei dieser Gelegenheit gleichfalls auf die Aehnlichkeit mit der Selachier-Zahnentwickelung hin. Für mich haben somit die prälactealen wie postpermanenten Dentitionen in ihrer Beurtheilung gerade eine Einschränkng gegenüber ihrer frühren Bedeutung zu erleiden. Sie sind nicht Reste von Säuge- thierzahnreihen, sondern reptilienähnlichen Dentitionen, die nicht in das von LECHE aufgestellte Schema der vier Säugethierzahnreihen hineingehören. Letzteres besteht nur aus zwei Zahnreihen, dem Milch- und Ersatz- gebiss der Säugethiere. Diese Einschränkung ist nothwendig. Zum Theil ist es mit der sog. Concrescenz- theorie den Ergebnissen zufolge ähnlich bestellt. Die Concrescenztheorie. Das Capitel dieser Theorie hat im Laufe der letzten Jahre ungemein an Interesse gewonnen, zumal da die interessirten Beobachter neuerdings die embryologische Forschung zur Ergründung der wirklichen Thatsache und des Nachweises einer „Verschmelzung mehrerer kegelförmiger Reptilienzähne zu einem mehr- höckerigen Backzahn der Säugethiere“ in den Vordergrund stellten. Trotzdem die thatsächlichen Befunde einer Verschmelzung oder augenscheinlichen Verwachsung verschiedener Zahnkeime bisher äusserst geringe waren, so haben die von KÜKENTHAL bei Phocaena beobachteten Verwachsungen von ursprünglich getrennt angelegten Zähnen dennoch die Möglichkeit von Verwachsungen von Zahnanlagen verschiedener Dentitionen als sicher festgestellt (18). Das bisher für die Untersuchung der Ontogenie des Zahnsystems benutzte Säugethiermaterial war zur Lösung dieser Frage weniger geeignet. Es fehlten die Vertreter der ältesten Säugethiergruppen; sie sind erst zum Theil in neuerer Zeit einer eingehenden Prüfung unterworfen worden. Gerade durch die letzten Untersuchungen aber hat die Concrescenztheorie anscheinend eine festere Ge- staltung und Basis gewonnen. Im Allgemeinen ist die Auffassung dieser ganzen Theorie noch unbestimmt. Bei der bisherigen Ver- schmelzungshypothese oder Concrescenztheorie handelt es sich grösstentheils nur um eine Verwachsung von Zahnkeimen mehrerer reptilienähnlicher Dentitionen der Säugethiervorfahren zur Bildung eines Säuge- thierzahnkeimes, die zumeist im frühen Stadium der Zahnentwickelung der ältesten Säugethiere zur Wahr- nehmung kommen soll. Von einer Verschmelzung; mehrerer kegelförmiger Reptilienzähne zu einem mehr- höckerigen Säugethierzahn kann nicht die Rede sein, da es sich einmal meist nur um thatsächliche Ver- wachsungen von Zahnkeimen handelt, denn die Zahnkeime gehen nicht in einander auf wie bei einer 394 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 206 Verschmelzung), und zweitens kegelförmige Reptilienzähne nicht in Frage kommen, sondern junge unaus- gebildete oder rudimentäre Zahnkeime, die phylogenetisch einer sehr frühen Zeitperiode entsprechen müssen. Das in Hinsicht der Verschmelzungshypothese dieser Art von Röse (38 und 42) aufgestellte Schema der „Entwickelung des menschlichen Gebisses aus einem reptilienähnlichen“ ist den Thatsachen nicht ent- sprechend. Die Anzahl der zur Verwachsung gelangenden Zahnkeime ist unbestimmbar und von Zufällen abhängig. LECHE wendet sich im Allgemeinen gegen die Hypothese, verkennt aber doch nicht die Wichtig- keit des KÜkentHar’schen Befundes bei Phocaena (26). Diesen einzelnen Beobachtungen haben sich nun mittlerweile mehrere andere angeschlossen, so dass die embryologische Forschung, welche nach LECHE „die Verschmelzungshypothese bisher in keiner Weise zu unterstützen vermochte“, in jüngster Zeit gleichwohl Befunde aufzuweisen hat, die für eine „Verwachsungstheorie“ zu sprechen vermögen. Die Untersuchungen hierüber sind freilich noch lange nicht abgeschlossen, so dass mit der Zeit voraussichtlich weitere Resultate bekannt werden. Neuerdings erst ist durch den Aufsatz von KÜkENnTHAL über die Gebissentwickelung von Manatus der Frage über die Concrescenz eine weitere Bahn eröffnet (21). KÜKENTHAL weist nach, dass linguale wie labiale freie Zahnleistenenden zur Verbreiterung eines Backzahnes und zum Ansetzen seitlicher Zacken bei Manatus beitragen. Aehnliches findet sich auch bei der Zahnentwickelung der Marsupialier. Ich habe gleichfalls die Ansicht ausgesprochen, dass ausser bei Molaren auch bei manchem Antemolaren, so z. B. bei den Prä- molaren von Aepyprymmus, linguale neue Zacken durch das Verwachsen des lingualen Zahnleisten- fortsatzes mit der labialen Zahnanlage entstehen, ferner beim oberen Id? meist eine zweite linguale Zacke auf ähnliche Weise gebildet wird. Ueberhaupt zeigen sich bei den meisten Zahnanlagen der Marsupialier häufig labial und lingual verdickte Wände, die nur durch eine Verwachsung von labialem und lingualem Zahnleistenmaterial mit der eigentlichen Zahnanlage erster Dentition bedingt sein können. Das Meiste von diesem Material wird in die Zahnanlage einbezogen und zum Aufbau dieser verwendet; bleiben Reste übrig, so erscheinen sie später als reducirte kleine Zahnleistenfortsätze, die nicht zur Entwickelung gelangen können. Weit wichtiger aber als diese Erscheinungen, welche eine Schwächung und den Untergang der Ersatzdentition zur Folge haben, sind die direct nachweisbaren Verwachsungen von wirklichen Zahn- keimen verschiedener Dentition, die ich häufiger bei den Beutelthieren feststellen konnte. Es handelt sich hierbei also nicht um ein einmaliges Ergebniss, sondern um einen Befund, der durch sein zum Theil regelmässiges Erscheinen eine grössere Bedeutung erhält. Wir finden vorzugsweise Verwachsungen von echten prälactealen und lactealen, mehr oder weniger ausgebildeten Zahnkeimen oder Zahnleistenstücken (Fig. 20—22, 45, 109, 115, 117, 121, 125, 147, 155). Lacteale und postlacteale Verwachsungen treten hingegen bei Antemolaren weniger oft auf, während sie bei echten Molaren viel häufiger, aber nicht constant sind (Fig. 12, IIg, 127, 128, 171, 173, 182). Das Verwachsen von mehr oder weniger ausgebildeten Zahnkeimen verschiedener Dentitionen findet sich bei den vorderen Antemolaren, das Verwachsen von Zahnleistenstücken, welche ver- ı) Für gewöhnlich unterscheidet man bei durchgebrochenen Zähnen zwei Arten von Doppelgebilden: r) verwachsene Zähne (dentes concreti), die vollständig getrennt angelegt sind, aber nachher durch Cementhypertrophie mit einander an ihren Wurzeln verwachsen, 2) verschmolzene Zähne (dentes confusi), die noch zu der Zeit, wo sie als Zahnkeime aus weichem Gewebe bestanden, sich mit einander vereinigt haben. In Punkt 2 trennt man wieder die Vereinigung zweier normaler Zahnkeime, die eigentlichen dentes confusi, von der eines normalen mit einem überzähligen Zahnkeim und bezeichnet letztere nach eingetretener Dentification als dentes geminati. (BUSCH, „Ueber Verschmelzung und Verwachsung der Zähne des Milchgebisses und des bleibenden Gebisses“, Deutsche Monatsschrift für Zahnheilkunde, November 1897, Bd. XV.) Meiner Ansicht nach ist schon bei der Ver- einigung von unverkalkten Zahnkeimen der gleichen oder verschiedener Dentitionen normaler oder überzähliger Natur ein Unter- schied in „Verwachsung“ und „Verschmelzung“ zu machen. Reine Verschmelzungen sind seltener als Verwachsungen, erstere werden mit der Zeit zu normalen Zuständen, die nichts Auffälliges mehr besitzen, während letztere stets etwas Anormales und Aussergewöhnliches vorstellen. 207 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier, 395 schiedenen Zahnreihen entsprechen, überall, aber besonders bei den Backzähnen der Marsu- pialier. Dieser Umstand verhält sich hier ebenso wie beim Auftreten verkalkter und unverkalkter prä- lactealer Reste und beruht darauf, dass in dem einen Falle mehr Material an die linguale lacteale Zahnanlage abgegeben ist als im anderen. Ich habe bei Besprechung der „prälactealen Dentition“ auf diesen Umstand bereits hingewiesen. Das schönste Beispiel für die Verwachsung prälactealer, lactealer und postlactealer Zahnkeime, also von Material drei verschiedener Dentitionen, giebt uns die Anlage eines 1. Molaren von Didelphys (Fig. 182). Es sind auf diesem jugendlichen Entwickelungsstadium bereits deutlich seitliche Ausläufer als Fortsätze zu erkennen, die für gewöhnlich für Zahnleistenfortsätze gelten. Sie lösen sich bei der weiteren Entwickelung nicht wieder oder theilweise von dem mittleren Keime ab,sondern verbleiben in der Anlage und bilden vielleicht die seitlichen Kronenzacken. Wenn also auch die allererste Anlage jedes Säugethierzahnes als ein knospen- förmiger Schmelzkeim eine „vollkommen einheitliche“ Anlage sein mag, so beweist dieses Bild, dass die nächste Entwickelungsstufe nicht mehr einheitlich ist oder zu sein braucht, sondern bereits fremdes Material besitzen kann. Aus diesem Grunde ist die vollkommen einheitliche erste Anlage der Säugethierzähne kein wirklicher Grund gegen eine Concrescenztheorie. Andere Gründe sprechen ebenfalls dafür, dass der Molar zu den zusammengesetzten Zähnen gehört und bei seiner Bildung mehrere Zahnkeime der Vorfahren-Dentitionen betheiligt sind. Es finden sich z. B. lingual von vorderen Molaren mehr als ein Ersatzkeim, bisweilen zwei reducirte der gleichen Zahnreihe. Abgesehen davon, dass sich zwei verschiedene Ersatzzahnreihen vorfinden, zeigen sich also auch innerhalb dieser Zahnreihen zwei verschiedene allerdings reducirte Ersatzkeime. Diese entsprechen einem Molaren. Ferner ist die Zahnleiste in der Gegend der Molaranlagen meist bedeutend breiter als in der Gegend der Antemolaren. Wie nun die Beobachtungen bei Phascolaretus (Fig. 125, 147) und Dasyurus (Textfig. 5—7 zeigen, entsteht diese verbreiterte Zahnleiste durch ein Verwachsen der prälactealen und lactealen Zahnleistenstücke. Dieser Vorgang lässt sich aus den vorhergehenden Beschreibungen und den Figuren folgern und giebt einen greifbaren Beweis einer thatsächlichen Verwachsung und innigen Verschmelzung !) wieder. Aehnliche Beweise von Verwachsungen liefern uns aber auch die Befunde in der Gegend der vorderen Antemolaren, wenn sie auch mehr beschränkt sind. Ueberzeugend klar geben die Figuren von Phascologale, Phascolarctus, Perameles, Aepyprymnus dieses Verhalten wieder, welches aber zu keiner Norm erhoben werden darf, sondern besonderen Umständen zu verdanken ist, wie es bei den Marsupialiern der Fall ist?). Aus allen Untersuchungen geht somit ganz sicher hervor, dass directe Verwachsungen bei den Beutelthieren nicht selten sind. Sie spielen ohne Frage bei der Bildung von Beutelthierzähnen eine bestimmte Rolle, wenn es auch viel zu weit gegangen wäre, zu behaupten, dieser Verwachsungsvorgang sei der einzige Factor für die hohe Differenzirung des Beutelthierzahnes. Denn in den Fällen, wo anfangs auf jungen Stadien Verwachsungen vorliegen, treten später auf älteren Stadien gleichwohl labiale oder linguale, allerdings reducirte, Fortsätze auf, und andererseits kommt es dort nicht zu Verwachsungen, wo es gemäss ı) Ich möchte hierbei hervorheben, dass bei einer weiteren Ausbildung der Verwachsungstheorie sowohl auf Ver- schmelzungen wie auf Verwachsungen von Zahnkeimen oder deren Theilen Rücksicht zu nehmen ist. Während die zweite Be- zeichnung ein inniges Zusammengehen und eine vollkommene Vereinigung zweier oder mehrerer sonst getrennter Theile in sich begreift, fehlt dieses der ersten, wo es sich um unvollkommene Vereinigungen und um ein begrenztes Zusammengehen handelt. Für die Molarenanlage dürfte daher von diesem Standpunkt aus die Bezeichnung der Verschmelzung mehr am Platze sein als für die Antemolaren. Zu betonen ist jedenfalls, dass das Epithel in diesen Fällen das active, primär sich verändernde Element vorstellt. 2) Kürzlich ist in der „Deutschen Monatsschrift für Zahnheilkunde“ von Prof. BUSCH ein Aufsatz „Ueber die Verschmelzung und Verwachsung der Zähne des Milchgebisses und des bleibenden Gebisses“ erschienen, welcher sehr interessante Einzelheiten bringt. Durch jahrelanges Sammeln ist es dem Verf. gelungen, eine schöne Reihe verwachsener menschlicher Zähne zu erhalten, welche gleichfalls beweist, dass Verwachsungen oder Verschmelzungen von Zähnen sowohl zwischen Zähnen der gleichen wie auf einander folgender Zahnreihen vorkommen können. Besonders interessante derartige Fälle sind durch entsprechende Zeichnungen wiedergegeben. (Deutsche Monatsschrift für Zahnheilkunde, Jahrgang XV, November 1897.) 396 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 208 den Beobachtungen bei verwandten Gattungen erforderlich wäre. Im letzteren Falle ist dann die prälacteale Anlage, [um die es sich handelt, viel kleiner und reducirter, so dass man annehmen kann, ein Theil sei wieder frei und selbständig geworden, während der andere dem Verwachsungsprocesse unterlegen ist. In Fällen, wo keine directen Verwachsungen nachzuweisen sind, bleibt es jedem Einzelnen überlassen, anzu- nehmen, ob da sämmtliches prälacteales Material zum Aufbau des Milchzahnes verbraucht ist oder nicht. Ich möchte mich nicht ausschliesslich für das Erstere entscheiden, sondern vielmehr die Ansicht vertreten, dass solche Verwachsungen nur gewissen Vorbedingungen unterliegen und von diesen abhängen. Den Marsupialier--Zahn haben wir uns demnach entsprechend allen den Vorgängen seiner Ent- wickelung als ein Gebilde vorzustellen, an dessen Aufbau sich ausser der lactealen Dentition theilweise auch die Zahnkeime und Zahnleistenstücke der prälactealen und der postlactealen Zahnreihen betheiligen. Das Letztere betrifft vor allen Dingen die Molaren. Es fragt sich, ob wir das Gleiche von den Zähnen der übrigen Säugethiere, der Placentalier, behaupten dürfen. Solange nicht ähnliche Befunde directer Ver- wachsungen in der Gegend der Antemolaren der Placentalier bekannt werden, ist nicht anzunehmen, dass das Gleiche auch von den Antemolaren der Placentalier gilt. Für die Molaren der Placentalier ist es wohl anzunehmen, dass die gleiche Deutung eintreten muss, wo es sich um ziemlich gleiche Verhältnisse handelt. Bei den Antemolaren haben jedoch die Marsupialier den Vorzug, erstens, dass die „prälacteale Dentition‘“ gut und kräftig erhalten ist, und zweitens, dass die Ersatzdentition nicht besteht. Beide Vorzüge begünstigen die Verwachsung. Sie fehlen den Antemolaren der Placentalier mit Ausnahme der monophyodonten Species (siehe Phascolarctus. Zusammenfassung). Die Verwachsungen von Zahnkeimen in der Reihe der Antemolaren hängen daher lediglich von besonderen Umständen, verlängertem embryonalen oder Beutelleben, Untergang der Ersatzdentition oder einer anderen Zahnreihe etc. ab. Derartige Vorkommnisse wurden bisher nur bei Säuge- thieren beobachtet, bei denen ein solcher Umstand vorlag. Von diesem Standpunkte aus können wir der Concrescenztheorie sicher eine gewisse Bedeutung, zumal bei der Bildung aller Zahnanlagen der Marsupialier und der jungen Molaranlagen aller Säugethiere einräumen, ohne wirklich mit den Thatsachen der Paläontologie und vergleichenden Anatomie in Conflict zu gerathen. Die Entwickelungsstufen in den Gebissen der Placentaliergruppen, wie sie durch OSBORN, CoPE, JÄKEL begründet wurden, behalten trotzdem ihren unantastbaren Werth. Die Entstehung der Molaren. Wie aus dem Vorherigen zu entnehmen ist, hängt die Anlage der Molaren anscheinend in bevor- zugter Weise mit der Concrescenztheorie zusammen (siehe Fig. 182). Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass für die Entstehung dieser complicirten Gebilde in vielen Fällen verschiedene Verwachsungs- und Verschmelzungsprocesse als Vorbereitung dienen und zur Verstärkung dieser Backenzähne nicht lediglich lacteales Zahnleistenmaterial Verwendung findet. Es betheiligen sich an dem Aufbau der Molaren der Beutelthiere prä- und postlacteale Zahnkeime oder Zahnleistenstücke, die von den Vorfahren ererbt sind. In der Hauptsache aber ist der Molar der Beutelthiere ein Milchzahn, da er sich ebenso anlegt wie die Antemolaren der Beutelthiere, welche den Untersuchungen nach nur als „Milchzähne“ aufgefasst werden können. Meine endgültige Definition über die Dentitionenfrage der Molaren lautet daher: Der Molar der Marsupialier gehört der ersten oder Milchdentition an und kann durch prä- und postlacteales Zahnleistenmaterial verstärkt werden. Der directe Nachweis dieser Definition beschränkt sich auf die 3 ersten Molaren, ist aber für den 3 nicht bei jeder Species zu geben; der für den 4. Molaren lässt sich kaum herbeiführen, da seine Anlage durch seine spätere Ent- 209 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 397 stehung, durch die Kürze des jugendlichen Kiefers und die freie Lage im Mesoderm wesentlich beeinträchtigt wird. Es gilt das für die Stellung der Molaren in der Zahnreihe überhaupt; doch ist anzunehmen, dass auch die letzten Molaren den gleichen Bedingungen wie die vorderen Molaren unterliegen, zumal da sie sich an der nach hinten fortwachsenden Zahnleiste in gleicher Weise wie die vorderen Milchzähne entwickeln. Was für die Molaren der Marsupialier gilt, betrifft auch die Molaren der Placentalier, da, wie LECHE betont, die Homologien zwischen den Molaren beider nicht bezweifelt werden kann. Wir können um so mehr dieser Ansicht beistimmen, weil KÜRENTHAL neuerdings directe embryologische Beweise bei Darlegung der Zahnentwickelung von Manatus gebracht hat. Bei LECHE und ebenso in der Abhandlung von Wırson und Hiırr findet sich die historische Reihen- folge und Zusammenstellung der verschiedenen Ansichten der meisten Autoren über die Stellung der Molaren zur Milch- und Ersatzdentition (26 und 58). Bemerkenswerth für unseren Fall sind die Auffassungen von SCHWALBE und WOODWARD. Ersterer fasst Molaren und Milchmolaren als der ersten und zweiten Dentition zugehörig auf, bemerkt aber zugleich, dass die Molaren auch ebensowohl der prälactealen und lactealen Zahnreihe zugezählt werden können, womit er der von mir vorher aufgestellten Definition nahe kommt. WOoopwArD hingegen rechnet speciell die Molaren der Beutelthiere zur zweiten oder Ersatzdentition, indem er die von mir für prälacteal erklärten seitlichen Epithelstränge für Reste der ersten Dentition ausgiebt. RÖSE ist von seiner ursprünglichen Auf- fassung, die Molaren der Beutelthiere der ersten oder Milchdentition anzugliedern, insofern abgewichen, als er die Molaren überhaupt nach seinen Untersuchungen „über den Zahnbau und den Zahnwechsel von Elephas indicus“ (44) für „seitliche Endglieder besonderer Dentitionen“ hält. Nach KÜRENTHAL gehören die echten Molaren zur Milchzahnreihe, sie besitzen jedoch Material der Ersatzdentition in ihren Anlagen, während LECHE von jeher und neuerdings Wırson und Hırt die Molaren der Milch- oder ersten Dentition zuzählen. Bereits bei der Zahnentwickelung von Galeopithecus Pall. habe ich gleich LECHE (22) betont, dass die gleichzeitige Function der vorderen Molaren mit den Milchzähnen (Antemolaren) morphologisch für die LecHe’sche Ansicht spricht. Zugleich aber versuchte ich nachzuweisen, dass auch Material der Ersatz- oder zweiten Dentition in der Anlage der Molaren vorhanden ist und die auftretenden lingualen, kolbenförmig verdickten Zahnleistenfortsätze der dritten Dentition zugehören (4). Nach den letzten Untersuchungen ist diese Auffassung insofern abzuändern, als sich bei der Anlage der Molaren ausser der Ersatzdentition auch prälacteales Material als Zugabe betheiligt. Die lingual auftretenden reducirten oder normalen Ersatzkeime hingegen sind wieder abgestossene Theile der Ersatzanlage oder gehören einer jüngeren als der zweiten Dentition an, ohne dass sie alsdann Anfänge echter Säugethierdentitionen vorstellen; sie sind lediglich Reste ererbter und noch erhaltener Vorfahrendentitionen. Ihr Erscheinen darf nicht auffällig sein, da ja die Molaren ursprünglich nichts weiter als prämolarenähnliche Zähne erster Dentition gewesen sind. Die Um- bildung von Prämolaren zu Molaren ist vergleichend-anatomisch noch heute bei bestimmten Thiergattungen, z. B. Galeopithecus nachzuweisen. Von diesem Standpunkte aus ist auch der linguale Zahnleistenfortsatz zu betrachten, welcher sich mitunter frühzeitig neben und in Verbindung mit einzelnen Molaranlagen allerdings meistens nur an ihrem distalen Ende zeigt. Es scheint, als ob der Fortsatz in diesem Falle seine Selb- ständigkeit mehr als sonst bewahrt, wobei jedoch zu beachten ist, dass er nichts weiter als das freie Ende der Zahnleiste vorstellt, seine Selbständigkeit auf einer sehr frühen Entwickelungsstufe hervortritt, sogar zu einer Zeit, wo sonst bei Antemolaranlagen kein derartiger Fortsatz zu finden ist. Auf höherer Ent- wickelungsstufe erscheint der Fortsatz alsdann stark reducirt, weshalb auch hier anzunehmen ist, dass ein Theil sich mit der labialen Zahnanlage verbunden hat, der andere aber selbständig geblieben und zerfallen Jenaische Denkschriften. VI. 27 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 51 398 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 2IOo ist. Dieser Zustand ist besonders bei der Anlage des ersten Molaren bemerkenswerth und zwar bei Perameles, Dasyurus und Phascolarctus ungefähr gleichermaassen, wenn auch die letztere Species den primi- tivsten Character bewahrt hat. Das Verhalten erinnert an Prämolarenanlagen, zumal an die des Prd 5 oder M I und beweist somit, dass diese Zähne in gewisser Beziehung mit einander zu vergleichen sind, insofern zumal, als beide sich den eigentlichen Character eines echten Molaren noch nicht vollständig angeeignet haben. Die lingual einiger Molaranlagen sich zeigenden jüngeren (3., 4.) Ersatzdentitionen, die bereits häufiger erwähnt wurden, können die Auffassung in der Stellung der Molaren, diese der Milchzahnreihe zuzurechnen, nur noch befestigen. Die rudimentären Zahnanlagen der Marsupialier. Eine eigenartige Thatsache bilden die im Bereiche von Molaren, gewöhnlich aber zwischen einzelnen Molaren auftretenden Zahnleistenreste in Form stark verdickter Keime und grosser Epithelperlen. Besonders häufig finden sich diese Stücke bei Trichosurus, Phalanger und sind auch den übrigen Species nicht fremd. Ich habe bei der Vergleichung der einzelnen Stadien bereits auf das constante Auftreten dieser Zahnkeime bei gleichen Arten aufmerksam gemacht und bin zu der Ueberzeugung gekommen, dass diese Stücke Ueberreste ererbter Backzähne sind. Sie entwickeln sich aus dem zwischen zwei Molaranlagen auf frühen Stadien sich zeigenden freien Zahnleistenende. Dass diese freien Enden nicht zu den ihnen benachbarten Anlagen der Molaren gehören, geht schon daraus hervor, dass eine jede Molaranlage ihr eigenes freies, linguales Zahnleistenende besitzt, welches mit diesem Fortsatz nichts zu thun hat. Wir können von überzähligen Zahnkeimen in der Gegend der ersten und zweiten Molaren um so,eher reden, als ontogenetisch auch nur das bestätigt wird, was vergleichend-anatomisch bereits bekannt ist, nämlich die weit höhere Zahl der Backzähne. Interessant ist es, zu erfahren, dass zwischen den vorderen Molaren die Reduction vor sich gegangen ist, womit wieder die Thatsache übereinstimmt, dass die Kieferverkürzung, durch welche die einzelnen Zähne verdrängt werden, besonders im mittleren Kiefertheile stattgefunden hat, aber in ihrer Wirkung gleichzeitig durch einen Druck der hinteren Backenzähne auf die vorderen unter- stützt wird. So sieht man die Anzahl der im mittleren Theile eines Kiefers befindlichen Zähne durch die eintretende Kieferverkürzung und besondere Spannungsverhältnisse im Kiefer, die durch das Drängen der Zähne von vorn nach hinten (von den Incisivi auf die Prämolaren und Molaren), sowie von hinten nach vorn (von den Molaren auf die Prämolaren und Incisivi) ausgelöst werden, immer geringer auftreten. Hiernach erfolgt auch die Reduction der Anzahl der Zähne nach ganz bestimmten Gesetzen. Sie gewinnt übrigens innerhalb der ersten Dentition der Marsupialier ein besonderes Interesse. Es scheint fast so, als ob die sonst beiden Dentitionen der Placentalier zukommenden Reductionen in der Anzahl der Zähne und an den Zähnen selbst bei den Beutelthieren auf die eine persistirende angehäuft wurden. Die von LECHE auf- gestellten Hauptarten, durch welche die Reduction der Zähne im Säugethiergebiss auf physiologischem Wege erklärt wird, sind auch im Gebiss der Marsupialier wiederzufinden. Arbeitsleistung, vermehrt oder ver- mindert, Arbeitstheilung, veränderte Lebens- und Nahrungsweise sind die Factoren der Gebissveränderungen. Besonders die letztgenannten Factoren spielen beim Gebiss der Diprotodontier eine grosse Rolle. Die be- ginnende und fortdauernde Veränderung in der Nahrungsweise und Aufnahme führt gewöhnlich zum Schwund von Zähnen, deren Verlust für die physiologischen Functionen nothwendig wird. Bei den Diprotodontiern können wir heute noch dem eigentlichen Vorgange eines derartigen Verlustes nachkommen. Wir sehen, wie durch Kieferverkürzungen und besonders starke Entwickelung bestimmter Zähne der Raum für die einst grosse Anzahl von Zähnen zu beschränkt wird, wir sehen die Anlagen in Reduction verfallen, wir sehen sie 2Il Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. [9>) 99 aber auch durch Verschiebungen andere Lagebeziehungen erhalten. Letzteren Zuständen begegnen wir meist da, wo nachträglich eine Verlängerung des Kiefers eintritt und ohne Verdrängen des einen oder anderen Zahnes der verlagerte Zahn zum Durchbruch kommt. Es ist mitunter nicht genau zu bestimmen, ob ein Zahn in Folge anfänglichen Raummangels, oder ob er wegen eingetretener Functionslosigkeit zu Grunde gegangen ist, da es vorkommt, dass beides zu gleicher Zeit wirkt. Für gewöhnlich persistirt die zweite oder Ersatzdentition bei den Säugethieren. Bei den Beutel- thieren ist das aus angeführten Gründen anders. Bei ihnen persistirt die erste Dentition, weshalb ich auch mit vollem Rechte alle reducirten Zahnanlagen, selbst unbestimmten Ursprungs, dieser Zahnreihe zugerechnet habe. Vor allem konnte ich so bei Trichosurus und Phalanger vorgehen, wo mir eine Reihe von jüngeren Stadien zur Untersuchung nicht zu Gebote stand, oder selbst ein junges Stadium directen Aufschluss über die Stellung der reducirten Zahnkeime zu den Dentitionen verweigerte. Es wäre zu weit gegangen, auf die einzelnen Arten der Reduction von Zähnen und Zahnanlagen selbst näher einzugehen. Wie wir gesehen haben, erhält sich zumeist und bis zuletzt das Schmelzepithel oder die cylinderförmige Zelle. Von diesem veränderten Stadium an bis zum vollständig verkalkten, aber reducirten Zahn haben wir bei den Diprotodontiern in den einzelnen Reductionserscheinungen ontogenetisch eine fest geschlossene Reihenfolge. Wichtig ist der Nachweis der Reduction des 4. Prämolaren bei den Dasyuriden und insofern interessant, als wir reducirte Repräsentanten zweier Dentitionen vor uns haben, also den Fall besitzen, wo ein Zahn in zwei Zahnreihen vollständig verschwindet und noch dazu der einzige Zahn, welcher bei den Polyprotodontiern ersetzt wird und sonst regelmässig erscheint. Fragen wir uns, welche Zähne vorzugsweise der Reduction verfallen, so lässt sich darauf eine ganz ausreichende Antwort nicht ertheilen. Reductionen im Gebiss sind bei den Marsupialiern überall in der Zahnreihe vorgekommen, besonders aber ist, wie oben erwähnt, der mittlere Kiefertheil davon befallen, so dass die Prämolaren zumeist darunter zu leiden hatten, und wir daher bei diesen die verschiedenartigsten Unter- schiede in Anzahl, Form, Grösse und Ersatz finden. So constant wie bei den Polyprotodontiern scheint Prd 2 bei den Diprotodontiern nicht verschwunden zu sein. Der Vorgang der Reduction verläuft in Folge des falschen Zahnwechsels im Gebiete der Prämolaren bei letzteren anders als bei ersteren, denn es ist festzustellen, dass Prd 2 hier häufiger als Prd I und 3 fehlt. Zudem ist aber die Zahl der Prämolaren bei den Beutel- thieren im Allgemeinen höchstwahrscheinlich grösser als vier gewesen, was schon WO0oDWARD betont, so dass es sich schwer sagen lässt, welcher von diesen Prämolaren eine grössere Constanz zeigt als die übrigen. Die Canini haben eine besondere Ausdauer und verschwinden nur in den zumeist veränderten Zahnreihen, also ähnlich wie bei den Placentaliern. Von den Ineisivi fallen im Oberkiefer gewöhnlich die beiden letzten aus, doch kann auch der erste und dritte oder erste und fünfte fehlen. Im Unterkiefer fehlt Id, den meisten Diprotodontiern. Sonst fehlen Id, und Id,, bisweilen sehen wir Id, kräftiger als Id, entwickelt, so dass auch hier ein bestimmter Zahn nicht stets auszufallen braucht. Selbst Id, ist nicht immer zugegen. Die Zahl der Molaren beträgt bei den Beutelthieren nicht immer 4, es kommen 5 und auch 3 echte Backzähne vor. Mehr als 4 Molaren finden sich nach meiner Ansicht bei Phascolarctus, Myrmecobius, Aepyprymnus, Trichosurus, Phalanger, Bettongia. Weniger als 4 besitzen Acrobates, Distochoerus, Dromicia (M 4 ist selten). Hier hat die Reduction der letzten Molaren bereits stattgefunden, bei anderen Species ist sie aber erst an- gebahnt. Es sind also noch weitere Veränderungen in den Gebissarten der Marsupialier zu erwarten. 27 * 51* 400 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 212 Berichtigung. Auf Seite 277 oben Zeile I und 2 ist zu lesen: Nach meinen Befunden ist bei den 3 ersten Species der sog. Milchprämolar ein „Molar, der noch zum Theil Prämolarform besitzt“, statt „echter Molar“. Auf S. 385 (vorletzter Absatz) ist zu lesen: Wie FÜRBRINGER neuerdings hervorhebt, kann ein em- bryonaler abortiv bleibender Schmelzkeim „ganz im Allgemeinen“ an sich etc. 4 Zeilen weiter ist alsdann zu lesen: Die Ersatzkeime der Marsupialier sind nun „speciell“ im Vergleich zu FÜRBRINGER’s allgemein gehaltener Definition weder etc. Diese von FÜRBRINGER anlässlich seines Referates über LEcHE’s Werk: Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Säugethiere, gegebene Definition der abortiv bleibenden Schmelzkeime ist an dieser Stelle wie dort auch, nur ganz allgemein aufzufassen, und keineswegs als eine specielle Ansicht FÜRBRINGER’s über die abortiv bleibenden Zahnkeime bei den Marsupialiern anzusehen. Die Definition ist erst von mir auf den speciellen Fall der Marsupialier bezogen worden. Es lag mir daher fern, durch den Satz auf S. 385 (vorletzter Absatz): Die Ersatzkeime der Marsupialier sind nun weder etc. die An- schauung hervorzurufen, als ob F. die abortiven Schmelzkeime IV. Dentition etc. als Ueberreste einstmals gut entwickelter Säugethierzähne ansähe, vielmehr hält F., wie aus seinem Referat und einem 'an mich nach Durchsicht meiner Arbeit gerichteten Briefe hervorgeht, sämmtliche Zahnreihen (also auch die Ersatzzähne) für ererbt von tieferstehenden polyphyodonten Wirbelthieren. Dieses zur Berichtigung und Vermeidung eines Missverständnisses, dass sich vielleicht in Folge undeutlicher Ausdrucksweise meinerseits eingestellt hatte. 213 Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 40I Literatur-Verzeichniss. 1) Anrorr, Zur Entwickelungsgeschichte des Nagethiergebisses. Vorläufige Mittheilung. Zool. Anz., No. 540, 1897. 2) Baunz, Versuch einer Entwickelungsgeschichte des Gebisses. 1882. 3) BEAUREGARD, Considerations sur les deux dentitions des mammiferes. Compt. rend. et M&m. de la Societe de Biologie, 1888. 4) DerEnvorr, Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Säugethier-Gattung Galeopithecus Parz. Jenaische Zeitschr. f. 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Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. 214 PoucHer et Cuasry, Contributions & l’odontologie des mammiferes. Journal de l’Anatomie et de la Physiologie par Rosın et PoucHzr, 1884. Röse, Ueber die Entwickelung der Zähne des Menschen. Arch. f. mikroskopische Anatomie, Bd. XXXVIII, 1891. Derselbe, Ueber die Zahnentwickelung beim Menschen. Schweiz. Vierteljahrsschr. f. Zahnheilk., Bd. II, 1892. Bad. III, 1892. Derselbe, Ueber die Zahnentwickelung der Beutelthiere. Anat. Anz., Jahrg. VII, 1892. Derselbe, Berichtigung zur vorigen Arbeit (37). Ibid., Jahrg. VIII, 1892. Derselbe, Zur Phylogenie des Säugethiergebisses. Biol. Centralbl., Bd. XII, 1892. Derselbe, Ueber die Zahnentwickelung der Reptilien. Deutsche Monatsschr. f. Zahnheilk., Bd. X, 1892. Derselbe, Ueber die Zahnentwickelung von Phascolomys Wombati. Sitzungsb. d. Akad. d. Wissensch. zu Berlin, Bd. XXXVIII, 1893. Derselbe, Ueber den Zahnbau und Zahnwechsel von Elephas indicus. Morpholog. 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Denkschriften der medizinisch-naturwissenschaftliehen Gesellschaft zu Jena. Band I. Ernst Haeckel, Das System der Medusen. Erster Theil einer Monographie der Medusen. Mit eineın Atlas von 40 Tafeln. ı880. Preis: 120 Mark. Band U. Mit 2ı Tafeln. 1880. Preis: 60 Mark. — Inhalt: C. Frommann, Untersuchungen über die Gewebsveränderungen bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. Mit 2 Tafeln, 1878. Preis: 10 Mark. — Oscar und Richard Hertwig, Der Organismus der Medusen und seine Stellung zur Keimblättertheorie. £ Mit 3 lithographischen Tafeln. 1878. Preis: ı2 Mark. Richard Hertwig, Der Organismus der Radiolarien. Mit ı0 lithographischen Tafeln. 1879. Preis: 25 Mark. — E. E. Schmid, Die quarzfreien Porphyre des centralen Thüringer Waldgebietes und ihre Begleiter. Mit 6 Tafeln. ı880. Preis: ı8 Mark. ; Band III. Willy Kükenthal, Vergleichend-anatomische und entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Walthieren. Mit 25 Tafeln. 1ı8S9—ı893. Preis: 75 Mark. — Erster Theil. Kapitel I: Die Haut der Cetaceen. Kapitel II: Die Hand der Cetaceen. Kapitel II: Das Centralnervensystem der Cetaceen, gemeinsam mit Theodor Ziehen. Mit ı3 lithographischen Tafeln. 1389. Preis: 35 Mark. Zweiter Theil. Kapitel IV: Die Entwicklung der äusseren Körperform. Kapitel V: Bau und Ent- wicklung äusserer Organe. Kapitel VI: Die Bezahnung. Mit ı2 lithographischen Tafeln. 1893. Preis: 40 Mark. D . über die Fortsehritte der Anatomie und Entwicklungsgeschiehte. In Verbindung Jahresberichte mit Dr. Albrecht-Halle a.S., Prof. Dr. von Bardeleben -Jena, Dr. Baue = Strassburg, Dr. Boehm-München, Dr. Eggeling- Würzburg, Prof. Dr. Eisler-Halle a. S., Dr. Endres- Halle a. S., Prof. Dr. Felix-Zürich, Prof. Dr. R. Fick-Leipzig, Prof. Dr. Fürst-Lund, Prof. Dr. Gaupp- Freiburg i.B., Prof. Dr. Holl-Graz, Prof. Dr. Hoyer- Warschau, Prof. Dr. H oyer-Krakau, Prof. Dr. Keibel- Freiburg i. B., Dr. Kopsch-Berlin, Prof. Dr. W. Krause-Berlin, Prof. Dr. Kükenthal- Jena, Dr. Mehnert-Strassburg, Prof. Dr. Mollier-München, Prof. Dr. Obersteiner-Wien, Prof. Dr. Oppel-München, Dr. Gakutaro Osawa-Freiburg i. B., Prof. Dr. Pfitzner-Strassburg, Dr. Hans Rabl- Wien, Prof. Dr. Romiti-Pisa, Prof.. Dr. Schaffer-Wien, Prof. Dr. Schiefferdecker-Bonn, Prof. Dr. E. Schmidt-Leipzig, Dr. M. B. Schmidt-Strassburg, Prof. Dr. Graf Spee-Kiel, Prof. Dr. Stöhr- Würzburg, Dr. Telesnicky-Budapest, Dr. Thilenius- Strassburg, Prof.Dr.H. Virchow-Berlin, Prof. Dr. E. Zacharias-Hamburg, Prof. Dr. Zander-Königsberg, Dr. Ziegenhagen-Berlin, Prof. Dr. Ziehen-Jena, Prof. Dr. Zuckerkandl-Wien herausgegeben von Dr. &. Sehwalbe, o. Professor der Anatomie und Direktor des anatomischen Instituts der Universität Strassburg i. E. Neue Folge. Erster Band. Litteratur-Verzeichnis für die Jahre 1592, 1893, 1894, 1895, bearbeitet von Dr. Conrad Bauer in Strassburg. Preis: ı6 Mark. Neue Folge. Zweiter Band. Zwei Abteilungen. Litteratur 1896. Preis: 30 Mark. Der Dritte Band befindet sich im Druck und wird voraussichtlich Ende November erscheinen. Titel, Inhaltsverzeichniss und Register für den vollständigen zweiten Band sind der zweiten Abteilung beigefügt worden. Für diejenigen Abnehmer der Jahresberichte, die sich den zweiten Band in zwei Abteilungen binden lassen wollen, wurden jeder Abteilung Titel beigegeben. Heymons Dr. Richard, Privatdocent und Assistent am Zoologischen Institut der Königl. Universität ° in Berlin, Die Embryonalentwiekelung von Dermapteren und Orthopteren unter besonderer & Berücksichtigung der Keimblätterbildung monographisch bearbeitet. Mit ı2 lithographischen Tafeln und = 33 Abbildungen im Text. 18395. Preis: 30 Mark. x D 1: ZART 2 e « j K m r. J., 0. ö. Professor der Anatomie in Basel, Lehrbuch der Entwickelungsgeschichte h oll ann, des Menschen. Mit 386 Abbildungen im Text. ı898. Preis: brosch. ı5 Mark, geb. ı7 Mark. 4 Schmidı’s Jahrbücher: u »... Das Buch wird zweifellos die ihm gebührende Beachtung und Verbreitung finden, zumal der Preis in Anbetracht der vorzüglichen 2 Ausstattung ein sehr mässiger ist. Kükenthal Dr. Willy, Professor in Jena, Leitfaden für das Zoologische Praktikum. Mit ı72 Ab- ' ” bildungen im Text. 1398. Preis: brosch. 6 Mark, geb. ; Mark. ® = Oppel Dr. Albert, Professor a. d. Universität Freiburg i. Br, Lehrbuch der vergleichenden mikro- % ° skopischen Anatomie. Erster Teil. Der Magen. Mit >87 Abbildungen im Text und 5 litho- 3 graphischen Tafeln. 1896. Preis: ı4 Mark. 5 Berliner klinische Wochenschrift No, 8, 1897: a . . Verf. verfölgt dıe Entwickeluug und Gestaltung des Magens, nachdem er zunächst in eingehendster Weise den BaupInn des Wirbel- 5 tierm#, ens erörtert, durch die gesamte Wirbeltierreihe, wobei daun die Litteratur in ausgiebigster Weise berücksichtigt und durch eigene Unter- ‚x suchuugen des Verf, ergänzt wird. Soweit es das vorhandene Material zulässt, wird auch überall gleichzeitig mit dem anatomischen das plıysio- logische Verhalten erörtert. Zahlreiche ausgezeichnete Abbildungen sind als Holzschnitte und lithogr. Tuf, dem Werke beigegeben. Es ist hier nicht der Ort und auch nicht unseres Amtes, auf die speciell anatomische Leistung des Verf. einzugehen. Durüber möge sich der Leser in den Fachzeitschriften ein Urteil suchen. Aber das darf anstandslos gesagt werden, dass das Oppel’sche Werk eine Leistung wissenschaftlichen Fleisses und wissenschaftlicher Gründlichkeit ist, wie sie hervorragender kaum gedacht werden kann, und dass der Leser vielfältige Belehrung und An- regung daraus schöpfen wird. Ewald. Zweiter Teil. Schlund und Darm. Mit 343 Abbildungen im Text und 4 lithographischen Tafeln. 1897. Preis: 20 Mark. y; Wiener kl. Wochenschrift No. 7 1898: " “ . . Dieser Ueverblick wird genügen, um eine Vorstellung von der Bedeutung des Werkes und von der Arbeit, welche darinnen nieder- 7 gelegt ist, zu geben. Es ist eine würdige Lebensaufgabe, die sich der Verfasser da gestellt hat, der der Wissenschaft das Höchste bieten will, & was seine Kraft vermag und scheint es uns ein besonderer Vorzug vor ähnlichen Sammelwerken, dass die Einheitlichkeit desselben durch den 3 einen Autor sichergestellt ist. Oppel’s „Lehrbuch“ wird als Nach-chlagewerk allen jenen, welche sich mit Tierbiologie beschäftigen, unentbehr- lich sein. im Dr. A. F.W., a. o. Professor an der Universität Bonn, Pflanzen-Geographie auf physiolo- Sch Per: gischer Grundlage. Mit 501 Textabbildungen, 64 Tafeln in Autotypie, 5 Lichtdrucktafeln und 4 Kartenbeilagen. Preis: brosch. 27 Mark, gebunden 30 Mark. Dr. J. W., Professor der Zoologie in Giessen, Zweekmässigkeit und Anpassung. Akademische Sp engel, Rede, Preis: 60 Pf. TREND urE DENKSCHRIFTEN DER 7uf MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAF 1 JENA. SECHSTER BAND. RICHARD SEMON, ZOOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL.. e; DRITTER BAND: MONOTREMEN UND MARSUPIALIER. TI, II. LIEFERUNG. MIT 11 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 17 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1898. Frommannsche Buchdruckerei (Herinann Pohle) in Jena, — 1701 FEB 26 1900 ZHF Des ganzen Werkes Lieferung 16. ZOOLOGISCHE - FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. men oa MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN De, PAUL YON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891-1893 VON RICHARD SEMON. DRITTER BAND: MONOTREMEN UND MARSUPIALIER, IL III LIEFERUNG. inicseor Dr. F. Maurer, Schikkdrüse, Thymus und sonstige Schlundspakenderivate bei Echidna und ihre chungen zu den gleichen Organen bei anderen Wirbeitkieren. — Dr. med, Otto Seydel, Ueber Ent- ssvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache won Echidna nebst Beiträgen zur Morphologie des peripheren Gesuchsorgans und des Gaumens der Wirbeltiiere. MIT 5 LITHOGBAPHISCHEN TAFELN UND 35 ABBILDUNGEN IM TEXT. Text nd Marsupialier. a en... dungen im Most 180. Pri: 20 nt >’ en die Lebensweise und Fortpflanzung der Monotremen ber ihre — Richard Semon, Die Embryonalhüllen der der Mu und Richard. Semon, "Zur Entwickelungsgeschichte der Monotremen. Band: Monaten und Marsupialier. Zweite Lieferung. (Des Werkes Liefe 5 Elan im Text. 1895. Preis: en MR a nn a al a muss, ne Hautmuskulatur der Monotremen und ihre en zu dem Marsupial- Teen | aperele a Klaatsch, Studien zur Geschichte der Mammarorgane. I. Theil: "Die a Ben und bildungen der Monotremen. Zweiter Band: Monotremen . Dritte Lieferung, zen Werkes Lieferung 6. Tann a Zac Band: Monotzemen und Mary 1896. Preis: ieung, (Ds zn a Inhalt: F. Hochstetter, Beinen mr Kakao a a En . der Monotremen. — Albert a der Lunge von Echidna ee Albert | Oppel, Ueber den en der Monotremen, N und von Manis javanica. Zweiter Band: M und aller Vierte a (Des ganzen Werkes Lieferung 7.) | Mit 6 "Tafeln und 11 Ab ungen im Text. 1896. : 16 Mark. Inhalt: Hermann un ntersuchungen zur serien Histologie der Leber der Wirbelthiere. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Fünfte Lieferung. ganzen Werkes Lieferung 9.) Mit 7 lithographischen Tafeln und A 1897. Preis: 20 Inhalt: ©. Emery, Beitr -hte und M logie des Hand- und Fussskeletts ) der Marsupialier. — Albert Oppel, bat den Daran der onotremen, einiger pialier und von Manis javanica. Dritter Band: Monotremen und Menblr U Erste Liefer Des ganzen Werkes Lieferung 11. | Atit 96 Abbildungen im. Text. 1897. Preis; 16 Mor A ) Inhalt: ar Ziehen, een der Monotremen und Marsupialier. I. Theil: Makro- Dritter Bandı Monotremen und Marsupialier II. A un Ce ne Werkes Lieferung 135). | Mit 11 lithographischen Tafeln und 17 Abbildungen im Text. 1 1898. Preis j Tann Fritz Römer, Studien über das Integument der Sü . II. Das Integument der as _ handen Dependorf, Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. R. Vierter Band A nenelneie. verschiedener Wirbelthiere. Erste es (Des sanzen Werkes ) | 1% 10.) Mit 5 lithogr. und 47 Abbildungen im Text. 1897. Preis: 16 Mark. . h nhalt: W. Kükenthal, Men ne und entwickeungegeschichtliche Untersuchungen _ en 1 Vierter Band: Morphologie ersanenlanie all rei Lieferung. (Des ganzen Werkes | > 15.) Mit 6 lithographischen Tafeln. 1899. Preis: 16 Mark. , : H. Eggeling, Ueber die Stellung der ns zu den übrigen Hautdrüsen. T. Mit- ten Mammardrüsen Monotremen und die Milchdrüsen der Edentaten nebst Be- Do über EN S ee der — Albert Oppel, Ueber die Zunge der Monotremen, von Manis javanica. Fünfter Bandı Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Erste Lieferung. (Des Werkes Lieferung 2.) Mit 5 livhogr. Tateln und 6 Abbildungen im Text. er Preis : 20 Mark. = Inhalt: A. Ortmann, Ürustaceen. — E. v. Martens, Mollusken. — W. Michaelsen, Lumbri- ciden. — €. Ph. Sluiter, Holothurien. — O. DEREN E! Lurche (Batrachia). — 0. Boettger Schlangen! — I. Th. Oudemans, Eidechsen und Schildkröten. — A. Reichenow, Liste der Vögel. — F. Römer, | Monotremata und Marsupialia. - Fünfter Band: Susfensul In iereousrapli Anatomie wirbelloser Thiere. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 4) Mit lithographi feln und 5 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 20 Mark. Inhalt: C. Ph. Sluiter, Tunicaten. — B. Haller, Beiträge zur Kenntnis der Morphologie von Nautilus us. — Arnold Pagenstecher, Lepidoptera Heterocer — Max Fürbringer, Lepi- mai Sud Rust \ a Weber, Fische von Ambon, Java, Thursday Island, dem Burnett-Fluss und ( von üste von Neu-Guinea, DENKSCHRIFTEN MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA. SECHSTER BAND. RICHARD SEMON, ZOOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN In AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. DRITTER BAND: MONOTREMEN UND MARSUPIALIER TIL. III. LIEFERUNG. MIT 5 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 35 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1899. ZOÖLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN DR. PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891-1893 VON RICHARD SEMON. DRITTER BAND: MONOTREMEN UND MARSUPIALIER. 11. III. LIEFERUNG. Professor Dr. F. Maurer, Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna und ihre Beziehungen zu den gleichen Organen bei anderen Wirbelthieren. — Dr. med. Otto Seydel, Ueber Ent- wickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna nebst Beiträgen zur Morphologie des peripheren Geruchsorgans und des Gaumens der Wirbelthiere. MIT 5 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 35 ABBILDUNGEN IM TEXT. Text, JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1899. N R e ß : a Er SLR 2 J Kart en A i u er z j - ” Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlund- spaltenderivate bei Echidna und ihre Beziehungen zu den gleichen Organen bei anderen Wirbelthieren. Professor Dr. F. Maurer, Prosector in Heidelberg. Mit Tafel XII—-XIV und 4 Figuren im Text. Jenaische Denkschriften. VL 1 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. e) = wi e Be ee \ 5 2 * h Fe # Ne Hape & : 2 ' “ o 9 a = < ner a Re N B » . ! Hi FEB 26 1900 Die Gruppe von Organen, welche mit der Aus- und Rückbildung des Kiemenspalten-Apparates der Wirbelthiere in seinem epithelialen Theil in Zusammenhang steht, ist dargestellt durch die Schilddrüse, die Thymus, den postbranchialen Körper, die Epithelkörperchen und die Carotidendrüse. Alle diese Organe sind in ihrer Phylogenese streng auseinanderzuhalten. Vergleichend-anatomische und besonders ver- gleichend-embryologische Forschungen haben zu diesem Ergebniss geführt. Wie das Verhalten des Kiemenapparates zwei Gruppen der Wirbelthiere als I) kiemenathmende und 2) unter Rückbildung der Kiemenathmung als lungenathmende unterscheiden liess, so hat man auch hin- sichtlich jener mit dem Kiemenapparat in Beziehung stehenden epithelogenen Organe eine solche Unter- scheidung festzuhalten. Wir sehen, dass bei kiemenathmenden Wirbelthieren, neben dem respiratorischen Kiemenapparat, nur Schilddrüse, Thymus und postbranchiale Körper zur Ausbildung kommen, während bei den lungenathmenden Formen unter Rückbildung des Kiemenapparates ausser jenen noch die Epithel- körperchen und die Carotidendrüse sich entwickeln. Am lehrreichsten hierfür ist die Gruppe der urodelen Amphibien, welche in der Ontogenese die beiden Zustände zeigt. Während des Larvenlebens besteht ein respiratorischer Kiemenapparat, welcher zur Zeit der Metamorphose eine Rückbildung erfährt. Unter letzterem Vorgang bilden sich erst die Epithel- körperchen und die Carotidendrüse aus. Zur Beurtheilung der diesbezüglichen Verhältnisse bei Säugethieren ist eine Kenntniss der Zustände bei niederen Wirbelthieren unerlässlich. Bei Säugethieren sind die thatsächlichen Befunde, sowohl die Entwickelung, als auch die aus- gebildeten Zustände, in den meisten Klassen genau bekannt geworden. Wenn hier noch eine Lücke besteht, so ist es die Gruppe der Monotremen. Soweit dies nach dem mir gütigst zur Verfügung gestellten SEMon’schen Material von Echidna möglich ist, sollen im Folgenden die hier bestehenden Zustände geschildert werden. x Die Befunde dieser in vieler Beziehung so primitiven Säugethiergruppe bieten zugleich eine brauch- bare Basis dar zur Beurtheilung der Verhältnisse bei Säugethieren im Allgemeinen, sowie zum Anschluss derselben an die niederen Wirbelthiere. So zerfällt die folgende Arbeit in 4 Abschnitte: ı) Historischer Ueberblick, 2) Schilderung der Befunde bei Echidna und deren Zusammenfassung, 3) Vergleichung der Befunde bei Zchidna mit den Zuständen höherer Säugethiere, und 4) Vergleichung der Befunde bei Säugethieren mit den Verhältnissen bei niederen Wirbelthieren. 1* 52* 406 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 2 4 I. Historischer Ueberblick. Schilddrüse. Für unsere Kenntniss der Schilddrüse waren von grundlegender Bedeutung die Abhandlungen von W. MÜLLER (50 und 51) über die Entwickelung dieses Organs. Hier wurde zum ersten Mal bei Vertretern sämmtlicher Wirbelthierklassen die Entwickelung der Schilddrüse untersucht und daraufhin ihre phylo- genetische Bedeutung klargestell. Hatte man vorher den Fischen ein solches Organ überhaupt ab- gesprochen, so wurde es von MÜLLER bei Cyclostomen und Selachiern nachgewiesen. Das Verhalten dieses Organs bei Cyclostomen gab Aufschluss über seine phylogenetische Ableitung. Die Schilddrüse dieser Formen ist homolog der Hypobranchialrinne der Tunicaten. Bei Batrachiern schilderte MÜLLER zum ersten Mal genau die Entwickelung der Schilddrüse. Von amnioten Wirbelthieren hat MÜLLER die unpaare Anlage der Schilddrüse beim Hühnchen zuerst nachgewiesen, von anderen Amnioten wurden nur ältere Embryonen untersucht, bei welchen das Organ schon von seinem Mutterboden abgelöst war, doch hat MÜLLER im Hin- blick auf die mediane unpaare Anordnung, welche das Organ hier bei allen in frühen Stadien untersuchten Formen zeigt, ihre Entwickelung aus unpaarer Anlage hervorgehoben. Später wurde die unpaare Anlage der Schilddrüse bei Säugethieren durch KÖLLIKER (38) nachgewiesen und in seinem Lehrbuch über Ent- wickelungsgeschichte abgebildet. Durch die Arbeiten von WÖLFLER (93) und STIEDA (76) wurde für die Kenntniss der Schilddrüse ein Fortschritt angebahnt, indem für dies Organ bei Säugethieren speciell eine paarige Anlage beschrieben wurde. Doch sind diese Angaben zuerst werthvoll geworden durch die Abhandlung von Born (Ir). Die Ableitung einer paarigen Schilddrüsenanlage, von der ersten Kiemenspalte ausgehend, wie sie WÖLFLER von Kalb-, Schwein- und Kaninchenembryonen beschrieben hat, ist schon von Born widerlegt worden, der sich den STIEDA’schen Schilderungen anschliesst, wonach die 4. Kiemenspalte in ihrem ventralen Theil die paarige Schilddrüsenanlage liefert. Born’s Verdienst ist, nachgewiesen zu haben, dass die Schilddrüse gewisser Säugethiere (Schwein, Schaf) aus zwei verschiedenen Anlagen hervorgeht: einer unpaaren vorderen, welche genau dem von W. MÜLLER bei Fischen, Amphibien und Hühnchen beschriebenen Gebilde entspricht, dass ausserdem aber auch eine hintere paarige Anlage hinzukommt, welche der 4. Schlundspalte entstammt. Somit blieben die Angaben MüÜLrEr’s zu Recht bestehen, für die Säugethiere aber waren sie zu ergänzen. Die paarigen Anlagen, wie sie Stiepa schilderte, sind nicht die einzigen Anlagen der Schilddrüse, sondern sie kommen zur vorderen unpaaren Anlage hinzu. Hierdurch stellen sich die Säugethiere hinsichtlich der Schilddrüse zu den niederen Wirbelthieren in einen Gegensatz. Von vielen späteren Autoren wurden die Born’schen Angaben hinsichtlich der Schilddrüse der Säugethiere und des Menschen im Wesentlichen bestätigt. Die werthvollste Bestätigung der Born’schen Angaben erfolgte durch DE MEURON (49), da derselbe zugleich zum ersten Mal zeigte, dass die hintere paarige Anlage der Säugethierschilddrüse auch bei niederen Wirbelthieren besteht, wenn sie auch nicht mit der vorderen unpaaren Anlage in Verbindung tritt. Es sind dies die von DE MEURoN als glandes thyr&oides accessoires bezeichneten Gebilde, welche VAN BEMMELEN (7) zuerst bei Selachiern gefunden und als Suprapericardialkörper beschrieben hat. Sie wurden von mir (45) auch bei Amphibien gefunden und als postbranchiale Körper bezeichnet. Während 5 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 407 für die meisten höheren Säugethiere eine Vereinigung der lateralen Schilddrüsenanlagen mit der medianen beschrieben wird (Hıs, 30, BORN, II, PRENANT, 60 u. a.), ist eine Angabe von SYMInGTon (78) bedeutungs- voll, welcher bei Bradypus tridactylus die Schilddrüse eines ausgetragenen reifen Foetus, aus drei Lappen bestehend, schildert, einem kleineren medianen und zwei grösseren lateralen, die ganz von einander getrennt sind. Das Organ liegt hier im Bereich des Kehlkopfes, der mediane Lappen vor dem unteren Teil des Ringknorpels. Ich zweifle nicht daran, dass die seitlichen Lappen den postbranchialen Körpern entsprechen Auch VERDUN (86) hat neuerdings ebenso wie DE MEURoN die lateralen, hinteren Schilddrüsen- anlagen als mit den postbranchialen Körpern identisch angegeben. Nach neueren Arbeiten (PRENANT, PIERSOL, 59, SIMON, 72 und 73, VERDUN) spielt bei vielen Säugethieren der postbranchiale Körper keine Rolle beim Aufbau der fertigen Schilddrüse Vielmehr wird auch der grösste Theil der seitlichen Lappen von der medianen vorderen Anlage ausgebildet. Bei einigen Säugethieren, so auch beim Menschen soll die hintere paarige Anlage der Schilddrüse, der postbranchiale Körper, sogar eine völlige Rückbildungerfahren (VERDUN, 86). Postbranchiale Körper. Diese Bildungen sind bei vielen Wirbelthieren nachgewiesen worden. Sie fehlen bei Cyclostomen (VERDUN) und Teleostiern (MAURER), dagegen bestehen sie in paariger Anordnung bei Seleachiern (van BEMMELEN, 7). Bei Amphibien verhalten sie sich nach meinen Untersuchungen verschieden, insofern sie bei Anuren paarig, bei Urodelen unpaar, nur linksseitig auftreten. Miss PLaTrT fand sie bei Necturus paarig. Bei Reptilien sind sie von van BEMMELEN (8) und DE MEURON (49) nur linksseitig gefunden worden, während ich sie bei der Eidechse zuweilen nur linksseitig, öfter aber auch paarig angelegt nachweisen konnte. Bei den Vögeln bestehen sie nach DE MEURON und VERDUN paarig. Bei Säugethieren sind sie ebenfalls stets paarig angelegt. van BEMMELEN hält diese Gebilde für homolog einer hintersten Kiemen- spalte und bezeichnet sie in Folge ihrer Lage bei Selachiern über dem vorderen Theil des Pericards als Suprapericardialkörper. Ich kann sie deshalb nicht für gleichwerthig einer Kiemenspalte halten, weil sie stets hinter der letzten Kiemenspalte liegen, einerlei ob eine grössere oder geringere Zahl solcher Spalten vor diesen Gebilden bestehen. Bei Selachiern sind 7, bei Amphibien 5, bei Zacerta 4 Spalten davor aus- gebildet. In Folge dessen habe ich die Organe als postbranchiale Körper bezeichnet. Ihren Bau betreffend bestehen sie aus Bläschen oder Schläuchen, welche mit einschichtigem Epithel ausgekleidet sind und in ihrem Lumen Flüssigkeit enthalten. Colloid findet sich bei niederen Wirbelthieren, nach meinen Befunden bei Amphibien und Reptilien niemals darin. Sie sind bei allen niederen Wirbel- thieren stets selbständige Organe. Nur bei Säugethieren ändern sie ihr Verhalten nach zwei Richtungen. Erstens lagern sie sich der vorderen unpaaren Anlage der Schilddrüse von hinten und seitlich an und nehmen Theil an der Bildung ihrer seitlichen Lappen (BORN, DE MEURON und spätere Autoren), und zweitens bilden sie sich hier zu Colloid enthaltendem wahren Schilddrüsengewebe aus. Thymus. Die Thymus der Säugethiere war viel früher bekannt als dies Organ bei niederen Wirbelthıeren. Von KÖLLIkKER (38) wurde zuerst ihre epitheliale Herkunft festgestellt, derart, dass sie sich durch Wuche- rung aus der epithelialen Auskleidung von Kiemenspalten entwickelt. Durch Hıs (31) wurde der Sinus 408 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 6 praecervicalis hierfür in Anspruch genommen, wodurch ihre Elemente nicht nur vom Entoderm, sondern auch vom Ektoderm ableitbar werden. Genauer bekannt wurden die Thymusbildungen niederer Wirbelthiere zuerst durch die Unter- suchungen von DOHRNn (15), der sie bei Selachiern als Wucherungen des Epithels der dorsalen Kiemen- taschen nachwies. Bei Teleostiern bilden sie sich nach meinen Beobachtungen (44) in gleicher Weise aus Ebenso fand ich (47) sie bei Amphibien. Nur bestehen hier eigenthümliche Unterschiede hinsichtlich der Zahl der Kiemenspalten, welche an der Thymusbildung theilnehmen. Bei Urodelen sind es noch alle Kiemen- spalten, bei Anuren bloss die vorderen und dann die 2. Spalte allein, welche die bleibende Thymus aus- bildet. Bei allen anamnien Wirbelthieren gehen die Thymusbildungen aus dorsalen Taschen der Kiemen- spalten hervor. Bei Amnioten wird das schon bei Amphibien angedeutete Verhalten der Thymus bei- behalten, d. h. wohl bei keiner Form betheiligen sich alle Kiemenspalten an der Bildung der Thymus, bei den verschiedenen Gruppen werden aber verschiedene Schlundspalten zur Thymusbildung herangezogen. Ueber Reptilien verdanken wir van BEMMELEN (5, 8) die ersten genaueren Mittheilungen über die Thymus. Hier bestehen schon Verschiedenheiten in den einzelnen Gruppen. So bildet sich die Thymus der Lacertilier von der 2. und 3. Schlundspalte aus, wie dies auch DE MEUROn beschrieben hat. Nach meinen Beobachtungen (48) tritt in früher embryonaler Zeit auch an der 1. Spalte eine rudimentäre Thymusknospe auf, welche aber früh rückgebildet wird und somit nicht am Auf- bau der bleibenden Thymus theilnimmt. Bei Schlangen bildet sich die Thymus nach van BEMMELEN dagegen von der 4. und 5. Schlund- spalte aus.! Es besteht nun bei ZLacerta ein Verhalten der Thymus, auf welches ich unlängst hinwies, und das mir von Bedeutung erscheint wegen der Zustände bei Säugethieren, die hier vorbereitet werden. Während das Derivat der 2. Spalte bei Lacerta sich genau so verhält wie die Thymusbildungen der Anamnien (sie geht aus der dorsalen Tasche dieser Spalte hervor), bestehen an der 3. Spalte andere Verhältnisse Hier geht die erste Bildung auch aus der dorsalen Tasche der Spalte hervor, dann greift die epitheliale Wucherung aber auf ventrale Theile dieser Spalte über, und es werden damit zum ersten Mal auch ventrale Abschnitte der Schlundspalten zur Thymusbildungin Anspruch genommen. Aehnlich scheint es sich nach VAN BEMMELEN’s Angaben bei den hinteren Thymusbildungen der Schlangen zu verhalten. van BEMMELEN giebt an, dass die 4. und 5. Schlundspalte zur Thymus wird. Da er bei Eidechsen nur den Gipfel der 2. und 3. Schlundspalte, hier aber die ganzen Schlundspalten in Anspruch nimmt, so muss wohl besonders der ventrale Theil dieser Spalten hier mitwirken, denn die ganzen hinteren Schlundfalten zeigen bei Reptilien eine ventralwärts gerichtete Ausbildung, während dorsale Taschen fehlen. Ueber die Thymus der Vögel verdanken wir die ersten genaueren Angaben DE MEURon, dem sich VAN BEMMELEN und unlängst VERDUN anschlossen. Aus ihren Schilderungen ergiebt sich, dass die Thymus der Vögel aus der 3. und 4. Schlundspalte sich bildet. Den wesentlichsten Theil bildet die dorsale Tasche der 3. Spalte, die Wucherung der dorsalen Tasche der 4. Spalte ist schwächer ausgebildet. Es sind hier- nach bei Vögeln wieder dorsale Theile der Schlundspalten, welche Thymuswucherungen hervorbringen. Die Thymus der Säugethiere ist nach den Angaben der Autoren bei den verschiedenen Arten von ungleicher Herkunft. Nach KÖLLIkER bildet sie sich beim Kaninchen aus der 2. Spalte, aber auch die 3. und vielleicht die 4. Spalte sollen daran theilnehmen. In den letzten Jahren wurde dies für die 2. und 3. Spalte von PIERSOL (59) und VERDUN bestätigt. STIEDA leitet sie bei Schwein und Schaf von der 7 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 409 3. Schlundspalte ab, als Wucherung des ventralen Theils der Spalte. Dieser Theil der Thymus scheint auch der constanteste zu sein. Wenigstens finde ich bei allen Autoren angegeben, dass diese Spalte immer bei der Thymusbildung betheiligt ist. Die Stiepa’schen Angaben wurden für das Schwein durch BoRN und später nochmals durch FIscHELIis (116) bestätigt, so dass bei dieser Form sicher nur die 3. Spalte die Thymus bildet. Beim Schaf bildet sich nach DE MEURON die Thymus ebenfalls hauptsächlich aus der 3. Spalte. Doch lässt auch die 4. Spalte hier ein kleineres Thymusläppchen entstehen. Dasselbe Verhalten wird für das Dromedar und die Katze angegeben, während beim Maulwurf und beim Menschen die 3. Spalte allein die Thymus bildet. Ich beziehe mich hierin auf die neuesten Angaben, welche VERDUN in seiner umfassenden Arbeit (86) gegeben hat. Ueber Edentaten liegt eine Arbeit von SyMmInGTon vor. Hier werden die Verhältnisse eines ausgetragenen Foetus von Bradypus tridaciylus geschildert. Die Thymus besteht aus einer Cervicalportion, die einen eiförmigen Lappen, jederseits von dem lateraten Lappen der Schilddrüse, dar- stellt. Ferner besteht eine thoracale Portion, welche mit ihrer Hauptmasse der ventralen Fläche der grossen Gefässe und dem oberen Theil des Pericards angelagert ist. Dieser Thymuslappen sendet einen zarten Fortsatz nach oben (zum Hals). Er liegt vor der Luftröhre und reicht bis zu dem hinteren Ende des lateralen Schilddrüsenlappens. Ueber die Thymus von Marsupialiern hat unlängst JOHNSTONE (35) eine Arbeit veröffentlicht. Die- selbe betrifft allerdings nicht die erste Entwickelung des Organs. Die späteren Zustände, die JOHNSTONE abbildet, erinnern in vieler Beziehung an die Befunde bei Echidna, doch ist die Deutung, welche JOHNSTONE giebt, für mich unbrauchbar. JoHxsTonE spricht Organe als Thymuslappen an, welche damit sicher nichts zu thun haben. Die Abbildungen II, I2 und I3 auf Taf. XXXXIl. c. entstammen sicher nicht der Thymus, sondern wahrscheinlich der Schilddrüse, vielleicht auch dem postbranchialen Körper. Ueber die Thymus der Cetaceen hat TURNER (82) Angaben gemacht. TURNER betont, dass bei Säugethieren vielfach ein inniger Zusammenhang zwischen den Cervicallappen der Thymus und den seit- lichen Lappen der Schilddrüse besteht. (Bei Phocaena communis schildert TURNER einen nussgrossen, drüsigen Körper am oberen Ende des lateralen Schilddrüsenlappens, welchen er als accessorische Schilddrüse deutet, ohne mikroskopische Untersuchung. Hinsichtlich der Form und Anordnung der Thymus bei ausgebildeten Säuge- thieren möchte ich noch auf die Arbeit von Aranassıew (Arch. f. mikrosk. Anat., Bd. XIV) verweisen. Er unterscheidet einen Cervical- und einen Thoracaltheil der Thymus und giebt drei Zustände an: r) bei gewissen Formen bestehen beide Abschnitte des Organs, und zwar a) vereinigt (Schwein, Schaf), b) getrennt von einander (Katze, Ratte); 2) bei anderen Formen besteht nur der Cervicaltheil (Meerschweinchen, Kalb); 3) endlich bei manchen Formen ist nur der Thoracaltheil entwickelt (Kaninchen, Mensch). Ausser den grossen Lappen der Thymus wurden noch vielfach kleine Gebilde mit thymusartigem Bau beschrieben, welche nicht verwechselt werden dürfen mit den nachher zu besprechenden Epithel- körperchen. Der thymusartige Bau dieser Gebilde ist festgestellt durch adenoides Gewebe, zwischen dessen Elementen concentrische Körperchen nachweisbar sind. Auf ihre phylogenetische Bedeutung ist später einzugehen. Die Carotidendrüse. Ein solches Gebilde fehlt bei allen Fischen. Bei Amphibien tritt es zuerst auf. Am frühesten war es bekannt bei Säugethieren, wo es in der Theilungsgabel des Stammes der Arteria carotis communis eingelagert ist. Hier stellt es ein kleines, sehr gefässreiches Körperchen dar, dessen Herkunft verschieden angegeben wurde. Während man es früher als Derivat des Epithels einer Kiemen-- 410 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 8 spalte auffasste, wurde es von KASTSCHENKO (37), MARCHAND, PALTAUF (58) und SCHAPER (66) als eine Wucherung der Arterienwand, ohne Betheiligung epithelialer Theile geschildert. Noch heute gehen die Angaben über die Herkunft dieses Gebildes auseinander. Dies Organ tritt bei Amphibien zuerst auf und zwar bei Anuren schon in früher Larvenperiode, bei Urodelen erst zur Zeit der Metamorphose. Bei Anuren habe ich seine epitheliale Herkunft beschrieben und ab- gebildet, sie steht ausser Zweifel. Das Gebilde geht hier aus einer epithelialen Knospe vom ventralen Ende der 2. Kiemenspalte hervor. Das Körperchen, welches van BEMMELEN und später auch ich als Carotidendrüse der Eidechse aufgefasst haben, hat mit der Carotidendrüse der Amphibien, wie ich schon früher betonte, nichts zu thun, es ist dies vielmehr ein Epithelkörperchen der 3. Schlundspalte. Das gleiche Gebilde wurde auch von FiscHELIis (16) beim Schwein als Carotidendrüse bezeichnet. Die Epithelkörperchen. In der Umgebung der Schilddrüse und Thymus der Säugethiere sind schon lange kleine, drüsen- förmige Körperchen bekannt (REMAK 63, KÖLLIKER), welche in ihrem Bau von jenen Organen verschieden, doch als Rudimente des Schlundspaltenapparates, und weil sie in nächster Beziehung zu einem jener Organe stehen, bald als Nebenschilddrüsen (gl. thyroidiennes, parathyreoideae), bald als kleine Thymusknötchen gedeutet wurden. Es gelang mir zuerst bei Amphibien, die Herkunft der dicht bei der Schilddrüse gelegenen kleinen Gebilde genau festzustellen. Da sie bei Anuren sowohl als bei Urodelen aus ventralen Theilen des Epithels der 3. und 4. Kiemenspalten hervorgehen und zeitlebens einen eigenthümlich epithelioiden Bau zeigen, habe ich sie als Epithelkörperchen bezeichnet und bereits angegeben, dass sie die seither als Nebenschilddrüsen gedeuteten Gebilde darstellen (Morphol. Jahrb., Bd. XIII, p. 352). Meine Ausführungen ergaben, dass diese Organe neben der Schilddrüse und der Thymus etwas vollkommen Selbständiges dar- stellen. Sie setzen die Obliteration des respiratorischen Kiemenapparates voraus. Bei Reptilien (Zacerta) finden sich diese Gebilde ebenfalls (van BEMMELEN), und ich habe kürzlich darauf hingewiesen, wie nicht nur von der 3., sondern auch von der 4. Schlundspalte ein solches Körperchen gebildet wird. PRENANT (61) hat dies Gebilde der 3. Spalte bei Anguis fragilis ebenfalls beschrieben und abgebildet, er bezeichnet es als Glandule thymiforme. In meiner letzten Arbeit wies ich darauf hin, dass der Zusammenhang des Epithel- körperchens der 3. Spalte mit der Thymusbildung dieser Spalte sich als etwas in der frühzeitigen Obliteration der Schlundspalten Begründetes und Verständliches ergiebt. SANDSTRÖM, der die äusseren Körperchen zuerst genauer beschrieben hat und als constante Gebilde bei Hund, Pferd, Rind und Kaninchen, ebenso wie beim Menschen nachweisen konnte, hat sie als Glandulae parathyreoideae bezeichnet. Sie unterscheiden sich durch ihre Constanz und ihren Bau von den accessorischen Schilddrüsen, die inconstant in Zahl und Anordnung sind und jederzeit den gleichen Bau wie die Schilddrüse zeigen. FiscHELıs bezeichnet das Epithelkörperchen der 3. Spalte beim Schwein als Carotidendrüse (Arch. f. mikr. Anat., Bd. XXV, Taf. XIX, Fig. 24c). KoHn (39) hat später bei Säugethieren diese Sanpström’schen Körperchen ebenfalls beschrieben und darin Gebilde erkannt, welche den von mir bei Amphibien geschilderten Körperchen glichen. KoHn hat demgemäss auch meine Bezeichnung der „Epithelkörperchen‘“ übernommen. Seitdem ist eine sehr reich- haltige Literatur entstanden, wodurch aber keine wesentliche Bereicherung unserer Erkenntniss gegeben 9 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 4ıı wurde. Ich verweise hierüber auf die Arbeiten von KoHn und SCHAPER. VERDUN hat diese Gebilde zuerst ganz richtig umfassend behandelt und als glandules branchiales bezeichnet. KonHn hat äussere und innere Epithelkörperchen unterschieden. Die äusseren liegen nach Konun der äusseren Fläche der lateralen Schilddrüsenlappen an, die inneren liegen innen von der Schilddrüse und sind oft von Schilddrüsengewebe umschlossen. In Zusammenhang mit diesen äusseren und inneren Epithel- körperchen findet Komn bei manchen Säugethieren kleine Gebilde von Thymusbau. Dieselben hat er ent- sprechend als äussere und innere Thymusläppchen beschrieben und abgebildet (l. c. Taf. XXIV, Fig. 4 [junge Katze] und Fig. 10 [Hund]. Aus Figur 2 (erwachsene Katze) ist ersichtlich, dass diese Thymus- läppchen nicht ebenso constant sind wie die Epithelkörperchen, ein Umstand, auf den ich später zurück- komme. Im Anschluss an die Arbeit von Sanpström sind die Beobachtungen von GLEY (13—26) zu er- wähnen, der die Epithelkörperchen als „glandule thyroidienne‘‘ bezeichnete. Nach Exstirpation der Schild- drüse glaubte er nachweisen zu können, dass diese kleinen Gebilde eine compensatorische Vergrösserung erführen und durch Colloidbildung einen physiologischen Ersatz für die Schilddrüse bieten könnten. In neueren Arbeiten ist diese Annahme widerlegt worden (BLUMREICH und JAcoByY, IO). SyuinGTon schilderte unlängst die Glandulae parathyreoideae von Bradypus tridactylus derart, dass links zwei, ein äusseres und ein inneres, rechts nur eines, und zwar ein äusseres, vorhanden war. Die An- ordnung fand Symington hier etwas anders als Konn sie bei anderen Säugethieren schilderte, insofern das äussere mit der Thymus in Verbindung stand, während das innere dem lateralen Lappen der Schilddrüse eingelagert war. Diese Angaben Symıngron’s sind mir von grosser Bedeutung, weil sie mit gewissen Zuständen von Echidna in Einklang zu bringen sind. Für die phylogenetische Bedeutung sind sie von grossem Interesse; doch davon später. Auch bei Phoca sind die Glandulae parathyreoideae nachgewiesen worden, und zwar von BABER (3). Aus den angeführten Thatsachen ergiebt sich, dass die Epithelkörperchen wohl bei allen Säuge- thieren constant vorkommende Bildungen sind, welche ihre Grundlage in den Epithelkörperchen der Am- phibien haben. Wir werden sie also ebenso wie die vorher besprochenen Organe auch bei Echidna er- warten dürfen. Ueber die Entwickelung der hier besprochenen Organe bei Monotremen ist meines Wissens nichts bekannt geworden. Auch die Angaben von den Verhältnissen beim erwachsenen Thier sind nur dürftig In .der Dissertation von Bopp (Tübingen 1840) wird die Schilddrüse vom Schnabelthier als ein paariges Organ angegeben, ebenso von STannıus (69). Die Thymus wird von Sımon (70) im ausgebildeten Zustande als ein unpaares Organ von ovaler Form von Aortenbogen und Carotiden geschildert, das nach seinem Schwund aus symmetrischen paarigen Resten bestehe. Auch die Angaben Owen’s (57) sind ganz allge- meiner Art. Im Anschluss an diese kurzen historischen Angaben gehe ich nun zur Schilderung der Befunde bei Echidna über. Dabei erscheint es mir nicht zweckmässig, die einzelnen Organe getrennt zu besprechen, sondern von jedem einzelnen Entwickelungsstadium den Befund sämmtlicher epithelialer Derivate des Schlundspaltenapparates zu schildern. Das Gesammtbild wird dadurch ein übersichtlicheres. Jenaische Denkschriften. VI. 2 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. Ill. 53 412 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. Io Il. Befunde bei Echidna. I. Der jüngste Embryo von Echidna, der mir zur Verfügung stand, ist der Embryo No. 40 der Semon’schen Serie. Die schräge Schnittführung durch den Kopfabschnitt lässt die Verhältnisse der Kopf- darmhöhle mit den Schlundspalten sehr klar erkennen. Auf Taf. XII, Fig. I—4 gebe ich Darstellungen der einzelnen Spalten. Jede Figur ist aus mehreren Schnitten combinirt. Figur I stellt die erste Schlundspalte dar, welche in diesem Stadium weit offen ist. Das Epithel, welches sie auskleidet, ist durchaus gleichartig, es zeigt nirgends besonders gewucherte Theile. Insbesondere fehlt eine dorsale Kiementasche. Auch eine ventrale Tasche besteht nicht, da diese Schlundspalte ventral ganz offen durchgebrochen ist. Figur 2 zeigt den ventralen Theil der ersten Schlundspalte, ferner die zweite Schlundspalte in ihrer ganzen Ausdehnung und endlich die unpaare mediane Anlage der Schilddrüse. Die 2. Spalte ist ebenfalls nach aussen durchgebrochen und mündet durch einen weit offenen Kanal nach aussen. Sie zeigt die Andeutung einer dorsalen Schlundtasche, welche gegen die Aortenwurzel emporragt. Bei weiterer Ausbildung dorsalwärts würde sie sich zwischen die Aortenwurzel und die Vena jugularis hinein erstrecken. Die ventrale Tasche reicht weit herab. Das Epithel, welches diese ganze Schlundspalte auskleidet, zeigt ebenso wie an der ı. Spalte ein durchaus gleichartiges Verhalten als mehrschichtiges cubisches Epithel, nirgends besteht eine stärkere Wucherungstendenz; eine solche fehlt auch sowohl an der dorsalen wie an der ventralen Schlundtasche. Auf diesem Schnitte erkennt man auch die erste Anlage der Schilddrüse. In der Medianlinie senkt sich die ventrale Wandung der epithelialen Auskleidung der Kopfdarmhöhle weit ventralwärts herab und am ventralen Ende dieser Einsenkung befindet sich eine compacte Zellenmasse, welche dies Ende kolbenförmig verdickt erscheinen lässt. In dieser Zellenmasse haben wir, wie eine Vergleichung mit älteren Stadien ergiebt, die unpaare Anlage der Schilddrüse vor uns. Sie stimmt hinsichtlich ihrer Anordnung vollkommen überein mit der Anlage dieses Organs, wie es nicht nur bei allen niederen Wirbelthieren, sondern auch bei Säugethieren vielfach beschrieben wurde. Die Anlage liegt gerade vor dem ventralen Ende der Hyoidbogen. Mit art. bezeichnet ist der erste Arterienbogen, welcher im Hyoidbogen verläuft. Dieses Gefäss ist die auch bei niederen Wirbelthieren bestehende Arteria hyomandibularis, welche den ersten Gefässbogen darstellt. Sie ist das Gefäss, welches aus der vorderen gabeligen Theilung des gerade gebildeten Endocardialschlauches hervorgeht. Wenige Schnitte hinter den der Figur 2 entsprechenden Querschnitten folgt das vordere unpaare Ende des Herzschlauches, so dass die Schilddrüsenanlage ebenso wie bei niederen Wirbelthieren in die vordere Theilungsgabel des Herzschlauches hereinragt. Hinsichtlich des Baues dieser ersten Schilddrüsenanlage weise ich darauf hin, dass ein Unterschied gegenüber dem Verhalten bei Knochenfischen, Amphibien und Reptilien besteht. Bei letzteren bleibt das Epithel gleichartig, und die Anlage stellt nach ihrer Ablösung vom Mutterboden ein mit Lumen versehenes und mit Cylinderepithel ausgekleidetes Bläschen dar. Erst an diesem kommt es dann zu weiteren Wucherungsvorgängen. Hier bei Echidna wuchern die Epithelzellen von vorn herein so reichlich, dass kein Bläschen, sondern eine kugelige compacte Zellenmasse sich von der Schlundwand ablöst. Der Mutterboden wird aber hier wie dort durch das Epithel der ventralen Wand der Kopfdarmhöhle dargestellt. IL Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 413 Die dritteSchlundspalte (Taf. XII, Fig. 3) zeigt zwar das Epithel der entodermalen Schlundtasche mit dem Epithel der ektodermalen Kiemenfurche in Verbindung getreten, doch besteht keine offene Spalte. Die entodermale Schlundtasche besitzt ein sehr weites Lumen. Man erkennt an ihr eine wenig ausgebildete dorsale Tasche und eine weit herabreichende ventrale Tasche. Auch an dieser ganzen Schlundtasche ist das auskleidende Epithel gleichartig, zeigt nirgends Wucherungszonen. Die vierte Schlundspalte (Fig. 4) ist noch weniger weit fortgeschritten als die 3., insofern eine Verbindung der entodermalen Schlundtasche mit dem Epithel der ektodermalen Kiemenfurche noch nicht besteht. Die dem Sinus praecervicalis von Hıs entsprechende ektodermale Einsenkung ist auf Figur 4 zu erkennen. An der entodermalen 4. Schlundtasche fehlt eine dorsale Tasche gänzlich. Eine ventrale Schlundtasche ist in gleicher Form, aber nicht so stark ausgebildet, wie an der 3. Spalte. Auch die 4. Spalte besitzt eine gleichartige epitheliale Auskleidung. Von Bedeutung ist eine kleine medialwärts gerichtete Ausbuchtung der medialen Wandung dieser Tasche unmittelbar ventral unter der Abgangsstelle derselben vom Schlundrohr. Diese Ausbuchtung hat halbkugelige Form, und das Epithel ihrer Wandung weicht in keiner Weise vom angrenzenden Schlundtaschenepithel ab, in welches es continuirlich übergeht. In diesem kleinen unansehnlichen Gebilde (Fig. 4 p) haben wir die Anlage des postbranchialen Körpers vor uns, wie eine Vergleichung mit späteren Stadien ergiebt. Fassen wir den Befund dieses ersten Stadiums zusammen, so bestehen hier die Anlagen von 4 Schlundspalten. Die beiden ersten sind nach aussen durchgebrochene offene Spalten, die 3. Schlund- falte steht zwar mit dem Ektoderm in Verbindung, ist aber noch keine offene Spalte, und die 4. Schlund- tasche hat das Ektoderm noch nicht erreicht. Bemerkenswerth ist die sehr schwache Ausbildung dorsaler Schlundtaschen, von welchen ganz geringe Andeutungen an der 2. und 3. Schlundspalte zu erkennen sind. An der I. und 4. fehlen sie ganz. Darin prägt sich ein Unterschied gegenüber dem Verhalten bei allen niederen Wirbelthieren aus, der gerade für die hier zu behandelnden Fragen von Bedeutung ist, weil die Bildung der Thymus dadurch sehr wesentlich beeinflusst wird. Von einer Thymusanlage ist hier noch an keiner Schlundspalte etwas zu erkennen. Es besteht nur die Anlage der Schilddrüse als unpaare Bildung in der gleichen Anordnung wie bei allen niederen Wirbelthieren. Sie ist noch in Zusammenhang mit ihrem Mutterboden, dem Epithel der ventralen Wand der Kopfdarmhöhle in der Mittellinie im Bereiche der Hyoid- bogen. Ausserdem besteht schon die Anlage des postbranchialen Körpers in paariger Anordnung. Diese Anlage ist von der Schlundwand auf die mediale Wandung der 4. Schlundtasche gerückt, wodurch ein Unterschied gegenüber dem Verhalten bei niederen Wirbelthieren geboten ist, auf dessen Bedeutung später einzugehen bleibt. II. Ein späteres Stadium, welches der Embryo No. 4I der SEmon’schen Serie darbietet, zeigt die Schlundspalten weiter gebildet. Die 3 ersten sind weit offene Spalten, die 4. zeigt die Anlage des post- branchialen Körpers weiter ausgebildet. Zur Darstellung dieses Befundes ist Taf. XII, Fig. 5 ausgeführt. Aufdem Querschnitt erkennt man unter dem Gehörbläschen den Hyoidbogen, medial von diesem den 3. und 4. Schlund- bogen mit ihren Arterienbogen. Im 4. Bogen liegt der Querschnitt der späteren Aorta. Medial von diesem Bogen folgt die 4. Schlundtasche. Der medialen Wand dieser Tasche ist der postbranchiale Körper als eine längliche Bläschenbildung angeschlossen, welche sich durch 5 Schnitte erstreckt. Das Lumen der 4. Tasche setzt sich durch den Stiel offen in das Lumen jenes Bläschens fort. Ventral unter diesem Bläschen resp. medial davon liegt erst der Querschnitt des Pulmonalarterienbogens. Es liegt also zwischen der 4. Schlundtasche und jenem Bläschen kein Arterienbogen enthaltender Kiemenbogen. Somit dürfen wir das Bläschen, welches die Anlage des postbranchialen Körpers darstellt, auch nicht einer Schlundtasche homolog erklären. 2* b3* 414 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 12 Die Anlage der Schilddrüse ist in diesem Stadium voluminöser geworden. Sie liegt an der gleichen Stelle wie im vorigen Stadium, stellt eine compacte Zellenmasse mit quer-ovalem Querschnitt dar. Sie steht durch einen dünnen epithelialen Stiel noch mit dem Epithel der ventralen Schlundwand in Zusammenhang. Von einer Anlage der Thymus ist auch in diesem Stadium noch nichts nachweisbar, ebensowenig, von den Epithelkörperchen. Der Befund dieses Stadiums zeigt deutlicher als das erste Stadium die Anlage des postbranchialen Körpers und dessen Beziehung zur 4. Schlundtasche. III. Das nächstdem zu besprechende Stadium ist durch den Embryo 42 der Semon’schen Serie dar- gestellt. Taf. XII, Figg. 6, 7 und 8 zeigen die uns interessirenden Verhältnisse. Figur 6 ist ein leicht schräg gelegter Querschnitt im Bereich der 2. und 3. Schlundspalte. Man erkennt, dass die Spalten bereits geschlossen sind, wenn auch epitheliale Stränge vom Schlundrohr bis zum Ektoderm hin verlaufen. In der Medianlinie ist gerade der Eingang in die Luftwege getroffen, lateralwärts erkennt man eine kleine bläschen- förmige Erweiterung des Schlundlumens. Dieselbe stellt den dorsalen Theil der 3. Schlundspalte dar. Dann folgt lateral davon die 2. Schlundtasche, welche sich als compacter Zellenstrang ventralwärts weit herab- erstreckt. In der Fortsetzung seines ventralen Endes liegt ein kleines, eiförmiges Gebilde, aus rundlichen Zellen bestehend. Diese kleine Bildung ist darum sehr wichtig, weil sie in eine Arteriengabel eingelagert ist. Es zweigt sich hier nach oben der 3. Arterienbogen seitlich ab, der den späteren Stamm der Carotis interna darstellt. Die Arteriengabel entspricht also der späteren Theilung des Stammes der Arteria carotis communis in die Carotis externa und interna. Spätere Stadien werden uns zeigen, dass hier wie bei höheren Säuge- thieren ein kleines kugeliges, drüsenartiges Gebilde eingelagert ist, die Carotidendrüse von Echidna. Ich habe mich an der hier vorliegenden Serie nicht mit voller Sicherheit überzeugen können, dass diese kleine eiförmige Bildung wirklich mit dem Epithel der 2. Schlundspalte in Verbindung steht, ebensowenig aber macht sie den Eindruck einer Wucherung der Gefässwand. Wenn sie von einer Schlundspalte abstammt, kann dies nur die zweite sein, denn die Derivate der 3. und 4. Spalte sind dahinter mit grössterDeutlichkeit erkennbar und abgrenzbar. Auf früheren Stadien war eine Anlage der Carotidendrüse nicht nachzuweisen. Figur 7 zeigt an einem weiter hinten gelegenen Schnitt die 2., 3. und 4. Schlundtasche, den post- branchialen Körper und die Anlage der Schilddrüse. Die 2. Schlundspalte besteht aus zusammengeschlossenen, blass gefärbten Epithellamellen, welche mit dem Ektoderm in Verbindung stehen. Die 3. Schlundtasche zeigt an ihrem dorsalen Ende eine kugelige, bläschenförmige Erweiterung, die nach Vergleichung mit Figur 6 mit dem Epithel des Schlundrohrs zusammenhängt. Von diesem bläschenförmigen Abschnitt aus erstreckt sich die 3. Tasche ventralwärts weit herab. Ihr ventrales Ende stellt einen leicht gekrümmten, verdickten Schlauch dar, welcher noch das Lumen der Schlundtasche enthält. Seine epitheliale Wandung ist wenig verdickt, besteht aus sehr intensiv gefärbten, rundlichen Zellen. Zwischen dieser Schlundtasche und der 4. liegt der Querschnitt des 4. Arterienbogens. Die 4. Schlundtasche stellt hier einen schräg gestellten, kurzen Schlauch dar mit deutlichem Lumen und gleichmässig ausgebildetem Epithel. Medial davon, und parallel damit verlaufend, liegt ein ähnlicher Schlauch, der postbranchiale Körper. In der Medianlinie liegt ventral von dem kleinen Schlundquerschnitt der Querschnitt der Kehlkopfanlage und ventral darunter die unpaare Anlage der Schilddrüse. Letztere ist vom Schlundepithel ganz abgelöst und stellt ein compactes Gebilde dar, in welchem ein feines, einen queren Spalt darstellendes Lumen sich ausgebildet hat. Die epithelogene Zellenmasse, welche den Spalt umgiebt und die Masse des Organs bildet, besteht aus gleichartigen, rundlichen Elementen, welche sehr intensiv gefärbt sind und sich demnach in reger Vermehrurg befinden. Die Einlagerung der Schilddrüsen- anlage in die vordere Theilungsgabel des Herzschlauches ist auf Figur 7 ersichtlich. 13 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 415 Taf. XII, Fig. 8 zeigt auf der linken Seite der Figur ausser einem Theil der 2. und 3. Schlundtasche die 4. Schlundtasche und den postbranchialen Körper in ihrem Zusammenhang mit dem Schlundrohr. Der postbranchiale Körper erscheint hier als eine Ausstülpung der Schlundwand selbst, medial von der 4. Schlund- tasche. Diese Verschiebung, die er nach Vergleichung mit Figur 4 und 5 erfahren hat, ist so zu verstehen, dass ein Theil der 4. Schlundtasche der früheren Stadien in die Bildung der Schlundwand hineingezogen wurde. Die rechte Seite der Figur zeigt die Theile der 3. und 4. Schlundtasche, sowie den postbranchialen Körper ebenso wie auf Figur 7 der anderen Körperhälfte. Der letztere stellt sich demnach als eine paarige Bildung dar. Die Aehnlichkeit mit dem Verhalten des postbranchialen Körpers im entsprechenden Stadium bei der Eidechse ist eine sehr grosse. Die Verhältnisse dieses Stadiums zusammenfassend, finden wir die unpaare Anlage der Schilddrüse vom Schlundrohr abgeschnürt, ihr Lumen ist ein feiner, quergestellter Schlitz, ihre Wandung besteht aus reichlichen Zellenmassen, zwischen welche von der Oberfläche her Bindegewebe eindringt. Sie liegt in der vorderen Theilungsgabel des Herzschlauches. Von der 2.—4. Kiemenspalte ist hervorzuheben, dass alle drei ventralwärts gerichtete Schläuche bilden, die mit dem Darmlumen noch offen communiciren, dagegen mit dem Ektoderm nur durch compacte, epitheliale Stränge in Zusammenhang stehen. Im Bereich der 2. Spalte, und zwar an deren ventralem Ende ist zum ersten Male die Anlage der Carotidendrüse erkennbar. Dieselbe ist als kleines eiförmiges, compactes Körperchen in der Arteriengabel, welche der späteren Theilungsgabel der Carotis communis in die Carotis externa und interna entspricht, eingelagert. Seinem Bau nach macht das Gebilde einen epithelogenen Eindruck, doch war sein Zusammenhang mit dem Epithel der 2. Spalte nicht mit Sicherheit nachweisbar. An der 3. Spalte hebt sich ein dorsales Bläschen ab von dem ventralwärs herab- verlaufenden Schlauch. Diese beiden Theile der 3. Spalte sind die Anlage von zwei verschiedenen Organen. Sie stehen hier naturgemäss in continuirlichem Zusammenhang. Das dorsale Bläschen ist die An- lage des Epithelkörperchens der 3. Spalte, und der ventrale Theil stellt die An- lage der späteren Thymus von Echidna dar. In diesem Stadium ist in ihrem Bau die ventrale Tasche der 2., 3. und 4. Spalte noch nicht von einander verschieden. Die 3. Spalte ist noch nicht stärker ausgebildet als die 2. und 4. Der postbranchiale Körper zeigt eine grössere Unabhängig- keit von der 4. Spalte als im vorigen Stadium. Er erscheint jetzt als paarige Aus- stülpung der ventralen Schlundwand hinter der 4. Spalte. Dass er jetzt vom Schlundrohr und nicht mehr von der 4. Spalte ausgeht, ist wohl in Wachsthumsvorgängen der ganzen Schlundregion begründet. Zu beachten ist, dass zwischen 4. Schlundspalte und postbranchialem Körper ein Arterienbogen nicht eingelagert ist. Zwischen den vorderen Schlundspalten liegt stets ein solcher auf jeder Seite. Hier hinten besteht kein solcher. Dadurch wird die Beziehung des postbranchialen Körpers zur 4. Schlundspalte eine nähere, ganz ebenso wie bei der Eidechse und Urodelen. IV. Ein späterer Zustand wird uns durch einen Embryo der Semon’schen Serie dargestellt, der „älter als No. 43“ bezeichnet ist. Seine grösste Länge beträgt 6,1 mm, der Kopf ist 4,4 mm lang. Trotzdem der Conservirungszustand als schlecht angegeben ist, lassen sich die uns hier beschäftigenden Organe zum Theil gut erkennen. Ich gebe sie auf Taf. XII, Figg. 9—II wieder. Von der ersten Schlundspalte sehe ich ab, sie hat im Dienste des Gehörorgans eine specielle Ausbildung erfahren, auf die ich hier nicht eingehen will. Der mit Sicherheit erkennbare Rest der 2. Schlundspalte ist auf Figur 9 abgebildet. Sie stellt eine vom Schlundrohr lateralwärts verlaufende, strangförmige Bildung dar, von epithelialem Bau. Das laterale Ende dieses Stranges geht in eine kleine bläschenförmige Erweiterung über, mit welcher dieses Gebilde abschliesst. Es hat sich hier somit erstens der Zusammenhang mit dem Ektoderm gelöst, und zweitens besteht keine 416 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 14 ventralwärts herabreichende Tasche mehr. Hinsichtlich des Baues dieses Restes der 2. Schlundspalte ist zu erkennen, dass ihre Zellen blasser gefärbt sind als das Epithel des Schlundrohrs, und dass dieselben etwas Pigment enthalten. Leider konnte ich in Folge des wenig guten Conservirungszustandes die Anlage der Carotidendrüse nicht nachweisen, weil die Arterien nicht mit Sicherheit unterscheidbar waren. Bei älteren gut conservirten Exemplaren werde ich in dieser Beziehung erst wieder eine Anknüpfung an das vorige Stadium finden. Von grosser Bedeutung ist das Verhalten der 3. Schlundspalte in diesem Stadium. Figur 10 stellt diesen Theil, aus 6 Schnitten combinirt, im Querschnittbilde dar. Das Schlundrohr hat hier einen sichelförmigen Querschnitt mit dorsaler Convexität. Von seiner ventralen Wand senkt sich in der Mittellinie der Aditus laryngis ventralwärts herab. Von dem Schlundrohr geht jederseits ein blass gefärbter epithelialer, compacter Zellenstrang, lateralwärts und leicht ventralwärts verlaufend, ab. Dieser Strang setzt sich fort in die epithelialen Theile der 3. Schlundtasche, die hier in starker Wucherung begriffen sind. Sie bilden einen schräg von dorsal- und lateral- nach ventral- und medial- wärts verlaufenden Schlauch, der ein kleines Lumen enthält. Dadurch, dass der genannte blasse Epithel- strang sich an die mediale Seite dieses Schlauches ansetzt, wird ein kleiner dorsaler und ein lang aus- gezogener ventraler Theil dieses Schlauches unterscheidbar. Der dorsale Theil besitzt eine grössere Dicke, während der ventrale schlank ausgezogen ist. Dadurch erhält der Schlauch eine conische Form, ventral- wärts sich verjüngend. Aus diesem Schlauch geht die Thymus von Echidna hervor. In einem Complex von Zellen, der im dorsalen Theil liegt, ist die Anlage des Epithel- körperchens der 3. Spalte enthalten. Dasselbe ist aber jetzt noch in keiner Weise abgrenzbar, das Gewebe dieses ganzen Spaltenrestes ist vielmehr gleichartig und besteht aus kleinen rundlichen in- differenten Zellen, die alle aus dem Epithel der Schlundspalte hervorgingen. Die beiderseitigen Reste der 3. Spalte nähern sich mit ihren ventralen Enden der Mittellinie. Hier liegt zwischen ihnen, ventral vom Aditus laryngis die unpare Anlage der Schilddrüse. Sie ist gegenüber dem früheren Stadium nur voluminöser geworden. Der spaltförmige Rest des primitiven Lumens ist noch zu erkennen. Hinter der 3. Spalte findet man die Reste der 4. Schlundspalte und die Anlage des postbranchialen Körpers in dem auf Figur II dargestellten Zustande. Auf der rechten Seite der Abbildung erkennt man, dass die beiden Gebilde noch mit dem Schlundrohr in Verbindung stehen. Lateral liegt der Rest der 4. Spalte. Er ist von viel geringerem Volum als die Reste der 3. Spalte und stellt einen kleinen birn- förmigen compacten Körper dar, welcher, mit schlankem Stiel vom Schlundrohr ausgehend, sich ventral- wärts herabkrümmt, mit lateralwärts gerichteter Convexität. Der Querschnitt des Schlundrohrs ist gerade wie im Bereich der 3. Spalte ein sichelförmiger Spalt dorsalwärts convex, und die Abgangsstelle des Restes der 4. Schlundspalte findet sich genau wie die der 3. Spalte nahe dem lateralen und ventralen Ende des Schlundquerschnittes an dessen lateraler Seite. Seinem Bau nach ist von dem epithelialen Rest der 4. Schlundspalte hervorzuheben, dass ein Lumen nicht mehr besteht und dass die intensiv gefärbten Elemente kleine rundliche Zellen sind, indifferenten lymphatischen Zellen gleichend, aber epithelialer Herkunft. Medial von diesem Rest der 4. Spalte liegt der postbranchiale Körper. Er verhält sich ganz anders als der Rest der 4. Spalte. Er stellt ein grosses, kugeliges Bläschen dar mit weitem Lumen und mehr- schichtig epithelialer Wandung. Das Gebilde steht noch durch einen compacten, epithelialen Stiel mit dem Schlundrohr in Verbindung. Sein Lumen communicirt nicht mehr mit dem Lumen des Schlundes. Auf der linken Seite der Figur IT erkennt man den Rest der 4. Schlundspalte und den postbranchialen Körper ohne Zusammenhang mit dem Schlundrohr in ihrer gegenseitigen Lagebeziehung. Der postbranchiale 15 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 417 Körper liegt in der gleichen Beziehung zur 4. Spalte, wie diese zur 3., d.h. etwas hinter ihr. Doch ist die Beziehung eine innigere, weil kein Arterienbogen dazwischen liegt. Auf der Figur Ir ist ferner noch die unpaare Anlage der Schilddrüse und das ventrale Ende der Thymusanlage der 3. Schlundspalte erkennbar. Letztere erstreckt sich ganz nahe ans Pericard herab. Zusammenfassung: In diesem Stadium ist der Zusammenhang der Schlundtaschen mit dem Ektoderm ganz gelöst, dagegen besteht noch der Zusammenhang mit dem Schlundrohr. Ein solcher ist aber bloss noch durch solide, epitheliale Zellenstränge hergestellt. An den Resten der 2., 3. und 4. Schlund- tasche hat sich ein ungleichartiges Verhalten herausgebildet, das auch später von Bedeutung bleibt. Der epitheliale Rest der 2. Spalte ist sehr gering und zeigt keine Wucherungstendenz seiner Elemente. Wir werden später sehen, dass dieser Rest sich gänzlich rückbildet und die 2. Schlundtasche keine Derivate hinterlässt. Die 3. Schlundtasche ist bedeutend gewuchert, überwiegt bei weitem alle anderen Schlund- taschenreste. Ihre stärkste Wachsthumstendenz ist ventralwärts gerichtet. Dass in ihr die Anlage der Thymus und in dorsalen Theilen die Anlage eines Epithelkörperchens enthalten ist, lässt sich noch nicht mit Sicherheit erkennen, ergiebt aber die Vergleichung mit älteren Stadien. Die 4. Schlundtasche hinter- lässt in diesem Stadium einen kleineren Rest, wir sehen später aus ihm ebenfalls ein Epithelkörperchen hervorgehen, dagegen nimmt diese Spalte nicht Theil an der Bildung der Thymus. Hinter der 4. Schlund- tasche findet sich der postbranchiale Körper. Er ist viel stärker gewachsen als der Rest der 4. Tasche und stellt ein kugeliges Epithelbläschen dar, das nur durch einen compacten Stiel mit dem Schlundrohr in Verbindung steht. Die unpaare Anlage der Schilddrüse hat keine hervortretende Weiterbildung erfahren, V. Ein späteres Stadium ist durch den Embryo 44 der Semon’schen Serie dargestellt. Im All- gemeinen ist hier zu bemerken, dass das Herz in der Brusthöhle liegt. Diesem Organe folgend, sind Schild- drüsenanlage und die aus der 3. Schlundspalte hervorgehende Thymus ebenfalls nach hinten gerückt. Auch der Rest der 4. Schlundtasche ist dadurch beeinflusst und hat eine Verlagerung nach hinten erfahren. Am wenigsten ist der postbranchiale Körper in Mitleidenschaft gezogen, so dass derselbe sogar vor den anderen Derivaten der Schlundspalten gefunden wird.. Eine Verlagerung der Derivate der Schlundspalten nach hinten kann naturgemäss erst eintreten, nachdem sich die epithelialen Reste der Spalten gänzlich vom Schlundrohr abgelöst haben. Das ist beim Embryo 44 geschehen. Taf. XIII, Figg. 12, 13 und 14 stellen die hier zu besprechenden Verhältnisse dar. Von den uns interessirenden Organen ist die Carotidendrüse das zu vorderst in der Querschnitt- serie erscheinende Gebilde (vergl. Fig. 12). Der Schnitt liegt unmittelbar hinter dem Aditus laryngis. Ueber dem Querschnitt der Larynxanlage liegt der nach oben convexe, sichelförmige Querschnitt des Schlund- rohrs. Zu beiden Seiten von dessen lateral-ventralem Ende liegt die Theilungsgabel der Carotis communis in die Carotis externa und interna, erstere ventral, letztere dorsal angeordnet. Gerade in dieser Gabel, auf dem Schnitt also zwischen beiden Gefässen liegt die Anlage der Carotidendrüse. Sie ist ein rundliches Gebilde, welches der Wandung besonders der Carotis interna dicht angeschlossen ist, so dass es sogar die Muscularis dieses Gefässes beeinflusst. Das Gebilde besteht aus rundlichen Zellen, die zu Gruppen vereinigt sind, und zwischen diesen sind Züge spindelförmiger Elemente erkennbar. Der Bau gleicht somit dem eines Epithel- körperchens. Dieses Organ ist nach Vergleichung mit Figur 6 offenbar der Carotidendrüse jenes Stadiums homolog und entstammt somit der Gegend der 2. Schlundspalte. Die Derivate der 3. und 4. Schlundspalte waren dort hinter der Carotidendrüse deutlich nachweisbar, und auch im jetzt vorliegenden Stadium finden wir solche Gebilde mit grosser Deutlichkeit. 418 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 16 Der Figur ıı des vorigen Stadiums entspricht für das vorliegende Stadium die Figur 13. Ventral von dem Querschnitt des enger gewordenen Schlundrohrs liegt der Querschnitt desLarynx, und zu beiden Seiten von ihm findet sich ein dorsoventral verlaufender Schlauch mit deutlichem Lumen und mehr- schichtiger epithelialer Wandung. Dies Gebilde stellt den paarigen, postbranchialen Körper dar. Etwas weiter nach hinten in der Serie, leicht lateral und dorsal von diesem Gebilde liegt nur auf der linken Seite (auf der rechten Seite der Figur) ein kleines kugeliges, compactes Körperchen, welches ich als Derivat der 4. Schlundspalte deute. Ob es hier nur linksseitig erhalten, auf der rechten Seite eine völlige Rückbildung erfahren hat, ist später zu entscheiden. Wenige Schnitte hinter dem zuletzt beschriebenen Bild finden wir die Verhältnisse, wie sie Figur 14 darstellt, die genau der Figur IO vom vorigen Stadium entspricht. Da die Derivate der 3. Spalte und die unpaare mediane Schilddrüsenanlage mit dem Herzen nach hinten gerückt sind, so liegt darüber nicht der Aditus laryngis, sondern der Anfang des Oesophagus (0) und die Trachea (t). Gerade ventral von der Trachea liegt die Schilddrüse, welche nach ihrer Beziehung zu den grossen Arterienstäimmen in Vergleichung mit dem früheren Stadium ausschliesslich aus der vorderen, unpaaren Anlage hervorgegangen ist. Sie ist gegenüber dem früheren Stadium sehr wesentlich weitergebildet. Durch eine zarte, bindegewebige Kapsel gegen die Umgebung abgeschlossen, bildet sie ein einheitliches Organ, welches noch genau in der vorderen Theilungsgabel des aus dem Herzen austretenden, grossen Arterien- stammes liegt. Sie zeigt sich zusammengesetzt aus einer grossen Zahl kleiner Bläschen und Schläuche, die von Cylinderepithel ausgekleidet sind und ein deutliches, mit Flüssigkeit erfülltes Lumen besitzen. Colloid konnte ich noch nirgends nachweisen. Das interstitielle Bindegewebe ist so reichlich ausgebildet, dass die Epithelbläschen und -schläuche durch dasselbe weit auseinandergedrängt sind. Zu beiden Seiten der Schilddrüse liegt der Stamm der Art. anonyma, lateral von dieser ein Ganglion des Vagus, und lateral von letzterem folgt die Vena anonyma. WVentral von diesen Gebilden, mit ihrem dorsalen Theil leicht zwischen Arteria anonyma und Ganglion vagi eingeschoben, liegen die epithelialen Derivate der 3. Schlundspalte. Sie stellen jederseits einen compacten, walzenförmigen, gekrümmten Körper dar, dessen ventrales Ende, gegen die Mittellinie gekrümmt, bis zum Pericard sich erstreckt und dem ander- seitigen Gebilde fast bis zur Berührung sich nähert. In dem ganzen Gebilde besteht nirgends ein Lumen. Dagegen kann man dem Bau nach zwei Abschnitte unterscheiden, die indessen, wie auf der Ab- bildung dargestellt, fest zusammenhängen. Der dorsale Theil ist kleiner, zeigt sich aus kleinen Rundzellen zusammengesetzt, die offenbar in reichlicher Vermehrung begriffen sind. Er ist die Anlage des Epithelkörperchens der 3. Spalte. Der ventrale mächtigere Theil des Gebildes besteht aus grösseren Zellen, die noch mehr ihren epithelialen Charakter bewahrt haben, aber doch in compacten Massen zusammen- geschlossen sind. Sie sind blasser gefärbt als die Zellen des dorsalen Theils, die Vermehrung der Elemente ist hier noch keine so intensive. Dieser ventrale Theil des Derivates der 3. Schlundspalte ist die Anlage der Thymus. Auf diesem Schnitt erscheint nun noch auf der rechten Körperhälfte (linke Seite der Fig. 14) ein kleines Gebilde dorsal von den Derivaten der 3. Schlundspalte, zwischen Vagus- ganglion und Vena anonyma eingelagert. Es zeigt die gleiche Grösse und den gleichen Bau wie das in Figur 13 dargestellte Gebilde (e4) der anderen Seite. Von diesem Stadium allein aus ist die Bedeutung dieses Körperchens nicht zu bestimmen. Nimmt man aber das frühere und ein späteres Stadium zu Hülfe, so ist doch, meine ich, eine Beurtheilung möglich. Ich fasse es auf als das Derivat der 4. rechten Schlund- spalte. Dasselbe zeigt auf beiden Seiten ein verschiedenes Verhalten. Im früheren Stadium bestanden beider- seits lateral vom postbranchialen Körper kleine Reste der 4. Schlundspalte. Dieselben besitzen noch ihre primitive Lage, weil sie noch mit dem Schlundrohr in Verbindung stehen. In dem hier vorliegenden 17 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 419 Stadium haben sie sich von ihrem Mutterboden abgelöst und gehen nun ebenso wie Schilddrüse und Thymus Verlagerungen ein im Zusammenhang mit der Verschiebung des Herzens nach hinten. Diese Verlagerung hat sich nun in diesem Stadium noch ungleich vollzogen, insofern dies Gebilde der linken Seite seine Lagebeziehung zum postbranchialen Körper beibehalten hat, während es auf der rechten Seite mehr nach hinten gerückt ist und somit in nähere Lagebeziehungen zu den Derivaten der 3. Schlundspalte gekommen ist. Die letzteren haben, wie oben gesagt, mit dem Herzen eine noch grössere Verschiebung nach hinten erfahren. In dem nächstälteren Stadium werden wir sehen, dass die Derivate der 4. Spalte beiderseits sich gleichmässig vom postbranchialen Körper entfernt haben und den Derivaten der 3. Schlundspalte nach hinten gefolgt sind. Dadurch erhält die hier gegebene Deutung eine weitere Stütze. Fassen wir die Verhältnisse dieses Stadiums zusammen, so können wir hier zum ersten Male erkennen, von welchen Theilen der epithelialen Schlundspalten überhaupt Derivate bei Echidna erhalten bleiben. Es besteht hier, nachdem alle Theile die Verbindung mit dem Schlundrohr aufgegeben haben: 1) Die Schild- drüse, hervorgegangen aus der vorderen, unpaaren Anlage. 2) Als Derivat der Region der 2. Schlundspalte die Carotidendrüse als kleines Gebilde vom Bau eines Epithelkörperchens, in die Theilungsgabel der Carotis communis eingelagert. Ob sie aus dem Epithel des ventralen Endes der 2. Schlundspalte abgeschnürt ist, konnte ich an früheren Stadien nicht mit Sicherheit nachweisen. 3) Theile der 3. Schlundspalte, die am mächtigsten gewuchert sind. Sie enthalten in ihrem dorsalen Theil die Anlage eines Epithelkörper- chens, das als Carotidendrüse bezeichnet wurde, und in ihrem mächtigen ventralen Theil die Anlage der gesammten Thymus. 4) Von der 4. Spalte ist ein kleines Derivat erhalten, welches die Bedeutung eines Epithelkörperchens besitzt. 5) Besteht ein postbranchialer Körper in paariger Ausbildung. Alle diese Organe haben gemäss der Ausbildung des Vorderkopfes mit der Verschiebung des Herzens nach hinten eine Verlagerung im gleichen Sinne erfahren. Am meisten betrifft dies die Schilddrüse und die Derivate der 3. Schlundspalte, welche ihre frühere Lagebeziehung zum Herzen unverändert beibehalten haben. Wenig beeinflusst ist die Carotidendrüse, die ihre feste Lage von vornherein hat und behält. Wenig verlagert ist auch der postbranchiale Körper, welcher nun etwas vor der Schilddrüse und den Derivaten der 3. Schlundspalte liegt. Das Derivat der 4. Schlundspalte verhält sich beiderseits verschieden, indem es links seine primitive Anordnung beibehalten hat und lateral und dorsal vom postbranchialen Körper liegt, rechts dagegen mit den Derivaten der 3. Schlundspalte eine Verschiebung nach hinten erfahren hat. VI. Im folgenden Stadium, das ich dem Embryo No. 46 der Semon’schen Serie entnehme, hat eine beträchtliche Vergrösserung und weitere histologische Differenzirung der epithelialen Derivate des Schlund- spaltenapparates stattgefunden. Der Embryo hat im Allgemeinen bei äusserer Betrachtung insofern eine wesentliche Weiterbildung erfahren, als am Integument überall die Anlagen der Stacheln als stark pro- minente Höcker erkennbar sind. Das Herz hat seine bleibende Lage erreicht. Mit der Vollendung seiner Entwickelung haben auch die Arterienbogen den bleibenden Zustand erreicht. Wir finden hier, wie im vorigen Stadium, in der Querschnittserie zu vorderst die Carotiden- drüse an ihrer alten Stelle. Zu beiden Seiten des Schlundes, der den Aditus laryngis ventralwärts umgreift, liegt die Theilungsgabel der Carotis communis, und zwischen Carotis externa und interna ist die Carotidendrüse eingelagert. Wenige Schnitte weiter nach hinten findet man zu beiden Seiten der Anfangsstrecke der Trachea die postbranchialen Körper. Lateral von ihnen liegen Arteria carotis communis, Vena jugularis und Vagus. Taf. XIII, Fig. ı5 stellt diesen Befund dar. Der postbranchiale Körper ist demnach ein paariges Gebilde. Er bildet jederseits ein grosses Bläschen mit sehr weitem Lumen, das mit heller Flüssigkeit gefüllt ist, jedenfalls keine colloide Substanz enthält. Seine Wandung besteht aus mehrschichtigem Epithel, dessen freie, dem Lumen zugekehrte Fläche glatt ist. Jenaische Denkschriften. VI. 3 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 54 420 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 18 An seiner basalen äusseren Fläche hat es sehr zahlreiche, kleine Epithelsprossen gebildet, welche in das umgebende Bindegewebe vorspringen. Es sind dies durchaus compacte Sprossen, in welche sich das Lumen des Bläschens nicht hineinerstreckt. Auf Figur I5 sind diese Zustände bei schwacher Vergrösserung dar- gestellt. Verfolgt man die Querschnittserie weiter rückwärts nach dem Thorax zu, so findet man im Bereiche der vorderen Thoraxapertur die Verhältnisse, welche auf Taf. XIII, Fig. I6 abgebildet sind. Ventral unter dem Querschnitt des Oesophagus (0) liegt der Querschnitt der Trachea (t). Ventral von diesem liegt die aus der vorderen unpaaren Anlage hervorgegangene Schilddrüse. Sie stellt ein sehr voluminöses, einheitliches, unpaares Organ dar, welches sich aus einer grossen Zahl kleiner Bläschen und Schläuche zusammensetzt. Die Wandung der letzteren besteht aus cylindrischen Zellen in einfacher Lage. Colloid scheint mir im Lumen noch nicht ausgebildet. Das interstitielle Bindegewebe ist sehr reichlich entwickelt, und vor allem erkennt man darin ein mächtiges Blutcapillarnetz. Dasselbe durchsetzt gleichmässig das ganze Organ und ist strotzend mit Blutkörperchen gefüllt. Die Capillarlumina sind sehr weit. Zu beiden Seiten von der Schilddrüse liegt der Stamm der Arteria carotis communis, und lateral von dieser folgen die Derivate der 3. und 4. Schlundspalte. Die Deutung dieser Theile ist natürlich nur durch Vergleichung mit früheren Stadien möglich. Ich bitte, hierzu die Figuren Io und 14 vorzunehmen. Figur Io zeigt die Derivate der 3. Spalte. Diese sind auch auf Figur 14 unverkennbar in ihren beiden Theilen. Es ist demnach auf Figur I6 als Derivat der 3. Spalte zu deuten: der mächtige compacte Zellenkörper, welcher lateral von dem Carotidenstamm liegt und sich ventral- und medialwärts herabkrümmt, ventral von der Schild- drüse. Man kann an ihm wieder einen kleinen eiförmigen dorsalen Abschnitt unterscheiden, das Epithel- körperchen der 3. Spalte (e,). Von dieser ist noch schärfer als im vorigen Stadium der mächtige ventrale Theil abgesetzt, steht aber doch in festem Contact damit. Die scharfe Grenze ist besonders durch den sehr verschiedenen Bau der beiden Theile bedingt. Der ventrale Theil ist die hier schon recht voluminös gewordene Anlage der Thymus. Sie bildet nicht mehr, wie im vorigen Stadium, einen gleichmässig gekrümmten, walzenförmigen Körper, sondern zeigt an ihrer Oberfläche allenthalben Sprossen, zwischen welche Bindegewebe eingedrungen ist. Die Zellen, welche die compacten Theile zusammensetzen, zeigen auch ein eigenthümliches Verhalten, welches an gewisse Stadien der Eidechsenthymus erinnert. Dorsal von den zweifellosen Derivaten der 3. Schlundspalte liegt nun jederseits ein kleines kugeliges Körperchen, welches seinem Bau nach völlig übereinstimmt mit dem Epithelkörperchen der 3. Spalte. Es fragt sich, wie das Gebilde zu deuten ist. Auch hierzu ist das vorige Stadium (Fig. 13 und 14) heranzuziehen. Man erkennt auf Figur 16, dass die Lage des erwähnten Körperchens zu dem Vagus rechts und links verschieden ist. Auf der linken Körperseite (rechts auf der Figur) liegt es medial vom Nerven, auf der rechten Körperseite findet es sich ventral unter dem Nerven. Lateral vom Nerven liegt beiderseits die Vena anonyma, dorsal von dieser rechts die Arteria subclavia, links dieselbe Arterie mit ihrer Abgangsstelle vom Aortenbogen. Man könnte nun die fraglichen Epithelkörperchen, denn solche sind es ihrem Bau nach, ebenfalls als Rest der 3. Schlundspalte auffassen und sie von dem in Figur Io dargestellten früheren Befunde ableiten, indem man annimmt, dass sich da von den dorsalen Theilen der 3. Schlundspalte zwei Epithelkörperchen gebildet hätten, von welchen sich das eine kleinere ganz von der Schlundtasche abgelöst hätte. Dagegen spricht ausser den Thatsachen der vergleichenden Anatomie, auf die ich später eingehe, auch das in Figur 13 und 14 dargestellte Stadium. Hier bestehen auch zwei Körperchen, welche eine verschiedene Lage auf beiden Körperseiten zeigen. Ich habe sie nach Vergleichung mit dem jüngeren Stadium der Figur ıı als Derivate der 4. Schlundspalte gedeutet. Auf Figur II stehen die beiden Derivate der 4. Spalte noch in Verbindung mit dem Schlundrohr. Sie zeigen hier ihre primitive Lage zum Schlund und zum postbranchialen Körper. Im folgenden Stadium (Fig. 13 und 14) sahen wir auf der linken Körperseite das Derivat der 4. Spalte ab- 19 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 421 gelöst vom Schlundrohr noch in seiner primitiven Lagebeziehung zum postbranchialen Körper, es ist höchstens ein wenig dorsalwärts verschoben (Fig. 14). Auf der rechten Körperseite ist es mit der Thymus- anlage nach hinten gerückt und hat sich somit vom postbranchialen Körper entfernt. Es liegt hier zwar lateral vom Vagusstamm, hat aber seine Lagebeziehung zu Carotis und Vena jugularis beibehalten. Die Beziehung dieser Gebilde zu den Gefässen ist wichtiger als die zu den Nerven, da sie gerade der Ver- lagerung des Herzens und seiner Arterienstämme folgen. Wir sehen dies an der Schilddrüse und den Derivaten der 3. Schlundspalte. Durch die verschiedene Lagerung des Derivates der 4. Schlundspalte auf beiden Seiten in diesem Stadium erhalten wir ein sehr werthvolles Zwischenstadium zwischen den Zuständen der Embryonen 43 und 46, und danach stehe ich nicht an, das paarig angeordnete Körperchen e, der Figur 16 als das Derivat der 4. Schlundspalte bei Echidna zu deuten. Fassen wir den Befund dieses Stadiums zusammen, so schliesst er sich zwanglos an das vorher be- schriebene Stadium an. Wir sahen, dass die Schilddrüse, allein aus der vorderen unpaaren Anlage hervorgegangen, ein sehr voluminöses Organ darstellt, das ventral von der Trachea zwischen den beiden Carotidenstämmen gelagert ist und bereits den ihr auch später zukommenden Bau besitzt. Sie besteht aus zahlreichen, mit einschichtigem Cylinderepithel ausgekleideten Bläschen. Man kann nirgends erkennen, dass dies Organ aus verschiedenen Anlagen hervorgehe, ebensowenig wie in früheren Stadien. Ich habe genau darauf geachtet, ob nicht paarige Derivate vorderer oder hinterer Schlundspalten sich der vorderen unpaaren Anlage anlagerten, fand es aber hier so wenig wie in früheren Stadien. Das Organ ist vielmehr eine durchaus einheitliche, durch eine zarte Binde- gewebskapsel deutlich abgegrenzte Bildung. Als Derivat der Region der 2. Schlundspalte liegt die Carotidendrüse in der Theilungsgabel der Carotis communis jederseits. Sie ist der Carotis interna innig angeschlossen, und von dieser dringen Gefässe in sie ein. Zwischen denselben sind compacte Epithelzellenstränge von gewundenem Verlauf an- geordnet. Ihr Bau weicht jetzt etwas von dem der Epithelkörperchen ab. Die Thymus zeigt sich auch hier als paariges Organ, jederseits hervorgegangen aus dem Epithel der 3. Schlundtasche, und zwar nur aus deren ventralem Abschnitt. Sie ist nicht das einzige Derivat der 3. Spalte, sondern ausser der Thymus geht ein Epithelkörperchen aus dieser Spalte hervor. Dasselbe liegt am dorsalen Ende der Thymus, steht mit ihr in Verbindung, ist aber durch seinen eigenartigen Bau ganz scharf von der Thymus abgrenzbar. Von der 4. Schlundspalte ist nur ein Epithelkörperchen als Rest erhalten. Weder an der Bildung der Thymus noch der Schilddrüse nimmt diese Spalte Theil. Der postbranchiale Körper liegt hier etwas vor den seither betrachteten Organen, als paariges Organ zu beiden Seiten der Trachea. Er stellt ein grosses Bläschen mit weitem Lumen dar, dessen epitheliale Wandung Sprossen zu treiben beginnt. Das Gebilde ist von einem sehr mächtigen Blutcapillar- netz umsponnen. Die Anordnung aller dieser Gebilde ist in diesem Stadium die gleiche wie im vorher geschilderten, nur ist das Derivat der 4. Spalte nach hinten gerückt und liegt dorsal vom Epithelkörperchen letzt genannter Spalte. VII. Das nächst ältere Stadium ist das älteste, welches mir in Schnittserien zur Verfügung steht. Es entstammt dem Beuteljungen No. 47 der Semon’schen Serie. Die gesammte Anordnung von Schilddrüse, Carotidendrüse, Thymus, Epithelkörperchen und postbranchialem Körper ist die gleiche wie im vorigen Stadium. Die Organe sind aber histologisch wieder weiter differenzirt, und jedes ist ganz scharf in sich abgeschlossen. Zu vorderst finde ich wieder auf der Querschnittserie die Carotidendrüse jederseits in 3* 54* 422 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 20 die Gabel der Carotis communis eingelagert (Fig. 17). Sie hat eine eiförmige Gestalt. Die Epithelschläuche, welche sie zusammensetzen, sind fester zusammengeschlossen als im vorigen Stadium, man erkennt im inter- stitiellen Bindegewebe starke Arterienstämme. Sechs Schnitte weiter rückwärts tritt der postbranchiale Körper in der Serie auf. Er ist in seiner Anordnung und seinem Bau auf Figur 18 dargestellt. Vergleicht man diese Abbildung mit Figur 15 vom vorigen Stadium, so zeigen sich dieselben Verhältnisse. In der Mittellinie liegt ventral von der Wirbel- säule der Querschnitt des Oesophagus und darunter die Trachea. Zu beiden Seiten davon zwischen Oeso- phagus und Trachea liegt der paarige postbranchiale Körper. In seinem Centrum besteht ein grosses Bläschen mit eingebuchteter Wandung, von einschichtigem Cylinderepithel ausgekleidet. Um dieses Bläschen gruppiren sich zahlreiche kleine, kugelige Bläschen, ebenfalls von einschichtigem Cylinder- epithel ausgekleidet, mit deutlichem Lumen versehen. Der Inhalt ist nicht colloide Substanz. Um diese epithelialen Theile ist ein sehr reichliches interstitielles Bindegewebe ausgebildet, in welchem ein äusserst dichtes "Blutcapillarnetz nachweisbar ist. Dadurch wird das ganze kugelige Gebilde sehr scharf gegen die um- gebenden Theile abgegrenzt. Lateral von dem postbranchialen Körper liegt auf jeder Seite die Carotis communis, Vena jugularis und der Vagusstamm in der gleichen Anordnung wie im vorigen Stadium. Verfolgen wir die Serie weiter nach hinten, so finden wir die Verhältnisse, welche ich auf Figur Ig dargestellt habe. Sie entsprechen der Figur I6 vom vorigen Stadium. Speiseröhre und Trachea sind in ihrer Wandung sehr wesentlich weitergebildet. Das wird leicht verständlich aus der Thatsache, dass wir hier nicht einen Embryo, sondern ein Beuteljunges vor uns haben, bei welchem Lungenathmung und Nahrungsaufnahme per os besteht. Ventral von der Trachea liegt, etwas nach links verschoben, die mächtige Schilddrüse, ebenso wie in den früheren Stadien ein einheitliches Organ darstellend. Sie besteht aus Bläschen und reichlich verästelten Schläuchen, mit einschichtigem Cylinderepithel ausgekleidet; im Lumen von vielen dieser Gebilde kann man Colloid nachweisen. Im interstitiellen Bindegewebe ist viel reichlicher als im vorigen Stadium ein Blutcapillarnetz aus- gebildet. Zu beiden Seiten der Schilddrüse liegt der Stamm der Carotis communis, und ventral von dieser findet man die Derivate der 3. Schlundspalte. Das Epithelkörperchen ist rechts ganz von der Thymus abgelöst, links mit ihr in Contact. Es stellt ein eiförmiges Körperchen dar, aus epithelialen compacten Schläuchen zusammengesetzt. Zwischen diesen besteht ein reichliches Capillarnetz in zartem interstitiellen Bindegewebe. Die ventral sich an- schliessende Thy mus ist jederseits ein reichlich gelapptes Organ von lymphatischem Bau. Sie ist von einem sehr gefässreichen Bindegewebe umhüllt. Letzteres erstreckt sich auch zwischen die zahlreichen Sprossen des Organs hinein. Es ist auffallend, dass man hier im Gegensatz zu den früheren Stadien jederseits nur ein Epithel- körperchen findet. Ein zweites suchte ich vergebens. Ich kann also nur aussagen, dass ein Derivat der 4. Schlundspalte nicht constant ausgebildet wird. Dass das hier allein bestehende dem Epithelkörperchen der 3. Schlundspalte entspricht, lehrt ohne Zweifel eine Vergleichung der Figur 19 mit den Figuren I4 und 16. VIII. Von älteren Objecten untersuchte ich von dem Semon’schen Material ein junges Exemplar von Echidna, das ausgestreckt 12 cm Länge von der Schnauzen- zur Schwanzspitze mass. Der Befund schliesst sich an das zuletzt geschilderte Entwickelungsstadium an. Durch Präparation sind die Organe leicht über- sichtlich darzustellen. Ich gebe sie in Taf. XIV, Fig. 20 wieder. Das Thier wurde in Rückenlage gebracht und die Haut von der vorderen Halsgegend an in der ventralen Mittellinie über die Brust herab gespalten und seitlich zurückpräparirt. Nach Wegnahme des Musc. sphincter colli hat man die Glandulae submaxillares 21 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 423 und parotides nach vorn zurückzuschlagen. Nach Längsspaltung des Sternum und Abtragung der Musculi sterno- und omo-hyoidei braucht man bloss die Brustwand nach beiden Seiten auseinanderzudrängen, um die Organe des Halses und das Herz im Pericard frei vor sich zu sehen. Man sieht dann die Trachea, am Kehlkopf beginnend, zur Brusthöhle herabverlaufen. Zu ihren beiden Seiten verlaufen die Stämme der Arteria carotis communis. Sie theilt sich in der Höhe des Schildknorpels in die Carotis externa und interna, und in der Gabel liegt jederseits die Carotidendrüse, als kleines abgeplattetes Gebilde, dem Stamm der Carotis interna am engsten angeschlossen. Zu beiden Seiten von der Anfangsstrecke der Trachea im Bereich ihrer ersten Knorpelringe unter dem Kehlkopf liegt jederseits ein kleines eiförmiges Drüschen, etwa 3mal so gross wie die Carotidendrüse. In seinem Bau zeigt es sich zusammengesetzt aus kleinen kugeligen Bläschen und Schläuchen, die von sehr hohem Cylinderepithel ausgekleidet sind, in ihrem Lumen aber kein Colloid enthalten. Seiner Lage und seinem Bau nach haben wir in diesem Gebilde den postbranchialen Körper vor uns. Gerade unter diesem folgen auf der linken Seite zwei kleine kugelige Körperchen, von welchen das obere doppelt so gross als das untere, aber höchstens !/, der Grösse des postbranchialen Körpers zeigt. Diese Körperchen fehlen auf der rechten Seite. Ihr Bau entspricht dem -der Thymus, sie sind demnach keine Epithelkörperchen. Gerade unter diesen Gebilden folgt die Thymus, welche den grössten Theil der Trachea umlagert und auch fast den ganzen Vorhofsabschnitt des Herzens, damit auch die grossen Gefässstämme ganz überlagert. Das Organ hat eine grosse Mächtigkeit erreicht und lässt jederseits zwei unvollständig getrennte Lappen unterscheiden. Diese vier Lappen bilden einen Conus, dessen Spitze nach oben (kopfwärts), dessen Basis nach unten (schwanzwärts) gerichtet ist. Die letztere überlagert die Basis des Herzens. In der Medianlinie berühren sich die beiderseitigen Thymuslappen, doch gelingt es, sie hier ganz auseinanderzudrängen. Die Zweitheilung jedes Lappens ist dagegen keine durchgreifende. Besonders an der Basis bilden diese Lappen eine einheitliche Masse. Nach oben zu aber trennen sie sich von einander und laufen jederseits in zwei stumpfe Spitzen aus. Der Grund hierfür liegt im Verlauf der Arteria mammaria interna, welche zwischen den beiden Lappen beiderseits hindurchtritt. Dieser Verlauf der Arteria mammaria interna zeigt auch, dass die Thymus sich mächtig nach vorn ausgedehnt hat. Im vorigen Stadium verlief das genannte Gefäss noch kopfwärts vor der Thymus ventralwärts. Die enorme Vergrösserung der Thymus ist also nach vorn, kopfwärts erfolgt und hat dabei jederseits die genannte Arterie umgriffen, so dass der einschneidende Spalt leicht verständlich ist. Weiteres kann man ohne Verletzung der Thymus nicht erkennen. Vor allem sieht man nichts von der Schilddrüse d. h. dem Derivat der medianen vorderen Schilddrüsenanlage. Das ist sofort erklärlich, wenn man die Figuren I6 und Ig berücksichtigt. Hier erkennt man, dass die Schilddrüse mit der Thymus nach hinten gerückt ist und an ihrer ventralen Fläche von letzterem Organ vollkommen überlagert wird. Ich präparirte nun, um die Schilddrüse sichtbar zu machen, die mächtige Thymus vorsichtig los. Dies geschah in der Weise, dass ich mit einer Präparirnadel und Pincette, also stumpf das Gebilde allmählich aufhob und dann ablöste. Ich vermied die Präparation mit dem Messer, um keine künstliche Trennung der Thymuslappen auszuführen. Es zeigte sich dabei, dass, wenn auch jederseits die beiden grossen Lappen, welche ich oben schilderte, in continuirlichem Zusammenhang standen, doch sehr vielfach kleine Läppchen der Thymus auch stumpf leicht von dem ganzen Organ abgelöst werden konnten, nach- dem ich die zarte, gemeinsame Bindegewebskapsel des ganzen Organs gespalten hatte. Die Thymus erstreckt sich weit dorsalwärts beiderseits um die grossen Gefässstäimme herum. Hat man sie ganz herausgenommen, so erhält man das Bild, ‚welches ich auf Taf. XIV, Fig. 21 dargestellt habe. 424 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 22 Gerade ventral vor der Trachea, nahe der Bifurcation, liegt die Schilddrüse, das Derivat der medianen unpaaren Anlage. Man kann an ihr einen median gelegenen Theil unterscheiden, welcher sich dann continuirlich beiderseits in etwas stärker werdende seitliche Lappen fortsetzt. Ihre Lage- beziehung zum Herzen und den grossen Gefässstämmen ist so, dass der mittlere Theil gerade vor dem Stamm der Arteria pulmonalis und dem Aortenbogen liegt, ventralwärts und oralwärts davon. Die beiden seitlichen Lappen erstrecken sich medial von den beiden Arteriae anonymae zu beiden Seiten um die Trachea nach hinten, so dass sie dann dorsal von den genannten Gefässstämmen liegen. Lateral von dieser Schilddrüse liegen jederseits zwei Gebilde, die sowohl von einander als auch von der Trachea völlig getrennt sind. Das grössere der beiden Gebilde besteht zum Theil aus Thymusgewebe, in seinem dorsal-medialen Theil ist aber ein kleines Körperchen enthalten, in welchem ich das in früheren Stadien als Epithel- körperchen der 3. Schlundspalte geschilderte Gebilde erkenne (vergl. Fig. 14, 16 und 19). Wir haben in diesem ganzen Gebilde das äussere Epithelkörperchen in Verbindung mit dem äusseren Thymuskörperchen (KoHn) vor uns. Wenn ich diesen Befund an das frühere Stadium anschliessen will, so lässt er nur die Deutung zu, dass das Epithelkörperchen der 3. Spalte, welches naturgemäss in continuirlichem Zusammen- hang mit der Thymusanlage dieser Spalte steht, sich mit einem kleinen Theil von Thymusgewebe von der grossen Thymus abgelöst hat. Es ist dies gerade so erfolgt, wie auch an anderen Stellen der Thymus kleine Läppchen sich abgetrennt haben, worauf ich oben schon hingewiesen habe. Das zweite Körperchen, welches etwas medial von dem zuletzt geschilderten Gebilde liest, zeigt den Bau eines Epithelkörperchens und lässt sich nur als Epithelkörperchen der 4. Spalte deuten (Fig. 16). Es entspricht dem inneren Epithelkörperchen Konn’s. Ein inneres Thymusläppchen konnte ich nicht nachweisen. Zusammenfassung: Fasse ich die Zustände bei diesem halbwüchsigen Exemplar von Echidna zusammen, so ist erstens zu bemerken, dass die Thymus eine ganz beträchtliche Vergrösserung erfahren hat, viel mehr als alle übrigen Derivate der Schlundspalten. Sie besteht im Wesentlichen aus einem thora- calen Theil, getrennte cervicale Lappen sind nicht vorhanden. Sie hat sich nach Vergleichung mit früheren Stadien ausschliesslich aus der 3. Schlundspalte gebildet. Auf der linken Seite haben sich zwei kleine Gebilde abgelöst von dem Organ und sind kopfwärts von ihm angeordnet. Auch an anderen Punkten sind Thymusläppchen vom ganzen Organ abgelöst, ohne jedoch weiter von ihm abgerückt zu sein. Die Schilddrüse zeigt auch jetzt ihre frühere Anordnung, insofern sie ebenfalls in der Brust- höhle liegt, bedeckt von der Thymus, dem unteren Ende der Trachea und den grossen Arterienstämmen angelagert. Mit ihr hat sich der postbranchiale Körper nicht vereinigt. Derselbe liegt viel weiter oral- wärts, als paariger Körper zu beiden Seiten des Anfangs der Trachea, dicht unter dem Ringknorpel. In seinem Bau stimmt aber der postbranchiale Körper mit der Schilddrüse überein, insofern er aus Colloid enthaltenden Epithelbläschen besteht. Ausser diesen Organen besteht eine paarige Carotidendrüse, genau der Gabel des Stammes der Arteria carotis communis eingelagert, und ferner zwei Epithelkörperchen jederseits, Derivate der 3. und 4. Schlundspalte. Das der 3. Spalte entstammende hat seine ursprüngliche Verbindung mit der Thymus dadurch gewahrt, dass es sich nicht allein, sondern mit einem kleinen Thymusläppchen vereinigt von der grossen Thymus abgetrennt hat. Das Epithelkörperchen der 4. Spalte zeigt keinen innigeren Anschluss weder an die Thymus noch an die Schilddrüse, es liegt zwischen dem Epithelkörperchen der 3. Spalte und der Seitenwand der Schild- drüse, ist mithin dieser sehr nahe gerückt. 23 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 425 IX. Erwachsenes Thier: Ein ausgewachsenes Exemplar von Echidna stand mir durch die Güte der Herren Geh. Hofrath BürscHLı und Professor SCHUBERG zur Verfügung, denen ich hierfür meinen Dank ausspreche. Nachdem ich an dem erwachsenen Exemplar die Blosslegung der uns interessirenden Organe ebenso wie an dem halbwüchsigen Thier vorgenommen hatte, fand ich folgende Verhältnisse (vergl. Textfigur a). Die mächtige Thymus ist geschwunden bis auf geringe Reste. Als solche ist ein paariges, etwa hanfkorngrosses, plattes Knötchen zu betrachten, welches im oberen Mediastinalraum der ventralen Fläche des Pericards vor den grossen Arterienstämmen angelagert ist. Es besteht aus adenoidem Gewebe und zeigt sich nicht in Fettlappen eingeschlossen, wie überhaupt Fettlappen nicht nachweisbar sind, die sonst wohl als Thymusreste gedeutet wurden (WALDEYER). Hier ist offenbar in Folge längerer Gefangenschaft, in welcher das Thier auch zu Grunde gegangen war, das Fettgewebe geschwunden. Die beiden Läppchen zeigen aber genau die Anordnung, welche die Thymus im ausgebildeten Zustand bei jungen Thieren erkennen liess, und dies in Verbindung mit dem lymphatischen Bau lässt die Deutung dieser Gebilde als Reste der Thymus wohl als nicht zweifelhaft erscheinen. Im Gegensatz zur Thymus hat die Schilddrüse wie bei anderen Säugethieren ihre relative Grösse beibehalten. Sie liegt an der gleichen Stelle wie beim halbwüchsigen Thier, ist aber in Folge des Schwundes der Thymus ohne weiteres sichtbar. Sie besitzt eine quergestellt nierenförmige Gestalt, oralwärts concav und liegt genau in der Medianlinie des Körpers ventral- und oralwärts vom Aortenbogen, somit oralwärts von den Resten der Thymus. Sie umgreift auch hier das distale Ende der Trachea, und lateral- und dorsal- wärts erscheint ihr jederseits ein plattes kleineres Gebilde lose angelagert, welches dorsal von den Arterienstäimmen des Herzens liegt. Wie die Schilddrüse selbst aus Epithelbläschen verschiedener Grösse, mit Colloid gefüllt, besteht, so zeigt auch dies paarige Gebilde den gleichen Fig. a. Schilddrüse, Thymus etc. von einem erwachsen Exemplar Bau, besteht also aus colloidhaltigem Schilddrüsengewebe. Man kann in der on Echidna pair, Aus: gan Deutung dieser Gebilde zweifelhaft sein. Entweder sind sie hervorgegangen der Ventralfläche. tr Schilddrüse, R b tm Thymusreste, p postbranchiale aus Epithelkörperchen, oder sie sind abgelöste Theile der ursprünglich ein- Körper, gl Lymphdrüsen, pe Herz heitlichen Schilddrüse. Ich halte letztere Annahme für richtig aus später zu !Mm Pericard, Near. besprechenden Gründen. Ausser den genannten Organen bestehen noch an der gleichen Stelle wie beim halbwüchsigen Thier die postbranchialen Körper. Sie sind im Wachsthum zurückgeblieben, relativ klein geworden. Man findet sie zu beiden Seiten vom proximalen Theil der Trachea, also weit vorn am Hals, im Bereich der 2 ersten Trachealknorpelringe unter dem Ringknorpel des Kehlkopfs. Sie bilden längliche Knötchen, die mikroskopisch ein verschiedenes Bild zeigen: neben. colloidhaltigen Epithelbläschen, die also typisches Schild- drüsengewebe darbieten, findet man auch kleine Kugeln von compact zusammenliegenden, epithelialen Zellen, ein Bild, das auch in Epithelkörperchen gefunden wird. Im Wesentlichen zeigt aber das Gebilde den Bau der Schilddrüse, wie dies auch aus den Verhältnissen seiner Entwickelung zu erwarten ist. Die Carotidendrüse als sehr kleines Knötchen ist in der Theilungsgabel der Arteria carotis communis ebenso wie beim jüngeren Thier nachweisbar. Merkwürdiger Weise fand ich in der Mitte zwischen postbranchialem Körper und Schilddrüse der Seite der Trachea angelagert nur auf der linken Körperseite 3 hinter einander gelegene kleine Lymph- 426 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 24 drüschen, die in ihrer Lage und ihrem Bau genau jenen zwei Gebilden an gleicher Stelle beim halbwüchsigen Thier (Fig. 20 und 21) entsprechen. Ich bin dadurch in ihrer Deutung, die ich dort gab, dass es sich um kleinere, von der Thymus abgelöste Läppchen handelt, zweifelhaft geworden. Denn wenn sie das wären, so bliebe es unverständlich, warum gerade sie bei der Rückbildung der Thymus in relativ gleicher Grösse wie früher erhalten geblieben sind. Zwangloser ist wohl die Deutung, dass wir es mit einfachen Lymph- drüsen zu thun haben, wobei allerdings ihre ausschliesslich linksseitige Ausbildung in beiden Fällen beachtenswerth bleibt. Endlich ist noch zu berichten, dass von Epithelkörperchen von der Anordnung und vom Bau, wie sie nach den Befunden an den Embryonen verschiedener Stadien und am halbwüchsigen Thier zu erwarten wären, keine Spur mehr nachweisbar ist; man müsste denn jene paarigen Schilddrüsenläppchen, welche der Seitenwand der unpaaren Schilddrüse angelagert sind, als ihre Derivate auffassen. Dagegen spricht die Thatsache, dass auch beim jungen Thier neben den Epithelkörperchen der 3. und 4. Spalte jederseits ein solches Läppchen sich von der gesammten Schilddrüse abgelöst fand. In solchem ist wohl ohne weiteres die Grundlage jener selbständigen Schilddrüsenlappen beim alten Thier zu suchen. Ferner spricht der Bau der Epithelkörperchen beim halbwüchsigen Thier selbst dagegen. Es findet sich hier noch keine Spur von colloidhaltigem Schilddrüsengewebe, sondern es sind sehr gefässarme minimale Gebilde, welche aus zusammen- gepressten epithelioiden Zellen bestehen, ähnlich wie bei Amphibien. Sie machen eher den Eindruck von Organen, die in Rückbildung begriffen sind, als von solchen, welche sich noch weiter ausbilden könnten. Zusammenfassung: So finden wir also beim alten Exemplar von Echidna die Thymus rück- gebildet, nur in kleinen paarigen Resten ventral von dem vorderen Theil des Pericards erhalten. Die Schilddrüse zeigt wie früher ihre Lage ebenfalls im vorderen oberen Mediastinalraum ventral und oral vom Arterienbogen in medianer Anordnung. Der unpaaren medianen Drüse ist jederseits ein lateraler Lappen angeschlossen, der auch aus der ursprünglich unpaaren Anlage hervorgeht und sich vom Hauptorgan ab- gelöst hat. Der postbranchiale Körper ist als paariges Drüschen von Schilddrüsenbau zu beiden Seiten von den ersten Knorpelringen der Trachea angelagert, gerade unter dem Ringknorpel des Kehlkopfes. Die Carotidendrüsen bestehen noch in der Theilungsgabel des Carotidenstammes. Die Epithel- körperchen sind völlig rückgebildet, so dass keine Spur mehr von ihnen nachweisbar ist. Zusammenfassung der Befunde bei Echidna. Aus den vorstehenden Schilderungen ergiebt sich, dass bei Echidna in frühen Entwickelungsperioden 4 Schlundspalten angelegt sind. Ausserdem besteht in der ventralen Mittellinie im Bereich des Hyoidbogens die unpaare Anlage der Schilddrüse, und ferner findet sich im Zusammenhang mit der 4. Schlundfalte der postbranchiale Körper, und zwar steht er in Verbindung mit der medialen Wand dieser ventralwärts gerichteten Schlundtasche. Indem sich nun unter Verschluss der äusseren Schlundspalten die Rückbildung des Schlundspalten- Apparates vorbereitet, sehen wir, dass an dem Epithel der Spalten Wucherungen auftreten, zu einer Zeit, wo eine Verbindung der Taschen mit dem Schlundrohr noch besteht. Die unpaare Anlage der Schilddrüse schnürt sich sehr frühzeitig vom Schlundepithel ab. Der post- branchiale Körper unterscheidet sich durch die charakteristische Ausbildung seines Epithels scharf von den übrigen Schlundtaschen. Er besitzt eine Wandung von mehrschichtigem, hohem Cylinderepithel. Bevor das 25 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 427 Gebilde sich vom Epithel der Schlundwand ablöst, rückt es von der medialen Wand der 4. Schlundtasche ab und auf die seitlichen Theile der ventralen Schlundwand über. Dadurch wird seine Anordnung that- sächlich eine postbranchiale. Von den 4 Schlundspalten tritt die 1. in den Dienst des Gehörorgans und nimmt nicht Theil an der Bildung der Thymus oder von Epithelkörperchen. Die 2. Schlundspalte tritt mit ihrem ventralen Ende in nahen Contact mit der Wand des 3. Arterien- bogens. Es bildet sich hier ein Ganglion aus, zugleich aber löst sich wahrscheinlich ein kleiner Zellen- complex ab, in welchem ich die epitheliale Anlage der späteren Carotidendrüse erblicken muss. Das Gebilde würde die Bedeutung eines Epithelkörperchens der 2. Schlundspalte haben. Eine Thymuswucherung wird von der 2. Spalte nicht ausgebildet. Die 3. Spalte lässt ihr Epithel am mächtigsten wuchern, und zwar liegt der Schwerpunkt des Wachs- thums ventral. Dieser Theil bildet die ganze Thymus. An ihrem dorsalen Ende entsteht, naturgemäss in innigem Zusammenhang mit der Thymus, eine kleine Epithelwucherung, die Anlage des Epithelkörperchens der 3. Spalte. Die 4. Spalte zeigt eine einheitliche schwache Epithelwucherung, die Anlage des Epithel- körperchens der 4. Spalte. Dies ist das einzige Derivat dieser Spalte. z\ _-e2 (ca) Dr De Ye 3) e2 (cd) er -&y Fig. c. Figg. b, c und d. Schematische Darstellung der Schlundspaltenderivate von Echidna in verschiedenen Stadien der Entwickelung. Fig. b. Jüngstes Stadium. Die 4 Schlundspalten, I, II, II, IV, noch mit der Kopfdarmhöhle in Verbindung. 4 Fig. c. Aelteres Embryonalstadium, Schilddrüse und Thymus wenig nach hinten gerückt, der postbranchiale Körper noch zu hinterst gelagert. 3 Fig. d. Halbwüchsiges Thier, Schilddrüse und Thymus ganz zurück in die Brusthöhle verlagert, der postbranchiale Körper hat seine alte Lage beibehalten, nimmt eine vordere Lage ein. % r tr mediane unpaare Schilddrüsenanlage, in Fig. d zerklüftet; im Thymus; p postbranchialer Körper; e& (ed) Epithel- körperchen der 2. Spalte (Carotidendrüse); e, Epithelkörperchen der 3. Spalte, mit der Thymus in Verbindung. Auf Fig. d ist die Thymus (tn) in mehrere Lappen zerklüftet, bei x ein oberes Läppchen, welchem das Epithelkörperchen angeschlossen bleibt; e, Epithelkörperchen der 4. Spalte; o Schlundrohr; ! Aditus laryngis; ca Arteria carotis communis. Solange die Schlundtaschen mit dem Schlundepithel in Verbindung stehen, liegen alle die genannten Theile in ihrer primitiven Anordnung. Sobald nun die Ablösung der Theile sich vollzogen hat, greift eine Verschiebung Platz, welche die einzelnen Organe in ungleicher Weise betrifft. Die Schilddrüse und Thymus folgen dem Herzen und den grossen Arterienstämmen rückwärts in die Brusthöhle. Der Thymus nahe, und zwar deren dorsalem Ende, bleibt stets das Epithelkörperchen der Jenaische Denkschriften. VI. 4 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III 55 428 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 26 3. Spalte. Das gleiche Gebilde der 4. Spalte liegt entweder bei dem der 3. Spalte, oder es liegt zuerst nahe dem postbranchialen Körper. Dieser letztere ändert seinen Platz wenig, so dass er schon frühzeitig eine vordere Anordnung einnimmt, direct unter dem Kehlkopf, zu beiden Seiten der ersten Trachealringe. Die Carotidendrüse bleibt wie ursprünglich zu vorderst angeordnet in der Theilungsgabel des Carotidenstammes. Wir sahen diese Verlagerung sich allmählich vollziehen bei Betrachtung der verschiedenen Stadien. Der charakteristische Bau lässt die einzelnen Organe leicht unterscheiden. Von einer genauen Schilderung der histologischen Verhältnisse sehe ich hier ab, weil der Conservirungszustand der Embryonen ein zu ungleicher war, um sichere Schlüsse zu gestatten, und zweitens, weil für die Säugethiere wohl nichts Neues in dieser Beziehung festzustellen ist. Von Bedeutung erscheint mir in histologischer Beziehung nur der postbranchiale Körper und die Epithelkörperchen. Der erstere stellt ein grosses Epithelbläschen dar, welches unter Vermehrungsvorgängen seiner Zellen Knospen und Sprossen treibt. Solche lösen sich vom Mutterbläschen ab und bilden unter Entwickelung eines Lumens neue selbständige Bläschen. Schon beim Beuteljungen tritt im Lumen der Bläschen colloide Substanz auf, so dass dies Organ einen der Schilddrüse gleichen Bau besitzt. Die Epithelkörperchen zeigen zuerst im indifferenten Zustand den gleichen Befund wie die Thymus, so dass das Gebilde der 3. Spalte zuerst von der Thymus nicht zu unterscheiden ist. Bald ändert sich dies, indem die Zellen der Epithelkörperchen compacte Stränge bilden, welche durch weite Blutcapillaren von einander getrennt werden. Die Gebilde sind ganz in sich abgeschlossen, wenn auch dasjenige der 3. Spalte noch den primitiven Zusammenhang mit der Thymus bewahrt hat. Die Carotidendrüse zeigt einen ähnlichen Bau wie die Epithelkörperchen, nur zeigen die epithelogenen Zellen eine mehr abgeplattete Form. Auch ist das Bindegewebe, welches mit den Blutgefässen eindrang, viel zellenreicher. Hinsichtlich der Epithelkörperchen ist noch anzuführen, dass diese Derivate der 3. Spalte ebenso wie die Carotidendrüse ganz constant bei allen Embryonen auftreten. Die Epithelkörperchen der 4. Spalte sind nicht so constant, indem ein solches zuweilen nur einseitig bestand, in einem Falle aber beiderseits fehlte. Die Thymus, welche zuerst jederseits einen gekrümmten, einheitlichen Schlauch mit glatter Ober- fläche darstellt, treibt frühzeitig reichliche compacte Sprossen, lässt aber später auch secundär verschiedene Lappen entstehen, welche theils zusammenhängen, zuweilen aber auch sich ganz vom Hauptorgan ablösen. Man darf daraus nicht etwa schliessen, dass diese Lappen verschiedener Herkunft sind, vielmehr entstammt, wie wiederholt hervorgehoben, die gesammte Thymus von Echidna dem Epithel der 3. Schlundspalte. Die Schilddrüse bildet einen unpaaren Körper, von welchem sich aber bei halbwüchsigen Thieren paarige Theile mehr oder weniger vollständig ablösen können, ohne dass dieselben besonderer Herkunft sind. Sie gehen aus der unpaaren vorderen Anlage des Organs hervor. Beim jungen Thier sind alle hier besprochenen Organe auf der Höhe ihrer Ausbildung. Die Thymus liegt ebenso wie die Schilddrüse im oberen vorderen Mediastinalraum. Die Thymus als sehr mächtiges Organ besteht erstens jederseits aus 2 unvollständig getrennten Lappen, welche die Schilddrüse ventral völlig bedecken und sich nach vorn gegen den Hals zu eine Strecke weit fortsetzen. Die beiderseitigen Hälften berühren sich in der ventralen Mittellinie. Während das ganze Organ jederseits von einer einheitlichen zarten, fibrösen Kapsel umschlossen ist, gelingt es nach Abpräparation dieser Kapsel, kleine Läppchen stumpf ganz von der Hauptmasse abzulösen, sie sind durch zarte Bindegewebslamellen von ihr getrennt. Ein dorsales Läppchen enthält das Epithelkörperchen der 3. Spalte eingeschlossen. Von Epithelkörperchen sind in diesem Stadium 3 Paare nachweisbar: TI) die Carotidendrüse, als wahrscheinliches Derivat der 2. Spalte, in der Theilungsgabel der Arteria carotis communis liegend, 2) das 27 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 429 einem dorsalen Thymusläppchen eingelagerte Epithelkörperchen der 3. Spalte und 3) das Epithelkörperchen der 4. Spalte als einziges Derivat dieser Spalte. Der Bau dieser Epithelkörperchen ist ein epithelialer, wie oben geschildert, es wird von ihm aber niemals colloide Substanz ausgebildet. Die beiden letztgenannten Gebilde liegen dorsal von der Thymus, zu beiden Seiten der Schilddrüse. Die letztere tritt erst zu Tage nach Beseitigung der Hauptmasse der Thymus. Sie zeigt auch jetzt ihre frühere Anordnung, indem sie den distalen Theil der Trachea gerade über der Bifurcation umschliesst. Seitliche Lappen fand ich hier abgelöst von der Hauptmasse, sie sind aber in ihrer Genese Theile der unpaaren Anlage. Die postbranchialen Körper liegen weiter vorn, zu beiden Seiten der ersten Trachealringe unter dem Ringknorpel, und bestehen aus Colloid enthaltenden Epithelbläschen. In dieser Anordnung bleiben die besprochenen Organe auch beim erwachsenen Thier. Eine Ver- änderung ist nur geboten durch die Rückbildung der Thymus, welche in spärlichen Resten an der alten Stelle, ventral von dem vorderen Theil des Pericards nachweisbar ist. Dadurch tritt die Schilddrüse frei zu Tage. Die Carotidendrüse ist noch in ihrer früheren Anordnung vorhanden, ebenso der postbranchiale Körper, der auch den schilddrüsenartigen Bau besitzt und Colloid enthält. Von den Epithelkörperchen der 3. und 4. Spalte konnte ich nichts mehr nachweisen. Da aber diese, besonders das der 4. Spalte schon wechselnde Zustände darbot, so ist aus dem negativen Befund von einem Erwachsenen nicht etwa zu schliessen, dass diese Gebilde stets eine völlige Rückbildung erfahren. Ii. Vergleiehung der Befunde bei Echidna mit dem Verhalten der höheren Säugethiere und des Menschen. Aus den entwickelungsgeschichtlichen Arbeiten über die Schilddrüse, Thymus und anderen Schlund- spaltenderivate bei Säugethieren und Menschen, welche in den letzten Jahren erschienen sind (PRENANT, PIERSOL, SIMON, GROSCHUFF |Anat. Anz., 1896], VERDUN u. A.) ergiebt sich, dass bei dieser Wirbelthierklasse ein einheitlicher Plan besteht, und wir können hierein die Zustände, wie sie bei Echidna bestehen, leicht einreihen. I. Schilddrüse und postbranchialer Körper. Bei allen Säugethieren besteht sehr frühzeitig, zur Zeit, wo die Schlundspalten durchgebrochen sind, eine vordere unpaare Anlage der Schilddrüse (KÖLLIKER), die auch beim Menschen wiederholt unzweifelhaft nachgewiesen wurde (Hıs, VERDun). Dieselbe Anlage ist, wie zu erwarten, auch bei Echidna; vorhanden. Bei allen Säugethieren ist nun auch seit den Untersuchungen von STIEDA, WÖLFLER und BoRrN eine seitliche Anlage der Schilddrüse geschildert worden, welche als ein Derivat der 4. Schlundspalte angegeben wird. Dieser lateralen Anlage wurde früher eine grosse Bedeutung zugeschrieben, indem man die ganzen seitlichen Lappen des Organs von ihr ableitete, in neuerer Zeit hat die Anschauung mehr Platz gegriffen, dass der Haupttheil der Drüse, und zwar auch die seitlichen Lappen, von der medianen vorderen Haupt- 4* bb* 430 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 28 anlage aus gebildet werden und dass die hinteren paarigen Anlagen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die letzteren sind homolog den postbranchialen Körpern. Nach Born wurde von PRENANT besonders der Vorgang der Vereinigung der lateralen mit der medianen Anlage beschrieben. Auch bei Echidna besteht die hintere paarige Anlage der Schilddrüse als postbranchialer Körper. Man darf dies Gebilde nicht als ein Derivat der 4. Schlundspalte betrachten. Aus meinen Befunden ergiebt sich, dass es zwar zuerst der medialen Lamelle dieser Spalte angeschlossen ist, dass es aber, bevor es sich von seinem Mutterboden ablöst, von dieser Spalte abrückt auf die seitliche ventrale Schlundwand. Diese Thatsache ist bedeutungsvoll, wenn man die niederen Wirbelthiere zur Vergleichung heranzieht. Es ist ein von den Schlundspalten phylogenetisch scharf zu trennendes Gebilde Während es bei Wiederkäuern, Carnivoren, Nagern, ebenso wie beim Schwein sich kräftiger ausbildet und der medianen Schilddrüse sich anschliesst (BORN, PRENANT, GROSCHUFF, VERDUN), erleidet es bei anderen Formen nach den Untersuchungen von PIERSOL, SIMON und VERDUN eine völlige Rückbildung, so z. B. bei Insectivoren und beim Menschen (VERDUN). Bei Echidna bildet sich der postbranchiale Körper aus, erhält auch den typischen Bau der Schilddrüse, vereinigt sich aber niemals mit dieser (die von Bopp beschriebene paarige Schilddrüse von Echidna ist offenbar der postbranchiale Körper). Er erleidet keine so be- trächtliche Rückwärtsverlagerung wie dieSchilddrüse und liegt dann weit vor diesem Organ. Trotzdem besitzt die mediane unpaare Schilddrüse eine Grösse und Form, welche zeigt, dass diese jedenfalls den wesentlichen Theil des Organs darstellt. Sie besitzt einen zweilappigen Bau, und es kommt sogar zur Ablösung paariger Lappen von einem medianen Isthmus, während ausserdem weiter vorn die Derivate einer hinteren paarigen Anlage im postbranchialen Körper erhalten sind. Vollkommene Theilungen der ursprünglichen unpaaren Drüse sind ja bei Säugethieren vielfach beschrieben worden. Bei der Mehrzahl der Säugethiere liegt die Schilddrüse nicht in der Brust wie bei Echidna, sondern man findet sie weiter vorn in der Gegend der ersten Trachealringe und des Kehlkopfes in gleicher Lage, wie sie vom Menschen bekannt ist. Wenn man bei Echidna diese Lage fände, so würde naturgemäss auch hier der postbranchiale Körper ihren seitlichen Theilen angelagert sein. Sie würde sich dann ebenso verhalten wie es VERDUN bei der Katze, beim Kaninchen und Maulwurf beschrieben hat. Gleichwohl stellt Zchidna hinsichtlich der Schilddrüse einen sehr primitiven Zustand dar, insofern bei allen Säugethieren die Schilddrüse in embryonaler Zeit, secundär, nachdem sie sich von ihrer primären Verbindung mit dem Schlundrohr abgelöst hat, eine tiefe Lage wie bei Echidna erkennen lässt. Während diese bei Zchidna nun beibehalten wird, rückt die Drüse bei höheren Formen wieder nach oben, erreicht also tertiär ihren definitiven Platz zur Seite des Kehlkopfes und vor den ersten Trachealringen, oder wenn sie paarig wird, wie bei Talpa, seitlich von der Trachea der Arteria carotis communis und Vena jugularis angeschlossen. Bei Marsupialiern nimmt sie nach OTTO, SYMINGTON und JOHNSTONE eine mittlere Anordnung ein, sie lagert etwa im mittleren Theil der Trachea in Form von 2 grösseren, durch einen schmalen Isthmus. verbundenen Lappen. Ob die beiden Seitenlappen der medianen Anlage oder dem postbranchialen Körper entstammen, vermag ich nicht zu entscheiden. Bei Edentaten bestehen nach den Angaben von SYMINGTON und Orto verschiedene Verhältnisse. Bei Bradypus tridactylus (SymınGTon) zeigt die Schilddrüse beim reifen Foetus die gleiche Anordnung wie beim Menschen, nur besteht sie aus 3 ganz getrennten Lappen. Es ist möglich, dass diese so zu deuten sind, dass hier der mediane Lappen aus der unpaaren Anlage hervorging, die seitlichen Theile den postbranchialen Körpern entstammen, es ist auch möglich, 29 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 431 dass alle drei Theile aus der unpaaren Anlage hervorgegangen sind und der postbranchiale Körper eine Rück- bildung erfuhr. Ich bin zur ersteren Annahme mehr geneigt, weil in so jugendlichem Stadium der post- branchiale Körper wohl bei keinem Säugethier schon ganz rückgebildet ist und weil auch bei Echidna in so jugendlichem Alter die unpaare Schilddrüse noch ein ganz einheitliches Gebilde darstellt. Bei Dasypus (OTTO) nimmt die Schilddrüse als unpaares, aber zweilappiges Organ mit ihrem Isthmus die gleiche tiefe Lage ein wie bei Echidna. Die Seitenlappen erstrecken sich aber weiter nach vorn bis zum Ringknorpel des Kehlkopfs. Hier lassen die seitlichen Lappen ebenfalls beide Deutungen zu. Nach früheren Autoren besitzen manche Edentaten eine paarige Schilddrüse, die in auffallender Weise dem postbranchialen Körper von Echidna entspricht (vergl. OTTo, ]. c. p. 12—14). Nebenschilddrüsen kommen vielfach vor, sie sind besonders vom Menschen bekannt geworden, als Drüschen, welche, durch Zertheilung des Processus pyramidalis entstanden, ebenfalls Derivate der unpaaren Anlage darstellen. Von solchen Gebilden sind aber völlig zu trennen die Carotidendrüse und Epithelkörperchen, deren Beziehung zur Schilddrüse rein topographischer Art ist. Ich will auf diese Dinge nach Besprechung der Thymus eingehen. 2. Thymus. Die Thymus der Säugethiere kann ausgebildet werden von dem Epithel der 2., 3. und 4. Schlundspalte. Am allgemeinsten verbreitet und reichlichsten ist es allerdings die 3. Spalte, welche dies Organ bildet. Es sind Wucherungen der ventralen Theile dieser Spalten, welche die Anlage bilden. Dadurch stellen sich die Säugethiere im Gegensatz zu den niederen Wirbelthieren. Bei Echidna sahen wir, dass ausschliesslich die ventrale Tasche der 3. Spalte die ganze Thymus ausbildet. Echidna stimmt hierin mit einer Reihe von Säugethieren überein: unter anderen mit Schwein, Schaf und Maulwurf, ferner zeigt der Mensch das gleiche Verhalten. Wir können somit sagen, dass Echidna einen ausgeprägten Säugethiercharakter in Bezug auf die Thymus zeigt; es ist ein einfacher Zustand, aber wohl kein primi- tiver; denn wir kennen viele Säugethiere, deren Thymus von mehreren Schlundspalten gebildet wird. Beim Kaninchen hat schon KÖLLIKER ausser der 3. die 2. Spalte dafür in Anspruch genommen, und neuerdings ist dies auch von FiscHELıs und VERDUN bestätigt worden, wenn das Derivat der 2. Spalte auch eine frühe Rückbildung erfährt. Andererseits sind Derivate der 4. Spalte zur Thymus- bildung von verschiedenen Seiten geschildert worden: so z. B. beim Rind von GROSCHUFF, bei der Katze u. a. von VERDUN. Der Zustand, in welchem mehrere Schlundspalten Thymuslappen ausbilden, ist nun zwar vergleichend-anatomisch als der primitive zu betrachten, denn bei allen niederen Wirbelthieren sahen wir eine Mehrzahl von Spalten dafür in Anspruch genommen. Andererseits ist aber zu bedenken, dass bei Säugethieren andere Theile der Schlundspalten die Thymus liefern, als bei niederen Wirbelthieren, es kann also immerhin die 2. und 4. Spalte bei gewissen Säugethieren erst später herangezogen sein, wir hätten dann darin einen tertiären Zustand vor uns. Zu beachten ist, dass der mehrlappige Bau der Thymus nicht ohne Weiteres auf ihre Herkunft von mehreren Schlundspalten bezogen werden darf, denn auch bei Echidna bestehen beiderseits mehrere Lappen. Diese sind durch Zertheilung aus einer einheitlichen Anlage jeder- seits hervorgegangen. Was die mehrfach beschriebenen Thymusläppchen betrifft, so halte ich nach dem Befund bei Echidna dafür, dass ihnen ein verschiedener Werth zukommt. Das von Konn als äusseres Thymusläppchen 432 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 30 geschilderte Gebilde finde ich auch bei Echidna in Verbindung mit dem Epithelkörperchen der 3. Spalte und habe es hier als einen von der Hauptthymus abgelösten Theil deuten müssen, das also ebenfalls ein Derivat der 3. Spalte darstellt und seinen naturgemässen Zusammenhang mit dem Epithelkörperchen dieser Spalte bewahrt hat. Das innere Thymuskörperchen von Konn fehlt bei Echidna. Nach den Befunden von VERDUN glaube ich aber nicht fehlzugehen, wenn ich in ihm die Thymusbildung der 4. Spalte erblicke. Dadurch wird seine Verbindung mit dem Epithelkörperchen dieser Spalte, ebenso wie sein inconstantes Auftreten verständlich. 3. Carotidendrüse und Epithelkörperchen. Diese Organe sind schon oft beschrieben und verschieden bezeichnet worden. Man hat besonders vielfach die kleinen drüsigen Körperchen, welche dem Stamm der Arteria carotis communis anliegen, als Carotidendrüsen beschrieben. Neuerdings wissen wir, dass constant bei Säugethieren in der Theilungsgabel dieses Stammes ein kleines Knötchen liegt, das speciell als Carotisdrüse aufgefasst wird. Während einige Beobachter dieser Gebilde von einer Kiemenspalte ableiten, wird dem von anderer Seite aufs bestimmteste widersprochen und die Gefässwand für seine Bildung in Anspruch genommen. Auch Ganglienzellen hat man darin nachweisen zu können geglaubt. Bei Echidna besteht diese Carotidendrüse ebenfalls an der bezeichneten Stelle. Sie tritt schon auf, wenn die äusseren Kiemenöffnungen sich gerade geschlossen haben. Ich habe bei Echidna die Ueberzeugung gewonnen, dass eine kleine epitheliale Knospe sich vom ventralen Ende der 2. Schlundspalte ablöst, abgesehen von einem an gleicher Stelle sich bildenden Ganglion. Der continuir- liche Zusammenhang epithelialer Schlundspaltenderivate mit Ganglien der Gehirnnerven ist auch anderwärts in deutlichster Weise nachweisbar, so z. B. auch bei Echidna an dem dorsalen Theil der 3. Schlundspalte. Wenn bei Lösung dieses Zusammenhangs kleine Epithelcomplexe selbstständig werden, so müssen wir die Thatsache als constatirt hinnehmen, wenn auch die stammesgeschichtliche Bedeutung dieser Gebilde noch nicht aufgeklärt ist. Dass ausser der Carotidendrüse in der Nähe der Schilddrüse und Thymus noch andere Epithel- körperchen bestehen, ist von Säugethieren schon lange bekannt. Sie wurden theils als Nebenschilddrüsen, theils als Carotiskörperchen geschildert. Es sind die glandes thyroidiennes oder Glandulae parathyreoideae der Autoren. VERDUN hat sie als glandules branchiales bezeichnet. KoHn hat sie zuerst mit den von mir bei Amphibien gefundenen Gebilden für homolog erkannt und sie demgemäss auch ebenso als Epithel- körperchen bezeichnet. Während Koun sie als sehr constant angiebt, derart dass stets jederseits zwei nach- weisbar seien, die er gemäss ihrer Lagebeziehung zu den Seitenlappen der Schilddrüse als innere und äussere Epithelkörperchen unterschied, wurde von Anderen (SCHAPER, SYMINGTON u. A.) darauf hingewiesen, dass diese Constanz nicht besteht, dass vielmehr, abgesehen von ihrer verschiedenen Lagebeziehung zur Schilddrüse, sehr häufig nur eins auf einer, zwei auf der anderen Seite, oder nur eins auf jeder Seite bestehe. Echidna lässt dies auch erkennen. Bei allen jüngeren Embryonen fand ich jederseits zwei solcher Gebilde, von welchen das eine der 3., das andere der 4. Schlundspalte entstammt. Bei älteren Exemplaren vermisste ich zuweilen das Derivat der 4. Spalte auf der einen Seite, bei einem Beuteljungen fehlten jederseits diese Epithelkörperchen der 4. Spalte, und es bestand nur dasjenige der 3. Spalte jederseits. So unterscheidet sich also hinsichtlich dieser Gebilde Echidna nicht von anderen Säugethieren, es besteht aber auch, wie wir sehen werden, mit niederen Wirbelthieren hierin eine Uebereinstimmung. 31 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 433 Die topographische Beziehung dieser Gebilde zu anderen Schlundspaltenderivaten verlangt noch specielle Beachtung. Während diese Epithelkörperchen meist als der Schilddrüse ange- lagert beschrieben werden (KoHn, SCHAPER, VERDUN), finde ich sie bei Echidna in ebenso inniger Beziehung zur Thymus. GrOoSCHUFF hat richtig erkannt, dass das Epithelkörperchen der 3. Spalte in näherer Beziehung zur Thymus steht, dasjenige der 4. Spalte der Schilddrüse angeschlossen ist. Nach den Vorgängen der Ontogenese bei Echidna erscheint mir die Beziehung zur Thymus als die wichtigere, und die vergleichende Anatomie bestätigt dies, wie ich im folgenden Capitel noch besonders ausführen will. Ich betone dies ganz besonders, weil ich sogar in neuesten Lehrbüchern finde, dass diese Gebilde noch als abgesprengte Theile der Schilddrüse aufgeführt werden. Sie haben mit der Schilddrüse sowohl ontogenetisch wie phylogenetisch gar nicht das Geringste zu thun. Ebenso sind sie vollkommen selbständig der Thymus gegenüber. Sie sind Organe sui generis. Dass sie in Verbindung mit der Thymus stehen, ergiebt sich daraus, dass sie aus dem Epithel der Kiemen- spalten, ebenso wie die Thymus, sich ausbilden. Es wird aber aus diesen Dingen etwas von der Thymus vollkommen Verschiedenes, und sie bleiben auch stets verschieden von ihr im Bau. Darum dürfen wir aus ihrer Verbindung mit der Thymus nicht schliessen, dass sie ihr gleichwerthig sind. Die Anlagerung an die Schilddrüse ist auch eine secundäre. Wenn der postbranchiale Körper, wie bei Zchidna, sich frühzeitig von der 4. Spalte abtrennt, so sind diese beiden Gebilde auch nach ihrer Ablösung vom Schlundrohr getrennt von einander. In Folge dessen sagen wir, dass dem postbranchialen Körper kein Derivat der 4. Spalte, d. h. kein Epithelkörperchen angeschlossen ist. Dies Gebilde bleibt dann in der Nähe des Epithelkörperchens der 3. Spalte und mit diesem zwischen Schilddrüse und Thymus liegen. Wenn aber, wie VERDUN dies ausführlich von der Katze schildert, die 4. Schlundspalte mit dem postbranchialen Körper sich gemeinsam vom Schlundrohr abschnürt, derart, dass beide durch einen epithelialen Strang verbunden bleiben, so werden nach Anschluss des postbranchialen Körpers an die mediane unpaare Anlage der Schilddrüse, naturgemäss auch die Derivate der 4. Schlundspalte mit der Schilddrüse verbunden sein. Hier bei der Katze bildet nun die 4. Schlundspalte nicht nur ein Epithelkörperchen, sondern auch ein kleines Thymusläppchen aus. Diese beiden Gebilde stehen dann naturgemäss nicht nur unter sich, sondern auch mit der Schilddrüse in Ver- bindung. Sie können sogar von Schilddrüsengewebe eingeschlossen werden, wie dies vielfach beschrieben wurde Der Anschluss an die Schilddrüse ist darum doch ein secundärer, und wir dürfen unter keinen Umständen dieses Epithelkörperchen etwa für einen abge- sprengten Theil der Schilddrüse halten. Bei Echidna sehen wir, dass das Epithelkörperchen der 3. Spalte stets mit der Thymus in Verbindung bleibt, dabei aber auch seitlich der Schilddrüse angeschlossen ist. Ein kleiner Theil der Thymus, welchem das Epithelkörperchen unmittelbar angeschlossen ist, löst sich dabei von der Thymus ab. Das Epithelkörperchen der 4. Spalte liegt zuerst nahe beim postbranchialen Körper, dann rückt es bei einem älteren Embryo auf der einen Seite von ihm ab, folgt den Derivaten der 3. Spalte nach hinten, während es auf der anderen Seite seine Lagerung nahe beim postbranchialen Körper beibehält. Bei einem noch älteren Embryo, bei welchem beide Epithelkörperchen der 4. Spalte bestanden, lagen diese beiderseits vom postbranchialen Körper abgerückt, dicht neben den Epithelkörperchen der 3. Spalte und mit diesen der Thymus an ihrem dorsalen Ende angeschlossen. Bei höheren Säugethieren sehen wir, dass bei Verlagerung der Organe die Epithelkörperchen der 3. und 4. Spalte beiderseits zusammen den postbranchialen Körpern und der ebenfalls vorn gelagerten Schilddrüse angeschlossen bleiben, während die Beziehung des 3. Epithelkörperchens zur Thymus sich gelöst hat. Die Ursache dieses Anschlusses an die Schilddrüse ist in dem oben angeführten Verhalten zu finden derart, dass das Epithelkörperchen der 4. Spalte mit dem postbranchialen Körper in primärer Ver- 434 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 32 bindung stand. Dem Epithelkörperchen der 4. Spalte hat sich dann dasjenige der 3. Spalte angeschlossen. So ergeben sich die verschiedenen Anordnungen dieser Epithelkörperchen bei Säugethieren als etwas leicht Verständliches, begründet in den verschiedenen Arten primitiven Zusammenhangs in früh embryonaler Zeit und in der verschiedenen Verlagerung, welche Thymus, Schilddrüse und postbranchialer Körper erfahren. Diese Beziehungen, rein topographischer Art, sind aber ganz nebensächlich gegenüber der Thatsache, an der vor allem festzuhalten ist, dass nämlich die Epithelkörperchen durchaus selbständige Gebilde sind, in keiner genetischen Beziehung zu Schilddrüse, Thymus oder postbranchialem Körper stehen. IV. Vergleicehung der Befunde bei Säugethieren mit den Zuständen niederer Wirbelthiere. Bei der Besprechung der oben behandelten Organe haben wir die früher betonte Grenze einzuhalten. Als Organe, welche gleichzeitig mit dem respiratorischen Kiemenapparat ausgebildet werden, sind die Schilddrüse, der postbranchiale Körper und die Thymus zu trennen von jenen Organen, welche sich erst entwickeln, wenn der respiratorische Kiemenapparat eine Rückbildung erfährt. Diese letztere Organgruppe bilden die Carotidendrüse und die Epithelkörperchen. I. Die Schilddrüse zeigt hinsichtlich ihrer Entwickelung den gleichartigsten Befund. Sie geht bei allen Wirbelthieren im Wesentlichen hervor aus einer unpaaren medianen Anlage vom Epithel der ventralen Wandung der Kopfdarmhöhle im Bereich des Hyoidbogens. Sie bildet bei Cyclostomen (W. MÜLLER), Selachiern (van BEMMELEn) und Teleostiern (MAURER) Complexe von Epithelbläschen, die, mit Colloid gefüllt, den Kiemenarterienstamm in seiner Länge umlagern. Bei Amphibien (W. MÜLLER, MAURER) theilt sich die unpaare Anlage in zwei Drüschen von paariger Anordnung, welche bei Urodelen oberflächlich liegen, der Carotis externa und begleitenden Vene angeschlossen sind und merkwürdiger Weise in den venösen Kreislauf eingeschaltet sind, so dass das Stämmchen der Vena maxillaris sich wundernetzartig in ihr auflöst und als einheitliches Stämmchen das Organ wieder verlässt (Maurer). Bei Anuren (W. MÜLLER, BABER, MAURER) liegt die paarig gewordene Schilddrüse ganz in der Tiefe, der ventralen Fläche des Zungenbeins dicht angeschlossen. Bei Reptilien (van BEMMELEN, DE MEURON, MAURER) ist die Schilddrüse meist ungetheilt, aber von bilateral-symmetrischem Bau und liegt unmittelbar vor dem Sternum der Trachea an. Bei Vögeln (van BEMMELEN, DE MEURON, VERDUN) ist sie paarig und liest vor dem Herzen den grossen Arterienstämmen angeschlossen. Bei Säugethieren finden wir sie theils unpaar, theils paarig. Beim unpaaren Befund ist der mediane Theil stärker oder schwächer entwickelt als die seitlichen Theile. Bei schwacher Ausbildung bildet er einen Isthmus, welcher die voluminösen Seitenlappen verbindet. Die Anordnung bei Säugethieren ist eine sehr verschiedene, bald liegt sie weiter vorn in der Gegend des Kehlkopfs, bald der Seitenfläche der Mitte der Trachea angeschlossen, bald findet man sie im oberen vorderen Mediastinalraum, dem distalen Ende der Trachea und den grossen Arterienstämmen unmittelbar nach Austritt aus dem Pericard angelagert. 33 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 435 2. Der postbranchiale Körper. Zu diesem Derivat der unpaaren Schilddrüsenanlage kommt bei den meisten Wirbelthieren noch ein paariges, weiter hinten gelegenes Gebilde, der von van BEMMELEN zuerst bei Selachiern gefundene Suprapericardialkörper, der nach meinen Untersuchungen bei Teleostiern fehlt, bei Amphibien aber besteht; ich habe das Gebilde als postbranchialen Körper bezeichnet. Er findet sich bei allen höheren Wirbelthieren, zum Theil in paariger Ausbildung, zum Theil nur einseitig, dann stets links entwickelt. Bei Anuren ist er stets paarig (MAURER), bei den meisten Urodelen nur links vorhanden (MAURER), bei Lacerta besteht häufig eine paarige Anlage (MAURER), später ist er meist nur links vorhanden (DE MEURON, VAN BEMMELEN, MAURER). Beim Vogel ist er paarig ausgebildet (DE MEuRoN, VERDUN). Bei den Säugethieren besteht er ebenfalls paarig, bei Echidna ebenso, wie bei höheren Formen. Wichtig ist an diesem Gebilde sein Bau und seine Beziehung zur Schilddrüse. Den Bau betreffend ist zu berichten, dass bei allen niederen Wirbelthieren bis zum Vogel das Gebilde aus Bläschen oder Schläuchen besteht, die mit Cylinderepithel ausgekleidet und mit Flüssigkeit gefüllt sind. Niemals ist Colloid darin nachweisbar. Bei Säugethieren aber sehen wir, wenigstens bei Echidna mit Bestimmtheit, aber ebenso bei der Katze, dem Kaninchen, dem Schaf, also Vertretern sehr ver- schiedener Klassen, dass der postbranchiale Körper Colloid enthaltende Bläschen, also Schilddrüsen- gewebe ausbildet. Bei anderen Formen, z. B. Maulwurf und Mensch, soll er eine völlige Rückbildung erfahren. Hinsichtlich seiner Beziehung zur Schilddrüse ist zu betonen, dass eine solehe bei niederen Wirbelthieren bis zum Vogel nirgends besteht. Bei keiner Form kommt es zur Verbindung des postbranchialen Körpers mit der Schilddrüse. Die letztere geht ausschliesslich aus der vorderen medianen Anlage hervor. Da der Bau dieses Körpers auch nicht mit dem der Schilddrüse übereinstimmt, so hat er mit der Schild- drüse überhaupt nichts zu thun. Bei Säugethieren ist dies nun anders. Beim Schaf, Schwein, Katze, Kaninchen vereinigt er sich mit der medianen vorderen Schild- drüsenanlage. Die grosse Bedeutung, welche diesem Gebilde früher zugeschrieben wurde (STIEDA, BORN, PRENANT) kommt ihm nach den neuesten Untersuchungen VERDUN’S nicht zu. Bei Echidna bildet der post- branchiale Körper nach meinen Befunden ein kleines Knötchen, das sich, wie oben geschildert, sicherlich nicht mit der vorderen unpaaren Schilddrüse verbindet. Durch seinen der Schilddrüse gleichen Bau unterscheidet sich dies Gebilde einerseits von den postbranchialen Körpern der Amphibien und Reptilien. Andererseits aber stellt es durch sein Selbständigbleiben bei Echidna diese Form wieder den niederen Wirbelthieren näher. Wir haben also in Echidna eine werthvolle Zwischenform vor uns, denn in Vergleichung mit niederen Wirbelthieren ist Echidna weitergebildet, durch Colloidbildung im postbranchialen Körper, in Vergleichung mit den höheren Säugethieren aber ist Echidna primitiver, denn es fehlt die Vereinigung des postbranchialen Körpers mit der Schilddrüse, die bei höheren Formen vollzogen ist. Bei manchen Formen erleidet allerdings der postbranchiale Körper eine völlige Rückbildung. Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. Di Jenaische Denkschriften. VL 436 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 34 Wenn sich also bei gewissen Säugethieren die Schilddrüse aus drei Anlagen aufbaut, einer vorderen unpaaren und einer hinteren paarigen, so scheint die Bedeutung der paarigen Anlage doch eine sehr geringe zu sein. Diese Erkenntniss ergiebt sich aus den schönen Untersuchungen von VERDUN. 3. Die Thymus. Hinsichtlich der Thymus lässt sich der Satz aussprechen, dass dies Organ bei allen Wirbelthieren aus dem Epithel der Kiemenspalten sich entwickelt. Unterschiede bestehen nach zwei Richtungen: I) hin- sichtlich der Zahl der Kiemenspalten, welche an der Thymusbildung theilnehmen, und 2) hinsichtlich des Abschnitts der einzelnen Spalte, welche die Thymuswucherung hervorgehen lässt. ı) In ersterer Beziehung sahen wir bei niederen Wirbelthieren, welche zeitlebens respiratorischen Kiemenapparat behalten, alle Kiemenspalten zur Thymusbildung herangezogen. Hierin ist also offenbar ein primitiver Zustand geboten. Schon bei Amphibien ändert sich dies. Die Urodelen erscheinen noch primitiver, indem auch noch 3—4 Spalten an der Thymusbildung theilnehmen. Bei Anuren beschränkt sich die Thymusbildung auf die 2 ersten Spalten, die 2. allein bildet die bleibende Thymus. Von da an sehen wir bei höheren Wirbel- thieren eine Verminderung der Zahl der thymusbildenden Spalten eintreten. Bei Reptilien finden wir ver- schiedene Zustände. Bei Eidechsen und wahrscheinlich bei Schildkröten sind es die 2. und 3. Schlundspalte. Bei Schlangen sind es die 4. und 5. Schlundspalte (van BEMMELEN), welche die Thymus liefern. Bei Vögeln sind es die 3. und 4. Spalte. Bei Säugethieren in den meisten Fällen nur die 3. Spalte, in manchen neben dieser auch die 4., am seltensten wird die 2. Spalte angegeben, deren Derivat aber früh schwindet. 2) Wenn wir nun die Theile der einzelnen Schlundspalten betrachten, welche Thymuswucherungen bilden, so finden wir bei allen niederen Wirbelthieren, die zeitlebens einen respiratorischen Kiemenapparat besitzen, nur dorsale Theile der einzelnen Spalten, die dorsalen Kiementaschen als thymusbildende Abschnitte. Auch bei Amphibien wird dies beibehalten, wenn auch der respiratorische Kiemenapparat eine Rückbildung erfährt. Es werden aus den ventralen Theilen der Kiemenspalten keine Thymuslappen gebildet. Die inneren Kiemen- reste der Anuren haben mit der Thymus nichts zu thun, wie ich dies früher schon ausführte. Eine wichtige Aenderung in der Thymusbildung der einzelnen Spalte bereitet sich bei Reptilien vor. Bei Lacerta habe ich geschildert, dass das Derivat der 2. Spalte als eine rein dorsale Bildung völlig homolog ist der Thymus der anamnien Wirbelthiere. Das Derivat der 3. Spalte aber nimmt in seiner Ausbildung nicht nur die dorsale Kiementasche in Anspruch, sondern dehnt sich weiter ventralwärts aus, so dass auch ventrale Theile der 3. Kiemenspalte die Thymus bilden helfen. Ich habe schon früher darauf hingewiesen, dass ich hierin eine Vorbereitung für die Verhältnisse bei Säugethieren sehe. Von Eidechsen aus geht die Entwickelung der Vogelthymus den entgegengesetzten Weg wie die- jenige der Säugethiere. Bei Vögeln bilden ausschliesslich dorsale Theile der 3. und 4. Schlundspalte die Thymus. Bei Säugethieren sind es stets ventrale Theile der 3. Spalte, welche die Thymus bilden. Auch wenn die 4. Spalte in Anspruch genommen wird, sind es nach Schilderung der Autoren stets ventrale Theile dieser Spalte, welche die Wucherung bilden. Die kleinen Thymusläppchen, von welchen ich das äussere zuerst für eine dorsale Thymusbildung bei Echidna zu halten geneigt war, ist thatsächlich ein ven- trales Gebilde, wie das ganze übrige Organ. Das ergiebt sich aus der Beziehung zu den Epithelkörperchen dieser Spalte. Auf dies Verhältniss will ich bei Besprechung der letztgenannten Gebilde zurückkommen. 35 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 437 Die Thymus der Säugethiere istnach den vorstehenden Ausführungen nicht homolog der Thymus der niederen Wirbelthiere, denn sie geht aus ganz anderen Theilen der 3. Schlundspalte hervor wie beijenen Formen. Echidna ergab sich nach meinen Befunden als ein Beispiel des typischen Säuge- thiercharakters hinsichtlich der Entwickelung der Thymus. Es besteht hier nur eine ventrale Thymus der 3. Spalte. Diese Form giebt also keine Vermittelung nach unten. Das thun auch nicht die Vögel, sondern nur die Eidechsen bieten für diese Verhältnisse eine vermittelnde Zwischenform. Hinsichtlich des histologischen Verhaltens stimmt allerdings nach den einstimmigen Angaben sämmt- licher Autoren die Thymus der Säugethiere mit dem gleich genannten Organ der niederen Wirbelthiere vollkommen überein. Der primitive Zustand ist für Säugethiere offenbar in dem Verhalten von Echidna dargestellt, der übrigens auch unter anderem bei Insectivoren und beim Menschen besteht (VERDUN). Wenn ausser der 3. Spalte noch die 4. Spalte ein Thymusläppchen bildet (Schaf, Katze), so ist dies Gebilde ebensowenig homolog der dorsalen Thymusknospe der 4. Kiemenspalte eines anamnien Wirbelthieres, wie es die Thymus der 3. Spalte ist. Vielmehr ist die Thymus der 4. Spalte bei Säugethieren ebenso als eine Neuerwerbung gewisser Formen dieser Klasse aufzufassen, wie es die Thymus der 3. Spalte dieser Klasse ist. Ob in der Thymus der 4. Spalte bei Schlangen die Grundlage für die Thymus der gleichen Spalte bei gewissen Säugethieren zu erblicken ist, worauf die Beobachtungen van BEMMELEN’s hinzudeuten scheinen, wage ich nicht zu entscheiden. Noch eine andere Ueberlegung drängt sich einem auf bei der Frage nach der Homologie der Thymus bei Säugethieren und niederen Wirbelthieren, nämlich die, ob bei jenen nicht durch besondere Wachsthums- vorgänge der umgebenden Organe eine Verschiebung der Epithelregionen der einzelnen Kiemenspalten statt- gefunden haben könnte, so dass doch in den ventralen Theilen der Säugethier-Schlundspalten die homologen Theile der dorsalen Kiementaschen niederer Wirbelthiere enthalten seien. Es wäre dies in gewissem Sinne zu vergleichen mit der verschiedenen Bildungsweise des Muskelblattes vom Urwirbel, welche bei Amnioten sich bekanntlich anders darstellt als bei anamnien Wirbelthieren. Während bei diesen die mediale Urwirbellamelle zum Muskelblatt wird, bildet sich bei Amnioten ein solches von der dorsalen Urwirbelkante aus. Hier wissen wir, dass in Folge der flächenhaften Ausbreitung des Embryonalkörpers auf der Oberfläche der Keimblase die Urwirbel seitlich ausgezogen werden, und das an ihrer dorsalen Kante befindliche Zellen- material entspricht der medialen Zellenlamelle des Urwirbels bei Anamnien. Eine solche Verschiebung ist bei dem Epithel der Schlundspalten von Säugethieren nicht ersichtlich. Auch die voluminöse Entfaltung des Centralnervensystems kann nicht herangezogen werden, denn diese besteht in den jungen hier in Frage kommenden Stadien bei Vögeln und Reptilien in gleicher Weise wie bei Säugethieren, ohne eine ventrale Ausbildung der Thymus zu veranlassen. Das Verhalten der Thymus der 3. Spalte bei der Eidechse ist hier zu berücksichtigen. Es besteht nämlich bei dieser am ventralen Ende der Thymus noch einkleiner, ventralwärts gerichteter, birnförmiger Anhang, der letzte Rest der ventralen Tasche dieser Spalte, welche bei Lacerta nicht mehr zur Thymus- bildung verwandt wird, sondern eine völlige Rückbildung erfährt (Morphol. Jahrb., Bd. XXVII, Taf. VIII, Fig. 32 v). In diesem Gebilde haben wir ein Rudiment vor uns, das bei Säugethieren den wesentlichen Theil der Thymus ausbildet. Eine andere Deutung ist hier ganz ausgeschlossen. 5*F 56* 438 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 36 4. Die Epithelkörperchen. In diesen Gebilden haben wir Organrudimente vor uns, welche erst mit der Rückbildung der Schlund- spalten zur Ausbildung kommen und durch jene bedingt sind. Sie fehlen also allen Fischen und den urodelen Amphibien zur Larvenperiode. Sie kommen bei diesen erst zur Zeit der Metamorphose zur Aus- bildung, finden sich aber dann bei allen höheren Wirbelthieren bis zum Menschen. Das Verhalten bei anuren Amphibien, bei welchen diese Gebilde schon in früher Larvenperiode bestehen, ändert daran nichts. Wie diese Abweichung zu verstehen ist, habe ich schon früher genauer ausgeführt. Bei Amphibien bestehen diese Gebilde als Reste der 2., 3. und 4. Kiemenspalte. Bei Reptilien finden sie sich, wenigstens bei Lacerta, nur an der 3. und 4. Spalte, bei Schlangen scheinen auch solche von den vorderen Spalten gebildet zu werden (VAN BEMMELEN). Bei Vögeln sind sie an der 3. und 4. Spalte gefunden worden. Bei Säugethieren sind sie überall nachgewiesen worden, und zwar stets von der 3. und 4. Spalte ausgehend. Ausser ihnen besteht eine Carotidendrüse. Sie liegt in der Gegend der 2. Schlundspalte. Was den Bau der Epithelkörperchen und ihre Beziehung zu den Schlundspalten betrifft, so stellen sie kleine, eiförmige Gebilde dar, welche aus zusammengeballten Epithelzellen bestehen, die nach dem Ver- schluss der Kiemenspalten bei Urodelen als einzige epitheliale Reste ventral von der Thymus der 3. und 4. Spalte nachweisbar sind. Da die Thymus schon zur Zeit der Larvenperiode sich von den Kiemenspalten abgelöst hat, sind die Epithelkörperchen naturgemäss von vornherein ganz von der Thymus abgetrennt. Sie liegen stets ventral von der Thymus den grossen Arterienbogen an (Morphol. Jahrb., Bd. XIII u. XIV). Sie zeigen hinsichtlich der Zahl Verschiedenheiten, insofern bald zwei jederseits, bald jederseits nur eins, oft auch auf der einen Seite zwei, andererseits nur eins bestehen. Bei Reptilien findet man das Epithelkörperchen der 3. Spalte von vornherein mit der Thymus dieser Spalte in Verbindung. Hier besteht kein respiratorischer Kiemenapparat, die Spalten schliessen sich frühzeitig, die Thymus hat sich dann noch nicht von dem Spaltenepithel losgelöst, und in Folge dessen stehen die vom Ektoderm sowohl als vom Schlundrohr abgetrennten Derivate einer Spalte unter einander in primitivem Zusammenhang. Hinsichtlich der speciellen Beziehung des Epithelkörperchens der 3. Spalte zur Thymus ist zu beachten, dass es dem ventralen Ende der Thymus angeschlossen ist und später auch diesen Anschluss behält. Es erscheint in früherer Zeit lateralwärts aus der Thymus hinausgedrängt und ist dann der lateralen Seite dieses Organs an dessen ventralem Theil angeschlossen (Morphol. Jahrb., Bd. XXVII, Taf. VIII, Fig. 32 e;). Später wird es herabgezogen und steht dann durch einen epithelialen Strang mit dem ventralen Ende der Thymus in Verbindung (ibid. Fig. 34 e3). Da die 4. Spalte bei Lacerta keine Thymus bildet, das Epithelkörperchen somit den einzigen epithelialen Rest dieser Spalte darstellt, so ist dieses Gebilde auch stets ganz selbständig. Durch seinen Bau erweist es sich als Epithelkörperchen und ist homolog dem gleichen Gebilde der 4. Spalte von Urodelen. Eine Verbindung des Epithelkörperchens der 4. Spalte mit dem postbranchialen Körper besteht bei Zacerta nicht, weil der letztere selbständig, von der Schlundwand ausgeht und bei seiner Abschnürung ebenso selbständig wird wie das Derivat der 4. Spalte. Ich hebe dies hervor wegen anderer Verhältnisse bei manchen Säugethieren. Auch bei Reptilien erleidet häufig das Epithelkörperchen der 4. Spalte auf einer oder beiden Seiten eine völlige Rückbildung. 37 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 439 Bei den Vögeln bestehen die Epithelkörperchen der 3. und 4. Spalte ebenfalls und stehen von vorn- herein mit dem ventralen Ende der Thymus dieser Spalten in Verbindung. Später lösen sie sich von der Thymus ab und werden ganz selbständig. Bei Säugethieren findet man die Epithelkörperchen ebenfalls in Beziehung zu den Thymusanlagen der 3. und event. 4. Spalte. Die Beziehung ist aber eine anders orientirte als bei allen niederen Wirbel- thieren. Sie finden sich dem dorsalen Ende der Thymus angeschlossen (vergl. Fig. 10, 14 und 16). Bei Echidna, wo die 4. Spalte kein Thymusläppchen bildet, bleibt das Epithelkörperchen dieser Spalte ganz selbständig. Vom letzteren ist noch zu betonen das Fehlen eines Anschlusses an den postbranchialen Körper. Dadurch erhält diese Form grosse Aehnlichkeit mit den Zuständen bei Lacerta und erscheint primitiver als manche andere Säugethiere. Aus der Vergleichung der Verhältnisse bei Säugethieren mit Amphibien und Reptilien ergiebt sich, dass der Anschluss der Epithelkörperchen an die Thymus einen primitiven Zustand darstellt, in der Natur der Genese beider Organe begründet. Dieser Anschluss ist bei der primitivsten Form der Säugethiere auch erhalten. Eine Beziehung der Epithelkörperchen zur Schilddrüse, die in neuerer Zeit so vielfach beschrieben und hervorgehoben wurde (SANDSTRÖM, GLEY, CHRISTIANI), hat dagegen ganz secundäre Bedeutung und ist jedenfalls ganz auf die Säugethiere beschränkt. Dieser Anschluss der Epithelkörperchen an die Schilddrüse wird bei Säugethieren durch den post- branchialen Körper vermittelt. Bei Echidna rückt frühzeitig die Anlage des letzteren von der 4. Schlund- spalte ab, und die beiden Gebilde sind nach ihrer Abschnürung vom Schlundrohr auch von einander getrennt. Darin stimmt Zchidna wieder mit Lacerta überein. Bei höheren Säugethieren, z. B. bei der Katze, ist die Anlage des postbranchialen Körpers so nahe der 4. Schlundspalte, dass bei der’ Ablösung vom Schlundrohr diese beiden Theile mit einander in Ver- bindung bleiben. Lagert sich der postbranchiale Körper nun der Seite der Schild- drüse an, so wird naturgemäss auch das Epithelkörperchen der 4. Spalte in Beziehung zur Schilddrüse treten. Da das Epithelkörperchen der 3. Schlundspalte bei Bestehen desjenigen der 4. Spalte diesem immer dicht angelagert ist, so wird bei Verlagerungen der Thymus und Schilddrüse der Anschluss beider Epithelkörperchen an die Schild- drüse verständlich. Die vergleichende Anatomie, d. h. die genaue Kenntniss der Verhältnisse bei Amphibien und Reptilien in diesem Falle, bewahrt unsallein vor der irrtthümlichen Auffassung, dass die Epithelkörperchen in genetischer Beziehung zur Schilddrüse ständen und also als Nebenschilddrüsen aufgefasst werden dürften. Sie haben in ihrer Genese nicht das Geringste mit der Schilddrüse zu thun. Sie haben aber auch nichts mit der Carotidendrüse zu thun. Bei Amphibien ist dies Organ zum ersten Mal ausgebildet an der Theilungsgabel der Carotis communis. Bei Reptilien und Vögeln ist von dieser Carotidendrüse nichts bekannt. Bei Lacerta fehlt sie sicher. Das, was man als Carotiskörperchen bezeichnet hat, ist das Epithelkörperchen der 3. Schlundspalte. Ich selbst habe leider diese Bezeichnung in Anschluss an van BEMMELEN in meiner letzten Arbeit noch gebraucht. Allerdings betonte ich dort, dass es sich nur um eine seriale Homologie mit der Carotidendrüse der Amphibien handeln könne, da nach meinen Befunden an Anuren die Carotidendrüse dieser Form von der 2. Kiemenspalte ab- leitbar ist. Während ich bei Lacerta vergebens nach einem Homologon der Carotidendrüse der Amphibien suchte, fand ich ein solches sofort leicht bei Eechidna auf. Dass es vollkommen unabhängig von den 440 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 38 Epithelkörperchen der 3. und 4. Spalte ist, habe ich schon mehrfach hervorgehoben. Dies wurde bei höheren Säugethieren schon von anderen Beobachtern erkannt. Während man früher die Carotidendrüse der Säugethiere allgemein vom Epithel einer Kiemenspalte ableitete, wurde dies neuerdings von PALTAUF, KASTSCHENKO, SCHAPER geleugnet. Sie soll nur eine Wucherung der Gefässwand darstellen. Man hat das Gebilde sogar mit der Nebenniere verglichen, in Folge ihres histologischen Verhaltens. Man hat grosse Zellen darin als Ganglienzellen deuten zu dürfen geglaubt. Den gegentheiligen Angaben entgegen muss ich auch die Carotidendrüse von Echidna als eine epithelogene Bildung erklären und zwar ebenso wie bei Anuren als eine Epithelknospe, welche sich vom ventralen Ende der 2. Schlundspalte ablöst. Eine Wucherung der Gefässwand ist sie keinenfalls. Ich war zuerst nur zweifelhaft, ob sie nicht von einem Nervenganglion, das an der betreffenden Stelle liegt, sich ablöst, doch halte ich das für ausgeschlossen, eine Beziehung zu diesem Ganglion kann nur in dem Sinne bestehen, wie ich es schon oben anführte, derart» dass auch dies Ganglion mit dem Epithel der Kiemenspalte in Verbindung steht. Die gleichartige Aus- bildung der Carotidendrüse bei Säugethieren und Amphibien, während sie bei Sauropsiden nicht besteht, nähert jene Wirbelthiergruppen wiederum einander. Das wird allerdings durch das Verhalten der Thymus compensirt, indem bei Lacerta der Säugethierbefund offenbar vorbereitet ist. Es dürften vielleicht auch hier wieder die Stegocephalen die vermittelnde Stellung eingenommen haben. Ergebnisse. Uebersehen wir die Verhältnisse aller der epithelialen Organe, welche im Bereich des Schlund- spaltenapparates bei Wirbelthieren zur Ausbildung kommen, so ergiebt sich Folgendes: ı) Bei allen Wirbelthieren nimmt die Schilddrüse eine gleiche Entwickelung aus einer unpaaren medianen Anlage im Bereich des 2. Schlundbogens aus der ventralen Schlundwand. Sie kann zeitlebens unpaar bleiben oder sich in zwei Lappen: von paariger Anordnung theilen. Sie zeigt stets den gleichen Bau aus Colloid enthaltenden, mit Epithel ausgekleideten Bläschen. 2) Der postbranchiale Körper ist bei allen Wirbelthieren ausser Cyclostomen und Knochenfischen nachgewiesen, liegt stets hinter der letzten Kiemenspalte, einerlei ob diese die 4., 5. oder 6. ist. Bei Säuge- thieren zeigt er häufig Anschluss an die 4. Spalte, der aber bei Echidna nicht besteht. Er kann paarig oder unpaar (nur links) ausgebildet sein. Er ähnelt in seinem Bau der Schilddrüse, bildet aber bei niederen Wirbelthieren niemals Colloid aus. Bei Säugethieren tritt Colloid in seinen Bläschen auf. Bei Echidna konnte ich dies mit Sicherheit nachweisen. Hier vereinigt er sich nicht mit der Schilddrüse. Bei höheren Säugethieren thut er dies in manchen Fällen. Doch kommt ihm keine grosse Betheilisgung am Aufbau der Schilddrüse zu, indem die seitlichen Lappen durch Theilung aus der unpaaren Schilddrüsen- anlage gebildet werden. In vielen Fällen erleidet der postbranchiale Körper bei Säugethieren eine völlige Rückbildung, so auch nach den Angaben von VERDUN beim Menschen. 3) Die Thymus bildet sich bei niederen Wirbelthieren aus dem Epithel der dorsalen Taschen sämmtlicher Kiemenspalten. Bei Amphibien vermindert sich die Zahl der Thymus bildenden Spalten, indem bei Urodelen die 4 hinteren, bei Anuren nur die 2 vorderen die Thymus bilden. Bei Reptilien sind es meist 2 Spalten, bei Lacerta die 2. und 3., bei Schlangen die 4. und 5. nach van BEmMELEn. Bei Lacerta greift die Thymusbildung der 3. Spalte auch auf ventrale Theile der Spalte über. Bei Vögeln bildet nur die 3. und 4. Spalte dorsale Thymuslappen. Bei Säugethieren wird die Thymus zumeist von der 3. Spalte ge- 39 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 441 bildet und zwar nur aus ventralen Theilen dieser Spalte. In manchen Fällen wird auch von der 4., in seltenen Fällen von der 2. Spalte eine Thymus gebildet. Das Derivat der 4. Spalte bildet ein inneres, ein abgelöster Theil der Thymus der 3. Spalte an deren dorsalem Ende bildet ein äusseres Thymusläppchen bei einigen Formen. Der lappige Bau der Thymus darf nicht auf eine Herkunft aus mehreren Schlundspalten bezogen werden, indem auch das Derivat der 3. Spalte sich in mehrere Lappen zerklüften kann, wie ich dies bei Echidna fand. 4) Epithelkörperchen werden erst ausgebildet, wenn der respiratorische Kiemenapparat sich rück- bildet. Sie bilden also wahre Kiemenreste. Bei Amphibien, Sauropsiden und Säugethieren bestehen sie. Sie entstehen aus der 2., 3. und 4. Spalte, bei Amphibien und Sauropsiden ventral von der Thymus der betreffenden Spalte, bei Säugethieren dorsal von derselben. Sie zeigen stets epithelialen Bau, bilden aber nie Colloid aus. Das Epithelkörperchen der 2. Spalte bildet bei Amphibien und Säugethieren die Carotiden- drüse. Bei Sauropsiden fehlt ein solches Derivat der 2. Spalte. Die Epithelkörperchen der 3. und 4. Spalte sind nicht immer zusammen vorhanden, das der 4. Spalte erleidet oft einseitige oder doppelseitige Rück- bildung. Bei Amphibien sind sie stets ganz selbständig, bei Sauropsiden stehen sie mit der Thymus in primärer Verbindung. Da jede Schlundspalte sich als einheitliches Gebilde sowohl vom Ektoderm als vom Schlundrohr ablöst, stehen ihre Derivate in Zusammenhang. Ebenso findet es sich bei Säugethieren. Bei Sauropsiden sitzen sie am ventralen, bei Säugethieren am dorsalen Ende der Thymus an. Ihr Anschluss an die Schilddrüse bei manchen Säugethieren ist ein secundärer, und zwar durch den postbranchialen Körper vermittelt. Bei Echidna besteht dieser Anschluss nicht. Die Frage nach der phylogenetischen Bedeutung der in vorliegender Arbeit behandelten Organe ist nur zum Theil zu lösen. Von der Schilddrüse, soweit sie aus der vorderen unpaaren Anlage hervorgeht, steht sie fest. Sie findet ihre Grundlage in der Hypobranchialrinne der Tunicaten. Der postbranchiale Körper ist schwierig sicher zu beurtheilen. Er liegt stets hinter der letzten Kiemenspalte, einerlei ob diese die 6., 5. oder 4. ist. Es geht auch bei allen niederen Wirbelthieren ein im Wesentlichen sich gleich verhaltendes Gebilde daraus hervor. Aus diesen beiden Punkten ergiebt sich, dass wir ihn nicht für eine rudimentäre Kiemen- spalte halten dürfen. Wir sahen auch, dass die Reste, welche bei höheren Wirbelthieren von den obliterirten Schlundspalten übrig, bleiben, durchaus anderer Natur sind. Eine bemerkenswerthe Sonderstellung nimmt der postbranchiale Körper dadurch ein, dass er nur bei manchen Säugethieren eine stärkere Aus- bildung erfährt, die ihn in seinem Bau der Schilddrüse gleich macht. Durch seine völlige Rückbildung bei vielen Säugethieren erscheint er aber wieder von geringerer Bedeutung. Man hat also die Annahme, dass er an der fortlaufenden Ausbildung der Wirbelthiere ebenfalls in aufsteigender Entwickelung betheiligt ist, nur mit einer gewissen Beschränkung auszusprechen. Wir kennen bis jetzt ausser dem Ductus oesophago- eutaneus bei Bdellostoma kein Organ, welches hinter dem Kiemenapparat etwa die gleiche Anordnung wie der postbranchiale Körper zeigt. Doch sehen wir bei keinem einzigen Wirbelthier, dass der postbranchiale Körper das Ektoderm erreicht, auch nicht bei Urodelen, wo er nur einseitig ausgebildet ist und einen langen Schlauch bildet. Aber das genügt nicht, um einen hinreichend sicheren Anschluss zu bieten. Hinsichtlich der Thymus kennen wir bis jetzt keine Organe bei niederen Formen, welche deren morphologische Grundlage abgeben könnten. Dass die Donrn’sche Deutung, welche sie von dorsalen Kiemenblättchen bei Selachiern ableitet, keine genügende Erklärung giebt, habe ich schon früher mehrfach begründet. Durch das eigenthümliche Verhalten der Säugethierthymus, derart, dass sie auf ventrale Theile der Schlundspalten übergreift, wird diese Deutung noch weiter widerlegt. Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 40 442 Die Epithelkörperchen scheinen leichter zu deuten in ihrer phylogenetischen Bedeutung. Da sie erst auftreten, wenn die Schlundspalten sich rückbilden, und da sie ferner im Epithel der obliterirenden Spalten ihr Bildungsmaterial besitzen, so erscheint es naheliegend, sie als einzige wahre Kiemen- spaltenreste aufzufassen. Diese Auffassung wird weiter dadurch unterstützt, dass sie in ihrer Zahl nicht constant sind, dass besonders das hintere häufig in der Ontogenese eine völlige Rückbildung erfährt. Wir haben also in ihnen thatsächlich Organe vor uns, welche im Verschwinden begriffen sind. Man hat wohl geglaubt, in ihnen einen vicariirenden Apparat für die Schilddrüse zu sehen, so dass sie in dieser Richtung einer aufsteigenden Entwickelung fähig wären, durch neuere Untersuchungen ist das aber als völlig wider- legt zu betrachten. Eine andere Frage aber ist es, ob es sorgfältigen Untersuchungen bei niederen Wirbel- thieren nicht gelingt, die Homologa der Epithelkörperchen auch bei Fischen nachzuweisen. In diesem Falle wäre ihnen eine andere Bedeutung zuzuschreiben. Ich habe hier speciell die von VAN WIJHE (92) beschriebenen Kiemenspaltenorgane bei Selachiern im Auge, welche von FRORIEP (17) als Thymusanlagen gedeutet wurden. Wir wissen durch AnTIpA (I), dass dies verschiedene Dinge sind. Es ist möglich, dass in diesen Kiemenspaltenorganen die Grundlage der Epithelkörperchen der höheren Wirbelthiere zu suchen ist. Da diese Organe bei Selachiern an der Stelle entstehen, wo die Ganglien des Glossopharyngeus und Vagus in der Ontogenese mit dem Schlund- spaltenepithel in continuirlicher Verbindung stehen, so hat man sie als rudimentäre Sinnesorgane zu deuten versucht. Diese Deutung wird zwar hinfällig durch die Thatsache, dass wir bei keiner einzigen Wirbel- thierform an dieser Stelle ein functionirendes Sinnesorgan kennen; immerhin ist bei weiteren Arbeiten über die Kiemenspaltenreste an die genannten Organe der Selachier zu denken. Wenn sie in ihrer Phylogenese mit nervösen Apparaten in Zusammenhang stehen, so ist ihr zähes Erhaltenbleiben auch nach Schwund der Kiemenspalten verständlicher, denn es handelt sich dann um phylogenetisch viel ältere Bildungen. Heidelberg, Ostern 1899. 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Arch. £. mikr. Anat., Bd. XXV, 1885. 17) Frorıer, Zur Entwickelungsgeschichte der Kopfnerven. II. Ueber Kiemenspaltenorgane der Selachierembryonen. Verhandl. d. Anatom. Gesellsch. V. Versamml. München 1891. 18) Grey, Contribution & l’etude des effets de la thyroideetomie chez le chien. Arch. de Physiol. norm. et pathol., 1892. 19) Derselbe, Recherches sur la fonction de la glande thyroide. Ibidem 1892. 20) Derselbe, Effets de la thyroidectomie chez le lapin. Ibidem 1892. 21) Derselbe, Nouyelles recherches sur les effets de la thyroidectomie chez le lapin. Ibidem 1892. 22) Derselbe, Les r£sultats de la thyroidectomie chez le lapin. Ibidem 1893. 23) Derselbe, Recherches sur le röle des glandules thyroidiennes chez le chien. Ibidem 1893. 24) Derselbe, Accidents consecutifs & la thyroidectomie chez deux chevres. Comptes rendus de la Soc. de Biol., 1896. 25) Derselbe, Des effets de l’exstirpation des glandules chez le chien et le lapin. Ibidem 1897. 26) Derselbe, Sur la fonction des glandules parathyroides. Ibidem 1897. 27) Derselbe und Nicoras, Premiers resultats des recherches sur les modifications histologiques des glandules thyroi- diennes apres la thyroideetomie. Ibidem 1895. 28) Derselbe und Paysarıs, Sur la nature des glandules thyroidiennes chez le chien. Ibidem 1893. 29) GroscHurr, Bemerkungen zu der vorläufigen Mittheilung von Jacogy: Ueber die Entwickelung der Nebendrüsen der Schilddrüse und der Carotidendrüse. Anat. Anz., 1896. 30) Hıs, Anatomie menschlicher Embryonen. Leipzig 1885. 31) Derselbe, Ueber den Sinus praecervicalis und über die Thymusanlage. Arch. f. Anat., 1886, 32) Derselbe, Schlundspalten und Thymusanlage. Ibid. 1889. 33) Jacosy, Ueber die mediane Schilddrüsenanlage bei Säugern (Schwein). Anat. Anz., Bd. X, No. 2, 1894. 34) Derselbe, Studien zur Entwickelungsgeschichte der Halsorgane der Säugethiere und des Menschen. Inaug.-Dissert. Berlin 1895. 35) Jounstone, The thymus in the Marsupials. Linnean Society’s Journal, Zoology, Vol. XXVI, 1898. 36) Kapyı, Ueber accessorische Schilddrüsenläppchen in der Zungenbeingegend (Glandula praehyoides et suprahyoides). Arch. f. Anat. u. Physiol., Anat. Abth., 1879. 37) KastscHenko, Das Schicksal der embryonalen Schlundspalten bei Säugethieren. Arch. f. mikr. Anat., 1887. 38) Köruıker, Entwickelungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. II. Auflage, Leipzig 1879. 39) Koun, Studien über die Schilddrüse. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XLIV, 1895. 40) Korrmann, Lehrbuch der Entwickelungsgeschichte des Menschen. Jena 1898. 41) Luschks, Ueber die drüsenartige Natur des sogenannten Ganglion intercaroticum. Arch. f. Anat., Physiol. u. wissensch. Mediein, 1862. 42) Marz, Entwickelung der Branchialbogen und Spalten. Arch. f. Anat., 1887. 43) Maurer, Mittheilung über die Schilddrüse und Thymus der Teleostier. Jenaische Zeitschr. f. Medie. u. Naturw., Bd. XIX, 1885. 44) Derselbe, Schilddrüse und Thymus der Teleostier. Morphol. Jahrb., Bd. XI, 1886. 45) Derselbe, Schilddrüse, Thymus und Kiemenreste der Amphibien. Morphol. Jahrb., Bd. XIII, 1888. 46) Derselbe, Die Kiemen und ihre Gefässe bei Urodelen und Anuren. Mittheilung. Morphol. Jahrb., Bd. XIII, 1888. 47) Derselbe, Die Kiemen und ihre Gefässe bei anuren und urodelen Amphibien und die Umbildung der beiden ersten Arterienbogen bei Teleostiern. Morphol. Jahrb., Bd. XIV, 1888. 48) Derselbe, Schilddrüse, Thymus und andere Schlundspaltenderivate bei der Eidechse. Morphol. Jahrb., Bd. XXVII, 1899. 49) oz Mruron, Recherches sur le developpement du thymus et de la glande thyroide. Recueil Zool. Suisse, T. III, 1886. 50) Mürter, W., Ueber die Entwickelung der Schilddrüse. Jenaische Zeitschr. f. Medie. u. Naturw., Bd. VI, 1871. 51) Derselbe, Ueber die Hypobranchialrinne der Tunicaten und deren Vorhandensein bei Amphioxus und den Cyelo- stomen. Ibid., Bd. VII, 1873. 52) Nıcoras, Nouvelles recherches sur les organes thyroidiens des Rongeurs. Comptes rendus de la Soc. de Biol., T. XLV, 9. Serie, T. V, 1893. 53) Derselbe, Glande et glandules thyroides (parathyroides) chez les Cheiropteres. Bulletin de la Soc. des Sciences de Naney, 1893. - 54) Derselbe, Recherches sur les vesicules & £pithelium eili& annexees aux derives branchiaux. Bibliogr. anat., Nancy 1896. 55) Derselbe, Nouvelles recherches sur les glandes parathyroides. Bibliogr. anat., Nancy 1897. Jenaische Denkschriften. VI. 6 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 57 444 Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Echidna. 42 56) Orro, Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Glandula thyreoidea und Thymus der Säugethiere. Berichte der Naturf. Gesellsch. Freiburg i. Br., Bd. X, p. 33, 1897. 57) Owen, On the anatomy of Vertebrates. Vol. III, 1868. 58) Parraur, Ueber Geschwülste der Glandula carotica nebst einem Beitrage zur Histologie und Entwickelungsgeschichte derselben. ZiesLer, Beiträge zur path. Anat. u. allgem. Pathol., Bd. XI, 1892. 59) Pronsor, Ueber die Entwickelung der embryonalen Schlundspalten und ihrer Derivate bei Säugethieren. Zeitschr. f. wissensch. Zool., Bd. XLVII, 1888. 60) Prexant, Contribution & l’etude du developpement organique et histologique du thymus. La Cellule, T. X, 1894. 61) Derselbe, Les derives branchiaux chez l’oryet. Arch. de Physiol. norm. et pathol., T. XXVIII, 1896. 62) Rast, Zur Bildungsgeschichte des Halses. Prager mediein. Wochenschr., 1886 und 1887. 63) Remax, Untersuchungen über die Entwickelung der Wirbelthiere. Berlin 1855. 64) Scharrer, Ueber den feineren Bau der Thymus und deren Beziehungen zur Blutbildung. Sitzungsber. d. Kaiserl. Akad. d. Wissensch. Wien, Mathem.-naturw. Kl., Bd. CII, Abth. III, Juli 1893. 65) Derselbe, Ueber die Thymusanlage bei Petromyzon plameri. Sitzungsber. d. Kaiserl. Akad. d. Wissensch. Wien, Mathem.-naturw. Kl., Bd. CIII, Abth. III, Mai 1894. 66) Scharer, Zur Histologie der Glandula carotica. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XL. 67) Derselbe, Ueber die sogenannten Epithelkörper (Glandulae parathyreoideae) in der seitlichen Nachbarschaft der Schilddrüse und der Umgebung der Carotis der Säuger und des Menschen. Arch. f. mikr. Anat., Bd. XLVI. 68) Sersser, Zur Entwickelungsgeschichte des Vorderdarms. Arch. f. Anat. u. Physiol., 1877. 69) Sıegorn und Sranxıus, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. II. Theil: Wirbelthiere. Berlin 1846. 70) Sınox, On the comparative anatomy of thyroid gland. Philos. Transact., 1844, P. II. 71) Derselbe, A physiological Essay on the thymus gland. London 1845. 72) Derselbe, Contribution & l’etude du developpement organique de la glande thyroide chez les Mammiferes. Revue biolog. du Nord de la France, T. VI, 1893 —94. 73) Derselbe, Thyroide laterale et glandule thyroidienne chez les Mammiferes. Nancy 1836. 74) Sovuıth et Verpun, Sur les premiers stades du d&veloppement de la thyroide mediane chez les Mammiferes. Comptes rendus de la Soc. de Biol., 1897. 75) Dieselben, Developpement de la thyroide, du thymus et des glandules parathyroidiennes chez le lapin et chez la taupe. Journal de l’Anatom. et de la Physiol., 1897. 76) Srepa, Untersuchungen über die Entwickelung der Glandula thymus, Glandula thyreoidea und Glandula carotiea, Leipzig 1881. 77) Syuıneron, The thymus in the Marsupialia. Journal of Anat. and Physiol. Jan. 1898. 78) Derselbe, Ueber Thyreoidea, Glandulae parathyreoideae und Thymus beim dreizehigen Faulthier (Ai, Bradypus tridactylus). Arch. f. Anat. u. Physiol., Suppl.-Bd. 1897. 79) Tourseux et Verpun, Sur les premiers developpements des glandules parathyroidiennes chez l’homme. Comptes rendus de la Soc. de Biol., 1896. 80) Dieselben, Sur les premiers developpements et sur la determination des glandules parathyroidiennes chez ’'homme, Ibid. 1897. 81) Dieselben, Sur les premiers developpements de la thyroide, du thymus et des glandules parathyroidiennes chez Yhomme. Journal de l’Anat. et de la Physiol., 1897. 82) Turxer, Upon the thyroid glands in the Cetacea with observations on the relations to the thymus in these and certain other Mammals. Transact. of the Royal Soc. Edinburgh, 1840, 83) Verpun, Des glandes satellites de la thyroide du chat et des kystes, qui en derivent. Comptes rendus de la Soc. de Biol., 1896. 84) Derselbe, Contribution & l’&tude des glandules satellites de la thyroide chez les Mammiferes et en particulier chez ’homme. These de Toulouse, 1897. 85) Derselbe, Sur les derives de la quatrieme poche branchiale chez le chat. Comptes rendus de la Soc. de Biol., 1897. 86) Derselbe, Derives branchiaux chez le poulet. Comptes rendus de la Soc. de Biol., 1898. 87) Derselbe, Derives branchiaux chez les Vertebres superieurs, Toulouse 1898. 88) WALDEYER, Die Rückbildung der Thymus. Sitzungsber. d. Königl. preuss. Akad. d. Wissensch. Berlin, Mai 1890. 89) Warxey, The minute anatomy of the thymus. Philosoph. Transact. of the Royal Soc. of London, Vol. CLXXII, 1882. 90) West, Concerning the parathyroid glands. Journal of Anat. and Physiol., 1898. 91) WIEDERSHEIM, Grundriss der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. Jena 1898. 92) van Wısue, Ueber die Mesodermsegmente und die Entwickelung der Nerven des Selachierkopfes. Verh. d. Akad. d. Wetenschappen Amsterdam, Bd. XII, 1883. 93) WÖLFLER, Ueber die Entwickelung und den Bau der Schilddrüse. Berlin 1880. Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna nebst Beiträgen zur Morphologie des peripheren Geruchs- organs und des Gaumens der Wirbelthiere. Dr. med. Otto Seydel in Berlin. er er I Folgenden gebe ich eine Darstellung derjenigen Entwickelungsvorgänge am Vorderkopfe von Echidna, welche sich auf die Bildung der Nasenhöhle und des Mundhöhlendaches beziehen. Die Unter- suchungen wurden an dem von Professor SEMON gesammelten Material ausgeführt. Ich habe die betreffenden Vorgänge bis zu dem Zeitpunkte verfolgt, wo der Embryo eben das Ei verlassen hat. Zu dieser Zeit ist die Bildung des Gaumens beendet; in der Nasenhöhle sind die Muschelbildungen, allerdings noch unvollständig, angelegt. Ich gebe eine ausführliche Darstellung der Resultate meiner Untersuchungen, obwohl dieselben, wenigstens hinsichtlich der Gaumenentwickelung, in wesentlichen Punkten nicht von den Beobachtungen abweichen, wie sie von älteren und jüngeren Autoren an Embryonen der höheren Säugethiere gemacht worden sind. Ich beschränkte mich aber nicht auf die Darstellung der ontogenetischen Vorgänge bei Echidna, legte vielmehr den Schwerpunkt meiner Untersuchungen darauf, die Befunde bei dieser Form in Vergleichung zu stellen mit den Zuständen sowohl bei anderen Mammaliern, als auch bei den niederen Wirbelthieren. Unter Zugrundelegung der Arbeiten anderer Autoren wie durch eigene Beobachtungen glaube ich einige morphologische Fragen, die sich auf das in Betracht gezogene Gebiet beziehen, gelöst oder doch wenigstens ihrer Lösung näher gebracht zu haben. Eine ganze Reihe von Fragen stehen in engem Verbande mit der, wie sich das Jacopson’sche Organ der Säugethiere zu dem der Reptilien und Amphibien verhält. Wie entsteht die Schlauchform dieses Organs der Säugethiere? Welche Momente bedingen es, dass das Organ bei Mammaliern in den Canalis naso-palatinus, bei Sauriern und Ophidiern am Mundhöhlendache mündet, während es sich bei Cheloniern und Amphibien in die Nasenhöhle selbst öffnet? Um die Antwort auf diese Fragen geben zu können, musste das Verhalten des primären Nasen- bodens, der Apertura nasalis interna und des secundären Nasenbodens bei den verschiedenen Thiergruppen in Betracht gezogen werden. In engstem Verbande mit diesen Verhältnissen erwiesen sich die Um- gestaltungen, welche die seitliche Nasenrinne der Amphibien bei den höheren Wirbelthieren erfährt. Hinsichtlich der Entwickelung der Nasenhöhle habe ich namentlich die Muschelbildungen berücksichtigt. Meine Beobachtungen an Echidna-Embryonen erschüttern, wie ich glaube, die bisher gültige Anschauung, dass das Maxilloturbinale der Säuger der Reptilienmuschel homolog sei. Wenn auch die Entwickelung der Siebbeinmuscheln nur in unvollständiger Weise verfolgt werden konnte, so berechtigen meines Erachtens doch meine diesbezüglichen Ergebnisse dazu, die Frage wenigstens zu discutiren, wie das Siebbeinlabyrinth der Mammalier morphologisch zu beurtheilen sei. — Der Zweck der vorliegenden Arbeit ist wesentlich der, die Anschauungen, welche ich hinsichtlich der angedeuteten Fragen gewonnen habe, darzulegen und durch Thatsachen zu stützen, wobei ich nicht nur die eigenen Beobachtungen, sondern auch die anderer Autoren verwerthe. Das Gebiet, auf welchem ich mich bewege, ist vielfach und unter den verschiedensten Gesichts- punkten bearbeitet worden; es erscheint beinahe selbstverständlich, dass sich in der Literatur neben wider- sprechenden auch solche Anschauungen finden, die den meinigen gleich oder doch wenigstens verwandt 448 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 46 sind. Ich habe mich bemüht, die Beobachtungen und Reflexionen Anderer, soweit es mir überhaupt gelang, mir Kenntniss von den betreffenden Arbeiten zu verschaffen, in objektiver Weise zu berücksichtigen. Bei der Bearbeitung eines Themas wie des meinigen, an dessen Ausbau viele Hände thätig gewesen sind, kann es sich nur darum handeln, auf den Fundamenten weiter zu bauen, die von Anderen geschaffen sind, oder selbst nur darum, das Gebäude, welches jene aufgeführt haben, im Einzelnen auszugestalten. l. Die erste Differenzirung der Nasenhöhle und des Jacobson- schen Organs bis zur Bildung des primären Nasenbodens und der Apertura nasalis interna. (Tafel XV.) A. Die taschenförmige Riechgrube. Echidna-Embryo 40. Der jüngste von mir untersuchte Embryo ist auf Tafel X, Figur 40 des II. Bandes des Semon’schen Reisewerkes abgebildet. In diesem Entwickelungsstadium ist die Ausbildung des mesodermalen Gewebes im Bereiche des Vorderkopfes schon ziemlich weit gefördert, und an letzterem sind die sogenannten Fortsatzbildungen angelegt, welche in die Gesichtsbildung eingezogen werden (vergl. Textfigur I und 2 und Tafelfigur 1). Die Riechgruben liegen seitlich am vorderen Kopfende und stellen Fig. 1. Fig. 2. EN A. \ ) en Se ii Kr SAN u au | dusserer \_ @izsserer FAN ERS Y Nasenf: > Yasenfortsatz Va £ ae N Riechgrube N iechgrube DE / Y 5. a - Innerer ESS IE m Nasenfortsatz — Fig. 1. Kopf von Eehidna-Embryo 40. Kopie nach R. SEMON. ss: Schnittrichtung. Fig. 2. Schnitte durch die Riechgrube von Eehrdna-Embryo 40. A durch den vorderen, B durch den mittleren, C durch den hinteren Theil derselben. flache Gruben vor, deren oberer Theil rinnen- oder taschenförmig eingesenkt ist. Der innere Nasenfortsatz erscheint als ein breiter, flacher Wulst, welcher die Riechgrube an ihrer unteren und vorderen Seite um- giebt; der Wulst setzt sich von der der Mundbucht zugekehrten Fläche continuirlich auf die Gesichtsfläche des Vorderkopfes fort. Die laterale Begrenzung der Riechgrube bildet der faltenartig nach unten und lateral vorspringende äussere Nasenfortsatz. Derselbe hängt vorn continuirlich mit dem inneren Nasenfortsatz zusammen; in seinem vorderen Theil ist er am stärksten prominent, nach hinten wird er allmählich niedriger; sein hinteres Ende grenzt sich durch eine seichte Rinne vom Oberkieferfortsatz ab. Der vordere Theil der Riechgrube ist am tiefsten eingesenkt und erhält durch den äusseren Nasenfortsatz eine laterale Wand; durch den Uebergang desselben in den inneren Nasenfortsatz ist auch eine vordere Wand der Grube an- gedeutet. Nach hinten fehlt eine deutliche Abgrenzung der Riechgrube; in dem Maasse, als der äussere 47 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 449 Nasenfortsatz nach hinten niedriger wird, wird die taschenförmige Einsenkung flacher. Wenn der Oberkiefer- fortsatz auch bis dicht an das hintere Ende der Riechgrube heranreicht, so ist er doch nicht an der Um- grenzung derselben betheiligt. Die seichte Rinne, welche an der lateralen Fläche des Kopfes den Oberkiefer- fortsatz vom äusseren Nasenfortsatz trennt, biegt hinter der Riechgrube auf das abwärts gerichtete Dach der Mundbucht um; hier springt der Oberkieferfortsatz etwas deutlicher vor, und eine scharf ausgeprägte Rinne bildet seine Grenze gegen den inneren Nasenfortsatz. Am Oberkieferfortsatz unterscheiden wir die orale Fläche, welche sich nach vorn scharf gegen den inneren Nasenfortsatz abgrenzt; seitwärts biegt dieselbe in abgerundeter Kante in die Gesichtsfläche des Oberkieferfortsatzes um. Die obere Begrenzung dieser Fläche bildet eine seichte Rinne, die hinten dicht unter dem Auge deutlich wird, schräg nach vorn und unten herabzieht, dabei die Grenze bildet zwischen ÖOberkieferfortsatz und äusserem Nasenfortsatz, dann hinter der Riechgrube auf das Dach der Mundbucht umbiegt. Die ganze Riechgrube ist mit hohem Cylinderepithel ausgekleidet, welches sich von ihrer medialen Wand continuirlich auf die vom äusseren Nasenfortsatz gebildete laterale Wand fortsetzt. An den Rändern der Grube geht dieses Epithel ziemlich schnell in das ganz niedrige Epithel der Körperoberfläche über. Das primitive Riechepithel verhält sich durchaus gleichartig; irgend welche regionale Sonderung ist an ihm nicht nachweislich. Echidna-Embryo 4I. An dem etwas älteren Embryo 41 war die Schnittrichtung durch den Kopf eine so ungünstige, dass von der speciellen Verwendung der Serie abgesehen werden musste. (Die Embryonen sind in toto in Querschnittsserien zerlegt in der Weise, dass die Schnittrichtung nach dem Rumpfe orientirt wurde. In Folge dessen ist die Schnittrichtung im Kopfabschnitte der verschiedenen Embryonen von der Haltung N a des Kopfes abhängig und gerade für die in Frage stehenden N N Untersuchungen meist recht ungünstig.) Bei Embryo 4I war der } & ze Kopf stark gegen die Bauchseite geneigt, ausserdem seitwärts JE SB Bergrabe a2 inerer —L abgebogen, so dass die Schnittrichtung eine schräge wurde. Der Nasenfortsatze —— I Versuch, den Kopf zu modelliren, musste aufgegeben werden, weil : Ä ä h ! f EN Fig. 3. Schrägschnitt durch die Nasenregion es nicht gelang, sichere Orientirungsebenen festzustellen. Doch von Echidna-Embryo 41. A durch den vorderen konnte ich wenigstens über einige Punkte genügende Klarheit en GerTiecherupe SEA enZ SI HEIETgeT erhalten. In ihrer allgemeinen Form zeigt die Riechgrube von Embryo 4I dasselbe Verhalten wie die von Embryo 40. Der äussere Nasenfortsatz ist etwas stärker entfaltet und in Folge dessen der taschenförmige Theil der Riechgrube tiefer eingesenkt als bei Embryo 40. Doch ist die laterale Wand der Riechgrube noch immer wesentlich niedriger als die mediale, so dass am unzerlegten Object etwa die untere Hälfte der medialen Wand frei sichtbar gewesen sein dürfte (vergl. Fig. 3). In diesem frei liegenden Theile der medialen Wand ist eine kleine, grubenartige Vertiefung aufgetreten, die, von vorn nach hinten gemessen, etwa das mittlere Drittel des unteren Abschnittes der Riechgrubenwand für sich beansprucht. Diese Grube ist die erste Anlage des Jacogson’schen Organs (Fig. 3 B Jac. Org.). Das Riechepithel kleidet die ganze Riechgrube continuirlich aus und setzt sich an der medialen Wand ohne Unterbrechung in die grubenförmige Anlage des Jacogson’schen Organs fort. Es besteht also noch keine scharfe Sonderung zwischen dem Epithel der letzteren und dem der Regio olfactoria; doch ist eine solche dadurch vorbereitet, dass das Epithel auf der Höhe der wallartig prominenten Umgebung der Jacogson’schen Grube um ein weniges niedriger ist als das übrige Epithel. — Der Vergleich mit Embryo 40 450 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 48 zeigt mit aller Deutlichkeit, dass das Jacosson’sche Organ von Echidna sich aus dem unteren Randabschnitt der medialen Wand der primitiven Riechgrube sondert. Auf die Uebereinstimmung, die in diesen ersten Entwickelungsvorgängen an dem peripheren Ge- ruchsorgan bei Echidna und bei Reptilien (Chelonier, Saurier) besteht, sei in Kürze hingewiesen. Die Homologie des Jacogson’schen Organs der Amphibien mit dem der Amnioten. Bei Echidna und den Säugethieren überhaupt, ferner bei den Reptilien tritt die erste embryonale Anlage des Jacosson’schen Organs von vornherein am Septum auf und behält dauernd diese Lagebeziehung. Dagegen entwickelt sich das mit Sinnesepithel ausgestattete Divertikel der urodelen Amphibien, welches von anderen Autoren und von mir als JacoBson’sches Organ aufgefasst wird, am Boden der Nasenhöhle und erfährt im Laufe der weiteren Entwickelung eine stark lateralwärts gerichtete Verschiebung, so dass das Divertikel schliesslich lateral zur Haupthöhle gelagert ist. Es bildet dann (bei Siredon, bei Triton und Salamandra) einen, namentlich nach vorn gut abgegrenzten Theil der seitlichen Nasenrinne. Das Sinnesepithel des Divertikels wird von einem Olfactoriusast innervirt, der unter dem Boden des Geruchssackes hinzieht; dieser mit Sinnesepithel ausgestattete Abschnitt der seitlichen Nasenrinne besteht auch bei erwachsenen Urodelen. Ontogenetische Untersuchungen an Tritonen zeigen, dass zunächst das mit Sinnesepithel ausgestattete Divertikel am Boden der Nasenhöhle entsteht, dass sich als rückwärts gerichtete Fortsetzung desselben die seitliche Nasenrinne zunächst im Bereiche der Nasenhöhle selbst bildet, dass diese Rinnenbildung sich schliesslich kurz vor der Metamorphose durch die Apertura nasalis interna hindurch auf das Mundhöhlendach ausdehnt. Gleichzeitig entsteht der vorderste Theil der seitlichen Nasenrinne zwischen Apertura externa und Jacogson’schem Organ, der die Thränenkanalmündung enthält. Gegen die Auffassung, dass der mit Sinnesepithel ausgestattete Abschnitt der seitlichen Nasen- rinne der Urodelen dem Jacogson’schen Organ der übrigen Wirbelthiere homolog sei, wendet sich V. v. MiHarkovıcs (50). Er begründet seinen Einspruch mit der Lage des Divertikels entfernt von Septum und lateral zur Haupthöhle, wodurch ein Gegensatz zwischen den Urodelen einerseits, den Reptilien, Säugethieren und auch den Anuren andererseits gebildet werde. Das in der seitlichen Nasenrinne (Recessus lateralis) der Urodelen liegende Sinnesepithel erklärt MıHALKovIıcs für bedeutungslos. Das Sinnesepithel soll sich allmählich aus dem Recessus lateralis auf die Haupthöhle zurückziehen, und bei diesem Vorgange könnten einzelne Reste desselben ja dort noch zurückgeblieben sein. Um diese Auffassung als eine unbegründete zu kennzeichnen, genügt der Hinweis auf die Thatsache, dass der erste Theil der seitlichen Nasenrinne, welcher in der Ontogenie der Urodelen erscheint, eben der mit Sinnesepithel ausgestattete ist, während sich der übrige Theil derselben von vornherein im Bereiche der Pars respiratoria anlegt. Die Behauptung MiHALkovıcs’, dass die Riechschleimhaut im Laufe der Entwickelung aus dem Recessus lateralis sich herauszöge, entbehrt der thatsächlichen Unterlagen. — MiHALKovIcS sagt ferner: „Bei Hyla fand ich an der medialen Seite der Nasenhöhle zwischen eigentlicher Nasenhöhle und Recessus lateralis eine blinde Bucht ausgehen, umgeben von Drüsen, die sich nach hinten in einen blind endigenden Gang fortsetzte. Dieses Gebilde entspricht sowohl histologisch, als morphologisch dem Jacogson’schen Organe der Säugethiere, es kann also unmöglich das wenige Riechepithel am blinden Ende des Recessus lateralis auch dasselbe sein.“ Auch dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Die bei uns einheimischen Anuren zeigen nach BORN und nach meinen eigenen Erfahrungen im allgemeinen Verhalten der Nasenhöhle eine weitgehende Ueber- einstimmung; von speciellen Eigenthümlichkeiten der einzelnen Formen kann füglich abgesehen werden. Jene von MiHArkovics erwähnte Bucht von Hyla stimmt in allen wesentlichen Punkten mit dem unteren Blindsack der Nasenhöhle von Rana und anderen Anuren überein. Am vorderen Ende des letzteren und zwar an seiner medialen Wand findet sich bei Rana u. a. gleichfalls Sinnesepithel. Im Uebrigen ist aber 49 Ueber Entwickelungsvorgänse an der Nasenhöllle und am Mundhöhlendache von Echidna. 451 der untere Blindsack sowie seine rückwärts gerichtete Fortsetzung in die seitliche Nasenrinne frei von Sinnesepithel. Wie MrHarkovıcs halte ich das Sinnesepithel des unteren Blindsackes von Hyla und von den Anuren überhaupt dem Sinnesepithel des JacoBson’schen Organes der Reptilien und Säugethiere für homolog und bezeichnete deshalb den ganzen unteren Blindsack als Jacogson’sches Organ. Ich habe aber auch den Nachweis zu erbringen versucht, dass der untere Blindsack der Anuren dem Theile der seitlichen Nasenrinne der Urodelen homolog ist, der das JacopBson’sche Organ enthält, und glaube damit auch bewiesen zu haben, dass das Sinnesepithel im unteren Blindsack der Anuren dem Sinnesepithel in der seit- lichen Nasenrinne der Urodelen homolog ist. Meinen früheren diesbezüglichen Ausführungen habe ich nichts hinzuzufügen. — Was nun schliesslich die laterale Lage des Jacosson’schen Organes bei Urodelen anlangt, so weisen sowohl ontogenetische Vorgänge wie auch der Zustand der Nasenhöhle bei niederen Amphibien darauf hin, dass diese abweichende Lage des Organes durch eine Verlagerung desselben bedingt ist, die ich ihrerseits wieder mit der Anpassung des Cavum nasale an den abgeplatteten Schädel der Urodelen zu erklären suchte. Die Thatsache, dass sich bei Reptilien und bei Säugethieren das Organ in der Ontogenie am mitt- leren Stirnfortsatz anlegt, ist bei dem Vergleich mit Urodelen nicht zu verwerthen, weil die Organanlage bei den letzteren relativ spät auftritt. Der primäre Boden der Nasenhöhle ist hier schon gebildet, das Gebiet des mittleren Stirnfortsatzes und des äusseren Nasenfortsatzes also nicht mehr von einander zu trennen. Es ist ferner zu berücksichtigen, dass das Epithel des Cavum nasale sich im Laufe der ontogenetischen Ent- wickelung in mehr oder weniger hohem Maasse auf den Wandungen verschiebt, dass die relative Lage des Epithels zu seiner Unterlage sich ändert. Aus diesem Grunde kann der Ort, wo sich das Jacogson’sche Organ anlegt, an und für sich nicht als Kriterium für die Bestimmung der Homologie verwerthet werden. Ich legte deshalb einen anderen Maassstab an. Bei Urodelen, Cheloniern, Sauriern und Ophidiern tritt die Anlage des Organes im medialen unteren Randdistrict der Regio olfactoria auf. Dass diese Randdistricte in den verschiedenen Thiergruppen homolog sind, kann wohl kaum in Zweifel gezogen werden; dabei ist es ganz gleichgültig, welche relative Lage denselben in den einzelnen Fällen innerhalb des embryonalen Cavum nasale zukommt. Wenn sich nun in diesem homologen District der Regio olfactoria allenthalben und im Princip in gleicher Weise eine grubenförmige Organanlage bildet, die sich von der übrigen Regio olfactoria sondert, so kann an der Homologie dieser Anlage in der Thierreihe nicht wohl gezweifelt werden. Nach alledem erscheinen mir die Einwände, die MiHaLkovics gegen meine Auffassung vom Jacopson’schen Organ der Urodelen geltend gemacht hat, nicht stichhaltig, und ich halte meine früher ausführlich dargelegten Anschauungen in allen Punkten aufrecht. Minarkovics behauptet ferner, dass der Recessus lateralis der Nasenhöhle (seitliche Nasenrinne) der Urodelen und Anuren der Kieferhöhle (Sinus maxillaris) der Säugethiere homolog sei. Ich bestreite nach wie vor diese Meinung. Weiter unten werde ich Gelegenheit haben, auf diesen Punkt ausführlicher zurück- zukommen!). 1) Sehr zu meinem Bedauern sah ich mich gezwungen, mich bei der Berücksichtigung der Publicationen MIHALKOVICS’ auf seine Mittheilungen auf dem Anatomen-Congress im Jahre 1896 zu beschränken. Vergebens habe ich mich bemüht, in das mir gänzlich fremde Idiom einzudringen, in welchem die unter 52 verzeichnete Arbeit abgefasst ist, so dass ich diese ausführliche Arbeit, obwohl sie mir vom Verfasser freundlichst zugesandt wurde, nicht zu berücksichtigen im Stande bin. Auch HEYMANN’S Handbuch der Laryngologie, für welches M. die anatomische Bearbeitung des Cavum nasale geliefert hat (51), ist mir nicht zugäng- lich gewesen. Jenaische Denkschriften. VI. 7 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 58 452 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 50 B. Das primäre Cavum nasale und das primäre Mundhöhlendach. Echidna-Embryo 43. Die Embryonen 42 und 43 stehen in der Entwickelung des Vorderkopfes ungefähr auf gleicher Stufe; doch ist die Bildung des primären Mundhöhlendaches bei Embryo 42 weiter gefördert als bei Embryo 43, so dass ich den Befund bei letzterem zuerst vorführe. In Fig. 2 der Tafel XV gebe ich die Ansicht des Mundhöhlendaches dieses Embryos nach einem Plattenmodell. Bei der Her- stellung desselben musste die Schleimhaut, welche an den Schnitten vielfach abgehoben war, unberück- sichtigt bleiben. Das primitive Mundhöhlendach bildet eine schwach concav gewölbte Fläche, welche seitlich durch die Oberkieferfortsätze Hankirt wird. Von unten her gesehen, endet jeder derselben mit einer abgerundeten Spitze, und seine orale Fläche liegt in einem etwas tieferen Niveau als das übrige Mundhöhlendach. Diese Fläche ist durch eine längsverlaufende, leicht muldenförmige Einsenkung ausgezeichnet, so dass man an ihr einen lateralen Theil unterscheiden kann, welcher sich nach aussen und oben in abgerundeter Kante Fig. 5. Schnitte durch die Nasenregion von Echidna-Em- bryo 43. Fig. 4. Kopf von Echidna- Embryo 43. Kopie nach R. SEMON. ss Schnittrichtung der Fig. 5. Ap.nas. int. in die Gesichtsfläche des Oberkieferfortsatzes fortsetzt, und einen medialen, der wiederum mit einer ab- gerundeten Kante sich gegen „das Gaumenfeld“, d. h. den zwischen beiden Oberkieferfortsätzen liegenden Theil des Mundhöhlendaches abgrenzt. Das Gaumenfeld wird nach vorn undeutlich gegen den Gesichtstheil des Stirnfortsatzes durch eine ganz leichte, quergestellte Erhebung abgegrenzt, die als Zwischenkieferwulst bezeichnet sei. — Im Bereiche des Gaumenfeldes, den vorderen Enden der Oberkieferfortsätze medianwärts angeschlossen, liegen die Aperturae internae als auffallend weite, längsovale Oeffnungen. Die Oberkiefer- fortsätze reichen so weit nach vorn, dass sie die Löcher mindestens in ihrer hinteren Hälfte lateralwärts begrenzen. Die Aperturae nasales externae liegen als langgestreckte, schlitzförmige Oeffnungen an der lateralen unteren Fläche des Vorderkopfes. Jede derselben setzt sich rückwärts in eine seichte Rinne fort, welche, gerade nach hinten verlaufend, bis zum vorderen Rande des entsprechenden inneren Nasenloches zu verfolgen ist (Taf. XV, Fig. 2, b). Das äussere Nasenloch, welches, dem abgerundeten vorderen Kopfende entsprechend, schräg von vorn und medial nach hinten und lateral gestellt ist, wird an seiner medialen Seite durch eine leichte Wulstung begrenzt, welche weiter rückwärts auch die rinnenförmige Verlängerung derselben medianwärts begleitet und sich ohne Unterbrechung in die mediale wulstige Umrandung der Apertura nasalis interna fortsetzt. Diese ganze, jetzt noch einheitliche, wulstige Erhebung entspricht dem inneren Nasenfortsatz (Taf. XV, Fig. 2, a). Jetzt schon sind an derselben zwei Abschnitte unterscheidbar: ein vorderer, welcher der Gesichtsfläche des Stirnfortsatzes angehört und das äussere Nasenloch begrenzen hilft; 5I Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 453 ferner ein hinterer, der im Bereiche des Gaumenfeldes die Apertura interna umzieht. Beide Theile stossen im Gebiete der Rinne, welche das äussere mit dem inneren Nasenloch verbindet, in medianwärts offenen Winkel zusammen. Vorn geht der innere Nasenfortsatz continuirlich in den äusseren über; letzterer bildet einen breiten, flachen Wulst, der das äussere Nasenloch sowie seine rinnenförmige Fortsetzung an der lateralen Seite begrenzt und weiter rückwärts durch eine deutliche Furche von der Gesichtsfläche des Oberkieferfortsatzes abgegrenzt ist. Ueber die Configuration der Nasenhöhle geben die Abbildungen von Schnitten in der Textfigur 5 Aufschluss. Von der Apertura externa aus gelangt man zunächst in einen ganz kurzen Kanal, der auf den Schnitten sich als ein enger Spaltraum darstellt, dessen längster Durchmesser schräg von oben und medial nach unten und lateral gestellt ist. Die Wandungen desselben tragen indifferentes Epithel, welches lateral- wärts durch eine Epithelbrücke mit der Epidermis in Verbindung steht (e Textfigur 5 B). Dieser Theil der Nasenhöhle ist das Atrium. Dasselbe geht rückwärts allmählich in die eigentliche Nasenhöhle über, wobei die schräge Einstellung des längsten Durchmessers in die verticale und weiterhin in eine schräg von oben und lateral nach unten und medial geneigte übergeht. Die beiderseitigen Nasenhöhlen sind zur Median- ebene so gestellt, dass sie nach hinten divergiren. — Der grössere obere Theil der medialen Wand trägt Sinnesepithel, welches sich über das ganz schmale Dach auf die kleinere obere Partie der lateralen Wand fortsetzt. An der medialen Wand, und zwar in ihrem unteren Drittel, und im vorderen Theil der eigent- lichen Nasenhöhle liest das Jacosson’sche Organ in Form einer länglichen Grube, welche direct an den unteren Rand des Riechepithels angeschlossen ist. Die übrig bleibenden Theile der Wandung sind mit indifferentem Epithel bekleidet. Der Boden des Cavum nasale ist nur kurz und enthält die weite Apertura interna; doch setzt sich die Nasenhöhle über dieselbe hinaus in einer kurzen Nische nach hinten fort (Textfigur 5 H). Die Grube des Jacogson’schen Organes liegt noch mit ihrem hinteren Ende oberhalb der Oeffnung im Nasenboden (Textfigur 5 F). Es bereitet keine Schwierigkeiten, dieses Entwickelungsstadium mit den jüngeren in Verbindung zu bringen. Unter starker Vermehrung des mesodermalen Gewebes hat sich die Schnauzenregion des Vorder- kopfes stärker nach vorn entfaltet. Der äussere Nasenfortsatz ist in seiner ganzen Länge nach unten vor- gewachsen und bildet nunmehr eine complete laterale Wand für die Riechgrube. An der Bildung der letzteren betheiligt sich jetzt aber auch der Oberkieferfortsatz. Bei den jüngeren Embryonen reichte seine Spitze von hinten her nur bis dicht an die Riechgrube heran; mit seiner Entfaltung ist er in die hintere und laterale Umwandung der Nasenhöhle einbezogen worden und hat damit gleichzeitig eine Beziehung zu dem spaltförmigen Zugang zur Riechgrube gewonnen. — Bei Embryo 40 war die der Riechgrube zugekehrte Fläche des äusseren Nasenfortsatzes in ganzer Ausdehnung mit Riechepithel überkleidet; bei Embryo 43 ist die laterale Wand in ihrer grösseren unteren Partie mit indifferentem Epithel überzogen. Das letztere trifft in geringerem Maasse auch für die mediale Wand zu. Hieraus ergiebt sich, dass mit der tieferen Einsenkung der Riechgrube, die zum Theil jedenfalls durch ein Vorwachsen ihrer Umrandung bedingt ist, indifferentes Epithel in die Wandung derselben einbezogen worden ist. — Durch die bisher berücksichtigten Vorgänge wird die Riechgrube in eine Tasche übergeführt, welche sich mit einem annähernd sagittal gestellten Spalt nach unten und lateralwärts öffnet. Der Abschluss dieser Tasche zu einem in seit- licher Richtung stark abgeplatteten Rohre erfolgt nun in der Weise, dass die einander zugekehrten Ränder des spaltförmigen Zuganges zu der Tasche mit einander zur Bildung des primären Nasenbodens verschmelzen. An diesem Vorgang ist ausschliesslich der äussere und der innere Nasenfortsatz betheiligt. Der Oberkiefer- fortsatz reicht nicht so weit nach vorn, dass er bei der Bildung des Bodens in Frage kommen könnte. Der Verschmelzungsprocess beginnt im vorderen Gebiet der primitiven Riechgrube und schreitet von hier 7* 58* 454 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 52 zunächst nach hinten fort. Die bildlichen Darstellungen der Textfigur 5 verdeutlichen den Vorgang. Der untere Rand des äusseren Nasenfortsatzes lest sich an die entsprechende Partie des inneren Nasenfortsatzes an; an der Nahtstelle bleibt für kurze Zeit eine Zellbrücke (e) bestehen, welche das Epithel der Nasenhöhle mit dem des Mundhöhlendaches verbindet und welche allmählich schwindet. Eine leichte furchenförmige Einziehung des Nasenbodens (r, Textfigur 5 C) bezeichnet weiterhin die Verschlussstelle. In Textfigur 5 C ist die Bodenbildung vollendet; in der Figur D finden sich noch Reste der Epithelbrücke, welche in der folgenden Figur E noch in ganzer Ausdehnung erhalten ist. Das hintere Ende des spaltförmigen Zuganges bleibt als Communicationsöffnung zwischen Nasen- und Mundhöhle erhalten. Die in Textfigur 5 F und G dargestellten Schnitte gehen durch diesen Abschnitt der Nasenhöhle. — Die Bildung des primären Nasen- bodens schreitet aber von dem eben bezeichneten Punkte aus auch nach vorn fort. Mit dem Vorwachsen der Schnauzengegend erfährt die taschenförmige primitive Riechgrube eine rinnenförmige Verlängerung nach vorn, welche von den verlängerten Nasenfortsätzen umgeben, und in die indifferentes Epithel ein- bezogen wird. Diese rinnenförmige Verlängerung der Riechgrube schliesst sich durch die nach vorn fort- schreitende Verschmelzung der Ränder der Nasenfortsätze zu einem Rohre ab, welches sich als Atrium an die eigentliche Nasenhöhle angliedert. Textfigur 5 A geht durch die Apertura externa, Figur B trifft den eben gebildeten Boden des Atriums. — Am Relief des Mundhöhlendaches wird die Nahtstelle des primären Nasenbodens durch die Rinne (b Taf. XV, Fig. 2) markirt, welche das äussere mit dem inneren Nasenloch verbindet. Embryo 42. Bei Embryo 42 ist die Bildung des primären Nasenbodens beendigt. In Fig. 3, Taf. XV gebe ich eine Ansicht des Mundhöhlendaches nach einem Plattenmodell. Das schwach concav gewölbte Gaumenfeld wird seitlich durch die Oberkieferfortsätze begrenzt, welche im Vergleich zu Embryo 43 verbreitert erscheinen und vorn mit quer gestelltem Rande enden. Wie die Schnittbilder der Textfigur 7 zeigen, liegt ihre orale Fläche Sr nur wenig tiefer als das Gaumenfeld. Im Uebrigen zeigen sich Oberk. Forts. keine nennenswerthen Veränderungen an den Oberkieferfort- sätzen. Nach vorn wird das Gaumenfeld durch den Zwischen- kieferwulst begrenzt, der zwar noch immer wenig stark vor- springt, aber sich doch viel deutlicher ausprägt als bei Em- bryo 43. Er bildet einen ganz schwach gekrümmten, rückwärts offenen Bogen, der so angeordnet ist, dass er die vorderen Enden der Oberkieferfortsätze mit einander verbindet; doch wird Fig. 6. Kopf en 42. Copie Er durch deutliche Furchen von den letzteren abgegrenzt. In nach R. SEMON. ss Schnittrichtung der Fig. 7. den Ecken, welche durch das Zusammentreffen des Zwischen- kieferwulstes mit den vorderen Enden der Oberkieferfortsätze gebildet werden, liegen die Apertura internae; sie stellen sich hier als ganz enge, spaltförmige Löcher dar, welche den vorderen Enden der Oberkieferfortsätze anliegen, so dass diese ihre laterale Begrenzung bilden. Ihre vordere Umrandung wird durch die Verbindung des Zwischenkieferwulstes mit der Spitze des Oberkiefer- fortsatzes gebildet. An ihrer medialen Seite werden sie durch eine nur schmale, wallartige Erhebung des Gaumenfeldes umsäumt, welche sich vorn an das laterale Ende des Zwischenkieferwulstes anschliesst und rückwärts noch über die Apertura interna hinaus verfolgbar ist. — Der vor dem Zwischenkieferwulst gelegene Theil des Vorderkopfes trägt seitlich die äusseren Nasenöffnungen. Jede derselben hat die Form eines nach unten und lateral sehenden Schlitzes, welcher an seiner medialen, vorderen und lateralen Seite 53 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 455 in ähnlicher Weise wie früher durch die nüsternartig vorspringenden Nasenfortsätze umgeben wird. Nach hinten schliesst sich an die schlitzförmige Oeffnung eine Rinne an, welche gegen die Vereinigungsstelle des Oberkieferfortsatzes mit dem Zwischenkieferwulst ausläuft. Ein wesentlicher Fortschritt in der Entwickelung des primitiven Mundhöhlendaches bei Embryo 42 gegenüber Embryo 43 liegt in der schärferen Ausprägung des Zwischenkieferwulstes. Das Gaumenfeld erhält hierdurch eine deutlich markirte vordere Abgrenzung. Ferner wird durch die laterale Ausdehnung des Zwischenkieferwulstes die Einheitlichkeit des inneren Nasenfortsatzes gestört. Der letztere setzt sich bei Embryo 43 als ein ununterbrochener Wulst vom äusseren bis zum inneren Nasenloch fort. Nunmehr wird durch den Zwischenkieferwulst sein Gesichtstheil von dem Gaumentheil getrennt. Vielleicht hat sich der Oberkieferfortsatz auch noch weiter nach vorn ausgedehnt, jedenfalls ragt das seitliche Ende des Zwischen- 7 @ız nas. Fig.7. Schnitte durch die Nasenhöhle von Echidna-Em- bryo 42. Apras.int,. eä kieferwulstes bis an das vordere Ende des Oberkieferfortsatzes heran, so dass bei Berücksichtigung dieses Entwickelungsstadiums allein der Eindruck erweckt wird, als sei die Scheidung zwischen Apertura nasalis externa und interna durch Verschmelzung der Spitze des Oberkieferfortsatzes mit dem mittleren Stirnfortsatz zu Stande gekommen. Der Zwischenkieferwulst und die beiderseitigen Oberkieferfortsätze bilden nunmehr für das Gaumenfeld eine Umrahmung, welche als Gaumenrand bezeichnet sei. Die innere Configuration der Nasenhöhle zeigt im Vergleich zu Embryo 43 im Allgemeinen keine wesentlichen Veränderungen. Doch sind die dort eingeleiteten Vorgänge weiter geführt. Das Atrium ist etwas länger geworden. Mit dem Auswachsen des Schnauzentheiles nach vorn wird auch die schlitzförmige Apertura nasalis externa nach vorn ausgezogen; die Oefinung würde grösser werden, wenn sich nicht gleichzeitig, von hinten nach vorn fortschreitend, die Schliessung derselben durch Verlöthung der unteren Ränder des äusseren und inneren Nasenfortsatzes vollzöge. Es wird also in diesem Entwickelungsstadium die äussere Nasenöffnung continuirlich neu gebildet. Mit dem Vorwachsen des Vorderkopfes verlängert sich die Oeffnung nach vorn, wobei immer neu gebildete Theile in ihre Umgrenzung einbezogen werden; dabei wird sie in gleichem Maasse von hinten her verlegt. Textfigur 7 A zeigt einen Schnitt durch die Apertura externa, B demonstrirt die Verklebung ihrer Ränder, wobei eine Epithelbrücke (e) zunächst erhalten bleibt. In Figur C ist die Epithelbrücke geschwunden und damit die Bildung des kanalförmigen Atriums beendet. Im Bereiche des eigentlichen Cavum nasale ist die Bildung des primären Bodens weiter geführt als bei Embryo 43. In den Textfiguren 7 D und E deutet die leichte rinnenförmige Einziehung des Bodens (r), in der folgenden Figur F die brückenartige Verbindung zwischen dem Epithel des Nasenbodens und dem des 456 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 54 Mundhöhlendaches (e) die Verschlussstelle an. Textfigur 7 G bietet einen Schnitt durch die enge Apertura interna. Der Schnitt H ist durch das hintere nischenförmige Ende des Cavum nasale gelegt. Auch hier findet sich eine auf wenigen Schnitten nachweisliche Zellbrücke (e!), die das Epithel des Nasenbodens mit dem des Mundhöhlendaches verbindet. Dieser Befund weist darauf hin, dass der Boden für das hintere nischenförmige Ende der Nasenhöhle dadurch verlängert wird, dass der medianwärts sehende Rand des Oberkieferfortsatzes mit dem gegenüberliegenden Theile des inneren Nasenfortsatzes verschmilzt unter theil weiser Verlegung des spaltförmigen Zuganges zur taschenförmigen Riechgrube. Das Jacosson’sche Organ liegt wie früher als eine längliche Grube an der medialen Wand der Nasenhöhle. Zwischen dem unteren Rande der Regio olfactoria und dem Sinnesepithel des JacoBson’schen Organes ist jetzt ein schmaler Streifen indifferenten Epithels eingeschoben und damit die Sonderung der Organanlage von jener vollzogen. Bei Embryo 43 (vergl. Textfigur 5 F) lag das hintere Ende des JAcop- sox’schen Organes noch oberhalb der noch nicht fertig gebildeten Apertura nasalis interna; bei Embryo 42 findet es sich dagegen in seiner ganzen Länge oberhalb des primären Bodens der Nasenhöhle (vergl. Text- figur 7 E und F) und besitzt keine Beziehung zur Apertura interna. Auffallend ist die so überaus geringe Weite der inneren Nasenöffnungen bei Embryo 42 im Gegensatz zu der geräumigen Lichtung derselben bei Embryo 43. An den Präparaten von Embryo 43 fanden sich vielfach Ablösungen und Faltungen des Epithels, so dass Schrumpfungen des Objectes nicht ausgeschlossen werden können. Es wäre wohl möglich, dass das weite Klaffen der Aperturae nasales internae durch solche bedingt ist. Dagegen ist Embryo 42 vorzüglich conservirt, so dass die bei ihm gefundenen Verhältnisse wohl als typische angesehen werden können. Die Bildung des primären Cavum nasale und des primitiven Gaumens bei Echidna und den Säugethieren überhaupt. Aus den Befunden an den bisher berücksichtigten Behidna- Embryonen gewinnt man folgende Vorstellung über die Entstehung des primären Cavum nasale. — Die anfänglich wohl flache primäre Riechgrube wird durch das Auswachsen des äusseren Nasenfortsatzes in eine taschenförmige Einsenkung übergeführt. Die laterale Wand der Tasche bildet zunächst allein der äussere Nasenfortsatz. Später schiebt sich der Oberkieferfortsatz nach vorn vor und betheiligt sich an der Bildung derselben. Die Tasche, welche anfänglich nach hinten rinnenförmig auslief, erhält hiermit einen hinteren Abschluss. Bei der Vertiefung der Tasche wird indifferentes Epithel in die Wandung derselben einbezogen. Mit der Verlängerung des Kopfes nach vorn bildet sich eine leichte rinnenförmige Fortsetzung der taschen- förmigen Riechgrube aus, die von den beiden Nasenfortsätzen umgrenzt und mit indifferentem Epithel aus- gekleidet ist. Der spaltförmige Zugang in die Tasche öffnet sich nach unten und lateral-, das vordere Ende mehr lateral-, das hintere mehr abwärts. — Der Boden für die primitive Nasenhöhle wird von zwei Punkten aus durch Verlegung der spaltförmigen Oeffnung der Tasche gebildet. An einer Stelle, welche in der Nähe des vorderen Endes der Tasche liegt, verschmilzt der untere Rand des äusseren mit dem gegenüberliegenden Rande des inneren Nasenfortsatzes. Von hier aus schreitet die Verschmelzung sowohl nach hinten als nach vorn fort. So erhält die taschenförmige Riechgrube einen Boden (primärer Boden des Cavum nasale), und es schliesst sich die vordere rinnenartige Verlängerung derselben zu einem Kanal ab, dem Atrium. — Ausser- dem vollzieht sich eine Verlegung des hinteren Endes des spaltförmigen Zuganges in die taschenförmige Riechgrube, indem, von hinten nach vorn fortschreitend, der untere Rand des inneren Nasenfortsatzes mit dem gegenüberliegenden Theile des Oberkieferfortsatzes verschmilzt. Dieser hintere Abschnitt des primitiven Bodens der Nasenhöhle lässt die Lamina terminalis (ZUCKERKANDL) hervorgehen, und wir bezeichnen ihn deshalb als „Anlage der Schlussplatte“. Zwischen der letzteren, die nur eine geringe Längsausdehnung 55 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 457 erreicht, und dem primitiven Boden s. s. bleibt ein Rest des spaltförmigen Zuganges als eine kurze, enge Oeffnung erhalten, welche die Apertura nasalis interna darstellt. Ausserdem bleibt das vordere Ende des spaltförmigen Zuganges als Anlage des äusseren Nasenloches bestehen. Die Art und Weise, wie sich nach Obigem bei Echidna der primäre Boden der Nasenhöhle und die Apertura interna bilden, zeigt sich verschieden von dem entsprechenden Entwickelungsvorgange bei den höheren Säugethieren. Nach den Untersuchungen von HOCHSTETTER (28, 29, Lepus, Felis), KEIBEL (33, Felis, Cavia, Sus, Homo) und TiEmann (82, Lepus, Ovis, Sus, Bos, Canis, Vespertilio) erhält die taschenförmig einge- senkte Riechgrube in der Weise einen geschlossenen Boden, dass der innere und äussere Nasenfortsatz, mit ihren unteren Rändern von hinten nach vorn fortschreitend, mit einander verschmelzen. Nur das vorderste Ende des Eingangsspaltes bleibt als äusseres Nasenloch erhalten. Die Nasenhöhle besitzt nunmehr die Form eines nach vorn offenen Blindsackes. Im Boden desselben erfolgt secundär der Durchbruch der Aper- tura nasalis interna. Leider machen die genannten Autoren keine specielle Angabe darüber, wie sich der Oberkieferfortsatz zu der secundär gebildeten inneren Nasenöffnung verhält. Aus den Figuren, die TIEMAnN giebt (82, Tafel, Fig. 8 und 9), möchte ich den Schluss ziehen, dass der Oberkieferfortsatz bei den höheren Säugethieren frühzeitig nach vorn vorwächst, so dass er das eben durchbrechende innere Nasenloch lateral- wärts begrenzen hilft. Auch der Frontalschnitt, den MiHaLkovics in Fig. 16 (52, p. 56) abbildet, und der, wenn ich ihn richtig deute, durch die Apertura interna gelegt ist, zeigt die Betheiligung des Oberkiefer- fortsatzes an der Bildung des seitlichen Randes der Oeffnung. Ist das wirklich der Fall, so würden sich die Abweichungen in der Bildung der Apertura interna der Säugethiere gegenüber der bei Echidna ohne weiteres als cänogenetische Abänderungen ergeben. Ich meine daher, dass KEIBEL (33) mit vollem Recht aussagt, dass der secundäre Durchbruch der Apertura interna bei den höheren Säugethieren ein Vorgang von untergeordneter Bedeutung sei. Jedenfalls geht aus den Beobachtungen von HOCHSTETTER, KEIBEL und TIEMAnN mit Sicherheit hervor, dass der primitive Boden der Nasenhöhle (vor der Apertura interna) in der gleichen Weise wie bei Echidna durch Verschmelzung der unteren Ränder des äusseren und des inneren Nasenfortsatzes, also ohne jede Betheiligung des Oberkieferfortsatzes gebildet wird. Was die Anlage der Schlussplatte bei den höheren Säugethieren anlangt, so geben die eben citirten Arbeiten über die Entwickelung derselben keinen Aufschluss. Doch sei auf die Angabe von Dursy (5, p- 155) verwiesen, nach welcher bei Bos taurus die Anlage der Lamina terminalis durch eine Verlegung des hinteren Endes der Apertura nasalis interna zu Stande kommt. Nach den Beobachtungen von Born, denen sich auch KEIBEL anschliesst, und die ich gleichfalls bestätigen kann, erhält bei Sauriern (Zacerta, 5) und Ophidiern (Tropidonotus, 6) die taschenförmig einge- senkte Riechgrube einen Boden gleichfalls durch Verschmelzung der unteren Ränder des äusseren und inneren Nasenfortsatzes; das hintere Ende des spaltförmigen Zuganges bleibt als Apertura nasalis interna erhalten, an deren lateraler Begrenzung der Oberkieferfortsatz betheiligt ist. Zu der Bildung einer Schluss- platte kommt es bei den Reptilien nicht; der Boden für das hintere nischenförmige Ende der Nasenhöhle wird durch eine nach hinten gerichtete Ausbuchtung des Cavum nasale gebildet. Der hintere Rand der - Apertura interna der Embryonen entspricht bei erwachsenen Sauriern und Ophidiern dem vorderen freien Rande des Bodens der hinteren Nasennische; er entspricht ferner dem hinteren Rande der Amphibienchoane. Da bei Mammaliern die Schlussplattenanlage durch eine partielle Verlegung der Apertura nasalis interna entsteht, so ergiebt sich, dass der vordere freie Rand der Schlussplatte nicht der hinteren Umrandung der Apertura nasalis interna der Reptilien und Amphibien homolog ist. Demgemäss entspricht auch die Oeff- nung im Boden der Nasenhöhle, wie sie Echidna-Embryo 42, zeigt nicht genau der Apertura nasalis interna, wie sie in der Ontogenie der Saurier und Ophidier, ferner der Anuren und Urodelen auftritt. 458 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 56 Das Relief, welches am Vorderkopfe von Echidna-Embryonen durch die Verschmelzung des inneren und äusseren Nasenfortsatzes entstand, verwischt sich nun schnell, und zwar wirken zwei Factoren dabei zusammen. Einmal schiebt sich der Oberkieferfortsatz so weit vor, dass er schliesslich fast die ganze laterale Wand der Apertura interna bildet. Der andere Factor ist die Ausbildung des Zwischenkieferwulstes. Letz- terer entsteht im Bereiche des mittleren Stirnfortsatzes, an der Grenze zwischen Gaumen und Gesichtsfläche desselben. Er dehnt sich so weit lateralwärts aus, dass der gerade vor der Apertura interna gelegene Theil des inneren Nasenfortsatzes in ihn aufgenommen wird. Oben drückte ich dies Verhältniss so aus, dass der mediale Nasenfortsatz durch den Zwischenkieferwulst in zwei Theile, einen extra- und einen intraoralen, zerlegt werde. Die lateralen Enden des Zwischenkieferwulstes und die Spitzen der Oberkieferfortsätze rücken nun gegen einander bis zur Berührung und drängen so den äusseren Nasenfortsatz von der Aper- tura nasalis interna ab. Letzterer verbleibt der Gesichtsfläche. Untersucht man ein solches Entwickelungs- stadium, ohne die jüngeren zu kennen, so erhält man in der That den Eindruck, dass der primäre Nasen- boden durch Verschmelzung des Oberkieferfortsatzes mit dem medialen Nasenfortsatz gebildet werde. Den gleichen Vorgang, wie ich ihn für Echidna beschrieben, beobachtete KEIBEL (33) an seinem Material; man wird also wohl nicht mit der Annahme fehl gehen, dass sich allenthalben in der Säugethierreihe die gleichen Umgestaltungen am Mundhöhlendache abspielen. — Wie die folgenden Beobachtungen an Embryonen von Echidna lehren, lässt der Zwischenkieferwulst im Verein mit den vorderen Enden der Ober- kieferfortsätze die obere Begrenzung des Mundspaltes hervorgehen. Nach den Angaben von Born (5, 6) und KEIBEL (33) besteht auch in dieser Beziehung eine Uebereinstimmung zwischen Mammaliern und Saurier- Ophidiern. Das primäre Cavum nasale der Echidna-Embryonen im Vergleich zur Nasenhöhle der Amphibien. Das Entwickelungsstadium der Nasenhöhle, welches Echidna-Embryo 42 bietet, ist insofern von Interesse, als das Cavum nasale und das Mundhöhlendach in den Grundzügen ihres Ver- haltens mit den Zuständen bei den niederen Amphibien übereinstimmen. An dem gesammten Cavum nasale lässt sich das Atrium und die eigentliche Nasenhöhle unterscheiden. Ersteres ist nur kurz und öffnet sich mit dem äusseren Nasenloch an der Seite des Vorderkopfes nach unten und lateral, in ähnlicher Weise wie bei Proteus und Siren. Die eigentliche Nasenhöhle geht nach vorn allmählich in das Atrium über, ist nach hinten nischenförmig ausgebuchtet und besitzt einen Boden, der sie von der Mundhöhle scheidet. Eine schlitzförmige Oeffnung im Boden, die dicht vor dem hinteren Ende des Geruchssackes liegt, bedingt die Verbindung mit dem Cavum oris. Im eigentlichen Cavum nasale lässt sich die Regio olfactoria, die Regio respiratoria und das JacoBson’sche Organ unterscheiden. Erstgenannte nimmt den oberen Theil des Geruchs- sackes für sich in Anspruch; der untere Theil desselben fällt der Regio respiratoria zu. Das Jacosson’sche Organ bildet ein grubenförmiges Divertikel der Nasenhöhle. Es liegt vor der Apertura nasalis interna und besitzt noch keine Beziehung zu derselben; es gehört bei seiner Lage dicht über dem Nasenboden bereits der Regio respiratoria an. In allen diesen Punkten stimmt das Cavum nasale von Echidna-Embryo 42 mit dem der niederen Amphibien überein (Siren, Siredon, Larven von Urodelen). Doch machen sich auf der anderen Seite schon in diesem frühen Entwickelungsstadium von Echidna ganz charakteristische Eigen- thümlichkeiten in der Form der Nasenhöhle geltend. Bei Proteus, Menobranchus, Siren und einigen Larven von Urodelen bildet die Nasenhöhle einen ungefähr cylindrischen Schlauch; bereits bei Siredon und älteren Urodelenlarven nimmt sie die Form eines im Allgemeinen quergestellten Spaltraumes an. Demgegenüber tritt das Cavum nasale von Echidna von vornherein als ein im Allgemeinen vertical gestellter Spaltraum auf, dessen querer Durchmesser gegen den senkrechten erheblich zurücktritt. Auch in dieser Hinsicht 57 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 459 stimmt die embryonale Nasenhöhle der Säugethiere mit der der Reptilien überein. Mit der Form der embryonalen Nasenhöhle bringe ich nun die weitere Thatsache in ursächlichen Zusammenhang, dass bei Säugethieren der mediale untere Rand der Regio olfactoria und dementsprechend auch die Anlage des JacoB- son’schen Organes von vornherein an der medialen Wand des Cavum gelegen ist. Bei Proteus, Menobranchus, Siren und ebenso bei jungen Larven von Urodelen liegt der mediale untere Rand der Riechschleimhaut am Boden der Nasenhöhle; dementsprechend ist die Oeffnung des Jacosson’schen Organes bei Siren, ferner die Anlage desselben bei Urodelenlarven gleichfalls bodenständig. Aus der Lage des Organes am Septum bei Säugethieren, ferner aus dem Ort der Entstehung desselben bei letzteren und Reptilien leitet sich die gewohnheitsmässige Vorstellung her, dass auch in der phylogenetischen Entwickelung das Organ an der medialen Nasenwand entstanden sei. Zieht man aber die eben erwähnten Verhältnisse in der Nasenhöhle der niederen Amphibien in Betracht, so kann man den Gedanken nicht von der Hand weisen, dass in der Phylogenie die erste Anlage des Organes am Boden des Cavum nasale erfolgt sei, und dass sich von dieser indifferenten Lage aus durch Verschiebungen, die in engem Verbande stehen mit der Art und Weise der Ausgestaltung des Cavum nasale, die verschiedenen extremen Lagen des Organes bei den Wirbelthieren entwickelt haben. Der mittlere Stirnfortsatz kann ja in der Ontogenie der Amphibien sehr wohl an der Bildung des Nasenhöhlenbodens betheiligt sein. Ein Blick auf die Textfiguren 5 und 7 zeigt, dass das auch bei Echidna, allerdings in sehr geringem Grade, für den primären Boden der Fall ist. Wenn nun bei Reptilien und Mammaliern die Anlage des Organes von vornherein an der septalen Wand erfolgt, so erklärt sich das durch die von Beginn an auftretende Entfaltung des Geruchsorganes im verticalen Durchmesser, durch welche der untere Randdistrict der Regio olfactoria an der medialen Wand verbleibt. Bereits bei Amphibien dehnt sich in ähnlicher Weise, wie bei den in Rede stehenden Echidna- Embryonen, die Nasenhöhle hinter der Apertura interna nischenförmig aus. Der Boden dieser Nische kann als erste Andeutung einer Lamina terminalis aufgefasst werden. Aber während bei Amphibien der vordere freie Rand dieses Bodens dem hinteren Rande der Apertura interna entspricht, ist das bei Säuge- thieren nicht der Fall; vielmehr vergrössert sich hier der Boden auf Kosten der Apertura interna. — Von der partiellen Verlegung abgesehen, verhalten sich die inneren Nasenöffnungen bei Echidna-Embryo 42 wie bei niederen Amphibien; wie bei diesen stellen sie sich als kleine, längliche Oeffnungen dar, die am Mund- höhlendach weit vorn und in grossem Abstande von einander liegen. Man könnte das Entwickelungsstadium der Nasenhöhle, welches bei Echidna-Embryo 42 erreicht ist, füglich als Perennibranchiatenstadium bezeichnen; wobei indessen festzuhalten ist, dass jetzt schon in der Form des Cavum nasale als vertical gestellter Spalt, in der medialen Lagerung des JacoBson’schen Organes und in der partiellen Verlegung der Apertura interna charakteristische Abweichungen bestehen. Il. Die Entwiekelung des secundären Gaumens. Echidna-Embryo 43*. Der. nächst ältere Embryo, den ich untersuchte, ist im SEmon’schen Werk nicht abgebildet; die Schnittserie trägt die Signatur: „älter als Embryo 43“. Ich bezeichne diesen Embryo im Folgenden als Embryo 43*. Das Relief des Gaumens ist hier, dem letztbesprochenen Embryo gegenüber, erheblich weiter aus- gestaltet. Die wichtigste Veränderung die sich vollzogen hat, besteht darin, dass sich die Theile, welche den Kieferrand bilden, stark nach abwärts entfaltet haben. Betrachtet man das Mundhöhlendach von unten, Jenaische Denkschritten. VL 8 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 59 460 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 58 wie es in Fig. 4, Taf. XV, dargestellt ist, so erscheint das Gaumenfeld eingesenkt und von den Prominenzen der Oberkieferfortsätze und des Zwischenkieferwulstes wallartig umgeben. Die inneren Nasenöffnungen haben an Umfang gewonnen. Das Abwärtswachsen des Gaumenrandes führt zu einer Veränderung der Stellung und Form der Oeffnungen. Hand in Hand hiermit gehen weitere Differenzirungen am primitiven Mundhöhlendach. Die Oberkieferfortsätze sind in ihrer ganzen Breite abwärts gewachsen und überragen im vorliegenden Stadium das Gaumenfeld, welches sie zwischen sich fassen, um ein Erhebliches. Durch diese abwärts eerichtete Entfaltung der Oberkieferfortsätze bildet sich an jedem derselben eine medianwärts sehende Fläche aus, welche ungefähr senkrecht auf dem Gaumenfelde steht. An jedem Oberkieferfortsatz lassen sich nun- mehr 3 Flächen unterscheiden: eine laterale, die in die Gesichtsbildung einbezogen wird; eine mediale, die jetzt noch der primitiven Mundhöhle angehört, später die laterale Wand des Ductus nasopharyngeus bildet; endlich eine abwärts gerichtete, die als orale Fläche bezeichnet wurde. An letzterer lassen sich wiederum zwei Abschnitte unterscheiden. Der am weitesten lateral und vorn gelegene bildet eine leichte wulstige Erhebung und formirt einen Theil der oberen Begrenzung des Mundspaltes. An ihn schliesst der Zwischenkieferwulst an. Der andere Abschnitt der oralen Fläche schliesst median- und rückwärts an den ersteren an; er ist leicht muldenförmig gegen die Verbindung mit dem Unterkiefer vertieft und wird in das definitive Dach der Mundhöhle mit einbezogen (Gaumentheil der oralen Fläche). — Die medianwärts sehende Fläche des Oberkieferfortsatzes ist leicht rinnenartig vertieft und stösst mit dem Gaumentheil der oralen Fläche in einer leichten, medianwärts firstartig vorspringenden Kante zusammen. In dieser Kante ist die erste Andeutung der Platte des secundären Gaumens (Anlage der Gaumenplatte) gegeben. Zwischen die abgerundeten vorderen Enden der Oberkieferfortsätze schiebt sich der Zwischenkiefer- wulst ein; leichte Furchen markiren die Grenzen zwischen dem letzteren und den Oberkieferfortsätzen. Der Zwischenkieferwulst ist jetzt schärfer ausgeprägt. Er bildet eine von vorn nach hinten abgerundete Erhebung von sichelförmiger Gestalt, deren Concavität nach hinten gerichtet ist. Auf der gegen die Mundhöhle gerichteten, sanft abgedachten Fläche erhebt sich genau in der Medianebene ein conischer Zapfen, die Anlage des Eizahnes. Die freie Fläche des Zwischenkieferwulstes liegt in einem Niveau mit der oralen Fläche der Oberkieferfortsätze. Das Prominentwerden des Gaumenrandes geht Hand in Hand mit Veränderungen an dem primitiven Gaumenfelde und den inneren Nasenöffnungen. Die Aperturae internae haben sich in allen Durchmessern vergrössert und stellen nunmehr weite, längsovale Oeffnungen dar, deren längster Durchmesser annähernd sagittal gestellt ist. Der Abstand der beiden Oeffinungen von einander hat sich verringert. — Der hintere Rand der Apertur, wie früher von der Anlage der Schlussplatte gebildet, hat seine ursprüngliche Lage behalten, findet sich also im Niveau des Gaumenfeldes. Der vordere Rand der Apertura interna wird von dem seitlichen Ende des Zwischenkieferwulstes gebildet, und es geht die oralwärts gerichtete Fläche des- selben in einer abgerundeten Kante in den primitiven Nasenboden über (vergl. Taf. XV, Fig. 4 und 5). Der primäre Nasenboden (Zwk) ist der Abwärtsbewegung des Zwischenkieferwulstes gefolgt und liegt jetzt in einem tieferen Niveau als die Anlage der Schlussplatte. Dementsprechend liest auch der vordere Rand der Apertur tiefer als der hintere. Mit anderen Worten, das innere Nasenloch hat sich schräg in die Richtung von hinten-oben nach vorn-unten eingestellt. Diese Schrägstellung betrifft nun nicht allein die Aperturae internae, sondern auch den Theil des primitiven Gaumenfeldes, der zwischen ihnen liegt. Wenig scharf von der gegen das Cavum oris gerichteten Fläche des Zwischenkieferwulstes abgesetzt, steigt derselbe nach hinten und oben an und stösst in stumpfem Winkel mit dem hinter den inneren Nasenlöchern gelegenen Theil des primitiven Gaumenfeldes zusammen. Letzterer ist, wie früher das ganze Gaumenfeld, horizontal 59 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 461 gestellt; eine leichte mediane Erhebung halbirt die Fläche. Der vordere, zwischen den inneren Nasen- löchern gelegene Theil des primitiven Gaumenfeldes ist durch ein besonderes Relief ausgezeichnet. Ein medianer Wulst wird jederseits von einem etwas breiteren flankirt, so dass diese 3 neben einander gelegenen Erhebungen die ganze schräg gestellte Fläche beanspruchen. Die schräge Einstellung und die Verlängerung der Aperturae internae führt so zu einer Differenzirung am primitiven Gaumenfeld. Dem vorderen, schräg gestellten Abschnitt desselben entspricht, wie aus seiner Lage zwischen den inneren Nasen- öffnungen hervorgeht, die Nasenscheidewand, und ich bezeichne ihn deshalb als orale Fläche des Septum narium. Der hintere, horizontal gestellte Abschnitt lässt später das Dach für die Ductus naso-pharyngei und für das Cavum pharyngo-nasale hervorgehen; er sei als primäres Rachendach bezeichnet. — Die orale Fläche des Septums biegt in abgerundeter Kante in die mediale Nasenwand um. Betrachtet man die letztere an einem Sagittalschnitt durch das Cavum nasale (Taf. XV, Fig. 5b), so erkennt man eine lateralwärts vor- springende Wulstung ihres unteren Randes (W), die an der Schlussplattenanlage (Schl) beginnt und gegen den vorderen Rand der Apertura interna ausläuft (Randwulst des Septums). Diese Wulstung bildet die mediale Umrandung der Apertura interna, deren Schrägstellung aus Fig. 5b, Taf. XV, deutlich ersichtlich ist. Dieser Randwulst des Septums ist, wie ein Blick auf Textfigur 5 und 7 zeigt, bereits bei den jüngeren, Embryonen vorhanden. Dursy bezeichnet denselben als Seitenflügel der Nasenscheidewand. — Die hintere mediale und vordere Umrahmung der Apertura interna bleibt also wie früher deutlich markirt. Etwas com- plicirter liegen die Verhältnisse an der lateralen Seite der Oeffnung. Die laterale Begrenzung der Apertur wird vorn vom Ende des Zwischenkieferwulstes gebildet, an welches sich rückwärts der Oberkieferfortsatz anschliesst. Letzterem fällt der Hauptantheil an der Begrenzung des Loches zu. Mit dem Abwärtswachsen des Gaumenrandes und der Senkung des vorderen Randes der Oeffnung wächst nun der seitliche Rand der Apertura interna flächenartig aus, und zwar entsprechend der schrägen Einstellung des Loches von vorn nach hinten in zunehmendem Maasse. Es setzt sich nunmehr die mediale Fläche des Oberkieferfortsatzes durch die Apertur nach vorn in die laterale Wand des primären Cavum nasale fort. Doch markirt sich in diesem Entwickelungsstadium die Grenze zwischen beiden durch einen leichten Wulst, welcher vom vorderen Rande der Schlussplattenanlage schräg nach vorn abwärts zieht und gegen den vorderen Rand der Apertur ausläuft (w Taf. XV, Fig. 5a). In Lage und Stellung würde dieser Wulst, der übrigens in der Zeichnung stärker hervortritt, als es an dem Modelle der Falle ist, mit dem seitlichen Rande der Apertura interna übereinstimmen. Es ist das wohl dieselbe Erhebung, welche Dursy bei Säugethier-Embryonen als primäre Gaumenleiste bezeichnete, und die auch MiHArkovıcs (50) erwähnt. Sie stellt sich als eine schnell vorübergehende Bildung dar, und ich lasse es dahingestellt, ob ihr eine besondere morphologische Bedeutung zuzumessen sei. — Da sich nun der Oberkieferfortsatz bis in die Nähe des vorderen Randes der Apertura nach vorn erstreckt, reicht auch die Anlage der Gaumenplatte so weit nach vorn, und man gewinnt bei der Betrachtung des Mundhöhlendaches den Eindruck, als setzte sich der vordere Rand der Apertur in die Anlage der Gaumenplatte fort. In diesem Entwickelungsstadium bestehen am Mundhöhlendach von Echidna Anklänge an definitive Zustände bei den höheren Amphibien. Hier wie dort liegen die Aperturae internae in weitem Abstande von einander, dem Kieferrande genähert. Ferner ist bei dem Echidna-Embryo wie bei Urodelen und Anuren der hintere, der mediale und der vordere Rand der Apertura interna scharf bestimmt; die vordere Umrahmung erscheint nach lateral und hinten in den Gaumenfortsatz bezw. seine Anlage fortgesetzt; dagegen erleidet die seitliche Umrandung eine Modification bei Amphibien dadurch, dass die seitliche Nasenrinne sich durch die Apertur auf das Mundhöhlendach fortsetzt, bei dem Echidna-Embryo durch das Prominentwerden des Ober- kieferfortsatzes. Bei dem Echidna-Embryo bildet die median gerichtete Fläche des Oberkieferfortsatzes eine 8* 59* 462 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 60 seichte Rinne, für welche das von der Basis cranii gebildete Gaumenfeld das Dach, die Anlage der Gaumen- platte den Boden abgiebt; ganz ebenso verhält sich der Theil der seitlichen Nasenrinne der Amphibien, welcher hinter dem inneren Nasenloch am Dache der Mundhöhle verläuft. Aber während sich die seitliche Nasenrinne der Amphibien nach vorn continuirlich in das Cavum nasale fortsetzt, trifft das für die Rinne an der medialen Fläche des Oberkieferfortsatzes bei dem Echidna-Embryo nicht zu. Letztere erhält vielmehr durch den Wulst w eine vordere Abgrenzung und setzt sich nicht durch die Apertura interna hindurch in das Bereich des Cavum nasale fort. — Die Schrägstellung der Apertura interna fehlt den Amphibien, sie ist höchstens in Andeutung vorhanden, während sie bei dem Echidna-Embryo sehr markant in die Er- scheinung tritt. Im Verhältniss zur gesammten Nasenhöhle sind die Aperturae internae der Amphibien klein ; der zwischen ihnen gelegene Theil des Mundhöhlendaches zeigt keine besonderen Merkmale; dagegen sind die Aperturae internae bei dem Echidna-Embryo verhältnissmässig gross, und die orale Fläche des Septum narium bildet durch ihre schräge Stellung und ihr Relief einen besonderen Abschnitt des primären Mundhöhlendaches. In diesem Entwickelungsstadium von Echidna, welches die Einleitung für die Bildung; des secundären Gaumens bildet, treten also am Mundhöhlendache gleichfalls Zustände auf, die zwar im Allgemeinen die Vergleichung mit Amphibien erlauben, im Besonderen aber doch schon charakteristische Abweichungen von diesen zeigen. In Fig. 5a und b, Taf. XV, gebe ich eine Ansicht der lateralen (a) und medialen (b) Wand der Nasenhöhle von Echidna-Embryo 43* nach einem Plattenmodell. Die Zeichnungen mussten halbschematisch gehalten werden. Das spaltförmige Lumen der Nasenhöhle ist in seinem oberen Theil schräg zur Median- ebene, und zwar von vorn und medial nach hinten und lateral gestellt; dagegen haben die Aperturae internae eine ziemlich genau sagittale Richtung ihres Längsdurchmessers. Infolgedessen gelang: es nicht, einen für die Darstellung geeigneten Sagittalschnitt durch das Modell anzufertigen. Die Zeichnungen sind combinirt, und das eben erwähnte Verhalten der Nasenhöhle ist unberücksichtigt gelassen. Doch sind im Uebrigen die räumlichen Verhältnisse des Modelles möglichst genau wiedergegeben worden. Die Nasenhöhle bildet einen engen, im Allgemeinen verticalen Spaltraum; der Längsdurchmesser überwiegt etwas gegen den verticalen. Daf in dieser Hinsicht eine ausgesprochene Divergenz gegen die Amphibien zum Ausdruck kommt, wurde bereits oben erwähnt. Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen der Nasenhöhle des in Rede stehenden Echidna-Embryos und der der Amphibien ist im Verhalten des primären Bodens der Nasenhöhle gegeben. Bei allen Amphibien wird das Cavum nasale vom Cavum oris durch den primären Boden der Nasenhöhle getrennt, der natürlich dem primären Mundhöhlendach als ein Theil desselben angehört. Die Apertura nasalis interna ist im Vergleich zur Längsausdehnung des Bodens der Nasenhöhle klein. — Bei Echidna-Embryo 42, bei dem die Bildung des primären Nasenhöhlenbodens eben vollendet ist, übertrifft der letztere noch die Apertura interna an Länge. Mit dem Längenwachsthum der Nasenhöhle ändert sich aber dieses Verhältniss zu Gunsten der Apertura interna. Bei Embryo 43* ist die letztere mehr als doppelt so lang als der primäre Boden des Cavum nasale (ausschliesslich des Atrium). Hierin ist ein für Echidna und für die Säugethiere überhaupt charakteristisches Moment in Betreff der Aus- gestaltung der Nasenhöhle gegeben. An dem Längenwachsthum derselben participirt wesentlich der Theil, welcher der Apertura interna entspricht, während der vordere Theil, der oberhalb des primären Bodens liegt, im Wachsthum ebenso zurückbleibt wie der primäre Boden selbst. Mit dieser Thatsache bringe ich nun wiederum eine Lageveränderung des Jacogson’schen Organes in Verband. Bei Embryo 42 lag das Organ noch oberhalb des primitiven Nasenbodens, also, ebenso wie bei Amphibien, im Bereiche des primären Cavum nasale. Bei Embryo 43* hat es eine Rückwärtsverlagerung erfahren. Wie Fig. 5b, Taf. XV, zeigt, liegt es nunmehr an der Stelle, wo der primäre Boden der Nasen- 61 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 463 höhle in den vorderen Rand der Apertura nasalis interna umbiegt, und es ist somit in den Bereich dieser Oeffnung gelangt. Diese Verschiebung des Organes, welches hierdurch neue topographische Beziehungen erlangt, erklärt sich aus der Art der Ausgestaltung des Cavum nasale. — Das Jacogson’sche Organ ist in diesen Entwickelungsstadien noch grubenförmig, aber es ist im Verhältniss zur Vergrösserung der gesammten Nasenhöhle im Wachsthum erheblich zurückgeblieben. Eine leichte wallartige Erhebung der Schleimhaut umzieht die Grube. Echidna-Embryo 44. Bei Embryo 44 hat sich das vordere Kopfende stark nach vorn entfaltet, und es hat sich damit das Mundhöhlendach erheblich in die Länge gestreckt (Taf. XV, Fig. 6). Die Grenzen zwischen Oberkieferfortsätzen und Zwischenkieferwulst sind verschwunden. Nach vorn wird das Mund- höhlendach nunmehr durch einen einheitlichen sichelförmigen Wulst begrenzt, welcher die obere Begrenzung des Mundspaltes bildet. An den rückwärts gerichteten Enden der Sichel erfolgt die Verbindung mit dem Unterkiefer. Dieser Lippenrand des Mundhöhlendaches trägt in der Medianebene auf der gegen das Mund- höhlendach abfallenden Fläche den conischen Eizahn. An der Bildung des Lippenrandes betheiligen sich der Zwischenkieferwulst und die Oberkieferfortsätze; letztere mit dem lateralen Randabschnitt ihrer oralen Fläche, welcher schon bei Embryo 43* wulstig vorspringt. Am Zwischenkieferwulst lassen sich jetzt deutlich zwei Abschnitte unterscheiden; der vordere bildet den mittleren Theil des Lippenrandes. Der hintere ist bis zum vorderen Ende der Aperturae internae hin sanft abgedacht und wird später in das definitive Mundhöhlen- dach aufgenommen. Diese Fläche des Zwischenkieferwulstes setzt sich nach hinten beiderseits von den vorderen Enden der inneren Nasenlöcher in eine breite, fast plane und horizontal gestellte Fläche fort (Taf. XV, Fig.6, @), die dem Gaumentheil der oralen Fläche des Oberkieferfortsatzes entspricht. Wie der Vergleich mit Fig. 4 zeigt, haben diese Flächen an Breite und ganz erheblich an Länge gewonnen. Medianwärts enden diese Flächen mit freiem Rande. Verfolgt man die Ränder von hinten nach vorn, so nähern sich dieselben in schwach gekrümmtem Bogen und enden am vorderen Ende der Apertura interna in geringem Abstande von einander. Zwischen ihren vorderen Enden stösst die Gaumenfläche des Zwischenkieferwulstes mit der oralen Fläche des Septum narium zusammen. Durch den Vergleich der Fig. 3, 4 und 6, Taf. XV, kommt man zu folgender Vorstellung über die Differenzirung des Gaumenrandes. Bei Embryo 42 wird derselbe von den Oberkieferfortsätzen und vom Zwischenkieferwulst gebildet, die noch mit dem primitiven Gaumenfeld so ziemlich in einem Niveau liegen. Der Gaumenrand wächst abwärts, und das Gaumenfeld erscheint dem ersteren gegenüber eingesenkt. An der oralen Fläche des Oberkieferfortsatzes sondert sich der periphere Abschnitt durch stärkere Pro- minenz von dem grösseren hinteren und medialen Abschnitt; ähnlich sondert sich der Zwischenkieferwulst in einen vorderen am stärksten vorspringenden Theil, an den sich rückwärts der zweite Abschnitt als eine sanft abgedachte Fläche anschliesst. Indem sich die anfänglich scharf markirten Grenzen zwischen Ober- kieferfortsätzen und Zwischenkieferwulst ausgleichen, vereinigen sich die am stärksten vorspringenden lateralen bezw. vorderen Abschnitte beider zu dem einheitlichen Lippenrand, und ebenso fliessen die hinteren bezw. medialen Flächenabschnitte beider zu einer einheitlichen Fläche zusammen, welche nunmehr hufeisenförmig die am Mundhöhlendach entstandene Einsenkung umzieht und später in das definitive Dach der Mundhöhle als wesentlicher Bestandtheil desselben übernommen wird. Betrachtet man das eingesenkte Gaumenfeld von Echidna 44, so verhält sich der hinter den Aperturae internae gelegene Theil, in Fig. 6 als primäres Rachendach bezeichnet, wie früher. Wichtige Veränderungen haben sich dagegen an den inneren Nasenlöchern und an der oralen Fläche des Septums vollzogen. Die Aperturae internae haben sich ganz erheblich in die Länge gestreckt und stellen sich nunmehr als langgezogene, spaltförmige Oefinungen dar. Die Lage ihres hinteren Randes im eingesenkten Gaumen- 464 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 62 feld, die des vorderen im Niveau des definitiven Mundhöhlendaches besteht wie früher, und da der Gaumen- rand noch weiter abwärts gewachsen ist, ist auch die Differenz in der Lage des eingesenkten Gaumenfeldes und des definitiven Mundhöhlendaches grösser geworden; damit ist auch die Schrägstellung der inneren Nasenlöcher noch ausgeprägter geworden als früher. In Folge einer Verschmälerung des Septum narium sind die vorderen Enden der Aperturen einander näher gerückt; während die Längsdurchmesser der Oeff- nungen, der Hauptsache nach, die sagittale Richtung beibehalten haben, convergiren die vorderen Enden beider in leichtem Bogen gegen einander. Entsprechend dem Verhalten der Aperturae internae hat sich auch die orale Fläche des Septums in die Länge gestreckt. Die Fläche ist gegen früher schmäler geworden, in besonders hohem Maasse in ihrem vordersten, an das definitive Mundhöhlendach anschliessenden Theil. Die Breite der Fläche beträgt hier beinahe nur ein Drittel von der bei Embryo 43. Hierdurch ist die Annäherung der Vorderenden der inneren Nasenlöcher an einander bedingt. Nach hinten gewinnt die Fläche schnell an Breite, weiterhin ziehen dann ihre seitlichen Ränder in gleich bleibendem Abstande von einander in sagittaler Richtung nach hinten. An das definitive Mundhöhlendach anschliessend, steigt die orale Fläche zunächst schräg nach hinten und oben N A. WR AN Vz Wise \ @. So Cap nas. de turb. } ; N_ Drasol. - as N Jac. Org. Fig. 8. Schnitte durch die Nasenhöhle von Embryo 44. Die Schnitte verlaufen schräg von vorn und oben nach hinten und unten. Vergl. Textfigur 30. Die Lage der Schnitte ist auf der Figur 7 der Tafel XV durch die mit « (= Schnitt A) ß, y bezeichneten Linien angegeben. Die Knorpelanlagen sind durch enge Punktirung bezeichnet. an, um dann in ihrem hinteren Theil allmählich in die horizontale Stellung überzugehen. (Vergl. Taf. XV, Fig. 6 und 7a). In Rücksicht hierauf kann man an der oralen Fläche einen hinteren horizontal und einen grösseren vorderen, schräg gestellten Abschnitt unterscheiden. Letzterer gliedert sich wiederum in zwei Theile; der vorderste entspricht dem schmälsten, vordersten Ende der oralen Fläche des Septums. Ein medianer längsovaler Wulst zeichnet dasselbe aus (Taf. XV, Fig. 6 Pap. pal. Textfigur 8A, c); der Wulst wird rechts und links von einer leichten wulstartigen Erbung flankirt (Textfigur 3A, b), welche in dem Maasse, als die sagittale Fläche sich verbreitert, gleichfalls an Breite gewinnt, aber auch undeutlicher wird. Den hinteren breiten Theil des schräg gestellten Abschnittes der oralen Fläche zeichnet eine mediane Rinne aus (Textfigur 8C, d), während der horizontal gestellte hinterste Theil eine mediane leichte Erhebung trägt. Dieses Verhalten der oralen Fläche des Septums bringe ich mit dem Zustande derselben bei dem jüngeren Embryo in der Weise in Verband, dass bei dem Längenwachsthum des Septums die dreifache Wulstung, welche sich anfänglich über dessen ganze orale Fläche ausdehnte, mehr und mehr auf deren vordersten Abschnitt beschränkt bleibt. Die Umrahmung der Apertura interna verhält sich hinten, medial und vorn ebenso wie früher. An der lateralen Seite ist der Wulst w nur noch in Andeutungen erhalten, und es erscheint nunmehr die medianwärts gerichtete Fläche des Oberkieferfortsatzes direct in die laterale Nasenhöhlenwand fortgesetzt. Die inzwischen aufgetretene Anlage des Maxilloturbinale, dessen vorderstes, wenig prominentes Ende auf 63 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 465 dem Schnitt der Textfigur SC getroffen ist, und welche mit dem Wulst w des jüngeren Embryos nichts zu thun hat, lässt diesen Uebergang nicht so deutlich zur Anschauung kommen. Die Oeffnungen des Jacoson’schen Organes, die bei dem jüngeren Embryo gerade lateralwärts gerichtet waren, sind nunmehr etwas nach abwärts gerückt, so dass sie bei der Betrachtung der Gaumen- fläche von unten her sichtbar geworden sind, eine Lageveränderung, welche wohl mit der Verschmälerung des vordersten Endes des Septums in Verbindung zu bringen ist. Sie finden sich als ganz enge Oeff- nungen dicht hinter dem vorderen Ende der Aperturae internae an der seitlichen Fläche des Septums und sind schräg nach vorn, lateral und unten gerichtet. In der Fig. 6 und 7 der Taf. XV, ferner in Textfiigur SA .sind die Oeffnungen mit Jac. Org. bezeichnet. Bei der Herstellung des Plattenmodelles, nach welchem die Tafelfiguren gezeichnet wurden, blieb die Schleimhaut unberücksichtigt, die Oeffnungen erscheinen daher zu gross. Die Jacosson’schen Organe haben die Form kurzer, enger Schläuche angenommen, welche, in den Randwulst des Septums eingelagert, nach hinten und aufwärts verlaufen. Die Lichtung des Schlauches ist äusserst eng und annähernd cylindrischh An dem Organ sind zwei Abschnitte unterscheidbar, die allmählich in einander übergehen. Das vordere, ganz kurze Ende des Schlauches ist mit indifferentem Epithel ausgekleidet, und sein Lumen liegt central; an dem grösseren hinteren Abschnitt zieht ein schmaler Streifen indifferenten Epithels an dem nach unten und lateral liegenden Theil der Wandung hin; im Uebrigen wird das Rohr von Sinnesepithel gebildet; das enge Lumen liegt excentrisch (Textfisur SC). Es lässt sich demnach an dem Jacopson’schen Organ ein kurzer Einführungsgang von dem sensoriellen, hinteren Ab- schnitt unterscheiden. — Die Frage, auf welche Weise das grubenförmige Organ des Embryo 43 in das schlauchförmige von Embryo 44 umgewandelt wird, kann ich an dem mir zur Verfügung stehenden Material nicht mit Sicherheit entscheiden. Ich gewann den Eindruck, dass die Grube sich vertieft und nach hinten und oben blindsackartig auswächst, während sich gleichzeitig die Umrandung der Grube zu dem kurzen Mündungsstück verengt. Doch kann ich die andere Möglichkeit, dass die Grube sich in die Länge streckt und durch eine von hinten nach vorn fortschreitende Verklebung der Ränder zum Kanal abgeschlossen wird, nicht ausschliessen. Embryo 46, Beuteljunges 47. Bei Echidna-Embryo 46 ist die Bildung des secundären Gaumens fast vollendet. Die Gaumenplatten sind medianwärts vorgewachsen und haben sich unterhalb des Septum narium in medianer Naht vereinigt. Eine leichte mediane Rinne, welche an der oralen Fläche des Gaumens verläuft, bezeichnet noch die Nahtstelle. An den Frontalschnitten ist letztere hier und da auch noch durch Epithelreste gekennzeichnet. Die erste Andeutung der Gaumenplatten trat schon bei Embryo 43” auf, und zwar in Form einer leichten medianwärts vorspringenden Kante an der Stelle, an welcher die orale Fläche des Oberkieferfortsatzes in die mediale umbiegt. Ich gewann die Vorstellung, dass diese Kante von vorn- herein medianwärts in der horizontalen Richtung vorwächst. Ich habe bei den untersuchten Echidna- Embryonen keinen Anhaltspunkt dafür gewonnen, dass die Gaumenplatten als solche erst nach abwärts wachsen, um sich erst später in die horizontale Richtung einzustellen, wie das von anderen Autoren für die höheren Säugethiere angegeben wird. Bei der Verschmelzung der Gaumenplatten in der Medianlinie bleibt vorn ein medianes, unpaares Loch ausgespart (Taf. XV, Fie. 8 Gaumenloch). Die Form desselben entspricht einem gleichschenkligen Dreieck, dessen Spitze nach hinten gerichtet ist. Die Basis des Dreieckes ist dem Lippenrande parallel gestellt und wird durch den Uebergang der Gaumenfläche der Zwischenkiefergegend in die orale Fläche des Septum narium gebildet. Die beiden übrigen Seiten des Dreieckes werden durch den freien Rand der Gaumenplatten hergestellt und vereinigen sich nach hinten in abgerundetem Winkel. In der Tiefe dieses 466 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 64 Loches erblickt man den vordersten Theil der oralen Fläche des Septums, welche nach vorn in leichtem, rückwärts offenen Bogen von der Gaumenfläche der Zwischenkieferregion abgegrenzt ist. Ein Vergleich der Fig. 6 und 8, Taf. XV, zeigt, dass der Lippenrand sich bei Embryo 46 scharf gegen das Mundhöhlen- dach abgegrenzt hat; er trägt an seiner hinteren Fläche den Eizahn. Die Gaumenfläche der Zwischen- kieferreeion hat sich mit der Verlängerung des Vorderkopfes vergrössert. Die vorderen, lateralen Ecken des dreieckigen Gaumenloches bei Embryo 46 entsprechen den vorderen Enden der Gaumenplatten, mit anderen Worten den vorderen Enden der Aperturae nasales internae bei Embryo 44; der Abstand derselben von einander hat sich kaum verändert. — Der im Gaumenloch sichtbare Abschnitt der oralen Fläche des Septum narium ist mit einem längs-ovalen, schwach prominenten, medianen Wulst (Pap. Taf. XV, Fig. 8) ausgestattet, welcher rechts und links durch eine leichte wulstige Erhebung flankirt wird. Durch das unpaare Gaumenloch communiciren beide Nasenhöhlen mit der Mundhöhle. Der laterale Rand des Gaumen- loches ist in seiner vorderen Hälfte leicht seitwärts ausgebuchtet, so dass sich jetzt schon die spätere Oeffnung des Canalis naso-palatinus erkennen lässt. Die orale Fläche des Septums ist, abgesehen von dem kleinen, dem Gaumenloch entsprechenden Theil, von der Platte des secundären Gaumens unterlagert. Im hinteren Drittel der Apertura interna, welche sich im Vergleich zu Embryo 44 noch weiter verlängert hat, beginnt die Verschmelzung des Septums mit dem secundären Boden der Nasenhöhle. Eine leichte mediane Erhebung des letzteren ist mit einem medianen, leistenförmigen Vorsprung der oralen Fläche des Septums verschmolzen, und damit die Scheidung der beiden Nasenhöhlen von einander eingeleitet. Bei Embryo 46 beschränkt sich dieser Vorgang nur auf eine ganz kurze Strecke (Textfigur 9C). Vor der bezeichneten Stelle hängen die beiden Nasenhöhlen noch durch einen schmalen Spalt mit einander zusammen, und es setzt sich das Septum nach vorn mit freier, abwärts geerichteter Oberfläche bis in den Bereich des Gaumenloches fort (Textfigur 9A und B). Bei dem Beuteljungen 47 ist die Verschmelzung zwischen Septum und secundärem Boden der Nasenhöhle von der Stelle, an welcher sich dieselbe bei Embryo 46 einleitete, sowohl nach hinten als auch nach vorn fortgeschritten. Der vorderste Theil der oralen Fläche des Septums, welcher bei Embryo 46 dem Gaumenloch entspricht, hat sich abwärts in das Niveau der oralen Fläche des secundären Gaumens gesenkt, er verschmilzt mit der hinteren Umrandung des Gaumenloches und verschliesst letzteres bis auf die Oeff- nungen der beiden Canales naso-palatini. Die mediane Wulstung wird zur Papilla palatina; die Erhebungen, welche dieselbe bei Embryo 46 rechts und links flankirten, gehen in die mediale Umrandung der Gaumen- öffnungen der Canales naso-palatini über. Im Anschluss an die Einsenkung der Papilla palatina in den secundären Gaumen schreitet nun auch die Verschmelzung zwischen oraler Fläche des Septums und dem Nasenboden von vorn nach hinten fort, so dass der Communicationsspalt zwischen den beiden Nasenhöhlen mehr und mehr verlegt wird. Indes besteht ein Rest desselben noch bei dem Beuteljungen 51; PARKER (54) beobachtete eine spaltförmige Verbindung der beiden Nasenhöhlen zwischen unterem Rand des Septums und dem Boden hinter dem Jacopson’schen Organ noch bei einer jungen Echidna von 21,5 cm Länge. Vielleicht erhält sich diese Communication auch noch bei der erwachsenen Echidna. Durch die Ausbildung des secundären Gaumens wird bei Zchidna und — wie längst bekannt — bei den Säugethieren überhaupt ein Theil der primären Mundhöhle in die Nasenhöhle einbezogen. Es ist also an dem definitiven Cavum nasale der primäre Antheil, welcher sich aus der Riechgrube hervorbildet und welcher der Nasenhöhle der niederen Amphibien homolog ist, zu scheiden von dem secundären Antheil, welcher mit der Ausbildung des secundären Gaumens sich dem ersteren angliedert. Um in der definitiven Nasenhöhle den secundären Antheil zu bestimmen, geht man am besten von der Apertura interna aus, welche von dem secundären Gaumen unterlagert und somit in die bleibende Nasenhöhle aufgenommen wird. 65 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 467 Die Apertura interna hat sich bei den Embryonen 46 und 47 erheblich in die Länge gestreckt, ent- sprechend dem Längenwachsthum der Nasenhöhle. Ihre Beziehung zur Mundhöhle ist durch die mediane Verschmelzung der Gaumenplatten aufgehoben worden; letztere bilden jetzt, soweit sie die Oeffnungen unterlagern, den Boden für das Cavum nasale (secundärer Nasenboden). Zwar hat bei den zuletzt berück- sichtigten Embryonen auch der primäre Boden des Cavum nasale noch an Länge gewonnen (vergl. Fig. 5, 7 und 9, Taf. XV), doch bilden die Gaumenplatten jetzt schon den grösseren Theil des definitiven Nasen- bodens, ein Verhältniss, welches mit der fortschreitenden Entwickelung immer stärker zum Ausdruck kommt. — Der secundäre Gaumen ——_ 1 j] 1 7 T x v4 = \ N dehnt sich über die inneren Nasen BEI N & SR R öffnungen hinaus rückwärts aus und Bene \\ j B 2 b SE N bildet so den Boden für die Ductus N Bo pharyeset Se Gland.dac Der vordere freie Rand der Schlussplatte entspricht dem hin- a teren Rande der Apertura interna; der Randwulst des Septums markirt ihren medialen Rand. Letzterer zieht Be a von der Schlussplatte an nach vorn \ und läuft gegen den primären Bo- den der Nasenhöhle aus (Taf. XV, Fig. 9a, W). Dieser Randwulst des Fig. 9. Schnitte durch die Nasen- höhle von Eehidna-Embryo 46. Die Richtung derselben ist schräg von vorn- oben nach hinten-unten. Der Schnitt A trifft etwa die Mitte der Apertura nasalis interna; B und C treffen dieselben weiter rückwärts. Gland. Jac. JACOBSON- \ sche Drüse, W unterer Randwulst des Septums, Max. turb. Maxillo-turbinale mit selbständiger Knorpelanlage, Can. laer. Thränennasenkanal, Max. Os maxillare, Palat. Os palatinum, U. Nsg. unterer Nasengang, R Rinne zwischensecundärem Gaumen und Randwulst des Septums, Septums (inferior septal ridge der englischen Autoren) erhält sich in gleicher Anordnung auch bei der erwachsenen Echidna. Der vordere Rand der Apertura interna ist in die vordere Wand des Canalis naso- palatinus aufgenommen. — Die Mae. turb. Niveaudifferenz zwischen vorderem > und hinterem Rande der Apertura ;- Zn. E UNsg. ©. J. hinteres Ende des JacoBson’schen 6 e n des 1 R. Sn Palat. Knorpels. — Knorpel schwarz, Knochen Aiema Is mg eutlich (vergl. 5 eng punktirt, Riechschleimhaut schraffirt. Fig. 9, Taf. XV), aber sie beginnt weniger auffällig zu werden als früher, weil das Längenwachsthum der Nasenhöhle gegenüber dem Abwärts- wachsen des Gaumenrandes bedeutend überwiegt. Der Abschnitt der medialen Wand der definitiven Nasenhöhle, welcher unterhalb der eben besprochenen Grenze liegt, entspricht dem secundären Antheil des Cavum nasale. Bei der Verschmelzung des Septum nasale mit dem secundären Boden der Nasenhöhle entsteht an der medialen Nasenwand eine Rinne, welche unter der Schlussplatte und dem Randwulst des Septums nach vorn bis zur nasalen Oeffnung des Canalis incisivus verläuft (Taf. XV, Fig. ga, U. Nsg., Textfig. 9 C, R). Die orale Fläche des Septums verschmilzt nämlich nicht in ihrer ganzen Breite mit dem secundären Nasen- boden, sondern nur in einem schmalen medianen Streifen. Zu beiden Seiten desselben bleibt ein Rest der oralen Fläche als freie Oberfläche erhalten und bildet das Dach der eben erwähnten Rinne, deren Boden Jenaische Denkschriften. VI. 9 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 60 468 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 66 von den Gaumenplatten hergestellt wird. Der Randwulst des Septum, der die obere Begrenzung der Rinne markirt, liegt nun schon bei Embryo 46 (vergl. Textfig. 9) und ebenso bei der erwachsenen Echidna dem Maxilloturbinale gegenüber und bildet mit diesem zusammen die obere Abgrenzung des unteren Nasen- sanges (U. Nsg.). Die Wandung der bei dem Beuteljungen 47 noch sehr niedrigen Rinne zwischen Rand- wulst des Septums und secundärem Nasenboden lässt demnach die mediale Wandung des unteren Nasen- ganges hervorgehen. Da der laterale Streifen der oralen Fläche des Septums, welcher in das Dach der Rinne übergeht, bei jüngeren Embryonen dem primären Mundhöhlendach angehörte, so ergiebt sich, dass bei der Bildung des secundären Gaumens nicht nur ein Theil des primären Cavum oris in die Nasenhöhlen aufgenommen wird, es geht vielmehr auch ein Theil des primären Mundhöhlendaches in die Wandung der definitiven Nasenhöhle über. Der laterale Rand der Apertura nasalis interna war schon bei Embryo 44 verwischt worden, und es setzte sich hier die medianwärts sehende Fläche des Kieferrandes continuirlich in die Wandung der Nasen- höhle fort. So kann man auch bei den älteren Embryonen keine scharfe Markirung des lateralen Randes der Apertura interna erwarten, und damit ist auch eine scharfe Abgrenzung des primären und secundären Antheiles an der lateralen Wand des Cavum nasale unmöglich. Es lässt sich nur so viel aussagen, dass der laterale Rand der Apertur in die laterale Wandung des unteren Nasenganges aufgenommen werde; die Grenze zwischen primärem und secundärem Anteil der lateralen Nasenwand würde durch eine Linie bezeichnet, welche den vorderen Rand der Schlussplatte mit der vorderen Umwandung der nasalen Oeffnung des Canalis incisivus verbindet. Einen Punkt möchte ich besonders hervorheben. Das Maxilloturbinale entsteht nicht an der Grenze zwischen primärem und secundärem Antheil der lateralen Nasenwand, es markirt also auch nicht den lateralen Rand der Apertura nasalis interna; seine Anlage entsteht vielmehr — wie das weiter unten noch weiter berücksichtigt wird — in dem primären Antheil des Cavum nasale. Es ergiebt sich also, dass die mediale Wand des unteren Nasenganges unter- halb des Randwulstes des Septums, ferner die laterale Wand des unteren Nasen- ganges, soweit sie unterhalb einer Linie liegt, welche den vorderen Rand der Schluss- platte mit dem vorderen Rande der nasalen Oeffnung des Canalis naso-palatinus ver- bindet, endlich der ganze Ductus naso-pharyngeus dem secundären Antheil des definitiven Cavum nasale entsprechen. Alle Theile, welche oberhalb der bezeichneten Grenze liegen, gehören dem primären Antheil derselben an. Hinten (vorderer Rand der Schlussplatte), medial (Randwulst des Septums) und vorn (vordere Wand des Canalis naso-palatinus) erhält sich dauernd die Umrahmung der Apertura nasalis interna; an der lateralen Seite ist sie verwischt. — Die Grenze zwischen primärem und secundärem Antheil der Nasenhöhle liegt durchaus im Bereiche der Regio respiratoria, und zwar gehört ein nicht unerheblicher Antheil der letzteren dem primären Theil des Cavum nasale an. Nach den Literaturangaben vollzieht sich die Bildung der definitiven Nasenhöhlen bei den höheren Säugethieren in der gleichen Weise, wie ich es eben für Echidna beschrieb. Die Aufnahme der Apertura interna in die Lichtung der Nasenhöhle wird allgemein zugegeben. Differenzen ergeben sich nur bei der Construction der Grenze zwischen primärem und secundärem Antheil der Nasenhöhle an der seitlichen Wand derselben. Dursy (15) giebt ganz richtig an, dass das Maxilloturbinale im Bereich des primären Antheiles der Nasenhöhle entsteht, und folgert daraus, dass dasselbe nicht den lateralen Rand des inneren Nasenloches bezeichnen kann. Auch SCHWALBE (71) beurtheilt die untere Muschel richtig und spricht sich dahin aus, 67 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna, 469 dass die Grenze zwischen primärer und secundärer Nasenhöhle durch eine Linie bezeichnet werde, welche man durch die untere vordere Ecke des Keilbeinkörpers und den vorderen Rand der Apertura interna gelegt denkt. Dagegen nimmt KÖLLIRER (40) u. A. an, dass der Spalt zwischen unterer Muschel und Septum die Apertura interna darstelle. MiHarkovics (50) beobachtete ganz richtig die Anlage des Maxilloturbinale im Bereiche der primären Nasenhöhle, sagt aber später aus, dass die Insertionslinie dieser Muschel mit der Grenze zwischen primärem und secundärem Antheil des Cavum nasale zusammenfalle. Papilla palatina und Canalis naso-palatinus. Mit der Einsenkung der Gaumenpapille in das Gaumenloch ist die Bildung des secundären Gaumens und damit auch die der Canales naso-palatini (STENSoN’scher Gänge) beendet. In Fig. ıo der Taf. XV gebe ich eine Darstellung des vorderen Theiles des Mundhöhlendaches von der erwachsenen Echidna. Die Gaumenfläche wird von der Wulstung des Kieferrandes umzogen, welche sich scharf gegen die erstere absetzt. Der vordere Theil des Mundhöhlendaches ist fast plan. In geringem Abstand vom Kieferrande finden sich die beiden Oeffnungen der Canales naso-palatini (0. n. p.). Die Löcher sind, im Vergleich zu dem Befunde bei den höheren Säugethieren, verhältnissmässig gross und von nierenförmiger Gestalt; der Hilus der Niere sieht medianwärts und etwas nach hinten. Dicht hinter den Oefinungen findet sich jederseits eine flache Erhebung der Schleimhaut, welche nach vorn und nach den Seiten allmählich verstreicht, nach hinten etwas schärfer abgesetzt ist (@. !.,). Beide Erhebungen sind in der Medianebene durch eine Einsenkung von einander getrennt. Diese paarige Erhebung, welche übrigens bereits bei Embryo 46 angedeutet ist (Taf. XV, Fig. 8), hat wohl die Bedeutung einer vordersten, unvollkommen entwickelten Gaumenleiste. In Taf. XV, Fig. IO sind weiter rückwärts am Mundhöhlendach zwei weitere Gaumenleisten (@. !.,, @. l.,) zu erkennen. — In dem Felde, welches zwischen den Oeffnungen der Canales naso-palatini und den beiden vordersten Gaumenleisten liegt, erhebt sich eine kleine, längsovale, deutlich vorspringende Wulstung, die Papilla palatina (Pap. pal.). Den oben gegebenen Ausführungen gemäss entwickelt sich die Papilla palatina aus dem vordersten Theil der oralen Fläche des Septum narium, welcher mit der Ausbildung des secundären Gaumensin die Fläche des definitiven Mundhöhlendaches einbezogen wird. Auffallend an der Entwickelung bleibt, dass in einem frühen Entwickelungsstadium die ganze orale Fläche mit 3 Längswülsten ausgestattet ist, dass dieses Relief bei der Streckung des Septums auf den vordersten Abschnitt der oralen Fläche beschränkt bleibt, im Verhältniss zur gesammten Ausdehnung derselben immer unscheinbarer wird, um schliesslich in die kleine Gaumenpapille überzugehen. Den Bau der fertigen Papille habe ich nicht untersucht. Bei dem Beuteljungen 5I besteht ihre Grundlage aus Bindegewebe, welches sich durch etwas grösseren Zellreichthum auszeichnet. An dem Epithelüberzug habe ich Besonderheiten nicht erkennen können. Die Papilla palatina besteht wohl bei allen Säugethieren. Angaben über ihre Form, Grösse und Lage bei einer grossen Zahl von Säugethieren findet man z. B. bei JUNGERSEN (32). Da die Papille allent- halben, wie bei Echidna, vorn am Mundhöhlendache in geringer Entfernung vom Kieferrande und ein- geschoben zwischen die Oeffnungen der Canales naso-palatini liegt, so darf man wohl auch annehmen, dass sich ihre Entwickelung überall in gleicher Weise vollziehen wird wie bei Echidna. Die Angaben in der Literatur sind mit dieser Annahme in Uebereinstimmung. Im Speciellen hat Dursy (15) die einschlägigen Verhältnisse an Embryonen vom Schwein, Schaf und Rind, ferner vom Menschen beobachtet. Dursy bezeichnet den Spalt, den die auf einander zu wachsenden Gaumenplatten zwischen sich fassen, als secundäre g9* 60 * 470 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 68 Gaumenspalte (als primäre Gaumenspalte bezeichnet er die Apertura interna). Auch Dursy beobachtete, dass bei der Verschmelzung der Gaumenplatten vorn zunächst ein Loch ausgespart bleibe, welches er als „Zwischenkiefertheil der secundären Gaumenspalte“ unterscheidet (15, p. 172 ft.). Er sagt ferner aus, dass in dieser Lücke das vordere in den Zwischenkiefer übergehende Ende des unteren Nasenscheidewandrandes liege, aus welchem der „Gaumentheil des Zwischenkiefers“ hervorgehe. Letzterer füge sich beim Verschluss des Zwischenkiefertheiles der secundären Gaumenspalte in das Mundhöhlendach ein und könne auch mit einem warzenförmigen Vorsprung ausgestattet sein. Auf Tafel VI, Fig. 15 (15) giebt er eine Abbildung vom Gaumen eines menschlichen Embryos, an welchem man den vorderen erweiterten Theil der Gaumenspalte erkennt, in welchen der „Gaumentheil des Zwischenkiefers“ (d), d.h. der vorderste Theil der oralen Fläche des Septums, einragt. Unklar bleibt bei den Darlegungen Dursy’s die Art und Weise, wie sich der Ductus naso-palatinus bildet, dessen Entstehung ja in enger Beziehung zu der der Papilla palatina steht. — Auch R. FLEISCHER (17), dessen detaillirte Angaben sich wesentlich auf Schweine-Embryonen beziehen, sind diese Vorgänge am vorderen Ende des secundären Gaumens nicht entgangen. Von neueren Untersuchungen über die hier berücksichtigten Entwickelungsvorgänge ist mir nur die Arbeit von NusssauM (53) bekannt geworden. Nach dessen Beobachtungen an Embryonen von Canis familiaris fügt sich das Septum narium gleichfalls in das vordere Ende der secundären Gaumenspalte ein. Den Bau der Papille bei der erwachsenen Echidna habe ich nicht untersucht, habe auch in der Literatur specielle Angaben über denselben nicht gefunden. Bei den höheren Säugethieren ist bei ver- schiedenen Formen (Marsupialier, BRoom [Ir], Miniopterus, BRroom [7], Cavia, KLEın [35]) ein knorpeliger Kern der Papille beobachtet worden, der keinen Zusammenhang mit der knorpeligen Nasenkapsel besitzt. Eine morphologische Deutung desselben versucht BRoom (7). Reste dieses Knorpelkernes der Gaumen- papille sah MERKEL (49) beim Menschen. Hinsichtlich des feineren Baues der fertigen Papille bei den Säugethieren sind mir nur die Unter- suchungen von MERKEL bekannt, die sich auf den Menschen beziehen. Bei Homo ist die Papille rudi- mentär im Vergleich zu ihrer scharfen formalen Ausprägung bei den übrigen Säugethieren;; trotzdem ist sie nach MErRkEL’s Beobachtungen durch den Reichthum an Nervenfasern und an Tastkörperchen ausgezeichnet. Wenn die Gaumenpapille der Säuger allgemein eine ähnliche Ausstattung mit nervösen Apparaten aufwiese, könnte man sie in functioneller Hinsicht als ein Tastorgan des Gaumens auffassen, welches vielleicht irgendwie die aufgenommene Nahrung controliren hilft. Mit der Einfügung der Gaumenpapille in das Mundhöhlendach empfängt die Bildung der Canales naso-palatini ihren Abschluss. Nach den Beobachtungen an dem Material von Echidna-Embryonen, welches mir zur Verfügung stand, gewann ich den Eindruck, dass bei der Bildung des secundären Gaumens das vorderste Ende der Apertura nasalis interna als ein kurzer Kanal, eben der Canalis naso-palatinus, erhalten bleibt. Fassen wir die diesbezüglichen Vorgänge zu einer kurzen Uebersicht zusammen, so ergiebt sich Folgendes. Bei Embryo 43* liegen die vorderen Enden der inneren Nasenlöcher in weitem Abstande von einander; der primitive Boden des Cavum nasale und mit ihm der vordere Rand der Apertura interna hat sich entsprechend dem Abwärtswachsen des Gaumenrandes gesenkt; die eben angedeuteten Anlagen der Gaumenplatten beginnen am vorderen Rande der Aperturae nasales internae. Bei Embryo 44 nähern sich die vorderen Enden der inneren Nasenlöcher einander, eine Verschiebung, die durch die Verschmälerung des Septum narium bedingt ist. Die Gaumenplatten beginnen wie früher an der vorderen Umrahmung der Aperturae internae, sind aber namentlich in ihrem vorderen Theile deutlicher prominent geworden, so dass sie hier die Aperturae internae zu überlagern beginnen. Oberhalb jeder Gaumenplatte setzt sich die median- 69 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 471 wärts sehende Fläche des Kieferrandes in die laterale Nasenwand fort. Schon bei Embryo 43* findet sich die Oeffnung des JacoBson’schen Organes im Bereich der Apertura interna, liegt aber noch bei Embryo 44 im gleichen Niveau mit dem primären Nasenboden. Bei Embryo 46 haben sich die Gaumenplatten in medianer Naht unter dem Septum narium vereinigt, dabei wird vorn das unpaare Gaumenloch ausgespart. Die seit- und rückwärts liegende Begrenzung desselben bildet der freie Rand der Gaumenplatte, die sich wie früher vorn mit dem vorderen Rande der Apertura interna verbindet. Der letztere setzt sich median- wärts wie früher in den unteren Randwulst des Septums fort. Die Oeffnung des Jacoson’schen Organes liest jetzt schon etwas tiefer, als dem Niveau des primären Nasenbodens entspricht, hat also eine nach unten gerichtete Verschiebung erfahren. Bei dem Beuteljungen 47 endlich hat sich die Gaumenpapille in das Gaumenloch eingefügt. Von dem unpaaren Gaumenloch bleibt rechts und links die Lichtung der Canales naso-palatini erhalten. Die Umgrenzung derselben wird nunmehr hinten und lateral von der Gaumen- platte, vorn von der Verbindung der letzteren mit dem vorderen Rande der Apertura interna, medial von dem zur Gaumenpapille umgewandelten vorderen Ende des Septum narium gebildet. Die Oeffnung des Jacogson’schen Organes hat ihre Lage nicht mehr verändert und liegt nunmehr an der medialen Wand des Canalis naso-palatinus, in der Nähe dessen nasaler Mündung (Taf. XV, Fig. ga, J. O.). Letzterer bildet bei dem Beuteljungen 47 einen kurzen Kanal, der das Mundhöhlendach in verticaler Richtung durchsetzt. In Figur ga der Tafel XV ist derselbe durch punktirte Linien angedeutet (C.n.p.). Der primitive Boden der Nasenhöhle — an dessen hinterem Ende nach Obigem der Canalis naso-palatinus liegen muss — biegt ziemlich scharf in die vordere Wand des Kanales um, während sich der secundäre Boden der Nasenhöhle von hinten und von der Seite her allmählich gegen die nasale Oefinung desselben einsenkt (vergl. Fig. 9, Taf. XV). — Diese Verhältnisse erfahren weiterhin keine nennenswerthen Veränderungen mehr. Von grosser Wichtigkeit erscheint mir die Thatsache, dass bei der Bildung des Canalis ineisivus von Echidna die Oeffnung des Jacopson’schen Organes in dessen Wandung aufgenommen wird. Diese Beobachtung bestätigt die bereits von anderer Seite vertretene Anschauung, dass der Canalis naso-palatinus der Mammalier dem Jacosson’schen Organ seine Entstehung verdanke. Ich möchte meine Anschauung in folgender Weise präcisiren. Das Jacopson’sche Organ, welches bereits bei Amphibien eine functionelle Beziehung zur Mundhöhle besitzt, erfährt bei Säugethieren eine rück- wärts gerichtete Verschiebung seiner Oeffnung, durch welche die letztere in den Bereich der Apertura nasalis interna gelangt. Diese Lageveränderung ist dadurch bedingt, dass bei der zunehmenden Längsausdehnung des Cavum nasale der vorderste Abschnitt des letzteren und mit ihm der primäre Nasenboden ganz erheblich zurück- bleibt. Die Einbeziehung der Oeffnung des JacoBson’schen Organes in das vordere Ende der Apertura nasalis interna ist weiter die Ursache dafür, dass bei der Bildung des secundären Gaumens das vordere Ende der Apertur als Canalis naso-palatinus erhalten bleibt. Nach den Angaben in der Literatur scheint sich auch bei den höheren Säugethieren der Canalis naso-palatinus im Princip nach dem gleichen Modus zu bilden wie bei Echidna. Die kurze Angabe, dass in dem Kanal das vordere Ende der Apertura interna erhalten sei, findet sich wiederholt. Dursy geht bei seinen Untersuchungen auf die Bildung des Kanales im Besonderen nicht ein, erwähnt aber für Bos und für Homo, dass die STEnson’schen Gänge den Gaumentheil des Zwischenkiefers durchsetzen, welcher in das vordere Ende der noch offenen secundären Gaumenspalte einragt. Demnach kann Dursy nicht die Vor- stellung gehabt haben, dass die STEnson’schen Gänge bei der Bildung des secundären Gaumens ausgespart 472 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 70 werden. Dem gegenüber berichtet Schwink (72), der gleichfalis Embryonen vom Rind untersuchte, dass der STENSoN’sche Gang bei der Schliessung des secundären Gaumens zwischen diesem und dem primären Gaumen zunächst als ein spaltartiger Raum, der Mund- und Nasenhöhle mit einander verbindet, erhalten bleibe (p. 56). Bei älteren Embryonen werde das orale Ende des Ganges temporär durch Epithelmassen verschlossen, SCHWINK geht auf die Bildung der Papilla palatina nicht näher ein. Man wird die Angaben von SCHWINK und Dursy combiniren müssen, um eine richtige Vorstellung über die in Rede stehenden Entwickelungsvorgänge beim Rinde zu gewinnen. Jedenfalls bieten dieselben im Vergleich zu Echidna Besonderheiten. SCHWINK giebt von einem 28 mm langen Rindsembryo an, dass die offene Mündung des bereits schlauchförmigen Jacogson’schen Organes an der oralen Fläche des primitiven Nasenbodens liegt, so dass das Organ in das Cavum oris mündet; er illustrirt dieses Verhalten durch die Figur 14 auf Tafel I seiner citirten Arbeit. Nach allem, was wir über die Entwickelung des Jacogson’schen Organes der Säuge- thiere wissen, kann diese auffällige Lage der Mündung desselben nur in der Weise zu Stande gekommen sein, dass sich die Oeffnung des Organes um den vorderen Rand der Apertura nasalis interna herum abwärts verschoben hat und so an die orale Fläche des primitiven Nasenbodens, d. h. an das primitive Dach der Mundhöhle gelangt ist. Diese abwärts gerichtete Verlagerung der Oeffnung im Bereiche der Apertura interna tritt ja auch bei Echidna-Embryonen, allerdings in sehr viel geringerem Maasse, in die Erscheinung. — Dursy (15) giebt auf Tafel III, Figur 13 die Abbildung vom Mundhöhlendach eines 45 mm langen Rinds- embryos. An der Figur fällt auf, dass die Anlagen der Gaumenplatten sich über die Enden der schlitz- förmigen inneren Nasenlöcher hinaus nach vorn erstrecken, und dass sich ihre vorderen Enden einander bis zur Berührung nähern. An dem eben erwähnten Frontalschnitt, welchen ScHwink abbildet, ist die Anlage der Gaumenplatten (Gf) gleichfalls zu erkennen. Man hat sich demnach vorzustellen, dass die Oeffnung des Jacogson’schen Organes am primären Mundhöhlendach zwischen dem vorderen Ende des Gaumen- fortsatzes und dem vorderen Ende der Apertura nasalis interna liege. Kommt es nun zur Bildung des secundären Gaumens, wobei sich die Papilla palatina in das definitive Mundhöhlendach einfügt, so wird die Lichtung des Canalis naso-palatinus zwischen primärem und secundärem Gaumen ausgespart und die Mündung des Jacogson’schen Organes in die Wandung desselben einbezogen. Der Canalis naso-palatinus von Bos ist nicht kurz und vertical gestellt, die Oeffnung des JacoBson’schen Organes liegt nicht in der Nähe seines nasalen Endes wie bei Echidna; der Kanal ist vielmehr lang: gestreckt, steigt schräg nach hinten und oben auf, und das JacoBson’sche Organ öffnet sich in sein orales Ende. So erscheint die Bildung des Canalis naso-palatinus beim Rinde im Vergleich zu Zchidna modificirt, und ich halte es für sehr wohl möglich, dass diese Modificationen bedingt sind durch die starke Verlagerung der Mündung des JacoBson’schen Organes. Jedenfalls gewann ich den Eindruck, dass diese Entwickelungsvorgänge bei Rindsembryonen principiell nicht von denen bei Echidna verschieden sind. — Bei Canis familiaris geht nach den Untersuchungen von NUSSBAUM (53) das vordere Ende der Apertura interna in den STEnson’schen Gang über, wobei die Mündung des JacoBson’schen Organes in dessen Wandung. aufgenommen wird. Das unterste Ende des bei der Bildung des secundären Gaumens ausgesparten Ganges wird durch Wucherung des Epithels verlegt. Vor dieser Stelle bildet sich dann am Mundhöhlendach eine Einsenkung, welche sich mit dem oberen, offen gebliebenen Theile des Ganges secundär verbindet. Demnach ginge beim Hunde nur der grössere obere Abschnitt des Canalis naso-palatinus, der auch die Mündung des Jacogson’schen Organes enthält, aus dem vorderen Ende der Apertura interna hervor. 71 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 473 III. Zur Morphologie des Jacobson'schen Organes der Mono- tremen und der ührigen Säugethiere. A. Jacobson’sches Organ und Canalis naso-palatinus. Aus den ontogenetischen Vorgängen bei Echidna, Ungulaten und Carnivoren ergiebt sich als gemeinsame Thatsache, dass die Oeffnung des Jacosson’schen Organes bereits in der Apertura interna liegt, bevor der Canalis naso-palatinus entsteht, dass ferner der vordere Theil der Apertur, der eben die Oeffnung des Organes enthält, bei der Bildung“ des secundären Gaumens zum Canalis naso-palatinus wird. Das Jacogson’sche Organ entsteht unabhängig vom STENSonN’schen Gang; aber man kann nicht sagen, dass die Bildung des letzteren unabhängig vom Jacopson’schen Organ erfolge. Das vordere Ende der Apertura nasalis interna wird zu einem die Nasen- und Mundhöhle mit einander verbindenden Gang abgeschlossen, weil das JacoBson’sche Organ mit seiner Mündung bei der Ausgestaltung der Nasenhöhle die Lage im vorderen Ende der Apertur erlangt hat. — Mit dieser aus der Ontogenie von Echidna und anderer Säuge- thiere gewonnenen Vorstellung ist die Thatsache in gutem Einklang, dass wir bei der grössten Mehrzahl der Mammalier das Jacogson’sche Organ in den Canalis naso-palatinus einmünden sehen, so dass man dies Verhalten als das typische bezeichnen darf. Das Jacogson’sche Organ öffnet sich in den Canalis naso-palatinus bei beiden Monotremen, bei allen Marsupialiern (Röse [64], SyminGton [81], BRoom [11]); ferner bei Edentaten (Manis tricuspis, M. WEBER [85|]), Artiodactylen (Sus, Cervus, Ovis, Bos, HERZFELD |24|, SCHwWINK [72|), bei Insectivoren (Talpa, HERZFELD [24], ausserdem Sorex, Erinaceus, JUNGERSEN [32]), bei Carnivoren (Canis, Felis, HERZFELD [24], JUNGERSEN [32|, SCHWink [72]), bei einigen Arten der Chiroptera (Vesperugo pipistrellus, DuvaL et GARNAULD |I6], Miniopterus, Broonm [8]), bei Prosimiern (Lemur, HERZFELD |24], und Tarsius [eigene Beobachtung]), endlich bei Arcto- pithecen (Hapale, HERZFELD [24]. Die Mündung des Organes liegt entweder wie bei Echidna im nasalen Ende des Canalis naso-palatinus oder sie rückt mehr oder weniger weit abwärts. Diese Verschiebung tritt nach den ausführlichen Darstellungen BRoom’s (II) schon bei Marsupialiern in die Erscheinung. Bei einigen derselben liegt die Oeffnung direct am nasalen Ende des Stenson’schen Ganges im Niveau des primären Nasenbodens, bei anderen rückt sie mehr oder weniger weit abwärts. Am stärksten ist die Verschiebung der Mündung wohl bei Ungulaten (Bos), wo wir dieselbe in der Nähe des Gaumenendes des Ganges finden. Mit der Senkung, welche die Oeffnung des Organes an der Wandung des Canalis naso-palatinus erfährt, gehen Umgestaltungen am vorderen Ende des Jacogson’schen Knorpels Hand in Hand. Auch der Canalis naso-palatinus zeigt bei den höheren Säugethieren hinsichtlich der Länge und der Richtung, in welcher er das Mundhöhlendach durchsetzt, in den einzelnen Gruppen Besonderheiten. Auf diese speciellen Verhältnisse brauche ich hier nicht einzugehen. Die Thatsache, dass sich die Verbindung des Organes mit dem Canalis naso-palatinus in der Mammalierreihe so häufig findet, spricht entschieden für eine enge morphologische Beziehung zwischen beiden in dem Sinne, wie es oben ausgeführt wurde. Doch bestehen bei Säugethieren auch verschiedene Abweichungen von diesem typischen Verhalten, die in Kürze zu berücksichtigen sind. Bei einer Reihe von Formen ist das Jacosson’sche Organ rückgebildet und fehlt dem Erwachsenen vollständig (von Resten des Jacogson’schen Knorpels abgesehen). Die Reduction des JacoBson’schen Organes combinirt sich in einigen dieser Fälle mit dem Verschluss der Lichtung des Canalis naso-palatinus Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 72 474 also mit einer Rückbildung desselben. Das trifft zu für Pinnipedier (Phoca, HERZFELD [24], JUNGERSEN [32]) und Cetaceen (Phocaena, JUNGERSEN [32]); ferner für Molossus obscurus (JUNGERSEN |32]), für einige Chiropteren (Vespertilio murinus, Rhinolophus ferrum egwinum, DuvAL et GARNAULD [16]) und endlich als Regel für den erwachsenen Menschen. Das Fehlen des Jacogson’schen Organes und der gleichzeitige Verschluss des Canalis naso-palatinus ist natürlich zu Gunsten der Auffassung verwerthbar, dass die Entstehung des Gaumen- ganges durch das JacoBson’sche Organ veranlasst sei. Hieran wird nichts geändert, wenn bei Embryonen von Phoca (12 cm Länge) zwar die rudimentäre Anlage des Jacogson’schen Organes noch besteht, die Lichtung des Canalis naso-palatinus dagegen bereits verlegt ist (JUNGERSEN). In anderen Fällen, wo gleichfalls das Jacosson’sche Organ bis zum völligen Schwunde rückgebildet ist, bleibt der Canalis naso-palatinus erhalten. Dieser Zustand besteht bei den Affen der alten Welt (Cerco- pithecus, Inuus, HERZFELD |24]), ferner bei einzelnen Chiroptera!) (Pteropus, HERZFELD [24]. Die Thatsache, dass hier ein durchgängiger Canalis naso-palatinus besteht, während das JacoBson’sche Organ fehlt, scheint mir darauf hinzuweisen, dass dem STEnson’schen Gang eine gewisse Selbständigkeit zukommt. Wenn auch in der Säugethierreihe der Anlass zu seiner Bildung durch das Jacopson’sche Organ gegeben wird, so bleibt er doch nach Rückbildung des letzteren, also nach Elimination des Momentes, welches seine Ent- stehung veranlasste, gelegentlich als selbständige Bildung erhalten. Diese Thatsache wird nun wichtig für die Beurtheilung jener Fälle, wo ein gut entwickeltes Jacogson’sches Organ und ein durchgängiger Canalis naso-palatinus bestehen, ohne dass eine Beziehung zwischen beiden erkennbar wäre. So liest bei den Nagethieren (Lepus, Mus, Cavia, KLEIN, HERZFELD, SCHWINK, JUNGERSEN u. A.) die Mündung des JACOBSON- schen Organes vor der nasalen Oeffnung des Canalis naso-palatinus, also oberhalb des primären Bodens der Nasenhöhle. Eine Erklärung für dieses Verhalten ergiebt sich wohl aus folgenden Ueberlegungen. Wir sahen, dass die Anlage des Jacogson’schen Organes bei Echidna-Embryonen zunächst vor der Apertura interna und oberhalb des primären Bodens der Nasenhöhle liegt; dass seine Oeffnung sich später rückwärts verschiebt und in den Bereich des inneren Nasenloches gelangt, und dass sie bei der Schliessung des secundären Gaumens schliesslich in den Canalis naso-palatinus aufgenommen wird. Die Verlagerung der Organöffnung nach hinten brachte ich mit der Thatsache in Verbindung, dass bei dem Längenwachsthum der Nasenhöhle der vordere Abschnitt derselben und mit diesem der primäre Nasenboden erheblich zurück- bleibt. Treten nun Umstände ein, durch welche die Verkürzung des primitiven Nasenbodens hintangehalten wird, so könnte sehr wohl die relative Rückverschiebung der Oefinung des JacosBson’schen Organes aus- bleiben oder doch nicht ausreichen, um dieselbe in den Bereich der Apertura interna gelangen zu lassen. Ein Moment, welches bei Nagern in dieser Richtung wirksam sein könnte, besteht in der mächtigen Ent- faltung der Alveolen der Nagezähne. Ich erkläre mir demnach die Lage der Oeffnung des Jacosson’schen Organes vor der Apertura interna bezw. vor der nasalen Mündung des Canalis naso-palatinus bei den Nage- thieren in der Weise, dass als Folge der starken Entwickelung der Nagezahnalveolen der primitive Boden des Cavum nasale verhältnissmässig lang bleibt und so die rückwärts gerichtete Verschiebung des JacoBson- schen Organes beeinträchtigt wird. Wenn sich nun trotzdem der Canalis naso-palatinus ausbildet, so dürfte derselbe in ähnlicher Weise wie bei den Formen, die das Jacogson’sche Organ verloren haben, als selb- ständig gewordene Einrichtung vererbt worden sein. Auch bei menschlichen Embryonen hat das rudimentäre Jacosson’sche Organ keine Beziehung zu dem noch durchgängigen Canalis incisivus. In diesem Falle erklärt sich die Lage der Oeffnung des Organes 1) Im Gegensatz zu den Angaben von DuUVAL und GARNAULD giebt JUNGERSEN (32) für Vesperugo pipistrellus und SCHWINK (72) für Vespertilio murinus an, dass das JaCoBson’sche Organ fehle und die Lichtung des Canalis naso-palatinus durch- gängig sei. 73 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 475 am Septum in ziemlichem Abstande vom Boden der Nasenhöhle wohl durch die Höhenzunahme des Cavum nasale, die ihrerseits wieder durch die Prognathie des Schädels bedingt sein mag. Ich gelange also zu der Anschauung, dass die von dem gewöhnlichen Verhalten abweichende Lage der Oeffnung des Jacogson’schen Organes bei Rodentiern und bei menschlichen Embryonen durch specielle Verhältnisse im Bau des Cavum nasale bedingt ist. Beim Pferd besteht nach den Angaben von HERZFELD (24) und Broom (10) ein wohl entwickeltes Jacogson’sches Organ; dasselbe öffnet sich an der medialen Wand einer tiefen, trichterförmigen Einsenkung am Boden der Nasenhöhle, welche dem oberen Theil des Canalis naso-palatinus entspricht. Das orale Ende des Kanales ist verschlossen; nach GRATIOLET (22) findet sich der gleiche Zustand beim Kameel und der Giraffe. — Meine Auffassung über die genetische Beziehung zwischen Jacogsox’schem Organ und Canalis naso-palatinus basirt darauf, dass die functionelle Beziehung des Jacogson’schen Organes zur Mundhöhle, die als eine Grundeigenschaft desselben erscheint, bei Säugethieren dadurch gewahrt bleibt, dass bei der Bildung des secundären Gaumens der Canalis naso-palatinus ausgespart wird. Bei den in Rede stehenden Formen ist die physiologische Beziehung des JacoBson’schen Organes zum Cavum oris durch den Ver- schluss des Canalis naso-palatinus aufgehoben, doch besteht ein grosser Theil des letzteren in der tiefen, trichterförmigen Einsenkung des Nasenbodens. Dieses Verhalten ist daher mit meiner Auffassung nicht gut in Einklang zu bringen, es müsste denn sein, dass das Jacogson’sche Organ bei den genannten Thieren seine Function bereits eingebüsst hat; dann würde der Verschluss des oralen Endes des Canalis naso-pala- tinus als das erste Zeichen der beginnenden Reduction des Organes aufzufassen sein. Doch habe ich aus den Literaturangaben keine Anhaltspunkte gewonnen, die diese Meinung stützen könnten. Eine befriedigende Erklärung der Befunde bei Eguus u. s. w. vermag ich demnach nicht zu geben. Immerhin habe ich die Ueberzeugung, dass dieses, von den typischen Verhältnissen abweichende Verhalten des Canalis naso-pala- tinus meine oben ausführlich dargelegten Anschauungen nicht zu beeinflussen braucht. Denn einmal sind es verschwindend wenig Formen, bei denen dasselbe beobachtet wurde, und ferner geht aus der Thatsache, dass nur das orale Ende des Nasengaumenganges verlegt ist, mit Sicherheit hervor, dass die in Rede stehenden Formen von solchen abzuleiten sind, die einen durchgängigen Canalis naso-palatinus besessen haben. Der partielle Verschluss des STEnson’schen Ganges bei Equus erscheint als secundärer Zustand. Fassen wir in Kürze die Anschauungen zusammen, welche sich aus den obigen Ausführungen ergeben. Die Mündung des Jacogson’schen Organes, welche ursprünglich (bei Amphibien und Cheloniern) über dem primitiven Nasenboden und vor der Apertura nasalis interna liegt, erfährt bei Säugethieren eine rückwärts gerichtete Verschiebung, durch welche sie hinter den primitiven Nasenboden in den Bereich des vorderen Endes der Apertura interna gelangt. Diese Verlagerung ist dadurch bedingt, dass der vordere Abschnitt des Cavum nasale, welcher bei Amphibien und Cheloniern den grössten Theil der Nasenhöhle bildet, bei der Ausgestaltung der Nasenhöhle der Säugethiere in der Entwickelung ganz erheblich zurück- bleibt; die relative Verkürzung des primitiven Nasenbodens ist eine Theilerscheinung dieses Vorganges. Bei der Ausbildung des secundären Gaumens bleibt das vordere Ende der Apertura interna, welches die Mündung des Jacogson’schen Organes enthält, als Canalis naso-palatinus erhalten. Auf diese Weise wird die functionelle Beziehung zur Mundhöhle gewahrt, welche das Jacogson’sche Organ von vornherein besitzt. Die Entstehung des Ductus naso-palatinus ist eine Consequenz der Lageveränderung des JacoBson’schen Organes. — Die Einmündung des Jacopson’schen Organes in den Canalis naso-palatinus kann als typisches Verhalten für die Säugethiere hingestellt werden. Durch specielle Umstände kann dieses Verhalten abge- ändert werden. Bei den Nagethieren hat die mächtige Entfaltung der Alveolen der Nagezähne eine ver- hältnissmässig grosse Länge des primitiven Nasenbodens zur Folge. Die Oeffnung des Jacogson’schen Jenaische Denkschriften. VI. 10 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III, 6l 476 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 74 Organes verbleibt vor der Apertura interna, ohne Beziehung zum Canalis naso-palatinus. Bei menschlichen Embryonen wird die Verbindung des rudimentären JacoBson’schen Organes mit dem Canalis naso-palatinus dadurch aufgehoben, dass sich ersteres bei der Höhenzunahme des Cavum nasale am Septum aufwärts ver- schiebt. — Die Reduction des JacoBson’schen Organes kann sich mit einem Verschluss des Canalis naso- palatinus combiniren (Cetaceen, Primipedier, Mensch), oder es bleibt dabei die Lichtung des STENSon’schen Ganges erhalten (catarrhine Affen, einzelne Chiroptera). Meiner Auffassung steht die von JUNGERSEN und SCHWINK vertretene gegenüber; beide Autoren sind der Ansicht, dass Canalis naso-palatinus und JacoBson’sches Organ unabhängig von einander gebildet werden und secundär mit einander in Verbindung treten. SCHWINK (72) stützt sich dabei zunächst auf die oben berücksichtigten Entwickelungsvorgänge bei Bos und zwar im Besonderen auf die Thatsache, dass der STENson’sche Gang später entsteht als das Jacosson’sche Organ. Hierbei lässt ScHwInk aber unbe- rücksichtigt, dass der STEnsoN’sche Gang aus dem vorderen Ende der Apertura interna hervorgeht, in welchem die Mündung des Jacogson’schen Organes liegt. Ich meine, dass gerade hierin der Einfluss, den ‚das Jacogson’sche Organ auf die Genese des Canalis naso-palatinus ausübt, zum Ausdruck kommt. Dass der Kanal später entsteht als das Jacogson’sche Organ, kann nicht auffallen, wenn man bedenkt, dass das letz- tere eine alte, von den Amphibien übernommene Einrichtung ist, während der Canalis naso-palatinus erst in der Säugethierreihe selbst mit der Ausbildung des secundären Gaumens entstanden sein kann. Man könnte nur dann behaupten, dass in der Ontogenie die Bildung des Canalis naso-palatinus unabhängig vom Jacogson’schen Organ erfolgt, wenn man nachwiese, dass die Mündung des letzteren secundär in den fertig; gebildeten Kanal einrückte. Ein derartiger Vorgang kommt aber, soviel wir wissen, nicht vor. Ausserdem stützt ScHwink und ferner JUNGERSEN (32) seine Auffassung auf die Thatsache, dass bei den Nagethieren die Oeffnung des JacogBson’schen Organes vor dem Canalis naso-palatinus liegt, beide Ein- richtungen in der That also unabhängig von einander bestehen. Wenn man berücksichtigt, dass bei Amphibien und Cheloniern das Jacogsonx’sche Organ gleichfalls vor dem inneren Nasenloch und über dem primitiven Boden der Nasenhöhle liegt, so kann es berechtigt erscheinen, auch die Lage der Organmündung bei den Rodentia als einen primitiven Zustand aufzufassen. Ich schliesse mich dieser Ansicht deshalb nicht an, weil bereits bei Monotremen und bei Marsupialiern die Beziehung des JacoBson’schen Organes zum Canalis naso-palatinus in der Ontogenie wie in den fertigen Zuständen so deutlich zum Ausdruck kommt, ferner weil bei den Rodentia in der Entfaltung der Nagezahnalveolen Verhältnisse bestehen, die nicht ohne Einfluss auf das Verhalten des primitiven Nasenbodens bleiben können. Eine andere Anschauung scheint mir GEGENBAUR (2I, p. 974) zu vertreten, indem er den STENSOoN’schen Gang als Ausführungsgang des Jacosson’schen Organes bezeichnet. Ich meine, dass GEGENBAUR mit dieser Auffassung etwas zu weit geht. Ich möchte dagegen einwenden, dass bei den Echidna-Embryonen, in ganz der gleichen Weise aber auch bei Embryonen der höheren Säugethiere, vor der Schliessung des secundären Gaumens, also auch vor der Bildung des Canalis naso-palatinus am JacoBson’schen Organ eine Sonderung; in den mit indifferentem Epithel ausgekleideten „Einführungsgang“ und den sensoriellen Hauptabschnitt des ÖOrganes vollzogen ist. Kommt es nun mit dem Abschluss der Gaumenbildung zur Entstehung des Canalis naso-palatinus, so liegt die scharf umgrenzte Oefinung des Einführungsganges des JacoBson’schen Organes im Bereiche des letzteren. Der Canalis naso-palatinus stellt einen Verbindungsgang zwischen Mund- und Nasenhöhle dar, in dessen Wandung die Mündung des JacoBson’schen Organes liegt. 75 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 477 B. Das Jacobson’sche Organ der Monotremen und der Säugethiere überhaupt. I. Das Jacobson’sche Organ der Monotremen. Echidna. Bei Echidna-Embryo 46 und 47 zeigt das Jacosson’sche Organ noch einfache Verhältnisse, Der enge Einführungsgang steigt schräg nach hinten und oben auf, während sich der weitere, sensorielle —.))) > (IF =-__-- Ap.nas. ext. an! Fig. 10. Schnitte durch die Nasenhöhle von Erchidna-Embryo 46. Die Richtung derselben ist schräg von vorn-oben nach hinten-unten. Schnitt A trifft den Einführungsgang des JacoBSoN’schen Organes (J. O.), Schnitt B den sensoriellen Theil des- selben; Os incis. unpaarer Fortsatz beider Zwischenkiefer, Ap. nas. ext. äusseres Nasenloch. Das Plattenepithel des Atriums ist durch die der Contour parallele Strichelung angegeben. D.n.!. Ductus naso-lacrymalis, in Schnitt A dicht vor der Mündung, Os max. Os maxillare. Theil desselben in den unteren Randwulst des Septums einbettet. Textfig. IOA zeigt einen Schnitt durch den cylindrischen und mit indifferentem Epithel ausgekleideten Einführungsgang bei Embryo 46; in Fig. B N A: Car nas. Fig. Iı. Schnitte durch die Nasenhöhle von Echidna, Beuteljunges 47. Schnittrichtung fast horizontal, wenig nach hinten und unten geneigt. Schnitt A liegt am tiefsten und trifft den vorderen Theil des JacoBson’schen Organes (J. O.); die Schnitte B und C liegen höher und treffen das JacOBSon’sche Organ weiter hinten. Praem. Os praemaxillare, @l. Drüsenanlagen, D. nasol Thränenkanal, dessen Mündung in Fig. A getroffen ist, Max. Oberkieferknochen, (.J. JacoBsoXx’scher Knorpel, W. unterer Rand- wulst des Septums, S. verbindender Spalt zwischen beiden Nasenhöhlen, R. Rinne zwischen Randwulst des Septums und secun- därem Nasenboden, G1..J. JACOBSON’sche Drüse. Knorpel schwarz, Knochen eng punktirt. Das Plattenepithel des Atriums ist durch Strichelung angegeben. Der mit 4 bezeichnete Vorsprung entspricht der ebenso bezeichneten Wulstung der Taf. XV, Fig. gb. 10* 61% - 478 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 76 ist der sensorielle Abschnitt des Organes getroffen. Der Uebergang zwischen beiden Abschnitten er- folgt ganz allmählich. An dem sensoriellen Theile des Organes ist die Sonderung zwischen Sinnes- epithel und indifferentem Epithel jetzt scharf ausgeprägt. Die äussere Form des Organes kann man etwa mit einem Halbceylinder vergleichen. Seine laterale Wand erscheint ziemlich plan und geht in einer oberen und unteren abgerundeten Kante in die stark gebogene Prim. Bod. al — R BIS mediale Wand über. Letztere trägt das Sinnesepithel. Bei dem Beuteljungen 47 (vergl. Textfig. ıı) ist der sen- Ap.nas. sorielle Theil des Organes grösser geworden; die laterale 3 Wand des Schlauches erscheint leicht gegen das Lumen eingebuchtet, so dass letzteres bereits, wenn auch nur in An- aa deutung, auf den Schnitten eine Sichelform zeigt. Der hintere ag Wurd. x Theil des sensoriellen Abschnittes zeigt eine stärkere Ent- faltung (vergl. Textfig. 1A und B). Das hintere zugespitzte Ende des JacoBson’schen Organes nimmt die Anlage einer Drüse auf, die sich als ein einfacher, nur an seinem Ende spärlich verzweigter DE Schlauch ziemlich weit rückwärts verfolgen lässt; sie ist Bas.cran. —ı4 gleichfalls in den unteren Randwulst des Septums ein- Fig. ı2. Knorpelige Nasenkapsel von Echidna- gelagert. Bei Embryo 46 ist die Glandula Jacobsonii (G1.J.) Embryo 46 in ventraler Ansicht. Nach einem Platten- modell. Erklärung siehe im nebenstehenden Text und später in dem über das Maxillo-turbinale handelnden im Bereich der Pars respiratoria der Nasenhöhle und zwar am Abschnitt. die einzige angelegte Drüse. Bei dem Beuteljungen 47 treten unteren Randwulst des Septums weitere Drüsenanlagen auf (Textfig. ın Gl.). — Ueber das Verhalten des Jacogson’schen Knorpels bei Echidna-Embryo 46 giebt die Textfig. 12 eine Vorstellung. Die Figur zeigt die untere Ansicht der knorpeligen Nasenkapsel nach einem Plattenmodell. Vorn bildet die Kapsel einen geschlossenen Boden (Prim. Bod.), auf dem in der Medianebene der vorderste Theil des Septum nasale fusst, und der dem primitiven Boden des Cavum nasale eingelagert ist. Der hintere freie Rand dieser Fläche setzt sich lateralwärts und nach hinten in den unteren freien Rand der seitlichen Wand der Kapsel fort; er entspricht dem vorderen Rande der Apertura nasalis interna. Der freie untere Rand des knorpeligen Septums hängt hinten continuirlich mit der Anlage der knorpeligen Schlussplatte (Schl.) zusammen, mit der auch von der Seite her der freie untere Rand der lateralen Wand der Kapsel sich verbindet. — Die Cartilago paraseptalis (Jacogson’scher Knorpel) geht vorn, rechts und links von der Medianebene von dem geschlossenen Boden der Kapsel aus und erstreckt sich, dem unteren Rande des Septums von unten und von der Seite her angelagert, nach hinten; seine Länge entspricht nicht ganz der Hälfte des freien unteren Randes des Septums. Der Knorpel ist in seinen vorderen zwei Dritteln rinnen- förmig gestaltet; die Rinne öffnet sich nach seitwärts und unten (vergl. Textfig. 10). An der hinteren Grenze des zweiten Drittels nimmt der Knorpel in allmählichem Uebergange die Form eines rundlichen, von den Seiten her comprimirten Stabes an, um dann mit abgerundeter Spitze zu enden. In den rinnen- förmigen Theil ist das Jacogson’sche Organ eingelagert, welches, wie Textfig. IO zeigt, die Lichtung der Rinne ziemlich genau ausfüllt. — Bei Embryo 47 schliesst sich, wie aus Textfig. II zu ersehen ist, die knorpelige Rinne zu einem Rohre ab, in dessen Wandungen natürlich vorn für den Einführungsgang, hinten für Drüse, Gefässe und Nerven Oefinungen ausgespart bleiben; in allen wesentlichen Punkten bleibt das Verhalten der Knorpelkapsel zunächst unverändert. 77 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 479 Ein Vergleich der Textfigur I2 mit der Figur 30 auf p. 463 meines Aufsatzes in der Festschrift für GEGENBAUR zeigt, dass bei Echidna-Embryonen die Cartilago paraseptalis eine geringere Entwickelung besitzt als bei dem Halmaturus-Embryo (und auch bei anderen Beutelthier-Embryonen). Bei letzterem steht dieselbe in continuirlicher Verbindung mit der knorpeligen Anlage der Schlussplatte, während sie bei Echidna-Embryonen in weitem Abstande von derselben endet. In dieser Hinsicht zeigen die Beutelthier- Embryonen primitivere Verhältnisse als Echidna, und ich suche die Ursache für die Thatsache, dass bei letzterer die Verbindung zwischen Cartilago paraseptalis und knorpeliger Schlussplatte überhaupt nicht in die Erscheinung tritt, in der so ausgesprochenen Verlängerung der Schnauze. Die Lösung der Verbindung zwischen Cartilago paraseptalis und Schlussplatte mag auch veranlassen, dass letztere bei Echidna nicht, wie bei dem Halmaturus-Embryo, durch einen Spalt vom Septum cartilagineum getrennt ist. Das Jacogson’sche Organ von dem Beuteljungen 47 zeigt in allen wesentlichen Punkten hinsichtlich seines Baues und seiner Lage dieselben charakteristischen Merkmale, wie das Jacosson’sche Organ der überwiegenden Mehrzahl der Mammalier. Es bildet einen nach hinten geschlossenen Schlauch, der dem unteren Theil des Septum narium eingelagert ist und der sich vorn mit einem kurzen und engen Ein- führungsgang in den Canalis naso-palatinus öffnet. Die mediale Wand des Lumens ist concav und trägt das Sinnesepithel, die laterale Wand ist gegen das Lumen vorgebuchtet, also convex gekrümmt und mit indifferentem Epithel überzogen. Das Organ ist in eine Knorpelkapsel eingelagert, die dem unteren Rande des Septums angelagert ist und nach vorn continuirlich mit dem Boden der knorpeligen Nasenkapsel zusammen- hängt. In das hintere Ende des Organes mündet eine dem unteren Rande des Septums eingelagerte Drüse. Ich habe die weitere Entwickelung des Organes bei Echidna nicht verfolgt. Aus den Untersuchungen von PARKER (54), SYMINGTON (So) und BRoon (9) geht hervor, dass sich dasselbe noch über diesen „Placentalier- Typus“ hinaus weiter entwickelt. Doch handelt es sich bei dieser weitergeführten Differenzirung nur um eine speciellere Ausgestaltung des bereits bei Embryo 47 Angelegten. Jedenfalls treten keine neuen, den übrigen Säugethieren fremden Einrichtungen hinzu. Ehe ich auf die weitere Ausgestaltung des JacoBsox’schen ÖOrganes eingehe, ist kurz eine Ver- änderung im Verhalten der knorpeligen Nasenkapsel zu berücksichtigen. Bei älteren Echidnen sind die beiden Jacogson’schen Organe von einer medianen unpaaren Knorpelplatte unterlagert, die sich seitwärts bis in den Bereich des Bodens der Nasenhöhle erstreckt. Diese Platte hängt jederseits, lateral vom Canalis naso-palatinıs mit dem Boden der Knorpelkapsel, wie er sich in Textfigur 1ı2 darstellt, zusammen; sie entsteht, wie aus den Angaben von W. N. PARKER (54, p. 8) zu schliessen ist, in der Weise, dass der knorpelige Boden des Embryo 46 seitlich vom Canalis naso-palatinus nach hinten und medianwärts auswächst; die so gebildeten Platten lagern sich in den secundären Nasenboden ein und verschmelzen in der Medianebene (vergl. Textfigur 13 pl). Es handelt sich also hier um eine secundäre Ausdehnung des Bodens der knorpeligen Nasenkapsel in den Bereich des secundären Gaumens. Die weite Oeffnung im Boden der Knorpelkapsel, die Embryo 46 zeigt und die der Apertura nasalis interna entspricht, wird bei den älteren Thieren durch die Knorpelplatte in ihren vorderen Theil verlegt. Die weitere Ausgestaltung des Jacosson’schen Organes — ich benutze hierbei die Arbeiten von PARKER, BROOM und SyMINGTON — bezieht sich wesentlich auf den hinteren Abschnitt des Schlauches, der schon bei Embryo 47 sich durch etwas grösseren Umfang auszeichnet. Von der ganzen Länge des Schlauches ist es das zweite und dritte Viertel, welches die folgenden Veränderungen erfährt. Der Umfang des Organes vergrössert sich, und seine laterale Wand buchtet sich stärker in das Lumen vor. Diese Ein- buchtung der lateralen Wand nimmt die Form einer Platte an, welche die Lichtung des Organes bis auf einen schmalen Spalt verdrängt. Nach vorn und nach hinten nimmt diese Platte (turbinal of JacoBson’s 480 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 78 organ, turbinated process) allmählich an Höhe ab; sie erhält endlich eine Stütze durch eine von der Innen- fläche des Jacogson’schen Knorpels ausgehende knorpelige Leiste. Der ganze concav geformte Theil der Wandung trägt das Sinnesepithel, während die plattenförmige Ein- ragung mit indifferentem Epithel überzogen ist. Dass diese platten- förmige Einragung principiell nicht verschieden ist von der leichten Ein- biegung, wie sie die Seitenwand des Jacogson’schen Organes in ihrer ganzen Länge bei vielen anderen Säugethieren aufweist, hebt SYMINGTON mit Recht hervor und wird auch von BRooM erwähnt. — Die in das hintere Ende des Organes mündende Drüse (septal gland, PARKER) erfährt eine weitere Ausgestaltung; ihre Verästelungen liegen in dem hinteren Theile des unteren Randwulstes des Septums; ausserdem treten kleine : Da £ Drüsen an der Seitenwand des Organes auf, und zwar in seiner ganzen Fig. 13. Echidna aculeata. Junges ’ 5 Thier von 21,5 cm Länge. Frontalschnitt durch die Nasenhöhle in der Mitte des . , 3 B N Jacogson’schen Organes. Copienach Lumen des Schlauches. Aus Gründen der Bequemlichkeit füge ich in W. N. PARKER, Proc. Zool. Soc., 1894, Taf. 3, Fig. 1. — C.n. Cavum nasale, D. n. I. Ductus naso-lacrymalis, pl Taf. III, Fig. 14), welche einen Durchschnitt durch die Nasenhöhle in Knorpelplatte im secundären Nasen- R e R 5 i Da 70 Jacopson’sches Organ, m der Mitte des JacoBson’schen Organes von einer jugendlichen Echidn« 0.0 5 muschelförmige Einragung im JACOBSON- schen Organ. Länge; dieselben münden im Bereiche des indifferenten Epithels in das Textfigur 13 die Copie einer Zeichnung von W. N. PARKER hinzu (54, aculeata (von 21,5 cm Länge) zur Anschauung bringt. Ornithorhynchus. Ueber das Jacogson’sche Organ von Ornithorhynchus verdanken wir BRooM (9) und SYNINGTON (80) werthvolle Mittheilungen, die eine klare Vorstellung von dem Bau desselben geben. Trotz der Besonderheiten, die das Organ beim Schnabelthier aufweist, findet sich dasselbe doch in den wichtigsten Punkten in Uebereinstimmung mit dem von Echidna und den übrigen Säugethieren. Das Organ dehnt sich B. Jo Im UT N N Fig. 14. Ornithorhynchus; zwei Frontalschnitte durch die Nasenhöhle. A zwischen Apertura externa und Canalis naso- palatinus; B hinter dem letzteren. Copie nach SyMmInGTon, Proc. Zool. Soc., 1891, Taf. XLII, Fig. ı und 2. C.n. Nasenhöhle, in Fig. A in drei über einander liegende Abschnitte getheilt. J. 0. JacoBSon’sches Organ, (.J. JacoBsoN’scher Knorpel, mm. muschel- förmiger Vorsprung im JACOBson’schen Organ, D. hantelförmiger Knochen, n. Nerv, praem. Os praemaxillare. längs des unteren Randes des Septum narium von vorn nach hinten aus; sein Lumen öffnet sich mit einer engen Mündung an der medialen Wand des Canalis incisivus; es wird von einem röhrenförmigen Knorpel umgeben, der nach vorn in continuirlicher Verbindung mit dem Boden der knorpeligen Nasenkapsel steht. Die mediale Wand des Lumens ist concav gewölbt und trägt das Sinnesepithel; die laterale Wand ist in das Lumen vorgebuchtet und bildet ähnlich wie bei Echidna eine plattenförmige, die Lichtung des Organes erfüllende Einragung. Dieser Vorsprung ist viel stärker entwickelt als bei Zchidna; er erstreckt sich durch 79 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 481 die ganze Länge des Organes; er bildet im vorderen Theile des Organes eine schmale, horizontal gestellte Platte, welche weiter rückwärts, wo auch das Organ selbst umfänglicher wird, stärker vorspringt und mit ihrem freien Ende nach unten umgebogen und leicht eingerollt ist. Man kann diesen Vorsprung ganz wohl als muschelförmig bezeichnen (turbinal of JacoBson’s organ, turbinated process), doch darf man dabei, wie WIEDERSHEIM (87) mit Recht hervorhebt, nicht an die Riechmuscheln denken, da derselbe in seiner ganzen Länge mit indifferentem Epithel überzogen ist. Schon PARKER (54, p. II) betont, dass die Function des „JacoBson’s turbinal‘“‘ keine sensorielle, sondern eine rein mechanische sein müsse. Der Vorsprung erhält auch bei Ornithorhynchus, und zwar in seiner ganzen Länge, eine Stütze durch ein Knorpelblatt, welches von der Innenfläche der knorpeligen Scheide des Organes ausgeht. Die Form dieser Einragung bringt es mit sich, dass das Lumen des Organes auf dem Frontalschnitt nicht wie bei Echidna die Gestalt einer schmalen Sichel oder eines Hufeisens zeigt, sondern mit dem Anfangstheil einer Spirale oder der Krümmung eines Bischofsstabes (BRooM, 9) verglichen werden kann. Der muschelförmige Vorsprung im JacoBson’schen Organ von ÖOrnithorhynchus wird natürlich in der gleichen Weise zu beurtheilen sein wie der von Echidna ; er ist bei ersterem nur noch stärker entwickelt als bei letzterer. — Wie bei Echidna mündet auch bei Ornithorhynchus in das hintere Ende des Organes eine Drüse (septal gland, PARKER), ferner liegen zahlreiche kleine acinöse Drüsen in der Schleimhaut der muschelförmigen Einragung. In allen diesen Punkten zeigt das Jacogson’sche Organ von Ornithorhynchus entweder volle Uebereinstimmung mit dem der Mammalier oder nur graduelle Verschiedenheiten gegen dasselbe. Nur in einer Hinsicht weicht es von dem Placentalier- typus entschieden ab. Allenthalben liegt die Oeffnung des JacoBson’schen Organes an dessen vorderem Ende, oder mit anderen Worten, von der Mündung an dehnt sich das schlauchförmige Organ ausschliesslich nach hinten aus. Das trifft auch für Echidna nach den Beobachtungen von PARKER (54) und SYMINGTON (SI) zu. Bei den Embryonen von Echidna habe ich auf diesen Punkt nicht besonders geachtet; jedenfalls ist mir eine Abweichung von dem gewöhnlichen Verhalten nicht aufgefallen. Dagegen erwähnt BrooMm (9, p- 71/72) ein „extreme anterior end of JacoBson’s organ“, welches vor der Oeffnung des Organes in den Canalis naso-palatinus liegt und auf dem Frontalschnitt ein unbedeutendes, von oben nach unten abgeplattetes Lumen zeigt. Auf der Tafel II, Fig. 2 der citirten Abhandlung von BRooM ist indessen dies Lumen mit a.n.»p.c. bezeichnet, was nach der Tafelerklärung auf p. 79 bedeutet: „naso-palatine canal, anterior curve at entrance to Jacogson’s organ‘. Bei diesem Widerspruch sehe ich von einer Verwerthung der Angaben ab. Dagegen erwähnt Broom (II) ausdrücklich, dass das Jacosson’sche Organ von Perameles einen kurzen, nach vorn gerichteten Blindsack bilde, der vor der Oeffinung des Organes liest und nach der Zeichnung an seiner medialen Wand sogar Sinnesepithel trägt. Auch bei Trichosurus vulpecula besteht ein vorderer Recessus am Jacosson’schen Organ. — Soweit wir über diese Verhältnisse unterrichtet sind, können wir für Echidna wie für die meisten höheren Säugethiere annehmen, dass die Mündung des JacoBson’schen Organes dessen vorderem Ende entspricht. Bei Ornithorhynchus dagegen dehnt sich das Organ blindsack- artig über die Mündung desselben hinaus nach vorn aus; nach ELLIOT SuıtH (78), der junge Ornithorkynchus untersuchte, liegt die Mündung in den Canalis naso-palatinus gerade in der Mitte der Länge des Organes, was auch nach Broom (9) für den erwachsenen Ornithorhynchus ungefähr zuzutreffen scheint. Dieser vor der Mündung liegende Theil des Jacossox’schen Organes ist nach SyminGton und BRoom mit indifferentem Epithel ausgekleidet; das Sinnesepithel beginnt an der medialen Wand. erst in der Gegend, die der Mündung ungefähr gegenüberliegt. Der vordere Theil des Organes ist in den Boden der knorpeligen Nasenkapsel ein- gelassen, und der muschelförmige Fortsatz ist bis in denselben hinein verfolgbar; die Mündung des Organes liegt unter dem Fortsatz. Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. So 2. Zur Genese des Jacobson’schen Organes der Säugethiere. In dem Verhalten des Jacogson’schen Organes bei Ornithorhynchus ist nun, wie ich glaube, ein Finger- zeig dafür gegeben, auf welche Weise das schlauchförmige Organ der Placentalier mit seinem engen Einführ- gang entstanden ist. Zunächst gewinnt man den Eindruck, dass der vordere Theil des Jacogson’schen Organes von Ornithorhynchus, dessen Wandung indifferentes Epithel trägt und in dessen Bereich sich der muschelförmige Fortsatz unter Abnahme seiner Grösse fortsetzt, einen in der Reduction begriffenen Theil des Organes darstelle, der bei den Vorfahren dieses Thieres einen ähnlichen Bau besessen haben mag wie der hintere Theil des Organes. Diese Vorstellung würde eine Stütze erhalten, wenn sich bei Embryonen von Ornithorhynchus nach- weisen liesse, dass auch der vordere Abschnitt an seiner medialen Wand Sinnesepithel trägt, welches sich im Laufe der Entwickelung rückbildet. Ich schliesse mich der Meinung von BRoom an, nach welcher der vordere Recessus im JacogBson’schen Organ von Perameles einen Rest des vorderen Abschnittes des Organes vom Schnabelthier darstellt. — Bei Echidna wie bei allen daraufhin untersuchten Säugethieren legt sich das Organ in der Ontogenie als eine flache, längliche Grube an, die von einer wallartigen Erhebung der Schleimhaut umgeben wird. Man wird nicht fehlgehen, wenn man auch in der phylogenetischen Ent- wickelung des Jacogson’schen Organes in der Mammalierreihe diese Form desselben als Ausgangspunkt annimmt. Ein Jacogson’sches Organ von so einfacher Form findet sich bei niederen Wirbelthieren, soweit bekannt, nur bei Testudo; doch kehrt die einfache, grubenförmige Anlage in der Ontogenie nicht nur bei Cheloniern, sondern auch bei Sauriern und Ophidiern wieder. Ferner lässt die erste Anlage des Organes bei Amphibien (Triton) gleichfalls die Grubenform erkennen, auf welche sich die Zustände des Organes bei erwachsenen Amphibien — mit Ausnahme der Gymnophionen — in der Weise beziehen lassen, dass die Grube zu einem Blindsack oder zu einer Rinne umgestaltet wird. Demnach können wir wohl annehmen, dass die einfache grubige Einsenkung allgemein den Ausgangspunkt abgebe für die verschiedene formale Ausgestaltung des ÖOrganes. Was nun die Ueberführung der grubigen Anlage in das schlauchförmige fertige Organ der Mamma- lier anlangt, so gewann ich aus meinen eigenen Beobachtungen an Echidna, ferner aus den in der Literatur niedergelegten Angaben anderer Autoren, die sich auf eine grosse Zahl verschiedener Säugethiere beziehen, den Eindruck, dass die Grube sich vertieft, sich dabei in der Richtung nach hinten tiefer und tiefer einsenkt und so in die Schlauchform übergeht; die anfänglich weite Oeffinung der Grube verengert sich und lässt den Einführungsgang hervorgehen‘). Theoretisch besteht noch die zweite Möglichkeit, dass die gruben- förmige Anlage zunächst in eine längs verlaufende Rinne übergeführt wird, deren Lichtung dann durch Ver- schmelzung der Ränder zu einem Schlauch abgeschlossen wird. Ich suchte wahrscheinlich zu machen, dass sich das schlauchförmige Jacogson’sche Organ der Gymnophionen nach diesem Typus entwickelt. Die Ergebnisse der ontogenetischen Untersuchungen geben keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Organ der Mammalier auf diesem letzteren Wege in die Schlauchform übergeführt sei. Der Befund bei Ornithorkymchus ı) Mit dieser Auffassung steht allerdings die sehr bestimmte Angabe von GARNAULT (18) in Widerspruch, dass bei der Ratte die grubenförmige Anlage des JacoBSon’schen Organes in der Weise in die Schlauchform übergeführt wird, dass sich die Ränder der Grube von hinten nach vorn fortschreitend mit einander vereinigen. „La tube de JACOBSON ne se developpe donc pas par une invagination tubulaire a la fagon des glandes.“ Wenn sich diese bis jetzt vereinzelt stehende Beobachtung auch für andere Mammalier als zutreffend erweisen sollte, so müsste meine Auffassung über die Genese des schlauchförmigen Organes der Säuge- thiere in entsprechender Weise modificirt werden. Das Wesentliche meiner Auffassung liegt darin, dass für das grubenförmige Organ, welches als Ausgangspunkt angenommen werden muss, eine laterale Wand gebildet wird, und zwar von der Umrandung der Grube aus und unter Einbeziehung von indifferentem Epithel in die Wandung des Organes. Sı Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 483 erweckt in mir den Gedanken, dass die phylogenetische Entwickelung des Organes der Säugethiere nicht so einfach verlaufen ist, wie sie sich in der Ontogenie darstellt, und ich habe hierüber die folgende Vor- stellung gewonnen, die durch das nebenstehende Schema illustrirt wird (Textfigur 15). Wir gehen von einer flachen, grubenförmigen Einsenkung aus, die von einer leichten wallartigen Erhebung umgeben ist; der Boden der Grube trägt Sinnesepithel, ihr Rand indifferentes Epithel (Textfigur I5 Schema A). Stellt man sich nun vor, dass der Rand der Grube sich stärker entwickelt, sich über ihre Lichtung hinweglegt und von allen Seiten her gleichmässig gegen das Centrum vorwächst, so schliesst sich die Grube zu einem länglichen Säckchen ab, und ihre anfänglich weite Oeffnung wird zu einem engen Kanal, dem Einführungs- gang (Schema B). Die mediale Wand des Säckchens entspricht dem Boden der Grube und trägt Sinnes- epithel, dagegen ist die laterale Wand, die sich aus dem Rande der Grube entwickelt, wie diese mit indifferentem Epithel überzogen. Ein derartiger Zustand des Jacogson’schen Organes ist nicht bekannt. Wir nehmen weiter an, dass die laterale Wand des Säckchens in ihrer ganzen Länge gegen das D, F Lumen eingestülpt und eventuell zu einem muschelförmigen Vor- sprung ausgestaltet wird (Schema C, und C,); weiter wollen wir uns vorstellen, dass in der vorderen Hälfte des so umgestalteten Säck- chens eine Rückbildung des Sinnes- . . Fig. 15. Schemata zur Darstellung der Entstehung des JAcoBSon’schen Organes epithels an der medialen Wand der Säugethiere. Die Figuren der oberen Reihe A, bis D, stellen horizontale Längs- und auch eine Rückbildung des schnitte durch das Organ dar, die der unteren Reihe frontale Querschnitte. Die Lage S P B der letzteren ist in den Figuren der oberen Reihe durch die verticalen Linien 2 und 3 Lumens sich einleite, um den angedeutet. A hinteres Ende des Organes, /! laterale, m mediale Wand desselben. a und 5b bezeichnet den Rand der seichten Grube in Fig. A, und A,; in den Figuren B und C ist dieser Rand von allen Seiten centralwärts vorgewachsen und hat eine ganes entstehen zu sehen, wie ihn laterale Wand für das Organ gebildet. Die weite Oeffnung der Grube ist zu dem . e . . engen Einführgang geworden. — C, zeigt die beginnende Rückbildung des vorderen Ornithorkynchus thatsächlich bietet Endes des Ne und C, die eure de lateralen Wand (Ola, (Schema C). Weiterhin verfällt der ImFig.D, ist der vordere Theil des Organes völlig geschunden, der hintere schlauch- E 5 förmig ausgewachsen; der Einführungsgang liegt am vorderen Ende des Schlauches vordere Abschnitt des Organes einer (Placentaliertypus). Zustand des JacogBson’schen Or- völligen Reduction, während der hintere Abschnitt erhalten bleibt und sich in die Länge streckt. Auf diese Weise gelangt die, Oefinung, welche anfänglich in der Mitte des Organes lag, an dessen vorderes Ende (Schema D). Damit wäre dann der Zustand des Organes erreicht, wie ihn die meisten Säugethiere aufweisen. — Erkennt man die eben aufgestellte Hypothese über die phylogenetische Entwickelung des Jacosson’schen Organes als berechtigt an, so muss man die nach vorn gerichtete Ausbuchtung des Organes bei Ornithorhynchus als einen pri- mitiven Zustand auffassen; ich halte es keineswegs für unwahrscheinlich, dass sich, wenn nur die Auf- merksamkeit auf diesen Punkt gerichtet wird, wenigstens bei Embryonen der höheren Säugethiere An- deutungen an den Befund beim Schnabelthier in weiterer Verbreitung werden nachweisen lassen. — Ich komme also zu dem Schluss, dass das Jacosson’sche Organ der Monotremen keineswegs principiell von dem der übrigen Säugethiere unterschieden ist. Wenn sich bei Ornithorhynchus die Lichtung des Organes über dessen Einführungsgang hinaus nach vorn fortsetzt, so ist in diesem Zustand eine Phase der phylo- genetischen Entwickelung erhalten, welche das Organ bei den Vorfahren sämmtlicher Mammalier durch- 11 Semon Zoolog. Forschungsreisen. III. 62 Jenaische Denkschriften. VI. 484 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 82 laufen haben dürfte. Der muschelförmige Fortsatz, der den Bau des Organes bei Monotremen compliecirt, bildet den übrigen Säugethieren gegenüber nur einen graduellen Unterschied; bei den meisten höher stehenden Mammaliern ist derselbe durch die gegen das Lumen gerichtete Wölbung der lateralen Wand des Organes angedeutet. — Durch den Besitz eines muschelförmigen Vorsprunges, ferner durch die stärkere Entfaltung in querem und verticalem Durchmesser steht das Jacogson’sche Organ der Monotremen auf einer höheren Stufe der Differenzirung, als das der übrigen Säugethiere. Ich selbst habe keine Anhaltspunkte gewonnen, um die Frage zu entscheiden, ob das Organ der höheren Mammalier aus dem der Monotremen durch Reduction entstanden ist, oder ob von einer Urform aus in divergenter Richtung das Organ der Monotremen sich höher entwickelte, während es bei den übrigen Mammaliern einfachere Verhältnisse be- wahrte. Dagegen nimmt BRoom (II) an, dass das Jacogson’sche Organ der Marsupialier aus dem der Mono- tremen durch Reduction entstanden sei. Er begründet diese Auffassung in scharfsinniger Weise durch specielle Verhältnisse des JacogBson’schen Knorpels. 3. Beziehung des Jacobson’schen Organes der Monotremen zu dem der Saurier und Ophidier. In der Literatur ist vielfach von der Aehnlichkeit die Rede, welche das Jacosson’sche Organ der Monotremen mit dem der Saurier oder Ophidier besitzt. Bei der principiellen Wichtigkeit dieses Punktes glaube ich hierzu Stellung nehmen zu müssen. — Der eine Punkt, in welchem eine Aehnlichkeit zwischen Ornithorhynchus und Sauriern oder Ophidiern zum Ausdruck kommen soll, ist die Ausdehnung des Organes des Schnabelthieres über die Mündung hinaus nach vorn. SYMINGTON (80) begnügt sich mit einem kurzen Hinweis, BRooM (9, p. 76) sagt: „In comparing the organ of Ornithorhynchus with that in Hchidna, the most striking difference is seen in the extension of the organ in front of the naso-palatine foramen in the former. This peculiarity may be connected with the unusual development of the cartilages of the beak, though possibly it is one of the numerous reptilian affinities of the genus, as in the Varanidae and other typical lizards the organ at its anterior part excavates the large lateral cartilages.” Meiner Meinung nach handelt es sich hier nur um eine äusserliche Aehnlichkeit. Weiter unten werde ich darlegen, dass sich das complieirt gebaute Organ der Saurier zwar von einer Grundform ableiten lässt, die auch für die Mammalier als Ausgangspunkt angenommen werden kann; dass sich aber in der Art, wie die weitere Ausgestaltung erfolgt, von vorn herein eine ausgesprochene Divergenz zwischen Mammaliern und Sauriern geltend macht. Trotzdem können natürlich im Bau und in der Topographie des Organes zwischen Vertretern der diver- genten Reihen Aehnlichkeiten bestehen, es können sogar in den beiden Reihen an dem Organ Ditferen- zirungen entstehen, die sich äusserlich ähnlich verhalten, aber in ihrer Genese scharf unterschieden sind, die demnach auch morphologisch durchaus nichts mit einander zu thun haben. So besitzt das JacoBson’sche Organ von Varanus und von anderen Sauriern einen Einführungsgang, der dem der Mammalier „ähnlich“ ist, aber auf ganz andere Weise entstanden und demnach auch ganz anders morphologisch zu beurtheilen ist, als der der Säugethiere. So wenig man die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen verschiedenen Thierformen nach dem Verhalten eines Organes beurtheilen darf, ebenso wenig darf man die Vergleichung von Organen auf einzelne Eigenschaften derselben basiren. Diese Erwägungen finden nun auch auf den weiteren Punkt ihre Anwendung, in welchem nach den in der Literatur ausgesprochenen Ansichten eine Reptilienähnlichkeit des Jacosson’schen Organes der Monotremen zum Ausdruck kommen soll. Es wird nämlich der muschelförmige Vorsprung, der von der lateralen Seite her in das Lumen des Organes von 83 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 485 Orinthorhynchus und Echidna einragt, mit dem pilzförmigen Wulst in dem Organ die Saurier und Ophidier in Parallele gestellt. So sagt PARKER (54, p. 12): Echidna stimmt mit Ornithorhynchus überein in dem Besitze eines „highly developed JacoBson’s organ, resembling that of Lizards and Snakes“. Errior SuitH (78, p- 162) untersucht einen Fötus von Ormithorhynchus und äussert sich über das Jacopson’sche Organ desselben: „In general appearance it presents a considerable resemblance to te adult condition of the organ in Tropidonotus natrix, described by Dr. J. BEARD“. Auch SyuinGTon (80, p. 579) stellt den Befund bei Ornithorhynchus dem Verhalten des Organes bei Sauriern und Ophidiern ohne weiteren morphologischen Commentar gegenüber. Dasselbe thut WIEDERSHEIM (87, p. 322). Sehr viel weiter geht Broom (9, p. 77). Er äussert sich: „The existence of the turbinal process in the organ in Monotremes is a point of peculiar interest, as no similar process has been detected in any higher mammal, and as it recalls the turbinal process of the organ in Lizards as pointed out by SyminGTon. Though the organ is clearly not a near relative of that in the Lizards, there is considerable affinity between the organ in Ornithorhynchus and that in the Agamidae and the Geckonidae. A transverse section in the organ in a ripe embryo of Gecko indeed bears a very close resemblance to the section through te organ in the Platypus in the region of the naso-palatine foramen \Fies. 7 and 8).“ Hier ist also klar und deutlich von einer Verwandtschaft zwischen dem Organ von Ornithorhynchus und dem von Geckoniden und Agamiden die Rede. Dem Versuche einer eingehenden Vergleichung zwischen dem Jacogson’schen Organ der Monotremen mit dem der übrigen Mammalier wie mit dem der Reptilien bin ich der Literatur nicht begegnet. Mit der alleinigen Constatirung von Aehnlich keiten ist für die Beurtheilung nicht viel gewonnen, und dieser Weg führt im vorliegenden Falle ganz entschieden zu falschen Vorstellungen. Was nun den muschelförmigen Vorsprung im JAacogson’schen Organ der Monotremen anlangt, so unterscheidet er sich nur graduell von der leichten gegen das Lumen gerichteten Einbiegung der lateralen Wand am Organ der übrigen Säugethiere. Er ist grösser und enthält eine knorpelige Grundlage. Letztere wird von der knorpelisen Umhüllung des Organes gebildet Der Jacogson’sche Knorpel aller Säugethiere ist das vordere Ende der Cartilago paraseptalis, d. h. des Bodentheiles der knorpeligen Nasenkapsel, welcher die Apertura nasalis interna an ihrer medialen Seite begrenzt und der sich bereits bei Reptilien (Sauriern, Ophidiern, auch bei Cheloniern) vom unteren Rande des Septum cartilagineum losgelöst hat. Bei vielen Reptilien und ferner bei Beutelthierembryonen erhält sich die Cartilago paraseptalis in ihrer ganzen Länge und bildet dann einen Knorpelstreifen, der vorn mit dem Boden der knorpeligen Nasenkapsel, rückwärts mit dem Boden der hinteren Nasenniesche, bezw. mit der Anlage der knorpeligen Schlussplatte continuirlich zusammenhängt, und der dem unteren Rande des Septum cartilagineum angelagert ist. Durch partielle Reduction giebt der Knorpelstreifen seine hintere Verbindung schon bei manchen Reptilien und bei den Säugethieren auf. Sein vorderes Ende tritt in Beziehung zum Jacogson’schen Organ und wird zu einer Umhüllung desselben. In geringem Maasse trifft das für die Reptilien zu, während bei den Säugethieren das Jacogson’sche Organ in seiner ganzen Länge sich dem Knorpel anlagert. Letzterer passt sich der Form des Organes enge an. Er bildet zunächst eine Rinne, die das Organ von seiner medialen, unteren und lateralen Seite mehr oder weniger weit umfasst; die Rinne schliesst sich gelegentlich zu einem Rohre ab, wie es z. B. bei Monotremen und anderen der Fall ist. In enger Anpassung an die formale Ausgestaltung des Jacosson’schen Organes selbst lässt bei Echidna und bei Ornithorhynchus die knorpelige Umhüllung des Organes auch eine stützende Grundlage für den muschelförmigen Vorsprung hervorgehen. Letztere ist ein Differenzirungsproduct der Cartilago paraseptalis und unterscheidet sich dadurch principiell von der knorpeligen Grundlage des pilzförmigen alle 62* 486 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mündhöhlendache von Echidna. 84 Wulstes am Organ der Saurier. Weiter unten komme ich auch auf diesen Punkt zurück. — Wenn ich meinen Standpunkt zu der hier in Rede stehenden Frage formuliren soll, so muss ich sagen: Das Jacogson’sche Organ der Monotremen unterscheidet sich hinsichtlich seines Bauesin keinem principiellen Punkte von dem der übrigen Mammalier; in der Art, wie seine Ausgestaltung erfolgt, ist dasselbe durchaus verschieden von dem der Reptilien. Von einer Verwandtschaft zwischen dem Organ der Monotremen und dem der Reptilien kann nur insofern die Rede sein, als sich das Organ der Mammalier von einer einfachen Grundform ableiten lässt, die auch als Ausgangspunkt für das der Reptilien (Chelonier, Saurier, Ophidier) gedient haben muss; aber auf die gleiche Grundform sind auch die Zustände des Organes bei Amphibien beziehbar: 4. Drüsen des Jacobson’schen Organes. Bei beiden Monotremen mündet in das hintere Ende des JacoBson’schen Organes eine Drüse, deren Schläuche dem Randwulst des Septums eingelagert sind, und die sich rückwärts bis fast an das Ende der Nasenhöhle ausdehnen. Nach meinen eigenen Erfahrungen an Echidna-Embryonen ist dıese Drüse (septal gland der englischen Autoren) die am frühesten im Cavum nasale auftretende. Ausser dieser finden sich bei beiden Monotremen im erwachsenen Zustande noch zahlreiche kleine Drüsen im Bereiche der muschel- förmigen Einragung, deren Ausführgänge sich im Bereich des indifferenten Epithels in das Lumen des Organes öffnen. — Was das Verhalten der Drüsen am Jacogson’schen Organ der höheren Säugethiere anlangt, so muss ich mich, da mir eigene Erfahrungen fehlen, auf die in der Literatur niedergelegten Beob- achtungen beziehen. Ich erhielt den Eindruck, dass auf diesen Punkt meist nur nebenbei geachtet wurde, und so glaube ich, dass genauere Untersuchungen Ergänzungen unserer diesbezüglichen Kenntnisse bringen werden. Im Speciellen wird auf Drüsen zu achten sein, die in das hintere Ende des Organes münden. Die Anlage einer solchen beobachtete RösE (64) bei Didelphys und Phascolomys, BRoOM (Ir) bei Phascogale; WEBER (85) beobachtete dasselbe bei Manis. Nach den Angaben von JUNGERSEN (32) und HERZFELD (24) scheint eine solche auch bei Talpa zu bestehen. Dass diese Drüsen, welche in das hintere Ende des JAcoBson’schen Organes münden, mit den entsprechenden Drüsen der Monotremen homologisirt werden dürfen, erscheint wohl zweifellos. Die frühzeitige ontogenetische Anlage nicht minder als ihre mächtige Entfaltung bei Echidna lässt die Frage aufwerfen, ob dieselbe nicht von niederen Wirbelthieren ererbt sei. Bei Siren, Süredon, ferner bei Urodelen und Anuren und endlich bei Cheloniern finden wir mächtig entfaltete Drüsen mit dem Jacogson’schen Organ in Verbindung; doch ist es hier schon fraglich, ob diese Drüsen bei den ver- schiedenen Formen unter sich homolog sind. Ich lasse deshalb die Frage unentschieden, ob die in das hintere Ende des Organes mündende Drüse der Säugethiere direct auf die JacoBson’schen Drüsen der niederen Vertebraten beziehbar ist. Dass die Tendenz zur Bildung secretorischer Apparate im JACOBSON- schen Organ der Mammalier eine grosse ist, beweisen die zahlreichen kleinen Drüsen, die fast überall, über die ganze Länge des Schlauches verstreut, in dessen Lumen münden, und welche für die Mammalier charakteristisch sind. Nur das gleichfalls schlauchförmige Jacogson’sche Organ der Gymnophionen (Ichthy- ophis, SARASIN, 68) zeigt die gleiche Drüsenanordnung. — Ueber die functionelle Bedeutung des bei den Säugethieren so mächtig entfalteten Drüsenapparates des JAcoBson’schen Organes, habe ich meinen früheren Darlegungen (74, p. 486) nichts hinzuzufügen. 85 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 487 IV. Die Bildung des Gaumens bei Reptilien im Vergleich zu derselben bei den Säugethieren. In den frühesten Stadien der Gaumenentwickelung von Echidna ergaben sich Anklänge an die bleibenden Verhältnisse bei recenten Amphibien. Man könnte das Verhalten des Mundhöhlendaches bei Embryo 42 als das Perennibranchiatenstadium, den Zustand bei Embryo 43* als Caducibranchiatenstadium bezeichnen. Doch treten bereits bei Embryo 43* in der Verlängerung der Apertura interna und im Zurück- bleiben des Längenwachsthums des primitiven Nasenbodens die Momente in die Erscheinung, welche einen Gegensatz zu den Verhältnissen bei Amphibien bilden und für die weitere Ausgestaltung des Säugethier- gaumens charakteristisch sind. Es würde die weitere Frage zu berücksichtigen sein, wie sich der Gaumen der Säugethiere zu dem der Reptilien verhält. Für die Gruppe der Saurier und Ophidier verdanken wir Born (5 u. 6) eine genaue Darstellung der Thatsachen; Born führt auch bei der Vergleichung mit den Säugethieren die charakte- ristischen Unterschiede zwischen beiden Klassen in durchaus zutreffender Weise aus. Bei meinen eigenen Untersuchungen habe ich die Born’schen Beobachtungen allenthalben bestätigen können und trete im Wesentlichen seinen Anschauungen bei. Eigene Untersuchungen über Chelonier (75) gestatten, auch diese zum Vergleich heranzuziehen. Dagegen fehlen über Crocodilier genügend in das Detail eindringende An- gaben, so dass diese vielleicht nicht unwichtige Gruppe hier ausser Betracht bleiben muss. A. Das Mundhöhlendach der Chelonier. Unter den Cheloniern nimmt hinsichtlich des Baues der Nasenhöhle Testudo eine primitive Stellung ein; auch im Verhalten des Mundhöhlendaches kann diese Form als Ausgangspunkt hingestellt werden, von welcher sich andere Chelonier nur graduell unterscheiden. Bei den Schildkröten bleibt der primäre Nasenboden lang und erfährt eine nicht unbeträchtliche Senkung. Die Apertura nasalis interna bleibt klein und zeigt — als Folge der Verschiebung des Bodens — eine fast verticale Stellung. Ausserdem liegen, bei der Schmalheit des Septum narium, die beiden Oeff- nungen in geringem Abstande von einander. Der Senkung des Nasenbodens entspricht eine solche des Mundhöhlendaches. Diese betrifft aber nicht nur den vor den Aperturae internae gelegenen Theil desselben, sondern auch einen breiten Streifen, der sich lateral von der inneren Nasenöffnung über diese hinaus nach hinten fortsetzt (Textfigur 16,2). Diesem Theile des Mundhöhlendaches entspricht eine medianwärts sehende Fläche. Endlich betheiligt sich an dem Prominentwerden des Mundhöhlendaches ein medianer Streifen, welcher als ein schmaler Wulst in der Verlängerung der Nasenscheidewand am Mundhöhlendache rückwärts verläuft (Textfigur 16, W). Dieser Wulst und die rückwärts von den Aperturae internae gelegenen Seitentheile des Mundhöhlendaches fassen jederseits eine Rinne zwischen sich, die an die senkrecht stehende Apertura interna angeschlossen ist, und welche zum Theil durch den Gaumenfortsatz zu einem Kanal abgeschlossen wird. Der Gaumenfortsatz (gleichgültig, ob er von Weichtheilen oder von knöchernen Theilen gebildet wird) schliesst vorn an den unteren Rand der Apertura interna an, welcher im Niveau des Mundhöhlen- daches liegt, und verschmilzt medianwärts mit dem mittleren Wulst. Bei Testudo bleibt ein hinterer, Q 48 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. s6 [6] beträchtlicher Rest der oben erwähnten Rinne erhalten und imponirt nun als Choane. — So bildet der secundäre Gaumen der Schildkröten, der sich äusserlich nicht von dem primären Bestandtheil des Mund- höhlendaches abgrenzen lässt, ausschliesslich den Boden für den Ductus naso-pharyngeus und ist in ver- hältnissmässig geringem Grade an der Bildung des definitiven Mundhöhlendaches betheiligt, dessen Haupt- masse dem nur in ein tieferes Niveau gesenkten Mundhöhlendach der Amphibien entspricht. Aus diesen Verhältnissen erklärt es sich, dass bei manchen Schildkröten (Chelone) der Vomer in nicht unbeträchtlicher Weise an der Bildung des knöchernen Mundhöhlendaches betheiligt ist. — Was die knöchernen Bestand- theile des secundären Gaumens anlangt, so sind dieselben bei Testudo auf den in den Boden des Ductus naso-pharyngeus einragenden Processus palatinus des Os maxillare beschränkt. Bei den Seeschildkröten ist ausser dem Os maxillare noch das Os palatinum in Verbindung mit dem Vomer an der Bildung eines knöchernen Bodens für den, hier viel längeren Ductus naso-pharyngeus betheiligt. An der Nasenhöhle von Testudo lassen sich zwei über einander liegende Abschnitte unterscheiden: die Pars olfactorica und die Pars respiratoria; die Abgrenzung zwischen beiden wird durch die mediale und laterale Grenzfalte gegeben. Die Pars respiratoria enthält ganz vorn an ihrer medialen Wand das grubenförmige Jacogson’sche Organ und setzt sich rückwärts in den Ductus naso-pharyngeus fort. In einer früheren Arbeit habe ich den Nachweis zu bringen versucht, dass die Fig. 16. Mundhöhlendach von Testudo SR = Pars respiratoria der Nasenhöhle von Testudo dem nasalen Abschnitt graeca; mässig vergrössert. der seitlichen Nasenrinne der Amphibien homolog ist. Demnach ent- spricht das Cavum nasale von Testudo dem der Amphibien; es liegt in ihm die primäre Nasenhöhle vor. Der Ductus naso-pharyngeus entsteht aus dem Gaumentheil der seitlichen Nasenrinne der Amphibien und zwar in der Weise, dass der freie Rand des zunächst von Weichtheilen gebildeten Gaumenfortsatzes mit einer medianen Wulstung des Mundhöhlendaches verschmilzt. Die charakteristischsten Merkmale für die Chelonier sind die folgenden. Der primäre Boden bleibtlang; die Apertura nasalis interna bleibt klein und nimmt eine fast verticale Stellung an; der secundäre Gaumen ist in verhältnissmässig geringem Maasse an der Bildung des Mundhöhlendaches betheiligt; er tritt nicht in Beziehung zur Nasenhöhle selbst, sondern lässt ausschliesslich den Boden für den Ductus naso-pharyngeus hervorgehen. — In allen diesen Punkten unterscheiden sich die Chelonier in ausgesprochenster Weise sowohl von den Sauriern und Ophidiern als von den Mammaliern. B. Das Mundhöhlendach der Saurier und Ophidier. Das Mundhöhlendach der Saurier ist durch die paarige Gaumenrinne ausgezeichnet, welche in der Nähe des vorderen Endes desselben beginnt und sich über seine ganze Länge nach hinten aus- dehnt. Die Rinne enthält die Mündung des Thränenkanals und auch die Oeffinung des JacoBsonx’schen Organes. Die Genese der Gaumenrinne hängt mit der Bildung des secundären Bodens der Nasenhöhle zusammen. Letzterer entsteht unabhängig vom Gaumenfortsatz, im Anschluss an die Ausgestaltung des Jacogson’schen Organes und liegt im Allgemeinen oberhalb der Apertura nasalis interna, so dass ein Theil des primären Cavum nasale in die Gaumenrinne einbezogen und von der definitiven Nasenhöhle abge_ 87 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 489 schlossen wird. Hierdurch wird es bedingt, dass das Jacogson’sche Organ und der Thränenkanal die Verbindung mit der letzteren eingebüsst haben. Der secundäre Nasenboden bildet gleichzeitig den oberen Abschluss für den vorderen Theil der Gaumenrinne; er kann somit nur bedingungsweise, insofern als die letztere einen Theil des definitiven Cavum oris bildet, dem Mundhöhlendache zugerechnet werden. — In allen Hauptpunkten zutreffend sind diese Verhältnisse des Sauriergaumens bereits durch die Arbeit Born’s (5) klargestellt. Doch meine ich, dass die Resultate, zu denen Born, vorwiegend auf ontogenetische Unter- suchungen gestützt, gelangt ist, in mancher Beziehung noch schärfer und präciser gefasst werden können und dass sie in Einzelheiten auch zu modificiren sind. Ich will im Folgenden versuchen, den Befund am Mundhöhlendach der Saurier mit dem Verhalten desselben bei Amphibien und Cheloniern zu vergleichen. Um diesen Vergleich zu ermöglichen, erscheint es mir nothwendig, zunächst auf die betreffenden anatomischen Verhältnisse einzugehen und dieselben aufs neue darzustellen, wennschon meine Beobachtungen sich mit denen Born’s in voller Uebereinstimmung befinden; es differirt nur der Gesichtspunkt, unter welchem die Darstellung erfolgt. Unter den Sauriern weisen die Ascalaboten auch hinsichtlich des Mundhöhlendaches die primitivsten Verhältnisse auf und ich ziehe daher diese zunächst in den Kreis der Betrachtung. I. Das Mundhöhlendach der Ascalaboten. In Textfiigur 17 gebe ich eine Ansicht vom Mundhöhlendach von Platydactylus guttatus. An dem- selben fällt das Mittelfeld auf, welches sich nach hinten mit leicht gewulstetem Rande scharf gegen das Rachendach absetzt. Das Mittelfeld wird jederseits begrenzt durch den Zugang zur Gaumenrinne. Diese beginnt in geringem Abstande vom Kieferrande und wird lateralwärts en / Mittelfeld vom Gaumenfortsatz begrenzt. Der freie Rand des letzteren verläuft _ Gaumenrömne A\_ Hieferrand \ Gaumen- Tortsatz zunächst gerade nach hinten, biegt dann rückwärts vom hinteren Ende des Mittelfeldes im Winkel lateralwärts um, um schliesslich an der Q inneren Seite des Kieferrandes auszulaufen. Hinter dem Mittelfelde j rinne. Die von Born als „innere Choane“ bezeichnete Oeffnung, durch Ik 17 £ \\ Aachen bildet das Rachendach die obere Begrenzung des Zuganges zur Gaumen- NE = Na IL welche die Nasenhöhle mit der Lichtung der Gaumenrinne und durch RE ne Wiirseihetilenikreh Vom rip Vermittlung der letzteren auch mit dem Cavum oris zusammenhängt, dactylus guttatus. 2:1. wird vom Gaumenfortsatz völlig verdeckt. Die Form des Gaumenfortsatzes von Platydactylus erinnert an die Form desselben bei Urodelen. Bei letzteren beginnt derselbe am vorderen Rande der Verbindungs- öffnung zwischen Nasen- und Mundhöhle; sein freier Rand verläuft zunächst gleichfalls gerade nach hinten, um dann in seitlicher Richtung nach hinten gegen den Kieferrand auszulaufen. (Vergl. Morph. Jahrb., Bd. XXIII, p- 508, Fig. 18.) Die Communicationsöffnung zwischen Mund- und Nasenhöhle wird von ihm nur theilweise verdeckt. Das vordere Ende der Apertura nasalis interna wird auch bei Ascalaboten durch das vordere Ende des Gaumenfortsatzes am Mundhöhlendache markirt; dagegen ist das hintere Ende derselben in der unter dem Gaumenfortsatz versteckten inneren Choane enthalten. Letztere liegt bei Platydactylus lateral von dem Mittelfelde und hinter dessen hinterem Rande. In der Textfigur 17 bezeichnet die unterbrochene Linie a den Ursprung des Gaumenfortsatzes; unter dem dreieckigen Stück desselben, welches die Linie abschneidet, liegt die innere Choane. Die Länge der Apertura interna im Verhältniss zur Längsausdehnung des gesammten Mundhöhlendaches ist demnach eine sehr beträchtliche. Während bei den Amphibien der vor den Choanen liegende Abschnitt des Mundhöhlendaches dessen wesentlichsten Theil darstellte, hat sich 490 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 88 bei Ascalaboten die Region der Aperturae internae ganz bedeutend in die Länge gestreckt, so dass diese jetzt den Hauptantheil des Mundhöhlendaches ausmacht. Im Gegensatz hierzu hat der vor den inneren Nasenlöchern liegende Abschnitt an dieser Entfaltung durchaus keinen Antheil genommen. Hieraus folgt, dass auch der primäre Boden des Cavum nasale nur eine unbedeutende Länge besitzt. Die Kürze des primären Bodens der Nasenhöhle und die erhebliche Länge der Apertura nasalis interna sind charakteristisch für die Ascalaboten und alle übrigen Saurier. Der Streckung der Apertura interna entspricht natürlich eine Längsentfaltung des über ihr liegenden Theiles des Cavum nasale, während mit der Reduction des primären Nasenbodens auch ein Zurückbleiben des vordersten Theiles des Cavum nasale erfolgt. Hält man an diesen Vorstellungen fest, so lassen sich die äusseren Verhältnisse am Mundhöhlendach der Ascalaboten ohne Schwierigkeit mit denen bei Urodelen in Beziehung bringen. Mit der Apertura interna verlängert sich auch der Gaumenfortsatz. Letzterer ist überdies in seinem mittleren Drittel als medianwärts und nach hinten vorspringende Platte stärker entfaltet; immerhin bleibt seine Betheiligung an der Bildung des Mund- höhlendaches in bescheidenen Grenzen. Der ganze Spalt, welcher bei Ascalaboten von der Mundhöhle aus in die Lichtung der Gaumenrinne führt, ist der secundären Choane der höheren Amphibien morphologisch gleichwerthig. Mit der Verlängerung der Aperturae internae gewinnt auch der zwischen diesen gelegene Theil des Mundhöhlendaches eine grössere Ausdehnung und bildet — von weiteren Veränderungen zunächst abgesehen — das zwischen den Rändern der Gaumenfortsätze frei zu Tage liegende Mittelfeld des Gaumens. Schliesslich ist — einer Verschmälerung des Septum nasale entsprechend — der Abstand beider Aperturae internae von einander geringer geworden; dagegen haben die seitwärts von ihnen liegenden Theile an Breite gewonnen. Letztere erfahren eine geringe Ver- grösserung durch die Gaumenfortsätze. — Das Mund- höhlendach liegt in einem tieferen Niveau als das Rachendach und ist rückwärts scharf gegen letzteres abgegrenzt. Den Boden und die seitliche Wand der Gaumen- rinne bildet der Gaumenfortsatz und hierin kommt die Einheitlichkeit der Rinnenbildung zum Ausdruck. Fig. 18. Frontalschnitt durch die Choane von Hemi- Nach dem Verhalten des Daches lassen sich an der dactylus cualensis. Copie nach BORN, Morph. Jahrb., Bd. V! h Taf. VIII, Fig. 9. Erklärung s. im Text. F Falte, die das Dach der Gaumenrinne R bildet, «. Ch. innere Choane (Born), Scheiden. Der mittelste enthält die innere Choane. Der a. Ch. äussere Choane (BORN) und spaltförmiger Zugang zur Gaumenrinne. Rinne drei hinter einander liegende Theile unter- hintere Abschnitt bietet keine Besonderheiten und geht unter allmählicher Vertiefung der Rinne in den mittleren Abschnitt über. Hier empfängt der Gaumenfortsatz eine Stütze einmal durch eine Fortsatzbildung des Os maxillare, ferner durch einen Knorpelstreifen; beide Skeletbestandtheile sind nach vorn weiter ver- folgbar. — Die innere Choane (Born) bildet ein scharf umrandetes, ovales Loch im Dache der Rinne. In Textfigur 18 gebe ich einen Frontalschnitt durch den Kopf von Hemidactylus cualensis wieder; die Figur ist nach Born copirt, aber in der Ausführung schematisch gehalten. Der Schnitt geht durch die innere Choane (i. Ch). Man erkennt, dass die Gaumenrinne (R) sich seitlich und unterhalb von dieser Oeffnung fortsetzt. An der lateralen Seite wird die innere Choane von einer Schleimhautfalte (7), an der medialen Seite von dem plattenförmig verbreiterten, unteren Rande des Septum narium begrenzt. Die hintere Um- randung der inneren Choane kommt dadurch zu Stande, dass die Kuppe der Falte F mit dem Rande der 89 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 491 basalen Verbreiterung des Septums verschmilzt zur Bildung des Bodens für das hintere nischenförmige Ende der Nasenhöhle. Mit anderen Worten, die hintere Umrandung der inneren Choane wird vom freien Rande dieses Bodens gebildet, und derselbe setzt sich an der medialen Seite in den verbreiterten unteren Rand des Septum narium, an der lateralen in die Falte F continuirlich fort, welche das Dach für die Gaumen- rinne bildet. Der vordere Rand der inneren Choane wird wiederum durch Verschmelzung der Falte F mit dem Rande des Septums erzeugt. Das Cavum nasale empfängt so einen Boden (secundärer Boden der Nasenhöhle), durch welchen der vordere Theil der Gaumenrinne vom Cavum nasale geschieden wird und der gleichzeitig das Dach der Rinne bildet. An Figur 21 D und E kann man sich diese Verhältnisse klar machen. Der secundäre Nasenboden bildet zunächst nur eine dünne bindegewebige Membran, weiter nach vorn gewinnt er durch die Einlagerung des Jacogson’schen Organes an Mächtigkeit (vergl. Textfigur 21 C und Textfigur I9B und C). Verfolgt man nun die Gaumenrinne über die innere Choane hinaus nach vorn, so verliert sie allmählich an Tiefe und ihr Lumen, das dicht vor der inneren Choane schräg lateralwärts aufsteigt, nimmt C. parasept Fig. I9. Drei Frontalschnitte durch das vorderste Ende der Nasenhöhle und das JacoBson’sche Organ von Platy- dactylus guttatus. Erklärung siehe im Text. R, und R, vorderes Ende der Gaumenrinne, W pilzförmiger Wulst des JAcoBSoXx’schen Organes. eine steilere Stellung an, so dass sich eine mediale und laterale Wand unterscheiden lässt (Textfigur 19 B und C). Das vorderste Ende der Rinne zeigt bei Ascalaboten Besonderheiten. In der Tiefe der Rinne und an ihrer medialen Wand findet sich die weite Oeffnung des Jacogson’schen Organes, dessen Sinnesepithel sich deutlich gegen das indifferente Epithel der Wandung der Rinne absetzt (primitive Oeffnung des Jacogson’schen Organes). Man kann sagen, das Jacogson’sche Organ der Ascalaboten bildet einen ziemlich umfänglichen, medianwärts entfalteten Recessus des vorderen Endes der Gaumenrinne. Die Oefinung des Jacogson’schen Organes wird dadurch complicirt, dass von der lateralen Wand der Gaumenrinne her sich ein pilzförmiger Fortsatz in die Lichtung desselben hinein erstreckt (Textfigur I9 B, W). Derselbe empfängt eine Stütze durch einen Vorsprung der knorpeligen Nasenkapsel, welche auch das vordere Ende der Gaumen- rinne lateral und unten umfasst. Dieser pilzförmige Wulst bedingt nun weiterhin eine Complication im Verhalten der Gaumenrinne (vergl. Textfigur 19 B und C). Er scheidet dieselbe in einen unteren und einen oberen Abschnitt. Der untere (R,) steigt vom Mundhöhlendach gerade aufwärts, und man gelangt durch ihn unter dem Wulst W hinweg in medianer Richtung in die Lichtung des Jacogson’schen Organes. Der obere Abschnitt (R,) liegt über der Basis des pilzförmigen Wulstes, und man kann von ihm aus nach unten hin nur durch die Lichtung des Jacogson’schen Organes hindurch in den unteren Abschnitt der Gaumen- rinne gelangen. Das vordere Ende des unteren Abschnittes entspricht dem vorderen Ende der am Mund- höhlendach sichtbaren Oeffnung der Gaumenrinne. Dagegen setzt sich der obere Abschnitt gemeinsam mit Jenaische Denkschriften. VI. 12 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 63 492 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 90 dem Jacogson’schen Organ noch weiter nach vorn fort und bildet einen kurzen, blind endenden Recessus, der lateral vom Jacogson’schen Organ gelegen und wie dieses vom Boden der knorpeligen Nasenkapsel unterlagert ist (Textfigur 19 A). Der obere Abschnitt der Gaumenrinne nimmt dicht hinter der Basis des pilzförmigen Wulstes, also kurz bevor sich an der Gaumenrinne die Scheidung in den oberen und unteren Abschnitt verwischt, die Mündung des Thränenkanales auf (Textfigur I9 C D. laer.). 2. Die Morphologie der Gaumenrinne der Ascalaboten. Die Gaumenrinne der Ascalaboten erachte ich der seitlichen Nasenrinne der Urodelen für homolog. Letztere beginnt am vorderen Ende des Cavum nasale, setzt sich durch die ganze Länge desselben rück- wärts fort, durchsetzt die Apertura interna, deren seitlicher Rand in ihre Wandung aufgenommen ist, und läuft schliesslich am Mundhöhlendach an der Innenseite des Kieferrandes aus. Man kann demnach an der seitlichen Nasenrinne der Urodelen drei Abschnitte unterscheiden, die aber continuirlich in einander über- gehen. Der vorderste liegt oberhalb des Nasenbodens, bildet also einen Theil des primären Cavum nasale (nasaler Abschnitt); der mittlere liegt im Bereiche der Apertura interna (Choanen-Abschnitt); der hintere gehört dem Mundhöhlendach an, seine Lichtung entspricht einem Theil der primären Mund-Rachenhöhle der niederen Amphibien (oraler Abschnitt). Der nasale Abschnitt der seitlichen Nasenrinne nimmt die Mündung des Thränenkanales auf und enthält das Jacosson’sche Organ. Die obere Begrenzung dieses Theiles der Rinne wird durch eine Schleimhautfalte gebildet, welche sich rückwärts mit dem Boden des hinteren nischenförmigen Endes der Nasenhöhle verbindet und so ihr Ende erreicht. Auch der Choanen- Abschnitt wird durch diese Falte aufwärts begrenzt. Diese Falte sei kurz als die obere Grenzfalte der seit- lichen Nasenrinne bezeichnet. Der orale Theil der seitlichen Nasenrinne erhält einen Boden durch den Gaumenfortsatz, welcher am vorderen Rande der Apertura interna beginnt, also auch dem Choanen-Abschnitt der Rinne angehört. Die Uebereinstimmung zwischen dem oralen Theil der seitlichen Nasenrinne der Urodelen und dem hinter der inneren Choane gelegenen Abschnitt der Gaumenrinne der Ascalaboten ist ohne weiteres ersichtlich. Hier wie dort bildet der hinter der Apertura nasalis interna gelegene Theil des primitiven Mund-Rachendaches die obere, der Gaumenfortsatz die untere Begrenzung, und die Rinne setzt sich nach vorn ohne Unterbrechung in den Bereich des inneren Nasenloches fort. Die Apertura interna der Ascalaboten hat durch ihre Längsstreckung wie durch die Bildung des secundären Nasenbodens Modificationen erlitten. Dass in der inneren Choane ein Rest der Apertura interna enthalten ist, geht aus ihrer Umrahmung hervor. Dieselbe wird hinten vom freien Rande des Bodens des nischenförmigen Endes der Nasenhöhle, medial durch den verbreiterten unteren Rand des Septums gebildet, in genau der gleichen Weise wie die hintere und mediale Umrandung der Urodelen-Choane. Den lateralen Rand der inneren Choane formirt die mit F bezeichnete Schleimhautfalte. Letztere hängt, ebenso wie der verbreiterte Rand des Septums, rückwärts continuirlich mit dem Boden der hinteren Nasennische zusammen und findet sich hierin in voller Uebereinstimmung mit der oberen Begrenzungsfalte der seitlichen Nasen- rinne der Urodelen. Die Schleimhautfalte F ist bei Ascalaboten nur viel schärfer ausgeprägt als bei Urodelen; es ist ferner der Gaumenfortsatz weiter medianwärts vorgewachsen, so dass er den Rest der Apertura interna von unten her verdeckt. Es ergiebt sich demnach, dass die Gaumenrinne der Ascaloboten sich von hinten her in den Bereich der Apertura interna fortsetzt, gerade so wie die seitliche Nasenrinne der Urodelen, und dass die Rinne im Bereich der Apertura nasalis interna nach oben durch eine Schleimhautfalte abgegrenzt gI Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 493 wird, die sich ebenso verhält wie die obere Begrenzungsfalte der seitlichen Nasenrinne bei Urodelen. Diese Punkte der Uebereinstimmung treten deutlich hervor, wenn man die vorstehende Textfigur 18 mit den Durchschnitten durch die Urodelen-Choane vergleicht, die ich im Morphologischen Jahrbuch, Bd. XXIII, pP: 490 und 499 abbildete. — Bei Urodelen liegt, wie aus den citirten Figuren ersichtlich ist, der mediale Rand der Choane im Niveau des Mundhöhlendaches; die horizontal gestellte Fläche des letzteren, welche zwischen den Choanen liegt, biegt direct in den medialen Rand der Choane um. Das trifft nun für die innere Choane der Ascalaboten und der Saurier überhaupt nicht zu; letztere liegt vielmehr in einem höheren Niveau als das Mundhöhlendach. Dieser Unterschied erklärt sich durch Veränderungen, die das Dach des Cavum oris bei Sauriern erlitten hat. Bei niederen Amphibien, aber auch noch bei Urodelen und Anuren setzt sich der vordere Theil des Mundhöhlendaches, welcher die inneren Nasenlöcher enthält, rückwärts ohne scharfe Grenze in das von der Basis cranii gebildete Dach der Rachenhöhle fort. Bei Sauriern dagegen liegt der vordere Abschnitt, das Mundhöhlendach, in einem tieferen Niveau als der hintere, der das Dach der Rachen- höhle darstellt. Die hintere Grenze des „Mundhöhlendaches“ bilden die freien Ränder der Gaumenfortsätze, so weit dieselben vom Kieferrande aus von hinten und lateral nach vorn und median ziehen. Zwischen den beiden Gaumenfortsätzen wird die Abgrenzung durch den scharf geschnittenen Rand des Mittelfeldes erzeugt, welches sich gegen das etwas höher liegende Rachendach absetzt. Das einheitliche Mund-Rachen- dach der Amphibien ist also bei Sauriern durch eine Senkung des vorderen Abschnittes in ein tieferes Niveau in das Mundhöhlendach oder den Gaumen und in das Rachendach geschieden. Die Apertura nasalis interna bleibt mit ihrem hinteren Ende im Niveau des letzteren, behält also die Lage, die sie bei Amphibien hat, während ihr vorderes Ende im Mundhöhlendache verbleibt und sich mit diesem abwärts senkt. — Der zwischen den Aperturae internae gelegene Theil des primitiven Mundhöhlendaches der Amphibien hat sich bei Sauriern mit den inneren Nasenöffnungen in die Länge gestreckt, entsprechend der Senkung des Gaumens hat er sich nach hinten scharf abgegrenzt, gleichzeitig hat sich aber an ihm noch eine weitere regionale Sonderung vollzogen. Ein breiter, bei den einzelnen Sauriern verschieden gestalteter, medianer Streifen verbleibt als Mittelfeld des Gaumens im Mundhöhlendach. Er wird jederseits flankirt durch einen schräg lateralwärts aufsteigenden Theil der ursprünglich dem Mundhöhlendach angehörigen Fläche, welcher sich an der Bildung einer medialen, bezw. oberen Wand der Gaumenrinne betheiligt (vergl. Textfigur 18 und 2I D, E). Für die Beurtheilung des vor der inneren Choane liegenden Theiles der Gaumenrinne ist zunächs} festzuhalten, dass sich der kurze Choanen-Abschnitt der seitlichen Nasenrinne der Urodelen, entsprechend der Verlängerung der Apertura interna bei Ascalaboten, in die Länge gestreckt hat; ferner ist zu berück- sichtigen, dass der vorderste Theil des Cavum nasale, der dem primitiven Boden entspricht, sowie dieser selbst, bei den Sauriern an der Längsentfaltung der Nasenhöhle keinen Antheil nimmt, vielmehr reducirt erscheint. Die Folge hiervon ist, dass der nasale Abschnitt der seitlichen Nasenrinne der Urodelen bei den Ascalaboten gleichfalls eine Reduction erfährt. Die Verkürzung des primären Nasenbodens bedingt weiterhin, dass die Oeffnung des Jacogson’schen Organes sowohl wie die des Thränenkanales, welche bei Urodelen ‚oberhalb des primären Nasenbodens liegen, eine rückwärts gerichtete Verschiebung gegen den letzteren erfahren, wodurch sie in den Bereich des vorderen Endes der Apertura nasalis interna gelangen. Die so modifieirte seitliche Nasenrinne wird nun durch die Bildung des secundären Nasenbodens vom Cavum nasale abgeschlossen und liegt dann als vorderes Ende der Gaumenrinne am Mundhöhlendach. Die Bildung des secundären Nasenbodens erfolgt dicht vor der inneren Choane in der Weise, dass die Falte, welche im Bereiche der letzteren die Gaumenrinne nach oben begrenzt, mit dem freien Rande der Basalplatte des Septums verschmilzt. Weiter nach vorn im Bereiche des JacoBson’schen Organes 12* 63* 494 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 92 ändert sich dieses Verhalten. Textfigur Ig zeigt, dass hier der secundäre Nasenboden sich mit dem Septum oberhalb des unteren Randes desselben verbindet. Der Rand der basalen Platte des Septum narium entspricht dem medialen Rande der Apertura interna. Derselbe bleibt also im Bereiche der inneren Choane als freier Rand erhalten, indem er diese Oeffnung medianwärts begrenzt; weiter nach vorn verschmilzt er mit der Falte X zur Bildung des secundären Nasenbodens; im Bereiche des JacoBson’schen Organes endlich tritt er als mediale Begrenzung des vorderen Endes der Gaumenrinne wieder als freier Rand zu Tage. Das vordere Ende der Apertura nasalis interna findet sich als vorderes Ende des in die Gaumen- rinne führenden Spaltes am Dache der Mundhöhle; es ist der Senkung gefolgt, welches das letztere erfahren hat. Da das hintere Ende der Apertura im Niveau des Rachendaches verblieben ist, so ergiebt sich eine schräge Einstellung der Apertura interna von hinten-oben nach vorn und unten. Der laterale Rand der Apertura interna ist auch bei Ascalaboten verwischt. Die Schleimhautfalte F, welche die innere Choane seitlich begrenzt und im Bereiche derselben das Dach der Gaumenrinne bildet, erachte ich dem hinteren Theile der oberen Begrenzungsfalte der seitlichen Nasenrinne der Urodelen für homolog. Schon bei Urodelen hängt die Falte zwar mit dem hinteren Rande der Apertura interna zusammen, gehört aber in ihrer ganzen Länge dem Cavum nasale selbst an, während der Rand des inneren Nasenloches in die Wandung des Choanenabschnittes der seitlichen Nasenrinne aufgegangen ist. Demnach liegt auch bei Ascalaboten die Schleimhautfalte F, sowie ihre Fortsetzung in den secundären Nasenboden oberhalb der Apertura interna; der laterale Rand der letzteren ist in der seitlichen Wand der Gaumenrinne enthalten. Man kann nach alledem nicht sagen, dass die Apertura interna durch die Bildung des secundären Nasen- bodens verlegt werde. Ihr hinterer Rand und ein Stück des medialen Randes bleibt in der Begrenzung der inneren Choane erhalten; ein mittleres Stück des medialen Randes wird bei der Bildung des secundären Nasenbodens verbraucht, während das vordere Ende desselben in die mediale Wand der Gaumenrinne aufgenommen wird; der laterale Rand endlich geht in die Wandung der Gaumenrinne auf. Das Verhalten des vordersten Endes der Gaumenrinne der Ascalaboten ist nun durch den Vergleich mit Urodelen nicht zu erklären. Die so ausgespochene Entfaltung der Nasenhöhle im queren Durchmesser führt bei diesen Formen dazu, dass die seitliche Nasenrinne und mit ihr das Jacogson’sche Organ lateral zur Haupthöhle des Cavum nasale gelagert ist. Das ist ein specielles Verhalten, das nicht als Ausgangs- punkt für die Beurtheilung der Zustände bei Sauriern dienen kann. Zieht man aber solche Formen zum Vergleich heran, bei denen der Theil der Nasenhöhle, welcher der seitlichen Nasenrinne der Amphibien entspricht, unter dem Haupttheil des Cavum nasale gelagert ist, und bei denen das Jacogson’sche Organ noch eine primitive Form besitzt, so wird die Beurtheilung der Zustände bei Ascalaboten wesentlich erleichtert. Formen, welche diesen Bedingungen genügen, sind die Schildkröten und unter diesen wiederum Testudo. Durch den Vergleich mit dieser Form lässt sich der Befund am vorderen Ende der Gaumenrinne der Ascalaboten dem Verständniss näher bringen, aber es ist damit noch nicht gesagt — was ich wohl kaum zu betonen brauche — dass die Einrichtung der Nasenhöhle der Chersiten eine Vorstufe bilde für die entsprechenden Zustände bei Ascalaboten. Die Pars respiratoria der Nasenhöhle von Testudo (vergl. meinen Beitrag zur Festschrift fir GEGENBAUR), nach oben von der Pars olfactoria durch die mediale und laterale Grenzfalte geschieden, sowie ihre Verlängerung in den Ductus naso-pharyngeus ist meiner Auffassung nach der seitlichen Nasenrinne der Amphibien homolog. Der Boden der Pars respiratoria, d. h. der Boden der Nasenhöhle, entspricht dem primitiven Boden und besitzt demgemäss eine knorpelige Einlagerung. Das Jacogson’sche Organ liegt als eine kleine Grube ganz vorn an der medialen Wand der Pars respiratoria. Das Schema der Textfigur 20A illustrirt dieses Verhalten. Die mit Z bezeichnete laterale Grenzfalte entspricht der oberen Begrenzungsfalte der seitlichen Nasenrinne der Urodelen. 93 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 495 Stellt man sich nun vor, dass der Boden des grubenförmigen Jacogson’schen Organes sich vergrössert und zwar in der Weise, dass der obere Rand der Grube (m) mehr und mehr in lateraler Richtung falten- artig vorgetrieben wird, bis er die Kuppe der gegenüberliegenden seitlichen Grenzfalte erreicht, dass schliesslich eine Verschmelzung zwischen der medialen und lateralen Falte erfolgt, so wird das anfänglich einheitliche Lumen der Nasenhöhle (Textfigur 20) in zwei über einander liegende Abschnitte geschieden. Der obere (I) enthält (bei Testudo) die Pars olfactoria; der untere (II) das Jacoson’sche Organ (J. O0.) und die zu Gunsten des letzteren verkleinerte Pars respiratoria. Dem so construirten Querschnittsbilde entspricht in allen wesentlichen Punkten die Textfigur I9A, also ein Frontalschnitt durch den vordersten Theil der Nasenhöhle von Platydactylus. Wenn hier der obere Abschnitt, also die Nasenhöhle, kein Riechepithel enthält, wie es bei Testudo der Fall ist, wenn die knorpelige Nasenkapsel lateral unvollständig ist und ihr Boden nicht mit dem Septum zusammenhängt, so sind das Unterschiede, die kaum gegen meine Auffassung zu verwerthen und leicht zu erklären sind. Die Scheidung der primitiven Nasenhöhle in eine Pars superior und inferior ist demnach mit der Art und Weise in Verband zu bringen, wie sich das Jacogson’sche Organ der Ascalaboten ausgestaltet. Die Beobachtungen Born’s über die Ontogenie der Nasenhöhle von Lacerta lassen gleichfalls, wie das Born auch betont, mit Evidenz diesen gestaltenden Einfluss des Organes erkennen. Fig. 20. Schematische Frontalschnitte durch die Nasenhöhle und das JACOBSOnN’sche Organ, A von Testudo, B von einem Ascalaboten. m mediale Grenzfalte, L laterale Grenzfalte, I oberer Theil des Cavum nasale, der bei Testudo die Regio olfactoria enthält. ZZ unterer Theil desselben mit dem grubenförmigen JacoBson’schen Organ (J.O.), das bei Testudo der Pars respiratoria, bei den Ascalaboten dem vorderen Ende der Gaumenrinne angehört. In Fig. B bezeichnen die punktirten Linien zwischen m und Z die Grenzfalten kurz vor ihrer Verschmelzung mit einander. W giebt den Wulst an, der sich in das Lumen des JACoOBSoN- schen Organes hinein entwickelt. x bezeichnet die Stelle, an der sich weiter rückwärts die Gaumenrinne gegen die Mundhöhle öffnet. Die Scheidung des Cavum nasale in zwei über einander liegende Abschnitte complicirt sich nun bei Ascalaboten noch mit der Reduction des vordersten, dem primitiven Boden der Nasenhöhle entsprechenden Theiles derselben. Der untere Abschnitt (II) schrumpft zu dem kleinen Recessus zusammen, den das vordere Ende der Gaumenrinne bildet. Dass dieser thatsächlich einem Theil des primären Cavum nasale entspricht, ebenso wie die Pars respiratoria der Chelonıer und wie der nasale Theil der seitlichen Nasen- rinne der Urodelen, ergiebt sich meiner Meinung nach mit Sicherheit aus der Thatsache, dass er oberhalb des Bodens der knorpeligen Nasenkapsel gelagert ist. Der Boden der Knorpelkapsel entspricht bei Sauriern dem primitiven Boden der Nasenhöhle. Das Jacosson’sche Organ, durch die Verkürzung des vordersten Abschnittes der Nasenhöhle rück- wärts, bis in den Bereich der Apertura interna verschoben, behält im Allgemeinen seine einfache Form. Es bildet einen medianwärts entfalteten Recessus der Gaumenrinne. Die weite, längsovale Oeffnung dieses Recessus kann als primäre Oeffnung des Jacopson’schen Organes bezeichnet werden. Ihre Umrandung entspricht dem Schleimhautwall, welcher das Organ bei Testudo umgiebt. Ist nun — wie ich bewiesen zu haben glaube — die Gaumenrinne der Ascalaboten der seitlichen Nasenrinne der Amphibien und der Pars respiratoria von Testudo homolog, so würde sich für alle drei Fälle ergeben, dass das Jacogson’sche Organ mit homologen Abschnitten der primären Nasenhöhle in Verbindung steht, gleichgültig, welche Lage und welche Beziehung zur definitiven Nasenhöhle dasselbe besitzt. Die Thatsache, dass der Thränenkanal in das vordere Ende der Gaumenrinne mündet, kann die eben begründete Auffassung nur stützen. 496 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 94 Das Jacosson’sehe Organ complieirt sich nun bei Ascalaboten noch durch den pilzförmigen Wulst (W der Textfiguren), der von der gegenüberliegenden Wand der Gaumenrinne her in die Lichtung des Organes einragt. Aus dem Befunde bei den in Rede stehenden Formen ist augenscheinlich, dass derselbe secundär mit dem Jacogson’schen Organ in Beziehung getreten sein muss. Die Ausgestaltung des accessorischen Geruchsorganes führt also nicht allein zum Abschluss der Gaumenrinne von der Nasenhöhle, sondern bedingt auch eine formale Ausgestaltung des vorderen Endes der Rinne. — Der Zustand, der durch die Ausbildung des pilzförmigen Wulstes am JacoBson’schen Organ und an der Gaumenrinne gegeben ist, ist nun noch in anderer Hinsicht von Wichtigkeit. Das Jacogson’sche Organ ist bei Ascalaboten von zwei Seiten her zugänglich: einmal vom Rachenraum aus auf dem Wege der Gaumenrinne, also in der Richtung von hinten nach vorn; ausserdem vom vorderen Ende der Mundhöhle aus durch das vorderste Ende der Gaumenrinne, also in der Richtung von unten nach oben. In früheren Arbeiten habe ich darauf hingewiesen, dass bei Amphibien und Cheloniern die sinnliche Erregung des Jacogson’schen Organes durch Vermittlung des expiratorischen Athmungsstromes zu Stande kommen dürfte. Diese Möglichkeit muss nun auch für die Ascalaboten zugegeben werden. Es ist klar, dass die ausgeathmete Luft durch den hinteren, fast quer- gestellten Oeffnungsspalt der Gaumenrinne in die letztere eintreten muss; der Expirationsstrom tritt weiterhin zum Theil durch die innere Choane in die Nasenhöhle ein, zum Theil wird er durch die ziemlich weite Gaumenrinne nach vorn geleitet und muss nothwendig das JacoBson’sche Organ passiren. Unter diesem Gesichtspunkte kann der pilzförmige Wulst in seiner Entstehung von dieser physiologischen Erregungsweise des Organes abhängig gedacht werden. Andererseits besteht aber bei Ascalaboten bereits die Möglichkeit, Ingesta, die sich im vordersten Theil der Mundhöhle befinden, wohl ohne Vermittlung der Athmunsgsluft, durch das JacogBson’sche Organ sensoriell zu prüfen. Diese Verhältnisse sind deshalb wichtig, weil sie uns zeigen, auf welche Weise sich das JacoBson’sche Organ allmählich von dem vermittelnden Einfluss des Expirationsstromes in seiner Function frei macht. 3. Die Reduction der Gaumenrinne bei anderen Sauriern (Anguis). Die weitere Ausgestaltung des Mundhöhlendaches in der Sauriergruppe im Speciellen will ich nicht weiter verfolgen. Die Arbeit Born’s (5) enthält hierüber erschöpfende Darlegungen. Ich möchte hier nur die Punkte hervorheben, die für meine Zwecke von Bedeutung sind. Bei manchen Sauriern kommt es zu einer Reduction des vorderen Abschnittes der Gaumenrinne. Diese vergesellschaftet sich mit einer Rückwärts- verlagerung der 'Thränenkanalöffnung. Letztere findet sich schliesslich im Bereiche der inneren Choane in dem bestehen bleibenden Reste der Gaumenrinne. Anguwis fragilis bietet z. B. dieses Verhalten. Text- figur 21 E giebt die Abbildung eines Schnittes, der durch die innere Choane (t. Ch.) gelegt ist. Die Falte # grenzt, wie bei Ascalaboten, die Gaumenrinne R nach oben ab; im Bereiche der letzteren ist die Mündung des Thränenkanales (D. lacr.) getroffen. Die Art und Weise, wie diese Verschiebung der Oeffnung erfolgt, ist von BoRN zutreffend geschildert. Das Jacogson’sche Organ behält seine Lage, doch vereinfacht sich der Zugang zu demselben. Bestehen bleibt der pilzförmige Wulst, welcher bei Ascalaboten von der lateralen Wand der Gaumenrinne ausgeht, in das Lumen des Organes einragt und die Lichtung der Gaumenrinne in einen oberen und unteren Abschnitt zerlegt. Der obere Abschnitt der Gaumenrinne und damit auch der nach vorn gerichtete Recessus derselben erfährt eine Rückbildung; dagegen bleibt ihr unterer Abschnitt erhalten, soweit er im Bereiche der primären Oeffnung des Organes liest, und bildet nunmehr den Einführungsgang in das Organ. 95 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 497 Hinter dem Jacogsox’schen Organ verfällt die Gaumenrinne der Rückbildung, die allmählich von vorn nach hinten fortschreitet. Das Jacogson’sche Organ hat damit die Beziehung zur Rachenhöhle, die es bei Ascalaboten durch Vermittlung der Gaumenrinne besitzt, eingebüsst und ist nunmehr ausschliesslich vom vorderen Theile des Mundhöhlendaches aus zugänglich. Dem eben Gesagten entspricht annähernd der Zu- stand des Mundhöhlendaches bei Anguis fragilis (Textfigur 21). Hier besteht der vordere Theil der Gaumenrinne noch fast in ganzer Länge; aber während er dicht vor der inneren Choane eine tiefe, spaltförmige Einsenkung bildet, nimmt er weiter nach vorn mehr und mehr an Tiefe ab, so dass er im Bereiche des JacoBsonx’schen Organes nur eine seichte Einsenkung darstellt (Textfigur 21 C, D und E). Vergleicht man Textfigur 19 A—C mit Textfigur 21 A—C, so ergiebt sich, dass der obere Abschnitt der Gaumenrinne der Ascalaboten (R,) Car.nas.') Aw? )r \ Fig. 21. Frontalschnitte durch die Nasenhöhle von Angwis fragilis. W pilzförmiger Wulst des JacoBSoN’schen Organes (Jae. Org.), R, Einführungsgang des JacoBson’schen Organes, R Gaumenrinne, a. Ch. äussere Choane (BORN), 2. Ch. innere Choane. bei Anguis verschwunden ist. Mit seiner Reduction hat sich das Sinnesepithel des JacoBson’schen Organes bis an die Basis des pilzförmigen Wulstes (W) ausgedehnt. Der untere Abschnitt des vorderen Gaumen- rinnenendes bleibt dagegen bestehen und führt wie bei Ascalaboten an der medialen Seite der Basis des pilzförmigen Wulstes vorbei in die Lichtung des Organes. Um die Verhältnisse bei Anguis von denen bei Ascalaboten abzuleiten, braucht man sich nur vorzustellen, dass der in Textfigur IQ mit R, bezeichnete Theil der Gaumenrinne unter entsprechender Ausdehnung des Sinnesepithels des JacogBson’schen Organes mehr und mehr, bis zum völligen Schwinden zusammenschrumpft, und dass — als Fortsetzung dieses Vor- ganges — auch der in Textfigur I9C mit R, bezeichnete Abschnitt der Gaumenrinne, hinter dem offen- bleibenden Einführungsgang, in seinem obersten Theil verlegt wird. — Bei Ascalaboten fällt nun das vorderste Ende des Spaltes, der von der Mundhöhle her in die Lichtung der Gaumenrinne führt, mit dem vorderen Ende der Apertura interna zusammen. Es ergiebt sich demnach, dass bei der Reduction der Gaumenrinne das vorderste Ende der Apertura interna in den Einführungsgang des Jacosson’schen Organes aufgenommen wird. Letzterer entsteht nicht aus der primären grubenförmigen Anlage des Organes, sondern tritt erst secundär mit demselben in die engste Beziehung. 498 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 96 4. Ophidier. Was die Ophidier betrifft, so fehlen mir eigene Erfahrungen, und es gelang mir nicht, eine genügend klare Vorstellung über die hier in Rede stehenden Verhältnisse aus der Literatur zu gewinnen, um im Speciellen die Vergleichung mit den Sauriern durchführen zu können. Immerhin ist wenigstens im Allge- meinen eine Vergleichung möglich, wobei ich mich wesentlich auf die Beobachtungen von Born (6) und LEyDiG (44, 45) stütze. Der primäre Nasenboden ist auch bei Ophidiern kurz, das Gebiet der Apertura nasalis interna dagegen in die Länge gestreckt. Aus den ontogenetischen Vorgängen, ferner aus der Thatsache, dass bei den erwachsenen Thieren der Thränenkanal und das Jacogson’sche Organ am Mundhöhlendach münden, schliesslich aus der Form und Lage des JacoBson’schen Organes scheint mir mit Sicherheit hervorzugehen, dass die Bildung des secun- dären Nasenbodens und damit auch die Art und Weise, wie sich das JAcoBson’sche Organ von der Nasenhöhle abschliesst, sich in ähnlicher Weise vollzieht wie bei Sauriern. Die Reduction des vorderen Theiles der Gaumen- rinne, die bei den Sauriern eingeleitet ist, ist aber (nach Born) bei den Schlangen (Tropidonotus) vollendet. Der im Bereich und hinter der inneren Choane gelegene Theil ist erhalten und zu einem Ductus naso-pharyngeus abgeschlossen, indem der Gaumenfortsatz mit einem medianen, abwärts promi- nenten Theil des Mundhöhlendaches verschmilzt, der sich in der Verlängerung der prominenten oralen Fläche des Septums bildet (Born, 6, p. 209). Die Oefinung für das JacogBson’sche Organ liegt in einigem Abstande vom Kieferrande als ein C-förmiger, kurzer Spalt am Mundhöhlendache; von dieser Oeffnung führt ein gerade aufsteigender Gang in das umfängliche JacoBson’sche Organ. Textfigur 22 zeigt einen frontalen Durchschnitt durch den Einführungsgang bei einem älteren Embryo von Tropidonotus. Fig. 22. Frontalschnitt durch Nasenhöhle und JacoBson’sches Organ von einem Tropidonotus- Die Figur ist nach einer Zeichnung Born’s copirt; um den Ver- Embryo. Nach Born, Morph. Jahrb. 8, Taf. X, Fig. ı3. a Mündung des JacoBson’schen Organes, 2 > ; ? W pilzförmiger Wulst desselben. gezeichnet und verkleinert. Die Andeutung des Lumens des in das Jacogson’sche Organ führenden Ganges, dessen Mündung ich mit a bezeichnet habe, ist in der Born’schen Zeichnung nicht angegeben. Der in das JacoBson’sche Organ führende Kanal nimmt bei Embryonen an seiner lateralen, beim Erwachsenen an seiner medialen Seite die Mündung des Ductus lacrymalis auf. Ich gleich mit meinen Figuren zu erleichtern, ist sie im Spiegelbild halte es für wahrscheinlich, dass dieser Einführungsgang des JacoBson’schen Organes von Tropidonotus in Parallele gestellt werden darf mit dem bei Sauriern (Anguis, Varanus u. a.), dass er also in ähnlicher Weise wie bei letzteren aus dem vorderen Ende der Apertura nasalis interna hervorgegangen ist und somit einen secundären Bestandtheil des Jacosson’schen Organes bildet. Hierfür spricht auch die Mündung des Ductus lacrymalis in den Gang. Doch besteht ein auffälliger Unterschied zwischen 7ropidonotus und den Sauriern. Auch bei Tropidonotus findet sich ein pilzförmiger, in das Lumen des JacoBson’schen Organes einragender Wulst (W Textfigur 22). Der Einführungsgang steht lateral von demselben mit dem Lumen des Organes in Verbindung, während er sich bei Anguis und entsprechend bei Ascalaboten medial von dem Wulst öffnet. Ob dieses Verhalten des Einführungsganges zum pilzförmigen Wulst bei Tropidonotus einen princi- piellen Unterschied im Bau des Organes den Sauriern gegenüber zum Ausdruck bringt, oder ob dasselbe gleichfalls auf die Zustände bei Ascalaboten beziehbar ist, muss ich unentschieden lassen. Zur Entscheidung; dieser Frage sind specielle Untersuchungen nöthig. 97 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöllle und am Mundhöhlendache von Echidna. 499 5. (Anhang). Hatteria. Mit der Untersuchung von Hatteria bin ich über die erste flüchtige Orientirung nicht hinausgekommen ; aber der Befund bei dieser Form weicht von den bei den übrigen Reptilien bestehenden Verhältnissen so wesentlich ab, dass ich durch die cursorische Mittheilung meiner Beobachtungen wenigstens die Auf- merksamkeit auf diese Form lenken möchte. Ich gebe die folgenden Mittheilungen, indem ich ausdrücklich betone, dass meine Beobachtungen einer Controle bedürfen. Das Mundhöhlendach von Hatteria zeigt folgendes Verhalten, wobei ich von speciellen Eigenthüm- lichkeiten des Reliefs absehe. Der primitive Nasenboden ist im Vergleich zur Länge der ganzen Nasen- höhle kurz. Die Apertura nasalis interna scheint in ihrer ganzen Länge offen zu sein und bildet einen Spalt, der von unten und von der Seite her durch den Gaumenfortsatz verdeckt wird. Letzterer endet medianwärts mit freiem Rande. Das Jacogsox’sche Organ von Hatteria ist schlauchförmig und ist dem unteren Rande des Septums eingelagert. Seine Oeffnung liegt in der Nähe des vorderen Randes der Apertura interna; nach hinten endet der Schlauch blind. Das Organ erinnert also in Form und Lage an das der Mammalier; ob sich die Aehnlichkeit auch auf den inneren Bau erstreckt, weiss ich nicht. Jeden- falls ist die Thatsache bedeutungsvoll, dass bei einem recenten Reptil bei verhältnissmässig primitivem Zustande des Gaumens ein den Mammaliern ähnliches Jacosson’sches Organ besteht. — Ich begnüge mich mit diesem Hinweis; eine specielle Verwerthung der Beobachtungen erlaubt. deren Oberflächlichkeit nicht. C. Das Jacobson’sche Organ der Reptilien, verglichen mit dem der Mammalier. Weiter oben (p. 80) habe ich die Anschauungen dargelegt, welche ich über die phylogenetische Entwickelung des Jacosson’schen Organes der Säugethiere gewonnen habe. Vergleicht man den dort geschilderten Vorgang mit der Art und Weise, wie das Organ bei den Sauriern entstanden ist, so ist ohne weiteres klar, dass die Wege, auf denen sich in beiden genannten Gruppen die Differenzirung vollzieht, von Anfang an auseinandergehen. Hierbei ist es sicherlich von Interesse, dass das Jacogson’sche Organ von Testudo durch seine indifferente Form und Lage einen Zustand zeigt, der für die Entstehung des Organes der Saurier und der Mammalier als Ausgangspunkt angenommen werden kann. Der Zustand bei Testudo bildet weiterhin auch den Ausgangspunkt für die Differenzirung des JacoB- son’schen Organes in der Cheloniergruppe, in welcher die Ausgestaltung desselben in einer eigenthümlichen und von den übrigen Reptilien, sowie den Säugethieren durchaus verschiedenen Weise erfolgt. Bezüglich dieser Verhältnisse verweise ich auf meine frühere Arbeit (75). Das Wichtigste ist Folgendes. Bei Testudo bildet das Jacosson’sche Organ eine kleine flache Grube an der medialen Wand der Pars respiratoria. Bei Emys dehnt sich der Sinnesepithel desselben über die Wandung fast der ganzen Pars respiratoria aus. Aehnlich verhalten sich die Trionyciden, nur ist hier die Pars respiratoria und mit ihr das Jacopson’sche Organ auf Kosten der Pars olfactoria vergrössert. Bei Thalassiten endlich bildet das Jacosson’sche Organ einen nach oben und unten entfalteten Recessus der Nasenhöhle, welcher nach vorn und unten von der Pars olfactoria liegt und von letzterer durch einen stark entwickelten faltenartigen Vorsprung der Wand abgeerenzt ist. In allen Fällen bildet das JacoBsox’sche Organ einen Theil der definitiven Nasenhöhle selbst. Das Jacosson’sche Organ der Saurier zeigt als hervortretendstes Merkmal den completen Abschluss von der Nasenhöhle und die Mündung in das Cavum oris. Dieser Zustand ist durch die Art und Weise Jenaische Denkschriften. VI. 13 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 64 500 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 98 der Ausgestaltung des Organes selbst bedingt. Der Boden des grubenförmigen und an der medialen Nasen- wand gelagerten Organes, welches wir als Ausgangspunkt annehmen, gewinnt an Ausdehnung; hierdurch wird der obere, anfänglich wallartige Rand der Grube faltenartig in lateraler Richtung vorgetrieben und verschmilzt schliesslich mit der seitlichen Wand der Nasenhöhle. Auf diese Weise wird nicht nur das Jacosson’sche Organ, sondern zugleich ein Theil der primären Nasenhöhle vom Cavum nasale abgeschnürt. Der letztere wird zum vorderen Ende der Gaumenrinne. Die primäre Oeffnung des JacoBson’schen Organes, welche dem wallartigen Rande des grubenförmigen Ausgangsstadiums entspricht, liegt nunmehr im Bereiche der Gaumenrinne; sie wird dadurch complicirt, dass eine Wulstung, die sich vom Boden und der Seiten- wand der Gaumenrinne aus entwickelt, in die Lichtung des kugelförmigen Organes einragt (Ascalaboten). Mit der Reduction der Gaumenrinne verwischt sich die primäre Oeffnung des Jacogson’schen Organes; als Einführungsgang des letzteren bleibt das kurze vordere Ende des Spaltes erhalten, welcher von der Mund- höhle aus in die Lichtung der Gaumenrinne führt, und welcher das vordere Ende der Apertura nasalis interna enthält. Die Oeffnung des Jacogson’schen Organes am Mundhöhlendache selbst, wie sie sich bei Anguis u. a. findet, ist also eine secundäre; ebenso ist der Einführungsgang, als Rest der Gaumenrinne, der durch seine Beziehung zum Jacosson’schen Organ erhalten bleibt, secundär mit dem Organ in Verbindung getreten. — Im Allgemeinen sind wohl die Zustände des Jacogson’schen Organes der Ophidier in gleicher Weise zu beurtheilen. Bei den Säugethieren schliesst sich (in der Phylogenie) das grubenförmige JacoBson’sche Organ dadurch zu einem Säckchen ab, dass der Rand der Grube von allen Seiten her über den zunächst unver- ändert bleibenden Boden derselben hinweg vorwächst. Die weite Oeffnung der Grube verengert sich zu dem Einführungsgang, und es entsteht eine laterale, mit indifferentem Epithel überzogene Wand des Organes. Letztere wird gegen das Lumen des Organes eingestülpt. Der vor dem Einführungsgang liegende Theil des Organes verliert zunächst sein Sinnesepithel, schrumpft weiterhin mehr und mehr bis zum völligen Schwunde zusammen, während der hintere Theil sich schlauchförmig verlängert. Der Einführungsgang des Jacogson’schen Organes der Säugethiere geht demnach direct aus der Umrandung der grubenförmigen Organanlage hervor; er ist homolog der primären Oeffnung des Organes bei Ascalaboten und der wall- artigen Umgrenzung desselben bei Testudo. Der pilzförmige Wulst, der bei Ascalaboten in die Lichtung des Organes einragt, entsteht aus dem Boden und der Seitenwand der Gaumenrinne; er documentirt sich damit als eine Differenzirung, der Gaumen- rinne, die secundär mit dem JacogBson’schen Organ in engste Beziehung getreten ist. Die leistenförmige oder muschelförmige Einragung am JacoBson’schen Organ der Säugethiere wird dagegen von der Wandung des Organes selbst gebildet. Die knorpelige Stütze, welche der pilzförmige Wulst bei Ascalaboten erhält, geht vom Boden der knorpeligen Nasenkapsel und von dem Theil derselben aus, welcher der lateralen Wand der Gaumenrinne angehört. Der letztere Abschnitt liegt lateral zur Apertura interna, bildet also einen Theil der Seitenwand der knorpeligen Nasenkapsel. Der knorpelige „turbinated process“ von Echidna und der grösste Theil desselben bei Ornithorhynchus wird dagegen von der Cartilago paraseptalis gebildet, geht also aus dem Theile des Bodens der knorpeligen Nasenkapsel hervor, welcher medial von der Apertura interna liegt. Hieraus ergeben sich principielle Unterschiede zwischen dem pilzförmigen Wulst im JACOBson- schen Organ der Ascalaboten und damit der Saurier überhaupt und der leisten- oder muschelförmigen Einragung an dem Organ der Säugethiere. Hieran wird auch durch die Thatsache nichts geändert, dass sich beim Schnabelthier der Boden der knorpeligen Nasenkapsel an dem Aufbau des turbinated process betheiligt. 99 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 501 Es ergiebt sich also, dass von einer Grundform aus, die sich am getreuesten bei Testudo erhalten hat, das JacoBson’sche Organ I) der Chelonier, 2) der Saurier und Ophidier, endlich 3) der Mammalier in Richtungen entwickelt hat, die von der Wurzel an divergiren. Will man diese Thatsache für die Phylogenie des Säugethierstammes verwerthen, so muss dabei berücksichtigt werden, dass ein einfaches grubenförmiges Divertikel der Nasenhöhle auch für das Jacogson’sche Organ der Amphibien in seinem verschiedenen und für die einzelnen Gruppen charakteristischen Verhalten als Ausgangspunkt angenommen werden muss. D. Das Mundhöhlendach und der Nasenboden bei Amphibien, Reptilien und Säugethieren (Uebersicht). Stellen wir die Ergebnisse über die Gaumenbildung bei Amphibien, Reptilien und Mammaliern ein- ander gegenüber, so ist auf folgende Punkte Rücksicht zu nehmen: primärer Boden der Nasenhöhle, Aper- tura nasalis interna, seitliche Nasenrinne und ihre Derivate, secundärer Boden der Nasenhöhle. Bei Amphibien besteht ausschliesslich der primitive Boden der Nasenhöhle, der einen Theil des primären Mundhöhlendaches darstellt. Das Dach der Mundhöhle und der Rachenhöhle liegen in dem Fig. 23. Fig. 24. Fig. 23. Sagittalschnitt durch die Nasenhöhle eines Urodels. Schema. pa Apertura nasalis interna, r. seitliche Nasen- rinne, F. obere Begrenzungsfalte derselben, @f. Gaumenfortsatz. Fig. 24. Sagittalschnitt durch die Nasenhöhle von Testudo. Schema. p.a. Apertura nasalis interna, r Pars respiratoria des Cavum nasale, F laterale Grenzfalte, Gf. Gaumenfortsatz, D.n. ph. Ductus naso-pharyngeus. gleichen Niveau. Bei niederen Amphibien stellen sich die Aperturae nasales internae als einfache, im Boden der Nasenhöhle gelegene, längsovale Oefinungen dar. — Die seitliche Nasenrinne tritt bei Siren und Siredon als rinnenförmige Verlängerung des Jacogson’schen Organes auf; sie bleibt hier auf das Cavum nasale selbst beschränkt und dient als Zuleitungsapparat für das Jacogson’sche Organ. Bei Urodelen und Anuren hat sich die seitliche Nasenrinne mächtiger entfaltet und setzt sich durch die Apertura interna hindurch auf das Mundhöhlendach fort; ihren Boden bildet im Bereiche des letzteren der Gaumenfortsatz. Die Apertura interna erfährt hierdurch eine Modification; ihr vorderer, medialer und hinterer Rand bleibt bestehen, ihr lateraler Rand geht in die Wandung der seitlichen Nasenrinne auf. Die Apertura wird zum Theil durch den Gaumenfortsatz von unten her verdeckt. Im Bereiche des Cavum nasale wird die seitliche Nasenrinne aufwärts durch eine Schleimhautfalte begrenzt, die am hinteren Rande der Apertura interna beginnt und sich durch die Länge der Nasenhöhle nach vorn fortsetzt. Hinter der Apertura interna bildet das primäre Rachendach das Dach, der Gaumenfortsatz den Boden für die seitliche Nasenrinne. Man vergleiche hierzu die Textfigur 23, in welcher ein schematischer Längsschnitt durch die Nasenhöhle eines Urodels dargestellt 13* 64* 502 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. Ioo ist. In dieser und in den folgenden Figuren ist der primäre Boden des Cavum nasale bezw. das primäre Mundhöhlendach durch enge Punktirung, angegeben. Die Lage der Apertura nasalis interna bezeichnet die unterbrochene Linie pa; der nasale Abschnitt der seitlichen Nasenrinne und dessen Derivate sind mit r., der Gaumenfortsatz ist mit Gf. bezeichnet; letzterer ist schraffirt gehalten, wo er medianwärts mit freiem Rande endet. Die mit F. bezeichnete Linie giebt die obere Begrenzungsfalte der seitlichen Nasenrinne und ihre Derivate an. Bei Cheloniern (Testudo, Textfigur 24) empfängt die Nasenhöhle ihren unteren Abschluss ausschliesslich durch den primären Boden. Der vordere und seitliche Theil des Mund-Rachendaches hat eine Senkung erfahren und liegt als Dach der Mundhöhle in einem tieferen Niveau als das Dach der Rachenhöhle. An dieser Senkung hat der Nasenboden Antheil; der vordere Rand der Apertura nasalis interna ist dieser Bewegung gefolgt und liegt unter dem ursprünglich hinteren Rande, der seine Lage im Niveau des Rachendaches behalten hat; die Apertura interna hat sich in die fast senkrechte Richtung eingestellt. Das Cavum nasale der Chelonier geht direct aus der Nasenhöhle der Amphibien hervor. Die Pars respiratoria entspricht dem nasalen Abschnitt der seitlichen Nasenrinne der Urodelen, der Ductus naso-pharyngeus (D.n. ph.) dem Gaumentheil derselben, welcher durch die Verschmelzung des medialen Randes des Gaumenfortsatzes mit einer medianen Wulstung des Rachendaches theilweise zu einem Kanal abgeschlossen ist. Der secundäre Gaumen bildet einen relativ kleinen Theil des ganzen Mundhöhlendaches, und zwar ausschliesslich im Bereiche des Ductus naso-pharyngeus. Die laterale Grenzfalte der Schildkröten entspricht der oberen Begrenzungsfalte der seitlichen Nasenrinne der Urodelen; wie diese beginnt sie am hinteren Rande der Apertura interna und setzt sich nach vorn als Schleimhautfalte durch die Länge der Nasenhöhle fort. Bei Sauriern (Textfigur 25 und 26) hat der primäre Boden und mit ihm der vorderste Theil des primären Cavum nasale eine Reduction erfahren, dagegen hat sich die Apertura interna und der ihr entsprechende Abschnitt der primären Nasenhöhle erheblich in die Länge gestreckt. Das primäre Mund- höhlendach erscheint gegen das Rachendach gesenkt. Der vordere Rand der Apertura interna ist dieser Bewegung gefolgt; die Oeffnung hat eine schräge, von hinten-oben nach vorn-unten gerichtete Stellung angenommen. Mit der Apertura interna verlängert sich auch der Gaumenfortsatz, welcher ausserdem, namenlich in seinem mittleren Theile, weiter medianwärts vorwächst, so dass er die Apertura interna von unten her verdeckt. Die Streckung der Aperturae internae führt zu einer Ausgestaltung des zwischen ihnen liegenden Theiles des primären Mundhöhlendaches. Ein grösserer medianer Abschnitt dieser „oralen Fläche des Septum narium‘“ verharrt als Mittelfeld des Gaumens im Dache des Cavum oris, während ein lateraler Streifen jederseits in die Wandung der Gaumenrinne einbezogen wird. — Der Gaumenfortsatz als secundärer Bestandtheil des Mundhöhlendaches bildet den Boden für die Gaumenrinne und hat keine directe Beziehung zur Begrenzung des definitiven Cavum nasale. — Die Ausgestaltung des JacoBson’schen Organes führt zur Bildung des secundären Bodens der Nasenhöhle, welche in der Weise erfolgt, dass die Lichtung der seitlichen Nasenrinne vom primären Cavum nasale abgeschlossen und als Gaumenrinne in die Mundhöhle einbezogen wird. Die Oeffinung des JacoBson’schen Organes sowie die Mündung des Thränenkanales verlieren damit die Beziehung zur definitiven Nasenhöhle. Letztere ist gleich der Nasen- höhle der Amphibien vermindert um die seitliche Nasenrinne, und entspricht der Pars olfactoria der Chersiten und Emyden. — Der nasale Abschnitt der seitlichen Nasenrinne der Urodelen schrumpft mit der Reduction des primären Nasenbodens bei Ascalaboten zu einem kurzen vorderen Recessus der Gaumenrinne (r der Fig. 25) zusammen; dagegen verlängert sich der bei Urodelen nur kurze Choanenabschnitt. Der Gaumenabschnitt der seitlichen Nasenrinne entspricht dem hinter der inneren Choane liegenden Theil der Gaumenrinne und zeigt keine wesentliche Umgestaltung bei Ascalaboten. Die Verkürzung des primären IoI Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 503 Nasenbodens bedingt endlich eine rückwärts gerichtete Verschiebung der primären Oeffnung des JacoBson- schen Organes und der Thränenkanalmündung, wodurch diese in den Bereich der Apertura interna gelangen. — Der hintere Rand und ein kurzes Stück des medialen Randes der letzteren erhalten sich in der Umgrenzung der inneren Choane; ein mittlerer Theil des medialen Randes wird zur Bildung des secundären Nasenbodens verbraucht; das vordere Ende bleibt in der medialen Begrenzung des in die Gaumenrinne führenden Spaltes erhalten. Die Schleimhautfalte (Textfisur 25, F), welche die laterale Begrenzung der inneren Choane und im Bereiche der letzteren das Dach der Gaumenrinne bildet und rückwärts mit dem hinteren Rande der Apertura interna in Verbindung steht, entspricht einem Theile der oberen Begrenzungsfalte der seitlichen Nasenrinne der Urodelen; der grössere vordere Abschnitt derselben ist in dem secundären Nasenboden enthalten. Der laterale Rand der Apertura interna ist in die laterale Wand der Gaumenrinne aufgegangen. — Bei vielen Sauriern verschiebt sich die Thränenkanalmündung in der Gaumenrinne rückwärts, so dass dieselbe schliesslich unter der inneren Choane liegt. Ferner verfällt der vordere Abschnitt der Gaumenrinne der Reduction (Textfigur 26); nur ihr vorderes Ende, welches das Fig. 25. Fig. 26. Fig. 25. Sagittalschnitt durch die Nasenhöhle von einem Ascalaboten. Schema. pa Apertura nasalis interna, vorderes Ende der Gaumenrinne (Gr.), Gf. Gaumenfortsatz, J. O0. JacoBsoN’sches Organ, F Schleimhautfalte, die die innere Choane lateral- wärts begrenzt und sich nach vorn in den secundären Nasenboden fortsetzt; letzterer ist schwarz mit weisser Punktirung angegeben. Fig. 26. Sagittalschnitt durch die Nasenhöhle von Angwis. Schema. Bezeichnung wie Textfigur 24. vordere Ende der Apertura nasalis interna enthält, bleibt als Einführgang für das Jacogson’sche Organ bestehen. Letzteres öffnet sich dann mit einem kurzen Schlitz direct am Mundhöhlendach (secundäre Oeffnung). # Bei Ophidiern vollzieht sich die Bildung des secundären Nasenbodens in der gleichen Weise wie bei Sauriern. Die Gaumenrinne wird aber hier bis zur inneren Choane hin verlegt; nur ihr vorderes Ende bleibt als Einführgang für das Jacogson’sche Organ, welcher auch noch die Mündung des Thränenkanales aufnimmt, erhalten. Ferner kommt es durch Verschmelzung des Gaumenfortsatzes mit einer medianen Wulstung des Mundhöhlendaches zur Bildung eines kurzen Ductus naso-pharyngeus. — Mit der Reduction der Gaumenrinne, die bei Sauriern eingeleitet, bei Ophidiern vollendet ist, wird der Theil des primären Cavum nasale, der in der seitlichen Nasenrinne der Urodelen enthalten war, fast völlig eliminirt; ferner wird die Apertura nasalis interna fast vollständig verlegt. Nur ihr vorderes Ende bleibt als Einführgang in das Jacosson’sche Organ und ihr hinteres Ende als innere Choane erhalten. Erst nach Reduction der Gaumenrinne fällt das definitive Mundhöhlendach mit dem secundären Nasenboden zusammen. Bei Mammaliern bleibt bei der Entfaltung des Cavum nasale im Längsdurchmesser der primäre Boden und der ihm entsprechende vorderste Abschnitt der Nasenhöhle erheblich zurück, während sich die Apertura interna in die Länge streckt (Textfigur 27). Das hintere Ende der Apertura interna wird durch die Schlussplatte (Schl.) verlegt; der grössere vordere Theil bleibt erhalten und wird in das definitive Cavum nasale aufgenommen. Der Senkung des primären Mundhöhlendaches, an welcher auch der primäre 504 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. Io2 Nasenboden Theil nimmt, folgt der vordere Rand der Apertur, während der hintere im Niveau des Rachen- daches verbleibt. Die schräge Einstellung der Apertura ist die Folge. Ihr medialer Rand wird durch den unteren Randwulst des Septums markirt; ihr vorderer Rand geht in die vordere Wand des Canalis ineisivus über, während der laterale Rand zur Bildung der Seitenwand des unteren Nasenganges verbraucht wird. Die Gaumenfortsätze erfahren eine mächtige Ausbildung und vereinigen sich in medianer Naht, wobei sie die Apertura interna und einen erheblichen Theil des primären Rachendaches unterlagern; secundärer Nasenboden und secundärer Bestandtheil des Mundhöhlendaches sind congruent. Die orale Fläche des Septums wird auf diese Weise dem Mundhöhlendache entzogen; ein mittlerer Streifen desselben verschmilzt ee Bl mit dem secundären Nasenboden, ein lateraler Streifen jeder- seits wird in die mediale Wandung des unteren Nasenganges Cavum nasale. aufgenommen. Nur ein unbedeutender vorderster Theil der oralen Fläche des Septums fügt sich als Papilla palatina in das Mundhöhlendach ein. Letztere entspricht daher nur einem kleinen Theil des Mittelfeldes am Saurier-Gaumen. Die Oeffnung des JacoBson’'schen Organes erfährt in Folge SchL Gf. Cr: der Reduction des primären Nasenbodens eine rückwärts Fig. 27. Sagittalschnitt durch die Nasenhöhle von 5 - var, 3 E einem Säugethiere. Schema. pa Apertura nasalis in- gerichtete Verschiebung, wodurch sie in der überwiegenden terna, Schl. Schlussplatte, C©.?. Canalis naso-palatinus, Gf. secundärer Gaumen, U.Nsy. unterer Nasengang, . s D.n.ph. Nasenrachengang, Max. turb. Maxilloturbinale, langt. Als Folge hiervon erhält sich bei der Bildung des a vordere faltige Verlängerung desselben. Mehrzahl der Fälle in den Bereich der Apertura interna ge- secundären Gaumens das vorderste Ende des inneren Nasen- loches als Canalis naso-palatinus (STEnson’scher Gang). — Im Gegensatz zu den Sauriern und Ophidiern, in Uebereinstimmung mit den Amphibien, behält bei Echidna-Embryonen und ebenso bei allen daraufhin untersuchten Säugethier-Embryonen (SCHWINK, 72, LEGAL, 43) die nasale Mündung des Thränenkanales ihre Lage im vordersten Theil des Cavum nasale, d. h. hinter der Apertura externa oberhalb des primären Bodens der Nasenhöhle; ein Verhalten, welches nach WALZBERG (83) auch für die erwachsenen Formen der meisten Säugethiere als Regel hingestellt werden darf. — Auf die Frage, ob die seitliche Nasenrinne der Amphibien, deren Umbildung bei Cheloniern, Sauriern und Ophidiern wir verfolgt haben, als solche auch bei den Säugethieren nachweislich ist, komme ich später zurück. Am Mundhöhlendache aller Reptilien und der Säugethiere ist die Abgrenzung desselben gegen das Rachendach durch ein Herabtreten des ersteren in ein tieferes Niveau vollzogen. Unter den Reptilien zeigt sich die Sonderstellung der Chelonier durch die relative Grösse des primären Nasenbodens, durch die fast verticale Einstellung der Apertura interna und durch die ausschliessliche Beziehung des secundären Gaumens zum Ductus naso-pharyngeus. Die Gruppe der Saurier und Ophidier zeigt als Merkmale, welche ihnen mit den Mammaliern gemeinsam sind, die Verkürzung des primären Nasenbodens, die Verlängerung der Aperturae nasales internae und die schräge Einstellung der letzteren von hinten-oben nach vorn-unten. Für die Saurier und für die Ophidier ist weiterhin charakteristisch, dass sich im Anschluss an die Entfaltung des Jacogson’schen Organes ein secundärer Nasenboden bildet, welcher oberhalb der Apertura interna liegt und durch welchen der Theil des primären Cavum nasale, welcher der seitlichen Nasenrinne der Urodelen entspricht, als Gaumenrinne in die Mundhöhle einbezogen wird, wodurch gleichzeitig die Oeffnung des Jacosson’schen Organes und der Thränenkanal die Beziehung zur Nasenhöhle verlieren. Die Gaumen- fortsätze sind von der Bildung des secundären Nasenbodens ausgeschlossen. Bei den Mammaliern dagegen übernehmen gerade diese die Bildung des letzteren. Die Apertura interna wird in das definitive Cavum nasale einbezogen, bis auf das vorderste Ende, welches in den Canalis naso-palatinus aufgenommen wird. 103 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 505 Die Thränenkanalmündung verbleibt in der Nasenhöhle. Das Jacogson’sche Organ übt nur insofern einen Einfluss auf die Gestaltung des Mundhöhlendaches aus, als es den Anlass zur Entstehung des Canalis naso- palatinus giebt. Es bewegt sich also die Ausgestaltung des Mundhöhlendaches und damit auch die Bildung des Nasenhöhlenbodens bei den Amphibien, bei den Cheloniern, bei den Sauriern und den Ophidiern und bei dem Mammaliern in divergenten Bahnen. Auf die principiell wichtige Frage, wie sich diese divergenten Reihen hinsichtlich ihrer Ausgangspunkte zu einander verhalten, gehe ich nicht ein, weil sie meines Erachtens nur mit Vermuthungen beantwortet werden könnte. V. Die Differenzirung der lateralen Nasenwand bei Echidna- Embryonen und ihre Bedeutung für die Morphologie der Nasenmuscheln der Säugethiere. A. Die erste Anlage der Nasenmuschein bei Echidna und ihre Bedeutung. I. Befund bei Embryo 43* und 44. Die laterale Wand der Nasenhöhle bei Echidna-Embryo 43* und 44. In den jüngsten Entwickelungsstadien von Echidna vollzieht sich das Wachsthum an der Nasenhöhle ziemlich gleichmässig im verticalen und sagittalen Durchmesser. Das Lumen des Cavum nasale stellt sich dann, wie das oben schon erwähnt wurde, als ein annähernd sagittal gestellter Spaltraum dar. Bei älteren Embryonen, von dem Stadium 43* an, prävalirt aber das Längenwachsthum, welches mit dem Auswachsen des Schnauzentheiles des Kopfes nach vorn Hand in Hand geht. Die Sagittalschnitte durch die Nasenhöhle von Embryo 43*, 44, 46, welche ich in Fig. 5, 7 und g der Tafel XV abbilde, geben eine Vorstellung über die Ausgestaltung der Nasenhöhle. Bei dem Längenwachsthum wird der primitive Boden der Nasenhöhle, welcher sich nur in sehr geringem Grade verlängert, mehr und mehr nach vorn geschoben und entfernt sich vom vorderen Rande der Schluss- platte. Das Längenwachsthum betrifft also — wie das aus dem Vergleich der genannten Figuren mit Evidenz hervorgeht — wesentlich den mittleren, der Apertura interna entsprechenden Abschnitt der Nasenhöhle. Die Differenzirungen an der seitlichen Wand der Nasenhöhle, welche zur Bildung der Muschel- anlage führen, leiten sich ziemlich früh ein, doch erscheinen sie zuerst bei Embryo 44 (Taf. XV, Fig. 7b) als scharf begrenzte Bildungen. Taf. XV, Fig. 7b zeigt, dass bei Embryo 44 an der lateralen Wand der Nasenhöhle zwei in das Lumen vorspringende Erhebungen bestehen. Die eine liegt im oberen hinteren Theile der Nasenhöhle; an das Dach und die hintere Wand angeschlossen, springt sie als ein breiter, flacher Hügel vor; in der Figur 7b ist sie als Muschelwulst bezeichnet. Vor demselben weist die Nasenwand eine nischenförmige Vertiefung auf; in Folge dessen erscheint der vordere Rand des Wulstes stärker prominent als der untere. Den Muschelwulst fasse ich als die Anlage der späteren eigentlichen Riechmuscheln auf. Er tritt als eine leichte, gegen das Lumen gerichtete Vorwölbung der seitlichen Nasenwand schon bei jüngeren Embryonen in die Erscheinung. Die zweite Erhebung ist durch ihre Anordnung als Anlage der Maxilloturbinale gekennzeichnet. (Max. turb.) Sie stellt sich als langgestreckte, annähernd horizontal gestellte, faltenartige Bildung dar; ihr 506 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 104 medianwärts sehender freier Rand ist abgerundet. Die Falte beginnt hinten niedrig, gewinnt nach vorn an Höhe, um dann wieder niedriger zu werden. Eine leichte rinnenförmige Vertiefung grenzt das hintere Ende des Maxilloturbinale vom Muschelwulst ab. Diese Rinne setzt sich nach vorn in jene vor dem Muschelwulst gelegene nischenförmige Vertiefung fort; das Maxilloturbinale bildet mit seinem mittleren Theile die untere Begrenzung jener Nische. Das hintere Ende des Maxilloturbinale liegt an dem abgebildeten Modell etwas höher als die Ver- bindung der Schlussplatte (Schl.) mit der seitlichen Nasenwand. In der Verlängerung des Maxilloturbinale nach vorn findet sich eine weitere kleinere Erhabenheit der seitlichen Wand (a in Fig. 7 b). Dieselbe springt als eine von der Seite her abgeplattete Kuppe nach unten vor und liegt an der Grenze des Atriums gegen die eigentliche Nasenhöhle. In der Furche, die der untere Rand dieses Vorsprunges mit der Nasenhöhlen- wand bildet, liegt die nasale Oeffnung des Thränenkanales. Das Maxilloturbinale ist schon bei Embryo 43* angedeutet. Vergl. Taf. XV, Fig. 5a. An der lateralen Wand des Cavum nasale verläuft hier eine leichte Falte der Schleimhaut in horizontaler Richtung (in der Figur mit x bezeichnet). Sie beginnt hinten oberhalb der Schlussplattenanlage, verläuft — mit dem Wulst w divergirend — gerade nach vorn und findet unter leichter Verbreiterung ihr Ende an der vorderen Wand des Cavum nasale in der Höhe der oberen Umwandung des Atriums. Der Vergleich der Fig. 5a und 7b, Taf. XV zeigt, dass mit der zunehmenden Verlängerung der Nasenhöhle diese Falte sich in die Länge streckt und dabei in zwei Theile sondert. Der vordere bleibt klein und dem Atrium angeschlossen (a der Fig. 7b, Taf. XV); der grössere hintere Theil bildet die Anlage des Maxilloturbinale. Das hintere Ende desselben reicht bei Embryo 43* noch bis an die hintere Wand der Nasenhöhle heran; bei Embryo 44 ist das nicht mehr der Fall, aber das Ende der Muschelanlage liegt noch oberhalb der Schlussplatte. Bei dem nicht abgebildeten Embryo 45 ist das Muschelende etwas tiefer gerückt, so dass es sich in gleichem Niveau mit der Schlussplattenanlage findet. 2. Beurtheilung der Muschelanlagen der Echidna-Embryonen. a) Der Muschelwulst. Es bilden sich nach den oben mitgetheilten Beobachtungen bei Echidna ziemlich gleichzeitig in frühen Entwickelungsstadien zwei Erhebungen an der seitlichen Nasenwand aus, die als Muschelanlagen zu betrachten sind. Es erhebt sich nun die Frage, wie dieselben mit den Vorsprüngen der lateralen Nasenwand, welche bei tiefer stehenden Wirbelthieren auftreten, in Beziehung zu bringen sind. Nach der von GEGENBAUR in seinem Aufsatz über die Nasenmuscheln der Vögel (19) zuerst ausge- sprochenen Ansicht, welche dann später von anderen Autoren (BoRN 5, v. Min£tcovics 50) und auch von mir acceptirt wurde, ist in der unteren Muschel der Säugethiere (Maxilloturbinale) das Homologon der Muschel der Reptilien zu sehen. Die Befunde bei Echidna-Embryonen erwecken mir Zweifel an der Richtigkeit dieser Hypothese. Die als Muschelwulst bezeichnete Erhebung der Nasenwand von Embryo 44 verhält sich in ihrer Lage ganz ähnlich wie die Anlage der Muschel bei Saurier-Embryonen (Lacerta, vergl. Born, Morph. Jahrb., Bd. V, p- 78). Sie stimmt ausserdem in allen wesentlichen Punkten mit dem Muschelwulst der erwachsenen Testudo überein. Wie dieser liegt sie im Bereiche der Regio olfactoria, dem Dache und der hinteren Wand des Cavum nasale angeschlossen, oberhalb des Bodens des hinteren nischenförmigen Endes der Nasenhöhle. Dass die Beziehung der Glandula nasalis externa zum Muschelwulst, die bei Testudo so ausgesprochen ist, bei Echidna vermisst wird, kann hierbei wohl als minder wichtig unberücksichtigt bleiben. Bei Testudo ist 105 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 507 der formbildende Einfluss der Glandula externa auf den Muschelwulst sehr deutlich: die Vorstellung ist berechtigt, dass der functionell bedeutungsvoll gewordene Muschelwulst selbständig vererbt und weiter aus- gebildet wird und in der Ontogenie der höheren Formen in die Erscheinung tritt zwar in seiner einfachen, ursprünglichen Form, aber ohne das ursächliche Moment erkennen zu lassen, welches letztere bedingte. — Der Muschelwulst von Testudo ist ableitbar von den Einbiegungen der seitlichen Nasenwand, wie sie bei Amphibien auftreten. Ebenso sind die Muschelbildungen der Saurier und Ophidier, wie BoRN zuerst nach- wies, auf jene Bildungen bei Amphibien zurückführbar. Hierauf gründet sich die Annahme, dass im Muschelwulst von Testudo ein Zwischenglied zwischen den einfachen Einbiegungen der seitlichen Nasen- wand der Amphibien und den complizirteren Muschelbildungen der Saurier und Ophidier erhalten sei. Bei Echidna-Embryonen tritt demnach eine gegen das Lumen der Nasenhöhle gerichtete Vorwölbung der seitlichen Nasenwand auf, welche sich als die erste Anlage der Siebbeinmuscheln erweist, und welche in allen wesentlichen Punkten mit dem Muschelwulst der erwachsenen Landschildkröte übereinstimmt, welche sich ferner ähnlich verhält wie embryonale Entwickelungsstadien der Muschel bei Sauriern. Aus diesen Thatsachen ziehe ich den Schluss, dass die als Muschelwulst bezeichnete Erhebung, wie sie bei Echidna-Embryo 44 auftritt, homolog sei dem Muschelwulst der Land- und Sumpfschildkröten und den Muscheln der Saurier und Ophidier. b) Das Maxilloturbinale. In der Entwickelung des Maxilloturbinale, wie es sich bei Embryo 43* und 44 darstellt, vermag ich keinerlei Momente zu finden, die einen Anschluss dieser Muschel an die echten Muschelbildungen der Reptilien gestatten könnten. Die faltenartige Form, die horizontale Stellung und die Ausdehnung durch die ganze Länge der Nasenhöhle vom inneren Ende des Atriums an bis zur hinteren Wand (bei Embryo 43”), alles das sind Verhältnisse, welche die Anlage des Maxilloturbinale in Gegensatz zu den Muschelbildungen der in Rede stehenden Reptilien bringen. Auch dass die Falte (x bei Embryo 43*) von vornherein unterhalb der Grenze der Riechschleimhaut gegen das indifferente Epithel liegt, fällt ins Gewicht. Ich komme somit zu dem Schluss, dass die Anlage des Maxilloturbinale, wie sie sich bei Embryo 43* darstellt, nicht homolog sein kann den Muschelbildungen der Chelonier, Saurier und Ophidier. Es erhebt sich nun die weitere Frage, ob das Maxilloturbinale eine den Säugethieren eigenthümliche, im Mammalierstamme neu aufgetretene Bildung ist, oder ob dasselbe bereits bei tiefer stehenden Wirbelthieren einen Vorläufer besitzt. Alle die Punkte, durch welche sich die noch einheitliche Anlage des Maxilloturbinale von den Muschelbildungen der berücksichtigten Reptilien unterscheidet, sind andererseits Punkte, in denen dieselbe mit den faltenartigen Bildungen übereinstimmt, welche in der Nasenhöhle niederer Wirbelthiere als Vor- richtungen zur Regulirung des Athmungsstromes auftreten. So stellt sich in der Nasenhöhle von Testudo und Emys die laterale Grenzfalte als eine einfache Erhebung der Schleimhaut dar, welche an dem inneren Ende des Atriums beginnt, sich an der lateralen Nasenwand, an der Grenze zwischen Regio olfactoria und respiratoria, in ungefähr horizontaler Stellung durch die ganze Länge der Nasenhöhle hinzieht. Die laterale Grenzfalte scheidet im Verein mit der medialen — für die ein Homologon bei Echidna bei der Kürze des primären Nasenbodens nicht zu erwarten ist — die Pars olfactoria des Cavum nasale von der Pars respiratoria. Diesen Punkten der Uebereinstimmung stehen allerdings auch Unterschiede gegenüber, welche indes eine befriedigende Erklärung finden, wenn man die Ausgestaltung der gesammten Nasenhöhle berücksichtigt. Bei Echidna ist der primäre Nasenboden kurz, die Apertura interna lang gestreckt und schräg von hinten und oben nach vorn und unten gestellt; bei Testudo dagegen ist der primäre Boden lang, das innere Nasenloch klein und vertical gestellt. Aus diesen Verhältnissen wird es verständlich, dass die faltenartige Anlage des Maxilloturbinale bei den Echidna-Embryonen nur mit einem unbedeutenden vorderen Theil oberhalb des Jenaische Denkschriften. VI. 14 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 65 508 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 106 primitiven Nasenbodens, mit ihrem bei weitem grösseren Abschnitt oberhalb der Apertura nasalis interna liegt, während die laterale Grenzfalte von Testudo in ihrer ganzen Länge oberhalb des Nasenbodens hin- zieht. Dass die Anlage des Maxilloturbinale ebenso wie die laterale Grenzfalte von Testudo der Wandung des primären Cavum nasale angehört, geht mit Sicherheit aus dem Befunde bei Embryo 43* hervor. Hier ist der laterale Rand der Apertura interna noch durch den Wulst w (Taf. XV, Fig. 5a) markirt, welcher vom Schlussplattenrande zum vorderen Rande der Apertura interna verläuft. Die Anlage des Maxilloturbinale liest oberhalb dieses Wulstes, also oberhalb der Apertura interna im Gebiet des primären Cavum nasale. Das hintere Ende der Muschelanlage findet sich sogar oberhalb der Schlussplatte, und es bedarf dieser Punkt noch der Berücksichtigung. Bei Testudo und Emys hängt die laterale Grenzfalte continuirlich mit dem Boden des hinteren, nischenförmigen Endes der Nasenhöhle zusammen; der freie Rand des letzteren setzt sich in den der Falte fort. Das Verhalten der Muschelanlage zu dem Boden der hinteren Nasennische ist bei Embryo 43* demnach ein anderes als das Verhalten der lateralen Grenzfalte zu dem letzteren bei Testudo. Dieser Unterschied erklärt sich indes durch die Thatsache, dass die Schlussplattenanlage durch eine streckenweise Verklebung der Ränder der Apertura interna zu Stande kommt, dass also ihr vorderer Rand nicht dem hinteren Rand der Apertura interna und somit auch nicht dem freien Rande des Bodens für die hintere Nasennische bei Cheloniern entspricht. Unter Berücksichtigung dieses Verhaltens erklärt sich zur Genüge die Lage des hinteren Endes der Muschelanlage über der Schlussplatte. Im Laufe der weiteren Entwickelung verschiebt sich übrigens das Maxilloturbinale in der Weise, dass seine Anheftung an der seitlichen Nasenwand vor der Lamina terminalis und im gleichen Niveau mit ihr liegt. Dass sich nun die einheitliche Muschelanlage, wie sie Embryo 43* zeigt, sehr bald in zwei Abschnitte teilt, die sich in ihrer weiteren Entwickelung sehr verschieden verhalten, kann kaum als Einwand gegen die eben begründete Auffassung geltend gemacht werden. Bei Embryo 44 ist die Scheidung des Wulstes a von der eigentlichen Muschelanlage eingeleitet. Bei dem Beuteljungen 47 (Taf. XV, Fig. gb) sind beide Theile weit auseinander gerückt und scheinbar ohne Beziehung zu einander. Dagegen besteht bei der erwachsenen Echidna eine faltenartige Erhebung der lateralen Nasenwand, welche sich an das vordere Ende des Maxilloturbinale, gewissermaassen als Verlängerung desselben, anschliesst und sich bis zur Apertura externa fortsetzt. Aehnliche Befunde ergeben sich bei manchen anderen Säugethieren, so bei Nagethieren, Carnivoren, Ungulaten, Prosimiern und Affen der neuen Welt. Man gelangt so zu der Vorstellung, dass die einheitliche Anlage, wie sie Embryo 43* zeigt, sich im Laufe der weiteren Entwickelung in einen hinteren Theil, welcher sich zum Maxilloturbinale entfaltet und einen vorderen sondert, welcher in der Entwickelung mehr oder weniger zurückbleibt. Die laterale Grenzfalte von Testudo und Emys ist meiner Meinung nach abzuleiten von der oberen Begrenzungsfalte der seitlichen Nasenrinne der Urodelen. Sind meine Schlussfolgerungen richtig, so würde weiterhin auch die einheitliche Anlage des Maxilloturbinale bei Echidna-Embryonen mit jener Faltenbildung in der Urodelennasenhöhle zu homologisiren sein. Als nöthwendige Consequenz hiervon wäre dann der unterhalb der Muschelanlage liegende Theil des Cavum nasale von Echidna-Embryonen als der seitlichen Nasenrinne der Urodelen gleichwertig zu beurteilen sein. Ich glaube, dass in der That alle einschlägigen Verhältnisse sich ohne Zwang dieser Auffassung fügen. Bei Echidna-Embryo 44 setzt sich die rinnenförmig vertiefte, medianwärts sehende Fläche des Gaumenrandes nach vorn unter der Falte des Maxilloturbinale und unter dem Wulste a bis an die Apertura externa hin ohne Unterbrechung fort (Taf. XV, Fig. 7b). Zieht man die Verkürzung des primären Nasenbodens und die Verlängerung der Apertura nasalis interna in Rechnung, so liegt die Uebereinstimmung dieser Fläche mit der seitlichen Nasenrinne der Urodelen auf der Hand. Bei letzteren liegt die Mündung des Thränenkanals im vorderen Ende der seitlichen Nasenrinne. Es ist 107 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 509 mit der eben begründeten Auffassung in vollem Einklange, wenn wir bei Echidna-Embryonen die Mündung des Thränenkanals ganz vorn, über dem primären Nasenboden und unter dem Wulst a finden. Auch bei vielen höheren Säugethieren öffnet sich der Thränenkanal in die Nasenhöhle dicht hinter dem äusseren Nasenloch unterhalb der faltenförmigen Verlängerung des Maxilloturbinale (WALzBeErg, 83). Bei Urodelen gehört das Jacogson’sche Organ der seitlichen Nasenrinne an; bei Testudo findet es sich an der medialen Wand der Pars respiratoria, welch letztere dem nasalen Theil der seitlichen Nasenrinne homolog ist. Bei Echidna-Embryo 44 liegt es gleichfalls an der medialen Wand der Nasenhöhle und zwar an der Stelle, wo der primitive Boden in den vorderen Rand der Apertura interna umbiegt. Jedenfalls gehört es auch hier dem unteren Abschnitt des Cavum nasale an, welcher an der seitlichen Wand durch die Anlage des Maxilloturbinale nach oben begrenzt wird. Nur ist als Folge der Verkürzung des primären Nasenbodens und der Reduction des nasalen Abschnittes der seitlichen Nasenrinne bei Echidna die Oeffnung des Organes rückwärts bis zum vorderen Rande des inneren Nasenloches verschoben. — Sieht man von den Verschieden- heiten ab, welche durch die specielle Art und Weise der Ausgestaltung des Cavum nasale bedingt sind, so lässt sich in der That der unterhalb der einheitlichen Anlage des Maxilloturbinale gelegene Theil des Cavum nasale der Echidna-Embryonen mit der seitlichen Nasenrinne der Urodelen vergleichen, wodurch die Auffassung der einheitlichen Anlage des Maxilloturbinale als Homologon der oberen Begrenzungsfalte der seitlichen Nasenrinne der Urodelen und der lateralen Grenzfalte der Schildkröten eine weitere Stütze empfängt. Man vergleiche hierzu die Textfiguren 23—27, p. 50I—504. Die Auffassung des Maxilloturbinale, zu der ich auf Grund meiner Beobachtungen und Schluss- folgerungen gelangt bin, formulire ich in folgender Weise. Das Maxilloturbinale (untere Muschel) der Säugethiere kann nicht homolog sein dem Muschelwulst der Chelonier, sowie den echten Muschelbildungen bei Sauriern und ÖOphidiern. — Das Maxilloturbinale und seine faltenförmige Verlängerung, die sich nach vorn bis zur Apertura nasalisexterna fortsetzt, gehen aus einer einheitlichen Anlage hervor. Letztere ist homolog der Schleimhautfalte, welche bei Testudo und Emyden als laterale Grenzfalte die Pars olfactoria von der Pars respiratoria, bei den Urodelen (und Anuren) als obere Be- grenzungsfalte die seitliche Nasenrinne vom Cavum nasale abgrenzt. Das Maxillo- turbinale der Säugethiere wäre demnach aus der Gruppe der echten Muscheln zu streichen. Es entsteht in der Wirbelthierreihe, ohne jemals eine Beziehung zur End- ausbreitung des N. olfactorius zu haben, und charakterisirt sich hierdurch als unechte Muschel, in dem Sinne, wie ich diese Unterscheidung in meinem Beitrag zur Festschrift für GEGENBAUR ausgeführt habe (75, p. 424). B. Die weitere Differenzirung an der lateralen Nasenwand. — Die Entwickelung und morphologische Bedeutung des unteren Nasenganges. Bei Embryo 44 ist mit dem Deutlicherwerden der Muschelanlagen an der lateralen Wand der Nasenhöhle eine Sonderung in einen oberen und unteren Abschnitt eingetreten, deren Grenze die Anlage des Maxilloturbinale und der Wulst a bildet. Der unterhalb derselben gelegene Abschnitt gehört der Pars respiratoria an, die medianwärts sehende Fläche des Gaumenrandes setzt sich von hinten her ohne Unter- brechung in diesen Abschnitt der Nasenhöhle fort. — Der obere Abschnitt des Cavum nasale enthält die Regio olfactoria. Er gliedert sich wiederum in zwei hintereinander liegende Theile. Der hintere enthält 14* 65* 5Io Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 108 den Muschelwulst und die vor demselben gelegene nischenförmige Ausbuchtung der Wand. In diesem Theile steht das Dach ungefähr horizontal. Im vorderen Theile fällt es schräg nach vorn ab; hier ist die Seitenwand weniger stark lateralwärts ausgebuchtet. Rückwärts geht dieser Theil der Wand ziemlich plötzlich in die stark seitwärts ausgebuchtete Nische über, so dass die Grenze zwischen vorderen und hinteren Theil des oberen Abschnittes mit einiger Deutlichkeit markirt ist. Der vordere Theil läuft gegen das Atrium zu oberhalb des Wulstes a aus. — Die Regio olfactoria nimmt nur den hinteren Theil des oberen Abschnittes für sich in Anspruch. Die Grenze der Riechschleimhaut gegen das respiratorische Epithel liegt dicht oberhalb des Maxilloturbinale und fällt nach vorn ungefähr mit dem Uebergang der Nische in den vorderen Theil zusammen. Der vordere Theil des oberen Abschnittes der seitlichen Nasen- wand, sowie das Maxilloturbinale gehören also bereits der Regio respiratoria an. Am Septum nasale erstreckt sich das Riechepithel abwärts bis zu der Stelle, wo sich der untere Randwulst abzuheben beginnt. Bei Embryo 47 sind die eben unterschiedenen Abschnitte der lateralen Nasenwand gleichfalls erkennbar, doch verwischen sich hier und da die Grenzen (Taf. XV, Fig. gb). Der untere Abschnitt hat durch den fertig gebildeten Gaumen einen Boden erhalten und bildet nunmehr den unteren Nasengang (U. Nsg.), der sich rückwärts in den Ductus naso-pharyngeus (Duct. n. ph.) fortsetzt. Die geringe Höhe dieser Theile bei dem Beuteljungen 47 fällt auf. Das Maxilloturbinale springt noch immer als eine einfache faltenartige Erhebung vor; sein hinteres Ende liegt jetzt im gleichen Niveau mit der Schlussplatte (Schl.). Nach vorn läuft die Muschelanlage allmählich aus; in ziemlicher Entfernung von ihrem vorderen Ende, dem Atrium angeschlossen, findet sich der Wulst a, unter dem die Thränenkanalmündung liegt. — Im oberen Abschnitt der seitlichen Wand ist der hintere Theil, in dessen Bereich das Dach der Nasenhöhle horizontal gestellt ist, deutlich. Das Maxilloturbinale bildet seine untere Begrenzung. Der Muschelwulst hat sich vergrössert und erfüllt zum Theil die Lichtung der vor ihm gelegenen Nische. Der Uebergang der letzteren in den vorderen Theil erfolgt mehr allmählich als bei Embryo 44. Da das Maxilloturbinale und der Wulst « sich mit der Verlängerung der Nasenhöhle von einander entfernt haben, hat sich im vorderen Theil der Nasenwand die Abgrenzung zwischen oberen und unteren Abschnitt streckenweise verwischt. Der freie Rand des Maxilloturbinale liegt dem unteren Längswulst des Septum (W Taf. XV, Fig. 9a) gerade gegenüber. Beide Erhebungen zusammen bilden so eine unvollkommene Abgrenzung des unteren Nasenganges gegen den oberen geräumigeren Abschnitt des Cavum nasale. Der untere Nasengang erscheint nunmehr als die directe Fortsetzung des Ductus naso-pharyngeus nach vorn. Aus diesen Ver- hältnissen lässt sich folgern, dass der exspirirten Athmungsluft der Weg durch den unteren Nasengang zuge- wiesen ist; sie wird so unter der Regio olfactoria hinweg in den vorderen Theil des Cavum und zur äusseren Oeffnung geleitet. Der inspirirten Luft dagegen steht, wie ein Blick auf Fig. g lehrt, kein Hinderniss entgegen, auch durch den oberen Abschnitt des Cavum zu circuliren. Ich glaube nicht, dass man sagen darf, der untere Nasengang diene als Weg für die Athmungsluft im allgemeinen. Vielmehr eirculirt die Luft im Cavum nasale bei der Inspiration auf einem anderen Wege als bei der Exspiration;; die eingeathmete Luft kommt jedesmal mit der Riechschleimhaut in Berührung, wird jedesmal sensoriell geprüft, während die ausgeathmete Luft unter den nervösen Apparaten hinweggeführt wird. Vielleicht ist die Bedeutung dieser Einrichtung, welche ja in Andeutungen bereits bei Amphibien auftritt und auch bei Reptilien nachweisbar ist, in einer Entlastung der nervösen Apparate der Regio olfactoria zu suchen, und zwar in der Weise, dass die nervöse Erregung der Endapparate des Olfactorius, die bei jeder Inspiration ausgelöst wird, während der Exspiration abzuklingen vermag. 109 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. Sıı Die Bedeutung eines so einfach gestalteten Maxilloturbinale, wie es Embryo 47 aufweist, kann wesentlich nur in seinem Einfluss auf die Regulirung des Stromes der Athmungsluft liegen. Es lässt sich also die einfache Muschelanlage auch in functioneller Hinsicht mit den Faltenbildungen in der Nasenhöhle niederer Wirbelthiere in Beziehung bringen. Dass die einfache Form des Maxilloturbinale, wie sie in der Ontogenie von Echidna auftritt, auch einem phylogenetischen Entwickelungsstadium desselben in der Säugethierreihe entspricht, halte ich für sehr wahrscheinlich. Die weitere Ausgestaltung der Falte, deren Aufgabe zunächst nur darin bestand, den Strom der Athmungsluft zu reguliren, denke ich mir dadurch veranlasst, dass die Muschel allmählich neue Beziehungen einging, indem sie die Rolle eines Filters für die eingeathmete Luft übernahm. Durch diese Erweiterung der Leistung wird dann die bei vielen Säugethieren so mächtige Ausgestaltung der Muschel bedingt. — In der Ontogenie von Echidna tritt nach PARKER (54) die erste Andeutung von längsverlaufenden faltigen Erhebungen am Maxilloturbinale bei einem Jungen von 12,5 cm Länge auf; bei einem Thiere von 21,5 cm Länge ist diese Complizirung des Baues verhältniss- mässig wenig gefördert. Eine knorpelige Stütze tritt im Maxilloturbinale schon bei Embryo 46 auf in Form eines Streifens, der in die Basis der Falte eingelagert ist. Derselbe entsteht unabhängig von der knorpeligen Nasenkapsel und liegt der Innenfläche der seitlichen Wand der Knorpelkapsel an. Die laterale Wand der Kapsel dehnt sich als dünne Knorpellamelle noch weiter abwärts aus, (Vergl. Textfigur 9A und B, p. 467, Max. turb.) als dem Knorpelstreifen des Maxilloturbinale entspricht, und lagert sich in die seitliche Wand des unteren Nasenganges ein. Bei Embryo 47 beginnt die Verschmelzung der Knorpelplatte mit der Nasenkapsel (vergl. Textfigur 28). Wenn auch die Anlage der knorpeligen Muschel in der Ontogenie wohl Auch die Anlagen der Siebbeinmuscheln scheinen sich bei Echidna selbständig von Echidna selbständig auftritt, so werden wir dieselbe doch als ein Derivat der knorpeligen Nasenkapsel aufzufassen haben. zu bilden, um erst später mit der Knorpelkapsel zu verschmelzen. — Der Umstand, dass das Maxilloturbinale eine vom Nasenskelet gebildete Grundlage empfängt, ist nicht gegen die oben ausgeführte Auffassung von der Entstehung dieser Muschel geltend zu machen. Als Analogon Fig. 28. Horizontalschnitt durch das wäre die mediale Grenzfalte der Chelonier zu erwähnen, die gleichfalls eine knorpelige Stütze empfängt in Form einer vom Septum ausgehenden Leiste. In der in Textfigur 12 auf p. 478 gegebenen Darstellung der knorpeligen Nasenkapsel von Echidna-Embryo 46 ist die erste Anlage des knorpeligen Maxilloturbinale in Form und Lage zu erkennen (Max. turb.). vorn vom primitiven Boden aus und verläuft schräg nach hinten und Ungefähr in der Mitte Der untere freie Rand der lateralen Wand der Kapsel geht lateralwärts zunächst in horizontaler Richtung. Cavum nasale von Echidna-Embryo 47. Der Schnitt geht durch das Maxillo- turbinale; die Abgrenzung desselben nach vorn ist an der Figur nicht möglich, das hintere Ende ist nur angedeutet. Knorpelige Grundlage des Maxillotur- binale weiss punktirt. Knorpel im übrigen schwarz; Knochen eng punktirt. @I.J. Glandula Jacobsonii, D.rl. Thränen- kanal, V. Vomer, @. Gaumen. Vergr. B34-0% seiner Länge springt dann der Rand plötzlich etwas stärker abwärts vor (bei ©), um dann zunächst wiederum horizontal nach hinten zu verlaufen und sich schliesslich, allmählich ansteigend, mit der Schlussplatte (Schl.) zu verbinden. An der Innenseite der lateralen Wand, etwa dem mittleren Drittel der Länge der Apertura interna entsprechend und oberhalb des freien unteren Randes der lateralen Wand, liegt die horizontal gegen 512 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 1Io das Lumen vorspringende Knorpelplatte des Maxilloturbinale. Vergleicht man die ventrale Ansicht der Knorpelkapsel des Echidna-Embryo 46, wie sie in Textfigur 12 dargestellt wurde, mit der Abbildung, die ich in der Festschrift für GEGENBAUR, Bd. II, p. 462, Fig. 30 gegeben habe, und die die Nasenkapsel eines Halmaturus-Embryo zur Ansicht bringt, so fallen auch ım Verhalten des unteren Randes der lateralen Wand der Kapsel und der Anlage des Maxilloturbinale ganz erhebliche Unterschiede in die Augen. Wenn der dort verwerthete Halmaturus-Embryo auch älter ist als der hier in Rede stehende Echidna-Embryo, so scheinen mir die Differenzen in beiden Befunden doch zu weitgehend, als dass sie durch den Altersunter- schied allein erklärt werden könnten. Die verschiedenen Zustände zu analysiren und in Verband mit einander zu bringen, muss ich mir versagen. Um das zu ermöglichen, sind vor allem eingehendere ontogenetische Studien an Beutelthieren nothwendig. Ich begnüge mich hier mit der Feststellung der Thatsache. — Der Theil der lateralen Wand der knorpeligen Nasenkapsel, welcher sich bei den Echidna-Embryonen unterhalb des Maxilloturbinale ausdehnt, lagert sich in die Seitenwand des unteren Nasenganges ein. Auch diese Thatsache lässt sich als Beweis dafür verwerthen, dass das Maxilloturbinale oberhalb des seitlichen Randes der Apertura interna entsteht, und dass ein Theil des primären Cavum nasale im unteren Nasengange enthalten sei. Fassen wir nun in kurzen Worten die Entstehung des unteren Nasenganges zusammen, wie sie sich nach den obigen Ausführungen darstellt (vergl. Textfigur 23—27). Die laterale Wand des unteren Nasen- ganges und des Ductus nasopharyngeus ist der seitlichen Nasenrinne der Amphibien, der Pars respiratoria + Ductus nasopharyngeus der Chelonier (Testudo, Emys) und damit auch der Gaumenrinne der Ascalaboten homolog. Der nasale Abschnitt der seitlichen Nasenrinne ist bei Säugethieren verkürzt, entsprechend der relativen Verkürzung des primären Nasenbodens; der der Apertura interna entsprechende Theil ist ganz erheblich in die Länge gestreckt. Die Falte, welche bei Urodelen die obere Begrenzung der seitlichen Nasenrinne bildet, die sich bei Cheloniern als laterale Grenzfalte erhält, bei Ascalaboten in ihrem hinteren Theil als laterale Begrenzung der inneren Choane erhalten bleibt, während ihr grösserer vorderer Abschnitt in den secundären Nasenboden übergeht, entfaltet sich bei Mammaliern mit ihrem grösseren hinteren Theil zum Maxilloturbinale, während ein kleinerer vorderer Theil als unbedeutende Falte in der Verlängerung der unteren Muschel nach vorn ganz oder nur theilweise erhalten bleib. Vom vorderen Rande der Apertura interna an nach rückwärts.wird bei Amphibien, Ascalaboten und Säugethieren der Boden für die seitliche Nasenrinne, beziehungsweise die Gaumenrinne und den unteren Nasengang vom Gaumenfortsatz gebildet. Bei Säugethieren wird durch die mediane Verschmelzung der Gaumenfortsätze unter einander und mit der oralen Fläche des Septums die Rinne zu einem Kanal abgeschlossen. Eine mediale Wand für den Gang wird dadurch gebildet, dass ein lateraler Streifen der oralen Fläche des Septums bei der Gaumen- bildung in die Nasenhöhle aufgenommen wird. In analoger Weise wird bei Ascalaboten ein lateraler Streifen der oralen Fläche des Septums als mediale Wand in die Gaumenrinne einbezogen. — Die Mündung des Thränenkanales liegt bei Amphibien im vorderen Ende der seitlichen Nasenrinne, bei Ascalaboten im vorderen Ende der Gaumenrinne, bei den meisten Säugethieren unterhalb des vordersten Endes der falten- förmigen Verlängerung des Maxilloturbinale dicht hinter der Apertura externa, also im vordersten Ende des unteren Nasenganges. Bei manchen Sauriern erfährt die Mündung eine rückwärts gerichtete Ver- lagerung innerhalb der Gaumenrinne und gelangt schliesslich unter die persistirende Falte, welche im Bereiche der inneren Choane die Gaumenrinne nach oben begrenzt. Auch bei Säugethieren kommt gelegentlich eine solche rückwärts gerichtete Verschiebung der Oeffnung innerhalb des unteren Nasenganges vor, wodurch dieselbe unter das Maxilleturbinale zu liegen kommt. Beim Menschen ist dieses Verhalten die Regel; nach den Beobachtungen von WALZBERG (83) tritt dasselbe als Variation bei Canis auf, während III Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 513 es bei Sus die Regel bildet. — Der seitlichen Nasenrinne der Amphibien gehört das Jacosson’sche Organ an; dasselbe liegt bei Cheloniern an der medialen Wand der Pars respiratoria, öffnet sich bei Ascalaboten an der medialen Wand in das vordere Ende der Gaumenrinne. Bei Mammaliern liegt seine Oeffnung gleichfalls an der medialen Wand, wird aber in den Canalis nasopalatinus aufgenommen. Berücksichtigt man, dass die obere Oeffnung des letzteren am Boden des unteren Nasenganges, dass ferner die Mündung des Jacogson’schen Organes in den einfachsten Fällen im Bereiche dieser nasalen Oeffnung des Kanales liegt, so kann man wohl sagen, dass der Canalis nasopalatinus und damit auch das Jacogson’sche Organ mit seiner Mündung dem Gebiet des unteren Nasenganges angehöre. Es lässt sich also die seitliche Nasen- rinne der höheren Amphibien, deren Entstehung in der Amphibienreihe ich in früheren Untersuchungen (74) verfolgt habe, bei den in Betracht gezogenen Reptilien und bei den Mammaliern in ihrer verschiedenen Ausgestaltung und Umbildung weiter verfolgen, und allenthalben bleibt das Jacosox’sche Organ, welches nach meiner Meinung den Anstoss zur Bildung der seitlichen Nasenrinne bei den niederen Amphibien gab, und ferner auch die nasale Mündung des Thränenkanales, in Beziehung zu Derivaten der seitlichen Nasenrinne. C. Die Anlage einzelner Siebbeinmuscheln bei Echidna und ihre Bedeutung für die Auffassung des Siebbeinlabyrinthes der Säugethiere. I. Befund bei dem Beuteljungen 47 und seine Beurtheilung. Ich kehre zu Embryo 47 zurück, um die Ausgestaltung, welche der Muschelwulst erfahren hat, zu besprechen. Im Vergleich zu Embryo 44 hat sich der Muschelwulst bei dem Beuteljungen 47 vergrössert und weiter differenzirt. Mit dem Längenwachsthum der ganzen Nasenhöhle hat auch der Muschelwulst an Länge gewonnen. Wie früher schliesst er an das Dach und die hintere Wand der Nasenhöhle an und ist gegen das Maxilloturbinale durch eine rinnenförmige Vertiefung abgegrenzt. Sein vorderster Theil hat sich stark entfaltet und bildet nun eine vertical gestellte Platte, die frei nach vorn vorspringt und die Lichtung der Nische, die bei Embryo 44 vor dem Muschelwulst lag, theilweise ausfüllt. Der abgerundete freie Rand dieser Platte verläuft vom Dache der Nasenhöhle zunächst gerade abwärts, biegt dann nach unten und hinten um, um schliesslich in die untere, horizontal verlaufende Begrenzung des Wulstes überzugehen. Die bisher berück- sichtigten Veränderungen des Muschelwulstes finden sich auch bei Embryo 46. Das nach der entsprechenden Serie gefertigte Modell habe ich nicht abgebildet; die medianwärts sehende freie Fläche des Muschelwulstes ist hier noch glatt. Bei Embryo 47 dagegen ist diese Fläche durch zwei von oben nach unten verlaufende Furchen in drei hinter einander angeordnete Abschnitte gegliedert, die als Muschelanlagen bezeichnet seien (Taf. XV, Fig. gb). Die Furchen beginnen am Nasendach und verlaufen abwärts und etwas nach hinten; sie verstreichen in geringem Abstande vom unteren Rande des Wulstes. — Die vorderste Muschel- anlage ist die grösste und enthält den nach vorn frei vorspringenden, plattenförmigen Theil des Muschel- wulstes. Der hinterste Abschnitt (3.) ist der kleinste von allen, er erreicht nicht ganz die hintere Wand der Nasenhöhle und ist nach hinten wenig scharf abgegrenzt. Die Riechschleimhaut dehnt sich vom Dache der Nasenhöhle nur auf einen kleinen, obersten Abschnitt der lateralen Nasenwand aus; es ist ungefähr die obere Hälfte der Muschelanlagen von ihr überzogen, während die untere Hälfte mit indifferentem Epithel bekleidet ist. Demgemäss lässt sich an jeder der drei Muschelanlagen eine obere Pars olfactoria und eine untere Pars respiratoria unterscheiden. Am Septum dehnt sich die Riechschleimhaut weiter abwärts aus als 514 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 112 an der lateralen Wand; die Grenze gegen das indifferente Epithel liegt hier dicht oberhalb des unteren Randwulstes (W, Taf. XV, Fig. 9a). — Die vorderste Muschelanlage (1.) erhält eine Stütze durch einen Fortsatz der knorpeligen Nasenkapsel. Auch in der zweiten ist eine knorpelige Stütze vorhanden in Form eines rundlichen Knorpelstabes, der der Nasenkapsel direct anliegt, aber deutlich von ihr gesondert ist. Man erhält den Eindruck, als sei er selbständig angelegt und stehe im Begriff, mit der knorpeligen Nasenkapsel zu verschmelzen. In der hinteren (3.) Muschelanlage fehlt noch eine knorpelige Stütze (Textfigur 29). Es ist wohl nicht zweifelhaft, dass diese Muschelanlagen wirklich die ersten Anlagen der späteren Siebbeinmuscheln darstellen. Wichtig erscheint mir, dass dieselben aus einer einheitlichen Anlage, dem Muschelwulst von Embryo 44, hervorgehen, welcher sich vergrössert und gliedert. Ich habe ältere Embryonen von Echidna nicht unter- sucht, und bin mir sehr wohl bewusst, dass ich mich auf unsicheres Terrain begebe, wenn ich versuche, den einfachen Zustand der Riechmuschelanlagen, wie ihn das Beutel- junge 47 bietet, mit dem complieirten Bau des Siebbeinlabyrinthes bei der erwachsenen Echidna in Beziehung zu bringen. Ich unter- nehme den Versuch auf die Gefahr hin, dass sich meine Auffassungen späterhin als irr- b thümliche erweisen. Mich leitet dabei wesent- Fig. 29. Horizontalschnitte durch den obersten Theil der Nasen- höhle von Eechidna-Embryo 47. Lage und Richtung der Schnitte ist auf lich der Wunsch, andere Forscher auf dieses Taf. XV, Fig. 9 durch die Linien « und } angegeben. An der lateralen Nasenhöhlenwand ist der Muschelwulst getroffen; die Zahlen 1-3 be- zeichnen die Muschelanlagen. Riechschleimhaut schraffirtt, Knorpel der Morphologie aufmerksam zu machen, schwarz, Knochen eng punktirt. Vergr. 33:1. interessante, wenn auch schwierige Gebiet ferner auch der Wunsch, die Gesichtspunkte darzulegen, unter denen nach meiner Meinung dieses Thema aufzufassen ist, wenn seine Bearbeitung Erfolg versprechen soll. Bei der Beurtheilung des Befundes an Embryo 47 wäre zunächst die Frage zu erledigen, ob in dem dreifach gegliederten Muschelwulst die Anlage des Nasoturbinale enthalten sei oder nicht. Die erwachsene Echidna besitzt wie alle Mammalier auch ein Nasoturbinale; dasselbe ist zwar nur unscheinbar, besitzt aber alle für dasselbe charakteristischen Merkmale, also auch den nach abwärts gerichteten Processus uncinatus. Wäre das Nasoturbinale in dem gegliederten Muschelwulst von Echidna-Embryo 47 enthalten, so könnte es nur in dem mit z. bezeichneten Abschnitt desselben zu suchen sein, und es müsste dann der mit 2. bezeichnete die erste echte Siebbeinmuschel hervorgehen lassen. Ich neige einer anderen Auffassung zu, die ich aller- dings nicht durch die directe Beobachtung zu stützen vermag. Bei allen Säugethieren nimmt das Naso- turbinale in Form und Lage den übrigen echten Siebbeinmuscheln gegenüber eine Sonderstellung ein. Es findet sich als ein Längswulst, gerade an der Stelle, wo die seitliche Wand der Nasenhöhle in das Dach umbiegt, und erstreckt sich in Form einer wulstigen Hervorragung der Nasenwand weit nach vorn, oft bis dicht an das äussere Nasenloch heran. Dagegen entspringen die übrigen Siebbeinmuscheln vom hinteren Theil der lateralen Nasenhöhlenwand und ragen als freie lamellöse Fortsätze, die im speciellen sehr complicirt gebaut sein können, medianwärts und nach vorn vor. Das Nasoturbinale ist weiter, auch bei Echidna, durch den abwärts gerichteten Processus uncinatus ausgezeichnet, der seinerseits die Beziehung der Muschel zum Sinus maxillaris, wo ein solcher vorhanden ist, vermittelt. In vielen Fällen bildet dieser 113 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna SIE y Pi) Theil des Nasoturbinale eine mediale Wand für den Sinus, während sein hinterer freier Rand den Zugang zu der Lichtung desselben begrenzt. Da nun der Muschelwulst von Echidna-Embryo 46 und 47 den hinteren Theil der lateralen Nasenwand einnimmt, sein vorderes Ende plattenartig nach vorn in die Lichtung der Nasenhöhle vorspringt, die drei Muschelanlagen sich, von dem Grössenunterschiede abgesehen, unter ein- ander gleichartig verhalten, so glaube ich nicht, dass das Nasoturbinale in dem gegliederten Muschelwulst von Embryo 47 enthalten ist. Ich fasse demnach den in Taf. XV, Fig. gb mit ı bezeichneten, vordersten Theil des Muschelwulstes als die Anlage der ersten echten Siebbeinmuschel auf. Dann wäre die Anlage des Naso- turbinale in diesem Stadium der Entwickelung von Echidna noch nicht vorhanden. Die Sonderstellung, die das Nasoturbinale in der ganzen Säugethierreihe durch seine Lage und Form den übrigen Siebbein- muscheln gegenüber einnimmt, rechtfertigt die Annahme, dass es auch genetisch anders aufzufassen ist, als die letzteren. Der Muschelwulst, der die echten Siebbeinmuscheln hervorgehen lässt, ist auf die echten Muschelbildungen der Reptilien beziehbar, während das Nasoturbinale erst in der Säugethierreihe zu ent- stehen scheint. Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass die Entstehungsgeschichte dieser Muschel in engem Verbande steht mit der des Sinus maxillaris. Der ungegliederte Muschelwulst von Embryo 46 besitzt ungefähr die gleiche Grösse wie der in drei Theile gegliederte des Beuteljungen 47. Man gewinnt hieraus den Eindruck, dass die gesammte median- wärts sehende Fläche des Wulstes bei Embryo 46 dwrch die beiden Furchen gegliedert wird. Demnach wären die Muschelanlagen bei dem Beuteljungen 47 alle drei als Theile des einheitlichen Muschelwulstes unter sich gleichwerthig. Hieran wird durch die Thatsache nichts geändert, dass die vorderste Muschel- anlage in ihrer Grösse und in der Entwickelung ihres Knorpelskeletes der zweiten, und diese wieder der dritten voraus ist. — Wie sich die weitere Vermehrung der Muschelanlagen bei Echidna vollzieht, lasse ich unentschieden. Mir fehlen eigene Erfahrungen hierüber; in der Literatur bin ich nur den Angaben von PARKER (54) begegnet, welcher bei einem Jungen von Echidna 6 mediale Riechwülste beobachtete; bei einem älteren Thier, von dem er die Nasenhöhle auch abbildet, fand er deren 8. Der siebente ist kleiner als der sechste und der achte ist nur eben angedeutet; das spricht mit Sicherheit für ein successives Auftreten von neuen Wülsten hinter den zuerst gebildeten vorderen. Ich habe Grund zu der Vermuthung, dass die Ver- mehrung der Riechwülste von dem Stadium aus, wie es das Beuteljunge 47 bietet, nicht nur durch eine Neubildung von Muschelanlagen, sondern auch durch eine Theilung der zuerst gebildeten zu Stande kommt. Da der einheitliche Muschelwulst von Embryo 46 durch die drei Muschelanlagen bei Embryo 47 aufgebraucht ist, so dürften Muschelanlagen, die später hinter der 3. Anlage von Embryo 47 auftreten, in ihrer Genese anders aufzufassen sein, als die Anlagen I—3; sie stellen sich nicht wie diese als Derivate des einheitlichen Muschelwulstes dar. — Unter diesem Gesichtspunkt scheint mir die primäre dreifache Gliederung des Muschelwulstes eine grössere Bedeutung zu gewinnen, dies um so mehr, wenn sich nachweisen lässt, dass bei einer grossen Zahl von Mammaliern in dem complicirt gebauten Siebbeinlabyrinth eine Dreizahl der Muscheln besteht. 2. Bemerkungen über den allgemeinen Bau des Siebbeinlabyrinthes der Mammalier. Das periphere Geruchsorgan von Ornithorhynchus zeigt einen einfachen Bau. Es bestehen hier neben einem gering entfalteten Nasoturbinale nach ZuUCKERKANDL (90) 3 Riechwülste. Jeder derselben entspringt selbständig von der Seitenwand der Nasenhöhle und ihre formale Ausgestaltung ist einfach. — Bei höher stehenden Säugethieren mit gut entwickeltem Geruchsorgan ist die Uebersicht über die einschlägigen Ver- 15 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 66 Jenaische Denkschritten. VI. 516 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. II4 hältnisse sehr durch die complicirte Gestaltung der Muscheln erschwert. Nach dem Vorgange von SCHWALBE (7I), vor Allem aber im Anschluss an die grundlegende Arbeit von ZUCKERKANDL (90) pflegt man bei der Betrach- tung des Siebbeines der Säugethiere von den Riechwülsten auszugehen, die ja in der That auf den ersten Blick als Einheiten imponiren; man bezeichnet als mediale Riechwülste solche, die mit einem Theile ihrer Oberfläche dem Septum benachbart sind, also bei einem paraseptalen Sagittalschnitt durch die Nasenhöhle frei zu Tage treten, während man als laterale Riechwülste solche bezeichnet, die seitwärts von den medialen, zwischen der Reihe dieser und der lateralen Wand der Nasenhöhle versteckt liegen. Ohne Zweifel genügt diese Darstellungsweise für descriptive und systematische, ferner auch für manche wichtige vergleichend- anatomische Zwecke; sie hat auch den grossen Vorzug bequemer Handlichkeit. Aber sie genügt nicht, wenn es sich um eine feinere Analyse des Baues des Siebbeinlabyrinthes handelt. Um eine solche zu ermöglichen, ist es absolutes Erforderniss, den Zusammenhang der Riechwülste unter einander und mit der lateralen Nasenwand festzustellen. Hierbei ergiebt sich, dass eine kleinere oder grössere Zahl von Riech- wülsten mit einander und durch eine gemeinsame „Ursprungslamelle“ mit der lateralen Nasenwand in Ver- bindung steht. Eine solche oft sehr complieirt gebaute Bildung muss als Einheit aufgefasst werden, und ich schlug für dieselbe in einer früheren Arbeit (73) die Bezeichnung Muschel vor. Bei osmotischen Säugethieren lassen sich zwei Arten von Muscheln unterscheiden. Die eine Art enthält die am stärksten entfalteten Elemente; diese Muscheln ragen medianwärts bis an das Septum heran, und neben einer kleineren oder grösseren Zahl von lateralen Riechwülsten gehören jeder von ihnen ein oder zwei mediale an. Die zweite Art von Muscheln ist geringer entwickelt, sie erreichen nicht das Septum, die ihnen zugehörigen Riech- wülste sind ausschliesslich laterale. Ich bezeichnete die erste Art als Hauptmuscheln, die zweite als Nebenmuscheln. Die Nebenmuscheln besitzen nicht nur eine geringere Entfaltung, sie sind auch in ihrer formalen Ausgestaltung einfacher als die Hauptmuscheln. Ferner verfallen sie bei der Reduction des Geruchsorganes, wie sie bei Prosimiern und Primaten auftritt, am frühesten der Rückbildung. Dagegen zeigen die Haupt- muscheln die stärkste Entfaltung; ihre medialen Riechwülste zeigen häufig einen äusserst complizirten Bau und bedingen allenthalben durch ihre Form den für Arten, Gattungen oder selbst grössere Gruppen charakteristischen Habitus des Siebbeins; bei der Rückbildung des Geruchsorganes bei Prosimiern und Primaten bleiben sie am längsten erhalten. So erscheinen die Hauptmuscheln als der wesentliche, der charakteristische, die Nebenmuscheln als ein accidenteller Bestandtheil des Siebbeinlabyrinthes; und man darf wohl dem Gedanken Raum geben, dass die Nebenmuscheln in der progressiven Phase der phyloge- netischen Entwickelung später entstanden sind als die Hauptmuscheln, und dass sie deshalb als spätere Errungenschaften auch bei der retrograden Entwickelung des peripheren Geruchsorganes in der Prosimier- Primatenreihe am frühesten wieder schwinden. Nach alledem wäre der Schwerpunkt bei der vergleichend- anatomischen Analyse des Siebbeins auf das Verhalten der Hauptmuscheln zu legen. Eine sehr grosse Anzahl von Säugethieren zeigt nun bei der Eröffnung der Nasenhöhle durch einen paraseptalen Sagittalschnitt 4 mediale Riechwülste, die sich in der Richtung von vorn nach hinten an das Nasoturbinale anschliessen. Das trifft nach ZUCKERKANDL zu für die Marsupialier, Rodentier, Insectivoren, Prosimier, einzelne Chiropteren, unter den Carnivoren für Oanis und Felis, unter den Artiodactylen allein für Rupicapra. Im Folgenden bezeichne ich den vordersten derselben, der dem Nasoturbinale benachbart ist, als den ersten und zähle von diesem aus die rückwärts anschliessenden. Ich habe viele Säugethiere aus ver- schiedenen Ordnungen geprüft und allenthalben — auch bei Thieren mit mehr als 4 medialen Riechwülsten und auch bei Echidna — fand sich, dass der erste und zweite Riechwulst durch eine gemeinsame Ursprungslamelle mit der lateralen Nasenwand in Verbindung stehen. Beide gehören also (mit keinem oder einer kleineren 115 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echnida. 517 oder grösseren Zahl lateraler Riechwülste zusammen) einer Muschel an. Der dritte und der vierte mediale Riechwulst dagegen bilden jeder für sich Theile einer weiteren Muschel. Das heisst also, bei den Mammaliern, dieneben dem Nasoturbinale vier dem Septum benachbarte Riechwülste besitzen, bestehen drei Hauptmuscheln (man vergleiche hierzu SEYDEL (Ga)lar IV Eiezen): Diese Dreizahl findet sich am Anfange des Säugethierstammes bei Ormithorhymehus mit aller nur wünschens werthen Deutlichkeit; sie kehrt in der Primatenreihe, wo die Rückbildung des peripheren Geruchsorganes am weitesten vorgeschritten ist, gelegentlich wieder, obwohl hier in der Regel die dritte und nicht selten auch die zweite Hauptmuschel der völligen Rückbildung anheim gefallen ist. Diese Thatsachen machen es mir sehr wahrscheinlich, dass in der dreifachen Gliederung des Muschel- wulstes bei dem Beuteljungen Echidna 47 ein für die phylogenetische Entwickelung des gesammten Säuge- thierstammes wichtiges Stadium in die Erscheinung tritt. Ich zweifele nicht daran, dass die drei, durch Gliederung des einheitlichen Muschelwulstes entstandenen Muschelanlagen des Echidna-Embryo 47 den drei Riechwülsten von Ormithorhynchus und den drei Hauptmuscheln der Mammalier entsprechen. Um diese Behauptung noch weiter zu begründen, ist es nothwendig die Thierformen zu berück- sichtigen, bei denen die Zahl der medialen Riechwülste, die sich an das Nasoturbinale anschliessen, grösser ist als vier. Durch specielle Untersuchungen wird die Art festzustellen sein, wie diese Vermehrung zu Stande kommt. Theoretisch bestehen mehrere Möglichkeiten. In derselben Weise wie die erste Haupt- muschel zwei mediale Riechwülste hervorgehen lässt, könnte das auch für die zweite und eventuell auch für die dritte zutreffen. Eine Vermehrung der medialen Riechwülste ohne Vermehrung der Hauptmuscheln wäre die Folge. Eine andere Möglichkeit knüpft an die Existenz der Nebenmuscheln an. Dieselben treten zwischen den Hauptmuscheln auf; dass eine solche zwischen zwei Hauptmuscheln versteckte Nebenmuschel gelegentlich eine stärkere Entfaltung erfährt und sich mit einem endständigen Riechwulst in die Reihe der medialen einschiebt, wäre sehr wohl denkbar, doch halte ich es nicht für wahrscheinlich und habe keine Anhaltspunkte für einen solchen Vorgang. Ebensogut wie zwischen zwei Hauptmuscheln treten nun Nebenmuscheln auch zwischen dem Nasoturbinale und der ersten Hauptmuschel auf; für solche Nebenmuscheln wird durch die Ausbuchtung des Cavum nasale zum Sinus frontalis besonders Raum geschaffen. Auch die „frontalen Muscheln“ dokumentiren sich durch ihre versteckte Lage, durch ihre wenig charakteristische Form, sowie durch ihre frühzeitige Reduction als Nebenmuscheln. Endlich können auch Nebenmuscheln hinter der dritten Hauptmuschel angelegt werden. Bereits durch die Entfaltung der dritten Hauptmuschel wird eine rückwärts gerichtete Ausbuchtung der Nasenhöhle hervorgerufen, die sich als Sinus sphenoidalis in den Keilbeinkörper hineinerstreckt. Wie der Sinus frontalis kann auch der Sinus sphenoidalis für die Aufnahme von Nebenmuscheln angelegt, oder seine bereits bestehende Anlage vergrössert werden. Nun erscheint bei der Lage der Keilbeinhöhlen die Scheidewand zwischen den beiderseitigen Sinus als eine Ver- längerung des Septum nasale. Die von der lateralen Wand des Sinus entspringenden Nebenmuscheln dehnen sich medianwärts bis an diese Scheidewand heran aus und vermehren so die Zahl der medialen Riech- wülste. Auch diese Muscheln werden daher durch einen paraseptalen Sagittalschnitt durch die Nasenhöhle frei gelegt und imponiren deshalb scheinbar als Hauptmuscheln. Ihr Charakter als Nebenmuscheln dürfte aber in der ontogenetischen Entwickelung dadurch zum Ausdruck kommen, dass ihre Anlagen später als die der Hauptmuscheln und ferner ausserhalb des primären Muschelwulstes auftreten. Durch diesen letzt- genannten Vorgang eventuell mit Theilungen an den medialen Riechwülsten, die den Hauptmuscheln zuge- hören, erkläre ich mir das Auftreten extremer Zahlen medialer Riechwülste. Nur eine bestimmte Zahl derselben ist auf die drei Hauptmuscheln beziehbar, die am weitesten rückwärts gelegenen sind als die medialen Enden von Nebenmuscheln zu beurtheilen. — Mit dieser Auffassung scheint mir die Thatsache im 15* 66 * 518 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 116 Einklang zu stehen, dass bei der erwachsenen Echidna die hintersten vier Riechwülste weniger weit median- wärts vorragen als die vor ihnen liegenden; dass ferner das hintere Ende des Septum, welches auch der Scheidewand zwischen den beiderseitigen Sinus sphenoidales entspricht, gleichfalls mit Riechwülsten aus- gestattet ist. Hier sind also die hinteren Muscheln thatsächlich von den vorderen verschieden, ausserdem prägt sich durch die septalen Wulstungen sehr deutlich die Tendenz zur Muschelbildung überhaupt gerade im hintersten Ende der Nasenhöhle aus. Septale Riechwülste kommen in ähnlicher Weise wie bei Echidna nach M. WEBER (85) auch bei Dasypus villosus vor. Auf Grund dieser Ausführungen, deren hypothetischen Charakter ich nochmals betone, würde man zu folgenden Vorstellungen über die Genese des hochentwickelten Siebbeinlabyrinthes der Mammalier gelangen. Das Nasoturbinale einschliesslich seines Processus uncinatus ist von den übrigen echten Sieb- beinmuscheln scharf zu trennen. Wie in Form und Lage im erwachsenen Zustande, so ist es auch in seiner ontogenetischen Entwickelung von diesen verschieden. Es stellt sich als eine erst im Säugethier- stamme selbst entstandene Bildung dar, deren Genese, ebenso wie die des Sinus maxillaris noch durch specielle Untersuchungen aufgeklärt werden muss. Was die übrigen Siebbeinmuscheln anlangt, so knüpft ihre Differenzirung an eine einfache, wulstförmige Hervorragung der lateralen Wand der Nasenhöhle an, welche als solche in aller Schärfe in der Ontogenie von Echidna in die Erscheinung tritt und mit Sicherheit den echten Muschelbildungen der niederen Wirbelthiere homologisirt werden kann. Dieser Muschelwulst erfährt mit der zunehmenden Dignität des Geruchsorganes eine Vergrösserung und weitere Ausgestaltung, welche im Prinzip auf eine Oberflächenvergrösserung hinausläuft. Nach den Beobachtungen an Echidna- Embryonen ist der Muschelwulst nur in seinem oberen Abschnitt von Riechschleimhaut, im übrigen von indifferentem Epithel überkleidet. An der Oberflächenvergrösserung particeipirt sowohl der sensorielle als der respiratorische Theil desselben. An der freien medianwärts gerichteten Fläche des vergrösserten Muschelwulstes bilden sich 3 falten- artige Erhebungen aus, die durch enge rinnenförmige Einsenkungen von einander getrennt sind. Die Falten verlaufen von oben nach unten mit geringer Neigung nach hinten, und es wird für sie sehr bald von seiten der knorpligen Nasenkapsel eine Stütze gebildet. So gliedert sich der einheitliche Muschelwulst in 3 Muschelanlagen, an deren jeder die obere Pars olfactoria von der Pars respiratoria zu trennen ist. Diese Muschelanlagen erfahren nun, immer nach dem Princip der Oberflächenvergrösserung, eine Compli- eirung ihres Baues. An jeder Muschelanlage bilden sich Falten aus, die über die ganze Länge derselben hinziehen und durch rinnenartige Vertiefungen von einander geschieden sind. Jede dieser Falten ver- grössert sich, ihr freies Ende rollt sich ein, und es entstehen so die tütenförmigen Riechwülste, welche die Muscheln der höheren Säugethiere auszeichnen. Bei Ornithorhynchus ist an jedem der 3 bestehenden Riech- wülste eine Faltung der Oberfläche eben angedeutet; an den zahlreichen Muscheln von Echidna ist sie sehr viel stärker ausgeprägt; die einzelnen Falten sind breit, und es fehlt hier noch nach meinen Erfahrungen vollständig eine Einrollung derselben. Erst bei den höheren Mammaliern (schon bei den Marsupialiern) lassen die Falten die typische Aufrollung erkennen. Bei ihrer Entfaltung nehmen die 3 Muschelanlagen den ganzen verfügbaren Raum zwischen der lateralen Wand der Nasenhöhle und dem Septum für sich in Anspruch. Ihre am weitesten medianwärts vorspringenden Enden lassen die medialen Riechwülste hervor- gehen; ausser diesen können sich an jeder Muschelanlage noch laterale entwickeln. Als allgemein gültig glaube ich aussagen zu können, dass die erste Muschelanlage zwei mediale Riechwülste entstehen lässt, während in vielen Fällen die zweite und dritte Muschelanlage nur je einen bildet. Aus den 3 Theilen, in welche sich der Muschelwulst gliedert, gehen die 3 Hauptmuscheln hervor. 117 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 519 Die Tendenz zur Oberflächenvergrösserung, welche zur Entstehung und Ausgestaltung der 3 Haupt- muscheln führt, macht sich nun noch weiter an der lateralen Nasenwand geltend. Zwischen den zuerst angelegten Muscheln treten weitere Faltenbildungen auf, welche eine ähnliche aber minder weitgehende Entwickelung erfahren wie jene. Sie werden zu den zwischen den Hauptmuscheln versteckt liegenden Nebenmuscheln. In noch viel eclatanterer Weise kommt aber die Intensität dieses Processes zum Ausdruck, indem nach vorn und oben von der ersten Hauptmuschel, zwischen dieser und dem Nasoturbinale Raum für weitere Faltungen der Oberfläche geschaffen wird durch Ausbuchtung des Lumens der Nasenhöhle. Es entsteht der Sinus frontalis mit seinen Muschelbildungen. Durch die Entfaltung der dritten Hauptmuschel kann schon eine Ausbuchtung der Nasenhöhle nach hinten in den Keilbeinkörper hinein, und damit die Anlage des Sinus sphenoidalis bedingt sein. Auf dieser Entwickelungsstufe stehen diejenigen osmotischen Säugethiere, welche an einem para- septalen Sagittalschnitt durch die Nasenhöhle vier auf das Nasoturbinale folgende mediale Riechwülste erkennen lassen. Eine Vermehrung der letzteren kann nun zunächst dadurch herbeigeführt werden, dass in ähnlicher Weise wie die erste Hauptmuschel, so auch die zweite, eventuell auch die dritte zwei mediale Riechwülste erzeugt. Ausserdem können aber gerade so gut wie vor der ersten Hauptmuschel auch hinter der dritten Nebenmuscheln gebildet werden; Raum für solche wird durch die Entfaltung des hinteren Endes der Nasenhöhle oder des Sinus sphenoidalis geschaffen. Da diese nun mit ihren medianwärts gerichteten Enden bis an das Septum bezw. bis an dessen continuirliche Fortsetzung in die Scheidewand zwischen den beiden Keilbeinhöhlen heranragen, so imponiren diese secundär entstandenen Muscheln scheinbar als Hauptmuscheln. Unter diesem Gesichtspunkt lässt sich das Siebbeinlabyrinth der Säugethiere von einem einfachen Zustande ableiten, in welchem neben dem Nasoturbinale 3 einfach gestaltete Muscheln bestanden haben. Es ist sicher bedeutungsvoll, dass der Befund bei Ornilhorhynchus, wo sich neben einem gering entwickelten Nasoturbinale (welches übrigens ZUCKERKANDL an seinem Exemplar nicht beobachtet hat), 3 einfach gebaute Muscheln finden, jenem hypothetisch construirtem Ausgangsstadium genau entspricht. Die Be- deutung dieser Thatsache würde, wie ich glaube, auch kaum durch den, übrigens noch zu erbringenden Nachweis herabgemindert werden, dass das periphere Geruchsorgan von Ornithorhynchus durch Reduction von einem höher entwickelten abzuleiten sei. In welcher Weise nun die speciellen Verhältnisse der Sieb- beinmuscheln der höheren Säugethiere mit den weit auseinander liegenden Zuständen bei den beiden Monotremen zu verknüpfen sind, darüber müssen weitere Untersuchungen Aufschluss geben. VI. Der Eizahn von Echidna, seine Entwickelung und sein Bau. (Tafel XV1.) A. Befunde. Während des Eilebens kommt es bei den Embryonen von Echidna zur Entwickelung eines zahn- artigen Gebildes am Oberkiefer, dessen Aufgabe darin bestehen dürfte, die Eischale zu eröffnen. Dieser Eizahn ist an den Semon’schen Abbildungen auf Taf. X des 2. Bandes der Forschungsreisen in Fig. 44 und 45 zu erkennen. Er erscheint bei diesen Embryonen als ein kurzer conischer Zapfen, der in der Medianebene aus dem Rande des Oberkiefers gerade noch abwärts vorspringt und dabei vor dem freien Rande des Unterkiefers liegt. Ein weiterer Embryo, der in seiner Entwickelung zwischen den in Fig. 45 20 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 118 un und 46 abgebildeten steht, und den ich in toto untersuchen konnte, zeigt den Eizahn in gleicher Form und Lage wie die von Semon abgebildeten, nur erscheint seine Spitze schärfer, das ganze Gebilde etwas schlanker als in den Semon’schen Figuren. Seine Farbe ist weisslich-glänzend, seine Consistenz hart. Wahrscheinlich bricht der Eizahn bei der Eröffnung der Eischale oder gleich darauf an seiner Wurzel ab, da sich bei Beuteljungen, welche eben das Ei verlassen haben, von den Zahn selbst keine Spuren mehr nachweisen lassen. In seiner Entwickelung und seinem Bau weist dieser Eizahn Eigenthümlichkeiten auf, welche ihn von typischen Zahnbildungen der Säugethiere und niederer Wirbelthiere fundamental unterscheiden. Embryo 43. Die erste Anlage dieses Eizahnes findet sich bei Embryo 43. Bei demselben ist der Gaumenrand schon deutlich prominent geworden und es grenzen sich die beiden Oberkieferfortsätze gegen den Zwischenkieferwulst durch leichte Furchen ab (vergl. Taf. XV, Fig. 4). Der letztere bildet eine abge- rundete Wulstung, deren gegen die Mundhöhle gerichtete Fläche sich gegen die inneren Nasenöffnungen und die zwischen diesen gelegene orale Fläche des Septum nasale sanft abdacht. Auf dieser Fläche liegt genau in der Medianebene und dem erhabensten Theile des Randes genähert ein conischer Zapfen, der gerade nach unten vorspringt; er hebt sich mit breiter Basis aus jener Fläche heraus und verjüngt sich allmählich zu einer Spitze. Der Zapfen besteht aus mesodermalem Gewebe, das sich ebenso wie die meso- dermale Grundlage des Zwischenkieferwulstes aus dicht gedrängt liegenden Zellen aufbaut. Das Epithel ist von der Oberfläche abgelöst, und der bindegewebige Theil des Zapfens ist auf 9 Schnitten (a Io «) nach- weislich. — An dem in continuo abgelösten Epithel der Kopfoberfläche lässt sich eine conische Ausstülpung erkennen, welche jenem Mesodermzapfen entspricht. Das Epithel im Bereiche dieser Ausstülpung erweist sich in völliger Uebereinstimmung mit dem der benachbarten Strecken der Epidermis. Es wird also anzu- nehmen sein, dass am lebenden Object das Epithel der Körperoberfläche vom Zwischenkieferwulst her continuirlich auf den mesodermalen Zapfen überging und dessen gesammte Oberfläche überkleidete. Das Epithel hat dabei dem mesodermalen Gewebe direct aufgelegen, wenigstens ist von irgend welcher Substanz die zwischen beiden eingelagert gewesen sein könnte, noch nichts nachweislich. In diesem jüngsten von mir beobachteten Stadium besteht also die Anlage des Eizahnes aus einer unpaaren, medianen conischen Papille. Die Grundlage derselben bildet mesodermales Gewebe, welches in eontinuirlichem Zusammenhange mit dem zellreichen mesodermalen Gewebe des Zwischenkieferwulstes steht, und genetisch von diesem abzuleiten ist. Die bindegewebige Papille erhält einen Ueberzug vom Epithel der Körperoberfläche. Embryo 44. Bei Embryo 44 ist der Eizahn länger geworden; er ist an der Srmon’schen Abbildung deutlich als ein kleiner conischer Zapfen erkennbar, welcher von der oberen Umrandung der Mundöffnung ausgeht und mit nach unten gerichteter Spitze frei vorragt, so dass er vor dem vorderen Rande des Unter- kiefers liegt. Vergl. die nebenstehende Kopie der SEmon’schen Abbildung (Textfigur 30). Aus den Schnitten berechnet, ergiebt sich eine Länge des frei vorragenden Zahnes von 0,25 mm. Was den Bau des Zahnes anlangt, so ıst der centrale Bindegewebskern, ferner der epitheliale Ueberzug, schliesslich die Hartsubstanz zu unterscheiden. In Fig. ı auf Taf. XVI ist ein Schnitt durch die Basis des Zahnes dargestellt. Die Hartsubstanz bildet in dem frei vorragenden Zahn einen dünnwandigen Hohlkegel, welcher die äussere Form des Zahnes wiederholt und an der Grenze zwischen Epithel und Bindegewebe eingeschoben ist. Sie erscheint an den mit Karmin gefärbten und in Canadabalsam einge- schlossenen Präparaten nach aussen gegen das Epithel und nach innen gegen das Bindegewebe scharf eontourirt, von schwach gelblicher Färbung und ganz homogen. An der Basis des Zahnes ist ihre Lage ein wenig dünner als mehr nach der Spitze zu; die freie Spitze ist scharf. Die äussere Fläche des Hart- 119 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 521 substanzkegels ist glatt, wenn man von den leichten Biegungen absieht, welche die Contour auf dem Quer- schnitt erkennen lässt. In dem nicht gezeichneten Abschnitte des Schnittes, den die Taf. XVI, Fig. ı darstellt, war die Hartsubstanz von dem bindegewebigen Kern des Zahnes abgehoben und in Falten gelegt; in geringerem Grade ist das auch bei a der Figur der Fall. Das sind natürlich Erscheinungen, die als Kunstprodukte aufzufassen sind. — Die innere Fläche des Hohlkegels erscheint etwas weniger eben, als die äussere; sie zeigt hier und da in unregelmässiger Vertheilung schwach vorspringende leistenförmige Erhebungen, die auf dem Querschnitte als leichte gegen das Centrum gerichtete Verdickungen der Hart- substanz erscheinen. Gesetzmässiges in der Vertheilung derselben konnte ich nicht erkennen; gegen die Spitze des Zahnes zu werden sie undeutlicher, während sie an der Basis am stärksten sind. Der Hartsubstanzkegel des Eizahnes steht in continuirlicher Verbindung, mit der Anlage der Ossa incisiva. Der Zwischenkiefer erscheint bei seiner Anlage paarig und ist der zuerst auftretende Deckknochen der Nasenregion. Das frühe Erscheinen des Knochenpaares erklärt sich wohl durch die Beziehung zum Eizahn, für den es gewissermaassen ein Widerlager abgiebt. Jedes Ineisivum bildet in der bekannten Weise ein spongiöses Gerüstwerk von Knochenbälkchen dessen Form etwa einer dreiseitigen Pyramide entspricht. Die Spitze derselben ist aufwärts gerichtet, eine Seite sieht medianwärts, eine zweite, die kleinste, gerade nach hinten, die dritte, längste, nach vorn und lateral. Vergl. die in Textfigur 31 abgebildeten % Schnitte durch die Knochenanlagen eines älteren Embryos.. An die Basis ! dieser beiden Pyramiden schliesst sich continuirlich der Hartsubstanzkegel des Eizahnes an. Die medianwärts und nach hinten gerichteten Ecken An & a beider Basalflächen setzen sich durch eine zarte Knochenspange in Ver- [F bindung, welche sich dem Epithel des Kieferrandes direct anlagert und nach vorn leicht concav gebogen ist. Eine zweite Verbindung zwischen den beiden giyan” f; ie ; ; Nil Zwischenkieferanlagen erfolgt weiter nach vorn, von den medialen Seiten der 18 Basis aus vermittelst einer, aus unregelmässigen Knochenbälkchen gebildeten Fig. 30. Kopf von Echidna- Embryo 44. Kopie nach R. SEMON. : A 3 er Re 4. und nach hinten concav gebogenen Spange. Die vordere und die hintere > Safran Spange umschliessen ein annähernd kreisförmiges Feld, welches mit embryo- nalem Bindegewebe ausgefüllt ist. Die Verbindung zwischen den lateralen Enden der beiden Spangen wird durch die Ossa incisiva hergestellt. Abwärts setzen sich die Spangen in den geschlossenen Hart- substanzkegel des Eizahnes fort. Der continuirliche Uebergang der spongiös angeordneten Knochenbälkchen der Zwischenkiefer in die geschlossene Lage von Hartsubstanz des Eizahnes ist bei sorgfältiger Verfolgung der Serie unschwer nachzuweisen. Das embryonale Knochengewebe lässt eine Structur der Intercellularsubstanz nicht erkennen und zeigt die gleiche schwach gelbliche Färbung wie die Hartsubstanz des Zahnes. Die Gewebsmasse, welche den Hohlkegel von Hartsubstanz ausfüllt, und welche kurz als die Pulpa des Eizahnes bezeichnet sei, trägt im wesentlichen noch den Charakter des embryonalen Bindegewebes, wie es sich überall da findet, wo sich lebhaftere Bildungsvorgänge abspielen. Es besteht aus dicht aneinander gedrängt liegenden Zellen mit kugeligem oder ovalem Kern und spärlichem feinkörnigen Protoplasma; Zellgrenzen sind nicht erkennbar. Zwischen diesen Zellen finden sich aber schon vereinzelte, echte Binde- gewebszellen (b), die sich durch ihren kleinen längsovalen Kern auszeichnen. Das Chromatingerüst an diesen Kernen ist viel compacter, die Tinction in Folge dessen eine viel intensivere als bei den erst erwähnten Elementen. Das Gewebe der Pulpa liegt der Innenfläche der Hartsubstanz direct an, abgesehen von den Stellen, an welchen durch Quellung und Faltung der letzteren eine künstliche Abhebung statt- 522 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 120 gefunden hat. Hier und da erkennt man nun an den Zellen, welche der Hartsubstanz anliegen, mehr oder weniger deutlich Zellgrenzen, die senkrecht oder schräg zur Innenfläche der Hartsubstanz gestellt sind. Die Zellen erscheinen dann als niedrige, cylindrische, oder mehr cubische Elemente, die in Kern und Plasma sich nicht von den mehr centralen Zellen unterscheiden. Eine Abgrenzung jener peripheren Elemente gegen die letzteren ist nur hier und da undeutlich erkennbar. Man gewinnt so den Eindruck, als besässen die Zellen, welche die Hauptmasse der Pulpa ausmachen, an der Innenfläche der Hartsubstanz eine epithel- artige Anordnung (Taf. XVI, Fig. 1, c). Der oberflächliche Epithelüberzug ist auch bei diesem Embryo vom Eizahn abgelöst, doch lässt sich trotzdem feststellen, dass der Eizahn bis zur Spitze hin einen epithelialen Ueberzug besessen hat. Im Bereiche desselben besteht das Epithel aus einer mehrschichtigen Zelllage; die basalen Zellen sind cubisch, nach der freien Oberfläche hin treten erst spindelförmige und dann stark abgeplattete Elemente auf. Die Ablösung des Epithels von der Oberfläche der Hartsubstanz vollzog sich streckenweise an der Grenze zwischen beiden, so dass letztere nackt zu Tage liegt; an anderen umfänglicheren Stellen erfolgte jedoch die Lösung im Bereiche der basalen Zelllage, so dass nicht unbedeutende Zellreste an der Hartsubstanz haften blieben (Fig. I, d). Embryo 45 und 45*. Bei dem Embryo, der in Fig. 45 der Semon’schen Arbeit abgebildet ist und einem wenig älteren, der als 45* bezeichnet sei, ist die Entwickelung des Eizahnes etwas weiter en _n en (OR Eizanr ER 5 A Sn Fig. 31. Schnitte durch die Schnauzenspitze und den Eizahn von Echidna-Embryo 45*. Schnittrichtung ähnlich wie in Textfigur 30 ss. a Knorpelige Nasenkapsel (Bodentheil), » vordere, % hintere Spange, die die Verbindung der Zwischenkiefer- knochen (Ineisiv.) herstellen, e Epithelscheide, d Hartsubstanz, p Pulpa des Eizahnes. gefördert als bei Embryo 44. Embryo 45* zeichnet sich durch seinen guten Erhaltungszustand aus. Die Ossa ineisiva sind hier noch kleiner als bei Embryo 44, aber ihre Verbindung mit dem Eizahn lässt die gleichen Zustände wie bei jenem erkennen. Textfigur 31, A zeigt einen Schnitt durch das obere Ende der beiden Zischenkiefer (Incisiv.), welche sich von hinten her an den Bodentheil der knorpeligen Nasenkapsel (a) anlegen. Fig. B zeigt die vordere Verbindung (v) der beiden Zwischenkiefer, Fig. C diese und die hintere (R), welche dem Epithel des Kieferrandes angelagert ist. Der Schnitt der Fig. D ist durch die Basis des Zahnes gelegt; die folgenden Figuren demonstriren den Durchtritt des Zahnes durch die Epidermis und schliesslich den frei hervorragenden Theil des Zahnes, der von einer Epithelscheide bis zur Spitze hin überzogen ist. Fig. 2 auf Taf. XVI stellt den in Textfigur 31 F abgebildeten Schnitt durch den basalen Zahntheil bei stärkerer Vergrösserung dar. 12I Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 523 Die Epithelscheide des Zahnes baut sich aus mehrfachen Zelllagen auf. Die basalen Zellen sind cubisch bis cylindrisch und lagern der Oberfläche der Hartsubstanz direct an. Nach der freien Ober- fläche folgen spindelförmige Elemente in concentrischer, mehrfacher Schichtung; eine oberflächlichste Lage stark abgeplatteter Zellen ist abgehoben. Die basalen Zellen der Epithelscheide sind grösser und proto- plasmareicher als die basalen Zellen der Epidermis; ihr Protoplasma ist feinkörnig. Der Epithelbelag des Zahnes übertrifft die Epidermis an Dicke. Die Hartsubstanz ist sowohl gegen das Epithel wie nach innen gegen die Pulpa mit scharfen Contouren abgegrenzt; auch bei diesem Embryo erscheint sie durchaus homogen. Im Vergleich zu Embryo 44 hat sie an Dicke gewonnen. Die äussere Oberfläche des Hohlkegels ist ziemlich glatt, während die der Pulpa zugekehrte Fläche mit unregelmässigen leistenförmigen Vorsprüngen ausgestattet ist. Fig. 2, Taf. XVI zeigt, dass die Dickenzunahme der Hartsubstanz in der ganzen Peripherie nicht ganz gleich- mässig erfolgte. Das Gewebe der Pulpa hat Veränderungen erlitten, die im Wesentlichen in einer Auflockerung bestehen. Die typischen Bindegewebselemente (b) sind reichlicher geworden und sind stellenweise sehr deutlich in Zügen angeordnet, die sich unregelmässig durchflechten. Zwischen diesen finden sich unregel- mässige Gewebslücken (g), und ferner Zellen mit grossen kugeligen oder ovalen Kern. Letztere gleichen den Zellen, welche bei Embryo 44 die Hauptmasse der Pulpa ausmachten, sind aber am jetzt vorliegenden Object an Zahl ganz erheblich vermindert. An verschiedenen Stellen beobachtet man auch bei diesem Embryo Zellen, deren Körper sich mehr oder weniger deutlich gegen die Nachbarschaft abgrenzen lässt, und die der Innenfläche der Hartsubstanz direct angelagert sind. Dieselben liegen bald vereinzelt (Fig. 2, a) bald zu mehreren nebeneinander. — Capillaren durchsetzen die Masse der Pulpa. In der Dickenzunahme der Hartsubstanz, sowie in der Auflockerung der Pulpa macht sich ein deutlicher Entwickelungsfortschritt des Embryo 45* gegenüber Embryo 44 am Eizahn geltend; trotzdem hat die Länge des frei hervorragenden Theiles des Eizahnes nicht zugenommen. Aus der Schnittzahl berechnet ergiebt sich für Embryo 45* eine Länge von 0,21 mm. Embryo 46. Embryo 46, der kurz vor dem Verlassen des Eies steht, zeigt den reifen Eizahn. An der Abbildung des Embryos, welche Semon unter Fig. 46 giebt, ist der Zahn nicht zu erkennen; an dem zur Schnittserie verwendeten Object ist er thatsächlich vorhanden und zwar in ähnlicher Lage zum Kieferrande wie bei Embryo 45* (vergl. Taf. XV, Fig. 8). Wenn sich nun auch bei Embryo 46 der Kieferrand stärker entwickelt hat und mehr prominent geworden ist, als früher, so ist der Eizahn doch lang genug, so dass er mit seiner freien Spitze über denselben hervorragt. Der äussere Epithelüberzug fehlt jetzt dem Eizahn vollständig; von der Basis bis zu der ganz feinen Spitze ist an dem frei vorragenden Zahntheil die Hartsubstanz nackt. Der Hartsubstanzkegel ist wie früher mit seiner Basis im continuirlichen Zusammenhang mit den beiden Zwischenkiefern und schiebt sich glatt durch die Epidermis hindurch. Die Ossa incisiva haben sich weiter ausgebildet; sie lagern sich jetzt breit dem Bodentheil der knorpeligen Nasenkapsel an; jedes derselben entwickelt einen nach vorn aufsteigenden Fortsatz; dieser lagert sich in die mediane Furche der knorpeligen Nasenkapsel ein, durch welche die Scheidung derselben in eine rechte und linke Hälfte angedeutet ist. Nach oben verschmelzen diese Fortsätze zu einer einheitlichen Masse, die ziemlich weit aufwärts zu verfolgen ist (vergl. Textfigur Io, p- 477). Was den Bau des Eizahnes anlangt, so zeigt die Hartsubstanz keine Veränderungen gegen früher. Eine Dickenzunahme hat wohl nicht mehr stattgefunden. Bei dem Vergleich der Figuren 1—3 auf Tafel XVI ist die Jenaische Denkschritten. VL 16 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 67 524 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 122 verschiedene Vergrösserung zu berücksichtigen. Eine Structur irgendwelcher Art vermag ich auch jetzt nicht an ihr zu erkennen. In Figur 3 der Tafel XVI ist ein Schnitt durch die Basis des Zahnes abgebildet. An der Pulpa ist die Auflockerung des Gewebes weiter geführt. Man erkennt zahlreiche echte Bindegewebs- körperchen, die in unregelmässig sich durchflechtenden Zügen angeordnet scheinen. Die Gewebslücken (g) sind zahlreicher geworden und erreichen hier und dort die innere Fläche der Hartsubstanz. An anderen Stellen sind solche Lücken zwischen der letzteren und dem Gewebe der Pulpa entstanden. Capillaren (ec) durchziehen in reichlicher Weise die Pulpa. Die grosskernigen Zellen (a) sind spärlich geworden, sie finden sich vereinzelt oder in kleinen Gruppen verstreut. Kleinere und grössere, unregelmässig geformte Chromatinschollen (s), die sich namentlich in der Peripherie der Pulpa finden, weisen auf ein Zugrunde- gehen von solchen Elementen hin. Mit Epithel kommt die äussere Fläche des Eizahnes nur an der Stelle in Berührung, wo er die Epidermis durchbricht. Figur 3 der Tafel XVI zeigt, dass das Epithel zwar noch in directer Berührung mit dem Eizahn ist, aber die ihm anlagernden Zellen sind stark abgeplattet, an ihren Kernen macht sich durch die Zusammenballung des Chromatins eine beginnende Reduction geltend, unregelmässig geformte Chromatinbrocken und Pigmentschollen sind hier und da zwischen die Hartsubstanz und das Epithel eingelagert. So machen sich am reifen Eizahn eine Reihe degenerativer Vorgänge bemerkbar. An der Pulpa ist es die starke Auflockerung des Gewebes und das Zugrundegehen der grosskernigen Zellen sowohl im Centrum der Pulpa, wie in der Peripherie in der Nachbarschaft der Hartsubstanz. Die ganze äussere Epithelscheide des Zahnes ist abgestossen und an seiner Basis, wo er durch die Epidermis tritt, zeigen deren Zellen in seiner Nachbarschaft deutlich die Zeichen des Zugrundegehens. Alles das weist daraufhin, dass die Bildungsvorgänge am Zahne zum Stillstand gekommen sind. Zugleich hat sich aber auch die Lösung des Zahnes vorbereitet. An den Knochenbälkchen der Zwischenkiefer, welche die Verbindung des Zahnkegels mit den ersteren herstellen, sind in einer breiten Zone zahlreiche Riesenzellen aufgetreten. Dieselben lagern allent- halben den Knochenbälkchen direct an und fallen durch ihr trübkörniges, dunkel tingirtes Plasma und die zahlreichen Kerne direct auf. Sie sind fraglos als Ostoklasten thätig und führen eine Lockerung des Zahnes dadurch herbei, dass sie die Knochentheile zerstören, welche den Zahnkegel mit der Hauptmasse der Zwischenkiefer verbinden. Figur 4 der Tafel XVI bringt dies zur Anschauung. Der Schnitt geht durch die Verbindung zwischen Zahn und den beiden Zwischenkieferknochen. Bedeckt von der, der Mundhöhle zugekehrten Epidermislage des Kieferrandes erkennt man die dem Eizahn angehörige Knochenspange (sp.), welche die beiden Ossa ineisiva verbindet. Chromatinschollen und abgestorbene Zellen (a), die zwischen Epidermis und dieser Spange liegen, beweisen, dass eine engere Beziehung zwischen Epithel und Hartsubstanz auch hier nicht mehr besteht. Die Knochenbälkchen der Ossa incisiva umschliessen einen Raum, der mit einem ähnlichen lockeren, gefässreichen Gewebe erfüllt ist, wie die Höhlung des Zahnkegels. Den Knochen- bälkchen direct angelagert sind mächtige Riesenzellen (R). Der frei hervorragende Theil des Zahnes besitzt nur eine Länge von 0,15 mm, aus der Schnittzahl berechnet; er erscheint also kürzer als bei den jüngeren Embryonen. Bei den von Semon in Fig. 47 abgebildeten Embryo, der das Ei bereits verlassen hat, ist der Eizahn selbst völlig geschwunden; das Epithel der Körperoberfläche hat sich an der Stelle, wo er gestanden hat, 123 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 525 völlig geschlossen. Unterhalb der Zwischenkiefer bezeichnet ein im Bindegewebe liegendes Extravasat die Stelle des Zahnes. Vereinzelte Ostoklasten an der Unterfläche der Zwischenkiefer vollenden die Abglättung des Knochens. Der Eizahn bricht also entweder bei seiner Verwendung zur Eröffnung der Eischale ab, oder er wird abgeworfen, gleich nachdem der Embryo ausgeschlüpft ist. B. Beurtheilung der Befunde. Im Vorhergehenden habe ich die Befunde dargestellt, die der Eizahn bei Embryonen verschiedenen Alters darbietet. Es erwächst weiter die Aufgabe, aus denselben eine Uebersicht über den Entwickelungs- gang des Eizahnes zu gewinnen. Die Entwickelung beginnt mit der Bildung eines medianen, unpaaren, zapfenartigen Vorsprunges an der gegen die Mundhöhle gerichteten Fläche des Oberkieferrandes.. Dieser Vorsprung oder diese Papille besteht aus zellreichem embryonalen Bindegewebe und besitzt einen Ueberzug von Epithel- gewebe, welches die continuirliche Fortsetzung der Epidermis bildet und sich zunächst von dieser nicht unterscheidet. An der Grenze zwischen dem epithelialen Ueberzug und der bindegewebigen Grundlage des Vor- sprunges tritt anfangs in dünner Lage Hartsubstanz auf, welche entsprechend der conischen Form der Papille die Form eines Hohlkegels annimmt. Gleichzeitig oder doch ziemlich gleichzeitig tritt in der Tiefe des Kieferrandes die erste Anlage des paarigen Zwischenkiefers auf, welche entweder von vornherein mit der Hartsubstanz des Eizahnes in Verbindung ist, oder doch sehr bald nach ihrem ersten Erscheinen diese Verbindung eingeht. Ferner sind Veränderungen am Epithelüberzug und an der mesodermalen Grundlage des Eizahnes aufgetreten. Ersteres ist drei- bis vierschichtig geworden und die Zellen der basalen Lage, die der sich bildenden Hartsubstanz direct anlagern, haben sich vergrössert und eine cubische bis cylindrische Form angenommen. Die Hauptmasse der Pulpa wird aus Zellen gebildet, die einen grossen kugeligen oder ovalen Kern und feinkörniges Protoplasma besitzen. An die Innenfläche des Hartsubstanzkegels haben sich solche, protoplasmareiche Zellen in epithelartiger Anordnung angelagert. Im Gewebe der Pulpa sind endlich Binde- gewebszellen in reticulärer Anordnung aufgetreten. Die Hartsubstanz selbst erscheint an den in Canada- balsam eingeschlossenen Präparaten homogen. Die Art und Weise, auf welche die Hartsubstanz sich bildet, ist nicht direct aus den Präparaten zu erschliessen. Die schwach gelbliche Färbung sowie die homogene Structur, soweit sich diese an den in Canadabalsam eingeschlossenen Schnitten feststellen lässt, hat die Hartsubstanz des Eizahnes mit der Knochensubstanz der Ossa incisiva gemeinsam. Das spricht wohl für eine Gleichartigkeit oder mindestens Verwandtschaft beider Substanzen. Dazu kommt der continuirliche Zusammenhang des Hartsubstanzkegels mit den Knochenbälkchen der Zwischenkiefer und schliesslich auch die unregelmässigen Knochenleisten, die an der Innenfläche des Hohlkegels auftreten. Alles das rechtfertigt die Annahme, dass die Bildung der Knochenbälkchen der Zwischenkiefer, sowie die Bildung des Hartsubstanzkegels des Eizahnes sich in ähn- licher Weise vollzieht. Die Hauptmasse des Zahnkegels dürfte demnach von den Zellen des embryonalen Bildungsgewebes geliefert werden, welches in den frühesten Stadien der Entwickelung den papillenartigen 16* 67* 526 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 124 Vorsprung aufbaut. Die Andeutung von epithelartiger Anordnung grosser, plasmareicher Zellen an der Innen- fläche der Hartsubstanz erinnert an das Auftreten von Osteoblasten an den Knochenbälkchen und spricht entschieden zu Gunsten der Annahme, dass diese Zellen an der Bildung der Hartsubstanz betheiligt sind. Auch der Umstand, dass die grosskernigen Zellen der Pulpa in den frühesten Entwickelungsstadien des Zahnes am reichlichsten sind, ja die Hauptmasse derselben ausmachen, dass ihre Zahl sich mit der vor- rückenden Ausbildung des Zahnes verringert, so dass sie im reifen Eizahn auf ein Minimum reduzirt erscheinen, und dass schliesslich ihr Verschwinden durch Zugrundegehen also durch einen Verbrauch zu Stande kommt, alles das spricht gleichfalls dafür, dass diese Zellen der Pulpa für die Bildung der Hart- substanz verantwortlich zu machen sind. ö Nach alledem wird die Hauptmasse der Hartsubstanz des Zahnes als dem Knochengewebe verwandt aufzufassen sein. Da sie in einem Zahn auftritt, kann sie wohl als Dentin bezeichnet werden. Um diese Bezeichnung als berechtigt anerkennen zu können, bedürfte es des Nachweises von Dentinröhrchen. Es gelang mir nicht dieselben zu erkennen, und ich muss es unentschieden lassen, ob dieselben thatsächlich fehlen, was ich nicht für ausgeschlossen halte, oder ob sie sich an den in Canadabalsam eingeschlossenen Präparaten der Beobachtung entziehen. Eine weitere Frage ist, ob sich auch das Epithel an der Zahnbildung betheiligt. An den Präparaten vermochte ich zwar nicht eine Zusammensetzung der Hartsubstanz aus verschiedenen Componenten zu erkennen. Vergebens habe ich mich bemüht, etwas von einer oberflächlichen Schmelzlage zu sehen. Trotzdem darf, wie ich glaube, die Betheiligung des Epithels an der Zahnbildung doch nicht von der Hand gewiesen werden. Im jüngsten Entwickelungsstadium verhielt sich der Epithelüberzug der Papille genau so wie die übrige Epidermis. Beim Beginn der Hartsubstanzbildung wird das Epithel im Bereiche des Zahnes vielschichtig und die Zellen der basalen Lage nehmen die cubische bis cylindrische Form an. Dieser Zustand erhält sich bis zur Reife des Zahnes. Dass in diesen Stadien der Entwickelung ein inniger Connex zwischen Hartsubstanz und Epithel besteht, kann vielleicht aus dem Umstande gefolgert werden, dass bei der Ablösung der Fpithelscheide von dem Hartsubstanzkegel, wie sie Embryo 44 zeigte, nicht unerhebliche Zellbestandtheile an der Zahnoberfläche haften blieben. Am reifen Eizahn ist der Epithel- überzug abgeworfen; an der Stelle, an welcher der Zahn die Epidermis durchbricht, sind die anliegenden Zellen des Epithels stark abgeplattet, ihre Kerne weisen Anzeichen der Reduction auf. Chromatin- und Pigmentschollen, die zwischen Epithel und Hartsubstanz eingepresst liegen, weisen auch hier auf eine Zerstörung von Zellen hin. — Die Ausbildung des Epithels über dem Hartsubstanzkegel während der Ent- wickelungsperiode des Zahnes, seine Reduction am reifen Zahn deutet mit Wahrscheinlichkeit auf eine Betheiligung des Epithels am Aufbau desselben hin. Aus der Thatsache, dass an den Canada-Präparaten von Schmelz nichts zu erkennen ist, wage ich nicht zu schliessen, dass derselbe thatsächlich nicht vor- handen ist. Eine sehr dünne Schmelzlage könnte sich der Beobachtung wohl entziehen. Der eigenthüm- liche, weissliche Glanz, den der Eizahn an einem mir zur Verfügung gestellten Spiritusobjecte darbietet, spricht gleichfalls für die Anwesenheit von einer oberflächlichen Schmelzschicht. Die Anschauung, die ich über die Entwickelung der Hartsubstanz gewonnen habe, lässt sich wie folgt formuliren. Die Hauptmasse des Zahnkegels wird von Zellen der Pulpa geliefert und ist als Dentin oder doch wenigstens als dem Dentin verwandt aufzufassen. Wahrscheinlich kommt ein dünner, oberflächlicher Ueberzug von Schmelz hinzu, der von Seiten des Epithels geliefert wird. 125 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 527 Ein Längenwachsthum des Eizahnes, etwa in der Weise, dass derselbe aus der Tiefe des Kiefer- randes vorgeschoben wird, findet nicht statt. Bei Embryo 44, wo augenscheinlich die Bildung der Hart- substanz eben erst begonnen hat, ist der frei vorragende Theil des Eizahnes am längsten; bei Embryo 45 und 45* ist er um Weniges kürzer; die geringste Länge weist er bei Embryo 46 auf. — Es ist möglich, dass die Länge individuell variirt; wenn sich aber in einem Entwickelungsstadium, wo die Hartsubstanzbildung eben erst begonnen hat, die grösste Länge des Zahnes findet, so ergiebt sich daraus mit ziemlicher Sicher- heit, dass ein Vorschieben desselben nicht statthaben wird. Bei dem ganzen Verlauf der Entwickelung ist auch nicht recht einzusehen, wie ein solches Vorschieben sich vollziehen sollte. Durch die Verbindung: mit den Zwischenkiefern ist die Basis des Zahnes in ihrer Lage fixirt. — So gelangt man zu der Vor- stellung, dass sich zunächst die bindegewebige Papille ausbildet und auf dieser der Hartsubstanzkegel entsteht. Die Grösse des letzteren ist abhängig von der Grösse der Papille Abgesehen von der geringen Verlängerung, die durch die Bildung der äussersten Spitze des Hartsubstanzkegels erzielt wird, findet. bei der Entwickelung des Zahnes ein Längenwachsthum nicht statt. Es vollzieht sich also die Entwickelung des Eizahnes von Echidna in durchaus anderer Weise als die typische Zahnbildung der Wirbelthiere. In den Grundzügen erinnert der Vorgang an die Bildung der Hautzähne der Selachier, wo gleichfalls zuerst die Bindegewebspapille gebildet wird, dann erst an der Grenze zwischen Epidermis und Bindegewebe die Hartsubstanz entsteht, und zwar Dentin von der Odonto- blastenschicht aus, Schmelz von den basalen Zellen des Epithels aus; schliesslich kommt durch Ver- knöcherung des Bindegewebes die Bildung des Zahnsockels hinzu. Bei Echidna könnte wohl das frühzeitig mit dem Hartsubstanzkegel in Verbindung tretende Incisivum mit letzterem in Parallele gestellt werden. Der Eizahn von Echidna entwickelt sich also nach einem sehr einfachen, primitiven Modus. Nach W. N. PARKER (54) soll bei Echidna- Embryonen eine Eischwiele vorkommen. Von einem 12,5 cm langen Embryo berichtet er: „Between the nostrils a distinct caruncle or „egg-breaker“ like that of the young Ornithorhynchus can be seen.“ Ferner: „The caruncle is formed by a ridge of the epidermis on which the horn is especially thick.“ Diese Carunkel ist auch an den von SEmoN abgebildeten Beutel- jungen 50 und 51 zu erkennen. Bezüglich Ornithorhynchus kann auf die Abbildung von PouLTon (57, Taf. XV, A) verwiesen werden. Ueber die Bedeutung dieser Bildung kann ich nichts Positives aussagen. Dass die Carunkel von Echidna nichts mit einer Eischwiele, wie sie die Crocodile, Chelonier und Vögel besitzen, zu thun haben kann, geht daraus hervor, dass sie sich erst ausbildet, nachdem der Embryo das Ei längst verlassen hat, während sich doch die wirkliche Eischwiele während des Eilebens entwickelt und abgeworfen wird, nachdem sie beim Durchbrechen des Eies ihre Aufgabe erfüllt hat. Auch der von PouLron abgebildete Embryo vom Schnabelthier hat längst das Ei verlassen, so dass mir im Zusammen- halt mit den Befunden bei Zchidna auch in diesem Falle die Deutung jener Carunkel als Eischwiele fraglich erscheint. i Echte Eizähne kommen auch bei Sauriern und Ophidiern vor. Hier handelt es sich um lanzett- förmige Zähne, welche vom Rande des Zwischenkiefers in etwa horizontaler Stellung nach vorn vorspringen. Der Eizahn kann unpaar sein und liegt dann in der Medianebene, oder er ist paarig, und die beiden Zähne liegen dann symmetrisch rechts und links dicht neben der Medianebene, so dass die beiden Zähne zusammen eine lanzettförmige Spitze bilden. Nach SLuITEr (77) ist der paarige Eizahn der Saurier der primitive Zustand; durch Unterdrückung des einen und stärkere Ausbildung des anderen leitet sich von dem paarigen der unpaare Eizahn ab. In der Ontogenie wird der Eizahn auch bei den Formen paarig angelegt, bei denen 528 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 126 er schliesslich unpaar wird. Schon in den bis jetzt berücksichtigten Verhältnissen ergeben sich Unter- schiede zwischen Echidna und den Sauriern. Der Eizahn von Echidna ist konisch und ragt gerade nach unten vor, er ist von Anfang der Entwickelung an unpaar. Bei Sauriern springt der lanzettförmige Zahn gerade nach vorn vor; er legt sich paarig an und bildet sich auch in dieser Weise aus, oder es entwickelt sich nur die eine Anlage zu einem unpaaren Zahn. Die Unterschiede zwischen Sauriern und Echidna treten noch schärfer hervor, wenn man den Entwickelungsmodus in Betracht zieht. Die Eizähne der Saurier entwickeln sich in der für das Wirbelthiergebiss typischen Weise in der Tiefe des Kieferrandes mit Schmelz- organ und Dentinkeim und werden mit ihrem Wachsthum allmählich aus der Tiefe zur Oberfläche vor- geschoben; bei Zchidna dagegen verläuft die Entwickelung in der geschilderten primitiven Weise. Aus alledem ergiebt sich mit Sicherheit, dass der Eizahn von Echidna und die Ei- zähne der Saurier keine homologen Bildungen sind; dass der erstere mit den letzteren zwar die gleiche Function theilt, dass es sich aber morphologisch um grundver- schiedene Dinge handelt. Es fragt sich nun weiter, wie der Eizahn von Echidna morphologisch aufzufassen sei. In dieser Hinsicht ist die von C. Röse (62) beobachtete Thatsache wichtig, dass bei Crocodiliern die zu allererst auftretenden Zahn- anlagen als frei vorspringende, mit Epithel überzogene Papillen angelegt werden. Diese erste Anlage eines Gebisses bleibt rudimentär und geht noch während des Eilebens zu Grunde; sie wird ersetzt durch die in der Tiefe der Kiefer von einer Schmelzleiste aus entstehenden Zahnanlagen des definitiven Gebisses. Ist diese Beobachtung Röse’s zutreffend, so liegt darin der Schlüssel für das Verständniss des Eizahnes von Eechidna. Das embryonale Gebiss der Crocodilier documentirt sich gerade durch den Entwickelungsmodus als ein sehr altes Erbstück, und es wird anzunehmen sein, dass dasselbe bei den Vorfahren der Crocodilier in voller Ausbildung und Functionsfähigkeit bestanden hat. Warum dasselbe unterdrückt wird, so dass es nur als eine vorübergehende Erscheinung während des Eilebens auftritt, braucht hier nicht discutirt zu werden. Es scheint mir verständlich, dass von einem derartigen rudimentären Gebiss eine Zahnanlage sich wieder stärker ausbilden kann unter der Anpassung an die Aufgabe, als Eröffner der Eischale zu wirken. Für die Crocodilier trifft dieser Fall nicht zu; bei ihnen besteht die Eischwiele als Apparat zur Durchbrechung der Eischale, und so kommt es nicht zur Ausbildung einer der embryonalen Zahnanlagen zum Eizahn. Die Vorstellung macht nun, glaube ich, keine Schwierigkeiten, dass bei den Vorfahren von Echidna ein ähnliches embryonales, rudimentär bleibendes Gebiss bestanden habe, wie es heute noch bei Crocodiliern auftritt. Eine solche Vorstellung ist möglich, ohne dass man engere verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Vorfahren von Echidna und den Vorfahren der jetzt lebenden Crocodile anzunehmen braucht, da jenes embryonale Gebiss durch seinen primitiven Entwickelungsmodus auf eine sehr weit zurückliegende phylogenetische Etappe hinweist, von der aus eine Uebertragung in verschiedene Zweige des Wirbelthier- stammes denkbar ist. Entwickeln sich doch bereits bei Selachiern die Zahnanlagen der Kieferränder von einer Schmelzleiste aus in der Tiefe der Kiefer. Wird die Annahme eines solchen embryonalen, rudimentären Gebisses für die Vorfahren von Echidna zugegeben, so wäre der Eizahn als ein Residuum desselben aufzufassen, welches sich durch die ihm ‘zufallende Function erhalten und weiter ausgebildet hat, während die übrigen Anlagen des Ge- bisses völlig verschwunden sind. Schliesst man sich dieser Auffassung an, so lässt sich auch der Unterschied zwischen dem Eizahn von Echidna und den Eizähnen der Saurier schärfer formuliren. Letztere entwickeln sich von der Schmelzleiste aus, von der aus auch die Entwickelung der ersten, bleibenden Zähne erfolgt. Andeutungen einer Schmelzleiste, selbst Andeutungen von Zahnanlagen an derselben treten auch 127 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 529 bei Echidna auf, bleiben aber auf einer niedrigen Stufe der Ausbildung stehen, um dann zu schwinden. Die Eizähne der Saurier könnten allein mit solchen Zahnanlagen von Echidna homologisirt werden, welche an der Schmelzleiste gebildet werden; aber gerade vorn, in der Nähe der Medianlinie fehlen bei Echidna Anlagen einzelner Zähne. Mit anderen Worten heisst das: das Homologon des Eizahnes der Saurier fehlt völlig bei Echidna. Jenes embryonale rudimentäre Gebiss, von welchem der Eizahn von Echidna einen Rest darstellt, kommt bei Sauriern überhaupt nicht mehr zur Anlage; folglich fehlt auch ihnen das Homologon des Eizahnes von Echidna. Ich fasse demnach den Eizahn von Echidna als den Rest einer alten, im Allgemeinen längst unter- drückten Zahngeneration auf, während die Eizähne der Saurier von jüngeren Zahngenerationen aus ent- standen sind. Literatur-Verzeichniss. 1) Arzen, H., On a revision of the etbmoid bone in the Mammalia. Bull. Mus. Comparat. Zoolog., Vol. X. 2) Barocn, C., Das Jacozsox’sche Organ des Schafes. Sitzungsber. der math.-naturw. Classe der Kaiserl. Akad. Wien, Bd. 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Vol. VII, 1893. 49) Merken, F., Ueber das Jacossow’sche Organ und die Papilla palatina beim Menschen. Anatom. Hefte, Bd. I, 1892. 50) Minarkovıcs, Gtza, Bau und Entwickelung der pneumatischen Gesichtshöhlen. Verh. Anatom. Gesellsch. zu Berlin, 1896. 51) Derselbe, Anatomie und Entwickelung der Nase und ihrer Nebenhöhlen. Hrymann’s Handbuch der Laryngologie und Rhinologie, Wien 1896. 129 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 531 52) 7 MisanKovios, G£za, A Jacorson-fele szerv (Örganum vomeronasale Jacobsoni). Mathematekai Termeszettudomänyi Ertesitö. A M. tud Akademia III Osztälyänak Folyöirata, Budapest 1898. 53) j Nusssaum, J., Zur Entwickelungsgeschichte des Gaumens, der Srrxsow’schen und Jacogsov’schen Canäle und der Hypophyse beim Hunde. Anz. Akad. Krakau f. 1895. 54) Parker, W. N., On some points in the structure of the young of Echidna aculeata. Proc. Zoolog. Soc. London, 1894. 55) Pıana, G. P., Contribuzione alla connoscenza della struttura e della funzione dell’ organo di Jacozson. Rendic. Academ. Scienze Bologna, 1879/80. 56) Derselbe, Dei denti incisivi e canini superiori nei bovini e negli ovini e dell’ organo di Jacossox dell’ uomo. Monitore Zoolog. Ital., Anno 2, 1891. 57) Pourrox, E. B., The structure of the bill and hairs of Ornithorhynchus paradoxus; with a discussion of the homo- logies and origine of mammalian hairs. Quart. Journ. Microse. Sc., Vol. XXXVI, N. S., London 1894. 58) Rausay-WricHt, R., On the organ of Jacozsox in the Ophidia. Zoolog. Anz., 1883. 59) Raruke, H., Entwickelungsgeschichte der Natter (Coluber natrix). Königsberg 1839. 60) 7 Raucz, P.. Anatomie microscopique de l’organ de Jacogson chez le boeuf et le mouton. Arch. internat. de Laryngologie, Annde 6, 1893. 61) 7 Derselbe, Le canal ineisif et l’organ de Jacorson. Arch. internat. de Laryngologie, 1894. 62) Röse, C., Ueber die Zahnentwickelung der Crocodile. Verh. Anatom. Gesellsch. zu Wien, 1892. 63) Derselbe, Ueber die Zahnleiste und die Eischwiele der Sauropsiden. Anat. Anz., Jahrg. VII, 1892. 64) Derselbe, Ueber das Jacogson’sche Organ vom Wombat und Opossum. Anat. Anz., Jahrg. VII, 1893. 65) Derselbe, Ueber das rudimentäre Jacogson’sche Organ der Crocodile und des Menschen. Anat. Anz., Jahrg. VIII, 1893. 66) Rouıms, G., Rudimenti di organo di Jacopson nelle uomo adulto. Bull. Soc. Scienze mediche Siena, 1884. 67) RosentHaL, Ueber das von Jacogsox in der Nasenhöhle entdeckte Organ. Zeitschr. f. Physiol., 1826. 68) Sarasın, P. und F., Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschungen auf Ceylon. II. Wiesbaden 1887—1893. 69) 7 SCHIEFFERDECKER, T., Das Jacozson’sche Organ. Hryuans’s Handbuch der Laryngologie und Rhinologie, Wien 1896. 70) 7 Schumr, E., Ueber das postembryonale Weiterbestehen des Jacogson’schen Örganes und Knorpels beim Menschen und die Beziehungen derselben zu einander. Dissert. Berlin 1896. 71) SCHWALBE, Ueber die Nasenmuscheln der Säugethiere und des Menschen. Sitzungsber. Physik.-ökonom. Gesellsch. Königsberg, Jahrg. XXIII, 1882. 2) ScHwisk, F., Ueber den Zwischenkiefer und seine Nachbarorgane bei Säugethieren. München 1888. 3) Seyper, O., Ueber die Nasenhöhle der höheren Säugethiere und des Menschen. Morphol. Jahrb., Bd. XVII, 1891. 74) Derselbe, Ueber die Nasenhöhle und das Jacozsox’sche Organ der Amphibien. Morphol. Jahrb., Bd. XXIII, 1895. 75) Derselbe, Ueber die Nasenhöhle und das Jacogsox’sche Organ der Land- und Sumpfschildkröten. Festschrift zum 70. Geburtstag von ©. GEGENBAUR, Bd. II, 1896. 76) Srumer, C. Pr., Das Jacogson’sche Organ von Crocodilus porosus (Schn.). Anat. Anz., Jahrg. VII, 1892. 77) Derselbe, Ueber den Eizahn und die Eischwiele einiger Reptilien. Morphol. Jahrb., Bd. XX, 1893. 78) Summe, Ertior G., Jacogson’s organ and the olfactory bulb in Ornithorhynchus. Anat. Anz., Bd. XI, 1895. 79) SoLGER, B., Beiträge zur Kenntniss der Nasenwandung und besonders der Nasenmuscheln der Reptilien. Morphol. Jahrb., Bd I. SO) Syamneron, J., On the nose, the organ of Jacosson and the dumbbell-shaped bone in the Ornithorhynchus. Proc. Zoolog. Soc. London, 1891. 81) Derselbe, On the organ of Jacorson in the Kangaroo and Rock Wallaby (Macropus giganteus and Petrogale penicillata). Journ. Anatom. Physiol., Vol. XXVI, N. S. Vol. VI, 1892. 82) Tremans, H., Ueber die Bildung der primitiven Choanen bei Säugethieren. Inaug.-Diss. Würzburg 1896. 83) WALzgERG, Te., Ueber den Bau der Thränenwege der Haussäugethiere und des Menschen. Gekrönte Preisschrift, Rostock 1876. S4) Weser, M., Ueber die Nebenorgane des Auges der Reptilien. Arch. f. Naturgesch., Bd. XLIH. 85) Derselbe, Beiträge zur Anatomie und Entwickelung des Genus Mamis. Zoolog. Ergebn. einer Reise in Nieder- ländisch-Ostindien, Bd. II, Leiden 1894. 17 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 68 Jenaische Denkschriften VI. 532 Ueber Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna. 130 86) WiepersHem, R., Die Stammesentwickelung des Jacogson’schen Organes. Tagebl. der 54. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Salzburg, 1881. 87) Derselbe, Grundriss der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. 3. Aufl., Jena 1893. 88) Wırson, J. T., and Marrıw, C. J., Observations upon the anatomy of the muzzle of the Ornithorhynchus. Macley Memorial Vol. Linn. Soc. New South Wales, 1893. 89) ZuckerkAnpL, E,, Das periphere Geruchsorgan der Säugethiere. Stuttgart 1887. 90) Derselbe, Die Entwickelung des Siebbeines. Verhandl. der Anatom. Gesellsch. zu Wien, 1892. Anm. Die mit 7 bezeichneten Arbeiten blieben mir unzugänglich. Corrigendum. P- 475 (73) zweite Zeile v. o. lies: Orthognathie statt Prognathie. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 1930 _ Verlag von Gus tav Fischer in Jena. _ [ Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Dritte Lieferung. ı (Des ganzen Werkes Lieferung 8.) Mit 10 lithogr. Tateln und 4 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 20 Mark. Inhalt: L. Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina und Thursday Island gesammelten Ophiuroidea. — L. Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina und Thursday Island gesammelten Asteroidea. — C. Ph. Sluiter, Nachtrag zu den Tuniecaten. — Marianne Plehn, Polyceladen von Ambon. — W. Fischer, Gephyreen. — E. Simon, Liste der Arachniden der Semon’schen Sammlung in Australien und dem Malayischen Archipel. — J. C. H. de Meijere, Die Dipteren der Semon’schen Sammlung. \ Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Vierte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 12.) Mit 18 lithographischen Tafeln und 4 Abbildungen im Text. 1898. Preis: 36 Mark. Inhalt: E. Zschokke, Die Cestoden der Marsupialia und Monotremata. — L. L. Breitfuss, Amphoriseus semoni, ein neuer heterocöler Kalkschwamm. — Casimir R. Kwietniewski, Actiniaria von Ambon und Thursday Island. — Eugen Burchardt, Aleyonaceen von Thursday Island (Torres-Strasse) und von Amboina. — L. S. Schultze, Rhizostomen von Ambon. — v. Linstow, Nemathelminthen. Von Herrn Richard Semon in Australien gesammelt. — L. Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina und Thursday Island gesammelten Crinoidea. — L. Döderlein, Ueber einige epizoisch lebende Ophiuroidea. — L. Döderlein, Ueber „Krystallkörper“ bei Seesternen und über die Wachsthumserscheinungen und Verwandtschaftsbeziehungen von Goniodiscus sebae. — Carl Graf Attems, Myriopoden. Denkschriften der medizinisch-naturwissenschaftliehen Gesellschaft zu Jena. Band I. Ernst Haeckel, Das System der Medusen. Erster Theil einer Monographie der Medusen. Mit einem Atlas von 40 Tafeln. 1380. Preis: 120 Mark. 7 Band MW. Mit 2ı Tafeln. 1880. Preis: 60 Mark. — Inhalt: C. Frommann, Untersuchungen über die Gewebsveränderungen bei der multiplen Sklerose des Gehirns und Rückenmarks. Mit 2 Tafeln. 1878. Preis: 10 Mark. — Oscar und Richard Hertwig, Der Organismus der Medusen und seine Stellung zur Keimblättertheoriee Mit 3 lithographischen Tafeln. 1878. Preis: ı2 Mark. — Richard Hertwig, Der Organismus der Radiolarien. Mit ro lithographischen Tafeln. 1879. Preis: 25 Mark. — E. E. Schmid, Die quarzfreien Porphyre des centralen Thüringer Waldgebietes und ihre Begleiter. Mit 6 Tafeln. 1880. Preis: ı8 Mark. Band II. Willy Kükenthal, Vergleichend-anatomische und entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Walthieren. Mit 25 Tafeln. 1ı889—1893. Preis: 75 Mark. — Erster Theil. Kapitel I: Die Haut der Cetaceen. Kapitel II: Die Hand der Cetaceen. Kapitel III: Das Centralnervensystem der Cetaceen, gemeinsam mit Theodor Ziehen. Mit ı3 lithographischen Tafeln. 1889. Preis: 35 Mark. — Zweiter Theil. Kapitel IV: Die Entwicklung der äusseren Körperform. Kapitel V: Bau und Ent- wicklung äusserer Organe. Kapitel VI: Die Bezahnung. Mit ı2 lithographischen Tafeln. 1803. Preis: go Mark. Bisher erschienen. . Dr. Emil, a. o. Professor an der Universität Greifswald, Das elektrische Organ des Ballowitz, afrikanischen Zitterwelses (Malopterurus electricus Lacepede, Mit 7 lithographischen Tafeln und 3 Holzschnitten im Text. ı8g90. Preis: 24 Mark. Pischer Dr. Alfred, a. o. Professor der Botanik in Leipzig, Fixirung, Färbung und Bau des Proto- » plasmas. Kritische Untersuchungen über Technik und Theorie in der neueren Zellforschung. Mit einer colorirten Tafel und 2ı Abbildungen im Text. Preis: ır Mark. Häcker Dr. Valentin, a. o. Professor in Freiburg i. Br, Praxis und Theorie der Zellen- und Be- ’ fruchtungslehre. Mit 137 Abbildungen im Text. Preis: brosch. 7 Mark, geb. 3 Mark. Hertwig ©., Direktor des anat.-biolog. Instituts der Berliner Universität, Die Lehre vom Organismus und > ihre Beziehung zur Socialwissenschaft. Universitätsfestrede mit erklärenden Zusätzen und Litteraturnachweisen. 1899. Preis: ı Mark. Die Zelle und die &ewebe. Grundzüge der allgemeinen Anatomie und Physiologie. — Zweites Buch. Allgemeine Anatomie und Physiologie der &ewebe. Mit 89 Textabb. 1898. Preis: 7 Mark. Früher erschien: Die Zelle und die Gewebe. Grundzüge der allgemeinen Anatomie und Physiologie. Erstes Buch. Mit ı68 Textabbildungen. Preis: 8 Mark. Schulze Franz Eilhard, Professor an der Universität Berlin, Amerikanische Hexactinelliden nach % dem Materiale der Albatross-Expedition bearbeitet. Mit einem Atlas von ıg Tafeln. Text und Atlas. ı899. Preis: 48 Mark. S engel Dr. J. W., Professor der Zoologie in Giessen, Ueber einige Aberrationen von Papilio machaon. P g » Mit 3 Tafeln und 5 Abbildungen im Text. Abdruck aus den „Zoologischen Jahrbüchern“. Abtheilung für Systematik, Geographie und Biologie der Thiere. 1899. Preis: 2 Mark 50 Pf. Weber Dr. Max, Professor der Zoologie an der Universität Amsterdam, Studien über Säugetiere. % Zweiter Teil. Mit 4 Tafeln und 58 Textfiguren. 1899. Preis: ı2 Mark. Früher erschien von demselben Verfasser: Studien über Säugetiere. Ein Beitrag zur Frage nach dem Ursprung der Cetaceen. Mit 4 Tafeln und ı3 Holzschnitten. Preis: ı2 Mark, SECHSTER BAND. RICHARD SEMON, ZOOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN N AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. | yet UND: MONOTREMEN UND MARSUPTALTER TE Br " 8 20 1m. LIEFERUNG. SE NR 5 LANNOGRARNISCHEN AArEN UND 35 ABBILDUNGEN IN TEXT, JEN A ” VERLAG VON GUSTAV FISCHER. ; Jan er 1 / -+ 1302 Aue Des ganzen Werkes Lieferung 20. ZOOLOGISCHE 2° PORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN u UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN DR. PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891-1893 VON RICHARD SEMON. DRITTER BAND: MONOTREMEN UND MARSUPIALIER. II. IV. LIEFERUNG. Prof. ErnstGöppert, Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Kehlkopfes und seiner Umgebun g mit besonderer Berücksichtigung der Monotremen. — Dr. Alfred Denker, Zur Anatomie des Gehärorgans der Monotremata. — Prof. C. Emery, Hand und Fussskelett von Echidna hystrix. — Prof. Dr. Th. Ziehen, Das Centralnerven- system der Monotremen und Marsupialier. Ein Beitrag zur vergleichenden makroskopisthen und mikroskopischen Anatomie und zur vergleichenden Entwickelungsgeschichte des Wirbelthiergehirns. — Dr. J. F.van Bemmelen, Der Schädelbau der Monotremen. MIT 16 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 88 FIGUREN IM TEXT. TEXT. SEMPER E ea ‚T 4 "JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1901. Semon, Dr. Richard, Professor, Zoologische Forsehungsreisen in Australien und dem Malayischen Bisher erschienen. __Verlag von Gustav Fischer in Jena. Archipel. Mit Unterstützung des Herrn Dr. Paul von Ritter ausgeführt in den Jahren 1891—93 von Prof. Dr. Richard Semon. (Denkschriften der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena.) Erster Band: Ceratodus. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 1.) Mit 8 lithogr. Tafeln und 2 Abbildungen im Text. 1894. Preis: 20 Mark. Inhalt: Ernst Haeckel, Systematische Einleitung: Zur Phylogenie der Australischen Fauna, Richard Semon, Reisebericht und Plan des Werkes. — Richard Semon, Verbreitung, Lebensverhältnisse des Ceratodus Forster. — Richard Semon, Die äussere Entwickelung des Ceratodus Forsteri. Erster Band: Ceratodus. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 14.) Mit 9 lithogr. Tafeln und 7 Abbildungen im Text. 1898. Preis: 18 Mark. Inhalt: Baldwin Spencer, Der Bau der Lungen von Ceratodus und Protopterus,. — Richard Semon, Die Entwickelung der paarigen Flossen von Ceratodus forsteri. Re Erster Band: Ceratodus. Dritte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 18.) 1901. Preis: 50 Mark. Inhalt: Richard Semon, Die Zahnentwickelung des Ceratodus forster. — Hermann Braus, Die Muskeln .und Nerven der ÜCeratodusflosse. — Richard Semon, Die Furchung und Entwickelung der Keimblätter bei Ceratodus forsteri. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 3.) Mit 11 lithogr. Tafeln und 20 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 20 Mark. Inhalt: Richard Semon, Beobachtungen über die Lebensweise und Fortpflanzung der Monotremen nebst Notizen über ihre Körpertemperatur. — Richard Semon, Die Embryonalhüllen der Monotremen und Marsupialier. — Richard Semon, Zur Entwickelungsgeschiehte der Monotremen. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 5) Mit 4 lithographischen Tafeln und 40 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 16 Mark. Inhalt: Georg Ruge, Die Hautmuskulatur der Monotremen und ihre Beziehungen zu dem Marsupial- und Mammarapparate. — Hermann Klaatsch, Studien zur Geschichte der Mammarorgane. I. Theil: Die Taschen- und Beutelbildungen am Drüsenfeld der Monotremen. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Dritte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 6.) Mit 11 lithogr. Tafeln und 6 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 25 Mark. ; Inhalt: F. Hochstetter, Beiträge zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte des Blutgefässsystems der Monotremen — Albert Narath, Die Entwickelung der Lunge von Echidna aculeata. — Albert Oppel, Ueber den Magen der Monotremen, einiger Marsupialier und von Manis javanica. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Vierte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 7.) Mit 6 lithogr. Tafeln und 11 Abbildungen im Text. 1896. Preis: 16 Mark. Inhalt: Hermann Braus, Untersuchungen zur vergleichenden Histologie der Leber der Wirbelthiere. Zweiter Band: Monotremen und Marsupialier. Fünfte Tieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 9.) Mit 7 lithograptischen Tafeln und 13 Abbildungen im Text. 1897. Preis: 20 Mark. E Inhalt: €. Emery, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte und Morphologie des Hand- und Fussskeletts der Marsupialier. — Albert Oppel, Ueber den Darm der Monotremen, einiger Marsupialier und von Manis jayanica, Dritter Band: Monotremen und Marsupialier II.. Erste Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 11.) Mit 96 Abbilduigen im Text. 1897. Preis: 16 Mark. Inhalt: Th. Ziehen, Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. I. Theil: Makro- skopische Anatomie. Dritter Band: Monotremen und Marsupialier II. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 13.) Mit 11 lithographischen Tafeln und 17 Abbildungen im Text. 1898. Preis: 27 Mark. Inhalt: Fritz Römer, Studien über das Intesument der Säugethiere. II. Das Intesument der Monotremen. — Theodor Dependorf, Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Marsupialier. Dritter Band: Monotremen und Marsupialier IT. Dritte Lieferung, (Des ganzen Werkes Lieferung 16 Mit 5 Iithographischen Tafeln und 35 Textabbildunsgen. 1899. Preis: 18 Mark. Inhalt: F. Maurer, Schilddrüse, Thymus und sonstige Schlundspaltenderivate bei Bchidna und ihr Beziehungen zu den gleichen Organen bei anderen Wirbelthieren. Otto Seydel, Ueber Entwickelungsv gänge an der Nisenhöhle und am Mundhöhlendache von Echidna nebst Beiträgen zur Morphologie des peri- pheren Geruchsorsans und des Gaumens der Wirbelthiere. i Vierter Band: Morphologie verschiedener Wirbelthiere. Erste Lieferung. (Des ganzen Werke, Lieferung 10.) Nit 5 lithogr. Tafeln und 47 Abbildungen im Text. 1897. Preis: 16 Mark. 5 Inhalt: W. Kükenthal, Vergleichend-anatomische und entwickelungsgeschichtliche Untersuchungen an Sirenen. : Vierter Band: Morphologie verschiedener Wirbelthiere. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 15.) Mit 6 lithographischen Tafeln. 1899. Preis: 16 Mark. Inhalt: H. Bggeling, Ueber die Stellung der Milchdrüsen zu den übrigen Hautdrüsen. I. Mi theilung: Die ausgebildeten Mammardrüsen der Monotremen und die Milehdrüsen der Edentaten nebst B obachtungen über die Speicheldrüsen der letzteren. — Albert Oppel, Ueber die Zunge der Monotremen, einiger Marsupialier und von Manis javanica. pi. Vierter Eand: Morphologie verschiedener Wirbelthiere. Dritte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 19.) 1901. Preis: 16 Mark. Inhalt: H. Eggeling, Ueber die Stellung der Milehdrüsen zu den übrigen Hautdrüsen. II. Die Ent- wickelung der Mımmardrüsen, Entwickelung und Bau der übrigen Hautdrüsen der Monotremen. — Wolff v. Gössnitz, Beitrag zur Diaphragmafrage. [ Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Erste Lieferung, (Des ganzen Werkes Lieferung 2.) Mit 5 lithogr. Tafeln und 6 Abbildungen im Text. 1894. Preis: 20 Mark. Inhalt: A. Ortmann, Crustaceen. — E. yv. Martens, Mollusken. — W. Michaelsen, Lumbri- eiden. — C. Ph. Sluiter, Holothurien. — O. Boettger, Lurche (Batrachia), — 0. Boettger, Schlangen. — J. Th. Oudemans, Eidechsen und Schildkröten. — A. Reichenow, Liste der Vögel. — F. Römer, Monotremata und Marsupialia. Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Zweite Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 4.) Mit 8 lithographischen Tafeln und 5 Abbildungen im Text. 1895. Preis: 20 Mark. Inhalt: ©. Ph. Sluiter, Tunicaten. — B. Haller, Beiträge zur Kenntnis der Morphologie von Nautilus pompiliıs,. — Arnold Pagenstecher, Lepidoptera Heterocer.. — Max Fürbringer, Lepi- doptera Rhopaloser. — Max Weber, Fische von Ambon, Java, Thursday Island, dem Burnett-Fluss und von der Süd-Küste von Neu-Guinea. 4 ’% DENKSCHIRIETEEN DER MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA. SECHSTER BAND. RICHARD SEMON, ZOOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. DRITTER BAND: MONOTREMEN UND MARSUPIALIER. I, IV. LIEFERUNG. MIT 16 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 88 FIGUREN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1901. ZOVLÖGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. MIT UNTERSTÜTZUNG DES HERRN DR. PAUL VON RITTER AUSGEFÜHRT IN DEN JAHREN 1891-1893 VON RICHARD SEMON. DRITTER BAND: MONOTREMEN UND MARSUPIALIER. I. IV. LIEFERUNG. Prof. ErnstGöppert, Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Kehlkopfes und seiner Umgebung mit besonderer Berücksichtigung der Monotremen. — Dr. Alfred Denker, Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. — Prof. C. Emery, Hand und Fussskelett von Echidna hystrix. — Prof. Dr. Th. Ziehen, Das Centralnerven- system der Monotremen und Marsupialier. Ein Beitrag zur vergleichenden makroskopischen und mikroskopischen Anatomie und zur vergleichenden Entwickelungsgeschichte des Wirbelthiergehirns. — Dr.J. F.van Bemmelen, Der Schädelbau der Monotremen. MIT 16 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 88 FIGUREN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1901. J ” D : . { $ x f R = 2 R & R | 3 % R x & . f \ a N N Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Kehlkopfes und seiner Umgebung mit besonderer Berücksichtigung der Monotremen. Ernst Göppert, Heidelberg. Mit den Tafeln XVII-XX und 53 Figuren im Text. Jenaische Denkschriften. VL 1 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. x = 1 P = sr ir KEN & * Ir, hr . ” L Zn 0 Einleitung. Die Aufgabe der folgenden Untersuchung besteht an erster Stelle in der Darlegung des Baues des Kehlkopfes von Ornithorhynchus anatinus und Echidna aculeata und seiner Entwickelung, soweit ich sie an den mir zu Gebote stehenden Serien durch Echidna-Embryonen feststellen konnte!). Die Bedeutung, welche die genaue Kenntniss der Organisation gerade dieser der Wurzel des Säugethierstammes nahestehenden Formen für die Morphologie besitzt, rechtfertigt wohl an sich schon die der Arbeit zu Grunde liegende Absicht. Wenn es sich nun auch in erster Linie um den Bau des Monotremenkehlkopfes handelte, so wurde doch weiterhin der Versuch unternommen, die hier sich ergebenden Befunde mit Zuständen niederer und höher stehender Formen zu vergleichen und in phylogenetischem Sinne zu verwerthen. Die Fragen, an deren Lösung dabei gearbeitet wurde, und die Grundlagen, auf denen weiter gebaut werden sollte, werden am besten hervortreten, wenn wir kurz den Gang der Erforschung der vergleichenden Anatomie des Kehl- kopfes überschauen ?). Den ersten grossen Fortschritt brachte auf unserem Gebiete die vergleichend-anatomische Beschreibung des Kehlkopfes von J. HENLE aus dem Jahre 1839. Hier wurde zum ersten Male ein Zusammenhang in die Masse der Einzelerscheinungen gebracht. Vor allem hervorzuheben ist die Ableitung der verschiedenen Theile des Laryngotracheal-Skelets, der Arytänoide, des Cricoids und der Trachealringe, von einem Paar einfacher Knorpelstücke, den Cartilagines laterales, die seitlich dem Luftwege anlagerten. Sie bildet im Princip noch heute die Grundlage unserer Auffassung dieser Theile. Allerdings ging HEnLE darin zu weit, dass er das Thyreoid und den Epiglottisknorpel der Säugethiere aus den gleichen Stücken entstehen liess. Allmählich brach sich dann die Erkenntniss Bahn, dass der Schildknorpel mit der Cartilago lateralis nichts zu thun hat, vielmehr aus Theilen vorderer Kiemenbögen entstanden sein muss, zu welcher Auffassung die Lage des Skeletstückes, sein Anschluss an das Zungenbein von vornherein aufzufordern schien. Der vierte Visceralbogen°) wurde, wie Duoıs mittheilt, schon von FÜRBRINGER in seinen in Amsterdam seit 1880 gehaltenen Vorlesungen als Homologon des Thyreoids erklärt. Entwickelungsgeschichtlich wurde durch W. Hıs bereits 1880 in der Anatomie menschlicher Embryonen die Anlage des Thyreoids in den vierten Visceralbogen verlegt. Auch WIEDERSHEIM erklärte 1883 in einer Bemerkung seiner vergleichenden Anatomie das Thyreoid für einen Abkömmling des Visceralskelets. 1) Für die Ueberlassung des werthvollen Materials spreche ich an dieser Stelle Herm Professor Dr. SEMON meinen auf- richtigen Dank aus. 2) Die im Folgenden citirten Arbeiten finden sich in dem alphabetischen Literaturverzeichniss zusammengestellt. Ver- schiedene Publicationen desselben Autors sind durch Buchstaben oder Jahreszahlen unterschieden. Meine eigenen Arbeiten citire ich mit den Anfangsbuchstaben meines Namens. E 3) Bei der Zählung der Visceralbögen beginnen wir mit dem Kieferbogen, so dass der erste Kiemenbogen die Nummer 3 bekommen würde. 1* 69* 536 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 4 Entscheidend wurde hier die Arbeit Dusoıs’ „Zur Morphologie des Larynx‘“ (1886), welche durch Untersuchung des Thyreoids der Monotremen die Ableitung desselben aus 2 Bogenpaaren, dem vierten und fünften Visceralbogen, beweisend durchführte.e Nur der entwickelungsgeschichtliche Nachweis steht noch aus. Die dritte Etappe auf dem Wege der Forschung wurde durch GEGENBAUR (Die Epiglottis, 1892) erreicht. Unter den ungemein vielseitigen Förderungen unserer Erkenntniss und den mannigfaltigsten Anregungen, die dieses Werk brachte, ragen zwei Ergebnisse hervor. GEGENBAUR beseitigte die ältere, noch bei Dusoıs vertretene Auffassung, welche das Thyreoid als Theil des Visceralskelets den übrigen Skelettheilen des Luftweges gegenüberstellte, indem er auch in ihnen Abkömmlinge von Kiemenbogen erkannte. Er begründete die Ableitung des Epiglottisknorpels vom sechsten Visceral- (vierten Kiemen-)Bogen und wies zweitens die Herkunft der Cartilago lateralis, des Mutterbodens für die Arytänoide, das Cricoid und das Trachealskelet, von dem folgenden (siebenten) Bogen nach. Auch H. H. Wilder erkannte, unabhängig von GEGENBAUR, in seinen „Studies in the phylogenesis of the larynx“ (1892), dass der siebente Visceralbogen im Kehlkopfskelet erhalten worden ist, er führte aber nur das Arytänoid auf ihn zurück und betrachtete das Cricoid und die Trachealringe für spätere Bildungen, entstanden im submucösen Bindegewebe des Luftweges. Später jedoch (1896) schloss auch er sich der GEGENBAUR’sSchen Auffassung an. Die durch GEGENBAUR’s „Epiglottisproblem‘‘ gegebene Anregung führte mich zu einer eingehenderen Prüfung des Epiglottisskelets der Säuger (Ueber die Herkunft des WRIsBERG’schen Knorpels, 1894), als deren Resultat sich eine weitere Stütze für Ableitung des Knorpels von einem Visceralbogenpaar ergab und sich zeigte, dass Stücke, wie der WRISBERG’sche Knorpel (Cartilago cuneiformis) ursprünglich einen Theil des Epiglottisknorpels darstellten. Auch auf dem Gebiete der Entwickelungsgeschichte fanden die Ergebnisse der vergleichend- anatomischen Untersuchung mit der Zeit Beachtung. Auch hier machte GEGENBAUR den Anfang mit dem Nachweis, dass bei Salamandrinen das schon complicirter gestaltete Laryngo-trachealskelet auch ontogenetisch aus einem Paare von Knorpelstücken, eben den Cartilagines laterales entsteht. Ich erwähne ferner die Arbeit von A. NıcoLas (Recherches sur le developpement de quelques Elements du larynx humains, 1894) und dann vor allem E. Karrıus, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des Kehlkopfes (1897). Abgesehen von wichtigen Mittheilungen über die Ausgestaltung des Aditus laryngis wird hier die Entwickelung der Skelettheile vor allem an menschlichem Material untersucht und werden die Ergebnisse an der Hand der Resultate der vergleichenden Forschung beurtheilt und beleuchtet. Es ergaben sich dabei klare Hinweise auf die Genese des Schildknorpels, auf die Zusammengehörigkeit des Arytänoids und Cricoids, als Abkömmlinge der Cartilages laterales, auf die primitive Beschaffenheit des Epiglottisskelets und damit eine Förderung aller Fragen, welche das Kehlkopfskelet birgt. In gleichem Sinne bearbeitete M. MARTENS die Ontogenese des Kehlkopfskelets von Anuren. Der Erkenntniss der Genese des Kehlkopfskelets folgte bald der Nachweis, dass auch die Mus- culatur des Kehlkopfes von bestimmten und wohl zu charakterisirenden Kiemenmuskeln abzuleiten ist. H. H. WILDER (1892 und 1896) und ich selbst (1894 und 1898) sind hieran betheiligt. Die hierbei sich ergebende genauere Kenntniss der Kehlkopfmuskeln der Amphibien und Reptilien (E. G. 1894 und 1898) ermöglichte bereits, an den Aufbau der ‚Säugethiermusculatur anzuknüpfen, welche in erschöpfender Weise durch M. FÜRBRINGER (1875) in seiner bekannten Abhandlung bearbeitet worden war. Freilich musste ein defini- tives Urtheil noch bis zur Gewinnung genauerer Kenntnisse über die Zustände bei den Aplacentaliern zurück- gehalten werden, welche FÜRBRINGER bei seiner Arbeit nicht vorlagen. Die Entwickelungsgeschichte hat auf 5 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 537 dem Gebiete der Kehlkopfmuskeln noch verhältnissmässig wenig geleistet. Es existiren eine ganze Reihe sorgfältiger Untersuchungen, aber noch keine ist in der Beurtheilung der gefundenen Thatsachen von einer richtigen Vorstellung über das primitive Verhalten der Musculatur ausgegangen. Dass endlich auch die Nerven des Kehlkopfes, der Laryngeus superior und inferior (resp. Recurrens vagi) branchialen Ursprungs sind, ist eine Vorstellung, die sich gleichzeitig mit der Aufklärung über die Genese des Thyreoids einstellte und von GEGENBAUR in seiner vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere (1898, I. Band) vertreten wird. Dusois giebt an, dass FÜRBRINGER bereits seit 1880 in seinen Verlesungen den Laryngeus superior und inferior mit Kiemenästen des Vagus verglich. Er schloss sich ihm hierin an. Namentlich durch Van BEMMELEN (1887, Reptilien) und A. FRORIEP (1885, Säugethiere) wurde festgestellt, dass der Laryngeus superior dem Ramus branchialis I. nervi vagi entspricht. Der Laryngeus inferior (Recurrens) ergab sich als Homologon des vierten und letzten Branchialastes des Vagus. Er gehört also dem 5. Kiemen- (7. Visceral-) Bogen an, d. h. demselben Bogen, dessen Skeletstück als Cartilago lateralis in den Dienst des Luftweges trat. Für die Amphibien wurde zum ersten Mal durch WILDER 1892 der Recurrens mit dem Ramus branchialis IV. vagi homologisirt. (Vergl. auch E. G. (c. II. Theil)). Es stellte sich also heraus, dass die wichtigsten Theile des Kehlkopfes aus Bestandtheilen von Visceralbogen hervorgegangen sind, die beim Uebergang ihrer Träger von der Kiemen- zur Lungen- athmung ihre alte Bedeutung einbüssten und durch Anpassung an neue Leistungen erhalten und in reichster Weise um- und ausgebildet wurden. Auch die Gestaltung des Kehlkopfeinganges und seine Beziehungen zu benachbarten Theilen, zum weichen Gaumen und den von letzterem ausgehenden Plicae palato-pharyngeae wurden in den Kreis der Untersuchung gezogen. Vor allem durch RÜCckERT (Der Pharynx als Sprach- und Schluckapparat, 1882), auf den WALDEYER (1886), Howes (1889) und Andere folgten, wurde festgestellt, dass in der Mehrzahl der Fälle innerhalb der Säugethierreihe der Aditus laryngis in den obersten Theil des Pharynx einragt, so dass die Epiglottis hinter den freien Rand des weichen Gaumens zu liegen kommt. Die Folge hiervon ist, dass, wie WALDEYER eingehend darlegte, die aufgenommene Nahrung seitlich am Kehlkopf vorbei durch einen paarigen Speiseweg dem Oesophagus zugeführt werden muss. Damit besteht ein ganz charakteristischer Unterschied zwischen den Säugern und den übrigen Klassen. Wieder war es GEGENBAUR, der unter weiterem Ausbau unserer Kenntnisse auf diesem Gebiet jene wichtigen Örganisationsverhältnisse einer Analyse unterzog und sie zum Verständniss brachte. Er erklärte sie aus Veränderungen, die in der Art der Bewältigung der Nahrung bei den Vorfahren der heutigen Säuger eingetreten sein müssen und ihre Spuren auch an den Organen der Mundhöhle zurückgelassen haben. Ob und in welcher Weise aber der bei den Säugern vollzogene Anschluss des Larynx an die Nasenhöhle sich durch Befunde in tiefer stehenden Klassen vorbereitet, ist eine Frage, die noch der Lösung harrt. Im Grossen und Ganzen stellt sich also die vergleichende Anatomie des Kehlkopfes als ein vielseitig ausgearbeitetes und relativ weit gefördertes Gebiet dar, und doch treffen wir allenthalben auf Lücken theils fehlen noch positive Kenntnisse, theils die theoretische Durchdringung der bereits festgestellten, und so verspricht die Arbeit, der wir uns jetzt zuwenden, nicht undankbar zu sein. Zum Schluss darf ich nicht vergessen, eine Vorgängerin zu erwähnen, M. WALkER’s On the larynx and hyoid of Monotremata (1889). Im Uebrigen hoffe ich allen denen, die sich auf gleichem Gebiet bethätigt haben, im Laufe der Abhandlung gerecht geworden zu sein. 538 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 6 Erster Theil. Der Kehlkopfeingang und seine Umgebung. I. Amphibien und Reptilien. Eine Betrachtung des Kehlkopfes lässt die Aufmerksamkeit zuerst am Kehlkopfeingang haften, und seine Gestaltung wird an erster Stelle besprochen werden müssen. Dabei wird aber auch die weitere Um- gebung des Kehlkopfes, soweit sie zur Vervollständigung oder Sicherung des Luftweges beiträgt, Berück- IT \ N} KRIMI Fig. 1. Salamandra ma- culosa. Boden der Mund- höhle mit Zunge (Zöng.) und Kehlkopfeingang (Ad. 1.). sichtigung zu erfahren haben. Hierher gehörige Einrichtungen, die uns selbst bei den Monotremen bereits in vollendetem Zustand entgegentreten, sind innerhalb der Amphibien- und Reptilienklasse in unvollkommenem Verhalten nachweisbar und be- leuchten den Weg, den die Phylogenese in der Stammreihe der Säuger einschlug, wenn sie auch nicht selbst die Stadien derselben repräsentiren. So soll zunächst der Kehlkopfeingang der Amphibien und Reptilien geschildert werden, erst für sich, darauf in seinen Beziehungen zu den vorderen Theilen des Luftweges. Im einfachsten Verhalten zeigt sich der Eingang zum Kehlkopf bei den Urodelen (Textfigur ı). Er liegt als longitudinal gestellte Spalte Nach am Boden der Mundhöhle an der Grenze gegen den Vorderdarm (Ad.!.). Seine seitliche Begrenzung bilden zwei von den Spitzen der Arytänoide gestützte Schleimhaut- falten, die als Plicae arytaenoideae (HENLE) bezeichnet werden können. Erst bei den Anuren springt der Kehlkopf in das Lumen der Mundhöhle deutlich vor. Dabei treten vielfach Complicationen an seinem Eingange auf. Howes zeigte nämlich, dass bei manchen Arten in der dorsalen Umgrenzung des Kehlkopfeinganges besondere Erhebungen der Schleimhaut bestehen, die er als epilaryngeale Falten bezeichnete. Von grösserer Wichtigkeit ist aber, dass er bei zahlreichen PN * N \ | | === ---- Ding. 1} FE \ e., EIN IB 7 Bil. BE a -- Ad Fig. 2. Platydactylus. Boden der Mundhöhle mit Zunge (Ling.) und Kehlkopf- eingang (Ad.l.). Pl.l. seit- liche Falte, vom Kehlkopf- eingang gegen die Zunge verlaufend, v. Falte in der ventralen Umgrenzung des Aditus laryngis. Arten Erhebungen nachwies, die von der ventralen Schleimhautumrandung des Aditus selbst ausgehen, Es handelt sich um ein Paar symmetrisch angeordneter Papillenbildungen, die dicht neben einander mehr oder weniger weit hervorragen. Wenn auch die physiologische Bedeutung dieser Theile nicht recht klar ist, so scheinen sie doch deshalb von Interesse, weil sie etwa von einer Stelle ausgehen, die der Lage der Epiglottis der Säuger entspricht. Howes vergleicht sie in der That mit der Epiglottis der Säuger und wird hierin durch die Angabe bestärkt, dass die Epiglottis ontogenetisch aus einer paarigen Anlage hervorgehen soll (His). Neuerdings hat KarLıus gezeigt, dass letztere Vorstellung irrig ist und die Epi- glottis beim ersten Beginn ihres Entstehens eine unpaare den Kehlkopfeingang vor- gelagerte Falte ist. Damit fällt dieser Vergleichspunkt zwischen den Erhebungen des Anurenkehlkopfes und der Säugerepiglottis weg, und von einer Homologisirung beider mit einander wird man füglich Abstand nehmen müssen. Von Interesse bleiben die Howes’schen Funde aber doch, denn sie zeigen, dass der Theil der Umrandung der Aditus laryngis, dem die Epiglottis der Säugethiere angehört, schon sehr früh die Ausgangsstelle besonderer Differenzirungen geworden ist. 7 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 539 Bei den Reptilien kommen zu den Plicae arytaenoideae, die den Kehlkopfeingang seitlich begrenzen, vielfach epiglottisartige Bildungen (vergl. ihre Zusammenstellung durch HExte). In der Ordnung der Saurier fehlt bei den Ascalaboten noch eine Epiglottis (Textfigur 2). Eine quere Schleimhautfalte (v.) setzt die Plicae arytaenoidea ventral vom Kehlkopfeingang mit einander in Verbindung. Das Gleiche findet sich auch bei Chamaelee und Monitor. Von der zungenwärts gekehrten Fläche der ventralen Falte (v.) zieht bei Platydactylus jederseits eine Falte (P\.1.) im Bogen lateralwärts und verschwindet unter dem Ende des hinteren Zungen- zipfels. Bei Lacerta agilis ist die ventrale Falte derart verlängert, dass man bereits \ von einer Epiglottis sprechen kann (F. Leypıc). Ihre Ausbildung variirt individuell aber beträchtlich. Auch hier bestehen die bei Platydactylus beschriebenen, gegen die Hinterenden der Zunge auslaufenden seitlichen Falten. Ganz extrem aus- gebildet findet sich die Epiglottis aber bei Lacerta coerulea (Textfigur 3). Die ventrale Umgrenzung des Einganges erhebt sich gleich einem emporgeschlagenen Rockkragen stark über das Niveau der lateralen und dorsalen Umrandung (Ep.), daneben fehlen die von der Vorderfläche der Epiglottis gegen die hinteren Zungenzipfel verlaufenden Falten auch hier nicht. (Pl.l) Man könnte sie Plicae glosso-epiglotticae nennen. In etwas anderer Weise fand ich die starke Epi- glottis bei einem Agamen, bei Bronchocele jubata (Textfigur 4a u. b) gestaltet. \\ Auch hier geht die Epiglottis von der ventralen Verbindung beider Aryfalten Fig. 3. LDaceria coerulea. aus (Ep) Sie beschränkt sich aber nicht auf diesen Bereich, sondern dehnt ee sich lateralwärts aus und verstreicht schliesslich zur Seite des Kehlkopfes, indem De s. Er- sie in die hier bestehenden Längsfalten der Schleimhaut ausläuft. Median wird sie durch einen Fortsatz des Cricoids, einem sog. Processus epiglotticus, gestützt. In ihrem Verhalten erinnert die Epiglottis von Bronchocele, mit welcher die von Iguana delicatissima übereinstimmt, sehr an die Säugerepiglottis. Wie man sieht, kommt die Epiglottis nicht allen Sauriern zu, sondern ist erst innerhalb der Ordnung erworben worden. Was die Function der Saurier- a b epiglottis anlangt, so scheint es un- ! zweifelhaft, dass sie als Schutz des Kehlkopfeinganges dienen kann. In Fällen, wie sie in Textfigur 3 u. 4 abgebildet sind, wird die Epiglottis, herabgedrückt durch Nahrungsmassen, einen grossen Theil des Aditus laryngis deckelartig schliessen, aber auch ausserhalb des Schluckactes kann jede Andeutung einer ne den Fig. 4a, b. Bronchocele jubata. a Zunge und Kehl- kopfeingang, von der Dorsalseite gesehen, b Zunge und Kehlkopf, Medianschnitt. H. Hyoid, Lig. er.-h. Liga- mentum crico-hyoideum, Tr. Trachea, Ep. Epiglottis. Kehlkopf gegen das Eindringen von Schleim von der Zungenwurzel her schützen. Unter den Ophidiern finden sich nur bei verhältnissmässig wenigen Arten epiglottisartige Bildungen (Hente). Zu ihnen gehört Python tigris. Hier erhebt sich die Schleimhaut an der ventralen Seite des Aditus nur wenig zu einem flach gelagerten, zungenartigen Vorsprung, in den ein Processus 540 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 8 epiglotticus des Ringknorpels einragt. Als Kehldeckel kann dieser recht rigide Vorsprung nicht dienen. Seine Bedeutung kann nur darin gesucht werden, dass er ein Polster abgiebt, dem der Hinterrand des Gaumens bei geschlossenem Maul aufliegt. Von anderen Arten fand ich bei Coryphodon melanurus einen papillenartigen Vorsprung an der ventralen Begrenzung des Aditus laryngis. Auch hier vermuthe ich, dass diese Epiglottisbildungen dazu dienen, einen festeren Anschluss des Kehlkopfeinganges am Gaumen zu vermitteln, und zwar dadurch, dass sie mit ihrer Vorderfläche sich dem Hinterrand des Gaumens anlegen (vergl. p. 548). Auch bei den Cheloniern sind Faltenbildungen als Epiglottis beschrieben worden (vergl. die Ab- bildung von Chelonia midas bei HEnLE). Mir wurden sie bei Chelone viridis bekannt. Hier waren die hinteren Theile der Zunge durch quer verlaufende Falten ausgezeichnet, die hinterste derselben, die den Hinterrand der Zunge selbst bildet, zieht bogenartig am Kehlkopfeingang vorbei und läuft seitlich von ihm in die hier bestehenden Züge longitudinaler Falten aus. Diese Bildung kann wohl den ihr benachbarten Theil des Aditus laryngis schützend überlagern. Wenn sie auch functionell mit der Saurierepiglottis Uebereinstimmung zeigt, unterscheidet sie sich morphologisch doch erheblich von ihr, indem sie nicht wie jene eine Bildung des Kehlkopfeinganges selbst ist. Die Crocodile besitzen nichts, was als Epiglottis bezeichnet werden könnte, wenn man nicht den queren Wulst am Hinterrand der Zunge, den der Hyoidkörper zu Wege bringt, hierher rechnen wollte. Auf seine Bedeutung kommen wir erst später zurück. Endlich sei aber noch auf die Epiglottisbildungen hingewiesen, die bei manchen Vögeln bestehen und, soweit ich sehe, von der vorderen Umrandung des Kehlkopfeinganges ausgehen. Bei einem Strauss erhob sich hier eine hohe Papille, die nach beiden Seiten in quer gestellte Falten auslief. Wir gehen jetzt dazu über, den Kehlkopf als Theil des Luftweges, d. h. in seiner functionellen Verbindung mit der Nasenhöhle darzustellen. Bei den Amphibien bestehen keine Einrichtungen, die dem respiratorischen Luftstrom auf dem Wege zwischen primärer Nasenhöhle und Kehlkopf bestimmte Bahnen zuweisen. Der hier herrschende Athmungsmechanismus macht dies auch verständlich. Bekanntlich erfolgt die Respiration unter Anwendung eines Druckpumpenmechanismus. Bei geschlossenem Aditus laryngis wird zunächst die Mundhöhle mit Luft gefüllt, indem ihr Boden sich senkt und in den dadurch erweiterten Raum Luft durch die Nasenhöhle einströmt (Aspiration). In die Mundhöhle hinein erfolgt dann die Exspiration der in den Lungen enthaltenen Luft, und gleich darauf hebt sich der Mundhöhlenboden mit dem weit geöffneten Kehlkopf und wird rasch nach vorn gestossen. Der Mund bleibt dabei fest geschlossen, und die Apertura nasalis externa schliesst sich gleichzeitig mit dem Einsetzen der Bewegung, bei den Anuren rein mechanisch durch Andrängen des Unterkiefers gegen die Zwischenkieferregion (GAupp), bei Salamandrinen durch besondere Muskeln (H. L. BRUNER). Dadurch muss das Gasgemisch der Mundhöhle in die Lungen hinabgepresst werden. Nach dieser Inspiration tritt eine längere oder kürzere Pause ein, während welcher rhythmische Kehl- schwankungen eine fortwährende Erneuerung der Mundhöhlenluft bedingen. Diese Kehlschwankungen stehen im Dienste der Mundhöhlenrespiration, welche die Lungenathmung erheblich unterstützt und bei lungenlosen Formen vor allem für sie eintritt. Ihren anatomischen Ausdruck findet die respiratorische Bedeutung der Schleimhaut der Mundhöhle in der Verbreitung von Blutgefässen im Innern des Epithels, die den Blutstrom bis dicht an die freie Oberfläche der Schleimhaut heranführen (F. MAURER, 1897). Weder bei der Inspiration noch bei der Exspiration strömt also die Luft direct von der Choane zum Kehlkopf oder 9 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 541 umgekehrt, die Mundhöhle bildet vielmehr eine Art Sammelbecken zwischen Nasenhöhle und Lungen, aus dem eine verhältnissmässig schlechte Luftmischung inspirirt wird. Dass dieser Athmungsmodus übrigens ein sehr ursprünglicher ist, geht daraus hervor, dass er in den Hauptpunkten mit dem Modus der Kiemen- athmung der höheren Fische und der wasserlebenden Amphibien übereinstimmt. Erweiterung der Mund- höhle zum Einsaugen, Verengerung zum Auspressen des Wassers durch die Kiemenspalten wechseln hier mit einander ab (vergl. BERT). Die innere Oeffnung der Nasenhöhle liegt bei allen Amphibien weit vor der Kehlkopföffnung am Mundhöhlendach. Sie zeigt innerhalb der Amphibienreihe eine Umgestaltung, die für höhere Zustände wichtig erscheint (OÖ. SEYDEL, 1895). Während nämlich bei Perennibranchiaten und Derotremen einfache rundliche Oeffnungen aus den Nasenhöhlen in die Mundhöhle führen, finden wir bei den Salamandrinen und Anuren die Aperturae internae in-Rinnen fortgesetzt, die eine kurze Strecke lateral- und etwas caudal- wärts am Mundhöhlendach verlaufen. Ihren Boden bildet ein horizontal gestellter „Gaumenfortsatz“. In dieser Gaumenrinne läuft ein als seitlicher Nasengang (seitl. Nasenrinne) bezeichneter Theil der Nasenhöhle am Mundhöhlendach aus, in welchen vorn das Jacogson’sche Organ sich öffnet. Das letztere ist vor allem bestimmt, durch Vermittlung des die Mundhöhle verlassenden Luftstroms den Inhalt der Mundhöhle zu prüfen, während der Regio olfactoria die Controle der eintretenden Luft zusteht. Die seitliche Nasenrinne ist nun ein Zuleitungsweg zum Jacogson’schen Organ, und ihr hinteres Ende erfährt durch die Entstehung der Gaumenrinne eine functionell wichtige Ausgestaltung, welche die Aufnahme der Luft aus der Mundhöhle begünstigt (SEYDEL). Für die Zuleitung der Luft zum Kehlkopfeingang können diese Anfänge einer Gaumenbildung aber keine Bedeutung haben, wie aus dem oben über den Athmungsmodus der Amphibien Bemerkten hervorgeht. Bei den Reptilien hat sich der Saugpumpenmechanismus bei der Respiration herausgebildet (vergl. besonders BERT). Sie inspiriren durch Erweiterung des Thorax unter Bewegungen der Rippen. Bei den Schildkröten spielen Bewegungen der Extremitäten dabei eine Rolle. Es finden sich aber noch Anklänge an den früheren Respirationstypus, indem die Eidechsen die Lungen noch mittels eines Schluck- actes füllen können (HEINEMANN). Auch Kehlschwankungen sind übrigens bei allen Reptilien mit Ausnahme der Schlangen beobachtet worden, ohne dass ihnen jedoch mit Sicherheit eine respiratorische Bedeutung zugewiesen werden könnte (vergl. Anm. p. 551). Auf dem Wege zwischen Nasenhöhle und Kehlkopf benutzt der Luftstrom den Raum zwischen Zungenrücken und primärem Mundhöhlendach. Dieser Raum wird begrenzt durch die Gaumenbildung, die ihn schon innerhalb der Reptilienklasse als Ductus naso-pharyngeus von der bleibenden Mundhöhle mehr oder weniger abtrennt. Dies führt gleichzeitig zum Anschluss des Aditus laryngis an die hintere Mündung des Ductus naso-pharyngeus. Was bei den Säugern in vollendeter Form vorliegt, findet sich bei den Reptilien in allen Stadien der Ausbildung erhalten, und so scheint mir eine eingehendere Betrachtung des allmählichen Ausbaues der vordersten Theile des Luftweges für das Verständniss der Verhältnisse bei den Säugethieren von Bedeutung zu sein. Die Saurier kommen hier zunächst in Betracht wegen der ungemeinen Verschiedenheit ihrer Formen, die alle Zwischenzustände zwischen dem ersten Beginn und der Vollendung eines Gaumens auf- weisen, wie erst kürzlich durch BuscH in eingehendster Weise dargelegt worden ist. An erster Stelle seien kurz die wichtigsten Punkte des Baues der Nasenhöhle hervorgehoben. Wir folgen dabei der Darlegung SEYDEL’s (1899), dem die vollkommenste Uebersicht der einschlägigen Ver- Jenaische Denkschriften. VI. 2 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 70 542 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. Io hältnisse zur Verfügung stand, und verweisen gleichzeitig auf die ausgedehnten Untersuchungen Born’s. Der rundlichen Oeffnung, welche im ursprünglichsten Verhalten die Apertura nasalis interna vorstellt, entspricht bei den Sauriern ein langgestreckter Spalt, der jederseits am vorderen Theil des Mundhöhlen- daches gelegen ist und hier von vorn nach hinten verläuft (Textfigur 7). Nur wenig wird diese Nasengaumen- spalte an ihrem vorderen und hinteren Ende von der Cavität der Nasenhöhle überragt. Im Bereich ihres vorderen Theiles zerfällt die Nasenhöhle in zwei Etagen, eine obere, die die Riechschleimhaut beherbergt, und eine untere, die durch die Nasengaumenspalte in die Mundhöhle führt und als Gaumenrinne bezeichnet werden kann (Textfigur 6a @.-R. und Cav.nas.). Die Gaumenrinne nimmt vorn die Mündung des Thränen- nasenganges und des Jacogson’schen Organs auf. Sie ist das Homologon des sog. seitlichen Nasen- ganges der Amphibien, und ihre Abgrenzung gegen den Hauptraum der Nasenhöhle ist bereits bei den Amphibien vorbereitet. Dicht vor dem hinteren Ende der Apertura interna fehlt diese Scheidung, und an der dadurch gebildeten sog. inneren Choane (Textfigur 7 I.Ch.) communicirt der Hauptraum der Nasenhöhle mit dem hintersten Theil der Gaumenrinne und dadurch mit der Mundhöhle. Zwischen der Gegend der inneren Choane und der Mündungsstelle des Jacogson’schen Organs kann die Gaumenrinne mehr oder weniger rückgebildet werden. Die laterale Abgrenzung der Nasengaumenspalten wird durch die horizontal gestellten Gaumen- fortsätze (Gaumenblätter, @.-F.) gebildet, die durch flache Processus palatini der Oberkiefer- und Gaumen- beine gestützt werden. SEYDEL sieht in ihnen den Gaumenfortsätzen der Salamandrinen und Anuren homologe Bildungen. Zwischen ihnen ragt vorn das Mittelfeld des Gaumens, nach seiner knöchernen Unterlage auch als Vomerpolster (BuscH) bezeichnet, empor (G.-M.). Dicht an dessen hinterem Rande beginnt median am Dache der Mundhöhle eine Rinne, die, nach hinten laufend, sich zur sog. Sphenoid- bucht erweitert (Sph.B.). Lateral wird diese Rinne und ihre Erweiterung durch kantenartige Vorsprünge begrenzt, die durch die medialen Ränder der Ossa palatina und pterygoidea gebildet werden und als Palato-pterygoidkanten bezeichnet werden sollen (P.pt.%k.). In die dem Pterygoid zugehörigen Theile dieser Kanten kann die Gaumenfalte nach hinten zu überleiten. Indem nun beide Theile sich verbreitern, die Gaumenfalten vorn das Vomerpolster erreichen, hinten ebenso wie die Palato-pterygoidkanten, in die sie übergehen, bis zur Medianebene vorwachsen, kommt ein secundärer Gaumen zu Stande, der den Boden eines Ductus naso-pharyngeus und damit der ganzen secundären Nasenhöhle bildet und nur dadurch nicht ganz vollkommen erscheint, als die Verschmelzung der Componenten beider Seiten unter einander unter- bleibt (Textfigur ı1). Es besteht eine mediane Spalte, die sich nach vorn in der seitlichen Abgrenzung, des Mittelfeldes gabelt (Scincidae, einzelne Chamäleonten). Am Relief des Mundhöhlendaches ist noch eine als Lippenfalte von Busch bezeichnete Erhebung von Wichtigkeit, die seitlich von dem Gaumen- fortsatz nach hinten zieht und die Gegend des durch die Kaumuskeln gebildeten Wulstes erreicht (Textfigur 7, 9, L.-F.). Was die Bedeutung der Gestaltung des Mundhöhlendaches auch vor der Vollendung des Gaumens anlangt, so kann der Schutz der Nasenhöhle nicht etwa zur Erklärung der Anfänge eines Gaumens heran- gezogen werden, denn bei einer grossen Zahl von Sauriern wird der Eingang in die Nasenhöhle von der Mundhöhle aus nicht verdeckt, trotz des Bestehens von Gaumenfortsätzen (Textfigur 5, 7, 9). Zu einem Ver- ständniss ihres Werthes für den Organismus gelangt man aber leicht, sowie man sie im Zusammenhang mit den Theilen des Bodens der Mundhöhle untersucht. Ein Vertreter der Ascalaboten, Platydactylus spec.?, soll an erster Stelle betrachtet werden (vergl. Busch). Wie Textfigur 5 zeigt, besitzt die Form eine gut ausgebildete Gaumenrinne (@.R.) zu beiden Seiten 1I Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 543 D) des Mittelfeldes (@.-M.), die vorn die Mündung des Jacopsox’schen Organs (Jac.) und etwas hinter dem Bereich des Mittelfeldes die innere Choane (I. Ch.) aufnimmt. entwickelt und mit ihrem freien Theil zur Seite der Gaumenrinne dorsalwärts umgeschlagen. Der umgeschlagene Theil bildet eine medianwärts sehende flache Rinne. Jenseits der inneren Choane biegt der Fortsatz nach aussen und dann nach hinten um und läuft in der ist dieses Ver- Gegend des Unterkieferansatzes aus. Nach Busch halten dadurch zu erklären, dass hier der Gaumenfortsatz in die Lippenfalte übergeht, so dass letztere den Gaumenfortsatz nach hinten fortzusetzen scheint. Die Lage des Kehlkopfes findet sich im breitesten Theil des Raumes zwischen den vorspringenden Palato-pterygoidkanten (P.pt.k.). Im Bereich der Gaumenrinne und dicht dahinter wird nun, wie Querschnitte zeigen (Textfigur 6a und b) der Raum zwischen den beiden Gaumenblättern (@.-F.) überbrückt durch die Zunge (Ling.). Sie passt auf das genaueste mit ihrem vorderen Theil in den hier gebotenen Raum hinein. Ihre Seitenränder legen sich den nach oben umgebogenen Theilen des Gaumenfortsatzes dicht an und bestimmen dadurch auch die flache Rinnenbildung, die an ihm bemerkbar wird. Die Unter- fläche des Mittelfeldes (Textfigur 6a @.-M.) liegt dabei der Dorsalseite der Zunge unmittelbar auf. Durch dieses Verhalten werden vorn die Gaumenrinnen (G.-R.) durch die Zunge zu Kanälen abgeschlossen. Die Gaumenfortsätze (@.-F.), sind stark Fig. 5. Platydactylus. Dach der Mund- höhle, 1,5/1. Gemeinsame Bezeichnungen der Text- figuren 5—19: Ad.lar. Aditus laryngis, Ar. Arytänoid, Cav.nas. Nasenhöhle, Conch. Concha, @.-F. Gaumenfalte (Gaumenblatt), G.-M. Mittelfeld des Gaumens (Vomer- polster), @G.-R. Gaumenrinne, H. Hyoid, I.Ch. innere Choane, Jac. Mündung des JacoBSon’schen Organs, K.-W. Kaumuskel- wulst, Ling. Zunge, L.-F. Lippenfalte, Mand. Unterkiefer, Oc. Augapfel, Ost. phar. e.t. Ostium pharyng. des Cavum tympani, P.-pt.-k. Palato-pterygoidkante, Sph.-B. Sphenoidbucht. Diese Kanäle führen nach hinten in einen am Hinterrand des Vomerpolsters beginnenden unpaaren grösseren Raum, der beiderseits die inneren Choanen aufnimmt und der selbst nur rückwärts, also gegen den Kehlkopf zu ge- a öffnet ist. Seinen Boden Cav.nas. bilden lateral die Gaumenfortsätze und zwischen beiden der Zungenrücken (Text- figur 6b). An der Stelle, an welcher die Gaumen- blätter nach aussen um- biegen, verlassen sie die Seitenränder der Zunge, um sich weiterhin dem Boden der Mundhöhle längs der unteren Zahn- reihe anzuschmiegen (Textfigur 6c und d), dafür legt sich die Zunge mit den Rand- 28 702 \ v N“ 2 Sph.-B. H. Ad.lar. P.-pt.-k. Mand Fig. 6a—d. Platydactylus. Querschnitte durch den Kopf, 3/1. Die Ebene, in welcher die hier wiedergegebenen Querschnitte den Kopf treffen, sind auf der linken Seite in Fig. 5 durch die der Figurenbezeichnung entsprechenden Buchstaben angegeben. Bezeichnungen s. Erklärung zu Fig. 5. 544 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 12 theilen ihrer dorsalen Fläche dem Pterygoidtheil der Palato-pterygoidkanten an (P.-pt-k.). Die hinteren breiteren Theile der Zunge entsprechen genau der Gestalt des Zwischenraumes zwischen jenen Kanten. An letzteren laufen die hinteren Zipfel der Zunge zur Seite des Aditus laryngis aus. So giebt die Zunge dem vertieften Theil am Mundhöhlendach, der von der Pterygoidkante begrenzt wird, einen Boden, gestaltet ihn zu einem gegen die seitlichen Theile der Mundhöhle abgegrenzten Raum, in den der Aditus laryngis hineinragt. Wir können also bereits bei Platydactylus von einem Ductus naso-pharyngeus sprechen, dessen Abschluss durch den Zungen- ; rücken zu Stande kommt. An seiner Abgrenzung nehmen vorn die AN | 248 Gaumenblätter, hinten in deren Ablösung die Palato -pterygoid- e All PB 1 Sph-B. kanten theil. Der Inspirationsstrom wird den hier gebotenen, gegen | | A In Ost.phar.c.t. Ale übrige Mundhöhle abgegrenzten Weg benutzen. Dasselbe wird \ / durch die exspirirte Luft geschehen. Dabei wird aber ein kleiner \ $ Di E-W: Theil des Luftstroms nach vorn dem JAcogson’schen Organ ef eg zugeleitet werden. Stoffe irgend welcher Art, die in der Mund- höhle sich befinden, könne dadurch diesem Sinnesorgane zugeleitet Fig. 7. Lacerta viridis. Mundhöhlendach, A z h 2. Bezeichnungen s. Erklärung zu Fig. 5. werden, das andererseits auch direct von dem vorderen Theil der Mundhöhle aus in Erregung versetzt werden kann. In dem geschilderten Verhalten findet sich Platydactylus in Uebereinstimmung mit den übrigen Sauriern, von denen noch eine Anzahl wichtig erscheinender Typen aus verschiedenen Ordnungen heraus- gegriffen werden sollen. | Bei Lacerta viridis (Textfigur 7) sind am Mundhöhlendach die Gaumenfalten (G.-F.) und Lippen- falten (L.-F.) deutlich von einander gesondert (vergl. Busch). Die Gaumenfalten setzen sich über den >) Oo . Ooneh. E- Cav.nas. x G.-M. TG-R. 27: KR Y za Mand. Ling. H. P.-pt.-k. Mand. Fig. Sa—c. Lacerta vöridis. Querschnitte durch den Kopf, 2/1. Die Ebenen der Querschnitte sind aus der Lage der mit der Figurenbezeichnung übereinstimmenden Buchstaben auf der linken Seite der Fig. 7 zu ersehen. Der Querschnitt a trifft den Kopf unmittelbar hinter der inneren Choane, b im Bereiche des hintersten Theiles der Gaumenfalte (@.-F.), c dicht vor dem Aditus laryngis. Bezeichnungen s. Erklärung zu Fig. 5. Bereich der inneren Choane nach hinten fort und leiten direct über in die hinteren Theile der Palato- pterygoidkanten (P.-pt.-k.), die hier an ihrer ventralen Fläche die Pterygoidzähne tragen. Untersucht man Querschnitte des Kopfes, welche die Gegend der inneren Choane treffen (Textfigur 8a), so sieht man, dass das Vomerpolster (@-M.) dem Zungenrücken aufliegt. Es kann hier sogar einen deutlichen Eindruck erzeugen. In der Nähe ihrer Seitenränder liegt die Zunge der Unterfläche der Gaumenblätter (@.-F.) an. Sie schiebt sich mit ihrem Rande jederseits in die Rinne zwischen Gaumenblatt und Lippenfalte (L.-F.) ein, 13 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 545 Vor dem Bereich der inneren Choane schmiegt sich der Zungenrücken in ganzer Breite dem Raum zwischen den Lippenfalten an. Das Mundhöhlendach erscheint wie ein Abdruck der Zunge, deren vordere Spaltung hier sogar erkennbar wird. Auch hier liegt die Unterfläche der Gaumenfortsätze der Zunge direct an. Die Gaumenrinne wird durch die Zunge zu einem Kanal abgeschlossen. Hinter dem Bereich des Vomerpolsters ist der Zungenrücken median frei nach oben gekehrt, während seine seitlichen Theile den Fortsetzungen der Gaumenblätter nach hinten angelagert bleiben (Textfigur 8b), sie bis zu ihrem Uebergang in die Palato- pterygoidkanten begleiten und weiterhin mit diesen in Berührung treten (Textfigur Sc). An den Pterygoid- kanten ziehen die hinteren Zipfel der Zunge entlang, und zwischen ihnen öffnet sich der Aditus laryngis in die Sphenoidbucht. Die Folge dieser Beziehung zwischen Mundhöhlendach und Zunge ist, dass die inneren Choanen jederseits in einen paarigen, gegen die übrige Mundhöhle abgeschlossener Kanal münden (Textfigur 8a), der sich nach vorn spaltartig verengert bis zur Mündung des Jacopson’schen Organs fort- setzt, nach rückwärts vom Vomerpolster (G.-M.) mit dem anderseitigen zusammentliesst (Textfigur 8b und c) und zu der Stelle führt, an welcher der Aditus laryngis seine Lage hat. So wird also auch hier der unvollkommene Anfang einer Gaumenbildung durch die Zunge er- G.-M. gänzt und der Raum einer secundären Nasenhöhle oder ein Ductus ran naso-pharyngeus abgegrenzt. Einen sehr vollkommenen Gaumen besitzen, wie bekannt, viele Arten der Scincidae. Bei (yclodus bilden ihn dieselben Theile, u die bei Lacerta gemeinsam mit der Zunge den Abschluss des Luft- b- weges herstellen, die Gaumenfalten und in ihrer Fortsetzung die hinteren Theile der Palato-pterygoidkanten. Sie haben an Breite median- h = wärts zugenommen, berühren nun vorn das Mittelfeld und jenseits des- Y Ar Tr [des 3 Ost.phar.e.t. A Ä h > ni selben das gleichartige Stück der anderen Seite. Die beiderseitigen \ f aa Platten schieben sich sogar hier etwas über einander. Die vordersten, \ dem Bereich des Palatinum zugehörigen Theile der Palato-pterygoid- ß & R R SIR Fig. 9. Bronchocele jubata. Mundhöhlen- kanten nehmen keinen Antheil an der Gaumenbildung, wie sie ja dach, 2jr. Bezeichnungen s. Erklärung zu auch bei den Lacertiden keine Bedeutung für den Abschluss des Big. ’5. Ductus naso-pharyngeus besitzen. Sie sind aber am Dache der nunmehr abgegrenzten secundären Nasen- höhle leicht nachweisbar. Im Bereich des hintersten Endes der Mundspalte verschmälern sich die Palato- pterygoidkanten und weichen gegen die Kaumuskelwülste auseinander. Hier allein besitzt noch die Zunge ihre frühere Bedeutung für den Gaumen. Der hintere Rand des Gaumens liegt dem Zungenrücken auf. Den auseinanderweichenden hinteren Enden der Palato-pterygoidkanten folgen dabei die beiden hinteren Zipfel, in welche die Zunge ausläuft. Der hinterste Theil der Rachenhöhle, in welchen der Larynx mündet, wird dadurch bei geschlossenem Munde gegen die Mundhöhle abgesperrt und der Luftstrom bei In- und Exspiration auf die Nasenhöhle angewiesen. Etwas andere Verhältnisse bieten die Agamen, als deren Vertreter Bronchocele jubata dienen möge (Textfigur 9). An dem stark gewölbten Mundhöhlendach sieht man median eine Rinne verlaufen, die seitlich von den fast parallel zu einander gestellten Palato-pterygoidkanten (P.-pt.-k.) begrenzt wird. Am hinteren Rande des Vomerpolsters (G.-M.) gabelt sich die Rinne und wird jederseits zu beiden Seiten des Vomerpolsters durch die Gaumenrinnen fortgesetzt, in welche die inneren Choanen (1.Ch.) münden. In der seitlichen Begrenzung der Gaumenrinnen finden sich schwach entwickelte Gaumenfalten (G.-F.), die mit ihren hinteren Enden auf die Vorderenden der Palato-pterygoidkanten zustreben, ohne sie jedoch zu erreichen (vergl. die Darstellung der Verhältnisse bei Calotes durch BuscH). An Querschnitten erkennt man nun, dass vorn dem 546 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 14 Mittelfeld des Gaumens (@.-M.) die medianen Theile des Zungenrückens, den Gaumenfortsätzen die lateralen Theile desselben anliegen, so dass die Gaumenrinnen einen ventralen Abschluss erhalten. Jenseits des Bereiches des Mittelfeldes (Textfigur 10) ergänzt die Zunge den Zwischenraum zwischen beiden Gaumen- fortsätzen (a @.-F.), und noch weiter nach hinten (b) giebt sie der Rinne zwischen den Palato-pterygoidkanten einen Boden. Die beiden hinteren Zipfel der Zunge laufen dabei an den hinteren Theilen jener Kanten entlang; zwischen ihnen lagert der Aditus laryngis. Es besteht also bei Bronchocele ein wohl abgegrenzter Ductus naso-pharyngeus, dessen ven- tralen Abschluss die Zunge bildet. Ohne dieZunge würden die Gaumen- NN / LE Yard. END falten und Palato- pterygoidkanten : N y a (Es EEE a Bez N N keinen Einfluss auf den Verlauf des . 2 \ Luftstromes besitzen können. H. Ling. H. Ling. 2 ! { Fig. 10a, b. Bronchocele jubata. Querschnitte durch den Kopf, 3/1. a Dicht Eine directe Weiterbildung hinter dem Bereiche der inneren Choane, b dicht vor dem Kehlkopf (vergl. dieLage der Gaumenanfänge bei Bronchocele von a und b auf der linken Seite von Fig. 9). Bezeichnungen s. Erklärung zu Fig. 5. h N : scheint mir bei (Chamaeleo vor- zuliegen. Ich untersuchte eine Art, bei der die Gaumenbildung erhebliche Fortschritte gemacht hat (Textfigur ır). Die vergrösserten Gaumenblätter (@.-F.) und Palato-pterygoidkanten (P.-pi.-k.) schliessen vorn den Luftweg von der übrigen Mundhöhle ab. Nach hinten zu weichen sie auseinander und begrenzen damit eine spaltförmige Lücke am Boden Fig. 11. desselben (Textfigur 12). Auch hier zeigen Querschnitte, dass der Zungenrücken dem G.-M. Dache der Mundhöhle innig anliegt. Da- @.-F. durch werden die geringen Spalten, welche en: zwischen den Componenten des secundären - P--pt.-h. N) G i ölli - - a2 AL and. aumens bestehen blieben, völlig abge schlossen, auch der Defect in den hinteren 1 Ost. phar. e.t. Theilen des Gaumens überdeckt (Textfigur 12) und die Begrenzung des Luftweges hier ver- Fig. ı1. Ohamaeleo. Mundhöhlendach, 1,5/1. Bezeichnungen s. Er- vollständigt. Die inspirirte Luft kann also nur klärung zu Fig. 5. nach hinten gegen den Kehlkopfeingang zu Fig. 12. Chamaeleo. Querschnitt durch den Kopf, 2/1. Der Schnitt trifft den Kopf in der Höhe der punktirten Linie auf der linken Seite von R Fig. ı1. Bezeichnungen s. Erklärung zu Fig. 5. dessen Boden passiren }). den Ductus naso-pharyngeus verlassen, nicht ı) Tritt uns die Bedeutung der Zunge für die Begrenzung des Luftweges bei den bisher besprochenen Arten deutlich ent- gegen, so wird sich naturgemäss die Frage erheben, wie denn die Dinge bei denjenigen Sauriern liegen, deren Zunge sich in ein wurmartiges, zurückziehbares Gebilde umgewandelt hat. Hier kann der Zunge die ihr bisher zugesprochene Rolle, die Gaumen- anfänge zu ergänzen, doch unmöglich zukommen. Monitor bivittatus soll als Beispiel genommen werden, um die in solchen Fällen bestehenden Verhältnisse zu erläutern (Textfigur 13). Zu beiden Seiten eines wenig erhobenen Mittelfeldes (G.-M.) finden sich am Mundhöhlendach die Gaumenrinnen, die hier die weiten inneren Choanen (7. Ch.) aufnehmen. Vor jenen laufen die Rinnen neben einer medianen sog. Vomerleiste (BUSCH) nach vorn und erfahren an ihren Vorderenden eine starke Verschmälerung. Am Ende des breiteren Theiles liegt die Mündung des JacoBson’schen Organs (Jac.). In der lateralen Abgrenzung der Gaumenrinne ist nur vorn ein Gaumenblatt (@.-F.) zu unter- 15 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 547 Ein Ueberblick über die Saurier zeigt also, dass bei ihnen in weiter Verbreitung ein dorsaler Theil der primitiven Mundhöhle als besonderer Luftweg abgegrenzt ist, dass also ein Ductus naso-pharyngeus die primitiven Nasenhöhlen nach hinten gegen den Kehlkopfeingang fortsetz. Nur in wenigen Fällen (bei Scinciden) bildet ein vollständiger secundärer Gaumen den Boden dieses Raumes; meist bestehen nur Anfänge einer Gaumenbildung, aber diese finden eine Ergänzung durch die Zunge, und nur dadurch werden sie in ihrer Bedeutung für den Luftweg verständlich. Als Schutzeinrichtung für die Nasenhöhlen wird man die Gaumenanfänge, wie wir sahen, nicht betrachten können, da sie die Mündung der inneren Choanen kaum überdecken. { Der Ductus naso-pharyngeus öffnet sich, gleichgültig, ob der Gaumen vollständig ist oder eines Verschlusses durch die Zunge bedarf, nach hinten gegen den Theil der Rachenhöhle, in dem der Aditus laryngis liegt, und bildet zusammen mit den primitiven Nasenhöhlen bei geschlossenem Munde die einzige Communication, die dieser Raum mit der Aussenwelt besitzt, während er nach hinten zu gegen den Tractus intestinalis durch Hebung seines Bodens zum Abschluss gebracht werden kann. Damit ist der respiratorische Luftstrom beim Wege von und zum Kehlkopf auf den Ductus naso-pharyngeus und die Nasenhöhle an- gewiesen, so dass die Mundspalte für gewöhnlich nicht als Ein- oder Ausgang dienen kann. Die Verwendung der Nasenhöhle als Luftweg ist ein altes Erbstück von den amphibienartigen Vorfahren her, das auch nach Aenderung des Athmungsmodus seine Bedeutung behält, wegen der mit der Inspiration verbundenen Controle der Umgebung durch das Geruchsorgan. Die Fortführung der primitiven Nasenhöhlen durch den scheiden. Nach hinten verstreicht es in der Gegend der inneren Choane an der Innenfläche der Lippenfalte (Z.-F.). Diese tritt uns hier in besonders mächtiger Ausbildung entgegen. Betrachten wir auf der anderen Seite den Boden der Mundhöhle, so sehen wir, dass zu beiden Seiten der schmalen Zunge je eine starke faltenartige Erhebung verläuft, die mit der anderseitigen eine Rinne begrenzt. In dieser Rinne gleitet die Zunge bei ihren Bewegungen. Beide Falten vereinigen sich vorn dicht hinter der unteren Zahnreihe. In geringerer Ausbildung finden sich analoge Falten auch bei anderen Lacertiliern. Eine dritte, mediane, Erhebung dient der Zunge als Unterlage und bildet den Boden der Rinne. Die seitlichen Falten haben nun nicht nur Bedeutung für die Zunge, sondern auch für die Nasenhöhle (Textfigur I4a u. b). Im ganzen Bereich der Gaumenrinnen liegen sie (f.) mit ihren nach Fig. 14a. Fig. 14b. Lp\ LIE: Ling. f. Mand. Ling. f. Mand. Fig. 13. Monitor bivittatus. Mundhöhlendach, 1,5/1. Bezeichnungen s. Erklärung zu Fig. 5. Fig. 14a, b. Monitor bivittatus. Querschnitte durch den Kopf, 4/1. a Schnitt durch die Gegend der inneren Choane, b Schnitt dicht hinter dem Bereiche der inneren Choane. Vergl. die Lage der entsprechenden Buchstaben (a, b) links von Fig. 13. f. Falte am Mundhöhlenboden, seitlich von der Zunge. Bezeichnungen s. Erklärung zu Fig. 5. aussen gekehrten Flächen den Innenseiten der Lippenfalten (Z.-F.) innig an. Dadurch wird der zwischen den Lippenfalten gelegene Theil der Mundhöhle, der die inneren Choanen aufnimmt (Textfigur 14a), seitlich abgegrenzt. Dieser Raum ist nach vorn zu gegen Ein- resp. Austritt von Luft gesichert, indem vor dem Bereich der inneren Choanen der Boden der Mundhöhle mit seinen Theilen dem Dach dicht anschliesst. Er öffnet sich also nur nach hinten, also in der Richtung gegen den Kehlkopf. Jenseits der Choanen verlassen die seitlichen Lippenfalten die Zungenfalten, indem sie lateralwärts ausbiegen (vergl. Textfigur 13), und schliessen an die Schleimhaut an der Innenfläche der Zahnreihe dicht an. So wirken bei Monitor die seitlichen Falten am Mundboden mit den Lippenfalten am Mundhöhlendach zusammen, um den die inneren Choanen aufnehmenden Theil der Mundhöhle abzugrenzen, und spielen damit eine.ähnliche Rolle wie die Zunge bei anderen Arten, während die Lippenfalten für die stark reducirten Gaumenfalten eintreten. Dieser Theil der Mundhöhle wird aber nicht in einem besonderen abgegrenzten Wege weiter gegen den Kehlkopf zu fortgesetzt, sondern mündet dicht hinter den Choanen breit, in die hinteren Theile der Mundhöhle. 548 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 16 Ductus naso-pharyngeus ist aber erst eine Erwerbung der Reptilien, die nur beim Saugpumpenmechanismus der Athmung denkbar, dann aber auch zweckmässig ist, um stets frische Luft auf kürzestem Wege dem Kehlkopfe und damit den Lungen zuzuführen. Wir müssen jetzt noch einmal auf die Beziehungen zwischen Zunge und Gaumen zurückkommen. Es ist wohl erlaubt, die diesbezüglichen Erfahrungen bei den Sauriern, die allein noch den secundären Gaumen in den verschiedensten Zuständen des Entstehens zeigen, weiter zu verwerthen, um so mehr, als doch die Gaumenbildung im Princip bei allen Amnioten gleichartig erfolgt, mögen auch im Einzelnen erhebliche Abweichungen bei den verschiedenen Formen bestehen. Es scheint mir nun wahrscheinlich, dass allgemein die ersten Anfänge einer Gaumenbildung mit der Zunge zum Abschluss des Ductus naso-pharyngeus zusammenwirkten, und dass erst dieser Umstand, der schon geringen Erhebungen am Mundhöhlen- dach, denen sich die Zunge anlegt, Bedeutung verschafft, die Ausbildung HIV IA EL | Pi. solcher Anfänge zum Verständniss bringt. IE BEE: n Noch in anderem Sinne können wir aber unsere Beobachtungen i) |ı} " über die Bedeutung der Theile des Mundbodens für den Gaumen ver- EN I) PN 1 wenden. Wir denken uns einen oft realisirten Fall, in dem bei unvoll- | ständiger Gaumenbildung der Kehlkopf etwa in der Höhe lagert, in Hl welcher die Gaumenplatten hinten auslaufen. So wird der Mundboden ns, Brilon rd Mimdhahten: YO dem Larynx, im gedachten Falle die Zunge, den Boden des hinteren dach, 1/1. Ch. Choane, Pal. secundärer Endes des Ductus naso-pharyngeus bilden, und in diesen ragt dann der Gaumen, Pl. Schleimhautfalte in der A i ae 5 : r Horse des Gaumenrandes, Jac. Aditus laryngis hinein. Das Gleiche wird noch der Fall sein, wenn der Mündung des JACOBSON’schen Organs, 5 Abschluss des Gaumens auch an dieser Stelle erfolgt ist, d.h. der Kehl- K. Kaumuskeln. kopf ist der Choane angeschlossen. Die Anlagerung des Kehlkopfes an die Choane, wie sie bei Schlangen, Crocodilen und Säugern zur Regel wurde, auch bei manchen Vögeln besteht, erscheint damit nicht als ein secundärer Vorgang, der den Larynx der fertig gebildeten Choane anschloss; sie ist vielmehr mit der Entstehung des Gaumens selbst verknüpft, denn was hier zusammentritt, ist von vornherein in engster Nachbarschaft gewesen. Wir verlassen jetzt die Saurier und betrachten noch kurz die Beziehungen zwischen Kehlkopf und Nasenhöhle bei den übrigen Reptilien. Bee Die Ophidier besitzen einen fertig gebildeten Gaumen, der die E EEE = Ductus naso-pharyngei ventralwärts abgrenzt (Textfigur 15 Pal.); dass es ee sich um eine Fortbildung von primitiveren Zuständen, ähnlich den bei Sauriern repräsentirten, handelt, geht aus den Untersuchungen Born’s (1883) und den Darlegungen SEYDEL’s (1899) hervor. Unmittelbar hinter der Choane (Ch) lagert, wie bekannt, der Kehlkopf und wendet seine Sept. Dan TL, Tr Oeffnung der ersteren zu (Textfigur 16). Der Anschluss des Kehlkopfes Fig. 16. Tropidonotus natrix. Median- schnitt durch den Kopf, 2/1. L. Larynx, Ling. Zunge, Sept. Nasenscheidewand, vom Eingangsspalt der Rachenwand direct an, während ventral der freie Tr. Trachea. ist ein ungemein inniger, seine Wandung liegt nämlich dorsal und seitlich Rand des Gaumens sich dem vor dem Kehlkopfeingang liegenden Theile des Mundhöhlenbodens auflagert. Der Anschluss des Kehlkopfes an die Choanen wird noch dadurch gesichert, dass Schleimhautfalten den Gaumenrand nach hinten zu fortsetzen, die sich der Kehlkopfwand anschmiegen. 17 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 549 Am stärksten fand ich sie bei Python ausgeprägt (Textfigur 15 Pl.). Sie ziehen in seitlicher Verlängerung des Gaumenrandes nach.hinten, steigen dabei allmählich dorsalwärts an, erreichen das Dach des Rachens und laufen hier dicht neben einander in der Gegend der Kaumuskelwülste (X.) allmählich aus. So wird hier der Theil der Rachenhöhle, in welchem der Kehlkopf lagert, gegen den Haupttheil abgegrenzt. Man könnte von einem Cavum pharyngo-nasale sprechen und die beschriebenen Falten als Plicae palato-pharyngeae bezeichnen, ohne dabei an irgend welche Verknüpfung mit den gleichnamigen Theilen bei Säugern zu denken. Auf die Bedeutung der sog. Epiglottis der Schlangen für den Anschluss des Kehlkopfes an die Choanen ist oben aufmerksam gemacht worden (s. p. 540). So tritt also bei den Ophidiern, solange das Maul ge- schlossen bleibt, der Luftstrom aus dem Kehlkopf unmittelbar inde | | VE anal Ductus naso-pharyngei und umgekehrt. \. \ Hebamme OSpRen R Unter den Cheloniern fand ich nur bei Testudo eine innige . Fig. 17. Testudo graeca. Mundhöhlen- Beziehung zwischen Kehlkopf und Choane. Ob eine solche aber nicht dach, ı,3/1. Ap.ext. äussere Nasenöffnung, Ch. Choane, Pal. secundärer Gaumen, pl. Umgrenzung des die Choanen auf- gedehntere Prüfung feststellen. nehmenden Feldes am Mundhöhlendach. Sonstige Bezeichnungen s. Erklärung zu Die Choanen laufen bei Testudo graeca, wie SEYDEL (1800) erst pie. 5. doch noch in weiterer Verbreitung besteht, müsste erst eine aus- kürzlich beschrieben hat, zu beiden Seiten eines medianen Wulstes als Rinnen am Mundhöhlendach aus (Textfigur 17 Ch.). Die laterale Begrenzung beider Rinnen wird von einer Fortsetzung des (secundären) Gaumens (Pal.) gebildet, der den Boden der beiden Ductus naso-pharyngei darstellt, die allgemein bei den Cheloniern zur Ausbildung gelangt sind und die primitiven Nasenhöhlen nach hinten zu fortsetzen (Textfigur ISa D.nas.-phar.). Die Choanen und ihre Umgebung liegen im Grunde einer rhomboidal gestalteten Grube, deren breiteste Stelle etwa in einer Linie mit Ling. Pal. pl. Ling. pl. Mand. Ebd OR pl. Mand. Fig. ISa—c. Testudo graeca. Querschnitte durch den Kopf, 2/1. a Dicht vor der Choane; b durch die Gegend der Choane: c hinter dem Bereiche der Choane durch den Aditus laryngis. Vergl. die Lage der Buchstaben a—c an der linken Seite der Fig. 17. D.nas.-phar. Ductus naso-pharyngeus, Z. Kehlkopf, Cr. Cricoid. Sonstige Bezeichnungen s. Erklärung zu Fig. 5 und 17. dem vorderen Theile der Choanen liest. Die Umrandung dieser Grube bildet jederseits ein Schleim- hautwulst (pl). Von der breitesten Stelle aus convergiren die Wülste nach vorn und hinten, um sich jedoch nur vorn mit einander median zu vereinigen, während sie hinten schliesslich parallel zu einander am Mundhöhlendach auslaufen. Den vorderen Theil der geschilderten Grube nimmt der Zungenrücken ein, indem er sich auf das vollkommenste dem Relief des Mundhöhlendaches, d. h. dem secundären Gaumen (Textfigur 18a), anpasst. Das ändert sich an der Stelle, an welcher die Choane beginnt (Textfigur I8b). Jenaische Denkschriften. VI. 3 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. II. zul 550 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 18 Der Zungenrücken fällt nach hinten zu etwas ab, und zwischen ihm und dem Mundhöhlendach entsteht ein Raum, der die Choanen (Ch.) aufnimmt und der seitlich dadurch gegen den Haupttheil der Mundhöhle abgegrenzt wird, dass die Zunge (Ling.) sich fest an die seitlichen Begrenzungsfalten (pl.) der Grube anpresst. Die Zunge bildet also den Boden einer Fortsetzung des Luftweges. In diesen Raum öffnet sich weiter nach hinten zu der Aditus laryngis (Textfigur 1Sc L.). Seitlich von ihm wird die Abgrenzung des Raumes dann nicht mehr durch die Zunge vermittelt, sondern dadurch, dass die Kehlkopfwand selbst den Grenzfalten (pl.) anliegt, die erst hinter dem Bereich des Kehlkopfeinganges verstreichen. Indem aber dann Boden und Dach der Rachenhöhle einander berühren, wird nach rückwärts die uns interessirende Räum- lichkeit abgeschlossen. Sie ist der einzige Theil der Mundhöhle, der bei geschlossenem Maul offen erhalten wird und dabei frei mit der Nasenhöhle einerseits, dem Larynx andererseits communicirt. Diese Abgrenzung eines Raumes, der die kurzen Ductus naso-pharyngei nach hinten fortsetzt, scheint eine Besonderheit der Testudineen zu sein, die aber immerhin Interesse beansprucht, weil auch hier eine directe Verbindung zwischen Nasenhöhle und Kehlkopf hergestellt ist. Die Betheiligung der Zunge an dieser Einrichtung ist gleichfalls beachtenswerth. An letzter Stelle seien noch die Crocodile besprochen. Crocodilus biporcatus wurde näher untersucht. Dass hier der Kehlkopf sich direct in die Choanen öffnet, darf ich als bekannt voraussetzen. Die specielleren Verhältnisse sind aber doch werth, genauer betrachtet zu werden (Textfigur 19). Die Choanen der Crocodile liegen un- Sa $ gemein weit zurück, es besteht jederseits ein langgestreckter N z Ductus naso-pharyngeus, an dessen Boden sogar die Pterygoide N? betheiligt sind. Die Choanen werden von einer Art von weichem Gaumen umrahmt, der sich wie ein kurzer Vorhang zum Boden der Mundhöhle herabsenkt (Pal.m.) [|MıLn£- EDwArDs und \ H. RATHRE]. Diese Faltenbildung ist nicht die directe Fort- Ling. Pal.m. H. ee nor Medienscheite setzung des harten Gaumens, wie bei den Säugethieren, sondern durch den Kopf, 1/1. Pal.m. weicher Gaumen, nimmt in einer Linie am Mundhöhlendach ihren Ursprung, die r. Hinterrand des harten Gaumens. Sonstige Be- “ n ® zeichnungen s. Erklärung zu Fig. 5, 17 und 18. median etwas vor dem Hinterrand des harten Gaumens liegt und dann die Choane rechts und links umzieht. Am Boden der Mundhöhle liegt der Kehlkopf (L.) dem breiten, plattenartigen Zungenbeinkörper (H.) auf. Dessen Vorderrand erhebt den Hinterrand der Zunge zu einem Wulst, der den Kehlkopf von vorn her umrahmt. Dieser Wulst schliesst mit dem Gaumenvorhang zusammen, indem der letztere dem Zungenwulst mit seiner vorderen Fläche anliegt und dabei mit seinem freien Rande den Kehlkopf von vorn und von den Seiten umfasst. Der Pharynx, in den der Kehlkopf einragt, wird dadurch gegen die Mundhöhle völlig abge- schlossen. Selbst bei geöffnetem Maul bleibt der Abschluss noch bestehen, wie ich an einem lebenden jungen Alligator beobachten konnte. Eine geringe Hebung des Zungenbeinkörpers genügt, um den Raum, in dem der Larynx liegt, nach hinten abzuschliessen. Dann ist der Aditus laryngis vollkommen fest den Choanen angelagert. Die Inspirationsluft kann nur durch sie zum Kehlkopf gelangen und nur durch sie den Kehlkopf verlassen. Dass diese Einrichtung gerade für die Crocodile als wasserlebende Formen von besonderer Bedeutung ist, liegt auf der Hand; die Aspiration von Wasser ist völlig ausgeschlossen, auch wenn die Thiere gerade nur die Nasenöffnungen über den Wasserspiegel erheben. Selbst das Oeffnen des Rachens unter Wasser lässt kein Wasser in den Pharynx eindringen, und in diesem Erhalten- bleiben des Gaumenabschlusses bei offenem Rachen, ermöglicht durch die Ausbildung des weichen 19 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 551 Gaumens, besteht der grosse Fortschritt, den die Crocodile in diesem Theil ihrer Organisation erreicht haben). Il. Säugethiere. a) Monotremen. Die Besprechung des Kehlkopfeinganges der Säugethiere wird jetzt die Aufgabe sein. Dabei stellen wir die Verhältnisse bei den Monotremen an erster Stelle dar). Der Aditus laryngis von Echidna und Ornithorhynchus (Taf. XVII, Fig. 1-5) wird vorn überragt durch die Epiglottis (Ep.), welche in ihrem grössten Theil eine frontale Stellung einnimmt (GEGENBAUR, WALKER). Jederseits zieht sich der Rand der Epiglottis in eine niedrige Falte aus, welche, nach hinten umbiegend, eine Strecke weit parallel der seitlichen Begrenzung des Kehlkopfeinganges verläuft. Sie ist bei Echidna gerade nur in erster Andeutung vorhanden (Taf. XVII, Fig. 2 u. 3), bei Ornithorhynchus aber bedeutend stärker aus- geprägt, wie schon ALBRECHT betont hat (Taf. XVII, Fig. r). Die Form der Epiglottis ist bei beiden Monotremen etwas verschieden. Bei Ormithorhynchus ist ihr freier Rand median in eine Spitze ausgezogen (Taf. XVII, Fig. 1), bei Echidna ist er breiter gestaltet und weist eine mediane Einbuchtung auf (Taf. XVII, Fig. 2 u. 3). An dem Aufbau der Epiglottis nehmen ausser der Schleimhaut und Bindegewebe der Epiglottisknorpel und reichliche Drüsenmassen theil. Bei Echidna beherbergt nur der mediane Theil der Epiglottis das Knorpelstück (vergl. Fig. 3 mit Fig. 16), während seitlich ein grosses Drüsenpacket die Hauptmasse der Epiglottis bildet. Bei Ornithorhynchus dagegen liegt die Knorpelplatte dem grössten Theil der Epiglottis zu Grunde (vergl. Fig. 1 mit Fig. 15). Die Epiglottisfalte bildet mit ihrer Basis den vorderen Abschluss des spaltförmigen Kehlkopfeinganges, die seitliche Abgrenzung geben zwei einander parallel ziehende Falten, in welche die Spitzen der Arytänoide hineinragen. Sie werden am besten als Plicae ary-epiglotticae bezeichnet (Pl.ar.-ep.). Beide verhalten sich bei Echidna und Ornithorhymchus dadurch etwas verschieden, dass bei letzterem der orale Rand des Musculus thyreo-cricö-arytaenoideus bis in den Rand der Falte vordringt, bei Echidna etwas davon entfernt bleibt. Dorsal kommt an die Umgrenzung des Einganges das Procricoid dicht heran. Die vorderen Ansatzstellen der beiden Plicae ary-epiglotticae lassen an der Epiglottis einen medianen Theil, der bei Echidna den Knorpel enthält, und zwei seitliche Abschnitte (Partes [Plicae] laterales epiglottidis) unterscheiden. (Ueber den Kehlkopfeingang von Echidna vergl. E. G. [1894)). Die Bedeutung der Epiglottis tritt bekanntlich erst ins rechte Licht, wenn man sie zusammen mit dem Velum palatinum betrachtet. Der weiche Gaumen endet vor dem Bereich des Kehlkopfeinganges mit einem quer gestellten freien Rand und zieht sich seitlich nicht in Plicae palato-pharyngeae, wie bei den höheren Formen, aus, so dass hier ein primitiverer Zustand vorliegt (Taf. XVII, Fig. ı u. 2 Pal.molle). Der freie Rand des Velum palatinum stösst an die oralwärts sehende Fläche der Epiglottis. Diese springt also I) Die Beobachtung eines jungen Alligators ergab mir Folgendes: Bei ruhigem Athmen traten ganz regelmässig zusammen mit den respiratorischen Bewegungen des Thorax Bewegungen der Kehle hinter dem Bereich des Unterkiefers, sog. Kehl- schwankungen, ein. Unmittelbar vor der Inspiration senkte sich die Kehlgegend etwas und hob sich dicht vor der Exspiration. Man konnte auch bei geöffnetem Rachen diese Bewegungen beobachten und sah dann, dass zwar der Zungengrund sich ganz unbedeutend mitbewegte, dass aber der Gaumenabschluss völlig erhalten blieb. Durch die Kehlschwankungen wird also der Anschluss des Larynx an die Nasenhöhle nicht gestört. Ich glaube, dass diese Beobachtung auch für die Kehlschwankungen der Saurier Gültigkeit hat, also auch hier die Anlagerung der Zunge an die Gaumenbildungen durch sie nicht gestört wird (vergl. p. 15). 2) Ueber den Kehlkopfeingang der Monotremen vergl. auch ALBRECHT. 3* an“ 552 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 20 in den obersten Theil des Pharynx hinein gegen die Choanen zu vor (RÜCKERT, WALKER) |Taf. XVII, Fig. 4 u. 5]. Der innige Anschluss beider Theile an einander wird noch dadurch begünstigt, dass der Velumrand mit blattartigen Franchen besetzt ist, die sich der Vorderfläche der Epiglottis anschmiegen (Taf. XVII, Fig. 1, 4). Indem die breite Epiglottis sich also hinter dem Velum erhebt, wird der Zugang von vorn her zum Pharynx auf zwei seitlich von der Epiglottis gelegene Oeffnungen beschränkt (Taf. XVII, Fig. 1, 2 u. 5 **), die je in einen rinnenartigen Speiseweg führen (*), der am Kehlkopfeingang vorbei in den Oesophagus leitet. Diese Speiserinne erscheint bei offenem Aditus laryngis verhältnissmässig schmal. Sie gewinnt an Weite aber erheblich, wenn der Kehlkopfeingang sich schliesst. Als mediale Begrenzung dieser Rinne kommt noch jederseits der Ausläufer der Pars lateralis epiglottidis in Betracht. Die seitliche Wand des Weges wird gestützt durch den zweiten Hyoid- und ersten Thyreoidbogen, die bekanntlich mit ihren Enden zu einer breiten Platte verschmolzen sind (Taf. XVII, Fig. 3). So scheinen bei den Monotremen zur Sicherung des Kehlkopfeinganges gegen Ingesta einfachere Zustände als bei den höheren Formen, die eine intranariale Lage der Epiglottis beibehalten haben, vorzu- liegen. Es fehlt die Umfassung des Kehlkopfeinganges durch Plicae palato-pharyngeae. Die genauere Untersuchung lehrt aber, dass die Monotremen, auch abgesehen von der Epiglottis, im Besitz von Ein- richtungen sind, die in wirksamster Weise der Aspiration von Nahrungsbestandtheilen vorbeugen. An den Haupttheil der Mundhöhle schliesst sich bei beiden Monotremen nach hinten zu ein ziemlich langer Kanal an, der zu beiden Seiten der Epiglottis in den Pharynx überleitet. Man bezeichnet diesen hintersten Theil der Mundhöhle zweckmässig als Vestibulum pharyneis (Taf. XVII, Fig. 4 u. 5 Vest.phar.). Sein Dach bildet der weiche Gaumen (Pal.molle), seinen Boden der Zungengrund. Dicht vor der Epiglottis liegt unter der Schleimhaut der Zungenbeinkörper (H.-00.). Bei Ornithorhynchus ist der Zusammenhang zwischen dem Vestibulum pharyngis und dem vorderen Theil der Mundhöhle auf ein enges Loch redueirt (Taf. XVII, Fig. I Ad.vest.), während bei Echidna die Communication weiter ist. Dem Vestibulum pharyngis entspricht beim Menschen der vorn vom Arcus palato-glossus begrenzte, vom Velum palatinum überdachte Raum, dessen Boden der Zungengrund mit seinen Balgdrüsen und die Sinus glosso-epiglottici bilden. Betrachtet man den Boden des Vestibulum pharyngis, so sieht man, dass an der oralen Fläche der Epiglottis median eine mundwärts gerichtete Erhebung besteht, die sogleich in zwei gleichfalls oralwärts vorspringende derbe Falten auseinanderweicht (Taf. XVII, Fig. 3, 4, 5 Pl.pal.-ep.). Jede der Falten läuft über den Boden des Vestibulum pharyngis schräg nach vorn und lateralwärts hinweg. An der Seitenwand des Vestibulum steigt sie leicht empor und endet hier am Seitenrand des weichen Gaumens. Nach diesem Verlauf kann man die Falten als Plicae palato-epiglotticae bezeichnen. Sie tragen niedrige secundäre Faltungen. Entfernt man ihren Schleimhautüberzug, so findet man in ihnen einen derben, sehnigen Strang, der zusammen mit dem der anderen Seite an der Hinterfläche des Epiglottisknorpels befestigt ist. So wird man in den Plicae palato- epiglotticae jedenfalls einen Befestigungsapparat der Epiglottis erblicken, der den gegen ihre Vorderfläche andrängenden Ingesta Widerstand leistet und sie zwingt, den Weg an dem Kehldeckel vorbei zu nehmen. Betrachtet man aber die Lage der beiden Falten genauer, so sieht man, dass sich jede barrierenartie dem paarigen Speisewege vorlagert (Taf. xvil, Fig. 3), und untersucht man den weichen Gaumen, so ergiebt sich sofort, dass er im ruhenden Zustand mit seiner Unterfläche dem freien Rande der Falten aufliegt, und durch beide Theile der Ausgang des Vestibulum pharyngis gegen den paarigen Speiseweg abgeschlossen ist. Während des Schluckactes wird die Sperre durch Heben des weichen Gaumens aufgehoben. Ausser- halb desselben ist aber jede Aspiration von Speisetheilen, event. Wasser, aus der Mundhöhle völlig unmöglich gemacht, der Luftstrom kann seinen Weg ausschliesslich durch die Nasenhöhle zum Kehlkopf nehmen. Offenbar hat RÜCKERT bereits die Plicae palato-epiglotticae gekannt, wenn er von zwei 21 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen 553 frontal gestellten Bogen spricht, die, vom Gaumensegel ausgehend, vor dem Kehldeckel zur Zungenwurzel herabsteigen. Eine weitere Vorkehrung zum Schutz des Aditus laryngis trifft man an den Grenzen von Pharynx und Oesophagus. WALKER sagt hier: “Immediately below the larynx two thick rounded processes project downwards from the lateral walls of the oesophagus and behind each there is a deep sinus. The purpose of these last structures is not apparent.” Betrachtet man diese Einrichtung genauer, so findet man Folgendes (Taf. XVII, Fig. 1-3). Die Wand des Oesophagus ist durch Längsfalten ausgezeichnet, die in das Lumen einragen. Von besonderer Mächtigkeit ist eine mediane Falte an der Ventralseite, die wulstartig vorragt. An der Dorsalseite entspricht ihr eine |niedrige Falte. Am Beginn dieser Falten springt von der Seitenwand des Oesophagus jederseits eine Klappe vor (Valv. phar.-ösoph.). Die Linie, von der die Klappe ausgeht, beginnt jederseits an der ventralen Längsfalte und zieht zur dorsalen, dabei beschreibt sie einen Bogen, dessen Concavität abwärts gekehrt ist. Der freie Rand der beiden Klappen ist magenwärts gerichtet. Im Bereich beider Klappen ist die Oesophaguswand etwas ausgebuchtet, so dass sich die Klappen hier anlegen können, ohne das Lumen zu verengern. In jede der beiden Klappen tritt ferner das dünne Ende des ersten Thyreoidbogens ein (Taf. XVII, Fig. 3) und bildet am freien Rande der Klappe einen Vorsprung, der bei Echidna etwa die Mitte desselben darstellt, bei Ornithorhynchus in der Nähe seines dorsalen Endes liegt. Die ganze Einrichtung ist nur mit einer Taschenklappe zu vergleichen. Es handelt sich um Valvulae pharyngo-oesophageae. Ihre Anordnung ist derart, dass sie von den Nahrungsbestandtheilen auf ihrem Wege zum Magen einfach an die Wand gedrückt werden. Sie legen sich in die Ausbuchtungen des Lumens hinein und können also die Passage in keiner Weise beengen. Umgekehrt müssen sie bei jedem Regurgitiren vom Mageninhalt aufgestellt werden und zusammen mit der dorsalen und ventralen Längsfalte den Oesophagus gegen den Pharynx völlig abschliessen. So ist es unmöglich, dass durch einen Brechact Theile bereits verschluckter Nahrung wieder zum Kehlkopfeingang hinaufbefördert werden. Für die Haltbarkeit des Verschlusses und andererseits für die Rückkehr der Klappen in die Ruhestellung ist die Einlagerung des Ausläufers des ersten Thyreoidbogens von Bedeutung !). b) Marsupialier und Placentalier. Ebenso wie bei den Monotremen bilden auch bei den übrigen Säugern die Epiglottis und die Plicae ary-epiglotticae die unmittelbare Nachbarschaft des Aditus laryngis (Textfigur 20), die Epiglottis (Ep.) tritt nur mit ihrem mittleren, zwischen den vorderen Insertionen der ary- y epiglottischen Falten gelegenen Theil in die directe Begrenzung des BE | N N Ep. Aditus laryngis. Wir unterscheiden also auch hier von dem medianen Ä SE Me Theil die seitlichen Theile (P.lat.ep.) der Epiglottis. Die Plicae ary- | Br ; £ I) Be F Ss = epiglotticae (Pl.ar.-ep.) haben vielfach grössere Festigung erfahren, Pl. ar.-ep. ! an Pl.p.-ph. . Bas- P.lat.ep. n! indem von der Basis des Epiglottisknorpels her knorpelige Stützen in 5 2% sie vorgeschoben wurden. Das ist der Fall bei den Insectivoren, bei Nagern (Muriden, Arvicoliden), bei Prosimiern, bei allen Primaten. Der als Cartilago cuneiformis (Wrisbergii) bezeichnete Knorpel gehört z —— N % M : = Fig. 20. Stenops gracilis. Kehlkopf- hierher. Die vorderen Ansatzstellen der ary-epiglottischen Falten können eingang, 3/1. Ep. Epiglottis, P.lat.ep. seit- licher Theil der Epiglottis, Pal. molle weicher Gaumen, Pl.ar.-ep. Plica ary-epiglottica, glottis mehr oder weniger weit auseinanderrücken. Pl.p.-ph.Plica palato-pharyngea, *Speiseweg. unter Verbreiterung des zwischen ihnen liegenden Theiles der Epi- 1) Die scharfe Abgrenzung von Pharynx und Oesophagus ist für Ornithorhynchus in GEGENBAUR C Fig. I, p. 6 dargestellt. 554 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 22 Die Epiglottis hat sich in höherem Maasse dem Kehlkopfeingang angeschmiegt als bei den Monotremen, sie leet sich mehr bogenartig von vorn her um den Kehlkopfeingang herum und steht dabei in innigster Beziehung zu dem aus dem Velum palatinum und den Plicae palato-pharyngeae (Pl.p.-ph.) bestehenden Isthmus pharyngo-nasalis. Die Partes laterales epiglottidis bilden neben den Plicae ary-epiglotticae einen seitlichen Schutz des Aditus laryngis. Meist laufen sie an der Seite der Ary- ER 22 * tänoide allmählich aus, indem sie annähernd den ary-epiglottischen Falten moi parallel streichen (Textfigur 20). Es handelt sich also hier um eine directe 1 ET ARTE Weiterbildung des Verhaltens, das die Epiglottis schon bei den Mono- ß & ) BT Pl.p-ph. tremen zeigt. \ zer In manchen Fällen gewinnen die Seitentheile der Epiglottis grössere Bedeutung. Ihre Enden erreichen die Spitzen der hoch emporragenden Ary- tänoide, die Falten nehmen an Höhe zu, und so erhält der Kehlkopfeingang ein mehr oder minder langes, durch die Epiglottis gebildetes Ansatzrohr, das Fig. 21. Lepus cunieulus. Kehl- kopfeingang, von hinten und etwas von oben gesehen, 2/1. Bezeich- die Marsupialier (GEGENBAUR, 1892). Auch unter den Placentaliern haben es nungen s. Erklärung zu Fig. 20. in das Cavum pharyngo-nasale hineinragt. Ein derartiges Verhalten zeigen manche Ordnungen erworben, von den Nagern die Leporiden, Muriden und Arvicoliden (Textfigur 21 P.lat.ep.), von den Prosimiern die Lemuren (GEGENBAUR). Wenn in diesen Fällen auch die Plicae ary-epiglotticae an Bedeutung verloren haben, so sind sie doch im Innern des Epiglottisrohres wohl stets nachweisbar (Textfigur 21 Pl.ar.-ep.). Freilich sind sie oft niedriger als in den Fällen, in denen der Anschluss der Epiglottis an den Aditus laryngis weniger innig ist. Dass es sich hierbei um einen secundären Zustand handelt, lehrt nicht nur die Ver- gleichung fertiger Zustände, sondern wird auch durch einen ent- wickelungsgeschichtlichen Befund erhärtet. Die Untersuchung eines 2, N au Embryos von Mus musculus zeigte, dass hier die Seitentheile der Epi- \ glottis noch ganz niedrige Falten waren, die von den Plicae ary-epi- | wo) glotticae überragt wurden (E. G., 1894). P.lat.ep. AW #7 P.ar.ep. In einer anderen Reihe von Formen werden die Partes laterales epiglottidis ganz oder fast völlig zurückgebildet (Textfigur 22 P. lat. ep.). 1.) \ | Von der Epiglottis erhält sich also nur der mittlere, zwischen den vorderen Enden der Plicae ary-epiglotticae und darüber gelegene Theil. Die Rückbildung des seitlichen Theiles steht vielfach in Zusammen- hang mit einer stärkeren Ausbildung der ary-epiglottischen Falten und der in ihnen gelegenen Skeletstücke (Cartilagines Wrisbergii). Diese bilden dann in Gemeinschaft mit dem Arcus palato-pharyngeus den seitlichen Schutz des Aditus laryneis. Ein solches Verhalten findet sich Fig. 22. Canis familiaris. Kehlkopf- bei den Caniden (Textfigur 22) und Ursiden!), während bei den übrigen eingang, 1,5/1. pl. Plicae pharyngo- oeso- phageae, Oes. Oesophagus. Sonstige Be- zeichnungen s. Erklärung, zu Fig. 20. ausgebildet sind; ferner bei den Insectivoren. Bei jungen Hunden Carnivoren, soweit mir bekannt, die Seitentheile der Epiglottis gut finden sich aber die seitlichen Epiglottistheile noch in deutlicher Aus- bildung vor (E. G., 1894, Taf. IV, Fig. 4). Das Gleiche ist der Fall bei jungen Igeln und bei Embryonen von Talpa, so dass mit Bestimmtheit nachgewiesen werden kann, dass es sich um eine Rückbildung früher 1) Bei Ounis zeigen die Plicae ary-epiglotticae eine starke winkelige Knickung, welche mit der starken dorsalen Neigung der Epiglottis zusammenhängt und mit der Aufrichtung der Epiglottis ausgeglichen wird. 23 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 555 vorhandener seitlicher Theile der Epiglottisfalte handelt (E. G., 1894). Auch in der Primatenreihe gehen die Seitentheile der Epiglottis verloren. Bei den Prosimiern (Textfigur 20), bei den Arctopitheci, den Platyrrhinen, sind sie noch überall seitlich von den Plicae ary-epiglotticae gut ausgebildet. Auch bei den Catarrhinen, die Anthropoiden ausgenommen, sind sie, wenn auch vielfach in sehr reducirter Form, noch nachweisbar. Beim Menschen fehlen sie jedoch völlig. Den Kehlkopfeingang umrahmen nur die Plicae ary-epiglotticae seitlich, der mediane Theil der Epiglottis vorn (ähnlich scheint es bei den Anthropoiden zu sein, wenigstens beim Orang). Dass thatsächlich auch hier die seitlichen Theile der Epiglottis früher bestanden haben, ist ent- wickelungsgeschichtlich durch Karrıus nachgewiesen worden. Bei jungen menschlichen Föten zeigte er, dass an der Epiglottis drei Abschnitte zu unterscheiden sind: ein mittlerer Theil, an den sich die Anlagen der ary-epiglottischen Falten ansetzen und der später den Epiglottisknorpel beherbergt, und zwei seitliche Theile, die den Kehlkopfeingang nach aussen von den Plicae ary-epiglotticae umrahmen. Der embryonale Kehlkopfeingang des Menschen besitzt also die gleichen Verhältnisse wie der von niederen Formen, dieselben Faltenbildungen, welche schon bei den Monotremen vorliegen, sind auch hier nachweisbar. Die Rück- bildung der seitlichen Theile der Epiglottis bedingt erst die charakteristische Form des ausgebildeten Kehlkopfeinganges des Menschen. Man wird die Reduction der Seitentheile der Epiglottis wohl in Ver- bindung bringen mit der Rückbildung des Isthmus pharyngo-nasalis (s. u.)). Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass die Umrandung des Aditus laryngis zum Isthmus pharyngo-nasalis in Beziehung steht, und ihm müssen wir uns jetzt zuwenden (vergl. vor allem RÜckerr). Bei den Monotremen endet der weiche Gaumen mit frontal gestelltem freien Rande (Taf. XVII, Fig. I u. 2), bei allen höheren Formen schliesst sich an den Rand des Velum) jederseits eine Falte an, die an der Innenseite des Pharynx gegen den Kehlkopfeingang zu vorspringt, die Plica palato-pharyngea (Text- figur 20 u. 21). Wenn auch Andeutungen solcher Bildungen bei den Monotremen fehlen, so ist es doch ersichtlich, dass sie von dem Zustand des Velum bei den Monotremen aus entstehen konnten. Die Plicae palato- pharyngeae sind die rückwärts ausgezogenen Ränder des Velum palatinum von Echidna und Ornithorhynchus. Vielfach vereinigen sich die Plicae palato-pharyngeae hinten in der Medianebene mit einander, so dass der Rand des Palatum molle zusammen mit den Plicae palato-pharyngeae einen geschlossenen, in das Lumen des Pharynx einragenden Ring bildet (Mehrzahl der Marsupialier [GEGENBAUR, 1892], Equus, Lepus, Cavia, Sus, Insectivoren, Delphin [RÜCKERT]). In anderen Fällen erreichen sich die beiden Plicae palato- pharyngeae nicht an der Rückseite des Pharynx, werden aber doch mit einander in Verbindung gesetzt durch eine mehr oder weniger scharf hervortretende Linie, in derem Verlauf eine plötzliche Aenderung im Verhalten der Schleimhaut eintritt (Artiodactylen, Carnivoren, Phoca). Ausnahmsweise erhebt sich auch hier an der Dorsalseite des Pharynx eine Schleimhautfalte und schliesst den Arcus palato-pharyngeus (GEGENBAUR). 1) Die Darstellung der Betheiligung der Epiglottis und der ary-epiglottischen Falten an der Umrandung des Kehlkopf- einganges weicht von der durch GEGENBAUR (1892) gegebenen Auffassung ab. GEGENBAUR nennt Plicae ary-epiglotticae die dem Kehlkopfeingang vollkommen angeschlossenen, zum Arytenoid gelangenden Seitentheile der Epiglottis und beurtheilt die Falten, welche den menschlichen Kehlkopfeingang seitlich begrenzen, als derartige Bildungen. Nach meiner Ansicht sind die seitlichen Epiglottistheile beim Menschen verloren gegangen, und die Plicae ary-epiglotticae des Menschen sind dieselben Falten, welche schon bei den Monotremen vom Arytänoid gegen die Epiglottisbasis hinziehen. So scheint es mir zweckmässig, den Namen: Plicae ary-epiglotticae auf diese Falten zu beschränken und die Seitentheile der Epiglottis, auch wenn sie wie bei den Lemuren das Arytänoid erreichen, nicht in dieser Weise zu bezeichnen. Die gleiche Bemerkung gilt für die Darstellung, welche ALBRECHT in seiner vergleichenden Untersuchung über den Säugethierkehlkopf giebt. £ j 2) Eine beachtenswerthe Besonderheit zeigt nach GROSSER der hintere Theil des weichen Gaumens bei Chiropteren. Bei den Vespertilioniden liegen hier zwei paarig angeordnete, aus hyalinem Knorpel bestehende Skeletstücke, die sich lateralwärts an die Pterygoide angliedern. Bei den Rhinolophiden findet sich hier ein unpaarer medianer Knorpel. 556 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 24 Endlich fehlt in der Primatenreihe jeder Zusammenhang der Arcus palato-pharyngei an der hinteren Pharynxwand. Die Plicae palato-pharyngeae laufen an der Seitenwand des Pharynx aus. Nur bei einem Prosimier, bei Lemur varius, ist durch GEGENBAUR ein dorsaler Zusammenschluss der Pharynx- bogen durch eine feine Leiste bekannt geworden. So wird durch Velumrand und Pharynxbogen mehr oder weniger scharf ein Cavum pharyngo- nasale nach unten abgegrenzt und ein Isthmus pharyngo-nasalis gebildet. Aber nicht durch die Schleim- haut allein wird diese Grenze bedingt, ihr entspricht vielmehr auch der Verlauf eines grossen Theiles des Musculus palato-pharyngeus (RÜCKERT), der als Sphincter des Isthmus bezeichnet wurde, und selbst beim Menschen lässt der Verlauf dieses Muskels noch die Lage des Isthmus, der seine frühere Bedeutung hier verloren hat, erkennen. Vom Musculus palato-pharyngeus können sich Züge in die Plicae palato-pharyngeae, die ursprünglich rein membranös sind, einlagern, können bis zum freien Rande der Falten vordringen und sie zu musceulösen Wülsten umbilden (GEGENBAUR). Aber auch bei Placentaliern finden sich eine grössere Anzahl von Fällen, in denen Muskelfasern in den Pharynxbogen gänzlich fehlen, obwohl es sich um sehr voluminöse Bildungen handelt (z. B. Erinaceus). In den Isthmus pharyngo-nasalis ragt bei allen Marsupialiern und Placentaliern mit alleiniger Aus- nahme der Anthropoiden und des Menschen!) der Kehlkopfeingang hinein und öffnet sich somit direct in das Cavum pharyngo-nasale. Der Hinterrand des Velum liegt der Vorderfläche der Epiglottis an, die Pharynxfalten umschliessen seitlich und vielfach auch noch hinten das aufragende Rohr des Aditus laryngis. RÜCKERT hat als erster dieses Verhalten in seiner allgemeinen Verbreitung erkannt und dargestellt. Selb- ständig von ihm hat später auch HowEs gezeigt, dass die Lage der Epiglottis hinter dem Velum einen gemeinsamen Besitz der Säugethiere bildet. Die Plicae palato-pharyngeae stehen dabei in besonders enger Beziehung zu den Plicae epiglotticae laterales. Beide entsprechen sich in ihrem Verlauf völlig. Die Pharynxfalten können sich daher innig den seitlichen Epiglottisfalten anlegen. Dies Verhalten zeigt sich nicht nur in Fällen, in denen wohlentwickelte Partes laterales epiglottidis vorliegen, sondern auch bei rudimentären Epiglottisfalten (junger Hund, Talpa-Embryo E. G., 1894). Fehlen die seitlichen Epiglottistheile, so legt sich der Rand der Pharynxfalten der Aussenseite der Plicae ary-epiglotticae an (z. B. Insectivoren), die vicariirend, wie oben ausgeführt, für die Plicae epiglotticae laterales eintreten können. Die Umschliessung des Aditus laryngis seitens des Isthmus kann sehr verschieden fest sein (RÜCKERT). Sehr innig ist sie bei der Mehrzahl der Ungulaten), den Odontoceten°), den Insectivoren, Rhinolophiden (GROSSER), locker bei den Carnivoren, Vespertilioniden (GROSSER) und den Affen; dabei darf aber nicht vergessen werden, dass auch in diesen Fällen die Contraction des Palato-pharyngeus den Isthmus fest an den Kehlkopfeingang anlegen wird. An dem getödteten Thier gleitet aber der Larynx leicht aus dem Isthmus heraus. Die Einlagerung des Kehlkopfeinganges in den Isthmus hat zunächst zur Folge, dass ersterer gegen die Mundhöhle abgesperrt ist, und der Inspirationsstrom auch bei geöffnetem Maul die Nasenhöhle passiren muss. Die Inspirationsluft wird also der Controle des Geruchsorgans ausgesetzt, jede Aspiration von Inhalt der Mundhöhle ist unmöglich. So leistet der Isthmus pharyngo-nasalis das Gleiche, wie die mit dem ı) Nach WALDEYER bildet auch Manatus americanus hier eine Ausnahme, indem die kurze Epiglottis nicht den freien Rand des Velum überragt, sondern ihn nur mit seinem oberen Rande berührt. Die Folge hiervon ist, dass der Speiseweg bei dieser Art nicht seitlich am Kehlkopf vorbei, sondern über ihn hinwegführt. HOWES zeigte aber, dass bei einem Embryo derselben Species die typische intranariale Lage des Kehlkopfes bestand, so dass sich der Zustand des erwachsenen Thieres als ein abge- leiteter erweisen lässt. 2) Für die Wiederkäuer vergleiche ZANDER. Für Sus vergl. die Abbildungen von BOWLES (I u. 2). B. beschreibt, dass beim Schwein erst im 5.—6. Monat des extrauterinen Lebens die Epiglottis ihre intranariale Lage erreicht. Dagegen sei auf G. KıLLIan, Fig. 27, p. 661 verwiesen, wonach schon bei einem 6 cm langen Schweinsembryo die Epiglottis hinter dem Velum- rand lagert. 3) Die Einlagerung des Larynx in den Isthmus pharyngo-nasalis ist bei den Zahnwalen viel inniger als bei den Mysta- coceten. Vergl. hierüber die neueren Arbeiten von KÜKENTHAL und RAWITZ. 25 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 557 Velum palatinum zusammen wirkenden Plicae palato-epiglotticae der Monotremen. In den Fällen, in denen der Anschluss der Pharynxbogen an den Aditus laryngis weniger innig ist, kann natürlich der Luftstrom auch durch die Mundhöhle zugeführt werden (Carnivoren). Der Fortschritt, den die Marsupialier und Placentalier gegenüber den Monotremen aufweisen, beruht in der Ueberdachung des seitlich am Kehlkopf vorbei- führenden Speiseweges durch die Plicae palato-pharyngeae und der Umwandlung dieser bei den Monotremen nach oben offenen Rinnen in geschlossene Kanäle (vergl. Taf. XVII, Fig. I, und Textfigur 21). Die Sicherung des Luftweges gegen Speisetheile ist damit vollkommen geworden. Es kann ja wohl jetzt als erwiesen gelten, dass bei der grössten Mehrzahl auch der höheren Säuger der Speiseweg seitlich am Kehlkopf vorbeiführt (vergl. Anm. zu p. 556), also die Sinus pyriformes benutzt und nicht über den Kehlkopfeingang hinleitet (WALDEYER, GEGENBAUR). Ganz unzweifelhaft liegen die Dinge derart bei allen Thieren, die ihre Nahrung ausgiebig kauen. Auch bei längerer Dauer des Schluck- actes kann also der Kopfeingang offen erhalten werden. Aber selbst für grosse Bissen bietet der rinnen- artige Weg seitlich vom Larynx oft genügend Platz. Bei den Cetaceen z. B. ist dies schon Rapp, CUVIER und JOH. MÜLLER (Ss. WALDEYER, p. 248 und 249) bekannt gewesen. WALDEYER hat noch neuerdings auf die Weite und Dehnbarkeit des paarigen Speiseweges bei Phocaena hingewiesen. Beachtenswerth erscheint, dass bei den Insectivoren die Lagerung der Pharynxbogen zu dem trichterförmig gestalteten Kehlkopf- eingang derartig ist, dass jeder Speiseballen, der am Kehlkopf vorbeigeht, rein mechanisch den festen Anschluss der Bogen an die Aussenseite des Kehlkopfeinganges bewirkt (E. G. 1894). Aehnlich ist es nach GRosSER bei den Rhinolophiden und nach SYMINGToN (1898) auch bei Marsupialiern. In Fällen, in denen grössere Bissen verschluckt werden, wird natürlich der paarige Weg verlassen, und der Bissen geht unter Niederdrückung der Epiglottis über den Kehlkopfeingang weg. So liegen die Dinge bei einer Zahl von Carnivoren, wenn auch nicht bei allen. Bei Hyaena boten z.B. die seitlichen Wege genügend Platz auch für grössere Bissen (WALDEYER). Unter allen Umständen wird aber der paarige Speiseweg von flüssiger Nahrung benutzt. Welche Bedeutung dabei der kanalartige Abschluss desselben speciell für die säugenden Jungen besitzt, braucht nicht erst betont zu werden '). Aufgegeben wird die Beziehung zwischen Isthmus pharyngo-nasalis und Kehlkopf bei den Anthro- poiden und beim Menschen (RÜCkERT), der Orang bildet dabei eine Uebergangsform. Er ist der einzige der Gruppe, bei welchem das Velum palatinum noch die Vorderfläche der Epiglottis erreicht. (Vergl. RÜCKERT, Taf. III, Fig. 10, und GEGENBAUR Fig. VII, p. 27.) Es sind zweierlei Vorgänge, die hierbei mitspielen. Auf der einen Seite steht eine Verlagerung des Kehlkopfes nach abwärts, die sich beim Menschen noch in der Entwickelungsgeschichte nachweisen lässt (SYMINGTON, GEGENBAUR 18092). Bei Föten aus dem 5. Monat, liegt wie G. B. Howes auf Grund einer Mittheilung von BLanp Surron angiebt, die Epiglottis noch hinter dem Velum palatinum?). Dazu kommen Rückbildungsvorgänge am Velumrand und an den Plicae palato-pharyngeae, die zu der für die Mehrzahl der Anthropoiden und den Menschen charakteristischen Gestaltung des Velumrandes mit vorragender Uvula führen (GEGENBAUR). Velum und Plicae palato-pharyngeae dienen nun nicht mehr der Umschliessung des Aditus laryngis, sondern nur dem Abschluss des Cavum pharyngo-nasale nach unten zu beim Schlingact. Der Verschluss des Aditus laryngis wird durch die Wirkung der Constrictoren erzielt. Dazu kommt nach 1) In einer kürzlich erschienenen Arbeit theilt GROSSER mit, dass bei den Vespertilioniden die Einlagerung des Aditus laryngis in den Isthmus palato-pharyngeus so locker ist und die seitlichen Speiserinnen so eng, dass grössere Bissen ihren Weg über den Kehlkopfeingang nehmen müssen, während bei den Rhinolophiden unter allen Umständen allein der paarige Speiseweg benutzt wird. 2) Beobachtungen über Aenderungen im Verhalten des Kehlkopfes zum Velum nach der Geburt finden sich bei R. L. BOWLES. Jenaische Denkschriften. VI. Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. w$ I 58 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 26 on einer verbreiteten, aber nicht sicher begründeter Meinung), dass die Epiglottis, in erster Linie durch die Muskelzüge, welche als ary-, crico- und thyreo-epiglotticus bezeichnet werden, deckelartig über den Kehl- kopfeingang gezogen wird. Bei Defecten des Kehldeckels genügt jedenfalls der Aneinanderschluss der ary-epiglottischen Falten zur Sicherung des Kehlkopfeinganges. Grössere Bissen nehmen ihren Weg über den geschlossenen Kehlkopfeingang, dagegen geht flüssige Nahrung und wohl auch kleinere Mengen weicher Nahrung seitlich am Kehlkopf vorbei durch den Sinus pyriformis (vergl. V. v. BRuns und WALDEYER). Es wird sich jetzt fragen, ob von den Plicae palato-epiglotticae (Taf. XVII, Fig. 3, 4, 5 Pl. pal.-ösoph.) und den Valvulae pharyngo-oesophageae (Valv. phar.-ösoph.) der Monotremen nichts bei den höheren Formen zu finden ist. Ep. _-- Pal. molle > Pl. pal.-ep. Fig. 23. Prinaceus europaeus. Ansicht der Zunge und der hintersten Theile der Mund- höhle (Vestibulum pharyngis) von vorn, 2/I. Der hinterste Theil des Gaumens ist in dem Was die ersteren anlangt, so bestehen ähnliche Bildungen allerdings auch in anderen Fällen. RÜCKERT beschreibt bereits, dass bei (avia und Dasypus jederseits vom Velum palatinum ein Schleimhautbogen zur Zungenwurzel herabsteigt, der vor der Epiglottis endet. Es handelt sich hier ganz offenbar um Homologa der Plicae palato-epiglotticae der Monotremen. Die gleichen Dinge beschreibt auch ALBRECHT für Dasypus und Bradypus unter der Bezeichnung von Plicae pharyngo- epiglotticae. Besonders stark entwickelt Plicae palato-epiglotticae fand ich bei Erinaceus europaeus (Textfigur 23 Pl. pal.-ep.). Sie gleichen in hohem Maasse denen. von Echidna. Auch bei dem Subungulaten Dolichotes patagonicus konnte ich sie nachweisen. Die Falten haben die gleiche Bedeutung wie die der Monotremen, die Mund- höhle nach hinten zu abschliessen und eine Aspiration von Mundhöhleninhalt indem sie zusammen mit dem Velum palatinum, das ihnen aufliegt, verhindern helfen. Neben ihnen bestehen natürlich die Plicae palato-pharyngeae. Es scheint mir auch sicher zu sein, dass die Plicae pharyngo-epiglotticae des Menschen hierher zu rechnen sind). So treffen wir die Plicae palato- (pharyngo-)epiglotticae in weiter Ver- Präparat stehen geblieben. Er wird überragt von dem in das Cavum pharyngo-nasale sich öffnenden Kehlkopfeingang. Pl. pal.-ep. Plica palato- epi- glottica (bildet mit dem wei- chen Gaumen den Abschluss der Mundhöhle gegen den Pharynx), Pal. molle weicher Gaumen, Ep. Epiglottis. breitung auch ausserhalb der Monotremen, und es ist nicht unmöglich, dass sie ursprünglich allen Säugern zukamen, bei den meisten aber nach der Ausbildung der Plicae palato-pharyngeae sich rückbildeten. Eine Abgrenzung des Pharynx gegen den Oesophagus ist mir nur bei Carnivoren (Canis und Felis) und bei Hystrix cristata bekannt geworden, bei beiden in etwas verschiedenem Verhalten. Beim Hund (Textfigur 22) nimmt die Dicke der Muskelschicht am Uebergang des Pharynx in den Oesophagus allmählich ab, während die gesammte Dicke der Wand noch eine Strecke weit die gleiche bleibt. Dies wird erreicht durch eine erhebliche Verdickung der Submucosa, welche im Wesentlichen auf einer mächtigen Ausbildung von Drüsen beruht. Am unteren Ende des Pharynx hört plötzlich diese Verstärkung der Submucosa auf, und die Grenze gegen den Oesophagus wird durch einen stufenartigen Abfall der Schleimhaut scharf markirt (pl). An der Grenze verlaufen noch mehrere Schleimhautfalten in querer Richtung. Bei Hystrix 1) Ich verweise hier auf die wichtigen Beobachtungen, die von STUART und M’CorMIcK über die Stellung der Epiglottis des Menschen beim Schluckact veröffentlicht wurden. An einem wegen eines Carcinoms operirten Patienten konnte durch ein Fenster der Pharynxwand die Epiglottis direct beobachtet werden. Es ergab sich, dass die Epiglottis beim Schlucken nicht deckelartig über das Kehlkopflumen gelegt wird, sondern ihre normale Stellung beibehält und der Bissen über ihre hintere (laryngeale) Fläche hingleitet. Beide Autoren sind der Ansicht, dass die Epiglottis nie als Kehldeckel benutzt wird. — Beachtens- werth ist die Ansicht G. L. WALTOn’s, dass die menschliche Epiglottis für die Stimme von Wichtigkeit ist. 2) KALLıuUs hat nachgewiesen, dass die Plicae pharyngo-epiglotticae schon sehr frühzeitig (menschliche Embryonen vom —42. Tag) als starke Vorwölbungen der Rachenschleimhaut auftreten (vergl. seine Fig. 17, Taf. XXV]). Er beschreibt, dass in sie en die seitlichen Theile der Epiglottis aufgehen. 27 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 559 ist die gleiche Stelle durch eine ringförmige Schleimhautfalte ausgezeichnet, welche mit zierlich ausge- bogenem Rande gegen das Lumen des Oesophagus vorspringt. Bei beiden Thieren handelt es sich um Einrichtungen, die wohl klappenartige Bedeutung für den unteren Abschluss des Pharynx besitzen, ohne an die Ausbildung der Valvulae pharyngo-oesophageae der Monotremen heranzureichen. Das vereinzelte Vorkommen derartiger Falten verbietet, in ihnen ein ursprüngliches Besitzthum aller Säuger zu sehen‘). Ill. Zusammenfassung und Schluss. Der Kehlkopfeingang der Säugethiere ist vor allem durch die mächtige Ausbildung der Epiglottis charakterisirt, die sich in seiner vorderen Abgrenzung erhebt (Textfigur 20—22, p. 553 und 554, Fig. I—5, Taf. XVII). An ähnlicher Stelle sind schon- bei Anuren paarige Erhebungen beobachtet worden, doch erst bei den Sauriern treten Bildungen auf (Textfigur 3, p. 539), die wirklich mit der Epiglottis der Säuger ver- glichen werden können. Wenn eine solche Epiglottis seitlich den Bereich des Aditus laryngis überschreitet und hier in der Mundhöhlenschleimhaut ausläuft, wird sie der Säugethierepiglottis auffallend ähnlich (Bronchocele, Iyuana, Textfigur 4, p. 539). Die Epiglottis ist aber kein gemeinsamer Besitz aller Saurier, sondern offenbar in den verschiedenen Abtheilungen selbständig erworben und lässt sich schon aus diesem Grunde mit der Säugerepiglottis nicht wirklich homologisiren, denn mit keiner Ordnung der Saurier besitzen die Säuger directe genetische Verbindung. Durch ihre Function, den Aditus laryngis zu decken, unter- scheidet sich die Saurier- von der Säugerepiglottis, die zunächst die Bedeutung besitzt, den andrängenden Ingesta Widerstand zu leisten und gemeinsam mit dem Gaumen sie zu zwingen, seitlich am Kehlkopf vorbei- zugehen. Letztere Leistung kann aber nicht die ursprüngliche gewesen sein, denn sie konnte erst bei beträchtlicher Mächtigkeit des Gebildes übernommen werden, und so wird wohl die Epiglottis der Säuge- thiere anfänglich ähnliche Bedeutung und ähnliches Verhalten besessen haben wie die Epiglottisbildungen der Saurier?) und schon vor der Vollendung des Gaumens in Anfängen bestanden haben. Unter diesen Gesichtspunkten erscheint uns die Epiglottis als eine Bildung, die schon sehr frühzeitig in der Vorfahren- reihe der Säuger auftrat. In gleicher Lage wie bei den Sauriern finden sich auch bei Ophidiern Erhebungen, die aber wohl andere Function haben, indem sie den Anschluss des Kehlkopfeinganges an die Choane unterstützen. An anderer Stelle erhebt sich die sog. Epiglottis der Chelonier. Es handelt sich um Faltungen der Mund- höhlenschleimhaut am Hinterrand der Zunge vor dem Aditus laryngis, nicht an seiner Umgrenzung. Bei den Crocodilen fehlt jede Epiglottis. Die Plicae ary-epiglotticae der Säuger sind homolog den Falten, welche seitlich den Aditus laryngis der Amphibien und Reptilien begrenzen (Plicae arytaenoideae). Erst bei den Anuren treten sie als prominente Bildungen am Boden der Mundhöhle hervor, während bei den Urodelen der ganze Kehlkopf, sowie sein Eingang kaum über das Niveau des Mundhöhlenbodens emporragt (Textfigur ı Ad.l.). Der Aditus laryngis der Säugethiere liegt ursprünglich am freien Rande des Gaumens und wird hierdurch in seiner Aus- gestaltung beeinflusst; damit tritt uns aber nicht etwas ganz Neues entgegen, denn schon bei Ophidiern und Crocodilen findet sich die Umgebung des Kehlkopfeinganges und der Gaumen in directer Anpassung an einander (Textfigur 15 und 16, p. 548 und IQ p. 550). 1) Nach ZANDER: besteht auch bei den Wiederkäuern in weiter Verbreitung eine scharfe Grenze zwischen Pharynx und Oesophagus, sie beruht aber auf dem plötzlichen Abfall der dicken Muskelschicht des Pharynx zu der dünnen Muscularis des Oesophagus, welche den unteren Rand des Pharynx wulstartig in das Lumen des Beginnes des Oesophagus vorragen lässt. 2) Selbstverständlich sehen wir dabei von dem Stützgebilde der Epiglottis vollkommen ab. 4* 12% 260 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 28 Ein solcher Anschluss des Larynx an den Gaumen und damit an die Nasenhöhle kommt, wie uns die Betrachtung der Saurier lehrte, phylogenetisch durch die Art und Weise zu Stande, in welcher die Aus- bildung des Gaumens erfolgt (s. p. 542 ff.) In Fällen, in denen der Gaumen noch median klafft, wird er vervollständigt durch die Theile des Mundhöhlenbodens, vor allem durch die Zunge. Diente hierzu noch der Mundhöhlenboden dicht vor dem Kehlkopf, so wird nach Vollendung der Gaumenbildung der Kehlkopf- eingang dem hinteren Gaumenrande angelagert sein. Für die Richtigkeit dieser Ansicht spricht auch bei den Säugethieren noch manches. Zunächst liegt auch bei vielen Säugern bei geschlossenem Maul die Unter- fläche des Gaumens dem Zungenrücken bis zum Kehldeckel hin unmittelbar an. Nur bei einzelnen bleibt median dicht vor der Epiglottis ein enger Raum frei (RÜCKERT). Ferner fanden wir bei Monotremen und manchen höheren Formen in den Plicae palato-(pharyngo-)epiglotticae (Taf. XVII, Fig. 3, 4, 5 Pl. pal.-ep.) Theile des Mundhöhlenbodens, denen das Palatum molle direct aufgelagert ist, so dass der Boden zu gemeinsamer Wirkung mit dem Gaumen besonders ausgestattet ist. Was nun die specielle Ausführung der Verbindung zwischen Kehlkopf und Nasenhöhle anlangt, so ist allen Mammaliern ursprünglich eigen, dass gleichzeitig damit Vorkehrungen getroffen sind, die den Luft- weg gegen das Eindringen von Bestandtheilen der Nahrung sicherstellen. Hierzu gehört in erster Linie, dass die Epiglottis hinter dem freien Rande des musculösen Velum palatinum emporragt (RÜCKERT), so dass aus- giebige Bewegungen des weichen Gaumens und des Kehlkopfes stattfinden können, ohne dass die Anein- anderlagerung beider Theile aufgehoben wird (Taf. XVII, Fig. 4 und 5). Im Uebrigen besteht aber eine Ver- schiedenheit zwischen den Monotremen und den übrigen Ordnungen. Bei Echidna und Ornithorhynchus ist der Weg, welcher vom Vestibulum pharyngis (Fig. 4, 5 Vest. phar.) in den eigentlichen Pharynx führt, nur abgesperrt durch die am Boden des Vestibulum verlaufenden Plicae palato-epiglotticae (Fig. 3-5 Pl.pal.-ep), deren freiem Rande die Unterfläche des weichen Gaumens aufruht. So ist es unmöglich, dass der Inspirationsstrom den Weg durch die Mundhöhle nimmt und Nahrungsbestandtheile aspirirt werden. Andererseits finden sich als Abschluss gegen den Oesophagus die Valvulae pharyngo-oesophageae (Fig. 1-5 Valv. phar-ösoph.), die ein Regurgitiren von Mageninhalt unmöglich machen. Auch bei den höheren Formen finden sich ähnliche Einrichtungen zum Schutze des Luftweges. Bei einer grösseren Anzahl von Arten bestehen Plicae palato-(pharyngo-)epiglotticae, die denn der Monotremen gleichen oder nur wenig schwächer entwickelt sind (bei Edentaten, Cavia, Dolichotes, Erinaceus, Textfigur 23 Pl.pal.-ep.). Beim Menschen finden sie ihre Homologa in den Plicae pharyngo-epiglotticae. An Stelle der Valvulae pharyngo-oesophageae trafen wir bei zwei Arten (Canis, [Textfigur 22 pl.| und Aystrix) Ringfalten, die einen unvollkommenen Abschluss zwischen Pharynx und Oesophagus bilden. Bei allen Marsupialiern und Placentaliern kommt es aber zur Ausgestaltung eines Isthmus pharyngo-nasalis durch Entwickelung der Plicae palato-pharyngeae (Textfigur 20 und 21 Pl. pal.-phar.), die den Monotremen abgehen. Der Isthmus umfasst den Kehlkopf unterhalb seiner Mündung und zwingt den Luftstrom, durch die Nasenhöhle ein- und auszutreten, auch bei Formen, denen Plicae palato-epiglotticae fehlen. Gleichzeitig wird auch dem Eindringen von Speisetheilen in den Luftweg wirksam Widerstand geleistet. Der Anschluss des Kehlkopfes an die Nasenhöhle ist ein Besitz, den die Säuger mit vielen Sauropsiden theilen. Bei Sauriern (s. p. 547), bei den Crocodilen, bei Ophidiern, bei einzelnen Cheloniern (Tesiudo) (s. p. 548550), manchen Vögeln besteht er bereits. Nicht also der Anschluss selbst ist für die Säuger charakteristisch, sondern die specielle Art desselben und ihre Folge für den Speiseweg. Letzterer führt ursprünglich bei ihnen jederseits seitlich am Kehlkopf vorbei und nicht über ihn hinweg wie bei den niederen Klassen. Dabei empfängt er bei Marsupialiern und Placentaliern auch eine Ueberdachung durch die Plicae palato-epiglotticae, die den Monotremen abgeht. Bei den Sauropsiden wird die Verbindung zwischen Nasen- 29 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 561 höhle und Kehlkopf beim Schluckact aufgehoben, bei den Säugern bleibt sie ursprünglich wenigstens be- stehen. Am nächsten kommen in dieser Beziehung noch die Crocodile an die Säugethiere heran. Bei ihnen ist wenigstens ein weites Oeffnen des Maules möglich, ohne dass der feste Anschluss des Kehlkopfes an die Choanen gestört wird (s. p. 550). Diese Besonderheit der Säugethiere hängt mit der Besonderheit ihrer Nahrungsaufnahme zusammen (GEGENBAUR). Während die Sauropsiden ihre Nahrung ungekäut schlucken, sind die Vorfahren der jetzigen Säuger dazu gelangt, ihre Nahrung zu zerkleinern und zwar offenbar sehr ausgiebig zu zerreiben. GEGENBAUR nannte diese Art der Verarbeitung der Nahrung Poltophagie im Gegensatz zur Psomophagie der niederen Formen und führte in einleuchtendster Weise aus, wie die ganze Mundhöhle mit ihren Organen durch sie beeinflusst wurde. Die zum Kauen nothwendigen Bewegungen des Unterkiefers und der Zunge können bei den Säugern vor sich gehen, ohne dass der Abschluss des Kehlkopfeinganges gegen die Mundhöhle gelockert wird und die Gefahr einer Aspiration von Nahrungstheilen eintritt. Die zerkleinerten Massen kommen ferner auch beim Schlucken garnicht an den Aditus laryngis heran, sondern bleiben seitlich von ihm, sie können sogar längere Zeit zum Passiren des paarigen Speiseweges brauchen, und die Inspiration kann inzwischen vorgenommen werden, ohne dass die Ingesta den Luftweg gefährden. Mit einer Aenderung der Art der Nahrungsaufnahme geht innerhalb der Säugethierklasse die innige Verbindung des Kehlkopfes mit Gaumen und Gaumenbogen verloren. Bildet sich die Gewohnheit heraus, grosse Bissen zu verschlucken, so muss die Benutzung eines paarigen Speiseweges wieder aufgegeben werden, die festen Nahrungsbestandtheile nehmen ihren Weg über den Aditus laryngis, nur flüssige Massen schlagen den alten Weg seitlich vom Kehlkopf ein. Die Lagerung des Kehlkopfes zum Isthmus pharyngo- nasalis bleibt dabei zunächst noch die ursprüngliche, die ausschliessliche Benutzung der Nasenhöhle als Luftweg hört aber damit auf. Die freie Beweglichkeit des Velum palatinum gestattet, den Respirationsstrom auch durch die Mundhöhle zu leiten !). In der Reihe der Anthropoiden wird der Kehlkopf aus der Einlagerung in den Isthmus pharyngo-nasalis befreit (RÜCKERT) und nimmt eine tiefere Stellung ein, die ihn dem Bereich des Cavum pharyngo-nasalis entzieht. Die ganze Kopfdarmhöhle und ihre Organe können damit in den Dienst des Stimmorganes gestellt werden und ermöglichen die grösste Errungenschaft, die im Laufe der Phylogenese erreicht wurde, die Erwerbung der Sprache. Trotz der Reduction des Isthmus palato-pharyngeus ist aber der Luftweg vor der Aspiration von Nahrungstheilen während des Kauens geschützt, indem die Beweglichkeit des Zungengrundes und des Gaumensegels den Abschluss der Mundhöhle nach hinten zu gestatten. Der Binnenraum des Kehlkopfes der Monotremen. Im Innern des Kehlkopfs lassen sich zwei Abschnitte unterscheiden (Taf. XVII, Fig. 4 und 5), ein oberer, an dessen Umrandung die Arytänoide betheiligt sind, der also einer Erweiterung und Verengerung fähig ist, und ein unterer, vom Cricoid umrahmter Raum. Der obere Theil ist dorsal vom Arytänoid, ventral von dem ventralen Theil der Schliessmusculatur (M. thyreo-crico-arytaenoideus) begrenzt. Das Relief seiner Seitenwand zeigt ein verschiedenes Verhalten, je nachdem der Kehlkopfeingang in geschlossenem oder dilatirtem Zustande vorliegt. Im ersteren Falle (Fig. 4) legen sich die oberen Theile beider Seitenwände, denen die Innenflächen der Plicae ary-epiglotticae (Pl.ar.-ep.) zugehören, an einander. Dabei springt die orale Portion ı) R. L. BOwLEs macht in Observations upon the mammalian larynx darauf aufmerksam, dass bei Säugern, die nach der Lage ihres Larynx auf die Nasenhöhle als Athemweg angewiesen zu sein scheinen, im Erregungszustande die Mundhöhle hierzu in Anspruch genommen werden kann, was eine vorübergehende Aufhebung des Anschlusses des Isthmus palato-pharyngeus an den Kehlkopf voraussetzt. 562 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 30 der Schliessmusculatur gegen das Lumen des Kehlkopfes etwas vor, und ihr Bereich grenzt sich gegen die untere vom Cricoid entspringende Portion des Muskels durch eine stumpfe Kante ab, die vom Arytänoid nach vorn zieht. Das Lumen vergrössert sich also unterhalb jener Linie zu der durch den Umfang des Cricoids bestimmten Weite. ALBRECHT nennt diesen Bereich der Seitenwand Sinus subglotticus. Untersucht man einen Kehlkopf im offenen Zustande (Taf. XVII, Fig. 5), so fehlt die Abgrenzung im Bereich des obersten Kehlkopfraumes, ein „Sinus subglotticus“ ist verschwunden. Die Bindegewebslage der Schleimhaut, der die oralen Theile des ventralen Schliessmuskels anliegen, ist erheblich verstärkt und schimmert bei Echidna durch das Epithel weisslich durch (vergl. ALBRECHT). Mit dieser Bindegewebsschicht ist das Perichondrium der nach vorn gerichteten Kante der Arytänoide in Verbindung, so dass die ventralen Theile der seitlichen Kehlkopfswand unbedingt die Bewegungen der Arytänoide mitmachen müssen. Von Stimmbändern ist bei den Monotremen noch keine Rede. Es fehlt auch jede Spur einer dem Ventriculus Morgagni vergleichbaren Bildung. Bei Echidna sah ich jederseits eine flache Rinne, die dem oralen Rande des Musculus thyreo-crico-arytaenoideus entspricht und dadurch zu Stande kommt, dass der muskelfreie Theil der Plicae ary-epiglotticae leicht gewulstet gegen das Lumen etwas vorragt. Zweiter Theil. Das Skelet des Kehlkopfes. I. Cartilago thyreoides. a) Fertiger Zustand bei Echidna und Ornithorhynchus. Ueber den Bau des Schildknorpels bei den Monotremen sind wir durch eine Anzahl von Arbeiten im Grossen und Ganzen orientirt. Es scheint aber doch geboten, eine Zusammenstellung der Ergebnisse der eigenen Untersuchung folgen zu lassen, da die früheren Autoren in manchen Einzelheiten von einander und von dem, was sich mir ergab, abweichen. Ganz zustimmen kann ich nur der Darstellung, die Dusoıs in Fig. 7 und 8 von dem Hyoidapparat von Ornithorhynchus giebt. Das Thyreoid steht bei beiden Monotremen in sehr inniger Verbindung mit dem Zungenbein. Beide bilden zusammen, wie GEGENBAUR es nannte, den Hyoidcomplex (Taf. XVII und XVIII, Fig. 6--11). Jeder der beiden Theile desselben besteht aus 2 Bogenpaaren und einem medianen, letztere aufnehmenden Stück, das als Copula bezeichnet werden muss. Der Zusammenhang beider Abschnitte beruht aber nur auf dem Anschluss des zweiten Zungenbeinbogens (4.II) an den ersten Bogen des Thyreoids (7%. I). Die Copulae (H.-00. und 7%h.-Co.) sind stets ganz von einander getrennt (vergl. die Medianschnitte in Fig. 4 und 5, Taf. XVII), so dass die Gliederung des Hyoidcomplexes in Zungenbein und Thyreoid ganz klar vorliegt, ebenso scharf wie bei den höheren Formen!). ı) Dass der erste Thyreoidbogen auch mit der Copula des Hyoids in Verbindung steht, wie WALKER beschreibt und abbildet, habe ich bei meinen Exemplaren nie finden können. In der Darstellung GEGENBAUR’s von Ornithorhynchus ist der zweite Thyreoidbogen ohne direkte Verbindung mit einer den ersten Bogen aufnehmenden Copula. Er vereinigt sich mit dem ander- seitigen unmittelbar caudal von jener. WIEDERSHEIM lässt bei Zehidna den ersten Thyreoidbogen ventral ohne Verbindung mit der Copula auslaufen (Fig. 300, p. 444). Ganz unzureichend ist die Beschreibung der Thyreoids von Ornitkorhynchus bei OWEN. 31 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 563 Von Interesse ist die Lagerung der Thyreoidcopula zu der des Hyoids. Wie auf Medianschnitten klar sichtbar (Taf. XVII, Fig. 4 und 5), ist die Copula des Thyreoids der des Zungenbeins aufgelagert (vergl. SYMINGTON C, p. 92). Thyreoid und Zungenbein sind in einander geschoben, so dass bei Betrachtung des Hyoidcomplexes von vorn der obere Rand der Thyreoidcopula von der Zungenbeinbasis verdeckt wird (Fig. 6 und 7). Damit treffen wir hier auf eine bei den Säugethieren allgemein verbreitete Erscheinung, die auch beim Menschen noch in fötalen Zuständen vorliegt (GEGENBAUR b, Taf. II, Fig. 9); auch hier ist anfänglich das Thyreoid mit dem oralen Theil seines medianen Abschnittes der Dorsalseite des Zungenbeinkörpers auf- gelagert. Erst gegen Ende der Fötalperiode wird diese Lagebeziehung durch das Herabsteigen des Kehl- kopfes, wie es SYMINGTON (a) schilderte, aufgegeben. Diese Ueberlagerung des Zungenbeins seitens des Thyreoids ist der Ausdruck einer oralwärts gerichteten Verschiebung des Kehlkopfes, die ihn erst auf die Copula zwischen viertem und fünftem Visceralbogen führte und nach ihrem Anschluss an den Kehlkopf als Thyreoid auch dieses an der Bewegung theilnehmen liess. Die weittragende Bedeutung dieser Verschiebung ist von GEGENBAUR zuerst gewürdigt worden. Sie spielt ja bei der successiven Aufnahme von Skelettheilen in den Dienst des Kehlkopfes eine wichtige Rolle. Dass bei den Monotremen die oralwärts gerichtete Verlagerung sogar den zweiten dem Larynx innig angeschlossenen Thyreoidbogen etwas unter den ersten Bogen desselben geschoben hat, hat GEGENBAUR schon gezeigt. Dieses Verhalten ist bei Ornithorhynchus stärker ausgeprägt als bei Echidna (Taf. XVII, Fig. 8 und 9). Wir beschäftigen uns jetzt etwas genauer mit dem Bau einzelner Theile des Hyoidcomplexes. Die Copula des Zungenbeines (H.-Co.) ist bei beiden Monotremen deutlich gegen die Hörner abgegrenzt. Bei Eehidna sind beide Bogenpaare durch ausgebildete Gelenke mit der Copula verbunden, bei Ornithorhynchus nur das zweite, während der eigentliche Hyoidbogen synchondrotisch angefügt ist. Zum grössten Theil besteht bei erwachsenen Thieren die Copula aus Knochengewebe, an der Oberfläche besteht eine compacte Knochenschale, des Innere durchziehen Knochenbalken, zwischen denen Markgewebe lagert (Fig. 4 und 5). Nur an den Gelenken resp. an der Grenze zwischen Copula und Hyoidbogen liegt hyaliner Knorpel. Die Copula von Echidna ist verhältnissmässig breiter und kräftiger als die von Ornithorhynchus. Oralwärts strebt von der Copula aus der erste knöcherne Abschnitt des Hyoidbogens (H.I), der bald dorsalwärts abbiegt und dabei wieder knorplige Beschaffenheit annimmt. Der Hyoidbogen hat in seinem oberen Theil neuerdings besonderes Interesse gewonnen, da er durch G. RuGE zum Skelet des äusseren Ohres in genetische Beziehung gebracht worden ist. Das Verhalten dieser Theile beim fertigen Thier, wie es RUGE schildert, spricht un- bedingt für die Richtigkeit seiner Ableitung. Die Untersuchung der Ontogenese wird hoffentlich nicht lange auf sich warten lassen, das Material dazu ist vorhanden, sie allein kann in dieser wichtigen Frage die richtige Entscheidung bringen. Am Seitenrande der Copula setzt der zweite Bogen des Hyoids an (H.II), bei beiden Formen in diarthrotischer Verbindung. Er zieht von hier dorsalwärts, der seitlichen Pharynxwand angelagert. Seine Breite, schon am Anfang beträchtlicher als die des Hyoidbogens, nimmt dorsalwärts noch zu. Die erste Strecke ist knöchern. Der dorsale Theil besteht bei Zchidna ganz aus Hyalinknorpel, er zieht sich oralwärts in einen hornartigen Fortsatz aus und schliesst sich caudalwärts mit dem knorpligen Abschnitt des ersten Thyreoid- bogens (Th. I) zusammen. Zweiter Hyoid- und erster Thyreoidbogen bildet ein mächtiges Skeletstück, dasschalen- artig beiderseits die Pharynxwand umfasst (Taf. XVII, Fig. 3). Der Zwischenraum, der die ventralen Theile beider Bogen trennt, ist durch eine derbe bindegewebige Membran geschlossen. Im Grossen und Ganzen gleichartig sind die Verhältnisse bei Ornithorhynchus, nur dass hier das Knochengewebe den dorsalen freien Rand des Bogens erreicht, das vordere Horn bleibt aber knorplig (Taf. XVIII, Fig. 8). 564 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 32 Die Copula des Thyreoids (Taf. XVIII, Fig. ro und ıı 7h.-Co.) ist stets knorplig. Sie steht in inniger Beziehung zum Kehlkopf. Der vordere Theil desselben liegt ihr unmittelbar auf und von ihr entspringen starke Theile der Schliessmusculatur (Taf. XVII, Fig. 17 und 18). Die Copula von Ornithorhynchus zeigt auf dem Medianschnitt eine starke Krümmung mit dem Kehlkopf zugekehrter Concavität (Taf. XVII, Fig. 4). Ihr oraler Rand ist dorsalwärts gebogen und der Basis des Epiglottisknorpels zugekehrt. Die Copula von Echidna weist eine ähnliche, aber viel weniger bedeutende Krümmung auf (Taf. XVII, Fig. 5). An die Copula schliessen sich seitlich unmittelbar die beiden Bogen an (vergl. SyminGTon b, p. 92), deren erste Strecken knöchern sind, während weiterhin der Knorpel erhalten bleibt, sie erscheinen wie in den Knorpel der Copula eingelassen; bricht man sie heraus, so zeigen tiefe Ausschnitte die Stellen ihrer Befestigung. Beide Bogen besitzen verschiedene Bedeutung und verschiedenes Verhalten. Der erste (7.7) gehört functionell, zusammen mit dem zweiten Zungenbeinbogen, in erster Linie zum Pharynx. Er verschmilzt an seinem verbreiterten knorpligen Theil (Taf. XVIII, Fig. 8 und 9) mit dem Zungenbeinbogen. Dieser Theil zieht sich caudalwärts in einen langen, dünnen Fortsatz aus (a), der endlich in die Klappe an der Grenze von Oesophagus und Pharynx eintritt und wesentlich zur Festigung derselben beiträgt (Taf. XVII, Fig. 2 und 3 Valv. phar.-ösoph.). Ausserdem ist ein knorpliger Fortsatz zu beachten, das Cornu laterale (Dusoıs), das vom caudalen Rande des Bogens caudal- und lateralwärts entsendet wird (Pre.muse.th.) Es ist bei Ornithorhynchus viel stärker ausgebildet als bei Echidna (vergl. Fig. 8 und 9). Seine Bedeutung besteht darin, dass es die Ansatzstelle eines starken Muskels bildet. Der zweite Bogen des Thyreoids (7h.II) zeigt einen sehr innigen Anschluss an den Kehlkopf. Er umfasst von der Ventralseite leicht dorsalwärts ansteigend, gabelartig den Larynx (vergl. Taf. XVIII, Fig. 18 und I5) und ist mit seinem Ende fest mit den Seiten des Cricoids (Or.) verbunden, so dass es schwer ist, beide von einander zu trennen. Die Beziehungen zum Kehlkopf bestehen ausserdem darin, dass von ihm ein nicht unerheblicher Theil der Schliessmuskeln entspringt (Taf. XVIII, Fig. 17 M.th.-er-ar.) Die Betrachtung des Thyreoids ergiebt also, dass nur die Copula und der zweite Bogen zum Kehlkopf gehören, während der erste Bogen noch nicht zum eigentlichen Kehlkopfskelet gerechnet zu werden verdient (vergl. die Darstellung von GEGENBAUR). Seine Beziehungen zum Kehlkopf sind indirecter Art. Sie werden nur vermittelt durch seine Verbindung mit der Copula, die ihrerseits dem Kehlkopf angehört. Dass die letztere an der Verlagerung des Larynx nach vorn theilgenommen hat, lässt aber auch den ersten Thyreoid- bogen in etwas andere Lagerung treten, als sie der ihm vorangehende zweite Hyoidbogen einnimmt (Taf. XVIII, Fig. 8 und 9). Schon von den Monotremen an ändert sich das, indem der erste Bogen des Thyreoids mit dem zweiten zur Bildung der Seitenplatten des Schildknorpels verschmilzt, so dass nur das Bestehen eines Foramen thyreoideum den Aufbau aus zwei Bogen noch andeutet (Dusoıs); die Verbindungen des ersten Bogens mit dem zweiten Hyoidbogen bleiben aber in der ganzen Säugethierreihe erhalten, sei es, dass beide dicht an einander gelagert bleiben (Marsupialier, Prosimier GEGENBAUR), oder dass bei ihrer Trennung das Cornu anterius des Thyreoid durch Knorpel oder ligamentös mit dem freien Ende des hinteren Zungenbeinhorns verbunden ist. Das im Ligamentum thyreo-hyoideum laterale des Menschen gelegene Corpusculum triticeum ist als Rest der alten Continuität zwischen beiden Bogen zu betrachten (GEGENBAUR)!). I) JURASZ (a) beschreibt eine eigenartige Varietät des Schildknorpels beim Menschen. Ein Fortsatz vom oberen Thyreoid- rand, neben der Incisura anterior entspringend, stand in Gelenkverbindung mit dem grossen Zungenbeinhorn, während im Uebrigen beide Theile in ganz normaler Weise miteinander in Verbindung standen. Bisher ist mir keine Parallele hierzu am Kehlkopfe von Säugern bekannt geworden, die zur Erklärung herangezogen werden könnte, — Ueber die elastische Modification des Knorpels an der vordern Ansatzstelle der Ligg. vocalia beim Menschen vergl. C. GERHARDT. 33 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. vı ON nn b) Die Entwickelung der Cartilago thyreoides. I. Die Visceralbogen junger Echidna-Embryonen. Für die morphologische Beurtheilung des Thyreoids der Monotremen wird naturgemäss die Ent- wickelungsgeschichte von wesentlicher Bedeutung sein. Das mir vorliegende Material gestattet, die hier noch bestehende Lücke unserer Kenntniss auszufüllen. Das jüngste Stadium, in welchem die Anlage des Thyreoids deutlich hervortritt, stellen die Embryonen 42 und 43 der SEmon’schen Sammlung vor). Beide unterscheiden sich nur unbedeutend im Entwickelungs- grad von einander. Die Beschäftigung mit ihnen ergab mir nun bald die Nothwendigkeit, das System der Visceralbogen im Zusammenhang zu untersuchen, und das Resultat dieser Prüfung soll hier zunächst mit- getheilt werden (Taf. XIX, Fig. I9—22 und Textfigur 24). Bei Embryo 42, der im Speciellen geschildert werden soll, bestehen noch die 4 Kiemenspaltenpaare welche die Abgrenzung der Visceralbogen gegeneinander ermöglichen (K.1—4, vergl. die Darstellung der Kiemenspalten der Monotremen und ihrer \ 73. Abkömmlinge von F. MAURER). Die erste Spalte = senkt sich zwischen Kiefer- und Zungenbein- bogen ein. Sie wird durch einen Gang gebildet, / der mit dem Lumen der Kopfdarmhöhle in breitem Zusammenhang steht und von hier aus dorsal- wärts gerichtet ansteigt. Sie verjüngt sich dabei allmählich und endet blind in der Nachbarschaft des Labyrinths, dicht unter dem Grunde der Rinne, die äusserlich die Grenze von Zungenbein- und Kieferbogen angiebt. Die zweite Visceral- spalte (Taf. XIX, Fig. 19 und Textfigur 24 K. 2) (zwischen Zungenbeinbogen und erstem Kiemen- Tr. Oesoph. Postbr. K. [drittem Visceral-]Jbogen) greift als ziemlich langer Fig. 24. Echidna. Embryo 42. Kopfdarm mit den Kiemen- spalten, von der Ventralseite gesehen, nach einem Plattenmodell. Schematische Einzeichnung der Bestandtheile der Kiemenbogen (der ein und verschmälert sich dabei allmählich. Sie SKeletanlagen, Gefässe und Nerven). Von den caudalen, schon stark verschmälerten Theilen des Kopfdarms geht der Kehlkopf aus, der ist schräg gestellt, von vorn und innen nach weiterhin in die Trachea (T}.) fortgesetzt ist. Bezeichnungen vergl. Erklärung der Abkürzungen am Schluss der Arbeit. Spalt am Boden der Kopfdarmhöhle ventralwärts hinten und aussen orientirt. Ihr Ende erreicht das Epithel der den Hyoidbogen nach hinten abgrenzenden Furche. Die dritte Viceralspalte (X. 3) verläuft ungefähr parallel der zweiten Spalte zwischen drittem und viertem Visceralbogen (ersten und zweiten Kiemen- bogen). Sie geht von der Seitenwand der Kopfdarmhöhle, dicht an ihrem Boden aus und dringt von hier ventral- und lateralwärts vor, ohne jedoch die Oberfläche zu erreichen. Dabei verengt sich ihr anfänglich noch ziemlich weites Lumen und schwindet schliesslich. Ihre Abgangsstelle liegt in der Höhe des Aditus laryngis. Die vierte Visceralspalte schliesslich (X. 4), die den vierten und fünften Bogen (zweiten und dritten Kiemenbogen) von einander trennt, hat sich, wie bereits MAURER (1899) schilderte, mit der Anlage des postbranchialen Körpers vereinigt (Taf. XIX, Fig. 22 und Textfigur 24 Postbr. K.), der sich nunmehr von ihrer medialen Seite abzweigt. Es sieht also aus, als wenn die Spalte sich gabelte. Sie geht von der Kopfdarmhöhle dicht I) Die Numerirung der Embryonen entspricht ihrer Nummer in R. SEMON’s Arbeit „Zur Entwickelungsgeschichte der Monotremen“. Jenaische Denkschriften. VI. Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. or 566 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 34 hinter dem Aditus laryngis, an der Uebergangsstelle ihrer dorsalen in die ventrale Wand ab und dringt von hier ventralwärts vor. Wir fügen hier ein, dass der Kehlkopfeingang etwa im Bereich des vierten und des hintersten Theiles des dritten Visceralbogens liegt. Diese Lagerung ist ungefähr dieselbe, die Karrıus (Taf. XXVI, Fig. 16) für den menschlichsn Embryo festgestellt hat. Wie HoCHSTETTER bereits mitgetheilt hat, bestehen in unserem Stadium nur 3 von den ursprünglich in Sechszahl vorhandenen Gefässbogen, nämlich der dritte (Carotiden-), der vierte (Aorten-) und der sechste (Pulmonalisbogen) [3, 4, 6). Alle sind auf der linken Seite weiter als rechts. Betrachten wir jetzt die übrigen Bestandtheile der Visceralbogen, so finden wir im ersten oder Kiefer- bogen den Ramus III. trigemini (Taf. XIX, Fig. 19 und Textfigur 24 V. 5). Der zweite (Hyoidbogen) enthält als Nerven den Facialis (VII). Ausserdem fällt in ihm die Anlage des knorpeligen Hyoidbogens sofort in die Augen (H.I). Sie besteht aus einer Masse dicht an einander gedrängter Zellen, die einen deutlich sich von der Umgebung abhebenden Gewebsstrang bilden. An den Schnitten, die den Boden der Kopfdarmhöhle treffen, sieht man, dass die Anlage mit der anderseitigen zusammenhängt. Die der Copula entsprechende Brücke (H.-Co.) ist aber viel lockerer gefügt und erscheint darum heller, weniger gegen die Umgebung abstechend, als der Bogen selbst. Im dritten Bogen treffen wir die Anlage des zweiten Zungenbeinhorns (Taf. XIX, Fig. I9 und Textfigur 24 H.II), die sich ganz ebenso verhält wie die des Zungenbeinbogens selbst. Medianwärts setzt sie sich in die, wie erwähnt, weniger deutlich sich abhebende Anlage der Copula fort. Ebenso hat auch Karrıus den Zusammenhang der Anlagen der Copula und der seitlichen Theile des Zungenbeins für den menschlichen Embryo festgestellt. Nach aussen von der Skeletanlage liegt der erste der in diesem Stadium noch erhaltenen Arterienbogen (3) (der primitive dritte). Auch der Nerv des Bogens, der Glosso-pharyngeus (IX), ist nachzuweisen. Er liegt unmittelbar an der Caudalseite der zweiten Kiemen- spalte (X.2), zwischen ihr und der Skeletanlage. Damit liegt er auch oral von dem dritten, mit ihm zusammengehörigen Arterienbogen (3). Wir kommen jetzt in den Bereich des vierten Bogens (Taf. XIX, Fig. 19, 20, 2I, auch Textfigur 24) und finden hier an der Caudalseite der dritten Visceralspalte (X. 3) eine Gewebsverdichtung, die genau über- einstimmt mit den Skeletanlagen in den vorhergehenden Bogen (7%.I). Es handelt sich, wie die Untersuchung der folgenden Stadien zeigt, um die Anlage des ersten Thyreoidbogens. Sie besteht aus einem bogenartigen Stücke, welches mit dem anderseitigen den Anfang des Larynx ventral umfasst und mit seinem dorsalen Ende noch dem hier stark verschmälerten caudalen Theil der Kopfdarmhöhle seitlich anliegt. Die beiden Bogentheile sind mit einander in Verbindung gesetzt durch eine schmale Zone eines viel lockerer gefügten Gewebes, das sich nur undeutlich von dem mesodermalen Gewebe der Umgebung abhebt. Dasselbe stellt die Anlage der Copula vor (7h.-0o.). In diesem Verhalten finden wir eine Uebereinstimmung zwischen dem Thyreoidbogen und den Bestandtheilen des Zungenbeins. Wie jeden typischen Kiemenbogen finden wir auch den Thyreoid- bogen in gemeinsamer Lagerung mit einem Nerven und einem Gefässbogen. Das Gefäss ist der vierte oder Aortenbogen (4), der nach aussen von der Skeletanlage emporzieht. Der Nerv geht vom N. vagus (X) und zwar noch vom Plexus nodosus desselben aus und zieht, ganz entsprechend dem Verhalten des Glossopharyngeus im vorhergehenden Bogen, an der Rückseite der dritten Spalte, zwischen ihr und der Anlage des ersten Thyreoidbogens ventral- und medianwärts (N.lar.sup.). Er verhält sich also als der Ramus posttrematicus des vierten Visceralbogens. An der Stelle, an welcher der Nerv das laterale Ende der Anlage des Thyreoidbogens passiert, schickt er einen Ast an der Hinterseite desselben vorbei gegen den Larynx (Taf. XIX, Fig. 20 rechts), der Zweig entzieht sich aber in kurzer Entfernung von der Abgangsstelle der Beobachtung. Was die Deutung des Nerven betrifft, so kann es sich nur um den Nervus laryngeus superior handeln. Seine 35 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 567 Natur als erster Branchialast des Vagus, also als Nerv des vierten Bogens ist schon längst durch FRORIEP für Rindsembryonen nachgewiesen worden. Für uns ist hier von besonderem Interesse, dass der erste Thyreoidbogen sich durch seine Lagebeziehungen, zu einem Branchialnerv zu einem Gefässbosen und zu den Visceralspalten als typischer Kiemenbogen erkennen lässt. Die Bestandtheile des fünften Visceralbogens erfahren zum Theil schon sehr frühzeitig eine Rück- bildung. Das ist der Fall bei dem Gefässbogen und bei dem Nervenstamm. FRORIEP hat nachgewiesen, dass junge Embryonen (Rind) einen Vagusast besitzen, der an der vierten Schlundspalte entlang läuft und als Ramus posttrematicus dem fünften Bogen angehört. Bei älteren Embryonen ist er nicht mehr nachweisbar, bei den vorliegenden Echidna-Embryonen war nichts mehr von ihm zu finden. Der Nerv ist bereits bei den Reptilien in Rückbildung begriffen. Bei den Eidechsen ist er nur noch ein ganz dünner Stamm und fehlt bei den übrigen Ordnungen. Mit dem sehr frühzeitig eintretenden Schwund des fünften Arterienbogens hat sich der sechste (Pulmonalisbogen) nach vorn verlagert und könnte leicht bei Unkenntniss des ursprünglichen Verhaltens als fünfter Bogen betrachtet werden (Taf. XIX, Fig. 22). An der medialen Seite der vierten Kiemenspalte (X. 4) und des mit ihr verbundenen postbranchialen Körpers (Postbr. K.) finden wir nun einen grösseren Herd von Zellen, der sich nicht so scharf abgrenzt wie die Skeletanlagen der vorhergehenden Bogen (Th.II). Die Elemente liegen auch nicht ganz so dicht an einander gedrängt wie dort. Untersuchen wir an einem älteren Stadium (44) die Stelle, an der hier die geschilderte Gewebs- verdichtung liegt, so finden wir dort den zweiten Bogen des Thyreoids gelagert (Th. II), wie aus dem Vergleich von Fig. 22 mit Fig. 27 (Taf. XX) hervorgeht. Die Lage zur vierten Kiemenspalte bezw. zum postbranchialen Körper, zum Vagusstamm (X), zum dritten Arterienbogen (3) resp. dem aus ihm hervorgehenden Stamm der Carotis communis (Car.comm.) ist für beide die gleiche. Ich nehme also keinen Anstand, in der Zellverdichtung das Blastem zu sehen, aus dem die Anlage des zweiten Thyreoidbogens hervorgeht. Die Zellverdichtung hat auch die Lagerung, welche wir von der Anlage des schräg von innen nach hinten und aussen gerichteten Skeletstückes des fünften Bogens erwarten mussten. Es handelt sich um ein verhältniss- mässig kurzes Stück, um den medialen Theil des ursprünglich längeren Bogens, und dieser muss auf dem Schnitt an der medialen Seite der Visceralspalte auftreten (vergl. Textfigur 24). Wir sehen also, dass sowohl der erste, wie der zweite Bestandtheil des Thyreoids auch in der Anlage. sich als Kiemenbogen und zwar als Skeletstücke des vierten und fünften Visceralbogens erkennen lassen. Ehe wir die Entwickelung des Thyreoids weiter verfolgen, sehen wir uns noch nach dem zweiten Kehlkopfnerven, dem Recurrens, um (Taf. XX, Fig. 23). Er geht dicht hinter dem Ganglion vom Vagus- stamm (X) ab und läuft an der Hinterseite des sechsten Gefässbogens (6) |Pulmonalisbogens] medianwärts (N. rec.), um in eine mächtige Zellenmasse einzutreten, die hier beginnt und seitlich vom Kehlkopflumen jederseits weit nach vorn zieht (M.-Anl.). In dieser Gewebsmasse kommt die innere Kehlkopfmusculatur zur Ausbildung (s. u. III. Theil). Der Recurrens tritt also nach seinem Abgang vom Stamm gleich zur Anlage seines Muskelgebiets. Vor dem Eintritt des Descensus cordis zeigt der Recurrens naturgemäss noch- nicht den für ihn später typischen Verlauf; immerhin aber reicht sein Endgebiet, die Anlage seiner Musculatur nach vorn weit über die Abgangsstelle der Nerven hinaus und weist darauf hin, dass der Kehlkopf eine Verlagerung nach vorn erfahren hat (Fig. 22). Auch der Recurrens (laryngeus inferior) stellt einen R. branchialis vagi vor, und zwar kann er bei seiner Lage hinter dem sechsten Arterienbogen und seiner Zusammensetzung aus motorischen Fasern, die ihn als einen Ramus posttrematicus charakterisiren, nicht mehr dem sechsten Visceralbogen angehören, sondern ist einem ursprünglich vorhandenen siebenten Visceralbogen zuzuweisen, demselben Bogen, dem das primäre Kehlkopfskelet (Arytänoid, Cricoid und die Trachealringe), sowie die Kehlkopfmuskeln zugehören. 5* 73* 568 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 36 Der Recurrens stellt also den Ramus branchialis IV nervi vagi vor. Der dritte Branchialast der Vagus ist völlig geschwunden, der zweite ist durch FRORIEP, wie erwähnt, nachgewiesen. Wir sehen also, dass hinter den 5 bei Echidna wie bei den höheren Säugern ontogenetisch auftretenden Visceralbogen noch Bestandtheile zweier folgender bestehen, des sechsten und siebenten. Von den Bestandtheilen des sechsten finden sich noch der Arterienbogen (Pulmonalisbogen) und als Product des Skeletstückes der Epiglottisknorpel (GEGENBAUR, Ss. u.), vom siebenten die Grundlage für das gesammte primäre Laryngo-trachealskelet (alle Abkömmlinge der Cartilago lateralis [s. u.]), die inneren Kehlkopfmuskeln und der Nervus recurrens. 2. Spätere Stadien der Entwickelung des Thyreoids von Echidna. In dem folgenden Stadium (44) weist das Thyreoid in seiner äusseren Form schon annähernd die Ver- hältnisse des fertigen Zustandes auf (Taf. XIX und XX, Fig. 24—27). Die Copula (Th.-Co.) trägt die beiden bogenförmig gestalteten Hörner, von denen das vordere bereits in Verbindung mit dem zweiten Bogen des Hyoids steht. Die Copula überragt ein wenig die Ansatzstelle des ersten Hornes. Zwischen dem Abgang des vorderen und hinteren Hornes von der Copula bleibt ein kleiner Zwischenraum. Im Bereich des vorderen Hornes (Taf. XIX, Fig. 24 Th.I) treffen wir durchweg schon hyaline Grundsubstanz ausgebildet. Im hinteren Horn fehlte sie noch am freien Ende (Taf. XX, Fig. 27 Th.1I), das zweite steht also hinter dem ersten Horn in der Entwickelung etwas zurück. Das Gleiche beobachteten wir schon im vorhergehenden Stadium. Die Copula (Taf. XIX, Fig. 24 und 25 7h./) ist noch ganz vorknorplig und dadurch lange nicht so scharf gegen die Umgebung abgegrenzt wie die Hörner. Die Copula und beide Bogen gehen aber ganz con- tinuirlich in einander über. R Im nächst älteren Stadium (45) hat die hyaline Grundsubstanz der Bogentheile des Thyreoids erheblich zugenommen, während die Copula noch aus dicht an einander gedrängten Zellen besteht, also vorknorpligen Charakter trägt. Sie hebt sich aber schärfer gegen die Umgebung ab, als es im vorhergehenden Zustand der Fall war. Dabei besteht die Continuität zwischen Copula und Bogen unverändert fort. Beim Embryo 46 (2 cm) finden wir dann den gesammten Schildknorpel, also auch die Copula aus hyalinem Knorpel gebildet (Taf. XX, Fig. 30). Das Gewebe der Copula zeigt dabei einen allerdings nur unbedeutenden Unterschied gegen das der Hörner. Die Intercellularsubstanz wies an. den vorliegenden Präparaten keinen deutlichen Farbenton auf, während die der Hörner eine schwache Färbung angenommen hatte. Das mag wohl darauf zurückzuführen sein, dass das Gewebe der Copula erst später als das der Bogen zur Ausbildung gelangt ist. Die Copula präsentirt sich jetzt als eine wagerecht gestellte Knorpelleiste, von der jederseits 2 Bogen ausgehen. Sie überragt dabei die Abgangsstelle des vordersten Bogens nach vorn zu, die des hinteren caudalwärts in geringem Maasse. Im Stadium 47 endlich ist dann jeder Unterschied zwischen Copula und Bogen geschwunden. Das Thyreoid. bildet ein völlig einheitliches Knorpelstück, in dem erst später an bestimmten Stellen Ver- knöcherungen Platz greifen. In diesem Zustand ist es auch von SyMmInGTon (1899) beobachtet worden. 3. Die Entwickelung des Hyoids von Echidna. Es ist nun wohl von Interesse, mit der Entwickelung des Thyreoids die des Hyoids zu vergleichen. Eine principielle Uebereinstimmung zwischen beiden liegt zunächst in der Zugehörigkeit zu Visceralbogen, wie schon dargestellt wurde (Taf. XIX, Fig. 19 H.I u. H.II). Ferner ist, wenigstens in den frühesten hier zur Beobachtung gelangenden Stadien, die Anlage der Copula (Z.-Co.) etwas weniger vorgeschritten als die 37 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 569 der Bogen, sie hebt sich nicht so scharf gegen die Umgebung ab wie die Anlagen der letzteren. Endlich stehen bei beiden Skelettheilen die Anlagen der Bogen mit der Copula in continuirlichem Zusammenhang. Dabei ist das Hyoid in der Entwickelung dem Thyreoid stets etwas voraus. Bereits im Stadium 44, in welchem die Copula und das freie Ende des zweiten Thyreoidbogens noch vorknorplig sind, ist das gesammte Hyoid bis auf eine ganz beschränkte, gleich zu erwähnende Stelle schon hyalinknorplig (Taf. XIX, Fig. 24 H.-0o. u. H.II). Schon beim Embryo 44 macht sich aber ein Unterschied in der ferneren Entwickelung geltend. Zwar findet man noch bis zum Stadium 47 (Beuteljunges) den ersten Hyoidbogen in continuirlichem Zusammenhang mit der Copula, den zweiten bis zum Stadium 45, aber schon bei 44 beginnt sich eine Grenze zwischen den Bogen und der Copula herauszubilden. Hier fehlt an der Ansatzstelle des ersten Bogens noch die hyaline Grundsubstanz, so dass Copula und erster Bogen durch eine Vorknorpelzone verbunden sind (Taf. XIX, Fig. 24 a); erst später entwickelt sich auch hier hyaline Grundsubstanz (46), aber in geringerem Maasse als im übrigen Hyoid (Taf. XX, Fig. 30 a); sie unterscheidet sich auch dadurch von der Grund- “ substanz der Bogen und der Copula, dass sie an den gefärbten Präparaten nicht den leichten Farbenton angenommen hatte wie diese. Später findet, wie der Vergleich mit einem ausgebildeten Skeletstück lehrt, hier eine Abgliederung des Bogens statt (Taf. XVII, Fig. 6). Aehnlich, wie es von der Ontogenese der Rippen bekannt ist), steht also auch hier die Verspätung und die geringfügigere Ausbildung der Grund- substanz in Zusammenhang mit der später an dieser Stelle eintretenden Trennung beider Theile, Etwas anders und schneller erfolgt die Abgliederung des zweiten Bogens. Im Stadium 44 ist die Grenze zwischen ihm und der Copula deutlich erkennbar dadurch, dass hier die Zellen etwas dichter an einander liegen, zwischen ihnen lagert aber durchsichtige Grundsubstanz (Taf. XIX, Fig. 24 ec). Ausserdem haben sich einige der Elemente abgeplattet und in die Richtung der Grenzzone eingestellt. Die Grenzzone bildet sich dann derart aus (Taf. XX, Fig. 30), dass abgeplattete Zellen den Bogen (H.II) wie die Copula (H.-Co.) scharf gegen eine Schicht abgrenzen, in der Zellen mit rundlichen Kernen ziemlich dicht an einander liegen (c). Ueber diese zieht das Perichondrium vom Bogen zur Copula hinweg. Die Substanz zwischen den Zellen der Grenzzone (c) hat jetzt keine Aehnlichkeit mehr mit der Grundsubstanz des hyalinen Knorpels (46, 47); ob sie fibrillären Bau besitzt, konnte an den aufgehellten Präparaten nicht entschieden werden; dass dann später hier die Gelenkbildung erfolgt, ergiebt sich aus dem Vergleich mit dem fertigen Zustand (Taf. XVII, Fig. 6)2). Wir sehen also, dass im Allgemeinen die Entwickelung des Thyreoids mit der des Hyoids zunächst übereinstimmt, dass sich aber später Unterschiede herausbilden, die damit in Zusammenhang stehen, dass die Bogen des Zungenbeins sich abgliedern, die des Thyreoids mit der Copula in Continuität bleiben. 4. Die Entwickelung des Thyreoids bei höheren Säugethieren. (Nach NıcoLas und KALLius.) Auch über die Entwickelung des Thyreoids der Placentalier liegen jetzt genaue Angaben vor. Wir wissen durch die Untersuchungen A. Nıcoras’ und E. KarLıus’, der des ersteren Angaben bestätigt und erweitert, dass das Thyreoid beim Menschen und bei anderen Formen in der ersten Anlage aus zwei median von einander getrennten Platten besteht, die den Seitentheilen des fertigen Knorpels entsprechen. Schon früher war von FLEISCHMANN und ARNOLD die Paarigkeit der Anlage beschrieben worden. Etwas späfer 1) Vergl. E. GÖPPERT, Untersuchungen zur Morphologie der Fischrippen. Morph. Jahrb., Bd. XXIII, 1895. . 2) Ueber die Ausbildung von Gelenken aus continuirlichen Zusammenhängen, vergl. R. SEMON, Zur vergleichenden Anatomie der Gelenkbildungen bei den Wirbelthieren, Festschrift zum 70. Geburtstag von C. v. KUPFFER, Jena 1899. 570 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 38 ist der Raum zwischen beiden Platten durch verdichtetes Gewebe ausgefüllt. In den beiden Seiten theilen der Anlage findet sich regelmässig, wie es scheint, das Foramen thyreoideum (KALLıus) und weist auf den Aufbau der Seitenplatte aus zwei getrennten Bogen hin. Im gleichen Sinne wurde von KarLıvs auch die von ihm festgestellte Thatsache gedeutet, dass in der vorknorpligen Anlage der Seitentheile die Ausbildung hyaliner Grundsubstanz jederseits an zwei getrennten Stellen, am oberen (oralen) und unteren Rande beginnt und von hier erst fortschreitend die ganze Platte in hyalinen Knorpel umwandelt. In dem median die beiden Platten mit einander verbindenden Gewebe kommt es nun zur Ausbildung eines Knorpelstückes, das in der Gegend des Ansatzes der Stimmbänder die beiden Seitentheile mit einander in Beziehung setzt. Dieses Stück, als nodule intermediaire von NıcoLas bezeichnet, ist, wie KarLıus bestimmt ausspricht, mit der Copula des Thyreoids der Monotremen zu homologisiren. Es scheint schon bei seinem ersten Auftreten in dem Gewebe zwischen den seitlichen Platten mit diesen in innigster Ver- bindung zu stehen. An die Verhältnisse, wie wir sie bei Echidna-Embryonen antrafen, erinnert es, wenn NıcoLas schreibt, dass der nodule interme&diaire sich nur dadurch gegen die Seitentheile abhebt, dass seine Grundsubstanz sich weniger stark färbt als die der Seitentheile, dass die Zellen von geringeren Mengen von Grundsubstanz umgeben sind und keine Gruppen bilden. Schon bevor die Copula deutlich in Erscheinung tritt, ist aber oberhalb und unterhalb der Ansatz- stelle der Stimmbänder eine directe Vereinigung der Seitentheile zu Stande gekommen, die am Aufbau der medianen Platte des Schildknorpels theilnimmt. Diese besteht also aus drei Abschnitten; in ihrem oralen und caudalen Theil kommt sie durch directen Zusammenschluss der seitlichen Thyreoidplatten zu Stande. Die Grundlage des mittleren Theiles bildet ein der Copula des Monotremen-Thyreoids homologes Stück. Bald schwindet aber jegliche Trennung zwischen den drei Componenten, und die mediane Platte nimmt durchaus gleichartige Beschaffenheit an. Vergleichen wir jetzt die Entwickelung des Thyreoids der Placentalier und der Monotremen, so können wir beide unschwer auf einander beziehen. Die Entwickelung der seitlichen Abschnitte des Knorpels zeigt bei den höheren Formen noch bestimmte Andeutungen, dass auch hier ursprünglich zwei getrennte Bogen wie bei den Monotremen bestanden (Karrıus). Auch in der Entwickelung des medianen Stückes des Knorpels ist das Auftreten einer Copula, des nodule intermediaire, mit den bei Echidna festgestellten Vorgängen zu vergleichen. Die Copula steht in beiden Fällen im Entwickelungsgrad hinter den Bogen- theilen zurück. Es scheint aber, dass dies bei den höheren Formen noch in weitergehendem Maassstabe der Fall ist als bei den Monotremen, so dass damit zeitweilig die Anlage aus zwei ganz getrennten lateralen Abschnitten besteht. Offenbar haben sich aber in der phyletischen Entwickelung des Thyreoids bei höheren Formen die Seitentheile unter Verbreiterung auch oral und caudal von der Copula direct mit einander verbunden!). Da nun die Seitentheile dem copularen Antheil in der histogenetischen Entwickelung voraus- eilen, so treten auch die aus ersteren hervorgehenden Theile der medianen Platte früher in deutliche Er- scheinung als die eigentliche Copula. So erklärt sich wohl die Besonderheit der Entwickelung der medianen Schildknorpelplatte. c) Die Ableitung des Thyreoids. Bekanntlich verdanken wir Dusoıs die Zurückführung des Thyreoids auf 2 Visceralbogen, den vierten und fünften (zweiten und dritten Kiemenbogen)?). DuBoıs begründet seine Deutung mit der augenfälligen 1) Der vergleichend-anatomische Nachweis eines solchen Vorganges ist noch nicht erbracht. 2) Vergleiche die historischen Bemerkungen in der Einleitung, p. 535. 39 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 571 Uebereinstimmung des Aufbaues des Thyreoids der Monotremen mit der des Hyoids und ferner mit dem Nachweis, dass hier die beiden Bogen des Thyreoids jederseits durch einen vom Nervus laryngeus superior innervirten Muskel (Interthyreoideus, Taf. XVII und XVIII, Fig. 7 und 14 M.interth.) mit einander verbunden werden, ebenso wie sich zwischen den beiden Bogen des Zungenbeins ein dem Glossopharyngeus zugehöriger Interhyoideus ausspannt (Taf. XVIII, Fig. 14 M.interh.). Zu diesen Gründen kommt jetzt der oben geführte Nachweis hinzu, dass die beiden Thyreoidbogen thatsächlich in Kiemenbogen ihre Entstehung nehmen, genau wie es bei den Bestandtheilen des Zungenbeins der Fall ist. Dabei sei erwähnt, dass schon W. Hıs das Material des vierten, KarLıus das des vierten und fünften Visceralbogens des Embryos der Anlage des Thyreoids der höheren Formen zuwies. Beziehungen zwischen dem Kehlkopf und Theilen des Hyoidapparates, wie sie am Thyreoid vorliegen, treten nicht erst bei den Säugethieren auf, sondern finden sich schon bei Amphibien und vor allem bei Reptilien. Ein erster Anfang einer solchen Verbindung lässt sich bereits bei einem urodelen Amphibium, nämlich Siren lacertina, nachweisen (E. G. c. I). Die Raphe, von der die ventralen Theile der Schliess- musculatur des Kehlkopfes entspringen, setzt sich oralwärts in derbe Bindegewebszüge fort, welche den Kehlkopfeingang ventral und seitlich umhüllen, und dieses Bindegewebe befestigt sich an der Dorsalseite der Copula, an welche der zweite und dritte Kiemenbogen sich ansetzt. Viel inniger wird der Anschluss des Kehlkopfes am Hyoid bei den Anuren. Das Larynx liegt fest in einer Gabel eingeschlossen, die vom Hinterrand des Zungenbeinkörpers und zwei von hier caudalwärts strebenden Auswüchsen desselben, den Processus postero-mediales (tbyreoidei, Columellae), gebildet wird. Die Bedeutung der Einrichtung ist eine mehrfache. Die Kehlkopfmuskeln, vor allem der Dilatator laryngis, gewinnen gut fixirte Ursprungsstellen, die Hauptsache ist wohl aber, dass die Fixirung des Kehlkopfes am Hyoid ermöglicht, dass der Kehlkopf die raschen Bewegungen ausführen kann, die sich bei der Inspiration abspielen. Er folgt prompt den Bewegungen des Zungenbeins (vergl. I p. 540). Der Anschluss der Processus postero-mediales an den Kehlkopf geht aber noch weiter. Bei Pipa verschmelzen beide an der Ventralseite des Kehlkopfes zu einer breiten Platte, die sich der Kehlkopfwand anschliesst und sich beim männlichen Thiere sogar von dem Körper des Zungenbeins abtrennt und zu einem selbständigen Bestandtheil des Kehlkopfskelets wird (GRÖNBERG). Dieser Vorgang ist von Interesse, weil sich hier klar zeigen lässt, wie sich der Kehlkopf Theile assimilirt, die ursprünglich gar nichts mit ihm zu thun hatten. Allgemein ist bei den Reptilien der Kehlkopf mit dem Zungenbein in Verbindung getreten. Bei den Schlangen, deren Hyoidapparat stark reducirt ist, beschränkt sich die Beziehung darauf, dass der Retractor laryngis, ein dem Glossopharyngeusgebiet zugehörigen Muskel, von ihm entspringt (vergl. III. Theil. Bei den übrigen Ordnungen hat sich der Kehlkopf dem Zungenbeinkörper aufgelagert. Dieser dient ihm als schützende Unterlage (Textfigur 41). Ein Band, das Ligamentum crico-hyoideum, oder Ursprünge der Schliessmusculatur, oder beides stellen die feste Verbindung beider Theile her. Bei Amphisbaena spielt bei dieser Verbindung nicht nur die Copula eine Rolle, sondern das dritte Paar der mit ihr verbundenen Hörner, die wohl als zweites Kiemenbogenpaar zu deuten sind, legt sich zu beiden Seiten dem Kehlkopfe an und ist sogar streckenweise ligamentös mit dem Cricoid verbunden. Von ihm entspringt an dieser Stelle ein Theil des Dilatator laryngis (E. G. c.I). In besonderer Anpassung an den Kehlkopf finden wir bei Schildkröten und Crocodilen den Zungenbeinkörper als breite Platte ausgebildet. Eine ähnliche An- passung des Visceralskelets an Theile, denen es als Unterlage dient, finden wir übrigens schon bei niederen Formen. Es sei nur kurz an die Ausbildung der hintersten Copula der Selachier als Träger des Pericardial- sackes erinnert (GEGENBAUR, Cardiobranchiale). D Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 40 wa NI Betrachtet man nun die Theile des Hyoidapparates, die in der eben kurz skizzirten Weise mit dem Kehlkopf in Verbindung getreten sind, so findet man, dass sie in keinem Falle mit dem Thyreoid der Säuger homologisirt werden können. Die Processus postero-mediales der Anuren sind keine Kiemenbogen, sondern erst bei der Metamorphose zur Entwickelung gelangende Fortsätze der Zungenbeincopula (E. Gaupp a und W. G. RıpEwoon); der Zungenbeinapparat der Reptilien auf der anderen Seite enthält nie mehr den fünften Visceralbogen (dritten Kiemenbogen), der doch im Schildknorpel aufgegangen ist. Wir treffen bei den Amphibien und Sauropsiden nur Parallelen zur Schildknorpelbildung der Säuger. Bei keiner Form unter den Amphibien und Reptilien finden wir aber überhaupt einen Zustand des Visceralskelets, von dem man den vierbogigen Hyoidcomplex der Monotremen in allen seinen Theilen ableiten 2) könnte. Bei den Reptilien sind im Zungenbeinapparat hinter dem Hyoid- bogen höchstens noch 2 Bogenpaare (das dritte und vierte) der Copula angeschlossen. Das Copularstück selbst ist dabei ungegliedert. Bei den Amphibien treffen wir wenigstens auf die Homologa der ) (Br 2) R 6 an Seitentheile des Thyreoids. Bei allen Perennibranchiaten, Derotremen Fig. 25. Siren lacertina. Kiemen- und den Larven der Urodelen erhält sich mindestens noch der fünfte skelet nach J. G. FISCHER. Die Visceral- bogen sind mit ihren laufenden Nummern bezeichnet. Hy. Zungenbeinbogen, Br. verloren. Das Gleiche gilt für die Larven der Anuren und die Gymno- Kiemenbogen. Visceralbogen (dritter Kiemenbogen). Nur bei Cryptobramchus geht er phionen. Bei den Urodelen ist aber eine Reduction des Systems der Copulae eingetreten (Textfigur 25). Mit ihm stehen ausser dem Zungenbein- [11.(AHy.)] nur noch der erste [ZIL.(Br.D)] und zweite [IY. (Br. II)] Kiemenbogen in Verbindung, bei Proteus und Necturus sogar nur noch der erste. Der dritte (bei den eben genannten Formen schon der zweite) schliesst sich mit seinem ventralen Ende dem vorhergehenden etwa in der Mitte der Länge desselben an |V.(Br.III)], zeigt also ein ganz anderes Verhalten als der zweite Bogen des Thyreoids. Bei den Anurenlarven hat sich das Copularsystem auf ein kleines Knorpelstück reducirt, mit dem der Hyoidbogen und caudal jederseits eine die ventralen Enden der 4 Kiemenbogen zusammenfassende Knorpel- leiste in Verbindung tritt. Starke Concentration des ganzen Apparates und ganz specielle Anpassung an die Kiemeneinrichtungen lassen in ihm nicht den Aus- gangspunkt einer fortschreitenden Entwickelung sehen. Bei den Gymnophionen endlich, speciell bei Ichthyophis finden sich in ventraler Richtung die Bogen des Visceralskelets viel vollkommener erhalten. Beim ausgewachsenen Thiere bildet der Zungenbeinbogen, mit dem ersten Kiemen- bogen durch eine mediane Copula zusammenhängend, ein dem Hyoid der Säuger \ direct vergleichbares Stück. Der folgende (vierte) Bogen ist mit dem ander- (Br: W) seitigen ventral verschmolzen, ebenso der nächste (fünfte). Eine Verbindung Dr a Mike A zwischen beiden thyreoidealen Stücken und zwischen dem vorderen von beiden nosa. Larve, Kiemenskelet, 3/1. und dem ersten Kiemenbogen fehlt. Auch hier ist also das System der Copula en ST ne = gering entwickelt. Aber nicht nur die Betrachtung des Visceralskelets der Fische, Hizegzs. sondern auch die Befunde am Kiemenapparat der Larven von Ichihyophis zeigen, dass es sich um einen Rückbildungsprocess handelt (P. und F. Sarasın). Bei der Larve (Textfigur 26) besteht noch die copulare Verbindung zwischen dem ersten und zweiten Kiemenbogen [111.(Br.I) und IV. (Br. 2], die später fehlt. Die Copula zwischen zweitem und drittem Bogen scheint allerdings in der Ontogenese gar nicht mehr zur Anlage zu kommen. Immerhin steht das Bogensystem von Ichthyophis unter denen aller 4I Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigurmg der Monotremen. 573 Amphibien dem Zustande, den wir für die Vorfahren der Säuger vorauszusetzen haben, am nächsten. Die ventrale Umfassung des Kopfdarmes seitens der Bogen ist durchaus ähnlich dem bei den Monotremen sich darbietenden Verhalten. Es fehlt nur ein der Copula des Thyreoids entsprechendes Stück. Wollen wir die Homologa aller einzelnen Theile des Hyoidcomplexes der Monotremen wiederfinden, so müssen wir auf die Fische zurückgreifen (Textfigur 27). Selbst die mediane Abtrennung des ersten Kiemenbogens sammt Zungen- beinbogen und einer Copula von der Reihe der folgenden Bogen ist bei den Notidaniden (GEGENBAUR a) schon durch- & geführt. Nach allem müssen die amphibischen Vorfahren der Säugethiere einen viel vollständiger erhaltenen Viscera- > apparat besessen haben, als ihn die heutigen Amphibien = N an zeigen. Diese Thatsache, die sich an dem Beispiel des le 2 Me > \ S Thyreoids ohne weiteres erweisen lässt, ist auch bei der Be- 22 N x ee E = R : = (Br. F) urtheilung anderer Skeletstücke im Bereich des Kopfdarmes e £ A Fig. 27. Amia calva. Kiemenskelet, 3/4, nach Epw. und seiner Theile stets im Auge zu behalten!). PHELPS Artıs. Bezeichnung s. Erklärung zu Fig. 23. Il. Cartilago epiglottidis (und C. cuneiformis [Wrisbergii)). a) Gestaltung und Befestigung des Epiglottisskelets. I. Monotremen. Die Epiglottis der Monotremen beherbergt ein knorpliges Skeletstück, den Epiglottisknorpel, das sich in Folge seiner festen Beschaffenheit und scharfen perichondralen Abgrenzung leicht herauspräpariren lässt. Für beide Arten gilt, dass der Epiglottisknorpel der hinteren Fläche der Epiglottis näher liegt als der vorderen (Taf. XVII, Fig. 4 und5 Ep.-Kn.) und dass er nirgends die bei höheren Formen so verbreiteten, von Drüsen eingenommenen Durchbrechungen und Defecte zeigt. Der Epiglottisknorpel von Echidna (Taf. XVII, Fig. 16 und 18 Ep.-Kn.) nimmt nur den mittleren Theil der Epiglottis ein (vergl. GEGENBAUR b). Er entspricht ungefähr dem Theile der Epiglottis, welcher zwischen den Vorderenden der Plicae ary-epiglotticae und über ihnen liegt. Es handelt sich also um ein schmales, zungenartiges Knorpelstück, das bis zum freien Rande der Epiglottis aufsteigt und hier entsprechend der Gestaltung des Randes eine leichte Einkerbung aufweist. Die Seitenränder des Knorpels zeigen stellen- weise unbedeutende Einbuchtungen, so dass sie nicht ganz geradlinig verlaufen. Die oberen Theile sind die dünnsten. In der Nachbarschaft des freien Randes ist der Knorpel annähernd plan. Je näher der Basis, desto stärker kommt eine Biegung in querer Richtung zur Geltung. Die Basis selbst zeigt, wie GEGENBAUR ‚zuerst beschrieb, eine ausgesprochen paarige Beschaffenheit. Der basale Rand springt in concaver Buchtung in die Knorpelplatte vor und zieht sich jederseits in einen kurzen Arm aus (s. Taf. XVII, Fig. 18). Als individuelle Varietät trifft man, wie eine frühere Arbeit abbildet (E. G. a, Fig. I, p. 74), an dem paarigen Fortsatz jederseits noch einen kleinen, abwärts gerichteten, zapfenartigen Anhang. Der basale Rand des Epiglottisknorpels ist entsprechend der schrägen Stellung der Epiglottis der Innenfläche der Thyreoidcopula zugekehrt (Taf. XVII, Fig. 5 und Taf. XVIII, Fig. 18). Die seitlichen Fort- 1) Vergl. zum Vorstehenden C. GEGENBAUR, Vergl. Anat., Bd. I, 1898, Vom Kiemenskelet. Jenaische Denkschriften. VI. 6 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 74 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 42 574 sätze kommen in die vorderen Theile der Plicae ary-epiglotticae zu liegen (Taf. XVIII, Fig. 18). Der Epiglottis- knorpel umrahmt also mit seiner paarigen Basis von vorn her den obersten Theil des Kehlkopfes. Es ergiebt sich darin eine nicht zu vernachlässigende Uebereinstimmung mit visceralen Bogen, z. B. dem zweiten Thyreoid- bogen. Der Epiglottisknorpel steht in keinerlei directer Beziehung zu einem anderen Skeletstücke. Seine Basis, die, wie schon gesagt, der Innenfläche der leicht gekrümmten Thyreoidcopula zugekehrt ist, liegt etwas unterhalb des oberen Randes der letzteren; ein grosses Drüsenpacket (Taf. XVII, Fig. 5 und Taf. XVII, Fig. 18 Dr.) schiebt sich trennend zwischen beide ein. Oben ist endlich schon beschrieben, dass an der Hinterfläche des Knorpels etwas unterhalb der Mitte seiner Höhe ein Sehnenzug ansetzt, der, nach vorn ziehend, sogleich sich gabelt und in die beiden Plicae palato-epiglotticae ausläuft (s. p. 552). Der Epiglottisknorpel von Ornithorhynchus (Taf. XVII, Fig. 15) ist verhältnissmässig grösser als der von Echidna. Er beschränkt sich nicht allein auf die medianen Theile der Epiglottis, sondern breitet sich auch seitlich aus, so dass nur die den Kehlkopfeingang lateral begleitenden Theile der Epiglottis skeletfrei sind (vergl. Taf. XVII, Fig. 1). Gleich der Epiglottis selbst zieht sich auch der Knorpel nach oben zu in eine Spitze aus. Seine Form lässt sich am besten mit der einer etwas verbreiterten Lanzenspitze vergleichen. Wir unterscheiden einen basalen Rand, der sich seitlich in zwei ganz unbedeutende Vorsprünge ausziehen kann, zwei seitliche Ränder und den oberen in die Spitze auslaufenden Rand, der dem freien Rande der Epiglottis angehört. Die Stelle, an der die seitlichen Ränder mit dem oberen zusammentreffen, ist jederseits in eine spitze Ecke ausgezogen. Rechte und linke Hälfte der Knorpelplatte sind dadurch gegen einander abgegrenzt, dass von der Hinterfläche her median eine Rinne in den Knorpel eingreift, der an der Vorder- fläche ein leistenartiger Vorsprung entspricht. An ihm nimmt in der Mitte der Knorpelhöhe das den Plicae palato-epiglotticae zugehörige Ligament Befestigung. Die Abgrenzung der rechten und linken Hälfte der Knorpelplatte ist in der Mitte ihrer Höhe am deutlichsten; sie verstreicht gegen die Spitze und ist nach der Basis weniger scharf ausgeprägt. Die Rinnenbildung findet ihren Ausdruck an den beiden Hälften des Knorpels, indem jede, wie GEGENBAUR beschrieb, für sich in querer Richtung eine Concavität nach vorn zu aufweist. Wie aus der Beschreibung hervorgeht, ist es mir nicht gelungen, am Epiglottisknorpel von Ornithorhynchus eine Paarigkeit der Basis aufzufinden, wie sie GEGENBAUR beschrieb. Mir scheint aber, dass dies in Beziehung gebracht werden muss mit einem anderen Verhalten. Untersucht man nämlich die Lagerung der Basis des Epiglottisknorpels, so findet man sie in nächster Nachbarschaft des freien oberen Randes der Thyreoidcopula (Taf. XVII, Fig. 4 und Taf. XVIII, Fig. 15). Die Copula ist, wie oben geschildert, ziemlich stark gebogen. Ihr oberer Rand sieht nach hinten und wird in seiner Richtung genau fortgesetzt durch den Epiglottisknorpel. Die innige Beziehung zwischen Epiglottisknorpel und oberem Thyreoidrand wird auch ersichtlich, wenn man beide, wie es Fig. ı5, Taf. XVIII, darstellt, freilegt. Die Breite der Basis des Epiglottisskelets entspricht fast vollkommen der Breite des Knorpels der Copula. Die Basis des Epiglottis- knorpels ist zwar nicht direct dem Thyreoid aufgelagert, es besteht vielmehr zwischen beiden ein schmaler Zwischenraum, der durch Bindegewebe ausgefüllt ist. Dennoch ist ganz offenbar die Basis des Epiglottis- knorpels dem oberen Thyreoidrand angepasst, und letzterer weist mit seiner Krümmung deutlich auf diese Beziehung hin. Vergegenwärtigt man sich, dass der Epiglottisknorpel durch das Ligament der Plicae palato-epiglotticae fixirt wird, dass Speisetheile beim Passiren der Fauces gegen den oberhalb der Ansatz- stelle des Bandes gelegenen Theil des Epiglottisknorpels andrängen und ihn nach hinten zu drücken streben, so wird der basale Theil des Knorpels eine Excursion nach vorn ausführen, hier am Rande des Thyreoids eine Stütze finden und damit dem ganzen Knorpel Halt geben. 43 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 575 Der Epigottisknorpel verhält sich also bei Echidna und Ornithorhynchus ungemein verschieden. Bei Echidna ist er an seiner Basis mit paarigen Fortsätzen versehen, die bei Ornithorhynchus fehlen. Der Knorpel von Echidna erstreckt sich als schmale Platte über seiner paarigen Basis in die Epiglottis hinein, ohne an Breite zuzunehmen. Bei Ornithorhynchus dehnt er sich über den grössten Theil der Epiglottis aus und erfährt dadurch eine erhebliche Verbreiterung. Die Basis des Knorpels von Echidna hat Beziehung zu den Plicae ary-epiglotticae, indem ihre seitlichen Fortsätze die vorderen Enden jener erreichen. Etwas derartiges fehlt bei Ornithorynchus, dagegen hat sich hier eine Anpassung der Basis des Epiglottisknorpels an den oberen Rand der Thyreoidcopula vollzogen, die sich auch an dieser selbst bemerkbar macht. 2. Marsupialier und Placentalier. Bei den Marsupialiern ist der breite Epiglottisknorpel, wie GEGENBAUR (b) eingehend schilderte, unbeweglich mit dem Vorderrand des Thyreoids durch Bandmasse verbunden. Das Thyreoid ist der Träger des Epiglottisskelets geworden und wird selbst durch diese Beziehung beeinflusst, indem es eine bei den verschiedenen Arten verschieden innige Verbindung mit dem Cricoid eingeht. Median bildet sich nämlich ein Zusammenhang beider Skelettheile aus, der zur Concrescenz führen kann (Halmaturus), dazu kommt bei Phalangista noch jederseits eine Verschmelzung des hinteren Hornes des Thyreoids mit den Seitentheilen des Cricoids, so dass beide Stücke wie ein einziges Skeletstück erscheinen. Der ganze Kehlkopf erscheint dadurch als Stütze für die in bestimmter Lage fixirte Epiglottis. Die Bewegungen des Larynx können daher dazu dienen, die wohl gelegentlich verloren gehende normale Stellung der Epiglottis im Innern des Isthmus pharyngo-nasalis wieder herzustellen (GEGENBAUR b, p. 31). Die Basis des Epiglottisknorpels, welche die Verbindung mit dem Thyreoid vermittelt, zeigt, wie bei Ornithorhynchus, keinerlei Spuren von Paarigkeit. Das Thyreoid auf der anderen Seite weist in seinen medianen Theilen eine ventralwärts gerichtete Buchtung auf, die bei Phalangista (GEGENBAUR b, Fig. Io) zu einer mächtigen Blase ausgebildet sein kann. In Fällen, in denen diese Biegung geringere Grade aufweist, wie z. B. bei Halmaturus giganteus (KÖRNER, Fig. 3), krümmt sich der obere Rand des Thyreoids der Basis des Epiglottisknorpels entgegen, so dass der Medianschnitt des Kehlkopfes ein Bild erscheinen lässt, wie es ganz ähnlich Ornithorhynchus bietet (vergl. Taf. XVII, Fig. 4). In der That möchte ich im Verhalten des Epiglottisknorpels von Ornithorhynchus einen Zustand erblicken, der auch den Beutlern ursprünglich zukam. Es fehlt bei Ornithorhynchus nur noch der feste Anschluss des Epiglottisknorpels an den Thyreoidrand, um den Marsupialierzustand zu erhalten. Anders als bei den Marsupialiern ist beiden Placental- thieren die Basis des Epiglottisknorpels oft paarig gebaut, in N\ E anderen Fällen fehlt aber auch hier jede Spur paariger Be- I —Q schaffenheit, und ein einfach gestaltetes Knorpelblatt liegt der yı oe a) SOSE Epiglottis zu Grunde. GEGENBAUR war die Paarigkeit bereits Da, DIR bei den Nagern bekannt. Später stellte sie sich aber als eine HR Fig. 28. Arvieola arvalis. Epiglottisknorpel, aus- gebreitet, 36/1. B.S. basale Seitentheile, H.f. Haft- entsendet seine Basis jederseits einen Fortsatz, der in die Plicae fortsatz zur Verbindung mit einem Vorsprung am N 5 R : R | 3 h oberen Thyreoidrand, L.m. in die Epiglottisfalte ary-epiglotticae eindringt und sich hier zu einer mächtigen eingelagerte mediane Platte, J. medianer Einschnitt. [Aus E. G. (a).] sehr verbreitete Eigenschaft des Knorpels heraus. Vielfach Skeletbildung entwickeln kann (vergl. E. G. a). Bei den Muriden und Arvicoliden (Textfigur 28) unter den Nagern ragt in den basalen Rand des Knorpels ein tiefer Einschnitt hinein (J.). Ihn begrenzt rechts und links ein abwärts gerichteter 6* T4* 576 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 44 7 & Fortsatz (B.$.), der in die ary-epiglottischen Falten einbiegt und, allmählich sich verjüngend, mit seiner Spitze dem Arytänoid zugekehrt endet. Auch für Lepus ist bereits durch GEGENBAUR nachgewiesen, dass in jugendlichen Zuständen die Basis aus zwei deutlich getrennten symmetrischen Hälften besteht, die erst später zu völliger Verschmelzung mit einander kommen. Auch für Arctomys marmota beschrieb ALBRECHT, dass die Epiglottisknorpelbasis jederseits einen Fortsatz in die von ihm als Taschenbänder bezeichneten Falten hineinschickt. Ausgesprochen paarig ist bekanntlich der Epiglottis- knorpel des Pferdes. Jederseits geht von seiner Basis ein starker Fortsatz aus, der auf das Arytänoid zustrebt. Der Epi- pn /zeza. glottisknorpel umfasst bogenartig von der Ventralseite her das Kehlkopflumen. Besonders umfangreich ist das Epiglottisskelet der In- Es: sectivoren (Talpa, Erinaceus, Sorex) |Textiigur 29]. Hier legt i ee sich das Knorpelstück wie ein breiter Gürtel von vorn her um ee den oberen Theil des Kehlkopfes herum und erreicht beider- seits fast die Arytänoide. Vorn und median senkt das Knorpel- Fig. 29. Talpa europaea. Epiglottisskelet, Nächen- E x Ei ; ; : > Er haft ausgebreitet, 20/1. D. Durchbrechungen der band eine breite Platte als Stütze in die Epiglottis hinein Basis durch Ausführgänge von Drüsen, die an ihrer Vorderfläche lagen, Pr.cun. Processus cuneiformis. Sonstige Bezeichnungen s. Erklärung zu Fig. 28. hornartiger Vorsprung zum freien Rande der mächtig ent- [Aus E. G. (a).] (Lamina mediana, Z.m.), von den seitlichen Theilen ragt ein wickelten ary-epiglottischen Falten empor (Processus cunei- formis, Pr. cun.). Ganz ähnlichen Bau besitzt auch das Epiglottisskelet von Myrmecophaga didactyla. Auch hier unterscheiden wir die Basis, die mit zwei Armen das Lumen des Kehlkopfes vorn und seitlich umspannt, und eine mediane Platte in die Epiglottis und zwei seitliche, dicht vor den Arytänoiden gelegene Hörner aufwärts entsendet. In gleichartigem Verhalten treffen wir das Epiglottisskelet auch bei den Prosimiern (vergl. hier Textfigur 20 p. 553). Von der Basis des Knorpels geht bei Stenops (gracilis und tardigradus) |Textfigur 30] j median eine breite Platte in die Epiglottis Zu Ti hinein (Z.m.); seitlich dehnt sich die Basis /, \ in die ary-epiglottischen Falten (2. $.) bis zur Verbindung mit den Arytänoiden (Ar.) aus und schickt auch hier an ihrem dorsalen Ende einen Processus cuneiformis (Pr. cun.) zum Rande der sie bergenden Falte. Median greift vom basalen Rande her eine Incisur (J.) in die Knorpelplatte ein, welche die Paarig- keit der Bildung noch klarer zum Vorschein ie sommen lässt. lich ich a Fig. 30. Stenops tardigradus. Epiglottisskelet, flächenhaft aus- kon ; ennliches indes Se un gebreitet, 10/1. Ar. Arytänoid, P.S. Processus Santorini. Sonstige B- bei Talpa und Erinaceus) Dazu kommen SEISHUDnBSmESe En aber vielfache unregelmässig vertheilte Durch- brechungen des Knorpels (D.) in der Nachbarschaft des basalen Einschnittes, in welche sich Drüsen des Kehlkopfes einbetten. Diese Defecte des Knorpels sind derart vertheilt, dass sie eine Zerlegung des Epiglottisskelets vorzubereiten scheinen, die in der That bei einem anderen Prosimier, bei Otolienus crassi- caudatus vollzogen ist (Textfigur 31). Statt des einheitlichen Skeletstückes liegen hier 3 getrennte Knorpel 45 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 577 vor. Ein grosses medianes Stück stützt die Epiglottis. Secundären Epiglottisknorpel könnte man es bezeichnen. Zwei seitliche Stücke, Cartilagines cuneiformes seu Werisbergii (C. Wrsbrg.), geben den vorderen Theilen der ary-epiglottischen Falten grösseren Halt. Selbst bei Primaten, bei den Arctopitheei ——ı (Hapale Oedipus) ist das Epiglottisskelet in der bei 5 Stenops vertretenen Einheitlichkeit noch vorhanden. Die der eigentlichen Epiglottis zugehörige Platte ist nur ein Theil des mächtigen, jederseits bis zu den Arytänoiden reichenden Skeletstückes. Auch bei den Platyrrhinen (Cebus, Ateles) ist der Zu- sammenhang der Seitentheile mit dem medianen Abschnitt, wenn auch in beschränkterem Maass- stabe, noch erhalten. Erst bei den Catarrhinen Fig. 31. Otolienus erassieaudatus. Epiglottisskelet, flächenhaft sind die Verbindungen der Seitentheile mit dem SEE 4. Ep. En. (secundärer) Epiglottisknorpel, 0. Wrsbrg. Mittelstücke der Rückbildung verfallen. Die WRrıs- ee a a BERG’schen Knorpel (Cartilagines cuneiformes) haben keinerlei Verbindung mehr mit dem auf die Epiglottis beschränkten Knorpel. Das Gleiche gilt vom WRISBERG’schen Knorpel des Menschen, der selbst mehr oder weniger dem Schwunde anheim- fällt. Ist ja doch der sog. Nodulus Wrisbergii oft fast ausschliesslich ein Product hier lagernder Drüsen- massen. So schwinden die Hinweise auf eine primitive paarige Gestaltung des Epiglottisskelets. Nur die Vergleichung mit niederen Zuständen ermöglicht es, für die catarrhinen Affen und den Menschen das ursprüngliche Verhalten zu reconstruiren. Die Kenntnis des primitiven Verhaltens lässt aber auch beim Menschen und höheren Affen (Oynocephalus) nachgewiesene Knorpelstückchen im Ligamentum ventriculare (Cartilago vocalis superior, C. MAYER) noch als 7 Reste des Zusammenhanges des WRISBERG’schen und % N des Epiglottisknorpels erkennen )). Dan ie Ale in Endlich sei auch erwähnt, dass auch unter den > Carnivoren, bei den Ursiden und Caniden, N EN die paarige Beschaffenheit des Epiglottisskelets er- a = ne C.Wrsbrg. schlossen werden kann (Textfigur 32). In beiden FD AM Berge! Er Ordnungen sind mächtig entwickelte Cartilagines > 7 —. cuneiformes (Wrisbergii; ©. Wrsbrg.) den Plicae ary- —S mW: E epiglotticae (vergl. Textfigur 22, p. 554) eingelagert. Fig. 32. Canis familiaris. Skelet des Kehlkopfeinganges. Dargestellt an einem von hinten geöffneten Kehlkopf. Alle Theile des Musculus thyreo-arytaenoideus inferior an ihnen in situ erhalten, in flacher Ausbreitung, 1/1. Bezeichnungen s. Erklärung zu Fig. 31. Bei Canis familiaris und aureus nehmen sogar Theile Ansatz (FÜRBRINGER, vergl. auch E. Kaın). Die Grösse der Knorpel entspricht der Mächtigkeit und Bedeutung der sie einschliessenden Falten. Schon die Gestalt und Lagerung der Stücke bringt jeden, der das Epiglottisskelet der Insectivoren, von Mynmecophaga, der Prosimier und Primaten kennt, zu der Ansicht, dass in ihnen selbständig gewordene Theile eines 1) Es sei hier auf die Untersuchung J. BLAND SuUTToN’s On the nature of ligaments hingewiesen, der durch seine ver- gleichenden Untersuchungen zu dem Schluss kam, dass „so far as Man is concerned the false vocal cords with the cuneiform cartilages are the degenerate representatives of the piece of cartilage by means of which the epiglottis and cornicula were originally united.“ Dem kann ich nur beistimmen. Die Beurtheilung dieses Knorpelstückes (piece of cartilage) ist oben gegeben. 578 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 46 grösseren, sie und den jetzigen Epiglottisknorpel (Ep.-Kn.) umfassenden Stückes vorliegen, genau wie beim. WRISBERG’schen Knorpel der höheren Affen und des Menschen. Der Zusammenhang zwischen Epiglottis- und WARISBERG’schem Knorpel ist sogar bei Ursus arctos fast noch erhalten. Beide Stücke sind jederseits nur durch einen ganz unbedeutenden, von Bindegewebe überbrückten Zwischenraum von einander getrennt. Aehnliches findet sich als Ausnahme auch beim Hunde. Aber hier liess sich auch noch bei Embryonen ein Zusammenhang der Anlagen im vorknorpligen Zustande erweisen!). Die eben geschilderte Ausbildung paariger basaler Theile beeinflusst nicht als einziger Factor das Verhalten des Epiglottisskelets. Noch anderes kommt dazu. Vor allem prägt sich die Art und Weise der Befestigung des Knorpels in seiner Gestaltung aus. In manchen Fällen fehlt jede directe Anheftung des Skeletstückes am Thyreoid, so bei den Insectivoren, unter den Affen bei Hapale. Die Dinge liegen hier ähnlich wie bei Echidna, indem die Basis des Knorpels der Innenfläche des Schildknorpels zugekehrt ist, ohne an ihm irgendwie Ansatz zu nehmen. In der Mehrzahl der Fälle ist aber der Epiglottisknorpel mit dem Thyreoid in Verbindung getreten. Oft ist dann der basale Rand des Knorpels dem oberen Thyreoidrand aufgelagert und ihm mehr oder weniger eng verbunden. Anfänge eines solchen Verhaltens trafen wir bei Ornithorhynchus. Vollendet ist der Anschluss bei den Marsupialiern, bei den Carnivoren, bei Myrmecophaga, bei den Odontoceten ?), bei Cebus unter den Platyrrhinen, während bei den Katarrhinen, abgesehen von den Anthropomorphen, die Ausbildung des medianen Kehlsackes sich trennend zwischen Epiglottisskelet und oberen Thyreoidrand einschiebt. Bei anderen Formen schickt der Epiglottisknorpel Fortsätze aus, die das T'hyreoid erreichen und die Befestigung vermitteln. Derartige Haftfortsätze finden sich allgemein bei den Prosimiern. Bei Stenops gehen von der lingualen Fläche der medianen Platte des Epiglottisskelets in der Höhe des schmäleren Fusses, mit dem sie sich von der eigentlichen Basis erhebt, 2 kurze Knorpelstücke aus, die getrennt von einander am oberen Thyreoidrand Ansatz nehmen. Homologe Bildungen finden sich auch bei Otolienus und befestigen die hier von den Seitentheilen abgegliederte mediane Platte am Schildknorpel. Bei Lemur endlich ist der untere Rand, des hier gänzlich unpaar erscheinenden Epiglottisknorpels, durch zwei knorplige Fortsätze dem oberen Rande des Thyreoids angeschlossen, die die grösste Aehnlichkeit mit den Haftfortsätzen von Stenops und Otolicnus zeigen und ihnen wohl homologisirt werden müssen. Daraus würde aber folgen, dass die eigentliche Basis des Epiglottisskelets der Lemuren fehlt, denn die Haftfortsätze von Stenops und Otolicnus entspringen von dem über der Basis gelegenen Theile des Knorpels. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht, dass schon bei Stenops und Otolicnus die Basis des Knorpels wie angenagt und zerfressen aussieht, also deutliche Spuren einer Rückbildung aufweist (Textfigur 30 und 31). Haftfortsätze finden sich auch bei den Rodentia verbreitet. Bei Lepus gehen von der lingualen Fläche der Knorpelbasis zwei im ausgebildeten Zustand mit einander verschmelzende Fortsätze zum oberen Thyreoidrand, bei den Muriden und Arvicoliden finden sich jederseits sogar 2 Haftfortsätze. Die paarigen Stücke der Basis schicken jeder einen Fortsatz nach hinten zum oberen Thyreoidrand, der hier seitlich von der Medianebene ansetzt, während median ein Fortsatz des Thyreoidrandes. selbst zwischen die basalen Theile des Epiglottis- 1) Die Untersuchungen, welche die obige Darstellung des Epiglottisskelets begründen, finden sich in meiner Arbeit über den ‚WRISBERG’schen Knorpel (1894) niedergelegt. SYMINGTON (c, 1899), der meine Arbeit kannte, setzt sich ganz einfach über ihre Ergebnisse hinweg, indem er (p. 98) schreibt: „The evidence derived from comparative anatomy and from development appears to me to show, that the cartilage of the epiglottis is an unpaired median structure.“ Ich bitte Herrn SYMINGTON, sich einmal die oben reproducirten, aus jener Arbeit stammenden Abbildungen zu betrachten. 2) Der ungemein mächtige Epiglottisknorpel der Zahnwale ist am oberen Rande des Schildknorpels entweder synchon- drotisch oder vermittels einer ganz schmalen Bindegewebslage angeheftet (vergl. RAPP und Dukoıs). Dieser feste Anschluss des Epiglottisknorpels steht in Zusammenhang mit seiner Bedeutung als vordere Stütze des langen Rohres, in welches der oberste Theil des Kehlkopfes jener Foımen ausgezogen ist. Den hinteren Theil des Rohres stützen die Arytänoide. 47 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 579 knorpels einspringt und mit diesen in Verbindung tritt (Textfigur 28 bei Hf). (Ueber die Haftfortsätze vergl. 199 (En eu) Wir treffen also bei den Placentaliern ein ungemein verschiedenartiges Verhalten des Epiglottis- skelets zum Thyreoid. Es bleibt bei einer Reihe von Formen frei von ihm, bei einer anderen stützt es sich auf das Thyreoid, indem es entweder unmittelbar sich ihm anfügt oder Haftfortsätze zu ihm entsendet. Bringen wir diese Befunde mit einander in Vergleichung, so wird die Unabhängigkeit des Epiglottis- knorpels vom Schildknorpel als der ursprünglichste Zustand zu gelten haben, da er mit dem überein- stimmt, was bei den Monotremen besteht. Die Befestigung am Thyreoid ist eine spätere Erwerbung einzelner Ordnungen, die wieder auf directem oder indirecgem Wege erreicht wird. Die direkte Befestigung (ohne Haftfortsätze) ist bereits bei Ornithorhynchus in Vorbereitung, bei den Marsupialiern liegt sie schon voll- endet vor (s. o.) Ehe wir dieses Capitel verlassen, soll noch kurz auf ein Knorpelstück hingewiesen werden, das voraussichtlich dem Epiglottisknorpel seine Entstehung verdankt, den sog. Ventrikeleingangsknorpel der Muriden und Arvicoliden (E. G. a). Der Kehlkopf dieser Formen ist durch einen medianen, unpaaren Ventrikel ausgezeichnet, der unter der Basis des Epiglottis seine Lage hat. In der Begrenzung des Einganges zu diesem Ventrikel liegt eine dünne Knorpelspange, die den Eingang oben und seitlich um- fasst. Theile der Schliessmusculatur nehmen an ihr Befestigung und sind dadurch im Stande, die Weite des Einganges zu beherrschen und damit auch auf die Stimmbildung Einfluss auszuüben. Es lässt sich nun begründen, dass der erwähnte unpaare Ventrikel aus den vorderen Enden MorGacnTscher Taschen hervorgegangen und homolog ist einer noch mit schwach ausgebildeten MorcGaAcnrTschen Taschen in Verbindung stehenden medianen Ausbuchtung des Leporidenkehlkopfes. Der Wand der letzteren Ausbuchtung gehört jederseits ein knorpliger Fortsatz an, der von der Basis des Epiglottisknorpels herabsteigt. Diese beiden sog. Hamuli epiglottiei sind bei Lepus timidus getrennt von einander. Bei Lepus cuniculus verschmelzen sie in ihrem oberen Theil mit einander. Die Hamuli des Epiglottisknorpels stimmen nun in ihrer Lagerung überein mit dem Ventrikel- eingangsknorpel von Mus und Arvicola. Sie sind ihnen offenbar homolog. Dadurch gelangt man zu der Auffassung, dass der Ventrikeleingangsknorpel ebenso wie die Hamuli epiglottici eine Bildung der Basis des Epiglottisknorpels ist, die sich von ihrem Mutterboden getrennt hat. Wenn wir sehen, wie die Hamuli epiglottici oberhalb des medianen Ventrikels mit einander verschmelzen können, so erscheint es auch erklärlich, dass wir im Ventrikeleingangsknorpel ein einheitliches Stück vorfinden. Seine Trennung vom Epiglottisknorpel dürfte auf die erhebliche Ausbildung des Ventrikels, den er umrahmt, und die Ver- bindung mit der Musculatur zurückzuführen sein. 3. Vergleichung. Wir kehren jetzt zu dem Verhalten der Basis des Epiglottisskelets zurück und vergleichen die hier mitgetheilten Befunde mit dem, was die Untersuchung des Knorpels der Monotremen lehrt. Offenbar lassen sich viele Zustände, welche sich bei den höheren Formen finden, ohne Schwierigkeit auf eine einfachere Gestaltung des Stückes, wie sie bei Zchidna erhalten geblieben ist, zurückführen. Dort umfasst der Knorpel mit seiner paarigen Basis die Ventralseite des Kehlkopfes (Taf. XVIII, Fig. 16 und 18) wie bei vielen Placentaliern. Bei diesen benutzen aber dann die basalen Fortsätze die schon bei Echidna bestehende Nachbarschaft zu den Plicae ary-epiglotticae, dringen in sie ein und wachsen zu mehr oder weniger 580 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 48 mächtigen Stücken heran, die dem Kehlkopf seitlich angelagert sind und gelegentlich selbständig werden können (Textfigur 28 bis 31). Auf der anderen Seite treffen wir aber auch viele Formen, bei denen jede Andeutung einer basalen Trennung des Epiglottisskelets fehlt und die darin mit Ornithorhynchus übereinstimmen. Für die Marsupialier ist es schon zur Genüge hervorgehoben. Vielfach findet es sich aber auch bei den Placentaliern, und zwar selbst in Ordnungen, in denen ein Theil der Formen ausgesprochen paarige Epiglottisknorpel besitzt oder besessen haben muss, so bei vielen Carnivoren, bei den Lemuren. Damit entsteht die Frage in welchem Verhältniss der paarige und unpaare Zustand des Epiglottis- knorpels zu einander stehen. An erster Stelle wird man sich dabei zu überlegen haben, ob die Verschieden- heit des Knorpels in irgend einer Weise verstanden werden kann. Bis zu einem gewissen Grade ist das in der That der Fall. Zunächst steht eine starke Ausbildung der Seitentheile des Epiglottisknorpels, mögen sie abgegliedert sein (Cartilagines Wrisbergii) oder nicht, offenbar in Beziehung zu einer gesteigerten Bedeutung der Plicae ary-epiglotticae, denen sie angehören (Caniden, Ursiden, Insectivoren). Soweit ich sehe, ist beides stets in Verbindung mit einander. Die oben geschilderte Concurrenz zwischen jenen Falten und den seitlichen Theilen der Epiglottis (s. Theil I) kommt auch hierin zum Ausdruck. Sind dagegen die Seitentheile der Epiglottis stark ausgebildet und spielen die ary-epiglottischen Falten eine geringere Rolle, wie bei den Marsupialiern, den Feliden, bei der Mehrzahl der Nager, bei den Lemuren, so kommt es nicht zu einer stärkeren Entwickelung paariger Theile, oder solche fehlen gänzlich. Auch dies ist eine feststehende Regel. So kann man sagen, dass die Entwickelung und functionelle Bedeutung der ary-epiglottischen Falten auf den Ausbildungsgrad der paarigen Theile des Epiglottisskelets von Einfluss ist. Die Beachtung dieses Correlationsverhältnisses lässt es auch verstehen, dass der WRISBERG’sche Knorpel des Menschen ein der Rückbildung verfallener Theil ist. Die Cartilago Wrisbergii hat ursprünglich die Bedeutung, der Plica ary-epiglottica und damit der medialen Wand des seitlich am Kehlkopf vorbeiführenden Speiseweges Halt zu gewähren (s. Theil I. Wird die Benutzung des paarigen Speiseweges, wie es beim Menschen der Fall ist, aufgegeben, so verliert gleichzeitig mit den ary-epiglottischen Falten auch der Knorpel an Bedeutung und bildet sich demgemäss zurück. Die eben besprochene Beziehung zwischen Epiglottisknorpel und ary-epiglottischen Falten kann nun wohl grössere oder geringere Ausbildung paariger Epiglottistheile verständlich machen, aber nicht ihr Fehlen oder Bestehen erklären. Ein Moment nun, welches direct ein Fehlen paariger Theile bedingen kann, ist die Befestigung des Knorpels am Thyreoid. Lagert sich der Epiglottisknorpel mit seiner Basis dem oberen Thyreoidrand auf, wie es bei Ormithorhynchus im Beginn, bei den Beutelthieren und vielen Placentaliern in ausgesprochenstem Grade der Fall ist, so erklärt das völlig, dass eine vorher bestehende Paarigkeit, die noch nicht zur Ausbildung grösserer Seitentheile geführt hat, schwindet. Oberer Thyreoidrand und Basis des Epiglottisknorpels passen sich dann genau einander an. Ein zweiter Factor, der ursprüngliche Paarigkeit beseitigen kann, sind die Rückbildungsprocesse, welche gerade die basalen Theile des Knorpels bei einer grossen Reihe von Formen unzweifelhaft betroffen haben (s. u... Nur in besonders günstigen Fällen können wir dann einen ursprünglich paarigen Zustand erschliessen, so bei den Caniden und Ursiden, bei den Katarrhinen, Anthropoiden und beim Menschen. Wer würde z. B. daran denken, dass der Epiglottisknorpel des Menschen oder einer der anderen eben genannten Formen aus einem paarig gebauten Stück hervorgegangen ist, wenn nicht das Bestehen der Cartilagines cuneiformes den Beweis dafür brächte. In andern Fällen kann natürlich jede Spur von Paarigkeit durch die Zerstörungen an der Knorpelbasis völlig vernichtet werden. nie ee ee eh u. de 49 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 581 So lässt sich also das Fehlen paariger Theile des Epiglottisknorpels als Folge einer Um- oder Rückbildung eines paarigen Stückes begreifen und in vielen Fällen als solche auch wirklich erweisen. Dazu kommt, dass die Paarigkeit des Epiglottisknorpels nicht nur sehr verbreitet ist, sondern gerade bei denjenigen Ordnungen Vertreter findet, die auch sonst primitive Charaktere aufweisen (Monotremen, Insectivoren, Prosimier, Edentaten), und so gelangt man wohl zu der Ueberzeugung, dass der paarige Zustand des Epiglottisknorpels der primitive, der unpaare der abgeleitete ist. Der Knorpel ist ursprünglich an seiner Basis zweigetheilt. Es ist nun aber der Versuch gemacht worden, das Bestehen paariger Theile als eine specielle Anpassung des Knorpels an die Begrenzung des Kehlkopfeinganges zu beurtheilen, also als einen secundären Charakter zu erklären (SyMInGToN c). Das scheint mir jedoch verfehlt zu sein. Zunächst giebt die Ent- wickelung des Knorpels bei Echidna (s. u.) keinerlei Anhaltspunkte dafür. Zweitens kann man bei Zchidna von einer Anpassung der basalen Fortsätze des Knorpels an die ary-epiglottischen Falten noch gar nicht sprechen. Functionell haben beide Theile nichts mit einander zu thun, wenn sie auch topographisch in Beziehung zu einander stehen. Aus blosser Nachbarschaft lässt sich keine Anpassung eruiren. Die Nachbarschaft kann aber zu einer Anpassung führen. Das ist ja bei den Placentaliern, wie wir sehen, in ausgedehntem Maassstabe erfolgt, indem die Seitentheile des Epiglottisknorpels in die ary-epiglottischen Falten eindringen und sie stützen. Aber auch in solchen Fällen ist das specielle Verhalten des basalen Randes, ich meine die medianen Incisuren desselben (vergl. Fig. 28) aus dieser Anpassung nicht erklärlich. Die Paarigkeit des Epiglottisknorpels wird also aus seinen Beziehungen nicht einfach verstanden werden können. Sie erfordert eine andere Erklärung !). Ueberblicken wir jetzt noch einmal die verschiedenen Gestaltungen des Epiglottisskelets, so sehen wir, dass das verhältnissmässig einfach geformte Gebilde, wie es im ursprünglichsten Zustand bei Echidna vorliegt, bei den höheren Formen eine erhebliche Plasticität entwickelt, dass Fortsatzbildungen verschiedener Art von ihm ausgehen, die sich sogar zu selbständigen Stücken abgliedern können (Cartilago Wrisbergii, Ventrikeleingangsknorpel der Muriden und Arvicoliden). b) Histologische Beschaffenheit des Epiglottisknorpels. Als Instanz für die morphologische Beurtheilung des Epiglottisknorpels ist auch sein mikroskopischer Bau herangezogen worden. Für uns haben ferner bereits die Degenerationsprocesse, die sich am Knorpel abspielen, Bedeutung gewonnen, und mit Rücksicht auf diese beiden Umstände muss genauer auch auf die Histologie eingegangen werden. GEGENBAUR hatte den Epiglottisknorpel der Monotremen für hyalin erklärt. In der That macht er auf einfach gefärbten, in gewöhnlicher Weise aufgehellten Schnitten diesen Eindruck. Nun hat aber SyuinGton (c) mit Hülfe von Orceinfärbungen reichliche elastische Fasern im Epiglottisknorpel von Echidna und Ornithorhynchus nachgewiesen. Ich kann diesen Befund bestätigen. Es verlohnt sich aber, etwas genauer auf diesen elastischen Knorpel einzugehen, der von mir gleichfalls an mit Orcein gefärbten Schnitten untersucht wurde, die zum Theil noch mit Hämatoxylin nachgefärbt wurden. ı) Bei Annahme primitiver Paarigkeit des Epiglottisknorpels ist es verständlich, dass selbst innerhalb einer Ordnung einzelne Vertreter die Paarigkeit besitzen, andere dagegen nicht. Die in letzteren Fällen eingetretene Um- oder Rückbildung ist nach dem oben Bemerkten erklärbar. Anders liegen die Dinge, wenn man die symmetrischen basalen Fortsätze als Neubildungen auffasst. Dann wird man sich zu der weiteren Annahme verstehen müssen, dass diese Theile polyphyletisch und zwar in einer grossen Reihe von Fällen selbständig entstanden sind, ohne dass man hierfür einen ausreichenden Grund angeben könnte. Jenaische Denkschriften. VI. Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. -2 o- 582 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 50 Bei Ornithorhynchus (Textfigur 33) fanden sich in allen Theilen des-Knorpels, also auch an der Basis elastische Fasern. Die Knorpelzellen liegen ziemlich weit auseinander. Jede ist mit einer besonderen, bei Hämatoxylinfärbung farblos gebliebenen, dünnen Kapsel umgeben. Zwischen ihnen lagert eine mit Hämatoxylin sich bläuende Grundsubstanz, und in dieser sind an den meisten Stellen elastische Fasern entwickelt, die vielfach ungemein dichte Netze bilden. Dicke Fasern verzweigen sich oft in höchst zierlicher Weise und nehmen Antheil an dem Aufbau des Netzes, das, dunkelbraun gefärbt, auf das schärfste hervortritt. Besonders auffallend sind starke | Fibrillen, die, von der Vorder- gegen die Hinterfläche ver- N v./l| n ANZ N laufend, fast die ganze Dicke des Knorpels durchsetzen. Ya &@ NS \\ Kt Neben diesen Stellen finden sich andere, die nur vereinzelte N a: SAN /\ ee elastische Fibrillen aufweisen, und endlich solche, in denen die hyaline Grundsubstanz ganz frei von solchen geblieben ist, also eine durchaus homogen erscheinende Grundsubstanz zwischen den Zellen lagert, d. h. es bestehen im Epiglottis- knorpel alle Uebergänge zwischen elastischem und hyalinem Fig. 33. Ornithorhynehus. Stück eines Quer- schnittes durch die Basis des Epiglottisknorpels, 500/1, die Einzelheiten sind bei 700facher Vergrösserung ein- zurück. gezeichnet. Orceinpräparat. Fibrillenfreie Stelle neben fibrillenreichen Theilen. Knorpel. Die letzteren treten gegen die elastischen stark Ein ähnliches Verhalten ergab sich mir bei Echidna (Textfigur 34). . GEGENBAUR hat schon darauf hingewiesen, dass hier die Elemente des Knorpels in Säulen angeordnet sind, die zur Vorderfläche senkrecht stehen. Die Grundsubstanz bildet also, allerdings nicht ganz regelmässig gestaltete, Röhren, die in der Richtung von vorn nach hinten den Knorpel durchsetzen und selbst wieder durch quere Scheidewände in einzelne, die Zellen beherbergende Kammern zerlegt sind!). Die Grundsubstanz, die sich ebenso, wie die Zellen, ähnlich verhält wie bei Ornithorhymchus, ist nun an vielen Stellen ungemein dicht von elastischen Fasern durchsetzt. Das ist namentlich in den Randpartien und in der Nachbarschaft der Vorder- und Hinterfläche der Fall, auch in den centralen Theilen besteht vielfach aus- gesprochen elastischer Knorpel, die paarigen basalen Fortsätze machen hiervon keine Ausnahme. Untersucht man aber genauer, so trifft man eine grosse Menge Stellen, in denen die hyaline Grundsubstanz nur spärliche Fasern beherbergt, und solche, in denen sie gänzlich fehlen. Namentlich entbehren die quergestellten Wände zwischen den einzelnen Zellen oft ganz oder strecken- SIR 2) weise elastischer Fibrillen. Auch bei Zchidna verlaufen viele Fasern gestreckt EWw von der Vorder- zur Hinterfläche. Mia, ui, Sta are Bei den Marsupialiern ist der Epiglottisknorpel bereits als elastisch sagittal geführten Schnittes durch von GEGENBAUR geschildert worden. Das Gleiche gilt von den Placentaliern. den Epiglottisknorpel, 500/I 0 5 een Ensezeieine: bei 2 (Ich selbst untersuchte Brinaceus, Lepus, Hapale, Mensch; vergl. hierzu aber Anm. facher Vergr. Fibrillenarme Stelle n, 584.) Wenn hier in verschiedenen Fällen der Knorpel für hyalin erklärt neben ausgesprochenem Netz- knorpel. wird, so beruht das auf einem Irrthum, dem man an Schnitten, die in Canada- I) Solche gesetzmässige Anordnungen der Knorpelsubstanz finden sich auch anderwärts in grosser Verbreitung, und es wäre sicher von Interesse, die hierin sich ausdrückenden mechanischen Constructionen auch dieses Gewebes näher zu analysiren. 5I Beiträge zur vergleich. Anatoınie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 583 balsam eingeschlossen vorliegen, beim Bestehen sehr dünner Fibrillen, leicht verfällt. Auch der zu dem Epiglottisskelet ursprünglich zugehörige WRISBERG’sche Knorpel besitzt elastische Beschaffenheit. Als ein Unterschied gegenüber den Monotremen fiel mir auf, dass die elastischen Fasern viel gleich- mässiger, allgemeiner in der Grundsubstanz des Knorpels vertheilt sind. Als Beispiel betrachten wir zwei Formen. Bei Erinaceus (Textfigur 35), dem ich selbst früher ebenso wie Talpa einen hyalinen Epiglottisknorpel zugesprochen habe, finden sich im ganzen Skeletstück schmale Bänder aus vertilzten oder netzartig verbundenen elastischen Fibrillen feinster Art, die zwischen je zwei Zellen in die hyaline I< nr 5 Grundsubstanz eingelassen sind. Dabei bleiben noch erhebliche Mengen der ? Ile letzteren ganz frei von solchen in der Umgebung der Zellen selbst, die ihrerseits noch von einer sog. Kapsel umschlossen sind. In den verhältniss- mässig grossen Zellen selbst fielen mir Fetttröpfchen auf, die ja auch sonst &8 : = in Knorpelzellen vielfach vorkommen. ; % Erheblicher war der Antheil elastischer Fibrillennetze bei Lepus FR Se N cuniculus (Textfigur 36); die Bänder, die sie bilden, sind breiter als beim Ze, Igel. Im Uebrigen bleibt aber auch hier Grundsubstanz in der Umgebung & f } Fig. 35. Brinaceus europaeus. der Zellen ganz hyalin (a). Gar nicht selten fand ich nun aber auch Stellen, Stück eines Querschnittes durch den Epiglottisknorpel, 500/I, ausgeführt in denen elastische Fasern zwischen je zwei Zellen vollkommen fehlten (b), £ z bei 7oofacher Vergrösserung. während sie anderwärts nur geringfügig entwickelt waren. Also auch hier treffen wir Uebergänge vom hyalinen zum elastischen Zustand. Auch im menschlichen Epiglottisknorpel sind hyaline Inseln beschrieben worden. Es wird sich nun fragen, ob die elastische Beschaffenheit des Epiglottisknorpels ihm eine besondere Stellung gegenüber anderen aus Hyalinknorpel bestehenden Stücken zuweist, wie es SYMINGTON zu thun geneigt ist. Das gleichzeitige Vorkommen hyaliner und elastischer Stellen im gleichen Skeletstück spricht unbedingt dagegen. Nicht nur beim Epiglottis- knorpel treffen wir solches, am bekanntesten ist es wohl beim Arytänoid, dessen oberes Ende und dessen Processus vocalis aus elastischem Knorpel besteht, der in ganz allmählichem Uebergang in den hyalinen Knorpel des Haupt. theils des Stückes übergeleitet wird. Wir können uns auch jetzt eine einiger- maassen klare Vorstellung von der Entstehung = Fig, 36. Lepus eumiculus. Stücke von Querschnitten durch den Epi- glottisknorpel, 500/1, ausgeführt bei 700facher Vergrösserung. a Stück machen. SPULER zeigte speciell am Beispiel mit reichlichen elastischen Fasern; b Stück mit theilweise fibrillenfreier Grundsubstanz. elastischer Fibrillen in einem hyalinen Knorpel des Arytänoids, dass die Grundsubstanz hyalinen Knorpels ein ungemein feines Netzwerk enthält, das durch Ausläufer der Knorpelzellen gebildet wird. Dieses Netzwerk lässt die elastischen Fibrillen hervorgehen, indem es sich wohl selbst in solche umwandelt. So kann also ursprünglich hyalinem Knorpel ein elastisches Netz secundär eingelagert werden. Die Möglichkeit eines solchen Vorganges ist allgemein beim hyalinen Knorpel gegeben. Es handelt sich also bei der Entstehung elastischen Knorpels aus hyalinem nicht um eine völlige Umbildung des letzteren, sondern nur um die specielle Ausbildung von Structuren, die schon im hyalinen Zustand vor- gebildet sind. 584 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 52 So erscheint es mir beim heutigen Stande unserer Kenntnisse unmöglich, im elastischen Knorpel etwas vom hyalinen wesentlich Verschiedenes zu erblicken!). Es spricht alles dafür, dass der elastische Knorpel sich wenigstens phylogenetisch aus hyalinem herausgebildet hat. Dass dabei an bestimmten Stellen elastisches Knorpelgewebe ontogenetisch direct entstehen kann, hat keinen Einfluss auf diese Beurtheilungs- weise. Wenn wir also im Epiglottisknorpel neben elastischem auch rein hyalinen Knorpel treffen, so müssen wir diesen als Ueberrest des primitiven Verhaltens des ganzen Stückes auffassen, ebenso wie wir beim Arytänoid den elastischen Theil vom hyalinen ableiten müssen ?). Während bei den Monotremen der Epiglottisknorpel ein überall scharf durch ein Perichondrium abgegrenztes einheitliches Stück darstellt, finden sich bei den Placentaliern in weiter Verbreitung die Wirkungen regressiver Vorgänge, welche die Continuität des Skeletstückes bedrohen. Sie sind zuerst durch GEGENBAUR ins rechte Licht gerückt worden. Die Rückbildungen treffen vor allem die basalen Theile des Knorpels, soweit sie nicht zur Befestigung desselben dienen, und damit diejenigen Abschnitte, welche, noch unterhalb der eigentlichen Epiglottisfalte gelegen, die geringste mechanische Bedeutung besitzen. Sie können sich aber, wie z. B. bei dem durchaus rudimentären Epiglottisskelet des Menschen, über das ganze Stück ausdehnen. Dass ihnen hier auch der WRISBERG’sche Knorpel verfällt, ist eine bekannte Thatsache. Wucherungen von Schleimdrüsen des Kehlkopfes bedingen Zerstörungen, Durchbohrungen, Lücken- bildungen des ontogenetisch auch in jenen Fällen einheitlich angelegten Knorpels. Es handelt sich um die Drüsenmassen, die wir schon bei Monotremen in der nächsten Nachbarschaft des Epiglottisknorpels trafen und die hier entschieden durch ihre Masse zur Consolidirung der Epiglottisfalte beitragen. In vielen Fällen durchsetzen Drüsengänge die Dicke der Knorpelplatte, die dadurch siebartig durchbrochen werden kann (Textfigur 29 und 30). In anderen Fällen dringen die Drüsen in die Knorpelplatte ein und breiten sich in ihrem Innern aus. So liegen die Dinge bei Prosimiern (Otolicnus, Stenops), wie GEGENBAUR beschrieb (b, p. 40, Fig. XII). Hierher gehört auch der Befund am Epiglottisknorpel von Myrmecophaga didactyla (E. G. a, Fig. 9, Taf. III). An der Basis des Skeletstückes finden wir innerhalb des vollkommen erhaltenen Perichondriums gar keine zusammenhängende Knorpelmasse mehr, sondern nur einzelne Inseln von Knorpelgewebe, die nur hier und da netzartige Zusammenhänge mit einander besitzen. Zwischen ihnen, an Masse weit überwiegend, liegen Drüsen und daneben einzelne Fettzellen. Die Ausführgänge der Drüsen durchbrechen hier und da die dem Kehlkopfinnern zugewendete Schicht des Perichondriums. Einige wenige haben nach aussen die Grenze des Knorpels überschritten und auch hier das Perichondrium durchbohrt. Schliesslich kann aber auch die Continuität der Epiglottisknorpelbasis völlig aufgehoben und Bruch- stücke von Knorpelgewebe völlig von einander gesondert werden, die dann einzeln zwischen den Drüsen liegen (vergl. Textfigur 31 und die Darstellung GEGENBAUR’sS von Rhinolophus). Das Maximum einer Rückbildung des Knorpels traf ich bei einem Nager, bei Myoxus glis. Nur am Rande der Epiglottisfalte bestand noch ein schmales Band von Knorpelgewebe. Im Uebrigen wird der Raum, der dem Knorpel ursprünglich zukam, von einem mächtigen, ziemlich scharf abgegrenzten Drüsenpaket eingenommen, das in seiner Massigkeit zweifelsohne der Epiglottis zur Stütze dient (E. G. a). 1) In einer nach Abschluss dieser Arbeit erschienenen Untersuchung GROSSER’s, die auch in einer grossen Reihe anderer Punkte in hohem Maasse Beachtung verdient, wird auch mitgetheilt, dass der Epiglottisknorpel der Rhinolophiden hyaline knorplige Beschaffenheit besitzt. Dies ergab sich unter der Benutzung der besten zum Nachweis elastischer Fasern bekannten Färbemethoden. Damit ist schlagend erwiesen, dass das Bestehen oder Fehlen elastischer Fibrillen für die Ver- gleichung von Skelettheilen mit einander von secundärer Bedeutung ist. 2) Ich verweise hier zur Unterstützung meiner Darlegung auf A. KÖLLIKER’S Handbuch der Gewebelehre, 6. Aufl., Bd. I, Fig. 79, und ganz besonders auf Bd. III von V. v. EBNER, p. 282 und 283, wo ausdrücklich für den Kehlkoptknorpel der hyaline Zustand als Vorläufer des elastischen anerkannt wird. 53 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 585 Wir sehen also, dass die Rückbildungen an der Basis des Epiglottisknorpels thatsächlich im Stande sind, die Gestalt desselben völlig zu verändern und dass man, wie es oben geschah, auf diese Verhältnisse besondere Rücksicht zu nehmen hat, wenn man die ursprüngliche Form des Knorpels festzustellen sucht. Eine eigenthümliche Umwandlung trifft man am Epiglottisknorpel von Carnivoren (Hund) [E. G. a, Fig. 5 Taf. III]. Das Stück besitzt hier nur eine verhältnissmässig dünne Rinde von elastischem Knorpel, die von einem Perichondrium überzogen wird. Die Hauptmasse des Innern bilden Fettzellen, und diese werden von Zügen oder Lamellen von einem Gewebe durchsetzt, das man nur als elastisches Bindegewebe bezeichnen kann. Letztere setzen zum grössten Theil die Knorpelrinde der Vorder- mit der der Hinterfläche in Verbindung und lassen ihre elastischen Fasern in diese eindringen, wo sie sich bis ins Perichondrium vorschieben können. Aehnlich, wie wir es beim Epiglottisknorpel der Montremen sahen, sind die elastischen Fasern zum grossen Theil senkrecht zur Vorder- resp. Hinterfläche gestellt. Auch im WRISBERG’schen Knorpel trifft man in dem ungemein reichliche elastische Netze aufweisenden Knorpel- gewebe einzelne Fettzellen, in meist peripherer Lagerung. Die eigenthümliche Zusammensetzung des Epiglottisknorpels aus drei, sich scheinbar ganz verschieden verhaltenden Gewebsarten entsteht aus einer ganz einheitlich aussehenden Anlage. Es wäre nun wohl unzweifelhaft von histologischem Interesse, zu untersuchen, in welcher Weise die Sonderung im Innern dieser Anlage zu Stande kommt. Für die Entstehung von Fettzellen bietet vielleicht das auch im Epiglottis- knorpel beobachtete Vorkommen von Fetttröpfchen einen Fingerzeig. c) Entwickelung des Epiglottisknorpels. Nachdem wir die äussere Gestaltung und den histologischen Bau des Epiglottisknorpels kennen gelernt haben, wird uns jetzt noch seine Ontogenese beschäftigen müssen, die an den Echidna-Embryonen untersucht wurde. Das jüngste Stadium, in welchem die Anlage des Epiglottisknorpels ganz scharf hervortritt, ist durch den Embryo 45 repräsentirt. Die Anlage besteht aus dicht an einander gelagerten Elementen, die sich deutlich gegen die Umgebung abheben. Die Gestalt der Anlage entspricht der Form des fertigen Stückes. Wie dort nimmt ein plattenartig gestalteter Theil das Innere der Epiglottisfalte ein. Es theilt sich pulmonal- wärts in zwei kurze, stabartige Stücke (Taf. XX, Fig. 28 Ep.), die rechts und links von dem ventralen Theil der Anlage der Kehlkopfschleimhaut (Z.) lagern. Sie liegen dabei in der Nachbarschaft von der gleichfalls noch vorknorpligen Anlage der Thyreoidcopula, aber doch deutlich getrennt von ihr. Schon in dem vorher- gehenden Stadium (44) liess sich eine Andeutung der geschilderten Anlage in den die Umgebung des Larynxepithels bildenden Zellmassen erkennen. Ihr deutliches Auftreten fällt also in ein etwas jüngeres Stadium, als im Embryo 45 vorliegt. Im Stadium 46 hebt sich die Anlage des Epiglottisknorpels viel schärfer gegen ihre Umgebung ab (Taf. XX, Fig. 29). Wie im vorigen Stadium und den älteren von mir untersuchten Thieren (47 u. Beuteljunge) unterscheidet man scharf die beiden paarigen, basalen Theile (Ep.), die an der Dorsalseite des Thyreoids, aber getrennt von ihm, an der Ventralseite der Larynxschleimhaut (Z.) liegen, und den medianen Theil, der der freien Epiglottisfalte zugehört. Histologisch muss man das Gewebe der Anlage bei Embryo 46 noch als Vorknorpel bezeichnen, während alle übrigen Knorpel des Kehlkopfes bereits Grundsubstanz auf- weisen. Deutliche Spuren einer Intercellularsubstanz sind wenigstens bei der Färbung der mir zur Ver- fügung stehenden Präparate nicht erkennbar. Erst bei Beuteljungen wird sie in immer reichlicher werdender Menge gleichmässig in allen Theilen des Stückes entwickelt. In dem ältesten von mir untersuchten 586 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 54 Exemplar lagerten zwischen den basalen Theilen der Knorpel Drüsen, die in den vorhergehenden Stadien noch fehlten. Von den Verhältnissen, die sich bei der Entwickelung des Knorpels ergaben, ist mehreres besonders beachtenswerth. Zunächst erscheint mir von Interesse, dass die paarigen basalen Theile des Knorpels gleichzeitig mit den übrigen Theilen desselben angelegt werden und sich gleichmässig mit ihnen entwickeln. Die Ontogenese ergiebt also keinen Grund für die Annahme, dass die beiden Fortsätze etwa als secundäre Auswüchse des Stückes betrachtet werden müssten. Der Einwand, dass ihre Entstehung mit der Drüsen- masse zusammenhängt, die zwischen ihnen lagert, wird dadurch erledigt, dass sie längst vor der Entwicklung derselben bestehen. Irgend welche Verbindungen des Epiglottisknorpels mit anderen Knorpeln des Kehlkopfes bestehen nicht. Es ist also von vornherein unmöglich, ihn von irgend einem anderen Skeletstück der Larynx, etwa dem Thyreoid oder dem Cricoid, abzuleiten. Ferner muss jedem, der die Querschnittsserien durch die Kehl- köpfe der jungen Thiere durchmustert, auffallen, wie sehr die Lage des basalen Theiles des Epiglottisknorpels zum Larynx mit der der Copula des Thyreoids sammt zweitem Bogen übereinstimmt (vergl. Taf. XX, Fig. 29 Ep. mit Taf. XIX, Fig. 25 Th. II.) Das, was wir schon beim ausgebildeten Thiere beobachten (vergl. p. 574), findet sich also schon beim ersten Auftreten des Skelettheils ausgeprägt. Eine Eigenthümlichkeit des Epiglottisknorpels scheint auf den ersten Blick seine verhältnissmässig späte Entwickelung zu sein. Aber er verlässt damit nicht den Rahmen der übrigen Theile des Kehlkopf- skelets. Zunächst tritt er thatsächlich nur ganz unbedeutend später auf als anderer Knorpel. In der Zeit seiner Differenzirung ist auch die Copula der Thyreoids noch vorknorplig. Im Stadium 44, in dem die ersten Spuren von ihm bemerkbar werden, besitzen das Ende des zweiten Thyreoidbogens, die Anlage des gesammten Arytänoids und der Trachealringe noch vorknorplige Beschaffenheit. Die einzelnen Theile des Kehlkopfskelets entwickeln sich ja überhaupt zeitlich sehr verschieden. Das gesammte Thyreoid steht hinter dem Hyoid zurück, der zweite Thyreoidbogen hinter dem ersten, die Copula hinter den Bogen. Am auffallendsten ist der zeitliche Unterschied in der Ausbildung des Cricoids und der übrigen Abkömmlinge der Cartilago lateralis (s. u... Das Cricoid besitzt schon in einem Stadium (44) deutlich ausgebildete Intercellularsubstanz, in dem sie dem Arytänoid und den Trachealringen noch fehlt. So meine ich, dass es nicht angängig ist, dem Epiglottisskelet wegen des zeitlichen Ablaufes seiner Entwickelung eine Sonder- stellung einzuräumen. Ueber die Entwickelung des Epiglottisskelets höherer Formen liegen Angaben von KarLıus vor, die hier nicht unerwähnt bleiben dürfen. Beim Menschen fand er die Anlage des Epielottisknorpels in dem frühesten von ihm untersuchten Embryo (29. Tag) zu einer Zeit, in der sich die meisten Knorpel nur als „ziemlich undeutlich begrenzte Zellanhäufungen im Bindegewebe“ darstellen. Daraus scheint hervorzugehen, dass er wenigstens nicht viel später auftritt als die übrigen Skelettheile des Kehlkopfes. Auch beim Menschen bildet sich die Grundsubstanz des Knorpels verhältnissmässig spät. Karrıus fand dann ferner, dass die Anlage des Knorpels in ihrer Gestaltung nicht völlig mit der des fertigen Zustandes übereinstimmt. Sie ist an ihrer Basis verhältnissmässig breiter und reicht etwas in die ary-epiglottischen Falten hinein. Hier steht sie noch bei einem Embryo der 29. Woche durch starke Bindegewebszüge mit der Anlage des WRISBERG’schen Knorpels in Zusammenhang. Durch diese Ver- hältnisse wird, wie KArrıus betont, auf einen früheren Zustand hingewiesen, in dem, wie heute noch bei Stenops (p. 576) der Epiglottisknorpel mit den beiden WRISBERG’schen Knorpeln ein zusammenhängendes Skeletstück bildete. 55 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 587 d) Die Ableitung des Epiglottisknorpels. Es wird sich nunmehr fragen, welche Schlüsse aus dem Bau und der Entwickelung des Epiglottis- skelets auf seine Genese gezogen werden können. GEGENBAUR hat 1892 „als ein neues Problem“ die Entstehung des Knorpels aus einem Kiemenskelettheile aufgestellt und die wesentlichsten Beiträge zur Lösung desselben geliefert. Tritt man an die Frage nach der Entstehung des Epiglottisknorpels heran, so wird man sich zunächst darüber klar werden müssen, dass hier zwei Möglichkeiten bestehen. Entweder ist der Knorpel in loco zur Stützung. der Epiglottisfalte entstanden oder er ist von einem anderen knorpligen Skelettheil abzuleiten. Was die erste Möglichkeit betrifft, so ist beachtenswerth, dass der Knorpel bereits bei den Monotremen in voller Ausbildung vorliegt, dass kein Zustand bekannt ist, der ihn uns im Begriff zeigt, sich etwa aus Bindegewebe zu differenziren, um die Epiglottisfalte zu festigen. Es spricht also keine positive Thatsache für diese Art einer Entstehung. Betrachten wir ferner die Gestaltung des Epiglottisknorpels, so würden sich mit der Annahme eines autochthonen Auftretens vielleicht Zustände bei Arten vereinigen lassen, deren ganz einfach gebauter Epiglottisknorpel am oberen Thyreoidrand Ansatz nimmt. Dabei müsste allerdings vorausgesetzt werden, dass noch in verhältnissmässig späten, jenseits des Fischzustandes liegenden Perioden phyletischen Werdens eine selbstständige Differenzirung knorpliger Skelettheile möglich wäre, wofür bisher keine einzige That- sache mit Sicherheit spricht. Denn wo knorplige Theile bei höheren Formen scheinbar neu auftreten, ist es bisher immer möglich gewesen, nachzuweisen, dass sie aus älteren knorpligen Theilen entstanden sind). Auf der anderen Seite finden wir aber den Epiglottisknorpel in weiter Verbreitung mit paariger Basis aus- gestattet, und dies bleibt bei der Annahme eines selbständigen Auftretens gänzlich unverständlich. Es ist oben (p. 581) besonders darauf hingewiesen worden, dass die symmetrischen an der Basis entspringenden Fortsätze nicht als Anpassungen an die Gestalt des Aditus laryngis begriffen werden können, wenn ihr Bestehen auch die Möglichkeit einer solchen Anpassung in höheren Zuständen giebt. Auch die Ontogenese charakterisirt sie nicht als secundäre Auswüchse der medianen Knorpelplatte. Dabei kommen sie so häufig zur Beobachtung, dass man berechtigt ist, in ihrem Besitz einen ganz wesentlichen Charakter des Skelet- stückes zu erblicken. Die Annahme einer Autochthonie des Epiglottisknorpels lässt also wichtige Befunde an ihm ohne jede Erklärung. Ganz anders liegen die Dinge, wenn man versucht, den Epiglottisknorpel von einem älteren Stück abzuleiten. Als Mutterboden kann kein anderer Knorpel des Kehlkopfskelets angesehen werden. Weder mit dem Thyreoid noch mit dem Cricoid lassen sich irgend welche Beziehungen aus den Ergebnissen ver- gleichender oder ontogenetischer Untersuchung feststellen. So kommt allein ein Kiemenbogen in Betracht und zwar ausschliesslich der sechste Visceral- (vierte Kiemen-)Bogen (GEGENBAUR). Die elastischen Netze, die schon bei den Monotremen die Grundsubstanz des Knorpels durchziehen, machen die Ableitung des Stückes aus einem ursprünglich rein hyalinen Knorpel nicht unmöglich (s. p. 583). 1) Ein solches Auftreten knorpliger Skeletstücke stellt sich dann als ein Auswachsen von älteren Theilen aus dar. In der Phylogenese handelt es sich auch thatsächlich um einen solchen Vorgang. Gerade die Knorpel des Laryngotracheal- skelets bieten eine Anzahl gut charakterisirter Beispiele. In der Ontogenese braucht dabei keineswegs ein wirkliches Aus- wachsen stattzufinden. Die skeletbildenden Elemente breiten sich als Bestandtheile des Mesoderms im embryonalen Körper aus und legen die phylogenetisch jüngeren Stücke gleich in ganzer Länge an. Continuität mit einem andern Stück, späteres Auftreten als dieses, auch einzelne Besonderheiten im Fortschreiten der histologischen Ausbildung innerhalb der Anlage charakterisiren den Theil als Abkömmling jenes Knorpels. Dass dabei die Möglichkeit einer secundären Verschmelzung ausgeschlossen werden muss, ist selbstverständlich. In der Regel wird eine vergleichende anatomische Prüfung die Entscheidung treffen lassen. 588 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 56 Hyaliner und elastischer Knorpel sind nicht principiell von einander zu trennen. Alles spricht dafür, dass die Einlagerung elastischer Fasern in die Grundsubstanz hyaliner Knorpel secundär erfolgen, hyaliner in Netz-Knorpel übergeführt werden kann. Wie an anderen Orten Uebergänge zwischen beiden beobachtet sind, so liegen auch im Epiglottisknorpel der Monotremen und höheren Säugethiere Stellen vor, die der elastischen Fasern fast oder sogar völlig entbehren. Die Paarigkeit der Basis des Epiglottisknorpels, auf welche GEGENBAUR das grösste Gewicht gelegt hat, findet bei der Ableitung von einem Kiemenbogen die bündigste Erklärung und muss vor allem als Beweisstück für die Richtigkeit derselben herangezogen werden. Die vergleichende Untersuchung führt zu dem Schluss, dass der Epiglottisknorpel ursprünglich allgemein den paarigen Bau besass und dass das Fehlen paariger Theile als Folge einer Umbildung durch Verwendung der Basis zur Befestigung am Thyreoid, oder als Folge einer Rückbildung, die sich vielfach an der Knorpelbasis einstellt (s. p. 584), zu Stande kommt Beim Bestehen paariger Knorpelspangen an der Basis stimmt das ganze Stück in hohem Maasse mit anderen Theilen, die aus dem Visceralskelet stammen, namentlich mit dem Thyreoidbogen überein. Es wird sich nun aber doch fragen, ob das Visceralskelet niederer Formen derart gebaut ist, dass man von ihm den Epiglottisknorpel ableiten kann. Das Visceralskelet kiemenathmender Amphibien, die zunächst hier in Betracht kommen, besitzt fast allgemein einen knorpligen vierten Kiemenbogen (Textfigur 25 und 26). Nur Proteus, Necturus‘) und Orypto- branchus sind desselben verlustig gegangen. Es erreicht aber nirgends mehr mit seinem ventralen Ende die Nachbarschaft der Medianebene, sondern schliesst sich dem vorhergehenden Bogen an. Es gelangt also gar nicht bis in die Gegend, in welcher es in Beziehung zum Kehlkopf hätte treten können. Dabei handelt es sich aber ganz zweifelsohne um eine weitgehende Umbildung innerhalb der Amphibienklasse, die bei den Urodelen in ganz ähnlicher Weise den vorhergehenden Bogen betroffen hat. Ein Blick ‚auf das Kiemen- skelet der Fische zeigt uns dagegen den vierten (sechsten) Bogen in einer Lagerung, die eine Beziehung zum Epiglottisskelet verstehen lässt [Textfigur 27 VI (Br.IV)|. Es ist ja schon oben besonders auf die Nothwendigkeit hingewiesen worden, mit den Umgestaltungen zu rechnen, welche das Visceralskelet unserer heutigen Amphibien durchgemacht hat, und stets auf das der Fische zurückzugreifen. je weiter nach hinten die Theile im System des Visceralskelets der Amphibien liegen, desto grösser ist ihre Abweichung vom ursprünglichen Verhalten. Auch die Gymnophionen lassen uns hier einigermaassen im Stich, während sie für die Ableitung des Thyreoids noch wichtige Dienste leisten konnten. Dennoch sind sie auch hier beachtenswerth (Textfigur 26). Allerdings ist der vierte Kiemenbogen [VI (Br. IV)] auch im Larvenstadium stark reducirt. Vielleicht ist es aber doch erlaubt, sich ein Bild von einem ursprünglicheren Verhalten zu machen, das uns das Stück noch in mächtigerer Ausbildung zeigt. Dass ihm eine solche früher zukam, ist ja nicht zu bezweifeln. Wir dürfen nun wohl als Anhaltspunkt für die Gestalt, die wir in jenem Zustand dem vierten Bogen zusprechen wollen, den vorhergehenden Bogen |V (Br. 1IT)] heranziehen, und damit gelangen wir zu einer Form des Bogens, die direct als Ausgangspunkt für die Entstehung des Epiglottisknorpels dienen konnte, zu einem median geschlossenen Knorpelbogen. Von ihm hat sich nur der ventrale Theil erhalten, nachdem er in die Epiglottisfalte einen Fortsatz geschickt hatte. Der Aufbau des Visceralskelets niederer Formen gewährt also unter allen Umständen die Möglich- keit, von ihm auch den Epiglottisknorpel abzuleiten. Nun sehen wir aber, dass der Epiglottisknorpel nicht I) Dass bei Proteus und Neeturus thatsächlich der vierte Kiemenbogen zurückgebildet ist und die Verminderung der Zahl nicht etwa aus einer Verschmelzung zweier vorderer Bogen zu Stande kommt, wie es von anderer Seite angenommen wurde, ist in meiner Arbeit über die Kehlkopfmuskeln der Amphibien nachgewiesen. 57 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 539 mehr caudal von den Derivaten des zweiten und dritten Kiemenbogens, dem Thyreoid, sondern dorsal von ihm liegt. Darin ist selbstverständlich kein Einwand gegen seine Kiemenbogennatur begründet, denn es erklärt sich aus den Lageänderungen, die der Kehlkopf im Laufe der Phylogenese durchgemacht hat. Der Kehlkopf führt den Epiglottisknorpel auf die Dorsalseite der Thyreoidcopula, wie er auch die letztere zur Ueberlagerung der Copula des Hyoids bringt (Taf. XVII, Fig. 4 und 5). In dem Bestehen einer Epiglottisfalte erblicken wir das Hauptmoment für die Erhaltung eines Theils des vierten Kiemenbogens und seine Assimilirung seitens des Kehlkopfes. Sehen wir doch, dass auch ander- wärts (bei Reptilien) eine Epiglottisfalte zu benachbarten Skelettheilen in Beziehung tritt und Fortsätze derselben aufnimmt. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Epiglottisfalte ein verhältnissmässig hohes phylogenetisches Alter zukommt. Es bestehen aber thatsächlich Gründe, die eine solche Annahme rechtfertigen (s. p-. 559). Damit erklärt sich aber auch das Fehlen von Muskeln an einem Stück, das ursprünglich reichlich mit solchen versehen war. Die einseitige Inanspruchnahme des Knorpels als Stütze einer Schleimhautfalte löst ihn aus seinen Beziehungen zu den übrigen Theilen des Visceralskelets!), Mit der neuen Bedeutung steht auch die Aenderung im histologischen Bau in Zusammenhang, die aber nicht alle Reste der hyalin- knorpligen Beschaffenheit vernichten konnte. Die Entwickelungsgeschichte hat nun gezeigt, dass der Epiglottisknorpel auch bei den Monotremen nicht in einem Kiemenbogen angelegt wird. Dies Geschick theilt der Knorpel mit dem ihm zugehörigen Arterienbogen (Pulmonalisbogen), den niemand deswegen anders beurtheilen wird als die vorhergehenden Gefässbogen. So kann ein Derivat eines Visceralbogens als solches Anerkennung finden, ohne sich ontogenetisch in dieser Eigenschaft zu erkennen zu geben. Ich glaube, dass alle die eben mitgetheilten Erwägungen dahin führen müssen, der GEGENBAUR’schen Ableitung des Epiglottisknorpels vom vierten Kiemenbogen das höchste Maass von Wahrscheinlichkeit zuzusprechen. Sie ist die einzige Auffassung, mit der sich alle Besonderheiten des Epiglottisknorpels in Einklang bringen lassen. Il. Primäres Laryngo-trachealskelet (Cartilago lateralis und ihre Abkömmlinge: Arytänoid, Gricoid und Trachealringe). a) Amphibien und Reptilien >). Den ursprünglichsten Zustand des Laryngo-trachealskelets weisen zwei urodele Amphibien, Necturus lateralis und Proteus anguineus, auf. Es besteht bei beiden Arten aus einem Paar von beiderseits dem Luft- 1) Bei höheren Säugern kommt es erst secundär zum Ansatz von Muskelfasern aus dem Hypoglossusgebiet am Epiglottis- knorpel (M. glosso-epiglotticus, hyo-epiglotticus). 2) Die ausführlichste und beste Darstellung des primären Laryngo-trachealskelets der Amphibien und Reptilien und seiner Entstehung aus der Cartilago lateralis verdanken wir HENLE (s. Einleitung p. 535). Abgesehen von der Ableitung der Cartilago lateralis, auf die wir später noch zurückkommen, fügte GEGENBAUR (c) der Hente’schen Darstellung vor allem hinzu, dass sich auch entwickelungsgeschichtlich bei differenzirten Formen (Salamandrinen) die einheitliche Cartilago lateralis nachweisen und die Sonderung des Arytänoids aus ihr erkennen lässt. Eingehend stellte dann WILDER (c) das Laryngo-trachealskelet einer grossen Zahl bis dahin nicht oder ungenügend untersuchter Amphibien (Urodelen und Anuren) dar. Schliesslich findet sich eine Anzahl neuer Ergebnisse in meiner unter c citirten Arbeit (I. Theil). Speciell für Anuren erwähne ich eine Arbeit von GRÖNBERG (Pipa). Besonders hervorzuheben ist die entwickelungsgeschichtliche Untersuchung von MÄRTENS. Endlich sei auf die Darstellung der Verhältnisse von Rana in der von GaupP neu bearbeiteten ECKER-WIEDERSHENf’schen Anatomie des Frosches verwiesen. Ueber das Kehlkopfskelet der Reptilien fand ich Angaben bei WIEDERSHEIM (a, b), LEYDIG, OSAwA. Jenaische Denkschriften. VI. 8 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 76 590 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 58 weg; angeschlossenen Knorpelstäben, den Cartilagines laterales (HENLE) |Textfigur 37 Cart. lat. Von beiden Arten stellt sich Proteus als die fortgeschrittenere dar, indem hier der Seitenknorpel nicht auf den vorderen Theil der Luftwege beschränkt bleibt, sondern sich längs des ganzen unpaaren Theiles des Luftweges (Larynx und Trachea) hinaberstreckt. ">>> Oart.lat. Da Bi Fe Fig. 37. Neeturus. Vorderer Theil des Luftweges mit Cartilago late- ralis, die Lungen sind abgeschnitten. Pulm. Die Cartilago lateralis steht in ihren verschiedenen Theilen unter verschiedenen Bedingungen. Ihr vorderster Abschnitt bildet die Ansatz- stelle der Kehlkopfmuskeln, ihr caudaler Theil ist nur eine einfache Schiene für den trachealen Theil des Luftweges, und dementsprechend verhalten sich Der orale Theil ist plattenartig ver- Man unterscheidet ihn zweckmässig als Pars arytaenoidea. Der caudale Theil ist beide auch äusserlich verschieden. breiter. Er wendet die eine Fläche dorsal-, die andere ventralwärts. stabartig gestaltet, von rundlichem Querschnitt. Er soll als Pars crico- trachealis bezeichnet werden. Bei einer Reihe von Arten bleibt die Cartilago lateralis einheitlich bestehen, besitzt aber doch ein viel complicirteres Verhalten als bei den beiden oben erwähnten Arten. Dies ist der Fall bei Siren, Amphiuma und Menopoma (WILDER c). Nur die beiden ersteren Arten sind genau unter- sucht. Einen Fortschritt bildet zunächst, dass die Seitenknorpel in ihrer ganzen Länge (Amphiuma) oder nur im Bereich der Pars crico-trachealis (Siren) zu Rinnen umgestaltet sind, die den Luftweg seitlich umfassen Cart. lat. Cartilago lateralis, Pulm. Lunge. Ferner zeigt sich, dass beide Theile nicht mehr (Textfigur 38 P. er.-tr.). unabhängig von einander bestehen (E. G. c., I. Theil). die caudalen Theile der Partes arytaenoideae an der Ventralseite des Kehlkopfes durch eine Knorpel- Bei Siren besteht unmittelbar hinter dem Bereich der Schliessmuseulatur Endlich ist Bei Amphiuma sind brücke mit einander verbunden. dorsal vom Luftweg ein knorpliger Zusammenhang beider Seitenknorpel (Textfigur 39 B.). zu erwähnen, dass die beiden Skeletstücke nicht mehr ausschliesslich aus hyalinem Knorpelgewebe bestehen, sondern eine fibrillär gebaute Grundsubstanz zwischen den Knorpelzellen besitzen (WILDER). Es handelt sich hierbei nicht um eine beliebige Ver- m theilung beider Modificationen des Knorpel- | gewebes innerhalb der Cartilagines late- Se rales, sondern, wie ich nachweisen konnte, \ um ein streng gesetzmässiges Verhalten, : 0 sowohl was die Vertheilung des hyalinen und des Faserknorpels anlangt, als auch in Betreff des Fibrillenverlaufes im Faser- se knorpel selbst (Textfigur 39). Eine andere Gruppe von urodelen Amphibien besitzt nicht mehr die einheit- Tr. Trachea, P.er.-tr. Siren. Pars crico-trachealis des Seitenknorpels, Per. Pericard. Fig. 38. Querschnitt durch die Trachea. lichen Seitenknorpel, vielmehr ist beiihnen eine Zerlegung derselben eingetreten, die in erster Linie das Arytänoid selbstständig werden lässt. Dazu kann es zu einer Zerlegung der Pars resp. Cartilago crico-trachealis in einzelne Stücke kommen. In unvollkommenem Maassstab ist das bei Salamandra 59 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung aer Monotremen. 5gI maculosa der Fall. Die Continuität der rinnenartig gestalteten Crico-trachealtheile der Knorpel ist an mehreren Stellen unterbrochen. Am ausgiebigsten ist die Zerlegung der auf das Arytänoid folgenden Theile der Seitenknorpel bei Ichthyophis glutinosa durchgeführt (E. G. c, I. Theil). Caudal vom Arytänoid folgen längs der Trachea zuerst eine Anzahl ausgesprochen paarig angeordneter isolirter Knorpelstücke, die dann in kurzer Entfernung vom Arytänoid sich paarweise an der Dorsalseite des Luftweges zu typischen Trachealringen vereinigen. Der Fortschritt, der hier erreicht ist, beruht darauf, dass das Offenbleiben der Luftwege stets gesichert ist, dabei aber die Biegsamkeit des Luftrohres in keiner Weise beeinträchtigt ist. Die nächste Vervollkommnung der ganzen Einrichtung äussert sich darin, dass die oralen Theile der Cartilagines crico-tracheales mit einander zu einem grösseren Stück verschmelzen. Dies liegt nach HEnLE bei Ooecilia tentaculata vor. Auf die Arytänoide folgt ein als Cricoid zu bezeichnender Theil, an den sich dann erst der Bereich der Trachealringe anschliesst. B. Dü. Br.ll x M.lar.ventr. DI. d.-tr. Fig. 39. Sören. Querschnitt durch den caudalen Theil des Larynx. B. Brücke zwischen den beiden Partes arytaenoideae der Seitenknorpel, Dil. Dilatator laryngis, L. Larynx, M.d.-tr. Musculus dorso-trachealis, M.lar.ventr. Musculus laryngeus ventralis, Br. I Branchiale II. Etwas anders, aber dennoch im Princip gleichartig, gestaltet sich die Umbildung der Cartilago lateralis bei den Anuren. Ueberall sind hier die Arytänoide zu Selbstständigkeit gelangt. Schalenartig gestaltet, liegen sie seitlich dem Kehlkopf an und empfangen noch dadurch grössere Bedeutung, dass sie die Träger der als Stimmbänder functionirenden Schleimhautfalten bilden. Fortsätze, die sich an ihrem oralen Rande entwickeln, können sich von ihnen abgliedern und stellen dann scheinbar selbständige Stücke vor. Die Partes crico-tracheales der Seitenknorpel erfahren dadurch eine besondere Ausgestaltung, dass sie dicht hinter den Arytänoiden dorsal (Pelobates) oder dorsal und ventral vom Luftweg mit einander in Verbindung treten. Der hiermit geschaffene Ring kann als Pars cricoidea von den caudal ihn fortsetzenden Partes tracheales unterschieden werden. Er dient nicht nur den Arytänoiden als Anheftungsstelle, sondern bietet auch der Musculatur Befestigung. So wird hier hinter dem Arytänoid noch ein weiterer Theil des Laryngo-trachealskelets in den speciellen Dienst des Kehlkopfes gestellt. Die höchste Ausbildung erreicht dann das Skelet des Luftweges bei Pipa (GRÖNBERG), indem ein dorsal geschlossenes Cricoid aus dem Verband mit dem Trachealskelet austritt und auch letzteres in einzelne an der Aussenseite des Luftweges lagernde Stücke zerlegt wird. 8*F 76* 592 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 60 Bei den Reptilien finden wir allgemein die Dreigliederung des primären Laryngo-trachealskelets in die Arytänoide, das Cricoid und die Trachealringe durchgeführt. Die letzteren sind entweder wirklich rinsförmig geschlossen oder bleiben an der Dorsalseite geöffnet (Textfigur 40 und 41). Es ist nun von besonderem Interesse, dass das System der Tracheal- resp. Bronchialringe in den Bereich der Lunge vor- zudringen beginnt. Bei einer Reihe von Arten, bei denen die fortschreitende innere Ausbildung der Lungen eine intrapulmonale Fortsetzung der Bronchen zu Stande kommen lässt, beginnt auf diese die Skeletbildung von den freien Theilen der Bronchen aus überzugreifen (Thalassochelys, Alligator, Orocodilus; vergl. MILANI). Trotz der hohen Entwickelungsstufe des Laryngo-trachealskelets zeigen sich aber, wie HENLE erkannte, dennoch mehrfache Hinweise auf die Herkunft des ganzen Systems. Dazu gehört, dass bei manchen Ophidiern das Arytänoid mit dem Cricoid in hyalinknorpligem Zusammenhang geblieben ist. Ferner ist oft das Cricoid an seiner dorsalen und ventralen Fläche von queren Spalten durchsetzt, so dass nur die seitlichen Theile sich continuirlich durch die ganze Länge des Skeletstückes erstrecken. Dieses Verhalten zeigt, dass der Ringknorpel durch eine an mehreren Stellen erfolgte Verbindung der auf das Arytänoid folgenden Theile der Cartilagines laterales entstanden ist. Endlich besteht oft keine scharfe Trennung zwischen dem Cricoid und den Trachealringen, sondern diese lösen sich gewissermaassen aus dem Verband mit dem Ringknorpel, indem allmählich die queren Durchbrechungen des letzteren an Umfang zunehmen, auch die seitlichen Theile des Knorpels durchschneiden, und damit isolirte Knorpelringe, eben die vordersten Trachealringe, zu Stande kommen lassen. So tritt also die Zusammengehörigkeit aller Theile des primären Laryngo- trachealskelets noch deutlich hervor. Auf grosse Strecken ist häufig der Verband der alten Cartilagines laterales noch gewahrt, wenn auch beide ihre frühere Unabhängigkeit von einander definitiv aufgegeben haben. Eine besondere Beachtung verdient noch das Cricoid. Seine Bedeutung Fig. 40. Hatteria. Laryngo- beruht einerseits darauf, dass es dem durch die Kehlkopfmuskeln bewegten trachealskelet, von der Dorsal- seite gesehen. Ar. Arytänoid, Or. Cricoid, Pre.a.d. Processus dem Dilatator laryngis Ursprungsflächen bietet. Schon bei Anuren beginnt der anterior dorsalis, 7. Trachea. Arytänoid einen Stützpunkt abgiebt und zweitens Kehlkopfmuskeln, namentlich Muskel auf das Kehlkopfskelet selbst überzutreten, und bei allen Reptilien, mit Ausnahme von Amphisbaena, entspringt er ganz vom Cricoid, bei manchen Arten sogar von besonderen Fortsätzen des Knorpels. Der Ringknorpel entsendet ferner von seinem oralen Rande sowohl dorsal wie ventral vom Kehlkopf bei manchen Arten Fortsätze, die man als Processus anterior dorsalis und ventralis bezeichnen kann. Der letztere ist von HENLE auch als Processus epiglotticus bezeichnet und ganz ausführlich geschildert worden. Er kommt bei Vertretern aller Ordnungen der Reptilien vor, ist aber ungemein verschiedengradig entwickelt. Bei vielen Arten fehlt er ganz, und alle denkbaren Uebergänge führen bis zu Fällen, in denen er als langer Knorpelstab vom vorderen Rande des Ringknorpels ausgeht. Er kann dann als Ursprungsstelle für einen Theil der Schliessmuskeln des Kehlkopfes verwendet werden (7ropidonotus) oder er dient als Stütze für die Epiglottisfalte (Agamen). HENLE hat ferner auch dargethan, dass bei manchen Vögeln der Fortsatz sich vom übrigen Cricoid abgliedern kann, und ist dadurch zu der Ansicht gelangt, dass auch der Epiglottisknorpel der Säuger jenem homolog, also ein Product des Ringknorpels sei. Die Ergebnisse einer genauen Untersuchung des Epiglottisknorpels der Säuger müssen diese Ansicht verwerfen lassen. Es lassen sich nicht die geringsten Anhaltspunkte für eine Beziehung dieses Knorpels zum Cricoid gewinnen. 61 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 593 Der Processus anterior dorsalis (superior) ist lange nicht so häufig vertreten wie der vorhin be- sprochene Fortsatz. Unter den Sauriern besitzt ihn besonders stark entwickelt Hatteria (Text- __- Pre. a. ventr. figur 40 Pre.a.d.). Der diesem Fortsatz benach- barte Theil des Vorderrandes des Ringknorpels löst sich mit ersterem aus dem Zusammenhang on = mit den übrigen Theilen des Skeletstückes und bildet ein selbständiges Stück, das als Pro- CH z cricoid bezeichnet wird (Emys, Chelonia). Seit- ” lich schliessen sich an dasselbe die Arytänoide an (Textfigur 41 Proecr.). 7 2 Die Veranlassung für die Abgliederung 7 Tr. des Procricoids ist wohl jedenfalls darin zu suchen, dass es die Unterlage für die Raphe 1% E CH zwischen den dorsalenTheilen der Schliessmuskeln bildet. Es ist dadurch bei jeder Contraction der \ \ Muskeln einem Druck ausgesetzt, der es gegen N ” das Lumen des Kehlkopfes zu drängen und Fig. 41. Chelonia midas. Zungenbein und Laryngo-tracheal- skelet, von der Dorsalseite gesehen. Proer. Procricoid, Pre. a.ventr. Processus anterior ventralis des Cricoids (Or.), © I—III drei Hörner trennen strebt. des Zungenbeins. Uebrige Bezeichnungen s. Erklärung zu Fig. 40. damit von dem Haupttheil des Ringknorpels zu b) Monotremen !). I. Fertiger Zustand. Die Arytänoide beider Monotremen stimmen in allen wesentlichen Punkten mit einander überein, so. dass wir sie zusammen schildern können. (Taf. XVIIl, Fig. 12 und 13 Ar.) Sie liegen wie bei den übrigen Säugethieren zu beiden Seiten des obersten Theiles des Kehlkopfes und zwar nur im dorsalen Bereich desselben (Textfigur 49 und Taf. XVIII, Figg. 15, 16, 18). Man kann drei Flächen an ihnen unterscheiden (Fig. 49). Die eine ist ventralwärts gerichtet und dient zum grossen Theil dem Ansatz des M. crico-thyreo-arytaenoideus. Eine zweite sieht dorsalwärts (Fig. 12, 13) und lässt an ihrem oralen Rande den M. ary-procricoideus entspringen. Die dritte endlich ist dem Kehlkopflumen zugekehrt. Lateralwärts zieht sich das Arytänoid in einen stark vorspringenden Processus muscularis (Pre. muse.) aus, die Insertionsstelle des Dilatator laryngis. Ein weiterer kurzer Fortsatz geht von der Basis des Knorpels medianwärts, stösst mit dem entsprechenden Theil der anderen Seite in der Mittelebene zusammen und ist mit ihm in einer Naht verbunden (bei *). Diese Verbindung beider Stellknorpel an der dorsalen Um- grenzung des Aditus laryngis, auf die erst kürzlich SyminGTon (b u. c.) aufmerksam gemacht hat, besteht auch bei den Marsupialiern. Es handelt sich hier aber nicht etwa um eine Besonderheit der Aplacentalier. Bei Ungulaten (ich untersuchte Pferd und Ziege) bestehen an der Basis des Arytänoids die gleichen Fortsätze, die bei den Aplacentaliern beide Arytänoide mit einander in Verbindung setzen. Sie stossen aber nicht 1) HENLE gelangte zu einer irrthümlichen Ansicht vom Aufbau des Kehlkopfgerüstes der Säugethiere, indem er aus dem das Cricoid vorstellenden Stück des Reptilienkehlkopfes, das er als Schildringknorpel bezeichnete, einerseits das Cricoid der Säuger, andererseits auch das Thyreoid ableitete. Den Beginn einer derartigen Zerlegung erblickte er schon in der Abgliederung des als Procricoid oben bezeichneten Stückes am Reptilienkehlkopf, indem er dasselbe als Cricoid auffasste. 594 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 62 direct zusammen, sondern werden durch ein kurzes queres Band mit einander in Verbindung gesetzt. Auch bei Lemur hängen beide Arytänoide in der gleichen Weise zusammen wie bei den Monotremen, nur ist das verbindende Gewebe etwas reichlicher als bei jenen. Endlich gehört hierher, dass bei Canis ein sehniger Strang in der dorsalen Wand des Kehlkopfes quer zwischen den Arytänoidbasen ausgespannt ist. So mag noch in manchen anderen Fällen Aehnliches zu finden sein. In den freien Rand der Plica ary-epiglottica springt das Arytänoid in Form einer Kante vor, die ventralwärts sich in eine scharfe Schneide fortsetzt, in welcher die innere und vordere Fläche des Knorpels zusammenstossen. Sie liegt an der Stelle, an welcher man einen Processus vocalis erwarten sollte, ein solcher fehlt jedoch. Dementsprechend habe ich auch nichts von Stimmbändern finden können. Die ventrale Kante der Stellknorpel ist aber in innigem Zusammenhang mit dem Bindegewebe der Mucosa, das, der Membrana quadrangularis der menschlichen Anatomie vergleichbar, die Unterlage für die ventralen Theile der Schliess- musculatur darstellt. So muss die gesammte Wandung der ventral von den Stellknorpeln gelegenen Theile des Larynx sich den Bewegungen des Arytänoids anschliessen. Eine verhältnissmässig schmale Kante kehrt das Arytänoid dem Ringknorpel zu. Sie läuft lateral- wärts auf den Processus muscularis, medianwärts auf den die Verbindung mit dem anderseitigen Arytänoid vermittelnden Fortsatz aus und dient in ihrem mittleren Drittel der Verbindung mit dem oralen Rande des Cricoids und zwar an den lateralen Theilen des letzteren. Es gelang mir nicht, hier einen Gelenkspalt nachzuweisen, es handelt sich um eine syndesmotische Verbindung beider Skelettheile. In nächster Beziehung zu den Arytänoiden stehen die in der dorsalen Mittellinie gelegenen unpaaren kleinen Knorpelstücke, die im Allgemeinen als Procricoide (Schaltstücke) bezeichnet werden. Man unter- scheidet ein vorderes und hinteres Procricoid. Das vordere Procricoid, dem von LuscHkA als Interarytänoid bezeichneten Knorpel homolog, dient vor allem der Befestigung des als M. ary-crico-procricoideus bezeichneten Theiles der Schliessmusculatur (Taf. XVII, Fig. 12—18, Taf. XVII, 4 u. 5 Proer.). Es ist für die Monotremen längst beschrieben. Ich erwähne die Darstellungen von DUBOIS, SYMINGTON, WALKER!). Bei Echidna und Ornithorkymehus ist es annähernd gleich gestaltet. Nur besitzt es bei Echidna ver- hältnissmässig grösseren Umfang. Es zeigt etwa dreieckige Form. Die längste Seite des Dreieckes sieht pulmonalwärts, die Spitze mit den kürzeren Seiten ist oralwärts gerichtet. Der Knorpel liegt direct den dorsalen Fortsätzen der Arytänoide, welche die Verbindung beider Stellknorpel unter einander vermitteln, auf. Der grösste Theil seiner Ränder ist mit den Anheftungen der Fasern der dorsalen Schliessmuskeln besetzt. Nur der mediane Theil des pulmonalwärts gerichteten Randes ist frei von solchen. Der Knorpel dient ferner als Stütze für die hintere Umrandung des Kehlkopfeinganges. Endlich geht von ihm in caudaler Richtung ein Bindegewebsstrang aus, der median dicht unter der Schleimhaut des Pharynx, gegen die starke ventrale Längsfalte der Pharynxschleimhaut, die oben geschildert wurde, hinläuft (s. p. 553). Ein homologes Knorpelstück findet sich in weiter Verbreitung bei den höheren Abtheilungen der Säuger (Branpr). Allgemein besteht es bei den Marsupialiern, ferner, wie DuBoıs zusammenstellt, bei den Carnivoren (ausser Ayaena), bei den Pinnipediern, bei den Insectivoren, Chiropteren, einzelnen Ungulaten, .den Prosimiern 2). Beim Menschen beschreibt es LuscHkA als seltenes Vorkommniss von rudimentärem 1) Bei WIEDERSHEIM (c) wird auch das vordere Procricoid von Echidna dargestellt [Fig. 300 c (S. ı)]. Es liegt hier anders, als die übrigen Untersucher und ich selbst es gefunden haben, nämlich zwischen den dorsalen Enden der Arytänoide. WALKER beschreibt für Behidna in richtiger Weise vorderes und hinteres Procricoid. Bei Ornithorhynehus werden dagegen nur zwei Knorpelstückchen geschildert, die sich zwischen beide Arytänoide einschalten, an der Stelle, an welcher sonst beide Arytänoide zusammenstossen. WALKER fasst sie als Abgliederungen der letzteren auf. 2) Vergl. die Angaben FÜRBRINGER’S (a) über das verschiedene Vorhalten der Procricoids innerhalb des Musc. inter- arytaenoideus bei den verschiedenen Säugern (p. 99). 63 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 595 Charakter. Es liegt als ein hirse- bis hanikorngrosses, rundliches Gebilde dicht unter der Schleimhaut, suspendirt in dem Bandapparat, welcher die Spitzen der SAntorint’schen Knorpel mit dem oberen Cricoidrand verbindet. Es hat hier keine Verbindung mehr mit der Musculatur und besteht interessanterweise aus elastischem Knorpel, während es sonst Hyalinknorpel ist. Es liegt nahe, das vordere Procricoid mit dem Procricoid der Reptilien zu homologisiren und dann in ihm ein abgegliedertes Stück des oralen Cricoidrandes zu sehen, wie es bei Duzoıs geschieht. Vergleicht man die Lage der beiden Theile, so zeigt sich doch aber eine recht erhebliche Verschiedenheit zwischen beiden. Das vordere Procricoid der Monotremen liegt ziemlich weit vom Cricoid entfernt. Zwischen beide Theile schieben sich trennend die mit einander verbundenen dorsalen Theile beider Arytänoide ein, und ganz offenbar hat zu ihnen das Procricoid eine viel innigere Beziehung als zum Cricoid. Dazu kommt, dass die Entwickelungsgeschichte, wie weiter unten dargelegt werden soll, keinerlei Verbindung des frag- lichen Knorpelstückes mit dem Cricoid erkennen lässt. Wir werden vielmehr sehen, dass die Verbindung beider Arytänoide unter einander schon vom ersten Auftreten der Skeletanlage an besteht, und dass demnach der Ort des Procricoids von Anfang an gegen das Cricoid zu abgegrenzt ist. Dagegen steht die Anlage des Procricoids in innigster Verbindung mit den zunächst continuirlich mit einander zusammenhängenden Stellknorpeln, und so komme ich zu der Ueberzeugung, dass es sich um ein Stück handelt, das genetisch zu den Arytänoiden gehört und mit dem Procricoid der Reptilien nichts zu thun hat (das Nähere s. p. 508). Das hintere Procricoid ist viel unbedeutender entwickelt als das vordere. Sowohl für Echidna wie Ornithorhynchus ist es mehrfach geschildert worden (WIEDERSHEIM, DUBOIS, WALKER, SyMinGTon). Eigen- thümlicher Weise habe ich esnie an den von mir untersuchten erwachsenen (3) und jugendlichen (2) Kehl- köpfen von Echidna und ebensowenig bei den Embryonen aufgefunden und muss daher annehmen, dass es nicht zu den regelmässigen Bestandtheilen des Kehlkopfskelets von Echidna gehört. Regelmässig fand ich es dagegen bei Ornithorhynchus (Taf. XVIII, Fig. 12, 14, 15, 17 Proer‘.). Es ist hier ein kleines, kugliges Knorpel- stück, das von der caudalen Seite her sich gegen die Naht zwischen beiden Arytänoiden eindrängt und mit beiden Stellknorpeln in Verbindung steht. Es entspricht daher seinem Verhalten nicht, wenn es SyMINGTON als Intercricoid bezeichnet. Wenn ich auch Entwickelungsstadien des Ornithorhynchus-Kehlkopfes nicht unter- suchen konnte, so scheint mir doch das ganze Verhalten des Knorpels dafür zu sprechen, dass er genetisch zu den Arytänoiden gehört. Wir sahen, dass bei Echidna zwischen letzteren zeitweise ein continuirlicher Zusammenhang besteht (Taf. XX, Fig. 30 b), und vom caudalen Rande der die Verbindung vermittelnden Brücke hat sich wohl das hintere Procricoid abgelöst, während der orale Rand das vordere Procricoid hervorgehen liess. Bei Halmaturus giganteus beschreibt KÖRNER einen Knorpel, der ihm entsprechen könnte. In einem recht verschiedenen Verhalten tritt uns das nächste Stück des Kehlkopfskelets, das Cricoid, bei beiden Monotremen entgegen. Bei Echidna (Taf. XVIII, Fig. 11, 13, 18 Cr.) bildet es einen ziemlich hohen Ring, der jedoch dorsal nicht geschlossen ist (Taf. XVIII, Fig. 13), wie von WALKER zuerst beschrieben wurde. Ein nach oben zu sich verschmälernder Spalt trennt beide Seiten von einander, am oralen Rande des Stückes überbrückt ein Ligament (Zig.) den hier nur noch engen Zwischenraum und verbindet beide Seiten des Knorpelstückes mit einander. Das Cricoid hat vorn seine grösste Höhe (Taf. XVII, Fig. 18), indem sein oraler Rand sich hier in einen stumpfen Fortsatz auszieht (erwähnt von SyMINGToN), der von dem caudalen Theile des M. thyreo-crico-arytaenoideus als Ursprungsstelle benutzt wird (Taf. XVIII, Fig. IT). Seitlich springt in der Nähe des pulmoralen Randes ein Höcker zur Verbindung mit dem zweiten Thyreoid- bogen vor (Taf. XVIII, Fig. 13). Ganz auffallend ist bei Zchidna die wenig scharfe Abgrenzung des Cricoids gegen die Trachealringe. ‚Schon Dusois hat auf diese bei niederen Säugethieren verbreitete, übrigens, wenn auch weniger prägnant, 596 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 64 allgemein vorkommende Thatsache kurz hingewiesen (vergl. Anm. zu p. 601). In einem Falle (Taf. XVIII, Fig. ı1) war durch eine vom Hinterrand des Knorpels eingreifende Spalte ein Stück vom Cricoid auf einer Seite unvollkommen abgegrenzt, das auf der anderen Seite völlig zu ihm gehörte. Dieses Stück hing ausserdem an seinem dorsalen, freien Ende mit den folgenden Trachealringen zusammen, so dass es diese mit dem Ringknorpel in Verbindung setzte. Ein solcher Zusammenhang des Cricoids mit den Trachealringen, ein allmählicher Uebergang zwischen beiden Abschnitten findet sich bei Echidna wohl regelmässig, aber in individuell ganz verschiedener Weise durchgeführt und weist auch hier unzweideutig auf die genetische Zusammengehörigkeit von Cricoid und Trachealringen hin. Bei Ornithorhynehus (Taf. XVII, Fig. 12, 15, 17 Cr.) ist der Ring des Cricoids auch dorsal geschlossen }), aber noch ist die dorsale Verbindung erheblich schmäler als der ventrale Theil des Knorpels. Sie gehört der Nachbarschaft des oralen Randes an, entspricht also, allerdings unter erheblicher Verbreiterung, dem bei Echidna bestehenden Bande (Taf. XVIII, Fig. 13 Lig.). Auch hier überragt ventral der vordere Rand des Knorpels das Niveau der dorsalen Theile desselben (Taf. XVII, Fig. 17) in oraler Richtung. Im Gegensatz zum Verhalten bei Echidna hebt sich der Knorpel viel schärfer gegen die Trachealringe ab, indem seine Seitentheile sich je in einen Vorsprung ausziehen, der die dorsalen Enden der obersten Trachealringe über- lagert (Taf. XVII, Fig. 6 und 17). An ihm befestigt sich aussen das Ende des zweiten Thyreoidbogens (7%. II) Die Abgrenzung des Cricoids kann dabei am pulmonalen Rande ganz scharf sein. In einem Falle fand ich aber doch den ersten Trachealring einseitig in unmittelbarem Zusammenhang mit dem pulmonalen Rande des Cricoids. Im Grossen und Ganzen bietet also das Cricoid von Echidna primitivere Merkmale als das von Ornithorhymchus. Der fehlende dorsale Schluss, der allmähliche Uebergang in die Trachealringe sind als solche zu betrachten. An den Trachealringen, die wie bei allen Säugern, mit Ausnahme der Cetaceen, dorsal offen bleiben, fiel mir bei beiden Arten besonders die Ungleichmässigkeit ihrer Ausbildung auf, welche das über- schreitet, was man in dieser Hinsicht bei den höheren Formen zu finden gewohnt ist. Ganz besonders oft hängen Ringe, die auf der einen Seite ganz getrennt von einander sind, auf der anderen mit einander zusammen oder fliessen nach der anderen Seite zu in ein verhältnissmässig schmales Knorpelband zusammen (Taf. XVII, Fig. 6 und 7). Vielfach sind die dorsalen Enden eines Ringes auf der einen Seite erheblich schmäler als auf der anderen. Eine derartige Häufung von Ungleichmässigkeiten kann man wohl nur als ein primitives Verhalten ansehen, das erst bei höherer Ausbildung der Organisation grösserer Regelmässigkeit Platz machte, 2. Entwickelung. In den frühesten mir zur Untersuchung vorliegenden Stadien der Embryonalentwickelung von Echidna (Embryo 42 und 43) liegen noch keine distineten Anlagen des primären Laryngo-trachealskelets vor, während das Zungenbein und die Bogen des Thyreoids schon erkennbar hervortreten. Damit stellt es sich aber nicht etwa in Gegensatz zu den letzteren, indem hier der zweite Thyreoidbogen gerade erst im Beginne seiner Differenzirung steht und dadurch eine vermittelnde Stellung einnimmt. Im ganzen Bereich des Luftweges finden wir aber bereits eine Verdichtung des mesodermalen Gewebes etwas nach aussen vom Epithel, in welchem das für die späteren Skeletanlagen dienende Bildungsgewebe enthalten ist; denn es findet sich überall dort, wo später Knorpelstücke zur Entwickelung gelangen. Auch die Muskelanlage (s. p. 567) ı) Ein dorsales Offenbleiben des Cricoids, wie es DuBoIs abbildet, ist mir bei Ornithorhyncehus ebensowenig begegnet wie den übrigen Untersuchern. 65 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 597 lässt in diesem Stadium noch keinerlei Sonderung erkennen. Sie liegt jederseits nach aussen von den erwähnten mesodermalen Zellmassen (Taf. XIX, Fig. 22). In den Schnitten, welche noch in den Bereich des Aditus laryngis fallen, sind diese Anhäufungen mesodermaler Elemente mit rundlichen Zellkernen, besonders mächtig und dicht zu beiden Seiten des Lumens und hängen dorsal und ventral durch schmälere Brücken mit einander zusammen (Fig. 20). Weiter pulmonal- wärts verschmälern sie sich erheblich, bleiben aber ventral in Zusammenhang mit einander, während an der Dorsalseite des Kehlkopfes sich mehr und mehr längliche Zellformen mit ovalen Kernen in das Gewebe einfügen, die hier die Continuität unterbrechen, so dass in den unteren Theilen des Larynx und im Bereich der Trachea die Gewebsverdichtung nur seitlich und ventral das Lumen umgürtet. Bei Embryo 44 ist bereits die Differenzirung gesonderter Skeletanlagen in der Gewebsverdichtung der vorhergehenden Stadien erfolgt und sind die Anlagen der Arytänoide, des Cricoids und der Tracheal- ringe erkennbar. In allen Hauptpunkten sind dabei schon die bleibenden Verhältnisse erreicht. Das Arytänoid (Taf. XIX und XX, Fig. 24—26) hebt sich ganz deutlich gegen die Umgebung ab und ist auch durch seine Beziehungen zu der hier schon gesonderten Musculatur wohl charakterisirt. Es besteht aus dicht an einander gedrängten Zellen mit rundlichen Kernen, ohne erkennbare Spuren von Intercellularsubstanz. Es handelt sich also noch um Vorknorpel. Eine besondere Beachtung verdient, dass sich beide Arytänoidanlagen in ihren pulmonalen Theilen dorsal vom Kehlkopflumen unmittelbar mit einander in Verbindung setzen. Die hier bestehende Brücke unterscheidet sich geweblich in keiner Weise von dem Gewebe der Haupttheile der Arytänoidanlagen (Taf. XIX, Fig. 24 b). Mit dem oralen Rande der Brücke steht median eine kleinere Zellgruppe in Ver- bindung, die sich zwischen die Anlagen der beiden dorsalen Quadranten der Schliessmuskeln einschiebt, also die Lage des späteren Cricoids einnimmt. Von der Gegend der Brücke (b) aus zieht ein Gewebsstrang eine Strecke weit in caudaler Richtung unter der Pharynxwand hin (Taf. XIX und XX, Fig. 24—26 Lig.). Es handelt sich, wie die Vergleichung mit älteren Stadien zeigt, um die Anlage des Ligaments, das wir beim fertigen Thier vom Procricoid in die ventrale Pharynxwand verfolgen konnten. Ferner ist zu erwähnen, dass die Arytänoidanlage jederseits lateral vom Lumen des Kehlkopfes continuirlich mit der Anlage des Cricoids in Zusammenhang steht. n Bei Embryo 45 zeigt sich in den mittleren Theilen der Arytänoidanlage bereits Grundsubstanz zwischen den Zellen. Das orale Ende ist aber noch vorknorplig, und ebenso vermittelt eine vorknorplige Zone jederseits den auch hier continuirlichen Zusammenhang mit dem Cricoid. Die Brücke, welche die g, wie es beiden Arytänoide dorsal vom Kehlkopf mit einander verbindet, erscheint hier nicht so gleicharti im vorhergehenden und, wie ich gleich erwähnen will, auch im folgenden Stadium der Fall ist. In der Gegend der Medianebene haben vielfach die Kerne ovale Gestalt angenommen und sich in die Richtung der Mittelebene eingestellt, so dass eine allerdings keineswegs scharf abgrenzbare Grenzschicht zwischen rechts und links innerhalb der Brücke zu Stande kommt. Wie im vorhergehenden Stadium schiebt sich vom oralen Brückenrand eine Gruppe von Zellen zwischen die beiderseitigen dorsalen Schliessmuskeln ein, in der wir die Anlage des Procricoids zu erblicken meinen. In allen seinen Theilen besitzt das Arytänoid erst bei Embryo 46 reichlich entwickelte Intercellular- substanz (Taf. XX, Fig. 29, 30 Ar.). Von ganz besonderem Interesse ist die dorsale Verbindung zwischen beiden Arytänoiden. Es besteht keine Spur von einer medianen Trennung. Das Gewebe aller Theile der Brücke stimmt völlig überein mit dem Gewebe der Arytänoide selbst und ist als junger hyaliner Knorpel anzusprechen (Taf. XX, Fig. 30 b). Wenn wir im vorhergehenden Stadium (45) Andeutungen einer medianen Trennung fanden, während bei 44 wiederum die Brücke ganz einheitlich erscheint, so wird man wohl zu der Ansicht Jenaische Denkschriften. VI. i) Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 77 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 66 598 kommen, dass der Process, der die definitive Trennung der beiden Arytänoide bedingt, zu verschiedenen Zeitpunkten, bald früher, bald später, einsetzen kann. Auf das deutlichste zeigt sich auch hier die Continuiät der Arytänoide mit den seitlichen Theilen des Cricoids. Die Verbindung ist vermittelt durch einen schmalen Bezirk, in welchem die Zellkerne etwas grösser sind und dichter an einander liegen als im eigentlichen Cricoid und Arytänoid. Die Grenzzone geht jedoch direct in das hyalinknorplige Gewebe der durch sie in Zusammenhang gesetzten Stücke über, Leider war an den Schnitten die Stelle, welche den vorderen Rand der Brücke und die dorsale Befestigung der Schliessmuskeln enthielt, defect, so dass es mir nicht möglich ist, etwas über die Beschaffenheit der Anlage des Procricoids auszusagen. Das letzte untersuchte Stadium (47, Beuteljunges) weist den Beginn einer Zerlegung der dorsalen Brücke zwischen beiden Arytänoiden auf (Taf. XX, Fig. 32 db). In ihr hebt sich median ein biconcav gestalteter Bezirk gegen die seitlichen Theile ab. In ihm liegen die Zellkerne dichter an einander. Manche von ihnen haben sich stark abgeplattet und treten durch dunklere Färbung deutlich hervor. Auch in den übrigen Theilen des Arytänoids finden sich derartige Kerne vor; in der uns beschäftigenden Zone zeigen sie aber noch eine besondere Anordnung, indem sie in der Richtung der Medianebene oder weiter lateral- wärts parallel zu der concaven Seitenfläche des Bezirkes eingestellt sind und seine Abgrenzung gegen die seitlichen Theile der Brücke schärfer hervortreten lassen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass inner- halb dieses schmalen Bezirkes die Zerlegung der Brücke zu Stande kommt, also die Trennung beider Arytänoide vollzogen wird. Unmittelbar vor der in Zerlegung begriffenen Brücke tritt uns hier zum ersten Mal das definitive Verhalten des (vorderen) Procricoids entgegen (Taf. XX, Fig. 31 Procr.). Sein Gewebe unter- scheidet sich dadurch von dem des Arytänoids, dass die Intercellularsubstanz noch nicht ganz so reichlich entwickelt ist wie bei jenem und etwas trüber erscheint als dort. Öralwärts schiebt sich das Stück unter starker Verjüngung zwischen die Ursprünge der Mm. ary-crico-procricoidei (M.ar.-procr.) ein, und caudal- wärts hängt es ganz continuirlich mit dem Knorpelgewebe des vorderen Randes der Brücke zusammen (linke Seite der Figur). Eine Abgrenzung beider gegen einander besteht nicht. An der Uebergangsstelle ändert sich nur allmählich die Beschaffenheit des Knorpelgewebes und lässt dadurch den Bereich des Procricoids bestimmen. So erscheint das Skeletstück als ein den Arytänoiden zugehöriger Theil, Endlich sei noch erwähnt, dass auch hier noch der Zusammenhang zwischen den Arytänoiden und dem Cricoid besteht, vermittelt durch eine schmale Zone von vorknorpliger Beschaffenheit. Die Abgliederung erfolgt also verhältnissmässig spät. Die histogenetische Ausbildung des Cricoids erfolgt in etwas beschleunigterem Tempo als die der Arytänoide, so dass wir es stets auf etwas höheren Entwickelungsstufen antreffen als letztere. Es ergaben sich mir aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es überhaupt früher angelegt wird als die anderen Theile des prımären Laryngo-trachealskelets. Bei der Untersuchung der Entwickelungsstadien wird man mit der oben erwähnten Thatsache der vielfachen Verschiedenheit seines pulmonalen Abschlusses rechnen müssen. Bei Embryo 44 ist in der Anlage des Ringkorpels bereits hyaline Grundsubstanz zu erkennen (Taf. XX, Fig. 27 Or.), die im Arytänoid und auch in den Anlagen der Trachealringe noch fehlt. Man unterscheidet an ihr zwei seitliche Theile, die rechts und links den Luftweg begleiten und nach vorn in die Arytänoidanlagen continuirlich übergehen. Mit diesen zusammen entsprechen sie also dem vorderen Theil der Cartilago lateralis. Beide Seitentheile stehen ventral mit einander in Zusammenhang durch eine breite Brücke, deren Bereich sie jedoch pulmonalwärts noch ein kurzes Stück überragen, dorsal bleiben sie getrennt. Das die Verbindung herstellende Knorpelband ist weniger stark als die Seitentheile selbst und besitzt auch 67 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 599 noch nicht so viel Intercellularsubstanz wie jene. Eine Verbindung mit den vordersten Trachealringen war nicht nachweisbar. Die Cricoidanlage des nächst älteren Embryos (45) zeigt eine etwas andere Gestaltung, abgesehen von der Zunahme der Grundsubstanz. Die Seitentheile des Knorpels waren nämlich nur vorn (im Bereich von 16 Schnitten) ventral mit einander verbunden. Die caudalen Theile derselben (im Bereich von 12 Schnitten) sind ganz unabhängig von einander und entsprechen so dem primitivstsn Verhalten der Cartilago lateralis. Ausserdem ist beachtenswerth, dass hier der erste Trachealring mit seinem dorsalen freien Ende direct mit den Enden der Seitentheile des Cricoids in Verbindung steht. Wiederum andere Verhältnisse in der Ausgestaltung der pulmonalen Theile des Cricoids besitzt Embryo 46 und das mit 47 bezeichnete Beuteljunge. Bei ersterem stehen die Seitentheile des Ringknorpels oral an der Ventralseite des Larynx in breitem Zusammenhang mit einander. Pulmonalwärts von der Stelle, an welcher sich der zweite Thyreoidbogen anlegt, finden sich in dem ventralen Theil des Knorpels 2 Paare quergestellter Spalten dicht hinter einander, die gewissermaassen das Auftreten der Trachealknorpel vorbereiten und die Grenze zwischen den pulmonalen Theilen des Cricoids und dem Trachealskelet ver- wischen. Man kann in der That im Zweifel sein, ob man den ersten Trachealring nicht auch dem Cricoid zurechnen soll, da er mit seinem dorsalen Ende ihm continuirlich. angeschlossen ist. Bei 47 endlich sind die Seitentheile nur oral mit einander ventral vom Kehlkopf verbunden, weiter caudal ziehen sie ganz unabhängig von einander zur Seite des Kehlkopflumens entlang, um schliesslich durch vorknorpliges Gewebe sich mit den Enden des ersten Trachealringes in Verbindung zu setzen. Vom Rande der ventralen Ver- bindung aus zieht aber ein Knorpelstreif an der Vorderfläche des Kehlkopfes entlang, der terminal in den ersten Trachealring übergeht. Eine Besonderheit wies hier das Cricoid noch dadurch auf, dass sich mit ihm das Ende des zweiten Thyreoidbogens in directen Zusammenhang setzte. Beide waren mit einander verschmolzen. Auch hier handelt es sich um eine individuelle Varietät, die aber deswegen von Interesse ist, weil in der Reihe der Marsupialier ein solch continuirlicher Zusammenhang beider Theile als Regel besteht. Die Betrachtung des Cricoids der Embryonen lehrt uns also eine bunte Mannigfaltigkeit der Gestaltung dieses Skeletstückes kennen, ähnlich, wie wir es auch beim Erwachsenen trafen. Nur scheint die oft grosse Lücke zwischen den seitlichen Theilen des Cricoids im späteren Stadium stark verkleinert oder geschlossen zu werden. Alle Variationen beschränken sich aber auf die ventralen Theile des Knorpels; die Seitentheile selbst, die wir als die ältesten Abschnitte des Cricoids anzusehen haben, bleiben von ihnen gänzlich unberührt. Auch bei den Trachealringen müssen wir mit der individuellen Variabilität des fertigen Zustandes rechnen. Bereits im Stadium 44 sind sie angelegt, und zwar zeigen sie sich geweblich auf ähnlicher Stufe wie die Arytänoide. Sie bestehen aus dicht an einander gedrängten Zellen, deren Kerne in der Gegend der dorsalen Enden der Halbringe etwas kleiner sind als weiter ventral. Während die Ringe vorn von einander ganz gesondert sind, sind sie weiter pulmonalwärts vielfach an ihren dorsalen Enden mit den vorhergehenden und den folgenden Ringen durch einen Zug von Zellen in Verbindung gesetzt, die den Elementen der dorsalen Enden der Ringe selbst gleichen und sich deutlich gegen die Nachbarschaft abheben. Es besteht also jederseits ein allerdings mehrfach unterbrochener Zellstrang, der sich von Strecke zu Strecke verdickt und hier durch Halbringe um die Ventralseite der Trachea herum mit dem Strang der anderen Seite in Ver- bindung steht. Wir sehen in ihm den Verband der Cartilago lateralis wenigstens streckenweise noch erhalten. Embryo 45 lässt in den Trachealringen den ersten Beginn des Auftretens von Intercellularsubstanz erkennen. Von den im vorhergehenden Stadium festgestellten Zusammenhängen der Ringe unter einander g9* Ze 600 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 68 konnte ich hier nichts constatiren. Dass der erste der Reihe mit den Seitentheilen des Ringknorpels ver- bunden ist, wurde oben bereits hervorgehoben. Dagegen treffen wir bei Embryo 46 wieder ähnliche Ver- hältnisse wie bei 44. Auch hier wurden die Seitentheile des Cricoids jederseits durch eine allerdings oft unterbrochene Verbindung zwischen den dorsalen Enden der Trachealringe fortgesetzt. Die letzteren sind bereits hyalinknorplig, während die Verbindungen durch ein als Vorknorpel zu bezeichnendes Gewebe hergestellt wird, das ganz demjenigen gleicht, welches die Arytänoide dem Cricoid anschliesst. Auf das Fehlen einer scharfen pulmonalen Abgrenzung des Ringknorpels gegen das Trachealskelet ist schon oben hingewiesen worden. Ein ähnlicher Zusammenhang zwischen Trachealringen bestand in den vorderen drei Vierteln der Trachea auch bei 47, meist vermittelt durch vorknorpliges Gewebe, an zwei Stellen aber durch hyalinen Knorpel. Auch hier fehlte die Trennung zwischen Cricoid und erstem Trachealring. c) Zusammenfassung. Herkunft der Cartilago lateralis. Wir überblicken jetzt noch einmal den fertigen Zustand und die Entwickelung des primären Laryngo- trachealskelets der Monotremen. In mehrfacher Weise finden wir die Zusammengehörigkeit aller seiner Theile bezeugt. Dazu gehört der bei Echidna besonders hervortretende Mangel einer scharfen Abgrenzung des Cricoids gegen die Trachealringe (Taf. XVII, Fig. ır Cr.). Aehnliches findet sich aber, wenigstens als als Varietät, auch bei höheren Formen, selbst beim Menschen, wenn auch nicht in gleichem Maassstabe. Dazu gehört ferner die Continuität der Anlage der Arytänoide mit der der seitlichen Theile des Cricoids, die auch durch KArrLıus bei menschlichen Embryonen erwiesen und in demselben Sinne aufgefasst wurde). Endlich ist hierher die vielfach sich zeigende Verbindung zwischen den dorsalen Enden der fertigen und der in Entwickelung begriffenen Trachealringe zu rechnen. Alle derartigen Zusammenhänge zwischen den Bestandtheilen des Laryngo-trachealskelets liegen seitlich vom Luftweg und lassen die Lage der Cartilago lateralis, der sie entstammen, noch feststellen. An den Arytänoiden der Monotremen und ebenso der Marsupialier (SyMmInGTon) ist besonders die Verbindung zu beachten, die beide dorsal in der Medianebene mit einander eingehen (Taf. XVII, Fig. 12, 13). Bei Echidna-Embryonen hängen beide Knorpel sogar continuirlich zusammen (Taf. XIX und XX, Fig. 24 und 30). Wie eine Zange umfassen sie von der Dorsalseite her das Kehlkopflumen. Es ist dies die einzige Stelle, an der dorsal vom Luftweg eine Verbindung zwischen den Skelettheilen beider Seiten besteht. Das Bild, das sich hier dem Untersucher bietet, erinnert in auffallender Weise an das bei Siren angetroffene Verhalten, wo im Bereich des hintersten Theiles der Schliessmusculatur die beiden Cartilagines laterales durch eine dorsale Brücke mit einander verbunden sind (Textfigur 39, p. 591). Aehnlich stehen auch bei Amphiuma die Seitenknorpel im hinteren Bereich der Partes arytaenoideae mit einander in Verbindung, aber hier ventral vom Larynx. Die Befunde an den Echidna-Embryonen deuten wohl darauf hin, dass auch bei den Vorfahren der Monotremen die Arytänoide bezw. Partes arytaenoideae der Cartilagines laterales mit einander in continuirlichem Zusammenhang standen. Das Gleiche müsste dann für die Marsupialier gelten. Das Bestehen einer dorsalen Brücke zwischen den Stellknorpeln während eines Abschnittes der Phylogenese macht das Auftreten der Procricoide verständlich. Wenigstens das vordere derselben (Inter- arytänoid) steht in embryonalen Stadien bei Echidna in Continuität mit dem vorderen Rande der Brücke (Taf. XX, Fig. 31 links). Es erscheint als Fortsatz derselben, der sich in die Naht zwischen den dorsalen 1) Ueber die Entwickelung des Kehlkopfskelets des Menschen vergl. auch die Arbeit von NICOLAS. 69 Beiträge zur vergleich, Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 601 Schliessmuskeln einschob und sich vielleicht gleichzeitig mit der medianen Zerlegung der Brücke von ihr selbständig machte. Die weite Verbreitung des vorderen Procricoids lässt in ihm einen ursprünglichen Besitz aller Säuger vermuthen. Ist seine Ableitung von einer dorsalen Verbindungsbrücke zwischen beiden Arytänoiden bei Echidna berechtigt, so spricht sein Vorkommen bei Placentaliern wiederum dafür, dass auch ihnen ein solcher Zusammenhang zwischen beiden Stellknorpeln ursprünglich zukam. Als ein Rest desselben wäre dann die bei Ungulaten, Carnivoren und Prosimiern bestehende ligamentöse Verbindung zwischen beiden Arytänoiden aufzufassen (s. p. 593). Eine eigentlicher Processus vocalis fehlt den Monotremen, was aus dem Mangel besonderer Stimm- bänder erklärlich ist. Die orale Spitze der Knorpel, die bei höheren Formen elastische Modification des Knorpelgewebes aufweist, ist hier gleichartig mit den übrigen Theilen, auch fehlen Santorint'sche Knorpel (Cartilagines corniculatae) die, wie Karrıus zeigte, bei menschlichen Embryonen in directem Zusammenhang mit dem Apex der Arytänoide stehen, also nur als Abgliederungen der letzteren zu betrachten sind. Im Verhalten des Cricoids stellt sich Echidna ursprünglicher dar als Ornithorhynchus, da bei ihr der dorsale Abschluss des Ringes noch fehlt. Auch bei Ornithorkhynchus übertrifft der ventrale Theil des Cricoids noch erheblich den dorsalen an Ausdehnung. Erst bei den höheren Formen dreht sich dieses Verhältniss um. Die fortschreitende Ausbildung der dorsalen Theile des Knorpels scheint mit dem allmählich erfolgenden Uebertritte des Ursprungs aller Theile des Dilatator laryngis auf den Ringknorpel in directem Zusammenhang zu stehen. Die Verbreiterung des dorsalen Theiles des Ringknorpels zur Platte ist auch beim Menschen noch als eine spätere Erwerbung entwickelungsgeschichtlich zu erkennen. Karrıus stellte nämlich fest, dass das Cricoid eines 40—42 Tage alten menschlichen Embryos dorsal kaum höher ist als ventral, so dass man noch nicht von einer Platte sprechen kann. Er zeigte ferner, dass innerhalb der Anlage die Ausbildung der hyalinen Grundsubstanz zuerst in Form eines dorsal offenen Halbringes vor sich geht und erst später auf die Platte übergreift, ein Befund, der als Hinweis auf die verhältnissmässig späte Entstehung des dorsalen Schlusses des Ringknorpels zu deuten ist. Histogenetisch ist das Cricoid während der ersten Stadien der Entwickelung den übrigen Abkömm- lingen der Cartilagines laterales etwas voraus, wie es auch KarLıus für den Menschen beschreibt und frühere Untersucher fanden. Es besteht aber kein Grund zu der Annahme, dass das Cricoid auch in seiner ersten vorknorpligen Anlage den Arytänoiden und Trachealringen vorauseilt!). Eine Vergleichung des primären Laryngo-trachealskelets der Säuger und der Reptilien lässt zwischen ihnen eine weitgehende Uebereinstimmung im allgemeinen Verhalten erkennen. Bei beiden besteht die Gliederung in drei Abschnitte, in Arytänoide, in Cricoid und Trachealringe, in annähernd gleichartiger Weise. Eine Besonderheit der Säuger ist der wenigstens bei den Aplacentaliern festgestellte dorsale Zusammenschluss der Arytänoide, der aber wahrscheinlich ursprünglich allen Ordnungen zukam, und die Ausbildung von Procricoiden, die mit den gleichbenannten Stücken der Reptilien nichts zu thun haben. Ferner ist der bei den Reptilien allgemein bestehende dorsale Zusammenschluss des Cricoids bei den Säugern noch nicht überall vertreten, er fehlt bei Echidna, es handelt es sich also hier um eine erst in der Säuger- 1) In sehr eigenthümlicher Weise unterscheiden sich die Cetaceen im Verhalten ihres primären Laryngo-trachealskelets von den anderen Säugern. Die Arytänoide entsenden einen Fortsatz, der dem oberen Cricoidrand in ventraler Richtung folgt und bei den Mystacoceten mit dem Gegenstück durch ein kurzes Band in Zusammenhang steht. Es findet sich hier also eine ventrale Verbindung zwischen beiden Stellknorpeln. Das Cricoid ist ventral nicht geschlossen. Nur einzelne Arten der Odontoceten machen hier eine Ausnahme. Bei den Bartenwalen hängen die obersten Trachealringe dorsal unter einander und mit der Platte des Cricoids zusammen. Die Trachealringe sind dorsal geschlossen und bei den Mystacoceten ventral geöffnet. Letzteres ist bei den Zahnwalen nur an den vordersten Ringen der Fall (vergl. Dugoıs b). 602 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 70 klasse erworbene Einrichtung. Trotz dieser Eigenthümlichkeit der Säuger ist es doch möglich, daran zu denken, dass das Verhalten ihres Laryngo-trachealskelets und das der Reptilien von einem gemeinsamen Urzustand abzuleiten ist, in welchem bereits eine Differenzirung der drei Hauptabschnitte des ganzen Systems von Skeletstücken erreicht worden war. Dieser Vorstellung wird man um so eher Raum geben dürfen, als offenbar schon sehr frühzeitig eine weitgehende Sonderung der Theile der Cartilago lateralis eingetreten ist. Man braucht nur an das Laryngo-trachealskelet der Gymnophionen zu denken, um dies zuzugeben. Es handelt sich aber hier nur um eine Möglichkeit. Berücksichtigt man, wie in der Anurenreihe offenbar ganz selbständig die specielle Ausgestaltung der aus der Cartilago lateralis stammenden Stücke erfolgt, und zwar in einer principiell mit der der Amnioten übereinstimmenden Weise, wie bei den Gymnophionen (Ichthyophis) wenigstens die Bildung der nur dorsal geschlossenen Trachealringe eine eigene Errungenschaft darstellt, so wird man auch daran denken müssen, dass der für die Sauropsiden und Säuger gesuchte Urzustand nicht über den Beginn einer Zerlegung der Cartilago lateralis hinausgekommen war, als die Trennung beider Stämme von einander sich vollzog, dass also eine grosse Reihe von Uebereinstimmungen sich als Convergenzen darstellen. Was nun die Herkunft der Cartilago lateralis, der die Arytänoide, das Cricoid und die Tracheal- ringe entstammen, anlangt, so ist sie, wie in der Einleitung bereits dargelegt wurde, zuerst durch GEGENBAUR von dem fünften Kiemen- (siebenten Visceral-)bogenpaar abgeleitet worden. Gleichzeitig trat auch H. H. WILDEr (a) mit dem Versuch hervor, Beziehungen zwischen jenem Bogenpaar und dem Laryngeal- skelet nachzuweisen. Er führte aber ursprünglich nur die Arytänoide auf sie zurück und nahm für die übrigen Stücke eine selbständige Genese in Anspruch. Vergleicht man bei einem Amphibium die Cartilagines laterales mit den Bestandtheilen des Visceral- skelets, so wird man sich daran zu erinnern haben, dass bei sämmtlichen heute existirenden Formen das System der Kiemenbogen eine ganz erhebliche Umgestaltung und theilweise Reduction erfahren hat. Das sind Dinge, die bei der Besprechung der Ableitung des Thyreoids und des Epiglottisknorpels bereits gewürdigt wurden. Das Verhalten des Visceralskelets (Textfigur 27, p. 573) der Fische giebt uns aber die Möglichkeit, festzustellen, was hier verloren gegangen ist, und zu erkennen, dass das Fehlen eines ventro- medianen Zusammenschlusses des oder der letzten Kiemenbogen und ihre Entfernung von der Median- ebene bereits bei Perennibranchiaten und Gymnophionen (Textfigur 25 und 26, p. 572 durch Rück- bildungsprocesse zu Stande gekommen ist. Wenn wir uns auf Grund dieser Erkenntniss das primitive Verhalten des Visceralskelets reconstruiren und mit dem ergänzten System die Cartilagines laterales in Vergleichung bringen, dann fügen sie sich unverkennbar als letztes in die Reihe der Visceralbogenpaare ein, in gleicher Weise, wie bei Fischen das siebente Paar der Visceralbogen das ganze System nach hinten zu abschliesst (Textfigur 2. Die Vergleichung zwischen beiden gewinnt erheblich an Wahrscheinlichkeit, wenn man mit GEGENBAUR berücksichtigt, dass der siebente Visceral- (fünfte Kiemen-)Bogen sich zum Theil schon innerhalb der Fischreihe als ein seiner alten Function enthobenes und für neue Leistungen anpassungs- fähiges Gebilde zeigt. Als Beweis für die Kiemenbogennatur der Cartilago lateralis wurde schon von GEGENBAUR das Verhalten der Musculatur herangezogen. Auch WILDER erkannte deren Bedeutung und betonte, dass die an der Cartilago lateralis ansetzenden Muskeln sich als eine Wiederholung eines Theiles der den typischen Kiemenbogen zugehörigen Muskeln darstellen. Wie wir bei Besprechung der Muskeln noch genauer erörtern wollen, gilt dies besonders für den Musculus dorso-pharyngeus, den Dilatator laryngis, der sich an dem 71 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 603 Kehlkopfskelet in gleicher Weise verhält wie die Levatores arcuum an den Kiemenbogen (Textfigur 42, p. 604), und zweitens für den Laryngeus ventralis, der das Verhalten des dem Branchiale IV zugehörigen Hyo-pharyngeus an der Cartilago lateralis wiederholt. Dazu kommt dann schliesslich noch, dass der Nerv, welcher den Kehlkopf und seine Nachbarschaft versorgt, der Recurrens, sich als Ramus branchialis IV des Vagus, als Nerv des siebenten Visceral- (fünften Kiemen-)Bogens, also desjenigen Bogens erkennen lässt, dessen Skelet für die Ableitung der Cartilago lateralis in Betracht kommt. Sucht man sich Rechenschaft darüber zu geben, welche Umstände bewirkten, dass der ehemalige siebente Visceralbogen am Skelet des Luftweges Verwendung fand, so wird man daran denken müssen, dass die Musculatur eine mächtige Rolle dabei gespielt haben wird. Schon in einem Zustand, in welchem der siebente Bogen noch seine ursprüngliche Bedeutung besass, werden seine Bewegungen nicht ohne Einfluss auf den Anfangstheil des Luftweges gewesen sein, der zwischen den ventralen Enden des Bogens lagerte. Damit besass jener Bogen eine neue Beziehung, die nach der Rückbildung der letzten Kiemenspalte und nach dem hierdurch erfolgten Verlust seiner alten Bedeutung ihn ganz in Anspruch nehmen, seine Erhaltung und Anpassung an den Luftweg ermöglichen konnte. Die mechanische Inanspruch- nahme des Bogens war damit eine erheblich geringere geworden, und daraus folgte eine Abnahme seiner Mächtigkeit, wie wir sie an den Derivaten vorderer Visceralbogen, den Gehörknöchelchen in ähnlichem Maassstab beobachten können. Dritter Theil. Die Museulatur des Kehlkopfes. Bei der Besprechung des primären Skelets des Kehlkopfes betonten wir bereits, dass es möglich ist, die dem Nervus recurrens gehörigen Kehlkopfmuskeln auf Muskeln des siebenten Visceralbogens (fünften Kiemenbogens) zurückzuführen, und sahen darin eine wichtige Stütze der Ableitung jener Skelettheile vom Visceralskelet der Fische. Es soll nun versucht werden, eine zusammenhängende Darstellung der Ent- wickelung dieser Muskelgruppe innerhalb der Thierreihe zu geben, dabei ordnen wir die hierher gehörigen Muskeln am zweckmässigsten nach ihrer hauptsächlichsten physiologischen Bedeutung und beginnen mit dem Erweiterer des Kehlkopfeinganges. I. Dilatator laryngis. a) Amphibien und Reptilien. Der Dilatator laryngis ist, wie die Untersuchung der Amphibien unzweideutig lehrt, von einem als Dorso-pharyngeus bezeichneten visceralen Muskel abzuleiten, und zwar ist es der orale Theil dieses Muskels, der sich im Kehlkopföffner aller höheren Formen erhält‘). Im primitiven Verhalten entspringt ı) Die folgende Darlegung ist in den wesentlichen Punkten das Resultat meiner unter b und c citirten Untersuchungen. 604 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 72 der Muskel dorsal von der Fascie der Nackenmusculatur (Textfigur 42 M. d.-ph.), zieht als ein plattes Band von hier ventralwärts, umfasst seitlich den Pharynx, schiebt sich zwischen ihn und den Pericardialsack ein und befestigt sich am primären Kehlkopfskelet. Die Muskel schliesst sich unmittelbar an die Reihe der vorderen Levatores arcuum visceralium an (M. lev. IT-IV), denen er in seinem ganzen Verhalten gleicht, er erscheint als hinterster derselben. So gelingt es, in letzter Linie den Dilatator auf einen Levator V, den Heber des in die Cartilago lateralis übergegangenen fünften Kiemenbogens zurückzuführen (vergl. H. H. WILDER a, 1892). Bestätigt wird dies durch seine Innervation durch den N. recurrens, den R. branchialis V. nervi vagi (s. u.). Nicht nur in seiner Lagerung, sondern auch functionell gehört der Dorso-pharyngeus zu den Levatores arcuum. Diese wirken als Heber des Kiemenkorbes verengernd auf die Kopfdarmhöhle. Auch nach der Rückbildung der Kiemenbogen, die im Gefolge der Metamorphose bei den Urodelen eintritt, prägt sich dies aus, indem der Levator IV in den Aufbau des Schlundverengerers, des Digastricus pharyngis, übergeht. So ist der Dorso-pharyngeus gleichfalls ein Schlundschliesser. Ein Blick auf die Anordnung des Muskels M.d-ph.. y. fen. U-IV M.lev.I Dig. Der a3 WER: Be „ Fig. II, und c, Fig. IV). Aber Sn auch die Sonderungen, die L IrinmMun»e a sich am Dorso-pharyngeus bei IS . . = __ einzelnen Urodelen abspielen, ® > zeigen es klar. Bei Nectwrus N / sehen wir nämlich, wie ein Theil ER NE Fi mw ir a seiner Fasern sich auf das WE N wi St.-hyoid. M.h.-ph.C. L. Cer.ext. Myl.-hyoid. post. innigste der Schlundwand an- Fig. 42. Amphiuma tridactylum. Seitenansicht der Muskeln der Kiemenbogen nach schliesst, indem sie dorsal und theilweiser Entfernung. des Digastricus (Depressor maxillae inferioris), 3/2. Von Skelet- theilen sind die 4 Kiemenbogen (zwischen drittem und viertem die Kiemenspalte) ventral von ihr mit denen der und in Theil des Hyoidbogens sichtbar. COxe. Cucullaris, Dig. Digastricus, (er. ext. anderen Seite zusammentreffen, Cerato-hyoideus externus, C. Constrictores arcuum branchialium, Z. Levator maxillae : R inferioris ascendens, M.lev. Musc. levatores arcuum, M. d.-ph. Musc. dorso-pharyngeus, alsoein geschlossener Muskelring, Myl.-hyoid. post. Mylo-hyoideus posticus, St.-hyoid. Sterno-hyoideus. Aus E. G. c (Morph. Jahrb., XXVI, Taf. VIII, Fig. ı). au Süesudla omanis, Zumelh [nei den Salamandrinenlarven, vor allem denen von Salamandra maculosa geben die caudalen Theile des Dorso-pharyngeus ihre Verbindung mit dem Kehlkopfskelet auf und stehen ganz ausschliesslich im Dienst der Verengerung des Schlundes (vergl. E. G. c, Taf. VIII, Fig. 4). Diese Beobachtungen machen es sehr wahrscheinlich, dass die Levatores arcuum und mit ihnen der Dorso-pharyngeus theilweise zum Aufbau der Constrictores pharyngis der Säuger verwandt wurden. Mit seiner Wirkung auf den Schlund vereinigt aber der Dorso-pharyngeus, wenigstens in seinem oralen, am Arytänoid befestigten Theil, die Leistung, den Kehlkopfeingang zu öffnen. So erscheint er als ein Zwitterding zwischen Pharynx- und Kehlkopfmuskel. In diesem, besonderes Interesse beanspruchenden indifferenten Zustand tritt er uns bei einer ganzen Anzahl von Arten entgegen, bei den Salamandrinen, auch nach der Metamorphose, bei Siredon, bei Siren; auch Amphiuma kann hierher gerechnet werden. Die Entwickelung, die nun der Dilatator laryngis innerhalb der Thierreihe einschlägt, ist kurz dahin zu präcisiren, dass er seine Doppelfunction aufgiebt und ausschliesslich in den Dienst des Kehlkopfes gestellt wird. Dieser Vorgang spielt sich in erster Linie unter einer Verlagerung des Muskelursprungs ab, die den Muskel seiner Beziehung zum Pharynx entkleidet und ihn gleichzeitig, seiner verhältnissmässig geringer werdenden Leistung entsprechend, kürzer werden lässt. Die Bahn, auf der der Ursprung des Dilatator ventralwärts rückt, bildet die Fascie der Rumpfmusculatur. 73 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Rehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 605 Schon bei Necturus entspringt ein mächtiger Theil der Muskel in der Höhe der seitlichen Pharynx- wand. Dazu kommt bei Proteus eine Verlagerung des Ursprungs nach vorn. Der orale Theil des Dorso- pharyngeus entspringt an einer Stelle, die als der Ort des geschwundenen vierten Kiemenbogens deutlich erkennbar ist, während der übrige Theil noch von der Nackenfascie herabsteigt. Wir sehen weiter, dass bei Ichthyophis der Muskel das Kiemenskelet selbst erreicht. Der Dilatator geht von dem Rest des vierten Kiemenbogens aus, der sich später mit dem dritten Bogen vereinigt. Die Wirkung des Muskels auf das Pharynxlumen ist dabei schon geringfügiger geworden. Die Wirkung auf den Kehlkopf ist die Hauptsache. Endlich zeigen die Anuren in ihrem ausgebildeten Zustand den Dilatator jedes Einflusses auf die Gestalt des Pharynx entkleidet. Er entspringt dicht neben dem Kehlkopf an den Enden der Processus postero- mediales, jener auch als Columellae bezeichneten Fortsatzbildungen des Zungenbeines. Selbst auf das benachbarte Cricoid ist ein kleiner Theil des Muskels übergegangen. So treffen wir hier zum ersten Mal in der Thierreihe einen ganz einseitig differenzirten Kehlkopferweiterer an. In seinem Verhalten während des Larvenzustandes der Anuren finden wir aber noch einen unzweideutigen Hinweis auf ein primitives indifferentes Verhalten. Bei den Anuren beobachten wir als einen besonderen Fortschritt im Verhalten des differenzirten Dilatator laryngis den Beginn seines Ueberganges auf das Cricoid. Mit einem verwandten Verhalten können wir hier die Reptilien anschliessen, wenn auch selbstverständlich die Entwickelungsreihe nicht von den Anuren zu den Reptilien hinüberführt. Aber nur eine Art zeigt, soweit bisher bekannt, noch einen verhältnissmässig primitiven Zustand, nämlich Amphisbaena fuliginosa. Schon bei der Besprechung der Beziehungen zwischen Kehlkopf und Zungen- bein sahen wir, dass hier das hinterste (dritte) Paar der Hörner des letzteren dem Kehlkopf seitlich angelagert ist (p. 571). Von ihnen entspringt nun noch ein grosser Theil des Dilatator, ein anderer ist bereits auf das Cricoid übergetreten, während zwischen beiden Ursprungsstellen noch Fasern von dem Ligament, welches das dritte Horn dem Cricoid anschliesst, ausgehen. So ist der Weg, auf welchem der Uebergang des Muskelursprunges zum Cricoid erfolgt, deutlich erkennbar. Bei allen anderen Reptilien entspringt der Dilatator nur vom Cricoid oder auch von den obersten Trachealringen, eine Thatsache, die schon damit zusammenhängt, dass der Kehlkopf über den Bereich der hinteren Bogen des Hyoids hinaus nach vorn verlagert ist‘). So treffen wir hier den Endpunkt einer Entwickelung, die durch den Nachweis verschiedener Etappen belegt werden kann. Dass es einen Fortschritt bedeutet, wenn der Dilatator seinen Ursprung am Cricoid besitzt, gegen welches das Arytänoid sich bewegt, liegt auf der Hand. Es bedarf keiner Hilfsaction, um die Ursprungs- stelle zu fixiren, was stets erfolgen muss, solange der Muskel von einem mehr oder weniger beweglichen Theil des Visceralskelets ausgeht. Von Wichtigkeit ist auch das Verhalten der Insertion des Dilatators. Das Ursprüngliche ist, dass die Insertion den Seitenrand des Arytänoids einnimmt und dadurch die ventrale und dorsale Schliess- ı) Bei den Ophidiern besteht ein Retractor laryngis, der vom Zungenbein ausgeht, nach vorn zieht und an der Seite des vordersten Theiles der Trachea inserirt. Er wurde von DUBOIS auch zum System des Dilatators gerechnet, da er von demselben Nerven innervirt werde wie die übrigen Kehlkopfmuskeln, nämlich vom Laryngeus superior. Abgesehen davon, dass der motorische Nerv des Larynx auch bei den Reptilien der Laryngeus inferior ist, ergiebt die Untersuchung der Nerven, dass der Retractor laryngis zum Gebiet der Glossopharyngeus gehört, der mehrfach mit dem Laryngeus superior verwechselt worden ist. Der Retractor laryngis hat also nichts mit den primitiven Kehlkopimuskeln zu thun (E. G. g). Ein weiterer, als Protractor laryngis bezeichneter Muskel der Schlangen gehört dem Gebiet des Hypoglossus an und ist daher gleichfalls völlig von der eigentlichen Kehlkopfmusculatur zu trennen. Jenaische Denkschriften. VI. 10 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III 78 606 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 74 musculatur völlig von einander trennt. So stellt sie sich bei Proteus und Necturus dar (Textfigur 43—45 M.d.-ph.) Das gleiche Verhalten treffen wir aber selbst auch bei Reptilien. Unter den Schlangen weist es z. B. Tropidonotus natrix auf (Textfigur 48). In beiden Klassen geht von hier die Entwickelung im Allgemeinen gleiche Bahnen. Die Insertion beschränkt sich auf eine kleine Stelle des Arytänoids in der Nähe des Vorderrandes desselben, so dass die Hauptmasse der Schliessmuskeln caudal von ihr seine Lage hat. Bei den Salamandrinen, bei Ichthyophis, Meheph. Amphiuma, den Anuren ist dies der Fall, ebenso auch bei der grossen Mehrzahl der Reptilien. Ooronella Dom laevis und Amphisbaena bieten dabei ganz interessante Uebergangszustände Der ursprüngliche Bereich der Insertion ist noch erkennbar, indem ein Theil des M.lar.dors. Muskels am vorderen, ein zweiter Theil am caudalen M.st-h. { { Abschnitt des Arytänoids ansetzt. ZA N Se r%an. Es erscheint aber im Hinblick auf das Verhalten = z der Säugethiere von Bedeutung, dass diese Entwickelung a), Eee per. nicht eine ganz allgemeine ist. Bei einem Amphibium, nn : == bei Siren lacertina, das auch durch andere Verhältnisse für die vergleichende Anatomie des Kehlkopfes von be- Fig. 43. Proteus angwineus. Kehlkopf, von der Dorsal- sonderem Interesse ist, inserirt der Dilatator gerade am seite dargestellt, 20/1. M.d.-ph. Musculus dorso-pharyngeus, M.lar.dors. M. laryngeus dorsalis, M.h.-ph. M. hyo-pharyngeus, M.st.-h. M. sterno-hyoideus, P. ar. Pars arytaenoidea cartilaginis lateralis, und die grosse Masse der Schliessmuskeln liegt lateralıs, P.cr.-tr. Pars crico-trachealis cartilaginis lateralis. x Nach E. G. c, Taf. VIII, Fig. 2. oral von dieser Stelle. caudalen Theil der Pars arytaenoidea der Cartilago b) Säugethiere. Zusammenfassung. Bei Echidna und Ornithorhynchus stellt sich der Dilatator laryngis in annähernd übereinstimmendem Verhalten dar (Taf. XVIII, Fig. 14 und 16 Dil). Man erreicht ihn, sowie man die der Dorsalseite des Larynx anlagernden Theile der Pharynxwand entfernt. Er entspringt von dem caudalen Ende des zweiten Thyreoidbogens (Th. II), an seiner Befestigung am Cricoid (Or) und in unmittelbarem Anschluss hieran vom Cricoid selbst, und zwar scheint mir bei Ornithorhynchus (Taf. XVII, Fig. 14) ein verhältnissmässig; grösserer Theil auf das Cricoid übergegangen zu sein, als es bei Echidna der Fall ist (Taf. XVIII, Fig. 16). Der Muskel inserirt wie bei den höheren Formen am Processus muscularis des Arytänoids. Es liest also hier, wie allgemein bei den Aplacentaliern und Cetaceen (Dugois), ein Kerato-crico — arytaenoideus vor. M. WALKER hat den Muskel bei den Monotremen beschrieben, aber mit ihm einen Theil des Constrietorensystems, das unter ihm hinzieht, zusammengefasst. Dadurch erklärt sich die Angabe, dass ein Theil des Muskels am Procricoid Ansatz nehmen soll. Thatsächlich hat der Dilatator gar keine Beziehungen zu jenem Skelettheil. Auch bei den Marsupialiern erscheint der Dilatator laryngis noch als Kerato-crico=arytaenoideus. Unter den placentalen Säugern vollzieht sich aber eine Concentration des Ursprungs auf das Cricoid, ' wie schon Dusoıs darlegte, während der Ursprung vom Thyreoid aufgegeben wird (M. crico-arytaenoideus 75 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 607 posticus)‘). Dabei sind durch die Angaben FÜRBRINGER’s und Dvsoıs’ Uebergangszustände bekannt geworden (Cetaceen, Edentaten, Dasyprocia, Hystrix), bei denen noch mehr oder weniger bedeutende Theile des Muskels vom Thyreoid entspringen. Diese können dann wenigstens an ihrem Ursprung als ziemlich selbständige kleine Muskeln erscheinen, oder sie hängen ganz continuirlich mit dem Haupttheil, dem Crico-arytaenoideus, zusammen. Selbst beim Menschen kommt es als Varietät noch vor, dass ein kleiner Kerato-arytaenoideus sich dem Crico-arytaenoideus anschliesst. Er tritt, wie FÜRBRINGER zeigte, gar nicht so seltel auf. Er fand ihn unter 50 Kehlköpfen 3mal. Wenn FÜRBRINGER in seiner so überaus sorgfältigen Untersuchung der Kehlkopfmuskeln zu der Auffassung kam, dass der Kerato-arytaenoideus vom Crico-arytaenoideus aus entstanden ist, während er eigentlich den ältesten Theil des Dilatator darstellt, so erklärt sich das daraus, dass FÜRBRINGER die nunmehr festgestellten niederen Zustände noch nicht zu seiner Deutung verwenden konnte. Etwas seltener als der Kerato-arytaenoideus tritt beim Menschen ein Crico-thyreoideus posticus auf, der auch bei Säugethieren, wohl als Varietät (Myrmecophaga und Antilocapra) beobachtet ist (vergl. FÜRBRINGER). Es ist wohl möglich, dass es sich hier wirklich nur um eine Abzweigung des Crico-arytaenoideus handelt. Dass der Muskel mit dem Dilatator zusammengehört, ist jedenfalls sicher. Ueberblickt man die Reihe der Säugethiere, so sieht man, dass der Cricoidursprung des Dilatator eine Erwerbung ist, die zum grössten Theil erst innerhalb der Klasse gewonnen wird. In dem ursprünglichsten bei den Säugern noch bestehenden Verhalten entspringt der Muskel nur mit einem Theil vom Cricoid, mit einem anderen vom Thyreoid, also von einem Bogen des Visceralskelets. Damit schliesst sich sein Verhalten an Zustände an, die bei den Amphibien vertreten sind. Die Reihe der phyletischen Entwickelungsstadien des Dilatator, welche die Untersuchung der Amphibien erkennen lässt, setzt sich also bei den Säugethieren fort, ähnlich, wie es auch bei den Reptilien der Fall ist. Verfolgen wir vom Monotremenzustand den Gang der Entwickelung rückwärts, so lehren uns die Erfahrungen, die die Untersuchung der Amphibien und Reptilien gewinnen lässt, dass vor dem Beginn des Ueberganges des Muskelursprunges auf das Cricoid ein Zustand lag, in welchem ein Theil des Visceral- skelets allein den Muskel entsandte. Auch dieses Verhalten ist aber nicht das ursprünglichste, es ist vielmehr abzuleiten von einem noch primitiveren, das nur noch einzelne Amphibien bewahrt haben, bei denen der Muskel innerhalb der Reihe der Levatores arcuum branchialium von der Nackenfascie entspringt. Eine gemeinsame Betrachtung der Amphibien, Reptilien und Säuger ergiebt demnach, dass von dem Urzustand, in dem uns der Muskel in seinen ältesten Beziehungen erkennbar vorliegt, mehrfache Wege ausgehen, die, verschieden laufend, doch einem gleichartigen Ziele zustreben. Mehrfach in der Phylogenese wurde der primitive Ursprung von der Nackenfascie (Textfigur 42) aufgegeben, und erfolgte der Uebertritt auf das Visceralskelet. Verschiedene Theile desselben werden hierzu genommen, je nach dem Zustand, in dem es sich darbot, bei den Gymnophionen ist es der vierte Kiemenbogen, bei den Anuren ein secundärer Auswuchs des Hyoidkörpers, bei den Vorfahren der Reptilien (vergl. Amphisbaena) der zweite, bei denen der Säuger der dritte Kiemenbogen (fünfte Visceralbogen). Nachdem dieser Schritt gethan, erfolgt wiederum mehrfach in der Thierreihe der Uebertritt auf das Cricoid, für welchen die nahe Anlagerung des betreffenden Kiemenbogens an den Kehlkopf Vorbedingung war. Schon bei den Anuren gewinnt ein Theil des Muskels diese Befestigung, bei den Reptilien und Säugethieren tritt innerhalb jeder Klasse der gesammte Muskel ganz auf den Ringknorpel über. 1) Es sei hier erwähnt, dass der Crico-arytaenoideus posticus des Menschen nicht nur als Dilatator laryngis functionirt, sondern jedenfalls, indem er durch die Bewegungen des Arytänoids die Spannung der Stimmbänder beherrscht, auch phonatorische Bedeutung hat (vergl. JuRAsz b). Für diese Leistung des Muskels ist eine Varietät desselben, die in der Anmerkung zu p. 607 besprochen ist, von Bedeutung. 10* 78* 608 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 76 Endlich sei noch darauf hingewiesen, dass auf dem Verhalten der Insertion des Dilatator eine Besonderheit der Säugethiere beruht. Während im primitiven Zustand die Insertion des Muskels in langer Linie an der Seite des Arytänoids (Textfigur 43) erfolet, vollzieht sich innerhalb der Klasse der Amphibien und M.lar.dors. M.d.-ph. i M.lar.ventr. P.ar. M.h.-ph. Fig. 44. Necturus (Menobranchus) lateralis. Junges Exemplar (43 mm). Querschnitt durch den Kehlkopf, 130/1. P.ar. Pars arytaenoidea der Cartilago lateralis (Anlage derselben), M.lar.dors. und ventr. Musculus laryngeus dorsalis und ventralis, M. d.-ph. M. dorso-pharyngeus, M.A.-ph. M. hyo-pharyngeus, L. Lumen des Kehlkopfes, Per. Pericardialsack, P%. Pharynx. (Nach Fig. 18 aus E. G. c.) der Reptilien, in jeder selbständig, eine Beschränkung derselben auf das vorderste Ende des Stellknorpels, bei den Säugern dagegen giebt der caudalste Theil des Arytänoids die bleibende Insertionsstelle ab!). Nur bei einer niederen Form, bei Siren, verhält sich die Muskelinsertion ähnlich wie bei den Säugethieren. Il. Constrietores laryngis. a) Amphibien und Reptilien. Im primitivsten Zustand findet sich die Schliessmuseulatur?) des Kehlkopfes unter den Amphibien bei Proteus und Necturus (Textfigur 44 und 45). Sie besteht aus 4 Quadranten, die seitlich durch die Insertion des Dilatator (Dorso-pharyngeus, M. d.-ph.), dorsal M.lar.dors. M.d.-ph. und ventral durch eine Raphe von einander getrennt sind. Man hat also ein dorsales und ventrales Paar von Muskeln zu unter- scheiden, die als Mm. laryngei dorsales und ventrales bezeichnet werden können (M.lar. dors. und ventr.). Lateral sind beide Paare an der Pars arytaenoidea des Seitenknorpels (P.ar.) befestigt. Besonders auffallend ist, dass die Muskeln eine ungemein flache Anordnung zeigen. Sie verlaufen in der Strichrichtung der ventralen Theile des Dorso-pharyngeus und der des Hyo- P.ar. M.lar.ventr. M.h.-ph. pharyngeus, einer mächtigen Muskelplatte, die sich zwischen Fig. 45. Proteus angwineus. Querschnitt durch den Kehlkopf, 50/1. Bezeichnungen s. Erklärung zu ; i i Fig. 44. (Nach Fig. 20 aus E. G. c.) dieses Muskels ist der vorderste Theil des Luftweges (Z.) und den letzten Kiemenbogen ausspannt (M.h.-ph.). Der Dorsalseite ı) Von Interesse gerade für diesen Punkt ist eine Varietät des Crico-arytaenoideus posticus, die ich auf dem Heidelberger Präparirsaal beobachtete. Während die Hauptmasse des Muskels der linken Seite in normaler Weise am Processus muscularis inserirte, zweigte sich in der Gegend seines oralen Randes ein breites Bündel ab, das an den oberen Theilen des Arytänoids, zwischen den Befestigungen des Interarytaenoideus und Thyreo-arytaenoideus lateralis ansetzte.. So nahm die Befestigung des Dilatator fast die ganze Länge der äusseren Kante des Stellknorpels ein, wie es als ursprünglich vorauszusetzen ist. 2) Die Darstellung des Aufbaues der Schliessmusculatur des Amphibien- und Reptilienkehlkopfes stützt sich auf meine unter a und c angeführten Untersuchungen. Angaben über die Constrictoren finden sich ferner bei EuG. DuBOls, J. G. FISCHER, J. HENLE, R. WIEDERSHEIM und H. H. WILDER. Vergl. die Zusammenstellung in E. G. b, p. 60. Bei der Frage nach der Ableitung der Schliessmusculatur wurde die Auffassung WILDER’s gebührend berücksichtigt. 77 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 609 damit auch der Laryngeus ventralis beider Seiten, zum Theil, wenigstens aufgelagert. Bemerkenswerth ist ferner die relative Länge der Fasern der Constrictoren. So weist das ganze Verhalten beider Muskelpaare darauf hin, dass sie ihre Wirkung nicht auf den Kehlkopf beschränken. Sie werden, wenn sie sich contrahiren, dessen Lumen allerdings schliessen und damit antagonistisch zum Dilatator wirken. Offenbar sind sie aber auch fähig, gemeinsam mit jenem in Thätickeit tretend, seine den Schlund verengernde Wirkung zu unter- stützen. Einen directen Beweis für die letztere Seite ihrer Wirksamkeit gewährt ihre Differenzirung bei den Larven der Salamandrinen (Textfigur 46). Dort haben die Mm. laryngei, ohne dabei ihre primitive Anordnung auf- zugeben, mit einem Theil ihrer Fasern die Befestigung an dem schmäler werdenden Arytänoid eingebüsst und sind mit Theilen des Dorso-pharyngeus (M.d.-ph.) zusammengetreten. In solcher Combination haben sie ihre Wirkung auf das Kehlkopflumen verloren und können nur noch an der Verengerung des Schlundes theilnehmen. Dass sie hier aber ohne Aenderung ihrer Anordnung ausschliesslich in diesem Sinne verwendet werden, beweist, dass dieselbe Leistung ihnen auch früher wenigstens als ein Theil ihrer Thätigkeit zuge- kommen sein muss. So stehen die Constrictoren des Kehlkopfes ganz ähnlich wie die Erweiterer ursprünglich in doppelter Beziehung. Es sind M.lar.dors. I Zwitterbildungen zwischen Kehl- : kopf- und Schlundmuskeln. Dadurch wird man dazu geführt, ihre Ableitung von Kiemenmuskeln zu versuchen !). Dabei kommt in erster Linie ihre Innervation durch den Recurrens Ar. in Betracht, die die Muskeln von Fig. 46. Triton alpestris. Larve. Querschnitt durch den Kehlkopf, go/1. Der ventrale Zusammenschluss der Mm. laryngei ventrales und des Sphincter fällt vor die Schnitt- ebene. Ar. Arytänoid. Bezeichn. s. Erklärung zu Fig. 44. (Nach Fig. 23 aus E. G. c.) vornherein einem ehemaligen fünften Kiemenbogen zuweist (s. u.). Im Speciellen ist die bedeutende Uebereinstimmung, die zwischen dem Laryngeus ventralis und dem Hyo-pharyngeus besteht, beachtenswerth. Das Verhalten, das letzterer am vierten Kiemenbogen zeigt, wiederholt der Laryngeus ventralis am fünften, in das primäre Kehlkopfskelet übergegangenen Bogen in auffallender Weise. Wie der Hyo-pharyngeus vom Arcus IV, entspringt er vom Arytänoid; genau wie jener verlaufend, tritt er mit dem anderseitigen in einer Raphe zusammen. So schliesst er sich an die eigent- lichen Kiemenmuskeln unmittelbar an, indem er ihre Reihe caudalwärts fortsetzt (WILDER e). Es besteht nun bei Fischen (Ganoiden) ein als Interarcualis (B. VETTER) oder Transversus ventralis posterior (Arrıs) bezeichneter Muskel, der geradezu als Vorläufer des Laryngeus ventralis gelten kann. Er entspringt vom fünften Kiemenbogen, dem Vorläufer des primären Kehlkopfskelets, geht dicht unter der Pharynxwand horizontal medianwärts und tritt wie der Laryngeus ventralis mit dem Muskel der anderen Seite in einer Naht zusammen. Die Innervation des Muskels durch einen der hintersten Aeste des Vagus würde seiner Vergleichung mit dem Laryngeus auch förderlich sein. So scheint also der Laryngeus ventralis von einem solchen Interarcualis abzustammen. Weniger verständlich ist die Ableitung des Laryngeus dorsalis. Ob er genetisch mit dem Laryngeus ventralis etwas zu thun hat (WILDER) oder nicht am Ende vom Dorso-pharyngeus abstammt, möge dahin- gestellt bleiben. ı) Ein Versuch in dieser Richtung wurde zuerst von mir (E. G. b 1894) unternommen und später von H. H. WILDER in obiger Weise durchgeführt, nachdem er seine ursprüngliche Ansicht, die Schliessmuskeln von der glatten Musculatur des Darm- rohres ableiten zu können (a, 1892), aufgegeben hatte. 2 610 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. -Berücksichtigung der Monotremen. 7, o Wir kehren jetzt zur Besprechung der Schliessmuskeln selbst zurück. Die Richtung, welche ihre Entwickelung vom ursprünglichsten Zustand aus einschlägt, ist eine ähnliche wie die des Dilatators d. h. sie geben ihre Beziehungen zum Pharynx zu Gunsten einer ausschliesslichen Wirkung auf den Kehlkopf auf, indem sie dabei ihre flache Anordnung verlieren. Bei einer Art, Siren lacertina (Textfigur 47), erhalten sich die Mm. laryngei noch fast völlig gesondert, nur umschliessen sie in mehr ringartiger Anordnung das Kehlkopflumen‘). Die seitliche Trennung der Laryngei dorsales und ventrales ist bestehen geblieben, obwohl sie nicht mehr in ganzer Ausdehnung durch den Dilatator getrennt werden. Vorn schiebt sich ein vom Arytänoid ausgehendes Sehnenblatt, hinten das Arytänoid selbst zwischen beide ein. Aehnlich scheinen die Dinge bei Menopoma (FISCHER, WILDER) zu liegen. Bei allen übrigen Urodelen sind die Laryngei ventrales und dorsales nach Fortfall ihrer Trennung durch den Dilatator seitlich mit einander verschmolzen. Dadurch besteht die Schliessmusculatur aus einem paarig gebauten Ringmuskel, der sich caudal von der Insertion des Dilatator um den Kehlkopf herumlegt. P.ar. M. lar.dors. Dorsal und ventral hängen Di. beide Hälften desselben in ö einer Naht zusammen ?). Man bezeichnet den Muskel dann als Sphincter laryngis. Allgemein erhalten sich aber noch einzelne Theile der Mm. laryngei gesondert (Textfigur 46), ohne ın der Masse des Sphincter (Sph.) aufzu- b N.lar.ventr. gehen. Es können Theile Fig 47. Siren lacertina. Junges Fxemplar. Querschnitt durch den Kehlkopf, 35/1. Dil. Dilatator laryngis, db vorderster Theil des Dorso-trachealis, der an der Ventralseite des Kehlkopfes ausstrahlt (s. E. G. c). Sonstige Bezeichnungen s. Erklärung zuFig. 44. (Nach Fig. 10 (M.lar. dors.) und ventralis aus E. G. c.) des Laryngeus dorsalis (M.lar.ventr.) oder nur des letzteren erhalten bleiben, die an der Ansatzstelle des Dorso-pharyngeus entspringen und sich dem Sphincter anschliessen (vergl. oben p. 609). Es ergiebt sich also, dass der paarige Ringmuskel nicht, wie früher vielfach angenommen wurde, den ursprünglichsten Zustand, sondern im Gegentheil eine secundäre Bildung darstellt, indem zwei Muskeln jederseits in einer Sphincterhälfte aufgegangen sind. Bei den Anuren fehlt endlich jede Andeutung von einem primitiven Zustand. Es besteht bei den Larven ein einfacher paariger Ringmuskel, der beim ausgebildeten Thiere eine erhebliche Complication erfährt. Hiervon erscheint für uns von Bedeutung, dass zum ersten Mal in der Thierreihe ein Theil der Schliessmuskeln mit ihrem , ventralen Ende am Skelet Befestigung erhalten. Ein vorderer Theil des Sphincter laryngis entspringt von den hinteren Fortsätzen des Zungenbeins. ı) Die erste richtige Darstellung der Constrietoren von Siren gab WILDER (b). Allerdings beurtheilte er damals den Laryngeus dorsalis als den Dilatator laryngis. 2) Ich glaubte früher (E. G. b), dass der Sphincter laryngis sich allgemein nur vom Laryngeus ventralis aus bildet, indem dessen Fasern, um das Arytänoid herumgreifend, die Dorsalseite des Kehlkopfes erreichen. Nunmehr schliesse ich mich in der oben gegebenen Darstellung WILDER an. (Vergl. E. G. c, I, p. 319.) 79 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 611 In sehr verschiedener Gestaltung tritt uns die Schliessmusculatur bei den Reptilien entgegen. Bei Tropidonotus natriv bestehen noch die 2 Paare der Mm. laryngei selbständig und in ganz ähnlicher Anordnung wie bei Siren lacertina (Textfigur 48). Laryngeus dorsalis und ventralis werden hier durch den Dilatator laryngis (Dil.) gänzlich von einander getrennt. Auch unter den Eidechsen fand sich bei Amphisbaena fuliginosa das Gleiche vor, obwohl der Dilatator nicht mehr in der ganzen Länge des Arytänoids Befestigung nimmt. In der grossen Mehrzahl der Fälle ist aber die seitliche Trennung der Muskeln gänzlich aufgegeben. Es besteht also wie bei vielen Amphibien ein paariger Sphincter. Es lassen sich aber Uebergangszustände vom primitiven zu jenem abgeleiteten Verhalten leicht nachweisen. Unter den Schlangen war bei Coronella an einem Theil des Kehlkopfes die seitliche Trennung erhalten geblieben, an einem anderen geschwunden. Bei Crocodilus biporcatus sind Laryngei ventrales und dorsales nur mit ihren vordersten und hintersten Theilen mit einander verschmolzen. Zwischen diesen Bezirken sind sie völlig von einander gesondert. Endlich fand sich bei Chelonia midas und Sphargis coriacea nach vorn ein selbständig gebliebenes Bündel des Laryngeus ventralis. ö Proe.a.sup. So bestehen bei allen Ordnungen der Be R : M.lar.dors. Reptilien noch deutliche Hinweise darauf, dass sich auch bei ihnen allgemein die Schliess- M.lar.ventr. = Dil. musculatur aus 4 Quadranten aufbaute. In jeder der Ordnungen der Reptilienklasse scheint dann selbständig die Ausbildung eines paarigen Ringmuskels unter Verschmelzung der Laryngei vor sich gegangen zu sein. — In grosser Verbreitung haben bei den Br Fig. 48. Tropidonotus natriv. Querschnitt durch den Kehl- 3 ; a: ES kopf, 35/I. Ar. Arytänoid, Cr. Cricoid, Proc.a.sup. Processus an- theilen gewonnen. Bei einigen Lacertiliern terior superior des Cricoids, Li. vorderer Zipfel der Zunge, Dil. Pe B . = B B Dilatator. Sonsti Bezeich . Erklä Fig. 44. (Nacl freilich treffen sie noch in ursprünglicher Weise a N ee EI ne > Fig. 6 aus E. G. c, II.) Reptilien die Schliessmuskeln an der Ventral- seite des Kehlkopfes Befestigung an Skelet- nur in einer Naht zusammen (Lacerta, Anguis) ; lagert sich aber der Kehlkopf inniger dem Hyoid auf, so nehmen die Muskeln an diesem Ursprung (Platy- dactylus, Cyclodus, Schildkröten). Andererseits kann der ventrale Muskelursprung auch auf das Cricoid übergehen. Das ist der Fall bei Amphisbaena fuliginosa. Die vordersten Fasern des Laryngeus ventralis gehen vom Zungenbeinkörper aus, die folgenden Theile von einer Raphe, die vom Hyoidkörper zum Cricoid verläuft, und die hintersten endlich vom Cricoid selbst. Aehnliche Verhältnisse bestehen auch bei den Crocodilen (Crocodilus biporcatus). Während oral die Schliessmuskeln ventral vom Kehlkopf in einer Raphe zusammenschliessen, gehen sie caudalwärts auf die Seite des Ringknorpels über. Endlich ist erwähnenswerth, dass bei einer Form (Amphisbaena) der Laryngeus dorsalis eine Abweichung vom gewöhnlichen Verhalten zeigt, die wir ähnlich auch bei den aplacentalen Säugern finden werden. Während nämlich die Hauptmasse des Muskels von der medianen Raphe dorsal vom Larynx zum Arytänoid zieht, gehen die hintersten Fasern zum Cricoid. Der Uebertritt auf diesen Knorpel hat bei dem primitiven Zusammenhang zwischen dem Arytänoid und Cricoid nichts Auffallendes. 612 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. So b) Säugethiere. Zusammenfassung. Die beiden Arten der Monotremen-zeigen im Aufbau der Schliessmusculatur ein in der Haupt- sache gleichartiges, nur in nebensächlichen Einzelheiten verschiedenes Verhalten. Bei Ornithorhynchus (Taf. XVIII, Fig. 14, 15, 17) besteht sie jederseits aus zwei Segmenten, einem ventralen und einem dorsalen, zwischen welche sich seitlich das Arytänoid einschiebt. Das dorsale Segment wird zum grossen Theil vom Dilatator überlagert (Taf. XVII, Fig. 14) und erst nach seiner Entfernung ganz sichtbar (Taf. XVII, Fig. 15). Es repräsentirt einen Ary-crico—=procri- coideus (Taf. XVII, Fig. 14 M.ar.-er. — proer.). Als dorsale Befestigung dient ihm das Procricoid (Proer.). An ihm entspringen die vorderen Theile des Muskels kurzsehnig, die hinteren langsehnig. Nur die vordersten Fasern gehen von einer ganz kurzen Raphe aus, die sich an den oralen Rand des Procricoids anschliesst. Vom Procricoid zieht der Muskel jederseits schräg ventralwärts. Sein oraler Theil erreicht das Arytänoid und nimmt in langer Linie an ihm Befestigung. Er wird also als M. ary—procricoideus bezeichnet werden (Taf. XVII, Fig. 15 und 17 M. ar.—proer.). An die hintersten Fasern desselben, die am Processus muscularis (Prosc. musc.) inseriren, schliesst sich der caudale Theil des dorsalen Segmentes, der am Cricoid befestigt ist, also einen Crico=procricoideus vorstellt (Taf. XVIII, Fig. 15 und 17 M. er.—proer.) Der Crico=procricoideus lässt wieder zwei Abschnitte unterscheiden, einen oralen und einen caudalen. Beide divergiren vom Procricoid gegen ihre Ansatzstelle am Ringknorpel. Der vordere Theil (Taf. XVII, Fig. 17 M. er. = procr') läuft im Anschluss an den Ary-procricoideus lateral- und ventralwärts und befestigt sich an der Seitenfläche des Cricoids dicht hinter dem Processus muscularis. Er setzt hier die ventrale Ansatzlinie des Ary = procricoideus unmitttelbar fort. Die caudale Portion des Crico — procricoideus (M. er.-procr") zieht schräg lateral- und caudalwärts zur Hinterfläche des Ringknorpels. Das ventrale Segment des Constrictor entspringt von der Dorsalseite der Copula des Thyreoids, dann weiter von einer Raphe, die zum Vorderrand des Cricoids hinführt (Taf. XVII, Fig. 6), endlich in langer Linie vom Cricoid selbst. Laterale Theile des Muskels haben an dem dicht dem Kehlkopf angeschmiegten zweiten Bogen des Thyreoids Ursprung genommen. Der Muskel verdient also in seiner Gesammtheit den Namen eines Thyreo-crico=arytaenoideus (Taf. XVIII, Fig. 14, 15, 17 M.th.-er.—=ar). Was die Wirkung der beschriebenen Muskeln anlangt, so 8 es wohl klar, dass der Thyreo- crico—=arytaenoideus zusammen mit dem Ary=-procricoideus die beiden Arytänoide einander nähert und dadurch den Kehlkopfeingang schliesst. Dabei wird der Ursprung des dorsalen Segmentes, das Procricoid, durch den Crico-procricoideus in seiner Lage fixirt, auch wenn der Ary=procricoideus in Thätigkeit tritt. Auch bei Echidna unterscheiden wir an der Schliessmusculatur als ventrales Segment einen Thyreo- crico—=arytaenoideus und als dorsales einen Ary-crico— procricoideus (Textfigur 49). Der Thyreo-crico=arytaenoideus (Taf. XVII, Fig. 16 und IS M.th er. = ar.) entspringt ebenso wie bei Ornithorhynchus von der Copula des Thyreoids (Th.-Co.), die beiderseitigen Muskeln dicht neben einander. Am caudalen Rande der Copula geht der Ursprung auf eine Raphe über, die, beide Muskeln trennend, zum Vorderrand des Cricoids hinzieht (Taf. XVII, Fig. ıı). Damit gelangt der Muskelursprung auf den oralen Cricoidrand selbst und entspringt hier mit einigen Fasern (Textfigur 49). Ausgiebiger als bei Ornithorhynchus sind aber auch Theile des Muskels auf den zweiten Bogen des Thyreoids übergegangen. Die ganze äussere Lage des Muskels entspringt von diesem dem Kehlkopf innig angeschmiegten Skelet- theil. Der Muskel inserirt an der nach vorn gerichteten Fläche des Arytänoids in der Nähe der lateralen Kante, abwärts bis zum Processus muscularis. Sı Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 613 Das dorsale Segment, der Ary-crico—=procricoideus, zeigt in seinem vorderen Theil, dem Ary- procricoideus, keine Besonderheit (Taf. XVII, Fig. 16, 18 und Textfigur 49 M.ar. — proer.). Dagegen ist der hintere Abschnitt, der Crico— procricoideus, hier viel stärker entwickelt als bei Ornithorhynchus (Fig. 16 und 18 M. cr.-proer.). Er bedeckt in Folge dessen eine grössere Fläche des Ringknorpels als dort. Aber auch hier lässt er zwei Portionen unterscheiden, deren Befestigung am Cricoid durch eine Lücke getrennt sind. Die hintere Portion hat ihre Ansatzstelle am Cricoid bis an die Crico-thyreoidverbindung vorgeschoben, von der sie bei Ornithorhynchus ein ganzes Stück entfernt blieb (Taf. XVIII, Fig. 16 und 18 M.cr. — proer."). Ihre Fasern laufen aber auch hier vom Procricoid aus vor allem in caudaler Richtung, mit Abweichung in lateralem und ventralem Sinne. Die vordere Portion des Crico-procricoideus (M.er.—= proer.‘) entspringt weiter ventral an der Seite des Cricoids als bei Ornithorhynehus und zieht von hier hinter dem Processus muscularis des Arytänoids her zum Procricoid empor. In Folge ihres tiefen Ursprunges, ventral vom Niveau des Processus muscularis kommt sie Proer. Ph. M. ar. = proer. in unmittelbaren Anschluss an den Thyreo-crico=arytaenoideus, und eine deutliche Abgrenzung beider Segmente der Schliessmusculatur gegen einander ist damit an dieser Stelle unmöglich £ geworden. An die caudalen Fasern des Thyreo-crico = arytaenoideus und des Ary = procricoideus schliessen sich unmittelbar die des Crico = pro- cericoideus. Beide Muskeln scheinen nach hinten von jenem fortgesetzt zu werden. Einzelne Fasern, die vom zweiten Bogen des Thyreoids ent- 1 HIRSICh d Fig. 49. Behidna. Beuteljunges (17 cm). Querschnitt durch den Kehl- a 20W0 Ba VEeN: kopf. Ar. Arytänoid, Or. Cricoid, Procr. Procricoid, Ph. Pharynx, Dil. Dilatator, tralen Segment angehören, mischen M.th.-er. = ar. M. thyreo-crico = arytaenoideus, M.ar.=proer. M. ary-procri- x x Sun! 2 coideus. sich dem Crico — procricoideus bei?). Vergleicht man die Schliessmuskeln der Monotremen mit denen der Amphibien und Reptilien, so erkennt man sofort ihre Uebereinstimmung mit den primitiven Muskelpaaren. Die beiden Mm. thyreo- crico —=arytaenoidei entsprechen den Mm. laryngei ventrales. Als Besonderheit weisen sie nur eine ventrale Befestigung an Skelettheilen auf, welche die Mm. laryngei bei Ampbibien noch nicht besitzen, aber schon bei Anuren und in ausgedehntem Maassstabe bei Reptilien erwerben. Ebenso einleuchtend ist die Ueber- einstimmung zwischen dem dorsalen Muskelpaar, den Mm. ary-crico— procricoidei und den Mm. laryngei dorsales. Eine Eigenthümlichkeit der Monotremen ist hier der Ansatz der Muskeln am Procricoid, für welches bei niederen Formen kein Homologon besteht. Der Uebergang eines Theiles der dorsalen Muskeln auf das Cricoid kann ihre Homologisirung mit den Mm. laryngei dorsales nicht hindern; finden wir doch schon bei Amphisbaena fuliginosa, dass die hintersten Theile des Laryngeus dorsalis sich ähnlich verhalten (s. o.). ı) Was die Literatur über die Schliessmuskeln der Monotremen anlangt, so findet sich bei M. WALKER eine Darstellung derselben. Wir sahen schon oben, dass hier der Crico-procricoideus zum Dilatator gerechnet wurde, so dass der Ary-procricoideus von ihm getrennt wird. Für die ventralen Theile der Schliessmuskeln giebt W. an, dass sie zum Theil am Körper dies ae und am zweiten Bogen desselben entspringen, während wenige Fasern vom Crieoid ausgehen. DuBols sagt nur a = = den Aplacentaliern das ventrale Segment der Constrictoren (Thyreo-crico = arytaenoideus) hinter dem Arytänoid in das dorsale (Ary-crico = procricoideus) übergeht. Jenaische Denkschriften. VI. 11 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 79 614 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 82 Es sei hier gleich darauf hingewiesen, dass auch die Entwickelungsgeschichte der Constrictoren von Echidna darauf hinweist, dass ihre laterale Trennung ein ursprünglicher Zustand ist. Wird die Berechtigung anerkannt, die Mm. laryngei in den Muskeln der Monotremen wiederzusehen, so ist es auch klar, dass Ornithorhynchus, der eine scharfe seitliche Trennung des dorsalen und ventralen Segments aufweist, den primitiven Zustand erhalten hat, während Echidna, bei der die Grenze zwischen beiden hinter dem Bereich des Arytänoids verwischt ist, ein secundäres Verhalten zeigt. Die Schliessmuskeln der Marsupialier stimmen mit denen der Monotremen in hohem Grade überein, so dass Dusoıs Recht hat, beiden Gruppen den Besitz des Thyreo-crico —arytaenoideus und Ary- crico—procricoideus zuzusprechen. Sie entsprechen den beiden Paaren der Mm. laryngei. Auch bei den Beutelthieren hat das dorsale Segment der Constrictoren einen starken Zuwachs in caudaler Richtung erfahren. Seine Fasern spannen sich nicht nur zwischen Procricoid und Arytänoid aus und bilden somit einen Ary-procricoideus, sondern sie ziehen im Anschluss an diesen Muskel auch in schräger Richtung zur Aussen- und Hinterfläche des Cricoids, so dass ein sehr mächtiger Crico-procricoideus zu Stande kommt. Das geht auch aus der Darstellung Körner’s hervor, Die Befestigung des Crico — procri- coideus am Ringknorpel schliesst dicht an die Ursprünge des Thyreo-crico —=arytaenoideus vom gleichen Skelettheil an). Für die Placentalier hat FÜRBRINGER bereits den Nachweis geführt, dass bei ihnen ursprünglich das Constrictorensystem durch das Arytänoid eine vollkommene seitliche Trennung besass. Alle Verbindungen, die zwischen dem ventralen und dorsalen Segment bestehen, lassen sich als secundäre Bildungen erweisen. Der ventrale, den Mm. laryngei ventrales homologe Abschnitt der Schliessmuskeln wird durch den Thyreo- und Crico-arytaenoideus lateralis?) repräsentirt, die bei den Placentaliern ursprünglich von einander gesondert sind, erst beim Menschen zusammenschliessen. Das dorsale Segment, das den Laryngei dorsales entspricht, besteht ursprünglich auch aus Muskelbündeln, die vom Procricoid jederseits zum Arytänoid verlaufen, also einen Ary-procricoideus bilden. Von diesem Zustand aus führen alle möglichen Uebergänge zur Bildung des Interarytaenoideus, der sich ohne mediane Unterbrechung zwischen den Arytänoiden aus- spannt (FÜRBRINGER). Alle Verbindungen, die sich zwischen den beiden Segmenten der Constrietoren herausbilden, liegen oral von der Insertion des Dilatator. Der Unterschied zwischen Aplacentaliern und Placentaliern besteht also in zwei Punkten. Erstens ist der dorsale Theil der Constrictoren bei den höheren Abtheilungen verhältnissmässig geringer ausgebildet. Es fehlt der den Monotremen und Marsupialiern zukommende Crico-procricoideus. Wie weit das mit dem allmählichen Schwund des Procricoids in Zusammenhang steht, ist vor der Hand nicht zu sagen. Zweitens bestehen bei Placentaliern oral von der Insertion des Dilatatorr um den Rand des Arytänoids herum Zusammenhänge zwischen dorsalem und ventralem Segment, die hier bei den Aplacentaliern noch völlig getrennt sind. Die Betrachtung der Constrictoren des Säugethierkehlkopfes ergiebt, wie aus dem Vorhergehenden ersichtlich wird, dass die beiden primitiven Paare von Schliessmuskeln, die Laryngei dorsales und ventrales, auch ihnen zukommen. Die Laryngei ventrales werden repräsentirt durch die Mm. thyreo-crico = arytaenoidei, die Laryngei dorsales durch die Ary-crico — procricoidei der Aplacentalier, die Ary = procricoidei resp. I) Eine genaue Untersuchung der Kehlkopfmuskeln der Marsupialier, mit Berücksichtigung der Monotremen und Placentalier, ist vorläufig noch ein Desiderat. 2) Ein Crico-arytaenoideus lateralis fehlt nach DuBoIs (b) den Cetaceen und den Edentaten (Bradypus, Myrmecophaga). 83 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 615 Interarytaenoidei der Placentalier. Alle seitlichen Verbindungen zwischen beiden Segmenten sind secundärer Natur, genau wie es sıch für die Reptilien und Amphibien herausgestellt hat. Eine Vergleichung der Musculatur der Säuger und Reptilien lässt erkennen, dass keiner der bei letzteren gefundenen Zustände der Mm. laryngei direct als Urzustand für die Säugethiermuskeln betrachtet werden kann. Der Aufbau der Musculatur bei den Crocodilen, bei denen ja die Mm. laryngei sich auch streckenweise gesondert erhalten haben (s. o.), kann schon wegen der Gesammtanordnung der Muskeln nicht auf den der Säuger bezogen werden. Die Insertion des Dilatator liegt ja dort oral von den Schliess- muskeln, bei den Säugethieren im Bereich ihres caudalen Theiles. Auch bei Tropidonotus natrix und Amphisbaena ist die Trennung der Laryngei ventrales und dorsales von einander im Einzelnen anders durch- geführt als bei den Säugern. Bei diesen bildet das Arytänoid die Trennung, bei jenen, wie hier nach- getragen werden soll, vorn eine sehnige Membran, die von der Seite des Stellknorpels ausgeht, und nur hinten der Knorpel selbst (vergl. E. G. c Il). Ein ganz ähnliches Verhalten zeigt, dass auch bei höher differenzirten Amphibien, welche noch die Viertheilung bewahrt haben (etwa Siren), nicht der Urzustand für den Säugerkehlkopf gesucht werden kann. Ganz anders liegen die Dinge bei den primitiven Formen, Proteus und Necturus (Textfigur 43—45). Der indifferente Zustand der Mm. laryngei, der uns hier entgegen tritt, gestattet nicht nur, von ihm die Schliessmusculatur aller Amphibien und Reptilien, sondern auch die der Säugethiere ohne Schwierigkeit abzuleiten. Die flache Anordnung der Muskeln ist bei den Säugern aufgegeben, wie es bei allen höheren Formen geschah, die Laryngei ventrales haben mit ihren ventralen Enden Befestigungen an Skelettheilen gewonnen, wie es auch sonst vielfach eingetreten ist. Die Laryngei dorsales haben sich caudalwärts ausgedehnt und sind im Anschluss an ihre Insertionen am Arytänoid auf das Cricoid übergegangen, wie es in geringerem Maassstab auch bei Amphisbaena sich vollzog. Endlich sind bei manchen Formen dorsale und ventrale Muskeln um den Rand des Arytänoids herum mit einander in Verbindung getreten, eine Erscheinung, die in viel ausgedehnterem Maassstab bei Amphibien und Reptilien vorliegt. Das Verhältniss der Laryngei der Säuger findet also in jedem einzelnen Punkt Parallelen innerhalb der Amphibien- und Reptilienklasse, und doch sind die Besonderheiten derart, dass man eben nur von Analogien sprechen darf und allein in dem primitivsten Zustand der Muskeln den Urzustand auch für die Säuger annehmen kann. Ill. Musculus thyreo-cricoideus. Der Ventralseite des Kehlkopfes der Monotremen ist ein platter Muskel aufgelagert, der nach seinen Verbindungen als Thyreo-cricoideus bezeichnet werden soll. Beziehungen zu einem bei niederen Formen vorkommenden Muskel habe ich nicht nachweisen können. WALKER hat ihn bereits richtig dar- gestellt!). Bei Echidna ist er viel kräftiger entwickelt als bei Ornithorhynchus (Taf. XVII, Fig. 7 M.th.-cr.). Er bedeckt hier den ganzen vorderen Theil des Ringknorpels (Cr.) von der Ventralseite her. Mit dem einen Ende befestigt er sich an der Seite des Ringknorpels dicht hinter der Ansatzstelle des zweiten Thyreoidbogens I) WALKER bezeichnet den Muskel als Crico-thyreoideus. Ich wählte die obigen Bezeichnungen, um ihn von vornherein von dem Crico-thyreoideus externus der Placentalier zu trennen, der, einem andern Nervengebiet angehörend (N. laryngeus sup.), nichts mit dem in ähnlicher Lagerung befindlichen Monotremenmuskel zu thun hat. Ueber den Crico-thyreoideus ext. der Placentalier und seine Beziehung zum Constrictor pharyngis inf. vergl. FÜRBRINGER. 11* 295 616 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 54 (Taf. XVII, Fig. 3). Von hier ziehen die Fasern an die ventrale Seite des Ringknorpels und hier schräg nach vorn, dabei breitet sich der Muskel fächerförmig aus. Die oralen Theile des Muskels befestigen sich in langer Linie am unteren Rande des zweiten Thyreoidbogens (7h. IT), die folgenden an einer sehnigen Platte (S), die an der Basis des zweiten Thyreoidbogens und an der Copula des Thyreoids (7%h.-Co.) angeheftet ist. Caudalwärts verschmälert sie sich zu einer Raphe, in welcher die caudalen Theile des Muskels unter spitzem Winkel mit denen der anderen Seite zusammentreffen. Als Wirkung kann ich mir nur denken, dass beide Muskeln in gemeinsamer Action die Copula des Schildknorpels und den zweiten Bogen desselben fixiren, eine Leistung, die wohl von Bedeutung erscheint, wenn man bedenkt, dass beide Theile das Punctum fixum für die Thätigkeit eines grossen Theiles der Kehlkopfmuskeln abgeben. Bereits WALKER giebt an, dass die Innervation des Muskels durch den Recurrens zu erfolgen scheine. Der Nerv zieht an der ventralen Fläche des Muskels vorüber, um unter den zweiten Schildknorpel- bogen zu treten. Dabei giebt er einen Zweig in den Muskel ab (Taf. XVII, Fig. 7 N. rec.). Der Muskel gehört also zum gleichen Gebiet wie die inneren Kehlkopfmuskeln. Daraus geht aber ferner hervor, dass er mit dem Crico=thyreoideus externus der Placentalier nichts zu thun haben kann, der bekanntlich vom Ramus externus des Laryngeus superior innervirt wird und seit FÜRBRINGER’s Untersuchung vom Constrictor pharyngis inferior abgeleitet wird. Ein Homologon des Thyreo-cricoideus der Monotremen fehlt den Placentaliern. Bei Ornithorhynchus wird der Muskel nur als eine ganz dünne, fächerartige Platte entwickelt, die der Ventralseite des Cricoids in ihren lateralen Theilen aufliegt (Taf. XVII, Fig. 6 M.th.-cr.) Er entspringt am Cricoid ventral von der Anheftungsstelle des zweiten Thyreoidbogens, einzelne Fasern nehmen an diesem selbst Befestigung. Von hier strahlen die Fasern divergirend aus und inseriren in einer durchsichtigen sehnigen Haut, die nach vorn gegen den Hinterrand des zweiten Thyreoidbogens und der Copula des Thyreoids läuft. Bei der Zartheit des Muskels gelang es mir nicht, seine Innervation festzustellen. Dass bei den Marsupialiern ein ähnlicher Muskel ebenso wie ein Homologon des Crico-thyreoideus der Placentalier fehlt (Dusoıs), ist bei der festen Verbindung, welche sich zwischen Thyreoid und Cricoid hier herausgebildet hat (s o.), verständlich). IV. Entwickelung der Kehlkopfmuskeln. Die erste Anlage der Kehlkopfmusculatur bei Echidna lässt sich in den jüngsten mir vorliegenden Stadien (42 und 43) bereits nachweisen. Wir sahen oben (s. p. 596), dass hier in der näheren Umgebung des Epithels des Kehlkopfes und der Trachea die mesodermalen Zellen eine dichtere Anordnung zeigen. In dieser Zellenmasse kommt es später zur Differenzirung discreter Skeletanlagen (primäres Skelet des Kehlkopfes). Seitlich von ihr findet man nun in den Schnitten, welche die Anlage des ersten Thyreoid- bogens enthalten, eine Gewebsverdichtung von dreieckigem Querschnitt, die sich deutlich gegen die Umgebung abhebt. Es handelt sich’um eng an einander gelagerte Zellen, die keinerlei besondere Differenzirung erkennen lassen (Taf. XIX, Fig. 22 M.-Anl.). Gegen die Zellenmassen, die sich an das Larynxepithel selbst anschliessen, ist diese Anlage durch abgeflachte Zellen deutlich abgegrenzt. Man kann sie an der Seite des Kehlkopfes caudalwärts verfolgen, bis in die Gegend des Beginnes der Trachea (Taf. XX, Fig. 23 M.-Anl.). Sie nimmt dabei an Umfang noch etwas zu. Hier zieht der Vagus (X) auf seinem Wege zur 1) Ueber den Musculus interthyreoideus, der dem Gebiet des N. laryngeus superior angehört, vergl. die Bemerkung p. 571. 85 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 617 Seite des Oesophagus dicht an ihrer Aussenseite vorüber und lässt einen starken Ast in die Zellenmasse eintreten. Der betreffende Nerv läuft dicht an der Hinterseite des sechsten Arterienbogens (6) vorüber und giebt sich dadurch als Recurrens zu erkennen (N.rec.). Daraus erhellt, dass die fragliche Anlage nur die der Kehlkopfmuskeln, soweit sie vom N. recurrens innervirt werden, sein kann. Damit stimmt ja auch ihre Lage dicht nach aussen von dem die Skeletanlagen später producirenden Gewebe völlig überein. Ganz ähnliche Zellenmassen, wie sie hier als die Anlage der Recurrensmusculatur beschrieben werden, finden sich auch in einer jüngst von CornInG publicirten Untersuchung als Anlagen der Trigeminus-, Facialis-, Glossopharyngeus- und Vagus-Musculatur dargestellt (vergl. Taf. VI, Fig. 41). Cornıne leitet diese Anlagen von dem medialen Blatt des ventralen Mesoderms ab. Wenn er betont, dass die Nerven lateral von den zugehörigen Muskelanlagen liegen, im Gegensatz zum Verhalten der Spinalnerven, so stimmt dies mit der Beobachtung am Recurrens überein (Taf. XX, Fig. 23). Bei dem nächstälteren Embryo (44) ist die Anlage der Musculatur histologisch so weit entwickelt, dass sich die kernreichen jungen Muskelfasern in Längsschnittsbildern leicht erkennen lassen (Taf. XIX und XX, Fig. 24—27). Hier ist aber auch die Anlage, die in dem früheren Stadium ganz gleichartig erschien bereits in die einzelnen im fertigen Zustand unterscheidbaren Muskeln zerlegt, und diese bieten im Grossen und Ganzen schon dasselbe Verhalten wie am ausgebildeten Kehlkopf. Auch die Skeletanlagen sind ja inzwischen different geworden. Der Ursprung des Dilatator laryngis (Dil.) am zweiten Bogen des Thyreoids ist schon nachweisbar; wie weit Theile des Muskels auch am Cricoid entspringen, lässt sich nicht feststellen. Jedenfalls spricht dies dafür, dass der Thyreoidursprung nicht erst eine spätere Erwerbung der Säugethiere bildet. An der Schliessmusculatur unterscheidet man die Anlage des Thyreo-crico—=arytaenoideus (Laryngeus ventralis, Taf. XIX, Fig. 25 M.th.-cer.—ar.), der von dem Gewebe an der Ventralseite des Kehlkopfes ausgeht und schräg, dorsal- und lateralwärts laufend, zum Arytänoid (Ar.) emporsteigt. Von der Anlage des Procricoids an der Dorsalseite des Larynx sieht man den Ary=procricoideus zum Arytänoid herab- laufen (Taf. XIX, Fig. 24 M.ar.=procr.) Zwischen ihn und das ventrale Segment schiebt sich am caudalen Theil der Arytänoidanlage die Dilatator-Insertion ein (Dil.). Beide Muskeln sind seitlich völlig von einander getrennt. Hinter der Ansatzstelle des Dilatator kommt der Bereich des Crico — procricoideus in directem Anschluss an den Ary — procricoideus (Taf. XX, Fig. 26 M.cr. = proer.). Der vordere Theil desselben ist nicht gegen das ventrale Segment der Schliessmuskeln abgrenzbar, der caudale Theil als ein besonderes Bündel zur Seitenfläche des Cricoids in die Nähe des dorsalen Randes zu verfolgen. Auch der Thyreo-cricoideus ist bereits ausgebildet (Taf. XX, Fig. 27 M.th.= er.). Für die Beurtheilung der Schliessmusculatur ist an dieser Beschreibung von Wichtigkeit, dass kein Stadium bekannt geworden ist, in welchem etwa ein Ringmuskel bestand, aus dem erst durch secundären Zerfall ein dorsales und ventrales Segment hervorgingen. Die Trennung zweier Segmente besteht, sowie überhaupt eine Differenzirung der Anlage der Recurrensmusculatur eingetreten ist. So zeigt also die Entwickelungsgeschichte, in voller Uebereinstimmung mit den Ergebnissen vergleichender Untersuchung, dass Thyreo-crico —arytaenoideus und Ary-crico — procricoideus auch phylogenetisch getrennte Muskeln sind, die den Mm. laryngei der Amphibien homologisirt werden müssen, und dass sie nicht einem Sphincter laryngis entstammen. Auch für den menschlichen Embryo ist schon auf sehr frühem Stadium (22 mm), das für den Zustand des Larynx etwa dem Echidna-Embryo 44 entsprechen dürfte, durch Nıcoras die völlige Trennung des Laryngeus dorsalis (Interarytaenoideus) und ventralis (Thyreo-crico= arytaenoideus) nach- 618 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. S6 sewiesen worden !!). Auch die Ontogenese scheint also dafür zu sprechen, dass die Verbindungen zwischen beiden Segmenten, die oral von der Insertion des Dilatator im fertigen Zustand bestehen, secundärer Natur sind, wie FÜRBRINGER aus vergleichend-anatomischen Gründen schloss (s. p. 614). In einer Untersuchung über die Entwickelung der Kehlkopfmuskeln des Menschen von STRAZZA findet sich nun aber die Angabe, dass in frühen Stadien der Entwickelung ein Ringmuskel das Arytänoid umzieht, aus dem die Constrictoren sich erst differenzirt haben sollen. Diese Darstellung scheint mir deshalb sehr der Nachprüfung zu bedürfen, weil sie eine Ontogenese der Kehlkopfmuskeln behauptet, die mit den Ergebnissen der vergleichend-anatomischen Untersuchung nicht in Uebereinstimmung zu bringen ist. Ausserdem sind für mich auch die Abbildungen StrAzza’s nicht beweisend für seine Auffassung. In seiner Figur SII, Tafel III, erkennt man dorsal und ventral vom Kehlkopf je zwei Muskelanlagen, die den ventralen und dorsalen Theilen des Constrictorensystems entsprechen. Nur auf einer Seite zeichnet STRAZZA einen Zellstrang, der dorsales und ventrales Segment um den Seitenrand des Arytänoids herum mit einander verbindet, und dieser Strang ist, verglichen mit den durch ihn verbundenen Massen, sehr unbedeutend, so dass die Hauptmasse des dorsalen und des ventralen Segments doch unabhängig von einander erscheint. An sich wäre es ja nicht auffallend, wenn schon frühzeitig Interarytaenoideus und Thyreo-arytaenoideus gering- fügige Zusammenhänge mit einander aufweisen. Damit wäre aber noch lange nicht das zeitweise Bestehen eines Sphincter laryngis bewiesen. Die vergleichend-anatomische Darlegung FÜRBRINGER’s, dass solche Verbindungen bei den Placentaliern secundärer Natur sind, würde dadurch nicht im geringsten tangirt werden. Das Suchen nach einem Ringmuskel als Anlage der Constrictoren des Kehlkopfes der Säugethiere geht ja überhaupt von der ganz irrthümlichen Ansicht aus, dass bei niederen Thieren ein solcher als ursprünglicher Zustand dauernd bestehe. Die Deutung von entwickelungsgeschichtlichen Befunden wird eine ganz andere werden, wenn man von einer besseren Kenntniss des primitiven Verhaltens der Schliess- musculatur ausgeht?). Es wäre sehr wünschenswerth, wenn auf solcher Basis eine Untersuchung der Entwickelung der Kehlkopfmuskeln auch placentaler Säuger vorgenommen würde. Vierter Theil. Die Nerven des Kehlkopfes. l. Amphibien. Die Innervation des Kehlkopfes versehen bei Reptilien und Säugethieren in erster Linie der Nervus laryngeus superior und der N. recurrens, die beide als ehemalige Rami branchiales nervi vagi erkannt 1) Bei dem jüngsten menschlichen Embryo, den NICOLAS untersuchte (22 mm), war der Musculus interarytaenoideus absolut ohne jede Verbindung mit dem Thyreo-crico-arytaenoideus lat. NICOLAS stützt sich nun auf die Angaben Strazza’s, dass die Schliessmuskeln ursprünglich aus einem Sphincter hervorgehen, und fasst dem entsprechend den von ihm beschriebenen Zustand als einen secundären auf. Wir können, wie wir oben ausführten, den Beobachtungen STRAZZA’S nicht die ihnen von NICOLAS gegebene Bedeutung beimessen. 2) Zu welch’ eigenthümlichen Deutungen die Sphincter-Idee führt, zeigt eine Untersuchung KANTHACK’s, in welcher ein Abschnitt sich mit der Entwickelung der menschlichen Kehlkopfmusculatur beschäftigt. Er beschreibt, dass bei einem jungen menschlichen Embryo der Interarytaenoideus mit dem Thyreo-arytaenoideus lateralis und mit dem Crico-arytaenoideus posticus, der letztere mit dem Thyreo-crico — arytaenoideus lateralis zusammenhängt, und construirt auf diesem Wege einen Sphincter laryngis. Dass bei solcher Betrachtungsweise mit einem Mal auch der Dilatator laryngis, der Crico-arytaenoideus, aus dem angeblichen Sphincter hervorgehen soll, weist das Irrthümliche der ganzen Darstellung auf das schlagendste nach. 87 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 619 worden sind (vergl. Einleitung, p. 537). Zu ihnen gesellt sich bei Reptilien der Glossopharyngeus. Anders liegen die Dinge noch bei den urodelen Amphibien. Nur ein Vagusast, der in richtiger Auffassung seiner Homologie als N. recurrens bezeichnet wird, innervirt hier den Kehlkopf (J. G. FiscHEr a). Zur Beurtheilung dieser Nerven und zum Verständniss des Laryngeus superior der höheren Formen müssen wir kurz auf das Verhalten der branchialen Nerven, soweit sie den eigentlichen Kiemenbogen zugehören, eingehen, obwohl dabei Dinge zur Sprache kommen, die allgemein bekannt sein dürften. Als Beispiel wählen wir Siredon (Textfigur 50), eine Form, deren Visceralbogen sammt ihrem Gefässapparat und Nerven verhältnissmässig vollständig erhalten sind (vergl. J. G. Fischer a). Es bestehen 4 Kiemenspalten (K. 2-5), deren erste zwischen Hyoid- und erstem Kiemenbogen die Wand der Kopfdarmhöhle durchsetzt, und damit 4 Kiemenbogen (3.—6. Visceralbogen). In jeden derselben entsendet der an der Ventralseite des Kiemenkorbes gelegene Truncus arteriosus jederseits eine Kiemenarterie!) (Textfigur 50 3— 6). An der Dorsalseite des ersten Tr.br.int. bis dritten Bogens tritt je eine Kiemenvene aus, die nach vorn und medianwärts zieht und zur _X#(NVrec) Bildung der Aortenwurzel beiträgt _Rint. (Rad. aortae). Letztere biegt dann an der Dorsalseite des Schlundes caudalwärts um und tritt mit der Wurzel der anderen Seite zur Aorta : Trunc.arter: zusammen. Die Kiemenvene des zweiten und dritten Bogens (vierten Fig. 50. Süredon. Darstellung der Gefässbogen und der branchialen Ver- und fünften Visceralbogens) steht zweigung des Glossopharyngeus und Vagus. Die Kiemenspalten durch unterbrochene R N 4 Linien, die Gefässe punktirt dargestellt. K2—K5 Kiemenspalten, 3—6 Gefässbogen, mit den zugehörigen Arterien auch IX Glossopharyngeus, X1—3 Rami branchiales nervi vagi, X4 (N.ree.) N. recurrens, R.lat. sup. und inf. Ramus lateralis vagi superior und inferior, Tr. br.-int. Truncus branchio-intestinalis vagi, R. nt. Ramus intestinalis vagi, N.spin.1 und 2 erster und Aus der Kiemenvene des ersten zweiter Spinalnerv. auf directem Wege in Anastomose. Bogens entspringt die Carotis ex- terna, die parallel zur ersten Kiemenarterie abwärts steigt und mit ihr mehrfach in Verbindung steht, und dicht vor der Vereinigung der Vene und der Aortenwurzel die Carotis interna. Nur ein Theil des Blutes der dritten Kiemenvene gelangt in die Aortenwurzel, ein anderer Theil strömt in die Pulmonalis, durch ein Gefäss, das die Fortsetzung der Aortenwurzel in caudaler Richtung bildet und bald auch den vierten Gefässbogen (6) aufnimmt. Der Nerv des ersten Kiemenbogens (dritten Visceralbogens) ist der Glossopharyngeus (IX)?). Er geht aus einem ihm mit dem Vagus gemeinsamen Ganglion hervor, trennt sich von ihm, indem er schräg nach aussen über die Aortawurzel weg zum ersten Kiemenbogen zieht und an dessen Vorderseite vor den Gefässen des Bogens abwärts läuft. Er erreicht den Boden der Mundhöhle und tritt zwischen dem Hyoid- bogen und Branchiale I zur Zunge. Vom Ganglion des Vagus wird der Ramus lateralis superior abgegeben (R. lat. sup.). Von den dem übrigen Stamm, dem Truncus branchio-intestinalis (Tr. br. int.), entstammenden Aesten interessiren uns aus- I) Ueber die Kiemengefässe vergl. J. E. V. Boas, dem sich die obige Darstellung anschliesst, und F. MAURER (d). Wir bezeichnen die Gefässbogen entsprechend den Nummern der zugehörigen Visceralbogen mit 3—0. 2) Ueber die branchialen Nerven der Amphibien s. FISCHER (a). 620 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 58 schliesslich die Kiemenvenen. Der Ramus branchialis I vagi (X 2) kreuzt auf seinem Wege nach hinten den Beginn der Aortenwurzel hinter der Einmündungsstelle der ersten Kiemenvene, läuft über das obere Ende der zweiten Kiemenspalte (X 3) hinweg zur Vorderseite des zweiten Kiemenbogens (vierten Visceralbogens) und hier dicht vor dem Gefässbogen (4) abwärts. Er kreuzt dann die Dorsalseite der ersten Kiemenarterie (3), senkt sich zwischen Branchiale I und II in die Tiefe und gelangt zum Boden der Mundhöhle, wo er das Gebiet des Glossopharyngeus nach hinten zu fortsetzt und selbst wieder abgelöst wird durch den Ramus branchialis II vagi (X 2). Dieser wiederholt das Verhalten der eben beschriebenen Nerven am dritten Kiemenbogen (fünften Visceralbogen), nachdem er über die Aortenwurzel zwischen der Mündung der zweiten und dritten Kiemenvene hinweggezogen ist und sich der Vorderseite des dritten Gefässbogens (5) angeschlossen hat. Endlich gelangt zur Vorderseite des vierten Kiemenbogens. (sechsten Visceralbogens) vor den vierten Gefässbogen (6) der Ramus branchialis IIl vagi (X 5). Er ist, bevor er den Bogen erreicht, über die Fort- setzung der dritten Kiemenvene zur Pulmonalis fortgezogen und hat einen Ast zur Dorsalseite der Pharynx- wand abgegeben. Die Hauptstämme der Branchialnerven verhalten sich an den Bogen als Rami posttrematiei. Sie entsenden zur Hinterfläche der vorhergehenden Bogen schwächere prätrematische Aeste, die mit dünnen Aesten der jenen zugehörigen posttrematischen Stämme in Anastomose treten. Nach der Abgabe des Ramus branchialis III läuft der Truncus branchio-intestinalis, stark verdünnt, dorsal von den Kiemenbogen nach hinten; etwa an der Stelle, an der die Pulmonalis beginnt, giebt er den Ramus lateralis inferior ab (R.lat.inf.) und entsendet dann den als N. recurrens bekannten starken Zweig [X 4 (N.ree.)]. Dieser läuft 'caudal vom vierten Kiemenbogen, lateral an der Pulmonalis vorbei in ventro- caudaler Richtung und biegt dann nach vorn um, wiederholt also das Verhalten der Branchialäste des Vagus. Aus ihm entspringt ein starker Ast, der auf die Ventralseite des Musculus hyo-pharyngeus tritt (a), ihm Aeste abgiebt und dann die der Aussenseite des Kiemenkorbes aufgelagerten Constrictores arcuum wohl nur zum Theil versorgt. Das Ende des Nerven (b) tritt auf die Dorsalseite des Hyo-pharyngeus und damit an die Unterfläche des Dorso-pharyngeus, giebt dünne Zweige an ihn ab und ist bis in die unmittelbare Nachbarschaft des Kehlkopfes selbst zu verfolgen gewesen. Bereits FISCHER giebt die Innervation des Kehlkopfes durch den N. recurrens an. Ein dünner Zweig gelangt auch zur Schleimhaut der Mundhöhle seitlich von der Kehlkopfmündung. Der Nervus recurrens setzt die Reihe der Rami branchiales vagi nach hinten zu fort. Er stimmt mit ihnen nicht nur im Verlauf überein, sondern versorgt auch gleichartige Gebiete, nämlich Theile der visceralen Musculatur und Theile der Schleimhaut im hinteren Bereich der Kopfdarmhöhle. So wird man in ihm, ohne Bedenken, den Ramus branchialis IV. nervi vagi erblicken, und zwar den Ramus posttrematicus desselben, da der Nerv motorische Bestandtheile enthält. Es ist derselbe Nerv, der bei pentatremen Fischen die Hinterseite der fünften Kiemenspalte versorgt und sich bei Hexanchus und Heptanchus in nichts von den Nerven der vorhergehenden Bogen unterscheidet (vergl. GEGENBAUR b und d, Fig. 498, p. 799). Es ist der Nerv des fünften Kiemen- (siebenten Visceral-)Bogens. Nach Abgang des Recurrens wird man erst den Rest des Truncus branchio-intestinalis als Ramus intestinalis bezeichnen müssen, der die hinteren Theile der Kopfdarmhöhle, den Vorderdarm und die Lunge versorgt. Der erste seiner Aeste stand durch Vermittelung zweier Stränge mit dem Recurrens in Anastomose, so dass eine Art von Plexus an der Seite des Pharynx zur Ausbildung kommt. Den Recurrens selbst untersuchte ich ferner noch bei Necturus. Er verhält sich hier ganz ähnlich wie bei Siredon [Textfigur 51 X4 (N.ree.). Vom Truncus branchio-intestinalis vagi trennt er sich etwas caudal vom Hinter- rand des M. dorso-pharyngeus und zieht über die Arteria pulmonalis weg in leichtem Bogen abwärts und etwas nach 89 Beiträge zur vergleich. Anatomıe des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 621 hinten, dann biegt er oralwärts um (b), erreicht den Hinterrand des genannten Muskels, tritt auf seine Aussenseite und läuft hier medianwärts. In der Nähe seines Endes giebt er eine Anzahl feinster Zweige ab, die zum Theil in den Dorso-pharyngeus eintreten, zum Theil in die unmittelbare Nachbarschaft der Larynx zu verfolgen waren zum Theil zur Schleimhaut der Kiemenhöhle vor und seitlich vom Aditus laryngis gelangten. 5 i Von dem Stamme des Nerven wird ein starker Ast in oraler Richtung (a) abgegeben, der auf dem Hyo-pharyngeus nach vorn zieht, ihn versorgt und noch bis zu den Constrictores arcuum gelangt. Ein median- wärts laufender Zweig desselben gelangte zur Verbindung mit einem Ast des ersten in den Plexus cervicalis eingehenden Spinalnerven!). Jenseits des Abganges des Ramus hyo-pharyngeus sandte der Recurrens noch einen dünnen Zweig in den Hyo-pharyngeus (d). Wie bei Siredon stand auch hier der Recurrens mit den Verzweigungen des Ramus intestinalis in plexus- artiger Verbindung. Dicht hinter der Abgangsstelle des Recurrens entsprang von letzterem ein dünner Ast, der an der Aussenseite der Pulmonalis vorbeizog, und sich dann gabelte, ein vorderer Zweig lief zum Recurrens in die Gegend des Abganges des zweiten Nerven zum Hyo-pharyngeus (d), ein hinterer zu einem Ast des folgenden vom Ramus intestinalis abgehenden Nerven, der die Innenseite der Pulmonalis kreuzt. Beide gemeinsam zogen medianwärts (c) und verschwanden in dem Hinterrand des Dorso-pharyngeus. Von den letzten Aesten des Ramus intestinalis liefen zwei zum Magen herab (R.gastr.), einer war zur Lunge zu verfolgen (R.pulm.). Bei den Anuren ist der Hauptnerv des Kehlkopfes, wie ich aus der Schilderung in E. Gaupp’s 3. Auflage der ECKER-WIEDERSHEIM’schen Anatomie des Frosches entnehme, der sog. N. laryngeus longus. Er zieht nach seiner Trennung vom Vagusstamm in caudalwärts gerichtetem Lauf ER nz an der Aussenseite des sog. Truncus pulmo- N N ceutaneus vorbei, um dann an dessen Hinter- Artyulm =N seite oralwärts umzubiegen und zum Kehlkopf Zu. (Nrec) n zu gelangen, wo er die grosse Mehrzahl der Kehlkopfmuskeln versorgt. a / | Der Truncus pulmo-cutaneus steigt | l 7 I : 1,7 N vom Truncus arteriosus dorsalwärts auf und \Y/ IR 7 /D ‚uuim gabelt sich dann in die rückwärts ziehende / Arteria pulmonalis und die Art. cutanea. Fr Fig. 51. Necturus. Hinterer Theil des Vagus. Bezeichnungen s. Er- geht, wie Boas zeigte, aus dem gemeinsamen klärung zu Fig. 50. R.gastr. Ast zum Magen, R.pulm. Ast zur Lunge. Stiel des dritten und vierten Gefässbogens und dem vierten Bogen (Gefäss des sechsten Visceralbogens) selbst hervor. Der N. laryngeus longus hat damit die gleiche Lagerung zum Gefässsystem, wie der Recurrens der Perennibranchiaten. Er liegt nur noch etwas tiefer in dem vom vierten Arterienbogen und von der Pulmonalis gebildeten Bogen als dort. Es liegt daher in ihm wohl ohne Zweifel das Homologon des Recurrens der Urodelen vor. Zum Kehlkopf gelangt aber nach GAupp noch ein anderer schwächerer Zweig des Vagus, der sog. Laryngeus breviss Er geht etwas später ab als der N. laryngeus longus und läuft dann an der Innenseite des Truncus pulmo-cutaneus zum Larynx herab. Hier versorgt er einen Theil des Dilatator laryngis, der im Uebrigen vom Laryngeus longus innervirt wird, und geht mit letzterem auch eine Anastomose ein. Auch bei den Perennibranchiaten wird der Muskel, von dem der Dilatator laryngis abstammt (s. o.), der Dorso-pharyngeus, ausser vom Recurrens selbst noch von einem weiteren schwächeren Nerven versorgt, der vom Truncus branchio-intestinalis vagi etwas vor dem Abgang des Recurrens entspringt und an die Innenseite des Dorso-pharyngeus herantritt (FiscHEr). Der. Nerv liegt damit, wie der Laryngeus brevis 1) Ueber den Plexus cervicalis der Amphibien (sog. Hypoglossus) vergl. FÜRBRINGER b, p. 480 ff. Jenaische Denkschriften. VI. 12 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. IIL, 80 622 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 90 der Anuren, medial von der Arteria pulmonalis, da diese lateral vom Dorso-pharyngeus vorbeiläuft. Es scheint mir daher sehr wahrscheinlich zu sein, dass in ihm das Homologon des N. laryngeus brevis vorliegt. Il. Reptilien. Wie bei den Amphibien gelangt auch bei allen Reptilien der Recurrens vagi zum Kehlkopf!). Er geht vom Stamm des Vagus, vom sog. Ganglion trunci oder jenseits desselben ab, schlägt sich um den letzten der 4 vom Truncus arteriosus ausgehenden Arterienbogen herum und zieht medial vom System der letzteren nach vorn. In seiner Lagerung hinter dem vierten Gefässbogen (No. 6) stimmt der Nerv mit dem Recurrens der Perennibranchiaten überein, ebenso in seinem Endgebiet. Eine Differenz ergiebt sich aber rücksichtlich seiner Lage zur Arteria pulmonalis. Bei den Reptilien, wie allgemein bei den Amnioten, umzieht er den vierten Gefässbogen (No. 6) dorsal vom Abgang der Pulmonalis bei den Amphibien ventral von dieser Stelle. Bei dem Descensus des Herzens der Amnioten wird also der Nerv vom Ductus Botalli zwischen Pulmonalis und Aortenwurzel mitgenommen. Bei einem Decensus x MHyr des Amphibienherzens würde der Recurrens die IK: Sm Pulmonalis selbst umgreifen >). Auf diese Verschiedenheit zwischen Anamnia DD (arint. —==forla und Amnioten ist schon längst durch A. BRENNER FF fx X2 X 1 / \ \ Fig. 52. Oyelodus. Hintere Kopfnerven. Hyp. Hypoglossus‘), N.lar. sup. Nervus laryngeus superior, Car. int. und ext. Carotis in- Bo (Narsun N Carext. hingewiesen worden. Es scheint aus ihr nur hervor- zugehen, dass die Arteria pulmonalis in Ursprung und Verlauf sich bei den Amphibien und Amnioten verschieden verhält, während an der Homlogie des Recurrens (resp. Laryngeus longus) innerhalb der Thierreihe nicht gezweifelt werden kann). terna und externa, 7h. Thymus, c/. Carotidenkörperchen. Uebrige Bezeichnungen s. Erklärung zu Fig. 50. Der Schwund der Verbindung des vierten (sechsten) Arterienbogens mit der Aortenwurzel, der bei den ausgebildeten Reptilien die Regel bildet, lässt die ursprüngliche Lagerung des Recurrens zu jenem Gefäss nicht mehr hervortreten [Textfigur 52 X4 (N.ree.)]. Nur bei den Cheloniern, auch bei einzelnen Sauriern (Chamaeleo, BRENNER) bleibt der Ductus Botalli, der jene Verbindung darstellte, wenigstens in obliterirtem Zustand erhalten, und dann ist auch an dem fertigen Thier das oben dargelegte Verhalten des Recurrens festzustellen. In gleicher Lage findet sich auch der Recurrens der Vögel. Der Recurrens der Reptilien zeichnet sich durch seine erhebliche Länge vor dem der Amphibien Der Nerv kann erst in aus. Vor allem spielt hierbei natürlich der Descensus des Herzens eine Rolle. grösserer oder geringerer Entfernung vom Kopf den Ductus Botalli passiren und muss eine lange Strecke ı) Die für die Kehlkopfnerven in allen Ordnungen der Reptilien wichtigste Arbeit stammt von VAn BEMMELEN. Die Untersuchungen FISCHER’s (b) sind hier weniger wertvoll, da sie die für die Beurtheilung der branchialen Nerven wichtigen Lage- beziehungen zu den Gefässbogen des Halses ausser Acht lassen. Den Angaben VAn BEMMELEN’s, die sich durch grosse Zuverlässigkeit auszeichnen, konnte ich kürzlich (c, II. Theil) noch einige Beobachtungen hinzufügen. Für die Chelonier verweise’ ich ausserdem auf BoJanus (Zmys) und BENDZ (Testudo), für die Crocodile auf BEnDZ, für die Ophidier auf C. VoGT und JOH. MÜLLER. 2) Es wäre von Interesse, festzustellen, wie sich der Recurrens der Gymnophionen in diesem Punkt verhält, ferner ob die Lagerung der Art. pulmonalis zum Nerven bei allen Urodelen die gleiche ist. 3) Ueber den Hypoglossus der Reptilien vergl. FÜRBRINGER (b). 4) Der Gedanke, im Recurrens der Amnioten ein Homologon des Laryngeus brevis der Anuren (s. o.) zu sehen, ist von der Hand zu weisen, da dieser Vagusast nur eine nebensächliche Bedeutung für den Kehlkopf besitzt. gI Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 623 oralwärts ziehen, ehe er schliesslich den Larynx erreicht. Der Lauf des Nerven wird aber zweitens durch eine Verschiebung des Kehlkopfes nach vorn verlängert, die bei den Ophidiern ihren Höhepunkt erreicht und sich einerseits in dessen Auflagerung auf den Zungenbeinapparat, andererseits in der Antheilnahme vorderer Branchialnerven an der Kehlkopfinnervation ausspricht, die bei den Perennibranchiaten noch jeder Beziehung zum Kehlkopf entbehren. Ganz allgemein läuft ein vorderer Vagusast, der Laryngeus superior (Laryngo-pharyngeus) zum Kehlkopf [X 7 (N.lar.sup.)]. Es handelt sich bei ihm, wie Van BEMMELEN zuerst nachwies, um den Ramus branchialis I vagi (vergl. Textfigur 50 X 7). Der Nerv läuft nämlich an der Hinterseite des dem ersten Kiemenbogen zugehörigen Gefässes (3) herum zu seinem Endgebiet. Diese Lagebeziehung wird bei der Mehrzahl der Reptilien mit dem theilweisen Schwund jenes Bogens beseitigt, erhält sich aber zeitlebens bei den Sauriern, da hier das Gefäss seine Verbindung mit der Aortenwurzel beibehält. Der Laryngeus superior ist aber im Speciellen als der Ramus posttrematicus des ersten Kiemen- astes des Vagus, also als Nerv des vierten Visceral- (zweiten Kiemen-)Bogens erkennbar, da er an der Hinterseite des aus dem Epithel der dritten Kiemenspalte hervorgehenden Carotidenkörperchens (Text- figur 52 ch.) vorbeizieht. In dieser Eigenschaft zeigte er sich auch bei Embryonen von Tropidonotus natrix (vergl. E. G. c, II Theil, Taf. II, Fig. 22). Von den nächstfolgenden Branchialästen des Vagus, die bei Perennibranchiaten als starke Nerven bestehen, erhält sich bei Reptilien noch der zweite [dem fünften Visceral- (dritten Kiemen-)Bogen zugehörige] und zwar allein bei den Sauriern (Van BEMMELEN) (Textfigur 52 X 2). Er läuft um den vierten Gefäss- bogen (4) herum an die Seite des Pharynx. Der dritte Ast ist völlig geschwunden, während der vierte, der Nerv des siebenten Visceralbogens, im Recurrens vorliegt. Der Laryngeus superior tritt entweder zur Seite der Trachea an den Recurrens heran und läuft, mit ihm vereinigt oder neben ihm zum Kehlkopf, oder beide kommen erst am Kehlkopf selbst in Anastomose mit einander (z. B. Testudo graeca). Auf die längste Strecke treten Laryngeus superior und Recurrens bei den Ophidiern zusammen. Der Recurrens ist hier in Folge der weiten Entfernung des Herzens und des Aortenbogens vom Kopf sehr lang ausgezogen. Er läuft, nachdem er den Aortenbogen umfasst hat, zur Trachea, hier nach vorn und dann in den Stamm des Vagus zurück. In ihm bleibt er bis zur Abgangsstelle des Laryngeus superior und verlässt ihn dann gemeinsam mit letzterem. Der aus der Vereinigung von Laryngeus superior und recurrens entstandene Stamm (Laryngeus communis) zieht dann weiter nach vorn zum Kehlkopf (vergl. 1, (& ©, IE Waal)) Sogar der Glossopharyngeus ist bei den Reptilien in Beziehung zum Kehlkopf getreten. Bei vielen (Ophidier, Crocodile) bekommt der Stamm des Laryngeus superior resp. communis einen oder mehrere Aeste aus der Bahn der Glossopharyngeus, die in anderen Fällen (Platydactylus) erst dicht am Kehlkopf selbst mit den beiden anderen Aesten in Verbindung treten. Auch der Glossopharyngeus nimmt dann Antheil an einer von FIscHER entdeckten ventralen Commissur, die die Kehlkopfnerven beider Seiten mit einander in Verbindung setzt. Schon bei Amphibien, und zwar bei Siren, ist sie von FISCHER als Anastomose der Kehlkopfäste beider Seiten beschrieben worden. Ueber die functionelle Bedeutung der 3 Nerven kann ein Zweifel wohl kaum bestehen. Die Musculatur gehört dem Recurrens; Laryngeus superior und Glossopharyngeus sind für den Kehlkopf nur sensible Nerven, die erst zu ihm gelangten, nachdem der Larynx auf seiner Verlagerung nach vorn ihr Gebiet erreichte. 12* 80 * 624 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 92 Ill. Säugethiere. = Bei den Säugethieren sind der Laryngeus superior und der Endast des Recurrens (Laryngeus inferior) die Kehlkopfnerven. Dazu kommt noch der von Exner als Laryngeus medius beschriebene Nerv. EXNER schilderte ihn bei Kaninchen, beim Hund und Menschen. Bei den beiden ersteren geht er von dem Ramus pharyngeus nervi vagi ‘ab, beim Menschen löst er sich aus dem Plexus pharyngeus, tritt in den Crico- thyreoideus und betheiligt sich neben dem R. externus laryngei superioris an dessen Innervation. Lange Zeit war die Bedeutung der Laryngeus superior und inferior für den Kehlkopf strittig (vergl. die historischen Bemerkungen bei Oxopi). Es handelte sich um die Frage, inwieweit auch der Laryngeus superior an der Innervation der inneren Kehlkopfmuskeln Antheil nimmt. In neuerer Zeit trat namentlich EXNER (1884) in einer auf sehr mühsamen Untersuchungen basirenden Publication für eine doppelte Innervation der meisten Kehlkopfmuskeln durch Laryngeus superior und inferior ein. Er glaubte sogar, dass ein Theil der Muskeln auch von den Fasern des Laryngeus superior der anderen Seite innervirt werde. So soll z..B. der Crico-arytaenoideus posticus ausser von beiden Kehlkopfnerven seiner Seite noch in manchen Fällen vom anderseitigen Laryngeus superior innervirt werden. Die Exner’schen Angaben beruhen in erster Linie auf Beobachtungen von Degenerations- erscheinungen an Muskeln, die nach Durchschneidungen der Nerven eintraten. Dabei wurden minutiöse Untersuchungen des Verlaufes der Nerven vorgenommen. Gegen die Exner’sche Auffassung ist neuerdings die Auffassung, dass der Laryngeus superior mit seinem Ramus externus nur den Crico-thyreoideus anticus versieht, mit seinem R. internus rein sensibel ist, die inneren Kehlkopfmuskeln aber zum Recurrens gehören (Dilatator und Constrictoren), durch ONoDI von neuem begründet worden, so dass nunmehr wohl kaum ein Zweifel an ihrer Richtigkeit bestehen kann. Es handelt sich um Reizversuche, die dieses Resultat ergeben haben, und zwar um Versuche, die bis ins Einzelne auch die Zweige der Nerven zur Prüfung heranzogen. Dieses Ergebniss steht auch offenbar mit den klinischen Erfahrungen in Uebereinstimmung. ß Damit ist natürlich die Thatsache, dass ExNER auch nach Durchschneidung des Laryngeus superior Degenerationserscheinungen beobachtete, nicht aus der Welt geschafft und verlangt eine Erklärung. So viel scheint aber auch fest zu stehen, dass Muskelentartungen nicht als regelmässige Folgen der Zer- störung des oberen Kehlkopfnerven auftreten. An der Innervation der Kehlkopfschleimhaut betheiligen sich beide Laryngei und dünne Zweige des Ramus externus laryngei sup. und des Laryngeus medius. Das sensible Gebiet des Laryngeus superior schliesst sich dabei unmittelbar an das des Glossopharyngeus an. Die mit Hülfe des Experimentes gelungene Feststellung der Zugehörigkeit der sog. inneren Kehlkopfmuskeln zum Recurrens befindet sich in Uebereinstimmung mit den Erfahrungen der vergleichenden Anatomie, denen zufolge ursprünglich der ganze Kehlkopf vom Recurrens versorgt wird, also auch seine Muskeln ausschliesslich von ihm innervirt werden. Die Muskeln erfahren keinen Zuwachs aus anderen Nervengebieten, sie bleiben in der ganzen Thierreihe homolog, während die Vorlagerung des Kehlkopfes es erklärlich macht, dass auch ein vorderer Ast der Vagus an der sensiblen Innervation Antheil nimmt. Dass dieses Verhalten nicht durch die einfache anatomische Untersuchung festgelegt werden konnte, erklärt sich aus der mehrfachen Verbindung, welche die Zweige beider Nn. laryngei mit einander eingegangen sind. Auch die gekreuzte Innervation von Kehlkopfmuskeln wird jetzt nicht mehr aufrecht erhalten werden können. Nur für die Interarytaenoidei mag sie zu Recht bestehen, da bier thatsächlich Muskelfasern der einen Seite auf die andere übergetreten sind (s. p. 614), um die mediane Raphe zum Schwinden zu bringen. 93 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 625 In dem Laryngeus superior der Säuger finden wir den Ramus branchialis I nervi vagi, also den Nerv des vierten Visceral- (zweiten Kiemen-)Bogens wieder. Er ist also dem gleich bezeichneten Nerven der Reptilien homolog. Wie oben mitgetheilt wurde, hat FRORIEP die Natur des Nerven als Nerv des zweiten Kiemenbogens bei Rindsembryonen erkannt!). Auch bei den von mir untersuchten Embryonen von Echidna ist er, wie bereits geschildert (s. p. 566), als Ramus posttrematicus im vierten Bogen (zweiten Kiemenbogen) gefunden worden (Textfigur 24 und Fig. 19, Taf. XIX N.lar. sup ). FRORIEP hat ferner noch einen, wie es scheint, vergänglichen zweiten Branchialast des Vagus bei Embryonen des Rindes gefunden, der bei meinen Echidna-Embryonen nicht mehr sichtbar war. Es ist derselbe Nerv, der unter den Reptilien nur noch bei den Sauriern erhalten bleibt (Textfigur 52 X 2), bei allen anderen aber bereits der Rückbildung verfallen ist. Der dritte Branchialast des Vagus (Nerv des sechsten Visceral- [vierten Kiemen-]Bogens fehlt ebenso wie bei den Reptilien völlig, während als vierter der Reihe (Nerv des siebenten Visceralbogens) auch bei den Säugern der Recurrens sich darbietet (vergl. p- 567 und Textfigur 24 und Fig. 23, Taf. XX N.ree). Bei Echidna und Ornithorhynchus tritt der Laryngeus superior am ventralen Rand des die Valvulae pharyngo-oesophageae stützenden freien Endes des ersten Thyreoidbogens zum Kehlkopf heran und zieht unter der die pharyngeale Fläche desselben deckenden Schleimhaut nach vorn und medianwärts (Taf. XVII und XVIII, Fig. 3 und 14 N.lar.sup.). Er liegt dabei in der Einbuchtung zwischen dem Ende des genannten Bogens und dem bei Ornithorhynehns starken, bei Echidna nur schwachen Muskelfortsatz (Pre. muse. th. ; vergl. Taf. XVIII, Fig. 8 und 9). Wie namentlich aus Fig. 3 hervorgeht, benutzt der Nerv den Raum zwischen den Enden des ersten und des zweiten Thyreoidbogens zum Eintritt in das Gebiet des Kehlkopfes wie bereits Dugoıs mittheilte. Schon bei Embryo 43, bei welchem der Laryngeus superior typisch als Nerv des vierten Bogens vorliegt (Taf. XIX, Fig. 19), ist der Ast zum Kehlkopf an die Hinterseite der Anlagen des ersten Thyreoid- bogens zu verfolgen (Taf. XIX, Fig. 20 rechte Seite), während ein weiterer Zweig an der Vorderfläche jener Anlage, also dicht hinter der dritten Kiemenspalte weiterzieht (Taf. XIX, Fig. 21). An der Stelle, an der der Nerv den Rand des ersten Thyreoidbogens passirt, entsendet er den Zweig für den Musculus interthyreoideus (Taf. XVII, Fig. 3). Von den weiteren Aesten ziehen mehrere nach vorn zur Epiglottis und zur Seite derselben (Taf. XVIII, Fig. 14, I5, 16). Ein Zweig erreicht den Kehlkopf- eingang selbst und versorgt hier die Schleimhaut. Ein anderer Zweig trat in die ventrale Schliess- musculatur ein. Ich konnte ihn durch die ganze Dicke derselben bis zur Schleimhaut der inneren Theile des Larynx verfolgen. Verbindungen mit dem Laryngeus inferior fand ich nur bei Echidna. Bei Ornithorhynchus mögen sie mir entgangen sein. Hier bekam ein in den M. thyreo-crico—=arytaenoideus eintretender Ast einen Zweig aus der Bahn des Laryngeus superior (Taf. XVIII, Fig. 16). Es ist bekannt, dass die Eintrittsstelle des N. laryngeus superior zum Kehlkopf innerhalb der Säugethierreihe eine verschiedene ist. Ich verweise hierbei auf die Angaben bei Dusoıs. Entweder tritt ı) Dusoıs (1886) erklärt sich auch für die branchiale Natur der N. laryngeus superior und recurrens. Er hielt aber den Laryngeus superior für den Nerv des dritten Kiemenbogens, also fünften Visceralbogens, wenigstens dann, wenn er zwischen zweitem und drittem Kiemenbogen (also zwischen den Bestandtheilen des Thyreoids) hindurchtritt. Dazu war er vollkommen berechtigt, solange er die Lagerung des Nerven an der Vorderseite des vierten Gefässbogens (vergl. Textfigur 24, p. 565) nicht berücksichtigte, die den Nerven zweifelsohne als Ramus posttrematicus des vierten Bogen (zweiten Kiemenbogen) erkennen lässt; sonst würde man wohl daran denken müssen, dass in dem Nerven der Ramus praetrematicus des folgenden Branchialnerven vorliegt. Dusois hielt aber eine wenigstens theilweise Erhaltung der Nerven des zweiten Kiemenbogens für möglich. Wenn er im Recurrens den Nerv des vierten Kiemenbogens erblickt, so muss diese Auffassung aufgegeben werden, da ja mit Sicherheit der des fünften Kiemenbogens (siebenten Visceralbogens) in ihm vorliegt. 626 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 94 der Nerv zwischen den beiden Bogen des Thyreoids (resp. durch das Foramen thyreoideum) oder zwischen Thyreoid und hinterem Horn des Zungenbeins durch. In anderen Fällen benutzt er mit 2 Aesten beide Stellen, ein Verhalten, das als Varietät auch beim Menschen vorkommt. Eine specielle Untersuchung würde zur Aufklärung dieses Verhaltens wünschenswerth sein. Von vornherein wird man geneigt sein, den doppelten Eintritt als das ursprüngliche Verhalten anzusehen. Der vor dem ersten Thyreoidbogen laufende Zweig entspricht ganz der Bahn, den der Stamm des Ramus branchialis primus nervi vagi bei Siredon einschlägt (Textfigur 50 X 2). Der an die Hinterseite des ersten Thyreoidbogens ziehende Ast müsste als ein Seitenzweig aufgefasst werden, der in einzelnen Fällen das ganze Endgebiet übernimmt, in anderen neben dem Hauptstamm besteht, in einer dritten Reihe von Fällen verloren geht. Ob dies mit verschiedenen Etappen der Vorschiebung des Kehlkopfes in Zusammenhang steht, bleibt noch zu entscheiden. Der Laryngeus inferior (Recurrens) [Taf. XVII und XVIII, Fig. 6, 7 und 15—17 N.ree.| gelangt an der Seite der Trachea nach vorn in den Bereich des Cricoids und läuft hier an der Aussenseite des Musculus thyreo- cricoideus, den er innervirt, vorüber, dann tritt er ventral von der Crico-thyreoid-Verbindung vorbei zwischen zweitem Thyreoidbogen und Ringknorpel hindurch und gelangt damit an die Unterseite des Dilatator laryngis. Schon vorher löst sich vom Stamm ein Zweig ab, der den Dilatator versorgt. An der Stelle, an der der Nerv unter dem Thyreoidbogen hindurchzieht, vertheilt er sich zum dorsalen Theil der Schliess- musculatur (M. ary-crico — procricoideus) und zum ventralen M. thyreo-crico — arytaenoideus und findet, in letzteren eintretend, sein Ende. Schon Dusoıs hat besonders darauf hingewiesen, dass der Laryngeus inferior der Aplacentalier an der Ventralseite, der der Placentalier an der Dorsalseite der Thyreo-cricoid-Verbindung vorbeizieht. Wie er auseinandersetzte, handelt es sich hierbei um eine Differenz in der Localisation der Anheftung des zweiten Thyreoidbogens am Ringknorpel, nicht um einen verschiedenen Verlauf des Nerven. Schlussbetrachtung. Nachdem in den einzelnen Abschnitten der Arbeit die speciellen Resultate genügend hervorgehoben wurden, wird es sich zum Schluss nur noch darum handeln, einige Ergebnisse allgemeiner Art hier zusammenzufassen und hervorzuheben. Vergleicht man die bei Echidna und bei Ornithorhynchus erhobenen Befunde mit einander, so ergiebt sich, dass fast in allen Punkten, in denen Verschiedenheiten zwischen beiden Arten hervortreten, Zchidna den primitiven Zustand erhalten hat. Man betrachte z. B. den Kehlkopfeingang: bei Ornithorhynchus ist die Epiglottis viel vollkommener dem Aditus laryngis angeschlossen als bei Echidna (Taf. XVII, Fig. ı und 3); ferner die Gestalt des Epiglottisknorpels beider Arten: nur bei Echidna ist die ausgesprochene Paariskeit erhalten (Taf. XVIII, Fig. 15 und 16), bei Ornithorhynchus in Zusammenhang mit dem beginnenden Anschluss an den oberen Thyreoidrand unterdrückt. Am Thyreoid ist der zweite Bogen bei Ornithorhynchus schon er- heblich weiter gegen den ersten verlagert als bei Echidna (Taf. XVIIL, Fig. 8 und 9). Das Fehlen des dorsalen Abschlusses des Ringknorpels, der Mangel einer Abgrenzung desselben gegen das Trachealskelet (Taf. XVII, Fig. ıı und 13) zeigen endlich bei Echidna auch dieses Skeletstück im Rückstand gegenüber seiner Ent- wickelungsstufe bei Ornithorhynchns (Taf. XVIII, Fig. 12 und 17). Damit bestätigt sich am Larynx eine Erfahrung, die sich auch bei der Untersuchung anderer Organsysteme den Beobachtern aufdrängte. Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 627 Ne) [971 Die bisher bekannt gewordenen Verschiedenheiten zwischen beiden Gattungen der Monotremen, bei denen Echidna primitiveren Charakter bewahrt hat, sind nur zum Theil direct auf Verschiedenheiten in der Lebensweise zurückzuführen. Hierzu würde das Fehlen eines Beutels, bestimmt die Folge einer Rück- bildung '), ferner die Ausgestaltung der Kaueinrichtungen (GEGENBAUR) bei Ornithorhynchus zu rechnen sein. In anderen Fällen bestehen derartige unmittelbare Zusammenhänge mit der Lebensweise nicht. So zeigt Echidna z. B. in der Structur der Leber einen noch ausgesprochen tubulösen Bau, der bei Ornithorhynchus bereits so gut wie ganz aufgegeben ist (H. Braus). Entsprechende Erfahrungen ergaben sich nach HOCHSTETTER mehrfach am Gefässsystem. Im Bereich der Musculatur traf ich selbst den Obliquus superior oculi von Echidna in primitiverem Verhalten als bei Ornithorhynchus (Morphol. Jahrb., 1894). In die gleiche Gruppe von Erscheinungen fallen die am Kehlkopf festgestellten Verschiedenheiten. Ornithorhynchus ist offenbar in manchen Theilen seiner Organisation einen Schritt weiter auf der von der Entwickelung der Säuger eingeschlagenen Bahn als Echidna. Auf der anderen Seite besitzt auch Echidna ganz specialisirte Einrichtungen, die keineswegs primitiven Charakter tragen, man denke z. B. nur an die Gestaltung des Schädels, an die wurmförmige Zunge, an das Stachelkleid, das wiederum das Verhalten des Panniculus carnosus weitgehend beherrscht (vergl. G. RuGE b), das braucht kaum besonders betont zu werden und thut der Gesammtbeurtheilung ihres Baues als eines verhältnissmässig primitiven keinen Eintrag. Gegenüber den Verschiedenheiten, welche zwischen beiden Monotremen bestehen, fallen auf unserem Gebiet ihre Uebereinstimmungen um so mehr in die Augen. Die Lage des Larynx hinter dem Velum palatinum, der Aufbau des Thyreoids aus zwei sowohl im fertigen Zustand wie durch die Entwickelung deutlich charakterisirten Visceralbogen, das Verhalten des Epiglottisknorpels, die Anordnung der Musculatur sind Eigenschaften, welche die Monotremen mit den höheren Säugethieren verbinden, sie dagegen scharf von den Reptilien trennen. Vielfach sind die Monotremen dabei primitiver als die Placentalier und öfters auch als die Marsupialier. Hierher gehört das Fehlen des Arcus palato-pharyngeus und der hintere Abschluss der Mund- höhle durch Plicae palato-epiglotticae, denen ausserhalb des Schluckactes die Unterfläche des weichen Gaumens auflagert (Taf. XVII, Fig. 3-5 Pl.pal.ep.). Besonders fällt die Ursprünglichkeit des Aufbaues des Thyreoids in die Augen, an dem die Copula und 2 Bogenpaare noch ganz distinct zu unterscheiden sind (Taf. XVII und XVIII, Fig. 6—-ı1). Ein zweites Beispiel bietet der Dilatator laryngis, der bei den Monotremen wie auch bei den Marsupialiern die Verlagerung seines Ursprunges vom letzten Thyreoidbogen auf das Cricoid noch nicht vollendet hat (Taf. XVIII, Fig. 14 und 16 Dil.). Auch das Fehlen eigentlicher Stimm- bänder ist hier anzuführen. Auf der anderen Seite ist aber die Entwickelung der Monotremen mehrfach eigene Wege gegangen, und Eigenthümlichkeiten der Organisation, die man keineswegs als primitiv deuten kann, unterscheiden die Gruppe von den übrigen Mammaliern. Eine derartige Besonderheit bilden die hoch entwickelten Klappen an der unteren Grenze des Pharynx, die Valvulae pharyngo-oesophageae (Taf. XVII, Fig. 1-3 und 5 Yalv. phar.-oes.), denen nur bei einzelnen höheren Säugern verhältnissmässig unbeträchtliche Falten entsprechen (Textfigur 22 pl., p. 554). Bemerkenswerth ist endlich, dass bestimmte Eigenthümlichkeiten Marsupialier und Monotremen ver- binden und von den Placentaliern unterscheiden. Als Beispiele führe ich das Verhalten der Schliess- ı) Eine ausführliche Begründung der Ansicht, dass das Fehlen des Beutels bei Ornithorhynchus auf einer Rückbildung beruht, gab G. RuGE (1895). Auch H. KLAATSCH, der eine abweichende Auffassung der Genese des Marsupiums vertritt, führt aus, dass das Fehlen jedes Brutbehälters einen secundären Zustand bildet (1895). 628 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 96 musculatur an. Die starke Ausbildung des dorsalen Theiles derselben (M. ary-crico = procricoideus) ist für die Aplacentalier den Placentaliern gegenüber ganz charakteristisch (Taf. XVIII, Fig. 15 und 16, s. p. 614). Das Gleiche gilt von der Befestigung des Thyreoids am Cricoid, die bei den Aplacentaliern dorsal (Taf. XVIL, Fig. 6 und 7), bei den Placentaliern ventral vom Laufe des Nervus recurrens erfolgte. Man könnte versucht sein, auch die dorsale Verbindung zwischen beiden Arytänoiden hierher zu rechnen (Taf. X VIII, Fig. 12 und 13), die embryonal beide Knorpel sogar direct in einander übergehen lässt (Taf. XX, Fig. 30). Wir sahen aber, dass das Procricoid (wenigstens das vordere) von jener Knorpelbrücke aus entstanden ist. Da nun das Procricoid sich auch bei Placentaliern in weiter Verbreitung findet, wird man anzunehmen haben, dass bei ihren Vorfahren gleichfalls der Zusammenhang zwischen beiden Arytänoiden bestand, wofür thatsächlich auch noch Befunde bei Carnivoren, Ungulaten und Prosimiern sprechen (s. p. 593 u.). Die Besonderheiten am Luftweg und an seiner Nachbarschaft, welche die Monotremen mit den übrigen Säugern in Uebereinstimmung zeigen, trennen sie von den Reptilien. Sie sind also weit entfernt davon, die Kluft zwischen beiden Klassen der Amnioten zu überbrücken. Ebensowenig wie die Reptilien kann man aber auch Vertreter der heutigen Amphibien in directe Beziehung; zu den Vorfahren der Säuger bringen. Am einleuchtendsten tritt dies am Thyreoid zu Tage. Unter den Amphibien und Reptilien giebt es keine Art, deren Visceralapparat noch alle die Theile besitzt, welche, allerdings mannigfaltig modificirt, im Thyreoid der Säuger vorliegen. Die Besonderheit des zu den jetzigen Säugethieren führenden Stammes muss sich also schon in einem Stadium der Phylogenese herausgebildet haben, in welchem das Visceral- skelet noch in einer sehr vollständigen Weise erhalten war. Wenn wir dabei an die Ableitung des Epiglottisknorpels von einem Kiemenbogen denken, so müssen damals noch 4 Kiemenbogen in ursprüng- licher Entwickelung existirt haben. Es können also nur amphibienartige Formen gewesen sein, auf welche die Stammreihe der Säuger direct zurückgeht. Diejenigen der heutigen Amphibien, welche primitivere Charaktere bewahrt haben, werden in ihnen den Stammformen der Säugerreihe verhältnissmässig nahestehen. So kommt es, dass wir z. B. den Urzustand der Kehlkopfmusculatur der Säuger allein bei denjenigen Amphibien erkennen können, die hier auch für die Amphibienklasse die grösste Ursprünglichkeit besitzen (p. 615). Es ist bekannt, dass in neuerer Zeit die Vergleichung aller Organe dieselben Grundanschauungen über die Herkunft der Säuger ergeben hat, welche auch aus der Betrachtung des uns hier beschäftigenden Organsystems resultiren. Man vergleiche die Angaben GEGENBAUR’s in seiner vergleichenden Anatomie, der Wirbelthiere (1898, Bd. I, p. 67), HAEckEL’s, in: Zur Phylogenie der australischen Fauna (1893), und dann die ausführlichen Darlegungen, welche FÜRBRINGER in den Untersuchungen: Zur vergleichenden Anatomie des Brustschulterapparates und der Schultermuskeln (IV. Theil) niedergelegt hat. Er postulirt hier die ehemalige Existenz einer Gruppe von Proamphibien (Protetrapoden), aus denen sich in divergenter Richtung drei Stämme, die Vorfahren der heutigen Amphibien, die Prosauropsiden und die Promammalia, abzweigten. Betrachtet man die Darstellung der einzelnen Theile des Larynx, etwa die der Musculatur, so wird man überall weitere Belege für die Richtigkeit dieser Vorstellung antreffen. Wenn man an der Auffassung vom Bestehen dreier seit frühen Perioden der Erdgeschichte selbständig neben einander sich entwickelnder Stämme von Tetrapoden festhält, so wird man wohl um so, grössere Aufmerksamkeit den ungemein mannigfachen Uebereinstimmungen, die wir im Bau des Kehlkopfes zwischen ihnen antreffen, zuwenden. Sie charakterisiren sich deutlich genug als Convergenzerscheinungen. In einer Reihe von Fällen wird mit verschiedenen Mitteln Aehnliches erreicht. Hierzu ist z. B. die Inanspruchnahme von Theilen des Visceralskelets, die durch die Vorlagerung des Larynx in seinen Bereich gelangen, zu rechnen. Unter sich nicht homologe Theile werden bei Anuren, Reptilien und Säugern, als 97 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 629 Schutz, Unterlage, Ursprungsstelle von Muskeln, als „Thyreoid‘“‘ verwendet. Mehrfach entsteht für die Epiglottisfalte eine knorplige Stütze, sie liefert aber für die Sauropsiden das Cricoid, für die Säuger wahr- scheinlich ein sechster Visceralbogen. In anderen Fällen sind auch Mittel und Wege die gleichen, und das Ergebnis ist eine um so auf- fallendere Uebereinstimmung. Die Ausbildung einer Epiglottisfalte gehört hierher, die bei einzelnen Sauriern (Agamen Textfigur 4, p. 539) der Säugerepiglottis ungemein ähnlich sehen kann. Polyphyletisch vollzog sich sicher auch der Anschluss des Aditus laryngis an die durch einen Ductus naso-pharyngeus nach hinten fortgesetzte Nasenhöhle. Dieser Anschluss ist ja keineswegs eine Besonderheit der Säuger, sondern findet sich in weiter Verbreitung unter den Sauropsiden (s. p. 542 ff.). Freilich handelt es sich hier vielfach noch um sehr unvollkommene Einrichtungen; der Ductus naso-pharyngeus bedarf einer Ergänzung seines Bodens durch den Zungenrücken, bei anderen dagegen liegt er vollendet vor, und nur in der speciellen Ausführung ergeben sich Verschiedenheiten von den Säugethieren. Besonders auffällig sind die Convergenz- erscheinungen im Gebiet der Musculatur. Die allmähliche Uebertragung des Ursprunges des Dilatator laryngis von der Nackenfascie auf Theile des Visceralskelets, schliesslich auf das Cricoid, ist mehrfach in der Thierreihe erfolgt, und hat jedesmal, bei Amphibien, Sauropsiden und Säugern in etwas verschiedener Weise zum gleichen Ziel geführt. Mehrfach vollzog sich die Umgestaltung des viertheiligen Constrictoren- systems in eine ringmuskelartige Bildung. Auch die specielle Ausbildung der Theile der Cartilago lateralis ist mehrfach in durchaus ähnlicher Weise von Statten gegangen. Ueberall treffen wir parallele Entwickelung nicht nur zwischen den drei Klassen, sondern auch innerhalb derselben und gar manches, was hier als Homologie erscheinen könnte, dürfte eine Convergenzerscheinung sein, zu Stande gekommen durch gleich- artige Inanspruchnahme ähnlicher Theile. Literatur-Verzeichniss. AusgrecHt, H., Beitrag zur vergleichenden Anatomie des Säugethier-Kehlkopfes. Sitzungsberichte der Kaiserl. Akademie d. Wissensch., Mathemat.-naturwissensch. K]., Bd. CV, Jahrg. 1896, Abth. III, Wien 1896. Arrıs, Epw., Puerrs, The cranial muscles and cranial and first spinal nerves in Amia calva, Journ. of Morphology, Vol. XII, Boston 1897. Arnorv, Fr., Handbuch der Anatomie des Menschen, Bd. II, Freiburg 1851. Van Bemurten, J. F., Beiträge zur Kenntniss der Halsgegend bei Reptilien, I. Anatom. Theil, 1887. 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Der Kehlkopfeingang und seine Umgebung. . Amphibien und Reptilien . Säugethiere. a) Monotremen . b) Marsupialier und Placentalier Zusammenfassung und Schluss. Anhang: der Binnenraum des Kehlkopfes der Monotremen. Zweiter Theil. Das Skelet des Kehlkopfes. a) Fertiger Zustand bei den Monotremen b) Entwickelung der Cartilago thyreoides ı) Die Visceralbogen junger Echidna-Embryonen 2) Spätere Stadien der Entwickelung des Thyreoids von Echidna 3) Entwickelung des Hyoids bei Echidna 4) Entwickelung des Thyreoids bei höheren Säugethieren c) Ableitung des Thyreoids . Cartilago epiglottidis (und C. cuneiformis [Wrisbergii]) . a) Gestaltung und Befestigung des Epiglottisknorpels . 1) Monotremen . 2) Marsupialier und Placentalier 3) Verlag © a os ao a no 0 mo 6 b) Histologische Beschaffenheit des Epiglottisknorpels . c) Entwickelung des Epiglottisknorpels d) Ableitung des Epiglottisknorpels . PER: acer Primäres Laryngo-trachealskelet (Cartilago lateralis und ihre Abkömmlinge [Arytänoid, Cricoid und Trachealringe]) . a) Amphibien und Reptilien b) Monotremen . ı) Fertiger Zustand . 2) Entwickelung c) Zusammenfassung. Herkunft der Cartilago lateralis 633 634 Beiträge zur vergleich. Anatomie des Kehlkopfes mit bes. Berücksichtigung der Monotremen. 1o2 Seite Dritter Theil. Die Musculatur des Kehlkopfes. 1. Dilatatomlaryıngls 2 a een ee ee Er 003; a)PAmphibien@und@Reptilie ne ur Bar Br Er Beer Er BE EEE re er ae u Er Er Er 6053 b)ISäugethiere 3, Zusam entas SUN u Br Br BEE Be Er Er er BE Er Er SEE 000) 11. Genstrietozes lanyngusı 2 190 2 rn Er CS a) AmphibienkundaReptilier er Er re er Er re EEE 6 9 b)ESAugethiere,se Zusam m entasste gr Er Er Er SE EEE 01102: III. Musculus thyreo-cricoideus er ln ee Re pe ee ee ee ER G'T15, IV. Entwickelung der ae, Fa Enno 0° O6 Vierter Theil. Die Nerven des Kehlkopfes. l..Ampihibien. „eur Ru a I, a De TR 0113) I1..Reptilien.nsl ser sea Er RE (0272: IT. Säugethiere., 20 ae ee ee 2713 Schhlussbetrachtung. „2 ze a a oe Se 0.0) Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. Von Dr. Alfred Denker in Hagen i. W. Mit Tafel XXI und XXII und 2 Figuren im Text. Diisn die eingehenden Untersuchungen deutscher, österreichischer, englischer und niederländischer Anatomen und Zoologen sind die complicirten Fortpflanzungsvorgänge, der anatomische Bau des Skelets, die makroskopische Anatomie des Gehirns und das Gefässsystem der sowohl in ontogenetischer als auch phylogenetischer Beziehung so ausserordentlich interessanten Klasse der Monotremata descriptiv und ver- gleichend-anatomisch erforscht worden. Auch das Gehörorgan der Kloakenthiere ist von verschiedenen Autoren anatomisch bearbeitet worden: aus der älteren Zeit seien die Arbeiten von J. F. MECkEL, E. HoMmE, HyrTL und IsBsen erwähnt, während in den letzten Jahrzehnten einzelne Theile des Monotremenohres durch RÜDINGER, ZUCKERKANDL, PRITCHARD, RUGE, ESCHWEILER, TANDLER und HocHSTETTER eine sorgfältige Bearbeitung erfahren haben. Die Aufgabe der nachstehenden Ausführungen soll es sein, an der Hand von Präparaten, deren Zeichnungen der Arbeit beigefügt sind, einen Beitrag zur makroskopischen Anatomie des Gehörorgans der beiden Repräsentanten der Promammalier zu liefern und die gewonnenen Untersuchungsergebnisse zu ver- gleichen mit den anatomischen Verhältnissen des Gehörs der Säugethiere und der Reptilien. Das für meine Studien erforderliche werthvolle Material gehört zum grössten Theile zu den Sammlungen des Herrn Prof. Dr. SEMON und wurde mir durch Herrn Geh. Hofrath Prof. Dr. FÜRBRINGER in Jena zur Verfügung gestellt. Das Schläfenbein des Schnabelthieres, welches zum Ausguss des inneren Ohres benutzt wurde, stammt aus der Sammlung des holländischen Zoologen Herrn Dr. Van BEMMELEN im Haag, der so liebens- würdig war, mir für meine Studien am Gehörorgan des genannten Thieres eine Schädelhälfte zu überlassen. Es sei mir gestattet, den drei genannten Herren auch an dieser Stelle für das gezeigte freundliche Entgegen- kommen meinen herzlichsten Dank auszudrücken. Echidna hystrix. I. Das äussere Ohr. Während bei den meisten Säugethieren das äussere Ohr sich aus drei Bezirken: der Ohrmuschel, dem knorpeligen und dem knöchernen Gehörgange zusammengesetzt, fehlt der Meatus auditorius externus osseus wie bei Pteropus edulis, Erinaceus europaeus, Phocaena phocaena auch bei Echidna hystriv. Die Ohr- muschel des Ameisenigels ragt nach aussen nicht über ihre Umgebung hervor; ihr Knorpelgerüst ist nach ‚den eingehenden Untersuchungen Ruce’s als eine directe Fortsetzung des Gehörgangknorpels zu betrachten. Der medialwärts gelegenen, flach ausgehöhlten Ohrmuschel gegenüber befindet sich lateral eine nur schwach entwickelte Ohrklappe. Der knorpelig-häutige Gehörgang stellt eine etwa 4'/, cm lange, cylindrische Röhre dar, welche von ihrer medialen Befestigung aus sich zunächst ventralwärts wendet, dann nach vorn Jenaische Denkschriften. VI. 14 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 82 638 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 106 3° und aussen bis über die Hälfte ihrer Länge hinaus umbiegt und schliesslich ca. 2 cm weit dorsalwärts und caudalwärts verläuft. Die ganze Länge des Gehörganges durchzieht als Gerüst ein einheitlicher Knorpel- streifen, der von Ruce als eigentliche Stammplatte des Meatus bezeichnet wird. Dieser Knorpelstreifen entsendet senkrecht zu seiner Längsrichtung eine grosse Anzahl von Knorpelfortsätzen, durch welche ein Collabiren der Gehörgangswandungen verhindert wird. Abweichend von der bei den Säugethieren üblichen Befestigungsart des knorpeligen Gehörganges am Os tympanicum und Os squamosum ist die Fixation des Meatus cartilagineus bei beiden Monotremenfamilien. RUGE hat nachgewiesen, dass bei Echidna hystrix der äussere Gehörgang sich nicht am Annulus tympanicus befestigt, sondern hervorgeht aus einer am innern concaven Rande des Paukenringes angehefteten, annähernd horizontal gestellten Knorpelplatte; diese Platte (tympanale Schlussplatte) ist nach Ansicht des genannten Forschers unzweifelhaft ein Product des zweiten primären Bogens des Visceralskelets, und da sich aus derselben der Gehörgang entwickelt, dürfte das ganze Knorpelskelet des äusseren Obres beim Ameisenigel als ein Derivat des Hyoidbogens aufzufassen sein. Bezüglich der genaueren Einzelheiten über diese interessanten genetischen Beziehungen des Zungen- beinbogens zu dem äusseren Ohr verweise ich auf die ausführliche Arbeit Ruge’s, deren Ergebnisse ich, soweit es an dem mir zur Verfügung stehenden Material möglich war, bestätigen konnte. 2. Das Mittelohr. Für die Erforschung der Höhlenanatomie des Gehörorgans giebt es keine bessere Methode als das Studium eines sämmtliche Hohlräume umfassenden Ausgusses des Schläfenbeins resp. der Schädelknochen, welche sich an der knöchernen Umgrenzung des akustischen Organs betheiligen. Die Herstellung eines derartigen Knochencorrosionspräparates war bei dem Gehörorgan von Bchidna hystrix aus dem Grunde nicht möglich, weil ein knöcherner äusserer Gehörgang nicht existirt, und weil die Paukenhöhle nicht an allen Wänden knöchern, sondern zum Theil durch Weichtheile abgeschlossen ist. Ich habe mich deswegen auf einen Ausguss des inneren Ohres beschränken müssen und werde versuchen, das Wesentlichste der makroskopischen Anatomie des Mittelohres an der Hand von Knochenpräparaten, Trockenpräparaten nach SEMPER-RIEHM und nach histologischen Schnitten zu beschreiben. Das Cavum tympani. Eine knöcherne Paukenhöhle existirt eigentlich beim Ameisenigel nicht, sondern es befindet sich bei diesem Thiere an Stelle des menschlichen Cavum tympani eine flache, dreiseitige Grube mit umgestülpten Rändern, die nach unten und aussen abgeschlossen ist durch den bindegewebig mit ihr verbundenen Annulus tympanicus, den Processus longus mallei und das Trommelfell mit den Manubrium mallei. Obgleich _ diese Grube an der Schädelbasis liegt und fast gänzlich nach unten und nur wenig nach aussen schaut, werde ich der leichteren ÖOrientirung wegen, wie wir es auch beim menschlichen Schläfenbein gewöhnt sind, bei der folgenden Beschreibung der Räumlichkeiten des Mittelohres und der Gehörknöchelchen die Bezeichnungen so wählen, als ob die mediale Paukenhöhlenwand und das Trommelfell sich in einer Verticalebene befänden. Die drei Ränder der Paukengrube sind nach vorn-oben (oralwärts), nach hinten (occipital) und nach unten (medial) und wenig nach vorn gerichtet; am höchsten erhebt sich der untere Rand, während der vordere obere am niedrigsten bleibt. In der hinteren unteren Ecke befindet sich ein Spalt, durch welchen Gefässe und Nerven von der Basis cranii her in die Paukenhöhle eintreten. In der vorderen Ecke entsteht durch die Umstülpung des unteren (medialen) Randes ein kleines Grübchen. Am wichtigsten 107 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 639 ist die obere Ecke, wo sich durch das Zusammentreten und die Umstülpung des hinteren (occipitalen) und des vorderen oberen (oralen) Randes ein Recessus epitympanicus bildet, der den grössten Theil der Gehör- knöchelchen, das Vorhofsfenster und den Facialiskanal aufnimmt. Derselbe ist durch eine bindegewebige Scheidewand von der eigentlichen Paukenhöhle getrennt und communieirt mit derselben nur durch eine im vorderen Theil des Cavum tympani gelegene Oefinung. Von der hinteren (occipitalen) Wand des Recessus führt in der Richtung nach hinten, innen und etwas nach unten ein weiterer Kanal in die obere Schädelgrube (entsprechend der menschlichen hinteren Schädelgrube), in dessen medialer Wand sich die Fenestra cochleae befindet. Bei der Beschreibung des oberen Paukenhöhlenraumes werde ich auf diese eigenartige Localisation des Schneckenfensters noch zurückkommen. a) Der Annulus tympanicus und die Membrana tympanı. Während der Annulus tympanicus beim Menschen und den meisten Säugethieren (eine Ausnahme macht das Schläfenbein von Pieropus edulis, Phocaena phocaena und Erinaceus) sich in den späteren Lebens- jahren sowohl medianwärts als auch lateralwärts stark entwickelt — nach innen zum knöchernen Abschluss des Mittelohres beitragend, nach aussen allein oder in Verbindung mit dem Os squamosum den Meatus auditorius externus osseus bildend — bleibt der Trommelfellring des Ameisenigels auf der anfänglichen Entwickelungsstufe stehen und verharrt in diesem Zustand während des ganzen Lebens (cf. Tafel XXI, Fig. 3a und b). Er liegt fast vollständig horizontal, und das in ihm ausgespannte Trommelfell schaut nach unten und nur ganz wenig nach aussen. Der Annulus tympanicus stellt einen oben (lateralwärts) offenen, annähernd ovalen Ring dar, dessen spitzeres Ende vorn-unten (innen) liegt; die Lücke in der oberen Partie hat eine Breite von 2,7 mm. Der von hinten-oben (aussen) nach vorn-unten (innen) verlaufende Längs- durchmesser misst 6,3 mm, der senkrecht auf demselben stehende Querdurchmesser 5,7 mm. Der vordere Schenkel verläuft etwas geradliniger als der hintere. Man kann an dem Ringe eine laterale und eine mediale (eigentlich eine obere und untere) Wand unterscheiden, die eine nach dem Centrum des Ovals offene, zur Befestigung des Trommelfells dienende Furche einschliessen. Die Breite dieses Sulcus ist am vorderen Schenkel erheblich grösser als am hinteren, sie nimmt von den oberen Enden beider Schenkel allmählich nach unten zu, so dass die Furche an dem vorderen unteren Pole die grösste Weite aufweist. An dem hinteren Schenkel ist die laterale Wand des Sulcus gerade so breit wie die mediale, so dass bei der Besichtigung von aussen die letztere von der ersteren vollständig gedeckt wird. An dem vorderen Schenkel verbreitert sich die mediale Wand, während die laterale schmäler wird, es lässt sich daher hier die laterale Fläche der inneren Wand zum grossen Theil frei überblicken. Beide Wände dieses Schenkels nehmen nach dem oberen Ende zu allmählich an Breite ab, ihre Ränder treten dichter zusammen und ver- einigen sich schliesslich in einer Spitze (Spina tympanica anterior). An dem hinteren Schenkel zeigt sich etwa I—I!/, mm unterhalb des oberen Endes eine mächtige, kolbige Verbreiterung beider Sulcuswände; oberhalb dieser Verbreiterung laufen dieselben unter starker Verjüngung ihrer Breitendurchmesser in eine scharfe Spitze aus. Der Annulus tympanicus, welcher in seiner hinteren oberen Partie mit dem Tuben- knorpel in Zusammenhang steht, ist hinten und unten mit den angrenzenden Knochentheilen der Pauken- höhle, nach vorn und zum Theil nach oben mit dem Hammer (Processus longus) bindegewebig verbunden. Die Pars tensa des Trommelfells ist von der Pars flaccida durch eine vorspringende bindegewebige Falte abgegrenzt. Die Pars flaccida besteht, wie ESCHWEILER!) nachgewiesen hat, nicht wie beim Menschen ı) Zur vergleichenden Anatomie der Muskeln und der Topographie des Mittelohres verschiedener Säugethiere. Arch. f. mikr. Anatomie u. Entwickelungsgesch. Bd. LIII, 1899. 14* 82* 640 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 108 aus Mucosa und Gehörgangscutis, sondern aus musculären Elementen, die theils circulär, theils radiär zum Trommelfell angeordnet sind. Die Membrana tympani setzt sich wie bei den übrigen Säugethieren aus einem Stratum cutaneum, einer Membrana propria und einem Stratum mucosum zusammen. b) Die Gehörknöchelchen. (Taf. XXI, Fig. 3.) Der Hammer des Ameisenigels weist im Verhältniss zu den beiden übrigen Gehörknöchelchen ausserordentlich grosse Dimensionen auf; durch die laterale Kante seines Griffes ist er an dem Trommelfell, durch den sehr stark ausgebildeten Processus folii an dem vorderen Schenkel des Annulus tympanicus befestigt; sein Kopf ist an der oberen Partie der hinteren Fläche mit dem Amboss verbunden und ausserdem durch Ligamente am Felsenbein fixirt. Man kann einen Kopf, einen Griff, einen Processus longus und einen Processus brevis unterscheiden. Der Kopf wird gebildet durch eine vierkantige Knochenplatte, deren Ecken vorn, oben, hinten und unten liegen und deren Kanten nach vorn-oben (1,6 mm lang), nach hinten oben (1,8 mm lang), nach hinten (2,5 mm lang) und nach vorn unten (4,2 mm lang) schauen. Die vordere obere Kante schliesst mit der hinteren oberen einen fast gestreckten Winkel, die hintere obere mit der hinteren einen stumpfen Winkel ein, während die vordere untere Kante mit der vorderen oberen und der hinteren einen spitzen Winkel bildet. Die den Hammerkopf darstellende Knochenplatte liegt nicht in einer Ebene, sondern sie tritt in ihrer vorderen Gegend etwas lateralwärts aus derselben heraus und buchtet sich in der centralen und hinteren Gegend medialwärts etwas vor; ausserdem schlägt sich die vordere Ecke leicht medialwärts um. In der oberen Hälfte der medialen Wand, an welcher der Amboss seine Befestigung findet, ist die Fläche des Hammerkopfes rauh. Von der am weitesten nach unten gelegenen Partie der vorderen unteren Kante erstreckt sich der Hammergriff nach abwärts und vorn; die Längsaxe desselben verläuft demnach im Trommelfell, nicht wie beim Menschen von vorn-oben nach hinten-unten, sondern von hinten-oben nach vorn-unten. In seinem oberen, an den Kopf angrenzenden Verlauf zeigf das Manubrium mallei eine hintere und vordere Fläche und eine laterale und mediale Kante, von der Mitte an jedoch erfährt es eine von aussen nach innen gerichtete Compression; diese untere spatelförmig abgeplattete Hälfte ist an ihrem unteren Ende leicht lateralwärts umgekrümmt. Die Länge des Hammergriffes beträgt ca. 3 mm; seine Längsaxe liegt annähernd in derselben Ebene, wie die Axe des Kopfes. An der Grenze zwischen Hammergriff und Kopf erhebt sich kegelartig der Processus brevis, seine Längsaxe steht nicht senkrecht auf der Basis, sondern ist schräg nach vorn gerichtet. Von ihrem oberen Ende sendet die vordere untere Kante des Hammerkopfes nach vorn und unten den gewaltigen Processus longus, derselbe verläuft annähernd parallel dem Hammergriff, liegt aber nicht in derselben Ebene wie der letztere, sondern tritt mit seinem vorderen unteren Ende mehr lateralwärts hervor als die Superficies umbilicalis des Hammergriffes. Durch das Auseinandertreten der medialen und lateralen Platte des Kopfes wird die vordere untere Kante in einen Sulcus umgewandelt, der sich noch eine kurze Strecke lang auf den Processus folii fortsetzt; im Uebrigen besteht der lange Hammerfortsatz bei Echidna hystrix nicht aus einem massiven Knochen, sondern aus einer nach innen offenen und nach unten sich erweiternden Furche mit einer breiten hinteren und einer schmaleren vorderen Wand, er legt sich in dem ersten Theile seines Verlaufes nach vorn-unten tangential an den vorderen Schenkel des Annulus tympanicus an; alsdann biegt er direct nach vorn um und läuft in eine scharfe Spitze aus. Der Amboss (cf. Tafel XXI, Fig. 3a und c), welcher durch ein kleines dreiseitiges Knochen- plättchen repräsentirt wird, liegt mit seiner ganzen lateralen Fläche der vorderen oberen Partie der 109 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 641 medialen Wand des Hammerkopfes auf. Er befindet sich nicht in einer Ebene, sondern folgt in seiner Form der Configuration der entsprechenden Gegend des Kopfes, in dem er sich leicht convex nach aussen vorwölbt. Die Verbindung zwischen Hammer und Amboss stellt kein eigentliches Gelenk dar, sondern ist, wie man sich an histologischen Schnitten (Taf. XXI, Fig. 5 und 6) überzeugen kann, als eine Syndesmose zu bezeichnen. Eine Beweglichkeit des Hammers oder des Ambosses für sich dürfte bei dieser festen Verbindung kaum im Bereich der Möglichkeit liegen. Die Kanten des Ambosses schauen nach vorn- oben, nach hinten-oben und annähernd genau nach unten. Die hintere obere Kante verläuft in einer flach nach hinten-oben concaven Linie und bildet mit der vorderen oberen Kante eine scharfe Ecke. Die Ecke, an der die vordere obere und die untere Kante zusammentreffen, ist abgerundet. An der Ecke, in welcher sich die hintere obere und die untere Kante vereinigen, entwickelt sich ein kurzer, medialwärts gerichteter Fortsatz für die Verbindung mit dem Stapes. Der Amboss ist ähnlich wie der Hammerkopf ligamentösa in dem Felsenbein befestigt. Der Steigbügel (Taf. XXI, Fig. 3e) stellt ein ausserordentlich feines, rundliches Säulchen dar, das an seinem lateralen Ende eine Verdickung als Köpfchen aufweist und nach innen zu auf einer verhältnissmässig grossen Fussplatte steht; die Länge der Columella beträgt etwa 1,25 mm, der Durch- messer der annähernd kreisrunden Fussplatte ca. 1,0 mm. In Bezug auf die Dimensionen des Stapes kann ich nach den angeführten Maasszahlen ESCHWEILER nicht beistimmen, der die Ansicht äussert, der Steigbügel sei im Verhältniss zu den übrigen Gehörknöchelchen beim Ameisenigel „sehr stark entwickelt“, er ist im Gegentheil sowohl relativ, besonders wenn man ihn mit dem Hammer vergleicht, als auch absolut als ein ganz besonders kleines Knöchelchen zu betrachten. Die irrthümliche Meinung ESCHWEILER’S resultirt, wie ich glaube, daraus, dass er bei seinen mikroskopischen Frontalschnitten den Stapes in der Längsrichtung, die flache Ambossplatte dagegen auf Querschnitten und den Hammer ebenfalls wahrschein- lich nur auf Schrägschnitten getroffen vor Augen hatte. Die Columella, welche aus der Spitze eines sich auf der Fussplatte aufbauenden flachen Kegels heraustritt, steht senkrecht auf der letzteren; da der Musculus stapedius fehlt, ist auch keine Spur eines Sehnenansatzes zu sehen. Auch die Verbindung zwischen dem Stapesköpfchen und dem Fortsatz des Ambosses stellt kein eigentliches Gelenk dar; eine Gelenkspalte ist nicht vorhanden, sondern es besteht zwischen den beiden Gehörknöchelchen, wie aus der Zeichnung (Taf. XXI, Fig. 7) ersichtlich ist, eine knorpelig-Abröse Befestigung. c) Die mediale Paukenhöhlenwand und der Recessus epitympanicus. Die relativ grosse innere Wand der Paukenhöhle liegt nicht in einer Ebene, sondern weist bedeutende Niveaudifferenzen auf; während sie sich in der vorderen oberen Gegend medianwärts hineinbuchtet, wölbt sie sich in der centralen und hinteren Partie in mässigem Grade nach aussen vor und bildet hier ein flaches Promontorium; das letztere senkt sich nach vorn-unten herab in die oben erwähnte kleine Grube und fällt nach hinten-unten steil ab zu der zwischen der hinteren und unteren Umrandung frei bleibenden tiefen Knochenspalte. Ein grosser Theil der medialen Wand, besonders in deren unterer Hälfte, wird bedeckt von dem flach sich ausbreitenden, vom unteren Rande entspringenden Musculus tensor tympani, dessen Fasern die Richtung von unten nach vorn-oben nehmen. Die aus dem Muskel hervorgehende Sehne verläuft in der bindegewebigen Scheidewand, welche die Paukenhöhle von dem Recessus epitympanicus trennt, und befestigt sich an der hinteren unteren Ecke der medialen Wand des Hammerkopfes. Nach den Untersuchungen ESCHWEILER’s ist der Musculus tensor tympani ein ausschliesslich auf den Felsenbein- bauch beschränkter Muskel, der mit der Tuba Eustachii in keinerlei Verbindung steht. Die eigentliche Paukenhöhle ist von dem nach oben und hinten zu gelegenen Recessus epitympanicus, wie schon oben 642 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 1Io erwähnt, getrennt durch eine bindegewebige Scheidewand, die sich von dem oberen Rande der Pars tensa des Trommelfells nach der medialen Wand hinüberspannt; ausser diesem häutigen Septum trägt in dem vorderen Theil der untere Rand des Hammerkopfes und in geringem Maasse auch noch der Processus longus zur Trennung der beiden Hohlräume mit bei. Die mediale Paukenhöhlenwand ist gegen die innere Wand des oberen Paukenhöhlenraumes abgesetzt durch einen nach vorn-unten concaven, knöchernen Rand. Unterhalb der Mitte des Randes befindet sich ein etwa I!/, mm langes und I mm breites Loch, durch das man mit der Haarsonde in einen Kanal hineingelangt, der im innern Gehörgang mündet; es ist dieser Defect eine Dehiscenz in dem in dieser Gegend verlaufenden Canalis Fallopü. Während die mediale Wand des Recessus epitympanicus dem Os petrosum angehört, wird das Dach desselben und der obere Theil der lateralen Wand durch den Processus zygomaticus ossis squamosi gebildet; den unteren Abschluss nach aussen übernimmt die Membrana flaccida des Trommelfells. In der medialen Wand des Recessus verläuft in einer nach hinten-unten offenen Rinne der Nervus facialis, er durchzieht den Raum in einem nach hinten-unten concaven Bogen und tritt durch eine kreisrunde, etwa I mm im Durchmesser haltende Oeffnung der hinteren oberen Wand an die äussere Schädeloberfläche (cf. Tafel XXI, Fig. 4). Sein Halbkanal scheidet im Recessus einen oberflächlicher gelegenen vorderen oberen Theil, dessen Niveau der lateralen Wand des Kanals entspricht, von einem tiefer gelegenen hinteren unteren Theil, der in derselben Ebene liegt wie die mediale Wand der Facialisrinne. In dieser tiefer gelegenen Partie befindet sich dicht an dem die mediale Paukenhöhlenwand von der medialen Recessuswand abgrenzenden, oben erwähnten Knochenrande das Vorhofsfenster. Dasselbe hat eine ziemlich oberflächliche Lage, so dass man kaum von einer Fensternische sprechen kann. Seine Gestalt ist annähernd die einer Ellipse, deren 1,3 mm messender Längsdurchmesser von unten-hinten nach oben-vorn verläuft und dessen Querdurchmesser eine Länge von ca. I,o mm aufweist; der vordere untere Fensterrand erscheint etwas abgeflacht. Die Steig- bügelfussplatte ist ligamentös mit dem Fensterrahmen verbunden. An der Stelle. wo der Halbkanal für den Nervus facialis sich umwandelt in den geschlossenen Kanal, etwa I!/, mm vor dem vorderen Rande der Fenestra vestibuli, zweigt sich in der Richtung nach innen-oben und vorn, das Schläfenbein durchbohrend, ein Kanal ab, der im Schädelinnern in einer zunächst sehr tiefen Furche nach aufwärts weiter verläuft und’ zur Aufnahme eines Gefässes dienen dürfte. Ueber die Kopfarterien bei den Mammalia ist im vorigen Jahr in den Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien eine vortreffliche, ausführliche Arbeit von TANDLER!) erschienen, in welcher besonders auch der interessante Verlauf der Paukenhöhlengefässe eine eingehende Würdigung findet. Unter der Arteria stapedia ist nach diesem Autor die aus der Carotis interna stammende, beim Embryo die Stapesanlage durchbrechende, späterhin zwischen den Stapes-Schenkeln durchziehende Arterie zu verstehen, gleichgültig, ob diese im speciellen Falle vollständig erhalten, rudimentär geworden oder abschnittsweise verschwunden ist. An der Arteria stapedia werden 2 Aeste, ein Ramus superior und ein Ramus inferior, unterschieden, von denen der erstere für die Entwickelung der Arteria meningea media und der Orbital- venen von Bedeutung ist, während der Ramus inferior die Arteria maxillaris interna aufbauen hilft. TAnDLER hat den Verlauf der arteriellen Kopfgefässe bei einem oder mehreren Repräsentanten fast sämmtlicher Säugethierordnungen erforscht; während ihm für seine Untersuchungen an den Monotremen ein Kopf von Ornithorhynchus paradoxus zur Verfügung stand, konnte er wegen Mangels an Material bei Echidna nur die Untersuchungsergebnisse HyRTr’s reproduciren und aus denselben seine Schlüsse ziehen. Nach der Beschreibung Hyrrr’s gelangt er dabei zu folgendem Resultat: „Bei Echidna ist der proximale I) JuL. TANDLER, Zur vergleichenden Anatomie der Kopfarterien bei den Mammalia. Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, mathemathisch-naturwissenschaftliche Klasse, Bd. LXVII, Wien 1899. III Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 643 Abschnitt der Arteria stapedia völlig geschwunden; dagegen wurde der distale Theil des Ramus inferior der Arteria stapedia unverändert von der Carotis externa übernommen. Der Ramus superior ist secundär über die Schläfenpyramide hinweg mit der aus der Arteria occipitalis stammenden Arteria mastoidea in Verbindung getreten; das eigenthümliche Verhältniss schliesst direct an das bei den Edentaten häufig vor- kommende Verhalten an.“ Der Verlauf des oben beschriebenen Kanales, der, das Felsenbein durchbohrend, von dem Recessus epitympanicus in das Endocranium übertritt, legte mir nun den Gedanken nahe, dass ausser den von HyRTL beschriebenen Arterien noch ein anderer Ramus superior vorhanden sei, der sich in der Paukenhöhle vielleicht von einem doch vorhandenen stapedialen Gefäss abzweigt. Die Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins dieses Ramus superior schien mir um so grösser, als ich mich erinnerte, dass sich fast genau an derselben Stelle wie bei Echidna auch bei Erinaceus europaeus der Ramus superior der Arteria stapedia abzweigt und in analoger Weise zum Endocranium zieht. Da mir ein injicirtes Präparat leider nicht zur Verfügung stand, habe ich mit Herrn Dr. TAnDLER über diese Angelegenheit correspondirt und ihn unter Hinweis auf den beschriebenen Kanal, der, wie ich später fand, ebenfalls bei Ornithorhynchus vorhanden ist, gebeten, die Lösung der Frage über den Inhalt dieses Kanales in die Hand nehmen zu wollen. Ueber die gewonnenen Untersuchungsergebnisse, welche mir Herr College TANDLER in freundlichster Weise zur Publikation an dieser Stelle überlassen hat, werde ich bei Beschreibung der medialen Wand des Recessus epitympanicus von Ornithorhynchus paradoxus berichten. In der occipitalen Wand des Recessus erblickt man ausser der Apertura externa canalis facialis (Foramen faciale) noch eine zweite Oeffnung, die in einen weiten Kanal hineinführt, welcher in der Richtung nach hinten, innen und wenig nach unten zu der oberen Schädelgrube zieht. Nahe dem der Paukenhöhle zugewendeten Ende dieses Kanales, und zwar in der medialen Wand desselben, befindet sich die Nische des Schneckenfensters, auf deren Form und Gestalt ich bei der Beschreibung des Corrosions- präparates noch zurückkomme. Es existirt also bei Echidna hystrixz eine weite knöcherne Communication zwischen dem Mittelohr und der oberen Schädelgrube. Der genaue Inhalt dieses Kanales lässt sich nur durch histologische Schnitte, die von anderer Seite ausgeführt werden sollen, feststellen. Nach der makro- skopischen Untersuchung ist es mir in hohem Grade wahrscheinlich, dass der Aquaeductus cochleae in demselben verläuft und dass er ausserdem vielleicht venöse Gefässe enthält, welche den Venen entsprechen, die beim Menschen den Inhalt des Cortucno’schen Kanales und des Canalis aquaeductus cochleae accessorius secundus (SIEBENMANN) ausmachen. Der letztere Kanal, welcher zuerst von BEZoLp!) gesehen und später von SIEBENMANN?) an einer Reihe von Metallcorrosionspräparaten bestätigt worden ist, stellt bekanntlich beim Menschen eine feine Verbindung zwischen der Paukenhöhle und der hinteren Schädelgrube her; er erinnert seinem Verlauf nach am meisten an den bei Echidna hystric vorhandenen weiten Kanal. Den zweiten accessorischen Kanal des Schneckenaquäducts konnte SIEBENMANN beim Menschen an der Hälfte seiner Präparate nachweisen; derselbe mündete an der hinteren medialen Kante der Schneckenfensternische und verlief in einigen Fällen als selbständiger Kanal zur Apertura externa aquaeductus cochleae, bei 2 Präparaten jedoch zweigte er sich, wie es auch von BEzZoLp beobachtet worden war, von der Mitte des Corucno’schen Kanales ab, um von hier aus für sich zu der Schneckenfensternische zu ziehen. Die Länge des beim Ameisenigel das Mittelohr mit der oberen Schädelgrube verbindenden weiten Kanales, für den ich die Bezeichnung Canalis cranio-tympanalis (cf. Tafel XXI, Fig. I und 2) vorschlagen möchte, beträgt ca. 6,5 mm, bei einer Weite von I—-2 mm. Er ist beim lebenden Thier an seinem tympanalen 1) BEZOLD, Die Corrosionsanatomie des Ohres, München 1882. i 2) SIEBENMANN, Die Corrosionsanatomie des knöchernen Labyrinths des menschlichen Ohres, Wiesbaden 1890. 644 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 112 Ende membranös geschlossen. Sein dem oberen Paukenhöhlenraum nahe liegender Theil, der ein nach aussen und oben vorgebuchtetes Diverticulum aufweist, wird von IBsEn als Antivestibulum beschrieben und mit dem gleichnamigen Raume bei den Vögeln verglichen. In der vorderen Hälfte seines Verlaufes weist der Kanal ein nach aussen und unten gerichtetes, etwa 2 mm langes und I!/, mm breites Fenster auf, und kurz vor seinem Eintritt in die Schädelhöhle sendet er einen kurzen, etwa I mm weiten Kanal nach oben an die äussere Schädeloberfläche (Taf. XXI, Fig. ı). Jedoch ist die Grösse und die Zahl der Oeffnungen in diesem Kanal, \iwie ich mich an anderen Präparaten überzeugen konnte, variabel; sie dienen zum Durchtritt der drei letzten Gehirnnerven und der Vena jugularis. Die Tuba Eustachii. Wie bei Pteropus edulis und Erinaceus europaeus fehlt auch beim Ameisenigel eine Tuba Eustachii ossea; die Ohrtrompete wird hier durch eine knorpelig-fibröse Röhre dargestellt, welche im Gegensatz zu allen anderen von mir untersuchten Säugethier-Gehörorganen nicht im vorderen Theil, sondern in der unteren Gegend der hinteren Umgrenzung der Paukenhöhle, und zwar dicht über der hinteren unteren Pauken- höhlenecke in das Mittelohr eintritt. Ihr Verlauf ist nicht, wie beim Menschen, nach vorn-innen und unten, sondern nach hinten-innen und etwas nach unten gerichtet. Nach den Untersuchungen ESCHWEILER’S ist die Tube nur in ihrer distalen Hälfte von Knorpel umgeben, der sich aus mehreren Stücken zusammensetzt und sich auf der lateralen Seite der Röhre stärker entwickelt hat als auf der medialen. 3. Das innere Ohr. Die Untersuchungsergebnisse am inneren Ohr des Ameisenigels sind zum grössten Theile gewonnen worden an einem Metallcorrosionspräparat, welches in ähnlicher Weise, wie es SIEBENMANN in seiner Corrosionsanatomie des inneren Ohres angiebt, angefertigt wurde. Nach gründlicher Maceration im Brut- apparat wurden sämmtliche Oeffnungen des gut ausgetrockneten Schläfenbeins mit Ausnahme des Meatus auditorius internus mit Leinwand überzogen. Der Canalis Fallopii wurde an der Stelle, wo der Nerv in der Paukenhöhle zu Tage tritt, verschlossen. Auch die Paukenhöhlenöffnung des vom Recessus epitympanicus zur oberen Schädelgrube ziehenden Canalis cranio-tympanalis erhielt einen Leinwandüberzug, so dass die Füllung dieses Kanales nur von der Fenestra cochleae aus erfolgen konnte. Als Eingussöffnung diente der innere Gehörgang, in welchem der aus Carton angefertigte und mit Leinwand überzogene, etwa Io cm lange Trichter fest eingeleimt wurde. Als Ausgussmasse habe ich das Woop’sche Metall verwendet, dessen einzelne Ingredientien (T00—-160 Gewichtstheile Wismuth, 40 Theile Zinn, 80 Theile Blei und 30—40 Theile Cadmium) ich mir in einer Gelbgiesserei ‘zusammenschmelzen liess; es ermässigte sich dadurch der Preis von I6 Mark für das Kilogramm des käuflich fertigen Woonp’schen Metalles auf weniger als 10 Mark. Bekanntlich bedient man sich des Woop’schen Metalles zum Ausgiessen knöcherner Hohlräume, weil es bereits bei 65° aus dem festen in den flüssigen Aggregatzustand übergeht. Da das flüssige Metall beim Einguss den durch den Leinwandüberzug bewirkten schwachen Verschluss durchbrechen würde, wird das ganze Präparat eingegypst, der Gypsklotz vorsichtig getrocknet und vor dem Beginn des Eingiessens im Trockenofen auf 70—100° erwärmt. Nachdem das im heissen Wasserbade flüssig gemachte Metall durch den Trichter in breitem Strom hineingeschüttet ist, stellt man das Präparat direct in kaltes Wasser, wodurch die Ausgüsse glattwandiger und glänzender werden. Die Gypshülle wird darauf entfernt und der Knochen durch das von SIEBENMANN angegebene Kalilauge-Salzsäureverfahren corrodirt. Das Präparat wird dabei zunächst mit Io-proc. Kalilauge überschüttet und 14 Tage lang bei einer Temperatur von 50° C in den Brutapparat gestellt. Darauf wird die Lauge abgesondert, der Ausguss zunächst mit warmem und dann 113 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 645 mit kaltem destillirtem Wasser abgespült und schliesslich mit einer möglichst kalten Mischung von 6 Theilen Wasser und I Theil reiner Salzsäure übergossen. In wenigen Stunden lösen sich nach dem Uebergiessen mit der Salzsäure die anorganischen Theile des Knochens, dem die organischen Bestandtheile durch die Kalilauge vorher entzogen worden sind, unter Kohlensäureentwickelung auf. Ist nach vierstündiger Säure- einwirkung das Corrosionspräparat noch nicht völlig vom Knochen befreit, so muss die Kalilaugebehandlung für einige Tage wiederholt und die Salzsäure in derselben Weise noch einmal in Anwendung gebracht werden. Nach diesem Verfahren ist es mir gelungen, ein brauchbares, sämmtliche Räume des inneren Ohres von Echidna umfassendes Metallcorrosionspräparat herzustellen. Da man so kleine Präparate nicht gut auf Nadeln aufstecken kann, habe ich den Ausguss vermittelst Syndetikons auf einer in einem durchsichtigen Glaskästchen drehbar angebrachten Glasplatte befestigt, auf welcher man es von allen Seiten besichtigen kann. Der Meatus auditorius internus und der Canalis Fallopii. Der innere Gehörgang nimmt bei Echidna hystrix die Richtung von hinten nach vorn-aussen und wenig nach oben; sein Querschnitt hat annähernd die Form einer Ellipse, deren innerer Rand etwas abgeflacht erscheint. Die von unten nach oben verlaufende Längsaxe des Querschnittes hat eine Länge von ca. 2,5 mm, während sein Querdurchmesser etwa 1,3 mm misst. Der Eingang in den Meatus liegt nicht in einer Ebene, da die innere Umrandung, welche einen nach hinten concaven Bogen beschreibt, be- sonders in ihrer mittleren Partie erheblich weiter nach vorn tritt als der äussere Rand. In Folge dessen beträgt die Länge des inneren Gehörganges an der lateralen hinteren Wand ca. 3,5 mm, an der medialen vorderen Wand nur ca. 2,25 mm. Im Fundus meati auditorii interni ist oben-vorn das scharf umrandete Loch, durch welches der Nervus facialis den inneren Gehörgang verlässt, durch eine Crista falciformis von der unteren Hälfte, aber auch gegen die hintere Partie der oberen Hälfte abgegrenzt. Nach hinten-oben von dem Loch für den Nervus facialis befinden sich am Grunde einer grubigen Vertiefung mehrere feine Oeffnungen für den Durchtritt des Ramus utricularis (Area cribrosa superior). In der vorderen Partie der unteren Hälfte bemerkt man nach vorn und unten zu eine grössere Oeffnung und lateralwärts und nach hinten von diesem Foramen eine grosse Anzahl feinster Oeffnungen (Tractus spiralis foraminulentus), durch welche der Nervus cochleae und der Nervus sacculi sich zur Schnecke resp. zum Sacculus begeben. Ober- halb der unteren Hälfte des Fundus tritt (an der hinteren lateralen Wand) noch ein Loch zu Tage, welches, an der oberen Umgrenzung des Tractus foraminosus gelegen, einem für die Ampulle des hinteren Bogen- ganges bestimmten Ramus zur Aufnahme dient. Derselbe tritt von unten her an der Grenze zwischen Sacculus und Ampulle an die Ampulla posterior heran. An dem Corrosionspräparat (Taf. XXI, Fig. 2) sind die Ausgüsse des Tractus foraminulentus, des Ramus utricularis und des Ramus ampullae posterior gut gelungen. Der Ramus sacculi, welcher von unten her an den Sacculus herantritt, ist an dem Corrosions- präparat wegen des darüber liegenden Gehörgangsausgusses nur schwer zu sehen und ist auf der Zeichnung nicht mit zur Darstellung gelangt. Direct vom Meatus auditorius internus in besonderen Kanälchen zu den Ampullen des äusseren und oberen Bogenganges hinziehende Nervenzweige sind bei Echidna hystrix scheinbar nicht vorhanden. Mit dem Ausguss des inneren Gehörganges stand eine vielfach durchlöcherte Platte in Verbindung, die als Ausguss flacher pneumatischer Hohlräume aufzufassen ist. Dieselben erstreckten sich von hinten nach vorn und communicirten mit dem Meatus an dessen innerer vorderer Wand, dicht am Porus acusticus internus. Der Verlauf des Nervus facialis erfolgt bis zu seinem Knie in einem sanften, nach innen-oben convexen Bogen in der Richtung nach vorn und wenig nach aussen und oben. Die Entfernung vom Porus acusticus internus bis zu dieser Abbiegungsstelle beträgt 5—6 mm. In seinem weiteren Verlauf wendet sich der Facialiskanal von seiner bisherigen Richtung unter einem stumpfen Winkel nach oben-aussen und hinten Jenaische Denkschriften. VL 15 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 83 646 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 114 ab und erreicht die Paukenhöhle in einem geschlossenen Kanal. Bevor er im Recessus epitympanicus den letzteren verlässt, um, in seinem nach hinten-unten offenen Halbkanal weiter verlaufend, durch ein rundliches Loch (Foramen faciale) in der hinteren oberen Wand des oberen Paukenhöhlenraumes an die äussere Schädeloberfläche herauszutreten, weist er in seiner äusseren Wand den oben beschriebenen Defect auf. Dicht oberhalb der Stelle, wo der Canalis Fallopii in den Halbkanal übergeht, befindet sich eine Oeffnung; diese Oeffnung führt in den oben beschriebenen Kanal, welcher in einem nach innen concaven Bogen nach vorn-innen zu der mittleren Schädelgrube hinzieht. Wir haben hier demnach eine zweite, relativ weite directe knöcherne Communication zwischen Cavum tympani und Endocranium vor uns. Die Cochlea und der Aquaeductus cochleae. Die Endorgane des Nervus acusticus breiten sich bei Echidna nicht wie bei den übrigen Säuge- thieren in einem schneckenartigen Hohlraum, sondern in einer gekrümmten Röhre aus, deren Längsaxe einen Bogen von ca. 180° beschreibt. Das die Cochlea darstellende cylindrische Rohr verläuft vom Vestibulum aus zunächst in sanftem, nach vorn concavem Bogen nach innen und abwärts, biegt dann aber kurz vor seinem unteren Ende annähernd senkrecht zu seiner Anfangsrichtung nach vorn um. Die Längsaxe misst ca. 7,5 mm. Der Querschnitt der Schnecke erscheint oval mit nach vorn gerichtetem, spitzerem Ende; die Längsaxe des Querschnittes, die während des ganzen Verlaufes ungefähr gleich bleibt, ist ca. 2 mm lang; die Länge seiner Queraxe dagegen verjüngt sich etwas nach unten zu, sie beträgt oben etwa 1,3 mm und nimmt nach dem unteren Ende hin bis zu I,; mm ab. An der inneren oberen Wand des Schneckenrohres be- merkt man am Corrosionspräparat die zahlreichen feinen Ausgüsse der Oeffnungen des Tractus foraminulentus. Als Ausdruck einer Lamina spiralis secundaria ist an der hinteren Wand des Schneckenkanals, parallel mit der Längsaxe verlaufend, eine relativ tiefe und breite Furche zu constatiren; dieselbe reicht nach abwärts nur bis zu der Stelle, wo der Kanal nach vorn umbiegt. In der oberen Partie der hinteren Wand des‘ Schneckenrohres, direct vor dem Uebergang in das Vestibulum befindet sich die Oeffnung für die Nische der Fenestra cochleae. Dieselbe hat die Form eines kurzen cylindrischen Kanälchens, dessen Querschnitt sich nach dem Heraustreten aus der Schnecke erweitert, um vor dem Uebergang in den oben beschriebenen, vom Recessus epitympanicus zur oberen Schädelgrube führenden Kanal wieder kleiner zu werden. Das Schneckenfenster des Ameisenigels hat ebenso wie der Schneckenaquäduct dieses Thieres im Laufe der Jahre ein sehr eigenthümliches Schicksal erfahren; nachdem dasselbe von J. F. MERKEL und E. HomE zuerst gesehen und beschrieben war, wurde sein Vorhandensein von HyRTL auf das entschiedenste in Abrede gestellt. HyrTL führt aus, dass die Cochlea von Echidna hystrix auf ein einfaches Diverticulum am Vestibulum reducirt sei und dass sowohl die doppelte Scala als auch die Fenestra cochleae und der Schneckenaquäduct nicht vorhanden seien. Obgleich bald nach dem Erscheinen der Hyrrr’schen Mono- graphie über das innere Gehörorgan der Säugethiere durch Issen!) die in dieser Arbeit enthaltenen irr- thümlichen Ansichten über das innere Ohr des Ameisenigels durch Wort und Bild widerlegt wurden, ist die Darstellung Hyrrr’s doch in sämmtliche Lehrbücher über die vergleichende Anatomie des Ohres übergegangen. Es dürfte dies seinen Grund darin haben, dass die Arbeit Issen’s nur in dänischer Sprache erschienen und deswegen den meisten deutschen Anatomen und Zoologen unbekannt geblieben ist. Nachdem nun vor kurzem durch ESCHWEILER an histologischen Schnitten und durch mich am Corrosionspräparat die Fenestra cochleae bei Echidna hystriv als absolut sicher vorhanden nachgewiesen ist, steht zu hoffen, dass seine Existenz für die Zukunft dauernd gesichert ist. 1) I. IBSEn, Anatomiske Undersögelser over Örets Labyrinth, Kopenhagen 1846. 115 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 647 Was den Aquaeductus cochleae betrifft, der ebenso wie das Schneckenfenster von HYRTL irrthümlich als fehlend bezeichnet wurde, so existirt für die Aufnahme desselben ein eigenes, von der Cochlea direct zur oberen Schädelgrube führendes Kanälchen nicht. Wahrscheinlich verläuft er in einem Sulcus resp. einem Halbkanälchen, das sich in seiner mittleren Partie zu einem vollständigen Kanal schliesst und das enthalten ist in dem weiten Canalis cranio-tympanalis. An dem Corrosionspräparat (Taf. XXI, Fig. 2) lässt sich der ganze Verlauf dieses Kanals resp. Halbkanals gegen den übrigen Inhalt des die Paukenhöhle mit der Schädelhöhle verbindenden Kanals sehr gut abgrenzen. Die Einmündung in die Schnecke erfolgt an der hinteren Wand derselben dicht an der Fenestra cochleae. Die Entscheidung der Frage über den genauen Inhalt des weiten Kanals ist mir an dem makroskopischen Präparate nicht möglich gewesen; dieselbe muss der Untersuchung durch histologische Schnitte überlassen werden. Das Vestibulum und der Aquaeductus vestibuli. Das im Verhältniss zu den übrigen Theilen des Labyrinthes recht kräftig entwickelte Vestibulum liegt bei Echidna hystrie nach oben und aussen von dem Schneckenrohr. Durch eine stark vorspringende, von hinten-oben nach vorn-unten verlaufende Crista entstehen an der medialen unteren Wand des Vorhofes 2 dem Recessus sphaericus und ellipticus beim Menschen entsprechende Grübchen zur Aufnahme des Sacculus und Utriculus. Während beim Menschen die Fenestra vestibuli die übrigen Oeffnungen im Vestibullum an Ausdehnung erheblich überragt, stehen beim Ameisenigel die Oeffnungen für den Eintritt der relativ sehr weiten Ampullen dem Vorhofsfenster an Grösse nicht nach. Die Canales semicirculares treten durch 5 Oeffnungen in das Vestibulum ein; das Crus commune tritt an der hinteren Ecke der ungefähr in der Horizontalebene von hinten nach vorn, in schwachem, nach oben concavem Bogen verlaufenden oberen Kante in das Vestibulum; die Ebenen des oberen und hinteren Bogenganges bilden mit einander nicht wie beim Menschen einen nach hinten-aussen, sondern nach vorn-aussen offenen Winkel; aus der vorderen Partie der oberen Kante tritt die Ampulle des oberen Bogenganges heraus. Die Ampulle des hinteren halbzirkelförmigen Kanals mündet von aussen und wenig von hinten in den oberen Theil der hinteren Kante in den Vorhof ein. Dicht unterhalb der Einmündungsstelle für die Ampulla posterior begiebt sich in der hinteren oberen Partie der lateralen Wand das Crus simplex des äusseren Bogenganges zum Vestibulum, während der Eintritt seines ampullären Schenkels in der hinteren, oberen Gegend der äusseren Vorhofswand erfolgt. Die Mündungsstellen der feinen Verzweigungen des Nervus sacculi und des Nervus utriculi sind oben beschrieben worden. Die Apertura interna aquaeductus vestibuli befindet sich in der hinteren Partie der medialen Wand kurz unterhalb der Einmündungsstelle des gemeinsamen Schenkels; sie stellt einen kleinen, von aussen-oben nach innen -unten flachgedrückten Kegel dar, aus dessen Spitze der Aquäduct heraustritt, um in sanftem, nach unten-innen concavem Bogen in der Richtung nach hinten-innen-oben zur oberen Schädelgrube zu verlaufen. Die Apertura externa ist eine schlitzförmige Oeffnung, deren Längsdurchmesser von unten nach oben und etwas nach vorn zieht. Die ganze Länge des in seinem mittleren Theile ausserordentlich engen Kanals beträgt ca. 3 mm. Die Canales semiecirculares. Der Canalis semicircularis superior (anterior) befindet sich fast genau in der Sagittalebene; er weist eine ziemlich bedeutende Flächenkrümmung auf, indem die Ampulle und der über der Ampulle gelegene Theil des Bogenganges nach aussen, der Scheitel nach innen und das Crus commune wiederum etwas nach aussen aus der Bogengangsebene heraustreten, so dass man eine ausgeprägte S-förmige Schlängelung constatiren kann. Er verläuft nicht halbkreisförmig, sondern beschreibt zusammen mit der oberen Vorhofskante 15* 83* 648 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 116 annähernd die Bahn einer Ellipse, deren Längsaxe von hinten nach vorn gerichtet ist. Die kräftig entwickelte Ampulle hat an ihrer medialen Wand eine Länge von ca. 2,5; mm, während die laterale Wand etwas kürzer ist. Die Längsaxe des elliptisch geformten Querschnittes des oberen halbzirkelförmigen Kanals liegt in der Bogengangsebene, während die Queraxe senkrecht auf derselben steht. Sein Lumen erweitert sich von hinten nach vorn (nach der Ampulle) zu allmählich nach allen Richtungen hin. Dicht neben der Austrittsstelle aus dem Crus commune misst die Längsaxe des Querschnittes 0,7 mm, die Queraxe 0,5; mm, kurz vor der Ampulle dagegen ı mm, resp. 0,8 mm. Auch der Querschnitt der Ampulle hat elliptische Form; die von vorn nach hinten verlaufende Längsaxe ist hier 1,5; mm, die Queraxe I,25 mm lang. Die Entfernung der Bifurcationsstelle von dem Beginn der Ampulle beträgt 4,7 mm, die Entfernung des Scheitels von der oberen Vorhofskante 2,9 mm. Das Crus commune stellt einen ca. 2,2 mm langen, in der Mitte seines Verlaufes sich etwas verengenden, cylindrischen Kanal dar, dessen annähernd kreisförmiger Quer- schnitt einen Durchmesser von I—I,2 mm aufweist; er steigt aus dem Vorhof in der Richtung nach hinten- innen und oben heraus. Der Canalis semicircularis posterior ist erheblich kleiner als der obere Bogengang, doch überragt er den letzteren nicht nur relativ, sondern auch absolut an Weite des Lumens; der überall fast gleichmässig grosse elliptische Querschnitt weist eine in der Bogengangsebene liegende Längsaxe von I,o mm und einen Querdurchmesser von ca. 0,85 mm Länge auf. Der hintere Bogengang hat die Form eines Halbkreises; die Bifurcationsstelle ist von dem Anfang der Ampulla posterior 3,3 mm, der Scheitel des Bogens vom Vestibulum 2,4 mm entfernt. Die an der hinteren Wand 1,8 mm lange Ampulle tritt, in der Horizontalebene direct von aussen nach innen verlaufend, an die hintere Vorhofskante heran. Der hintere Bogengang liegt nicht genau in einer Verticalebene, sondern er weicht mit seinem Scheitel etwas nach hinten aus derselben heraus. Die Ebenen des oberen und des hinteren halbzirkel- förmigen Kanals schliessen einen nach vorn-aussen offenen stumpfen Winkel ein. Auch der hintere Bogen- gang weist in seinem Verlaufe eine sanfte S-förmige Schlängelung auf. Der äussere Bogengang befindet sich nicht genau in der Horizontalebene, sondern sein vorderer Theil und die Ampulle liegen etwas höher als sein hinterer Schenkel; er zeigt eine mässige Flächenkrümmung, indem sein Scheitel ein wenig aus der Bogengangsebene nach unten heraustritt. Sein Lumen nimmt von der Eintrittsstelle des einfachen Schenkels in die laterale Vorhofswand bis zum Anfang der Ampulle allmählich zu. Die Längsaxe des elliptischen Querschnittes misst am Scheitel des Bogens ı,2 mm, der Querdurchmesser 0,7 mm. Die Entfernung der Einmündungsstelle des Crus simplex vom Beginn der Ampulle beträgt 2,3 mm, die Ent- fernung des Scheitels vom Vestibulum 2,2 mm. Auch die Ampulle des äusseren Bogenganges ist in Bezug auf Länge und Umfang gut entwickelt; ihre Längsaxe misst 2 mm, und der grösste Durchmesser ihres Querschnittes, der von vorn nach hinten verläuft, hat eine Länge von ca. I mm. Die Ebene des Canalis semicircularis externus schneidet nicht wie beim Menschen die Ebene des hinteren Bogenganges, sondern liegt unterhalb derselben. Ornithorhynchus paradoxus. I. Das äussere Ohr. Wie bei Echidna hystrix, Erinaceus und Pteropus fehlt auch bei Ornithorhynchus ein knöcherner äusserer Gehörgang gänzlich. Der knorplig-fibröse Gehörgang ist theils am Annulus tympanicus, haupt- sächlich aber durch feste Bandmassen am Hyoidbogen befestigt. Nach RuGeE geht das Knorpelskelet des Meatus cartilagineus beim Schnabelthier nicht wie beim Ameisenigel aus einer dem Hyoidbogen entstammenden tympanalen Knorpelplatte hervor, sondern die Verbindung zwischen dem zweiten primären 117 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 649 Bogen des Visceralskelets und dem Gehörgang wird bei dem im Wasser lebenden Kloakenthier bewirkt durch zwei starke Bänder und ferner durch Muskeln, welche vom Processus styloideus her an das tympanale Ende des Gehörganges herantreten. Durch die Contraction dieser Muskeln wird eine Ver- engerung des tympanalen Gehörgangstheiles ermöglicht, die das Hereindringen von Wasser bis an das Trommelfell erheblich erschweren dürfte. Der Gehörgang hat bei dem von mir untersuchten Thier eine Länge von 42,5 mm, ist demnach etwas kürzer als der Meatus auditorius externus von Echidna hystrix. Er verläuft vom Trommelfell aus zunächst ventralwärts und wenig nach aussen, wobei seine Längsaxe in derselben Frontalebene verbleibt; dann wendet er sich lateralwärts, um kurz darauf dorsalwärts umzubiegen. Sobald er seine tiefste (am weitesten ventralwärts gelegene) Stelle erreicht hat, tritt er mit seiner Längsaxe aus der Frontalebene, in welcher er sich in dem ersten Theil seines Verlaufes befand, heraus und nimmt die Richtung nach vorn-aussen und schliesslich nach vorn-oben (rostralwärts und dorsalwärts). Das Skelet des Gehörganges wird bei Ornithorhynchus gebildet durch eine von aussen nach innen abgeplattete, vorn offene, relativ dünne Knorpelrinne, deren Ränder vorn membranös geschlossen ‘werden. Die mediale und die laterale Wand lassen nur einen schmalen Spaltraum zwischen sich offen , sehr passend vergleicht RuGe den collabirten Gehörgangsschlauch des Schnabelthiers mit einem venösen Gefäss, während das starrwandigere Gehörgangsrohr des Ameisenigels einer Arterie ähnlich ist. Die einfachen Knorpelplatten, welche als Fortsetzung der medialen und lateralen knorpeligen Gehörgangswand bei Ornithorhynchus an die Stelle der Ohrmuschel der höheren Thiere treten, liegen ebenfalls dicht an einander und können nach RuGE durch die an sie herantretenden Muskeln geöffnet und geschlossen werden. Aus der innigen Nachbarschaft des Processus styloideus zu dem tympanalen Abschnitt des Gehörganges, aus dem durch straffe Bindegewebszüge bewirkten engen Zusammenhang zwischen Hyoidbogen und Meatus auditorius externus und endlich aus der musculären Verbindung zwischen diesen beiden Skelettheilen zieht RuGE den Schluss, dass wie bei Echidna auch bei dem Schnabelthier der Hyoidbogen als der Mutterboden für das ganze äussere Ohr zu betrachten ist. 2. Das Mittelohr. Soweit ich aus der mir zur Verfügung stehenden Litteratur entnehmen konnte, ist es, abgesehen von den älteren Autoren MEckEL (De Ornithorbyncho), OwEn (Monotremata) und Hyrrr (Vergl. anatomische Untersuchungen über das innere Gehörorgan des Menschen und der Säugethiere), RÜDINGER gewesen, der sich zuerst wieder mit der anatomischen Erforschung eines Theiles des Mittelohres vom Schnabelthier beschäftigt hat. In seinen im Jahre 1370 erschienenen „Beiträgen zur- vergleichenden Anatomie und Histologie der Ohrtrompete“ hat er festgestellt, dass bei Ornithorhynehus eine Tuba Eustachii nicht vorhanden ist. Die Untersuchungsergebnisse RÜDINGER’sS sind später von ZUCKERKANDL!) im Ganzen und Grossen bestätigt worden, der ebenfalls constatiren konnte, dass die Rachenhöhle dieses Thieres frei mit der Paukenhöhle communicirt und dass die Rachenschleimhaut sich continuirlich in die Schleimhaut des Mittelohres fortsetzt. Eine sehr bedeutende Förderung hat im vorigen Jahre unsere Kenntniss von der Anatomie des Schnabelthierohres erfahren durch die sorgfältige Arbeit ESCHWEILER’S?), die sich mit der vergleichenden Anatomie der Binnenmuskeln des Ohres sowie mit den äusserst complicirten topographischen Verhältnissen des Mittelohres dieses Thieres eingehend befasst. Ausser der Aufklärung über den Ursprung, den Verlauf und die Insertion des Musculus tensor tympani verdanken wir ESCHWEILER vor allen Dingen I) ZUCKERKANDL, Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Ohrtrompete. Archiv für Ohrenheilkunde, Bd. XXIN. 2) ESCHWEILER, Zur vergleichenden Anatomie der Muskeln und der Topographie des Mittelohres verschiedener Säugethiere. Archiv für mikroskopische Anatomie und Entwickelungsgeschichte, Bd. LIII, Bonn 1899. 650 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 118 den Nachweis, dass die Rachenhöhle nicht mit der ganzen Paukenhöhle, sondern nur mit einem unteren Abschnitt derselben (Recessus tympanicus pharyngis) in offener Verbindung steht, der von dem oberen und mehr lateral gelegenen Paukenhöhlenraum (Recessus epitympanicus) abgetrennt ist und mit dem letzteren nur durch eine kleine Oeffnung communicirt. Es sei an dieser Stelle noch einmal darauf aufmerksam gemacht, dass auch bei der Beschreibung des Mittelohres und der Gehörknöchelchen von Ornithorhynchus die Raumbezeichnungen so gewählt sind, als ob die mediale Paukenhöhlenwand und das Trommelfell in einer sagittalen Ebene lägen; es treten dabei an die Stelle der eigentlich richtigen Bezeichnungen lateral, medial, dorsal, ventral die Bezeichnungen oben, unten, medial und lateral. Der untere Paukenhöhlenraum wird nach aussen und unten begrenzt durch die in einem Annulus tympanicus aus- gespannte Pars tensa des Trommelfelles und den Hammergriff; die sämmtlichen übrigen, für die Hörfunction wichtigen Organe des Mittelohres (Hammerkopf, Amboss, Steigbügel und beide Fenster) befinden sich im Recessus epitympanicus. Die Trennung der beiden Paukenhöhlenräume erfolgt nicht wie bei Echidna durch die Ausspannung einer bindegewebigen Membran, sondern wird hauptsächlich durch eine sack- uhrförmige Abschnürung bewirkt, welche an der oberen Umrandung der Pars tensa des Trommelfelles durch das Zusammenrücken der Wandungen beider Hohlräume zu Stande kommt. Der Raum an dieser engsten Stelle wird noch weiterhin beschränkt durch die hier verlaufende Tensorsehne und durch Schleimhautduplicaturen; es bleibt nur eine stecknadelknopfgrosse, nahe dem vorderen oberen Trommelfell- quadranten liegende Oeffnung (Ostium attici tympanici, ESCHWEILER) übrig, durch welche die Communi- cation und Ventilation zwischen beiden Räumen unterhalten wird. Während der Musculus tensor tympani bei Zchidna nur einen Felsenbeinbruch aufweist, hat der Trommelfellspanner bei Ornithorhynchus, wie ESCHWEILER zuerst nachgewiesen hat, zwei Ursprungsstellen: nämlich einen direct aus der Rachenmusculatur stammenden Rachenbauch und einen von der Labyrinthwand entspringenden Felsenbeinbauch, die beide mit einer gemeinsamen Endsehne am Hammergriff inseriren. Der Annulus tympanicus und die Gehörknöchelchen. (Taf. XXII, Fig. ı1a, b, c.) Der Trommelfellring des Schnabelthieres ist mit dem Processus folii des Hammers in ähnlicher Weise, wie dies bei Pieropus edulis der Fall ist, fest verwachsen; er stellt einen nach oben (aussen) offenen Halbring dar, welcher vorn und oben geschlossen wird durch den langen Fortsatz des Hammers und die untere Kante des Hammerkopfes. Der Annulus tympanieus ist nicht knöchern, sondern bindegewebig mit dem Os petrosum und Os pterygoideum verbunden. Während sein unterer (medial gelegener) Theil sich stark verbreitert und verdickt, verjüngt sich sowohl der vordere als auch der hintere Schenkel sehr schnell, indem besonders der von vorn nach hinten verlaufende Durchmesser des Querschnittes abnimmt. Zur Befestigung des Trommelfelles dient am Annulus tympanicus eine feine, an der inneren Fläche sichtbare Furche. Wie bei Echidna ist auch der Hammer bei Ornithorhynchus im Verhältniss zu den übrigen Gehör- knöchelchen als sehr gross zu bezeichnen. Er besteht aus Kopf, Griff und dem langen Fortsatz; ein Processus brevis ist nicht vorhanden. Der Kopf hat die Gestalt eines flachen vierseitigen Knochenstückes, dessen Ecken vorn-unten, hinten-unten, vorn-oben und hinten-oben liegen. Die nach aussen gekehrte Fläche des Kopfes befindet sich nicht in einer Ebene, sondern ihre Ränder springen nach aussen vor, während die centrale Partie nach innen eingesunken erscheint. Von der unteren vorderen Ecke erstreckt sich der lange Fortsatz, von der unteren hinteren Ecke der Hammergriff nach abwärts; beide Fortsätze laufen jedoch nicht wie beim Ameisenigel annähernd parallel, sondern divergiren von ihrer Ursprungsstelle an, indem das 119 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 651 Manubrium mallei fast direct nach abwärts zieht, während der Processus folii die Richtung nach unten und vorn nimmt. Auch beim Schnabelthier treten an der Abgangsstelle des langen Hammerfortsatzes die beiden Lamellen des Hammerkopfes auseinander, und der erstere verläuft als nach vorn und aussen offener Sulcus nach abwärts und vorn, wobei er sich eng an die äussere und hintere Fläche des vorderen Schenkels des Annulus tympanicus anschmiegt und mit demselben verwächst. Die grösste Querschnittsaxe des Hammergriffes, der im Trommelfell in ähnlicher Weise wie beim Menschen befestigt ist, verläuft von vorn nach hinten. Der Amboss, welcher sich mit seiner lateralen, nach aussen leicht concaven Fläche der median- wärts vorgewölbten inneren Fläche des Hammerkopfes anlegt, erinnert in seiner Form nur wenig an das gleichnamige Knöchelchen der meisten Säugethiere. Er stellt ein flaches Knochenplättchen dar in der Gestalt eines Dreieckes, dessen nach hinten gerichtete Grundlinie nicht geradlinig verläuft, sondern einen schwachen, nach hinten convexen Bogen beschreibt. An seiner vorderen Ecke befindet sich eine nach innen vor- springende Papille, welche der Verbindung mit dem Stapes dient. Zur Verbindung mit dem Schläfenbein springt von der oberen Ecke ein relativ kräftiger Fortsatz nach oben vor; die kräftige Befestigung zwischen dem Schläfenbein und dem Amboss an dieser Stelle ist besonders deutlich zu erkennen in der Zeichnung des histologischen Schnittes durch die Gehörknöchelchen und die angrenzenden Schläfenbeinpartien (Taf. XXII, Fig. 8). Die Befestigung zwischen Hammer und Amboss ist bei Ornithorhynchus paradoxus eine andere als bei Echidna hystrix; während es sich beim Ameisenigel um eine bindegewebige Verbindung, um eine Syndesmose handelt, wiegt beim Schnabelthier das knorpelige Element vor; nur in der Mitte befindet sich faseriges Bindegewebe. Ferner wurde bei Ornithorhynchus eine deutlich sichtbare Gelenkspalte (Taf. XXII, Fig. 8 und 9) constatirt, die ich bei Echidna nicht wahrnehmen konnte; sehr schön sieht man bei der starken Vergrösserung des mikroskopischen Schnittes den Uebergang des Knorpels in den Knochen. Der Steigbügel, welcher wie beim Ameisenigel aus einer Fussplatte, einer Columella und einem Köpfchen besteht, ist mit dem Amboss knorpelig verbunden (Taf. XXII, Fig. 8). Die Columella hat eine Länge von ca. Imm und steht senkrecht auf der im ovalen Fenster knorpelig befestigsten Fussplatte; die letztere hat die Form einer Ellipse, deren Längsdurchmesser von oben nach unten verläuft. Eine Stapessehne ist nicht vorhanden. Die mediale Paukenhöhlenwand und der Recessus epitympanicus. Die mediale Wand des Cavum tympani schaut bei Ornithorhynchus ebenso wie das Trommelfell fast gänzlich nach unten und nur ganz wenig nach aussen, Während sich bei Echidna hystrix die innere Pauken- höhlenwand nicht nur nach oben, sondern auch nach hinten, vorn und unten durch eine knöcherne Um- wallung gegen die Umgebung abgrenzt, ist beim Schnabelthier vorn, hinten und unten eine knöcherne Differenzirung gegen die benachbarten Partien nicht zu erkennen (Taf. XXII, Fig. 13). Auch nach oben zu fehlt die scharfe knöcherne Absetzung, welche wir beim Ameisenigel zwischen den inneren Wänden der eigentlichen Paukenhöhle und des Recessus epitympanicus constatiren konnten; nur an dem hinteren Ende der Grenzlinie zwischen den medialen Wänden der beiden genannten Hohlräume springt ein feines Knochenplättchen etwa !/, mm nach hinten und aussen vor und schafft hier eine deutliche Abgrenzung. In der Richtung von oben nach unten wölbt sich die innere Paukenhöhlenwand nach aussen convex vor und fällt in ihrer Mitte von hinten nach vorn sanft ab. Sie wird gebildet von der lateralen Wand des Petrosum, das nach unten (medialwärts) sich mit dem Occipitale basilare verbindet. Vorn und hinten wird das Felsenbein zum grössten Theile begrenzt von 2 grossen Foramina, von denen das hintere nach den Untersuchungen Van BEMMELEN’s dem Foramen pro nervo vago, dem Foramen praecondyloideum und 652 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 120 der Fenestra oceipitalis entspricht; dasselbe wird umgrenzt von dem Occipitale laterale, dem Mastoid, dem Petrosum und dem Occeipitale basilare!). Das vordere Loch ist das Foramen ovale und dient dem 3. Ast des Trigeminus zum Durchschnitt. Nach vorn unten verbindet sich das Petrosum mit dem Basisphenoid. Während die mediale Wand des Recessus epitympanicus von dem Petrosum gebildet wird, ist die obere, äussere und zum Theil auch die vordere und die hintere Wand ein Product des Mastoids, das sich von dem unteren Randesder dem Squamosum angehörigen Unterkiefergelenkfläche nach abwärts und hinten erstreckt und sich als flache Knochenplatte wie ein überhängendes Dach dem Felsenbein vorlagert. Gegenüber der Stelle, an welcher sich von der medialen Paukenhöhlenwand das oben erwähnte feine Knochenplättchen lateralwärts vorstreckt, entsendet das Mastoideum von seinem unteren Rand einen kurzen, kräftigen Fortsatz nach innen und unten, der sich jenem Knochenplättchen fast bis zur Berührung nähert, so dass in dieser Gegend der Recessus epitympanicus bis auf einen kleinen Spalt knöchern abgeschlossen ist. Da an diesem Fortsatz der obere Theil des Hyoidbogens inserirt, ist derselbe von VAn BEMMELEN als Processus hyoideus bezeichnet worden. Fig. 1. Fig. 2. Ornithorhynchus. Echidna. Fig. I und 2. Schemas der Kopfarterien der Monotremen nach TANDLER. === persistirende Gefässe, —- zurückgebildete Gefässe. A.st. Arteria stapedia, C.c. Carotis communis, (0.‘. Carotis interna, (.e. Carotis externa, R.s. Ramus superior art. staped., R.i. Ramus inferior art. staped., R.o. Ramus orbitalis art. staped., R.a. Ramus alveolaris art. staped., N. ir. III. 3. Ast des Nervus trigeminus, A.0o.? Arteria occipitalis ? Der obere Paukenhöhlenraum nimmt den Hammerkopf, den Amboss und den Steigbügel auf und wird durchzogen von dem Nervus facialis und der Arteria stapedia. An der medialen Wand des Recessus epitympanicus befindet sich nahe an der hinteren Kante die Fenestra vestibuli; dieselbe hat ovale Gestalt mit nach unten gerichtetem, spitzerem Ende. Ihr Längsdurchmesser hat eine Länge von I,2 mm, während ihr grösster Querdurchmesser 0,9 mm misst. Kurz vor dem oberen Rande des Vorhofsfensters bemerkt man eine Oeffnung, durch welche der Nervus facialis in den oberen Paukenhöhlenraum eintritt. Der Nerv durchzieht den Raum in der Richtung nach hinten-oben in einer nach aussen offenen Rinne und tritt in der hinteren oberen Ecke desselben an die Schädelbasis heraus. Unterhalb der Austrittsstelle des Nervus facialis gelangt nach den Unter- suchungen TAnDLEr’s und Van BEMMELEN’s die Arteria stapedia in den Recessus epitympanicus, durch- läuft denselben oberhalb des Vorhofsfensters in nach oben convexem Bogen, zieht dann an der medialen Paukenhöhlenwand hinter dem Foramen ovale nach vorn-unten und wendet sich schliesslich durch den ı) Herr VAN BEMMELEN war so liebenswürdig, an dem mir zur Verfügung stehenden halben Schädel die einzelnen Knochen des Schädelskelets abzugrenzen und zu bezeichnen, da es mir an dem einen Knochenpräparat nicht möglich war, mit Sicherheit die Suturen festzustellen. 121 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 653 Canalis pterygoideus nach vorn. Nach TANDLER ist bei Ornithorhynchus der Ramus superior der Arteria stapedia mit Ausnahme seines orbitalen Abschnittes, der durch Anastomose Anschluss an den Ramus inferior findet, zurückgebildet. Auf Grund meiner eigenen, am Knochenpräparat und an mikroskopischen Schnitten vorgenommenen Untersuchungen ist es mir wahrscheinlich, dass der obere Ast des stapedialen Gefässes nicht, wie TAnDLER ausführt, zurückgebildet ist, sondern wenigstens als Arteria meningea vorhanden ist. In der vorderen Wand des Recessus epitympanicus befindet sich direct neben der Eintrittsstelle des Nervus facialis in den oberen Paukenhöhlenraum (Apertura tympanica canalis Fallopii), also an derselben Stelle wie bei Echidna hystriwx und Erinaceus europaeus, der Zugang zu einem Kanal, der, das Petrosum durch- bohrend, in der hinteren Gegend der mittleren Schädelgrube an der Grenze des Squamosum und Petrosum wieder zum Vorschein kommt. Es lag sehr nahe, daran zu denken, dass sich durch den beschriebenen Kanal von der Paukenhöhle zur mittleren Schädelgrube ein Gefäss von der den oberen Paukenhöhlenraum durchziehenden Arteria stapedia abzweigt, daß es sich hier um einen Kanal für den Ramus superior arteriae stapediae handelt. Die Furche für diesen Ramus biegt, im Schädelinnern angelangt, nicht wie beim Igel in der Hauptsache nach vorn zur Orbita um, sondern verläuft wahrscheinlich als Sulcus für die Arteria meningea zuerst nach oben und wendet sich dann bald in nach unten innen concavem Bogen nach hinten. Bevor der beschriebene Kanal jedoch in die Schädelhöhle eintritt, weist er in seiner vorderen Wand ein feines Loch auf, durch welches möglicherweise ein Gefäss zur Augenhöhle verläuft und dort mit dem Ramus inferior anastomosirt. Wie weit meine Vermuthung bezüglich des Verlaufes des Ramus superior arteriae stapediae durch die Untersuchung TANDLER’s am injicirten Präparat ihre Bestätigung gefunden hat, ist aus dem folgenden Bericht zu ersehen, den der Verfasser desselben so freundlich war, mir mit der Erlaubniss zur Publication an dieser Stelle zu übergeben : „Bei Ornithorhynchus und bei Echidna findet sich an der medialen Paukenhöhlenwand oberhalb der Fenestra ovalis ein feiner Kanal, der in das Schädelinnere führt und daselbst in Form einer seichten Furche an der lateralen Wand der Schädelkapsel weiterzieht. Diese Furche hat die gewöhnlichen Characteristica einer Venenfurche, mehr noch bei Ornithorhynchus als bei Echidna. Der Anfang des Sulcus und damit das obere Ende des Kanals liegt bei beiden Thieren vor dem lateralen Ende der Pyramidenkante, dort, wo die Pars squamosa sich dem Petrosum anschliesst, rostral von den Bogengängen, bei Ornithorhynchus noch besonders markirt durch den freien Verlauf des sagittalen Bogenganges. Der Sulcus ist sowohl bei Ornithorhynchus als auch bei Echidna der Abdruck des vorden Abschnittes des Sinus transversus, während der Kanal die bei diesen Thieren persistirende Vena capitis lateralis, (HOCHSTETTER) enthält!). Bei Echidna ist der gesammte rückwärtige Theil der Arteria sta- pedia spurlos zurückgegangen, es ist daher kaum denkbar, dass vom Ramus superior ein Theil in der Paukenhöhle persistiren könnte. Anders bei Ornithorhynchus; hier persistirt die Arteria stapedia in vollem Umfang. Bei der neuer- lichen jetzt vorgenommenen Untersuchung meines Objectes, das ich vor Jahren für meine Publication benutzte, fand ich bei Lupenpräparation, dass vom Stamme der Arteria stapedia unmittelbar nach der Passage des Stapes ein kleines Gefäss abgeht. Dieses wendet sich sofort bei seinem Ursprung aufwärts und verläuft ein Stück mit dem Nervus facijalis. Weiterhin verlässt die Arterie den Facialis genau so wie die hier vorhandene Vena capitis lateralis (HOCHSTETTER), um, wie es scheint, mit der Vena schädelwärts zu ziehen. 1) HOCHSTETTER, Beiträge zur Anatomie und Entwickelung des Blutgefässsystems der Monotremen. Jenaische Denkschriften. VI. 16 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 54 654 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 122 Leider war es mir unmöglich, die Arterie an meinem Exemplar weiter zu verfolgen, da nicht weiter injieirt war. Die Arterie ist nach ihrem Ursprung der typische Ramus superior der Arteria stapedia, der in Folge der Persistenz des Stapediastammes erhalten geblieben ist. Bei Echidna ist natürlich mit dem Zugrunde- gehen der Stapedia auch der Ramus superior verschwunden, da ich nach meinen bisherigen Erfahrungen auch für Echidna eine vollständige Arteria stapedia embryonalis postuliren muss. Nach alledem ist es klar, dass der Kanal, um dessen genauere Bestimmung es sich hier handelt, zweifellos die Vena capitis lateralis (HOCHSTETTER) und wahrscheinlich den embryonalen Rest des Ramus superior arteriae stapediae enthält, der bei ‚Echidna kaum mehr nachweisbar, bei Ormithorhynchus innerhalb bescheidener Grenzen erhalten blieb. An Wahrscheinlichkeit gewinnt die Sache noch durch die Befunde meines Collegen GrosSER!). Er konnte nämlich nachweisen, dass an einem 9!/, mm langen Embryo von Vespertilio murin. die Vena capitis lateralis, der Facialis und der Ramus superior arteriae stapediae nebeneinander die Schädelanlage passiren. Ausserdem liegt der Ramus meningeus des Ramus superior arteriae stapediae an erwachsenen Chiropteren ein Stück mitten im vorderen Ende des Sinus transversus.“ Aus den vorstehenden Ausführungen geht hervor, dass sich meine Annahme bezüglich eines sich in der Paukenhöhle abzweigenden Ramus superior arteriae stapediae bei Ornithorhynchus bestätigt hat, dass bei Echidna dagegen der in Frage kommende Kanal wenigstens bei den entwickelten Individuen in Folge des Zugrundegehens der Arteria stapedia nicht mehr zur Aufnahme eines Astes derselben dient, sondern ausschliesslich für den Durchtritt der Vena capitis lateralis (HOCHSTETTER) bestimmt ist. In der Embryonal- anlage jedoch dürfte nach den Untersuchungen GRossEr’S über das Gefässsystem der Chiroptera auch beim Ameisenigel der Kanal von einem Ramus superior arteriae stapediae passirt werden. Sehr wünschenswerth wäre es, durch weitere Untersuchungen an injicirten Präparaten den Nachweis zu liefern, ob sich durch das in der vorderen Wand des Kanals befindliche Loch in der That ein Gefäss zur Orbita abzweigt. Das der früheren TanpLer’schen Arbeit über die Kopfarterien der Mammalier entnommene Schema des Gefäss- systems am Kopfe von Ornithorhynchus bedarf demnach einer kleinen Modification insofern, als der Ramus superior art. stap. nicht als gänzlich zurückgebildet, sondern mindestens in seinem Anfangstheil als persistirend gezeichnet werden muss. In der hinteren Wand des Petrosum, welche zu dem grossen, an der Schädelbasis am weitesten nach hinten gelegenen Foramen abfällt, befindet sich annähernd in gleicher Höhe mit dem Vorhofsfenster, und nur durch eine schmale Knochenspange von demselben getrennt, die Nische zum Schneckenfenster. Die äussere Umrandung derselben hat die Gestalt einer Ellipse, deren ca. ı!/, mm lange Längsaxe von aussen nach innen verläuft; der Querdurchmesser beträgt 0,9 mm. Von der unteren Umrandung der Schneckenfensternische zieht nach unten eine seichte Furche, welche zu dem oben erwähnten grossen Foramen hinführt und den aus der Fensternische herauskommenden Aquaeductus cochleae aufnimmt. 3. Das innere Ohr. In derselben Weise wie bei Zchidna hystrix wurde das innere Ohr des Schnabelthieres durch einen Metallausguss zur Darstellung gebracht, und zwar wurde das flüssige Metall auch hier durch den Meatus auditorius internus nach Verschluss aller übrigen Foramina in das Labyrinth hineingeschüttet. 1) ©. GROSSER, Zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte des Gefässsystems der Chiropteren. Anat. Hefte, 1901. 123 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 655 Der Meatus auditorius internus und der Canalis Fallopii. An die Stelle eines inneren Gehörganges tritt bei Ornithorhynchus eine grubige Vertiefung, an deren Boden sich die Foramina für den Durchtritt der einzelnen Aeste des Nervus octavus befinden. In diesem Fundus trennt eine von hinten-oben nach vorn-unten ziehende Crista eine vordere obere Hälfte von einer hinteren unteren; die vordere obere Hälfte zerfällt durch eine senkrecht zur Crista falciformis verlaufende, etwas tiefer liegende Knochenleiste in einen vorderen unteren Bezirk, in welchem sich das Foramen für den Nervus facialis befindet, und in einen vorderen oberen Bezirk, der fast ganz eingenommen wird von der Area cribrosa superior, die dem Durchtritt des Ramus utricularis dient. In der hinteren unteren Hälfte des Fundus erkennt man deutlich die zahlreichen feinen Oeffnungen des Tractus spiralis foraminulentus und ferner in der unteren Ecke ein grösseres Loch, durch welches sich der Nervus sacculi zum Sacculus begiebt. Auch in dem oberen Winkel der hinteren unteren Fundushälfte tritt noch ein grösseres Loch zu Tage, durch welches der von unten her an die hintere Ampulle herantretende Ramus ampullae posterioris den Meatus auditorius internus verlässt. Der Canalis Fallopii verläuft vom Fundus aus annähernd in der Horizontalebene in schwach nach vorn convexem Bogen nach aussen und gelangt vor dem oberen Rande des Vorhofsfensters in den oberen Paukenhöhlenraum; an dieser Stelle tritt der Nervus facialis aus dem geschlossenen Kanal heraus und durchzieht, wie oben beschrieben, in einem Halbkanal die mediale Wand des Recessus epitympanicus, aus dem er durch das in der hinteren Ecke gelegene Foramen faciale heraustritt. Auf der Strecke vom Fundus meatus auditorii interni zur Paukenhöhle weist der Canalis Fallopü in seiner vorderen, das Foramen ovale begrenzenden Wand eine grössere Oeffnung auf, einen grossen Hiatus canalis Fallopii, in welchem der Nerv zum Ganglion geniculatum anschwillt und von wo aus er die Nervi petrosus superficialis major und minor nach vorn sendet. Oberhalb des oberen Randes der für den Eintritt des Nervus octavus ins Felsenbein bestimmten grubigen Vertiefung und ein wenig nach hinten befindet sich der Eingang zu einer sich lateralwärts ausbuchtenden, geräumigen Höhle; in der äusseren Umrandung dieser Höhle, welche bei einer grossen Reihe von Säugethieren als Fossa subarcuata bekannt ist, verläuft der Canalis semicircularis superior (Taf. XXII, Fig. 12). Die Cochlea und der Aquaeductus cochleae. (Taf. XXII, Fig. 10.) Wie bei Echidna hystrix breiten sich auch bei Ornithorhynchus die feinsten Verzweigungen des Gehör- nerven nicht in einem schneckenartig aufgewundenen Hohlraum, sondern in einem schwach gekrümmten cylindrischen Rohr aus. Dasselbe zieht sich in schwach nach vorn concavem Bogen nach innen und wenig nach abwärts und vorn, wendet sich aber kurz vor seinem medialen Ende stärker nach vorn, so dass die Längsaxe dieses medialen Endes mit der Längsaxe des übrigen Schneckenrohres einen Winkel von 270° bildet. Die annähernd 4 mm messende Längsaxe der Cochlea liegt nicht genau in derselben Ebene, während sie sich im Anfang etwas ventralwärts vorwölbt, tritt sie in ihrer mittleren Partie ein wenig dorsalwärts aus ihrer Ebene heraus, um an ihrem medialen, nach vorn umgebogenen Ende von neuem etwas ventralwärts hervorzutreten; sie weist also in ihrem Verlaufe eine schwache S-förmige Schlängelung auf. Die ca. 1,75 mm lange Längsaxe des elliptischen Querschnittes wächst an dem peripheren nach vorn sich wendenden Ende um ein Weniges, während umgekehrt der Querdurchmesser des Querschnittes, der nahe dem Vestibulum ca. I,2 mm misst, im weiteren Verlauf des Schneckenrohres sich etwas verkürzt. Eine Furche, wie sie sich beim Ameisenigel an der hinteren Wand des Ausgusses des Schneckenkanales als Abdruck der Lamina spiralis secundaria fand, konnte ich an dem Corrosionspräparat vom Schnabelthier auch bei Betrachtung 16* 84* 656 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 124 mit der Lupe nicht constatiren, so dass das Fehlen der Lamina wohl mit Sicherheit angenommen werden darf. Deutlich erkennt man an der oberen inneren Wand des ausgegossenen Schneckenrohres die zahl- reichen feinen, zum Fundus sich hinziehenden Abgüsse des Tractus spiralis foraminulentus. Auf gleicher Höhe mit dem Vorhofsfenster befindet sich an der hinteren Wand der Cochlea nahe dem Vestibulum die relativ grosse Nische der Fenestra cochleae. An dem Corrosionspräparat sieht man, dass die ventrale Wand der Nische erheblich niedriger ist als die dorsale. Der Aquaeductus cochleae nimmt für sich keinen eigenen Knochenkanal in Anspruch, sondern verläuft an der inneren Wand der Schneckenfensternische und zieht nach dem Heraustreten aus derselben in einer flachen Furche nach unten und abwärts zu dem an der Schädelbasis gelegenen grossen Foramen jugulare praecondyloideum. Das Vestibulum und der Aquaeductus vestibuli. Der Vorhof des Schnabelthieres, welcher viel geringere Dimensionen aufweist als das Vestibulum des Ameisenigels, liegt nach aussen und oben vom Schneckenkanal. Die Furche, welche bei dem anderen Repräsentanten der Monotremen als Ausdruck einer in den Innenraum vorspringenden, den Recessus sphaericus von dem Recessus ellipticus abgrenzenden Crista deutlich hervortrat, konnte ich bei Ornithorhynchus paradoxus nicht constatiren. Abgesehen von den feinen Foramina, durch welche der Ramus sacculi und Ramus utriculi an den Vorhof von unten her herantreten, communicirt das Vestibulum durch 4 Oeffnungen mit dem Bogengangapparat, durch die Fenestra vestibuli mit dem Mittelohr und durch den Aquaeductus vestibuli mit dem Endocranium. Auch beim Schnabelthier sind die Oeffnungen für die Ampullen sehr weit im Vergleich zu der Fenestra vestibuli; der einfache Schenkel des Canalis semicircularis externus beansprucht keinen eigenen Kanal für sich, sondern begiebt sich zur vorderen Wand der hinteren Ampulle und betritt mit dieser zugleich den Vorhof; es existirt demnach bei Ornithorkynchus zwischen Bogengängen und Vestibulum eine Communicationsöffnung weniger als beim Menschen und den meisten Säugethieren; jedoch bildet dies Vorkommniss keine allein dastehende Ausnahme, da ich denselben Befund bei Unsus maritimus, Felis pardus und Equus caballus constatiren konnte. Der gemeinsame Schenkel des oberen (vorderen) und hinteren Bogenganges begiebt sich an der hinteren Ecke der ungefähr in der Horizontalebene von hinten nach vorn und ein wenig nach innen verlaufenden oberen Kante zum Vestibulum, während der ampulläre Schenkel des Canalis semicircularis superior (anterior) in die vordere Ecke der oberen Vorhofskante eintritt. An der hinteren oberen Ecke der lateralen Wand des Vestibulums befindet sich die Eintrittsöffnung für den ampullären Schenkel des hinteren und den einfachen Schenkel des äusseren Bogenganges; die Ampulle des Canalis semicircularis externus endlich begiebt sich in der vorderen oberen Ecke dicht unter der Eintritts- stelle der oberen Ampulle in den Vorhof. — Die Apertura interna des Aquaeductus vestibuli befindet sich an der inneren Vorhofswand, aber nicht wie bei Echidna direct unterhalb der Einmündungsstelle des Crus commune, sondern etwas nach vorn von dieser Stelle. Der knöcherne Kanal für den Aquäduct, welcher in der Richtung nach innen und aufwärts verläuft, hat eine Länge von nur I—-2 mm, die schlitzförmige nach hinten-oben offene Apertura externa befindet sich etwa 2 mm hinter der oberen Umrandung des Meatus auditorius internus. Die Canales semicirculares. Der Bogenapparat ist bei Ornithorhynchus viel graciler gebaut als bei Zchidna, da die Lumenweite im Verhältniss zu der Bogenweite beim Schnabelthier viel geringer ist als beim Ameisenigel. Dagegen sind die Ampullen bei Ornithorhynchus relativ sehr kräftig entwickelt. Der obere Bogengang überragt die beiden anderen halbzirkelförmigen Kanäle bei weitem an Grösse; er liegt annähernd in einer 125 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 657 Verticalebene, welche die Sagittalebene unter einem nach vorn-innen offenen, sehr spitzen Winkel schneidet, und weist eine sehr ausgeprägte Flächenkrümmung auf. Während der Scheitel des Bogens sich etwas nach innen zu neigt, tritt sowohl der ampulläre Schenkel als auch der dem Crus commune sich zuwendende Theil des Kanals ziemlich erheblich nach aussen aus der Bogengangsebene heraus, so dass eine deutlich hervortretende S-förmige Schlängelung zu Stande kommt. Die Entfernung der Bifurcationsstelle vom Anfang der Ampulle beträgt bei dem oberen Bogengang 4,5 mm, die Entfernung des Scheitels von der oberen Vorhofskante 4,0 mm. Die mediale Wand der von vorn-oben in das Vestibulum eintretenden Ampulle hat eine Länge von I,4 mm, während die laterale Wand derselben 1,3 mm misst. Auf dem Querschnitt zeigt die Ampulle des oberen halbzirkelförmigen Kanals die Gestalt einer Ellipse mit einem Längsdurchmesser von 1,3 mm und einem Querdurchmesser von I, mm. Auch der Querschnitt durch den oberen Bogengang selbst ist elliptisch geformt; jedoch verläuft die 0,7 mm lange Längsaxe des Quer- schnittes nicht, wie es meistens der Fall-ist, in der Bogengangsebene, sondern steht senkrecht auf derselben. Die Länge der Queraxe beträgt 0,55 mm. Die Lumenweite des Bogenganges ist nahe am Crus commune die gleiche wie in der Nähe der Ampulle Der 3,7 mm messende gemeinsame Schenkel des oberen (vorderen) und hinteren Bogenganges steigt in sanftem, nach vorn und aussen concavem Bogen in der Richtung nach oben und wenig nach hinten aus dem Vorhof heraus; der Quer- schnitt des Crus commune, der nach der Theilungsstelle zu etwas wächst, ist kreisförmig mit einem Durch- messer von 0,7 mm Länge. Der Canalis semicircularis posterior tritt an keiner Stelle wesentlich aus seiner Bogengangs- ebene heraus; die Ebenen des oberen (vorderen) und hinteren Bogenganges schliessen einen nach aussen und vorn offenen Winkel von ca. 100° ein. Der hintere halbzirkelförmige Kanal, der an Umfang zwischen dem äusseren und oberen Bogengang steht, zeichnet sich durch die Grösse seiner Ampulle aus; dieselbe tritt von hinten-aussen an den Vorhof heran und hat an der hinteren Wand eine Länge von I, mm, während die vordere Wand 1,35 mm misst. Die Längsaxe des elliptischen Querschnittes ist 1,6 mm, die Queraxe 1,25 mm lang. Die Entfernung der Bifurcationsstelle vom Anfang der Ampulle beträgt 3,36, die Entfernung des Scheitels vom Vestibulum 3,4 mm. Der Querschnitt des Kanals ist beim Austritt aus der Ampulle kreisförmig mit einem Durchmesser von 0,56 mm; im weiteren Verlauf jedoch wird der senkrecht auf der Bogengangsebene stehende Durchmesser etwas länger, während der in der Bogengangsebene liegende Duchmesser sich ein klein wenig verkürzt, so dass der erstere kurz vor der Gabelungsstelle des Crus commune 0,6 mm, der letztere 0,55 misst. Der Canalis semicircularis externus liegt fast genau in der Horizontalebene und zeigt keine Flächenkrümmung; sein einfacher Schenkel geht bereits in den hinteren Bogengang über, bevor derselbe sich zur Ampulle erweitert. Die Entfernung dieser Eintrittsstelle von dem Anfang der Ampulle beträgt 3,4 mm, die Entfernung des Scheitels von der lateralen Vorhofswand 2,74 mm. Am Corrosions- präparat lässt sich der weitere Verlauf des Crus simplex an der vorderen Wand der Ampulla posterior deutlich abgrenzen. Die Ampulle des äusseren Bogenganges ist an der oberen Wand I, 4 mm, an der unteren 1,15 mm lang. Der elliptische Querschnitt hat eine Längsaxe von I,6 mm, eine Queraxe von 1,I5 mm Länge. Der Querschnitt des äusseren Bogenganges ist am Eintritt in den Canalis semicircularis posterior elliptisch mit einem Längsdurchmesser von 0,65 mm und einem Querdurchmesser von 0,54 mm, wird jedoch am Uebergang in die Ampulle kreisrund mit einem Durchmesser von 0,6 mm. Wie bei Echidna hystrix wird auch bei Ornithorhynchus die Ebene des hinteren Bogenganges von der Ebene des äusseren Bogenganges nicht geschnitten, sondern die letztere liegt unterhalb des Canalis semicircularis superior. [0x [071 [0) Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 126 Vergleichend -anatomische Schlussbemerkungen. In den nachstehenden Ausführungen soll kurz hingewiesen werden auf die Merkmale, welche das Gehörorgan der Monotremata bei makroskopischer Betrachtung einerseits mit dem Säugethierohr, andererseits mit dem Saurierohr gemeinsam hat. An dem äusseren Ohr des Menschen und der meisten Säugethiere unterscheiden wir bekanntlich 3 Bezirke: die Ohrmuschel, den knorpeligen und den knöchernen Gehörgang. Von diesen drei Theilen fehlt bei beiden Repräsentanten der Monotremen der Meatus auditorius externus osseus; wir wissen aber, dass ebenfalls bei einer Reihe von Mammaliern der Annulus tympanicus sich auch im späteren Leben nicht lateralwärts entwickelt, dass der knorpelig-häutige Gehörgang sich bei Erinaceus europaeus, Pteropus edulis, Phocaena phocaena und anderen direct lateral vom Trommelfell am Os tympanicum befestigt. In der Art der medialen Befestigung des Meatus cartilagineus jedoch unterscheidet sich das Monotremenohr auch von dem Gehörorgane der Säugethiere ohne knöchernen Gehörgang, indem der knorpelige Gehörgang der Kloakenthiere sich in der Hauptsache nicht am Annulus tympanicus anheftet, sondern nach den Untersuchungen Ruce’s sich bei Echidna befestigt an der mit dem inneren concaven Rande des Annulus tympanicus verbundenen, dem Hyoidbogen entstammenden tympanalen Schlussplatte, während bei Ornitho- rhynchus die Verbindung zwischen dem inneren Ende des Meatus cartilagineus und dem 2. primären Bogen des Visceralskelets durch 2 starke Bänder und durch Muskelzüge hergestellt wird. Was die Ohrmuschel betrifft, die von früheren Forschern bei den Kloakenthieren vielfach als fehlend bezeichnet wurde, wohl hauptsächlich aus dem Grunde, weil sich dieselbe nicht über das Niveau der umgebenden Kopfhaut erhebt, so kann die Existenz derselben bei beiden Monotremenfamilien nach den Feststellungen Ruge’s, deren Richtigkeit ich an dem mir zur Verfügung stehenden Material bestätigen konnte, nicht in Abrede gestellt werden, wenn auch die Auricula besonders bei Ornithorhynchus die denkbar einfachste Form aufweist. Wenn man sich vor Augen hält, dass bei den Sauriern eine Ohr- muschel und ein Meatus auditorius externus nicht vorhanden sind, so darf man wohl sagen, dass dem äusseren Ohre nach die Monotremen auf der Entwickelungsstufe der Mammalia stehen. Das Trommelfell des Ameisenigels und des Schnabelthieres besteht wie beim Menschen und den Säugethieren aus 3 Schichten: der Gehörgangsepidermis, der Membrana propria und der Mucosa der Paukenhöhle, während bei den Sauriern die Membrana propria fehlt. Bei beiden Monotremenfamilien grenzt sich ebenfalls eine Pars tensa von einer Pars flaccida ab; nur besteht die letztere bei Echidna nicht wie die Membrana Shrapnelli des Menschen aus Mucosa und Epidermis, sondern aus musculären Elementen. Auch bezüglich der Befestigung des Trommelfelles liessen sich ähnliche Verhältnisse wie bei den Mammalia constatiren; dasselbe ist bei Echidna und Ornithorhynchus gerade so wie bei Pteropus edulis in einem Annulus tympanicus ausgespannt, der nicht knöchern, sondern bindegewebig mit dem Os petrosum verbunden ist. Bekanntlich ist bei den Sauriern ein eigener knöcherner Trommelfellring für die Insertion der Membrana tympani nicht vorhanden, sondern dieselbe ist befestigt vorn und oben am Os quadratum, unten an dem die Gelenkfläche nach hinten überragenden Theil des Unterkiefers und hinten an den von der hinteren-oberen Partie des Quadratums zu dem caudalen Ende des Unterkiefers sich herabziehenden Weichtheilen. 127 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 659 Nach der im vorigen Jahr im „Zoologischen Anzeiger“ erfolgten Publication Sıxra’s!) sollte den Monotremen ein Os quadratum zukommen. Die Unrichtigkeit dieser Darstellung ist an derselben Stelle bereits durch Van BEMMELEN?), dem ich auf Grund der Betrachtung des mir zur Verfügung stehenden Materials vollkommen beipflichten muss, dargethan worden. Van BEMMELEN wies vor allem zunächst darauf hin, dass die Knochenpartie, welche Sıxta bei Ornithorhynchus als Os quadratum bezeichnet hatte, durchaus nicht dem bei Echidna als Quadratbein von ihm aufgefassten Knochenstück entsprach; während beim Schnabelthier nach SıxTa die nach aussen concav ausgehöhlte Gelenkfläche für den Unterkiefer dem Quadratum der Saurier entsprechen sollte, wurde beim Ameisenigel die ventrale Wand des vorderen Theiles jenes vom Recessus epitympanicus zur oberen Schädelgrube ziehenden Kanals als Quadratum aufgefasst. Mit Van BEMMELEN spreche ich bei Ornithorhynehus die Gelenkfläche für den Unterkiefer als die äussere untere Fläche des Squamosum an und halte das bei Echidna als Quadratum bezeichnete Knochenstück für denjenigen Theil des Mastoids, welches beim Schnabelthiere ungefähr dem Processus hyoideus ossis mastoidei entspricht. Den Gründen, welche Van BEMMELEN gegen die Richtigkeit der Ausführungen SIxTa’s anführt, füge ich hinzu, dass die von letztgenanntem Autor als Os quadratum angesprochenen Knochentheile bei den Monotremen in keiner unmittelbaren Verbindung mit dem Trommel- fell stehen, während das Quadratbein bei den Sauriern in erster Linie für die Fixation des Trommelfelles in Betracht kommt. Nach dem Gesagten bin ich zu der Ueberzeugung gelangt, dass das Os quadratum der Monotremen ausschliesslich als ein Product der Combinationsgabe des Herrn Professor V. Sıxta zu betrachten, in Wirklichkeit aber nicht vorhanden ist. Durch W. PETERS°) ist im Jahre 1867 darauf hingewiesen worden, dass der Annulus tympanicus der Monotremen sich an den Temporalflügel des Os pterygoideum unmittelbar anlegt; da nun der mit dem Trommelfellring verwachsene Hammer und der Amboss bei Ormithorhynchus an dem Temporale befestigt sind, so stellen der Annulus tympanicus und die Gehörknöchelchen — wie das Os quadratum der Saurier — eine Verbindung her zwischen dem Pterygoid und dem Temporale. Dass aber die vorübergehende Arti- culation des Tympanicum mit dem Os pterygoideum und dem inneren Winkelfortsatz des Unterkiefers, wie sie PETERS am Embryo der Monotremen gefunden hat, genügt, um die Homologie des Tympanicum mit dem Quadratum darzuthun, davon bin ich mit GAupPp‘) nicht überzeugt, da eine ganze Reihe von Gründen, deren Darlegung hier zu weit führen würde, gegen diese Auffassung spricht. Die Zahl der Gehörknöchelchen bei den Monotremen ist wie bei den Säugethieren 3, jedoch finden sich in ihrer Gestalt und in ihrer gegenseitigen Befestigung nicht zu leugnende Anklänge an die Saurier-Columella. Das den Amboss darstellende flache Knochenplättchen des Ameisenigels und des Schnabel- thieres, welches in seiner Gestalt nur sehr wenig an den Amboss des Menschen und der Säugethiere erinnert, ist mit dem entsprechenden Theile des Hammerkopfes durch Syndesmose resp. Synchondrose so fest verbunden und verwachsen, dass eine Bewegung des Ambosses oder des Hammerkopfes für sich kaum denkbar ist, so dass beide Knöchelchen functionell als ein Ganzes betrachtet werden müssen. An der Stelle des Steigbügels der Mammalia finden wir eine Columella, die mit ihrer Fussplatte bindegewebig resp. knorpelig im Vorhofs- fenster befestigt ist und mit ihrem verdickten lateralen Ende sich knorpelig verbindet mit dem Fortsatz des Ambosses. Die Columellaform des Stapes ist jedoch ebenfalls bei den Säugethieren beobachtet und zwar bei 1) SıxTA, Vergleichend-osteologische Untersuchungen über den Bau des Schädels von Monotremen und Reptilien. Zoolog. Anzeiger, Bd. XXIH, No. 613. 2) VAN BEMMELEN, Ueber den Schädel der Monotremen. Zoolog. Anzeiger, Bd. XXIII, No. 622. 3) W. PETERS, Ueber das Os tympanicum und die Gehörknöchelchen des Schnabelthieres in Bezug auf die Frage von der Deutung des Quadratbeines bei den Vögeln. Monatsberichte der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 1867. 4) E. Gaupp, Ontogenese und Phylogenese des schallleitenden Apparates bei den Wirbelthieren. Ergebnisse der Anatomie und Entwickelungsgeschichte, Bd. VIII, 1898. 660 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 128 beiden Species von Manis (Edentaten). Auch die Verwachsung des Processus folii des Hammers mit dem Os tympanicum, wie sie bei Ormnithorhynchus oben beschrieben und von anderer Seite auch bei Zchidna constatirt worden ist, kommt nach meinen eigenen Beobachtungen vor bei Pteropus edulis, Phocaena phocaena und älteren Exemplaren von Erinaceus, sowie ferner nach HyRTL bei Halmaturus, Hypsiprymnus, Didelphys und Petaurista. Dagegen erinnert der von hinten-oben nach vorn-unten gerichtete Verlauf des Hammer- griffes bei Echidna an den in derselben Richtung im Trommelfell verlaufenden Theil der Columella bei den Sauriern (Varanus, Lacerta). Während beim Menschen und den meisten Säugethieren die Paukenhöhle sich präsentirt als ein nach innen, oben, unten, hinten, vorn und zum Theil auch nach aussen knöchern abgeschlossener Hohlraum, ist bei Echidna anstatt einer eigentlichen Höhle nur eine flache grubige Vertiefung (Fossa tympanica) vorhanden mit nur wenig erhabenen, umgestülpten Knochenrändern. Bei Ornithorhynchus fehlt in der eigentlichen Paukenhöhle selbst diese knöcherne Umrandung der medialen Paukenhöhlenwand, und die letztere wird nach vorn von dem Foramen ovale, nach hinten von dem grossen Foramen jugulare- praecondyloideum begrenzt; nur der Recessus epitympanicus ist nach oben (eigentlich lateral), nach innen (dorsal), nach vorn (rostral), und zum Theil nach aussen (ventral) und hinten (caudal) knöchern umschlossen. Ausserordentlich ähnliche Verhältnisse wie bei Ornithorhynchus finden wir in Bezug auf den knöchernen Befund des Cavum tympani unter den Mammalia bei Pieropus edulis (Chiroptera). Auch bei diesem Thier liegt die mediale Paukenhöhlenwand ganz offen dar, und nur der obere Paukenhöhlenraum wird zum Theil knöchern überdacht; bei beiden Thieren erkennen wir in der oberen Partie der inneren Wand das Vorhofs- fenster, in dem nach hinten abfallenden Theile derselben die Fenestra cochleae. Sowohl bei den Mono- tremen, als auch bei dem fliegenden Hunde lassen sich in der vorderen Gegend des Recessus epitympanicus die Apertura tympanica canalis Fallopii und der Eingang in jenen das Schläfenbein durchbohrenden, zur mittleren Schädelgrube ziehenden Kanal constatiren, der zur Aufnahme der Vena capitis lateralis (HOCHSTETTER) und des Ramus superior arteriae stapediae dient. Fast genau an derselben Stelle geht dieser Kanal in dem Schädelinnern beim Schnabelthier und beim fliegenden Hund in eine breite und tiefe Furche über. Auch die weite Oeffnung (Hiatus canalis Fallopii), welche oben in der vorderen Wand des Canalis facialis bei Ornithorhynchus beschrieben wurde, tritt bei Pieropus deutlich zu Tage. Und ganz ähnlich liegen die soeben geschilderten Verhältnisse im Mittelohr bei Zrinaceus europaeus,; ausser den angeführten übereinstimmenden Punkten finden wir bei diesem Thier auch noch den Processus tympanicus ossis mastoidei des Schnabelthieres. Beiden Vertretern der Monotremen fehlt der Musculus stapedius wie den Sauriern, bei denen er im embryonalen Stadium vorkommt; dagegen besitzt sowohl Echidna als auch Ornithorhynchus einen wohl ausgebildeten Musculus tensor tympani, der als ein ausschliessliches Attribut des Säugethierohres zu betrachten ist. Während bei Ornithorhynchus anstatt einer Tuba Eustachii eine breite Communication zwischen Rachen und Paukenhöhle besteht, findet sich bei Echidna eine knorpelig-häutige Röhre, welche von der hinteren Partie der Paukenhöhle in der Richtung nach innen und etwas caudal- und ventralwärts zum Rachen hinzieht. Dieser von dem Befunde beim Menschen und den meisten Säugethieren abweichende Verlauf der Ohrtrompete des Ameisenigels hat zweifellos seine Ursache in der durch die Lebensweise des Thieres (Ameisenfang) bedingten Verlängerung des Gaumens nach hinten, wodurch der Nasenrachenraum im Schädel weiter nach hinten rückt als die Paukenhöhle. Das Fehlen der Pars ossea tubae Eustachii, welches auch bei den Insectivora (Erinaceus) und Chiroptera (Pteropus) vorkommt, kann nicht als ein ausschliesslich für das Saurierohr charakteristisches Merkmal betrachtet werden. In seinen vergleichend- osteologischen Untersuchungen über den Bau des Schädels von Monotremen und Reptilien sagt SIxTA, 129 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 66I dass die Fenestra vestibuli der Monotremen in der Naht der verbundenen Knochen Oto-sphenoideum (Petrosum, Prooticum) und Pleuro-oceipitale (Occipitale laterale) liegt. An dem mir zur Verfügung stehenden Material ist es mir nicht möglich gewesen, für diese Behauptung irgend welche Anhaltspunkte zu finden; ich habe keine Spur von einer Naht, wie sie bei den Sauriern zwischen dem Petrosum und Oeccipitale laterale deutlich zu Tage tritt (cf. Taf. XXI, Fig. 15), entdecken können und bin überzeugt, dass das Vorhofsfenster der Kloakenthiere ausschliesslich vom Petrosum umgrenzt wird. Ferner behauptet SıxrTa an derselben Stelle, dass die Monotremen fast dasselbe knöcherne Gehör- labyrinth besitzen wie die Saurier; auch dieser Behauptung vermag ich nach meinen Untersuchungen nicht beizustimmen. Was zunächst die Labyrinthkapsel anbetrifft, so werden die Wandungen derselben nicht wie bei den Sauriern (Taf. XXII, Fig. 14) gebildet durch das Petrosum (Otosphenoid, Prooticum), das Occipitale superius und das Opisthoticum. Bei der Betrachtung der verschiedenen mir vorliegenden Präparate konnte ich weder auf der lateralen noch auf der medialen Seite des das Labyrinth umgebenden Knochens irgend welche Nähte constatiren, und es ist für mich nicht zweifelhaft, dass das Labyrinth der Monotremen von einem einheitlichen Knochen, dem Os petrosum, umschlossen wird. Wenn man die morphologischen Verhältnisse des Monotremenlabyrinths betrachtet, wie es am besten an einem Corrosionspräparat geschieht, so ist zunächst bezüglich der Cochlea zu bemerken, dass kein Säugethier existirt, dessen Schnecke so wenig aufgewunden ist — die wenigsten Schneckenwindungen (1,311) hat nach HyrTL Cricetus frumentarius — wie die Monotremenschnecke; sie weist ihrer äusseren Form nach eine nicht zu verkennende Aehnlichkeit mit der Cochlea der Saurier auf. Andererseits kommt bei keinem Reptil und bei keinem Vogel eine derartige Abbiegung des medialen unteren Endes des Schneckenrohres vor, wie wir es oben bei Echidna und Ornithorhynchus beschrieben haben. Dass die Monotremen noch im Besitz der allen Säugethieren fehlenden Papilla lagenae sind, ist aus früheren Forschungen bekannt; dagegen erinnert wiederum der Umstand, dass ihre Macula acustica nach den Untersuchungen U. PRITCHARD’s mit CorTtr’schen Pfeilen und Tunneln versehen ist, an den Bau der Mammalier-Cochlea. Durch eine zwischen zwei Knorpelprismen ausgespannte häutige Zone wird das Schneckenrohr der Kloakenthiere in eine untere vordere und eine hintere obere Scala getheilt. Eine Lamina spiralis secundaria fand ich nur bei Echidna, während sie bei Ornithorhynchus fehlt. Die den Recessus ellipticus von dem Recessus sphaericus abgrenzende Crista vestibuli, wie sie uns beim Menschen und den Säugethieren bekannt ist, konnte ich nur bei Echidna, dagegen nicht bei Ornithorhynchus constatiren. Sämmtliche Ampullenöffnungen im Vorhof sind bei beiden Monotremen absolut und im Vergleich zu dem Umfange der Fenestra vestibuli sehr weit. An Stelle der beim Menschen und den meisten Mammalia vorhandenen 5 Einmündungsstellen finden sich im Vorhof des Schnabelthieres in ähnlicher Weise wie beim Eisbären, Pferde und Leoparden nur 4 Foramina für die Aufnahme der Bogengänge, da der einfache Schenkel des äusseren halbeirkelförmigen Kanals zugleich mit der Ampulle des hinteren Bogenganges einmündet. Die Canales semicirculares der Monotremen erinnern in ihrer Kantenkrümmung mehr an den Typus der Mammalierbogengänge als an die fast geradlinig in ganz flachem Bogen verlaufenden Kanäle des Gehörorganes der Saurier. Zur Aufnahme des Ductus endolymphaticus dient bei dem Ameisenigel und dem Schnabel- thier ein kurzer knöcherner Kanal, der aus der medialen Vorhofswand dicht unterhalb der Eintrittsstelle der Crus commune entspringt und mit einer schlitzförmigen Apertur in der oberen Schädelgrube mündet. Der Ductus perilymphaticus nimmt nicht wie bei den Säugethieren einen eigenen knöchernen Kanal für sich in Anspruch, sondern kommt bei beiden Monotremenfamilien aus der Nische des Schnecken- Jenaische Denkschriften. VI. 17 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. II. 85 662 Zur Anatomie des Gehörorgans der Monotremata. 130 fensters heraus und verläuft bei Zchidna in dem von der hinteren Wand des Recessus epitympanicus zur oberen Schädelgrube führenden weiten Kanal zum Foramen jugulare; bei Ornithorhynchus zieht der Aquae- ductus cochleae nach dem Verlassen der Nische für die Fenestra cochleae in einer kurzen flachen Furche nach innen zum Foramen jugulare-praecondyloideum. Eine Fossa subarcuata, wie sie bei vielen Säugethieren sowie beim menschlichen Schläfenbein der Neugeborenen vorkommt, fand sich bei Ormithorhynchus, sie fehlt dagegen bei Echidna. Ein eigentlicher Meatus auditorius internus zur Aufnahme des Nervus acusticus und des Nervus facialis kommt nur dem Ameisenigel zu, während sich bei Ornithorhynchus, ähnlich wie bei den Chiroptera und Insectivora, an Stelle des Meatus eine Fossa auditoria befindet, durch die der Nervus octavus in das Felsenbein eintritt. Wenn man den Inhalt der vorstehenden vergleichend-anatomischen Bemerkungen kurz zusammen- fassen will, so lässt sich sagen, dass das Gehörorgan der Monotremata bei makroskopischer Betrachtung mancherlei Anklänge an den Bau des Saurierohres aufweist, dass dasselbe aber noch mehr übereinstimmende Merkmale mit dem Säugethierohre und ganz besonders mit dem Gehörorgane der Chiroptera und Insectivora gemeinsam hat. Das Monotremenohr stellt nach meiner Ansicht eine Uebergangsform zwischen dem Gehör- organe der Mammalia und der Saurier dar, steht jedoch, soweit es sich durch makroskopische Untersuchung feststellen lässt, dem Säugethierohr näher als dem Reptilienohre. Hand- und Pussskelet von Echidna hystrix. C. Emery, Professor der Zoologie an der Universität Bologna. Mit 16 Figuren im Text. 17* 85* 2. DE Material zu vorliegender Studie bestand bis zu Stadium 47 aus fertigen Schnittserien ganzer Embryonen; von darauf folgenden Stadien, bis zu 53 wurden mir abgeschnittene Extremitäten, sowie Gliedmaassen von Rohskeleten erwachsener Exemplare geliefert. An den fertigen Präparaten war die Schnittrichtung für die vordere Extremität sehr günstig, indem sie der Handfläche parallel verlief. Für die hintere Extremität war sie dagegen fast senkrecht zur Sohlenfläche und longitudinal, was für die genaue Abgrenzung von Anlagen der Tarsuselemente grosse Schwierigkeiten verursachte. Eine vorläufiger Bericht über einige Resultate dieser Arbeit wurde in den Verhandlungen der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte, 7I. Versammlung zu München '!), abgedruckt. Carpus. Eine gute Beschreibung nebst Abbildungen des Handskelets von Echidna hat Owen?) geliefert. Der Carpus besteht aus Scapholunatum, Cuneiforme, Pisiforme und den gewöhnlichen 4 distalen Knochen, welche sehr kurz sind. Metacarpalia und Phalanges, besonders die ı. Phalanx, sind kurz; die letzte Phalanx ist länger und steckt grösstentheils in der gewaltigen Klaue. Sogenannte überzählige Knochen erwähnt Owen folgende: ein zwischen Radius und Scaphoidabschnitt des Scapholunatum eingekeiltes palmares Sesambein; 2 in der Sehnenplatte des Flexor digitorum communis eingebettete Palmarknochen, welche manchmal mit einander verschmolzen sind; an jedem Finger ein Sesambein, welches der palmaren Fläche des Gelenkes zwischen 2. und 3. Phalanx anliegt. Diese Beschreibung kann ich für den Erwachsenen in ihren wesentlichen Punkten bestätigen. Aber ich fand an den 4 Händen, welche ich darauf untersuchte, nur einen Knochen in der Sehnenplatte des Flexor digitorum. Auch LECHE°) erwähnt nur einen solchen Knochen. Da OwEn keine Art nennt und sich in seiner Schilderung allgemein auf Echidna bezieht, so ist es doch möglich, dass die Exemplare mit doppeltem Palmarknochen einer anderen Art gehörten. Auch in jungen Stadien fand ich den noch knorpeligen Palmarknochen immer einheitlich. Das Sesambein an den Fingern ist eigentlich eine knöcherne Verdickung der Gelenkkapsel und berührt mit seinem dorsalen Winkel die Gelenkenden der beiden Phalangen; weiter proximal schiebt sich 1) EMERY, Ueber Carpus und Tarsus der Monotremen, in: Verh. Ges. deutscher Naturf. Aerzte, 71. Vers. in München, Leipzig 1900, p. 222. 2) R. OwEn, Comparative anatomy and physiology of Vertebrates, Vol. II, p. 325. 3) in: BRONN, Klassen und Ordnungen, Mammalia, p. 823. 666 Hand- und Fussskelet von Echidna hystrix. 134 ein dünner Lappen vom Bindegewebe zwischen Sesambein und 2. Phalanx in die Höhle der Gelenkkapsel ' klappenartig hinein. In der Anlage des Handskelets sind in Stadium 43 die einzelnen Elemente des Carpus nicht erkennbar. In Stadium 44 sind alle Stücke der Handwurzel, mit Ausnahme des radialen Sesambeines, in gleicher Zahl wie im Erwachsenen vorhanden. Jene Anlagen sind noch stark abgerundet und liegen in einer Masse von indifferentem Bildungsgewebe eingebettet, welche die einzelnen Stücke von einander trennt; sie befinden sich also noch im Stadium der Diffenzirung aus der gemeinsamen Skeletanlage. Das Scapholunatum bildet bereits einen einheitlichen Knorpel. Vielleicht giebt es zwischen 43 und 44 ein Stadium, in welchem es aus mehreren getrennten Knorpelbildungscentren besteht. Ich möchte es ver- muthen, weil in Stadium 44 und in den zunächst darauf folgenden deutliche Zeichen seiner Zusammensetzung aus drei Elementen sich erkennen lassen. Durchsieht man nämlich eine Schnittserie von der palmaren Fläche zur dorsalen, so erscheinen vom Scapholunatum zuerst 2 getrennte ovale Durchschnitte, welche sich erst an weiter dorsal geführten Schnitten zu einem quer- B gelagerten, proximal gebogenen, in seiner Mitte ver- schmälerten einheitlichen Durchschnitt vereinigen. Noch weiter dorsal schwinden die beiden Enden des querliegenden Stückes, und an der Stelle seines schmäleren Mitteltheiles bleibt ein rundlicher Durch- schnitt übrig, welcher sich noch einige Schnitte weiter, immer kleiner werdend, verfolgen lässt. a Graphisch construirt und dargestellt, erscheint das Stück etwa wie auf Fig. ı. An diesem Bilde Fig. IA—D. Darstellung des Scapholunatum von Behrdna erscheint es wie aus drei eirunden Gebilden als plastisches Object. A Stadium 44, rechte Hand von der volaren zusammengesetzt. Vergleichen wir jene drei Ele- Fläche, das Scapholunatum schattirt, die anderen Stücke des Carpus 2 e als Umrisse. z Ulnare, pi Pisiforme, 1-5 distale Carpalia. B Das- mente mit den Bestandtheilen der Menschenhand, selbe Stadium, dorsale Ansicht des Scapholunatum. C und D Stadium 45, rechtes Scapholunatum, volare und dorsale Ansicht. Vergr. 60:1. dem Scaphoid und Lunatum, der dorsal vorsprin- so scheinen die zwei vorn gelegenen Abschnitte gende dem Centrale ROSENBERG’S zu entsprechen. Stadium 45 wiederholt in Bezug auf den Carpus ungefähr die Verhältnisse des vorhergehenden. Die einzelnen Skeletstücke sind noch abgerundet und von einander durch Bildungsgewebe getrennt. Die Zusammensetzung des Scapholunare aus drei Elementen erscheint noch deutlicher; sie verstreicht aber von diesem Stadium an allmählich, indem alle Stücke des Carpus sich immer dichter an einander fügen und mehr oder minder eckige Formen bekommen. Zugleich wird die Handwurzel und jedes dieselbe zusammen- setzende Stück im Verhältniss zur Länge immer breiter, wodurch sie dem Zustand beim Erwachsenen näher kommen. Bemerkenswerth ist das Verhalten des Pisiforme, welches von Stadium 44 bis 46 nach und nach grösser wird, indem es besonders in distaler Richtung auswächst, um in späteren Stadien wieder zurückzutreten. Die Abbildungen a, b, c, d auf Fig. 2 veranschaulichen das oben Beschriebene. Daneben habe ich in der Abbildung e einen ziemlich jungen Zustand der Tarsus (Stadium 49) gezeichnet. Die Aehnlichkeit zwischen Pisiforme der Hand auf Stadium 46 und Tuberositas calcanei des Fusses ist besonders auffallend und spricht entschieden zu Gunsten der sonst wohlbegründeten Homologisirung dieser Theile. 135 Hand- und Fussskelet von Echidna hystrix. 667 Vom überzähligen Stück, welches in beiden Gattungen der Monotremen am radialen Ende des Carpus zwischen Radius und Scapholunare eingekeilt ist, lässt sich in den beschriebenen Stadien keine Spur erkennen. Dessen Anlage erscheint erst viel später. In Stadium 49 finde ich zwischen Radius und MAN Ir ah Fig. 2a—e. a Carpus und Vorderarmknochen von Echidna in Stadium 44, graphisch construirt, linke Hand von der volaren Fläche; b dasselbe, Stadium 45; c dasselbe, Stadium 46; d dasselbe, Stadium 50; e linker Fuss, plantare Ansicht in Stadium 49. R Radius, U Ulna, sc-! Scapholunatum, « Ulnare, pi Pisiforme, 1-5 distale Carpalia und Tarsalia; 7 Tibia, F Fibula, ta Talus, na Naviculare tarsi, ca Calcaneum, te Tuberositas calcanei, * accessorisches Stück des Carpus (Radiale) und des Tarsus (Tibiale). Vergr. a,b, c 27:1, dı2:1, e ıg:ı. Die Nummern neben den Zeichnungen sind die des betreffenden Entwickelungsstadiums. Scaphoid an der volaren Fläche des Carpus eine vorknorpelige Anlage. In Stadium 50 ist dieselbe bereits knorpelig und ragt etwas weiter palmar als das Scaphoid. Der Knorpel ist mit keiner Sehne verbunden, sondern nur mit den Gelenkbändern. In Folge des fortschreitenden Wachstums, sowohl des Scaphoids wie des Radius, in die Breite entfernt sich das überzählige Stück allmählich vom Radialende des radio- carpalen Gelenkes. Fig. 3A—C. Echidna, Stadium 50. Drei Schnitte durch die Hand in dorso-volarer Folge. se Scaphoidtheil des Scapho- lunare, pa Palmarknorpel. Sonstige Zeichen wie auf Fig. 2. Vergr. 9: 1. 668 Hand- und Fussskelet von Echidna hystrix. 136 Metacarpalia und ı. Phalanx sind in Stadium 44 knorpelig; die weiteren Fingerglieder sind noch nicht differenzirt, sind es aber bereits in Stadium 45. Die Knochenkappe auf der Endphalanx erscheint erst im Stadium 46. In Stadium 45 sind die Phalangen noch wenig ungleich, Phalanx 1 um wenig kürzer als 2: die Ungleichheit steigert sich nach und nach zum definitiven Zustand. Wann die Verknöcherung der Metacarpalia und Phalangen eintritt, konnte ich an dem mir vorliegenden Material nicht erkennen. Abgesehen von dem in der Klaue steckenden Ab- schnitt der 3. Phalanx waren in Stadium 53 noch alle Stücke des Handskelets knorpelie. Anlagen von metacarpo-phalangealen Sesamoiden konnte ich in keinem Stadium erkennen. Ebenso fehlen sie bekanntlich dem Erwachsenen, sowohl bei Echidna wie bei Ornithorhynchus. Fig. 4. Längsschnitt durch den 3. Finger Das Sesambein an der palmaren Fläche des Gelenkes zwischen von Eehidna, Stadium 53. Vergr. 4:1. N : y i 2. und 3. Phalanx erscheint sehr spät und wird nicht knorpelig vorgebildet. In Stadium 49 und 50 erscheint es an Flächenschnitten der Hand als kernreiche, binde- gewebige Fortsetzung der Basis der Endphalanx, welche sich zwischen der Sehne des M. flexor digitorum und der 2. Phalanx proximal einschiebt. In einem weiteren Stadium (53) finde ich es am Längsschnitt des Fingers als keilförmiges Gebilde mit distal gerichteter, abgestumpfter Basis. Die dorsale Ecke der Keilbasis ragt gegen das interphalangeale Gelenk in den Winkel, den die beiden Phalangen mit einander bilden, hinein. Auf feinen Schnitten von diesem Stadium und bei starker Ver- grösserung erscheint das künftige Sesambein aus straffem Bindegewebe mit verworrenem Faserverlauf gebildet. Structur und Lagerung der eben beschriebenen Gebilde erinnern an die von mir beschriebenen!) Bindegewebsverdickungen am metacarpo- phalangealen Gelenk von Alligator. Der Palmarknochen erscheint in Stadium 49 als knorpelige Ein- lagerung in der fächerartigen Sehnenplatte des Flexor digitorum communis Fig. 5. Schematische Darstellung und bleibt in allen von mir untersuchten Jugendstadien knorpelig. Er ist der Lage von Pisiforme, Palmar- 5 B er R E e E ee radialem accessorischem von Anfang an ein einheitliches Gebilde. Die Abbildungen Fig. 3A, B, C Knorpel in Stadium 50. Die 3 Knorpel nd das combinirte Bild Fig 5 werden die Verhältnisse des radialen Sesam- schraffirt; sonstige Skelettheile in punktirtem Umriss. Vergr. 9: 1. beins sowie des Palmarknorpels veranschaulichen. Tarsus. Auch für das Fussskelet kann die von Owen a. a. O.?) gelieferte Darstellung als maassgebend gelten. Ausser den typischen Knochen des Menschenfusses findet sich ein tibialer Randknochen zwischen Naviculare und Talus gelagert. Der dem Talus aufsitzende, den Sporn schützende Knochen war, wie auch der Sporn selbst, an den mir vorliegenden hinteren Extremitäten von Erwachsenen nicht vorhanden; sie 1) EMERY, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte und Morphologie des Hand- und Fussskelets der Marsupialier. Dieses Reisewerk, Bd. II, p. 388. 2) Comparative anatomy and physiology of Vertebrates, Vol. II, p. 327. 137 Hand- und Fussskelet von Echidna hystrix. 669 scheinen deswegen Weibchen angehört zu haben. Ganz eigenthümlich für Echidna sind Form und Stellung der Tuberositas calcanei, welche plantar- und distalwärts gerichtet ist. Wie gewöhnlich bei den Säugethieren entsteht das Skelet in den hinteren Extremitäten etwas später als in den vorderen. Die Anlagen einzelner Skeletstücke sind erst in Stadium 45 sichtbar; wegen der sehr ungünstigen Schnittrichtung der mir fertig gelieferten Serie konnte ich mir von der Zahl und Anordnung A B ea nalı iu CU na tü = ‚e> y i = Fig. 6A, B. Fussskelet von Echidna in Stadium 47 aus einer Schnittserie graphisch construirt, links tibiale, rechts fibulare Ansicht. 7 Tibia, F Fibula, ta Talus, ca Calcaneum, na Naviculare, f% Tibiale, ew Cuboid, t,, t, Tarsale ı und 2, 1-5 Finger, d Anlage der Sporndrüse. Vergr. 27:1. der in diesem Stadium angelegten Stücke keine klare Vorstellung bilden. Da nach Owen!) bei Ornitho- rhynchus das Cuboid durch 2 getrennte Tarsalia vertreten sein soll, was allerdings LECHE?) bestreitet, hegte ich die Hoffnung, bei Echidna für die beiden Elemente getrennte Anlagen zu finden, wie ich sie bei manchen Marsupialiern auch wirklich gefunden hatte. Wie dem wirklich sei, muss unentschieden bleiben. In Stadium 46 sind alle Tarsusstücke (mit Ausnahme des Spornknochens) in definitiver Zahl knorpelig angelegt, dabei also auch der tibiale Randknochen. Die Tuberositas calcanei erscheint zuerst mehr plantar gerichtet und wendet sich später mehr distal. Dass der so merkwürdig gerichtete Fortsatz wirklich dem Fersenhöcker entspricht, beweist seine bereits in Stadium 47 (wohl auch früher) nachweisbare Beziehung zur Achillessehne. A B C Fig. 7A—C. Drei Schnitte durch den Fuss von Eechidna in Stadium 47, in tibio-fibularer Folge. I/ Metatarsale 2, IT, I, U, Phalangen der 2. Zehe. Vergr. 27:1. Vom Spornknochen fand ich in keinem der mir zugänglichen Stadien eine erkennbare Anlage, obgleich der hornige Sporn in den ausgebildeteren Jungen bereits in Bildung begriffen war. Wie das Handskelet, blieb auch das Fussskelet in allen mir zugänglichen Jugendstadien, die Spitze der letzten Phalanx ausgenommen, knorpelig. I) Comparative anatomy and physiology of Vertebrates, Vol. II, p. 327. Z)RICH Jenaische Denkschriften. VI 18 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 86 670 Hand- und Fussskelet von Echidna hystrix. 138 Sporn und Sporndrüse. Die Untersuchungen über Entwickelung des Fussskelets von Echidna boten mir Gelegenheit, Beob- achtungen über die Anlage und Ausbildung des Spornes und der in ihm ausmündenden Drüse anzustellen. Fig. 8a, b. Längsschnitt durch die hintere Extremität von Ecehidna. a Stadium 45. b Stadium 46. d Anlage der Sporndrüse, Sonstige Zeichen wie oben. Vergr. 27:1. Die erste Anlage der Sporndrüse erscheint in Stadium 45 auf dem Querschnitt des ganzen Embryos als Epithelverdickung, nicht weit vom Grund der Falte, welche die hintere Gliedmaasse vom Rumpf trennt (Fig. Sa). In jenem Stadium entspricht die freie Glied- maasse dem Fuss und einem Stück des Unterschenkels. Die proximaleren Abschnitte liegen noch im Rumpfe. Die Epidermis lässt in jenem Stadium an in- differenten Stellen zwei Lagen von Kernen sehen; jene Kerne sind kurz-oval. An der verdickten Stelle, welche die Drüsenanlage bildet, und in deren Nähe sind die Kerne viel länger, besonders die der tiefen Schicht, welche gegen die Basalgrenze der Epidermis eine steile oder sogar senkrechte Lage einnehmen; die Kerne der oberflächlichen Schicht sind an derselben Anlage unregelmässig und zum Theil über einander gelagert (Fig. 9). zu bilden. Fig. 9. Schnitt durch die Drüsenanlage in Stadium 45, stärker vergrössert. Vergr. 300 : I. In Stadium 46 (Fig. Sb) bildet die epitheliale Drüsenanlage einen Zapfen, der in das Mesoderm bis in die Nähe des Talus ein- dringt, um dort in proximaler Richtung umzubiegen. In den folgenden Stadien wächst der aufsteigende Fortsatz immer weiter, um die Drüse An der Biegungsstelle erscheint die Anlage unregelmässig verdickt und bildet höckerige Vorsprünge als Anlage der blasen- artigen Erweiterung des Drüsenganges. Die Anlage des Spornes finde ich in Stadium 49 und 50 als schief in die Haut hinein- wuchernden Epithelfalz um eine grosse Papille, welche das Mündungs- stück des Drüsenganges umfasst (Fig. 10). Aus dem Epidermisfalz, welcher indessen tiefer einge- drungen ist und sich einigermaassen follikel- u 7 artis abgeschlossen hat Ye Liblale ee entsteht um die Papille Fig. Iı1. Anlage des Sporns und Drüsen- A ganges in Stadium 52. Der Sporn und die Epi- später der Sporn, etwa Fig. 10. Drei Schnitte durch die Anlage dermis sind nach einem dicken Schnitt g- wie ein Haar auf der des Spornes und den Drüsengang in Stadium 50, zeichnet. Der Drüsengang und die Skeletstücke R f Vergr. 27:1. aus der Schnittserie construirt. Vergr. ıs:ı. Haarpapille im Grunde 139 Hand- und Fussskelet von Echidna hystrix. 671 des Haarfollikels. Wie das Haar, muss der entstehende Sporn durch solide und verhornende Epidermis- masse seinen Weg brechen. Von der Wand der Sporneinstülpung gehen auch gewöhnliche Haaranlagen aus, wie auf Fig. ıı, welche dem Stadium 52 entspricht, zu sehen ist. Mit diesem Stadium bricht mein Material ab, und ich kann die Geschichte des Spornes, sowie seiner Drüse nicht weiter verfolgen. Der Gedanke liegt nah, der Sporn sei nichts anderes als ein aussergewöhnlich ausgebildetes Stachelhaar. Ich will aber diesen Gedanken nur als Möglichkeit aussprechen und mag nicht behaupten, dass er richtig sei. Allgemeines und Vergleichendes. In den vorangehenden Seiten habe ich mich hauptsächlich mit der Darstellung der thatsächlichen Befunde an Echidna befasst. Es mögen hier einige allgemeine Betrachtungen ihren Platz finden. Die ganze gedrungene Gestalt der Hand und ihres Skelets, die gewaltige Ausbildung der End- phalanx im Gegensatz zu den kurzen Basalgliedern der Finger stehen offenbar in Beziehung zum Grab- geschäft, welches für das Thier zum Nahrungserwerb von höchstem Belang ist. Dazu dienen auch die enorm ausgebildeten und merkwürdiger Weise des Nagelwalles entbehrenden Krallen !). Bereits oben habe ich die drei Elemente, aus welchen das Scapholunatum zusammengesetzt ist, mit dem Lunatum (Intermedium) und den zwei Stücken, welche das Scaphoid des Menschen bilden, verglichen. Letztere Stücke werden nach der geläufigen Anschauung, welcher auch ich mich bis jetzt angeschlossen habe, als Radiale und Centrale betrachtet. Ob dieses richtig sei, muss weiter geprüft werden. Dafür muss zunächst das radiale Sesambein von Echidna in Betracht kommen. jener Knochen ent- spricht in Bezug auf Lage, sowie auf Verhältnisse zur Gelenkkapsel und zum Radius vollkommen dem bei Didelphys vorkommenden proximalen Sesambein am radio-carpalen Gelenk. Gerade wie bei diesem Thier wird jenes Stück sehr spät angelegt und tritt nicht mit Muskelsehnen, sondern nur mit Gelenkbändern in Verbindung. In meiner Arbeit über Marsupialier?) hatte ich, da ich die Gleichwerthigkeit des ähnlich gelagerten Gebildes der Monotremen aus den Beschreibungen nicht erkannte, jenen Knochen als eine Eigenschaft von Didelphys betrachtet und deswegen für ein für die Gattung eigentümliches und morphologisch unbedeut- sames Gebilde gehalten. Da Didelphys, wie ich in jener Arbeit gezeigt habe, in Bezug auf das Extremitätenskelet unter den Marsupialiern besonders primitive Verhältnisse darbietet, gewinnt das Vorkommen des gleichen Skeletstückes bei Echidna (sowie bei Ornithorhynchus) ein hohes Interesse. Es lässt sich fragen, ob jenes radiale Sesam- bein nicht doch ein primäres Element des Chiridiums sei, welches in der Hand der meisten Säugethiere ı) Boas, Zur Morphologie der Wirbelthierkralle, in: Morph. Jahrbuch, Bd. XXI, 1894, p. 299, erwähnt das Fehlen des Nagel- walles, welcher sonst bei allen anderen Säugethieren vorhanden ist, hält aber diesen Zustand nicht für einen primitiven. 2) EMERY, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte und Morphologie des Hand und Fussskelets der Marsupialier. Dieses Reisewerk, Bd. II, p. 371 f. 18* 86* 672 Hand- und Fussskelet von Echidna hystrix. 140 gar nicht mehr erscheine oder vielleicht in Continuität mit dem Scaphoid oder mit dem Radius verknorple. Es lässt sich dann weiter fragen, ob nicht in anderen Klassen ein homologes Stück vorkomme. THILENIUS!) hat diesen Knochen von Echidna nur aus Owen’s Beschreibung gekannt und betrachtet ihn als ein Radiale externum. Seine Stellung entspricht aber durchaus nicht dem Radiale externum (Praepollex), welchen PFITZNER seiner centralen Reihe zuschreibt. Der überzählige Knochen von Echidna (und von Didelphys) würde, wenn man PFITZNER’s Schema folgen will, zur antebrachialen Reihe gehören; er dürfte demnach eher dem beim Menschen als anomal getrennt vorkommenden radialen Abschnitt des Scaphoids (Naviculare radiale PFITZNER) ähnlich erscheinen. Einen weiteren Beweis, dass der überzählige Knochen von Echidna kein Praepollex sein kann, ergiebt die Vergleichung mit Didelphys, welches Thier nebst dem gleichen Knochen, noch einen echten Praepollex besitzt. Es lässt sich indessen bezweifeln, ob das Naviculare bipartitum beim Menschen durch getrennte Knorpelanlagen der zwei Stücke entstehe, oder ob es nicht eher der Verknöcherung aus zwei getrennten Centren in einem einheitlichen Knorpel seine Bildung verdanke. Derart muss ich die von THILENIUS?) erwähnte Beobachtung von RAmBAUD und RENAUT auffassen. Eine doppelte Anlage des knorpeligen Naviculare wurde bis jetzt in keinem Säugethier beobachtet. In Pritzner’s Abbildung des menschlichen Carpus°) scheinen Naviculare radiale und Naviculare ulnare durch Naht und nicht durch Gelenkspalte von einander geschieden zu sein. Demnach ist es schon fraglich, ob das Naviculare bipartitum nicht eine echte individuelle Verknöcherungsanomalie sei, welche dann mit normalen Befunden bei anderen Thieren nicht verglichen werden könnte und deswegen keinen morphologischen Werth besässe. Ich halte es für wahr- scheinlicher, dass der Hand des Menschen und der meisten Säugethiere kein Homologon des radialen Sesambeins von Zchidna zukomme. | Bei Schildkröten ist sowohl im embryonalen Zustand, wie im erwachsenen Thier von ROSENBERG !) und Baur’) in der proximalen Reihe des Carpus ein radiales Randstück gefunden worden; ein gleich gelagertes Element fand ich in Eidechsen-Embryonen. Von letzterem vermuthete ich damals‘), es sei ein in Folge von Verkürzung des Carpus verlagerter Praepollex. Will man aber annehmen, dass dieser rudimentäre Bestandtheil der Reptilienhand dem proximal-radialen Sesambein von Echidna und Didelphys homolog sei, so ist jene Vermutung nicht haltbar. Uebrigens hatte ich jene Anschauung bereits aufgegeben und in Folge der Vergleichung mit Archegosaurus und Eryops') das Randstück der Schildkröten dem Radiale der genannten Stegocephalen und der Urodelen gleichgestellt, indem ich mit Baur annahm, dass das gewöhnlich als Radiale bezeichnete Stück der Chelonier einem proximalen Element der Centraliengruppe entspreche, welches ich als Para- centrale bezeichnete, Ich verglich ferner die Hand von Eryops mit dem Fuss eines sehr jungen Didelphys ; aber den Carpus der Säugethiere liess ich unerwähnt. Ich glaube jetzt weiter gehen und die Hand von Echidna und Didelphys mit deren Fuss genauer vergleichen zu können. 1) THILENIUS, Untersuchungen über die morphologische Bedeutung accessorischer Elemente am menschlichen Carpus (und Tarsus), in: Morph. Arbeiten SCHWALBE, Bd. V, p. 504. 2) 1. c. p. 475. 3) Bemerkungen zum Aufbau des menschlichen Carpus, in: Verh. Anat. Ges. 7 Vers., p. 188, 1893. 4) ROSENBERG, Ueber einige Entwickelungsstadien der Emys lutaria, in: Morph. Jahrb., Bd. XVIII, 1891, p. I—34. 5) BAUR, Neue Beiträge zur Morphologie des Carpus der Säugethiere, in: Anat. Anzeiger, Bd. IV, 1889, p. 49-52. Der Carpus der Schildkröten, ibid. Bd. VII, 1892, p. 206—211. h 6) EMERY, Studi sulla morfologia dei membri degli Anuri etc., in: Ricerche Lab. Anat. norm. Roma «etc., Vol. IV, 1894, p. 14. 7) EmERY, Die fossilen Reste von Archegosaurus und Bryops und ihre Bedeutung für die Morphologie des Gliedmassen- skelets, in: Anat. Anzeiger, Bd. XIV, 1897, pP. 207. 141 Hand- und Fussskelet von Echidna hystrix. 673 Dafür muss zunächst die Bedeutung der Randknochen am Fuss von Echidna festgestellt werden. Mir scheint der am tibialen Rand zwischen Talus und Naviculare gelagerte Knochen zweifellos dem Rand- knochen der Ratte und anderer Nager, sowie der gesonderten Anlage der Tuberositas navicularis von Phascolarctus und anderen Thieren zu entsprechen. Es ist also laut der von mir wiederholt ausgesprochenen Meinung das Tibiale. Merkwürdiger Weise betrachtet aber LECHE den Spornknochen als Tibiale!). Ich vermag mir nicht vorzustellen, worauf diese Anschauung begründet sei. Jedenfalls spricht dagegen die sehr späte Entstehung des Knochens; ich fand nicht die geringste Spur einer entsprechenden knorpeligen Anlage, obschon ich an Schnitten das recht weit vorgeschrittene Stadium 52 untersuchte, in welchem der Sporn bereits eine Hornspitze gebildet hat. Ich vermuthe darum, dass der Spornknochen ein Hautknochen ist und aus Binde- gewebe verknöchert. Vergleicht man auf Fig. 2d, e Händ- und Fussskelet von Echidna mit einander, so ist die Aehnlichkeit der Randknochen an beiden Extremitäten sehr auffallend. Sie scheint mir zu genügen, um deren Gleichwerthigkeit sehr wahrscheinlich zu machen, wenn man sie auch doch nicht für bewiesen halten will. Fig. 12. Schemata zur Vergleichung des Extremitätenskelets von Amphibien und Reptilien: A hintere Extremität von Oryptobranchus mit 3 Centralia nach BAUR; B vordere Extremität von Eryops, restaurirt; C vordere Extremität eines Embryos von Lacerta muralis. Die Bestandtheile des Propodiums schwarz, die des Metapodiums und die Meshypactinalia nicht schattirt, Mesopodium (die Hypactinalia ausgenommen) gestrichelt, und zwar das Mesobasale (Ulnare, Fibulare) schräg, das Mesobasipodium (Intermedium) wagerecht, die Centralia senkrecht. R Radius, U Ulna, 7 Tibia, F Fibula, r Radiale, t Tibiale, © Intermedium, pe Paracentrale, c, c,. c, Centralia, Ulnare, f Fibulare, pi Pisiforme, phy Proshypactinale (Praehallux, resp. Praepollex). Dieselbe Vergleichung kann nun weiter zwischen Hand und Fuss von Didelphys angestellt werden, sowie zwischen Hand und Fuss des Menschen und anderer Säugethiere. Bei Didelphys sind Praepollex und Praehallux vorhanden, welche Echidna fehlen, dagegen ist der Randknochen am Fuss nicht mehr frei, sondern mit dem Naviculare verschmolzen; beim Menschen ist an der Hand keine sichere Spur des Rand- knochens nachgewiesen, und ein Praepollex ist sehr selten gefunden worden, während am Fuss die Tuberositas navicularis manchmal im Embryo als getrennte Anlage auftritt. Die hier folgenden Abbildungen, in welchen die nach der eben dargelegten Anschauung homologen Gebilde in gleicher Weise schattirt sind, werden die Vergleichung erleichtern und die ausgesprochenen Begriffe veranschaulichen. Von diesen Bildern sind einige meiner Abhandlung von 1897 entnommen, und die Schattirung ist in allen wie in jener Arbeit gehalten. Figg. 12A, B, C geben die Verhältnisse der Urodelen-, Eryops- und Reptilien-Extremität kund. Die darauf folgenden I) LECHE in BRonn, Klassen und Ordnungen, Mammalia, p. 610. 674 Hand- und Fussskelet von Echidna hystrix. 142 Figg. 13, 14, 15, beziehen sich auf die Säugethiere: von den drei gewählten Formen, Echidna, Didelphys und Mensch sind in etwas schematischer Form Hand- und Fussskelet neben einander gestellt. Aus der Vergleichung ergiebt sich, wenn man die hier vorgeschlagenen Homologien annimmt, dass die Hand der meisten Säugethiere kein eigentliches Radiale enthält, und dass das Stück, welches geläufig als solches angesehen wird, einem Glied der centralen Gruppe oder vielleicht mehreren zusammengeschmolzenen Gliedern dieser Gruppe entspricht. Eine ähnliche An- schauung äusserte bereits BAUR!), mit dem Unterschied, dass er den Praepollexknochen als Radiale deutete, was ich nicht für richtig halte. Aber damals herrschte in Bezug, auf Praepollex, Praehallux und sonstige radial-tibiale Rand- stücke grosse Verwirrung. Ich muss gestehen, dass ich mich nicht ohne Zögern dazu entschliesse, diese theoretische Fig. 13. a Hand-, b Fussskelet der jungen Eehidna, schematisch. Die Hand ist nach Stadium 46 entworfen, das Radiale darin nach Stadium 50 hineingezeichnet. Der haupten; sie scheint mir aber eine nothwendige Folge der Fuss nach Stadium 49. Schattirung wie auf Fig. 12. Be- " % zeichnungen ebenso, fe Tuberositas calcanei x wohl begründeten Auffassung des Fussskelets zu sein, zu h 5 Auffassung des Handskelets niederzuschreiben und zu be- welcher ich schon früher gekommen war’). Der neuen Auffassung entsprechend, muss das Schema des Handskelets der Säugethiere, welches ich auf p. 391 meiner Marsupialierarbeit gab, verändert werden, indem ein Theil des als Probasale be- zeichneten Stückes oder das ganze Stück, als der Centrale-Gruppe gehörig, anders schattirt werden soll. Fig. 14. Didelphys, a Hand eines grösseren Beuteljungen, Fig. 15. Homo, etwa 3-monatlicher Embryo. a Hand, b Fuss eines kleinen mit 5 distalen Tarsalia und 2 Centralia. b Fuss mit getrennter Knorpelanlage der Tuberositas navi- Schattirung und Bezeichnungen wie oben. eularis. Schattirung und Bezeichnungen wie oben. Ueber den Palmarknochen würde ich keine Worte verschwenden, wenn nicht THILEnıus denselben als Element des Carpus aufgeführt und auf Grund der Abbildung und Beschreibung Owen’s, welcher zwei solche Knochen erwähnt, seiner carpo-metacarpalen Reihe zugeschrieben hätte. Deswegen vergleicht er jene Knochen mit den beim Menschen als überzählige Stücke beobachteten Carpo-metacarpale 6 und 7. Von einer solchen Homologie kann nicht die Rede sein, und ich bin überzeust, dass THILEnIUS dieselbe nicht ersonnen hätte, wenn ihm damals die Echidna-Hand aus eigener Anschauung bekannt gewesen wäre. ) Ib & 2) Ich habe das Handskelet der anuren Amphibien hier absichtlich nicht in Betracht genommen. Die in dieser Gruppe waltenden Verhältnisse sind sehr eigenthümliche und bilden ein sehr abweichendes Derivat primitiver Zustände. 143 Hand- und Fussskelet von Echidna hystrix. 675 Der oder die Palmarknochen von Echidna sind überhaupt keine Elemente des Carpus, denn sie entstehen ganz getrennt vom übrigen Handskelet, mitten im faserigen Bindegewebe, aus welchem die Sehnenplatte des M. flexor digitorum communis besteht, eingebettet. Die Sesambeine am Gelenk zwischen 2. und 3. Phalanx der Echidna-Hand sind viel inter- essanter. In den von mir untersuchten Stadien von jungen Thieren fand ich dieselben aus derbem faserigen Bindegewebe gebildet, ohne die geringste Einlagerung an Knorpelzellen. In Erwachsenen sind sie verknöchert und enthalten kleine, unregelmässige Markhöhlen. Zwischenstadien sind mir unbekannt. In Bezug auf ihre Entstehung und Lage sind diese Gebilde Verdickungen der Gelenkkapsel und dürfen mit den von mir beobachteten ähnlichen Verdickungen der Gelenkkapsel an den Fingern des jungen Alligator verglichen werden. Ob dieselben bei letzterem Thier später verknöchern, ist mir unbekannt. Auf das Vorkommen einer ähnlichen Bildung bei Didelphys wurde ich durch eine Abbildung von Boas!) aufmerksam, welche einen Längsschnitt durch die Endglieder eines Fingers von einem 70 mm langen Beuteljungen darstellt. Ob das Gebilde sonst irgendwo beschrieben sei, weiss ich nicht. An einer Schnittserie durch die Hand eines 75 mm langen Beuteljungen von D. aurita finde ich an der volaren Fläche des Gelenkes zwischen vorletzter und letzter Phalanx aller Finger eine fibröse Verdickung der Gelenkkapsel, welche auf dem Längsschnitt ganz dieselbe Gestalt und dasselbe Verhältniss zu den Knochengliedern darbietet wie die fibröse Anlage des Sesambeines bei der jungen Echidna An jedem Finger H h 6 R : E R A } Fig. 16. Didelphys aurita, Beuteljunges finde ich aber bei Didelphys, in die fibröse Masse ein- von 70 mm; Längsschnitt durch den Daumen. x Knorpelkern in der Kapsel des interphalan- gebettet, ein Paar rundlicher Knorpelinseln. Ich will gealen Gelenkes. Vergr. 27:1. gleich bemerken, dass an den 4 ulnaren Fingern das Gelenk zwischen I. und 2. Phalanx weder fibröse noch knorpelige Verdickungen der Kapsel darbietet. Ganz dieselben Verhältnisse wie die Hand lässt der Fuss von demselben Didelphys erkennen. Ich habe an meinen Schnittserien von anderen Marsupialiern, namentlich Phascolarctus und Phalangista, nach entsprechenden Gebilden gesucht, aber nur schwache Verdickung der Gelenkkapsel gefunden und keine Knorpelbildung. Ich glaube, annehmen zu dürfen, dass die Sesambeine an den Fingern von Echidna (welche auch bei Ornithorhynchus und zwar an allen Gelenken der Finger vorkommen sollen), die eben beschriebenen Gebilde von Didelphys und die metacarpo-phalangealen Sesambeine der Marsupialier und Placentalier einander gleichwerthig sind und phyletisch zusammenhängen. Nur befinden sie sich auf verschiedenen Stadien ihrer Stammesgeschichte. Echidna bewahrt den primitiven Zustand der rein bindegewebigen Structur, welcher wahrscheinlich von ähnlichen Zuständen der Reptilien- oder Stegocephalen-Ahnen entstammt. Am distalen Finger- und Zehengelenk von Didelphys erscheinen in der fibrösen Masse die gepaarten Knorpel- inseln. Am metacarpo-phalangealen Gelenk desselben Thieres, sowie der übrigen Marsupialier und der Placentalier tritt die Korpelbildung in den Vordergrund und beginnt schon sehr frühe, schon bevor die Gelenkhöhlen ausgebildet sind. 1) l. c. Taf. 10, Fig. 3. 676 Hand- und Fussskelet von Echidna hystrix. T44 Da bei Echidna keine Spur von knorpeligen metacarpo-(tarso-)phalangealen Sesambeinen erkannt werden kann, und in den Sesambeinen des distalen interphalangealen Gelenkes kein Knorpelgewebe ge- bildet wird, glaube ich daraus den Schluss ziehen zu dürfen, dass derartige Knorpelgebilde dem typischen Hand- und Fussskelet der Monotremen fremd sind. Sie kommen dagegen typisch im Skelet der Marsupialier und Placentalier vor. Dadurch wird das Alter dieser Sesambeine als knorpelig vorgebildeter Skeletstücke bestimmbar. Sie sind im gemeinsamen Stamm der Marsupialier und Placentalier entstanden und auf diese beiden Aeste vererbt worden. Bei den gemeinsamen Ahnen der Monotremen und der übrigen Säugethiere waren sie noch nicht vorhanden, sondern durch fibröse Gebilde vertreten und in solchem primitiven Zustand von den Monotremen bewahrt. Ob ich das Richtige getroffen, mag die Untersuchung der Ornithorhynchus-Entwickelung lehren. Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. Ein Beitrag zur vergleichenden makroskopischen und mikroskopischen Anatomie und zur vergleichenden Entwickelungsgeschichte des Wirbelthiergehirns. Von Bro Drzihwzehen in Utrecht. II. Theil. Mikroskopische Anatomie. Erster Abschnitt. Der Faserverlauf im Hirnstamm von Pseudochirus peregrinus. Mit Tafel XXIII-XXIX und 11 Figuren im Text. Jenaische Denkschriften. VI. 19 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 87 Einleitung. Abweichend von der Reihenfolge, in welcher ich selbst die einzelnen mir von Herrn Prof. SEmon übergebenen Monotremen- und Marsupialiergehirne hinsichtlich ihrer mikroskopischen Anatomie kennen gelernt habe, eröffne ich die vergleichenden mikroskopisch-anatomischen Untersuchungen mit einer Be- sprechung des Faserverlaufes bei Pseudochirus peregrinus, weil ich bis jetzt gerade bei diesem Beutler in vielen Punkten zu zuverlässigen Ergebnissen gekommen zu sein glaube, und das Gehirn desselben sich als Ausgangspunkt für die vergleichende Untersuchung der übrigen Aplacentaliergehirne besonders gut eignet. Bezüglich der makroskopischen Anatomie von Pseudochirus verweise ich auf den I. Theil, p. 84 ff. In einigen wenigen Punkten wird die makroskopische Darstellung durch die nachfolgende mikroskopische Beschreibung eine Correctur erfahren. Den mikroskopischen Untersuchungen liegt in erster Linie eine fast lückenlose Serie durch ein in Chromsalzen und Alkohol gehärtetes Pseudochirus-Gehirn zu Grunde. Die Schnittserie wurde in der üblichen Weise angefertigt. Die Dicke der Schnitte wurde, um nachträgliche Messungen vornehmen zu können, stets notirt. Meist betrug sie 30 u. Die wenigen Schnitte, die ausgefallen sind, wurden selbstverständlich gleichfalls vermerkt. Nach dem Schneiden wurden die Schnitte für 24 Stunden in die WEIGERT’sche Kupferacetatlösung eingelegt und dann nach der neuesten WEIGERT’schen Methode gefärbt. Einzelne Schnitte wurden auch mit Nigrosin oder mit Urankarmin in der bekannten Weise behandelt. Bezüglich der Zählung der Schnitte bemerke ich noch, dass sie sich auf 94 grosse Objectträger vertheilen. Die Objectträger werde ich mit römischen Ziffern, die Schnitte auf dem einzelnen Objectträger mit deutschen Ziffern bezeichnen. Schnitt XCI, 43 bedeutet also z. B. den 43. Schnitt auf dem gr. Object- träger. Der 1. Objectträger und ebenso der ı. Schnitt auf jedem Objectträger ist der caudalste, der letzte der oralste!). Die Literatur über die mikroskopische Anatomie des Pseudochirus-Gehirns beschränkt sich auf einige Angaben von ELLIOT SmitH?) sowie von KÖLLIKER®) über die nahe verwandte Phalangista vulpina. Die KöLLıker’sche Arbeit enthält 4 Abbildungen des Querschnittes der Medulla oblongata dieses Beutlers. Die Angaben dieser und einiger anderer Autoren über den Faserverlauf des Gehirns anderer Aplacentalier werde ich grösstentheils erst bei meiner Darstellung des Gehirns dieser anderen Aplacentalier berücksichtigen. 1) Die römischen Ziffern laufen nur bis XCII, da aus nebensächlichen Gründen je 2 Objectträger die Ziffer I und die Ziffer LIV erhalten haben. NE; ? j 2) Die ausführlichen Citate habe ich im makroskopischen Theil angegeben. Ich werde die einzelnen Citate bei der jeweiligen Berücksichtigung wiederholen. i > 3) Cinquantenaire de la Soc. de Biologie. Eine weitere kurze Mittheilung habe ich selbst vor 2 Jahren veröffentlicht im Anat. Anzeiger, Band XVI, No. 17 u. 18, 1899, p. 446. 19* 87* 680 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 148 Ebenso werde ich auch meine eigenen Beobachtungen über andere Aplacentaliergehirne vorerst nur aus- nahmsweise gelegentlich heranziehen. Ich gehe von dem Cervicalmark bei der Beschreibung aus und schreite, der Schnittserie folgend, oralwärts fort. Das erste Cervicalsegment. Die beistehende Fig. I stellt das I. Cervicalsegment von Pseudochirus peregrinus dar. Das Vorder- horn (Ca) lässt die rechteckige Form nicht deutlich erkennen. Die beiden ventralen Ecken sind abgerundet, die laterale dorsale Ecke erscheint stark vorgetrieben. Sehr stark Aa : \ : : 2 Ap|Sip Sp Py entwickelt ist der Processus reticularis. Der Hals des Hinterhorns \] oo 1 ist bereits sehr schmal geworden, wie ein Vergleich mit einem tiefer gelegenen Rückenmarksquerschnitt sofort ergiebt. Der mediale Rand des Hinterhorns zeigt 2 winklige Knickungen, welche ich als Angulus internus und Angulus externus des medialen Hinterhornrandes be- zeichnet habe. Der Angulus internus entspricht topographisch der Vorbuchtung der CLArKE’schen Säule im Brustmark. Der Angulus externus liegt ziemlich genau da, wo die Hauptmasse der Reflex- collateralen in das Hinterhorn eintritt und wo zugleich die Sub- Coa Hma Öa stantia Rolandi vom medialen Hinterhornrand verschwindet bezw. Fig. 1. Erstes Cervicalsegment von Psexdo- sich auf einen sehr dünnen Streifen zu reduciren beginnt. Der chirus peregrinus. Aa, Ap Angulus int. und ext. des Hinterhorns, Ca Vorderhorn, Caa Commissura ant. alba, Ce Centralkanal, CR7 schnittlich 350—450 u. Der Centralkanal (vergl. Fig. 2) stellt einen erste hintere Cervicalwurzel, Fna Fissura mediana ant., Py Pyramidenbahn, ip Sulcus sagittal verlaufenden Spalt dar, dessen Sagittaldurchmesser 120— 130 u intermedius posterior, Sp Septum medianum posterius. Centraltheil der grauen Substanz misst im Sagittaldurchmesser durch- beträgt. Das dorsale Ende des Querschnittsbildes des Centralkanals erscheint auf manchen Schnitten zu 3 Zipfeln ausgezogen. Die Fissura mediana anterior stellt einen breiten tiefen Spalt dar. Ihr Grund ist von dem ventralen Rande des Central- theils der grauen Substanz durchschnittlich noch fast !/, mm entfernt. Die Faserkreuzungen, welche sich hier vollziehen, sind grösstentheils noch der Commissura anterior alba zuzuzählen. Der Sulcus medianus posterior fehlt ganz. Das Septum medianum posterius ist sehr schwach ausgeprägt. Auf manchen Schnitten ist es gar nicht zu erkennen. Fast niemals lässt es sich bis zum Central- theil der grauen Substanz verfolgen. Ein leichter Sulcus intermedius posterior ist fast auf Ba allen Schnitten deutlich zu erkennen. In seinem Bereich entspringt ein Gliaseptum, welches auch auf der Figur angegeben ist. Die Einzeluntersuchung ergiebt noch Folgendes: Die Ganglienzellen des Vorderhorns sind sehr zahlreich und zum Theil sehr gross. Zellen mit einem grössten Durchmesser von 40-50 u sind durchaus nicht selten!). Eine Anordnung in Gruppen lässt sich nicht sicher erkennen. Einzelne besonders mächtige Zellen finden sich gewöhnlich am ventralen Rand. I) Ueber die Messungsprincipien vergl. mein Handbuch der Anatomie des Nervensystems, p. 103. Vergleichszahlen finden sich ebenda p. 130. 149 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 681 Aus dem Maschenwerk des sehr gut entwickelten Processus reticularis hebt sich ein Processus postero-lateralis‘), wie ihn die Carnivoren (vergl. Fig. 3 und 4) so ausgezeichnet zeigen, nicht scharf hervor. Sonach ist auch der Accessoriuskern nicht mit Sicherheit zu ermitteln. Der Austritt der Accessorius- fasern aus dem Rückenmark erfolgt unmittelbar lateral vom Apex des Hinterhorns. Aehnliche Verhältnisse findet man bei den meisten Aplacentaliern. Die Fig. 5 auf Taf. XXIII giebt den Accessoriusaustritt bei Ornithorhynchus etwa aus demselben Niveau wieder. Der feine Bau des Hinterhorns zeigt keine bemerkenswerthen Besonderheiten. Die Substantia Rolandi reicht kaum über den Angulus externus hinaus. Ihre Radiärbündel sind sehr zahlreich. Die sog. Rand- oder Bogenfasern sind spärlicher. Der Verlauf der Hinterwurzelfasern ist der gewöhnliche. Ihr Eintritt erfolgt durchweg medial vom Apex des Hinterhorns. Die Lıssauer’sche Randzone ist sehr schmächtig. Die Substantia centralis gliosa?) ist nicht sehr scharf abgegrenzt. Eine Commissura posterior intracentralis°’) wird auf keinem Schnitt vermisst. Der Verlauf ihrer Fasern scheint mit Fig. 3. Fig. 4. SR Sr 3 Sd > I T-Dhe p Cd 0 (6/7 > Ppl Fig. 3 und 4. Querschnitte durch das obere Halsmark der Katze. Schnittdicke 20 Me Färbung nach PAr, bezw. SCHUEUS Acd Angulus externus des Hinterhorns, Ce Centralkanal, Cd Commissura posterior intracentralis, Cv ‚vordere Commissur, Dhep Kopf des Hinterhorns, DW Hinterwurzel, Rx Randzone, Sd Septum dorsale s. posterius, SR Substantia Rolandi, Ss Stratum zonale, FW Vorderwurzel, Ppl Processus posterolateralis corn. ant. dem bei den übrigen Säugern bekannten übereinzustimmen. Auch die Commissura anterior intra- centralis*) ist stets durch einige Fasern vertreten. Sehr stark entwickelt ist die Commissura anterior alba. Sie bildet jedoch keine geschlossene Fasermasse, sondern ist in mehrere Kreuzungsbündel aufgelöst, zwischen welchen Vorderstrangfasern allent- halben bemerklich sind. Einzelne der in dieser Ebene sichtbaren Fasern gehören übrigens bereits der - Pyramidenkreuzung an. Die beiden Vorderstränge werden durch die Fissura mediana anterior nicht vollständig geschieden, vielmehr hängen sie im ganzen Bereich der Commissura anterior alba continuirlich zusammen. Es ist dies ein Verhalten, welches beim Absteigen in der Wirbelthierreihe im Ganzen immer stärker hervortritt. Das Faserwerk innerhalb der grauen Substanz ist sehr gut entwickelt. Ich glaube kaum, dass es beispielsweise von demjenigen der Primaten erheblich übertroffen wird. 1) Vergl. mein Handbuch, Th. I, p. 34, 125, 127. 2) Vergl. Handbuch, p. 215. 3) Vergl. Handbuch, p. 203 ff. 4) Vergl. Handbuch, p. 203. 682 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. : 150 Grobe Fasern herrschen im Vorderstrang entschieden vor. Nur an der centralen Peripherie finde ich einen dichteren Saum feiner Fasern. Bei den höheren Säugern trifft man oft eine gerade umgekehrte Vertheilung. Im Seitenstrang vermisst man die der Kleinhirnseitenstrangbahn entsprechende peripherische Zone starkkalibriger Fasern. Die gröberen Fasern bilden vielmehr im Ganzen einen breiten Gürtel, der sich mitten durch den Seitenstrang hinzieht, übrigens jedoch in keiner Weise scharf abgegrenzt ist. Bemerkenswerth ist ferner, dass das der Pyramidenseitenstrangbahn entsprechende Areal feiner und feinster Fasern, wie es z. B. die Carnivoren zeigen, fast ganz fehlt. Nur in der unmittelbaren Nachbarschaft der grauen Substanz, ferner an der Peripherie und endlich in den Maschen des Processus reticularis findet man dichtere Bezirke feiner Fasern. Im Hinterstrang hebt sich, wie ich bereits früher berichtet habe, ein bestimmtes Feld durch besondere Tinction scharf hervor. Wie sich weiter zeigen wird, entspricht dieses Feld der Pyramidenbahn. Es liegt in der Nische zwischen dem Angulus internus (Processus cuneatus) und dem Angulus externus und bleibt bis zur Decussation in dieser Lage. Auf Fig. ı ist es durch Punktirung bezeichnet. Seine eigenartige Färbung verdankt es, wie ich an anderer Stelle auseinandergesetzt habe, sowohl einer abweichenden Vertheilung der Glia wie auch der Feinheit seiner Nervenfasern. Mitunter, d. h. auf manchen Schnitten, zerfällt es sehr deutlich in 2 Unterfelder, ein grösseres, weiter aussen gelegenes und ein kleineres, welches noch etwas über den Angulus internus nach innen reicht. Sehr schön ausgeprägt ist entsprechend dem Septum intermedium posterius SHERRINGTON’s band of condensation“. Medial von diesem Streifen dichtgedrängter feiner Fasern folgt ein Streifen lockerer angeordneter gröberer Fasern; unmittelbar neben der Mittellinie findet man wieder einen keilförmigen Bezirk dichter gestellter feinerer Fasern. Im Uebrigen bietet die Faservertheilung im Hinterstrang nichts Bemerkenswerthes. Im Ganzen überwiegen auch im Hinterstrang die feinen Fasern gegen die Peripherie hin. Medulla oblongata. Auf Fig. 6 ist die Pyramidenkreuzung von Pseudochirus peregrinus wiedergegeben. Der Querschnitt zeigt bereits wesentliche Veränderungen. Bei ungefähr gleicher Höhe zeigt er eine viel erheblichere Breite. 4p 0 0 Ale Ey e Das Vorderhorn beginnt bereits sich in ein loses Netz- 1 I} | {I N | ı ı werk aufzulösen. In der Mitte seines medialen Randes findet man stets noch eine compactere Masse grauer Substanz, in welcher zahlreiche grosse Ganglienzellen sich finden. An der mit XIIK bezeichneten Stelle medial von der Basis des Vorderhorns sind die ersten Ganglienzellen des Hypoglossus- kerns aufgetaucht. Der Centraltheil der grauen Substanz hat sich ebenfalls wesentlich verändert. Sein dorsoventraler I I 7 1 XIK Fma Fig. 6. Pyramidenkreuzung von Pseudochirus pere- aber die Lage des Centralkanals stark ventralwärts ver- grinus. Ap Angulus ext. des Hinterhorns, Fına Fissura mediana ant., Ne Nucleus cuneatus, Ngr Nucleus gracilis, Py Pyramidenbahn, See Sulcus cinereo-cuneatus, Sp grauen Substanz viel näher als dem dorsalen. Die Entfernung Sulcus intermed. post., SR Substantia Rolandi bezw. f a Endkern der spinalen Quintuswurzel. vom ventralen Rande beträgt nämlich nur ca. 150 u, die Ent- Durchmesser ist bis auf 850 u gestiegen. Dabei hat sich schoben. Er liegt dem ventralen Rande des Centraltheils der 151 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 683 fernung vom dorsalen Rand 560 u; der dorsoventrale Durchmesser des Centralkanals beträgt 140 u. Das Lumen des Centralkanals stellt eine sehr langgestreckte Ellipse dar. In dem dorsalwärts vom Centralkanal gelegenen Bezirk des Centraltheils der grauen Substanz findet man bereits zahlreiche bläschenförmige!) Zellen, welche den distalsten Abschnitt des dorsalen (sensiblen) Vago-accessoriuskerns darstellen. Der Durchmesser dieser Zellen beträgt bis zu 30 u. Eine Sonderung in einen rechten und linken Kern ist noch nicht vorhanden. Der dorsale Vago-accessoriuskern ist also im Beginn seines Auftretens noch unpaarig. Die Commissura anterior intracentralis ist nur hier und da durch einige sehr spärliche Fasern vertreten. Die Commissura posterior intracentralis ist noch mächtiger als auf den voraus- gehenden Schnitten. Meist kann man, wie dies auch auf der Figur angegeben ist, sehr scharf ein dorsales (randständiges) und ein ventrales (mehr central gelegenes) Bündel unterscheiden. Diese beiden Bündel ent- sprechen dem mittleren und dem dorsalen Bündel unter den 3 Bündeln, welche man im Rückenmark der Säuger in der Commissura posterior intracentralis unterscheiden kann ?). Der dorsale Vago-accessoriuskern liegt im Wesentlichen noch ventral von den ventralsten Fasern der Commissura posterior intracentralis. Lateralwärts lassen sich die Fasern der Commissur recht weit verfolgen. Die dorsalen Fasern verlieren sich einerseits im Gebiet des Hinterhorns, andererseits im Areal des Seitenstranges, vielleicht auch des Burpach’schen Stranges. Ein Zusammenhang mit dem Gorr’schen Strang, wie er nach Ramön y Cajar bei dem Hund bestehen soll°), lässt sich bei Pseudochirus an WEIGERT-Präparaten nicht erkennen. Die ventralen Fasern lassen sich einerseits jedenfalls auch in den Seitenstrang verfolgen; ob sie andererseits zum Hinterhorn oder zum Processus reticularis ziehen, liess sich nicht feststellen. Das Hinterhorn ist sehr stark lateralwärts abgebogen, und sein Kopf hat sich zu einem halb- mondförmigen Kamm entwickelt, welcher auch im äusseren Contour des verlängerten Markes sich als Tuber- culum cinereum abhebt. Gegen den Hinterstrang ist das Tuberculum cinereum durch eine Furche, den Sulcus cinereo-cuneatus, abgesetzt. Diese Furche liegt genau in der Verlängerung der Ursprungslinie der Hinterwurzeln. An der Peripherie der Substantia Rolandi des Hinterhorns sammeln sich bereits’ zahlreiche Fasern der spinalen Trigeminuswurzel an. Der Angulus internus des Hinterhorns hat sich gleichzeitig zum Processus cuneatus entwickelt. Er stellt eine keilförmige Masse mit breiter Basis und abgerundeter Schneide dar. Seine Zellen bilden den BurpacH’schen Kern oder Kern des Keilstranges, Nucleus funiculi cuneati. Ihre Grösse stimmt mit derjenigen der Zellen des dorsalen Vago-accessoriuskerns überein. Wesentlich anders stellt sich der Gorr’sche Kern oder Nucleus funiculi gracilis dar. Er entwickelt sich fast unabhängig vom Centraltheil der grauen Substanz mitten im Gorr’schen Strang. Nur einzelne graue Balken ziehen vom GoLr’schen Kern zum Centraltheil hinüber. Er zerfällt in einen rechten, linken und medianen Abschnitt. Die 3 Abschnitte hängen zum Theil unter sich zusammen (namentlich central- wärts). Der Sulcus medianus posterior fehlt ganz. Der Sulcus intermedius posterior ist sehr scharf aus- geprägt. Der Gorr’sche Strang ist also, wie im Cervicalmark, ein unpaares Gebilde. Die Breite beträgt, an der Peripherie gemessen, nur 530 u. Auf einzelnen Schnitten ist in der Mittellinie eine leichte Einsenkung erkennbar, diese kommt jedoch nur da zu Stande, wo die beiden lateralen Kernabschnitte über den medianen Abschnitt sehr überwiegen. ı) Die Bläschenform gilt natürlich nur für die gewählte Tinctionsmethode. 2) Vergl. mein Handbuch, p. 205ff. Daselbst auch Literaturangaben. 3) Nouvelles id&es sur la structure du systeme nerveux chez l’homme et chez les vert&br&s, Paris 1897, p. II. 684 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 152 BiscHorr!) hat neuerdings mit Recht hervorgehoben, dass bei der Ratte und dem Känguruh ein medianer Gorr'scher Kern ausser den beiden lateralen vorkommt. Dementsprechend ist das Septum medianum posterius und der Sulcus medianus posterior verkümmert?). Der mediane Kern soll dadurch charakterisirt sein, dass er schon in caudaleren Ebenen auftritt und dorsaler liegt als der Gorr’sche laterale Kern; auch soll er eine Neigung zu rosenkranzartigem Aufbau aus einzelnen Kernhäufchen zeigen. Bei Carnivoren fand er den medianen Kern?) sehr variabel, bei derselben Species bald schön ausgebildet, bald kaum angedeutet. Zuweilen fand er ihn paarig entwickelt und damit statt 5 sechs Hinterstrangskerne, die aller- dings — namentlich cerebralwärts — nicht mehr scharf getrennt sind. Bei Hapale sind die beiden Gorr’schen Stränge nach BiscHorr verschmolzen und auch die 3 Kerne nicht gegen einander abgegrenzt. Bei der Meerkatze finden sich beiderseits dorsomediale Zellgruppen, welche BiıscHorrF trotz ihres Zusammenhanges mit dem lateralen Hauptkern und trotz Entwickelung eines ausgeprägten Septum medianum posterius dem medianen Kern mancher Marsupialier und Nager homolog setzt. Bei dem Menschen sollen die dorso- medialen Kernanhäufungen fehlen. Auf Grund dieser Beobachtungen und einiger experimenteller Unter- suchungen an Hunden und Katzen nimmt BIscHoFF an, dass der mediane Kern zur sensiblen Vertretung des Schwanzes in Beziehung stehe. Zu Gunsten dieser Annahme führt BiSCHOFF auch an, dass der mediane Gorr’sche Kern dem Kaninchen!) und dem australischen Bär, dessen Schwanz verkümmert ist, fehlt. Bei dem schwanzlosen Maulwurf fand BiscHorrF einen median gelegenen grauen Kern, glaubt aber, dass es sich nur um die nahe an einander geschobenen lateralen Hauptgruppen handelt. Ich kann zu dieser Frage noch Folgendes mittheilen. Wie oben dargestellt, hat Pseudochirus peregrinus einen gut entwickelten medianen Kern. Ebenso findet man ihn bei Phalangista vulpina, wie auch die Abbildung KÖLLikEr’s’) ergiebt. Bei Phascolarctus cinereus ist er, wie ich schon BISCHOFF seiner Zeit brieflich mittheilte, verkümmert. Bei Perameles ist er gut entwickelt. Bei Ornithorhynchus ist der Sulcus medianus posterior vorhanden, der Sulcus intermedius posterior fehlt; der Gorr’sche und der BurDAcH’sche Kern entwickeln sich — wenn man die Serie cerebralwärts verfolgt — erst unverhältnissmässig spät. Der Gorr’sche. Kern ist sehr diffus — wenigstens solange der Centralkanal geschlossen ist‘). Eine mediane Gruppe ist nicht deutlich erkennbar. Ein kurzes Septum medianum posterius ist vorhanden; in capitalen Ebenen ist es ziemlich breit. Durch seıne Breite kann es einen medianen Kern vortäuschen. Da das Schnabelthier einen gut entwickelten Schwanz besitzt, so trifft die BiscHorr’sche Annahme hier nicht zu. Bei Echidna hystrix tritt der GorL’sche Kern zuerst als ein spinnenförmiges Gebilde mitten im Gorr’schen Strang auf. Der Sulcus medianus posterior ist vorhanden, das Septum medianum posterius sehr gut entwickelt. Wie bei Ornithorhynchus ist also der GoLL’sche Strang paarig angelegt. In höheren Ebenen wird der GoLL’sche Kern erheblich mächtiger. Einen gut ausgeprägten medianen Kern habe ich nirgends gefunden. Der Schwanz von Echidna ist auf einen kurzen Stummel reducirt. In den übrigen Säugethierordnungen sprechen in der That viele Beispiele zu Gunsten der BiıscHorr’ schen Annahme. Indes finden sich auch einzelne Ausnahmen‘). Zur Zeit möchte ich eine ı) Jahrb. f. Psychiatrie und Neurologie, 1899. 2) Vergl. hierzu meine älteren Angaben über das Verhalten des Sulcus medianus posterior in der Säugethierreihe, diese Denkschrift., Bd. VI, namentlich auch p. 173. 3) BISCHOFF nennt ihn „accessorischen Hinterstrangskern“. 4) Das Kaninchen führt mit seinem kurzen Schwanze ziemlich ergiebige Bewegungen aus. Namentlich ist der Schwanz bei Ausdrucksbewegungen des Unmuthes etc. betheiligt. Ich glaube jedoch, dass hieraus ein Einwand gegen die BISCHOFF’sche Annahme nicht abzuleiten ist, da es sich bei dieser Annahme um die Sensibilität des Schwanzes handelt und diese in der That bei dem Kaninchen schwerlich eine grössere Rolle spielt. 5) 1. c. Fig. 1. 6) Ueber das weitere Verhalten siehe p. 688. 7) Vergl. auch meine Angaben über das Verhalten des GoLL’schen Kernes bei dem Schaf. “Anat. Anz., Bd. XVII, 1900, P- 239 ff. 153 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 685 definitive Entscheidung noch nicht für möglich halten. Namentlich scheint mir auch die dorsale Lage keineswegs, wie BISCHOFF meint, ein zutreffendes Kennzeichen des edanen Kernes. Ich kehre nach diesem Excurs zur Beschreibung und Erklärung des in Fig. 6 abgebildeten Schnittes zurück. Das Pyramidenbahnfeld des Hinterstranges hebt sich sehr gut ab, und man sieht nun sehr klar einen breiten Strom von Fasern aus diesem Feld ventromedialwärts ziehen, die Mittellinie überschreiten und ein neues Faserfeld an der ventromedialen Ecke des Vorderstranges bilden. Links ist die Kreuzung im vollen Gange, rechts beginnt sie eben. Dass es sich um eine echte Pyramidenkreuzung handelt, kann keinem Zweifel unterliegen; denn die dicken Kreuzungsbündel lassen sich direct bis in die auf der Basal- fläche des Gehirns schon makroskopisch scharf vortretenden Pyramiden verfolgen. Auch die Herkunft aus dem oben beschriebenen Feld in der Nische zwischen dem Angulus internus und externus ist unzweifelhaft: man kann nicht nur die Bündel, sondern auch die einzelnen Fasern direct von dem Nischenfeld bis in das Pyramidenfeld verfolgen. Ueberdies kehrt die eigenthümliche Färbung im Pyramidenfeld in ganz ähnlicher Weise wieder. Endlich läuft die Reduction des eigenthümlich gefärbten Areals im Hinterstrang, der successiven Bildung der Pyramiden auf der Ventralfläche absolut parallel. Im Ganzen erstreckt sich die Decussation über mehr als 130 Schnitte a 25 u Dicke, also über eine Länge von über 3 mm. Die Kreuzung en masse, in dicken Bündeln, beschränkt sich auf eine Strecke von ca. I!/, mm. Die sog. obere oder sensible Pyramidenkreuzung, richtiger Schleifenkreuzung, beginnt erheblich später als die eigentliche Pyramidenkreuzung und vollzieht sich in viel lockereren, feineren Bündeln. Der Hinterstrangsursprung der Pyramidenbahn wurde zuerst von KÖLLIKER und zwar bei Phascolarctus cinereus beobachtet. Ich hatte gerade bei dieser Species die Fasern der Pyramide in den gekreuzten Seitenstrang verfolgen zu können geglaubt, während ein anderer Theil mir im Vorderstrang zu bleiben schien. Ich habe mich inzwischen überzeugt, dass ein Theil der Pyramidenfasern aus dem gekreuzten Hinterstrang stammt. Ein gemischter Ursprung aus Hinter- und Seitenstrang scheint auch bei den Macropodiden vorzukommen. Bei Perameles scheint der Seitenstrangsursprung zu überwiegen. Die Pyramidenkreuzung der Monotremen habe ich früher bereits besprochen. Sie vollzieht sich nicht en masse, sondern in zerstreuten feinen Bündelchen. Die meisten Fasern stammen aus der Formatio reticularis des Seitenstranges. KÖLLIKER glaubt auch bei Ornithorhynchus Pyramidenfasern in den BURDACH- schen Strang verfolgen zu können. Nachgewiesen ist nunmehr ein partieller oder totaler Hinterstrangsverlauf der Pyramidenfasern für folgende Säugethiere: 1) Ratte, Maus, Eichhorn, Murmelthier'), und zwar hier in der ventralen Kuppe des Hinterstranges medial vom Angulus internus; 2) Phascolaretus cinereus?), Pseudochirus peregrinus und Phalangista vulpina®), und zwar hier in der Nische des Hinterstranges zwischen Angulus internus und Angulus externus; 3) Dasypus villosus *) ; 4) einigen Ungulaten, wie Schaf?) und Ziege®). ı) Bezüglich der Literatur verweise ich auf meine frühere Arbeit sowie auf mein Handbuch. Eine Dissertation von SACHARSKEWSKY, über welche STIEDA in MERKEL-BONNET’s Ergebnissen berichtet hat, war mir nicht zugänglich. Das Verhalten des Meerschweinchens ist noch zweifelhaft; SPITZKA und BECHTEREW haben gegen ROSSOLYMO Verlauf der Pyramidenfasern im Hinterstrang behauptet. 2) KÖLLIKER, |. c. Fig. 6. 3) KÖLLIKER, 1. c. Fig. I—3. 4) So hat LuBascH kürzlich nachgewiesen, Arch. f. mikrosk. Anat. und Entwickelungsgeschichte, 1899, Bd. LIV, p. 549. Auffällig ist, dass KÖLLIKER (l. c.) bei Dasypus setosus keinen Hinterstrangsursprung gefunden hat. 5) Vergl. ZIEHEN, Anat. Anz., 1900, Bd. VII, p. 237. 6) KÖLLIKER, l. c. Bei dem Rind hat KÖLLIKER keine Pyramidenfasern in den Hinterstrang verfolgen können. Jenaische Denkschriften. VI. 20 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 88 686 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 154 Bei Carnivoren scheint ein Hinterstrangsverlauf von Pyramidenfasern nicht vorzukommen. Wenigstens ist die Angabe Stıepa’st), dass bei der Katze Pyramidenfasern im Hinterstrang verlaufen, von späteren Untersuchern stets bestritten worden. Auch bei den Pinnipediern scheinen alle Pyramidenfasern aus dem Seitenstrang zu kommen. Im Einzelnen ist über die Pyramidenkreuzung von Pseudochirus noch zu sagen, dass die Haupt- kreuzung erheblich ventralwärts vom Centraltheil der grauen Substanz stattfindet. Die dorsale Kuppe des Vorderstranges wird daher beiderseits durch die sich zur Kreuzung anschickenden Pyramidenfasern von der Hauptmasse des Vorderstranges abgeschnitten. Bemerkenswerth scheint mir auch, dass die beiden Vorder- stränge im Grunde der Fissura mediana anterior hier nicht mehr verschmolzen, sondern durch ein mehr oder weniger gut ausgeprägtes Septum geschieden sind. Die Frage, wie die Pyramidenbahnhinterstrangsfasern von Pseudochirus schliesslich zu den Vorder- wurzelzellen des Vorderhorns gelangen, kann ich nicht beantworten. KÖLLIKER hat sich neuerdings für die Marsupialier der Annahme LEnHoss£r’s?) angeschlossen, wonach — bei Maus und Meerschweinchen — zahlreiche Collateralen der Pyramidenhinterstrangsfasern zu einem Kern im medioventralen Abschnitt des Hinterhorns gelangen; erst die Axencylinderfortsätze dieser Zellen sollen zu den Vorderwurzelzellen ziehen. Die Hinterhörner der Ratte, der Maus, des Eichhörnchens enthalten auffällig zahlreiche ziemlich grosse Ganglienzellen. Auch bei dem Opossum finde ich, namentlich in der Lendenanschwellung, recht viele ungewöhnlich grosse Zellen, welche fast den ganzen „Hinterhornkern“ erfüllen. Auch fehlt es nicht an Fasern, welche aus dem Hinterstrang in das Hinterhorn eintreten®). Immerhin scheint mir die Frage zur Zeit noch nicht spruchreif. Im Uebrigen bietet der Schnitt der Fig. 6 keine weiteren bemerkenswerthen Einzelheiten. Es werde nur noch erwähnt, dass aus dem Hinterstrang auch viele Fasern in starken Bündeln in den Processus cuneatus eintreten, und dass zahlreiche Fasern aus dem Kopf des Hinterhorns in medialer Richtung zum Centraltheil der grauen Substanz ziehen. Letztere Fasern sind auch bei Ornithorhynchus stark entwickelt. Ich glaube, dass manche Fasern, welche KÖLLIıkER auf Fig. 6 seiner Arbeit zur Pyramidenkreuzung gerechnet hat, diesen Bündeln zuzurechnen sind. Auf einem Schnitt, welcher bereits den höheren Ebenen der Pyramidenkreuzung angehört, bildet die Pyramide schon beiderseits ein geschlossenes ventrales Feld, welches sich lateralwärts ziemlich weit erstreckt und zugespitzt endigt. Dorsalwärts liegt der Pyramide eine langgestreckte, schräg gestellte compacte Masse grauer Substanz an, die untere Olive. Wie bei anderen Säugern, muss ich auch hier die Frage offen lassen, wie weit diese graue Masse vielleicht auch dem Nucleus olivaris accessorius medialis entspricht. Sehr deutlich sieht man etwas heller gefärbte Fasern dorsalwärts von der Pyramidenbahn sich kreuzen und den dorsalen Bündeln der letzteren eng angeschmiegt gegen die untere Olive hinziehen. Einzelne lassen sich bestimmt bis in den Gorr’schen Strang verfolgen. Hieraus ergiebt sich, dass es sich um die sog. Schleifenkreuzung handelt. Der Hypoglossuskern zeigt ein ziemlich unregelmässiges An- und Abschwellen. Auf dem abgebildeten Schnitt ist er gerade sehr zellarm. Der dorsale Vago-accessoriuskern nimmt langsam, aber stetig an Mächtigkeit zu. ı) Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. XX. 2) Verhandl. der Anat. Gesellschaft zu München 1891. 3) Solche zuleitende Hinterhornfasern aus dem Hinterstrang kommen übrigens allen Mammaliern zu, vergl. mein Handbuch, p- IIO, IQI etc. 155 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 687 Das Vorderhorn ist ganz in ein complicirtes Netzwerk aufgelöst. Ein Nucleus funiculi anterioris lässt sich nicht sicher abgrenzen, doch dürfte er in einer Zellgruppe vertreten sein, welche medial von den Hypoglossusfasern liegt. Sehr deutlich ist hingegen der Nucleus funiculi lateralis vorhanden. Er stellt hier noch ein stark verästigtes Gebilde dar. Er liegt ventrolateral von der inzwischen in ein Netz aufgelösten ventrolateralen Ecke des Vorderhorns. Der Contour der Schnitte zeigt in dieser Gegend durchweg 3—4 Kerben; dieselben stehen jedoch anscheinend nicht in Zusammen- hang mit dem Auftreten des Seitenstrangkerns. Im lateralen Theil des dorsalen Quadranten fällt wiederum der Kern der spinalen Trigeminuswurzel durch seine mächtige Entwickelung auf. Ausserdem bemerkt man am Rande des Schnittes Anhäufungen grauer Substanz, welche durch dünnere und dickere Balken mit dem spinalen Trigeminuskern verbunden sind. Auch findet man einzelne intermediäre Ansammlungen grauer Substanz. Auf diese randständigen grauen Massen ist bis jetzt noch wenig geachtet worden. Dabei sind sie in der Säugethierreihe sehr häufig zu finden. DRAESEKE hat sie in einer unter meiner Leitung entstandenen Arbeit etwas genauer bei Pinnipediern geschildert‘). Ich möchte sie, um nichts zu präjudiciren, vorläufig einfach als „rand- ständigen dorsalen Kern, Nucleus dorsalis marginalis“ bezeichnen. Es liegt sehr nahe, ihn mit den grauen Formationen im Apex des Rückenmarkes zu vergleichen, in welche unter anderem auch die LissauEr’sche Randzone grösstentheils eingelagert ist. Mit dem Nucleus funiculi lateralis hat er jedenfalls nichts zu thun. Auch eine Beziehung zu den Fibrae arcuatae externae ist mir wenigstens für die Apla- centalier sehr zweifelhaft. Der BurpacH’sche Kern zeigt keine erheblichen Veränderungen. Der Gorr’sche Kern ist sehr schlecht abgegrenzt, lässt aber immer noch sehr deutlich einen medianen und beiderseits einen lateralen Hauptabschnitt erkennen. Der Hinterstrangscontur zeigt eine breite Einsenkung im Bereich des Gorr’schen Stranges. Austretende Hypoglossusfasern sind beiderseits zu sehen. Sie verlaufen erheblich lateralwärts von der Olive. Ihr Austritt erfolgt nahe der Kerbe, durch welche die Pyramide lateral begrenzt wird. Auf den folgenden Schnitten nimmt vor allem die Olive rasch an Umfang zu. Fig. 7 stellt einen Schnitt dar, welcher bereits oberhalb der Pyramidenkreuzung liegt. Die Kreuzungsfasern, welche man noch sieht, gehören ausschliesslich der Schleifenkreuzung an. Zwischen der Olive und der Pyramide hat sich bereits ein breites Faserband entwickelt, welches theils aus schief- und quergeschnittenen Schleifen- fasern, theils aus Fibrae arcuatae besteht. Die Olive ist namentlich an ihrem ventrolateralen Ende stark angeschwollen und dicht mit Zellen besetzt, deren Durchmesser grösstentheils 20—25 u beträgt. Das Feld des Gorr’schen Stranges hat sich schon fast ganz erschöpft. Die breite mediane Ein- senkung ist tiefer geworden. Im Gorr’schen Kern ist ein medianer Abschnitt nicht mehr zu erkennen. Die Substantia gliosa centralis bezw. der dorsale Vagoaccessoriuskern ist der dorsalen Peripherie erheblich näher gerückt. Die Zellanhäufung, welche eben als Kern des Vorderstranges unter Vorbehalt angedeutet wurde, ist eher noch etwas stärker ausgeprägt. Der Seitenstrangskern hat an Ausdehnung erheblich zugenommen und zerfällt in einen centralen und in einen peripherischen Abschnitt. Auffällig ist sein Reichthum an Gefässen. Tinctoriell sind seine Zellen dadurch ausgezeichnet, dass sie den Chromlack ungewöhnlich zäh festhalten. 1) Monatsschr. f. Psych. u. Neurol., Febr. 1900, p. 124. Bei den Pinnipediern liegen sie mehr innerhalb der Bogenfasern selbst. 20* 88* Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 156 [o)\ oo [6,2] Ueber den randständigen dorsalen Kern schlagen sich mehr und mehr Fibrae arcuatae externae hinweg. Ventralwärts lassen sich diese zum Theil bis in die Gegend zwischen Olive und Pyramidenbahn verfolgen; zum Theil aber stehen sie jedenfalls auch mit dem Seitenstrangskern in Verbindung. Ich kenne kein Mammaliergehirn, welches diesen Zusammenhang so deutlich zeigt, wie das Gehirn mancher Aplacen- talier. Vorzugsweise ist es der peripherische Abschnitt des Seitenstrangskern, in welchen ein dichtes Bündel von Bogenfasern eintritt. Bemerkenswerth ist noch, das die Hypoglossusfasern den sog. Vorderstrangskern auf ihrem Weg zum grossen Theil durchsetzen. Fig. 8 entspricht den höchsten Ebenen der Schleifenkreuzung und zeigt erhebliche Veränderungen gegenüber Fig. 7. Die Substantia gliosa centralis bezw. der dorsale Vago-accessoriuskern hat die dorsale Peripherie erreicht. So weit sind jetzt die beiden Gorr’schen Stränge auseinander gewichen. Der Centralkanal ist noch geschlossen. Im Areal der GorLr’schen Stränge findet man fast nur diffuse graue Substanz; nur in der dem Burpach’schen Kern unmittelbar anliegenden Region und an der Peripherie findet man noch grössere Gruppen von Nervenfasern. Der BurvAacH’sche Kern zeigt eine etwas breitere Form und erscheint etwas aufgelockert. Die Fasermasse des BurDAcH’schen Stranges ist sichtlich zusammengeschmolzen. Der Hypoglossuskern hat fast quadratische Form und sticht, wie gewöhnlich, durch seine dunkle Farbe scharf gegen den hellen dorsalen Vago-accessoriuskern ab. Die spinale Trigeminuswurzel ist sehr viel stärker geworden. Aussen liegt ihr der Nucleus marginalis dorsalis unmittelbar an. Die Bogenfasern überziehen ihn jetzt vollständig. Dem dorsalen Theil der spinalen Quintuswurzel liegt eine graue Masse auf, welche rasch an Umfang zunimmt. Man könnte geneigt sein, sie zum Nucleus marginalis dorsalis zu rechnen, indes spricht das weitere Verhalten gegen diese Annahme. Sie ist vielmehr wahrscheinlich als lateraler (oder äusserer) BurpacH’scher Kern zu deuten. Leider ist die letztere Bezeichnung, wie schon ÖBERSTEINER hervorhebt, nicht immer in gleichem Sinne verwendet worden. Abbildungen vom Menschen haben unter Anderen OBERSTEINER!) und BECHTEREW ?) gegeben. Eine genaue Darstellung hat BLUMEnAU°) gegeben. Auch MonAakow‘) hat kürzlich einige neue Angaben hinzugefügt. Jedenfalls kann als sicher betrachtet werden, dass dieser sog. laterale Burpach’sche Kern wesentlich andere Verbindungen hat als der Burpachr’sche Hauptkern. Wahrscheinlich giebt er namentlich Fasern zum gleichseitigen Strickkörper und zu den Fibrae arcuatae externae ab. Er kommt allen mir bekannten Säugern zu, wechselt aber nach Form und Lage sehr. Die neuerdings ab und zu verwendete Bezeichnung „Monakow’scher Kern“ dürfte sich sehr empfehlen, um ihn auch terminologisch vom BurpacH’schen Hauptkern scharf zu unterscheiden. Bei Ornithorhynchus gestalten sich die Lagerungsverhältnisse dieser Gegend besonders eigenartig. Die Oeffnung des Centralkanals erfolgt sehr viel früher als bei Pseudochirus. Die spinale Trigeminus- wurzel ist weit ventralwärts verschoben. Der BurpAac#’sche Kern und der Gorr’sche Kern rücken immer weiter lateralwärts. Dabei kommt der letztere allmählich dorsalwärts vom ersteren zu liegen. Zugleich tritt lateralwärts vom BurpacH’schen Kern der Monakow’sche Kern auf. Der Gorr’sche Kern wandelt ı) Anleitung beim Studium des Baues der nervösen Centralorgane, 3. Aufl., 1896, Fig. 128, p. 290. 2) Die Leitungsbahnen im Gehirn und Rückenmark, 2. Aufl., 1899, Fig. Sr u. 82. 3) Neurol. Centralbl. 1891 u. Sitz.-Ber. d. neurol.-psych. Klinik in Petersburg, 15. VI. 1896. 4) Gehirnpathologie in NOTHNAGEL’s Handb. d. spec. Path. u. Ther. 157 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 689 sich in eigenartiger Weise um; er nimmt an Volumen zu, zahlreiche grosse rundliche Zellen treten in seinem Innern auf. Der Seitenstrangskern zerfällt jetzt in drei Theile!), zwei halbmondförmige peripherische und einen centralen, welcher allenthalben mit der Formatio reticularis zusammenhängt. Der Vorderstrangskern wird noch immer von den Hypoglossusfasern durchsetzt, doch liegt er grösstentheils medial von denselben. Ich hebe hier nochmals die Schwierigkeiten seiner Deutung hervor. Zieht man nur die Lage zur Olive in Betracht, so möchte man ihn in erster Linie mit der dorsalen Neben- olive vergleichen. Berücksichtigt man hingegen die Lagebeziehung zu den austretenden Hypoglossusfasern, so wird man eher geneigt sein, ihn als mediale Nebenolive (grossen Pyramidenkern) oder als Vorderstrangs- kern (ÖBERSTEINER)?) aufzufassen. Dieses Dilemma kommt dadurch zu Stande, dass bei Pseudochirus — ebenso übrigens, wie bei anderen Mammaliern — die Hypoglossusfasern nicht wie bei dem Menschen medial von der Olive oder auch durch die Olive hindurch austreten, sondern lateralwärts von ihr bleiben. Ich sehe vorläufig noch keine Möglichkeit sicher, zwischen den beiden Alternativen zu entscheiden, und bezeichne den bez. Kern daher weiter auch schlechthin als „Nebenolive“, kann aber selbst Zweifel an der Berechtigung dieser Bezeichnung nicht ganz unterdrücken (s. S. 692). Von einem Nucleus arciformis ist nichts zu sehen. Die grosse Olive selbst stellt noch eine compacte Masse dar. Der dorsomediale Abschnitt ist jetzt der mächtigere. Ohne Schwierigkeit kann man eine stärkere dorsomediale und eine schwächere ventrolaterale Zellgruppe unterscheiden. Die Schleifenkreuzung ist noch nicht beendigt. Ausserdem finden sich Fibrae arcuatae internae in grosser Zahl. Auf Fig. 9 hat sich der Centralkanal bereits geöffnet. Unmittelbar vor seiner Eröffnung zeigt er die auf Fig. 10 dargestellte Form. Die Decke zerreisst im Bereich der gestrichelten Linie. Dadurch bleiben beiderseits zwei mit a und b bezeichnete Leisten. Auf Fig. 9 hat sich die Leiste a schon fast ausgeglichen, die Leiste b springt noch stark vor°). Von der linken rn Leiste b zur rechten Leiste b spannt sich der Obex aus. Der dorsale Vago-accessoriuskern liegt jetzt nicht mehr rein dorsal, sondern dorsolateral vom Hypoglossuskern. Der Gorr’sche, der BurpDAacH’sche und der Monakow’sche Kern sind entsprechend G= a lateralwärts verschoben. Die unter Vorbehalt als Vorderstrangskern oder Nebenolive bezeichnete graue Masse stellt sich jetzt fast kreisrund dar und hat sich eng an die Olive ange- ; schmiegt. Die Hypoglossusfasern ziehen lateral an ihr vorbei. ae Die Pyramiden sind von einer dichten Schicht oberflächlicher Bogenfasern umsäumt. Das Areal der Pyramiden hat sich in transversaler Richtung stark in die Länge gezogen, dafür aber an Höhe, d.h. im ventrodorsalen Durchmesser, abgenommen. Die Fibrae arcuatae internae sind sehr zahlreich. Die Vago-accessoriusfasern ziehen bei ihrem Austritt grösstentheils an der ventralen Spitze des Endkerns der spinalen Trigeminuswurzel vorbei. Einzelne Bündel treten noch weiter ventral aus. 1) Auch bei dem Menschen hat MONAKOW neuerdings im Seitenstrang einen Nucleus reticularis superficialis und Nucleus reticularis rotundus unterschieden. ‚ 2) OBERSTEINER trennt bei dem Menschen den Vorderstrangskern von der medialen Nebenolive, vergl. z.B. 1. c. Fig. 128. KÖLLIRER (Handb. der Gewebelehre, Bd. II, p. 200) fasst den Vorderstrangskern als einen Theil der medialen Nebenolive. 3) Die Leiste 5 bildet auch KÖLLIRER bei Phalangista vulpina ab, l. c. Fig. 4. 690 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 158 Sehr undeutlich abgegrenzt ist der Nucleus ambiguus. KÖLLIKER bezeichnet als solchen eine Gruppe mittelgrosser Zellen, welche lateralwärts von der Hypoglossuswurzel etwa halbwegs zwischen Hypoglossuskern und Peripherie liegt. Bei Pseudochirus sondert sich diese Gruppe nicht so scharf von der Formatio reticularis und dem Seitenstrangskern ab. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass ein Theil der Zellgruppen, die ich zum Seitenstrangskern gerechnet habe, noch zum Nucleus ambiguus gehört. ! Die Olive hat insofern eine Umgestaltung erfahren, als sie unvollkommen in zwei parellele Bänder gespalten wird, ein dorsolaterales und ein kürzeres ventromediales; gegen die Mittellinie hin hängen beide zusammen. Fig. II zeigt vor allem zahlreiche Fasern, welche aus den Hinterstrangsresten lateralwärts ziehen. Theils durchbrechen sie den Monakow’schen Kern, theils ziehen sie dorsal oder ventral an ihm vorbei; einzelne entspringen vielleicht auch aus dem Monakow’schen Kern selbst. Sie sammeln sich an der medialen Seite des Strickkörpers und an der lateralen Seite des randständigen dorsalen Kernes, um dann wahrscheinlich grösstentheils in Bogenfasern überzugehen. Da das Hinterstrangsgebiet auf diesem Weg seine Fasern rasch erschöpft, rücken der Gorr’sche, BurpacH'sche und Monakow’sche Kern eng zusammen, so dass die Abgrenzung stellenweise nicht leicht ist. Die Leiste d springt noch stark vor. Nervenfasern konnte ich in der Leiste bis jetzt nicht finden. Wahrscheinlich ist sie mit der Area postrema von RETZıus identisch. Der Ponticulus entspringt an ihrem lateralen Rand!). Die Olive ist im Ganzen schmäler geworden, namentlich ventrolateralwärts hat sie sich zugespitzt und in die Länge gezogen. Zwei Blätter sind kaum zu erkennen. Der Vorderstrangskern hat sich ihr jetzt so dicht angelagert, dass er mit ihr eine Kernmasse auszumachen scheint. Im Uebrigen zeigt der Schnitt keine wesentlichen Veränderungen. Bemerkt sei nur, dass das Solitärbündel — wie übrigens schon auf den vorausgegangenen Schnitten — in seiner gewöhnlichen Lage angetroffen wird. Es zerfällt wie auch bei anderen Säugern in eine wechselnde Zahl länglicher schmaler parallel gestellter Felder. Bereits in den folgenden 8 Schnitten zeigt die Olive eine weitere Umbildung: die Nebenolive ist auf den letzten Schnitten desselben Objectträgers nunmehr mit der dorsomedialen Anschwellung der Olive definitiv verschmolzen. Dabei erscheint die Olive im Ganzen wieder etwas verkürzt. Je nach dem Verlauf der Bogenfaserbündel, welche sie durchsetzen, zerfällt sie wieder vorübergehend in zwei und mehr Blätter. Die Hypoglossusfasern ziehen hart lateral an der Olive vorbei. Die Pyramiden werden noch immer von einer dichten Schicht oberflächlicher Bogenfasern umsäumt. In der Raphe findet man noch immer zahlreiche stumpf- und spitzwinklige Kreuzungen. Sie enthält ausserdem — wie auch schon in den früher beschriebenen Schnitten — namentlich in ihrem ventralen Abschnitt starke Ansammlungen grauer Substanz, welche ich einfach als den ventralen Kern der Raphe bezeichnen will. Man gewinnt den Eindruck, dass namentlich die oberflächlichen Bogenfasern zum Theil hier endigen. Aus dem Ueberwiegen der Faserkreuzungen und der grauen Substanz im ventralen Abschnitt der Raphe erklärt sich, dass die Raphe sich dorsalwärts sehr erheblich verjüngt. Die Olivenzwischenschicht I) Vergl. p. 93 und Fig. 83 des makroskopischen Theiles. 159 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 691 hebt sich durch hellere Farbe sehr scharf von dem Pyramidenareal ab. Letzteres zeigt ausserdem die charakteristischen groben Glianetze. Der dorsale Vago-accessoriuskern liegt jetzt fast genau lateral von dem fünfeckigen Hypoglossuskern. Er zieht sich ventrolateralwärts stark in die Länge. Das Solitärbündel ist in der gewöhnlichen Weise in ihn eingelagert. Besondere Beachtung verdient auch ein Faserbündel, welches ihm lateralwärts angelagert ist und aus relativ starken Fasern besteht. Es lässt sich sowohl cerebralwärts wie spinalwärts verfolgen. Spinalwärts stammt es aus dem Abschnitt des Hinterstranges zwischen dem Gorr’schen und Burpac#’schen Kern. Ueber die Schicksale des Bündels, das ich kurz Bündel oder Faserareal y nenne, in cerebraler Richtung sind die folgenden Erörterungen zu vergleichen. Der Seitenstrangskern hat seine stärkste Entwickelung bereits hinter sich. Auffällig ist, dass seine peripherischste Lage jetzt geradezu die ventrale Fortsetzung des dorsalen marginalen Kernes zu bilden scheint. Längs der austretenden Vago-accessoriuswurzeln finden sich ziemlich zahlreiche grössere Ganglien- zellen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese dem Nucleus ambiguus zuzuzählen sind. Der Monarow’sche und der BurvacH’sche Kern sind kaum mehr sicher zu trennen. Der Gorr’sche Kern ist noch immer ziemlich mächtig. Aus dem randständigen Hinterstrangsareal ziehen noch immer Bogenfasern lateralwärts. Aus dem Felde der spinalen Trigeminuswurzeln biegen allenthalben starke Bündel zum Trigeminusendkern ab. Das Corpus restiforme bildet noch immer nur einen sehr schmalen Saum. Fig. 12 zeigt die Olive auf der Höhe ihrer Entwickelung. Mit der „Nebenolive“ ist sie völlig ver- schmolzen. Von dem Pyramidenareal ist sie durch eine schmale Faserschicht getrennt, die bezüglich des Calibers und der Tinctionseigenschaften ganz mit der Olivenzwischenschicht übereinstimmt. Die Form der Olive (mit Einschluss der Nebenolive) lässt sich am besten mit einem etwas verbogenen Z vergleichen. Die Fibrae arcuatae zeigen noch dasselbe Verhalten. In dem Netzwerk der Formatio reticularis alba, sonach medialwärts von den austretenden Hypoglossus- fasern, oberhalb der Olive findet man jetzt zahlreichere und grössere Ganglienzellen. Der Lage im Quer- schnitt nach könnte man sie mit dem Nucleus reticularis tegmenti oder dem Nucleus centralis superior medialis BECHTEREw’s vergleichen, doch treten diese Kerne durchweg erst in höheren Ebenen auf. Für den Nucleus centralis inferior ROLLER’s liegen die in Rede stehenden Zellen etwas weit medial. Dabei ist jedoch zu beachten, dass alle diese Kerne keineswegs scharf abgegrenzte Gebilde darstellen. Auch ihre Lage wird sehr verschieden angegeben). Die Nomenclatur schwebt daher noch ganz in der Luft. Ich will, um nichts zu präjudiciren, von dem „zerstreuten Kern der Formatio reticularis alba“ sprechen. Lateralwärts von den austretenden Hypoglossusfasern zeigt sich nun gleichfalls eine Zellgruppe, die vom Seitenstrangskern ziemlich gut abgegrenzt ist. Ich muss dahingestellt lassen, ob es sich um den Nucleus ambiguus oder eine Kernanhäufung der Formatio reticularis grisea (entsprechend etwa dem Nucleus centralis inferior von ROLLER) handelt. 1) So liegt beispielsweise nach OBERSTEINER (l. c. Fig. I3t) der Nucleus centralis inferior bei dem Menschen im Wesentlichen in der Formatio reticularis alba, während BECHTEREW (l. c. Fig. 93) ihn bei dem Hund viel weiter lateralwärts abbildet. 692 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 160 Der Hypoglossuskern nimmt an Ausdehnung bereits etwas ab. Gegen den dorsalen Vago- accessoriuskern ist er noch immer durch eine seichte Furche abgegrenzt, welche ich im makroskopischen Theil als Sulcus paramedianus rhombi beschrieben habe'). Die 3 Hinterstrangskerne zeigen noch etwa dieselbe Lage und Form. Der Monakow’sche Kern wird ventral und dorsal von Bogenfasern umsäumt, welche an seiner lateralen bezw. ventrolateralen Ecke unter spitzem Winkel zusammenfliessen. Bemerken will ich noch, dass der dorsale Vago-accessoriuskern die stärkste Zellanhäufung auf allen Schnitten dieser Gegend in seinem medialen Abschnitt zeigt, und dass zwischen ihm und dem Hypoglossus- kern eine dunkelgraue Masse auftaucht, welche ein dichtes Faserbündel medioventralwärts aussendet. Dieselbe ist übrigens schon auf vielen vorhergehenden Schnitten erkennbar gewesen. Sie entspricht dem Nucleus intercalatus von STADERINI. Das charakteristische Faserareal y ist unverändert geblieben. Fig. 13 liegt erheblich weiter oralwärts und zeigt daher sehr erhebliche Abweichungen von dem zuletzt geschilderten Bilde. Von der Olive ist fast nichts mehr zu sehen. Die Durchsicht der Zwischenschnitte (zwischen dem in Fie. 12 und dem in Fig. 13 abgebildeten Schnitt) ergiebt, dass die Nebenolive — der obere Schenkel des Z — zuerst schwindet und ihr dann ziemlich rasch und ohne neue erheblichere Formveränderungen die Hauptolive nachfolgt. Ueberblickt man das Verhalten der Olive nochmals im Ganzen, so ergiebt sich Folgendes: Sie erstreckt sich insgesammt über fast 6 mm. Die Nebenolive tritt fast gleichzeitig mit der Hauptolive auf, verschwindet aber etwas früher. Die Hauptolive liegt stets ganz und gar, die Nebenolive stets grösstentheils, meist gleichfalls ganz und gar medial von den austretenden Hypoglossusbündeln. Die Homologien der Olive durch die Reihe der Säuger sind meines Erachtens noch lange nicht erledigt. Speciell möchte ich die Frage aufwerfen, ob die Hauptolive, d. h. der mächtigste Theil der Olive, der meisten Säuger überhaupt der Hauptolive des Menschen homolog ist). Es lassen sich manche Gründe zu Gunsten einer Homologie der Hauptolive der meisten Säuger mit der medialen Nebenolive des Menschen anführen; bei dieser Annahme würde die Zellgruppe, welche ich seither als Vorderstrangskern im Sinne OÖBERSTEINER’S oder auch als Nebenolive schlechthin bezeichnet habe, eventuell als Rudiment der Hauptolive aufgefasst werden können. Man entgeht so der Nothwendigkeit, eine sehr erhebliche medialwärts gerichtete Ver- schiebung der Olive bei dem Absteigen in der Säugethierreihe anzunehmen. Das Areal der Pyramide zeigt keine nennenswerthen Veränderungen. Ein auch nur einigermaassen deutlich ausgeprägter Nucleus arciformis ist auch weiterhin nicht zu finden gewesen. Der zerstreute Kern der Formatio reticularis alba ist sehr mächtig ausgebildet, nament- lich in seinem ventralen Abschnitt. Seine Maschen hängen hier eng mit dem sehr wohl ausgeprägten compacten ventralen Kern der Raphe zusammen. Der letztere reicht bis zur ventralen Oberfläche, trennt also die beiden Pyramiden vollständig. Die oberflächlichen, die Pyramiden umkreisenden Fibrae arcuatae externae sind verschwunden. In dem Raum, welchen die Olive einnahm, sieht man noch immer mehrere sehr starke parallele Bündel innerer Bogenfasern dorsal von den Pyramiden vorüberstreichen. Bemerkenswerther Weise kreuzen jedoch 1) Bei einem Vergleich der mikroskopischen Querschnittsbilder mit dem Flächenbild des makroskopischen Theiles Fig. 83 ist in Betracht zu ziehen, dass auf letzterem die Ala alba medialis stärker perspectivisch verkürzt erscheint. 2) Dabei ist zu beachten, dass die Zellen der Nebenoliven von denen der Hauptoliven auch bei dem Menschen sich keineswegs so erheblich unterscheiden, wie dies gelegentlich behauptet worden ist. Vergl. KLINKE, Neurolog. Centralbl., Bd. XVI. 161 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 093 diese Fasern nun grösstentheils nicht mehr über die Mittellinie, sondern scheinen in das Feld der gleich- seitigen medialen Schleife (Olivenzwischenschicht) einzubiegen. Umgekehrt sind die Faserkreuzungen im dorsalen Theil der Raphe jetzt sehr viel häufiger geworden. Sehr oft steigen die Fasern nach ihrem Eintritt in die Raphe zuerst eine Strecke weit innerhalb der Raphe senkrecht auf oder ab, um dann erst auf die Gegenseite überzutreten. Es kann meines Erachtens nicht daran gedacht werden, dass alle diese Bogen- fasern aus dem Hinterstrangsgebiet bezw. dem Strickkörper stammen, vielmehr scheint ein grosser Theil auch aus der Formatio reticularis grisea und aus dem sensiblen Endkern des Trigeminus zu stammen. Der Hypoglossuskern ist bereits vollständig verschwunden. Unmittelbar neben der Mittellinie bildet die Formatio reticularis alba den Boden der Rautengrube. Die Schicksale des Hypoglossuskerns und seiner Umgebung vor seinem Verschwinden waren, wie die Zwischenschnitte ergaben, folgende: Ein Nucleus funiculi teretis ist nirgends gut ausgebildet. Hingegen konnte man seit dem Auftreten des Nucleus intercalatus ziemlich zahlreiche Fasern durch und über dem dorsalsten Theil des Hypoglossuskerns ziehen sehen. Ihr Zusammenhang mit dem Nucleus intercalatus scheint mir ziemlich sicher, dagegen konnte ich ihren definitiven andersseitigen Verbleib nicht ermitteln. Viel zahlreicher sind die Fasern, welche aus dem Nucleus intercalatus schräg medioventralwärts ziehen. Sie kreuzen grösstentheils die Hypoglossusfasern unmittelbar nach dem Austritt aus dem Hypoglossuskern, zum Theil scheinen sie auch durch den Hypoglossus- kern selbst durchzuziehen. Dass die aus dem Nucleus intercalatus entspringenden Fasern auch nur zum Theil den Hypoglossus sich zugesellen sollten, glaube ich nicht. Ich sehe sie vielmehr allenthalben zwischen den Hypoglossusfasern durchziehen und im Bogen, zum Theil weit ventralwärts ausholend, zur Raphe gelangen und diese überschreiten. Weiterhin lässt sich sehr schön beobachten, wie dieser Nucleus intercalatus sich lateralwärts mehr und mehr ausdehnt und so den dorsalen Vago-accessoriuskern von dem Ventrikelboden schliesslich ganz abdrängt. Die Grenze zwischen den beiden Kernen ist stets sehr scharf, da der dorsale Vago-accessorius- kern die auffällige helle Farbe bis zu seinem Verschwinden beibehält. Auf dem in Fig. 13 abgebildeten Schnitt ıst der Nucleus intercalatus bereits zu einem mächtigen Gebilde herangewachsen, welches den Ventrikelboden von der Formatio reticularis alba bis zu dem früheren Hinterstrangsgebiet bildet. Offenbar ist er hier mit dem sog. Nucleus triangularis, welchen man gewöhnlich dem Acusticus zuspricht, identisch. Auch bei anderen Säugern halte ich den Nucleus intercalatus nur für einen caudalwärts zwischen den Hypoglossuskern und den dorsalen Vago-accessoriuskern vorgeschobenen Zipfel des Nucleus triangularis. Daher dürfte auch die Bezeichnung Pars intercalata nuclei triangularis vorzuziehen sein!). Der dorsale Vago-accessoriuskern ist auf einen schmalen, linsenförmigen Körper reducirt, der ziemlich tief unter der Oberfläche liegt. Das Solitärbündel hat sich erschöpft. Zahlreiche Bogenfasern durchziehen in dieser Gegend den dorsalen Vago-accessoriuskern. Sie kommen theils aus dem Nucleus triangularis, theils aus dem früheren Hinterstrangsgebiet. Innerhalb des dorsalen Vago-accessoriuskerns kann man noch lange recht gut 2 Kerne unter- scheiden, einen medialen (siehe oben) und einen lateralen; der erstere liegt zugleich etwas mehr dorsal, und seine Zellen entfärben sich bei Anwendung der Par’schen Methode langsamer. Als dritte Gruppe kann man die dorsolaterale Partie des Kernes auffassen, welche zugleich in enger Beziehung zu der oben 1) Auf die Beziehungen zum Nucleus triangularis hat neuerdings zuerst wieder MUCHIN hingewiesen. Ueberhaupt gebührt diesem das Verdienst, zuerst die eigenartige Stellung der Pars intercalata — noch vor STADERINI — beschrieben zu haben. Seine erste Arbeit erschien in russischer Sprache unter dem Titel „Zur Lehre vom histologischen Bau des verlängerten Markes“, Charkow 1892. Leider bin ich des Russischen nicht mächtig und kann daher nur aus den beigegebenen Figuren (3—6) schliessen, dass MUCHIN die bez. Zellgruppe kannte. Er beschreibt sie als Nucleus dorsalis. Ein kurzes Autoreferat findet sich im Centralbl. für Nervenheilk., 1893, Maiheft. Uebrigens hat CLARKE bereits 1868 eine sehr gute Beschreibung mit Abbildungen (Philos. Transact., 1868, Pl. XI, Fig. 38 u. 39) gegeben und die Gruppe als Fasciculus teres bezeichnet. Jenaische Denkschriften. VI. 21 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 89 694 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 162 besprochenen Area postrema steht. Ich will nur beiläufig bemerken, dass diese drei Gruppen auch bei anderen Säugern wiederkehren!). Die dorsolaterale Partie verschwindet zuerst, dann die mediale und zuletzt die laterale Gruppe. Die Wurzelfasern des Vago-accessoriuskerns durchbrechen in dieser Ebene grösstentheils in mehreren Bündeln die spinale Trigeminuswurzel. Kaum weniger eingreifend sind die Veränderungen im früheren Hinterstrangsgebiet. Der Mona- kow’sche Kern ist bis auf Spuren verschwunden. Am besten hat sich noch der Burpac#’sche Kern erhalten. Im Gebiet des Gorr’schen Stranges hat sich allmählich eine grosse Zahl quergeschnittener Faserbündel angesammelt. Das oben erwähnte Faserareal y stellt wahrscheinlich bereits einen Vorläufer dieses Feldes dar. Zwischen den quergeschnittenen Faserbündeln findet sich netzförmig angeordnete graue Substanz. Unzweifelhaft handelt es sich hier um das Feld der spinalen Acusticuswurzel. Lateralwärts schliesst sich das Corpus restiforme an, welches inzwischen sehr erheblich angeschwollen ist. Sein Faserzuwachs stammt vorzugsweise aus inneren und äusseren Bogenfasern. Auch aus dem gleichseitigen Monakow’schen Kerne scheinen ihm jetzt direct Bündel zuzufliessen. Auffällig sind auch Bündel, die aus dem Gebiet des sensiblen Trigeminusendkernes stammen, die spinale Trigeminus- wurzel durchbrechen und sich den oberflächlichen Bogenfasern beimischen. Der dorsale Randkern ist erheblich schwächer geworden. Er ist jetzt streckenweise mitten in Fibrae arcuatae externae eingebettet, Der Seitenstrangskern ist noch immer gut ausgebildet. Eine irgendwie abgegrenzte, dem Nucleus ambiguus entsprechende Zellgruppe findet sich nicht. Fig. 14 zeigt als überraschendste Aenderung das Auftreten einer starken dreieckigen Kernmasse lateralwärts von Nucleus triangularis am Seitenrand der Rautengrube, dorsomedial vom Strickkörper. In dieser Kernmasse nimmt man namentlich am ventrolateralen Rand, also in der Nachbarschaft des Strick- körpers, zahlreiche grosse Ganglienzellen wahr, und aus diesem zellenreichen Gebiet treten viele starke Faserbündel in das Areal des Strickkörpers über. Es handelt sich hier wohl unzweifelhaft um das Tuberculum acusticum?). Der Monakow’sche Kern ist fast verschwunden. Das Feld der spinalen Acusticuswurzel ist eingekeilt zwischen dem Tuberculum acusticum, dem Nucleus triangularis, dem Rest des dorsalen Vaguskerns und der dorsalen Spitze der spinalen Trigeminuswurzel. Man findet hier jetzt mehr und mehr grosse vielstrahlige Zellen, welche offenbar als DEITERS’scher Kern aufzufassen sind. Die spinale Trigeminuswurzel ist noch von einer dicken Lage äusserer Bogenfasern umsäumt. Ventral von der spinalen Trigeminuswurzel liegt an der Stelle des Seitenstrangskerns jetzt wieder eine graue Masse, in der sich sehr zahlreiche grosse Ganglienzellen finden. Die weitere Verfolgung ergiebt, dass es sich um den Facialiskern handelt. Aussen liegt ihm schon längere Zeit ein halbmond- förmiges Feld Sstr an, dessen Faserquerschnitte denjenigen der spinalen Trigeminuswurzel sehr ähnlich sind. Aussen wird es von einer schmalen Schicht von Bogenfasern umzogen. In seinem ventralen Abschnitt findet man aussen von ihm statt der Bogenfasern einen schmalen Streifen dichtgedrängter, sehr feiner quergeschnittener Nervenfasern. Ueber die Bedeutung des Feldes soll unten gesprochen werden. Aus dem Tuberculum acusticum ziehen zahlreiche Fasern lateral von der spinalen Acusticuswurzel zwischen Corpus restiforme und spinaler Trigeminuswurzel zur Peripherie, wo sie in Bogenfasern übergehen. Sie passiren dabei das Gebiet, welches früher der Monakow’sche Kern einnahm. I) Vergl. auch die zum Theil abweichenden Angaben von DEES, Allg. Ztschr. f. Psychiatrie, Bd. XLII u. XLIV über den Vaguskern des Kaninchens, und von Horm, Virch. Arch., Bd. CXXXI, und Den dorsale vaguskjernes anatomi og patologi, Kristiania 1892 (namentlich Fig. 3). Letzterer unterscheidet eine ventromediale und eine dorsolaterale Zellgruppe; die ventromediale entspricht meiner medialen und lateralen zusammen. 2) Links ist das Tuberculum acusticum schon auf Fig. 13 sichtbar. 163 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 695 Aus dem Facialiskern steigen zahlreiche Fasern dorsomedialwärts auf. Zwischen Formatio reticularis alba und Formatio reticularis grisea lässt sich keine scharfe Grenze mehr ziehen. Die Bogenfasern oberhalb der Pyramiden sind viel spärlicher geworden. Der ventrale Kern der Raphe ist schmäler geworden. In dem grauen Netzwerk zu beiden Seiten des ventralen Abschnittes der Raphe finden sich noch zahlreiche, zum Theil sehr grosse Ganglienzellen. Fig. 15 zeigt vor allem die zahlreichen Fasern, welche vom Facialiskern convergirend gegen den medialen Abschnitt des Nucleus triangularis hin aufsteigen. Bemerkenswerth sind ferner Faserbündel, welche aus der Gegend des Tuberculum acusticum und dorsalen Abschnittes der spinalen Acusticuswurzel quer durch den Nucleus triangularis ziehen und wahrscheinlich weiterhin in der Raphe sich kreuzen. Zwischen Tuberculum acusticum und spinaler Acustieuswurzel ziehen ziemlich dichte Faserbündel aus der Gegend des Nucleus triangularis lateralwärts zum lateralen Rande des Tuberculum acusticum, woselbst sie sich der weiteren Verfolgung entziehen. Der geringe Rest des dorsalen Vagus- bezw. Glossopharyngeuskerns ist noch der Spitze des Nucleus triangularis angelagert. An der lateralen dorsalen Ecke tritt bereits der N. acusticus ein. Von einem vorderen Acusticuskern ist noch nichts zu sehen. Die Acusticusfasern durchsetzen bündel- weise das Corpus restiforme und gelangen so zur lateralen Zellmauer des Tuberculum acusticum. Fig. I6 zeigt die Pyramiden etwas weiter auseinandergerückt. Ihr Querschnitt ist fast genau elliptisch. Dorsal von den Pyramiden folgt ein schmaler Querstreifen dichtgedrängter feiner Fasern und diesem neben der Raphe ein Feld stärkerer Fasern; das ganze Areal ist wohl als mediale Schleife zu deuten. Der ventrale Kern der Raphe ist fast ganz verschwunden. Der zerstreute Kern der Formatio reticularis ist noch immer sehr mächtig. Der Facialiskern ist ziemlich unverändert. Das ihm aussen anliegende halbmondförmige Feld ist etwas kleiner geworden. Die äusseren Bogenfasern umziehen jetzt auch das letztere in dicker Schicht. Einzelne Bündel durchbrechen es in leicht geschlängeltem Verlauf. Einzelne dieser Bogenfasern kann man bereits bis in Bündel verfolgen, welche dorsal über die Pyramiden wegziehen. Das Corpus restiforme hat sich stark dorsalwärts verschoben und grenzt jetzt wallartig das Tuberceulum acusticum lateralwärts ab. Nur in seinem allerventralsten Theil wird es noch von einzelnen Acusticusbündeln durchsetzt. Zwischen den Fasern des eintretenden Acusticus finden sich jetzt zahlreiche Häufchen grauer Substanz, die in ihrer Gesammtheit wohl den vorderen Acusticuskern darstellen. Die eintretenden Acusticusfasern sind nicht so scharf wie bei anderen Säugern in eine mediale und eine laterale Wurzel geschieden. Immerhin sieht man sehr wohl, dass ein Theil der Acusticusfasern offenbar schon in den zerstreuten Zellhaufen des vorderen Acusticuskerns endigt, dass ein zweiter Theil im Bogen lateral und dorsal das spinale Acusticusfeld umkreist und so zum Nucleus triangularis gelangt, dass ein dritter Theil zur lateralen Zellmauer des Tuberculum acusticum zieht und dass ein vierter Theil sich dem Feld der spinalen Acusticuswurzel bezw. den dort gelegenen Ganglienzellen zuwendet. Fasern, die das Tuberculum acusticum oder den Strickkörper aussen umkreisen, fehlen vollständig. Diese Verhältnisse decken sich mit Ausnahme des letzten Punktes im Wesentlichen mit denen der übrigen Mammalier. Es wird daher auch ohne weiteres gerechtfertigt erscheinen, die schon oben erwähnten äusseren Bogenfasern mit dem ihnen gebührenden Namen, nämlich als Trapezfasern zu bezeichnen. Es ist nur im Auge zu behalten, dass auf weiter spinalwärts gelegenen Schnitten sich nicht immer die 21* 89* 696 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 164 Grenze zwischen Trapezfasern und anderen Bogenfasern mit völliger Sicherheit bestimmen lässt. Einzelne Schnitte legen übrigens den Gedanken sehr nahe, dass einige schwächere Bündel der Trapezfasern auch aus dem Feld der spinalen Acusticuswurzel kommen. Sehr zahlreich sind die Fasern, die aus dem Nucleus triangularis leicht ansteigend dorsomedialwärts zur Raphe ziehen. Im ventralen Abschnitt des Nucleus triangularis selbst fällt die ansehnliche Zahl grosser Zellen auf. Auch aus dem Trigeminusendkern zweigen sich fortgesetzt Fasern in medialer Richtung ab. Zwischen Formatio reticularis alba (hinterem Längsbündel) und Nucleus triangularis bildet der longitudinale Facialisschenkel bereits ein breites Oval. Gegen den Rautenboden hin ist dasselbe von einem schmalen Streifen grauer Substanz umsäumt, welcher auch noch einen dreieckigen Zipfel zwischen den longitudinalen Facialisschenkel und das hintere Längsbündel schiebt. Nach der Nomenclatur mancher Autoren wäre dieser dreieckige Zipfel als Nucleus funieuli teretis zu bezeichnen. In distaleren Ebenen, also auf Schnitten, welche zwischen Fig. I5 und Fig. 16 gelegen sind, schiebt er sich bis auf die ventrale Seite des Facialisschenkels vor, so dass dieser mit Ausnahme des ventrolateralen Quadranten ganz von grauer Substanz umrahmt ist. Geht man noch weiter distalwärts zurück, so sieht man deutlich, dass der ganze Zipfel zum Nucleus triangularis gehört und dass er nur dadurch zu Stande kommt, dass die aus dem Kern zum Knie aufsteigenden Facialisfasern sich in die Masse des Nucleus triangularis hineindrängen. Ich halte daher die Bezeichnung Nucleus funiculi teretis für incorrect und will den Zipfel als die Pars coronaria des Nucleus triangularis bezeichnen. Das hintere Längsbündel fällt durch seine grosse Breite auf. Der Abducenskern ist noch nicht abgegrenzt. Auf Fig. 17 hat das Facialisknie seine stärkste Entwickelung bereits hinter sich. Auf Schnitten, welche zwischen Fig. 16 und Fig. 17 liegen, springt zeitweise das Facialisknie weit in den 4. Ventrikel vor. Die Pars coronaria ist sehr zusammengeschrumpft, namentlich hat ihr ventral vom Facialisknie gelegener Abschnitt schon dem wenig compacten Abducenskern Platz gemacht. Auf Fig. 17 ist der letztere noch nicht auf der Höhe seiner Entwickelung. Enorm stark ist ein Faserbündel, welches aus dem Tuberculum acusticum und dem Nucleus triangularis zum Vorschein kommt, den letzteren in medioventraler Richtung durchbricht und zur Gegend des gleichseitigen Facialiskerns zieht. Es sind ähnliche Faserbündel, wie sie S. 695 Zeile 8 von oben erwähnt wurden. Zum Theil stellen sie wohl auch die directe oder indirecte Fortsetzung der S. 695 Zeile 9 und Io von unten erwähnten Fasern dar. Die Deutung dieser Bahn, wie ich sie in ähnlicher Mächtigkeit bei keiner anderen Säugethierspecies kenne, ist ziemlich schwierig. In Betracht kommt meines Erachtens in erster Linie die Thatsache, dass bei den Aplacentaliern die obere Olive und der Facialiskern nur sehr schwer scharf zu trennen sind. Ich sagte deshalb vorhin ausdrücklich, dass die in Rede stehenden Fasern zur „Gegend“ des gleichseitigen Facialiskerns ziehen. Facialiskern und obere Olive hängen untrennbar zusammen. Es liest daher bei Pseudochirus sehr nahe, anzunehmen, dass sowohl die obere Olive wie der Facialiskern Acusticusfasern erhalten. Die ausgiebige Verknüpfung des letzteren mit zuführenden Acusticusfasern wäre physiologisch sehr wohl verständlich. Sehr auffällig ist hingegen, dass Verknüpfungen der ventral absteigenden Acusticusfasern mit der gegenseitigen oberen Olive so sehr spärlich sind und dass die obere Olive so wenig Fasern zum Corpus trapezoides abgiebt. Sehr bemerkenswerth ist, dass sich im dorsalen Abschnitt des Nucleus triangularis jetzt ein recht- eckiges Faserfeld abhebt, welches lateralwärts vom Facialisknie liegt und vom Ventrikel nur durch eine dünne Lage grauer Substanz getrennt ist. Ich will es als Area intromissa bezeichnen. 165 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 697 Das Corpus restiforme ist rechts bereits mit dem Kleinhirn verwachsen. Man sieht aus der angrenzenden Flocke zahlreiche Fasern bogenförmig über das Kleinhirn hinweg medialwärts ziehen. Die folgenden Objectträger zeigen vor allem eine sehr mächtige Entwickelung des DEıtErs’schen Kernes. Die zur Oliva superior ziehenden Acusticusfasern sind noch immer sehr zahlreich. Das Corpus trapezoides ist ungefähr auf der Höhe seiner Entwickelung. Die zahlreichen, in einer breiten Masse noch immer eintretenden Acusticusfasern gehören grösstentheils dem Vestibulartheil des Acusticus an. Der Cochleartheil einschliesslich des Tuberculum acusticum, des vorderen Acusticuskerns und des Nucleus triangularis ist schon stark zusammengeschrumpft. Der Längsschenkel des Facialis beginnt jetzt in den Austrittsschenkel überzugehen. Die austretenden Facialisfasern legen sich den eintietenden Vestibularisfasern unmittelbar ventral an und ziehen sonach dorsal an der spinalen Trigeminuswurzel vorbei, während bei den meisten anderen Säugern der Facialisaustritt ventral von der spinalen Trigeminuswurzel erfolgt. Der Abducens tritt in kleinen zerstreuten Bündeln aus. Diese Bündel durchbrechen einen lang- gestreckten Zellhaufen in seinem lateralsten Abschnitt, der in die dorsalsten Fasern des Corpus trapezoides eingelagert ist. Unzweifelhaft handelt es sich um den Trapezkern. Irgend welche Verknüpfungen mit den austretenden Abducensfasern kommen ihm nicht zu. Der Facialiskern und die obere Olive sind jetzt etwas schärfer geschieden. Die letztere liegt medial von ersterem. Eine sichere Abgrenzung ist auch jetzt noch schwierig. Der sogenannte Stiel der oberen Olive (zum Abducenskern) ist nur durch sehr wenige Fasern vertreten. Merkwürdig sind die Fasern, die in ventro-lateraler Richtung aus dem Facialiskern in das Corpus trapezoides hinübertreten. Wahrscheinlich sind es Fasern, welche bestimmt sind, die laterale Schleife zu formiren. Das Corpus restiforme löst sich in Fasern auf, die dorsomedialwärts gegen den Markkern des Kleinhirns hin aufsteigen. Der DEITERs’sche Kern ist noch sehr mächtig und nun fast an den Seiten- winkel der Rautengrube gelangt. Die Reste des Tuberculum acusticum, vor allem seine laterale Zellmauer, sind von der Ventrikeloberfläche schon fast ganz abgedrängt und zwischen das Corpus restiforme und die aus dem DEITERS’schen Kern am Seitenrande des Ventrikels zum Kleinhirn aufsteigenden Fasern eingezwängt. Die Area intromissa scheint ihre Fasern in lateraler Richtung zu entleeren. Der weitere Verlauf lässt sich bei Pseudochirus nicht mit Sicherheit ermitteln. Auf den folgenden Schnitten gewinnt man sehr bestimmt den Eindruck, dass dem Austrittsschenkel des Facialis sich auch einige Fasern aus dem gekreuzten longitudinalen Schenkel beigesellen. Vom ventralen Kern der Raphe ist fast nichts mehr zu sehen. Auch der zerstreute Kern der Formatio reticularis alba ist viel zellärmer als früher. Fig. 18 zeigt das Facialisknie fast erschöpft. Ein etwas breiterer Saum grauer Substanz trennt das hintere Längsbündel schon seit einiger Zeit von der Ventrikeloberfläche. Der Abducenskern ist fast verschwunden. Seine letzten Austrittsbündel sieht man noch in leichtem Bogen ventralwärts ziehen. Das Corpus trapezoides, der Nucleus trapezoides und die obere Olive sind noch ziemlich unverändert. Von eintretenden Acusticusfasern ist rechts nichts mehr zu sehen. Das Corpus trapezoides empfängt noch reichliche Fasern aus den Resten des Tuberculum acusticum; diese Fasern müssen natürlich die aus- 698 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 166 tretenden Facialisfasern überkreuzen. Im Trapezkörper findet man ausser dem Nucleus trapezoides noch andere ebenfalls langgestreckte, in die dorsalen Trapezfasern eingebettete graue Massen, welche sich lateralwärts noch über die Abducenswurzel hinaus erstrecken und zum Theil durch loses Balkenwerk mit der oberen Olive zusammenhängen. Im Uebrigen verdient nur Erwähnung, dass aus dem Gebiet des DEITERS’schen Kernes jetzt ziemlich zahlreiche Fasern in sehr gewundenem Verlauf durch den Rest des Nucleus triangulariıs medial- wärts ziehen. Ganz kurz will ich an dieser Stelle einiges über den Aufbau des Kleinhirns einschalten. Das Perameles-Gehirn, welches für die mikroskopische Erforschung des Kleinhirns erheblich günstigere Bedingungen bietet, wird mir Gelegenheit geben, ausführlicher auf diese Verhältnisse zurückzukommen. Bei Pseudochirus findet sich auf den seither betrachteten Schnitten (einschliesslich des soeben besprochenen) ausser den Resten des Tuberculum acusticum, die man jetzt besser als Nucleus tubercularis bezeichnet, und dem Deırters’schen Kern!) im Kleinhirn beiderseits nur eine graue Masse, welche lateralwärts bis nahe an die Reste des Tuberculum acusticum reicht, medialwärts sich etwa bis zur Sagittalebene des Facialiskniees erstreckt. Lateral ist diese graue Masse sehr zerstreut, medialwärts verdichtet sie sich zu einem sehr compacten ansehnlichen Zellhaufen. Der Strickkörper s.str. scheint nicht in Beziehung zu dieser grauen Masse zu stehen, wohl aber hat man den Eindruck, dass die aus dem DEITERS’schen Kern kleinhirnwärts aufsteigenden Vestibularisfasern zweiter Ordnung nicht nur die in Rede stehende graue Masse vielfach durchziehen, sondern zum Theil auch hier endigen. Zwischen den beiden grauen Massen findet man eine sehr ausgiebige Faserkreuzung, doch ergiebt eine genauere Betrachtung, dass diese Fasern lateralwärts grösstentheils ventral oder dorsal an den beiden grauen Massen vorbeiziehen. Die Deutung der soeben beschriebenen grauen Massen bietet erhebliche Schwierigkeit. WEIDENREICH?) hat neuerdings vorgeschlagen, im Säugethierkleinhirn 4 Kerne zu unterscheiden, welche er als „medialen Kern“, „Vorderseitenkern“, „Hinterseitenkern“ und „Seitenkern“ bezeichnet. Der mediale Kern soll dem Dachkern des Menschen, der Vorderseitenkern dem Pfropf, der Hinterseitenkern dem Kugelkern und der Seitenkern dem gezähnten Kerne des Menschen entsprechen. WEIDENREICH giebt ausserdem an, dass bei den niederen Säugern, wie Maus und Hamster°), die 3 seitlichen Kerne nicht scharf geschieden sind. Ich stimme seinen Ausführungen wenigstens in dem Punkte bei, dass bei allen Säugern ein medialer und ein lateraler Kern unterschieden werden kann. Bei Pseudochirus ist auf Fig. IS der compacte mediale Zellhaufen als medialer Kleinhirnkern, die laterale zerstreute Zellformation hingegen als lateraler Kleinhirnkern zu bezeichnen. Dabei ist zu beachten, dass in Fig. 18 der laterale Kern seine stärkste Entwickelung bereits längst hinter sich hat. Oberhalb der vorerwähnten Kreuzungscommissur liegt ein Markfeld, in welchem man neben Faser- kreuzungen auch zahlreiche senkrechte und schiefe Faserquerschnitte findet. Die Entwirrung dieses Feldes bei Pseudochüuus ist mir nicht gelungen. Im lateralsten Theile der Kleinhirndecke des 4. Ventrikels ist bereits das Querschnittsfeld des Bindearms völlig formirt. Es entsteht ziemlich rasch aus Fasern, welche dem lateralen Kern entstammen oder durch den lateralen Kern hindurch ventralwärts ziehen. 1) Bekanntlich wird dieser Kern in dieser Gegend auch als BECHTEREW’scher Kern bezeichnet. 2) Zur Anatomie der centralen Kleinhirnkerne der Säuger, Ztschr. f. Morph. und Anthr., Bd. I. Vergl. auch KLIMOFF, Arch. f. Anat. und Entwickelungsgeschichte, 1899, Heft ı und 2. 3) Ausser Rodentia hat WEIDENREICH von niederen Säugern Igel und Maulwurf untersucht. 167 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 699 Ponsgebiet. Auf Fig. ıg ist das Facialisknie völlig verschwunden. Auch die Bündel des austretenden Facialis- schenkels sind nicht mehr sichtbar. In der Formatio reticularis alba fällt die erhebliche Zunahme der grauen Substanz auf. Nur in dem dorsalsten Abschnitt, im Gebiet des hinteren Längsbündels, überwiegt die weisse Substanz noch sehr entschieden. Fast der ganze laterale Theil des Schnittes wird von dem mächtigen Trigeminusaustritt eingenommen. Die starken Bündel, welche medialwärts von der spinalen Trigeminuswurzel austraten, gehören nicht etwa dem Facialis an (dieser tritt, wie erwähnt, lateralwärts von der spinalen Trigeminuswurzel aus), scndern der motorischen Trigeminuswurzel. Der motorische Trigeminuskern liegt der motorischen Trigeminuswurzel, wie wohl bei allen Säugethieren, medialwärts an. Ausserordentlich deutlich und stark ist die sog. gekreuzte Trigeminuswurzel. Bis zur Raphe ist sie als geschlossenes Bündel sehr gut zu verfolgen. In der Raphe erfolgt die Auflösung in einzelne Bündel, und jenseits der Raphe ist die Identification schwierig. Der Austritt der grossen sensiblen Trigeminuswurzel erfolgt wie bei den meisten Säugern mit Ausnahme der Anthropomorphen sozusagen passiv: die die spinale Trigeminuswurzel überziehenden Trapezfasern haben sich erschöpft, die Brückenfasern steigen erst eben vom Kleinhirn herab, daher kommt die spinale Trigeminuswurzel an die Oberfläche zu liegen, und damit vollzieht sich der Austritt. Die Trigeminusfasern ändern dabei ihre Verlaufsrichtung nur sehr wenig; eine erhebliche Aenderung ist auch nicht nothwendig, da der Trigeminus nach seinem Austritt wenigstens ungefähr die Verlaufsrichtung der spinalen Trigeminuswurzel fortsetzt. Daher sieht man denn auch auf dem abgebildeten und den benachbarten Schnitten die sensiblen Trigeminus- wurzeln vorzugsweise schief getroffen. Die Aquäductwurzel des Trigeminus ist auf dem abgebildeten Schnitt schon fast vollständig zu der motorischen Wurzel von der dorsolateralen Seite zugetreten. Ihre Herkunft lässt sich erst auf den folgenden Schnitten erkennen. Die Reste der oberen Olive sind noch erkennbar. Oberhalb der Pyramiden liegt noch eine ziemlich starke Schicht von Trapezfasern. Medialwärts vom Austritt des motorischen Trigeminus formirt sich das Gebiet der lateralen Schleife. Die Brückenfaserung ist zweimal im Schnitt getroffen, einmal im Bereich der Pyramiden und zweitens lateral vom Trigeminusaustritt. Es kommt dies dadurch zu Stande, dass die Brückenfasern dem austretenden Trigeminus durch eine spinalwärts concave Biegung gewissermaassen ausweichen. In das Areal der Pyramide sind graue gezackte Massen eingelagert, grösstenteils liegen sie randständig. Sie erinnern ihrer Form nach mehr an den Nucleus arciformis, sind aber offenbar die unmittelbaren Vorläufer der Brückenkerne. Der Bindearm beginnt am Seitenwinkel der Rautengrube herabzusteigen. Er zeigt bereits die charakteristische Segmentirung durch parallele transversale Gliasepten. Fig. 20 zeigt die Brücke etwa auf der Höhe ihrer Entwickelung. Das Areal der Pyramide hebt sich noch immer sehr scharf durch seine eigenartige, bräunlich-schwärzliche Färbung ab gegenüber der mehr blauschwärzlichen Färbung der anderen Bahnen. Die Form des Pyramidenareals ist noch immer annähernd elliptisch. Das Stratum superficiale der Brücke ist sehr mächtig, das Stratum profundum ziemlich 700 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 168 dürftig. Ein Stratum complexum fehlt. Die Formation des Brückenkerns liegt grösstentheils ventral vom Pyramidenareal; nur einzelne Maschen umkreisen das letztere, und einige wenige graue Balken verästeln sich in seinem Innern. Im Gegensatz zu Ornithorhynchus ist die Brückenfaserschicht in der Medianlinie wohl etwas eingebuchtet (Sulcus basilaris), aber nicht unterbrochen. Von Trapezfasern ist nichts mehr zu sehen. Die Raphe zeigt im Haubengebiet zu beiden Seiten starke Zellanhäufungen, welche mit der Formatio reticularis zusammenhängen. Sie entsprechen offenbar dem Nucleus centralis superior m edialis BECHTEREW’s. Ich möchte nur nochmals betonen, dass der letztere von dem Nucleus reticularis tegmenti nicht scharf getrennt werden kann (vergl. S. 691). Das hintere Längsbündel ist auffällig in transversaler Richtung in die Länge gezogen. In dem Raum zwischen den beiden Längsbündeln weist die Raphe zahlreiche Faser- kreuzungen auf. Den Boden des 4. Ventrikels bildet eine dicke Lage grauer Substanz, welche in der Medianlinie zapfenähnlich ventralwärts vorspringt und lateralwärts bis zum Querschnitt der Aquäductwurzel des Trigeminus reicht. In diesem Höhlengrau findet man zunächst eine mediane Einlagerung von Ganglien- zellen. Die Zellen haben meistens einen Durchmesser von 8—Io u. Zwischen den Zellen sieht man zahlreiche sehr feine, quergeschnittene Nervenfasern, die in ihrer Gesammtheit ein queres Oval bilden. Lateralwärts von dieser medianen Zellanhäufung findet man jederseits eine weitere Zellengruppe (Ganglion tegmenti dorsale), innerhalb deren man neben sehr zerstreuten einzelnen feinen Faserquerschnitten auch mehrere stärkere im Querschnitt getroffene Faserbündel wahrnimmt. Spinalwärts nehmen diese Bündel ebenso wie das vor- erwähnte ovale sehr rasch ab und verschwinden bald ganz. Man muss daher wohl schliessen, dass es sich um Fasern handelt, welche in Zusammenhang mit den erwähnten Zellenanhäufungen des Höhlengraues stehen (sei es, dass sie aus ihnen entspringen oder an ihnen endigen) und sich cerebralwärts allmählich zu stärkeren Stämmchen sammeln bezw. spinalwärts allmählich durch Fasernabgabe erschöpfen. In spinalen Ebenen scheinen auch feine Fasern aus dem Areal des hinteren Längsbündels (Collateralen?) in die Zellen- anhäufungen des Höhlengraues überzutreten. Auf dem in Fig. 20 abgebildeten Schnitt beobachtet man dies nicht mehr. Die Deutung der soeben geschilderten Bündelquerschnitte ergiebt sich aus der Thatsache, dass sie weiterhin, wie noch zu beschreiben sein wird, ventralwärts zur Raphe herabsteigen. Bei Ornitho- rhynchus habe ich sie bereits als GAnsEr’sche Bündel beschrieben und will diese Bezeichnung auch hier festhalten. Zum Theil entsprechen die hierher gehörigen Fasern den von ScHürz beschriebenen Faserungen des centralen Höhlengraues. Im lateralsten Theile des Bodengraues findet man abermals eine stärkere Zellenhäufung, den Kern der Aquäductwurzel des Trigeminus. Allerdings glaube ich, dass die Zellenansammlung im lateralen Bodengrau auch noch andere Elemente enthält, welche nicht zum Kern der Aquäductwurzel gehören. Der Querschnitt der Aquäductwurzel zeigt die Halbmondform hier noch nicht so deutlich wie in höheren Ebenen. Verfolgt man den Querschnitt spinalwärts, so sieht man, wie bereits kurz erwähnt, dass er sich schliesslich ventralwärts entbündelt und seine Fasern sich der motorischen Quintuswurzel und der sog. gekreuzten Quintuswurzel lateralwärts anlegen. Die Fasern, die dicht unter dem Bodengrau in transversaler Richtung lateralwärts ziehen, gehören hier zum grossen Theil noch der sog. gekreuzten motorischen Quintuswurzel an. Zwischen dem Bindearmquerschnitt und dem Querschnitt der Aquäductwurzel des Trigeminus ist graue Substanz gelegen, welche auch bei anderen Säugern nicht fehlt, bisher jedoch noch wenig Beachtung gefunden hat. Zum Theil mag es sich um das cerebralste Stück des Endkerns des Trigeminus handeln. 169 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 70I Viel Schwierigkeit bereiten auf diesem und den vorhergehenden Schnitten die Fasern, welche am Seitenrand dorsalwärts aufsteigen. Es hat nämlich täuschend den Anschein, als ob auch Fasern des Strick- körpers über den Bindearm wegzögen und in das Velum medullare anticum gelangten. Wahrscheinlich handelt es sich jedoch um Fasern des anterolateralen Bündels. Ausgezeichnet ausgeprägt ist die laterale Schleife. Ihre Fasern haben sich in einem halbmond- förmigen Feld um den Rest der oberen Olive angesammelt und ziehen aus diesem dichtgedrängt dorsalwärts. Auch die sog. Hirnklappenschleife lässt sich ohne Schwierigkeit nachweisen !). Fraglich ist die Bedeutung der dorsolateral von der oberen Olive gelegenen Faserquerschnitte. Es könnte sich um die centrale Haubenbahn BECHTEREW’s?) handeln. Der Lage nach entsprechen sie ziemlich genau dem Feld H von KÖLLIkEr (Fig. 550 seines Handbuches der Gewebelehre, 6. Aufl., p. 377). Ich trage nur nach, dass sich das Feld spinalwärts leicht verfolgen lässt. Es liegt hier sehr gut abgegrenzt lange Zeit zwischen der spinalen Trigeminuswurzel und der oberen Olive bezw. dem Facialiskern, ohne erheblich an Ausdehnung ab- oder zuzunehmen. Noch weiter spinalwärts liegt es an der Peripherie, aussen vom Seitenstrangskern, nur von spärlichen äusseren Bogenfasern bedeckt. In der Olivengegend ist es zwischen die concentrischen Abschnitte des Seitenstrangskerns eingeschoben. Ein Zusammenhang mit Bogenfasern scheint nicht zu bestehen. Vielmehr scheint das Feld in dieser Lage sich bis in das Rückenmark fort- zusetzen. Ueber eine etwaige Verknüpfung mit dem Seitenstrangskern wage ich keine Vermuthung. Eine Verbindung mit der Olive ist nicht anzunehmen. S. 694 habe ich das in Rede stehende Feld bereits erwähnt. Auf den Figuren ist es überall mit Ssir bezeichnet, da die KöLLıkeEr’sche Bezeichnung H zu Verwechslungen mit dem Forer’schen Feld H in der Regio subthalamica führen könnte. Die weiteren Schicksale des Feldes werden unten besprochen werden. Seine Fasern beginnen schon jetzt sich dorsalwärts zu wenden. Die mediale Schleife liegt noch immer dorsal von den Pyramiden. Das Velum medullare anticum ist äusserst dünn. Die schräg geschnittenen Faserbündel, welche man hier und da erkennt, gehören wohl ausschliesslich der Hirnklappenschleife an. Bezüglich des eigenartigen Recessus, welcher im Seitenwinkel des 4. Ventrikels durch das herabsteigende Velum medullare anticum gebildet war, genügt es auf die Figur hinzuweisen. Fig. 21 zeigt links bereits den hinteren Vierhügel. In die laterale Schleife ist der mächtige „Kern der lateralen Schleife“ eingelagert. Das Feld Sstr ist soweit dorsolateralwärts und der Binde- armquerschnitt so weit ventralwärts gerückt, dass beide sich fast berühren. Die obere Olive ist links völlig verschwunden. Das Pyramidenareal erscheint etwas vergrössert, sonst aber unverändert. In der Raphe folgen in der Richtung von oben (dorsal) nach unten sich nachstehende Abschnitte: 1) Der S. 700 erwähnte zapfenförmige Mediankern des Bodengraues. 2) Die S. 700 erwähnte starke Faserkreuzung im Niveau bezw. etwas ventrolateralwärts vom Niveau der hinteren Längsbündel. 3) Ein breites, zellreiches, mit dem Nucleus centralis superior medialis zusammenhängendes Gebiet, in welchem nur spärliche Kreuzungen stattfinden; letztere scheinen aus der Oliva superior zu stammen. 4) Ein zwischen den medialen Schleifen gelegenes Gebiet, in welchem Fibrae rectae vorherrschen, die aus der dorsalen Brückenformation stammen; zu beiden Seiten findet sich eine stärkere rundliche Zellen- anhäufung. 5) Das Gebiet der Brückenformation. 1) Vergl. meinen Aufsatz über die Brücke von Ornithorhynehus. Monatschr. f. Psych. u. Neurol., 1899, P- 365, Anm. 2. 2) Vergl. BECHTEREW, Leitungsbahnen in Gehirn und Rückenmark, 1899, p. 300°. Der Name ist jedenfalls nicht glücklich gewählt. Jenaische Denkschriften. VI. 22 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 90 702 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 170 Dorsal von der Spitze des Bindearms findet man — nahe der Anheftung des Velum medullare anticum — eine sehr starke Zellenansammlung g, deren Bedeutung mir nicht klar geworden ist. Solche Zellen findet man auch auf der ganzen lateralen Seite des Bindearms. Aus der lateralen Schleife scheinen noch immer einige Fasern über die Gruppe g hinweg in das vordere Marksegel zu ziehen. Unklar ist auch die Bedeutung der starken Zellenanhäufung ventral und zum Theil lateral von der Aquäductwurzel des Trigeminus und der horizontalen Fasern, welche aus dieser Gegend gegen die laterale Schleife hinziehen. lateralis“ bezeichneten Fasern }). Letztere decken sich wohl mit den von KÖLLIkErR als „Querbündel des Lemniscus Endlich bleibt auch die Bedeutung der dichten Bündel noch aufzuhellen, welche aus dem vorderen Marksegel zwischen dem Bindearm und der Aquäductwurzel des Trigeminus basalwärts ziehen. Der auf Fig. 22 abgebildete Schnitt fällt bereits in den Aquaedukt. hat sich die Trochleariskreuzung im Velum medullare anticum vollzogen. Auf den Zwischenschnitten Nach der Kreuzung sieht man, wenn man die Fasern cerebralwärts verfolgt, die Trochleariswurzel in die Längsrichtung umbiegen und SER === - mem = _Rakr Porec u \ ee re Po! nm Po? ===_--—- Po° Fig. 22 (L, 4). A Aquäduct, AP» Aquäductwurzel des Tri- geminus, BA Bindearm, BK’ distaler (dorsaler) Theil der Bindearm- kreuzung, dvB dorsoventral verlaufende, zum Theil aus dem hinteren Längsbündel stammende Fasern, O(RVh Commissur der hinteren Vier- hügel, GB Ganser’sches Bündel, HLB hinteres Längsbündel, AVh hinteres Vierhügelganglion, Kl Schl Kern der lateralen Schleife, IK Bgr lateraler Kern des Bodengrau (vergl. S. 700), /,Schl laterale Schleife, Li’ Fasern der lateralen Schleife zum vorderen Vierhügel, m B medianes Bündel der Vierhügelcommissur, Po! tiefe Ponskreuzung, Po? medianes Ponsgrau, Po® oberflächliche Ponskreuzung, Pp Pes pedunculi, Sstr siehe Text S. 70I, Ra® dritte Etage der Raphe (arm an Kreuzungen), RaKr Kreuzung in der Raphe von zweifel- hafter Bedeutung (noch laterale Schleife? schon Bindearm?), Tr Trochlearis. 1) Gewebelehre, p. 393. 2) l. c. p. 365. zugleich sich langsam lateral von der Aquäduct- wurzel des Trigeminus ventralwärts verschieben. Auf Fig. 22 schicken sich die Bündel eben an medialwärts Sie zerfällt dabei in zwei Bündel. durch die Aquäductwurzel hindurch zum Höhlen- grau zu wandern. Auch diese Bewegung voll- zieht sich so allmählich, dass die Fasern überall im Querschnitt (wenn auch etwas schief horizontal) getroffen erscheinen. Auf die eigenartigen Ver- hältnisse der Trochleariswurzel bei Ornithorhynchus sowie überhaupt die interessanten vergleichend-ana- tomischen Variationen des Verlaufs der Trochlearis- wurzel habe ich in meinem Aufsatz über die Brücke bei Ornithorhynchus schon hingewiesen). Bei Pera- meles obesula findet man dieselben Verhältnisse wie bei Pseudochirus, jedoch statt zweier Bündel 3—6. Die Aquäductwurzel des Trigemi- nus zerfällt hier bereits in zahlreiche einzelne Bündelquerschnitte; die ventralen sind stark schief vertical getroffen und lassen sich daher von den beiden durchwandernden Trochleariswurzelbündeln gut unterscheiden. Das Ganser’sche Bündel schickt sich an, ventralwärts in das Niveau der hinteren Längs- bündel überzutreten. 171 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 793 Sehr merkwürdig verhält sich die Bindearmkreuzung. Auf Fig. 22 sieht man die dorsalen Bündel des Bindearms sich bereits kreuzen. Diese Kreuzung vollzieht sich unmittelbzr ventral von den hinteren Längsbündeln. An der Kreuzung betheiligen sich auch Bündel, welche unter zierlichem Bogen aus dem lateralen Kern des Bodengraues zutreten. Zu dieser Kreuzung stehen wahrscheinlich auch 2 Kerne (jederseits einer) in Beziehung, welche auf den Zwischenschnitten unmittelbar ventrolateral vom hinteren Längsbündel gelegen waren; sie sind fast kreisrund und aus dem Maschenwerk der Formatio reticularis wie ausgespart. Ich habe in der Literatur bis jetzt keinen bestimmten Hinweis auf diesen Kern gefunden. Ich möchte glauben, dass es sich um einen Vorläufer des rothen Kernes der Haube handelt. Bezüglich des Aufbaues der hinteren Vierhügel will ich nur bemerken, dass der Kern des hinteren Vierhügels sehr mächtig entwickelt ist und im Allgemeinen eine ähnliche Vertheilung der Fasern wie bei den Nagern zeigt. Durch seine Mächtigkeit fällt ein medianes Bündel auf, welches in der Decke des Aquäducts fast genau dorsoventral verläuft. Je weiter man es centralwärts verfolgt, um so mehr geht es in die longitudinale Richtung über und erscheint daher dann im Querschnitt getroffen; dabei kommt es dicht unter die Commissur der hinteren Vierhügel zu liegen. Da weiterhin die Aquäductwurzel des Trigeminus immer höher dorsalwärts hinaufsteigt, so stossen ihre Querschnitte schliesslich hart an denjenigen des medianen Bündels, so dass eine Zugehörigkeit des letzteren zur Aquäductwurzel des Trigeminus vorgetäuscht wird. Allmählich erschöpft sich das Bündel und verschwindet, wie ich vorgreifend schon jetzt bemerken will, in der Region der vorderen Vierhügel ganz. Verfolgt man das mediane Bündel spinalwärts, so kann man beobachten, dass es schliesslich an der hinteren Fläche der hinteren Vierhügel herabsteigt und in das . vordere Marksegel übertritt. Verstärkt wird es hier durch Bündel, welche mitten durch den hinteren Vier- hügelkern ziehen und in die Seitentheile des Velum medullare anticum eintreten. Ob diese Bündel, das mediane wie die eben erwähnten lateralen, zur Hirnklappenschleife in Beziehung stehen, lässt sich nicht mit Sicherheit angeben. Die Analogie mit dem Frenulum veli medull. ant. liegt auf der Hand. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass die Fasern sich distalwärts doch noch der Aquäductwurzel des Trigeminus anschliessen ; dann würde auch der cerebrale Verlauf der in Rede stehenden Bündel in anderem Lichte erscheinen. Hirnsehenkelgebiet. Fig. 23 zeigt ein total verändertes Bild. An die Stelle der hinteren Vierhügel sind die vorderen Vierhügel, an die Stelle der Brücke die Hirnschenkel getreten. Ich werde in der folgenden Darstellung von den ventralen Theilen des Schnittes ausgehen. Das Auseinanderweichen der Hirnschenkel vollzieht sich in der Weise, dass zunächst im Bereich der Raphe, dorsal von der Brückenformation der Bandkörper, des Ganglion interpedunculare, auftritt. Mit dem Verschwinden der Brückenformation tritt daher beiderseits der Hirnschenkel und in der Mittel- linie zwischen den Hirnschenkeln das Ganglion interpedunculare zu Tage. Bemerkenswerth erscheint mir, dass sich der ventrale Kern der Raphe deutlich in den Bandkörper hinein fortsetzt. Das „Band“ selbst macht den Eindruck einer Doppelspirale, deren Windungen sich unter einander kreuzen. Die centrale Gangliensäule ist beiderseits von einem feinen Faserwerk eingerahmt, an welches sich lateralwärts wieder eine faserarme Schicht anschliesst. Dies Faserwerk stammt wahrscheinlich!) von dem S. 700 beschriebenen Bündel des Bodengraues. Weiterhin sieht man, wie das Ganglion interpedunculare sich mehr und mehr zapfenförmig 1) Vergl. ZIEHEN, Brücke von Ornithorhynchus, p. 363 u. 304. 22* 90* 704 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 172 vordrängt. Auf seiner ventralen Fläche zeigt sich eine sehr seichte mediale Rinne. Die Spirale selbst ist dabei viel breiter geworden. Auf dem in Fig. 23 abgebildeten Schnitt ist das Ganglion interpedunculare schon stark in Abnahme begriffen. Seitlich hängt es mit dem Hirnstamm nur noch lose zusammen. An Stelle der seichten medianen Rinne ist eine ebenso seichte paarige Rinne getreten. Der Fuss des Hirnschenkels besteht aus einer relativ dünnen Faserschicht. Die meisten Fasern sind schief getroffen. Noch vor kurzem — z. B. !/, mm spinalwärts — war der Hirnschenkel viel faser- reicher. Ich kann mir diese rapide Reduction nur daraus erklären, dass zahlreiche Fasern in die äusserst stark und rasch zur Entwickelung gelangte Substantia nigra abgebogen sind!). Hierfür spricht auch die Thatsache, dass man in der letzteren zahlreiche kleine Bündelquer- und -schiefschnitte findet. Auch schräg dorsolateral verlaufende Fasern findet man, welche zum Theil die Substantia nigra fast in ganzer Länge durchstreichen. Aus der Verfolgung der weiteren Schnitte gewinnt man den Eindruck, dass diese abgezweigten Fasern nach Unterbrechung in der Substantia nigra zum Hirnschenkelfuss zurück- kehren. Die Zellen der Substantia nigra scheinen pigmentlos zu sein (wie fast bei allen Säugern). In den dorsalen Pol der Substantia nigra treten zahlreiche Fasern aus dem vorderen Vierhügel- gebiet ein. ich nicht sicher auffinden. Da jedoch. gerade in dieser Gegend einige Schnitte verloren gegangen sind’), so kann ich auf diesen negativen Befund / all) kein Gewicht legen (vergl. S. 707). Das mit Pem be- Gip zeichnete Bündel stammt allerdings, wie die voraus- I 1 In [IS Pp Nr|Pem O 1 Fig. 23 (LI, 8). BK Bindearmkreuzung (ventraler Theil), Se Zunsenonselniie lclnzen, von der mad- HLB hinteres Längsbündel, MK MEyNERT’sche Kreuzung, Nr Nucleus alen Schleife, tritt aber, wie die Betrachtung der ruber, @ip Ganglion interpedunculare, O austretende Oculomotorius- wurzel, OOK Centralkern des Oculomotorius, OHK paariger Haupt- kern des Oculomotorius, ONK paariger Nebenkern des Oculo- Ich halte es daher für den Pedunculus cor- motorius, Pem Pedunculus corp. mamill., Pl! Pedamentum laterale ü 5 Ä ; ; (vergl. S. 707), Pp Pes pedunculi, Sr Substantia nigra, Stro Stratum POTIS mamillaris und verweise bezüglich der opticum des vorderen Vierhügels, tM tiefes Mark des vorderen Vierhügels, x siehe Text. folgenden Schnitte ergiebt, zum Corpus mamillare. Beziehungen zur medialen Schleife auf die Angaben KÖLLikeEr’s über das Kaninchengehirn 3). Austretende Oculomotoriusfasern sind auf diesem Schnitt links bereits sichtbar. Man kann sie jedoch hier noch nicht ganz bis zum Kern verfolgen. Sie treten an der Basis unmittelbar medial vom Pedunculus corporis mamillaris aus. Oberhalb des Corpus s. Ganglion interpedunculare liegt eine mächtige Faserkreuzung;; sie entspricht der Kreuzung der ventralen Abschnitte des Bindearms und hängt mit der oben beschriebenen dorsalen continuirlich zusammen. Bei ihrem ersten Auftreten waren die beiden Kreuzungen durch einen von Kreuzungen ziemlich freien Abschnitt der Raphe getrennt). Durch das oberhalb der Brückenformation 1) Auch bei dem Menschen fehlen solche Bündel nicht, vergl. z. B. OBERSTEINER, 1. c. p. 316 und Fig. 141. 2) Es rührt dies daher, dass ich das Gehirn vor der Einbettung durch einen Frontalschnitt in dieser Gegend in zwei Theile zerlegt hatte. j 3) Gewebelehre, p. 497 ff. 4) Es ist also die Unterscheidung einer dorsalen und einer ventralen Bindearmkreuzung nicht etwa einfach durch die Schiefheit des Schnittes bedingt. DasSchleifenbündelzum Fusskonnte . 173 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 705 sich einkeilende Corpus interpedunculare wurde hierauf zeitweise die ventrale Bindearmkreuzung hart an die dorsale herangedrängt. In noch höher gelegenen Ebenen verschwindet die dorsale Bindearmkreuzung, und nur die ventrale bleibt bestehen. Dieser Zustand ist auch auf dem abgebildeten Schnitt noch vorhanden. Ich möchte nur ausdrücklich betonen, dass sowohl im Bereich der dorsalen wie der ventralen Bindearm- kreuzung auch andere Haubenfasern sich kreuzen. Im Kreuzungsgebiet kann man auch bereits die charakteristischen grossen Elemente des Nucleus ruber finden. Die Bedeutung des schmalen Fasersaums x oberhalb des Gg]l. interpedunculare vermochte ich nicht mit Sicherheit zu ermitteln. In dem Raum zwischen den hinteren Längsbündeln und der ventralen Bindearmkreuzung findet man jetzt die MEynerT’sche Haubenkreuzung ziemlich typisch ausgeprägt. Sie hängt mit der vorerwähnten dorsalen Bindearmkreuzung nicht continuirlich zusammen. Die Herkunft und der Verbleib der Fasern dieser Kreuzung ist bekanntlich auch heute noch nicht sicher festgestellt‘). Bei Pseudochirus glaube ich zu sehen, dass die Fasern des tiefen Maıkes des vorderen Vierhügel theils in das gleichseitige Feld H Forkr’s übergehen theils die MEyneErT’sche Kreuzung bilden und nach derselben in das gekreuzte Feld H über- gehen. Von einer Beziehung zur medialen Schleife vermochte ich mich nicht bestimmt zu überzeugen. Wahrscheinlicher sind mir Beziehungen zur Substantia nigra (vergl. S. 704). Die mediale Schleife ist bereits ziemlich weit lateralwärts getreten. Ihre Fasern erscheinen grösstentheils im verticalen Schiefschnitt. Ich trage noch nach, dass die mediale Schleife schon seit ihrem ersten Auftauchen Faserzuzug aus dem Trigeminusendkern erhalten hat. Der Substantia nigra liegt sie unmittelbar auf. Der Oculomotoriuskern zeigt dasselbe Verhalten wie bei den meisten Säugern. Ausser einem paarigen Hauptkern findet man einen unpaarigen Centralkern und einen paarigen dorsalen Nebenkern. Die senkrecht absteigenden Medianfasern in Bereich des Centralkerns sind sehr gut entwickelt. In den vorderen Vierhügeln ist das Stratum zonale äusserst dünn, das oberflächliche Grau ist gut entwickelt, das Stratum opticum ist etwas schmaler als z. B. bei dem Kaninchen. Die mittlere Schicht ist ziemlich dünn, die Schleifenschicht hingegen sehr stark entwickelt. Gegen das centrale Höhlengrau folgt dann noch eine tiefe graue und eine tiefe Markschicht; beide sind nicht scharf getrennt. Die tiefe Mark- schicht ist in der innersten Lage am faserreichsten. Hier entspringen auch die oben erwähnten Faserbündel der MEYnERT’schen Kreuzung. Von der Aquäductwurzel des Trigeminus ist wenig mehr zu sehen. Die Commissur der vorderen Vierhügel ist im Bereich des tiefen Markes am besten entwickelt. Aus dem Höhlen- grau sieht man zahlreiche feine Radiärfasern nach aussen ziehen. Der Aquäduct hat die Form eines Deltoids, dessen beide längere Seiten ventromedial verlaufen. Zwei parallele Längsleisten, die im hinteren Vierhügelgebiet an der Decke des Aquäductes verlaufen, haben sich bereits fast vollständig ausgeglichen. Auch hole ich nach, dass die Querschnittscontouren des Aquäductes im Bereich der hinteren Vierhügel viel abgerundeter sind, Vom hinteren Vierhügelganglion sind nur ganz geringe Reste noch vorhanden. Den Seiten- rand des Schnittes nimmt die laterale Schleife ein; wahrscheinlich handelt es sich um Fasern der lateralen Schleife, welche für den vorderen Vierhügel bestimmt sind. Dazu kommen Fasern des hinteren Vier- hügelarms. I) Vergl. z. B. BECHTEREW, |. c. p. 208. 706 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 174 Fig. 24 stellt einen Schnitt dar, welcher ventral die Corpora mamillaria, lateral das Corpus geniculatum mediale, dorsal noch die vorderen Vierhügel trifft. Links ist der Tractus opticus bereits zu sehen. | Das Corpus interpedunculare hat sich auf den Zwischenschnitten in zwei Flügeltheile und einen Mediantheil zerlegt. Die Bandstreifen wandern dorsolateral in die Flügeltheile hinüber. Der Mediantheil (Pars mediana) verschwindet bald, und die Flügeltheile (Alae corporis interpeduncularis) weichen mehr und mehr auseinander. Dabei sind sie als rundliche Querschnitte in die faserarme graue Substanz eingebettet, welche schon längere Zeit das gesammte Corpus interpedunculare dorsal umrahmt hat. Sie sind mit den sog. MEynerT’schen Bündeln (Fasciculi retroflexi) identisch. Von dem weiter lateralwärts gelegenen Quer- schnitt des Pedunculus corporis mamillaris bleiben sie durch eine breite Strasse grauer faserarmer Substanz getrennt. Hierauf verschieben sie sich dorsalwärts und passiren das Areal der medialen Schleife. Der in Fig. 24 abgebildete Schnitt zeigt sie bereits noch weiter dorsalwärts und bereits stark zusammenge- schrumpft. An der Basis haben sich inzwischen die Corpora mamillaria eingestellt und zwar ausser aller directen Continuität mit dem Corpus interpedunculare. Auf den ersten Schnitten stellen sie sich als einen unpaarigen nierenförmigen Körper dar. Der Hilus ist basalwärts gerichtet und erscheint in der Betrachtung von der Basis aus als eine seichte, längsverlaufende Furche. Der dorsale Quadrant ist von bogenförmigen Fasern eingesäumt. Im Innern lässt sich jederseits ein grosses Ganglion, das sog. mediale, unterscheiden. Auf Fig. 24 Fig. 24 (LVII, 4). A Aquäduct, Oega Commissur der sind die soeben erwähnten Bogenfasern bereits sehr vorderen Vierhügel, Cm Corpus mamillare (mediales Ganglion). Cp Fasern der Commissura posterior, Oym Corpus geniculatum h > S 3 B : x N mediale, dv dorsoventrale Faserung im Bereich der Raphe, D’AZYR sche Bündel (Fasciculus mamillaris princeps Kör- Dhp Decussatio hypothalamica posterior, DX DARKSCHEWITSCH- scher Kern, Df Decussatio fornicis, # quergeschnittene Fasern des Fornixbündels, #V Fasciculus mamillaris princeps, PIPeda- Seitenrand den Querschnitt des Fornixbündels, drittens mentum laterale, Pr Pedamentum medianum, Pp Pes pedun- = en = 9 euli, 5» Substantia nigra, 7ro Tractus opticus, 1m a Vier- starke, schräg ventrolateralwärts verlaufende Bündel in hügelmark. der Peripherie des dorsalen Quadranten, die Decussatio spärlich geworden, dafür sieht man erstens das Vıco LIKER’sS) im medialen Ganglion auftauchen, zweitens am fornieis, viertens quer in das mediale Ganglion ein- tretende Fasern), welche wahrscheinlich aus dem Pedunculus corporis mamillaris stammen, und fünftens schief getroffene Fasern des Pedunculus corporis mamillaris, welche für das laterale Ganglion bestimmt sind. Ich schliesse hier sofort noch einige Bemerkungen über die weitere Gestaltung der Corpora mamillaria an. Das mediale Ganglion lässt, wie KÖLLIKER?) auch bei dem Kaninchen gefunden hat, einen dorsalen faserreichen und einen ventralen faserarmen Abschnitt unterscheiden. Im ventralen Theil des dorsalen Abschnittes finde ich auf allen Schnitten nochmals eine kreisrunde Zellgruppe, welche das Chrom zäher festhält. Das rechte und das linke mediale Ganglion sind durch eine schmale, lichtere Zellsäule getrennt. Das laterale Ganglion ist relativ schwach entwickelt. Von den in Betracht I) Von GANSER als Querfasern des Corpus mamillare bei der Feldmaus beschrieben. 2) Gewebelehre, p. 495. ö 175 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 707 kommenden Faserbündeln ist der Fasciculus mamillaris princeps am stärksten entwickelt. Auf dem in Fig. 24 abgebildeten Schnitt ist er noch nicht in den Fasciculus thalamomamillaris und das Sog. Haubenbündel des Corpus mamillare (Fasciculus tegmentomamillaris) gespalten; diese Spaltung erfolgt erst in etwas höheren Ebenen. Das Fornixbündel ist etwas schwächer als beispielsweise bei dem Kaninchen ; ich trage nach, dass es in spinaler Richtung mit Sicherheit auf meiner Serie über die Decussation hinaus nicht zu verfolgen ist. Die Markkapsel des Ganglions ist weniger gut entwickelt als bei dem Kaninchen. Der Pedunculus corporis mamillaris ist in seiner Entstehung bereits früher geschildert worden. Er steht vor allem zum dorsalen Theil des medialen Ganglions und zum lateralen Ganglion in Beziehung. Die Beziehung zu dem sog. basalen Längsbündel (siehe unten) bleibt noch aufzuklären. Dorsal von den Corpora mamillaria liegt eine breite, etwa dreieckige Zone grauer Substanz, welche sich dorsalwärts zur Raphe verschmälert, lateralwärts aber in die graue Masse zwischen Hirnschenkelfuss und Corpus mamillare übergeht, in welche der Pedunculus mamillaris sich eingebettet hatte. Ich will die mediane graue Masse als Pedamentum (sc. raphes) medianum!), die seitlichen grauen Massen als Pedamenta lateralia bezeichnen. In den basalen Theilen des Pedamentum medianum kreuzen sich spärliche sehr feine Fasern, in den mittleren und dorsalen Theilen zahlreiche stärkere, zu Bündeln vereinigte Fasern. Diese letztere Kreuzung ist die Decussatio hypothalamica (s. tegmenti ventralis) posterior, die ventrale Haubenkreuzung FOREL’s (Ganser’s Decussatio subthalamica posterior). Uebrigens ist nicht ganz auszuschliessen, dass unter den dorsalsten dieser Decussationsfasern sich noch einige Bindearmfasern finden. Von dem rothen Kern sind noch einzelne Zellen zu sehen. Zwischen Hirnschenkelfuss und Pedamentum laterale sieht man ein ziemlich starkes Faserbündel, welches seiner Lage nach dem Tractus peduncularis transversus entspricht?). Seine Fasern biegen denn auch in der That auf die Oberfläche des Hirnschenkelfusses, also in die Querrichtung lateralwärts um. Die Deutung dieses Bündels als Schleifenbündel zum Hirnschenkelfuss scheint mir minder wahrscheinlich. Der Hirnschenkelfuss ist wieder stärker geworden Hand in Hand mit einer zunehmenden Reduction der Substantia nigra. Mit dem Pedamentum laterale hängt letztere nicht zusammen. Auch der histologische Bau dieser beiden grauen Massen ist total verschieden. An seiner medialen Seite erfährt der Fuss ausserdem noch einen Faserzuwachs, der ebenfalls aus der Haube stammt, aber nicht zum Tractus peduncularis gerechnet werden kann, da er nicht in die Querrichtung umbiegt. Die Raphe ist ziemlich breit, reich an Zellen und dorsoventral verlaufenden Fasern, aber arm an Kreuzungsfasern. Die MEYnERT’sche Kreuzung ist völlig verschwunden. Ziemlich weit lateral von der Raphe sieht man beiderseits, wie früher bereits erwähnt, den Schiefschnitt des MEyYneErT’schen Bündels (auf der Figur nicht bezeichnet). Im Kern des Schiefschnittes findet man stets eine eigenartige graue Substanz, um welche die Nervenfasern in Form eines Cylindermantels angeordnet sind. Im Uebrigen fallen in der Haube namentlich zahlreiche Bündel auf, welche aus dem hinteren Längs- bündel und der benachbarten Umgebung des centralen Höhlengraues entspringen, divergirend in die mittleren Theile der Haube eindringen (etwa den Längszügen einer Hängematte vergleichbar) und dann wieder gegen das Pedamentum medianum und laterale convergiren. Die medialsten ziehen medial an dem Schief- schnitt des MEYneErRT’schen Bündels vorbei. Die Deutung dieser Fasern, die in der Literatur unter den verschiedensten Namen beschrieben worden sind, ist sehr schwierig. Grösstentheils dürfte es sich um Fasern handeln, welche aus dem tiefen Mark der vorderen Vierhügel, aus dem hinteren Längsbündel und nament- ı) Der Bau erinnert an die Substantia perforata posterior des Menschen, der das Pedamentum medianum in der That zum Theil homolog ist. e : 2) Vergl. z. B. KÖLLIKER, ]. c. Fig. 625 und 628. Makroskopisch konnte ich den Tractus peduncularis transversus bei Pseudochirus nicht erkennen. 708 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 176 lich aus der Commissura posterior stammen. Die lateraleren dieser Fasern erinnern in ihrer Verlaufsweise noch sehr an die fontäneartigen Bündel, welche in die MEYNERT'sche Kreuzung übergehen, nur bleibt die Kreuzung aus, vielmehr sammeln sich die Fasern in den ventralen Abschnitten der gleichseitigen Haube. Die mediale Schleife, deren Fasern dorsolateralwärts aufstreben, wird durch die vorbeschriebenen Bündel stark verdeckt. Der vordere Vierhügel lässt die oben angeführten Schichten noch gut erkennen. Das feine, randständige quergeschnittene Bündel unmittelbar oberhalb des Corpus geniculatum mediale rechts ist der Rest des hinteren Vierhügelarms!). Links ist der Schnitt ein wenig weiter nach vorn gefallen, daher sieht man hier bereits den Tractus opticus das Corpus geniculatum mediale überziehen und in die Opticusschicht des vorderen Vierhügels einstrahlen. Auf die grauen Massen, welche die linke Schnitthälfte in der Haube zeigt, komme ich bei Fig. 25 näher zu sprechen. Der Aquäductquerschnitt läuft ventralwärts spitz zu, dorsalwärts verbreitert er sich im Sinne einer senkrecht stehenden Ellipse; von der Decke springt ein zweitheiliger Zapfen in das Lumen vor. Sehr bemerkenswerth ist die starke, mit der hinteren Commissur unverkennbar in Verbindung stehende Zellenanhäufung lateralwärts vom centralen Höhlengrau, ventral vom tiefen Grau des vorderen Vierhügels; es liegt nahe, in ihr den DARKSCHEWITSCH’Schen Kern zu suchen. Vom Oculomotoriuskern sind nur noch Spuren vorhanden. Fig. 25 zeigt bereits den Durchbruch der Commissura posterior. Die vorderen Vierhügel sind in ihrem vordersten Abschnitt getroffen. Interessant ist zunächst die Art des Durchbruches der S hinteren Commissur. Oberhalb derselben bleibt nämlich noch ein kleines Lumen des Ventrikelsystems offen, unterhalb derselben senkt sich der 3. Ventrikel tief zwischen die Corpora mamillaria hinab. Die oben erwähnte zapfenförmige Bildung liegt auf der ventralen Fläche der Commissura posterior. Die Ogld -——- Zwischenschnitte lehren über das Zustandekommen dieser = Configuration Folgendes. Zuerst springt in dem Kreis der NE x Schiefschnitte, welche das centrale Höhlengrau umgeben, TR beiderseits im ventralen Quadrant ein Schiefschnitt spitz in das Höhlengrau vor. Die beiden Schiefschnitte durchbrechen oe I n_ FYV das centrale Höhlengrau im dorsalen Theil des Deckenzapfens = p»- und bilden durch ihre Vereinigung bezw. Kreuzung die au R hintere Commissur. Einige Schnitte weiter wiederholt sich Be et _e derselbe Vorgang ein wenig weiter dorsalwärts nochmals. EB Cm s : Man sieht dann üher dem Hauptbündel ein schwächeres Fig. 25 (LIiX, 8). Cega Commissur der vorderen Vierhügel, Cp Commissura posterior, Cme Commissura Nebenbündel sich kreuzen. Zwischen beiden liegt anfangs media, Cyld, Cglv Corpus geniculatum laterale dorsale bezw. ventrale, Om Corpus mamillare, dv» dorsoventrale Faserung im Höhlengrau, # Fornixbündel, FV Fasci- culus thalamomamillaris + tegmentomamillaris, Ntpt Nucleus tractus pedunc. transv., Pp Pes pedunculi, Pl Pedamentum laterale, Stro Stratum opticum, 7ro Tractus opticus (mit abbiegenden STILLING’schen Fasern), x, y, x siehe Text. 1) Vergl. GANSER, Morph. Jahrb., Bd. VII, Fig noch graue Substanz, bald aber schwindet diese und damit kommt das obere kleine dorsale Lumen zu Stande. Wenige Schritte weiter verschwindet das dorsale Kreuzungsbündel fast ganz, und damit ist das Bild der Fig. 25 gegeben, Con- struirt man aus diesen Schnittbildern die stereometrischen . 26 (Maulwurf) und Fig. 27 (Feldmaus). 177 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 709 Verhältnisse, so ergiebt sich, dass die Commissura posterior ein zu einem halben Cylindermantel eingerolltes Markblatt ist, dessen Concavität nach vorn gerichtet ist. Diese Einrollung ist natürlich nicht mit der nach vorn convexen Einrollung zu verwechseln, welche man z. B. bei dem Menschen findet. Uebrigens scheint der Verlauf des dorsalen Bündels der Commissura posterior von demjenigen des Hauptbündels abzuweichen. Wenigstens sieht man auf dem abgebildeten Schnitt sehr deutlich, dass die spärlichen noch sichtbaren Fasern des Dorsalbündels nahe der Mittellinie in die Längsrichtung umbiegen; in der Decke des Aquäducts taucht hier auch eine Reihe ziemlich grosser Ganglienzellen auf, welche wohl zu den Fasern des dorsalen -Längsbündels in irgend einer Beziehung stehen dürften. Ausdrücklich möchte ich noch betonen, dass irgendwelche directe Continuität zwischen der Commissur der vorderen Vierhügel und der Commissura posterior nicht besteht. Zwischen den beiden Vierhügeln ist die Zirbel eben angeschnitten. Ungemein complieirt sind in dieser Gegend die Verhältnisse der Haube auch bei Pseudochirus. Ich betrachte die folgenden Deutungen daher auch nur als erste Deutungsversuche. Schon die Abgrenzung des Luys’schen Körpers gegen die Substantia nigra bereitet grosse Schwierigkeiten, doch glaube ich, dass es sich auf dem abgebildeten Schnitt bei der grauen Masse dorsal von dem Fussfeld bereits um den Luys’schen Körper (Nucleus hypothalamicus) handelt. Am längsten hat sich die Substantia nigra im lateralen Hirnschenkelgebiet erhalten, jetzt ist sie auch hier vollständig verschwunden. Ventralwärts schliesst sich an den medialen Abschnitt des Luys’schen Körpers unmittelbar ein kreis- runder Kern an, welcher in den medialsten Abschnitt des Fusses von der dorsalen Seite her wie eingedrückt erscheint. Links ist er bereits wesentlich stärker entwickelt als rechts. Er entspricht der Gegend, wo der Tractus peduncularis transversus auf der letzten Figur aufgetreten war. Ich glaube, dass es sich um den von BECHTEREW !) beschriebenen Nucleus tractus peduncularistransversi handelt (vergl. auch unten S. 710). Noch weiter medialwärts schliesst sich die graue Masse des Pedamentum laterale an, welche bis zur basalen Oberfläche reicht und zahlreiche feine Bündelquerschnitte (zum Theil wohl noch dem Pedunculus corporis mamillaris angehörig) enthält. Das Fornixbündel liegt, sofort erkennbar, auf der Grenze von Pedamentum laterale und Corpus mamillare. Dorsalwärts von dem Luys’schen Körper folgt ein lateralwärts sich zuspitzendes, medialwärts sich verbreiterndes Feld, in dessen ventralem Theil man zahlreiche Ganglienzellen findet. Wahrscheinlich handelt es sich um die Zona incerta von ForEL. Der mediale Abschnitt, auf der Figur mit y bezeichnet, entspricht der Lage nach dem früheren Gebiet des Nucleus ruber. Dorsal von diesem Feld findet sich eine fast rein transversal verlaufende lichte Zellstrasse z, die auf spinaleren Schnitten fast continuirlich mit einer ähnlichen hellen Zellschicht in der Peripherie des Corpus geniculatum mediale zusammenhängt. Auf der vorigen Figur war sie links bereits deutlich ausgeprägt. Die Deutung dieser grauen Masse muss ich dahingestellt sein lassen. Auch in der Literatur finde ich keine hierher passende Beobachtung. Nur BECHTEREW’?) erwähnt gelegentlich einen „Nucleus innominatus‘“, dessen Lage einige Aehnlichkeit mit derjenigen der soeben erwähnten Zellstrasse hat. Auf den in Frage kommenden Abbildungen des Maulwurfgehirns ?) bei GANsER ist die Zellstrasse nicht sicher zu erkennen. Das MEynErRT’sche Bündel ist sofort wiederzuerkennen. Der Fasciculus thalamomamillaris hat sich vom Fasciculus tegmentomamillaris noch nicht scharf getrennt. Das mit x bezeichnete Bündel stammt aus dem Bereich des Kernes y. 1) Leitungsbahnen, p. 135 u. Fig. 109. Vergl. auch KÖLLIKER, l. c. p. 606 ff. 2) Leitungsbahnen, p. 136 u. Fig. 117. £ ' 3) In Frage kommt namentlich Taf. XXXI, Fig. 24 u. 25. Vergl. auch’ KÖLLIKER, 1. c., Fig. 664 (Kaninchen). Jenaische Denkschriften. VI. 23 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. 11I. 91 10 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 178 7 ) Im Bereich des 3. Ventrikels ist bereits die Commissura media getroffen. In derselben vereinigen sich zwei mächtige, mit y zusammenhängende Ganglienzellenmassen, welche in der Höhe der Zona incerta gelegen sind. Die dorsoventrale Medianfaserung dv lässt sich unschwer zum Theil bis zu diesem „distalen Kern der mittleren Commissur‘ verfolgen, zum Theil zieht sie jedoch auch spinal an ihm vorbei und wendet sich zum Corpus mamillare (!)!). Dorsal reicht dieselbe Faserung bis zu einer Zellanhäufung im centralen Höhlengrau, welche unmittelbar ventral von den Seitentheilen der Commissura posterior liegt und auch zahlreiche ventromedial zu ihr herabsteigende Fasern aufnimmt. Medialwärts vom Corpus geniculatum laterale dorsale taucht der Nucleus lateralis des Sehhügels, ventrolateralwärts das Corpus geniculatum laterale ventrale auf. Der Rest des Corpus geniculatum mediale ° bildet einen lichten Keil dorsolateral vom Corpus geniculatum laterale dorsale. Die Grenze zwischen beiden ist nicht scharf, wahrscheinlich ist der grössere Theil der seitlichen Vorwölbung noch zum Corp. gen. med. zu rechnen und demgemäss die Figurenerklärung zu modificiren. Bezüglich das Tractus opticus bemerke ich nur, dass die StırLına’schen Fasern, welche den Pes pedunculi lateralwärts umkreisen, um vielleicht in den Luys’schen Körper zu gelangen, sehr schön entwickelt sind. Thalamusgebiet. Auf Fig. 26 sind die vorderen Vierhügel verschwunden, die Sehhügel sind in ihrem hinteren Abschnitt getroffen. i Der Fuss des Hirnschenkels hat sich bereits stark dorsolateralwärts verschoben. Der medialste Theil seines Querschnittes wird von einem Netzwerk grauer Substanz durchflochten. Links ist dasselbe schon ziemlich stark entwickelt, rechts erst eben in der Bildung begriffen. Es könnte sich um ein Homologon des Ganglion intrapedunculare bei dem Maulwurf handeln). Ich will es jedenfalls als Ganglion intrapedunculare bezeichnen. Mit dem Luys’schen Körper oder der Substantia nigra besteht keine directe Continuität; eine Hoınologie wäre deshalb natürlich doch noch nicht ausgeschlossen. Die basale Fläche des Hirnschenkelfusses wird vom Tractus opticus überzogen. Aus dem lateralen Abschnitt des Hirnschenkelfusses treten zahlreiche Fasern in dorsolateraler Richtung aus: es handelt sich um die ersten Fussfasern, welche sich zum Uebergang in die innere Kapsel anschicken. STILLING’sche Fasern sind nur noch rechts zu sehen und auch hier nur in spärlicher Anzahl. Die graue, von Horizontalfasern durchzogene Masse dorsal vom Fussfeld ist noch als Luys’scher Körper zu deuten. Die Zona incerta ist stark zusammengeschrumpft. Der Nucleus tractus peduncularis transversi (vergl. S. 709) ist nur noch rechts gut ausgeprägt. Man könnte durch einen Vergleich von Fig. 26 mit analogen Schnitten des Ratten- oder Kaninchengehirns) vielleicht zur Annahme gelangen, dass es sich um den weit capitalwärts vorgeschobenen medialen Kopf der Substantia nigra handle; gegen diese Annahme spricht jedoch, dass zwischen dem Haupttheil der Substantia nigra und diesem Kern keine directe Continuität besteht. Medialwärts schliesst sich an das Fussfeld das Pedamentum laterale mit seinen feinen Bündel- querschnitten an. Unter den letzteren wird man auch das basale Längsbündel Ganser’s‘) zu suchen C} ı) Von dem Fasciculus tegmentomamillaris lassen sich diese Fasern leicht unterscheiden. 2) Vergl. GANSER, ]. c. Fig. 20 u. 24—26. 3) Vergl. z.B. KÖLLIKER, Gewebelehre, Fig. 663 4) l. c. p. 689. 179 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 71I haben. Dichter häufen sich die Bündelquerschnitte am ventrolateralen und am dorsomedialen Rande des Feldes an. Allenthalben begegnet man im Pedamentum laterale zahlreichen grossen Ganglienzellen. Ventromedialwärts findet sich noch immer der Querschnitt des Fornixbündels; dasselbe zerfällt in zahlreiche fast kreisrunde Theilbündel. Die grossen Ganglienzellen, welche man in der Nachbarschaft dieser Theilbündel, zum Theil zwischen ihnen findet, gehören wohl zum lateralen Ganglion des Corpus mamillare. Das mediale Ganglion bietet nicht Bemerkenswerthes. Der Boden des 3. Ventrikels zeigt einen charakteristischen medianen Wall, welchem an der basalen Oberfläche eine seichte mediane Rinne entspricht. Dorsal vom Corpus Luysii bezw. der bereits stark verschmälerten Zona incerta liegt eine gitter- ähnliche Masse grauer Substanz, in deren Maschen starke, grobe Faserbündel schief getroffen erscheinen. Die Herkunft der Bündel muss ich zweifelhaft lassen. Es scheint mir wahrscheinlich, dass sie zum Theil aus dem Tractus opticus selbst kommen. Die gitterähnliche Masse selbst ist im dorsalen Abschnitt der Zona incerta, ventral von der S. 709 erwähnten hellen Zellstrasse aufgetreten. Vielleicht ist sie mit dem ventralen Gitterkern von NissrL!) identisch. An ihrem dorsalen Saum liegt ein kommaförmiges Faserfeld, welches wohl dem Feld H Forer’s entspricht. Der ventrale Gitterkern reicht lange nicht bis zur Mittellinie. Medialwärts tritt an seine Stelle eine Zellgruppe im Höhlengrau, in welche der Fasciculus thalamomamillaris auf seinem Wege zum Thalamus gerade eingebettet ist. Die lichte mediale Zellstrasse ist fast verschwunden. Vom Fasciculus tegmentomamillaris ist bereits nichts mehr zu sehen. Ueber die Lagebeziehung des letzteren zum Fasciculus thalamomamillaris bemerke ich noch, dass das Haubenbündel den Querschnitt des Fasciculus thalamomamillaris auf den Zwischenschnitten in 2 Theilbündel zerlegt, nur ein kleiner Theil des Haubenbündels hält sich medial vom Fasciculus thalamomamillaris. Von Thalamuskernen lassen sich auf dem abgebildeten Schnitt folgende unterscheiden: ı) das Corpus geniculatum laterale dorsale, 2) das Corpus geniculatum laterale ventrale, 3) der Nucleus lateralis thalami, 4) der Nucleus dorsalis s. anterior thalami, 5) der Nucleus centralis thalami. Die Abgrenzung des Corpus geniculatum laterale dorsale gegen das Corpus geniculatum mediale ist nicht so scharf wie die Abgrenzung des ersteren gegen das Corpus geniculatum laterale ventrale. Auch die Grenze zwischen dem Corpus geniculatum laterale und dem Nucleus lateralis thalami ist ziemlich unbestimmt. Man kann sagen, dass das Corpus geniculatum laterale dorsale zuerst im Innern des Corpus geniculatum mediale als dunklerer Kern auftritt. Allmählich zieht sich das letztere mehr und mehr dorsalwärts zurück, bis schliesslich das Corpus geniculatum laterale am Seitenrand frei zu Tage tritt. Der Nucleus lateralis thalami lässt sich bis in die Commissura media verfolgen. Im histo- logischen Bau stimmt er mit dem Corpus geniculatum laterale dorsale im hohem Maasse überein. Eine besonders mächtige Zellanhäufung bildet er über dem medialen Theil des Feldes 4, welches hier continuirlich in die Lamina medullaris lateralis thalami übergeht. Das Corpus geniculatum laterale ventrale schliesst sich lateralwärts unmittelbar an die ventrale Gitterschicht an, unterscheidet sich aber schon durch seine compacte Beschaffenheit ohne weiteres von der letzteren. Gegen das Corpus geniculatum laterale dorsale wird es durch einen schmalen, bogen- 1) Vergl. KÖLLIKER, Gewebelehre, p. 543 oben. 23” Ts 712 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. \ 180 förmigen Streifen sehr scharf abgegrenzt, dessen tinctorielle Eigenschaften an die sog. Substantia gelatinosa erinnern. Der Nucleus dorsalis erscheint zwischen dem Ggl. habenulae und dem Rest des Corpus geniculatum mediale. Ventral von ihm findet sich noch eine ziemlich scharf begrenzte, dichte Zellgruppe, welche ich als Nucleus subdorsalis bezeichnen will. Der Nucleus centralis thalami ist ein Theil des sog. medialen Thalamuskerns. Durch dunklere Farbe sticht er scharf gegen seine Umgebung ab. Das MEYnErRT’sche Bündel hat sich bereits in mehrere Theilbündel gespalten und ist grössten- theils bereits dorsal vom Nucleus centralis thalami gelegen. Das Stratum zonale ist in bekannter Weise ausgeprägt. Die Faseranordnung im Sehhügel ergiebt sich im Uebrigen sofort aus der Figur. Sehr stark ist die Stria medullaris thalami und das Ganglion habenulae entwickelt. An der mediodorsalen Sehhügelkante bemerkt man zwei Erhebungen, welche dem kleinen medialen und dem starken lateralen Kern des Ganglion habenulae entsprechen. Die Stria medullaris erscheint im lateralen Theil des lateralen Ganglions im Querschnitt getroffen; sie gleicht in der Form des Querschnittes zunächst dem Bindearm, später stellt sie eine zweifach winklig geknickte Lamelle dar. Sehr deutlich sieht man die Faserbündel des Fasciculus retroflexus theils zum medialen, theils zum lateralen Ganglion habenulae ziehen. Die für das mediale Ganglion bestimmten Fasern treten an dasselbe vorzugsweise von der medialen Seite heran. Oralwärts ist eine Umfangszunahme der Stria medullaris unzweifelhaft, wie dies KÖLLIKER auch für Katze und Kaninchen nachgewiesen hat!). Ein Zuwachs aus dem Sehhügel -— auch abgesehen vom MEy- NERT'schen Bündel — lässt sich leicht constatiren. Ebenso ist ein Zusammenhang mit den Peduneuli conarii und der Zirbelcommissur mit Sicherheit festzustellen. Das spätere Schicksal der Stria medullaris kann erst bei der Besprechung frontalerer Schritte erörtert werden. Fig. 27 zeigt die Hirnschenkel noch weiter auseinandergetreten. In seinem medialen Theil ist der Hirnschenkel noch immer von einer netzförmigen grauen Masse durchzogen. Der Nucleus tractus peduncularis transversi ist fast verschwunden, ventromedialwärts schliessen sich die Bündelquerschnitte des Pedamentum laterale an. Der Tractus opticus umzieht noch immer den Fuss des Hirnschenkels. Dorsal vom Tractus opticus findet man eingebettet in grauer Substanz zahlreiche mittelstarke Fasern, welche sich lateralwärts ungemein sicher in das Maschenwerk des netzförmigen Kernes im medialen Theil des Fusses verfolgen lassen. Sie gehören unzweifelhaft der MEynerT’schen Commissur an. Das Mittelstück der letzteren wird erst in proximaleren Ebenen sichtbar. Von einem Zusammenhang mit dem Luys’schen Körper?) konnte ich mich nicht sicher überzeugen. Die Deutung der grauen Massen zu beiden Seiten des ventralen Theiles des 3. Ventrikels bietet noch viel Schwierigkeit. Speciell scheint mir die Abgrenzung der Nuclei tuberis cinerei, der Ganglia optica basalia und der Ganglia mamillaria noch nicht nach sicheren Kriterien ausführbar°). Ausgezeichnet hebt sich die sog. Decussatio hypothalamica anterior ab. Die Lage stimmt mit der von GANSER4) bei dem Maulwurf angegebenen überein. Nur bleiben ihre Fasern medial von der Fornix- 1) Gewebelehre, p. 471 u. 474. 2) KÖLLIKER, Gewebelehre, p. 466, behauptet diesen Zusammenhang bei dem Menschen. 3) So bin ich auch von der Richtigkeit der Figurenerklärung KÖLLIKER’s, |. c. Fig. 611 (Cmd. u. Om»), noch nicht ganz überzeugt. 4) l. ce. Fig. 15 u. 16. 181 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 7\ (99) säule, während sie bei dem Menschen!) und auch bei dem Maulwurf lateral von ihr aufsteigen. Dorsal- wärts lassen sie sich bis zu einer Zellgruppe im dorsomedialsten Theil des Pedamentum laterale verfolgen. Von einer wirklichen Kreuzung ist übrigens zunächst nichts zu sehen. Von dem Luys’schen Körper ist wenig mehr zu sehen. Der ventrale Gitterkern zeigt ungefähr das Maximum seiner Ausbildung. Die übrigen Sehhügelkerne zeigen noch ungefähr dasselbe Bild, doch ist ihre gegenseitige Abgrenzung noch unsicherer als auf den vorbetrachteten Schnitten; nur der ventrale Gitterkern und das Corpus geniculatum laterale ventrale sind scharf abgegrenzt. Der Nucleus dorsalis ist sehr zusammengeschrumpft. Das Corpus geniculatum mediale ist auf einen schmalen Streif grosser heller Zellen reducirt. Der Nucleus centralis thalami hat sich erheblich vergrössert. Der Nucleus subdorsalis ist noch nicht ganz verschwunden. Zwischen dem Corpus geniculatum laterale dorsale und dem Nucleus lateralis besteht keine scharfe Grenze. Das MEYnErRT’sche Bündel wendet sich jetzt fast ganz ausschliesslich zum Gg]. habenulae mediale. Sehr deutlich ist ein Faserzug, welcher vom Gg]. habenulae mediale zum Ggl. habenulae laterale zieht. Auf der linken Seite des Schnittes schliesst sich bereits die innere Kapsel an den Hirnstamm an. Die Commissura media enthält in ihrer mittleren Höhe — oberhalb der Verbindungsbrücke der Lateralkerne — eine ziemlich schmale, querverlaufende Strasse?) grosser heller Zellen. Etwa in derselben Höhe kreuzen auch einzelne feine Fasern über die Mittellinie. Dorsal- und ventralwärts vom Querschnitt des Vıco n’Azyr’schen Bündels liegt je eine gut abgegrenzte, vorläufig noch keiner Deutung fähige Zellgruppe; die dorsale gehört wahrscheinlich zum - Nucleus lateralıs. Auf Fig. 28 ist das Chiasma opticum selbst bereits getroffen. Der Boden des 3. Ventrikels hat die Form eines umgekehrten T; noch treffender ist der Vergleich mit dem Querschnitt des Fusses eines Leuchters. Die Kreuzungsfasern reichen fast unmittelbar bis an den Ventrikelboden heran. Im dorsalsten Theil des Chiasmas kann man noch sehr gut einen Streifen quergeschnittener, also längs- verlaufender Fasern erkennen. Aus den Zwischenschnitten ergiebt sich, dass die letzteren aus der sog. Decussatio hypothalamica anterior stammen. Die Fasern der letzteren zeigen auch jetzt zum grossen Theil keine deutliche Kreuzung, sondern sammeln sich um den Bodentheil des Schlitzes des 3. Ventrikels zunächst als ein halbmondförmiges Feld. Erst nachdem der Boden des 3. Ventrikels die oben beschriebene leuchterfuss - ähnliche Erweiterung erfahren hat, kommt das Faserfeld ganz auf die ventrale Bodenfläche des Ventrikels zu liegen und wird mehr und mehr von Kreuzungsfasern des Chiasmas durchzogen und verdeckt. Eine gut abgegrenzte Guppen’sche Commissur (Commissura inferior) vermochte ich nicht nach- zuweisen, doch finden sich auf den Zwischenschnitten, im hinteren Winkel des Chiasmas, ziemlich zahlreiche Fasern, welche wohl der GuppEn’schen Commissur angehören könnten. Sehr schön ausgeprägt ist beiderseits das Ganglion opticum basale (Nucleus supraopticus). Rechts sendet es einen langgestreckten Ausläufer in das Pedamentum laterale. Insgesammt erstreckt es sich über 1,3 mm in sagittaler Richtung. Seine Zellen messen 21 ı. Frontalwärts reicht es noch ein wenig über den vorderen Chiasmarand hinaus. Einen Zerfall in mehrere Zellgruppen, wie ihn LENHOSSERX und KÖLLıkER bei dem Menschen beschrieben haben, vermochte ich nicht sicher nachzuweisen. Desgleichen habe ich eine Stria alba tuberis vermisst. Ueber den Faserzusammenhang des Ggl. opticum basale ver- 1) KÖLLIKER, 1. c. p. 486. B ! _ 2) Sie ist vielleicht mit dem Nucleus reuniens (EDINGER) der Reptilien identisch. 714 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 182 mochte ich bei Pseudochirus nichts zu ermitteln, nur scheint mir ein Zuzug von Fasern von der dorso- lateralen Seite ziemlich sicher. In der grauen Masse zu beiden Seiten des 3. Ventrikels kann man — in der Reihenfolge von unten nach oben — folgende Theile unterscheiden. Unmittelbar oberhalb des Chiasmas folgt der kleinzellige Nucleus tuberis, auf diesen ein grosszelliger lateraler Kern, in welchen die Fornixsäule eingebettet ist, und ein ebenso grosszelliger medialer Kern, welcher der Ventrikelwand unmittelbar anliegt. Bei der sehr starken Ausprägung des letzteren war ich sehr erstaunt, eine ähnliche Bildung bei anderen Säugern nirgends beschrieben zu finden. Ich will den Kern einstweilen als Nucleus subeommissuralis bezeichnen. Oberhalb des letztgenannten Kernes spitzt sich die Lichtung des 3. Ventrikels zu und macht dann der Commissura media Platz, deren Durchmesser bereits erheblich kleiner ist. Zahlreiche senkrechte Fasern ziehen zu beiden Seiten der eben erwähnten zugespitzten Lichtung und im Bereich der Commissura media ventralwärts. Die oben bereits erwähnte helle quere Zellstrasse der Commissura media ist noch deutlich ausgeprägt; sie setzt sich jetzt ziemlich weit lateralwärts in das Innere des Sehhügels fort, wobei sie sich zwischen den Nucleus lateralis und den Nucleus centralis thalami einschiebt. Ich will sie als oberen proximalen Kern der Commissura media bezeichnen. Sie nimmt den dorsalen Theil der Commissura media ein, im ventralen Theil findet sich ein etwas dunkleres Kerngebiet, welches lateralwärts an den noch dunkleren Nucleus lateralis thalami grenzt. Der Nucleus dorsalis s. anterior thalami ist gegen den Nucleus lateralis jetzt scharf abgegrenzt und ist wieder stärker geworden. Zwischen ihn und den Nucleus centralis thalami schiebt sich noch ein schmaler, dreieckiger, dunkler Kern ein, dessen Homologie zweifelhaft bleibt (centre median von Luys?); mit dem Nucleus subdorsalis hängt er nicht zusammen. Ich will ihn als Nucleus triqueter bezeichnen. Beiderseits sieht man bereits die Fasern der Stria medullaris in kleinen Bündeln ventralwärts ziehen. Der Fasciculus thalamomamillaris wendet sich lateralwärts; die weitere Verfolgung seiner Fasern (zum Nucleus dorsalis) ist mir nicht mit Sicherheit gelungen. Das Gebiet der Stria cornea stellt sich als ein ziemlich breiter, aber nicht sehr tiefer Streifen grauer Substanz dar, welcher sich durch seine Armuth an grossen Ganglienzellen scharf gegen den benach- barten Nucleus caudatus und Thalamus opticus abhebt. In diesem Gebiet ziehen zahlreiche ziemlich feine Fasern in der Schnittebene dorsolateralwärts, um, wie es scheint, zu dem lateralen Theil des Nucleus caudatus zu gelangen. Ventromedialwärts lassen sich diese Fasern auf den folgenden Schnitten bis zum Höhlengrau des 3. Ventrikels verfolgen, welches mit dem Grau der Stria cornea in continuirlicher Verbindung steht. Von diesen ‚diffusen Parallelfasern der Stria cornea‘“ muss ein circumscriptes Faserbündel unterschieden werden, welches in der Tiefe des Striagraues unmittelbar über der inneren Kapsel in schiefem Querschnitt erscheint. Spinalwärts lässt sich dieses Bündel, die Stria cornea s. str. oder der Faseiculus proprius striae corneae bis zu Objectträger LXVI verfolgen. Auf diesem Weg nisten sich allmählich zahlreiche Ganglien- zellen (Durchmesser 12 ı.) in das Bündel ein, und schliesslich sieht man seine Fasern etwa senkrecht zum Rhinencephalon absteigen, dann aber im Bogen sich wieder frontalwärts wenden. Diese frontale Fortsetzung im Rhinencephalon lässt sich in etwas schiefem Querschnitt als geschlossenes Bündel bis zum Object- träger LXIX verfolgen, auf welchem es sich im Grau des Rhinencephalons aufsplittert. Vergleicht man damit die Darstellung der Stria cornea des Kaninchens, welche KÖLLIKER!) neuerdings gegeben hat, so springt die Aehnlichkeit in die Augen. Nur erwähnt KÖLLIkER den Striakern bei dem Kaninchen nicht, 1) Gewebelehre, p. 624 und Fig. 666-668, 716, 717. Die Figurenzahlen des Textes p. 625 und 626 sind offenbar verdruckt (669 statt 668 u. s. f.). . ee rn 183 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 715 während er bei dem Menschen graue Substanz in der Stria gefunden hat. Auch sonst scheint der Striakern der Beobachtung entgangen zu sein. Nicht ausgeschlossen scheint mir, dass, wie HONEGGER für niedere Säuger angiebt, auch bei Pseudochirus nicht alle Fasern des Striabündels zum Rhinencephalon gelangen, sondern ein schwächeres Bündel medialwärts gegen die Substantia perforata antica sich wendet. Der Nucleus caudatus erhebt sich als steiler Höcker in den Seitenventrikel. Der Nucleus lentiformis zerfällt sehr deutlich in 2 Glieder. An seiner Aussenfläche sieht man innerhalb eines schmalen Streifens zahlreiche Schrägschnitte von Nervenfasern, welche im ventralen Theil mehr quer, im dorsalen mehr dorsoventral verlaufen; sie gehören, wie die weitere Verfolgung der Serie ergiebt, der Commissura anterior an. Zwischen Fornix und Capsula interna sieht man den unteren Sehhügelstiel aufsteigen. An der Ventralfläche des Linsenkerns findet man noch keine stärkeren Faserzüge, wohl aber sieht man bereits oberhalb des unteren Sehhügelstiels Fasern die innere Kapsel ventral umziehen oder durchbrechen und gegen ein graues Maschenwerk verlaufen, welches sich an die mediale Spitze des Linsenkerns ventro- medialwärts anschliesst. Wahrscheinlich handelt es sich um Fasern der Linsenkernschlinge. Das graue Maschenwerk könnte dem Nucleus ansae peduncularis von MEYNERT entsprechen. Erwähnung heischen auch die zahlreichen Ganglienzellen, welche jetzt im Bereich des Pedamentum laterale auftreten und dichte Faserbündel dorsomedialwärts schicken, welche allem Anschein nach den Nucleus lateralis durchsetzen und vielleicht zur Stria medullaris ziehen, deren Entbündelung beiderseits bereits begonnen hat. Fig. 29 liegt schon im frontalen Abschnitt des Chiasmas. Der dünne Ventrikelboden ist eingerissen. Sehr bemerkenswerth erscheint mir, dass die Fasern der sog. Decussatio hypothalamica anterior, welche ich bis zur dorsalen Schicht des Chiasmas verfolgt hatte, nicht mehr zum Vorschein gekommen sind. Man darf daher wohl schliessen, dass sie in den gleichseitigen oder in den gekreuzten Nervus (oder event. auch Tractus) opticus übergegangen sind. Die seitherigen Untersuchungen über das Schicksal der Decussatio 'hypothalamica anterior haben noch zu keinem Ergebniss geführt. Meine Befunde bei Pseudochirus sprechen sehr zu Gunsten einer directen Beziehung zum Sehnerven. Aehnliche Anschauungen haben auch LEONowa !) bei dem Menschen und DEXLER?) bei dem Pferde gewonnen, während die meisten anderen Autoren |DArK- SCHEWITSCH®), PRIBYTKOW‘), PROBST°), BECHTEREW ‘), TSCHERMAR’), BoycE°) u. A.] andere weit ab- weichende Beziehungen angenommen haben. Die Commissura media ist verschwunden (seit LXXIII, 4). Die graue Masse in der Wand des ventralen Theiles des 3. Ventrikels lässt keine speciellen Kerne ‚erkennen. Man ist wohl berechtigt, sie noch zum Nucleus tuberis cinerei zu rechnen. Oberhalb dieser grauen Masse ist die Ventrikelwand etwas ausgeschweift, namentlich rechts ist diese Ausbuchtung sehr deutlich. Sie entspricht dem Sulcus Monroi s. hypothalamicus und lässt sich caudalwärts unterhalb der Commissura media bis zum Aquäduct hin verfolgen. r) Arch. f. Psych., Bd. XXVIH. 2) Arb. aus dem OBERSTEINER’schen Institut, Heft 5, p. 194, 1897. 3) Neurol. Centralbl., 1892. 4) Ann. me&d.-psych., 1895. 5) Dtsch. Ztschr. f. Nervenheilk., Bd. XVII, p. 154; Arch. f. Psych., Bd. XXXII, p. 13; Monatsschr. f. Psych., Bd. VIII, p. 177- 6) Leitungsbahnen, p. 294. 7) Arch. f. Anat. u. Psych., 1898, Anat. Abth, p. 352, 360 u. 396; Neurol. Centralbl., 1899, No. 15 u. 16. 8) Philos. Transact., Vol. CLXXXVII. 716 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 184 Unmittelbar oberhalb, zum Theil noch im Bereich des Sulcus Monroi liegt beiderseits der Schiefschnitt des Fornixbündels.. Medial vom letzteren, also zwischen der Ventrikelwand und dem Fornixbündel sieht man — rechts deutlicher als links — Fasern aus der Stria medullaris ventralwärts absteigen, um wahr- scheinlich in dem Nucleus tuberis zu endigen. Die Hauptmasse der Stria medullaris zieht — wie man links sehr schön sieht, lateral vom Fornixbündel ventralwärts, um zum Theil in die innere Kapsel einzutreten, zum Theil zum Linsenkern und zum Theil zu dem am Schluss der Beschreibung der Fig. 28 erwähnten Kern zu ziehen. Rechts hat dieser Verlauf bereits stattgefunden, das laterale absteigende Striabündel lässt sich daher nur ganz kurz verfolgen. Links ist der Nucleus lateralis und der Nucleus triqueter noch eben zu sehen, rechts sind beide verschwunden. Ebenso ist bereits seit geraumer Zeit von den Ganglia habenulae nichts mehr wahr- zunehmen. Auf der medialen Seite der absteigenden Striafasern ist noch der Rest des Nucleus centralis thalami zu erkennen. Der Zwischenraum zwischen diesem und der Ventrikelwand wird von einer sehr homogenen faserarmen grauen Masse ausgefüllt. Das Gebiet der Stria cornea stellt rechts eine ausgedehnte graue Masse dar, welche sich ziemlich scharf gegen den Nucleus caudatus abgrenzt, ventromedialwärts aber continuirlich in das Höhlengrau übergeht. Die diffuse Faserung der Stria cornea ist verschwunden, hingegen hebt sich das geschlossene Striabündel sehr scharf ab: es liegt ziemlich tief unter dem Boden des Seitenventrikels, etwa in der Mitte zwischen der inneren Kapsel und dem Fornixquerschnitt. Links liegt es der inneren Kapsel noch dicht an. Die Grenze zwischen Putamen und Globus pallidus ist rechts nicht mehr scharf. Wahr- scheinlich ist dasjenige, was rechts vom Linsenkern überhaupt noch sichtbar ist, grösstentheils zum Putamen zu rechnen. Der Lateralfläche und der sehr verschmälerten Ventralfläche des Linsenkerns liegen die dichten Züge der Commissura anterior an, welche sich bereits anschicken, die innere Kapsel in ihren ventralsten Abschnitt zu durchbrechen. Durch ihre hellgraue Farbe stechen sie scharf ab gegen die dunkel- schwarzblauen Bündel, welche hier und da den Linsenkern (namentlich links) durchbrechen und den Faser- bündeln der inneren Kapsel homolog sind. Der Nucleus ansae peduncularis liegt unterhalb der durchbrechenden Commissurfasern. Der Endkern des lateralen Striabündels (vergl. S. 715) ist links auf der. Höhe seiner Ausbildung, rechts schon fast verschwunden. Der Nucleus caudatus steht rechts bereits durch breite Brücken grauer Substanz, welche die innere Kapsel durchbrechen, mit dem Linsenkern in Verbindung. Der histologische Bau des Nucleus caudatus stimmt mehr mit dem Putamen als mit dem Globus pallidus überein. Der Contour der Basis lässt beiderseits die tiefe Fissura rhinalis lateralis anterior und — rechts deutlicher als links — die seichte Fissura rhinalis medialis erkennen. Rechts lagert sich in die letztere bereits der Tractus olfactorius ein. Der Raum zwischen den beiden Rhinalfurchen ist das Rhin- encephalon. Rechts ist er bereits von der Riechfaserung bedeckt. Auf der Oberfläche des Rinencephalons findet sich nochmals eine seichte Kerbe, welche sich weit occipitalwärts verfolgen lässt und wahrscheinlich der F. basirhinalis von Echidna entspricht. An die Fissura rhinalis medialis grenzt medialwärts das Tuber- culum olfactorium. Hierauf folgt die seichtere Erhebung der Substantia perforata anterior und auf diese das Höhlengrau, welches die Fortsetzung des Nucleus tuberis cinerei bildet. 5 Schnitte weiter ist die Fasermasse der vorderen Commissur rechts bereits eben bis zur Wand des 3. Ventrikels gelangt. Ventral von ihr, d.h. zwischen ihr und dem stark geschrumpften Nucleus ansae peduncularis, liegt ein sehr heller Streifen grauer Substanz, den ich als Nucleus commissurae anterioris bezeichnen möchte. 185 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 717 Sehr schön sieht man, wie das Hauptbündel der Stria cornea ventralwärts in die Längsrichtung umgebogen ist und dabei die vordere Commissur eben, nachdem sie die innere Kapsel passirt hat, kreuzt. Die innere Kapsel enthält in ihrem oberen Theil Längsschnitte, in ihrem mittleren Theil Schief- schnitte. Ventral von dem Nucleus commissurae anterioris findet man in den Maschen des Nucleus ansae peduncularis fast nur reine Querschnitte. Der Nucleus centralis thalami ist völlig verschwunden. Der Rest der Stria medullaris erscheint mit dem Fornixbündel unmittelbar oberhalb der Commissura anterior. Die Stria medullaris liegt im Wesentlichen noch dorsal von dem Fornixbündel, aber man sieht zahlreiche Fasern medial von letzterem und einige auch zwischen den Bündeln des letzteren abwärts steigen. Die Ventrikelwand ist an dieser Stelle medialwärts vorgebuchtet. Noch IO Schritte weiter ist der Durchbruch der vorderen Commissur vollzogen. Der Sehhügel ist schon sehr niedrig geworden. Das Bündel der Stria medullaris und das Fornixbündel bilden einen einzigen Querschnitt, in welchem ihre Fasern innig gemengt sind. Bemerkenswerth ist, dass in diesem Querschnitt auch einzelne Ganglienzellen auftauchen. Er liegt dicht über der vorderen Commissur. In dem Faser- gemenge kann man noch immer die Fornixfasern an der bräunlichen, die Fasern der Stria medullaris an der schwärzlichen Farbe erkennen. Das Hauptbündel der Stria cornea hat sich unterhalb der Commissura anterior lateralwärts gewandt und ist dann in die Längsrichtung umgebogen, hat sich also den oben erwähnten quergeschnittenen Bündeln der Capsula interna beigesellt. Commissurengebiet. Fig. 30 zeigt Commissura anterior undsuperior über einander. Der Durchbruch der letzteren ist bereits auf Objectträger LXXV zu Stande gekommen. Die Commissura anterior wird an ihrer Ventralfläche in voller Ausdehnung von dem erwähnten Nucleus commissurae anterioris begleitet. Einzelne Bündel der Commissura anterior liegen allerdings noch ventralwärts von diesem Kern, sie heben sich durch dunklere Farbe ab). Lateralwärts schliesst sich links noch das tiefe Grau der Stria cornea an. Die Lamina terminalis ist schon auf Object- träger LXXV bis hart an die Basalfläche der Commissura anterior emporgestiegen. Noch immer recrutiren sich fast alle Fasern der Commissura anterior aus der äusseren Kapsel, der Zuzug aus dem Rhinencephalon ist minimal. Das Gebiet der Stria cornea hat sich verschmälert und enthält fast nur graue Substanz. Aus dem Nucleus caudatus ziehen zahlreiche Faserbündel durch die innere Kapsel zum Linsen- kern. Ob sie zum Theil auch letzteren noch durchsetzen, konnte ich nicht entscheiden. Der Nucleus ansae peduncularis ist sehr zusammengeschrumpft. Lateral schliesst sich an ihn eine graue Masse an, deren erstes Auftauchen bis auf Objectträger LXXIII zurückgeht. Sie erstreckt sich lateral von dem ventralsten Theil der inneren Kapsel?) ziemlich weit dorsalwärts bis über den Nucleus commissurae anterioris. Vergleicht man die entsprechende Abbildung des Maulwurfgehirns bei GANSER°), so findet man 1) Aehnliches theilt auch KÖLLIKER von dem Kaninchen mit, Gewebelehre, Fig. 715. \ 2) Wo nicht das Gegentheil ausdrücklich bemerkt ist, bezieht sich die Schilderung allenthalben auf die rechte Seite ‚des Schnittes. ZI cat. RR, Big. 12: Jenaische Denkschriften. VI. 24 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 718 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 186 eine graue Masse ventralwärts von der vorderen Commissur als mediales Glied des Linsenkerns bezeichnet. Eine solche Deutung ist bei Pseudochirus ausgeschlossen. Ebensowenig kann der graue Kern schlechthin mit dem Tuberculum olfactorium identificirt werden. Ich will ihn provisorisch als Nucleus accumbens bezeichnen. Der gemischte Querschnitt der Stria medullaris!) und des Fornixbündels liegt der Commis- sura anterior noch immer auf. Links sieht man bereits einige Bündelchen aufwärts zur Commissura superior ziehen. Die Commissura superior stellte sich bei ihrem ersten Auftreten einfach als eine Ver- schmelzung der beiden Fimbrien dar. Von Anfang. an waren ihren Fasern Streifen und Haufen grauer Substanz beigemischt. Schon sehr bald concentrirt sich diese graue Substanz namentlich in den ventralen und lateralen Theilen der Commissura superior. Die Verschmelzung der ventralen (basalen) Fläche der Commissura superior mit der vorderen Oberfläche des Sehhügels ist rechts bereits auf dem letzten Schnitt des Objectträgers LXXV zu Stande gekommen. Der erste Verschmelzungspunkt liegt fast genau senkrecht über dem Querschnitt von Fornixbündel und Stria medullaris. Auf dem Objectträger LXXVI, 4 ist die Verschmelzung auch links vollzogen. LXXVII, 2 ist der schmale mediane Spalt, welcher oberhalb der vorderen Commissur zunächst noch sich bis zur Commissura superior erstreckt hat, schon verschwunden. Die beiderseitigen Fornix-Striaquerschnitte rücken einander dementsprechend näher. Lateralwärts erstreckt sich auf dem abgebildeten Schnitt die Verschmelzung der Commissura superior mit dem vorderen Abhang des Sehhügels bereits bis zum grauen Gebiet der Stria cornea. In der Commissura superior selbst kann man hier 3 Lagen unterscheiden: 1) eine dorsale Schicht, in welcher dichte Faserkreuzungen absolut überwiegen ;, daneben finden sich sehr spärliche quergeschnittene Fasern); graue Substanz fehlt fast ganz; 2) eine mittlere Schicht, in welcher bündelweise Kreuzungen stattfinden; zwischen den Kreuzungsbündeln liegt graue Substanz; 3) eine ventrale Schicht, in der graue Substanz vorherrscht; die Ganglienzellen derselben messen grösstentheils I0—12 ıı im Durchmesser. Von der Seite her sieht man allenthalben Bündelchen schief eintreten. Ebenso dringen von ventralwärts die gemischten Fornix-Striabündelchen ein. Deutliche Kreuzungen sind nur in spärlicher Zahl vorhanden. Allenthalben sieht man hingegen ein feines Faser- geflecht zwischen den Zellen. Dass sich an der Bildung dieses Geflechts die Fornix-Striafasern betheiligen, ist unzweifelhaft: die Zellen dieser Schicht senken sich in Gestalt einer dichten Strasse medialwärts vom Fornix-Striaquerschnitt bis fast zur Commissura anterior herab. Die Furche oberhalb der Commissura superior ist die Fissura hippocampi. Von den Gebilden dieser Gegend wird erst später die Rede sein. An der Basalfläche ist die Substantia perforata anterior bereits grösstentheils durch das stark angewachsene Tuberculum olfactorium verdrängt. Lateral wird dasselbe von der Fissura rhinalis medialis begrenzt. Hierauf folgt das Rhinencephalon, welches sich bis zur Fissura rhinalis lateralis anterior erstreckt. Das ganze Gebiet des Rhinencephalons einschliesslich eines kleinen Theiles der dorsalen Lippe der Fissura rhinalis lateralis ist von der Riechfaserung bedeckt. Den Kern des basalen Längsbündels Ganser’s®), KÖLLIKER’S‘) Basalganglion, konnte ich nicht mit Sicherheit identificiren. Zum Theil entspricht er wohl dem Nucleus accumbens. Beide geben starke Bündel dorsomedialwärts ab. 1) Zur Abkürzung werde ich im Folgenden das Adjectiv medullaris öfter weglassen. 2) Dies erwähnt auch ZUCKERKANDL, Centralbl. f. Phys., 1898, No. 18. 3) l. c. Fig. r10—ı15 (Maulwurf). 4) Gewebelehre, z. B. Fig. 767 (Kaninchen). u 187 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 719 Die folgenden Schnitte (Objectträger LXXVIII und LXXIX) zeigen ein weiteres Anwachsen der vorderen Commissur. Namentlich der dunkle ventrale Abschnitt ist viel mächtiger geworden. Einzelne Fasern desselben biegen zwischen die quergeschnittenen Bündel des ventralsten Theiles der inneren Kapsel ein. Ein starkes Bündel des dunklen ventralsten Abschnittes biegt ventromedialwärts vom ventralsten Theil der inneren Kapsel allmählich in die Längsrichtung um und erscheint daher schon mehr quergetroffen. Vom Nucleus ansae peduncularis ist fast nichts mehr wahrzunehmen. Der Nucleus accumbens ist noch mächtiger geworden. Er besteht aus einer dunkleren inneren und einer helleren äusseren Zone. An ihn schliessen sich ventromedialwärts nochmals dichte dunklere Zellmassen an, deren Zugehörigkeit zweifelhaft ist. Aus dem Nucleus accumbens ziehen zahlreiche Fasern in den lateralen Theil des Tuberculum olfactorium. In der äusseren helleren Zone des Nucleus accumbens sieht man allenthalben Bündelquerschnitte, welche aus dem ventralsten Theil der inneren Kapsel zu stammen scheinen. Der Nucleus commissurae anterioris fängt an auf der rechten Seite sich zu verkleinern; zuerst schwinden seine lateralen Theile. Das mediane Grau zwischen den beiden Tubercula olfactoria bildet unterhalb der Commissura anterior eine dicke Lage. Von der Substantia perforata anterior ist rechts fast nichts mehr zu sehen. Zahlreiche Fasern steigen aus dem medialsten Theil der Hirnbasis bogenförmig dorsomedialwärts auf. Es sind dieselben, die KÖLLIKER!) bei dem Kaninchen als „aus dem Septum pellucidum stammende Bogen- fasern“ bezeichnet hat. Sie entsprechen dem „vorderen Ringbündel“ des makroskopischen Theiles dieser Abhandlung ?). Die Capsula interna bildet jetzt im Wesentlichen nur noch isolirte Bündelquerschnitte. Nucleus caudatus und Putamen stehen zwischen diesen Bündelquerschnitten allenthalben durch breite Brücken in Verbindung. Nur die obersten Bündel der inneren Kapsel — am lateralen Rande des Nucleus caudatus — sind noch schief bezw. längs getroffen und entbündeln sich dorsalwärts, dorsolateralwärts, zum Theil auch im Bogen (die Wand des Seitenventrikels bildend) dorsomedialwärts in das infracorticale Marklager. Die Commissura superior zeigt auf denselben Schnitten keine erheblichen Veränderungen, nur sieht man, wie aus dem Fornix-Stria-Querschnitt jetzt dicke Bündel schräg dorsolateralwärts in die gleich- seitigen schief ventromedialwärts absteigenden Bündel der Commissura superior übergehen. Die Kreuzungs- fasern im mittleren und dorsalen Theil der Commissura superior werden spärlicher, statt dessen tritt auch hier allenthalben graue Substanz in grosser Menge auf. Auf dem letzten Schnitt des Objectträgers LXXIX zeigt die Dorsalfläche der Commissura superior bereits eine tiefe, schmale Rinne. Auf Objectträger LXXX erscheint der Mitteltheil der Commissura anterior schon sehr ver- schmälert. Um so mächtiger sind die Seitentheile entwickelt. Die helle dorsale Faserung hat sich, begleitet von einem Rest des Nucleus commissurae anterioris, schon ganz vom Bereich der Medianebene zurückgezogen. Das Tuberculum olfactorium ist rechts fast auf der Höhe seiner Entwickelung. Der Nucleus accumbens hat sich mehr und mehr basalwärts vergrössert. In der Mittellinie der Commissura superior findet man jetzt eine breite, sehr helle, fast völlig faserfreie dorsoventrale Strasse. Zu beiden Seiten derselben steigen einige Fibrae rectae auf. Das Rhinencephalon zeigt keine Veränderung. Ich bemerke über seinen Bau nur im Allgemeinen, dass sein Stabkranz relativ dünn ist. Dichtere Bündel findet man fast gar nicht. Die graue Substanz reicht bis zum Gebiet des Nucleus accumbens. Die charakteristischste Schicht ist — abgesehen von der zonalen I) Gewebelehre, Fig. 767. 2) Vergl. z. B. p. 163. 720 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 188 Riechfaserung — eine Ganglienzellenlage von über 70 u Dicke, welche neben rundlichen auch lang-pyramiden- förmige Ganglienzellen enthält. Die letzteren finden sich an Zahl abnehmend auch in den tieferen Schichten. Sie folgen dabei dem Zug der Markstrahlen. Am zahlreichsten sind diese gewissermaassen ausgewanderten Elemente in der ventralen Lippe der Fissura rhinalis lateralis. Ihre Form erscheint, je weiter sie sich von der Hauptschicht entfernen, um so mehr spindelförmig. In der medialen Lippe der Fissura rhinalis medialis findet man sie bereits kaum mehr. Im Tuberculum olfactorium selbst scheinen sie völlig zu fehlen. Die Hauptschicht des Tuberculum olfactorium besteht fast ausschliesslich aus rundlichen Elementen ; ausserdem ist sie in eigenartiger Weise gefältelt. — Auf die merkwürdigen grossen polygonalen, den Chromlack sehr zäh festhaltenden Ganglienzellen, welche man neben rundlichen Formen im Nucleus accumbens findet, mache ich hier nur flüchtig aufmerksam; für die Identification des Kerns sind sie von erheblicher Bedeutung. Riechlappengebiet). Fig. 3I stellt einen Schnitt dar, welcher frontalwärts von der Commissura anterior liegt. Mit dem Verschwinden der letzteren hat die Continuität der beiden Hemisphären aufgehört, da auch die oben erwähnte mediane Rinne der Commissura superior nunmehr diese letztere völlig gespalten hat. Die folgende Darstellung bezieht sich wiederum vorzugsweise auf die rechte Schnitthälfte. Am bequemsten orientirt man sich, wenn man von dem senkrechten Spalt des Vorderhorns ausgeht, welches sich auf dem abgebildeten Schnitt bereits tief in das Rhinencephalon eingesenkt hat. Seine laterale Wand bildet der Kopf des Nucleus caudatus, welcher sich mit dem Vorderhorn weit zur Basis herab- gesenkt hat. Die laterale Ventrikelrinne am lateralen Rande des Nucleus caudatus ist noch etwa ebenso geblieben. Ventralwärts schliesst sich an den Nucleus caudatus unmittelbar der Nucleus accumbens an. Beide sind nicht mehr scharf zu trennen. Der letztere schlägt sich jedoch auch noch auf die mediale Wand des Vorderhorns hinüber. In der helleren Peripherie des Nucleus accumbens findet man noch immer die charakteristischen zahlreichen Bündelquerschnitte. Das Tuberculum olfactorium umgiebt den Nucleus accumbens schalenförmig?). Zwischen beiden findet man noch eine breite dunklere Zellenlage. Es reicht jetzt noch eine Strecke weit an der medialen Hemisphärenwand empor. Das Rhinencephalon ist erheblich verschmälert. Seine Fissura basirhinalis hat sich fast ausgeglichen. Der dunkle Theil der Commissura anterior erscheint im lateralen Abschnitt des Nucleus caudatus im Querschnitt, der helle Theil ist noch in einzelnen Bündeln in der Capsula externa sichtbar. Die Längs- bündel im ventralen Theil der inneren Kapsel sind grösstentheils verschwunden. Soviel ich sehe, sind sie zum kleineren Theil in die Commissura anterior übergegangen, zum grösseren Theil aber in die Bündel- querschnitte des Nucleus accumbens abgebogen. Links sieht man sehr schön, dass der Durchbruch der vorderen Commissur etwas oberhalb des Bodens des Vorderhorns stattfindet. Die innere Kapsel selbst lässt nur noch wenige Bündelquerschnitte erkennen. Diese Reduction ist dadurch zu Stande gekommen, dass erstens lateral von der lateralen Ventrikelrinne fortgesetzt Fasern in das infracorticale Marklager abgegeben werden, und dass zweitens zahlreiche Bündel — nicht nur die ventralsten — durch die Commissura anterior ventralwärts durchbrechen, um sich zum Nucleus accumbens bezw. zu dessen Bündelquerschnitten zu wenden. ı) Diese Ueberschriften bezwecken selbstverständlich keine scharfe Eintheilung, sondern nur eine Erleichterung der Orientirung im Text. 2) Es ist hier zum Theil mit GAnsEr’s Rinde am Kopf des Streifenhügels bei dem Maulwurf identisch. 189 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 721 Schwer zu deuten sind die kurz abgeschnittenen dunklen Faserbündel, welche man in der Capsula externa neben den blassen Bündeln der Commissura anterior findet. Aus der Durchmusterung der Zwischen- schnitte glaube ich schliessen zu können, dass es sich theils um Bündel der inneren Kapsel handelt, welche allmählich an die Aussenfläche des Putamens (entsprechend auch der fortgesetzten Verkleinerung des letzteren) gelangt sind, theils aber auch um Bündel aus der dunklen ventralen Faserung der Commissura anterior, welche die blasse dorsale Faserung überkreuzt haben. Die Medialfläche der Hemisphäre zerfällt in dorsoventraler Reihenfolge in 4 Abschnitte: r) den Palliumabschnitt oberhalb der Fissura hippocampi, welcher den gewöhnlichen Bau der Rinde des Palliums zeigt; er zeigt eine seichte längsverlaufende Delle; 2) den Rindenabschnitt unterhalb der Fissura hippocampi!), über den ich unten eingehender sprechen will; 3) einen nicht-corticalen Wandabschnitt, der ebenfalls eine besondere Besprechung erheischt und 4) den medialen Theil des Tuberculum olfactorium (siehe oben). Der sub 2 angeführte Rindenabschnitt unterhalb der Fissura hippocampi entwickelt sich ganz allmählich aus der Fascia dentata. Die Fascia dentata lag in der unteren Lippe der Fissura hippocampi. Noch auf Objectträger LXXIX zeigte sie die charakteristische winklige Knickung an ihren beiden Enden, d. h. einerseits in der Tiefe der Fissura hippocampi und andrerseits auf der Oberfläche der unteren Lippe der Fissura hippocampi dorsal von der Commissura superior. Allmählich gleichen sich auf den folgenden Schnitten diese winkligen Knickungen aus, d. h. die umgebogenen Schenkel gelangen allmählich in die Verlaufsrichtung des Haupt- stücks. Der laterale und zugleich obere Umbiegungschenkel stellt im Grunde der Fissura hippocampi ) die Continuität mit der Rinde oberhalb der Fissura hippocampi wieder her. Der mediale und zugleich untere Umbiegungsschenkel legt sich auf die graue Masse der Commissura superior, welche nach Bildung des medianen Spalts beiderseits übrig geblieben ist, und bekleidet sie mit Rinde. Da sich mit dieser Aus- einanderfaltung der Umbiegungsschenkel, wie sie sich rein topographisch bei Durchmusterung einer Schnitt- serie ergiebt, gewisse histologische Veränderungen verbinden, so ist es natürlich nicht zweckmässig, auch das entfaltete Gebiet schlechthin als Fascia dentata zu bezeichnen; daher habe ich sub 2 von der „Rinde unterhalb der Fissura hippocampi“ gesprochen. Der 3. Abschnitt ist als „nicht-corticaler Wandabschnitt“ bezeichnet worden, weil hier eine charakteristische mehrschichtige Zellenanordnung, wie sie in irgend einer Form die Rinde allenthalben, im Pallium sowohl wie im Rhinencephalon, charakterisirt, nicht nachweisbar ist. Er bildet die unmittelbare Fortsetzung der mehrfach erwähnten, in die Commissura superior eingelagerten grauen Substanz und geht ohne scharfe Grenze in die mediale Wand des Vorderhorns über. Der mediane Zwischenraum zwischen dem rechten und dem linken nicht-corticalen Wandabschnitt ist erheblich schmaler als der mediane Zwischen- raum zwischen dem rechten und dem linken unterhalb der Fissura hippocampi gelegenen Rindenabschnitt. Zahlreiche Bogenfasern (vergl. S. 719) ziehen theils aus der Substantia perforata anterior, theils aus dem Nucleus accumbens®) in den nicht-corticalen Wandabschnitt und steigen senkrecht in demselben auf. Viele kann man auf weite Strecken verfolgen. Ob sie nicht trotzdem wenigstens zum Theil von Ganglien- zellen dieses Wandabschnittes unterbrochen werden, muss ich dahingestellt sein lassen. Sobald sie an der 1) Die Bezeichnung Area praecommissuralis vermeide ich als zu unbestimmt. 2) Genau genommen etwas mehr im Bereich der ventralen Lippe. 3) Nach ZUCKERKANDL (Centralbl. f. Phys. 1898, No. 18) sollen einzelne dieser Fasern auch zum Corpus mamillare ziehen (Fasciculus mamillaris). Von der Anwesenheit solcher Fasern vermochte ich mich bei Pseudochirus nicht zu überzeugen. 722 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 190 Grenze des 2. und 3. Abschnittes angelangt sind, wenden sie sich in starken Bündeln dorsolateralwärts. Dabei bleiben sie fast ausnahmslos lateral von der Hauptzellschicht des Rindenabschnittes unterhalb der Fissura hippocampi. Schliesslich gelangen sie hier noch sämmtlich in den Alveus des gleichseitigen Ammonshorns. Auf der Grenze des 2. und 3. Abschnittes sieht man auch einzelne quergeschnittene Bündel. Es lässt sich mit völliger Sicherheit nachweisen, dass es sich um Reste des Fornix-Stria-Bündels handelt, welche nicht in der eben beschriebenen Weise in die Commissura superior übergegangen sind. Ob es sich vorwiegend um Fornixfasern oder vorwiegend Striafasern handelt, vermag ich bei Pseudochirus nicht sicher zu entscheiden. Ebenfalls gesellen sie sich weiterhin den besprochenen Bogenfasern bei, gelangen also auch grösstentheils in den Alveus des Ammonshorns. Sehr bemerkenswerth sind auch die dichten Faserzüge, welche man in der molecularen Schicht der unteren Lippe der Fissura hippocampi dorsolateralwärts ziehen sieht; sie sammeln sich weiterhin zu feinen Bündelchen in der oberen Lippe derselben Furche (nahe dem Grund der Furche, welchen sie umziehen). Im Dach des Seitenventrikels kann man 3 Hauptfaserzüge unterscheiden: ı) die Fasern der Capsula interna, welche im Allgemeinen dem Ventrikelraum am nächsten liegen, also die oberflächlichste Schicht des Ventrikeldaches bilden, 2) die mit ihnen sich durchflechtenden Fasern aus dem dorsalen (hellen) Abschnitt der Commissura anterior, und 3) in kurzen Schiefschnitten erscheinende Bündel, welche in ihrer Gesammtheit eine fast gerade Linie bilden, oberhalb der Züge I und 2; verfolgt man sie rückwärts, so lässt sich feststellen, dass sie grösstentheils aus den lateralsten Bündeln der inneren Kapsel stammen. Ueber der medialen Ecke des Oberhorns durchkreuzen sich diese 3 Faserzüge und erzeugen dadurch ein sehr zierliches Bild. Wenig andere Theile der Palliumrinde empfangen so reichliche radiäre Mark- fasern als das der medialen Ecke des Oberhorns entsprechende Rindengebiet an der medialen Mantelkante. Fig. 32 zeigt die Form des Ventrikelquerschnittes bereits wesentlich verändert. Auf der letzten Figur konnte man noch sehr deutlich die verschiedenen Wulstungen der Ventrikelwand unterscheiden, nämlich ı) den Ammonswulst an der medialen Wand des Oberhorns, 2) den Schweifkernwulst entsprechend der dorsalen Fläche des Nucleus caudatus. Der erstere war dorsal, der letztere lateral von einer viertel- cylindrischen!) Furche begrenzt. Ich bezeichne die beiden Furchen auch kurz als dorsale und laterale Ventrikelrinne. Der Boden des Vorderhorns kann dementsprechend als ventrale Ventrikelrinne bezeichnet werden. Das Ventrikeldach liegt schräg (ventro-lateral — dorso-medial) und zeigt entsprechend der Lichtung zwischen Nucleus caudatus und Ammonshorn einen seichten Vorsprung, den Dachwulst. Fig. 32 zeigt den Ammonswulst stark abgeflacht. Die Fissura hippocampi ist nicht mehr so tief und schneidet nicht mehr schief dorsolateralwärts, sondern fast senkrecht, also fast rein lateralwärts ein. Dementsprechend hat sich auch die Form der dorsalen Ventrikelrinne geändert: sie ist nicht mehr viertelcylindrisch und nicht mehr ventromedialwärts gerichtet, sondern rein dorsalwärts. Das Ventrikeldach hat sich steiler aufgerichtet. Der Dachwulst ist etwas stärker ausgeprägt, und während ihm auf Fig. 31 noch keine deutliche Furche der lateralen Convexität entsprach, hat sich seit den ersten Schnitten des Objectträgers LXXXIV eine solche eingestellt. Sie ist bei Pseudochirus in sehr ungleichem Maasse entwickelt. Oft ist sie kaum angedeutet. Daher habe ich sie bei der makroskopischen Beschreibung nicht erwähnt. Viel besser ist sie 1) Diese Bezeichnung ist gerechtfertigt, insofern die Furche im Querschnitt den Quadranten eines Cylindermantels dar- stellt; ihre eine Wand ist convex, die andere concav. IQI Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 723 bei den Macropodiden ausgebildet, auch bei Phascolarctus fehlt sie nicht. In dem makroskopischen Theil ist sie als 7 bezeichnet worden. Der Schweifkernwulst hat ein wenig an Höhe verloren. Die laterale Ventrikelrinne ist etwas seichter geworden. Die mediale Wand des Schweifkerns zeigt zwei in das Vorderhorn vorspringende niedrige Erhebungen, welchen zwei seichte Furchen in der gegenüberliegenden Vorderhornwand entsprechen. Ich will diese beiden Erhebungen als den dorsalen und ventralen Wand- wulst des Vorderhorns, die beiden Furchen als die dorsale und ventrale Wandfurche des Vorderhorns bezeichnen. Die dorsale Wandfurche (d‘) entspricht dem unteren Rand des Ammons- wulstes. Auf Fig. 31 ist sie bereits als Nische zwischen der vertical aufsteigenden medialen Vorderhornwand und der schräg dorsolateral ansteigenden unteren Fläche des Ammonswulstes zu erkennen. Auf Fig. 32 ist sie bereits erheblich ventralwärts gerückt und auch ventralwärts durch eine Erhebung begrenzt. Der dorsale Wandwulst (d) entspricht der dorso- medialen Ecke des Nucleus caudatus. Die dorsale Wandfurche bezeichnet sehr scharf die Stelle, wo die Ammonsrinde von der Ventrikeloberfläche, der sie mit ihrer innersten Schicht weiter oben ziemlich nahe liegt, abbiegt, indem sie sich medial- Bl wärts wendet und in das entfaltete Gebiet der Fascia dentata (siehe oben) übergeht. Im Bereich der dorsalen Wandfurche wenden sich auch die viel erwähnten Bogenfasern dem Alveus zu. — Der ventrale Wandwulst (») liegt ein wenig oberhalb der Durchbruchsgegend der Commissura anterior. x Durch die gegenüberliegende ventrale Wand- ) a | DH furche (w) wird sehr scharf die Linie markirt, bis zu welcher das Grau des Nucleus accumbens bezw. N 2 R "Frh des von dem letzteren hier nicht mehr abgrenzbaren Dr Nucleus caudatus sich auf die mediale Wand des Fig. 32 (LXXXV, 1). Eh Fiss. hippocampi, Frhl, Kirkm Vorderhorns hinüberschlägt (vergl. S. 720). Fissura rhinalis lateralis bezw. medialis, Na Nucleus accumbens, To Tuberculum olfactorium, 7ro Tractus olfactorius. Die ara- bischen Ziffern bezeichnen die S. 721 aufgezählten Abschnitte erkennt man oberhalb der Fissura hippocampi eine der medialen Hemisphärenwand; n siehe Text S. 723. Die ge- strichelte Linie giebt den Verlauf der Hauptzellenschicht wieder. Auf der medialen Hemisphärenwand seichte Mulde. Sie entspricht der Furche o oder rz. Die übrigen 3 Abschnitte der medialen Hemisphärenwand zeigen keine wesentliche Veränderung. Der 2. Abschnitt (Rindenabschnitt unterhalb der F. hippocampi) reicht jetzt noch weiter ventralwärts, der 3. Abschnitt ist relativ etwas verkürzt, der 4. (tuberculare) Abschnitt reicht höher dorsalwärts hinauf. Sehr deutlich sieht man, dass die Bogenfasern jetzt nicht mehr alle lateralwärts von der Hauptschicht der Rinde bleiben, sondern diese zum Theil durchbrechen und in die oberflächliche Rindenschicht der Unterlippe der Fissura hippocampi gelangen. Denselben Weg schlagen jetzt auch die letzten Bündel des Fornix-Stria- querschnittes ein. Im Bereich des Tuberculum olfactorium findet man zahlreiche Zellnester und kurz geschnittene Faserbündel, welche um und neben diesen Nestern entspringen. Auch sonst findet zwischen den peripherischen Abschnitten des Nucleus accumbens und dem Tuberculum olfactorium ein reger Faseraustausch statt. 724 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 192 Die Commissura anterior beginnt sich in mehrere Bündel zu zerlegen. Sie erscheint im Querschnitt. Die Verhältnisse der äusseren Kapsel bezw. der Reste der inneren Kapsel sind ziemlich unverändert. Bemerkenswerth ist das complicirte Marklager lateralwärts von der lateralen Ventrikelrinne. Namentlich findet man hier auch zahlreiche Fasern, welche aus der inneren Kapsel radiär in dem Rinden- bezirk unmittelbar oberhalb der Fissura rhinalis lateralis (also in die untere Längswindung des frontalen Palliums) ausstrahlen. Der grössere Theil der Fasern der inneren Kapsel zieht noch immer — zum Theil in weitem Bogen oder fast winklis ausholend — wie eben beschrieben in das Dach des Seitenventrikels. Es scheint übrigens, dass dem erwähnten Marklager auch graue Substanz in nicht kleinem Maasse eingelagert ist. Auf den ersten Schnitten des folgenden Objectträgers schrumpft der Nucleus caudatus rasch zusammen. Die entfaltete Rinde der Fascia dentata!) reicht immer weiter ventralwärts. Die Zahl der Bogenfasern hat stark zugenommen. Sie stammen theils aus dem Tuberculum olfactorium, theils namentlich aus dem Nucleus accumbens. Sie nehmen fast die volle Breite des 3., nichtcorticalen Abschnittes der medialen Hemisphärenwand ein. Weiterhin wenden sie sich grösstentheils lateral dem Alveus zu. Unterhalb des Querschnittes der Commissura anterior sammeln sich rasch starke Bündel, welche in kurzen Schief- schnitten erscheinen. Sıe stammen aus dem Nucleus accumbens und steigen schräg dorsomedialwärts auf. Schon die nächsten Schnitte lehren, dass sie in dichten Zügen das Bodengrau des Vorderhorns (also zum Theil auch den basalsten Theil des Nucleus caudatus) durchbrechen und sich den Bogenfasern bei- gesellen. Indem ferner der Streifenhügel niedriger und niedriger wird, wird die Seitenwand des Ventrikels mehr und mehr von dem dreieckigen Marklager gebildet, welches aus der äusseren und inneren Kapsel hervorgegangen ist (vergl. S. 724 oben). Das Ependym und die Gliahülle, welche das dreieckige Marklager bedeckt, nimmt nun rasch an Dicke zu und verschmilzt mit der gegenüberliegenden medialen Vorderhornwand. Der Ort der Verschmelzung liegt noch etwas oberhalb des oben geschilderten Dachwulstes. Fig. 33 zeigt diese Verhältnisse. Die Rinde unterhalb der Fissura hippocampi und das Tuberculum olfactorium sind nur noch durch einen sehr schmalen nichtcorticalen Wandabschnitt getrennt. Der Nucleus caudatus ist sehr klein. Von der medialen Seite des Ventrikels ist er schon ganz verschwunden. Der Querschnitt der Commissura anterior liegt ihm lateral an. Im Tuberculum olfactorium fällt die unregelmässige Fältelung, Schleifen- und Nesterbildung der Hauptschicht auf. Das Ventrikel zerfällt in 2 weitgetrennte Abschnitte. Die Bündel, welche man aus der Gegend der Commissura anterior unter dem ventralen Ventrikelabschnitt hinweg dorsomedialwärts ziehen sieht, stammen nicht etwa aus der Commissura anterior, sondern noch aus der inneren Kapsel und dem Gebiet des Nucleus accumbens. Auf Fig. 34 ist die Fissura hippocampi bereits so seicht geworden, dass man nur noch eine leichte Ausbiegung der Oberfläche und eine entsprechende Ausbiegung der Haupschicht der Rinde erkennen kann. Die Furche o (bezw. r) ist noch ziemlich tief. Aus den Zwischenschnitten kann ich noch nach- tragen, dass sie auf der linken Hemisphäre sich auf ihrem Grund gabelt und sonach den Zugang zu einem versteckten Rindengebiet bildet. Rechts ist von einer solchen Gabelung nichts zu bemerken. Die Fissura rhinalis medialis und lateralis sind ziemlich unverändert. Das Tuberculum olfactorium ist in raschem Schwinden begriffen. Seine Oberfläche zeigt mannigfache Kerben. I) Unter dem p. 721 gegebenen Vorbehalt. 193 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 725 Die Rinde in dem Grund der Fissura rhinalis medialis hat sich allmählich weiter medialwärts aus- gedehnt, so dass sie bereits über dem Tuberculum olfactorium (d. h. dorsal von seinen Resten) sich eingeschoben hat. Die mediale Wand der Hemisphären ist jetzt fast bis zur Basis von der gewöhnlichen Rindenformation des Palliums überzogen. Der dorsale Abschnitt des Ventrikels erscheint als ein kleines dreieckiges Lumen. Die mediale Wand springt entsprechend der Fissura hippocampi noch immer ein wenig vor. Ependym und Gliahülle sind stark verdickt und bereiten damit die Obliteration vor, welche in der That bereits nach 5 weiteren Schnitten eintritt. Der ventrolateralen Wand liegt das „dreieckige Marklager‘‘, der dorsolateralen Wand das Marklager des Dachs an. Beide Marklager sind stark reducirt. Die feinen Bündelquerschnitte in der medialen Wand sind die letzten Reste des Alveus. Noch immer ziehen vereinzelte Bogenfasern diesen Bündeln zu. Auch der ventrale Abschnitt des Ventrikels ist schon auf ein sehr enges Lumen reducirt. Der Nucleus caudatus ist völlig verschwunden. Statt seiner bildet der Querschnitt der Commissura anterior die ventrolaterale Ventrikelwand. Derselbe ist noch im Wesentlichen unverändert. Durch Glia- balken zerfällt er in Theilbündel. Oberhalb und unterhalb der Commissura anterior ziehen noch immer einige Bündel schräg dorsomedialwärts. Ihre Bedeutung dürfte auch hier noch die oben besprochene sein. Auf dem folgenden Objectträger (LXXXIII, 20 Schnitte) verschwindet zunächst das Tuber- ceulum olfactorium vollständig. Ferner wird das Endstück der Fissura rhinalis lateralis auf der Medialfläche sichtbar, wozu ich Fig. 73 des makroskopischen Theils zu vergleichen bitte. Die Fissura rhinalis medialis bildet ein breites Thal. Der Tractus olfactorius ist ihr noch immer ventral eingelagert, aber stark verbreitert. Dichte Faserzüge ziehen aus dem Tractusgebiet der basalen Oberfläche parallel medial- und lateralwärts. Auf dem 13. Schnitt desselben Objectträgers hat die Fissura rhinalis lateralis völlig durchgeschnitten. Jede Hemisphäre zerfällt damit in 2 getrennte Theile: einen dorsalen, in welchem ein Ventrikelraum sich nicht mehr findet und nur noch die Furche 7 angedeutet ist, und einen ventralen, der mit dem Lobus olfactorius identisch ist und noch ein Ventrikellumen enthält. Der Markbelag des Rhinencephalon erstreckt sich nur wenig weit auf die Dorsalfläche des Lobus olfactorius. Die Basalfläche zeigt nahe der Mittellinie eine seichte Furche. Sie entspricht der medialen Grenze des Tuberculum olfactorium. In ihrem Grund und in ihrer medialen Lippe finden sich oder fanden sich vielmehr die letzten Reste des nicht-corticalen 3. Abschnittes der medialen Hemisphärenwand. Ich bezeichne diese Furche kurz als die Ursprungsfurche der Cappa olfactoria; denn in ihrem Bereich haftet zuerst!) die Cappa olfactoria dem Lobus olfactorius an. Auf Fig. 35 hat sich der Belag der Cappa olfactoria bereits an der ganzen medialen Wand des Lobus olfactorius hinaufgezogen. Die „Ursprungsfurche“ ist etwas tiefer geworden, dagegen ist auf der Dorsalfläche eine Grenzfurche zwischen Cappa olfactoria und Lobus olfactorius kaum wahr- zunehmen. In der Cappa olfactoria unterscheidet mıan im Groben folgende Schichten: ı) die peripherische Schicht der Fila olfactoria, 2) die Schicht der Glomeruli, 3) das Stratum griseum mit den Mitralzellen, 4) das Stratum granulosum. 1) Zuerst, d. h. bei frontalwärts gerichteter Verfolgung der Schnittserie. Jenaische Denkschriften. VI 25 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 93 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 194 ST D o\ Eine ausführlichere Beschreibung der Schichtung der Cappa olfactoria wird unten gegeben werden. Aus dem Gebiet des Tractus olfactorius strömen zahlreiche Fasern in das Stratum granulosum und zwar namentlich in seinem lateralen Abschnitt ein. An das Stratum granulosum schliesst sich die mediale Rinde des Lobus olfactorius unmittelbar an. Im dorsalen Theil der Hemisphäre ist auch die Furche o fast ganz ausgeglichen. Sie liegt zum Schluss der medialen Mantelkante ziemlich nah. Auf den folgenden Schnitten umklammert die Cappa olfactoria mehr und mehr von der medialen Seite her den Lobus olfactorius. Die mediale Rinde des letzteren verschwindet sehr rasch, so dass das Ventrikellumen des Lobus olfactorius jetzt unmittelbar lateral neben das Stratum granulosum der Cappa olfactoria bezw. die in das letztere einströmenden Fasern des Tractusgebiets zu liegen kommt. Das Ventrikel- lumen zieht sich dabei in dorsoventraler Richtung in die Länge. In ganz analoger Weise zieht sich auch der Querschnitt des ihm lateral anliegenden Querschnittes der Commissura anterior mehr und mehr aus und zerfällt in immer zahlreichere und feinere Theilbündel. Der Bau der Cappa olfactoria bleibt dabei im Wesentlichen etwa derselbe. Nur an der dorsomedialen Ecke schiebt sich zwischen die typische Formation der Cappa olfactoria und die Rinde des Lobus olfactorius keilförmig ein Bezirk ein, der vielleicht dem von GuppEn bei dem Kaninchen beschriebenen Nebenbulbus entspricht.. Die Glomeruli sind vor allem in diesem Bezirk kleiner, die Mitralzellen sind nur schlecht ausgebildet, die Maschen des Stratum granulosum enger, rundlicher und faserärmer, während in dem Stratum moleculare die relativ grosse Anzahl grosser rundlicher Ganglienzellen auffällt. Das ganze Gebiet hebt sich durch lichtere Farbe ab. Sehr bald umgreift weiterhin die Cappa olfactoria in typischer, fast gleichmässiger Entwickelung den ganzen Lobus olfactorius. Die Rinde des letzteren verschwindet. Auch vom Nebenbulbus bleibt nichts übrig. Das Ergebniss dieser Entwickelung stellt Fig. 36 dar. Der Ventrikel stellt einen fast senkrechten Spalt dar. Der Gesammtumriss des Bulbus olfactorius kann als nierenförmig bezeichnet werden. Die laterale Fläche ist convex, die mediale leicht concav eingebogen. Der ventrale Theil ist etwas breiter, der dorsale etwas schmäler. Die einzelnen Schichten, wie ich sie im Folgenden genauer beschreiben werde, umgeben den Ventrikel ringähnlich. Ventromedial ist der Ring etwas stärker ausgeweitet. Dieser Aus- weitung entspricht auch eine leichte Ausweitung des Ventrikels. Die ı., peripherischste Schicht ist de Lage der Olfactoriusfäserchen. Sie ist an mehreren Stellen etwas lädirt. Ueber ihren feineren Bau geben WEIGERT-Präparate keinen weiteren Aufschluss. Die 2. Schicht ist das Stratum gelomerulosum. Sie besteht aus einer leicht undulirenden einzeiligen Zellreihe. Nur ausnahmsweise findet man hier und da zwei Glomeruli übereinander gelegen. Der Durchmesser der Glomeruli beträgt 60 : 160 u. Sehr deutlich sieht man oft ein Büschel feiner, heller, mark- loser Olfactoriusfäserchen zu einem Glomerulus herantreten. Im Ganzen heben sich die Glomeruli schwarz- braun auf hellem Grunde ab. Zwischen den Glomeruli finden sich noch zahlreiche kleinere Ganglienzellen; namentlich innen von den Glomeruli bilden dieselben eine dichte Lage. Sie sind identisch mit den „oberflächlichen Körnerzellen“, welche KÖLLIkER !) bei der Katze und dem Kaninchen beschrieben hat. Es folgt als dritte Schicht das sog. Stratum moleculare. Man findet hier erstens Körner- zellen, welche mit den tiefen und peripherischen zum Theil völlig übereinstimmen, zum Theil sie an Grösse 1) Gewebelehre, p. 709 u. Fig. 760. 195 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 727 übertreffen, und zweitens kleinere und grössere Pinsel- oder Mitralzellen. Diese letzteren sind sehr un- regelmässig vertheilt. Dazu kommen Nervenfasern, welche vorzugsweise einen radiären Verlauf zeigen. Als vierte und fünfte Schicht findet man 2 Zellreihen. Die innere (also die 5. Schicht) besteht aus dichtgedrängten hellen Körnerzellen, die einzeilig, zum Theil auch zweizeilig angeordnet sind. Von dem eigentlichen Stratum granulosum sind sie durch einen grösseren Zwischenraum getrennt. Die äussere Schicht enthält die dunklen Mitralzellen. Dieselben bilden keine continuirliche Reihe, sondern sind durch kleinere und grössere Lücken von einander getrennt. Sie stehen z.B. lange nicht so dicht wie bei dem Kaninchen. In der Form stimmen sie sonst ganz mit den Mitralzellen der Nager überein. In der folgenden 6. Schicht findet man im Wesentlichen nur Körnerzellen, aber in relativ spärlicher Zahl. Dadurch hebt sich diese Schicht doch auch schon bei schwachen Vergrösserungen sehr deutlich von der 7. Schicht, der eigentlichen Körnerschicht, dem Stratum granulosum ab. Dicke Markfaser- stränge durchziehen die 6. Schicht parallel der Oberfläche in geringem Abstand von einander. Sie erscheint daher erheblich dunkler als die eigentliche Körnerschicht!). Die Dicke dieser 6. Schicht beträgt ca. 170 u. Die 7. oder Körnerschicht ist im ventromedialen Quadranten am dicksten. Ihr Durchmesser beträgt hier auf dem abgebildeten Schnitt z. B. 950 u, während er in der Mitte der medialen Fläche bis auf 630 u sinkt. Sie zeigt dasselbe Maschenwerk, wie es auch bei anderen Mammaliern bekannt ist. Die ober- flächlichen Maschen sind langgestreckt und der Oberfläche parallel, die tieferen kleiner, rundlicher und unregelmässiger gestellt. Dementsprechend wird das Maschenwerk gegen das Innere zu enger, seine Balken werden dabei dicker. In den Maschenräumen liegen die bekannten Zellnester. Die oberflächlichen Nester bestehen meist aus I—3zeiligen Zellketten. In mancher Kette zählt man über 20 Elemente. Andere Ketten sind kürzer. Die tieferen rundlichen Zellnester umfassen durchschnittlich 6—8 Körnerzellen, die tiefsten zum Theil nur 1-3. Der Durchmesser der einzelnen Körnerzelle schwankt zwischen 6 und 14 u. Ueber die Natur der Körnerzellen bestehen bekanntlich noch lebhafte Controversen. Zur Entscheidung derselben vermag ich auf Grund meiner Pseudochirus-Schnitte nichts beizutragen. Während die seither beschriebenen Schichten in der lateralen und in der medialen Wand im Wesentlichen übereinstimmen, zeigen die tiefsten Schichten der lateralen Wand erhebliche Abweichungen von denjenigen der medialen Wand. Ich bespreche sie daher gesondert. Die 8. Schicht der medialen Wand enthält vor allem zahlreiche Schiefschnitte von Faserbündeln. Ventral sind die Bündel zahlreicher und stärker, dorsal werden sie feiner und spärlicher. Ihr Verlauf ist durchweg leicht schief aufsteigend. Zwischen den Bündeln erkennt man noch einzelne kleine Nester von Körnerzellen. Man könnte daher wohl auch sagen, dass diese 8. Schicht nichts anderes ist als die tiefste Lage der Körnerschicht, in welche die eben beschriebenen Bündel eingelagert sind. Durch Rückwärts- verfolgung der Zwischenschnitte kann man sich leicht überzeugen, dass diese Bündel aus dem Tractus olfactorius hervorgegangen sind. Man kann sie daher auch als Tractus olfactorius medialis (KÖLLIKER) bezeichnen und muss sich nur hüten, sie schlechthin mit der medialen Tractuswurzel des Menschen zu homologisiren. Allenthalben sieht man Fasern aus diesen Bündeln in die Körnerschicht abzweigen. Im Bereich des Nebenbulbus, also in distaleren Ebenen, sieht man an der dorsomedialen Ecke auch einzelne Fasern, hier und da auch ein kleineres Faserbündel in den Nebenbulbus übertreten. Auf die 8. Schicht folgt an der medialen Wand unmittelbar die subependymäre Gliaschicht und das Ependym. I) Wie es scheint, auch bei dem Kaninchen. Vergl. KÖLLIKER 1. c. Fig. 755: 25* ga 728 Das Centralnervensystem der Monotremen und Marsupialier. 196 Die 8. Schicht der lateralen Wand zeigt ebenfalls noch als Grundirung die Formation der Körnerschicht, wie sie oben für die tiefsten Lagen beschrieben worden ist. Wie in der medialen Wand sind auch hier Faserbündel eingelagert, jedoch sind die Bündel hier viel kürzer abgeschnitten und im Ganzen breiter. Ferner sind alle diese Bündelquerschnitte radiär um das Ventrikellumen angeordnet. Innerhalb des einzelnen Schnittes verlaufen die Fasern grösstentheils sehr deutlich von ventrolateral nach dorsomedhal. Die Verfolgung der vorausgegangenen Zwischenschnitte lehrt, dass auch diese Bündel aus dem Tractus olfactorius stammen. Man stellt fest, dass der letztere allmählich in zahlreiche Bündelquerschnitte zerfällt, dass um diese Tractusquerschnitte die Formation der Cappa olfactoria sich entwickelt, dass innerhalb dieser Formation die Tractusquerschnitte mehr und mehr sich gegen die Tiefe verschieben und so schliesslich in die soeben beschriebene, in der Figur 36 wiedergegebene Lage gelangen. Bei dieser Wanderung sieht man auch, dass sehr starke Bündel mehrfach sich im Bogen abzweigen und in den Nebenbulbus eindringen. Die Faserbündel der 8. Schicht der lateralen Wand kann man auch als Tractus olfactorius lateralis bezeichnen. Nach dem Verschwinden des Nebenbulbus ziehen sie sich auch noch über das dorsale Ende des Ventrikels hin. Am ventralen Ende des Ventrikels gehen sie ganz allmählich in die 8. Schicht der medialen Wand über. Man kann die 8. Schicht sowohl in der lateralen wie in der medialen Wand auch kurz als Tractus- schicht beziehen. Auf die soeben beschriebene 8. Schicht folgt in der lateralen Wand noch eine 9. Schicht, die Schicht der Commissura anterior. Sie besteht aus sehr zahlreichen, dichtgedrängten, in feinen Bündeln zusammengeordneten Schiefschnitten, deren Fasern direct aus der Commissura anterior stammen. Ganglienzellen finden sich in dieser Schicht fast garnicht. Dorsal reicht diese Schicht knapp bis zum dorsalen Ende des Ventrikels, ventral setzt sie sich unter rascher Verschmälerung über das ventrale Ende des Ventrikels nach oben bis auf die mediale Wand fort. Auf die Schicht der Commissura anterior folgt die subependymäre Gliaschicht und das Ependym. Die folgenden Schnitte desselben Objectträgers zeigen die rasch fortschreitende Obliteration des Ventrikels. Zugleich verschmilzt die 8. und 9. Schicht der lateralen Wand, indem sich die Faser- bündel der Commissura anterior mehr und mehr zwischen und in die Tractusbündel hineindrängen. Auf dem folgenden, letzten Objectträger nimmt diese vermischte 8. und 9. Schicht sehr rasch an Mächtigkeit ab. Dabei strahlen zahlreiche, aber sehr zerstreute Fasern allenthalben in die Körnerschicht aus. Die schwierige und noch lange nicht spruchreife Frage über das endgültige Schicksal sowohl dieser Commissurenfasern als auch dieser Tractusfasern wird auch hierdurch nicht aufgeklärt. Der Schädelbau der Monotremen. Dr. J. F. van Bemmelen im Haag (Holland). Mit Tafel XXX—XXXII und 6 Figuren im Text. Einleitung. Die Hoffnung, am Monotremenschädel Anklänge an den der Reptilien zu finden, führte mich im Frühjahr 1898 zu einer näheren Betrachtung des Ornithorhynchus-Craniums. Dabei wurde meine Aufmerksamkeit sofort gefesselt durch die merkwürdige Beschaffenheit des Jochbogens, der oberhalb der Gelenkfläche für den Unterkiefer eine weite Durchbohrung aufweist oder — wie man es auch ausdrücken kann — mit zwei Wurzeln, einer oberen und einer unteren, sich aus der Schläfenschuppe erhebt. Ein solcher von vorn nach rückwärts verlaufender Kanal musste mich natürlich an das einigermaassen ähnlich situirte Loch bei Sphenodon, das sich zwischen Quadratum und Quadratojugale befindet, erinnern. Ohne irgendwelche Mühe liess sich eine ähnliche Einrichtung bei Echidna nachweisen, nur dass der Kanal hier viel länger, aber dafür um so enger ist, während sich nahe seinem hinteren Ende ein noch engerer Gang abzweigt, der, nach vorn und oben ansteigend, innerhalb der Knochensubstanz des Parietale verläuft und wohl nichts weiter ist als einer der Blutgefässkanäle, die für die Schädelknochen der Echidna so bezeichnend sind. Viel mehr Mühe bereitete es mir, über diese so auffallenden und abweichenden Gebilde in der recenten Literatur irgendwelcher Bemerkung, und wäre es auch nur eine einfache Erwähnung ihres Vorkommens, auf die Spur zu kommen. Im Gegentheil stiess ich in C. GEGENBAUR’s damals eben erschienenem „Hand- buch der vergleichenden Anatomie der Vertebrata‘“‘ auf die Erklärung: „Für die äussere Gestaltung [des Schädels der Säugethiere] ergeben sich Anschlüsse an Amphibien, theilweise auch an Reptilien [Schild- kröten], indem nur eine Skeletspange und zwar infraorbital sich erstreckt. Wenn auch davon weitere Abzweigungen an der Oberfläche ausgehen, so geschieht dies nur durch secundäre Processe, und es geht daraus keine an das Spangenwerk der Rhynchocephalen oder andere Reptilien anschliessende Bildung hervor!). Da das Quadratum in andere Dienste trat, geht die Spange vom Squamosum aus (Jochbogen), und damit erscheint der letzte Rest der bei Fischen beginnenden seitlichen Kopfpanzerung.‘“ Bei älteren Autoren dagegen (CUVIER, MECKEL, Owen, Köstrın) fand sich die Kanalbildung zwischen Jochbogen und Schädelwand gebührend erwähnt und abgebildet, auch mit Befunden bei anderen Säuge- thieren und Vertretern der übrigen Wirbelthierklassen verglichen. (Betreffend der Einzelheiten vergleiche man unten den Abschnitt über das Squamosum.) Nichtsdestoweniger suchte ich in modernen Werken, wie GIEBEL’s Säugethieren, in Bronn’s Klassen und Ordnungen, oder FLOwER und Gapow’s Osteology of the Mammalia, vergebens nach irgend einer 1) Die Spatiirung rührt von mir her (Autor). 732 Der Schädelbau der Monotremen. 200 Erwähnung dieser merkwürdigen Jochbogenbildung, und ich wollte schon glauben, dass sie gänzlich der Aufmerksamkeit neuerer Autoren entgangen sei, als ich durch die Lectüre der OsBorn’schen Abhandlung: „The origin of the Mammalia“ erfuhr, dass Prof. H. G. SEELEY im Jahre 1896 eine vorläufige Mittheilung veröffentlicht habe: „On the complete skeleton of an anomodont Reptile, Aristodesmus rütimeyeri WIEDERSHEIM, from the Bunter Sandstone of Reyhen near Basel, giving new evidence of the relation of the Anomodontia to the Monotremata‘“, in welcher es am Ende heisst: „The author argues that the points of structure are so few in which Monotreme mammals make a closer approximation to the higher mammals than is seen in this fossil and other Anomodontia that the Monotreme resemblances to fossil Reptiles become increased in importance. He believes that a group Theropsida might be made to include Monotremata and Anomodontia, the principal differences (other than those of the skull) being that Monotremes preserve the Marsupial bones, the atlas vertebra, and certain cranial sutures. Ornithorhynchus shows prefrontal and postfrontal bones, and has the malar arch formed asin Anomodonts“!). Weil die ausführliche Arbeit dieses Forschers 1898 noch nicht erschienen war (sie wurde erst 1900 im Quart. Journal of the Geological Society veröffentlicht) hielt ich mich für berechtigt, auf dem Internationalen Congress für Zoologie, der in jenem Jahre in Cambridge abgehalten wurde, die Aufmerksamkeit nochmals auf die merkwürdige Beschaffenheit des Jochbogens der Monotremen zu lenken. Dasselbe geschah zum zweiten Male durch Prof. SEELEY bei der von ihm eingeleiteten. Discussion über den Ursprung der Säugethiere in der dritten Generalversammlung des Congresses. Derselbe sagte (Proc. p. 69): „Ihe back of the skull shows a foramen above the articulation for the lower jaw in Ornitho- rhynchus, which is situated in the same position as the foramen which cuts into the quadrate bone in Diceynodonts, in Hatteria and other animals. Thus the articulation with the lower jaw is made in the same way in both, and presumably by the quadrate bone. Owen did not recognise the quadrate bone in Ormithorhynchus only because he believed that bone to be the tympanic. He figured a skull, which shows many distinct sutures, some of which are reptilian divisions of the skull. One skull in the R. College of Surgeons’ Museum shows prefrontal and postfrontal bones, and indication of separation of the bone, in the place of the supra-temporal, which is external to the quadrate bone. These bones, hitherto characteristic of Reptiles, are thus common to Monotreımes and Anomodonts and comparable.‘ Unterdessen war ich bei dem Versuche, die Grenzen und Namen der einzelnen Knochen am Monotremen-Schädel zu bestimmen, alsbald zu der Erkenntniss gelangt, dass sowohl über ihre gegenseitige Lage wie über ihre Deutung noch immer eine bedeutende Divergenz der Ansichten bestehe, und es sowohl an guten Abbildungen wie an einer zusammenfassenden Beschreibung noch sehr Noth thue. Dieser Ueber- zeugeung gab ich im Referat meiner Mittheilung auf dem Cambridger Congress Ausdruck, und sie war es, die mich zu der Veröffentlichung der nachfolgenden Arbeit veranlasste. Was besonders die bestehenden Abbildungen betrifft, so kann ich mich in der Hauptsache mit BRÜHL einverstanden erklären, wenn er in seiner „Zootomie aller Thierklassen, für Lernende nach Autopsien skizzirt“ (1877) zu den fünf Tafeln über das Monotremenskelet sagt: „Wenn irgendwo das gilt, was ich in der Einleitung zu diesem Atlas von „erbgesessenen ikono- graphischen Hausgöttern“ sagte, so ist dies bei den Monotremenskeleten der Fall. Für das eine Monotremen- Genus Ornithorhynchus beherrscht die 1826 erschienene, mit Recht berühmte Monographie MECcKEL’s: Ornithorhynchi paradoxi descriptio anatomica, fol., den ganzen Bildermarkt sämmtlicher Compendien bis heut zu Tage. Selbst OwEn, dem doch die so reiche Sammlung des Londoner College of Surgeons ı) Die Spatiirung rührt von mir her (Autor). 20I Der Schädelbau der Monotremen. 733 bei Abfassung seiner vortrefflichen Abhandlung über die Monotremen, in Topp’s Cyclopaedia of anatomy etc. Vol. VII, 1835, p. 336—407 zu Gebote stand, hat als Hauptfigur für Ornithorhynchus MECKEL’s Gesammt- darstellung von dessen Skelet (in der citirten Monographie), verkleinert und nicht zu correct, 1. c. pP: 372 wiedergegeben; er hat dasselbe auch 30 Jahre später, 1866 in der guten Uebersicht des Monotremenskelets n seiner „Anatomy of Vertebrates“, Vol. II, p. 315 u. f. gethan. — Für das zweite Monotremen-Genus Hchidna lieferte gleichfalls eine in den 20er Jahren (1825) erschienene bildliche Darstellung von D’Artonx (in PANDER und p’ALToN, „Die Skelete der zahnlosen Thiere“) die hauptsächlich stehende Bilderschablone. Nur für die Köpfe beider Genera und für Details der Echidna-Extremitäten hat Owen in der citirten Abhandlung in Topp’s Cyclop. 1835 mehrere lehrreiche Originalfiguren gegeben, die er 1866 in dem citirten Lehrbuche der vergleichenden Anatomie ohne alle Veränderung oder neue Dazuthat wieder abdruckt (Anatomy of Vertebrates Vol. II, p. 312ff.), daneben noch, wie schon 1835 einige Figuren von CuVvIEr (aus dessen „Ossemens fossiles‘“) über die Extremitäten benützend. — Eine im-Allgemeinen gute, wenn auch im Einzelnen nicht zu getreue Profildarstellung des gesammten Ornithorhynchus-Skelets in dem lange nach Cuvıer’s Tode veröffentlichten „Planches de myologie des Mammiferes“ dieses Autors, Taf. 264, scheint, wie das ganze eben citirte Werk wenig oder gar nicht bekannt geworden zu sein. — Die in jüngster Zeit (1374) in Deutschland erschienenen winzigen, sehr oberflächlich gehaltenen und aller Bezeichnung völlig ermangelnden Abbildungen der Monotremenköpfe in GIEBEL’s Fortsetzung von Bronn’s Thierklassen (Säuger, Taf. XXIX, Fig. 7, 7b, Echidna, und Taf. XXX, Fig. 2—2c, Ornithorhynchus), die sich auch als „Originalfiguren“ präsentiren, mögen eben nur dieser Passnote wegen hier erwähnt sein; sie sind zu nichts zu gebrauchen, am wenigsten zur Einsicht für die Lernenden in die absonderlichen Verhältnisse dieser Köpfe. — Von mehreren interessanten Details des Monotremenskelets, besonders an Wirbeln, Extremitäten u. s. w. kenne ich endlich gar keine bildliche Darstellung, selbst nicht in der einige gute Originalfiguren bringenden und trotz ihrer Knappheit ausgezeichneten Darstellung des Monotremenskelets von FLOWER, in dessen Jedermann dringend zu empfehlendem Buche ‚An Introduction to the osteology of the Mammalia, 1870)“. Dieses Citat unterrichtet uns über einige der wichtigeren Abbildungen und Beschreibungen der Monotremenschädel bis zum Jahre 1875, jedoch nicht über sämmtliche und gerade nicht über die besten. So finden sich in dem Werke von O. KöstLin: „Der Bau des knöchernen Kopfes in den vier Klassen der Wirbelthiere, 1844“, auf Tafel IV Abbildungen von Echidna- und Ornithorhynchus-Schädeln, nebst Detail- fisuren. Besonders die Unteransicht des Echidna-Craniums ist sehr naturgetreu und übersichtlich, die Nähte sind beinahe alle richtig angegeben, und auch die Deutung der Knochen scheint mir in der Hauptsache der Wahrheit zu entsprechen. Weniger leicht zu verstehen sind die beiden Figuren des Ornithorhynchus-Schädels, weil an denselben die Knochen des Schädelbodens und des Jochbogens fehlen. Sie stellen die rechte obere Hälfte des Schädels vor, in der Aussen- und Innenansicht, und sind besonders deshalb bemerkenswerth, weil an diesem Schädelfragment sämmtliche Nähte der Orbita angegeben sind, welche bei Ornithorhynchus noch schwieriger aufzufinden sind als bei Echidna. Wer sich überzeugen will, wie weit die Ansichten über die Knochengrenzen und -Nomenclatur auseinandergehen, und wie gross die dadurch verursachte Verwirrung ist, braucht nur die von den verschiedenen Autoren für die Orbita gegebenen Figuren neben einander zu stellen, wie dies auf S. 211 [743] dieser Abhandlung geschehen ist. Auch von einer anderen verdienstvollen bildlichen Darstellung des Monotremenschädels scheint BRÜHL keine Kenntniss gehabt zu haben, was ihm freilich nicht zu verdenken ist, denn sie findet sich versteckt als einzige Tafel in einer Doctordissertation von JOANNES WAGNER, die den Titel führt: De partibus Mammalium 1) Neu herausgegeben unter Mitwirkung von Dr. H. Gapow 1835. Jenaische Denkschriften. VI. 26 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 94 734 Der Schädelbau der Monotremen. 202 os temporum constituentibus, Dorpat 1858. Diese Figuren, die den Schädel von Echidna und von Ornitho- hynchus in Seiten- und Unteransicht vorstellen, gehören zu den besten mir bekannten und werden in den nachfolgenden Zeilen noch mehrmals erwähnt werden. Eine besondere Erwähnung verdienen noch die zwei anspruchslosen und wohl wenig berücksichtigten Figuren des hinteren Theiles eines Echidna-Schädels in A. J. VROLIR’s sonst wohlbekannter Doctordissertation „Studien über die Verknöcherung und die Schädelknochen der Teleostii, 1872“. Es sind nämlich darin die Knochengrenzen theilweise deutlich angegeben, und unter anderem ist am Schädelboden in der Ansicht von innen (Fig. 54) die Intercalirung des Palatinums zwischen Basi- und Alisphenoid richtig abgebildet, während dagegen das daneben ebenfalls an die Innenfläche tretende Pterygoid nicht von den umliegenden Knochen abgegrenzt ist. Allerdings hat VRoLık diese Theile nicht mit Namen versehen und also das Eigen- thümliche in dieser aussergewöhnlichen Knochenlagerung wohl nicht gewürdigt. BRÜHL selbst giebt auf den fünf Tafeln, die er dem Skeletbau der Monotremata widmet, die Schädel in den vier Ansichten, ohne indessen die Suturen mit solcher Bestimmtheit anzugeben wie KöstLın, und auch in seiner Deutung der verschiedenen Knochen und Leisten herrscht vielfach Unsicherheit und Unklarheit. Im nächsten Jahre (1878) erschien die erste Lieferung von Text und Atlas einer „Osteographie des Monotremes vivants et fossiles“ von PauL GERVAIs. Sie enthält Beschreibung und Abbildungen von Proechidna bruynii, nicht nur vom Skelet, sondern auch von der äusseren Form. Der Schädel ist in drei Ansichten sehr schön dargestellt, aber ohne irgendwelche Bezeichnung der einzelnen Knochen oder der Löcher, und ohne eine Spur von Suturen. Die weiteren angekündigten Lieferungen (2 und 3) sind bis jetzt nicht erschienen, ebensowenig wie die ersten 5 Tafeln: der Atlas fängt nämlich mit Tafel VI an. Zehn Jahre später gab Prof. Max WEBER abermals einige Figuren von Proechidna-Schädeln in seinem Aufsatze: „Over een nieuwe soort van Proechidna‘“, in „Bijdragen tot de Dierkunde, uitgegeven door het Kon. Zoöl. Genootsch. Natura Artis Magistra te Amsterdam, Feestnummer 1888“ Sie sind angefertigt nach zwei Specimina: eins von Proechidna bruynii aus dem Leydener Museum, und eins von einer vermuthlich neuen Species aus dem Museum des Amsterdamer Zoologischen Gartens. Beide haben auch mir bei meinen Untersuchungen zu Gebote gestanden. Ebensowenig wie GERVAIS hat MAx WEBER eine Deutung der einzelnen Knochen und Löcher gegeben. Die Darstellung der Ventralansicht eines jungen, mit erkennbaren Nähten versehenen Echidna- Schädels in der jüngsten Auflage (1885) -von FLOwEr’s und GAapow’s „Osteology of Mammals‘“ hat zwar grosse Verdienste, aber daneben doch auch erhebliche Mängel. Diese sind durch die Uebertragung in andere Werke (wie dies gewöhnlich der Fall ist) noch verschlimmert, so zeigt die Originalfigur innerhalb des rechten Jochbogens einige verirrte Schattenstriche, die den falschen Schein erwecken, dass neben dieser Knochenspange sich noch andere Skelettheile befänden, statt, wie es wirklich der Fall ist, des leeren Raumes der Orbitotemporalhöhle. Beim Copiren für GEGENBAUR’s vergleichende Anatomie der Wirbelthiere (1898) ist diese unrichtige Schattirung noch erheblich verstärkt geworden. Während der Bearbeitung der nachfolgenden Abhandlung sind noch zwei Artikel erschienen, in denen von Monotremenschädeln die Rede ist, und Abbildungen derselben gegeben werden, die in diesem Verbande erwähnt werden müssen. Es sind dies erstens die oben erwähnte Arbeit von Prof. SEELEY über das Anomodonten-Fossil Aristodesmus rulimeyeri \WIEDERSHEIM, deren Resultate schon 1896 veröffentlicht waren. Sie enthält eine Abbildung der Orbitalgegend bei Ornithorhynchus, die von allen anderen bedeutend abweicht, aber sich leider nicht durch Klarheit auszeichnet. Die Figur ist angefertigt nach einem jugend- lichen männlichen Exemplare aus dem Museum des Royal College of Surgeons, Physiol. Abth. No. 323 C. BZ = ae - ee En Aa 7 =. 203 Der Schädelbau der Monotremen. 735 Leider ist es mir nicht vergönnt gewesen, dieses wichtige Object zur Ansicht zu bekommen, so dass ich die grossen Unterschiede, welche dasselbe von allen mir bekannten Specimina zu zeigen scheint, nicht durch Autopsie habe controliren können. Die zweite der erwähnten Arbeiten ist von der Hand des Herrn Prof. V. Sıxra und trägt die Aufschrift: „Der Monotremen- und Reptilienschädel, eine vergleichend-osteologische Untersuchung.“ Sie findet sich in der Zeitschrift für Morphologie und Anthropologie, Bd. II, Heft 2, 1900, während eine vor- läufige Mittheilung mit einigen Figuren in No. 613 des Zoologischen Anzeigers, Bd. XXIII, 1900, erschienen ist. SıxTa beschränkt sich in seiner Vergleichung mit Reptilien hauptsächlich auf die Eidechsen und meint, darin „den einzigen Schlüssel zum Verständnisse dieser Verhältnisse“ (bei den Monotremen) „zu finden“, weil „die Knochen der beiden Monotremenschädel ..... frühzeitig ohne Nähte so zusammenwachsen, dass man die Umrisse und Ausdehnung einzelner Knochen schwer andeuten kann“. In Uebereinstimmung mit dieser Ansicht zeichnet SıxTa an den Schädeln von Ornithorhynchus und Echidna nur die am längsten fortbestehenden Nähte und deutet die übrigen Knochenpartien durch Vergleichung mit Eidechsenschädeln. Mit welchem Erfolge, habe ich in einem Artikel im Zoologischen Anzeiger, No. 622, August 1900, „Ueber den Schädel der Monotremen“, darzulegen versucht, und wird in den nachfolgenden Seiten noch des Näheren erörtert werden. Bevor ich zu der Beschreibung der einzelnen Schädelknochen schreite, sei hier gleich am Anfang erwähnt, dass meine Untersuchungen im Gegensatz zu den Schlussfolgerungen SEELEy’s und Sıxra’s, und auch gegen meine ursprünglichen Erwartungen, mich dazu geführt haben, den Monotremenschädel als vollständig säugethierähnlich zu betrachten, und nur deshalb mit Reptilien einige übereinstimmende Merkmale besitzend, weil an demselben mehrere primitive Zustände bewahrt geblieben sind. Daneben sind ganz excessive Specialisirungen ausgebildet, wohl vornehmlich als Anpassungen an die Lebensweise. Dieser Schluss macht es natürlich nothwendig, auf den Monotremenschädel die Säugethiernomenclatur unverändert anzuwenden. Bei meinen Untersuchungen stand mir folgendes Material zu Gebote: A. Ornithorhynchus. $ a) Pullusschädel von 3,9 cm Länge (Prof. W. N. PARKER, Cardiff) [Taf. XXX, Fig. 4, 5, 0]. b) Querschnittserie durch einen derartigen (Prof. W. N. PARKER, Cardiff). c) Junger Schädel (8,5 cm), etwas defect, von mir der Länge nach durchgesägt (Taf. XXX, Fig. I,2, 3; Taf. XXXII, Fig. 4). d) Ausgewachsener Schädel, etwas defect, von mir soweit möglich in seine Componenten zerlegt. e) Ausgewachsener Schädel (9,6 cm), etwas defect, aus dem Anatomischen Institut zu Jena (Taf. XXXII, Fig. 5). f) Schädelfragment (Boden) mit Weichtheilen aus Prof. R. SEMON’S Material. g) Desgleichen. E h) Schädel (8,5 cm) aus dem Königl. Naturaliencabinet in Stuttgart. i) Schädel (9,7 cm) aus dem Zoologischen Institut der Universität München. B. Echidna (zu welcher Varietät gehörig, mir unbekannt). a) Beuteljungenschädel (3,9 cm) mit Weichtheilen (Prof. C. EmERY, Bologna) [Taf. XXX], Fig. 4, 5, 6]. b) Junger Schädel (9,35 cm) aus dem Museum der Königl. Zoologischen Gesellschaft Natura Artis Magistra in Amsterdam (Taf. XXXI, Fig. I, 2, 3). c) Schädelfragment, ebendaher, von mir in seine einzelnen Componenten zerlegt. 26* 94* 736 Der Schädelbau der Monotremen. 204 d) Schädel, defect, = 10,4 cm, mit sämmtlichen Nähten. e) Schädel (10,2 cm) aus dem Zoologischen Institut der Universität Cambridge (England). f) Schädel (I0o,7 cm) ebendaher. g) Schädel (10,25 cm) aus dem Material des Herrn Prof. R. SEmon. h) Schädel (£ 10,4 cm) etwas defect, ebendaher. C. Proechidna. a) Schädel (jugendlich, 17,5 cm) aus dem Zoologischen Reichsmuseum in Leyden. b) Schädel (ausgewachsen, 19,6 cm) aus dem Museum des Königl. Zoologischen Gartens N. A. M. in Amsterdam. , c) Schädelfragment (alt) vermuthlich einer anderen Varietät angehörig, ebendaher, [a und c sind abgebildet in Max WEBER’s Abhandlung. Ausserdem hatte ich Gelegenheit, das Material an Ornithorkhynchus-Schädeln des Zoologischen Museums der Universität Cambridge (England) und des Nat. Hist. Museums in London während einiger Tage zu studiren; desgleichen untersuchte ich die Monotremenschädel des Leydener Reichsmuseums und des Groninger Universitätsmuseums. Bei meiner Arbeit habe ich von den verschiedensten Seiten bereitwillige Unterstützung und Hülfe genossen. Ich muss mich darauf beschränken, die Namen derjenigen Fachgenossen zu nennen, die mich dadurch zu aufrichtigem Danke verpflichtet haben, es sind die Herren: Prof. H. ]. van Ankum in Groningen, Dr. A. DEnkER in Hagen i. W., Dr. F. DoFLEıin in München, Prof. C. EMERY in Bologna, Dr. R. ESCHWEILER in Bonn, Dr. J. E. EvErTs in Haag, Prof. E. Fraas in Stuttgart, Prof. M. FÜRBRINGER in Heidelberg, Dr. H. Gapow in Cambridge (England), Prof. E. GaupPp in Freiburg i. B., Prof. F. HOCHSTETTER in Innsbruck, Prof. A. A. W. HUBRECHT in Utrecht, Dr. F. A. JEnTınk in Leyden, Dr. C. KERBERT in Amsterdam, Prof. W. N. PARKER in Cardiff, Prof. H. G. SEELEY in London, Prof. R. Semon in München, Prof. C. P. SLUITER in Amsterdam, Dr. M. R. Orpr. Tuomas in London, Prof. M. WEBER in Amsterdam, Prof. J. T. Wırson in Sidney. 205 Der Schädelbau der Monotremen. SI [9%) SI Beschreibung der einzelnen Schädelknochen. Oceipitale basilare. Echidna und Proechidna. Breite, sechsseitige Knochenplatte, deren Hinterseite tief kreisförmig eingeschnitten ist durch den Unterrand des Hinterhauptloches. Die hinteren Seitenränder sind gerade und divergiren nach vorn; sie stossen an die Occipitalia lateralia. Die vorderen Seitenränder sind etwas concav und grenzen an den Innenrand der Petrosa, mit Ausnahme ihres vorderen Endes, das, schräg abgestutzt, beiträgt zur Bildung einer kleinen Lücke in der Schädelwand, lateral und rückwärts vom Carotisloche. Wie die Vergleichung mit dem Beuteljungenschädel ergiebt, ist diese Lücke nichts weiter als eine unverknöcherte Stelle der Schädelwand. Dadurch erklärt sich auch ihr gänzliches Fehlen bei älteren Exemplaren von Echidna und Proechidna. Sie darf als Foramen lacerum anterius bezeichnet werden. Dieses abgestutzte Vorderende des vorderen Seitenrandes liegt nicht mehr im Bereiche des Petrosums, sondern dem dorsalen Rande eines hinteren Flügelfortsatzes des Basisphenoids gegenüber. Der ventrale Rand dieses Fortsatzes stösst an das Pterygoid, und zwar an den caudalen Theil des dorsalen Innenrandes dieses Knochens. Das Pterygoid läuft rückwärts in einen stumpfen Fortsatz aus, der zwischen Petrosum und Flügelfortsatz des Basisphenoids den Seitenrand des Basioccipitale noch gerade berührt. Die ventrale Fläche des Basioccipitale ist etwas concav, infolge der Verdickung seiner vorderen Seitenränder und seines Hinterrandes. Letzterer hat durch seitliche Anschwellungen Antheil an die Bildung der Condyli. H. F. OsBorn (1900) hat von B. A. BENSLEy untersuchen und abbilden lassen, wie gross dieser Antheil ist: das Ergebniss war, dass die Knorpelbekleidung auf dem Hinterrande des Basioccipitale abwechselnde Mächtigkeit besitzt und entweder die lateralen Condyli mit einander verbindet oder in der Mitte unterbrochen ist. Er sieht darin eine Uebereinstimmung mit demjenigen Typus des occipitalen Condylus bei Reptilien (z. B. Cynognathus), der nach ihm den Uebergang des tripartiten monocondylischen Zustandes zum typischen dicondylischen bilde. Man vergleiche auch FÜRBRINGER (I900) p. 50 und FISCHER (IgoIa). Ueber die Ventralfläche des Knochens läuft eine Quergrube, die nahe der Mitte der vorderen Seiten- ränder sich in den Knochen einbohrt. Die Grube liegt gerade in der Verbindungslinie der hinteren wall- artigen Erhebungen der Petrosa. Ornithorhynchus. Die ursprüngliche Form der Basioccipitalplatte ist dieselbe sechsseitige wie bei Echidna, aber infolge der starken Entwickelung der Schädellöcher ist sie erheblich modificirt. So werden die hinteren Seiten- ränder kreisförmig eingeschnitten durch jene grossen runden Löcher der Schädelbasis, welche gewöhnlich Foramina praecondyloidea, auch wohl Lacera posteriora genannt werden, aber wohl am besten, nach FÜRBRINGER’s Vorschlag, als Fenestrae occipitales zu bezeichnen wären (siehe unten). Die vorderen Seitenränder grenzen nur in ihrer hinteren Hälfte an andere Knochen, nämlich an die Petrosa, in ihrer vorderen dagegen sind sie bei jüngeren Thieren frei, weil hier ein Theil der Schädelbasis lange unverknöchert bleibt. Es entsprechen diese Stellen den oben beschriebenen Lücken bei Echidna, also den Foramina lacera anteriora. 738 Der Schädelbau der Monotremen. 206 Infolge dieser Löcher ist der ganze Knochen proportional schmäler als bei Hchidna. Auf der Mitte seines Längsdurchmessers, jederseits der Mittellinie finden sich zwei untiefe Gruben. Der schmale Vorderrand stösst an das ebenso schmale Hinterende des Basisphenoids, das bis zu dieser Grenze vom Hinterende aes Vomers begleitet wird. Oceipitalia lateralia. Echidna und Proechidna. Ansehnliche Knochenplatten, deren Gestalt unregelmässig vierseitig genannt werden darf, wenn man den hin und her gebogenen Seitenrand des Foramen magnum als Medianseite auffast. Die untere (ventrale) und kürzeste Seite grenzt an das Basioccipitale, die äussere (laterale) in ihrem kleineren ventralen Theile ans Petrosum, in ihrem grösseren dorsalen an den Hinterrand des Mastoideum, die obere (dorsale) an das Supraoceipitale. Die. beiderseitigen Knochen berühren sich dorsal vom Hinter- hauptloche nicht, weil die für Monotremen bezeichnende dorsale Ausbuchtung dieses Loches sie von einander trennt. An ihrer ventralen Medianseite sind die Knochen angeschwollen zur Bildung des grösseren dorso- lateralen Theiles der Condyli. Vor diesen Gelenkköpfen kann der ventrale Theil der Knochen (der an das Petrosum stösst) in grösserem oder geringerem Maasse durchbrochen sein. Doch ist dies bei den sechs mir vorliegenden Schädeln von Echidna und drei von Proechidna nur an je einem der Fall, und .auch bei diesen beiden rechts in viel höherem Maasse als links. Beide Exemplare gehörten unzweifelhaft jugendlichen. Thieren an, wie aus der Anwesenheit der Nähte hervorgeht, jedoch fehlen die Löcher an meinem ebenso jugendlichen Exemplar b. Von den mir bekannten Abbildungen zeigen nur drei Figuren in BRÜHL’s Zootomie diese Löcher, nämlich Fig. 2 auf Tafel XIV und Fig. 12 auf Tafel XVI und XVII. In der ersteren sind sie als Foramen hypoglossi seu praecondyloideum, in der zweiten und dritten nur als Foramen praecondy- loideum gedeutet, ihr gänzliches Verschwinden scheint BRÜHL nicht beobachtet zu haben. Dass wir es hier nur mit spät verknöchernden Stellen der Schädelwand zu thun haben, geht übrigens auch daraus hervor, dass am Beuteljungenschädel diese Stellen noch gänzlich vom Knorpel des Primordial- craniums verschlossen werden. BrüHr’s Bezeichnungen sind also unrichtig, es müssen diese Lücken als Fenestrae occipitales bezeichnet werden, was unten, bei der Besprechung der gleichnamigen Schädellöcher von Ornithorhynchus des Näheren betont werden wird (vergl. den Abschnitt über das Petrosum). Von einem Processus paramastoideus ist weder bei Echidna noch bei Proechidna eine Spur zu entdecken. Auf der Innenseite des Knochens findet sich eine starke, beinahe verticale Crista, die vom Occipitale superius herabsteigt, wo sie an der Medianlinie von der Sagittalcrista entspringt. Sie geht lateral von der Fenestra occipitalis bis an die Naht mit dem Mastoideum und noch eine kleine Strecke auf diesem weiter. Sie darf als Crista tentorii bezeichnet werden. Ornithorhynchus. Für die Occipitalia lateralia ist es mir nicht gelungen, die Grenzlinien überall wahrzunehmen, doch glaube ich bestimmt, dass die in meinen Figuren angegebene Lage die richtige sei. Nach der Seite von Basi- und Supraoccipitale sind die Nähte an jungen Schädeln deutlich sichtbar an denselben Stellen wie bei 207 Der Schädelbau der Monotremen. 739 Echidna, nach Petrosum und Mastoideum dagegen verschwinden sie früher. Meines Erachtens würde man fehlgehen, wenn man auch diese letzteren Grenzen als mit Echidna in Lage übereinstimmend annähme. Nach meinen Beobachtungen an jungen Schädeln, besonders an No. 735a des British Museum, ist das Occeipitale laterale des Ormithorhynchus verhältnissmässig schmäler als bei Echidna, und verläuft seine laterale Grenze von der äusseren Ecke der Fenestra occipitalis am Vorderrande des Condylus entlang: aufwärts, schwingt sich um die dorsale Spitze des Condylus herum medianwärts und steigt dann wieder durch die tiefe Grube für den Musculus rectus posticus major bis zur Naht des Occipitale superius auf. Im Inneren der Schädelhöhle steigt die Naht zwischen Occipitale laterale und Petrosum von der lateralen Ecke der Fenestra occipitalis seitwärts auf, am hinteren Rande des durchbrochenen Complexes der halbkreisförmigen Kanäle. Auf den Gipfel dieses Complexes trifft das untere Ende der Tentorialcrista, die hier ebenso wie bei Echidna von dem Hinterende der knöchernen Falx cerebri schief abwärts verläuft. Die Naht des Occipitale laterale steigt schief heran bis auf diese Crista, folgt ihr eine Strecke und beugt sich dann medianwärts, um an dem Seitenrand der dorsalen Ausbuchtung des Foramen magnum zu enden. An mehreren jugendlichen Schädeln habe ich mich überzeugen können, dass der Gipfel dieser Ausbuchtung vom Occipitale superius umgeben wird, dass also die Occipitalia lateralia nicht in der Mittellinie an einander stossen. Daraus geht hervor, dass die Figur Owen’s in Topp’s Cyclopaedia in dieser Hinsicht fehlerhaft sein muss; die von ihm mit c bezeichneten und als Occipitalia lateralia gedeuteten Knochen sind die hinteren unteren Teile des Occipitale superius (vergleiche unten bei Interparietalia). Die hier gegebene Schilderung der geringeren lateralen Ausbreitung des Occipitale laterale bei Ornithorhynchus stimmt mit SEELEY’s Abbildung des Schädels eines jugendlichen Exemplares in Hinteransicht (Fig. 8, p. 643) überein. Oceipitale superius. Echidna und Proechidna. Der obere Hinterhauptsknochen bildet eine grosse, in die Quere ausgebreitete, länglich-viereckige, convex gebogene Platte. Der schwach gebogene Hinterrand grenzt an die Occipitalia lateralia und wird in der Mitte von der schon mehrfach erwähnten Ausbuchtung des Hinterhauptloches unterbrochen. Die kurzen, geraden Seitenränder stossen an die Mastoidea, der geschwungene Vorderrand schiebt sich unter die Parietalplatte. In der Mitte läuft über das Supraoccipitale eine nur wenig erhabene Sagittalcrista. In ihren seitlichen Partien ist die Knochenplatte bulbusartig vorgewölbt. Die Muskeleindrücke verursachen mehr oder weniger deutliche Linien und Gruben. Ausserdem finden sich an den jüngeren Schädeln Spuren einer gebogenen Quernaht, die von den hinteren Ecken des Occipitale superius ausgehen, wo es mit der äusseren Ecke der Occipitalia lateralia und mit den hinteren oberen der Mastoidea zusammenstösst. Es darf dieselbe wohl als Sutura mendosa bezeichnet werden, und hierin eine Andeutung von der Anwesenheit eines Interparietale gesehen werden. Es musste in diesem Falle das Interparietale (oder wohl besser die Interparietalia) mit dem Supraoccipitale s. s. und nicht mit den Parietalia verwachsen sein. Am fötalen Echidna-Schädel habe ich keine Spur von Interparietalia entdecken können; am fötalen Ornithorhynchus-Schädel dagegen könnte man dazu neigen, die medianen hinteren Theile der Parietalplatte für Interparietalia zu halten, aber dann wären sie unzweifelhaft nahe daran, gänzlich in die Parietalia aufzugehen, statt in das Supraoccipitale (siehe weiter unten). 740 Der Schädelbau der Monotremen. 208 An der inneren Seite des Knochens springt die Sagittalcrista viel stärker hervor als an der äusseren: auf dem Medianschnitt befindet sich in dieser Crista ein Markraum. Eine kurze Strecke vor der dorsalen Ausbuchtung des Hinterhauptloches gabelt sich die Crista, und die Gabeläste schwingen sich nach rechts und links auf die Occipitalia lateralia über, worauf sie die oben bereits erwähnten Cristae tentorii bilden. Ornithorhynehus. Vom Supraoccipitale habe ich nur die hintere Grenze mit Sicherheit wahrnehmen können, über die vordere dagegen bleibe ich im Zweifel, obwohl die Vergleichung mit Echidna und mit dem fötalen Schädel Anhaltspunkte zur Beurtheilung dieser Frage giebt. Vergleicht man die Abbildung Owen’s mit derjenigen von PANDER und D’ALTon, so stellt sich heraus, dass der erstere den Vorderrand des (von ihm mit c. bezeichneten) Supraoccipitale weiter vorn sucht und convex zeichnet, die letzteren dagegen mehr rückwärts und in der Mitte eingebogen, was mir wahrscheinlicher vorkommt. Aber es wurde schon bemerkt, dass die von OwEn mit D.b. bezeichneten Knochenstücke unzweifelhaft zum Supraoceipitale und nicht zu den Lateralia gehören: die Naht zwischen b.b. und c. entspricht also wohl der Sutura mendosa. Was die an das Supraoceipitale anstossenden Knochen betrifft, so besteht mit Echidna ein wichtiger Unterschied: seine Seitenränder nämlich berühren den Oberrand der Squamosalschuppen, statt den der Mastoidea, weil diese letzteren Knochen von den ersteren überdeckt und überragt werden. Parietalia. Echidna und Proechidna. Die Sagittalsutur verwächst zwar sehr frühe, doch konnte ich sie an dem Beuteljungenschädel auffinden. Die trapezförmige Parietalschuppe hat ansehnliche Dimensionen und bildet den grössten Theil des Schädeldaches. Ihr Hinterrand grenzt in der Mitte an das Supraoccipitale, dessen Oberrand er überragt, und mit seinen nach vorn sich wendenden Seitentheilen noch über eine kurze Strecke an die oberen vorderen Ecken der Mastoidea. Die Seitenränder stossen an die grossen Orbitalflügel der Sphenoidea (s. d.) und vorn an die hinteren Seitenflügel der Frontalia. Der Vorderrand schiebt sich weit über die Frontalia und bildet drei stumpfe Vorbuchtungen: eine mediane und zwei laterale. Aus der Mitte des Hinterrandes divergiren zwei geschwungene Linien, die sich weiter vorn zu flachen Gruben mit unregelmässig eingekerbtem Boden verbreitern. Diese Linien sehen verstrichenen Nähten täuschend ähnlich und erregen deshalb den Schein, als ob die Parietalschuppe durch Verwachsung. dreier Knochen, eines medianen mit zwei seitlichen, entstanden sei. Alle drei Stücke haben die Form eines Dreieckes mit geschwungenen Kanten; bei BRÜHL tragen diese Linien die Bezeichnung „Linea temporalis“. Die Innenseite der Parietalschuppe zeigt eine sagittale Crista als directe Fortsetzung der Supra- occipitalerista: dieselbe verflacht sich in orale Richtung. An der Lambdanaht gehen nach beiden Seiten von dieser Crista Querleisten aus, so dass eine kreuzförmige Figur entsteht. Weiterhin zeigt die Innenfläche sehr grosse und tiefe Impressiones digitatae und ist in Folge dessen mit netzförmigen, leistenartigen Ver- dickungen versehen. Auch die Innenseite der schuppenförmigen Coronalnaht ist verdickt, und ein grosser Venenkanal folgt innerhalb der Knochensubstanz dem Verlaufe dieser Naht. 209 Der Schädelbau der Monotremen. 741 Die Parietalia von Proechidna geben zu keinen besonderen Bemerkungen Veranlassung: das äussere Relief ist etwas stärker ausgeprägt als bei Echidna, sonst sind die Verhältnisse ähnlich. Bei einem meiner Exemplare zeigte sich ein Foramen parietale. Ornithorhynehus. Die Parietalplatte des Ornithorhymchus stimmt in Form und relativer Grösse mit derjenigen der Echidna überein, sie grenzt auch an dieselben Knochen, nur schiebt sich hier an ihrem Seitenrande zwischen Mastoideum und Supraoccipitale noch der Oberrand der Squamosumschuppe ein. Das übrigens glatte Relief der Aussenfläche wird von zwei Paar, aus der Mitte des Hinterrandes divergirenden, grubigen, gezähnelten Linien gefurcht, also von einem Paar mehr als bei Echidna. Diese Linien sind schon am Pullusschädel sichtbar, besonders das hintere Paar, und können sehr leicht dazu verführen, hier Nähte anzunehmen und also die Parietalplatte in drei Stücke zu zertheilen: in ein medianes und zwei lateral-hintere. In diesen Irrthum scheint OweEn verfallen zu sein, wenigstens seiner Figur 172 nach zu urtheilen. Allerdings hat er es unterlassen, die seitlichen Stücke mit Namen oder mit Buchstaben zu bezeichnen. JOANNES WAGNER’s Figur V stellt die hintere Grubenlinie als Naht dar, aber ebenfalls ohne Bezeichnung der hinteren Knochenpartie. An der Coronalsutur ragen die Seitenspitzen der Parietalschuppe so weit über den mittleren Theil vor, dass sie die hinteren Spitzen der Nasalia erreichen und selbst lateral daran vorbeistreben. Dadurch scheint der mediane Theil der Frontalia ganz von ihrem lateralen (orbitalen) Theile durch überlagernde Knochenspitzen getrennt. An allen sechs von mir untersuchten Schädeln war ein sehr deutliches Foramen parietale anwesend. Von den mir bekannten Abbildungen des Schädels zeigt keine einzige dieses Merkmal; doch finde ich in Textfigur I6 (p. 99) von RuGeE’s Abhandlung über die Hautmusculatur der Monotremen ein Parietalauge angegeben. Die Innenfläche der Parietalschuppe zeigt, wie wohl bekannt, die grosse, scharfe, knöcherne Falk. Das Relief der Oberfläche ist viel glätter als bei Echidna, aber von vielen sich unter scharfen Winkeln kreuzenden Gefässgruben durchzogen. Nach den Untersuchungen RAankE’s entsteht jedes Parietale des Menschen (und wohl sämmtlicher viviparen Säugethiere) durch Verwachsung zweier Deckknochen: eines medianen und eines lateralen. Es kommt mir vor, dass das Parietale der Monotremen nicht dem ganzen, sondern nur dem medianen Wandbein der übrigen Säugethiere homolog ist, dass dagegen an Stelle des lateralen sich bei Monotremen eine Ver- knöcherung im Primordialcranium (Parietalplatte) bildet, die nicht mit dem medianen Wandbein verwächst, sondern mit dem Orbitosphenoid (siehe dieses). Frontalia. Im Gegensatz zu den mächtigen Parietalia und Nasalia sind die Frontalia der Monotremen verhältniss- mässig klein, jedoch bei weitem nicht so klein, wie es bei äusserlicher Betrachtung des nicht in seine componirenden Knochen aufgelösten Schädels den Schein hat. Es werden nämlich die Vorder- und Hinter- ränder der Frontalia sehr weit von den genannten Knochen überragt. Die unter den Nasalia gelegene Vordergrenze der Frontalia ist an jungen Schädeln selbst durch diese Knochen hindurch sichtbar, und kann deshalb zu dem Irrthum, es lägen hier ein Paar Praefrontalia vor, Veranlassung geben. Jenaische Denkschriften. VI. 27 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 95 742 Der Schädelbau der Monotremen. 21o Die gerade Sagittalnaht, welche die Frontalia von einander trennt, bleibt viel länger sichtbar als die zwischen den Parietalia. Der Orbitaltheil der Frontalia ist ansehnlich, bei Echidna ist der supraorbitale Umschlagsrand ziemlich abgerundet, bei Ornithorhynchus dagegen scharf, aber von oben her nur theilweise sichtbar, weil Nasalia und Parietalia sich gerade oberhalb dieses Randes bis zur Berührung nähern. Echidna. Die Orbitalplatte des Frontale grenzt vorn an das Maxillare, doch könnte die Betrachtung jüngerer Schädel dazu führen, den vorderen Theil dieser Platte als ein früh verwachsendes Lacrymale anzusehen (Näheres beim Lacrymale). Ventral grenzt die Pars orbitalis an den Orbitalflügel des Palatinums mit einer in dorsocaudaler Richtun& ansteigenden Naht, die darauf mit zickzackartigen Buchten sich dorsalwärts fortsetzt in die Grenze zwischen Frontale und Orbitosphenoid. An dem dorsalen Rand der Orbita angelangt, biegt sie sich recht- winklig nach rückwärts um und erreicht in S-förmiger Schlängelung den Seitenrand des Parietale. Dadurch entsteht eine hintere Seitenspitze des Frontale, die den Eindruck eines mit dem eigentlichen Frontale ver- wachsenen, ursprünglich selbständigen Knochens macht, der dann wohl als Postfrontale bezeichnet werden müsste (vergl. unten beim Sphenoid). Eine in Lage und Form mit diesem Fortsatz übereinstimmende Bildung finde ich bei Orycteropus, nicht dagegen bei Manis, Myrmecophaga und Dasypus. Dagegen scheint bei Pteropus die Stirnplatte des Frontale eine sehr ansehnliche Ausbreitung in caudaler Richtung zu besitzen, welche aber vom Parietale überlagert wird. Bei Owen, KÖstLın-und WAGNER ist die hintere Fortsatzbildung am Frontale, von der oben die Rede war, sehr deutlich abgebildet, bei BRÜHL dagegen ist der Verlauf der Sutura fronto-sphenoideo- parietalis nicht richtig angegeben. Dicht unter dem Margo supraorbitalis zeigen sich in der Orbitalplatte ein oder zwei Paar kleine Löcher, die in Kanälchen führen, welche die Stirnplatte in frontaler Richtung durchsetzen und in die Schädelhöhle münden. Owen und BRÜHL haben diese Löcher nicht abgebildet, KöstLın und WAGNER dagegen wohl aber nur ein einziges, was dem Befunde an einem meiner Exemplare entspricht. Bei keinem dieser Autoren finde ich ein Loch erwähnt oder abgebildet, das ich bei allen meinen: Exemplaren dicht vor dem Hinterrande der Orbitalplatte, ungefähr in dessen Mitte, antraf. Es führt ebenso in die Schädelhöhle und gehört zu den mannigfachen Blutgefässkanälen, die die Schädelknochen der Echidna durchsetzen. Ornithorhynchus. Trotz aller Mühe ist es mir nicht gelungen, die hintere Grenze der Pars orbitalis ossis frontis bei Ornithorhynchus mit Sicherheit zu bestimmen, doch neige ich zu der Ansicht, dass dieser Theil caudalwärts sich nur bis zur vorderen Umrandung des vorderen grossen Loches in der mittleren Orbitalwand (Eintrittsloch des Nervus ophthalmicus, Foramen ethmoideum) ausstreckt und sich von dort aus ungefähr senkrecht dorsal- wärts erhebt. Wir befinden uns hier in einer Schädelgegend, wo die Bestimmung der Knochengrenzen besondere Schwierigkeiten bietet und demzufolge sehr verschiedenartig ausgefallen ist. Viel umstritten kann man jedoch diese Frage nicht nennen, denn jeder Autor ist seinen eigenen Weg gegangen, ohne sich um die 2Il Der Schädelbau der Monotremen. 743 Ansichten anderer zu kümmern. Wer sich aber von den Meinungsverschiedenheiten angesichts der Bildung der medianen Orbitalwand bei Ornithorhynchus eine Vorstellung machen will, braucht nur die nachstehenden Copien der Figuren KöstLın’s, WAGNER’s und SEELEY’S mit einander zu vergleichen. Dazu kommt Owen, der zwar keine Seitenansicht des Schädels giebt, aber dessen Dorsalansicht eines jungen Exemplars mehrere Anhaltspunkte für seine Auffassung des Baues der Orbita bietet. Die auf Tafel XXXII vorkommende Fig. 4, und auch Fig. 2, Tafel XXXI, geben meine eigene Ansicht wieder, die, wie gesagt die hintere Grenze des Frontale vertical durch die Orbita aufsteigen lässt am Vorder- rande der Trigeminuslöcher entlang. Sie stimmt also am meisten mit KöstLin’s und WAGNER’S Darstellung überein und gründet sich sowohl auf die Untersuchung mehrerer erwachsener Exemplare und des Pullus- schädels, als auf die Vergleichung mit Echidna. Dass ich dadurch in Widerspruch gerathe mit SEELEY’s Angaben, mahnt jedoch sehr zu Zweifel und Vorsicht. Wie in der NA. oLbibols P 17 D Jr. spheno-orbika €e ) h Jar hr tate Spam 2 I\Wabctosp BIER osfes Empore las Fig. 1. Seitenansicht der Orbitalwand des Schädels bei Ornithorhynehus. A nach KÖSTLIN, B nach SEELEy, C nach JOANNES WAGNER. Einleitung schon erwähnt wurde, habe ich den von SEELEY beschriebenen und abgebildeten Schädel nicht zu Gesicht bekommen können und muss mich also darauf beschränken, nach seiner allerdings höchst mangel- haften Abbildung zu versuchen, mir ein Urtheil zu bilden. Doch ist eins sicher, nämlich dass der mir zu Gebote stehende Pullusschädel noch bedeutend jünger ist als das von ihm untersuchte Exemplar. An jenem nun finde ich die Pars orbitalis ossis frontis viel mehr in Uebereinstimmung mit KöstLın’s und WAaGner’s Abbildungen als mit denjenigen SEELEY’s, und dazu keine Spur von einem gesonderten Prae- frontale oder Lacrymale. Nasalia. Die Nasenbeine der Monotremen haben bis jetzt immer nur wegen ihrer bedeutenden Flächen- ausdehnung die Aufmerksamkeit auf sich gezogen; ich glaube aber, dass sie bei Ornithorhynchus nicht weniger wegen ihrer ausserordentlichen Entwickelung in dorsoventraler Richtung bemerkenswerth sind. Diese Dickenzunahme ist eine Folge des gewaltigen Umfanges der sie durchsetzenden Trigeminusäste. Echidna und Proechidna. Während das hintere Viertel. der Nasalia sich über den Vorderrand der Frontalia lagert, wird dagegen ihr vorderes Viertel in seiner lateralen Hälfte von den Praemaxillaria schief überdeckt. Die 27* 95” Der Schädelbau der Monotremen. 212 744 Knochen sind also noch bedeutend grösser, als es äusserlich den Schein hat, obwohl sie von der Begrenzung der Apertura pyriformis ausgeschlossen bleiben, was ein Characteristicum für die Echidnidae ist. Ueber die Mitte der Innenseite verläuft eine seichte Längsfurche: der Sulcus ethmoidalis. Von ihrer hinteren Hälfte aus gehen ein oder zwei feine Kanälchen schief zur Aussenfläche des Knochens, wo sie in kleine Foramina nasalia ausmünden. An dem einen (Leydener) Exemplar von Proechidna liessen sich die Grenzen der Nasalia mit ziemlicher Sicherheit unterscheiden, und stellte sich heraus, dass ihre Länge noch nicht die Hälfte der Schnauzen- länge betrug, woraus folgt, dass die Verlängerung der Proechidna-Schnauze im Vergleich zu Echidna auf Rechnung der Praemaxillaria und Maxillaria kommt. Ornithorhynchus. Von aussen machen die Nasalia denselben Eindruck von flachen Deckknochen wie bei Echidna. Sie unterscheiden sich nur I) durch ihre bedeutendere Länge, 2) durch das grosse Nervenloch an ihrem lateralen Rande (For. supraorbitale, siehe unten) und 3) durch ihre Betheiligung an der Umgrenzung j der knöchernen Apertura nasalis. Es reichen nämlich die Nasalia so weit vorwärts, dass sie den grossen Zwischenraum, der vorn von den zangenförmigen Zwischenkieferbeinen um- fasst wird, hinten umgreifen. Caudalwärts spitzen sich die Nasalıa scharf zu und erstrecken sich dabei noch etwas weiter als die der Echidna; sie können nämlich selbst die vorderen Spitzen der Parietalia be- rühren. Wenn man aber die Nasalia des Ornitho- rhynchus aus dem Schädelverbande loslöst oder Querschnitte durch den Schnauzentheil an- fertigt, so stelltsich heraus, dass diese Knochen © Vomer et Septum masale gar nicht die Gestalt einer flachen Deckplatte Nasale E3 Praemaxillare dorsale besitzen, sondern die eines dreikantigen, aus- Ä gehöhlten Prismas, nach vorn sich öffnend zu Praemawillare ventrale (accessorium) A, Maxillare einer zweimal umgebogenen Platte, die wieder Ja in eine lange Spitze ausläuf. Die neben- Fig. 2. A—D Querschnitte durch die eine Hälfte der Nasenhöhle stehende Ouerschnittserie macht diese Ver- bei Ornithorhynehus an den durch die punktirten Linien angegebenen f = h . Stellen des Nasenbeins. E Linkes Nasenbein von der Innenseite. hältnisse klar; man ersieht daraus, dass die Ursache dieser Bildung in dem stark vertieften und caudalwärts zu einem Kanal verschlossenen Sulcus ethmoidalis zu suchen ist. Doch drängt sich dabei die Frage auf, ob die mediane Verschlussplatte des hinteren Theiles dieses Kanales wohl ursprünglich zum Os nasale gehört, oder ob sie nicht vielmehr ein verknöcherter Theil der Lamina lateralis des Ethmoids ist. Um so mehr scheint mir die letztere Annahme die wahrscheinlichere, als dieses dünne Septum an seinem ventralen Rande die Basalplatte des Maxilloturbinale trägt, resp. sich in dieselbe rechtwinklig umbiegt. Wenn diese Vermuthung richtig ist, was durch die Untersuchung junger Stadien in nicht macerirtem Zustande festzustellen wäre, so hätte das Nasale von Ornithorhynchus seinen Charakter als plattenförmiger 213 Der Schädelbau der Monotremen. 745 Deckknochen über seine ganze Länge beibehalten, aber es bliebe nichtsdestoweniger eine bemerkenswerthe Thatsache, dass diese Platte so stark umgebogen ist, dass sie in ihrem vorderen Theile ebensogut den e) u 5 a ® > Boden wie das Dach der Nasenhöhle bilden hilft. Ihr ventraler Theil ruht dabei auf einer ebenso beschaffenen Platte des Praemaxillare. Praemaxillaria. Die auffallenden Eigenthümlichkeiten der Zwischenkiefer, sowohl bei Echidna als bei Ornithorhynchus, sind schon öfters hervorgehoben und sollen hier also nur der Vollständigkeit wegen recapitulirt werden. Bei Echidna und Proechidna stossen die Praemaxillae in der dorsalen Mittellinie zweimal an einander, nämlich vor und hinter der Apertura nasalis, wodurch sie also alle anderen Knochen von der Umrahmung dieser Oeffinung ausschliessen. Sie erstrecken sich medial noch eine kleine Strecke caudalwärts unterhalb der Nasalia. An der Ventralseite bilden sie lange und spitze Fortsätze, die sich in die Substanz der Maxillaria einkeilen. Dagegen fehlen Gaumenfortsätze vollständig. Ornithorhynchus Eehidna \ I | 4 Sn Processus accessorius Processus «ccessorius Fig. 3. Ansicht der Zwischenkiefer von Ornithorhynehus und Echidna. A und D dorsale, B und E laterale, C und F ventrale Ansicht. Bei Ornithorhynchus sind die hakenförmig gebogenen Zwischenkiefer vorn durch einen breiten Zwischenraum getrennt, und auch hinten begegnen sich die beiderseitigen Knochen nicht, weil die breiten Nasalia sich weit nach vorn zwischen sie einschieben. Ebensowenig wie bei Echidna finden sich Processus palatini, aber von der Mehrzahl der heutigen Anatomen wird bis jetzt das Os praevomer (siehe dieses) als Verschmelzung der selbständig gewordenen Gaumenfortsätze der Zwischenkiefer aufgefasst. Sowohl an der Dorsal- als an der Ventralseite des Schädels bilden die Praemaxillaria spitze Fortsätze nach hinten: die dorsalen keilen sich zwischen Nasalia und Maxillaria ein, die viel schmäleren ventralen senken sich in die Dicke der Maxillarplatte. Löst man nun aber die Praemaxillae der Monotremen aus ihrem Verbande mit den umliegenden Knochen los, so stellt sich, wie aus den vorstehenden Abbildungen sichtbar ist, viel deutlicher als bei der Betrachtung in situ heraus, dass sie vom gewöhnlichen Säugethiertypus abweichen. Sie besitzen nämlich einen Theil, der bei anderen Säugethieren nicht vorkommt: den eben genannten ventralen Fortsatz, der besonders bei Echidna sehr lang und charakteristisch ist. Ich schlage vor, ihn Processus accessorius zu taufen, und glaube noch besonders betonen zu müssen, dass er nicht als ein einfacher Auswuchs des Processus maxillaris ossis praemaxillaris betrachtet werden darf. Die ALBRECHT’schen Bezeichnungen: Endo- und Mesognathion, können in diesem Falle nicht verwendet werden, weil die Partien des Zwischen- 746 Der Schädelbau der Monotremen. 214 kiefers hier nicht medial und lateral, sondern dorsal und ventral gelegen sind. Dass er dem Processus palatinus nicht entsprechen kann, ist ohne weiteres klar, denn er liegt lateral, nicht medial vom Canalis ineisivus. Bei Ornithorhymchus, wo er weniger stark entwickelt, aber dennoch sofort erkennbar ist, stellt sich bei genüsender Maceration jüngerer Exemplare die merkwürdige Thatsache heraus, dass jeder Zwischen- kiefer sich in der Frontalebene vollständig in zwei Schichten trennen lässt, von welchen die ventrale Schicht in den bezüglichen: Fortsatz ausläuft. In den Figuren zu Wırson’s Abhandlung über die Anatomie der Ornithorhynchus-Schnauze (1893) ist diese Trennung nur an dem vorderen der von ihm abgebildeten Querschnitte durch die Schnauzenspitze erkennbar, und sieht man, dass sie verursacht wird durch eine horizontale Knorpelplatte, die den Boden der vorderen Nasenhöhle bildet, und die sich hier quer durch den Zwischenkiefer hindurch bis zum Seiten- rand des Schnabels ausstreckt, Wırson bezeichnet diese beiden Partien als „prenasal plate“ und „superior marginal cartilage“. An meinem getrockneten Exemplar aber habe ich sowohl auf Querschnitten die Trennungslinien wahrgenommen (Textfigur 2A), wie bei Maceration des ganzen Knochens die zwei Lamellen von einander ablösen können. Weit entfernt, mich dadurch mit Wırson in Widerspruch zu befinden, stimmt meine Wahr- nehmung im Gegentheil merkwürdig gut zu seiner Behauptung auf p. 183 unten: „A study of the figures which accompany this paper will further tend to establish the conclusion that originally the inter-crural lamella and the superior „labial“ cartilage were continuous, not merely mesially and in front, but also laterally, and that interruption of this continuity is due to the growth of the premaxillary as a splint grafted on both dorsal and ventral aspects of the continuous cartilaginous plate and gradually causing absorption of the latter.“ Aber auch beim Beuteljungen von Echidna wird das Praemaxillare durch die knorplige Bodenplatte der Nasenhöhle in eine dorsale und ventrale Hälfte gespalten, wie dies von NEWTON PARKER (1894) zwar schon abgebildet (Fig. 5—7 und Fig. 13), aber erst von BRooM (1896a) hervorgehoben ist. Der letztgenannte sagt in einem Addendum zu seiner Arbeit über das Jacosson’sche Organ der Monotremen, p. 80: „The most striking peculiarity of the young skull (of Echidna) is the great development of the cartilage of the nasal floor — a development closely resembling the condition of Ornithorhynchus, not only in its lateral expansion, but also in its passing between the upper and lower parts of the ossifying premaxilla, as Wırson and MARTIN believe almost certainly exists in the young Plaiypus. In the adult the great development of the premaxilla, as will be seen, not only obliterates the greater part of the nasal-floor cartilage, but completely removes the alinasal cartilage from the connection with the nasal floor, as PARKER figures in the young. Furthermore, this portion of the nasal-floor cartilage outside the naso-palatine canal is found as a mere rudiment, which might readily escape the eye, instead of the broad plate seen in the young condition.“ Es stellt sich also heraus, dass derjenige Theil der Praemaxillae, den die Monotremen vor anderen Mammalia voraus haben, ein ursprünglich selbständiger Knochen ist, der sich bei Ornithorhynchus selbst noch im ausgewachsenen Zustande vom übrigen Knochen ablösen lässt. Als meine hier vorliegende Arbeit schon beinahe vollendet und das Obenstehende bereits geschrieben war, erhielt ich im April IgoI durch die Freundlichkeit des Herrn Prof. J. T. Wırson aus Sydney eine kurze Notiz (I900) zugeschickt (datirt 8. August Igoo), worin der doppelte Ursprung der Praemaxillaria sowohl für Ornithorhymchus als für Echidna vollkommen bestätigt wird, und also die anfangs vollständige Continuität des Nasenbodenknorpels mit den knorpligen Seitenrändern der Oberlippe sichergestellt. Weiter aber wird darin vom ventralen Theil des Zwischenkiefers ausgesagt: „The ventral lamellae of the premaxillae are 21 [071 Der Schädelbau der Monotremen. 747 provided with true palatine processes directed backwards paramesially. In the older of the two stages of Ornithorhynchus there exists, quite independently of the palatine process, and separated from it by a considerable interval, a separate ossification for the dumb-bell-shaped bone, which is thus proved to be a perfectly distinct element, a true anterior vomer.“ Ich glaube, hieraus schliessen zu müssen, dass diese „Gaumenfortsätze‘‘ der ventralen Zwischenkieiter- splitter sich wieder zurückbilden und also am erwachsenen Thier keine Spur hinterlassen. Denn dass damit die von mir als Processus accessorii bezeichneten hinteren Ausläufer der ventralen Splitter selbst gemeint sein sollten, ist deshalb kaum denkbar, weil dieselben nicht „paramesial“, sondern weit lateralwärts, nach aussen von den Foramina naso-palatina sich erstrecken. Dass derartige Resorption von knöchernen Ausbreitungen der Praemaxillaria vorkommt, geht auch aus der nächstfolgenden Alinea der Wırson’schen Notiz hervor, worin es heisst, dass vorn die ventralen Praemaxillarsplitter sich dorsalwärts aufschwingen vor dem vorderen Schnauzenende, in der Gestalt sehr schmächtiger Trabekeln, und durch eine Lücke im Vorderrande der rostralen Knorpelplatte hindurchgehen, um sich oberhalb derselben zu einer unpaaren Knochenmasse zu vereinigen, die eine Stütze für den Schnauzencarunkel abgebe und deshalb Os carunculae benannt werden dürfe. Beim älteren Ornithorhynchus- Foetus fand Wırson diesen Knochen schon wieder in Rückbildung begriffen. Ein derartiger Knochen sei auch bei einem Echidna-Embryo aufgefunden, jedoch ohne Zusammenhang mit den Praemaxillaria. Aus SEYDEL’s Figuren gehe aber hervor, dass in jungen Stadien der Zustand bei Echidna mit dem bei Ornitho- rhynchus identisch sei, nur nicht so auf die Spitze getrieben. Mit dieser letzten Angabe sind wohl die Textfiguren auf p. 477 der SEYDEL’schen Abhandlung (1899) gemeint, Frontalschnitte durch die Nasenhöhle eines Embryos und eines Beuteljungen von Echidna vor- stellend. Darin ist an der Dorsalseite, oberhalb der sich in die Alinasalia ausbreitenden dorsalen Tänie des Nasenseptums (vergl. den Abschnitt über den Praevomer) ein medianer unpaarer Knochenstab abgebildet und in der Figurenreihe No. Io mit Os ineisivum, in No. II dagegen als Praemaxillare bezeichnet. In der Figur IIA, die den tiefstgelegenen Querschnitt vorstellt, sieht man den Knochenstab im Begriff, sich in zwei seitliche Hälften zu spalten. Aus dem Texte geht hervor, dass er durch Verschmelzung der Zwischen- kieferanlagen in der Medianlinie entsteht und zur Stütze des Eizahnes dient. SEYDEL hebt aber hervor, dass dieser Eizahn nichts gemein haben kann mit dem Schnauzencarunkel, den mehrere Untersucher (W. K. und W. N. Parker, PourLron, SEmon, BRoom) bei jungen Echidnen und Ornithorhynchen angetroffen haben, weil dieser letztere sich erst nach dem Verlassen des Eies entwickelt, während umgekehrt der Eizahn bei diesem Act abbricht. Praevomer. Os de violon, BLAINvILLE, ÜDVIER. Inneres Zwischenkieferbein, Ruporpar. Unterer Zwischenkiefer, MEcker, Syst. vergl. Anat., II, 2, p. 525. Os intermaxillare internum, MEcker, Anat. Orn. par. Processus palatinus ossis intermaxillaris, Owen 1847. Os praenasale, Owen 1866, Frower 1876, Brünn 1877. Os paradoxum, ALBRECHT 1883. Dumb-bell-shaped bone, Turner, Anterior Vomer, Wıuson. Praevomer, Broon. Dieser, nur dem Ornithorhynchus eigene Knochen hat natürlich immer die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gezogen, und ist deshalb schon öfters beschrieben und discutirt worden, in den letzten Jahren von 748 Der Schädelbau der Monotremen. 216 ALBRECHT, TURNER, SYMINGTON, WıLson und Broom. Von den vielen Namen wähle ich die Bezeichnung Broom’s, ohne dass ich jedoch dadurch mich gänzlich mit seinen Erörterungen einverstanden erklären möchte. Am Praevomer kann man zwei senkrecht zu einander gestellte Theile unterscheiden: einen ventralen oder Gaumentheil und einen dorsalen oder Nasenseptumtheil. Nur der erstere hat einigermaassen die Gestalt einer Hantel (dumb-bell), doch trägt er keine abgerundeten Knöpfe, sondern ist plattenförmig und hat den Umkreis der Ziffer 8. Viel mehr der Sachlage entsprechend ist denn auch Cuvırr’s Vergleich mit dem Klangboden einer Geige, besonders auch weil die vordere verbreiterte Partie etwas kleiner ist als die hintere. In der Medianlinie zeigt die ventrale Fläche der Platte eine seichte Grube und beiderseits davon am hinteren Theile eine niedrige Wölbung. Der dorsale oder septale Theil erhebt sich aus der Medianlinie der Gaumenplatte als ein niedriger senk- rechter Kamm, der sich in zwei seitliche Flügel spaltet. Diese bilden zusammen eine Rinne von V-förmigem Querprofil, die in Form und Lage stark mit derjenigen am Firste des Vomers übereinstimmt und auch wie diese den ventralen Rand des knorpeligen Nasenseptums aufnimmt. Der Kamm reicht oralwärts nicht bis zum Vorderende der Gaumenplatte, sondern fängt etwas weiter rückwärts mit allmählich aufsteigendem Rande an. Dagegen überragt er hinten die horizontale Platte und läuft in eine dorsale Spitze aus, die sich in die noch weiter caudalwärts sich fortsetzenden Flügelspitzen gabelt. Diese Spitzen hängen durch Binde- gewebsbänder mit den ihnen entgegenstrebenden Vorderspitzen des Vomers zusammen. Der Hinterrand der Gaumenfläche bleibt ungefähr 2 mm von dem Vorderrande des medianen Fort- satzes des Oberkiefer-Gaumentheils entfernt. In den Gruben zur Seite des septalen Theiles liegen, von einer Knorpelkapsel umhüllt, die JACoBsoN- schen Organe, während die STEnson’schen Gänge durch die seitlichen Einbuchtungen der Gaumenplatte zu ihnen emporsteigen. Dass der Praevomer aus zwei seitlichen Hälften zusammengewachsen ist, die mediane Grube also einen Rest der Verwachsungsnaht darstellt, hat zuerst TURNER dargethan. SyYMINGTON, PARKER, WILSON und BROOM untersuchten den Knochen auf Querschnitten und bestätigten seine Duplicität wenigstens für den hinteren Theil. Doch ist meines Erachtens der doppelte Ursprung des Praevomers über jeden Zweifel erhaben. Das Os praevomer ist von den meisten Forschern, die sich über seine vergleichend-anatomische Bedeutung ausgesprochen haben, für das bei Ornithorhynchus selbständig gebliebene oder gewordene Homologon der Gaumenfortsätze der Zwischenkieferknochen erklärt worden. So von RUDOLPHI, MECKEL, CUVIER, KÖSTLIN, OWEN (1847), PANDER und D’ALTON. CuVIER beging dabei den Irrthum, die dorsale Partie des Knochens für eine Verwachsung der Nasalia anzusehen. Bei KöstrLin dagegen findet sich die folgende bemerkenswerthe Stelle (p. IoI): ne... Ormithorhynchus, dessen Os de violon nichts andres sein kann als die Scheidewand des Zwischenkiefers für die Foramina incisiva, auf welcher oben ein Theil des Vomers fest aufgewachsen ist; der kleine Knochen wird rings von Knorpeln umgeben, ist aber hinten und vorn deutlich zweispaltig und oben von einer schmalen Rinne der Länge nach ausgehöhlt.‘“ In seiner 1866 erschienenen Comparative Anatomy and Physiology of Vertebrates aber nennt OwEN den Knochen (ohne weitere Erklärung) „prenasal ossicle‘“ (Vol. II, p. 322) und scheint also seine frühere Ansicht modificirt zu haben. Ihm folgte FLOWER in den ersten Auflagen seiner Osteology ofthe Mammalia (p. 219), worin er von dem Knochen behauptet, dass er in oder vor dem Vorderende des mesethmoidalen Knorpels liege und, wie es scheint, mit dem Os praenasale des Schweines übereinstimme. 217 Der Schädelbau der Monotremen. 749 Im Jahre 1883 aber kehrte ALBRECHT zu der alten Ansicht zurück, und glaubte gerade in dem Baue der Ornithorhynehus-Schnauze den unwiderleglichen Beweis für die Richtigkeit seiner Auffassung gefunden zu haben, dass nämlich die Säugethiere vier gesonderte Zwischenkieferknochen besitzen: ein Paar mittlere und ein Paar seitliche. Nach seiner Ansicht besitzt Ormithorhmchus eine doppelte Hasenscharte, die unter der Mundschleimhaut verborgen ist. TURNER widmete 1885 den beiden Hypothesen eine vergleichende Untersuchung und sprach sich daraufhin für die praemaxillare und gegen die praenasal Deutung aus. Er hebt hervor, dass „das Praenasale des Schweines in seiner Lage und seinen Beziehungen zu anderen Knochen von dem „hantelförmigen Knochen“ sehr verschieden ist, denn es liegt vor dem Vomer und Mesethmoidknorpel, hilft die vorderen Nasenlöcher begrenzen, hat seine Lage in einer Ebene dorsal vom Praemaxillare und besitzt weder zum Gaumen noch zu den Canales nasopalatini Beziehungen. Dagegen ist der hantelförmige Knochen unterhalb des Vomers gelegen und mit seinem unteren Rande verschmolzen (siehe unten), hat keine Beziehungen zu den vorderen Nasenlöchern, nimmt dagegen an der Bildung des harten Gaumens theil und bildet den Innenrand des Einganges zum Canalis nasopalatinus.“ In der neuen Auflage der Osteology of the Mammalia, die in demselben Jahre erschien, schlossen FLOWER und Gapow sich TURNER an, und 1891 bekannte SyminGton sich ebenfalls zu der Auffassung des dumb-bell-shaped bone als einer Verschmelzung der Gaumenfortsätze der Praemaxillaria. Dagegen meinte Wırson (1894), nach sorgfältiger Prüfung des Sachverhaltes, sich gegen die Praemaxillarhypothese aussprechen und den Knochen als Praevomer bezeichnen zu müssen. Er hob in erster Linie hervor, dass der Knochen nicht, wie TURNER behauptete, unter dem Vomer liege, sondern vor ihm, und auch nicht mit seinem vorderen Ende verschmolzen (,fused“) sei. Weiter wandte er seine Auf- merksamkeit den knorpligen Structuren zu, welche den Raum zwischen den hakenförmigen Kiefern des Ornithorhynchus grösstentheils ausfüllen und von TURNER unrichtigerweise als Bindegewebsmembranen bezeichnet waren. Es kommt mir wünschenswerth vor, eine kurz gefasste Beschreibung dieser Knorpelgebilde zusammen- zustellen nach den Angaben und Figuren WILson’s, SYMINGTON’s, NEWTON PARKER’S, BROOM’s und SEYDEL’s, verglichen mit eigenen Beobachtungen. Es lassen sich in der ausgewachsenen Ornithorhynchus-Schnauze unterscheiden: 1) Die verticale knorplige Nasenscheidewand. Gerade oberhalb des Vorderendes des Praevomer gabelt sich diese in eine dorsale und eine ventrale Tänie (Broowm, 1895a, Taf. XLIV, Fig. 1, und Wırson, 1893a, Taf. XXII, Fig. 4), die beide nach vorn weiterlaufen, zuerst di-, dann convergirend, um sich mit ihren Vorderenden bis zur Berührung zu nähern. Dieses Ende liegt nicht am Vorderrande des Oberlippensaumes, sondern bleibt davon in einer gewissen Entfernung. BRooM nimmt an, dass diese Stelle das ursprüngliche Schnauzenende angebe, besonders weil gerade dorsal vom Vorderende des Knorpelseptums in der Haut eine Verdichtung (Carunculus) angetroffen wird, die mit dem Knorpel durch einen Bindegewebsstrang verbunden ist. Die ventrale Tänie betrachtet Broom als das Homologon des praenasalen Knorpels anderer Säugethiere, wie vom Schwein, vom Kalbe und von Chiropteren, und auch des Papillarknorpels zwischen den Ausmündungen der Nasen-Gaumengänge bei Beutelthieren. 2) Die horizontalen Decken- und Boden-Knorpelplatten der Nasengänge. Diese gehen lateral in einander über und stellen dadurch die Seitenwände der Nasengänge dar. Median dagegen hängen sie beide mit einer der Tänien zusammen, oder richtiger gesagt, sie sind nur deren seitliche Ausbreitungen. Doch besteht in diesem Verhältnisse ein Gegensatz zwischen dorsaler und ventraler Jenaische Denkschriften. VI. 23 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 96 „so Der Schädelbau der Monotremen. 218 /D Tänie. Die erstere nämlich löst sich oralwärts von den anfangs mit ihr einheitlichen, lateralen Decken- knorpel ab und setzt sich noch eine kleine Strecke selbständig nach vorn fort (Wırson, 1893a, Taf. XXIII, Fig. ı1—16), während die Deckenknorpel eine Umhüllung um die Nasenlöcher bilden und dann aufhören. Dagegen drängt das sich verbreiternde Vorderende der anfangs selbständigen ventralen Tänie die bis zu dieser Stelle (Wırson, 1893a, Taf. XXI, Fig. 6) ebenfalls selbständigen Hälften des Nasenbodenknorpels auseinander, um darauf mit ihnen zu verschmelzen. Von hier aus ist also der knorpelige Gaumen einheitlich. Er breitet sich seitwärts mehr und mehr aus, bis er die Innenränder der Praemaxillaria erreicht, in deren Grube er sich einlegt, um an ihrer Spitze herum in den Lippenknorpelrand überzugehen. Wie oben beim Praemaxillare schon bemerkt wurde, bilden Gaumen- und Labialknorpel ursprünglich eine einheitliche Platte, werden aber durch die Verwachsung der über und unter ihr sich ausbildenden Schichten des Zwischen- kiefers von einander abgedrängt. Kehren wir zurück zu dem hinteren längsgespaltenen Theil der Gesammtknorpelplatte, so sehen wir an ihre Unterseite die horizontale Praevomerplatte sich anlegen. Darüber schwellen die medianen Ränder der Plattenhälften an zu den Knorpelkapseln der JAcoBson- schen Organe. - Weiter nach hinten trennen sich diese Kapseln von den hier weit auseinanderweichenden Bodenplatten, in Folge des Durchtretens der Canales naso-palatini. In Folge dessen zeigen sich auf Quer- schnitten die Umhüllungen als selbständige Kapseln, deren mediale Wände sich dem Praevomer-Septum anschmiegen. Hinter den Mündungen der Canales naso-palatini nähern sich die lateralen Bodenplatten wieder, aber dieses Mal ventral von der Praevomerplatte und verschmelzen mit einander, jedoch ohne nochmals mit den Jacogson’schen Knorpeln in Verbindung zu treten. Diese Knorpelbrücke unterhalb des Praevomers ist es, die Wırson’s specielle Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. BROOM giebt sie auf seinem medianen Längs- schnittbild an und bezeichnet sie als STznson’schen Knorpel. Ihr Hinterrand stösst an die vordere Kante der Gaumenplatte des Oberkiefers und dorsal davon an den oralen Rand des merkwürdigen, für die Mono- tremen eigenthümlichen Verbindungsloches im Septum zwischen den Nasengängen. Ueber den Vorderrand der rostralen Knorpelplatte ist noch zu bemerken, dass Wırson und MARTIN in ihrer Fig. 17-der Totalansicht des Ornithorhynchus-Schädels denselben als einen ununterbrochenen, kaum etwas ausgeschweiften Querrand abbilden. BrooM (1895) aber machte die Beobachtung, dass die Platte in der Höhe der Vorderenden der beiden Praemaxillaria eine mediane ovale Durchlöcherung aufweist. In seiner letzten Mittheilung (1900) bestätigt Wırson diese Beobachtung, doch spricht er nicht von einer Durch- löcherung, sondern von einer Lücke im Knorpel („notch, corresponding to the hiatus described by BRooM in the rostral cartilage of the adult“). Durch diese steigen dann die von Wırson beobachteten antero-dorsalen Fortsätze der ventralen Zwischenkiefersplitter empor (s. d.). Bei Echidna beobachtete Broom (Taf. XLIV, Fig. 2) eine ähnliche vordere Gabelung des septalen Knorpels in eine dorsale und eine ventrale Tänie wie bei Ornithorhynchus, doch waren die Tänien weit kürzer; die sehr dünne obere krümmte sich in einen Halbkreis zurück, um sich auf den dorsalen Rand der etwas nach oben gebogenen, dickeren, ventralen Tänie zu legen. Die obere Tänie stützt den vorderen Theil der alinasalen Knorpel, wie bei Ormithorhynchus. Die untere (der praenasale Knorpel nach Broom) sieht anfangs der von Ornithorhynchus sehr ähnlich, wird aber später durch die medianwärts fortschreitende Entwickelung der Praemaxillaria zu einer dünnen Knorpelplatte zwischen den medianen Vorderenden dieser Knochen reduecirt. Hinter dieser Symphysenbildung liegen die vorderen Enden der „palatal cartilages‘‘ (BRooM, 1896a, Taf. II, Fig. I ».c.) dem ventralen Rande des Septums beiderseits an. Wo diese, die wohl den „paraseptalen“‘ Knorpelstreifen SEyDEL’s entsprechen, an die vertical aufsteigenden Canales nasopalatini 219 Der Schädelbau der Monotremen. 751 gelangen, trennen sie sich in einen medianen und einen lateralen Fortsatz. Der erstere krümmt sich zuerst in C-Form und schliesst sich dann zu einem Rohr, welches das Jacosson’sche Organ umhüllt und nach innen eine Stützlamelle für dessen Muschel abgiebt. Der laterale Fortsatz ist anfangs sehr dünn, verbreitert sich aber bald und vereinigt sich in der Mittellinie mit dem der anderen Seite zu einer transversalen Platte, welche die beiden Jacossox’schen Knorpelkapseln stützt (STEnsonx’scher Knorpel). Dem hantelförmigen Knochen des Ornithorhynchus entspricht nach BRoom eine Ma sse straffen Bindegewebes zwischen diesen Kapseln. BRooM betrachtet den Praenasalknorpel der Echidna als eine im Gegensatz zu Ornithorhynchus viel weniger specialisirte Form des Monotrementypus, die sich dagegen den Zuständen bei den Vögeln annähert. Während wir über die Entwickelung der knorpligen Nasenkapsel von Ornithorhynchus nur durch die kurze Notiz von WILSON etwas wissen, sind wir durch SEYDEL’s und W. N. PArkeERr’s Untersuchungen über Echidna besser unterrichtet. SeypEL’s Beobachtungen beziehen sich auf jüngere Stadien und sind besonders deutlich aus seiner Textfigur 18, p. 478 (Plattenmodell der knorpligen Nasenkapsel von einem Echidna- Embryo) zu ersehen. Die inneren Nasenlöcher sind hier noch so gross, dass nur im vorderen Theile der Schnauze eine Bodenknorpelplatte vorkommt, auf der in der Mittellinie der vordere Theil des Nasenseptums fusst. „Die Cartilago paraseptalis (JacoBson’scher Knorpel) geht vorn, rechts und links von der Median- ebene, von dem geschlossenen Boden der Kapsel aus und erstreckt sich, dem unteren Rande des Septums von unten und von der Seite her angelagert, nach hinten; seine Länge entspricht nicht ganz der Hälfte des freien unteren Randes des Septums. Der Knorpel ist in seinen vorderen zwei Dritteln rinnenförmig gestaltet; die Rinne öffnet sich nach seitwärts und unten. An der hinteren Grenze des zweiten Drittels nimmt der Knorpel in allmählichem Uebergange die Form eines rundlichen, von der Seite her comprimirten Stabes an, um dann mit abgerundeter Spitze zu enden. In den rinnenförmigen Theil ist das Jacoson’sche Organ eingelagert ..... Bei einem (älteren) Embryo schliesst sich die knorplige Rinne zu einem Rohre ab Die laterale Wand dieses Rohres bildet eine nach innen vorspringende Leiste für das Turbinale Jacobsonii.“ Zwei ältere Stadien von Echidna untersuchte W. N. PARKER (1894). Den Hauptunterschied seiner Befunde mit denen SEYDEL’s bildet, wie letztgenannter hervorhebt, das Auftreten der oben erwähnten un- paaren, die Jacogson'schen Knorpel unterlagernden Platte, die sich seitwärts bis in den Bereich des Bodens der Nasenhöhle erstreckt. SEYDEL sagt davon: „Es handelt sich hier um eine secundäre Ausdehnung des Bodens der knorpligen Nasenkapsel in den Bereich des secundären Gaumens. Die weite Oeffnung im Boden der Knorpelkapsel, die Embryo 46 zeigt und die der Apertura nasalis interna entspricht, wird bei den älteren Thieren durch die Knorpelplatte in ihrem vorderen Theil verlegt.“ Auf Tafel XLIV, Fig. 2 von BRooM 1895a (medianer Längsschnitt durch das Septum nasale von Echidna) ist diese Querplatte sichtbar und mit $.C. (STEnson’scher Knorpel) bezeichnet. Es ist wohl nicht zweifelhaft, dass sie der gleichnamigen Knorpelbrücke von Ornithorhynchus entspricht. Ebenso gut wie bei diesem Thiere findet sich bei Echidna hinter den JacoBson’schen Organen eine Communicationsöffnung zwischen beiden Nasenhöhlen |cf. W. N. PARKER (1894) p. Io, und Wırson (1894) p. 139 und Appendix p- 150]. Der Letzt- genannte deutet diese Communication als einen Rest jenes Entwickelungsstadiums der Nasenhöhle, in dem -der ventrale Rand des verticalen Septums noch nicht mit den seitlichen Gaumenfortsätzen zusammengetroffen ist. Wırson sieht grosse Aehnlichkeit zwischen dieser Oeffnung und der Perforation des Nasenseptums in ‚der Höhe der äusseren Nasenlöcher bei der Ente und einigen anderen Schwimmvögeln. Jetzt zurückkehrend zu Wırson’s Ansichten, so glaube ich die Gründe, warum er die Deutung des hantelförmigen Knochens als Gaumenfortsätze der Zwischenkiefer für unwahrscheinlich hält, wie folgt zusammenfassen zu können: 28” 96* Der Schädelbau der Monotremen. 220 D SI un Der hintere Theil der horizontalen oder Gaumenplatte des Knochens wird ventralwärts von der hinteren Ausbreitung der knorpligen Gaumenplatte überkleidet, während der verticale oder septale Theil sich caudalwärts noch eine ziemliche Strecke weiter fortsetzt, dorsal vom maxillaren Gaumen. Dadurch kennzeichnet sich für Wırson der Knochen als einem mehr dorsalen morphologischen Niveau angehörend als die Gaumenplatten der Zwischenkiefer, denn diese sind in der Ebene des secundären Mundhöhlendaches zu Hause. Bei Ornithorhynchus reicht letzterer nicht weiter vorwärts als der Vorderrand der Oberkiefer- Gaumenplatten; der vordere Theil des Mundhöhlendaches wird von dem primären Nasenhöhlenboden dargestellt. Diesem Boden liegt auf einer gewissen Länge eine bilaterale, pflugscharähnliche Ossification an, die von dem wirklichen Vomer zwar verschieden, aber mit ihm serial, und vor ihm gelegen ist. In dem Zwischenraum, der beide Glieder der Serie von einander trennt, erreicht der Unterrand des Nasenseptums den secundären Gaumen nicht, und in dieser Weise bleibt die vordere Communication der Nasenhöhlen offen. Grosse Uebereinstimmung sieht Wırson zwischen den Verhältnissen bei Ornithorhynchus und bei denjenigen Reptilien (Ophidia und Lacertilia), deren Jacogson’sche Organe hoch entwickelt und von einem Knochenpaare gestützt sind, denen bis jetzt der Name Vomera gegeben ward, aber die wohl eher mit dem Praevomer des Ornithorhynchus homolog seien. Aus W. K. Parker’s Figuren und Angaben (1885) über die Entwickelung des Schädels bei Edentaten und Insectivoren schliesst Wırson (mit Howes), dass bei langnasigen Placentaliern ursprünglich ein gesondertes Praevomerpaar vorkommt (anterior paired vomers W. K. PARKER). Doch muss er Howes auch beistimmen, wenn dieser hervorhebt, dass die Untersuchung der erwachsenen Schädel dieser Formen beweist, wie in den meisten Fällen diese vorderen Vomera in die Gaumenfortsätze der Zwischenkiefer aufgehen. Auch erhebt Wırson keinen Widerspruch gegen Howes’ Erklärung, „dass Vomera und Processus palatini praemaxillarium sich genügend als seriale Elemente einer und derselben Kategorie herausgestellt haben‘. Dies einmal zugegeben, wird, wie Wırson es selbst zum Ausdruck bringt, „die Auffassung des hantel- förmigen Knochens als ein Praevomer statt als ein Theil des Praemaxillare grösstentheils eine nominelle Unterscheidung“. £ In Uebereinstimmung damit entwickelt dann auch BrRoom in seiner Abhandlung „On the homology of the palatine process of the Mammalian premaxillary“ (1895a) die Ansicht, dass der hantelförmige Knochen den mit einander verwachsenen Zwischenkiefer-Gaumenfortsätzen einfach entspreche, aber dennoch die Wiırson’sche Bezeichnung Praevomer behalten darf, als richtig die seriale Homologie mit dem Vomer zum Ausdruck bringend. SYMINGToN (1896) entwickelt ungefähr dieselben Ansichten. Die knorpligen Umhüllungen der Jacobson’schen Organe bei den Säugethieren, die Broom mit W. K. PARKER „recurrent cartilages“ nennt, ruhen in knöchernen Schalen, die beinahe ohne Ausnahme mit den Processus palatini praemaxillarium verschmelzen. Bei vielen Formen jedoch (z. B. Erinaceus und Tatusia) hat es den Schein, dass die Össificationen der recurrenten Knorpel während einiger Zeit ihre Selbständigkeit bewahren, und bei einigen wenigen (Ornithorhynchus und unter den Chiropteren Miniopterus) bleibt dies zeitlebens der Fall. Wenn W. K. PARKER diese Knochenschalen der JacoBson’schen Organe „anterior paired vomers‘ nennt und sie als von den Zwischenkiefer-Gaumenfortsätzen verschieden denkt, so meint BRoom, dass er sich hierin geirrt hat, weil zwischen den Jacogson’schen Verknöcherungen und dem Körper der Praemaxillaria kein Raum mehr übrig wäre für gesonderte "Gaumenfortsätze der letzteren. Eine besondere Stütze seiner Ansicht findet BRoom in dem Vorkommen eines isolirten medianen Knochens zwischen den Jacogson’schen Organen einer australischen Fledermaus (Miniopterus schreibersii NATT.), deren Zwischenkiefer sich in der Mittellinie nicht begegnen und keine Spur von Gaumenfortsätzen zeigen. 221 Der Schädelbau der Monotremen. 753 Die ursprüngliche Duplicität dieses Knochens zeigt sich noch an seinem vorderen Ende. Bei Pteropus, wo Jacogson’sche Organe und auch die Processus palatini praemaxillarium fehlen, glaubt BRoom annehmen zu dürfen, dass die Ossificationen der dennoch anwesenden recurrenten Knorpel, statt mit den Zwischen- kiefern, mit dem Vomer verschmelzen. Er stellt folgende Synonymen- und Homologientafel auf: Praevomer (BRoou) — Processus palatinus praemaxillae bei Säugethieren im Allgemeinen. | hantelförmiger Knochen oder Os paradoxum von Ornithorhynchus. „ „ | ee 5 „Anterior vomer“ von Ornithorhynchus (WiLson). 35 er = „Anterior paired vomer“ der fötalen Insectivoren etc. (W. K. PARKER). 5 n = Lobus praepalatinus vomeris bei Cuiman (Howes). a ” — Vomer bei Lacertilien und Ophidiern (OwEn, PARKER etc). Nach Wırson’s letzter Notiz (1900) jedoch legen sich bei Ornithorhynchus gesonderte Gaumenfortsätze der Zwischenkiefer an, die vom hantelförmigen Knochen vollkommen getrennt bleiben, weshalb er die Homologie zwischen beiden nicht annehmen kann. Der letzte Forscher, der sich, soweit mir bekannt, über die Deutung des „hantelförmigen Knochens“ ausgesprochen hat, ist GEGENBAUR in seiner neuen „Vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere“, Auf P- 406 sagt er darin: „Dass der oben angeführte Knochen zum Vomer gehört (anterior vomer, WILsoN), ist mir deshalb nicht wahrscheinlich, weil er kein Deckknochen ist“ (von mir gesperrt). Es ist mir unverständlich geblieben, wie GEGENBAUR zu dieser Aussage gekommen ist, denn in der Literatur habe ich vergebens nach irgend einer Angabe über die Entstehung des Praevomer als Knorpel- knochen gesucht. Dass die auf dem Querschnitte sichelförmigen Knochenplättchen, aus denen er zusammen- wächst, sich an der Medianseite der Jacogson’schen Knorpel ausbilden, ist doch an und für sich kein Grund, sie für Umbildungen dieser Knorpel zu erklären. Doch scheint GEGENBAUR diese Ansicht zu hegen, denn er lässt auf den oben citirten Satz folgen: „Andere Össificationen!) erscheinen bei manchen Säugethieren in einer Fortsetzung der Nasenscheidewand als die sogenannten Rüsselknochen von Sus, Talpa u. a.“, und in seiner Copie der Wırson’schen Figur bezeichnet er den hantelförmigen Knochen mit 4 = Össification. Durch diese Ansicht scheint mir GEGENBAUR ausserdem in Widerspruch mit seiner eigenen Behauptung auf der vorhergehenden Seite (p. 405) zu kommen: „Dem medianen Abschnitte (des rostralen Knorpels bei Ornithorhynchus) gehört ein besonderer Knochen (A) an, welcher vor dem Vomer, aber nicht mit diesem im Zusammenhange sich findet und, da er die mediane Wand des Jacogsox’schen Organs stützen hilft, vielleicht einem bei anderen Säugethieren dem Praemaxillare zukommenden Fortsatze entspricht.“ Die Praemaxillaria sind ja doch ohne Zweifel Deckknochen, also müssen es auch die ihnen „entsprechenden“ Knochen sein. Ueber die phylogenetische Bedeutung des so absonderlich gebildeten Rostrums bei Ornithorhynchus äussert GEGENBAUR sich folgendermaassen: „Die Entfaltung des rostralen Knorpels lässt die Praemaxillaria in weiter medianer Trennung; sie haben die Stützfunction des Rostrums übernommen und stehen dadurch in Anpassung an die neue, singuläre Einrichtung. Diese selbst, wie sie dem Eingange zum Munde angehört, ist von der veränderten Lebensweise abzuleiten. Nach Verlust der Bezahnung des Kiefers erlangt der gesammte Vordertheil des Craniums eine mehr plane Gestaltung seiner Unterseite, wie es auch bei Edentaten und bei Echidna sich zeigt. Die Ausbildung des Rostralknorpels, wieder eine Folge der Anpassung der Mund- ränder an eine andere Art der Nahrungsaufnahme, bedingt dann das Verhalten der Praemaxillaria und die . - r r 1 “ ı) Von mir gesperrt; kann meines Erachtens in diesem Verbande nur als „Knorpel-Össification“ verstanden werden. 754 Der Schädelbau der Monotremen. 222 gesammte übrige Conformation. Alle diese Vorgänge bekunden nicht nur (?) die weite Entfernung des Ornitho- rhynchus von Echidna und die bei den Monotremen bestehende Divergenz der Organisation, welche wieder auf einen bedeutenden Reichthum von uns nicht mehr erhaltenen Formen der Promammalier schliessen lässt.“ Maxillaria. Wiewohl die Kiefer bei Echidna stark rückgebildet sind, gehören ihre Maxillaria dennoch zu den umfangreichsten Gesichtsknochen. Bei Ormithorhynchus ist dies selbstredend in noch viel höherem Maasse der Fall: von Rückbildung kann hier nur in sehr bedingtem Sinne die Rede sein. Fangen wir deshalb unsere Beschreibung mit dem Schnabelthier an. Ornithorhynchus. Der Oberkiefer von Ornithorhynchus erreicht eine solche Ausdehnung, dass er von dicht hinter der Schnauzenspitze bis in das Niveau der Gelenkgrube für den Unterkiefer reicht. SıxTA hat darin Veranlassung gefunden, den Bezirk dieses Knochens als eine Zusammenwachsung mehrerer zu deuten, die von ihm als Palatinum, Ecto- und Entopterygoid (das letztere wohl nur theilweise), Jugale, Quadratojugale und eigentliches Maxillare bezeichnet werden. Doch lässt eine vergleichende Betrachtung des Maxillare von Ornithorhynchus keinen Zweifel übrig, dass wir es nur mit einem einbeitlichen Knochen zu thun haben, und zwar von typisch säugethierartigem Bau. Besonders wenn es gelingt, ihn aus seinem Verbande mit umliegenden Knochen loszutrennen, sieht man daran sämmtliche Theile, die den Säugethier-Oberkiefer kennzeichnen. Als bemerkenswertheste Eigenthümlichkeiten seien hervorgehoben: ı) Der bedeutende Umfang des Canalis infraorbitalis und seine Verzweigung nach vorn in drei Kanäle: einen seitlichen, einen vorderen und einen unteren, von denen der erstere den grössten Durchmesser, aber den kürzesten Verlauf besitzt, während an seiner Ausmündung ein Knochenzapfen seitlich hervorragt, der zu den charakteristischsten Merkmalen des Ornithorhynchus-Schädels gehört. 2) Die ansehnliche Entwickelung des Processus palatinus, der wegen des Mangels eines vorderen alveolaren Theiles sich bis zum Seitenrand des Schädels ausstreckt und hier an seiner vorderen Ecke in eine lange scharfe Spitze ausgezogen ist, welche an ihrer ventralen Fläche eine tiefe, sich fein zuspitzende Furche trägt für den Processus accessorius (siehe oben) des Praemaxillare. In der Mitte dieser ventralen Fläche setzt sich die Ausmündung des Kanales für den Gaumenast des Infraorbitalnerven noch eine bedeutende Strecke als Längsgrube fort. 3) Caudal vom Processus palatinus und unterhalb der Orbita der grosse Processus alveolaris (Pars molaris), aus dessen lateralem Rande der ungewöhnlich lange Processus zygomaticus mit breiter Wurzel entspringt, Die Fläche dieser Alveolarplatte ist von in Reihen angeordneten Foramina alveolaria durchbohrt. Betrachtet man den Oberkieferknochen von der medialen Seite, so bemerkt man den Sulcus lacrymalis, an seinem oberen Rande überragt von einer Crista, die der Crista turbinalis entspricht und sich nach vorn fortsetzt in einen niedrigen Kamm zur Verbindung mit dem ventro-lateralen Begrenzungsrande des Sulcus ethmoidalis ossis nasalis. Dorsalwärts ragt über die Crista turbinalis der kurze Processus frontalis empor, dessen Hinterrand durch die Incisura lacrymalis concav eingeschnitten ist. Das Foramen lacrymale wird, bei Abwesenheit eines gesonderten Thränenbeins, an der Unterseite umrahmt von einem spatelförmigen Fortsatz des.Oberkiefers, der sich über den Vorderrand der Orbitalplatte des Stirnbeins hinüberlegt und mit seinem hinteren Theil 223 Der Schädelbau der Monotremen. 755 die Spitze der Pars orbitalis ossis palatini berührt. Es muss dieser Fortsatz wohl als Facies orbitalis ossis maxillaris bezeichnet werden; aus seinem unteren Rande zweigt sich die dorsale Ueberwölbung des Einganges zum Canalis infraorbitalis seitwärts ab. In der Mitte des Margo nasalis am Nasentheil des Oberkiefers zeigt sich eine flache Einbuchtung für den Boden des Canalis supraorbitalis, der hier auf die dorsale Schnauzenfläche ausmündet (siehe oben beim Nasenbeine). BRÜHL bezeichnet ihn unrichtigerweise als foramen infraorbitale 2. Echidna. Dieselben Theile, die bei Ornithorhynchus das Maxillare bilden, sind auch bei Echidna leicht wieder- zufinden, nur grösstentheils in stark rückgebildetem Zustande. Der Processus frontalis macht insoweit eine Ausnahme, als er ziemlich gross ist, aber er geht so allmählich in die anderen Theile über, dass er gar nicht als gesonderter Fortsatz in die Augen fällt. Sein Hinterrand zieht zuerst senkrecht hinunter, dann gabelt er sich in zwei Kanten: die äussere schwingt sich in den Oberrand des schmächtigen Processus jugalis über, die innere dagegen bildet die Incisura lacrymalis. Diese letztere geht in den dorsalen Rand der sehr kleinen Pars orbitalis über, welche beinahe vertical steht und den hinteren Theil der Innenwand des Infraorbitalkanals bildet. Der Eingang zu diesem Kanale wird wie bei Ornithorhynchus überwölbt durch ein hinten concaves, kleines Gesims, das sich lateralwärts in den Innenrand des Processus jugalis umbiegt. Lacrymalia. Dass die Lacrymalia bei den Monotremen als selbständige Knochen fehlen, wird von allen Autoren zugegeben, nur SEELEY bezeichnet (wie erwähnt) in seiner Abbildung eines jungen, mit Nähten versehenen Ornithorhynchus-Schädels den an der Orbitalwand caudalwärts ragenden Fortsatz des Maxillare als Thränenbein. Was aber die Ursache dieses Fehlens sei: ob Rückbildung oder frühzeitige Verwachsung mit einem der umliegenden Knochen, und, falls das letztere zutrifft, mit welchem Knochen, darüber lassen uns die Angaben in Zweifel. So sagt CUVIER (An. comp., p. 454): „II n’y a pas de vestige de cet os‘‘, PANDER und D’ALTON dagegen: „Am Schnabelthier ist (das Thränenbein) nicht mehr genau zu unterscheiden, doch scheint es nicht zu fehlen, wie wir nach einigen Spuren der Nähte schliessen dürfen.“ Auch JoANNES WAGNER bildet solche Spuren von Nähten ab, ohne indessen die Knochenpartien mit Namen zu belegen. Am bestimmtesten spricht KöstLın sich aus (p. I0o2 unten): „Schon im menschlichen Schädel kommen einzelne Fälle vor, wo das Thränenbein mit dem Öberkiefer verschmilzt; dies ist sehr früh normal bei Manis, ebenso wohl bei den Monotremen, häufig bei Dasypus sexeinetus.“ Nun kommt es mir vor, wie schon beim Frontale bemerkt wurde, dass, wenn überhaupt das Thränen- bein verwachsen, nicht verdrängt ist, es sich nicht mit dem Maxillare, sondern mit dem Frontale vereinigt hat. Das For. lacrymale liegt nämlich in allen Thränenbeinen nahe der unteren Grenznaht, und diese Naht ist es, die bei Monotremen und Manis das Maxillare vom Frontale trennt. Dieser Eindruck wird verstärkt durch die Vergleichung mit dem Frontale anderer Säugethiere, wie z. B. Erinaceus. Im Grossen und Ganzen ist die Form und Beschaffenheit dieses Knochens bei beiden Formen überaus ähnlich, nur erreicht das Frontale bei Echidna ‚grössere Ausbreitung an jenen zwei Stellen, 756 Der Schädelbau der Monotremen. 224 die den Bezirken des Postfrontale und des Lacrymale entsprechen. Es muss nämlich bei Frinaceus, wo das Lacrymale ebenfalls fehlt, dasselbe nicht mit dem Frontale, sondern mit dem Maxillare verwachsen sein '). Denkt man sich also bei Echidna die Lacrymal- und Postfrontalbezirke vom Frontale getrennt, so stimmt dieser Knochen beinahe vollständig mit dem von Erinaceus überein. Sieht man sich dagegen die Lagerung der Orbitalknochen des Orycteropus an, so möchte man zu der Annahme neigen, es sei das Lacrymale der Monotremen in dem Maxillare aufgegangen. Besonders der- jenige Theil des Ornithorhynchus-Oberkiefers, den ich als Pars orbitalis bezeichnet habe, scheint bei Oryeteropus in vollständig übereinstimmender Lage als Fortsatz des Lacrymale vorzukommen. Doch muss man hierbei wohl in Erwägung ziehen, dass die Knochenverhältnisse bei Orycteropus im Uebrigen so verschieden sind, besonders wegen des bis an den vorderen Orbitalwinkel herantretenden Jugale, dass man hier sehr vorsichtig sein muss, um aus Vergleichungen Schlussfolgerungen zu ziehen. Dazu mahnt auch die Heranziehung anderer Edentaten; vergleicht man z. B. Myrmecophaga (mit grossem Lacrymale) und Manis (ohne Lacrymale) sowohl mit einander als mit Monotremen, so scheint es mir nicht zweifelhaft, dass sowohl bei Manis als bei den Cloakenthieren das Thränenbein als in dem Frontale aufgegangen gedacht werden muss. Auch der Zustand bei Beutelthieren (z. B. Macropus) veranlasst mich, diese Hypothese als die wahr- scheinlichste anzusehen. Palatina. Wie bei jedem Säugethiere kann man auch bei den Monotremen am Palatinum eine horizontale oder Gaumenplatte und eine verticale oder Orbitalplatte unterscheiden. Nur kommt bei Echidna und möglicher- weise auch bei Ornithorhynchus noch ein dritter Theil dazu, der sich hinter der Pars orbitalis, schräg dorsal- und lateralwärts erhebt und den ich in früheren Publicationen (1899a und b) hinteres oder Temporal- flügelchen des Gaumenbeines genannt habe. Sehen wir vorläufig von diesem Flügelchen ab und betrachten zuerst das übrige Palatinum. Eehidna und Proechidna. Der Knochen ist stark in die Länge, dagegen wenig in die Höhe entwickelt. Besonders die Gaumen- platte besitzt diese gestreckte Form, und zwar in viel bedeutenderem Maasse als sich in der Ventralansicht verräth, denn oralwärts wird ein ansehnlicher Theil ihrer Ventralfläche von der hinteren lateralen Spitze des Oberkiefer- Gaumenfortsatzes überdeckt. Der laterale Rand des Palatinums reicht selbst noch etwas weiter nach vorn als der mediale. Scharf biegt sich die orale Hälfte dieses Randes in die verticale oder orbitale Platte um; die caudale Hälfte dagegen trägt das oben erwähnte Temporalflügelchen. Die Suturae maxillo-palatinae haben eine sehr scharf zugespitzte V-Form, weil die Maxillaria mit - langen, spitzen Fortsätzen die seitlichen Theile der Gaumenplatte überlagern. Dadurch wird der laterale Rand des knöchernen Gaumens nur für einen kleinen Theil vom Palatinum dargestellt. Wo die convergirenden medianen Schenkel der Suturae maxillo-palatinae in der Mittellinie mit den Sagittalsuturen zwischen den beiderseitigen Maxillaria und Palatina zusammentreffen, lassen die Knochen eine kleine Lücke frei, wodurch die Ventralfläche des Vomers hindurchblickt. Wie bekannt, weichen die Gaumenplatten bei Echidna caudalwärts auseinander, wodurch ein langer, scharf-spitziger Schlitz im harten Gaumen entsteht, der von den medialen Rändern der Pterygoidea noch I) Vel. W. K. PARKER, On the structure and development of the skull in the Mammalia, Pt. III, Insectivora. Phil. Trans., Vol. CLXXVI, 1386. | 225 Der Schädelbau der Monotremen. 757 eine Strecke weiter geführt wird. Die Suturae palatino-pterygoideae convergiren caudalwärts und geben also den Palatina eine nach hinten zugespitzte Form; diese Spitzen ragen noch mehr oder minder weit über den Eingang der Choanen hinaus, und dadurch bekommt die Lücke im harten Gaumen eine dreizackige Gestalt: eine grosse Zacke in der Mitte und ein Paar kleinere zu den Seiten. Bei Proechidna ist die Lücke beinahe vollständig zugewachsen, aber dennoch leicht, selbst in ihrer dreizackigen Form, wiederzuerkennen. Die Orbitalplatte hat eine stumpf-dreieckige Gestalt, sie grenzt mit ihrem oralen Schenkel an die Orbitalplatte des Frontale, mit ihrem caudalen an den Vorderrand des Orbitosphenoids. Der vordere Basalwinkel des Dreieckes stösst an das Maxillare, genau oberhalb des Innenrandes des suborbitalen Loches. Der Basis des Dreieckes anliegend findet sich eine längsovale Oeffnung, deren orale Spitze gerade den Mittelpunkt dieser Basis erreicht und die durch Zusammenfliessen der Ausmündungsöffnungen zweier Knochenkanäle dargestellt wird: eines vorderen und eines hinteren. Der vordere Kanal ist grösser und führt nach sehr kurzem Verlaufe in die Nasenhöhle; seine innere Mündung ist deshalb von aussen her sichtbar: es ist dies der Canalis spheno-palatinus. Der hintere und engere Kanal verläuft dagegen in medio-caudaler Richtung durch die Dicke der Gaumenplatte und mündet mit einem oder zwei Löchern ungefähr in der Mittellinie dieser Platte. Meines Erachtens entspricht er dem Canalis pterygo-palatinus und seine Ausmündungen an der Gaumenplatte den Foramina palatina majora und minora der menschlichen Anatomie. Bei Proechidna finde ich drei solche Gaumenlöcher in einer Längsreihe, das vordere liegt bei einem meiner Specimina genau medial vom Foramen pterygo-palatinum. Aus dem Obenstehenden geht hervor, dass die mediale Wand der Orbita bei Echidna von drei Knochen gebildet wird: Frontale, Palatinum und Orbitosphenoid. Mit dem ersteren ist höchst wahrscheinlich das Lacrymale verschmolzen. Ein Os planum tritt nicht an die Oberfläche. Diese Zusammensetzung der medialen Orbitalwand entspricht vollkommen derjenigen vieler anderen Säugethiere. Von den zum Vergleich herangezogenen Formen fand ich die allergrösste Uebereinstimmung in Gestalt und Anordnung der Knochen bei Pferopus, aber kaum weniger gross bei Manis, bei welch‘ letzterer noch dazu das Lacrymale nicht gesondert ist. Doch zeigen auch andere Edentata, vorzüglich Myrmecophaga, grosse Aehnlichkeit. Bei Beutelthieren ist der vom Orbito-palatinum ausgefüllte Bezirk ebenfalls sehr bedeutend. Angesichts dieses Ergebnisses muss es einigermaassen Wunder nehmen, dass über die Deutung nicht nur der Gaumenknochen, sondern der sämmtlichen Orbitalknochen bei den Monotremen so vielfach Wider- sprüche und Irrthümer in der Literatur gefunden werden. Allerdings nicht bei den älteren Autoren. CuvIEr unter Anderen sagt vom Echidna-Gaumen (O.F. p- 145): „Les palatins penetrent entre les maxillaires dans le palais jusqu’a vis-a-vis la naissance des arcades (sc. zygomatiques). Une Echancrure aigue et profonde separe les palatins en arriere ... . .“ (p- 146.) „En arriere de l’orbite, pres du bord de l’arriere-palais, est le trou qui repond au spheno- palatin et au pterygo-palatin. Il communique en dessous avec un petit trou du palatin dirige en arriere.“ Auch Köstrin hat die Palatina von Echidna richtig gedeutet und beschrieben (P. in seiner Figur XIla, Taf. IV) und hat auch von der medialen Orbito-temporalwand eine sehr gute Abbildung gegeben (Fig. XIld), worin nur die Foramina spheno-palatinum und pterygo-palatinum einer speciellen Bezeichnung entbehren. JoANNES WAGNER deutet die Gaumenplatte richtig, lässt aber den Orbitaltheil des Palatinums ohne Bezeichnung. Jenaische Denkschriften. VI. 29 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 97 758 Der Schädelbau der Monotremen. 226 Dagegen hat Owen (1837) Verwirrung gestiftet, indem er die Gaumenplatte des Palatinums für das Pterygoid angesehen hat (Fig. 170 i.c‘ — pterygoid plate of sphenoid, which is also horizontal, p. 370, II) und dazu behauptet: „The palatal bones, if originally distincet, soon become confluent with the maxillaries ...... The palatines of CuviEr are developed from the sides of the basisphenoid and almost immediately bend inwards and meet below the nasal canal which they thus prolong posteriorly, as in the Myrmecophaga; and they are separated posteriorly also as in that genus by an acute fissure presenting unequivocally the same modifications which characterize the pterygoids in the placental anteaters and in the crocodiles. The suture dividing the pterygoids from the palatines in the Echidna is obliterated, if it ever existed, or the true palatines may be confluent with the palatine processes of the maxillary bones.“ Was die Orbitalplatte des Echidna-Palatinums anbelangt, so hat Owen in seiner Fig. 169 von Tonn’s Cyclopaedia dieselbe unbezeichnet gelassen, in seiner „Anatomy of Vertebrates“, Vol. II, p. 312, Fig. 197, dagegen mit 10 bezeichnet und also als Orbitosphenoid gedeutet, was damit zusammenhängt, dass er das wirkliche Orbitosphenoid für das Alisphenoid ansah, BrüHrL, der die Gaumenplatte richtig als solche bezeichnet, macht in Bezug auf die Orbitalplatte denselben Fehler wie Owen, indem auch er das wirkliche Orbitosphenoid für das Temporosphenoid erklärt, dagegen als Orbitalplatte des Palatinums die Facies orbitalis des nach hinten gerichteten spitzen Gaumen- fortsatzes des Maxillare bezeichnet. Das Foramen spheno-palatinum nennt er For. opticum. Sıxra nennt die Gaumenplatte Entopterygoid, indem er wie Owen das Planum palatinum des Ober- kiefers für das Os palatinum hält. Die Orbitalplatte lässt er unbezeichnet und unerwähnt. FLOWER und GADow geben eine richtige Abbildung und Bezeichnung der Gaumenplatte. Kehren wir jetzt zu der Betrachtung des temporalen oder hinteren Flügelchens des Palatinums zurück. Diesen Namen möchte ich beibehalten, wiewohl ich glaube, dass es eine dem Gaumenbein ursprünglich fremde Bildung ist. Bei anderen Säugethieren fehlt ein ihm homologer Anhang am Palatinum, denn mit dem Processus sphenoideus des menschlichen Gaumenbeins lässt es sich meines Erachtens nicht identificiren, weil es an der Begrenzung des Foramen spheno-palatinum keinen Antheil hat. Ob es bei Ornithorhynchus vorkommt, ist mir noch fraglich, aber doch wahrscheinlich, wie ich unten näher erörtern werde. Der Temporalflügel erhebt sich vom hinteren Theil des lateralen Gaumenrandes und hat einen schräg, oral- und lateralwärts aufgerichteten Stand. Sein Vorderrand ist concav und bildet die hintere und zugleich äussere Begrenzung eines Doppelloches, nämlich der gewöhnlich zusammengeflossenen (siehe unten), Foramen rotundum, Fissura orbitalis superior (seu spheno-orbitalis) und Foramen opticum. Sein hinterer Rand bildet an jugendlichen Schädeln den ventralen Theil der vorderen Begrenzung der grossen spheno-temporalen Schädellücke. Bei der Verschliessung dieser Lücke mittelst einer von hinten heranwachsenden Knochenplatte erreicht die Platte am ersten den genannten Hinterrand und trennt dadurch das bleibende Foramen ovale von dem dorsalen Rest der Lücke, der wohl bald nachher ebenfalls verschwindet. Der obere Rand des Temporalflügelchens grenzt mit Naht an ein Tuberculum des orbitalen Keilbeinflügels, das dorsalwärts sich über das Foramen opticum wölbt, und bringt dadurch dieses Loch zum Abschluss (Textfigur 5, S. 241 [773)). An einem meiner Zchidna-Schädel findet sich linkerseits eine zweite Verbindungsbrücke zwischen Palatinumflügelchen und Orbitosphenoid durch eine vom letzteren vorspringende horizontale Knochenleiste, die also das Foramen opticum von der Fissura spheno-orbitalis + Foramen rotundum trennt. Bei allen drei mir zu Gebote stehenden Proechidna-Schädeln kam diese Trennungsleiste beiderseits vor, aber an einem Exemplar war rechterseits der dorsale Theil des Loches nochmals getheilt. 227 Der Schädelbau der Monotremen. 759 Die Basis des Temporalflügelchens schliesslich liegt nicht genau am lateralen Rande der Gaumen- platte, sondern springt etwas medial einwärts und verursacht dadurch eine ziemlich tiefe Grube, die nach hinten in einen engen Kanal übergeht, der, die Gaumenplatte schief durchbohrend, nach kurzem Verlaufe in die Schädelhöhle mündet. Dieses hintere Palatinumflügelchen ist bis jetzt von allen Forschern entweder gänzlich übersehen oder doch in seinem Zusammenhange mit dem Palatinum verkannt worden. KöstLın bildet es richtig ab (Taf. IV, Fig. XIla litt. s.), rechnet es aber zum Keilbeine, denn er sagt bei der Besprechung des Alisphenoids (p. 29): „Bei Echidna war er (d. h. der Schläfenflügel des Keil- beines) durch die Annäherung des vorderen und hinteren Randes sehr kurz und sass neben dem Gaumen- bein auf einem schmalen Fortsatz, der sich vom Keilbein aufzukrümmen schien, mit deutlicher Naht fest; diese Insertion geschah zwischen dem ersten und zweiten Loch der Schädelbasis ... .“ Auch Owen rechnet es zum Keilbeine, wie aus seinen Figuren folgt, und zwar scheint er es als Anfangsstück des Alisphenoids zu deuten (Topp’s Cycl., Fig. 170 litt. i.; An. of Vert., Vol. II, p. 312, Fig. 197 No. 6 [unten]). Bei CUVIER, PANDER und D’ALTON, BRÜHL, JOANNES WAGNER, FLOWER und GADow finde ich das Flügelchen nicht erwähnt, obwohl z. B. WAGNER es in seiner Fig. I deutlich abbildet und auch an der rechten (Schatten-)Seite die Trennungsnaht von dem (wirklichen) Orbitalflügel des Sphenoids angiebt. In der Figur von FLOWER und Gapow ist dieses letztere Detail nicht eingetragen, wiewohl es an dem jungen, mit deutlichen Nähten und grosser Temporallücke versehenen Schädel unzweifelhaft wahr- nehmbar gewesen sein muss. Das Flügelchen selbst hebt sich in der Abbildung eigentlich allzu scharf von den umgebenden Lücken und Löchern durch Schattenlinien ab und ist gerade dadurch undeutlich dargestellt. Bei SıxTa vermisse ich jede Erwähnung oder Abbildung. Was nun die eigentliche Bedeutung dieses Gebilde angeht, so glaube ich, dass es wirklich als zum Keilbeine gehörig betrachtet werden muss, dass also KöstLın und OwEn im Grunde Recht haben. Zwar lässt sich schwerlich bestreiten, dass es beim erwachsenen Thiere einen Theil des Pala- tinums bildet; denn bei der Zerlegung eines jugendlichen Schädels in seine Componenten blieb es beiderseits mit dem Gaumenbein in Zusammenhang, und Reste einer Trennungsnaht waren an keinem Exemplare mit Sicherheit nachzuweisen. Aber, wie beim Sphenoid des Näheren betont werden wird, haben wir es hier höchst wahrscheinlich mit einem selbständig ossificirenden und darauf mit dem Palatinum verwachsenden Theile des Alisphenoids zu thun. Es sei hier also nach dem Abschnitt über das Sphenoid verwiesen. Ornithorhynehaus. Am Schnabelthierschädel gehört das Gaumenbein zu den wenigen Knochen, dessen Grenzen auch im erwachsenen Alter noch ziemlich genau wahrzunehmen sind. Seine allgemeine Form entspricht im Grossen und Ganzen derjenigen bei Echidna. Doch macht sich die Gaumenplatte ansehnlicher, weil sie sich vorn und besonders hinten nur wenig verschmälert. Dabei fehlt auch der hintere Schlitz zwischen den beiden Hälften beinahe ganz; der Hinterrand ist accolade-förmig, und nur die mediane Spitze dieser Accolade erinnert an den tiefen und scharfen Einschnitt bei Echidna. Proechidna sieht in dieser Hinsicht dem Ornitho- rhynchus anscheinend ähnlicher. Ueber die Bedeutung dieser Unterschiede in der Form der Gaumenplatte handle ich weiter unten im vergleichenden Abschnitt (S. 231 [763] £.). 29* 97* 760 Der Schädelbau der Monotremen. 228 An den vorderen Ecken der Gaumenplatte öffnen sich die ansehnlichen Foramina palatina majora, etwas weiter rückwärts noch ein Paar winzige minora. Die lateralen Ränder lassen sich in drei ungefähr gleich lange Abschnitte unterscheiden. Von diesen grenzen die vorderen mit etwas nach vorn convergirenden Nähten an die zahntragenden Platten der Ober- kiefer. Die mittleren sind frei und besitzen eine leichte Concavität, die sich bei ihrem Uebergange in die hinteren Abschnitte zu einem kleinen, hakenförmigen Vorsprung accentuirt. Diese Vorsprünge bilden den Unterrand für die vordere Mündung der (unten zu beschreibenden) Canales Vidiani, welche Mündung selbst wieder genau ventral vom Unterrande der Foramina rotunda liegt. Die hinteren Abschnitte der harten Gaumenränder endlich convergiren etwas in caudaler Richtung und grenzen in ihrer ganzen Länge an zwei oder richtiger an drei über einander gelegene Knochen. Es sind dies erstens die Pterygoidea, die nur syndesmotisch an den Gaumenrand geheftet sind und übrigens als dünne Blättchen frei zwischen Schleimhaut und Kaumuskeln herausragen, weshalb sie an den meisten macerirten Schädeln verloren gegangen sind, was als eine der Hauptursachen für die in der Osteologie des Monotremenschädels bestehende Verwirrung betrachtet werden darf (Näheres beim Pterygoid). Dorsalwärts vom Pterygoid hängt der Rand der Gaumenplatte durch Naht mit der ventro-lateralen Schädelwand zu- sammen, die sich zu ihm heranschwingt als ein Knochenwall, dessen medialer Abhang die Seitenwand der Nasengänge bildet. Dieser Wall wird der Länge nach von dem oben erwähnten Vıpr'schen Kanal durch- zogen, der vom Vorderende des Foramen ovale bis zum Hinterrande des Foramen rotundum reicht. Nun bin ich der Ansicht, dass, wenn es überhaupt bei Ornithorhynchus ein Temporalflügelchen des Palatinums giebt, dieses an der hier besprochenen Stelle gesucht werden muss. Denn bei Echidna liegt es zwischen Foramen rotundum und ovale, wird also durch die Trigeminusäste II und III in seiner Lage fixirt. Bei Ornithorhynehus kann es schwerlich anders sein, ausserdem wäre weder davor noch dahinter Raum für ein solches Flügelchen vorhanden. Es wäre also denkbar, dass die ventro-laterale oder äussere Wand des Canalis Vidianus vom Temporalflügelchen gebildet würde, in welchem Falle dessen dorsaler Rand mit der eigentlichen Schädelwand verwachsen sein müsste. Wirklich finden sich Spuren einer Naht, die sich vom Foramen rotundum zum Foramen ovale hinüberschwingt. Von diesem fraglichen Punkte zu sicheren Daten zurückkehrend, muss erstens noch die Orbitalplatte des Ornithorhynchus-Palatinums beschrieben werden. Sowohl die Naht, die sie vom Maxillare trennt, als diejenige, mit welcher sie an Frontale und Sphenoid grenzt, sind sehr deutlich zu unterscheiden. Ebenso wie bei Echidna hat die Platte dreieckige Gestalt, nur ist die Höhe des Dreieckes viel niedriger, und liegt sein Gipfel viel weiter oralwärts, nämlich am Hinterende derjenigen Apophyse des Maxillare, die ich als Facies orbitalis bezeichnet habe. Der orale Schenkel des Dreieckes ist also sehr kurz und fällt steil gegen die Basis ein, biegt sich aber ohne deutliche Winkelbildung in diese, d. h. in den longitudinalen Theil der Maxillarnaht über. Der caudale Schenkel dagegen ist lang und senkt sich sehr allmählich, so dass der hintere Basiswinkel äusserst scharf ist. Das Foramen spheno-palatinum liegt viel weiter oralwärts als bei Echidna,; ebenso wie bei dieser giebt es Zugang zu zwei Kanälen, einem dorsalen, der in die Nasenhöhle, und einem ventralen, der an die Gaumenfläche führt. Ein kleiner Unterschied besteht aber darin, dass der letztgenannte, der ein ebenso ansehnliches Lumen hat wie der erste, nicht rückwärts, sondern schief vorwärts verläuft und auf sehr kurzem Wege die Gaumenfläche erreicht. Dahinter findet sich aber noch ein viel engeres Kanälchen, das ebenfalls vom Foramen spheno-palatinum abgeht und an den Gaumen ausmündet: das Foramen palatinum minus. 229 Der Schädelbau der Monotremen. 761 Pterygoidea. Wohl bei keinem anderen Schädelknochen besteht ein so grosser Unterschied zwischen Echidna und Ornithorhynchus als beim Pterygoid, und hierin liegt ohne Zweifel eine der Hauptursachen für die Verwirrung und die Widersprüche in der Deutung dieses Knochens. Einer anderen Ursache wurde schon Erwähnung gethan, nämlich der sehr losen Anheftung der Flügelbeine bei Ornithorhynchus, wodurch sie beim Maceriren leicht verloren gehen. Ecehidna und Proechidna. Bei Echidna und Proechidna sind die Pterygoidea kaum weniger von der Norm abweichend als bei Ornithorhynehus, nur in entgegengesetztem Sinne, sowohl durch ihre hohe Entwickelung als durch ihre Lage. Sie betheilisen sich nämlich nicht nur an der Bildung des harten Gaumens, sondern auch an der der Trommelhöhle und des Gehirnschädelbodens. Ihre ventrale Fläche hat die Gestalt eines schief lateralwärts ausgezogenen Fünfeckes (FLOWER und Gapow bezeichnen sie als oval, was mir sehr wenig der wahren Form zu entsprechen scheint). Nur eine der fünf Seiten, nämlich die antero-mediane, bildet eine Naht, zum Anschluss an das Palatinum. Die vier anderen ragen über das Niveau der umliegenden Knochen heraus; am stärksten ist dies der Fall mit dem leicht con- caven postero-lateralen Rande, der dabei einigermaassen zugeschärft ist, während die übrigen freien Randtheile wulstartig verdickt sind. Das oben genannte Randstück bildet die ventrale Decke für den medialen Recessus des Cavum tympani. Der hintere Rand ist ziemlich stark umgekrempelt und begrenzt mit einem dicht dahinter gelegenen transversalen Knochenwall des Petrosums eine sehr tiefe Furche, die in die Paukenhöhle führt. Der antero-laterale Rand trägt in seiner vorderen Hälfte zur medialen Begrenzung des Foramen ovale bei, in seiner hinteren bleibt er bei jugendlichen Schädeln ebenfalls frei als mediale Grenze der spheno- temporalen Schädellücke, die sich hier mit einer stark verschmälerten Fortsetzung zwischen Pterygoid und Pars glenoidea ossis squamosi bis zum Vorderrande des Petrosums erstreckt. Von dem oben erwähnten Recessus medialis des Cavum tympani bildet das Pterygoid nicht nur die (ventrale) Decke, sondern auch den (dorsalen) Boden; mit anderen Worten: der sehr dicke postero-laterale Rand des Flügelbeines enthält eine tiefe Grube, die sich an ihrer Hinterseite ohne scharfe Abgrenzung in den oben genannten Sulcus umbiegt. Anders verhält es sich mit dem postero-medianen Rande. An dessen caudalem Ende läuft der Knochen in einen stumpf-dreiseitigen Fortsatz aus, der Gipfel dieses Fortsatzes berührt gerade die Seitennaht des Occipitale basilare (s. d.), sein vorderer (medianer) Rand grenzt an einen hinteren Fortsatz des Basi- sphenoids, der sich zwischen Pterygoid und Occipitale basilare einkeilt. Betrachtet man das Pterygoid von der lateralen Seite, so bemerkt man, dass man berechtigt ist von einem verticalen oder aufsteigenden Theil des Knochens zu sprechen, im Gegensatz zu dem horizontalen oder Gaumentheil. Dieser Theil wird von dem sehr verdickten lateralen Rande gebildet und besteht also aus einem wulstigen vorderen Stück, gefolgt von einem tief ausgehöhlten hinteren: dem oben genannten Recessus medialis cavi tympani. Bei der Betrachtung der inneren oder dorsalen Fläche ergiebt sich der merkwürdige Befund, dass ein Theil davon, und zwar der antero-laterale Theil, am Boden des Gehirnschädels offen zu Tage liegt. Vorn 762 Der Schädelbau der Monotremen. 230 grenzt dieser Theil an das Palatinum, medial an Palatinum und Sphenoid, hinten an das Petrosum, lateral an die (spät verknöchernde) Verschlussplatte der spheno-temporalen Schädellücke. In dieser seiner Betheiligung an der Bildung des Schädelhöhlenbodens steht das Pterygoid von Echidna unter den Säugethieren wohl ebenso einzig da wie in seiner Theilnahme an der Begrenzung der Paukenhöhle. Von diesem letzteren Umstande heben OwEn und FLowEr das Exceptionelle hervor, doch erwähnte auch schon CuVIER: „Elle contribue a former la cavit€ de la caisse“‘ (Oss. foss., p. 146). Das Zutagetreten des Pterygoids an der Innenfläche der Schädelwand lässt sich meines Erachtens nur durch lückenhafte Verknöcherung des Primordialschädels erklären, wie bei der Besprechung des Ali- sphenoids ausführlicher erörtert werden wird. ; Owen, der die Palatina für Pterygoidea hält, nennt die wirklichen Pterygoidea „palatal process of the petrous bone“, obwohl er Cuvıer’s Deutung wohl in Erwägung gezogen hat, denn er sagt (p. 371, 1. Spalte): „CuviEr describes the posterior palatal fissure as extending between the palatine bones and therefore regards the plates, which are here affirmed to be developed from the petrous bone, as being the pterygoid processes of the sphenoid; and according to this view, he truly observes that their horizontal position is very remarkable; but he might have added, that their share in the formation of the tympanic cavity was not less so. If however the sphenoid be separated from the occipital bone, which was easily done in the young skull of Echidna, the horizontal plates described by CuVIEr as pterygoids, are left behind, not as separate bones, but as continuous portions of the petrous elements of the temporal, which form, at the same time, part of the base of the cranial cavity, complete the inner wall of the tympanum and the anterior part of the Eustachian groove.“ Dieser letzteren Behauptung gegenüber kann nur versichert werden, dass bei jungen Schädeln die Pterygoidea sich ohne Mühe von den Petrosa ablösen lassen und die Nähte am unversehrten jungen Schädel vollständig deutlich sind. Später hat aber Owen seine Ansicht aufgegeben, denn in der Anat. of Vert., Vol. II, sagt er p. 320; „The roof (of the mouth) is continued by the pterygoids (ib. 24 and 16‘) which articulate, as in many Birds, with the tympanic (e, 28) and the basisphenoid (5).‘“ Die hinzugesetzten Zahlen lassen keinen Zweifel, dass Owen hier die wirklichen Pterygoidea im Auge hat. Ornithorhynehus. Die Pterygoidea. vom Schnabelthier sind sehr einfach, nämlich dünne, längliche Knochenplättchen, die vom hinteren Theil der lateralen Gaumenränder seitwärts frei herausragen zwischen Mundschleimhaut und Kaumuskeln. Nur ihr freier Seitenrand ist complicirt gestaltet, er bildet nämlich einen tiefen, fast kreisförmigen Einschnitt. Durch diese Anheftungsweise gehen die Pterygoidea beim Maceriren des Schnabelthierschädels in den meisten Fällen verloren. Obwohl sie von den älteren Autoren (MECKEL, CUVIER) nicht übersehen sind, und MEcKEL auch schon ihre merkwürdige Beweglichkeit erwähnt!), und obwohl Owen die Figur MECkEL’s (Ventralansicht des ganzen Ornithorhynchus-Skeletes) copirt, so lässt er in dieser Copie die Bezeichnung MEckEL’s der Pterygoidea weg und erklärt den hinteren Theil der Palatina für Pterygoidea, wobei er jedoch die Thatsache erwähnt, dass er an seinen Exemplaren keine trennende Naht zwischen beiden auffinden konnte, obwohl die Nähte zwischen Palatinum und Proc, palat. ossis maxillaris noch nicht obliterirt waren, I) „Ad ipsius (palatini) marginem lateralem versus extremum posterius lamina ponitur longitudinalis, angusta, extremo postico extrorsum flexa, sine dubio processus pterygoideus internus, quem cum cl. Rudolphio in utroque specimine omnino mobilem inveni.“ dad Alm A Aut 231 Der Schädelbau der Monotremen. 763 In seiner späteren Arbeit verbessert er dieses Versehen nicht, denn er sagt nur p. 322: „The sutures defining the palatines and pterygoids are soon effaced.“ KöstLin, der die Flügelbeine bei Echidna richtig erkannt hat, verfällt in Bezug auf Ornithorhymchus in denselben Irrthum als Owen, denn er sagt (p. 76): „Die Monotremen folgen hier (d. h. nach den Edentata) unmittelbar, indem bei Ornithorhynchus der knöcherne Gaumen durch die Verbindung der Flügelbeine sich auch bis zum hinteren Ende dieser ausdehnt .. . .“ In MEcker’s Figur erstrecken sich die Pterygoidea nach vorn bis zu den Proc. alveolares. Eine solche Längenausdehnung habe ich bei keinem meiner Exemplare aufgefunden. Richtiger sind wohl die Abbildungen bei CuviErR, PANDER-D’ALTON und JOoANNES WAGNER, wo die Pterygoidea nur bis zum Foramen rotundum reichen. Auch BrünHr bildet sie richtig ab, bezeichnet sie aber als Ectopterygoidea. Wiewohl Sıxra die Arbeit BrRüHr’s lobend erwähnt, fehlen in seiner Figur die Pterygoidea, während er den medianen Theil der Palatina und der Processus palatini ossium maxillarium zusammen als Ento- pterygoidea bezeichnet, das Ektopterygoid dagegen in einem Theil des Processus alveolaris oss. max. sucht. Vergleichung des knöchernen Gaumens bei Echidna und Ornithorhynchus. Bei weitem der grösste Theil des knöchernen Gaumens wird bei beiden Monotremen von den Maxillaria und Palatina gebildet, vorn nehmen zwei schmale, sich zuspitzende Fortsätze der Praemaxillaria an der Bildung der Mundhöhlendecke theil. Ornithorhynchus besitzt dazu noch das Os praevomer. Am hinteren Rande aber zeigt sich ein erheblicher Unterschied: während nämlich bei Echidna die zwei Gaumenbeine allmählich auseinanderweichen und dadurch eine nach vorn zugespitzte Spalte zwischen sich hervortreten lassen, gehen bei Ornithorhynchus die Hinterränder der Palatina in fast genau entgegengesetzter Richtung auseinander und stellen dadurch einen queren Hinterrand des knöchernen Gaumens dar, der aber eine nach links und rechts ausgeschweifte Contour aufweist, die in ihrer Form an ein Accoladezeichen erinnert. Nennt man die am meisten vorspringenden Eckpunkte des Ornithorhynchus-Gaumenbeins a, b, c, dund e (Textfigur 4) und sucht die homologen Punkte am Echidna-Palatinum, so ist nur die mediane Vorderecke E ohne Bedenken mit e gleichwerthig zu achten. Für die mediane Hinterecke «a dagegen bleibt man im Zweifel, ob man ihr Homologon bei A oder bei B zu suchen habe. Achtet man darauf, dass der Vomer bei Echidna nur bis A. reicht, bei Ornithorhynchus dagegen sich nicht nur bis zu dem viel weiter rückwärts gelegenen Punkte A erstreckt, sondern an seinem dorsalen Rande selbst noch etwas weiter reicht, so scheint es rationell, sich vorzustellen, dass mit der Verlängerung des Vomers eine Rückwärtsverschiebung des Punktes A bis zu a stattgefunden habe, und dadurch eine Drehung der Linie AB bis in den Stand ab. Die geschweifte Form dieser Linie und die Bildung einer Spitze bei B und b scheinen diese Vorstellung zu stützen. Zwischen B und ( findet sich bei Echidna die Sutur zur Verbindung des Palatinums mit dem Pterygoid, bei Ornitho- rhynchus begrenzen die nämlichen Buchstaben die Anheftung des freien Knochenflügelchens, das wir mit allen Autoren, ausgenommen Owen, KÖSTLIn und SıxTA, für das Pterygoid halten. Die Punkte D und d bezeichnen dann bei beiden Thieren das hintere Ende der Naht zwischen Gaumenbein und Oberkiefer. Achtet man aber auf die Lage der grossen Schädellöcher, dann scheinen sich gegen diese Annahme von homologen Punkten grosse Schwierigkeiten in den Weg zu stellen. Die Spitze b liegt bei Ornithorhynchus gerade neben dem Vorderende des grossen Foramen ovale, bei Echidna dagegen ist B weit nach hinten und unten von diesem Loche entfernt, wovon sie durch die ganze Länge des Pterygoids getrennt wird. Der Punkt C liegt bei Echidna an dem medialen Rande des Foramen ovale, bei Ornithorhynchus dagegen bezeichnet c das Vorderende des Canalis pterygoideus (Vidianus), das genau ventral vom Hinterrande des Foramen 764 Der Schädelbau der Monotremen. 232 rotundum liegt. Nun wird aber meines Erachtens, wie ich an anderer Stelle (1399 und b) zu beweisen versucht habe, das Homologon dieses Kanales bei Echidna durch einen sehr engen Gefässgang vertreten, der dicht vor dem Foramen ovale, an der Basis des hinteren Palatinumflügels, in dem Punkte ausmündet, wo Pterygoid, Palatinum und Temporalflügel des Sphenoids zusammenstossen. Dieser Gang führt medial und rückwärts und mündet sowohl nach aussen an den GRESEREENS Gaumen, als nach innen in die Gehirnhöhle aus. A Die Gaumenausmündung liegt halbwegs in der Naht zwischen Palatinum und Pterygoid. Eehidna \ TG 4 oceipitah N basilare \ —oreipitale occipila latezalfe I—— - : ” 7 a N secipitule]; Can 8 3 eat ti 7/3 Wen hıgenommene RoselsnneN a0 Vermeii Rahe, u u Fig. 4. Ventralansicht des rechten Gaumenbeins und Umgebung. A von Ornithorhynchus, B von Eehidna. Diese letztere Annahme homologer Pterygoidkanäle führt auf einem anderen selbständigen Wege zu derselben Schlussfolgerung wie die zuerst vorgetragene Vergleichung der Figuren ABCDE und abcde, nämlich dass die Punkte B und C übereinstimmen resp. mit b und c, denn in beiden Fällen erstreckt sich der Canalis pterygoideus der Verbindungsnaht zwischen Palatinum und Pterygoideum entlang bis zum vordersten Ende dieser Naht. Was nun den Unterschied in der Lage der Gaumen- und Flügelbeine in Beziehung zu den grossen Trigeminuslöchern angeht, so hat man sich meines Erachtens auf den Standpunkt zu stellen, dass bei der 233 Der Schädelbau der Monotremen. 765 Beurtheilung der Homologien der Munddecken-Knochen diese Beziehungen nicht als maassgebend zu betrachten sind. Denn jene Löcher gehören zum Sphenoid, sind also in ihrer Vor- und Rückwärtsverschiebung unabhängig von Palatina oder Pterygoidea, während umgekehrt diese Knochen sich verlängern oder ver- kürzen können, ohne nothwendigerweise den Keilbein-Complex in Mitleidenschaft ziehen zu müssen. Diese Auffassung scheint mir den Schlüssel zu bieten für die Aufklärung der Unterschiede im Bau des Munddaches bei Echidna und Ornithorhynchus. Bei beiden haben wir es meines Erachtens mit einem secundär verlängerten Gaumen zu thun, und zwar war diese Verlängerung in beiden Fällen eine Folge der Lebensweise, ebenso gut wie die Rückbildung des Gebisses. Schon daraus geht nothwendig hervor, dass sie auf zweierlei verschiedene Weise, unabhängig von einander, zu Stande gekommen sein muss. Bei Ormnithorhynchus geschah die Verlängerung in Verband mit dem Nahrungserwerb unter Wasser, also aus demselben Grunde wie bei Crocodilen und Walen. ‚Bei Echidna dagegen hing sie zusammen mit dem Ameisenfang, der auch die Verlängerung des Zungenapparates verursachte und eine starke, aber natürlich nur auf Analogie beruhende Aehnlichkeit mit dem Gaumen der ameisenfressenden Edentata, besonders mit Manis, hervorrief. Bei Ornithorhynchus geschah die Rückwärtsverlängerung des Gaumens ausschliesslich durch die Palatina, die sich in ihrer ganzen Breite nach hinten ausdehnten, gestützt durch den ebenfalls weit caudal- wärts wachsenden Vomer, der demzufolge mit seinem Hinterende den Vorderrand des Basioccipitale erreichte. Die Pterygoidea wurden dadurch vollständig zur Seite geschoben und konnten wegen der gedrungenen Form des Gehirnschädels und der starken Ausbildung der Kaumuskeln keinen Antheil an der Bildung der knöchernen Gehirnkapsel nehmen. Bei Echidna dagegen verlängerten sich die Palatina nicht in ihrer ganzen Breite, sondern wuchs nur ihre laterale Hinterecke in eine Spitze aus, und dementsprechend nahm der mediane Vomer an dieser Verlängerung keinen Antheil. Wohl dagegen betheiligten sich die Pterygoidea an der Rückwärtsausdehnung des Gaumens, indem sie sich nicht nur neben, sondern auch caudal von den Palatinumspitzen ausbreiteten und dabei an die Innenseite des Gehirnschädelbodens gelangten durch Resorption des ihnen aufliegenden Knorpels. Bei Ornithorhynchus war wegen der gedrungenen Form der Temporalgegend und der Grösse des Foramen ovale von einem solchen Einrücken der Deckknochen in die Gehirnschädelwand keine Rede. Bei Proechidna ist der mediane Schlitz zwischen den Gaumenbeinen bis auf einen kleinen hinteren Rest zugewachsen. Doch ist hierin keine Annäherung an Ornithorhynchus zu sehen, sondern nur ein secundärer Vorgang, wodurch bei einem Echidna-ähnlichen Thiere das knöcherne Munddach sich noch weiter caudal- wärts ausbildete. Dies geht unter anderem daraus hervor, dass der Vomer sich an diesem Anwuchs nicht betheiligt hat, und die Pterygoidea genau dieselbe Form und Lage behalten haben wie bei Zchidna. Squamosa und Jugalia. Bei den Squamosa der zwei Monotremenfamilien zeigt sich gegenüber grossen Unterschieden in der äusseren Form grosse Uebereinstimmung im Grundplan, aber dieser Plan weicht in bemerkenswerther Weise ab von dem gewöhnlichen Bau der Säugethier-Schläfenschuppe. Der Hauptunterschied liegt in der grösseren Selbständigkeit des Monotremen-Squamosums, das seinen Charakter als Deckknochen der Ohrgegend in viel höherem Maasse beibehält, besonders deshalb, weil es sich in seinem mittleren Theile von der Ohrkapsel abhebt, wodurch ein horizontaler Kanal entsteht, der stark an derartige Schläfenfenster bei Reptilien erinnert, und der den Namen Temporalkanal trägt. SEELEY nennt ihn „supra-articular foramen“. Dazu kommt die hohe Ausbildung des Processus zygomaticus, der ebensoweit nach vorn reicht wie der gleichnamige Fortsatz Jenaische Denkschriften. VI. 30 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 98 766 Der Schädelbau der Monotremen. 234 des Maxillare nach hinten und, mit diesem gekreuzt, den Jochbogen bildet, woran das eigentliche Jugale entweder gänzlich fehlt (Echidna) oder nur durch eine kleine Apophysis frontalis vertreten wird (Ornitho- rhynchus). Diese eigenthümliche Beschaffenheit des Infraorbitalbogens hat zu verschiedenartigen Deutungen Veranlassung gegeben, die hier in geschichtlicher Reihenfolge besprochen werden sollen. Zuerst sei hier eine Beschreibung des Squamosum und des Jugale der Monotremen gegeben. Ornithorhynchus. Es lassen sich am Squamosum drei Fortsätze unterscheiden: ein vorderer (Proc. zygomaticus), ein oberer (Proc. parietalis) und ein unterer (Proc. glenoidalis). Der erstere legt sich in seiner ganzen Länge dem dorsalen Rande des Proc. zygomaticus ossis maxillaris an. Sein Vorderende reicht bis an den Anfang des concav eingeschnittenen Orbitalrandes dieses Knochens, unterliegt also noch dem kleinen Processus frontalis, den ich für einen Rest des in Rückbildung begriffenen Jugale halte. Die anderen zwei Fortsätze bilden die äussere Umrahmung des Canalis temporalis. An dem oberen lässt sich ein platter Stiel und ein schildförmiges Schädelwandstück unterscheiden. Das letztere deckt eine Lücke in dieser Wand, die sonst offen bleiben würde zwischen Pars mastoidea (pterotica) ossis petrosi, Parietale und Oceipitale superius. Der dritte, ventrale Fortsatz (Proc. glenoidalis) verwächst an seinem unteren Ende mit der Pars mastoidea, doch glaube ich die Grenzen festgestellt zu haben. Er ist eine dünne Platte, zweimal breiter als der Stiel des dorsalen Fortsatzes, der sich jedoch sowohl lateral- wie medialwärts verdickt. Seine dorsale Fläche bildet den Boden des Canalis temporalis, seine ventrale ist stark ausgehöhlt zur Darstellung der quer gelegenen Gelenkgrube für den Unterkiefer. Sein verdickter Seitentheil geht in den Proc. zygomaticus über, unter Bildung eines starken, abgerundeten, nach hinten und unten gerichteten Tuberculums, das den lateralen oder horizontalen Theil der Fossa glenoidea seitwärts abschliesst. Sein mediales verdicktes Ende dagegen stemmt sich wie ein Strebepfeiler auf der Seitenfläche der Pars mastoidea und läuft an dieser noch eine Strecke ventralwärts, wodurch es den vertical-medialen Theil der Gelenkfläche für den Unterkiefer darstellt. Der Schläfenkanal fällt nach hinten ab; sein vorderer Eingang liegt also auf etwas höherem Niveau als der hintere Ausgang und ist dabei um ein Weniges grösser. Muskeleindrücke auf der Aussenseite des Squamosums, besonders in der Gegend, wo die drei Fort- sätze zusammentreffen, täuschen sehr leicht Suturen vor. SEELEy macht über diese Stelle am Schädel folgende Bemerkung: „It is not proved whether the divisions which appear to separate this external film in Ornitho- rhynchus into separate bones may not be tension-fractures due to maceration. But since they are in the place of the quadratojugal bone, there is a possibility that the quadratojugal loses its individuality in the squamosal, which may require examination.“ Auch ich habe solche Spuren von Nähten wahrzunehmen gemeint, z. B. an No. 735d Brit. Mus., glaube aber jetzt sie als Sehneneindrücke deuten zu müssen, besonders weil am Pullusschädel keine An- deutungen einer Trennung an dieser Stelle vorkommen. Wie oben gesagt, glaube ich die obere Apophyse des Jochbogens, an der Grenze zwischen Orbital- und Temporalgrube, als Rest eines selbständigen Jugale deuten zu müssen. An mehreren Exemplaren habe ich Spuren von Trennungslinien wahrgenommen, nicht nur vom Proc. zygomaticus des Squamosums, sondern ebenfalls von dem des Maxillare. Ist diese Wahrnehmung richtig, so bleibt natürlich kaum eine andere Deutung übrig als die eines Jugale. Leider war von dieser Apophyse an meinem Pullusschädel beiderseits keine Spur zu finden. Möglicherweise ging sie bei der Präparation verloren, doch könnte auch in diesem Falle die lose Anheftung auf ursprünglicher Selbständigkeit beruhen. 235 Der Schädelbau der Monotremen. 767 Eehidna und Proechidna. Das Squamosum der Echidnidae besitzt in viel höherem Grade den Charakter einer Schläfenschuppe als bei Ornithorkynchus, doch stimmt es mit diesem überein in der Betheiligung an der Bildung eines Temporalkanals. Zwar ist dieser Kanal viel länger als bei Ornithorhynchus, aber dagegen wieder um so schmäler. Bei der Pars verticalis seu parietalis, also dem eigentlichen Schuppentheil des Knochens, kann nicht wie bei Ornithorhynchus von einem Stiele und einem Schild die Rede sein; bei Vergleichung ergiebt sich, dass der Unterschied durch gemeinschaftliche Ausbreitung von Schild und Stiel nach vorn verursacht wird, denn der Hinterrand des Knochens zeigt bei beiden Thieren dieselbe Form und Lage. In Vergleich mit anderen Säugethieren fällt besonders auf, dass der Proc. zygomaticus gar nicht über das Niveau des Schuppentheils seitwärts herausragt, sondern sich nur als vorderer, spitzer und dreh- runder Ausläufer dieses Theiles erweist. Wo die Schuppe anfängt sich zu dieser Spitze zu verschmälern, betheiligt sie sich nicht mehr an der Bildung der Gehirnkapselwand, sondern hebt sich in scharfem Winkel von dieser ab und bleibt an der Aussenfläche der Schläfengrube, weshalb sie den Schläfenmuskel deckt, statt ihm zu unterliegen. Hierdurch entsteht der Schein, als ob der Knochen nicht das Squamosum, sondern das Jugale repräsentire, und darin liegt die Ursache der vielen früheren Verwirrungen in ihrer Deutung. Vergleicht man Echidna auf diesen Punkt mit Ornithorhynchus, so sieht man, dass diese vordere freie Aus- breitung der Schläfenschuppe dem letzteren abgeht, aber doch ihr Gebiet durch die Form des Oberrandes des Proc. zygomaticus angedeutet wird. Von der Stelle ab nämlich, wo der Vorderrand des Proc. parietalis (Stiel) sich in diesen Oberrand umbiegt, läuft derselbe, leicht ansteigend, in gerader Linie nach vorn, biegt sich aber dann plötzlich herunter, um mit einer concaven Bucht sich in den Hinterrand der Apophysis frontalis (Jugale) überzuschwingen. In dieser Weise entsteht hinter dieser noch eine zweite Apophysis, die niedriger und caudalwärts nicht scharf begrenzt ist. Bei Echidna kann man die Stelle am Jochbogen, welche mit dieser letzteren Apophyse übereinstimmt, an einer leichten Erhebung im concaven Vorderrande des freien Schuppentheils erkennen. Denkt man sich bei Ormithorhynchus von dieser Stelle ab den Oberrand des Jochbogens emporgewachsen, so bekommt man den Zustand bei Echidna. Während bei Ormnithorhynchus die Gelenkgrube für den Unterkiefer eine caudale und transversale Lage hat, ist sie bei Echidna oralwärts gerückt, verschmälert und in die Längsachse ausgedehnt. Dadurch berührt ihr medianer Rand den Seitenrand des Petrosums oralwärts vom Proc. mastoideus auf einer ziemlich langen Strecke unter Bildung einer niedrigen Knochenleiste, die das Cavum tympani äusserlich begrenzt. Bei Ornithorkynchus berühren Squamosum und Pars tympanica petrosi einander nicht. Die Weise, wie bei Echidna der hintere ventrale Winkel des Squamosums sich an den Processus mastoideus anschliesst, ist bemerkenswerth. Beide Knochen berühren sich nämlich mit einem kleinen, sich medianwärts herüberwölbenden Fortsatz. Unter diesem Gewölbe liegt demzufolge ein nach der Seite ab- geschlossener Hohlraum, der medialwärts in die Paukenhöhle mündet, der Recessus epitympanicus. Nach hinten und innen von diesem Hohlraum liegt eine zweite ähnliche Grube, die von ihm durch eine dünne Knochenplatte getrennt wird, welche den Processus mastoideus von innen her zu stützen scheint. Diese zweite Grube mündet im Gegensatz zu der ersteren an ihrem Hinterende durch ein rundes Loch nach aussen: das For. stylo-mastoideum, und erweist sich also als offener Theil des Canalis Fallopii. Während diese Grube natürlich bei Ornithorhymchus ebenso gut vorkommt, kann der vordere Hohlraum bei dieser Form nicht nachgewiesen werden, was mit der Gestalt des Processus mastoideus in Verbindung steht. Wo der mediale Rand der Pars glenoidalis das Petrosum verlässt, biegt er sich lateralwärts um und begrenzt bei jungen Schädeln den hinteren Theil der grossen spheno-temporalen Schädellücke. 30 * 98 * g Der Schädelbau der Monotremen. 236 SI [o)\ In Gegensatz zu Ornithorhynchus erreicht der dorsale Rand des Squamosums das Parietale nicht, sondern legt sich mit einer stark gezackten Schuppennaht auf die Aussenfläche des Mastoideum (Pteroticum) und Orbitosphenoid (Postfrontale). Der Processus zygomaticus ist sehr schmächtig und zugespitzt, er legt sich auf einen ebenso geformten Jochfortsatz des Oberkiefers. Von einer das Jugale vertretenden Apophysis frontalis ist keine Spur nachzuweisen. Am Hinterrande des Canalis temporalis zweigt sich in schief nach oben und vorn gerichtetem Verlauf ein Knochenkanal ab, der sich bei jungen Schädeln auf Mastoid und Orbitosphenoid als offene Grube fort- setzt, die an mehreren Stellen die Schädelwand selbst nach innen durchbohrt und der Arteria und Vena oceipitalis Durchtritt gewährt. Obwohl die Monotremen durch das Vorkommen eines Temporalkanals zwischen Squamosum und Gehirnschädelwand sich von allen übrigen Säugethieren unterscheiden, kann doch bei Vergleichung mit diesen letzteren kein begründeter Zweifel an der Homologie ihres Schuppenbeins übrig: bleiben. Dass ein solcher dennoch von mehreren Forschern gehegt, und das Squamosum für das Jugale gehalten worden ist, hat wohl hauptsächlich seinen Grund in der Schwierigkeit der Annahme eines vollständigen Fehlens des Jugale bei Echidna, während zu gleicher Zeit der Arcus zygomaticus ununterbrochen ist. Dazu kommt dann, dass der Vordertheil der Schläfenschuppe bei Echidna den Schläfenmuskel deckt, statt ihm als unter- liegende Ursprungsfläche zu dienen. Von CuviEr wurde das Squamosum richtig gedeutet, doch beging er den Irrthum, bei Zchidna das Vorkommen eines Jugale anzunehmen als „tres-petit filet.... entre les deux apophyses (du temporal et du maxillaire)“. Seine Nachfolger (F. Cuvier und LAURILLARD) sind es, welche die Verwirrung anstifteten, indem sie zwar erklärten, dass sie ein solches Knochensplitterchen nicht hätten auffinden können, doch darauf folgen liessen, dass sie geneigt sein würden, den flachen Schuppenknochen als Jugale zu deuten, wenn derselbe nicht an der Innenfläche des Craniums sichtbar wäre [p. 4540]. An einer anderen Stelle (p. 285), hatten sie schon die Worte Cuvier’s aus den Ossemens fossiles, p. 145: „Dans l’Echidng, les orbites, a peine marques sur le cräne par un leger enfoncement, sont cependant bien cernes en arriere par la forme de lame que prend l’apophyse zygomatique du temporal, lame qui couvre la tempe et cache presque toute la place du muscle crotaphyte‘‘, mit der Bemerkung versehen: „Ce pourrait bien &tre le jugal, comme nous le dirons plus bas“, und p. 377: „Lateralement, en dedans de cette large portion de !’os que nous regardons comme le jugal et qui s’epanouit sur le cöt& de la tete, le frontal vient s’unir & un os considerable, qui occupe tout le cöt& du cräne, entre le parietal en haut et les trois divisions de l’occipital en bas et en arriere. Cet os nous parait &tre le veritable temporal, qui n’aurait pour toute apophyse zygomatique qu’un tres petit tubercule pres de la facette glenoide.“ Bei der Besprechung des Petroso-mastoideum werde ich auf diese Ansichten zurückkommen. PANDER und D’ALTOoN (p. 6, Spalte 2) folgen CUVIER in seiner irrigen Angabe vom Vorkommen eines kleinen Jugale bei Echidna, deuten dagegen die Apophysis frontalis des Ornithorhynchus nach meiner Ansicht richtig, denn sie sagen: „An der Echidna findet sich ein kleines Wangenbein, und ebenso ist beim Schnabel- thier ein Knöchelchen über der Verbindung der beiden Jochfortsätze deutlich gesondert, welches gleichfalls dafür angesehen werden kann“ und p. 7, Spalte 2: „Bei Ornithorhynchus sehen wir einen sehr langen Joch- fortsatz des Schläfenbeins, welcher bis über den hinteren Zahn reicht. Bei der Echidna steigt vom breitesten I) „M. CUVIER qui n’a decrit que des tetes d’adultes, et qui n’avait pu voir que cette läme osseuse forme un os separe, la considerait comme produite par le temporal, et il indiquait, comme representant le jugal, un tr&s-petit filet, entre les deux apophyses qui forment l’arcade (Oss. foss., T. V, I® partie, p. I45); mais nous ne trouvons pas ce filet sur notre jeune tete, et nous serions portes A regarder cet os plat comme un jugal, s’il ne se montrait A l’interieur du cräne, entre le frontal (!?), la partie du temporal d’oüu nait le rocher, et la grande aile; cette circonstance pourrait en effet le faire considerer comme une des portions du temporal.“ 237 Der Schädelbau der Monotremen. 769 Theil des Hauptes eine dünne Knochenplatte herab, geht senkrecht nach vorn und wird hier cylindrisch, darauf legt sie sich ans Jochbein an, so dass die ganze Schläfengrube durch eine Tafel bedeckt ist, wie dies auch bei den Amphibien vorkommt.“ Owen (1837) wendet sich gegen F. Cuvier und LAURILLARD zur Bekämpfung ihrer Auffassung des Squamosums als Jugale. Er sagt von Echidna (p. 370, I. Spalte): „The part described in this Article as a lamelliform portion of the petrous bone, which extends upon the lateral and part of the posterior region of the skull, is regarded by the editors of the Lecons d’anatomie comparee (Ed. 1837), the very able anatomists M. M. LAURILLARD and DUVERNOY, as the squamous portion of the temporal; and the flat oblong bone, which forms part of the lateral wall of the cranial cavity and the posterior half of the zygo- matic arch, and which supports the articular surface for the lower jaw, is thought to be the malar bone. But when we consider the low development or total disappearance of the malar bone in the skull of the Insectivora generally, as in Echinops and Centetes under the Ferae, and as in the Edentate Manis and Myrmecophaga, it is unlikely that the malar bone should attain so superior a size and fulfil such important functions in the Monotrematous Edentata, in which its condition, according to the above views of the editors of the Lecons d’anat. comp., would be unique in the mammiferous class. It appears to me to be more reasonable to regard the malar bone as either altogether absent in the Echidna, as it is in the Manis, and the zygomatic arch as being completed in the Echidna by a greater extension of the zygomatic processes of the temporal and superior maxillary bones; or else to suppose that they are actually united, at an earlier period, by a separate intervening jugal style, which, however, I have not been more successful in finding than the continuators of CUVIER.“ Vom Ornithorhynchus-Squamosum giebt OwEN eine genaue und deutliche Beschreibung und sagt dann (p. 373, I. Spalte): „I could not find any distinct malar bone in the young Ornithorhynchus. The same arguments against considering the squamous bone to be the malar apply to this Monotreme as have been used in reference to the Echidna.“ Später hat OwEn angenommen, dass bei Echidna ein Jugale ursprünglich da war, aber früh mit einem der anliegenden Knochen verwuchs, denn in Anat. of Vert. sagt er (p. 320): „Another mark of ornithic affinity is the confluence of the malar and squamosal, unless the slender process of the maxillary may represent the malar.‘““ Auf die grosse Merkwürdigkeit des Temporalkanals in vergleichend-anatomischer Hinsicht wurde schon von MECKEL (1826) hingewiesen: „Zygoma rem, in nostro animale praecipue attentione dignam, radicem sc. duas posteriores, superiorem et inferiorem offert, quae spatio duarum linearum inter se distant et cum cranio spatium unius lineae latitudinis includunt, forma piscibus, amphibiis, nec non interdum avibus solemnis. Echidnarum craniorum inspectio hanc fabricam Monotrematum ordini communem esse docuit. Differt Echidna ab Ornithorhyncho nonnisi latitudine utriusque radicis longe Ns Foramen canalis hinc nati posterius jam in Echidna indicavi (1808, p. 77 et 82), canalem ipsum ignorans,‘ Auch Owen ist derselben Ansicht, dass der Temporalkanal der Monotremen Ne nehert mit der- artigen Bildungen bei Reptilien aufweist (p. 373, 2. Spalte): „The oblique canal, which traverses the squamous suture between the petrous and squamous portions of the temporal in the Echidna is so much shorter and wider in the Ormithorhynchus that it appears to detach from the side of the cranium a distinet superior column or root to the posterior commencement of the zygomatic arch. An analogous canal runs between the tympanic“ (d. h. Quadratum) „and mastoid bones in the skull of the erocodile!), and is dilated to great width in the Lizards; but the presence ofa distinct 1) Welchen Kanal OWEN in dieser Angabe meint, ist mir nicht verständlich. 770 Der Schädelbau der Monotremen. 238 tympanic bone in the usual position in the Ornithorhynchus nullifies the supposition that the upper root of the zygoma can be the analogue ofthe os quadratum in the Ovipara.“ KöstLin theilt betreffs Squamosum und Jugale die Ansichten Owen’s. Er sagt (p. 108): „Es muss angenommen werden, dass das Jochbein völlig fehlt, das vordere Ende des Jochfortsatzes (der Schläfen- schuppe) bedeckt bei Ornithorhynchus sehr kurz (?!), bei Echidna ziemlich lang die hintere, durch keine Naht getrennte Spitze des Oberkiefers.“ Ueber die Selbständigkeit des Squamosums schreibt er (p. 135): „Bei den Wiederkäuern, echten Cetaceen und Monotremen ist die Schädelwandung von der Schläfenschuppe ganz unabhängig, und ein Zitzentheil ist bei den zwei letzten nicht nachgewiesen; bisweilen lassen accidentelle Lücken in den Schädel- knochen bei Behidna die Schläfenschuppe wieder ein wenig in der Schädelhöhle zum Vorschein kommen. „Gerade bei den echten Cetaceen und Monotremen ist also nicht bloss der Trommelknochen, mit dem Felsenbeine oder für sich, sondern auch die Schläfenschuppe vom Schädel am meisten losgetrennt.“ p. 137. „Die Schläfenschuppe ist bei Echidna länglich und zwar nicht ganz dreieckig, aber doch deutlich von vorn nach hinten höher, bei Ornithorhynchus hingegen viel kleiner und ziemlich quadratisch. „Die Schläfenschuppe berührt das Scheitelbein bei Echidna gar nicht, bei Ornithorhynchus kaum noch mit ihrem oberen Rande; bei diesem liegt sie ganz auf dem hinteren Schläfenflügel“ (i. e. Mastoideum |[Pars pterotica]), „bei Echidna greift sie ein wenig auch auf den vorderen über, das Stirnbein bleibt ganz von der Schläfenschuppe entfernt.‘ Die letztere Bemerkung bezieht sich wohl auf die sonderbare Angabe von F. CUVIER und LAURILLARD, dass Squamosum und Frontale sich unter einander berühren sollten. Was den Canalis temporalis angeht, so glaubt KöstLin ihn mit dem Foramen postglenoidale oder jugulare spurium vergleichen zu können, denn er sagt p. 152: „Wichtiger scheint ein Loch, das nur bei einigen Säugethieren hinter der Gelenkfläche in der sie hinten begrenzenden Leiste und vor dem äussern Gehörgange liegt; es durchbohrt diesen Theil der Schläfen- schuppe und führt in einen bald ganz, bald theilweise knöchernen Kanal, welcher auf ihrer innern Ober- fläche nach hinten und aussen läuft, und am hintern, obern Winkel der Schuppe, ausserhalb des Scheitel- beins endigt. Das so charakterisirte Loch, welches wohl Gelenkloch genannt werden kann, ist allgemein bei den Halbaffen; unter den Cheiropteren fehlt es nur bei Galeopithecus,; bei Pieropus scheint, wie bei Erinaceus und Centetes der davon ausgehende Kanal fast die ganze Schädelfläche der Schuppe einzunehmen ; er durchbohrt bei Tenrec mit seinem obern Ende die Schuppe selbst. Bei den übrigen Insektivoren findet sich das Gelenkloch nicht; ebenso ist es bei dem grössten Theil der Carnivoren gar nicht oder sehr schwach vorhanden, jenes bei Felis, dies z. B. bei Lutra. Bei Canis ist es wieder sehr deutlich und wird hier von Cuvier als die Oeffnung eines weiten, venösen Kanals beschrieben. Unter den Beutlern erscheint es bestimmt bei Macropus und Perameles, weniger deutlich und doppelt bei Didelphys und Phalangista,; noch seltener ist es in der Ordnung der Zahnlosen; doch fand ich ein ähnliches Loch bei Manis und Orycteropus. Endlich kann wohl nicht mit Unrecht der Kanal hierher gezählt werden, welcher bei den Monotremen zwischen dem hintern Schläfenflügel und der Schläfenschuppe durch- seht. Er ist bei Ornithorhynchus einfach, hinten mit besonders deutlicher, platter Oeffnung über der Gelenkfläche; bei Zchidna beginnt er auch hinten einfach; dann theilt sich aber die Rinne der innern Schuppenfläche in zwei Arme, wovon der eine weit breiter nach vorn in die Schläfengrube mündet, der andere viel enger nach oben und vorn läuft; dem letztern entspricht eine schmale Rinne des hintern Schläfenflügels, welche sich weiterhin auch auf den hintern und obern Winkel des vordern Schläfenflügels bis zum Scheitelbeine fortsetzt.‘ 239 Der Schädelbau der Monotremen. 771 Nach allem Vorhergehenden macht es einen etwas befremdenden Eindruck, dass FLOWER und GADow den Temporalkanal gar nicht erwähnen und vom Jugale der Echidna annehmen, dass es mit dem Maxillare verwachsen sein sollte, während sie bei Ornithorhynchus das Squamosum als Zygoma bezeichnen (p. 241): „In the Echidna the squamosal is large and very compressed, the zygomatic process arising very far forward; the slender horizontal zygoma being completed by a styliform malar, confluent with the maxillare.‘“ Aus den wenigen Worten, die sie den Verhältnissen bei Ornithorhynchus schenken: „The zygoma is compressed and of considerable vertical depth, and sends up a well-marked postorbital process; its hinder root arises very far back on the cranium“ lässt sich nicht verstehen, ob sie diese „hintere Wurzel“ als zum Squamosum gehörig betrachten oder in irgend einer anderen Weise deuten, und ebensowenig, warum sie nicht erwähnen, dass es zwei solcher Wurzeln giebt. Für das Verständniss der morphologischen Bedeutung des Canalis temporalis kommt auch die Frage in Betracht, ob irgendwelche Nerven oder Gefässe dadurch ihren Weg nehmen. Doch ist dies nach HocnH- STETTER’S und auch nach meinen Befunden nur bei Echidna der Fall: bei Ornithorhynchus wird der ganze Raum durch die hinteren Bündel des Schläfenmuskels eingenommen, und bei Echidna ist es eigentlich ebenso, wiewohl ein Wurzelast der Vena occipitalis durch den Kanal verläuft, und die Arteria occipitalis die hintere Pforte des Schläfenkanals benutzt, um in die Schädelwand zu dringen, und also scheinbar zu diesem Kanal in Beziehung steht, in Wirklichkeit aber ihn sofort wieder verlässt. Bei der Vergleichung der Monotremen mit anderen Säugethieren ist natürlich eine Hauptfrage, ob bei letzteren etwas dem Canalis temporalis Vergleichbares vorkommt, und dann kann wohl nur der mit dem Foramen jugulare spurium (postglenoidale) ausmündende Meatus temporalis in Betracht kommen, wie schon KöstLın behauptet hat. Doch lassen sich gegen eine Vergleichung dieser beiden Bildungen wichtige Einwände beibringen. Erstens führt der von jenem Foramen ausgehende Gang nicht in die Fossa temporalis, sondern entweder nur in die Schädelhöhle oder daneben noch an die Seitenfläche des Schädeldaches (z. B. bei Marsupialia und Insectivora). Zweitens liegt dieser Gang nicht horizontal, sondern beinahe vertical; bei Marsupialia z. B. verläuft er vom Hinterrande der Gelenkgrube aufwärts und etwas rückwärts und mündet an der Aussenfläche des Squamosums hinter der Wurzel des Processus zygomaticus. Schliesslich dient der Meatus temporalis immer zum Durchtritt von Gehirnvenen, die in die Vena jugularis externa münden. Und wenn nun auch bei Echidna eine Vene durch den Canalis temporalis läuft, um sich mit der Vena occipitalis zu vereinigen, so ist erstens diese ein Ast der Jugularis interna, und zweitens ist dieser Canalis viel geräumiger, als für die Vena nothwendig wäre. Vorläufig scheinen mir die Andeutungen gering, dass wir in dem Canalis temporalis der Monotremen eine besonders geformte Abzweigung des Meatus temporalis der übrigen Säugethiere zu sehen hätten }), ı) Während der Korrektur der Druckbogen bekomme ich die schöne Arbeit FISCHER’s (I90L) über das Primordialcranium von Talpa euwropaea zugesandt und finde darin neben manchen anderen wichtigen Angaben auch eine Beobachtung über die Anlage der knorpeligen Seitenwand des Schädels, welche möglicherweise etwas dem Canalis temporalis der Monotremen Vergleichbares ans Licht bringt. FISCHER entdeckte nämlich, dass (p. 489) „an der Aussenseite der „Parietalplatte“, unterhalb des Foramen jugulare spurium, eine kleine Knorpelplatte entspringt und sich nach oben und etwas nach hinten erstreckt, hier also die Lamina parietalis gleichsam dublirend. Dieser Knorpelfortsatz deckt nun, von unten her sich darüberlegend, das breitgeschlitzte Foramen spurium jugulare bis auf sein freibleibendes hinteres Ende zu‘. FISCHER nennt diesen Fortsatz Processus opercularis und sagt weiter davon: „Nach vorn reicht er über den Bereich jenes Foramens hinaus, allmählich niedriger werdend. Hier bildet er mit der Seiten- wand des Schädels zusammen eine Rinne, die nach oben mittelst engen Spaltes offen ist. In etwas älteren Stadien ist der freie Rand des Processus opercularis mit dem ihm gegenüberstehenden unteren Rande der Lamina parietalis durch dickes Bindegewebe fest verbunden, so dass aus der Rinne eine Art Röhre wurde. Diese complicirte Oeffnung in der Schädelwand dient Venen zum Durchtritt.“ — Diese Beschreibung, in Verbindung mit FISCHER’s Abbildungen, besonders Fig. 3, 4 und Io, legt mir den Ge- danken nahe, dass wir es hier mit einer dem Canalis temporalis der Monotremen gleichwerthigen Bildung zu thun haben. Man braucht sich nur vorzustellen, dass das Squamosum sich von seinem etwas weiter vorwärts gelegenen Entstehungsort nach hinten über den Processus opercularis ausbreitete und darauf der Knorpel dieses letzteren Fortsatzes entweder resorbirt wurde oder sich in Knochensubstanz, die mit der Innenseite des Squamosums verschmolz, verwandelte, um den Temporalkanal der Monotremen hervorgehen zu sehen. Und auch in functioneller Hinsicht scheint Uebereinstimmung zu bestehen: bei Talpa sowohl als bei Mono- tremen dient der Kanal Venen zum Durchtritt. 772 Der Schädelbau der Monotremen. 240 Ueber die Bedeutung des Temporalkanals als Zeugniss etwaiger Verwandtschaftsbeziehungen zu den Reptilien will ich mich in dieser hauptsächlich beschreibenden Abhandlung möglichst kurz fassen. Weil nach Angabe der Mehrzahl aller Forscher, die sich in den letzten Jahren mit dieser Frage beschäftigt haben, das Quadratum sich bei den Säugethieren in den Incus verwandelt hat (cf. GaupPp), so hat es weiter keinen Sinn, Kanalbildungen zwischen Squamosum und Mastoideum mit solchen zwischen Quadratum und Quadrato- jugale zu vergleichen. Es musste also die merkwürdige Aehnlichkeit zwischen Ornithorhynchus und Sphenodon, durch die ich zu den vorliesenden Untersuchungen veranlasst wurde, keinen tieferen Grund besitzen. SEELEY ist anderer Ansicht, denn er sagt (p. 642): „In the skull of Ornithorhynchus there is a foramen above the articular surface for the lower jaw, which extends longitudinally from front to back, and is narrower in some skulls than in others. This may be termed the supra-articular foramen. It is stated by Owen to be present in the skulls of some recent reptiles. A foramen is seen in the same position in Ichthyo- saurus, which lies between the quadrate bone on the inner side and the quadrato-jugal and supratemporal, which extend to the squamosal so as to define its external side. This condition is approximated to in Ornithosauria. There is a foramen above the articulation which is external to the quadrate bone in many Anomodonts, though very small in Pareiasaurus. It appears to be homologous with the Ichthyosaurian foramen. And when the vacuities in the back of the skull are closed as in some Diceynodonts, the quadrate foramen is comparable in position to this foramen in Ornithorhynchus, and to the similarly-placed foramen in Hatteria, which opens into the postorbital vacuity, and is defined externally by the quadratojugal bone. .. . There is a possibility that the quadratojugal loses its individuality in the squamosal, which may require examination. If that inference is suggested from the persistence of the foramen, then it would seem worth examination whether the articular area for the mandible represents the quadrate bone, which would also become lost as a portion of the squamosal bone.“ Doch glaube ich, dass man diesen Anschauungen gegenüber die Forderung stellen darf, in erster Linie entwickelungsgeschichtliche Beweise für die bis jetzt von den meisten Embryologen geleugnete Homologie des OQuadratums mit dem Squamosum beizubringen. Es giebt aber bei Reptilien auch Kanalbildungen zwischen dem bei ihnen Squamosum benannten Knochen und dem Mastoideum oder Opisthoticum (Processus paroticus ossis occip. later.), woran aber auch Parietale und Oecipitale superius sich betheiligen. So z. B. bei Meeresschildkröten und Eidechsen, auch bei Crocodilen findet sich ein hinteres Temporalfenster, das aber im Verschwinden begriffen ist. Ob der Temporalkanal der Monotremen sich mit dieser Bildung. vergleichen liesse, kommt mir aber ebenfalls fraglich vor, weil an derselben immer das Parietale, und zwar mit einem besonderen Temporaldachtortsatz, sich be- theiligt. Selbst wenn aber eine solche Vergleichung sich als begründet erwiese, könnte sie niemals eine derartige phylogenetische Tragweite besitzen, wie der oben besprochenen, mit dem Kanal zwischen Quadratum und Quadratojugale, anzuhaften schien. Sphenoideum. Der Knochencomplex des Keilbeines zeigt bei Echidna und Ornithorhynchus so grosse Unterschiede, dass ich es vorziehe, zuerst von beiden eine gesonderte Beschreibung zu geben. Echidna. Es gelang mir, das Sphenoid von allen umliegenden Knochen loszulösen, mit Ausnahme des Ethmoids. Auch die Grenze zwischen beiden konnte ich nicht wahrnehmen: die mittleren Theile der Orbitalfllügel scheinen mir in der Hinterwand der geräumigen Nasenhöhle aufgegangen zu sein. 241 Der Schädelbau der Monotremen. 773 Der Keilbeinkörper (eine Verwachsung von Basi- und Praesphenoid) ist viereckig im Umkreis, etwas länger als breit, und bildet zusammen mit den Flügelfortsätzen (Processus pterygoidei) eine dorsalwärts der Länge nach convex gebogene Platte (Textigur 5C). Die dorsale Fläche des Clivus trägt zwei längsverlaufende, caudalwärts convergirende Knochenleisten und wird dadurch zu einer dreieckigen, nach vorn offenen, untiefen Grube umgestaltet. Die Leisten werden dabei nach hinten niedriger, so dass sie auf dem Vorderende des Basioccipitale in zwei dicht neben einander A B Commissura orbito- Sulcus nervi ethmoidei Ala laminae perpendic. ethmoidei Commissura. orbito- ethmoidea un . “ “ N > D ethmoidea Fenestra spheno-ethmoidea IS NS 7 , Fenestra spheno-eth- r Superficies parietalis N S 7 moidea A 2 Superficies frontalis Lamina post- B 3 Lamina _ frontalis postfrontalis T- 3 Superficies _ \ a i) squamosalis - IR Processus DR Processus BE IH) ER clinoideus > Wa - elinoideus z a medius DE medius Dorsum Be: 7 ephippiü epıppU | N: R z e a Da 1 IT = \ | Suleus Ram. I -—- >> == —— (analis analis / Pa \ j Nervi trigemini caroticus carottcus 1 zZ I \ = ig N \ 1 oc | I - I | } 1 Procesus Lk : Superficies palatina pterygoideus Sulcus Ram. IT en 28 2 ; Nervi trigemini Sulcus chiasmatis Processus pterygoideus C Fenestra spheno-ethmoidea | Commissura orbito-ethmoidalis -- Lamina postfrontalis _ _ - Tuberculum Dorsum ephippü - — — = ea Sulcus chiasmatis \ ec} i een ‚Sulcus Ram. IT Processus pterygoideus --—-— — - - — —- 7 Nervi trigemini Canalis caroticus —- -—— —— — — Crista vomerina Processus clinoideus medius Fig. 5. Sphenoideum von Eehidna, aus seinem Verbande mit den umliegenden Schädelknochen losgelöst, ausgenommen den hinteren Theil des Ethmoids, 3. A von oben, B von rechts, C von hinten. gelegene niedrige Tuberkeln auslaufen, die das Dorsum ephippii vertreten. Ihre Vorderenden dagegen beugen sich seitwärts stärker aus einander und laufen in freie, lamellöse Knochenplättchen aus: die Processus clinoidei medii (Textfigur 5A u. B und Taf. XXXII, Fig. ı u. 2). Der Unterrand dieser Fortsätze bleibt von der Oberfläche des Sphenoidkörpers durch einen engen Schlitz getrennt, während ihr Vorderende die Hinterseite der Orbitalflügel entweder nicht oder wohl erreicht, und im letzteren Falle mit derselben verwächst. Doch können die Clinoidfortsätze auch sehr dürftig entwickelt sein, ja selbst gänzlich fehlen. Jenaische Denkschriften. VI al Semon, Zoolog. Forschungsreisen. II. 99 774 Der Schädelbau der Monotremen. 242 Wo die Clinoidleisten anfangen sich stärker seitwärts zu biegen, liegt, wie mir scheint, die Grenze zwischen Basi- und Praesphenoid. Sie war aber an keinem meiner Exemplare als Naht erhalten. Wie bereits gesagt, ist die ventrale Fläche des Keilbeinkörpers concav, die dorsale convex gebogen, weil der mittlere, platte Theil (der eigentliche Körper) sich jederseits in einen schräg, abwärts gerichteten Flügel (den Processus pterygoideus) umbeugt. An den Umbiegungslinien wird der Knochen jederseits von einem schräg vorwärts vorlaufenden Kanal durchbohrt (Canalis caroticus). Diese Kanäle münden mit ihrem hinteren Ende an die untere Fläche der Schädelbasis aus, gerade vor der Verbindungsnaht des Keilbein- körpers mit dem Occipitale basilare. Vorn dagegen münden sie in die Schädelhöhle, am medianen Unterrande der auf den Clivus verlaufenden Knochenleisten, ungefähr auf einem Drittel ihrer Länge. Nach vorn setzen sich die Kanäle in untiefe Gruben fort, die schliesslich die Processus clinoidei entweder durchbohren oder nicht. Die ventrale Fläche des Keilbeinkörpers trägt einen medianen, wenig erhabenen Kamm, als Fort- setzung des vom Vomer gebildeten unteren Theiles des Nasenseptums. Nach vorn setzt sich der Keilbeinkörper mit seinen immer niedriger werdenden umgebogenen Seiten- rändern noch eine bedeutende Strecke unter das Ethmoid fort, nämlich bis zum Hinterrande des Foramen spheno-palatinum (Textfigur 7 und Taf. XXXII, Fig. 2). Diese Fortsetzung besteht in der Mitte aus einer horizontalen Knochenplatte, der Lamina transversalis oder terminalis (Grenzplatte), und bildet den Boden des hinteren Theiles der Nasenhöhle. Man darf wohl annehmen, dass in dieser einheitlichen Platte sowohl der vordere Theil des Praesphenoids als die Bodenplatte des Ethmoids enthalten sind. Ihr Vorderrand ist zu beiden Seiten der Mittellinie concav ausgeschweift, in der Mitte bildet er eine Spitze (Rostrum sphenoidale), die auf dem Hinterende des Vomers ruht. Die Flügelfortsätze, welche also den Keilbeinkörper in seiner ganzen ansehnlichen Länge begleiten, ragen noch eine Strecke hinter ihm heraus und besitzen nur in diesem Theile den Charakter von Fortsätzen. Auch verdient eigentlich nur diese Hervorragung den Namen Processus pterygoideus, denn nur sie grenzt mit ihrer lateralen Fläche an das Pterygoid, mit ihrem dorso-medianen Rande dagegen an das Petrosum und Basi-occipitale, ursprünglich unter Offenlassen eines Foramen lacerum anterius, das aber an den meisten älteren Schädeln zugewachsen ist. In meiner Mittheilung Ig00b habe ich dieses Loch irrthümlicherweise als Foramen caroticum bezeichnet. Da jedoch diese hintere Spitze ohne Grenze in den umgebogenen Seitenflügel des Keilbeinkörpers übergeht, und da am menschlichen Keilbeine die Lamina medialis processus pterygoidei nach vorn bis dicht an das Foramen spheno-palatinum reicht, glaube ich diesen Namen auf die genannten Seitenflügel in ihrer ganzen Länge anwenden zu müssen. Bemerkenswerth ist die Weise, wie diese Flügeltheile sich auf die dorsale Fläche der Palatina stützen. Ihr ventro-lateraler Rand bildet dazu eine Art Fussplatte (Textfigur 5C), die aber von hinten nach vorn an Breite abnimmt. Während nämlich die dorsale oder laterale Oberfläche der Flügelfortsätze, die der Schädelhöhle zugekehrt ist, eine glatte, sanfte Rundung zeigt, läuft die mediale oder ventrale Fläche, welche den oberen Seitenwandtheil der Nasengänge bildet, in einen scharf medianwärts vorspringenden Rand aus. Dieser Rand bildet die mediane Kante der Fussplatte, die laterale dagegen findet sich dort, wo die sanft gerundete dorsale Fläche ihr Ende nimmt. In ihrem mittleren Theile sind die Processus pterygoidei schräg von innen nach aussen durchbohrt. Diese Durchbohrung führt in denselben Kanal wie diejenige unter dem Clinoidfortsatz. In starkem Gegensatze zu dem bescheidenen Umfang des Keilbeinkörpers und der Pterygoidfortsätze steht die riesige Ausdehnung der Orbitalflügel. Obgleich die Grenzen gegen das Ethmoid gänzlich verwischt 243 Der Schädelbau der Monotremen. 775 sind, liegt es doch auf der Hand, die grossen, flügelförmigen Seitenplatten, die den hinteren Theil der Orbital- und den vorderen oberen Theil der Temporalgrube bilden und sich dazu an der Seite des Schädeldaches weit nach hinten erstrecken, als Orbitalllügel des Sphenoids zu deuten. Doch sind in diesem Falle am Orbitosphenoid zwei Abschnitte zu unterscheiden, die meines Erachtens von verschiedener Herkunft sind. Der innere Theil, grösstentheils in der Schädelhöhle verborgen, ist mit der Hinterwand des Ethmoids zu einem stark gebogenen Wulst verwachsen (Textfigur 5A), der sich über die ganze Breite der Schädelhöhle erstreckt und eine mit niedrigen sagittalen Wülstchen versehene Oberfläche zeigt. Die Grenze des Wulstes gegen die Lamina cribrosa bildet einen nach vorn offenen Bogen. Die ganze Gegend zeigt grosse Ueberein- stimmung mit der entsprechenden bei Zrinaceus, nur fehlen bei Eehidna gesonderte Foramina optica. Die convexe Hinterfläche des Wulstes beugt sich in ihrem mittleren Theile in den Boden des Sella turcica über, ihre seitlichen Partien dagegen krümmen sich weiter herab bis zur Ventralfläche des Schädels und schliessen hier an die dorsale Seite der Orbito-Palatina-an. Dagegen bleibt zwischen dem oben beschriebenen Temporal- flügelchen des Palatinums und dem Orbitosphenoid ein Schädelloch frei, das die mit einander verschmolzenen Foramina rotundum, spheno-orbitale und opticum vertritt. Die mediale Begrenzung dieses Loches markirt sich auf dem Orbitosphenoid an seiner Basis als zwei seichte Gruben: eine obere und eine untere (Text- figur 5B u. C), die erstere kommt von der Sattelgrube her und ist also die Fortsetzung des Sulcus chiasmatis; die letztere dagegen kommt in horizontaler Richtung von hinten her, und ihr Boden wird gebildet durch die dorsale Oberfläche der Fussplatte des Processus pterygoideus. Wie gesagt, ist an einem meiner Echidna- Schädel, an der linken Seite eine vollständige Trennung zwischen dorsaler und ventraler Grube vorhanden, durch einen bis an das Temporalflügelchen des Palatinums reichenden dünnen Kamm des Orbitophenoids, und fand sich diese Trennung beiderseits bei meinen Proechidna-Schädeln. Ein deutliches Tuberculum bildet die dorsale Begrenzung der oberen Grube; am unversehrten Schädel ist es aber verborgen unter der oberen Partie des Temporalflügelchens des Palatinums. Nach vorn theilt sich die obere Grube gabelig in zwei Aeste: einen oberen und einen unteren. Der letztere ist die Lager- stätte für den Nervus opticus, der erstere dagegen für den Ramus (I) ophthalmicus trigemini. Die Grube für diesen letzteren Nerv gräbt sich ziemlich tief in den Orbitalflügel ein und steigt in schief-oraler Richtung empor, parallel der Grenze zwischen Orbitosphenoid und Orbitalplatte des Palatinums. An der Orbitalplatte des Frontale angelangt, verschwindet sie unter dieser und dringt in die Schädelhöhle an der hinteren Seiten- ecke der grossen Lamina cribrosa. Bei der Beschreibung des Ethmoids wird ihre Fortsetzung erwähnt werden. Von dem Tuberculum an steigt der zweite äussere Theil des Orbitalflügels auf. Der Vorder- und Hinterrand dieses in der Orbita zu Tage tretenden Theiles wenden sich divergirend dorsalwärts. Der Vorderrand läuft anfangs schräg, auf- und vorwärts und grenzt dabei an den Orbitalflügel des Palatinums, mehr dorsalwärts krümmt er sich sehr stark vorwärts zur Bildung eines vorderen Theiles des Flügels, der sich aber unter die Orbitalplatte des Frontale schiebt. Der hintere Rand steigt zuerst quer nach oben und aussen, bis er mit der vorderen Oberecke des Squamosums zusammentrifft. An dessen Oberrand entlang läuft er dann nach hinten, um auf der halben Länge des Randes seine alte, mehr verticale Richtung, wieder anzunehmen und geradlinig dem Vorderrande der Mastoidschuppe entlang bis zum Parietale aufzusteigen. Aus dieser Beschreibung der Keilbeinflügelränder ersieht man, dass die Flügel sich caudal- und dorsalwärts ungemein stark ausdehnen. Man kann dabei an ihrer äusseren Oberfläche zwei Facies unter- scheiden: eine kleinere ventrale und eine grössere dorsale. Nur die erstere betheiligt sich an die Bildung der Orbito-Temporalgrube, die letztere gehört ganz der Seitenpartie des Schädeldaches an. 31? Se 776 Der Schädelbau der Monotremen. 244 Das oben erwähnte Tuberculum bildet den Anfang der ventralen Facies, die somit die Form eines umgekehrten Dreieckes hat, dessen Gipfel ventral- und medialwärts gekehrt ist. Seine nach oben gewendete Basis ist keine scharf gezogene Linie, sondern beugt sich allmählich ohne scharfe Grenze in die grössere dorsale Facies über. Doch sind bei allen mir zu Gebote stehenden Schädeln an dieser Uebergangsstelle feine Grübchen und Linien in der Knochensubstanz zu entdecken, die sehr stark den Eindruck einer obliterirten Naht wachrufen. Falls dieser Eindruck sich als richtig erwiese, würde also die ganze dorso- laterale Facies des Orbitalflügels nicht zum Keilbein gehören, sondern eine selbständige Verknöcherung sein, die in ihrer Lage dem Postfrontale der Reptilien entspräche. Diese Hypothese findet eine gute Stütze durch die Untersuchung des Beuteljungenschädels; während nämlich der ventrale Theil des Keilbeinflügels noch gänzlich knorpelig ist, zeigt sich im Knorpel der Seitenwand des Primordialschädels (Parietalplatte) eine Verknöcherung, die unzweifelhaft die Anlage der oben als „dorsale Facies des Orbitalflügels“ angedeuteten Seitenpartie des Schädeldaches ist. In meiner ersten vorläufigen Mittheilung (1899) habe ich diese Verknöcherung als Deckknochen angegeben, in einer späteren diesen Irrthum aber verbessert (19008). Dieses vermuthliche Postfrontale verdient wohl eine etwas eingehende Beschreibung. Während sein Hinterrand gegen den Temporalflügel des Mastoids scharf abgeschnitten anstösst, weil auch dieser eine Knorpelverknöcherung ist, werden dagegen sein Ober- und Vorderrand von den angrenzenden Deckknochen (Parietale und Frontale) überlagert und zeigen dementsprechend am freigelegten Knochen einen unregel- mässig eingeschnittenen und zugeschärften Umriss. Besonders am Vorderrande ist dies der Fall; wie schon erwähnt, schiebt sich der Orbitalflügel hier mit einer sehr breiten Lamelle unter den Orbitaltheil des Frontale. Die vordere und ventrale Spitze dieser Lamelle erreicht selbst den dorsalen Theil des Ethmoids und ver- wächst mit ihm. An der Grenze zwischen der überdeckten Lamelle und dem frei zu Tage tretenden Theile des Orbitalfllügels verläuft eine tiefe Gefässgrube, die an zwei Stellen den Knochen selbst ganz durchlöchert. Eine ähnliche Grube findet sich auf der hinteren Partie, hier läuft sie schräg von hinten-unten nach vorn- oben, also gerade senkrecht auf die Richtung der vorderen. Du.t ist diese nur die Fortsetzung der ersteren, denn im Parietale findet sich die scharfwinklige Umbiegungsstelle. Das Ganze ist die Fortsetzung des Kanales zwischen Mastoid und Squamosum (Canalis arteriae et venae occipitalis).” In stärkstem Gegensatze zu der riesigen Entwickelung der Orbitallügel fehlen am Keilbeine von Echidna. die Temporalflügel (Alae magnae alisphenoidei) gänzlich. Dieser Mangel ist jedoch meiner Ansicht nach nur ein scheinbarer. Erwägt man nämlich, dass beim Menschen die grossen Keilbeinflügel an ihrer hinteren Spitze die ovalen Löcher umschliessen, nahe ihrem vorderen Rande dagegen die runden, während sie durch die Fissurae orbitales superiores von den kleinen Flügeln getrennt werden, so kämen, falls man diese Kenn- zeichen auf den Echidna-Schädel übertragen darf, in erster Linie die Temporalflügelchen der Palatina in Betracht. Denn diese sind es, welche die hintere und seitliche Grenze der Foramina rotunda + orbitalia superiora + optica bilden und die Strecke bis zu den Foramina ovalia grösstentheils ausfüllen. Grösstentheils, aber doch nicht gänzlich, denn die vordere Begrenzung des Foramen ovale wird nicht vom Hinterrande des Palatinumflügelchens gebildet, sondern von einem Theil derjenigen Knochenplatte, die auch den lateralen Rand dieses Schädelloches bildet, und die, wie schon erwähnt, an jungen Schädeln nur theilweise verknöchert ist oder wohl noch gänzlich fehlt. Diese Platte, die den Bezirk der Gehirnschädelwand zwischen Pterygoid, Petrosum, Squamosum, Orbitalflügel des Sphenoids und Temporalfllügel des Palatinums ausfüllt, nimmt zusammen mit dem letzteren die Stelle ein, welche bei anderen Säugethieren vom Alisphenoid oder grossen Keilbeinflügel bedeckt wird. Bevor 245 Der Schädelbau der Monotremen. 777 sie sich gebildet hat, ist diese ganze Stelle offen, nicht vom Knorpel des Primordialcraniums ausgefüllt; die Platte muss sich also im Bindegewebe bilden. Diese grosse Oeffnung in der Gehirnschädelwand nenne ich die „pheno-temporale Lücke“. Sie entspricht wohl der Fenestra prootica Gaupp’s bei Eidechsen. Will man die Namen der menschlichen Anatomie verwenden, so entspricht das Palatinumflügelchen der Facies orbitalis alae magnae, die Verschlussplatte dagegen der Facies temporalis und infratemporalis seu externa. Das Hinterende der Verschlussplatte, das sich zwischen Pterygoid und Squamosum zeigt, ist die Spina angularis. Das Wachsthum der Platte geht von zwei Stellen aus: erstens und hauptsächlich von hinten her, wo die Platte unter dem Squamosum hervorwächst, um schliesslich den Hinterrand vom Temporalflügelchen des Palatinums und vom Orbitalflügel des Keilbeins zu erreichen; zweitens, aber in viel geringerem Maasse, wie oben schon gesagt, von vorn-unten her, wo zwischen Temporalflügelchen des Palatinums und Vorderrand des Foramen ovale Knochenbildung stattfindet. Beide Verknöcherungen verschmelzen bald, unter Obliterirung der kurzen Naht, zu einer dünnen Verschlussplatte des Schädelbodens. Die zu allerletzt sich verschliessende Stelle liegt im vorderen oberen Winkel, unter dem Vorderrande des Squamosums. An dem Beuteljungenschädel fand ich keine Spur vom Palatinumflügelchen ; ich glaube also an- nehmen zu müssen, dass sich dieses in derselben Weise anlegt wie die Verschlussplatte, wenn auch nicht ganz so spät wie diese. Für die völlige Uebereinstimmung dieser Verschlussplatten mit den grossen Flügeln des Keilbeins wäre es nur nothwendig, dass sie mit dem hinteren Keilbeinkörper zusammenhingen. Sie bleiben aber, wie ich schon in meinen vorläufigen Mittheilungen hervorhob (Igoob), weit davon getrennt, weil nicht nur die Pterygoidea, sondern auch die Palatina sich zwischen beide einkeilen, und dementsprechend mit einem Theile ihrer dorsalen Fläche an der Innenseite des Gehirnschädelbodens frei zu Tage treten. Ich glaube, diese bleibende Trennung zwischen Basisphenoid und Alae magnae, und zugleich diese Theilnahme von Deckknochen des Mundhöhlendaches an der Bildung des Gehirnhöhlenbodens dadurch erklären zu müssen, dass der Knorpelboden des Primordialcraniums, soweit er mit diesen Deckknochen in Berührung ist, resorbirt wird, statt zu verknöchern. Hierzu veranlasst mich im Besonderen die Wahrnehmung, dass beim Beuteljungen dieser Knorpelboden, soweit es sich um die Unterlage unter Pterygoid und Palatinum handelt, noch vollständig vorhanden ist. Ginge derselbe, statt zu verschwinden, in Knochen über, so würde er die Wurzeln des temporalen Flügelpaares des Keilbeins bilden, und könnten nicht nur die Verschluss- platten der sphenotemporalen Schädellücken, sondern auch die Temporalflügel der Palatina mit dem Keilbeinkörper in Zusammenhang gerathen. Ich möchte hier noch die Bemerkung einflechten, dass, obwohl die beiden oben genannten spät auftretenden Knochenbildungen nicht in Knorpel vorgebildet sind, und also durch Membranverknöcherung zu Stande kommen müssen, sie meines Erachtens nicht mit wirklichen Deckknochen ohne weiteres gleich- gestellt werden dürfen. Es sind sozusagen Knorpelknochen mit rückgebildetem Knorpelsubstrat. Zeigen also Form und Anordnung der vorderen und hinteren Keilbeinflügel grosse Abweichungen vom gewöhnlichen Typus des ausgewachsenen Säugethierschädels, so ergiebt dagegen die Vergleichung mit Entwickelungsstadien verschiedener Placentalia, wie man sie bei SpönpLı, DECKER und KÖLLIKER beschrieben und abgebildet findet, merkwürdige Uebereinstimmungen. Diejenigen Theile -des Primordial- craniums, die DECKER als „l. Ala parva, nicht verknöchernder Theil“, SpönpLı dagegen als „4. Lamina frontalis“ bezeichnet, entsprechen nämlich den von mir als „dorsale Facies der Orbitalflügel“ oder Postfrontale bezeichneten Knorpelverknöcherungen. Ihre vordere Ausbreitung, 773 Der Schädelbau der Monotremen. 246 die das Dach des Ethmoids erreicht und damit unter Offenlassen einer Lücke verwächst, stimmt mit der als „m. Commissura orbito-ethmoidea“ [n bei SpönnLi] bezeichneten Knorpeltänie überein, die Lücke selbst entspricht dem „Foramen spheno-ethmoideum — 7“ (SpönpLr's For. spheno- frontale), das, wie DECKER angiebt, bald von Frontale und Lacrymale verdeckt wird. Wir werden zu zeigen versuchen, dass beim Ornithorhynchus dieses „Foramen spheno-ethmoideum‘“ bis ins erwachsene Alter bestehen bleibt. Die hintere Ausbreitung des Orbitalflügels, die bis an das Mastoid reicht, entspricht DECKER’S „Commissura orbito-parietalis, n“, gleich SpönpLr's „Verbindung mit der Pars petrosa, <“. Das darunter befindliche „Foramen spheno-parietale 5“ DECKER’s und SpönnLr's bleibt bei Behidna bis ins erwachsene Alter als die grosse spheno-temporale Schädellücke erhalten. Ornithorhynehnus. Während der hintere Theil des Gehirnschädels von Ornithorhynchus, im Vergleich mit Echidna, sowohl dem Längs- als dem Querdurchmesser nach, gedrungene Form zeigt, ist dagegen die Sella turcica des ersteren nicht nur relativ, sondern selbst absolut länger als die des letzteren (Taf. XXXII, Fig. 3 u. 5). Dazu kommt die viel höhere Erhebung der Sattellehne, die, selbst mit anderen Säugethieren verglichen, ausserordentlich hoch ist und in sehr langen, dünnen, nach vorn gekehrten Processus clinoidei posteriores ausläuft. Mit Ausnahme der Sattellehne besitzt die Sella turcica wenig Aehnlichkeit mit einem Sattel. Die concaven, scharfkantigen Vorderränder der Processus clinoidei posteriores biegen sich an ihrem Fussende nach vorn um und verlaufen, zuerst convergirend, dann parallel und einander sehr nahe, als zwei wenig erhabene Längsleisten über die gewölbte Dorsalfläche des Keilbeinkörpers, um auf der Höhe des Vorderrandes der Foramina rotunda ganz oder beinahe zu verschwinden. Von Processus elinoidei medii, wie bei Echidna, ist also hier keine Spur; die Sattelgrube bildet weiter vorwärts einen beinahe flachen Rücken, der am hinteren Rande der Alae orbitales, zwischen den Wurzeln derselben, ein scharf umschriebenes Grübchen aufweist. Es bildet also nur der hintere Theil der Sella eine wirkliche Fossa, dieselbe geht nach hinten und unten in zwei Canales carotici über, die, in Gegensatz zu Echidna, nur durch ein schmales Septum von einander getrennt werden. Von der Innenseite betrachtet, trägt der Keilbeinkörper vier Paar Flügel. Das hinterste liest caudal- wärts von der Sattellehne, zwischen den Foramina lacera anteriora (die bei alten Schädeln zugewachsen sind) und den Foramina ovalıa, das nächst vordere zwischen diesen letzteren und den rotunda, das dritte zwischen Foramina rotunda und orbitalia superiora + optica, ‘das vorderste endlich zwischen den letztgenannten und jenen membranös verschlossenen Fenstern, die ich als Fenestrae spheno-ethmoidales bezeichnen möchte (vergl. unten). Von diesen vier Paar Flügeln entspricht das hinterste den Processus pterygoidei, das zweite und dritte zusammen den Alae magnae, das vierte den Alae parvae. Die Processus pterygoidei sind ebenso gut wie bei Zchidna nur die hinteren Ausläufer der ventral- wärts umgebogenen Seitenränder des Keilbeinkörpers, welche die Seitenwände der Nasengänge bilden. Sie stützen sich mit ihrer hinteren schaufelförmigen Spitze auf das antero-mediane Ende der Petrosa, doch ist es mir nicht gelungen, die Grenzen mit Sicherheit zu unterscheiden. Bei der Vergleichung mit Zchidna gerieth ich zuerst auf den Irrweg, diese hinteren Spitzen der Processus pterygoidei von Ornithorhynchus für die Homologa der Ossa pterygoidea von Echidna anzusehen. Es veranlasste mich dazu das gänzlich von Echidna verschiedene Verhalten ihres lateralen Randes, der, statt sich wie bei dieser dem Innenrande 247 Der Schädelbau der Monotremen. 779 / des Pterygoids anzulegen, frei bleibt als innere Umgrenzung des ovalen Loches. Nur ganz vorn berührt er auf einer kurzen Strecke den hintersten Theil des medianen Randes des (beweglichen) Pterygoids. Doch belehrten mich die Beziehungen derselben zu den median von ihnen gelegenen Foramina carotica und den (sich bald verschliessenden) Foramina lacera anteriora, sowie ihre am Pullusschädel deutlich wahrnehmbare knorpelige Anlage bald eines Besseren. Noch glaubte ich einen Augenblick, wegen ihrer so innigen Beziehungen zu den Petrosa, sie als Spinae angulares sphenoidei deuten zu müssen, doch lässt ihre Lage median vom Foramen ovale meines Erachtens keinen Zweifel übrig an ihrem Charakter als Hinterende der Processus pterygoidei. Auch lassen sich die wahren Spinae angulares am lateralen Hinterende der Foramina ovalia unterscheiden. Von der Innenseite betrachtet, zeigen die Alae magnae den gewöhnlichen Säugethiertypus; eine deutliche Knochenleiste verbindet die lateralen Ränder der Foramina ovalia und rotunda und macht die Knochenpartie zwischen diesen Löchern zu_ciner seichten Grube. Bei Echidna ist diese Grube sowie die sie begrenzende Crista ebensogut nachzuweisen, nur liegt sie hier viel weiter vorwärts und ist in der Ansicht von oben gänzlich unter der nach hinten sich wölbenden Hinterwand der Nasenkapsel verdeckt. Auch liegt die Grube hier nicht in einem Theile des Keilbeins, sondern im Palatinum, aus den bei Echidna näher entwickelten Gründen. Sowohl diese Crista als die Umgrenzungen des Foramen ovale und rotundum werden bei Ornitho- rhynchus ebenso wie bei Echidna von jener spät ossificirenden Partie des lateralen Gehirnschädelbodens gebildet, welche die grosse spheno-temporale Schädellücke zum Verschluss bringt. Doch kommt dieser Verschluss bei Ornithorhynchus früher als bei Echidna zu Stande, und sind die Grenzen der Platte gegen die umliegenden Knochen viel schwieriger aufzufinden. Nach hinten berührt die Platte bei Ornithorhynchus über ihre ganze Breite das Petroso-mastoideum, weil hier das Squamosum weit weniger als bei Echidna an der Innenseite der Gehirnschädelkapsel zu Tage tritt. Die Platte entspricht dem temporalen Keilbeinflügel, muss also als Alisphenoid bezeichnet werden. In Gegensatz zu Echidna wird sie nicht durch Palatinum und Pterygoid vom Körper des Keilbeins abgedrängt. Doch treffen diese vier Knochen zusammen in dem auswendig deutlich hervortretenden Knochenkamm, der zwischen Foramen rotundum und ovale den Seitenrand des Palatinums bildet; allerdings wird das Pterygoid nur durch Band an diesen Kamm angeheeftet. Unmittelbar oberhalb dieses Randes zieht sich der Länge nach, und also zur Seite des Nasenganges, von dem er durch den Processus pterygoideus sphenoidei getrennt bleibt, eine geräumige Durchbohrung: der Canalis pterygoideus, den man bei TANDLER, HOCHSTETTER und anderen Autoren als solchen erwähnt findet, oder Canalis Vidianus, welch letzterer Name in diesem Falle vielleicht vorzuziehen wäre, weil das Pterygoid von seiner Begrenzung ausgeschlossen ist. Die untere Seitenwand dieses Kanales wird von dem untersten und medianen Theil der oben erwähnten Alisphenoidplatte gebildet. Doch glaube ich, an mehreren meiner Ornithorhynchus-Schädel Spuren einer Naht gefunden zu haben, die diesen Theil von dem mehr lateral gelegenen trennt. Es fanden sich diese Spuren an der Aussenseite der Schädelwand, zwischen Foramen ovale und rotundum, gerade dort, wo inwendig die oben erwähnte Crista verläuft, durch welche die Lagerstätte des Trigeminus lateral begrenzt wird. Doch wäre es möglich, dass Muskelinsertionen die fraglichen Nahtspuren vortäuschten. Falls aber die Beobachtung sich als richtig erwiese, so hätten wir es hier mit einem Knochenbezirk zu thun, der genau dem Temporalflügelchen des Palatinums bei Echidna entspräche, wie bereits beim Palatinum betont wurde. Dass der Hchidna ein Canalis Vidianus abgeht, erklärt sich aus dem von Ornithorhynchus ver- schiedenen Arterienverlaufe in dieser Gegend. Es dient nämlich der Canalis Vidianus des Ornithorhynchus 780 Der Schädelbau der Monotremen. 248 zum Durchtritt einer ansehnlichen Schlagader, die von HyrrL als Art. maxillaris interna, von TANDLER als Art. stapedia bezeichnet wurde, und die bei Echidna rückgebildet ist. Die hinteren Spuren der oben erwähnten Naht fand ich gerade medial von einem Loche in der Alisphenoidplatte, das hart vor dem Vorderende des ovalen Loches die Schädelwand durchbohrt. Nach einem Weichtheilpräparat verläuft durch dieses Loch ein Blutgefäss, das sich aussen in die grossen Kau- muskeln verzweigt, nach innen aber ventral vom Trigeminus nach der Mitte des Schädelbodens geht und hier mit anderen Gefässen in Verbindung tritt. Weil ich nicht in der Lage war Injectionen zu machen, kann ich über die Natur dieses Gefässes keinen sicheren Aufschluss geben, doch halte ich es für eine Arterie. In diesem Verbande möchte ich die Angabe Hyrrr’s in Erinnerung bringen, dass ein am Ramus III trigemini rücklaufender Ast der Carotis externa am Vorderende des Foramen ovale mit intracraniellen Verzweigungen der Carotis interna in Verbindung trete. Zwar hat TAnDLER diese Communication nicht bestätigen können, doch hat er dagegen in dieser selben Gegend eine Anastomose zwischen der Carotis externa und der Arteria stapedia, gerade vor dem Eintritt der letzteren in den Canalis Vidianus, wahr- genommen. Von diesen Verbindungsgefässen könnte das eine oder das andere durch das erwähnte Loch seinen Weg nehmen. Ich bezeichne es deshalb als Foramen vasculosum mediale (Taf. XXXI, Fig. 2 u. 3, Texttigur 6D). Noch eine zweite Oeffnung findet sich nahe dem hinteren Rande im Alisphenoid, diese liegt weiter rück- und seitwärts, vor der Mitte des grossen Processus mastoideus. Ihr Unterrand setzt sich in antero- dorso-lateraler Richtung auf die Alisphenoidplatte fort als abgerundete Vordergrenze einer seichten halbkreis- förmigen Einsenkung der äusseren Oberfläche, die hinten vom Vorderrande der Gelenkfläche für den Unter- kiefer begrenzt wird. Nach innen, hinten und oben durchbohrt das Loch den Sockel des grossen Zitzenfortsatzes in seinem vorderen Theile und mündet in den Anfang der halbkreisförmigen tiefen Grube für Nervus facialis und Arteria stapedia. Auch dieses Loch dient wahrscheinlich hauptsächlich für Gefässe (Kaumuskelast der Art. stapedia?), doch glaube ich, auch einen nach vorn verlaufenden Ast des Facialis darin angetroffen zu haben. Dem- ungeachtet geht es meines Erachtens nicht an, das Loch, wie SıxTA (1900, Fig. 7, p. 346) thut, als Foramen faciale zu bezeichnen, denn dieser Name darf nur als Synonym für das Foramen stylo-mastoideum verwendet werden. Ich nenne es Foramen vasculosum laterale externum. Wie gesagt, vermochte ich die Grenzen der Alisphenoidplatte nicht mit Sicherheit zu bestimmen; Fig. 4 auf Taf. XXXII giebt eine Darstellung der von mir wahrgenommenen und vermutheten Nähte. Man ersieht daraus, dass ich den Antheil der Alisphenoidplatte an der seitlichen und unteren Schädelwand für sehr ansehnlich halte. Dies stimmt auch mit den Befunden am Pullusschädel, wo die unter dem Squamosum zu Tage tretende grosse Knochenplatte oben an die parietale, hinten an die mastoidale Partie des Knorpelcraniums sich anschliesst, vorn dagegen frei in die grosse spheno-temporale Schädellücke hineinragt. Das dritte Flügelpaar des Keilbeins (von hinten her gezählt) wird gebildet von zwei platten und kurzen Säulchen, welche jederseits das Foramen rotundum vom Foramen spheno-orbitale + opticum trennen. Ihr concaver Hinterrand bildet also die obere Wölbung des erstgenannten Loches, ihr ebenso geformter Vorderrand die hintere Partie des letztgenannten. An diesem letzteren Rande entlang tritt der Ramus ophthalmicus Trigemini aus der Schädelhöhle in die Orbita zu Tage, um nach kurzem Verlaufe dieselbe wieder durch einen grossen Einschnitt im Hinterrande der Orbitalplatte des Stirnbeins zu verlassen und seinen Weg durch den Canalis ethmoidalis von Stirn- und Nasenbein innerhalb des Schädels zu verfolgen. 249 Der Schädelbau der Monotremen. 781 Der laterale Rand des eben beschriebenen dritten Flügelpaares stösst an den Unterrand der Alisphenoidplatte unter Bildung einer etwas vorspringenden Rauhigkeit, welche sich vom Seitenrande des runden Loches zum hinteren seitlichen Rande des Foramen spheno-orbitale erstreckt. Ich meine wahrgenommen zu haben, dass diese rauhe Kante von einer Naht begleitet wird, doch bin ich dessen nicht gewiss (Taf. XXXII, Fig. 4 u. 5). Bei dem Vergleich mit den Echidniden ergiebt sich, dass das Homologon dieses dritten Flügel- paares in dem dünnen Knochenvorsprung gesucht werden muss, der bei einzelnen Specimina von Echidna und vielleicht constant bei Proechidna das Foramen rotundum vom Spheno-orbitale etc. trennt, bei der Mehrzahl der Echidna-Exemplare dagegen nur als eine niedrige, von der Wurzel des Orbitalflügels vor- springende Leiste gegen die Innenseite des Temporalflügelchens des Palatinums gerichtet ist. In dem vierten und vorderen Flügelpaar sehe ich die Wurzeln der Orbitosphenoidea. Es wird vom dritten durch die sehr grossen Foramina spheno-orbitalia + optica getrennt. Form und Grösse dieser Löcher sind bei den einzelnen Exemplaren etwas verschieden, doch zeigt sich bei mehreren eine dorso-laterale schlitzförmige Ausbuchtung an der übrigens abgerundeten Oeffnung. Bei anderen fehlt diese Lücke bis auf eine letzte Andeutung. Bei allen denjenigen von mir untersuchten Exemplaren aber, die noch eine Spur von Nähten aufwiesen, ging vom Gipfel dieser Ausbuchtung in dorso-caudaler Richtung eine Sutur ab, die sich ohne Unterbrechung bis zum vorderen unteren Winkel des dorsalen Squamosumschildes verfolgen liess, wo er mit einer mehr oder weniger offen liegenden Gefässgrube zusammentraf. Der vordere Theil dieser Naht markirt wahrscheinlich nach vorn und oben die Grenze von der Ausbreitung der alisphenoidalen Verschlussplatte der grossen Schläfenlücke im Primordialcranium. Alles, was dorsal von dieser Naht liegt, muss durch Verknöcherung der knorpeligen Parietalplatte!) entstanden sein, vorn muss es zum Orbitosphenoid, hinten zum Mastoid gehören. In Joannes WAGNER’ Figur (vergl. S. 211 [743], Textfigur IC) ist nur der hintere Theil dieser Naht angegeben; nämlich oberhalb seiner Bezeichnung a.t. (Ala temporalis). Dagegen ist in SEELEY’S Figur 8 (1900, p. 643, vergl. Reproduction auf S. 2ıı [743]) der ganze Verlauf erkennbar, doch leider wenig deutlich dargestellt. Von der Squamosalschuppe (SQ) anfangend, geht die Naht zwischen „Parietal“ und AS (Alisphenoid) in oraler Richtung bis zu einer schwarz angestrichenen viereckigen Stelle, die vermuthlich eine durch Maceration einer unverknöchert gebliebenen Partie des Primordialcraniums ent- standene Fontanelle vorstellt. Der vordere Theil der von mir beobachteten Naht muss in dem schwarzen Striche enthalten sein, den SEELEY unterhalb dieser Stelle zeichnet, den er aber sich noch eine Strecke caudalwärts ins Alisphenoid fortsetzen lässt, wo er sich verläuft. Nach vorne zu ist dieser Strich nur zu erkennen bis an den Hinterrand des M (Malare), doch hat es den Schein, als ob er vor dieser Knochenpartie wieder zum Vorschein tritt und sich bis zu einer Lücke oberhalb des Buchstabens 0) (Orbitosphenoid) fortsetzt. Das Foramen spheno-orbitale ete. muss in SEELEY’s Figur durch das Malare verdeckt sein. An meinen erwachsenen Schädeln ist diese orale Fortsetzung der Naht nicht mehr als solche erkennbar; doch möchte ich nicht bezweifeln, dass sie vorkommt. Sie trennt nämlich die von SEELEY als Postfrontale und Orbitosphenoid bezeichneten Knochenpartien von einander. Nun sehe ich mich zwar genöthigt, in Uebereinstimmung mit meiner Beschreibung der Ver- hältnisse am erwachsenen Echidna-Schädel, beide Partien zusammen als Orbitosphenoid zu bezeichnen, doch zweifle ich nicht, dass sie ursprünglich selbständige Verknöcherungen gewesen sind. Ich fand nämlich am ı) W. K. PARKER’s supra-auditory cartilage. Jenaische Denkschriften. VI. 32 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 100 782 Der Schädelbau der Monotremen. 250 Pullusschädel, ebenso gut wie an dem des Echidna-Beuteljungen, im dorsalen, von SEELEY als Postfrontale bezeichneten Bezirk eine selbständige Knorpelverknöcherung (Taf. XXXI, Fig. 5 und 6). Am erwachsenen Schädel ist der entsprechende Knochenbezirk gegen die umliegenden Knochen zwar nicht rundum durch deutliche Nähte abgetrennt, aber dennoch so ziemlich von ihnen zu unterscheiden. Diese Grenzen sind: Nach vorn-unten eine wenig erhabene Leiste, die den Oberrand des durch die Orbita verlaufenden Ramus ophthalmicus trigemini begleitet und den Postfrontalbezirk abgrenzt von der eigentlichen (vorderen sphenoidalen) Wurzel des Orbitalflügels. Sie liegt an der Stelle, wo SEELEy die oben erwähnte Naht zeichnet. Nach vorn eine verticale Reihe von Gefässlöchern: oben ein grösseres, dem Stirnrande parallel ver- laufendes, darunter ein oder zwei kleinere, die letzteren genau oberhalb des ansehnlichen Loches, wodurch der Ramus ophthalmicus trigemini wieder in die Orbitalwand eindringt, wie ich dies beim Frontale schon erwähnt habe. Nach oben eine gebogene Linie an der Seite des Schädeldaches oberhalb und parallel mit dem stark kammförmig heraustretenden dorsalen Orbitalrand. Doch möchte ich auf die Möglichkeit hinweisen, dass diese Linie nur von einem Gefässkanal herrührt, der etwas weiter nach vorn in dem eben erwähnten oberen Orbitalloche unter dem Stirnrande an die Oberfläche tritt. OwEn und WAGNER zeichnen sie als Naht. Nach hinten-unten die oben beschriebene, vom Ausläufer des Foramen spheno-orbitale aus- gehende Naht. Die Wurzeln der Orbitalflügel dagegen werden nach vorn ebenso deutlich begrenzt wie nach hinten, weil sich vor ‘ihnen eine unverknöcherte, nur durch Membran verschlossene Stelle in der seitlichen Wand der vorderen Schädelgrube befindet. Blickt man von innen her durch dieses Fenster schief vorwärts hinaus, so schaut man in den Anfangstheil des Canalis ethmoideus nervi ophthalmici; wendet man den Blick etwas mehr rückwärts, so sieht man am lateralen Rande des Anfangsloches dieses Kanales entlang frei in die Orbita. Dass bei Echidna vermuthlich ein Homologon dieser Schädellücke vorkommt, habe ich schon erwähnt und auch die Wahrscheinlichkeit, dass wir es hier mit einer fortbestehenden Fenestra spheno-ethmoidalis, wie sie SPÖnDLI und DECKER am Primordialcranium beschrieben, zu thun haben. Die Grenze des Prae- sphenoids gegen die hintere Wand des Ethmoids (Repräsentant der Lamina cribrosa) wage ich nicht zu bestimmen, doch achte ich es wahrscheinlich, dass sie zwischen den unteren-vorderen Ecken der spheno- ethmoidalen Fenster zu suchen ist. Die Grenze zwischen Basi- und Praesphenoid dagegen glaube ich an zweien meiner Exemplare bewahrt gefunden zu haben, sie liegt dicht vor dem Vorderrande der von mir als drittes Flügelpaar des Keilbeins angedeuteten Trennungssäulchen zwischen Foramina rotunda und spheno-orbitalia (Taf. XXXII, Fig. 5). (Man vergleiche hierzu den Nachtrag.) Von älteren Autoren sei hier in erster Linie CUvIER erwähnt, der auf p. 148 der „Ossemens fossiles“ von Ornithorhynchus behauptet: „Le trou optique est fort grand, le spheno-orbitaire qui l’&gale, embrasse aussi le rond; l’ovale est fort grand et distinct. Entre les deux trous ovales sont deux espaces membraneux.“ Die Untersuchung der Weichtheile beweist, dass das spheno-orbitale Loch nicht mit dem Foramen rotundum, sondern mit dem Opticum verschmolzen ist. Besondere Mühe, die Lageverhältnisse der Orbitalknochen und die Deutung der Schädellöcher richtig zu stellen, hat sich KöstLın gegeben. Dass er dabei auf einen Irrweg gerathen ist, muss wohl hauptsächlich dem Unberücksichtigtlassen der Weichtheile zugeschrieben werden, doch mag auch der defecte Zustand des von ihm untersuchten jungen Ornithorhynchus-Schädels das Seinige dazu beigetragen haben. 251 Der Schädelbau der Monotremen. 783 Aus seiner Figur Xa auf Taf. IV (reproducirt in der Textfigur 1A, S. 211 [743]) ergiebt sich, dass er die vom Foramen spheno-orbitale (von ihm mit 3 bezeichnet) nach hinten und rückwärts aufsteigende Naht nicht erkannt hat und denjenigen Bezirk der hinteren Orbitalwand, den ich „Postfrontalen Flügel des Orbito- sphenoids“ nenne, als Alisphenoid deutet (A.t. = vorderer Temporalflügel). Demzufolge bleibt bei ihm nur die schmale Flügelwurzel zwischen Orbitalplatte des Frontale und spheno-erbitalem Loche als Orbital- Hügel (A.o0.) übrig (KöstLın, p. 29 und 115). Dagegen rechnet er die von mir als Alisphenoid bezeichnete Verschlussplatte der spheno-temporalen Schädellücke seinem „hinteren oder zweiten Temporalflügel“ zu (vergl. den Abschnitt über das Mastoid). Bei der Vergleichung mit Echidna kommt er dadurch zu dem sonderbaren Resultat, dass bei dieser Form das Orbitosphenoid gar nicht in der Orbita sichtbar sei (p. 115). Zu dieser, meiner Ansicht nach, unrichtigen Deutung der einzelnen Knochenpartien ist KÖSTLın grossentheils durch seine irrige Deutung der Schädellöcher (p. 49) gebracht worden. Das Foramen ovale des Ornithorhynchus hat er für das Lacerum anterius angesehen [welches bei Zchidna mit dem Ovale verschmolzen sein soll], das Rotundum für das Ovale, während nach ihm das runde Loch bei Ornithorhynchus ebenso wie bei Echidna mit Spheno-orbitale und Opticum verschmolzen sein soll. Davon sagt er p. 45 noch: „Unter den Nagern, Monotremen, Dickhäutern, Wiederkäuern und Cetaceen ist das Foramen rotundum allgemein mit dem Foramen spheno-orbitale verschmolzen.‘ Owen deutet in Topp’s Cyclop. (p. 373, I), die Schädellöcher des Ornithorhynchus richtig, irrt sich dagegen in der Deutung der Orbitalknochen bei Zchidna (An. of Vert., II, p. 319), wo er sagt: „The basi- sphenoid (5), Fig. 202, supports laterally a pair of alisphenoids (6), Fig. 197, which are notched posteriorly by the trigeminal nerves, and expand as they rise to articulate with the parietals (7), the mastoid (8) and anteriorly with the orbito-sphenoid (70)t) and frontal (Z2).... The presphenoid (Fig. 202 9) is connate with orbitosphenoids (Fig. 197 10) pierced by the small optic nerves.“ Aus seiner Fig. 197, p. 312 geht nämlich hervor, dass sein Orbitosphenoid in Wirklichkeit die Orbitalplatte des Palatinums ist; sein „kleines Opticusloch“ ist also wohl das Foramen spheno-palatinum. Unter Alisphenoid (6) versteht er sowohl das wirkliche Alisphenoid als das Orbitosphenoid. Temporalia. (Petroso -mastoideo - pteroticum.) Eine ins Detail gehende Beschreibung dieses Knochencomplexes braucht hier nicht gegeben zu werden, weil die Anatomie und auch die vergleichende Anatomie des Monotremen-Ohres in diesen „Ergebnissen“ selbst eine eingehende und ausführliche Behandlung seitens des Herrn Dr. A. DENKER gefunden haben. Mein geehrter Mitarbeiter hat mir wohlwollend gestattet, von seinen Beschreibungen und Tafeln vor der Veröffentlichung Kenntniss zu nehmen, wofür ich ihm hier meinen verbindlichsten Dank ausspreche. Ich kann mich also darauf beschränken, diejenigen Sachen hervorzuheben, die er, als nicht in seinen Untersuchungs- kreis fallend, entweder nicht behandelt oder nur flüchtig berührt hat, und einige historische Notizen über die verschiedenen Auffassungen des Monotremen-Temporale hinzuzufügen. Nicht überflüssig scheint es mir, die vergrösserten Abbildungen des isolirten Schläfenbeins der beiden Monotremen-Gattungen hier neben einander zu stellen, weil daraus der eigenthümliche Charakter dieses ı) Diese Nummer ist von mir nachgetragen. 32* 100* 734 Der Schädelbau der Monotremen. 252 Knochens und die Uebereinstimmungen und Verschiedenheiten zwischen beiden sich besser als aus Be- schreibungen hervorheben und ausserdem die von umliegenden Knochen bedeckten Theile sichtbar werden. Einige Unsicherheit in der Bestimmung der Grenzen bei Ornithorhynchus habe ich leider nicht aufzuklären vermocht. A. Eechidna. C. Ornithorhynehus. Suleus anteriae occipitalis\ G ‚Superficies = h an: ver el n i "ocess $ Pessu E_ squamosalis ocessus hyoideus | Processus mastoideus Umkreis der Ala pterotica mastoidei Dehiscentia canalis _ "Ala pterotica ‚Superficies Fallopüi = mastoidei squamosalis Superficies —- N P terygoidalis LE 2 Snlonali ) Canalis tempo- END B j Nast. OLeG2, Trang, oc ralis(Orifieium Apertura tympanica N \ ‚posterüus) (Canalis cranio- a tympanalis) ES STemmnnnneengnaneen Knochengrenzen = PN N { N x N N \ Canalis temporalis Q . Orifieü sterius Proc. mastoideus HForamen vagi (Creme De) B. Echidna. D. Ornithorhynehus. Suleus s 2 m Sulcus sinus trams- tramsversi N x Er Foramen. vasculosum internum (Vena LEAST, capitis later. + Ram. sup. art. staped.) Foramen vasculosum externum laterale Foramen vascu- vermuth- _ ıQ N N Zu = Hiatus Fallopiüi _ _ losum intern. licher Um- IN N S< (Vena capitis kreis der II lateralis) Ala pte- \ Ala __ — Apertura externa rotica : ‚pterotica aquaeductus mastoidei mastoidei vestibuli N \ ! NN | Canalis Hallopiü Meat. audit. intern. Apertura externa aquaeductus vestibuli Fossa subarcuata Foramen vagi Meatus auditorius internus Fig. 6. Linkes Petroso-mastoideum von Echidna und Ornithorhynehus, 2. A von aussen und B von innen von Hehidna, C von aussen und D von innen von Ornithorhynchus. Vom Temporale des Ornithorhynchus finden sich schon bei KöstLın Abbildungen in der Ansicht von aussen und innen, die im grossen Ganzen richtig sind. Ganz specielle Erwähnung verdient meines Erachtens die grosse flügelförmige dorsale Ausbreitung des Felsenbeins an der Seitenwand der Gehirnkapsel, wodurch das Squamosum beinahe gänzlich von der Theilnahme an dieser Kapsel ausgeschlossen wird. Dieser Flügel, der im Laufe der Zeit verschiedene Namen bekommen hat, muss unzweifelhaft als eine Verknöcherung des hinteren Theiles der Parietalplatte des 253 Der Schädelbau der Monotremen. 785 Primordialcraniums betrachtet werden (DECKER Litt. u, Spönprı No. 12). Bei meinem Beuteljungenschädel ist dieser Theil noch vollständig knorpelig. W. K. Parker bildet diesen Seitenwandknorpel bei mehreren Insectivoren und Edentaten ab, unter dem Namen „supra-auditory cartilage‘“ (s.a.c. und s.t.c.), und auch eine selbständige Verknöcherung dieses Theiles, die er mit p.Y.0' bezeichnet. Beim Maulwurf, wo sie besonders stark entwickelt ist, nennt er sie „polygono-ovoidal prootic wing‘“ und sagt von ihr (p. 189): „In the somewhat obtuse angle between the parietal and interparietals (it) is almost entirely displayed; it is very convex and, if shorter, is much broader than the squamgsal, for which it might be taken in a cursory view of the adult skull.“ Vom erwachsenen Maulwurf sagt PARKER: „The prootic plate, and the hinder or mastoid region of the auditory capsule have sutures separating them from the surrounding bones.“ FLOWER und Gapow erwähnen die Platte beim erwachsenen Maulwurf unter dem Namen Pterotic, für welchen Namen sie PARKER als Autor.nennen. Auch homologiren sie das Pteroticum des Maulwurfes mit dem der Echidna. Vergleicht man Echidna mit einer anderen Thierform, die in der Temporalgegend in vielen Hinsichten mit ihr übereinstimmt, nämlich dem schon öfters erwähnten Pieropus, so stellt sich klar heraus, dass bei diesem (wo das Squamosum von der Umwandung der Gehirnhöhle vollständig ausgeschlossen ist) das Pteroticum in das Parietale aufgegangen sein muss. Damit in Einklang steht, dass sich an der Aussenseite Spuren einer Naht finden, die von der Lambdanaht in schief nach vorn und seitwärts abfallender Richtung bis an die Schuppennaht verläuft und das Squamosum gerade dort erreicht, wo die obere äussere Mündung des Canalis jugularis spurius sich findet. Durch diese Naht wird ein hinteres unteres Dreieck vom Parietale abgetrennt. Genau solche Nähte bildet RAnkE (I900) als seltene Vorkommnisse bei Menschen und Affen ab. Ventralwärts geht die pterotische Schuppe ohne wahrnehmbare Grenze in denjenigen Theil des Schläfenbeins über, dem meiner Ansicht nach der Name Mastoideum (Pars mastoidea) zukommt. Man kann also die Schuppe als Ala pterotica mastoidei bezeichnen. Bei Echidna glaube ich Spuren einer Naht zwischen Pars mastoidea und Pars petrosa wahrgenommen zu haben; es scheint mir deshalb die Behauptung FicALgrl’s (1887), dass es überhaupt kein selbständiges Mastoideum gebe, in ihrer Allgemeinheit nicht zu- treffend. Vergleicht man das isolirte Schläfenbein der Echidna mit demjenigen anderer Säugethiere, wie z. B. des Menschen, so wird es verständlich, dass ältere Autoren, unter anderen CuUVIER und DUVERNOY, in den Irrthum verfallen sind, die grosse Ala pterotica für das Squamosum anzusehen. Owen (1839), der diesen Theil „lamelliform portion of the petrous bone‘ nennt, wendet sich gegen diese Auffassung (p. 370, I): „With regard to the great development, which the petrous bone, according to my view, must present in the Echidna, it may be observed that this bone forms part of the occipital region of the skull in most Marsupials and also contributes as large a proportion to the lateral parietes of the skull in certain Rodents, as the Helamys, as it is here described to do in the Echidna.“ Owen theilt mit, dass an seinem jungen Ornithorhynchus-Schädel die Suturen des Pteroticums noch erkennbar waren (p. 371, II): „The petrous element of the temporal (e) likewise sends a thin plate to form the posterior part of the side of the cranium, but it does not intervene between the parietal bone and squamous part of the temporal, as in the Echidna. The middle of the upper margin of the cranial plate of the petrous bone is notched, and a small vacuity here intervenes between the petrous and parietal bones, which is closed by the squamo-temporal.“ Besonders eingehend hat sich KöstLin mit dem dorsalen flügelförmigen Anhang des Felsenbeins der Monotremen beschäftigt und ist zu dem Schlusse gelangt, dass derselbe als eine für diese Thiere charakteristische Bildung zu betrachten sei, die sonst nur bei den Delphinen in gleicher Lage wieder auf- 786 Der Schädelbau der Monotremen. 254 trete. Weil seine verschiedenen darauf bezüglichen Erörterungen sich durch sein ganzes Werk zerstreut finden, so stelle ich hier die zwei wichtigsten neben einander: p. 50: „Jener Knochen, welcher hinter dem Schläfenflügel liegt, und bei Cuvier als eigentliches Temporal, bei Owen als Mastoideum beschrieben wird, grenzt bei den Monotremen vorn eben an die Ala magna und bei Zchidna noch kurz an den Keilbeinfortsatz, welcher sie trägt, oben zur Hälfte an die Hinter- hauptschuppe, zur Hälfte ans Scheitelbein, hinten an den grossen, seitlich erhabenen Gelenktheil des Hinter- haupts. Aussen ist auf ihn die Schläfenschuppe locker aufgelegt, so dass er vor und besonders hinter ihr noch zum Vorschein kommt; innen verschmilzt sein hinterster Theil so innig mit dem Felsenbein, dass nirgends eine bestimmte Naht zu finden ist. Doch zieht sich offenbar der Knochen nicht mehr hinter dem Felsenbein herab; vielmehr scheint diess in einem, bei Echidna besonders grossen Ausschnitt seines hintern und untern Winkels so zu liegen, dass seine untere Fläche frei hervortritt und die Decke der flachen Trommelhöhle bildet. Was die Deutung der beschriebenen Knochenplatte betrifft, so kann hier nur auf ihre Stellung, welche die des Schläfenflügels der Monotremen wiederholt, und auf ihre Verbindung mit dem Keilbein, durch welche sie beim Schnabelthier ganz der hinteren Schläfenflügelhälfte der Seehunde und Delphine entspricht, vorläufig aufmerksam gemacht werden; vielleicht wird es späterhin noch wahrscheinlicher, dass sie einen hintern Schläfenflügel darstellt, welcher mit dem vordern nur noch durch Nähte zusammenhängt.“ p: 147: „Erst nach dieser allgemeinen Betrachtung ist es möglich, zu untersuchen, ob den Monotremen ein Zitzenbein zukomme. Nach OwENn wäre sowohl bei Echidna als bei Ornithorhynchus der- jenige Knochen Zitzenbein, welchen ich früher den hintern Schläfenflügel genannt habe. Für diese An- sicht lassen sich vorzüglich drei Gründe anführen, nämlich die völlige Abwesenheit einer Naht zwischen dem fraglichen Knochen und dem Felsenbein an allen bisher untersuchten Schädeln, die Verbindung der- selben mit dem Gelenktheil und der Schuppe des Hinterhauptbeins und nicht weniger die Unmöglichkeit, welche vorhanden war, jenen Knochen mit einem andern des Säugthierschädels zu vergleichen, nachdem einmal die Schläfenschuppe durch OwEn sicher bestimmt war. Was den letzten Punkt betrifft, so möchte er seine hauptsächliche Wichtigkeit durch die Beschreibung verlieren, welche ich bei den Delphinen von einer vordern und hintern Abtheilung des Schläfenflügels gegeben habe. Der erste Punkt hingegen wird durch die Betrachtung entkräftet, dass die meisten Nähte des Monotremenschädels erst in neuster Zeit richtig erkannt wurden, und somit wenigstens einige Hoffnung bleibt, auch jene noch nicht bekannte Naht an sehr jungen Schädeln aufzufinden. Der zweite Punkt endlich beweist für sich nur wenig, ist aber darum der wichtigste, weil er sich auf die Lage des streitigen Knochens bezieht. Zu den Nähten des Zitzenbeins mit Hinterhaupt- und Scheitelbein kommen hier Nähte mit dem allgemein angenommenen Schläfenflügel und ausserdem bei Ornithorkynchus mit dem Körper, bei Echidna wenigstens mit einem schmalen Fortsatz des Keilbeins hinzu. Diese beiden Verbindungen kommen nie beim Zitzenbein der Säugthiere vor, und sie hängen damit zusammen, dass die vordere Grenze des fraglichen Knochens nicht, wie immer beim entwickelten Zitzenbeine, am hintern Rande der Schläfenschuppe, sondern bei Ornithorhynchus bedeutend vor, bei Echidna wenigstens ganz nahe an ihrem vordern Rande liegt. Hiermit fällt auch jeder innigere Zusammenhang des Knochens mit der Schläfenschuppe weg; diese liegt ohne Naht an seiner äussern Wand. Dazu kommt, dass die Verbindung des Knochens mit dem Hinterhauptsbeine nicht, wie immer beim Zitzentheile, hinter, sondern über dem Felsenbeine geschieht; man sieht dies sehr deutlich beim Schnabelthier, wo auf der innern Schädelwand das Labyrinth ganz unmittelbar den Gelenktheil des Hinterhauptes berührt; auch bei Echidna kann ein kleines Loch, welches am hinteren und äusseren Winkel des Felsenbeins, zwischen diesem und dem Occipitale laterale, in der Schädelhöhle beginnt, nur als Foramen jugulare betrachtet werden, und es ist nach innen vom Loch auch hier die Verbindung von Petrosum und Oceipitale 255 Der Schädelbau der Monotremen. 787 eine ganz directe. Fasst man also zusammen, dass der streitige Knochen in seinem grössern Theile nicht hinter der Schläfenschuppe und gar nicht hinter dem Felsenbein, sondern allein über, ausser und vor diesem liegt, und hier mit dem Schläfenflügel und Keilbein sich verbindet, so fehlen ihm zwei wesentliche Kenn- zeichen des Zitzenbeins, während er zwei Verbindungen eingeht, welche diesem sonst nicht zukommen. Bei der Deutung des Knochens als eines hintern Schläfenflügels fallen aber alle diese Schwierigkeiten weg, und der Unterschied von den Delphinen besteht bloss darin, dass der hintere Schläfenflügel mit dem vordern sich aus der horizontalen Lage zur verticalen aufrichtet und mit dem Keilbein durch tage sicht- bare Nähte verbunden wird. Dagegen fehlt bei den Monotremen, wie bei den meisten Delphinen, jedes Zitzenbein, und die allein noch übrige Schläfenschuppe legt sich aussen an die Seitenwand des Schädels an, welche bei den letzteren vom Scheitelbein, bei den ersteren vom hinteren Schläfenflügel gebildet wird.“ Betrachtet man diese Anschauungen Köstrin’s im Lichte neuerer Ansichten, so ist erstens hervor- zuheben, dass die Uebereinstimmung zwischen Ala pterotica mastoidei und Ala temporalis sphenoidei, sowohl in ihrer Entstehungsweise durch Verknöcherung der Parietalplatte des Primordialcraniums, als in ihrer Function zur Darstellung der seitlichen Gehirnkapselwand, von KÖSsTLin richtig gewürdigt ist, sei es auch dass er sie in wenig glücklicher Weise zum Ausdruck gebracht hat durch seine Bezeichnung der Ala pterotica als „zweiter oder hinterer Temporalflügel des Keilbeins“. Dazu bestimmte ihn wohl in erster Linie seine Beobachtung, dass bei Ornithorhynchus dieser Flügel mit dem Keilbeinkörper in Verband stehe. In Ermanglung des Londoner Exemplars, das von OwEn und KöstLın untersucht worden ist, und woran alle Nähte sichtbar sein sollen, muss ich es dahingestellt sein lassen, zu entscheiden, ob KÖsTLın in dieser Angabe Recht hat oder nicht. Doch vermuthe ich, dass er den mehr ventral gelegenen Theil der seitlichen Schädelwand, unmittelbar vor dem Foramen ovale, mit zu seinem „zweiten Schläfenflügel“ gezähit hat. Dieser Theil entsteht jedoch unabhängig von dem dorsalen und später als dieser, in Folge der Ueberknöcherung der grossen spheno-temporalen Lücke im Primordialcranium. Er gehört nicht dem Schläfenbeine, sondern dem Keilbeine an, denn er trägt zur vorderen und seitlichen Umgrenzung des Foramen ovale bei; muss also als Facies infratemporalis alisphenoidei bezeichnet werden. KösTtLin, der, wie oben hervorgehoben, sich in der Deutung der Foramina bei Ornithorhynchus geirrt hat, konnte deshalb glauben, dass er hinter dem ovalen Loche gelegen sei, also zum Schläfenbein gehöre. Was nun die Frage betrifft, ob man den Monotremen ein Mastoideum absprechen muss, so kann ich den Unterschied in der Angrenzungsweise des Schläfenbeins an das Occipitale, der nach KöstLin zwischen Monotremen und anderen Säugethieren bestehen soll, nicht anerkennen oder wenigstens den kleinen Differenzen darin nicht so grosse Wichtigkeit beimessen wie er. Der hinten-unten-aussen gelegene Theil setzt sich nach oben und vorn ohne wahrnehmbare Grenze in die Ala pterotica fort. Die Entwickelungsgeschichte muss entscheiden, ob in dieser letzteren selbständige und constante Verknöcherungspunkte gefunden werden, welche eine Auffassung als Complex mehrerer ursprünglich gesonderter Knochen rechtfertigen. W. K. PaRkER hat bei mehreren Insectivoren, z. B. Erinaceus, Talpa, Sorex, Centetes, ausser dem schon erwähnten „prootic wing (pro‘)“, noch eine oder selbst zwei (Erinaceus, Talpa) Verknöcherungen im Schläfenknorpel abgebildet und beschrieben, die er als epioticum (ep) und opisthoticum (0p) bezeichnet, so z. B. bei Erinaceus, Pl. XIX, Fig. 1, 2 und besonders 6, wo das Opisthoticum gerade an der Stelle des Mastoideums angegeben wird!). Doch ist in anderen Figuren, z. B. Pl. XXXII, Fig. 4 und 5 von Centetes, mit der Bezeichnung op eine Verknöcherung medial vom Meatus auditorius internus angegeben, die nur ı) Es ist vielleicht nicht überflüssig hier zu erwähnen, dass auf PARKER’s Pl. XXI, Fig. 4, durch ein kleines Versehen in der Länge der Bezeichnungslinie, die Buchstaben op sich scheinbar auf einen Knochen beziehen, der in Wirklichkeit das Maxillare ist. Dadurch entsteht der Schein, als bestände zwischen diesem und dem Squamosum ein Kanal, der dem Temporalkanal der Monotremen täuschend ähnlich sieht. 788 Der Schädelbau der Monotremen. 256 zum Petrosum gehören kann; in ihrem dorsalen Theil entspricht sie dem Centrum d (bei Bos) FıcaLgr’s, dem Centrum 3 (bei Sus) VROLIK’s. Ethmoideum. Wiewohl das Siebbein in den zwei Monotremengattungen einen ausserordentlichen Grad von Ver- schiedenheit zeigt, so stehen doch die Divergenzen offenbar wieder ausschliesslich mit der Lebensweise in Zusammenhang. Bei Ornithorhynchus ist es wahrscheinlich zurückgebildet, bei Echidna dagegen hat es ohne Zweifel über die ursprüngliche Anlage zugenommen; es lässt sich aber erkennen, dass die Anlage für beide Gattungen eine übereinstimmende gewesen ist. Ungeachtet der nachträglichen Ausdehnung glaube ich den Grundplan bei Echidna am deutlichsten bewahrt zu finden, und lege deshalb das Siebbein dieser Form meiner vergleichenden Beschreibung zu Grunde. Ich benutze dabei auch die kürzlich erschienene Beschreibung PAULLr's in seiner ausführlichen und erschöpfenden Arbeit über die Pneumaticität des Schädels Maxillo-turbinale L bei den Säugethieren. __- Maxillare = Echidna. Wie schon erwähnt, habe ich das Siebbein der Vomer Canalis _ golleme- Echidna von allen umliegenden Knochen loslösen können, palatinus Suleus nervi ophthalmiei Lamina _. terminalis Fenestra spheno- iemporalis Cavum eramiü - Ductus respi- ratorüus __ Foramen h e ovale Palatimıum - = Squamosum Pterygoid — — Fig. 7. Linker Ductus respiratorius von Echidna, theilweise von der Bauchseite geöffnet durch partielle Abtragung von Maxillare und Palatinum. mit Ausnahme des Sphenoids. Mit dem vorderen Theile dieses Knochens ist es besonders deshalb so unzertrennlich verwachsen, weil es bei seiner Ausbreitung in caudaler Richtung sich sozusagen in den vorderen Keilbeinkörper eingegraben und dabei die Wurzeln der Orbitalflügel nach hinten vorgewölbt und zu einem vertical aufgerichteten, caudalwärts convexen Wulst ausgedehnt hat, worunter die in die Orbita führenden Schädellöcher sich verstecken. In Folge dessen hat die Lamina cribrosa eine horizontale Lage bekommen, während die Sella turcica an Länge ein- gebüsst hat (Taf. XXXII, Fig. I u. 2). Es lässt sich die Ausdehnung dieser Einsenkung; in das Praesphenoid scharf abmessen an der Länge der Lamina terminalis oder transversalis, die für den hinteren Theil der Riechmuschelhöhle einen gesonderten Boden darstellt. Diese Platte, welche die gerade Fortsetzung des Bodens der Sella turcica in oraler Richtung bildet, reicht vorn bis an das Foramen spheno-palatinum Das Vorkommen dieser Platte bei Echidna verdient aus zwei Gründen besonders betont zu werden; erstens weil und endet hier mit einem scharfen, zu beiden Seiten der Mittellinie concav ausgeschweiften Rande. sie bei Ornithorhynchus vollständig fehlt, und zweitens weil sie in den Abbildungen ZuUCKERKANDL's (Taf. I, Fig. 3) und GEGENBAUR’s (p. 966, Fig. 606), die den Para-medianschnitt des Zchidna-Schädels vorstellen, nicht angegeben ist. Dagegen hat PaurLı sie richtig dargestellt und auch das Foramen spheno-palatinum angegeben, dagegen die Concha maxillo-turbinalis wohl etwas zu skizzenhaft behandelt. Der letztere Einwand gilt allerdings ebenso sehr für ZUCKERKANDL’s und in noch höherem Maasse für GEGENBAUR’s Figur. 257 Der Schädelbau der Monotremen. 789 Die Lamina cribrosa wird durch den dorsalen freien Rand des hinteren Theiles der Nasenscheide- wand in eine linke und rechte Hälfte getheilt. Nach vorn erhebt sich dieser Rand mit den angrenzenden Theilen der Platte über das Niveau der mehr lateral gelegenen Plattenpartien, und der Gipfel dieser Erhebung schwingt sich nach beiden Seiten über in die Dachplatte der Nasenhöhle. Dieses Dach erhält sich vollständig unter den Frontalia und Nasalia; es entspricht den Alae laminae perpendicularis. Wie gesagt, verbinden sich seine hinteren Seitenecken durch eine Knochenbrücke mit der vorderen-unteren Spitze der Orbitosphenoid- Hügel und entsteht dadurch an den Seiten der Lamina cribrosa eine Lücke, die auswendig von der Orbitalplatte des Frontale überlagert wird (Fenestra spheno-ethmoidalis). Am ventralen Umkreis dieser Lücke bildet der Seitenrand der Lamina cribrosa eine Rinne, welche die Fortsetzung des Kanals für den Ramus ophthalmicus trigemini ist, der unter dem Orbitosphenoidflügel auftaucht und sich vorn zwischen Dachplatte des Ethmoids und Nasale wieder einbohrt, um sich in den Sulcus ethmoidalis des letzteren Knochens fortzusetzen. Lateral von dieser Austrittsöffnung-bildet die vordere Partie der Lamina cribrosa eine Art Recessus, der von den Dachflügelplatten überwölbt wird. Dieser Recessus, dessen Sieblöcher zu den Riechwülsten des vorderen Ethmoturbinale und zum Nasoturbinale führen, ist meines Erachtens das Homologon des einfachen Olfactorius-Loches von Ornithorhynchus. Wie dieses liegt er vor dem Vorderrande der spheno- ethmoidalen Lücke. Seitwärts biegen sich die Dachflügelplatten in die lateralen Wandplatten der Nasenräume um, welche sich aber unter den Orbitalplatten von Frontale und Palatinum nur theilweise erhalten haben. Seine enorme Entwickelung verdankt das Siebbein der Echidna ausschliesslich der hinteren Aus- breitung der ethmoturbinalen Conchae. Von diesen zeigen sich auf dem paraseptalen Längsschnitt acht Stück, .deren vorderste eine viel grössere Ausbreitung aufweist als die folgenden, weil sie sich in oraler Richtung entfaltet hat. Die Conchae hängen mit einfachem Stiel senkrecht von der Lamina cribrosa herunter, nur die hinteren weichen etwas schief caudalwärts aus der Verticallinie; ventralwärts spalten sie sich nach Art einer Stimmgabel in zwei Riechwülste, mit Ausnahme der hintersten und der vordersten. Letztgenannte hat, von der Medianseite aus betrachtet, eine dreieckige Gestalt und wird durch vier Furchen in fünf nach vorn immer niedriger werdende Wülste getheilt, die sich allmählich aus dem transversalen Stand in den sagittalen umstellen. PAuLrı nennt die auf dem paraseptalen Längsschnitt zu Gesicht kommenden Muscheln Endoturbinalia (Hauptmuscheln SEyDer’s) und bestimmt ihre Zahl ausschliesslich nach den Basallamellen, d. h. nach ihren Ursprungsplatten von den Wänden des Ethmoids. Nach Pauruı giebt es deshalb nur sieben Endoturbinalia, das achte ist nur ein Riechwulst des siebenten, weil es von dessen Basallamelle entspringt, statt sich selb- ständig von der Lamina cribrosa zu erheben. Zwischen den Endoturbinalia finden sich andere, weniger weit nach der Medianlinie vorspringende Muscheln, die aber ebenfalls mit selbständiger Basallamelle von den Wänden der Nasenhöhle entspringen. PAuLLı nennt sie Ektoturbinalia und unterscheidet zwei Reihen: eine innere und eine äussere. Nach seinen genauen Untersuchungen giebt es 17 solcher kleineren Turbinalia. Auf einem Horizontalschnitt (Taf. XXXII, Fig. ı) bekam ich die meisten derselben zu Gesicht, doch konnte ich nicht vermeiden, dass dabei mehrere Theile abbrachen. Besonders deutlich zeigt sich an einem solchen Präparate die hintere Verbreiterung des Nasenraumes von Echidna. Ausserdem entspringt noch eine ganze Reihe verticaler, quer herausragender Knochenleistchen vom hinteren Theil des Septum perpendiculare, die sich zwischen die Endoturbinalia ein- schieben und die auch, wenigstens in ihren hintersten Gliedern, den Charakter vollständiger Turbinalia, mit eingerollten Stimmgabelästen, annehmen. Der diese Leistchen tragende Theil des Septums ist im Gegensatz zu dem vorderen, zwischen den Maxilloturbinalia gelegenen, äusserst dünn. Jenaische Denkschriften. VI. 33 Semon, Zoolog. Forschungsreisen. III. 101 790 Der Schädelbau der Monotremen. 258 In Verbindung mit dieser Ausbildung von Septal-Conchae springen die hinteren Endoturbinalia weniger weit nach der Mittellinie vor als die vorderen: ein Verhältniss, worauf auch ZUCKERKANDL (1887, p. II) hingewiesen hat. Das Nasoturbinale springt als eine Doppelleiste von der Decke der Nasenhöhle hervor: die mediane Partie ist dick, aber wenig herausragend und erstreckt sich dorsal von der vorderen Ausbreitung des ersten Endoturbinale; die laterale dagegen ist eine echte Lamelle und läuft der Ursprungsplatte des Maxilloturbinale parallel. Nach vorn schmelzen mediane und laterale Partie zusammen. Diese Ursprungslamelle des Maxilloturbinale beginnt hinten-unten genau an demselben Punkte, wo auch die Basallamelle des ersten Endoturbinale anfängt (Taf. XXXIL, Fig. 2). Nur steigt die letztere nach vorn stärker in dorsaler Richtung an: das erste Endoturbinale liegt also über dem hinteren, sich zum Ursprungs- punkte verschmälernden Theil des Maxilloturbinale. Von der Medianebene aus gesehen, thut sich das Maxillo- turbinale als ein System von einander parallelen, ungefähr horizontal sich erstreckenden, dünnen Längsstreifen vor, die nach hinten convergiren und niedriger werden, während ihre freien Ränder leicht gekräuselt sind. Auf dem Querschnitte sieht man, wie diese Knochenstreifen unter ungefähr rechtem Winkel von der Basal- lamelle und von einander entspringen, es zeigt also der Querschnitt eine sympodiale Anordnung von dünnen Knochenplättchen. Nach der alten Harwoop-WIEDEMAnN’schen Terminologie besitzt also das Maxillo- turbinale den „verästigten“ Typus. ZUCKERKANDL hat dagegen angegeben, dass die „Nasenmuschel“ zu den doppelt gewundenen gehört, und diese unrichtige Angabe ist in GEGENBAUR’S neues Lehrbuch übergegangen. W. N. PARKER hat die Richtigkeit der ZUCKERKANDL’schen Angabe angezweifelt, doch glaubt er, am Maxillo- turbinale der Echidna den „gefalteten“ Typus zu erkennen. Meiner Ansicht nach besitzt Echidna genau denselben Bau wie Ornithorhynchus, bei welchem schon SyMInGTon den „verästigten Typus‘ wiedererkannte. Ornithorhynchus. Auch beim Schnabelthier ist mir die Freimachung des Siebbeins von den umliegenden Knochen leidlich gelungen, nur von den Frontalia und vom Praesphenoid war die Ablösung unmöglich. Dabei stellte sich heraus, dass die Seitenplatten (Laminae laterales Dursy, Laminae maxillares SEYDEL) unterhalb der Orbitalplatten von Palatinum und Maxillare vollständig erhalten bleiben. Nach oben rückwärts gehen sie in das Dach der Nasenhöhle (Alae laminae perpendicularis) über und bilden dabei, wie ich schon beim Nasale betonte, den Boden der Canales ethmoidales für die Nervi ethmoidales bis zu der Stelle, wo diese Kanäle sich aufschlitzen zu den Sulci ethmoidales an der Innenfläche der Nasenbeine. Das Septum perpendiculare ist an seinen dorsalen und ventralen Rändern stark verdickt und ruht mit dem letzteren auf dem sehr platten Vomer. An den Seiten trägt es einen niedrigen Knochenkamm, der in den vorderen, leeren Nasenraum vorspringt (ZUCKERKANDL, 1887, p. 20). Eine Lamina transversalis (Lamina terminalis ZUCKERKANDL, ethmo-vomerine plate CrELanp) fehlt bei Ornithorhynchus gänzlich, wie ZUCKER- KANDL und PAuLLı hervorheben; es versteht sich dieses aus der Abwesenheit der hinteren fünf, in dem Sinus sphenoidalis gelegenen Ethmoturbinalia; vielleicht ist die concave Form der vorderen Praesphenoidfläche als eine letzte Andeutung des einstmaligen Vorkommens einer Sinus sphenoidalis auch bei Ornithorhynchus zu betrachten (Taf. XXXII, Fig. 3). Diese Fläche bildet die ventrale Hälfte der hinteren Wand der Nasenhöhle, die dorsale, viel dünnere Hälfte wird durch die Siebplatte dargestellt, die jedoch bei Ornithorhynchus diesen Namen nicht verdient, weil sie nur von einem einzigen Olfactoriusloche durchbrochen wird. CuVIEr spricht von einer muthmaasslichen zweiten kleineren Oeffnung, die ich aber an keinem meiner Exemplare habe entdecken können. Sowohl CuVIER als OwEn heben die Uebereinstimmung dieses Zustandes mit dem bei Vögeln hervor. Ich 259 Der Schädelbau der Monotremen. 791 glaube noch hinzufügen zu dürfen, dass auch die unverknöcherten Fenestrae in der Schädelkapsel zu beiden Seiten der Riechnervenlöcher sich bei Vögeln wiederfinden, selbst unbedeckt von den Frontalia. Die lateralen Ränder der Siebplatte von Ornithorhynchus biegen sich nach vorn um in die innere und untere Wand des Kanals für den Nervus ethmoidalis. Von den Wurzeln der kleinen Keilbeinflügel bleiben sie getrennt durch die eben erwähnten membranös überspannten Fenster, die ich beim Keilbeine schon eingehender besprochen habe. = Was die Muscheln betrifft, so zeigen Maxilloturbinale, Nasoturbinale und auch die Ethmoturbinalia, soweit anwesend, denselben Bau und dieselbe gegenseitige Anordnung wie bei Eehidna. Der Unterschied besteht ausschliesslich in der Abwesenheit der hinteren fünf Ethmoturbinalia und der sehr dürftigen Ent- wickelung des zweiten. Am besten lässt sich dies ersehen aus der Nebeneinanderstellung der paraseptalen Längsschnitte durch die Nasenmuschelgegend beider Formen (Taf. XXXI, Fig. 2 und 3). Das Maxilloturbinale von Ornithorhynchus erstreckt sich nach vorn in die Regio respiratoria bis zur Stelle, wo der Canalis ethmoidalis sich zum Sulcus aufspaltet, also nach meiner Ansicht bis zum Vorder- ende der Lamina lateralis des Siebbeins (Textigur 2 E) S. 212 [744]. Mit dem Os maxillare hat also das Maxillo- turbinale keinen Zusammenhang, ebensowenig wie mit dem Nasale: es entspringt ausschliesslich von dieser seit- lichen Siebbein-Wandplatte, mit einer horizontal davon abstehenden Basallamelle. Es ist sehr stark entwickelt, so dass es die Regio olfactoria vollständig ausfüllt, und besitzt denselben Bau wie die gleichnamige Muschel von Echidna, nämlich den des „verästigten“ Typus HARWOOD-WIEDEMAnN’s (Textfigur 2.D). ZUCKERKANDL und nach ihm GEGENBAUR schreiben ihm einen „gefalteten“ Bau zu, doch hat schon SYMINGTON (I89I) den wirklichen Thatbestand richtig angegeben. Das Nasoturbinale hängt von der Decke der Nasenhöhle herab und bildet eine niedrige, aber ziemlich lange, nach der Medianseite concav gebogene Falte, welche die laterale Wand eines nach unten offenen Halbkanals für den Nervus olfactorius darstellt. Der freie Unterrand des Nasoturbinale ist wellen- förmig eingebuchtet, in Uebereinstimmung mit den transversalen Kämmen auf der Dorsalseite des vorderen Ethmoturbinale (Taf. XXXII, Fig. 3). Nach ZUCKERKANDL soll dem Ornithorhynchus ein Nasoturbinale abgehen, doch hat er, wie PAurLı hervorhebt, in seiner Fig. ı auf Taf. I dasselbe an der richtigen Stelle abgebildet. Dem von Paurrı gespendeten Lob über die Deutlichkeit dieser Figur kann ich allerdings keineswegs beistimmen. Ethmoturbinalia besitzt Ornithorhynchus nach PauLLı nur zwei, und zwar ein grosses und complicirtes vorderes und ein winziges, einfaches hinteres. ZUCKERKANDL bestimmt die Zahl der von ihm Riechwülste genannten Conchae auf drei, SyminGTon auf fünf, was nach Paurrı daher rührt, dass beide das Naso- turbinale übersehen und die Riechwülste oder deren secundäre Faltungen als selbständige Conchae angesehen haben, weil sie die Verhältnisse der Basallamellen nicht berücksichtigten. Das grosse vordere Ethmoturbinale spaltet sich nach Paurrı in zwei Riechwülste, die beide in doppelt eingerollte Endplatten auslaufen. Das mir zur Verfügung stehende Material war nicht genügend, um Paurrrs Angaben in allen Details nachzuforschen, doch glaube ich, ihm, was die Zahl der Muscheln angeht, beistimmen zu dürfen. Nur kommt es mir bei Betrachtung der paraseptalen Längsschnitte vor, dass die vordere Muschel nicht zwei, sondern drei Riechwülste trägt, von denen der vordere und der hintere einfache Einrollungen, der mittlere dagegen doppelte bildet. Dagegen erweckt mein Präparat, worin die Nasenhöhle ihrer dorsalen Decke beraubt ist (Taf. XXXII, Fig. 5), vollkommen den Eindruck, dass ZUCKERKANDL Recht hatte, wenn er behauptete, es gebe „drei Riech- wülste“ (womit er Conchae oder Ethmoturbinalia meint), „‚die im hinteren oberen Bereiche der Nasenhöhle liegen 33* 101* 792 Der Schädelbau der Monotremen. 260 und mit ihren Stielen vom Rande des Riechnervenloches abgehen.“ Die Erklärung dieses Widerspruches elaube ich in dem Verhalten des hinteren Riechwulstes des ersten Ethmoturbinale suchen zu müssen. Dieser Wulst entspringt nämlich in seiner ventralen Partie von derselben Basallamelle, woraus auch die anderen Wülste hervorgehen, dorsalwärts dagegen geht er auf die Seitenwand der Nasenhöhle über und bekommt dadurch den Charakter einer selbständigen Muschel. Bekanntlich ist die Stellung der Ethmoturbinalia bei Echidna ungefähr transversal, nur beim vordersten liegen die Riechwülste in nach hinten-unten convergirenden, schief gestellten Ebenen. Die Lage aller weiteren Conchae ist also um go" verschieden von der gewöhnlichen Stellung der Ethmo- turbinalia bei den osmatischen Säugethieren, bei denen sie in horizontaler Richtung sich von der Lamina cribrosa nach vorn erstrecken. Dagegen stimmen sie in Lage überein mit denen der Primates. Bei diesen aber wird jener besondere Stand in Verbindung gebracht (cf. SEYDEL und PAULLI) mit der veränderten Stellung der Lamina cribrosa, die aus der verticalen in die horizontale Lage überging. Für Echidua könnte die nämliche Erklärung zutreffen, denn ihre riesige Siebplatte liegt ungefähr horizontal. PauLrı nimmt dann auch eine derartige Ursache an, denn er sagt p. 543: „Von der Lageveränderung der Siebplatte abhängig ist die Anordnung der Basallamellen (bei Primates). Bei verschiedenen Säugern (Echidna, Elephant) findet sich ein analoges Verhalten, indem die Siebplatte durch die starke Entwickelung des Lobus olfactorius aus der frontalen in eine horizontale Lage übergegangen ist, die Basallamellen sind dieser Bewegung gefolgt und finden sich dann in einer Reihe von frontalen Ebenen — die eine hinter der anderen liegend — angeordnet.“ Nun möchte ich aber darauf hinweisen, dass die zwei Siebbein-Muscheln des Ornithorhynchus genau so gerichtet stehen wie die vorderen zwei der Echidna (Taf. XXXI, Fig. 2 und 3), nämlich in transversalen Ebenen, etwas nach hinten-unten convergirend, und dass sie also in Stand ebenso verschieden sind von den Ethmoturbinalia der grossen Mehrzahl aller übrigen Säugethiere, wiewohl die Siebplatte des Ormitho- vhynchus nicht horizontal, sondern beinahe vertical gerichtet ist und dabei geradezu einen extremen Fall von Kleinheit und primitiver Ausbildung vergegenwärtigt. Auch wenn man also annimmt, dass bei Ornitho- yhynchus die Zahl der Conchae sich verringert, bei Echidna dagegen secundär zugenommen hat, die Vorfahren beider Monotremen also eine Mittelzahl, z. B. fünf besessen haben, stellt es sich als wahr- scheinlich heraus, dass diese Conchae schon den transversalen und verticalen oder nach hinten geneigten Stand einnahmen. Vomer. Echidna. Das Pflugschaarbein, das sich bei meinem Echidna-Schädel (ec) sehr schön ausheben liess, zeigte sich als ein 35 mm langer und dabei schmaler und flacher Knochen, an dem sich eine ventral gelegene horizontale Platte und zwei verticale Längsleisten unterscheiden liessen. Die Platte ging nach vorn in die Längsleisten über, in der Mitte ihrer Länge war sie am breitesten (3,5 mm), und nach dem Hinterende spitzte sie sich zu. Dies Ende lag der Lamina terminalis praesphenoidei auf, ungefähr bis zur Mitte ihrer Länge. Die zwei Längsleisten begrenzen eine concave Rinne für den Unterrand des Nasenseptums. Sie erheben sich nur wenig über die Basalplatte; vorn laufen sie in zwei spitze und zarte Fortsätze aus, die noch etwas hinter dem caudalen Ende der grossen Apertura naso-palatina zurückbleiben und sich also unter den harten Gaumen verstecken. Von dem Punkte an, wo die horizontale Platte sich caudalwärts zu ver- 261 Der Schädelbau der Monotremen. 793 schmälern anfängt, schlagen sich die verticalen Leisten allmählich nach aussen um zur Bildung der Alae vomeris. Diese entfalten sich horizontal seitwärts bis zu einer Gesammtbreite von 6 mm und nehmen dann wieder ab, so dass sie am Hinterende des Knochens gerade verstrichen sind. Sie legen sich mit ihren hinteren Seiten- rändern der medianen Unterseite der Lamina terminalis praesphenoidei von vorn her an; ihre vorderen Seitenränder dagegen bilden die Fortsetzung der concaven Vorderränder der Lamina (Textfigur 7, S. 256 [788]. Die Unterfläche der horizontalen Vomerplatte ruht, was ihren grösseren vorderen Theil betrifft, auf den Maxillaria, mit ihrem kleineren hinteren Theil auf den Palatina. Wo diese vier Knochen zusammen- treffen, können sie eine kleine Lücke frei lassen, durch welche die Vomerplatte, die hier gerade ihre grösste Breite erreicht, hindurchschaut. Ornithorhynehus. Bekanntlich erstreckt sich der Vomer viel weiter rückwärts als bei Echidna, so dass sein Hinterende den Vordertheil des Basioccipitale erreicht und noch hinter den Palatina frei zu Tage liegt. Doch hat der Knochen denselben Charakter wie bei dem Ameisenigel; die beiden Längsleisten, die vorn den Knochen auf Querschnitten V-förmig machen, weichen caudalwärts zuerst ein wenig auseinander, um sich dann wieder zu nähern. Auf dem Niveau der Foramina spheno-palatina sind sie am weitesten auseinandergerückt. Die Alae vomeris finden sich so weit nach hinten, dass sie die Bodenplatte darstellen für die Canales carotici, welche zu beiden Seiten des Dorsum ephippii die Schädelbasis durchbohren. Ihre Seitenränder schliessen sich den inneren-oberen Rändern der Processus pterygoidei des Basisphenoids an (Processus vaginalis) und besitzen deshalb eine mit den Pflugscharflügeln des Menschenschädels übereinstimmende Lage. Zusammenfassung. Das Hauptergebniss, zu dem mich die Untersuchung der verschiedenen das Monotremen-Cranium auf- bauenden Bestandtheile geführt hat, lässt sich in wenigen Worten aussprechen: ihr Schädel ist typisch säugethierartig. Zwar kommen daran viele bemerkenswerthe Eigenthümlichkeiten vor, aber dieselben sind entweder isolirt dastehende Abweichungen vom gewöhnlichen Säugethiertypus, oder Anpassungen an specielle Lebensumstände, oder endlich bis ins erwachsene Alter sich erhaltende embryonale Zustände. Zu den letzteren rechne ich besonders das Vorkommen der grossen pterotischen Schuppe am Mastoid und des sogenannten Postfrontale am Orbitosphenoid, auch den grossen Umfang und späten Ver- schluss der spheno-temporalen Schädellücke. Ebenso gehören hierher meiner Ansicht nach die primitiven Zustände in der Tympanalgegend, aber weil dieselben von Dr. DENKER ausführlich behandelt sind, brauche ich sie hier nicht weiter zu betonen. Was zweitens die als specielle Anpassungen zu deutenden Eigenthümlichkeiten des Monotremen- schädels betrifft, wie die Rückbildung des Gebisses, die Verlängerung des Gaumens, die excessive Entwickelung der Ethmoturbinalia bei Echidna, in Gegensatz zu ihrer (wahrscheinlichen) Rückbildung bei Ornithorhynchus, die hohe Differenzirung des knorpeligen Rostrums des letztgenannten und die damit zusammenhängende seitliche Verlagerung ihrer Praemaxillaria, so tragen dieselben zwar im höchsten Maasse bei, um den Schädeln ihr eigenthümliches Gepräge zu verleihen, aber weil sie keine phylogenetische Bedeutung besitzen, genügt es, sie einfach zu erwähnen. Nur möchte ich hinzufügen, dass ich glaube, in 794 Der Schädelbau der Monotremen. 262 diese Kategorie auch die eigenthümliche freie Lage der Pterygoidea des Ornithorhynchus bringen zu müssen, wenigstens wage ich es nicht, darin etwas anderes als eine Anpassung an die amphibische Lebensweise zu sehen. Als specielle, für ein oder beide Genera der Monotremen charakteristische Merkmale, deren ver- gleichend-morphologische Bedeutung mir noch nicht aufgeklärt scheint, betrachte ich schliesslich die Rück- bildung des Jugale, dessen Stelle von den über das gewöhnliche Maass hinaus entwickelten Jochfortsätzen des Squamosums und des Maxillare eingenommen wird, ferner das Offenbleiben eines Canalis temporalis zwischen Squamosum und Mastoid, die Ausbildung eines temporalen Flügelchens am Palatinum der Echidniden und die Betheiligung von Palatinum und Pterygoid an der Bildung des Schädelhöhlenbodens dieser Thiere. Weiter das Vorkommen einer ventralen Knochenspange des Zwischenkiefers, die den von mir Processus accessorius benannten seitlichen Gaumenfortsatz abgiebt, und die bis ins erwachsene Alter von dem dorsalen Theil des Praemaxillare (das bei allen anderen Säugethieren für sich allein den Zwischen- kiefer bildet) trennbar bleibt, während dagegen paramesiale Gaumenfortsätze sich nach Wırson’s Unter- suchungen zwar anlegen, aber sofort wieder gänzlich rückbilden. Was schliesslich die von SEELEY und anderen behaupteten Reptilien-Aehnlichkeiten des Monotremen- schädels angeht, so habe ich das Bestehen eines Praefrontale ebensowenig bestätigen können wie das eines Lacrymale, und ein Postfrontale ist zwar nach meinen Befunden vorhanden, aber nicht in dem Charakter eines Deckknochens, sondern als selbständiger Knochenkern im vorderen Theil der sogenannten Parietalplatte des Primordialcraniums. Ist also die Erwartung, mit der ich diese Untersuchung anfing, — eine Reihe von Uebereinstimmungen zwischen dem Monotremen- und Reptilienschädel nachzuweisen — nicht eingetroffen, so glaube ich doch, mit dem Versuch, die Knochenverhältnisse am Schädel der Monotremen möglichst aufzuklären, keine unnütze Arbeit verrichtet zu haben. ’s Gravenhage, 31. Mai 1901. Nachtrag. Als die letzten Bogen dieser Abhandlung schon in Revision vorlagen, fand ich im Materialvorrath des Zoologischen Institutes der Berliner Universität einen defecten Ornithorhynchus-Schädel auf, der, wiewohl er ziemlich gross war (Länge + 95 mm) und also wahrscheinlich einem jungen männlichen Thiere angehört hatte, die meisten Nähte mit ausnahmsweiser Deutlichkeit vorzeigte. Durch diesen glücklichen Zufall war ich im Stande, die Verhältnisse in der Orbitalgrube vollständig aufzuklären und die Grenze zwischen Basi- und Praesphenoid mit Sicherheit zu bestimmen. Die dadurch nothwendig gewordenen Verbesserungen meiner Fig. 4u.5 auf Taf. XXXII konnte ich noch rechtzeitig anbringen. Es stellte sich heraus, dass nicht nur das Basi-, sondern auch das Praesphenoid seitwärts bis an die dorsale Naht des Orbito-palatinums heranreicht, das erstere aber über eine viel längere Strecke als das letztere, weil das Basisphenoid zu beiden Seiten der vorderen Sattelgrube oralwärts mit einem breiten Fortsatz zwischen Praesphenoid und Orbitalplatte des Gaumens eindringt. Diese Fortsätze reichen bis zu einem Paar kleiner Löcher, die genau ventral- und 263 Der Schädelbau der Monotremen. 795 lateralwärts vom Vorderrande der Foramina spheno-orbitalia + optica gelegen sind und in die Nasenhöhle führen. Ich halte diese Löcher für spät verknöchernde Stellen der Schädelwand, weil sie bei Schädeln mit obliterirten Nähten viel kleiner sind; ihr offenbleibender Rest entspricht vermuthlich dem „unteren Foramen ethmoidale“ Hyrrr’s (1853), durch welches ein Zweig seiner Art. maxillaris interna in den unteren Theil der Nasenhöhle gelangt. Die Naht zwischen Basi- und Praesphenoid hat also keinen geraden Verlauf, sondern ist beiderseits in ihrem medialen Theile (Taf. XXXII, Fig. 5) zweimal rechtwinklig umgeknickt; zuerst oral-, dann lateralwärts. Auch von der Naht zwischen Praesphenoid und Ethmoid (Lamina cribrosa) glaube ich Reste wahrgenommen zu haben. Die linke Fenestra spheno-ethmoidea (rechts war sie zerstört) war auffälligerweise zu einem engen Schlitz reducirt. Die Temporal- und Occipitalgegend waren leider defect, doch bestätigten sie, soweit sie erhalten waren, meine Vermuthungen über die Grenzen von Squamosum, Petrosum, Occipitale laterale und basilare vollkommen. Links zeigte sich ein gesondertes Temporalflügelchen des Palatinums. Von Praefrontalia oder Lacrymalia war auch an diesem Schädel keine Spur zu entdecken. Der Vollständigkeit halber seien hier noch zwei Figuren, die erwachsenen Schädel von Ornithorhynchus und Echidna vorstellend, in Spıx’s Cephalogenesis, copirt in M. P. Erpr’s Tafeln zur vergleichenden Anatomie des Schädels (München 1841), erwähnt. Der Schädel von Echidna zeigt einige Suturen, deren Verlauf richtig dargestellt ist; die Deutung der Knochen (durch ERDL) ist an einigen Stellen recht mangelhaft. So wird das Os praevomer oder paradoxum des Ornithorhynchus als Vomer bezeichnet, das Squamosum von Echidna als Zygomaticum, der Canalis temporalis der letzteren als Meatus auditorius externus, während der homologe Kanal bei Ornithorhynchus gänzlich übersehen ist! Das Foramen supraorbitale des Ornithorhynchus trägt die Nummer 49, welche das Foramen infraorbitale angeben muss. 26. August 1901. Literatur-Uebersicht. 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Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina und Thursday Island gesammelten Ophiuroidea. — L. Döderlein, Bericht über die von Herrn Professor Semon bei Amboina und Thursday Island gesammelten Asteroidea. — C. Ph. Sluiter, Nachtrag zu den Tunicaten. — Marianne Plehn, Polyeladen von Ambon. — W. Fischer, Gephyreen. — E. Simon, Liste der Arachniden der Semon’schen Sammlung in Australien und dem Malayischen Archipel. — J. C. H. de Meijere, Die Dipteren der Semon’schen Sammlung. Fünfter Band: Systematik, Thiergeographie, Anatomie wirbelloser Thiere. Vierte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 12.) Mit 18 lithographischen Tafeln und 4 Abbildungen im Text. 1898. Preis: 36 Mark. Inhalt: F. Zschokke, Die Cestoden der Marsupialia und Monotremata.. — L. L. Breitfuss, ) Amphoriscus semoni, ein neuer heterocöler Kalkschwamm. — Casimir R. Kwietniewski, Actiniaria von Ambon und Thursday Island. — Eugen Burchardt, Alcyonaceen von Thursday Island (Torres-Strasse) und von Amboina. — L. S. Schultze, Rhizostomen von Ambon. — v. Linstow, Nemathelminthen. Von Herrn Richard Semon in Australien gesammelt. — L. Döderlein, Bericht über die von Herm Professor Semon bei Amboina und Thursday Island gesammelten Crinoidea. — L. Döderlein, Ueber einige epizoisch lebende Ophiuroidea. — L. Döderlein, Ueber „Krystallkörper“ bei Seesternen und über die Wachsthumserscheinungen und Verwandtschaftsbeziehungen von Goniodiscus sebae. — Carl Graf Attems, Myriopoden. Fünfter Band: Systematik, Thiergeosraphie, Anatomie wirbelloser Thiere. Fünfte Lieferung. (Des ganzen Werkes Lieferung 17.) Mit 49 lithographischen Tafen. 1900. Preis: 22 Mark 40 Pf. W. Weltner, Süsswasser-Schwämme. — Ernst Schulz, die Hornschwämme von Thursday Island und Amboma. Oswald Kieschnick, Kieselschwämme von Amboina. — W. Weltner, Hydroiden von Amboina und Thursday Island. — Johann Staub, Neue Nemertinen aus Amboina. — K. M. Heller, | Systematische Aufzählung der Coleopteren. — G. Horväth, Hemiptera. Bisher erschienen. Boas Dr. ]. E. V., Lektor der Zoologie und Vorstand des zoologischen Institutes an der kgl. landwirtschaftl. > Hochschule Kopenhagen. Lehrbuch der Zoologie. Für Studierende Dritte vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 498 Abbildungen. ıgor. Preis: brosch. 10 Mark, geb. ı2 Mark. Chun Car), Aus den Tiefen des Weltmeeres. Schilderungen von der deutschen Tiefsee-Expedition. ’ Mit 6 Chromolitographien, 8 Heliogravüren, 32 als Tateln sedruckten Vollbildern, 2 Karten und 390 Abbildungen im Text. 1900. Preis: broschiert 18 Mark, elegant gebunden 20 Mark. Ausführliche Prospekte durch jede Buchhandlung zu erhalten. Doflein Dr. F., Privatdozent an der Universität München, Von den Antillen zum fernen Westen. ” Reiseskizzen eines Naturforschers. Mit 87 Abbildungen im Text. 1900. Preis: brosch. 5 Mark, elegant geb. 6 Mark 50 Pf. 7 Eine Zusammenstellung der arktischen Tierformen, mit besonderer Berück- Pauna Arctica. sichtigung des Spitzbergen-Gebietes auf Grund der Ergebnisse der Deutschen Expedition in das Nördliche Eismeer im Jahre 1898. Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgenossen heraus- gegeben von Dr. Fritz Römer in Frankfurt a|M. und Dr. Fritz Schaudinn in Rovigno. Erster Band. Mit ı0 Tafeln, 2 geograph. Karten, ı Kartenskizze und 49 Abbildungen im Text. 1900. Preis: 53 Mark. Zweiter Band. Erste Lieferung. Mit > Tafeln und einer Kartenskizze. ıg01. Preis: 2o Mark. Inhalt: I. Ude, H, Die arktischen Enchyträiden und Lumbrieiden, sowie die geographische Ver- breitung dieser Familien. Mit 2 Tafeln. IT. Möbius, K., Arktische und subarktische Pantopoden. Mit einer Kartenskizze. II. Ehrenbaum, E. Die Fische. IV. Römer, Fritz, Die Siphonophoren. V.Schaudinn, F., Die Tardigraden. Soeben begann zu erscheinen: Handbuch der vergleichenden und experimentellen Entwiekelungslehre der Wirbeltiere. Bear- beitet von Professor Dr. Barfurth in Rostock, Professor Dr. Braus in Heidelberg, Privat- docent Dr. Bühler in Zürich, Professor Dr. Rud. Burckhardt in Basel, Professor Dr. Felix in Zürich, Professor Dr. Flemming in Kiel, Professor Dr. Froriep in Tübingen, Professor Dr. Gaupp in Frei- burg i. Br., Professor Dr. Göppert in Heidelberg, Professor Dr. Oscar Hertwig in Berlin, Professor Dr. Richard Hertwig in München, Professor Dr. Hochstetter in Innsbruck, Professor Dr. F. Keibel in Freiburg i. Br., Privatdocent Dr. Rud. Krause in Berlin, Prof. Dr. Wilh. Krause in Berlin, Professor Dr. von Kupffer in München, Professor Dr. Maurer in Jena, Professor Dr. Mollier in München, Privatdocent Dr. Peter in Breslau, Professor Dr. Rosenberg in Utrecht, Professor Dr. Rückert in München, Professor Dr. Schauinsland in Bremen, Professor Dr. Strahlin Giessen, Prof. Dr. Waldeyer in Berlin, Professor Dr. Ziehen in Utrecht, herausgegeben von Dr. Oscar Hertwig, o. ö. Prof, Direktor des anatom.-biolog. Institutes in Berlin. Erste Lieferung. Mit 20 Abbildungen im Text und einem Portrait von Karl Ernst von Baer. Preis: 4 Mark 50 Pf. Der Umfang des ganzen Werkes, welches in drei Bände eingeteilt ist, soll möglichst 160 Druckbogen nieht übersteigen. Die Ausgabe erfolgt in etwa 20 Lieferungen, welche in rascher Folge zum Preise von 4 Mark 50 Pf. erscheinen werden. Die Abnahme der ersten Lieferung verpflichtet zum Ankauf des ganzen Werkes. Einzelne Lieferungen werden nicht abgegeben. Dagegen werden die vollständigen Bände einzeln, aber nur zu erhöhtem Preis käuflich sein. Das Werk ist durch jede Buchhandlung Deutschlands und des Auslandes zu beziehen. [®) el]. Pr. Albert, Professor a. d. Universität München, Lehrbuch der vergleichenden mikro- Ppel, skopischen Anatomie. Erster Band. Der Magen. Mit 275 Abbildungen im Text und 5 litho- graphischen Tafeln. 1896. Preis: ı4 Mark. ——— Zweiter Band. Schlund und Darm. Mit 343 Abbildungen im Text und 4 lithographischen Tafeln. 1897. Preis: 20 Mark. ——— Dritter Band. Mundhöhle, Bauchspeicheldrüse und Leber. Mit 679 Textabbildungen und 10 litho- graphischen Tafeln. 1900. Preis: 36 Mark. DENKSCHRIFTEN DER MEDICINISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT ZU JENA. SECHSTER BAND. RICHARD SEMON, ZOÖOLOGISCHE FORSCHUNGSREISEN IN AUSTRALIEN UND DEM MALAYISCHEN ARCHIPEL. DRITTER BAND: MONOTREMEN UND MARSUPIALIER. II. IV. LIEFERUNG. MIT 16 LITHOGRAPHISCHEN TAFELN UND 88 FIGUREN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1901. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 2179